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UNIVERSITY Of I
^ ^'""^ J OWIVERSITY OF CALIFORNIA, SA« fttöö
LA JOLU, CALlFORr^lA
CENTRALBLATT
fttr
Bakteriologie, Parasitenkunde und MektionskranklieiteiL
Erste Abteilnng. 62. Band.
Originale.
CENTMLBLATT
für
Bakteriologie, Parasiteoltunde
und Infektionskrankheiten.
In Verbindung mit
Geh. Med.-Rat Professor Dr. Loeffler
in Greifswald,
Geh. Med.-Bat Professor Dr. R. Pfeiffer
in Breslau
und
Geh. Beg.-Rat Professor Dr. M. Braun
in Königsberg
herausgegeben von
Geil. Reg.-Rat Prof. Dr. 0. Uiilworm, und Geii. Reg.-Rat Dr. A. Weber,
Berlin ßerlio-Lichterfelde
Erste Abteilung. 6*2. Band.
lelmniscli-liysieiiisclie BaMeriolooe ml \m± PnteQ^le.
Originale.
Mit 14 Tafeln und 46 Abbildungen Im Texte.
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1912.
Digitized by the Internet Archive
in 2010
http://www.archive.org/details/centralblattfr62jena
Centralbl. f. Bakt. etc. I. AbL Orioinale. Bd. 62. Heft 1/2.
Ausgegeben am 30. Januar 1912.
Nachdruck verboten.
Zur Pathogenität der Tuberkelbacillentypen bei Mäusen.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universität Kiel (Direktor:
Geh. Med.-Rat Prof. Dr. B. Fischer).]
Von Dr. med. Ernst Peters,
früher Medizinalpraktikant am Untersuchungsamte für ansteckende Krankheiten.
Zur Lehre von der Verschiedenheit der Warmblüter-
tuberkelbacillentypen lieferte Trommsdorff einen neuen Beitrag
mit seiner Verötfeutlichung „Ueber intravenöse Impfungen mit Menschen-
und Rindertuberkelbacillen bei Mäusen" (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheits-
amte. Bd. 32. Heft 2). Er spritzte weißen Mäusen — Tieren, die
bisher nur selten zu Tuberkuloseversuchen benutzt wurden — in die
Schwanzvene genau abgemessene Mengen von Tuberbacillenkulturen
verschiedenen Ursprungs ein, und fand, daß Mäuse für Perlsucht-
bacillen viel empfänglicher sind als für Bacillen des
Typus human US.
Auf Anregung des Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. B. Fischer habe
ich diese Versuche nachgeprüft.
Ich beschränkte mich hierbei auf die Einheitsdosis von 1 mg
in physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmter und in einem Achat-
mörser gut verriebener Kultur; denn es kam mir nicht darauf an, die
Wirkung verschieden großer Dosen einer Kultur zu studieren ; ich
wollte vielmehr nur prüfen, ob eine bestimmte Dosis von Perlsucht-
bacillen sich in ihrer Wirkung anders verhielten als eine gleiche Dosis
Menschentuberkelbacillen. Für die Identifizierung einer fraglichen Kultur
ist dies ja ausreichend. Andererseits wurden mit dieser Einheitsmenge
von 1 mg nicht nur eine Maus, sondern eine Serie von vier Mäusen
geimpft, da nach den Erfahrungen von Fränkel und Bau mann wesent-
liche Unterschiede in der Empfindlichkeit der einzelnen Tiere bestehen
sollen, was aber bei meinen Versuchen nicht der Fall war, wie sich aus
dem Folgenden ergibt. Auch Trommsdorff hat mit jeder Dosis je
4 Mäuse infiziert und ziemlich gleichmäßige Ergebnisse erzielt, so daß
die Maus doch wohl als ziemlich zuverlässiges Versuchstier für intra-
venöse Einspritzung von Tuberkelbacillen bezeichnet werden kann.
Versuchsreihen mit Typus bovinus.
Von Kultur 1 (Typus bovinus) wurde je 1 mg 4 Mäusen intra-
venös injiziert. Davon starb Maus 1 nach 37 Tagen, 2 nach 32, 3 nach 42,
4 nach 38 Tagen. Der makroskopische Befund war bei allen ziemlich
gleichmäßig: In den Lungen sehr zahlreiche verkäste, teilweise konfluierte
Tuberkel; die Milz war stark vergrößert, weich, massenhaft mit sehr
kleinen Tuberkeln durchsetzt.
Von Kultur 2 (Typus bovinus) wurden mit je 1 mg 3 Mäuse
infiziert. Alle drei gingen spontan nach 4, 4V2 und 7 Wochen ein. Der
Sektionsbefund war dem der ersten Versuchsreihe entsprechend.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 1/2. 1
2 Centralbl, f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Versuchsreihen mit Typus humanus.
Von Kultur 3 (Typus humanus) wurde je 1 mg 3 Mäusen intra-
venös injiziert. Davon wurde eine nach 8, zwei nach 9 Wochen getötet.
Bei der Sektion wurden in den Lungen, ebenso in der Milz, weniger in
der Leber, vereinzelte Tuberkel gefunden.
Mit Kultur 4 (Typus humanus) wurden in derselben Weise
4 Mäuse infiziert, die alle nach 9 Wochen getötet wurden. Der makro-
skopische Befund entsprach im allgemeinen dem der 3. Serie, doch waren
die Tuberkel in der Lunge etwas zahlreicher, die infiltrierten Partieen
etwas größer. Leber und Milz zeigten keine nennenswerten Unterschiede
gegen die Befunde der 3. Serie.
Von allen Tieren wurden Lungen, Leber und Milz mikroskopisch in
Schnitten untersucht. Auch hier zeigten sich wesentliche Unterschiede
zwischen den zwei ersten und den zwei letzten Versuchsreihen entsprechend
dem schon oben geschilderten makroskopischen Befund. Bei Serie 3
und 4 zeigte sich in den Lungen mäßig starke Tuberkelbildung ohne
Verkäsung. Größere Teile der Lungen waren überhaupt frei von patho-
logischen Veränderungen. In Milz und Leber fanden sich nur vereinzelte
nicht verkäste Tuberkel. Ganz anders war das Bild bei den
Tieren der Serien 1 und 2: Tuberkel in viel größerer Anzahl, viel-
fach verkäst, teilweise zu größeren Herden konfluiert, hauptsächlich in
den Lungen, weniger in Leber und Milz. Auch der Tuberkelbacillen-
befund zeigte bemerkenswerte Unterschiede. Während er sich bei den
Tieren der Serie 3 und 4, entsprechend dem histologischen Befund, in
mäßigen Grenzen hielt, waren in den Organen der mit Rindertuberkel-
bacillen geimpften Tiere der Serie 1 und 2, namentlich in den Lungen,
sehr große Mengen von Tuberkelbacillen vorhanden, so daß die Lungen
wirklich, wie Trommsdorff sagt, „vollgepfropft" mit Bacillen er-
schienen.
Meine Untersuchungen bestätigen also die Angaben
Trommsdorffs. Es zeigte sich aufs deutlichste, daß die 2 Stämme
des Typus bovinus erheblich virulenter für Mäuse waren, als die beiden
Stämme des Typus humanus. Die mit 1 mg Rindertuberkelbacillen ge-
impften Mäuse starben alle spätestens 7 Wochen nach der Injektion an
einer ausgebreiteten Tuberkulose der Lunge, Leber und Milz. Ueberall
waren Tuberkelbacillen in großer Menge nachweisbar. Hingegen zeigten
die mit Menschentuberkelbacillen geimpften Tiere nach 8 — 9 Wochen nur
geringe Veränderungen in den Lungen, während Leber und Milz fast
ganz frei von tuberkulösen Veränderungen waren. Dementsprechend war
auch die Menge der Tuberkelbacillen in den Organen gering. Keines von
diesen Tieren war spontan eingegangen.
Wir haben also durch intravenöse Einverleibung von 1 mg einer
fraglichen Tuberkelbacillenkultur in die Schwanz vene einer Maus
ein weiteres Mittel zur Differentialdiagnose zwischen Typus humanus und
Typus bovinus, das auf Grund der oben beschriebenen Versuche wohl
als ziemlich zuverlässig bezeichnet werden kann, durch welches jedoch
die übrigen älteren Methoden (Kultur, Kaninchen, Rind usw.) natürlich
nicht überflüssig geworden sind.
Es soll vielmehr nur eine Ergänzung dieser sein, und man wird
sich stets an die Mahnung Webers halten müssen, daß es nicht an-
gängig ist. auf Grund eines einzigen Unterscheidungsmerkmales die
Diagnose Typus humanus oder bovinus zu stellen.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Paesageu durch graue Ratten etc.
Nachdruck verboten.
Der Einfluss der Passagen durch graue Ratten (Mus
decumanus) auf die Virulenz des Bacillus Danysz.
[Aus dem landwirtsch.-bakteriol. Laboratorium des Ackerbauministeriums
zu St. Petersburg (Direktor: M, G. Tartakow sky).]
Von S. S. Mereshkowsky.
Mit 5 Textfiguren.
Die ersten Mitteilungen von Danysz über einen Bacillus, der sich
zur Vertilgung der Ratten eigne, erschienen im Jahre 1893 und 1895^).
In diesen Mitteilungen sagt er, daß es ihm gelungen sei, aus Feldmäusen,
die an einer in Frankreich spontan aufgetretenen Epizootie krepiert
waren, einen sich nach Gram färbenden Bacillus zu iso-
lieren. Dieser Bacillus besaß anfänglich nur deutlich ausgesprochene
pathogene Eigenschaften Mäusen gegenüber, nach einer Reihe von Pas-
sagen durch die großen Nager wurde er jedoch auch für Ratten virulent.
Nach Danysz' Angaben erwies sich der von ihm isolierte Ba-
cillus so wirksam zur Vertilgung der im Freien lebenden Ratten und
Mäuse, daß er beschloß, sich mit dem Vertrieb der Kulturen desselben
zu befassen. Die zur Vertilgung von Mäusen bestimmte Kultur gab er
unter der Bezeichnung Virus 1 aus und die zur Rattenvertilgung ge-
eignete unter der Bezeichnung Virus 2.
Im Jahre 1900 erschien ein weiterer Aufsatz von Danysz, der
derselben Frage gewidmet war ^). Danysz beginnt ihn mit einer Ueber-
sicht derjenigen Bacillen, die von verschiedenen Autoren zum Kampf
gegen die schädlichen Nager vorgeschlagen worden waren und sagt, daß
sie alle in praktischer Hinsicht wenig geeignet seien, denn die Wirkungs-
sphäre einer jeden derselben sei zu beschränkt. So sei der Loefflersche
Mäusetyphusbacillus deutlich pathogen nur Haus- und Feldmäusen gegen-
über, der Las er sehe Bacillus nur für Feldmäuse, der Meresh-
kowsky sehe Bacillus nur für Zieselmäuse, der Issatschenkosche
Bacillus nur für weiße Ratten^); zu einer erfolgreichen Vertilgung der
1) Danysz, Jean, Emploi des cultures artificielles de microbes pathogen es ä la
destruction des rongeurs (carapagnols et mulots) en grande culture. (Compt. rend. de
l'Acad. d. Scienc. T. 117. 1893. p. 869.)
Derselbe, Maladies contagieuses des animaux nuisibles. (Extr. des Annai. de
la Science agronom. T. 1. 1895.)
2) Danysz, J., Un microbe pathogfene pour les rats (Mus decumanus et
Mus ratus) et son application ä la destruction de ces animaux. (Ann. de l'Instit.
Pasteur. T. 40. 1900. p. 193.)
3) Die Meinung Danysz', daß der von mir isolierte Bacillus nur für Zieselmäuse
pathogen wäre, beruht auf einem Irrtum. Schon aus der Ueberschrift meines Artikels,
auf den er Bezug nimmt: Ein aus Zieselmäusen ausgeschiedener und zur Vertilgung
von Feld- resp. Hausmäusen geeigneter Bacillus (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 17.
1895. p. 472) ist zu ersehen, daß in ihm die Rede ist von den pathogenen Eigenschaften
dieses Bacillus für Feld- und Hausmäuse; über seine Virulenz den Zieselmäusen gegen-
über konnte ich mir damals noch keine bestimmten Schlüsse gestatten, da ich darüber
noch nicht über genügende Daten verfügte.
Ebenso unbegründet ist die Annahme Danysz', daß der Issatschenkosche
Bacillus nur für weiße Ratten pathogen sei. Der Irrtum ist wohl dadurch entstanden,
daß Issatschenko in seiner vorläufigen Mitteilung, auf welche Danysz sich beruft
(B. Issatschenko, Ueber einen neuen für Ratten pathogenen Bacillus. Vorlauf.
Mitteil. Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 23. 1898. p. 873), nicht darauf hinweist, ob
1*
4 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Nager wäre es, seiner Meinung nach, aber notwendig, eine Kultur zu
besitzen, die gleichzeitig auf ihre verschiedenen Vertreter wirke. In der
Voraussetzung, daß sich eine solche Kultur auf künstlichem Wege ge-
winnen ließe, indem man die Virulenz eines der mäusetötenden Mikro-
organismen verstärke, unternahm Danysz dahingehende Versuche. Er
wählte zu ihnen einen Bacillus, den er mit folgenden Worten charak-
terisiert: „Un coccobacille, presentant l'ensemble des caracteres du B.
coli et ressemblant en celä au bacille de Loeffler, isole par moi
d'une epidemie spontanee des campagnoles." Ganz zufällig und erst
2 Jahre später erscheint in der Presse ein Privatbrief Danysz', aus
dem wir erfahren, daß der von ihm zu diesen Versuchen ausgewählte
Bacillus nichts gemein hat mit dem, über den er in den Jahren 1893
—95 berichtet hatte. Er schreibt in diesem Brief: „Le microbe que je
cultive en ce moment et depuis quelques annees dejä, ne prend pas le
Gram. J'avais ä un moment donnee un microbe, qui prenait le Gram,
mais comme il a perdu assez rapidement sa virulence, je Tai abandonnö
depuis longtemps. Je n'ai pas insiste sur ce point dans mes publi-
cations ulterieurs, parceque la question me semblait de peu d'impor-
tance" ^).
Anfänglich zeichnete sich dieser Bacillus nur durch eine schwache
Wirkung auf graue Ratten (Mus decumanus) aus: Von 10 per os
infizierten Ratten krepierten nur 2 oder 3, die übrigen erkrankten ent-
weder überhaupt nicht, oder wenn sie erkrankten, so genasen sie bald
wieder. Um seine Virulenz zu erhöhen, beabsichtigte Danysz, die
Methode der Passagen durch Ratten zu benutzen. Doch es erwies sich,
daß die Virulenz des Bacillus nach solchen Passagen nicht nur
nicht zunahm, sondern schnell schwächer wurde und zum
Schluß sogar ganz schwand, unabhängig davon, ob die Ratten
per OS oder subkutan infiziert wurden. Am häufigsten verlor der Ba-
cillus seine Virulenz nach der 10. oder 12. Passage, bisweilen aber
schon nach der 5. oder noch früher, dabei war es ganz einerlei, ob er
in den Pausen zwischen den Passagen auf Bouillon oder Agar kultiviert
wurde oder unmittelbar von Ratte auf Ratte übertragen wurde.
Zur Erklärung dieser eigentümlichen Erscheinung sprach Danysz
die Vermutung aus, daß sein Bacillus sich nur mit Mühe den ver-
änderten Lebensbedingungen anzupassen vermag. Indem der Bacillus
es bei den Passagen, bei Infektion per os, lernt, sich im Darmtraktus
zu entwickeln, verliert er die Fähigkeit, sich im Blute zu vermehren und
wird hierdurch unschädlich für Ratten, da er seine vernichtende Wirkung
auf diese nur dann zeigen kann, wenn er ins Blut gelangt.
Auf Grund dieser Erwägungen begann der erwähnte Autor folgende
komplizierte Methode anzuwenden, um die Virulenz seines Bacillus zu
vergrößern. Er infiziert eine Maus per os mit einer solchen Kultur,
von welcher Mäuse in 4—5 Tagen krepieren. Am folgenden Tage tötet
er die Maus und macht mit dem Herzblut eine Aussaat auf Bouillon.
68 flieh um weiße oder graue Ratten handle. Daß Issatschenko seinen Bacillus aus
grauen Ratten isolierte, und daß der Bacillus gerade für diese pathoeen ist, ist aus
einer späteren Arbeit erHichtlith (B. Issatschenko, Untersuchungen mit dem für
Ratten pathogonen Bacillus. Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 31. 1902. p. 26), die
2 Jahre nach dem Aufsatz von Danysz erschienen ist.
1) ürimm, Max, Vergleichende Untersuchungen über den Bacillus Danysz
und über einen neuen für Ratten pathogenen Mikroben. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I.
Orig. Bd. 31. 1902. p. 286.)
Mereshkowsky , Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 5
Nach 24-stündigein Verweilen im Tiiermostaten impft er mit dieser
Bouillon frische Bouillon, die er dann in Ampullen gießt, die bis zum
Rande gefüllt werden ; die Ampullen stellt er wieder in den Thermo-
staten. Bei den ersten Anzeichen des Wachstums der Bacillen in den
Ampullen entfernt er sie aus dem Thermostaten und bewahrt sie bei
Zimmertemperatur auf; am 4. oder 5. Tage überträgt er die in den
Ampullen entwickelten Kulturen in Kollodiumsäcke und versenkt diese
in die Bauchhöhle von Ratten. Nach 24 — 36 Stunden holt er die Kol-
lodiumsäcke wieder heraus und sät ihren Inhalt von neuem auf Bouillon
aus. Nach 24-stündigem Stehen im Thermostaten überimpft er von
dieser Bouillon wieder auf frische Bouillon, die er wieder in Ampullen
füllt, und aus diesen Ampullen macht er eine Aussaat auf Agar. Die
auf dem Agar sich entwickelnde Kultur schüttelt er mit Wasser durch,
durchtränkt mit diesem Wasser Brot oder Getreidekörner und gibt diese
dann Mäusen zu fressen. Nach 24 Stunden tötet er die Mäuse, gewinnt
aus ihrem Blute eine Kultur, mit welcher er von neuem das ganze, oben
beschriebene Verfahren wiederholt, und das mehrere Male. Nach den
Angaben von Danysz wird nach 3— Smaliger Wiederholung dieser
Prozedur die Kultur, die in 4 — 5 Tagen Mäuse tötete, so virulent, daß
sie sie schon nach 36 — 40 Stunden tötet.
Nachdem er dieses Resultat erzielt hat, bedient sich der erwähnte
Autor zu weiteren Passagen anstatt der Mäuse weißer Ratten, und zwar
zuerst junger, die nicht älter wie 1 — IV2 Monate sind, dann immer
älterer und älterer und zum Schluß grauer Ratten,
Kulturen des Bacillus mit einer auf diese Weise gesteigerten Virulenz
verlieren dieselbe nach den Beobachtungen von Danysz im Verlaufe
mehrerer Monate nicht, wenn man sie vor Luftzutritt bewahrt und im
Dunkeln stehen läßt. Bei Gegenwart von Sauerstoff bleibt die Virulenz
der Agarkulturen 1 — 2 Monate unverändert bestehen, die Virulenz der
Bouillonkulturen dagegen schwindet schnell^).
Aber auch die allervirulentesten Kulturen verbürgen, nach den An-
gaben Danysz', nicht einen sicheren Erfolg bei der Rattenvertilgung,
denn es finden sich unter den Ratten, seiner Ansicht nach, nicht nur
einzelne Individuen, sondern ganze Rassen, die eine Immunität gegen
seinen Bacillus besitzen.
Mit einer Nachprüfung der Danysz sehen Untersuchungen befaßten
sich Kister und Koettgen, Krausz, Bronstein, Kolle, Abel,
Klein und Williams, Rosenau, Markl, Wiener, Wainstein,
Mühlens, Dahm und Fürst u. a.
Kister und Koettgen^) führten ihre Versuche mit einer Kultur aus, die sie
von Danysz selbst erhielten. Sie fanden, daß die letztere alle Ratten ohne Ausnahme,
die zu den Versuchen verwandt wurden, in 5 — 7 Tagen nach der Infektion tötete.
Nach ihren Beobachtungen schwindet die Virulenz des Bacillus
schnell bei Passagen durch Ratten. Sie gaben gesunden Ratten von den Ka-
davern der an den Folgen der Infektion krepierten Ratten zu fressen, und konnten sich
überzeugen, daß auch auf diesem Wege die Seuche übertragen wurde. Bouillonkulturen,
die sie im Zimmer bei einer Temperatvir von 10 — 23" aufbewahrten, verloren ihre
1) Danysz benutzte als Nährboden bei seinen Versuchen Bouillon aus Pferde-
fleisch, der zur Neutrahsierung der Säuren, die sich beim Wachstum des Bacillus in
der Bouillon bilden, etwas Kreide zugesetzt wurde. Auf die Notwendigkeit der Neu-
tralisierung dieser Säuren lenkt Danysz besonders die Aufmerksamkeit, weil er glaubt,
daß die Säuren, wenn sie in ungebundenem Zustande bleiben, eine Abschwächung der
Virulenz des Bacillus bewirken.
2) Kister, J., u. Koettgen, P., üeber die von Danysz gefundenen, für Ratten
pathogenen Bacillen. (Dtsche med. Wochenschr. Jahrg. 27. 1901. p. 275.)
Q Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Virulenz schon nach einem Monat; Kulturen auf Agar bewiesen unter den gleichen
Umständen eine etwas größere Widerstandsfähigkeit. Auf Katzen, Hunde, Meer-
schweinchen und kleine Vögel zeigte der Bacillus, nach ihren Worten, keine Wirkung.
Auf (irund dieser Beobachtungen halten Kister und Koettgen die Kul-
turen des Danyszschen Bacillus für durchaus geeignet zum Kampfe
gegen die Ratten.
Krausz') stellte seine Versuche unter folgenden Umständen an: Er setzte die
Ratten in einen durch eine Querwand in zwei Abteilungen geteilten Käfig; in einer
Abteilung brachte er 19 Ratten unter, in der anderen nur eine, der er Brot vorsetzte,
da« mit (1er Kultur durchtränkt war. Am 4. Tage nach ßegmn des Versuches entfernte
er die Querwand, infolgedessen befanden sich nun die infizierte und die gesunden
Ratten vereint in einem Raum. Nach 8 Tagen krepierte eine der gesunden Ratten und
nach ihr, bis zum Ablauf von 16 Tagen, noch 8. Die infizierte Ratte fiel am 11. Tage.
Bei keiner von ihnen fand der Autor weder irgendwelche krankhafte Veränderungen in
den Organen, noch auch den Danyszschen Bacillus. Von den übrigen 10 Ratten
krepierten noch weitere 8 im Verlaufe der folgenden 15 Tage, während 2 gesund blieben.
Krausz wiederholte den Versuch, aber mit dem Unterschiede, daß er die abgesondert
gehaltene infizierte Ratte die ganze Zeit über isolierte. Sie krepierte nach 10 Tagen,
und bald nach ihr fielen auch alle die nicht infizierten 19 Ratten, die sich in der
anderen Abteilung des Käfigs befanden. Die Obduktion und die bakteriologische Unter-
suchung der Gefallenen ergab die gleichen negativen Resultate, wie beim vorhergehenden
Versuch. Eine derartige große Sterblichkeit seiner Ratten erklärt
Krausz nicht durch die vernichtende Wirkung des Bacillus, sondern
durch die Einflüsse der Gefangenschaft.
Bei Infektion einer Kanalisationsröhre auf einer großen Fabrik erhielt derselbe
Autor Resultate, von denen er sagt: „Das Brot wurde aufgefressen, ohne daß man
nachher mehr Rattenkadaver gefunden hätte, als unter normalen Verhältnissen."
Nach seinen Versicherungen erwiesen sich die Kulturen dieses Bacillus Haus-
tieren gegenüber als vollkommen unschädlich.
Bronstein^) nahm seine Versuche an 60 Ratten vor, und beobachtete bei ihnen
den Eintritt des Todes am 2.-35., am häufigsten am 4. — 8. Tage nach der Infektion.
In den Organen und dem Blute der gefallenen Tiere fand er beständig eine Reinkultur
des Danyszschen Bacillus; im Blute fanden sich weniger Stäbchen als in den Organen.
Bei Ratten, die 2—3 Tage nach der Infektion krepiert waren, wurden Bacillen weder
im Blut des Herzens noch in den Organen gefunden. Nach seinen Beobachtungen in-
fizierten sich die gesunden Ratten beim Anfressen der gefallenen, aber der Tod erfolgte
bei ihnen später als bei den unmittelbar mit der Kultur infizierten, und der aus ihren
Organen isolierte Bacillus zeichnete sich durch geringere Virulenz aus.
Als Ursache der Abschwächung der Virulenz des Bacillus sieht Bron stein die
saure Reaktion sowohl des Magensaftes, wie auch des Nährbodens an ; deshalb empfiehlt
er, als Nährboden Agar von stark alkalischer Reaktion zu verwenden und die Emulsion
aus der Kultur, die zur Infektion der Ratten dienen soll, mit einer gesättigten Soda-
lösung zuzubereiten.
In Uebereinstimmung mit Danysz gibt Bronstein die Möglichkeit zu, daß es
unter den Ratten Rassen gibt, die eine ungleiche Empfänglichkeit diesem Bacillus gegen-
über haben. Auf Haustiere zeigt der Bacillus, nach Angaben des Autors, sowohl bei
der Infektion mittels der Nahrung, wie auch bei subkutanen Injektionen, nicht die ge-
ringste Wirkung.
Auf Grund dieser Ergebnisse kommt Bronstein zu dem Schluß,
daß die von ihm erprobten Kulturen sich durchau s zur Vernichtung
der Ratten eignen.
Kollo") stellte seine Versuche mit einer ihm von D a n y s z selbst zugewandten
Kultur an. Um ihre Virulenz zu erhalten , unterwarf er sie derselben komplizierten
Prozedur der Durchführung durch Tiere und Nährböden, wie sie von dem letztgenannten
Autor angegeben worden ist. Er stellte seine Untersuchungen an 60 Ratten an, unter
denen es graue, weiße und bunte gab. Er setzte sie, je 10 Stück zusammen, in Käfige
und fütterte sie nur mit in Kultur getränktem Brot, nach 24 Stunden jedoch setzte er
ihnen ihr gewöhnliches Futter vor. Um die Chancen der Infektion zu vergrößern, ent-
fernte or aus <len Käfigen nicht die Kadaver der gefallenen Ratten, in der Voraussetzung,
daß auch sie von den überlebenden Ratten gefressen werden würden.
1) Krausz, Arthur, Erfahrungen über den Bacillus Danysz. (Ibid. p. 351.)
2) Bronstein, J., Zur Frage der Rattenvertilgung mittels des Danysz -Bacillus.
(Ibid. p. 'Ü7.) ^
3l Kollo, W., Bericht über die Tätigkeit in der zu Studien über die Pest ein-
gerichteten Station für Infektionskrankheiten 1899—1900. (Zeitschr. f. Hve. Bd. 36.
1901. p. 413.) ' ^
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. "
Kolle kommt zu dem Schluß, daß sich selbst durch wiederholte
Infektionen nicht mehr als 60 Proz. Todesfälle erzielen lassen. Nach
seinen Beobachtungen kann die Infektion auf gesunde Ratten durch
Fressen der Kadaver der durch Wirkung des Bacillus getöteten
übertragen werden, jedoch nur im Verlaufe einer geringen Reihe von
Passagen. Indem Kolle diese beschränkte Tätigkeit der Seuche zur Ausbreitung
mit dem Umstände vergleicht, daß es zur Erzielung irgendwie bemerkenswerterer Resul-
tate nötig ist, die Ratten mit großen Mengen die Kultur zu infizieren, kommt er zu
dem Schluß, daß man keinen Grund hat, den Kulturen einen Vorzug vor chemischen
Giften zu geben.
Abel') stellte seine Versuche gleichfalls mit ihm von Danysz zugesandten Kul-
turen an. Um die Virulenz des Bacillus durch Ueberirapfungen nicht abzuschwächen,
wandte er die Kultur daher bei den Versuchen im Original an. Er fand, daß weiße
und graue Ratten durch ihre Wirkung am ö.— 12. Tage nach der Infektion zugrunde
gingen. Um festzustellen, ob die Seuche sich beim Fressen der gefallenen auf gesunde
Ratten überträgt, entnahm er den Kadavern der krepierten Ratten die Leber und Milz
und verfütterte sie gesunden. Es erwies sich, daß die Seuche auf diese Weise über-
tragen wurde, aber nur im Verlaufe von 6 Passagen.
Bei Versuchen, die Abel an im Freien lebenden Ratten anstellte, erhielt er Resul-
tate, welche er geneigt ist, als günstige anzusehen, obgleich er darüber seine Verwunde-
rung ausdrückt, daß es ihm meistenteils nicht gelang, Rattenkadaver in den infizierten
Behausungen zu finden.
Nach seinen Beobachtungen erzielt man um so günstigere Resultate mit den Kul-
turen, je größer die Menge der verausgabten Kultur an dem betreffenden Punkte ist.
Im allgemeinen hält Abel sie zur Vertilgung der Ratten für geeignet, er
glaubt aber, daß der Anwendungsmodus noch eine weitere Aus-
arbeitung erheischt.
Klein und Williams^) beobachteten bei Infektion grauer Ratten per os mit
den Kulturen des Danyszschen Bacillus nur eine Mortalität von 33 Proz. In der
Annahme, daß sie dadurch mehr befriedigende Resultate erhalten würden, versuchten sie
den Ratten als Nahrung Mäuse zu geben, die infolge subkutaner Einspritzungen mit
dem Bacillus krepiert waren, doch es erwies sich, daß unter diesen Umständen die Ratten
überhaupt nicht eingingen. Außerdem machten die Autoren noch einen Versuch mit
Infizierung von Ratten in einem Londoner Paokhaus, aber gleichfais ohne jeden Erfolg.
Sich auf diese Ergebnisse stützend, halten Klein und Williams
die Kulturen des Bacillus Danysz für seiner Bestimmung nicht ent-
sprechend und die entgegengesetzten Schlußfolgerungen Kister undKoettgens
erklären sie damit, daß diese Untersucher zu ihren Versuchen frisch gefangene Ratten
verwandten, unter denen immer nach Klein und Williams' Versicherungen, ganz
unabhängig von irgendwelchen Infektionen, im Verlaufe der ersten 7 — 10 Tage eine
Mortalität von gegen 25 Proz. beobachtet wird.
Rosenau^j stellte seine Versuche mit Kulturen an, die er aus dem Institut
Pasteur in Paris erhielt*). Alles in allem infizierte er 115 Ratten, von denen 8 „nor-
wegische" und die übrigen weiße und graue Ratten (M. decumauus) waren. Nach
seinen Beobachtungen befindet sich die vernichtende Wirkung des Bacillus
in direkter Abhängigkeit von der Menge der Kultur, die in den Darm
der Ratten eingeführt wird. So infizierte er bei einem Versuch 27 Ratten durch
Verfütterung einer großen Quantität der Kultur — alle diese Ratten gingen im Verlauf
einer Woche zugrunde, in einem anderen Falle infizierte er dagegen 70 Ratten mit
einer kleinen Menge Kultur — von ihnen fielen nur 7. Er fand, daß Ratten, die
1) Abel, Rudolf, Versuche über die Verwendbarkeit des Bacillus Danysz
zur Vertilgung von Ratten. (Dtsche med. Wochenschr. Jahrg. 27. 1901. p 869.)
2) Klein, E. u. Williams, Herbert, Experiments with the Danysz rat
bacillus. (The Lancet. 1901- Vol. IL 79. p. 440.)
3) Rosenau, M. J. , An inverstigation of a pathogenic microbe (B. typhi
muri um Danysz) applied to the destruction of rats. (Bull. No. 5. of the hygien. Labo-
ratory U. S. Marine Hospital Service. Washington 1901.)
4) Er nennt sie „Danyszs Virus No. 2" und sagt, daß er aus ihnen einen gram-
negativen Bacillus isoliert habe, welcher nach dem Charakter seines Wachstums auf
Nährböden der Gruppe der Coli-Typhusbacillus zugezählt werden müsse; dabei bezieht
er sich auf die Arbeit von Danysz vom Jahre 1900. Da aber Danysz unter der Be-
zeichnung Virus No 2 einen Bacillus versandte, der sich nach Gram färbt, so bleibt
es unbekannt, ob Rosenau der aus Paris erhalteneu Kultur eigenmächtig die Bezeich-
nung Virus No. 2 beilegte, oder ob Danysz unter die«em Namen zwei verschiedene
Mikroorganismen versandte.
^ Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
glücklich eine Infektion überstanden haben, selbst wenn sie durch
eine avirulente oder durch eine kleine Dose einer virulenten Kultur
hervorgerufen worden war, unempfänglich für weitere Infektionen
werden. In alten Bouillonkulturen treten, seinen Worten nach, Toxine auf, die bei
Einführung in den Darm von Mäusen und Ratten bei diesen Unwohlsein hervorrufen
und ihnen Immunität verleihen.
Eine Uebertraguiig der öeuche von Ratte zu Ratte durch Fressen der Kadaver
der durch Einwirkung des Bacillus gefallenen Genossen konnte er nicht konstatieren.
Bei der Obduktion von an der Infektion eingegangenen Ratten fand er eine Ent-
zündung des Dünndarmes, eine Schwellung der Pe versehen Plaques, eine Entzündung
und Hepatisation der Lungen und bisweilen Infarkte in ihnen.
Das Resultat seiner Untersuchung faßt Rosen au dahin zusammen, daß dem
Charakter ihrer Wirkung nach sich die Kulturen des Danyszschen Bacillus wenig von
chemischen Giften unterscheiden, indem die von diesem Bacillus verursachte Erkrankung
nicht auf Ratten übergeht, die kein infektiöses Material gefressen haben. Als negative
Eigenschaften bezeichnet er die Fähigkeit der Kulturen, unter gewissen Bedingungen
Ratten eine Immunität zu verleihen, als positive — ihre Unschädlicheit für Menschen
und Haustiere.
Rosenau bezweifelt indessen, daß diese Kulturen irgendeine
praktische Bedeutung gewinnen könnten, da selbst bei Labora-
toriumsversuchen, mit Ratten, die in Käfigen infiziert wurden, d. h.
unter Bedingungen, bei welchen man diese Tiere veranlassen kann,
beliebig große Mengen des Inf ektionsmaterials zu fressen, es ihm nur
bei 4ü von 115 gelang, den Tod hervorzurufen.
Mar kl*) beobachtete bei Ratten, denen er Kulturen des Danyszschen Bacillus
mit der Nahrung verabreichte, das Eintreten der ersten Krankheitserscheinungen
48 Stunden und den Tod 7 — 9 Tagen nach der Infektion. In den Organen der Ge-
fallenen, besonders im Herzblute, gelang es ihm, nur eine geringe Zahl von Stäbchen
nachzuweisen, so daß bisweilen, wenn zur Aussaat zu wenig Blut genommen wurde, der
Nährboden steril blieb. Er fand, daß die Seuche auf gesunde Ratten beim
Fressen der Kadaver der an der Infektion mit der Kultur Gefallenen,
übertragen wurde, jedoch nur im Verlaufe von drei Passagen. Dabei
trat der Tod bei solchen Ratten später ein, als bei Ratten, die unmittelbar mit der
Kultur infiziert worden waren. Die Abschwächung der Infektiosität der Kadaver er-
klärt Autor dadurch, daß der Danyszsche Bacillus sich vorwiegend im Darmkanal
lokalisiert, infolgedessen gehen die Ratten eher infolge einer Intoxikation zugrunde, als
infolge einer Infektion. Zur Bestätigung dieser Ansicht beruft er sich auf die Toxizität
von Filtraten der Bouillonkulturen des Bacülus auf Ratten bei Einführung per os.
Nach den Beobachtungen von Mar kl verlieren Bouillonkulturen selbst bei Ab-
schluß von Sauerstoff schnell ihre Virulenz; Agarkulturen bleiben etwas länger viru-
lent. Er versichert, daß nach einer einmaligen Passage durch die Bauchhöhle eines
Kaninchens im Kollodiumsack eine avirulente Rasse des Bacillus wieder von neuem
virulent wird.
Im allgemeinen kommt Markl zu dem Schluß, daß die von ihm unter-
suchten Kulturen für Vertilgung von Ratten geeignet sind, und daß
sie infolge ihrer Unschädlichkeit für Menschen und Haustiere vor
chemischen Giften den Vorzug verdienen.
Wiener^) beobachtete bei mit Kulturen, die er von Danysz er-
halten hatte, infizierten Ratten den Eintritt des Todes erst nach 4 bis
6 Wochen, und auch dann, wie er meint, eher infolge einer Intoxi-
kation, als einer Infektion, da er in den Organen der gefallenen überhaupt keine
Danyszschen Bacillen fand oder nur in ganz geringer Menge. Beim Versuch,
die Virulenz des gesamten Mikroorganismus durch die Methode der
Tierpassagen zu verstärken, erhielt er negative Resultate. Nach seinen
Versicherungen läßt sich dieses Ziel erreichen durch Passagen der Bacillen durch
alkalisch gemachte rohe Hühnereier. Wiener sagt, daß es ihm bei Befolgen dieser
letztgenannten Methode gelang, eine avirulente Rasse des Bacillus in eine solche zu
verändern, welche Ratten in 5—7 Tagen tötete.
Bei der Obduktion fand dieser Autor bei allen bei seinen Versuchen krepierten Ratten
eine Hyperämie und bisweilen eine Hepatisation der Lungen. Nach seinen Beobach-
1) Markl, Gottlieb, Ueber die Bedeutung des Danyszschen Bacillus bei der
Rattenvertilgung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 31. 1902. p. 202.)
2) Wiener, E., Ueber den Bacillus Danysz, (München, med. Wochenschr.
1902. p. 401.) - Die Mäuse- und Rattenplage. (Zeitschr. f. d. landwirtschaftl. Versuchs-
wesen in Oesterr. Jahrg. 5. H. 9. 1902. p. 1009.)
I
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 9
tungen, bei Wachstum des Bacillus auf Gelatine, .,wird Gelatine, selbst wenn derselben
geringe Mengen von Agar zugesetzt sind, peptonisiert"'.
Oetinger*) versuchte die Methode Wieners zur Verstärkung der Virulenz
einiger Kulturen des Danyszschen Bacillus anzuwenden. Er hatte die Kulturen aus
drei verschiedenen Quellen erhalten, darunter auch von Wiener selbst, aber mit keiner
derselben gelang es ihm, befriedigende Resultate zu erzielen.
Wainstein'-) gibt an, daß er eine ganze Reihe von Methoden zur Verstärkung
der Virulenz der Danyszschen Bacillen ausprobiert, und daß er ihn zu diesem Zwecke
auf stark alkalischem Agar kultiviert habe, dann durch die Bauchhöhle von Meer-
schweinchen in KoUodiumsäckchen durchgeführt und die Wien ersehe Methode ange-
wandt habe und ähnliches. Von all diesen Methoden hält er die Durchführung des
Bacillus durch die Bauchhöhle von Meerschweinchen in KoUodiumsäckchen für die
wirksamste. Aber da die auf diese Weise verstärkte Kultur seine Ratten sogar bei sub-
kutanen Injektionen nicht tötete, so entschloß er sich, über den Grad ihrer Virulenz
nur nach äußeren Anzeichen bei den infizierten Tieren zu urteilen. Er nahm an, daß
die Virulenz des Bacillus sich verstärkt habe, wenn die Versuchstiere nach der Ein-
spritzung niedergeschlagen aussahen, Nahrung verweigerten etc. Diese Symptome
konnten aber, wie er richtig bemerkt, bei ihnen auch als Resultat der öchmerz-
empfindungen sich einstellen und folglich keine Beziehung zur Wirkung des Bacillus
selbst haben.
Alle seine Versuche führte Wainstein an 4 grauen und 4 weißen Ratten und
4 grauen und 4 weißen Mäusen aus. Um sie zum Fressen des mit der Kultur durch-
tränkten Brotes zu bringen, ließ er sie bis zum Versuch 3—5 Tage hungern. Das
Ergebnis war, daß von allen diesen 8 Ratten und 8 Mäusen nur eine
weiße Maus krepierte, am 2. Tage nach der Infektion per os, und auch
diese, wie er glaubt, ganz unabhängig von der Wirkung des Bacillus
Danysz, dessen Anwesenheit in den Organen es ihm nachzuweisen nicht gelang.
Mühlens, Dahin und Fürst') unternahmen ihre Versuche mit einer Kultur
des Danyszschen Bacillus, die sie bei einer Berliner Firma erstanden. Vor Beginn
der Versuche machten sie mit dieser Kultur eine Aussaat auf Drigalski schem Agar
und überimpften aus den auf ihm sich entwickelnden blauen Kolonieen auf gewöhn-
lichem Agar, auf dem sie fortfuhren, die folgenden Generationen zu züchten. Bei
grauen, per os infizierten Ratten beobachteten sie gegen 50 Proz. Sterblichkeit, bei
weißen (zahmen Ratten) gegen 90 Proz. Die grauen gingen am 3. — 10. Tage ein, die
weißen am 3. — 21. Tage nach der Infektion.
Die Autoren setzten drei gesunden Ratten Kadaver von an der Infektion mit dem
Bacillus krepierten vor und fanden, daß die Seuche auf sie übertragen wurde.
Bei der Obduktion der Gefallenen beobachteten sie eine mehr oder weniger stark
ausgeprägte Enteritis, Schwellung der Pey er sehen Plaques, Vergrößerung von Leber
und Milz (bei verzögertem Verlauf der Krankheit ließen sich in beiden Organen, nach
ihren Angaben, kleine Knötchen bis von Stecknadelkopfgröße nachweisen, in der Leber
gar bis von Linsengröße), Hyperämie der Lungen, kleine Blutaustritte an den Pleuren,
geringe Exsudate in Brust- und Bauchhöhle, und, nicht selten, Vergrößerung der Hais-
und Mesenterialdrüsen. Ueber die Resultate der bakteriologischen Untersuchung dieser
Ratten sagen sie folgendes: „Soweit eine kulturelle Untersuchung möglich war, gelang
meist der Nachweis der Bakterien in den Organen, mitunter auch im Darm."
Außerdem erprobten die Autoren die Wirkung des Bacillus auf Meerschweinchen,
Katzen, junge Hunde, Hammel, Rmder, Affen, Hühner, Tauben und Gänse, indem sie
ihnen mit der Nahrung Emulsionen gaben, die aus Agarkulturen zubereitet worden
waren ; große Tiere erhielten bis zu einer vollen Kultur. Auf die Infektion reagierten
nur ein Hammel und zwei Affen, bei ihnen ließ sich eine Temperatursteigerung und
Durchfall beobachten. Einer der Affen ging ein und im Eiter aus einer Mesenterial-
drüse wurde der Danyszsche Bacillus gefunden.
Auf Grund dieser Untersuchungsergebnisse kommen die Autoren zu dem
Schlüsse, daß in praktischer Beziehung die Bedeutung der von ihnen
geprüften Kulturen nicht sehr groß sei, da von grauen Ratten, selbst
bei Laboratoriumsversuchen, nur 50 — 60 Proz. krepierten. Im Hinblick
1) Oetinger, M. , Ueber die Wien ersehe Methode zur Virulenzsteigerung der
Danysz- Bacillen. (München, med. Wochenschr. Jahrg. 50. I. Hälfte. 1003. p. 324.)
2) Wainstein, E. , Ueber die Bedeutung des Bacillus von Danysz bei der
Vertilgung der Ratten. (Wjestnik Obtschestwennoi Gigieny. 1904. p. 1126.) [Russisch.]
3) Mühlens, Dahm u. Fürst, Untersuchungen über Bakterien der Enter i-
ditis-Gruppe (Typus Gärtner und Typus Flügge) insbesondere über die sogenannten
„Fleischvergiftungserreger" und „Rattenschädlinge". (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig.
Bd. 48. 1909. p. 23.)
10 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
aber darauf, daß die Kulturen, nach ihren Beobachtungen, für einige Tiere nicht ganz
ungefährlich sind, raten sie, bei praktischer Verwendung derselben gewisse Vorsichts-
maßregeln zu beobachten.
Aus der angeführten Literaturübersicht sehen wir, daß es, trotz
vielfacher Untersuchungen, noch lange nicht als endgültig entschieden
angesehen werden kann, ob der Danyszsche Bacillus sich zur Ratten-
vertilgung eignet oder nicht. Zur regelrechten Entscheidung der Frage
wäre es nötig, bei den Versuchen Kulturen von maximaler Virulenz zu
verwenden ; bisher kennen wir aber weder eine Methode zur Gewinnung
solcher Kulturen, noch verstehen wir es sogar, dieselben auf unseren
Nährböden oder auf andere Weise so zu züchten, daß sie keine Ab-
schwächung erfahren.
In Anbetracht der ungenügenden Durcharbeitung und in Anbetracht
der praktischen Bedeutung der Frage beschloß ich, auch meinerseits den
Versuch zu machen, mich in ihr zu orientieren.
Entsprechend den oben erwähnten Gründen hielt ich es für not-
wendig, mit dem Auffinden einer Methode zur Verstärkung der Virulenz
des Danysz sehen Bacillus bis zu maximaler Stärke zu beginnen; da
es aber zur Verstärkung der Virulenz anderer pathogener Bakterien
gewöhnlich genügt, sie durch empfängliche Tiere hindurchzuführen, so
schien es mir von Interesse, vor allem die Richtigkeit der
Angaben derjenigen Autoren zu prüfen, die sagen, daß
die Virulenz des Danyszschen Bacillus nach Passagen
durch Ratten sich nicht nur nicht verstärke, sondern
schnell abnähme und zum Schluß vollkommen schwände.
Die Anordnung meiner Versuche war folgende: Zu den Passagen
verwandte ich eine Kultur, die ihren Anfang von einer Agarkultur des
Bacillusvirus Danysz nahm, das ich aus dem Pariser Laboratoire des
vaccins Pasteur erhalten hatte ^).
Ich ließ die Kultur ausschließlich durch graue Ratten (M. decuman us)
durchpassieren, die ich per os infizierte.
Die zu den Passagen erforderlichen Tiere wurden ins Laboratorium
aus verschiedenen Bezirken Petersburgs geschafft, und vor Ausführung
des Experimentes einige Zeit in Quarantäne gehalten.
Die Infektion der Ratten konnte durch Verfütterung der Organe
der gefallenen Ratten der vorhergehenden Passage erreicht werden, oder
durch Verfütterung einer Kultur, die aus diesen Organen gezüchtet war.
Der erstere Modus mußte als der zweckentsprechendere erscheinen, da
bei seiner Anwendung die Gefahr einer künstlichen Abschwächung des
Bacillus beim Passieren der Nährböden vermieden wird. Da diese Methode
aber 1) nicht die Möglichkeit der Dosierung der Anzahl der Bacillen an
die Hand gibt, die bei Jeder Passage in den Darm der Ratte eingeführt
wird (die Anzahl der Bacillen in den Organen der Ratten kann eine
ganz ungleiche sein) und 2) es keine Möglichkeit gab, einen unbegrenzten
Vorrat von Infektionsmaterial zur Verfügung zu haben (besonders, wenn
man als Infektionsmaterial Herzblut benutzen will), so gab ich es auf,
nach dieser Methode vorzugehen, und infizierte die Ratten mit Kulturen,
die ich aus den Organen züchtete.
Um die Bacillen nicht zu komplizierten Wachstumsverhältnissen
außerhalb des tierischen Organismus auszusetzen, benutzte ich in einigen
Versuchen die aus den Organen entwickelten Kulturen bei der Infizierung
1) Laboratoire des vaccins Pasteur. Paris 5, rue St. Armand.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. H
der Ratten ohne vorhergehende Reinzüchtung; da aber in die Organe
noch bei Lebzeiten der Ratte oder gleich nach ihrem Tode fremde
Bakterien eindringen konnten und da diese Bakterien sich den Danysz-
schen beigesellen und so oder anders auf den regelrechten Gang der
Passagen einwirken konnten, so wandte ich in einer anderen Reihe von
Versuchen zur Infizierung der Ratten Kulturen an, die vorher durch
das Plattenverfahren reingezüchtet worden waren.
Um endlich, wenn auch nicht auszuschließen, so doch wenigstens
den Einfluß des Nährbodens auf den Gang der Passagen festzustellen,
kultivierte ich in einer Reihe von Versuchen in den Zwischenräumen
zwischen den Passagen die Bacillen außer der Bouillon ^) auch in einem
besonderen Dekokt, in welchem, wie wir in kurzem hoffen nachweisen
zu können, der Danyszsche Bacillus seine Virulenz bedeutend länger
bewahrte als in Bouillon.
In der Annahme, daß in den Organen der krepierten Ratten, ent-
sprechend den Angaben der Autoren, sich nur eine kleine Anzahl der
Stäbchen findet, übertrug ich bei der Obduktion 1 ccm große Stückchen
der Leber und der Milz und alles im Herzen sich befindende Blut in
Probiergläschen mit 10—13 ccm Bouillon oder dem erwähnten Dekokt.
Nach 24-stündigem Verweilen im Thermostaten wurde die in den Probier-
gläschen entwickelte Kultur entsprechend den Bedingungen des Versuches
verwandt, d. h. entweder direkt zur Infizierung der Ratte benutzt oder
es wurde vorher durch Plattenverfahren auf Gelatine eine Reinkultur
des Bacillus gezüchtet. Wenn der Bacillus zwischen zwei Tierpassagen
im Dekokt kultiviert werden sollte, so wurde die Gelatine für die Platten
mit dem Dekokt präpariert, wenn aber in Bouillon kultiviert werden
sollte, so wurde die Gelatine mit Bouillon hergestellt.
Von den Kulturen wurden vor ihrer Passage durch Ratten zur
Kontrolle Aussaaten auf schrägem Agar oder Gelatine gemacht, oder
mit ihnen das Plattenverfahren auf Gelatine angestellt. Zu diesen Aus-
saaten und Platten benutzte ich Agar und Gelatine, die mit Bouillon
präpariert worden waren ^).
Die zu den Experimenten ausgewählten Ratten setzte ich einige
Minuten vor Beginn des Versuches jede einzeln in einen besonderen
Käfig, weil nur unter diesen Bedingungen es möglich ist, die Schwer-
kranken vor Angenagtwerden durch die Genossen zu schützen, und darauf
zu achten, daß alle Ratten das ganze für sie bestimmte Infektions-
material auffressen.
Zur Infizierung gab ich jeder Ratte 10 ccm Kultur. Diese Dosis
wurde in den Futternapf gegossen und mit Hilfe eines Glasstäbchens
mit der doppelten Gewichtsmenge Roggenmehl zu einem dicken Teig
vermengt, der mit dem Napf in den Käfig gestellt wurde.
1) Zur Bereitung der Bouillon nahm ich auf 100 ccm Wasser
1,0 g Pepton sicc. Witte
1,0 „ Extr. caruis Liebig
0,5 „ Kochsalz
Die Reaktion der Bouillon wurde mit einer 10-proz. Sodalösung zu einer schwach
alkalischen gemacht. Ueber die Methode der Bereitung des Dekoktes werden wir in
einer besonderen Arbeit berichten, die der Beschreibung der Eigenschaften dieses Nähr-
bodens gewidmet ist.
2) Im Anfang machte ich die Kontrollaussaaten entweder auf Agar oder Gelatine,
aber bald zeigte es sich, daß auf letzterer eine Beimengung von anderen Bakterien zum
Danyszschen Bacillus bedeutend leichter zu erkennen war, ich benutzte daher in der
Folge bei meinen weiteren Versuchen nur noch Gelatine.
12
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
TabeUe No. 1.
Plan der Versuche mit Passagen des Danyszschen Bacillus durch
graue Ratten.
I. Gruppe der Versuche: Die Infizierung der Ratten wird mit Kulturen aus-
geführt, die unmittelbar aus den Organen gewonnen wurden.
Serie APB der Versuche.
Passagen dienen Bouillonkulturen.
Als Material zu den
Serie AD der Ver-
suche. Als Material zu
den Passagen dienen Kul-
turen in dem Dekokt.
Es wird vollkommen
ebenso verfahren wie in
§ a-§ c der Serie APB,
aber statt der Bouillon wird
der Dekokt verwandt und
umgekehrt.
Verfahren, um diese Kulturen zu erhalten:
§ a. Leber- und Milzstücke und das Herzblut von
Ratten der vorhergehenden Passage werden in Probier-
gläschen mit Bouillon und mit dem Dekokt getan ^).
§ b. Aus den Probiergläschen § a werden nach 24-
stündigem Verweilen im Thermostaten Kontrollaussaaten
auf schrägem Agar oder Gelatine gemacht, darauf erhalten
von ihrem Inhalt:
Ratte No. 1 10 ccm Bouillon, geimpft mit einem Stück
Leber ;
Ratte No. 2 ebensoviel Bouillon, "geimpft mit einem
Stück Milz;
Ratte No. 3 10 ccm Dekokt, geimpft mit einem Stück
Leber:
Ratte No. 4 ebensoviel Dekokt, geimpft mit einem
Stück Milz.
§ c. Von den Organen der Ratte No. 1 oder 2 § b
werden nach ihrem Tode Aussaaten entsprechend § a ge-
macht, darauf wird entsprechend § b und § c verfahren usw.
IL Gruppe der Versuche: Die Infizieruug der Ratten wird mit Kulturen
ausgeführt, die vorher durch das Platten verfahren reingezüchtet worden sind.
Serie BPB der Versuche. Als Material für die
Passagen dient eine Reinkultur des Bacillus in Bouillon.
Verfahren, um diese Kulturen zu erhalten:
§ a'. Man verfährt wie in § a der Serie APB der
Versuche.
§ b' Aus den Kulturen, die sich in den Probier-
gläschen § a' nach 24-6tündigem Verweilen im Thermo-
staten entwickelt haben, stellt man Platten an : aus den
Bouillonkulturen in Gelatine mit Bouillon, aus den Kul-
turen in dem Dekokt in Gelatine mit dem Dekokt.
§ c'. Aus den in den Schälchen § b' sich entwickeln-
den Kolonieen werden Aussaaten gemacht: aus der Bouillon-
gelatine in Probiergläschen mit Bouillon, aus der Gelatine
mit Dekokt — in Probiergläschen mit Dekokt.
§ d'. Nach 24-stündigem Verweilen im Thermostaten
werden erst aus den Reagensgläschen § c' Kontrollaussaaten
auf schrägem Agar oder Gelatine gemacht, worauf von
ihrem Inhalt erhalten:
Ratte No. 1 10 ccm reiner Kultur in Bouillon,
„ „ 2 idem,
„ „ 3 10 ccm reiner Kultur im Dekokt,
„ ,, 4 idem.
§ e'. Aus dem Kadaver der Ratte No. 1 oder No. 2
§ d' werden nach ihrem Tode Aussaaten entsprechend § a'
gemacht, worauf man verfährt wie in § a', § b', § c/, § d' usw.
Serie BD der Ver-
suche. Als Material für
die Passagen dient eine
Reinkultur des Bacillus in
dem Dekokt.
Man verfährt voll-
kommen ebenso wie in § a'
— § e' der Serie BPB der
Versuche . aber anstatt
Bouillon benutzt man den
Dekokt und umgekehrt.
1) In den Versuchsserien mit Bouillonkulturen wurden die Aussaaten aus den
Organen außer in die Bouillon auch noch in dem Dekokt gemacht, und in den Ver-
sucnsserien mit dem Dekokt in Bouillon — zu genauerem Studium der Eigenschaften
des Dekoktes. Zu gleichem Zweck wurden die sich aus diesen Aussaaten entwickelnden
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 13
Alle Teigstücke, die von den Ratten während des Fressens über den
Boden verstreut wurden und in den Untersatz gefallen waren, wurden
sorgfältig gesammelt und von neuem in den Futternapf gelegt.
Gewöhnlich waren die Ratten mit dem Teig schon am nächsten
Morgen fertig, bisweilen auch erst nach 1 — 2 Tagen, und erst dann
erhielten sie ihr gewöhnliches Futter, das in Buchweizengrütze bestand.
Um einer Verwesung der Kadaver vorzubeugen, wurden die am
Tage krepierten Ratten sofort nach dem Tode obduziert, während die
in der Nacht gefallenen einige Stunden bis zur Obduktion in der Kälte
aufbewahrt wurden.
Der Plan meiner Untersuchungen und der Modus ihrer Ausführung
sind in Tabelle No. 1 dargestellt.
Während der Arbeit mußten in den Details dieses Planes kleine
Abänderungen vorgenommen werden, deren Wesen sich aus den An-
merkungen in den weiterhin angeführten Tabellen ergibt.
Bei dem Studium der von uns erzielten Resultate sehen wir (Tabelle
No. 3-16, No. 18—25, No. 27—32, No. 34-38), daß von 1002 infizierten
Ratten 927 krepiert und 75 am Leben geblieben sind ^). Einige von
ersteren gingen nach mehr oder weniger langer Zeit zugrunde, die Mehr-
zahl jedoch in den ersten 16 Tagen nach der Infektion (Tabelle No. 39,
No. 40, No. 41, No. 42 und Taf. 1, 2, 3, 4).
Kulturen zu Infizierung der Ratten der nächsten Passage verwandt (s. § b Ratte No. 3,
No. 4 und § d' Ratte No. 3, No. 4). Die Ergebnisse dieser ergänzenden Aussaaten und
Infizierungen werden in dieser Arbeit in extenso gegeben, in Anbetracht ihrer Bedeutung
zur Klärung der Frage der Ursachen, die die Unterbrechung der Passagen hervorrufen.
1) Die getöteten, die zum zweiten Male infizierten, eine entlaufene und eine durch
ein Versehen überhaupt nicht infizierte Ratte wurden zu den am Leben gebliebenen
gezählt.
Anmerkungen zu Tabelle No. 2 (p. 14).
1) Eine Ratte fiel am 9., die zweite am 10., die dritte am 37. Tage; die vierte
blieb am Leben (wurde getötet am 44. Tage nach der Infektion). Weitere Passagen
wurden nicht ausgeführt.
2) Eine Ratte fiel am 12. Tage, die übrigen blieben am Leben (getötet wurden:
zwei am 40. Tage, eine am 92. Tage nach der Infizierung). Weitere Passagen
wurden nicht ausgeführt.
3) Zwei Ratten fielen am 8., eine am 11. Tage; die vierte blieb am Leben (getötet
am 58. Tage nach der Infektion). Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
4) Eine fiel am 11., die zweite am 17. Tage, die dritte am 40. Tage. Weitere
Passagen wurden nicht ausgeführt.
5) Die Ratten fielen am 6., 7., 9. und 10. Tage. Weitere Passagen wurden
nicht ausgeführt.
6) Eine fiel am 7., eine andere am 57., die dritte am 235. Tage. Weitere Pas-
sagen wurden nicht ausgeführt.
7) Die Ratten fielen am 2., 6., 8. und 9. Tage. Weitere Passagen wurden
nicht ausgeführt.
8) Die Ratten fielen am 3., 4. und 8. Tage. Weitere Passagen wurden
nicht ausgeführt.
9) Eine fiel am 10., die zweite am 15., die dritte am 57. Tage. Weitere Pas-
sagen wurden nicht ausgeführt.
10) Drei fielen am 4., eine am 18. Tage. Weitere Passagen wurden nicht
ausgeführt.
11) Die Passagen werden fortgesetzt.
14
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
NO der Tabelle No. 2.
Passage Genealogische Verbindung der Passagen der Serie APB der Versuche.
2
s
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
U
16
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
Vers.
I
Vers. 23 Vers. 22
I I
,, 26 „ 24
311) Vers. 32
Vers. 37 2)
Vers. 47 8)
Vers. 50
53
57
64
75
81
Vers. 89 Vers.
Vers.
Vers. 94
130 Vers. 99
I I
138 „ 106
I I
166 6) „ 109
I
„ 117
Vers. 146 6) Vers. 143 . Vers. 137
I I
„ 154 . ,, 144
162 8)
158 7)
Vers. 100
I
104
I
107
111
114
125
134
95
103
129*)
Vers. 140 Vers.
I
Vers. 151 Vers. 149
I ^
„ 160 ... .
147
1551
167
169
175
18t
187
192
197
201
Vers. 219 Vers. 207
226
I
232 . „
238 . ,,
I
249 . „
25811) „
Vers. 218
226
230
I
236
I
244
I
251
Vers. 214
I
222
/
234
1
240
I
„ 247 .
264 11)
Vers. 159 . Vers. 164 lo)
166
168
174
182
188
194
199
206
212
215
224
233
239
250
259 1« )
• • „ 26011)
1>-11) s. p. 13.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
15
TabeUe No. 3.
Serie ÄPB der Versuche.
OJ. .
« O -
I nf ek tionsm aterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
Aus welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
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a^
1 Vers. 4
r R. 170
Vers. 7
R. 205
\ Vers. 11
R. 234
1 Vers. 14
r R. 263
l Vers. 17
j R. '298
1 Vers. 18
r R. 337
Vers. 20
R. 357
Vers. 22
R. 382
Vers. 24
R. 396
Vers. 32
R. 433
Vers. 39
R. 467
Vers. 41
R. 488
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Müz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Müz
Leber
Milz
Leber
Müz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Mik
Leber
Milz
Leber
Müz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Müz
Leber
Milz
Leber
Milz
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
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m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
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m Dekokt
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m Dekokt
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m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
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1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
16
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Infektionematerial
Sein Ursprung
Von
welcher
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Vers. 46
R. 513
1 Vers. 50
I R. 554
1 Vers. 53
( R. 572
Vers. 57
R. 602
Vers. 64
R. 633
Vers. 75
R. 683
Vers. 81
R. 707
/Vers. 89
R. 706
Vers. 94
} R. 794
IVers. 100
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Leber
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Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
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Leber
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Herzblut
Herzblut
Milz
Herzblut
Milz
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in Bouillon
im Dekokt
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in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
/ in Bouillon
> im Dekokt
; in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
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im Dekokt
in Bouillon
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14
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7
7
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7
16
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nicht
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Og
nicht
Og
Og
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Og
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Blieb am Leben (getötet am 39.
nach der Infektion)
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Blieb am Leben (nochmals
fiziert)
Tage
18
12
18
6
18
12
19
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19
10
19
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11
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12
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10
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21
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21
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1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
17
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Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
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1172
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1183
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R. 924
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1184
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1212
1213'
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R. 1211
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Milz
Herzblut
Milz
Herzblut
Milz
Herzblut
Milz
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
Herzblut
Milz
Leber
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
Milz
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Abimpfung \
aus Bouillon I
mit Herzblut /
Orig.- Kultur J
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aus Bouillon |
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
in Bouillon
im Dekokt
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im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
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in Bouillon
in Bouillon
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in Bouillon
in Bouillon
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25
25
25
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26
26
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27
27
27
27
28
28
28
29
29
29
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30
30
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31
31
31
32
32
32
32
33
33
33
33
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34
34
34
35
35
35
35
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Og
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Og
Infektion
Off
St
Tage nach der
1) In Bouillon. 2) Im Dekokt.
3) In Bouillon eine Gelatine schwach verflüssigende Bakterienkolonie.
4) In Leber und Milz (Bouillon) je eine Gelatine verflüssigende Kolonie.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 1/2. 2
18
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
25
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
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Ratte
Aus welchem
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In welchem
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1387
11388
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215 11402
1403
1404
Vers. 182
R. 1258
Vers. 118
i R. 1284
Abimpfung
aus Bouillon , .
mit Herzblut iQ Bouillon
Orig. -Kultur]
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aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Vers. 194
Abimpfung
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R. 1308 mit Herzblut
Orig. - Kultur
iVers. 199
R. 1328
IVers. 206
R. 1361
224
233
239
1405
1438
1439
1440
1441
1474
1475
1476
1477
1501
1502
1503
1504
25011551
11552
1553
1554
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. -Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
AT Ol Ol Abimpfung
Vers. 212 aus Bouillon
{ R. 1387 mit Herzblut
Orig. - Kultur
Vers. 215
R. 1405
IVers. 224
( R. 1441
Vers. 233
R. 1474
Vers. 239
R. 1502
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
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in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
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11 I vergr. Og Og i Og
Am Leben am 163. Tage nach der
Infektion
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Og
Og
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Og
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36
36
36
37
37
37
37
38
38
38
38
39
39
39
39
40
40
40
40
41
41
41
41
42
42
42
42
43
43
43
43
44
44 -
44 Am Leben am 78. Tage nach der
Infektion
9
82
6
5
5
6
16
13
8
11
8
7
8
4
13
7
69
12
Am Leben am 113.
Og
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Og
Og
Og
Og
Og
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60
37
6
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12
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44
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Og
Og
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1) In Bouillon.
2) In Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
19
Infektionsmaterial
o
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SS
-§1
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
1606
1607
1608
1609
385
386
387
388
399
400
401
402
429
430
431
432
459
460
461
462
,Vers. 250
' R. 1554
In welchem
, , Nährmittel
Aus welchem kultiviert
Organ i
Abimpfung
aus BouiUon
mit Milz
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Og
46
46
46
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Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
vergr.
Og
Og')
Die Passagen werden weitergeführt.
Tabelle No. 4.
Serie APB der Versuche.
Vers. 20
R. 358
Vers. 23
R. 385
Vers. 25
R. 309
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
in Bouillon
im Dekokt
in BouiUon
im Dekokt
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+ P
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8
8
8
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9
9
9
9
10
10
10
10
5
5
10
8
6
10
5
5
9
37
10
vergr.
>)
nicht
vergr.
nicht
vergr.
+g
OP
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+P
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03
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Og
Og
OP
Oa
+P
I»
+P
OP
Oa
Oa
St
Vers. 24
R. 395
Blieb am Leben (getötet am
44. Tage nach der Infektion)
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 5.
Serie APB der Versuche.
Blieb am Leben (getötet am
92. Tage nach der Infektion)
12 I nicht j Og I +P i
Blieb am Leben (getötet am
40. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
40. Tage nach der Infektion)
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Leber
Milz
Leber
Milz
+g
10 1
in
Bouillon
1
10 1
Og
10 i
im
Dekokt
>i
10
TabeUe No. 6.
Serie APB der Versuche.
523
Leber
; in Bouillon
Og
14
524
Vers. 46
Milz
+g
14
525
526
[ R. 514
Leber
Milz
I
> im Dekokt
Og
14
14
11 i vergr. I | j Og
Blieb am Leben (getötet am
53. Tage nach der Infektion)
8 I vergr. 1 I | Og
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 7.
Serie APB der Versuche.
761
762
763
764
Vers. 81
R. 706
Leber
Milz
Leber
Milz
in Bouillon
im Dekokt
+g
20
Blieb am Leben (noch
Og
20
11
vergr.
+g
+g
20
20
17
64
nicht
»
+g
Og
+g
Og')
Og
+g
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
2*
20
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
^ a
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Batte
Aus welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
<V (U C
fc <u S
oj Sm ^
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1-1 h *>
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Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
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95
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798
7
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801
802
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867
868
869
870
871
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1018
1019
1020
Vers. 88
R. 762
Vers. 95
R. 800
IVers. 103
( R. 869
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
Herzblut
Milz
Leber
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
+g
Og
+g
+g
+g
21
21
21
21
21
21
22
22
22
22
22
22
23
23
23
13
17
vergr.
nicht
vergr.
+g
Off
+g
+g^)
Os
Blieb am Leben (nochmals infiziert)
7
6
8
5
5
5
10
40
17
11
vergr.
Og^)
+g')
Og
Og
))
nicht
1)
n
vergr.
Og
Og
+g
Og
Og
Xg
98
817
818
819
820
821
822
130 ;i021
1022
1023
138 1056
11057
11058
1059
156 1127
1128
,1129
1130
Vers. 89
R. 765
1 Vers. 98
R. 817
Ivers. 130
( R. 1021
IVers. 138
I R. 1059
99
823
8Si
825
826
827
828
Vers. 94
R. 792
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 8.
Serie APB der Versuche.
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
Herzblut
Milz
Leber
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut \
Orig.- Kultur '
Abimpfung .
aus Bouillon . ^ -n
mit Herzblut '° Bouillon
Orig. -Kultur^
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
TabeUe No. 9.
Serie APB der Versuche.
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Milz
Herzblut
+g
in Bouillon
Og
»
im Dekokt
)>
in Bouillon
Xg
ög
in Bouillon
21
10
21
22
21
76
21
8
21
22
21
6
22
8
22
120
22
58
23
16
23
10
23
149
23
6
24
10
24
7
24
9
24
6 1
vergr.
XgM
Xg^)
Og^)
Og^)
nicht
OgM
Og')
+g')
+g')
))
Og
Og
vergr.
+g
+g
„
Og
Og
nicht
+g
+g
vergr.
)>
»
nicht
Og
Og
»
+g
+g
>>
Og
Og
vergr.
nicht
vergr.
))
))
)>
Og
22
7
vergr.
Og
Og
in Bouillon
22
4
Og
22
11
)>
+g
Og
22
10
Og
im Dekokt
22
54
nicht
+g
+g
22
6
vergr.
Og
Og
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
3) Sehr wenige Kolonieen von Gelatine verflüssigenden Bakterien.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
21
<0
ja
[nfektionsmaterial
-s-g
gll
Fremde Bakterien
g
0)
>
'S
ö
Im Material wa
+ (X) oder keir
fremde Bakteri
a a
rt-Süd
wurc
en gefi
) oder
inden
BS
Sein Ursprung
In welchem
Nährmittel
kultiviert
CS V
ß o
. <u
Wie viel Tagen
Infektion erf(
der Tod der ]
Die Peyersd
Plaques waren
größert oder i
+ (X
ceine 0
Von
welcher
Ratte
Aus welchem
Organ
-§1
'Ö n3
h- 1
1 a
106
887
Leber
( in Bouillon
1
Og
23
7
vergr.
+g^)
Og
Og
888
Vers. 99
Milz
>)
23
11
nicht
Og
889
R. 824
Herzblut
t»
23
12
vergr.
Og
890
891
Leber
Milz
[ im Dekokt
23
23
11
7
11
11
11
892
Herzblut
jj
23
5
11
»1
109
901
902
Vers. 106
Milz
Herzblut
\ in Bouillon
24
24
14
9
nicht
vergr.
Og
Og
903
904
' R. 888
Milz
Herzblut
\ im Dekokt
1)
II
24
24
5
5
II
+g
II
117
939
Milz
]
"
25
9
nicht
Og^)
Ogr
+g*)
> in BouUon
+g')
Og*)
940
Vers. 109
Herzblut
1
11
25
75
11
Og
Og
St
941
R. 901
Milz
/
\
25
8
Xg^)
Xg^)
Og
\ im Dekokt
11
'*
Og^)
V
942
Herzblut
j
11
25
92
11
Og
st
137
1052
]
Herzblut
1
+ g
26
18
vergr.
>i
11
2^
1053
1054
1 Vers. 117
( R. 939
Milz
Leber
> in Bouillon
Og
+g
26
26
4
69
11
nicht
+g^)
>i
+g
Og
St
Og^;
144
1087
Herzblut
> in Bouillon
Og
27
10
vergr.
Og
Og
9.^
1088
1089
Vers. 137
R. 1053
Milz
Leber
27
27
10
16
"
+g
4-g^)
+g^)
Og
Og'^)
+g')
11
11
Og'')
Og^)
"
158
1135
Abimpfung
1
11
28
8
„
Og
Og
II
1136
Vers. 144
aus Bouillon
> in BouiUon
>1
28
2
nicht
+g
+g
II
1137
( R. 1087
mit Herzblut
11
28
6
vergr.
Og
Og
11
1138
J
Orig.-Kultur
J
11
28
9
II
II
>l
11
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
143
154
162
1084
1085
1086
1121
1122
1123
1155
1156
1157
Vers. 117
R. 941
Vers. 143
' R. 1084
Vers. 154
R. 1121
TabeUe No. 10.
Serie APB der Versuche.
Herzblut
Milz
Leber
Herzblut
Milz
Leber
Herzblut
Milz
Leber
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
Og
26
8
Xg
26
121
Xg
26
166
Og
27
11
y}
27
10
27
86
28
4
28
3
»
28
8
vergr.
nicht
2^
St
Og
st
11
vergr.
nicht
11
Og
+g
Og
II
ög
+g^)
II
vergr.
ög
11
"
Og^)
+g*)
+g*)
Og»)
22
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle No. 11.
Serie APB der Versuche.
1-
= o
CS u
Infektionsmaterial
Im Material waren
+ (X) oder keine 0
fremde Bakterien
G CS
« c
03 o
n, «+-
^ C
Mi
Wieviel Tage nach d.
Infektion erfolgte
der Tod der Ratte
Die Pey ersehen
Plaques waren ver-
größert oder nicht
Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
>
13
Ö
Sein Ursprung
In welchem
Nährmittel
kultiviert
Von
welcher
Satte
Aus welchem
Organ
'Ö TZ
1— 1
Im Blute
des
Herzens
146
1094
1095
1096
Vers. 117
R. 941
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Abimpfung
aus Bouillon
mit Milz
Abimpfung
aus Bouillon
mit Leber
in Bouillon
Xg
Og
Xg
26
26
26
57
7
235
nicht
vergr.
nicht
+g
Og
+g
+g
Og
+g
St
Og
St
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
147
155
119711 Vers. 134
1098
1124
1125
112b
/ R. 1036
I Ver=s. 147
f R. 1097
Milz
Leber
Herzblut
Milz
Leber
Tabelle No. 12.
Serie APB der Versuche.
> in Bouillon
in Bouillon
Xg
Og
29
29
30
4
7
57
+g
30
10
+g
30
15
vergr.
»>
nicht
vergr.
+g
Og
+g
+g')
Og^)
Og
St
+g
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 13.
Serie APB der Versuche.
151
160
167
169
175
181
1180
1181
1186
1187
1188
1189
1214
Vers. 140 Herzblut
R. 1065 I Milz
I Leber
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig.-Kultur
Vers. 151
■ R. 1111
^r -.^^ Abimpfung
Vers 160 aus Bouillon
K. 114b n,it Herzblut
Orig.-Kultur
Abimpfung
Vers. 1(57 aus Bouillon
R. 1178 i^'t Herzblut
Orig.-Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
R 1188 i™^* Herzblut
Orig.-Kultur
Vers. 169
Vers. 175
• R. 1214
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut! Mn Bouillon
Orig.-Kultur jj
Og
30
8
+g
3ü
9
+g
30
14
Og
31
10
31
7
31
10
31
7
32
5
)>
32
5
32
7
32
4
„
33
8
33
100
33
6
33
9
34
9
34
14
34
123
34
16
35
10
35
7
35
16
35
9
vergr.
Og
Og
nicht
vergr.
II
11
»
i>
>i
+gM
Og^)
Xg^)
+g
Og^)
1)
+g
Og
»
St
St
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Og
Og
>»
II
II
n
+g
Og^)
+g*)
»
Og
Og
nicht
+g
+g
))
II
Og
vergr.
II
n
,,
II
II
nicht
II
II
vergr.
II
„
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten
etc.
23
Xi
u
'S
s
C3_
= o
OD
o-^
y'
a>
>
^s:
9i
«&i
~
-n q;
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Rattte
Aus welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
Ol „ ö
C <u <ü
^ »- oä
So
'S *
•-1 +
C OS
* c
c3 «
CO bc
CO -ir
08 O
_ö ** ij
'S W)^
n «4-1 '^
« « fe^
bC Ji
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■ — G <u
-« ^ e
m 5 "i)
a- tx
Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
►3-^
cQ Ja
a a
187
192
197
201
207
214
222
234
240
247
1278
1279
1280
1281
1298
1299
1300!
1301
1318
1319
1320
1321
1338
1339
1340
1341
1362
1363
1364
1365
1398
1399
1400
1401
1430
1431
1432
1433
1478
1479
1480
1481
1505
1506
1507
1508
1536
1537
1538
1539
Vers. 181
• R. 1255
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig.- Kultur
Abimpfung
.Vers. 187 aus Bouillon
R. 1278 mit Herzblut
Vers. 192
' R. 1299
Vers. 197
R. 1320
Vers. 201
• R. 1338
Vers. 207
R. 1364
Vers. 214
R. 1400
Vers. 222
' R. 1433
Vera. 234
■ R. 1481
Vers. 240
R. 1507 I
Abimpfung
aus Bouillon i
mit Herzblut!
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
Orig.-Kultur J
Abimpfung '
aus Bouillon j
mit Herzblut l iQ Bouillon
Orig.-Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig.-Kultur ■
Abimpfung •
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig.-Kultur -
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig.-Kultur
Abimpfung \
aus Bouillon I
mit Herzblut f ^^ BouiUon
Orig.-Kultur J
Abimpfung \
aus Bouillon .
mit Herzblut f lo Bomllon
Orig.-Kultur J
Abimpfung ^
aus Bouillon 1 . -r, -^^
mit Herzblut >°ß0"^^0°
Orig.-Kultur J
in BouilioD
in Bouillon
in Bouillon
Og
+g')
Og
+g
Og
36
36
36
36
37
37
37
37
38
38
38
38
39
39
39
39
40
40
40
40
41
41
41
41
42
42
42
42
43
43
43
43
44
44
44
44
45
45
45
45
6
11
9
8
12
6
7
9
12
12
9
6
12
19
14
23
14
15
25
12
11
Am
44
11
11
45
8
8
6
5
3
4
4
15
4
4
4
vergr.
nicht
vergr.
nicht
>>
vergr.
Og
Og
OgM
+g')
Og
+g*)
Og^)
+g'l
Og^)
+g
Og
H-g")
Og
tS
Og
+g')
+g')
Og^)
Og
+g')
Og-^)
Og
Og
+g')
Og
Og
Off
Og
ogr
Og
Og
Og
st
Og
+g
Og
+gV)_
Og*)
Og*) Og*)
^ +g +L
Leben am 105. Tage
der Infektion
vergr.
Og
Og
>>
))
nicht
vergr.
+g^)
II
»»
)>
Og*)
Og
Og
Og
»
))
M
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»
n
>>
))
>>
ög
Og
St
Og
\
nach
St
Og
Og
St
Og
ög
Og
ög
Og
st
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
3) Eine Gelatine verflüssigende Bakterienkolonie.
24
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 12.
jn
ja
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o
3
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OhPh
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TS
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-o §
O
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Ä
254
1575
1576
1577
1578
InfektioDsmatenal
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
[Vers. 247
R. 1538
Aus welchem
Organ
Abimpfung
aus Bouillon
mit Milz
In welchem
Nährmittel
kultiviert
£ « §
fe 0) O)
-3 -^
a t^ <a
»-H +
in Bouillon
Og
oaä
46
46
46
46
13 tJDtS
.03 c -
r-i o— !
dJ u
OS«
vergr.
Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
C J
t— 1*^
Og
Am Leben am 51. Tage nach der
Infektion
Og^)
17
vergr.
+g
Die Passagen werden weitergeführt.
Tabelle No. 14.
Serie APB der Versuche.
+g"')
164
219
226
232
238
249
258
1162
1163
1164
1165
1418'
1419
1420
1421
1446
1447
1448
14491
1470
1471
1472
1473
1497
1498
1499
1500
1547
1548
1549
1550
1602
1603
1604
1605
in Bouillon
I Abimpfung I
[Vers. 149iaus Bouillon
R. 1103 |mit Herzblut
' jOrig.- Kulturl
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
TabeUe No. 15.
Serie APB der Versuche.
Og
31
18
vergr.
31
4
))
31
4
i>
))
31
4
>>
Og I Og
Vers 201 abimpfung
T> ioQQ aus Bouillon
-"• '■'^^^ mit Herzblut
[Vers. 219
r R. 1421
Vers. 226
R. 1448
Vers. 232
R. 1470
[Vers. 238
f R. 1499
iVers. 249
I R. 1547
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. -Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. -Kultur
in Bouillon
in BouiUon
> in Bouillon
> in Bouillon
Abimpfung 1
aus Bouillon /
mit Herzblut 1
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
in Bouillon
in Bouillon
Og
40
6
40
40
40
6
»
40
7
))
41
14
41
4
41
4
>>
41
3
)>
42
8
42
40
J»
42
73
))
42
32
»
43
6
43
7
)>
43
4
>I
43
6
44
8
)>
44
8
J>
44
10
44
8
45
3
45
8
45
7
)'
45
5
vergr.
nicht
Og
Og
vergr.
»
II
)>
Og»)
II
Og»)
»
nicht
Og
+g')
Og
vergr.
+g
Og
»I
»I
11
+g')
»>
nicht
Og')
Og
vergr.
+g')
11
II
Og^)
Og')
+g
Og
>»
+g*)
Og
»
Og»)
1)
"
+g')
Og
"
»>
»
»
»I
+gM
Og")
Og
>1
II
11
)l
I)
II
II
II
Die Passagen werden weitergeführt.
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
25
Tabelle No. 16.
Serie APß der Versuche.
ija
218
225
230
236
244
251
260
1414
1415
1416
1417
1442
1443
1444
1445
1462
1463
1464
1465
1489
1490
1491
1492
1521
1522
1523
1524
1555
1556
1557
1558
1610
1611
1612
1613
Infektion^material
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
^Ve^s. 207
\ R. 1363
IVers. 218
r R. 1417
Vers. 225
R. 1443
[Vers. 230
( R. 1463
,Vers. 236
f R. 1491
.Vers. 244
i R. 1521
[Vers. 251
f R. 1556
Aus welchem
Orofan
In welchem
Nährmittel
kultiviert
iJ-i
^ V «
5 «- 03
C «02
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. -Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. -Kulturil
Abimpfung i"j
aus Bouillon I
mit Herzblut: > m
Orig. - Kultur I
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
Orig. - Kultur
Abimpfung
aus Bouillon
mit Herzblut
in Bouillon
in Bouillon
BouiUon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
OD bC
oä o
©Cd
Og
cd oPh
03 a^
QU öo
41
41
41
41
42
42
42
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43
43
43
43
44
44
44
44
45
45
45
45
46
46
46
46
47
47
47
47
8
11
7
18
4
10
78
5
5
7
7
14
6
8
5
6
<o
«
<o
Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
a^
vergr.
nicht
vergr.
Og
+g
Og
+g^
Og'^)
Og
+g^)
Og^)
J2 N
m
a
9 S
Og
+g^)
og-^)
+g^)
Og')
Og
Og
St
Og
Og
St
Og
Og
Og
Og
Og
Og
Am Leben am 74. Tage nach der
Infektion
Am Leben am 74. Tage nach der
Infektion
11 I vergr. 1 Og | Og 1 Og
6 I „ I „ I „ I Og
Am Leben am 58. Tage nach der
Infektion
Am Leben am 58. Tage nach der
Infektion
vergr.
Og
Og
>>
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))
I)
»
;>
))
)j
i>
Og
Die Passagen werden weitergeführt.
1) In BouiUon. 2) Im Dekokt.
Die Bedeutung der bei den Tabellen No. 3 — 45 angewandten Zeichen:
g bedeutet eine Kontrollaussaat auf schräger Gelatine.
Si „ „ r, r schrägem Agar.
P „ Platten verfahren auf Gelatine.
St „ daß die Bouillon oder der Dekokt steril blieb.
+ „ daß neben Danyszschen die Gelatine verflüssigende fremde Bakterien -
arten gefunden wurden.
X n daß neben Danyszschen die Gelatine nicht verflüssigende fremde
Bakterienarten gefunden wurden.
0 „ den Befund einer Reinkultur des D a n y s z sehen Bacillus.
No. der Ratten, die mit fettgedruckter Schrift bezeichnet sind, sind die-
jenigen, von denen das Material zur folgenden Passage genommen wurde.
26
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle No. 17.
No. der Genealogische Verbindune der Passagen der Serie BPB
rassage der Versuche.
1 Vers. 2 Vers. 27
2
3
4
5
6
7
«
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
6.
9.
15 ')
38
45
51
Vers. 60 Vers. 66
I I
M 73 „71
I .
„ 85 ... . Vers. 82 . . . • . .
I I
„ 96. . . .
. Vers. 79
120 .
127 .
135 »)
92 ») . Vers. 90
I
101
118
128
142
152
183
Vers. 87
Vers. 93
I
„ 105
I
„ 110
I
. 121
I
. 126
I
. 136
Vers. 97 ♦)
190 . Vers. 148
200
'211,
221 .
229 .
242.
248.
256«
161 .
I
179.
185.
191 .
198.
205 .
213 .
223 .
235 .
245 .
I
252«)
. Vers, 145
Vers. 173 .
178
186
195
202
208
217
227
237
246
253«)
Vers. 157 *)
1) Alle blieben am Leben (getötet am 63.-105. Tage nach der Infektion).
2) Zwei Ratten krepierten am 6., die dritte am 9.. die vierte am 12. Tage
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
3) Eine krepierte am 6 die zweite am §., die dritte am 9., die vierte am 11. Taee
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
4) Eine krepierte am tHx, eine zweite am 163., die dritte am 85. Tage, die vierte
blieb am Leben. VVeitere Pas.sagen wurden nich t ausgeführt
im -i^ Eine krepierte am 65., die zweite am 79., die dritte am 109., die vierte am
110. läge. Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
6) Die Passagen wurden weitergeführt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 27
Tabelle No. 18.
Serie BPB der Versuche.
s3^
«= O
SS
a
<»
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Batte
Aus welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
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Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
=5 0
a «
154
155
186
187
188
189
226
227
228
229
290
291
292
293
\ Serie 40
/ R. 141
\ Vers. 2
j R. 154
l Vers. 6
( R. 186
Vers. 9
R. 226
Leber
in Bouillon
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
Oa
OP
vergr.
OP
+P
Oa
+P
+ P
Oa
Oa
" )7 J»
Blieb am Leben (getötet am
105. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
64. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
64, Tage nach der Infektion)
BUeb am Leben (getötet am
63. Tage nach der Infektion)
407
408
409
410
463
464
465
466
503
504
505
506
561
562
563
564
641
642
643
644
662
663
664
665
698
699
700
701
I Vers. 21
I R. 379
(Serie BD
Ider Vers.
I Vers. 27
I R. 408
Vers. 38
R. 463
Vers. 45
R. 504
Vers. 51
R. 561
Vers. 66
R. 642
Vers. 71
R. 662
Milz
Leber
Milz
Leber
Tabelle No. 19.
ierie BPB der Versuche.
i in Bouillon
J im Dekokt
I in Bouillon
i im Dekokt
in BouiUon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in BouiUon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
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1
13
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OP
1
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Oa
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Og
Og
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Og
28
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
Aus welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
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Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
748
93
Vers. 79
R. 698
Vers. 87
R. 748
905
126
14c
173
1047
1090
. Vers. 93
R. 791
Vers. 105
R. 881
Vers. 110
R. 906
Vers. 121
R. 955
Vers. 126
r R. 1008
Vers. 136
^ R. 1046
1091
1091^
1093
1202
1204 \Vers. 14o
^^^ i R. 1091
1205
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11239 IVers. 173
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Milz
Herzblut
»
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Herzblut
Milz
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Herzblut
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
9
9
9
9
9
9
9
9
10
10
10
10
10
10
10
10
11
11
11
11
12
12
12
12
13
13
13
13
14
14
14
14
15
15
15
15
16
16
16
16
17
17
17
17
vergr.
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12
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Og
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Og
Og
Og')
Og
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
29
'l
si
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Infektionsmaterial
ao
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Ratte
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welcher
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1274
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18
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Ivers. 178
( R. 1239
>>
■ in Bouillon
18
18
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1277
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JJ
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1312 1 R. 1277
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/ in Bouillon
19
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JJ
J J
JJ
OP
1313
J
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19
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1342
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JJ
1343
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1 R. 1312
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1371
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1 R. 1344
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21
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9
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JJ
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JJ
JJ
1373
JJ
21
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JJ
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JJ
22
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1411
1412
1 Vers. 208
1 R. 1373
JJ
JJ
• in Bouillon
22
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6
11
JJ
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J
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1
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11
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1451
1452
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1 R. 1413
JJ
JJ
/ in Bouillon
23
23
5
5
Og
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J
JJ
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JJ
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24
6
Og
Og
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1494
.Vers. 227
»
1
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24
Am Leben am 86. Tage nach der
Infektion
1495
R. 1452
JJ
24
4
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Og
Og
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1496
JJ
24
5
JJ
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OP
246
1532
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2
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St
St
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R. 1495
ij
JJ
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25
4
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Og
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1531
JJ
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JJ
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\[
St
st
st
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1571
\
JJ
26
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JJ
Og
Og
OP
1572
JJ
26
5
JJ
JJ
1573
■Vers. 246
JJ
• in Bouillon
26
Am Leben am 51. '
Tage nach der
R. 1534
Infektion
1574
1
JJ
JJ
26
5
vergr.
Og
1 Og
OP
Die
Passagen wurden weitergeführt.
Tabelle No. 20.
lerie BPB der Versuche.
60
73
619
620
621
622
670
671
672
673
Vers. 51
R. 562
Vers. 60
R. 620
Milz
in Bouillon
Og
5
13
nicht
+ P
•P
5
7
vergr.
im Dekokt
5
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nicht
5
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0?
in Bouillon
6
6
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15
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OP
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OP
im Dekokt
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6
6
12
JJ
nicht
Og
Og
Og
1) In Bouillon,
2) Im Dekokt.
30
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
22
% 2
«= O
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Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Batte
Aus welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
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all
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+ (X) oder keine 0
cS
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739
740
741
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807
810
811
812
809
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95U
9.51
1010
1011
1012
1013
1040
1041
1042
1043
iVers. 73
R. 671
Vers. 85
R. 738
Vers. 96
R. 812
IVers. 120
949
R.
Ivers. 127
( R. 1010
Vers. 71
R. 663
Vers. 82
f R. 711
Vers. 79
R. 699
Vers. 90
R. 769
Milz
»
))
>)
Herzblut
>>
II
Milz
1)
Herzblut
MUz
»I
Herzblut
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
in Bouillon
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Blieb am Leben (nochmals infiziert)
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II
II
11
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11
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Og
6
II
II
11
6
II
i;
11
OP
OP
OP
OP
St
Og
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 21.
Serie BPB der Versuche.
}in Bouillon
I im Dekokt
I in Bouillon
> im Dekokt
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 22.
Serie BPB der Versuche.
Og
7
13
vergr.
+ P
+p
11
7
12
+1*
7
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Og
og
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11
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Og
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6
11
Og
Milz
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in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
Og
8
7
vergr. i
8
Blieb am Lebei
8
6
nicht
8
12
vergr.
nicht
9
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9
8
11
9
7
11
Og
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Og
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1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
31
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Infektionsmaterial
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Fremde Bakterien
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Og
Og
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855
1 Vers. 90
R. 769
Herzblut
\ im Dekokt
9
9
7
8
+g
+g
II
II
856
))
J
))
9
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Milz
. in Bouillon
1)
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10
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Vers. 118
>>
• in Rniiillnn
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»
11
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vergr.
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11
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St
st
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.Vers. 128
/ in BouiUon
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12
12
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1 R. 1017
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12
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12
3
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St
St
152
1113
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13
10
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16
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> in Bouillon
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15
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1
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16
12
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Og
Og
OP
1335
1336
Ivers. 190
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> in Bouillon
16
16
7
14
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j
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J
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7
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10
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. in Bouillon
17
17
7
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st
Og
st
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Og
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5
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[ R. 1385
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6
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1 Vers. 221
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2
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Og^)
+g')
II
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1461
•
»
■
»
19
13
)i
+g
+g
OP
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
3) Grampositive Stäbchen.
32
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
1
1
Infektionsmaterial
gi « dj
j3 fr-e
5 >• o
Fremde Bakterien
o-n
Im Material wa
+ (X) oder keir
fremde Bakter
a *
Wieviel Tage nac
Infektion erfolj
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wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
>
TS
6
55
Z
Sein Ursprung
In welchem
Nährmittel
kultiviert
faß
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Plaques waren
gröfeert oder i
Von
welcher
Ratte
Aus welchem
Organ
.5^
l-H
Im Blut
des
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242
1513
\ Vers. 229
1 R. 1458
Herzblut
} in Bouillon
Og
20
4
vergr.
Ok
Og
St
1514
1515
•n
20
20
5
7
11
>i
>»
OP
OP
1516
20
Am Leben am 74. Tage nach
der Infektion
248
1543
•n
21
11
vergr.
Og
Og
OP
1514
21
8
OP
1545
1 Vers. 242
R. 1514
in Bouillon
n
21
5
n
+g*)
+g^)
OP
Og^)
+ g'')
1546
21
Am
Jeben am 59. Tage nach
der Infektion
256
1594
\ Vers. 248
1 R. 1544
\
n
22
13
vergr.
Og
Og
Og
1596
\ in Bouillon
1
•n
22
22
7
11
n
n
1597
n
22
7
n
n
1»
Die Passagen wurden weitergeführt.
97
813
814
815
816
Vers. 87
' R. 749
Tabelle No. 23.
Serie PBP der Versuche.
Milz
in Bouillon
im Dekokt
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Og
66
163
85
Blieb am Leben (nochmals
infiziert)
nicht
St
St
St
Tabelle No. 24.
Serie BPB der Versuche.
148 1099
1100
1101
161
179
185
1102
1151
11. ö2
1153
1154
1242
1243
1244
1245
1270
1271
1272
1273
Vers. 136
R. 1047
Vers. 148
R. 1099
Vers. 161
R. 1153
Vers. 179
R. 1243
Herzblut
• in Bouillon
I,
in Bouillon
in Bouillon
in Bouillon
Og
15
8
15
47
15
22
15
25
16
9
16
10
16
8
16
7
17
11
17
5
17
7
17
9
18
7
18
27
18
6
18
4
vergr.
nicht
vergr.
nicht
vergr.
Og
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II
11
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OP
OP
OP
OP
st
OP
OP
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
33
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+ (X) oder keine 0
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Von
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Nährmittel
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1294
Herzblut
Og
19
12
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Vers. 185
R. 1273
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Bouillon
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Bouillon
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1357
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1
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22
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Og Og
OP
1395
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Bouillon
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22
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Og
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9)
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1434
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1435
Vers. 213
j»
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Bouillon
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6
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R. 1394
79
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23
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nach
der Infektion
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99
23
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+g
+g
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235
1482
( Vers. 223
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11
OP
1483
J»
in
Bouillon
99
24
3
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ög
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2
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+g
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JJ
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99
24
10
Og
Og
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1528
1529
1530
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R. 1485
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Bouillon
99
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99
25
25
25
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st
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1568
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26
3
nicht
OP
St
156'J
.Vers. 245
> in
Bouillon
99
26
Am
Leben am 51. Tage
nach
R. 1530
der Infektion
1570
-
„
99
26
8
vergr.
Og
Og
OP
Die Passagen wurden weitergeführt.
157
1131
1132
1133
1134
JVers. 145
R. 1090
Tabelle No. 25.
Serie BPB der Versuche.
Herzblut
in Bouillon
Og
16
65
vergr.
nicht
Og
St
16
79
99
Og
16
109
99
M
16
110
99
99
St
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Erste Abt. Orig. Bd. 62.
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Heft 1/2.
St
Og
st
34
Centralbl. f. Hakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle No. 26.
Die genealogische Verbindung der Passagen der Serie AD
No. der der Versuche.
Passagen
Vers. 1 Vers. 2s
' i ,35
40
Vers. 29«)
42
48
Vere. 12*) . . • . Vers. 13*) . Vers. 55 Vers. 52
ei'') . Vers. 56
, 62
9
10
11
12
13
(LS
74
78
8-1
113'
Vers. 58
63
69
70
77
Tabelle No. 27.
Serie AD der Versuche.
'S
3
J3
= O
9} O
Infektionsmaterial
Im Material waren
+ (X) oder keine 0
fremde Bakterien
C 08
tß
C8 «
00 —
08 O
^'^
Wieviel Tage nach d.
Infektion erfolgte
der Tod der Ratten
Die Peyerschen
Plaques waren ver-
größert oder nicht
Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
>
Sein Ursprung
In welchem
Nährmittel
kultiviert
6
Von
welcher
Ratte
Aus
welchem
Organ
1«
1— (^
l-H
^ i
1
3
161
152
153
150
158
159
1 Serie 40
1 R. 141
\ Vers. 1
/ R. 151
Leber
Milz
Herzblut
Leber
Leber
Milz
2 im Dekokt
in Bouillon
> im Dekokt
Oa
1)
1
1
1
1
2
2
2
8
29
11
6
5
nicht
vergr.
nicht
vergr.
Oa
Og
Oa
Oa
Oa
Og
»
Oa
St
OP
St
9ß
Oa
St
n Blieben am Leben (getötet am 50. Tage nach der Infektion),
2) Blieben am Leben (getötet am 34. Tage nach der Infektion).
3* Eine krepierte am 21. Tage. Eine zweite blieb am Leben (getötet am 42. Tage
nach der Infektion). Von den mit Bouillonkulturen infizierten krepierte eine am
29. Tage, eine zweite blieb am Leben (getötet am 42. Tage nach der Infektion). Wei-
tere Pa.S8agen wurden nicht ausgeführt.
4) Eine blieb am Leben (nicht infiziert). Eine zweite fiel am 68. Tage. Von den
mit Bouillonkulturen infizierten krepierte eine am 11., eine andere am 12. Tage, Wei-
tere Pa.s sagen wurden nicht ausgeführt.
5) Eine blieb am Leberi (nochmale infiziert). Eine zweite krepierte am 31. Tage.
Von den mit Bouillonkulturen infizierten krepierte eine am 8., eine weitere am 12. Tage.
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
6) Eine krepierte am 9. Tage. Eine zweite blieb am Leben (getötet am 45. Tage
nach der Infektion). Von den mit Bouillonkulturen infizierten blieben alle beide am
liCben (getötet am 45. Tage nach der Infektion). Weitere Passagen wurden
nicht ausgeführt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
35
C o
O^Ph
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
Aus
welchem
Organ
In welchem
Nährmittel
kultiviert
o
2 fe =«
o *
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Oh c
Im tu
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-O 0)
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Ol '^
an
<u
Fremde Bakterien
wurden gefunden
+ (X) oder keine 0
172
173
170
171
206
207
208
209
224
225
222
223
244
245
242
243
254
255
256
257
413
414
415
416
451
452
453
454
473
474
475
476
491
492
493
494
Vers. 3
R. 158
Vers. 4
R. 172
Vers. 7
R. 207
Vers. 8
R. 225
Vers. 8
R. 224
. Vers. 23
\ R. 388
Serie APB
' der Vers.
1 Vers. 28
I R. 414
] Vers. 35
f R. 452
Vers. 40
R. 474
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
j- im Dekokt
\ in Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
Oa
+ g
+g
Og
7 vergr. Oa Oa
Blieb am Leben (nochmals in-
fiziert)
7
9 ,r " " op
4
3 nicht Og Og St
5
6
Oa
St
5 . Og ' " Og
10
Blieb am Leben (getötet am
50. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
50. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
50. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
50. Tage nach der Infektion)
vergr.
Og
Og
)i
nicht
vergr.
OP
Oa
Og
+P
Os')
+ P
Og')
Oa
+S')
Tabelle No. 28.
Serie AD der Versuche.
Oa
6
im Dekokt
>)
6
+P
6
in Bouillon
+ P
6
Blieb am Leben (getötet am
34. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
34. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (gelötet am
34. Tage nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am
34. Tage nach der Infektion)
Tabelle No. 29.
Serie AD der Versuche.
m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
m Dekokt
n Bouillon
+p
1
6
vergr.
Oa
+p
1
7
UP
OP
+p
1
0
Oa
Oa
+p
1
9
»
»
ÜP
2
6
Og
2
5
OP
OP
))
2
8
Og
Og
2
5
3
6
+P
+p
))
3
7
Og
Og
»>
3
13
+g
+g
3
9
Og
Og
Og
4
33
nicht
+g
)>
4
13
vergr.
»
Og
4
1
?«)
st
St
1»
4
8
vergr.
+g
Oa
Og
St
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt. 3) Nicht vermerkt im Sektionsprotokoll.
3*
36
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
1-
Infektionsmaterial
« cr> C
»3 a **
-6 « «
s > «
Fremde Bakterien
o
s
c~
06 .S-r
t»- (u r.
a CS
cu od
wurden gefunden
>
ö
II
u
Sein Ursprung
In welchem
Nährmittel
kultiviert
Im Material \
+ (X) oder k
fremde Bakt<
cS 9)
3 o
Wieviel Tagen
Infektion erf
der Tod der
Die Peyersc
Plaques warei
gröfeert oder
4- (X) oder keine 0
Von
welcher
Ratte
Aus
welchem
Organ
^-1
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l-H
2 «
Isi
a tä
48
527
\
Leber
i im Dekokt
Og
5
10
vergr.
i^
t^
528
\ Vers. 42
Milz
)i
5
6
Og
Og
529
530
j R. 492
Leber
Milz
> in Bouillon
))
5
5
10
9
Og
Og
52
565
566
1 Vers. 48
Leber
Milz
1 im Dekokt
>)
6
6
8
8
2s
Og
»
567
568
j R. 528
Leber
Milz
\ in Bouillon
6
6
9
12
>>
56
597
598
( Vers. 52
Leber
Milz
\ im Dekokt
J in Bouillon
)i
7
7
7
9
Og
}>
599
600
j R. 566
Leber
Milz
7
7
7
10
62
625
626
1 Vers. 56
Leber
Milz
\ im Dekokt
>>
8
8
4
7
+g
Og
627
628
R. 597
Leber
Milz
\ in Bouillon
8
8
6
14
>i
68
650
Leber
; im Dekokt
+g
9
Blieb am Leben (nochmals in-
fiziert)
651
Vers. 62
Milz
1
+g
9
8 vergr. Og Og Og
652
R. 625
Leber
J in Bouillon
+g
9
7
653
Milz
+g
9
Blieb am Leben (nochmals in-
fiziert)
11 1 vergr. | Og j Og | Og
74
678
Leber
)
1
Og
10
679
Milz
} im Dekokt
}t
10
Blieb am Leben (nochmals in-
680
Vers. 68
R. 651
Leber
1
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10
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Blieb am Leben (nochmals in-
> in Bouillon
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681
Milz
1
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10
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78
694
Leber
1
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11
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695
Vers. 74
Milz
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11
Blieb am Leben (nochmals in-
fiziert)
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R. 678
Leber
1
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Milz
in Bouillon
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11
Blieb am Leben (nochmals in-
fiziert)
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734
1 Vers. 78
Leber
> im Dekokt
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12
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Og
Og
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Milz
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R. 734
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Leber
Milz
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13
13
12
11
nicht
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Og
+s
Og
Og
»
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 30.
Serie AD der Versuche.
583
584
585
586
Vers. 48
R. 527
Leber
Milz
Leber
Milz
im Dekokt
in Bouillon
+g
+g
6
6
+g
6
+g
6
9 I vergr. | +g | +g |
Blieb am Leben (nochmals in-
fiziert)
Blieb am Leben (getötet am
48. Tage nach der Infektion)
13 I vergr. I | ] Üg
1) Es war wenig Blut im Probierglas. 2) Im Dekokt. 3) In Bouillon.
Mereshkoweky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 37
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<u o
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Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
621
622
623
624
605
606
607
608
629
630
631
632
654
655
656
657
658
659
660
661
690
691
692
693
744
745
746
747
Vers. 55
R. 583
Aus welchem
Organ
Vers. 52
R. 565
Vers. 58
R. 606
Vers. 63
R. 630
Vers. 69
R. 654
Vers. 70
R. 658
Vers. 77
R. 690
Leber
Milz
Leber
Milz
In welchem
Nährmittel
kultiviert
im Dekokt
in Bouillon
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+ (X) oder keine 0
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Blieb am Leben (getötet am 42. Tage
nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am 42. Tage
nach der Infektion)
29 i nicht | 1 | Og
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Leber
Milz
Tabelle No. 31.
erie AD der Versuche.
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
h
in Bouillon
im
in
im
in
Dekokt
Bouillon
Dekokt
Bouillon
im Dekokt
in Bouillon
im Dekokt
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Og
Og
Og
Blieb am Leben (getötet am 40. Tage
nach der Infektion)
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9 nicht I 1 Og I
Blieb am Leben (getötet am 40. Tage
nach der Infektion)
5
14
35
5
11
7
7
14
15
vergr.
nicht
+g
+g
vergr.
nicht
+g
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vergr.
+g
Og
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Leben
(nochm
Og
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vergr.
+g
15
13
Blieb am Leben
+g
»>
St
(nochmals
Og
St
22
infiziert)
vergr. 1 +g 1 +g
nicht I Og I Og
Og
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
421
422
423
424
Vers. 23
R. 387
Serie APB
der Ver-
suche
Leber
Milz
Leber
Milz
Tabelle No. 32.
Serie AD der Versuche.
im Dekokt
+ P
1
1
»
1
in Bouillon
»
1
9 I vergr. | OP | |
Blieb am Leben (getötet am 45. Tage
nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am 45. Tage
nach der Infektion)
Blieb am Leben (getötet am 45. Tage
nach der Infektion)
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
38
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle No. 33.
No. der Die genealogische Verbindung der Passagen der Serie
Passage BD der Versuche.
1 Vers. 2
2
3
4
.5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
6
10
16
19
21
26
36
44
49
Vers. 59 *) Vers. 65
I
„ 72
I
, 80
I
, 91
I
„ ia2
Vers. 108 Vers. 112
115 . . ^
122 .
131 .
139 .
153 .
165 .
171 .
180.
186 .
196.
203 .
209 .
216
. . „ 228")
l)-5) s. p. 39.
. Vers. 123
\'ers. 116 .
I I
„ 124 132 ')
133
141
150
163
184
Vors. 193 . . Vers. 204«)
I
,. 210
„ ' 220
I
„ 231
I
„ 243»;
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
39
Anmerkungen zu Tabelle No. 33 (p. 38).
1) Blieben am Leben (wurden getötet am 42. Tage nach der Infektion). Von den
mit Bouillon kulturen infizierten blieb eine am Leben (getötet am 42. Tage p. inf.), eine
zweite krepierte am 31. Tage. Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
2) Eine fiel am 4., eine zweite am 6., eine dritte am 7., eine vierte am 9. Tage.
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
3) Eine fiel am 6., eine zweite am 7., eine dritte am 8., eine vierte am 9. Tage.
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
4^ Die Infektion wurde mit einem Bacillus ausgeführt, welcher, wie es sich erwies,
auf gefärbten Nährböden wuchs wie das B. coli.
5) Eine fiel am 3., eine zweite am 7., eine dritte am 8., eine vierte am 49. Tage.
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 34.
Serie BD der Versuche.
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Infektionematerial
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Von
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167
158
159
190
191
192
193
230
231
232
238
294
295
296
297
341
342
343
344
377
378
379
380
403
404
405
406
455
456
457
458
499
5ü0
50 1
502
Serie 40
R. 141
Vers. 2
R. 157
Vers. 6
R. 190
Vers. 10
R. 231
Vers. 16
R. 295
Vers. 19
R. 341
Vers. 21
R. 378
Vers. 26
R. 404
Vers. 36
R. 455
Leber
Herzblut
Leber
Milz
Leber
im Dekokt
in Bouillon
: im Dekokt
> in Bouillon
\ im Dekokt
; in Bouillon
> im Dekokt
> in Bouillon
> im Dekokt
> in Bouillon
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
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Bouillon
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10
10
10
11
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42. Tage nach der Infektion)
I 11 Blieb am Leben (getötet am
42. Tage nach der Infektion)
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11 Blieb am Leben (getötet am
42. Tage nach der Infektion)
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
21
11
12
8
nicht
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OP
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Og
Og
Tabelle No. 35.
Serie BD dei
Versuch
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637
638
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Og
11
11
6
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639
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11
11
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1377
1406
1407
1408
1409
1454
1455
1456
1457 J
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K. 1346 '
Vers. 209 uih
• R. 1377
Vers. 216
R. 1406
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
28
28
28
28
29
29
29
29
30
30
30
30
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4
10
4
5
15
5
8
4
6
7
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Og
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Og
+g^)
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Og
+g
Og
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+g')
OP
Og
+g')
Og
Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 36.
Serie BD der Versuche.
913
914
915
916
931
932
933
934
990
991
992
993
1032
1033
1034
ia35
1068
1069
1070
1071
1106
1107
1108
1109
.Vers. 102
R. 860
Vers. 112
R. 914
Vers. 116
R. 934
.Vers. 124
R. 993
,Vers. 133
R. 1035
Vers. 141
■ R. 1070
Herzblut
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Herzblut
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
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115
17
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11 In Bouillon.
2) Im Dekokt.
3) Viel Blut.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
43
163
184
193
210
220
231
243
123
132
1158
1159
1160
1161
1266
1267
1268
1269
1302
1303
1304
1305
1378
1379
1380
1381
1422
1423
1424
1425
1466
1467
1468
1469
1517
1518
1519
1520
986
987
988
980
1028
1029
1030
1031
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
welcher
Ratte
Aus welchem
Organ
Vers. 150
R. 1106
Vers. 163
R. 1160
Vers. 184
R. 1267
Vers. 193
R. 1305
\Vers. 210
( R. 1381
] Vers. 220
r R. 1422
\ Vers. 231
j R. 1468
Vers. 112
' R. 915
Vers. 123
' R. 986
Herzblut
In welchem
ISährraittel
kultiviert
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im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
im Dekokt
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22
22
22
22
23
23
23
23
24
24
24
24
25
25
25
25
26
26
26
26
27
27
27
27
28
28
28
28
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Am Leben am 151. Tage
der Infektion
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Am Leben am 123. Tage
der Infektion
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15
6
6
9
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50
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Weitere Passagen wurden nicht ausgeführt.
Tabelle No. 37.
Serie BD der Versuche.
Herzblut
im Dekokt
im Dekokt
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17
5
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1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
3) Eine Kolonie (des Danyszschen Bacillus) in der Bouillonimpfung.
44
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
204
SS
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1350
1351
1352
1358
Tabelle No. 38.
Serie BD der Versuche.
Infektionsmaterial
Sein Ursprung
Von
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Ratte
Aus welchem
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Herzblut
Vers. 184
R. 1167
In welchem
Nährmittel
kultiviert
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am Leben am 134.
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I sigende Bakterien
Tabelle No. 39.
Der Zeitpunkt des Eintrittes des Todes bei den Ratten der Serie APB
der Versuche (cf. auch die Kurve auf der Taf. No. 1).
Am 2. Tage nach der Infektion krepierten 1 Ratte
3. „ . . „ „ 10 Ratten
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
1.5.
16.
17.
18.
19.
22.
23.
25.
26.
32.
37.
40.
44.
45.
54.
57.
58.
60.
64.
69.
70.
73.
75.
76.
78.
25
35
56
46
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29
27
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1
1
1) Auf gefärbten Nährböden ist das Wachstum identisch dem des B. coli.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
45
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120. ,
121. ,
123. ,
149. ,
164. ,
166. ,
235. ,
in Summa 389 krepierte Ratten.
Tabelle No. 40.
Der Zeitpunkt des Eintrittes des Todes bei den Ratten der Serie BPß
der Versuche (cf. auch die Kurve auf Taf. No. 2).
Am 2. Tage nach der Infektion krepierten 4 Ratten
„ 3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
22.
25.
27.
32.
33.
34.
36.
41.
43.
45.
47.
49.
52.
56.
61.
65.
66.
79.
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93.
99.
108.
109.
110.
121.
123.
163.
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30
20
9
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2
in Summa 268 krepierte Ratten.
46
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
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TabeUe No. 41.
Der Zeitpunkt des Eintrittes des Todes bei den Ratten der Serie AD
der Versuche (cf. auch die Kurve auf Taf. No. 3).
Am 1. Tage nach der Infektion krepierten 1 Ratte
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
21.
22.
29.
30.
31.
33.
35.
46.
53.
in Summa 87 krepierte Ratten.
Tabelle No. 42.
Der Zeitpunkt des Eintrittes des Todes bei den Ratten der Serie BD
der Versuche (cf. auch die Kurve auf Taf. No. 4).
Am 2. Tage nach der Infektion krepierten 1 Ratte
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
21.
22.
25.
27.
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39.
41.
49.
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1
1
1
1
1
1
1
1
1
2
1
2
1
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
47
Am
74.
77.
90.
93.
98.
115.
130.
132.
139.
Tage nach der Infektion krepierten
Ratte
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in 8umma 183 krepierte Ratten.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
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welchem Tage nach der Infektion krepierten die Ratten
Fig. 3. Kurve, den Zeitpunkt des Eintrittes des Todes der Ratten der Serie AD
der Versuche darstellend.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
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welchem Tage nach der Infektion krepierten die Ratten
Fig. 4. Kurve, den Zeitpunkt des Eintrittes des Todes der Ratten der Serie BD
der Versuche darstellend.
Die Obduktion und die bakteriologische Untersuchung der gefallenen
Ratten zeigten im allgemeinen folgendes Bild. Bei Ratten, die bis zum
16. Tage eingegangen waren, beobachtete man eine starke Hyperämie
des Magens und Darmes (der Inhalt derselben enthielt Beimengungen
von Blut) und Schwellung der Beyer sehen Plaques^); der Bacillus fand
sich in der Leber, der Milz und in dem Blute des Herzens. Bei Ratten,
die nach 16 Tagen krepiert waren, traten die krankhaften Veränderungen
mehr und mehr zurück, und waren um so schwächer ausgedrückt, je
länger die Ratten am Leben geblieben waren. (Am schnellsten schwand
bei ihnen die Schwellung der Beyer sehen Plaques.) Die bakterio-
logische Untersuchung der Organe dieser Ratten gab dieselben Resultate
wie bei den Ratten, die bis zum 16. Tage krepiert waren, aber nicht
selten ließ sich beobachten, daß der Bacillus aus dem Blute des Herzens
geschwunden war, oder außerdem auch noch aus Leber und Milz
(Tabelle No. 43).
1) Wie wir gesehen haben, erwähnen einige Autoren unter den charakteristischen
Symptomen bei mit dem Danyszschen Bacillus infizierten Ratten Hyperämie und
Hepatisation der Lungen. Das eine wie das andere habe auch ich beobachtet, aber als
absolut selbständiges Leiden, das auch bei Ratten vorkam, die mit dem Danyszschen
Bacillus in keine Berührung gekommen waren.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Hcft 1/2. 4
50
Centralbl. f. Bakt. etc I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle No. 43.
Resultate der Untersuchung der Ratten, die nach 16 Tagen nach der
Infektion krepiert waren.
! No. der
Ratten nach
dem
Protokoll
Wieviel Tage
nach der
Infektion
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Tod der
Ratte
Die Peyer-
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1437
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1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
51
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52
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale, Bd. 62. Heft 1/2.
Serie der
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Wie aus den Tabellen No. 2, 17, 26 und 33 zu ersehen ist, war
die Anzahl der Passagen, die es uns auszuführen gelang,
durchaus nicht gleich. In einigen Fällen war sie verhältnismäßig
groß, so gelang es uns
in der Serie APB der Versuche 47 Passagen,
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auszuführen, wobei die Virulenz des Bacillus zum Schluß der Passagen
eine gleich starke war, wie am Anfang, und es war kein Grund zu der
Annahme vorhanden, daß sie bei weiterer Fortführung der Passagen
schwinden würde, es sei denn infolge irgendwelcher äußerer Ursachen.
In anderen Fällen riß der Faden der Passagen schnell ab, weil die Ratten,
durch die die Kultur passierte, auf die Infektion schwach oder gar nicht
1) In Bouillon.
2) Im Dekokt.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc.
53
reagierten und nicht zum gewöhnlichen Termin eingingen. So brachen
z. B. die Passagen im Versuch 12 und 13 der Serie AD (Tab. No. 27
und No. 28) nach der 6. Durchführung des Bacillus durch die Ratten
ab, im Versuch 61 der Serie AD (Tab. No. 30) nach der 7. Durchführung
•usw. Der Ursachen, die solche Schwankungen der ver-
derblichen Wirkung des Bacillus und, dementsprechend, die
Unterbrechungen in den Passagen hervorrufen, gibt es,
allem Anschein nach, mehrere. Eine von diesen, wenn auch lange
nicht die häufigste, wie man denken konnte, war die, daß sich unter
den infizierten Ratten immune Individuen befanden.
Die Möglichkeit der Immunität der Ratten dem uns interessierenden
Bacillus gegenüber ergibt sich aus folgendem :
Im Beginn der Arbeit, als ich es zum ersten Male mit Ratten zu
tun bekam, die an den Folgen der Infektion nicht krepierten, wollte ich
TabeUe No. 44.
Die Resultate der Untersuchung der getöteten Ratten.
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54
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
mich davon überzeugen, ob es ihnen nicht vielleicht doch, ungeachtet
aller ergriffenen Maßregeln, gelang, das Fressen des infizierenden Teiges
zu vermeiden. Zu diesem Zweck wurden einige dieser Ratten zwecks
bakteriologischer Untersuchung getötet, andere nochmals infiziert.
Die bakteriologische Untersuchung der getöteten erwies (cf. Tab. No. 44)
in ihren Organen die Gegenwart des D an ysz sehen Bacillus, während
bei Kontrolltieren, nicht nur grauen, sondern auch weißen ^) Ratten, die
Seite an Seite in den Käfigen mit den infizierten sich befanden, aber
mit dem Futter keine Kultur erhalten hatten, diese Organe sich als steril
erwiesen, folglich konnte kein Zweifel bestehen, daß die nach der In-
fektion am Leben gebliebenen Ratten von dem infizierenden Teig ge-
fressen hatten.
Eine nochmalige Infektion solcher Ratten, die, wie Kontroll versuche
zeigten, mit einer vollkommen virulenten Kultur ausgeführt wurde, gab
Resultate, die in der Tabelle No. 45 dargestellt sind.
Tabelle No. 45.
Die Resultate der wiederholten Impfung der Ratten.
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Bei Vergleich dieser Resultate mit denen, die erhalten wurden bei
der Untersuchung der getöteten Ratten (Tabelle No. 44) und derjenigen
Ratten, die nach dem 16. Tage krepiert waren (Tabelle No. 48), sehen
wir, daß zwischen allen diesen keine prinzipiellen Unterschiede bestehen ;
es folgt daraus, daß die Ratten auf die wiederholte Infektion nicht
1) Weiße Ratten halten einige Autoren für empfänglicher für den Danyszschen
Bacillus als graue.
2) Hepatisation der Lungen.
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 55
reagierten oder, mit anderen Worten, daß sie dem Bacillus Danysz
gegenüber immun waren ^).
Es ist möglich, daß sie erst nach der ersten Infektion immun wurden,
ebenso wie ich dies im Jahre 1893 bei Hausmäusen dem Lö ff 1er sehen
Mäusetyphusbacillus -) gegenüber beobachten kohnte; es ist aber auch
möglich, daß, wenn auch nicht alle, so doch einige von ihnen schon
während ihres Lebens in der Freiheit sich immunisiert hatten, während
einer natürlichen oder künstlichen Rattenepizootie, die durch diesen
Bacillus hervorgerufen worden war.
Am Vorkommen derartiger natürlicher Epizootieen werden wir wohl
kaum zweifeln dürfen, da ja während einer solchen dieser Bacillus von
Danysz isoliert worden ist. Die Notwendigkeit, mit künstlichen Epi-
zootieen zu rechnen, und folglich auch mit dem Einschleppen ins Labora-
torium künstlich infizierter oder immunisierter Ratten, ergibt sich aus
folgendem Beispiel : Im Anfang dieser Untersuchungen begann sich in
einem Laboratoriumsvorrat an grauen Ratten eine bedeutende Sterblich-
keit bemerkbar zu machen, wobei die Krankheitssymptome vollkommen
denen glichen, die gewöhnlich bei Ratten bei Infektion mit dem Danysz-
schen Bacillus beobachtet werden. Die bakteriologische Untersuchung
der gefallenen ließ bei ihnen in der Leber, der Milz und dem Blut des
Herzens einen Bacillus nachweisen, der nach Art des Wachstums auf
Nährböden dem Danysz sehen Bacillus sehr ähnlich schien. Da die
ins Laboratorium eingelieferten Ratten registriert werden, so fiel es nicht
schwer, die Herkunft der erkrankten festzustellen.
Es erwies sich, daß sie aus einem kaufmännischen Geschäft stammten,
in dem man vor nicht langer Zeit ein Rattengift angewandt hatte, das
bei einem Drogisten gekauft worden war. Auf den Namen dieses Giftes
hatte der Geschäftsinhaber, der uns die Ratten verkaufte, nicht acht
gegeben, und glaubte, es handele sich um irgendein chemisches Gift.
Die von uns angestellten Nachforschungen ergaben jedoch, daß das Mittel
nichts anderes gewesen war, als eine Kultur des Danysz sehen Bacillus.
Da die erkrankten Ratten sich noch in Quarantäne befanden und
die Seuche noch nicht auf andere Käfige mit Ratten Vorräten übergegriffen
hatte, so hatte der oben beschriebene Zufall keinen Einfiuß auf meine
Versuche, aber es zeigt auf das deutlichste, daß das Einschleppen
nicht nur infizierter, sondern mehr oder wenigerstark
immunisierter Tiere ins Laboratorium durchaus mög-
lich ist^).
1) Das Vorhandensein einer Immunität für Bacillenarten, die dem Danysz sehen
sehr nahe stehen (wenn sie nicht mit ihm identisch sind), erkennen Trautmann und
Mezin cescu an (Trautmann, Bakterien der Paratyphusgruppe als Rattenschädlinge
und Rattenvertilger, Ztschr. f. Hyg. Bd. 54. 1906. p. 104), die ihre Versuche mit dem
Bacillus von Dun bar ausführten, und Xylander, der die seinen mit dem Bacillus
von Ratin ausführte (Xylander, Der Ratin bacillus als Vertilgungsmittel, Arb. a. d.
K. Gesundheitsamt, Bd. 28, 1908, Heft 1 ; ferner Ratin I und II, sowie über die Stellung
des Ratinbacillus zur Gärtner- Gruppe, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 52.
1909. p. 455).
2) Mereshkowsky, S., Ueber die Virulenz des Löfflerschen Mäusetyphus-
bacillus. (Arch. d. Veterinärkunde [russisch]. 1894, Juli u. Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 16.
1894. p. 612.) Interessant ist es, daß auch bei den auf diese Weise immunisierten
Mäusen im Verlaufe einer sehr langen Zeit in der Leber und Milz sich Lö ff 1er sehe
Bacillen nachweisen ließen.
3) Um eine Wiederholung ähnlicher Fälle zu vermeiden, benutzte ich seitdem zu
den Versuchen nur solche Ratten, die in Gebäuden gefangen worden waren, in denen
nie Kulturen zu Vergiftungszwecken angewandt worden waren.
56 Centraibl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Eine zweite und wahrscheinlich die häufigste Ursache der
Unterbrechung der Passagen stellten die Bakterien dar,
die sich dem Danyszschen Bacillus zugesellten bei
seinem Passieren durch die Ratten und die eine Abnahme
oder sogar völliges Schwintlen seiner Virulenz verur-
sachen (cf. No. ;}-16, No. 18—25, No. 27-32, No. 34—38 - die
Resultate der bakteriologischen Untersuchung der krepierten Ratten).
Unter diesen Bakterien fanden sich die Repräsentanten der allerver-
schiedensten Bakterienarten, vorwiegend Gelatine verflüssigende, seltener
Gelatine nicht verflüssigende Stäbchen, Kokken und Streptokokken (nicht
selten gelang es, sie aus Rattenkadavern zu züchten, die bereits wenige
Minuten nach dem Tode seziert worden waren).
Zu unterscheiden, welche dieser Bakterien, in welchem Grade und
unter welchen Umständen sie eine Abschwächung der tödlichen Wirkung
des Danyszschen Bacillus hervorrufen können, das ist mir noch nicht
gelungen; aber daß eine Abschwächung stattfand, geht aus
folgenden Beispielen hervor:
Beispiel 1. Im Versuch 31 der Serie APß (Tabelle Xo. 4) wurden 2 Ratten mit
Material infiziert, das eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus enthielt; beide fielen
zum gewöhnlichen Termin (die eine am 9., die andere am 10. Tage nach der Infektion).
Die 2 anderen wurden mit einem Material infiziert, in dem neben Danyszschen Bacillen
fremde Bakterien fanden. Von diesen fiel die eine am 37. Tage nach der Infektion,
die andere blieb am Leben (getötet am 44. Tage nach der Infektion).
Beispiel 2. Im Versuch 37 der Serie APB (Tabelle No. 5) wurden 4 Ratten
mit Material infiziert, in dem sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien
befanden, die sich im Dekokt nicht entwickelten. Von allen 4 Ratten krepierte nur
eine (am 12. Tage nach der Infektion), die übrigen blieben am Leben (wurden getötet
am 40. — 92. Tage nach der Infektion).
Beispiel 3. Im Versuch 47 der Serie APB (Tabelle No. 6) wurden 3 Ratten
mit Material infiziert, das eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus enthielt. Alle
3 fielen zum gewöhnlichen Termin (am 8. — 11. Tage nach der Infektion). Die 4. Ratte
wurde mit Material infiziert, in dem sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde
Bakterien befanden. Sie blieb am Leben (getötet am 53. Tage nach der Infektion).
Beispiel 4. Im Versuch 88 der Serie APB (Tabelle 7) wurde eine von 4 Ratten
mit Material infiziert, das eine Reinkultur von Bacillus Danysz enthielt, die drei
anderen mit Material, in dem neben Danyszschen Bacillen fremde Bakterien sich
fanden. Die mit der Reinkultur infizierte Ratte starb am 11. Tage, von den 3 anderen,
die mit einer Kultur infiziert worden waren, die neben den Danyszschen Bacillen
fremde Bakterien enthielten, krepierte die eine am 17., die zweite am 64. Tage und die
dritte blieb am Leben (nochmals infiziert am 20. Tage nach der ersten Infektion, krepierte
hierauf am 193. Tage).
Beispiel 5. Im Versuch 129 der Serie APB (Tabelle No. 7) wurden 2 von
3 Ratten mit Material infiziert, das eine Reinkultur von Danyszschen Bacillen ent-
hielt. Eine fiel am 11. Tage, die zweite am 17. Tage nach der Infektion. Die dritte
Ratte wurde mit Material infiziert, in dem sich neben Danyszschen Bacillen fremde
Bakterien befanden. Sie krepierte am 40. Tage.
Beispiel 6. Im Versuch 130 der Serie APB (Tabelle No. 8) wurde eine von
3 Ratten mit Material infiziert, das eine Kultur des Danyszschen Bacillus enthielt.
Sie fiel am 8. Tage nach der Infektion. Die beiden anderen wurden mit Material infi-
ziert, in dem sich außer Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien befanden.
Die eine von ihnen krepierte am 58. Tage, die andere am 120. Tage nach der Infektion.
Beispiel i. Im Versuch 137 der Serie APB (Tabelle No. 9) wurde eine von
3 Ratten mit Material infiziert, das eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus ent-
hielt. Sie krepierte am 4. Tage nach der Infektion. Die beiden anderen wurden mit
Material infiziert, in dem sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien
fanden. Die eine fiel am 18., die andere am 60. Tage nach der Infektion.
Beispiel 8. Im Versuch 143 der Serie APB (Tabelle No. 10) wurde eine von
3 Ratten mit Material infiziert, das eine Reinkultur von Danyszschen Bacillen ent-
hielt. Sie krepierte am 8. Tage nach der Infektion. Die beiden anderen wurden mit
Material infiziert, in dem sich außer Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien
befanden. Von ihnen fiel die eine am 121., die andere am 166. Tage nach der Infektion.
I
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 57
Beispiel 9. Im Versuch 146 der Serie APB (Tabelle No. 11) wurde eine von
3 Ratten mit Material infiziert, das eine Kultur des Danyszschen Bacillus enthielt.
Sie krepierte am 7. Tage nach der Infektion. Die beiden anderen wurden mit Material
infiziert, in dem außer Danyszschen Bacillen sich noch fremde Bakterien befanden.
Von ihnen fiel eine am 57., die andere am 235. Tage nach der Infektion.
Beispiel 10. Im Versuch 12 der Serie AD (Tabelle No. 27) wurden 4 Ratten
mit Material infiziert, in dem sich neben Danyszschen Bacillen fremde Bakterien
fanden (in Bouillon nicht nachgewiesen); nicht eine von ihnen krepierte (wurden getötet
am 50. Tage nach der Infektion).
Beispiel 11. Im Versuch 13 der Serie AD (Tabelle No. 28) wurden 4 Ratten
mit Material infiziert, in dem sich neben dem Danyszschen Bacillus auch fremde
Bakterien fanden (im Dekokt nicht nachgewiesen); nicht eine von ihnen krepierte (ge-
tötet am 34. Tage nach der Infektion).
Beispiel 12. Im Versuch 68 der Serie AD (Tabelle No. 2'J) wurden 4 Ratten
mit Material infiziert, in dem sich außer Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien
fanden. 2 von ihnen krepierten am gewöhnlichen Termin (am 7. und 8. Tage nach der
Infektion), 2 blieben am Leben (eine von ihnen wurde nochmals infiziert am 41. Tage
nach der ersten Infektion und fiel dann am 75. Tage, die zweite wurde am 55. Tage
nach der ersten Infektion nochmals infiziert und krepierte dann am 12(). Tage).
Beispiel 13. Im Versuch 55 der Serie AD (Tabelle No. 30) wurden 4 Ratten
mit xMaterial infiziert, das neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien enthielt.
2 von ihnen krepierten zum gewöhnlichen Termin (am 9. — 13. Tage), 2 blieben am
Leben (eine wurde getötet 48 Tage nach der Infektion, die zweite wurde nochmals
infiziert am 63. Tage nach der ersten Infektion und krepierte sodann am 9. Tage).
Beispiel 14. Im Versuche 61 der Serie AD (Taoelle No. 30) wurden 4 Ratten
mit Material infiziert, in dem sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien
befanden. 2 von ihnen krepierten, die eine am 21. Tage, die andere am 29. Tage nach
der Infektion, und 2 blieben am Leben (getötet am 42. Tage nach der Infektion).
Beispiel 15. Im Versuch 29 der Serie AD (Tabelle No. 32) wurden 4 Ratten
mit Material infiziert, das neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien enthielt;
eine von ihnen krepierte am 9. Tage nach der Infektion, die 3 übrigen blieben am Leben
(getötet am 45. Tage nach der Infektion).
In den oben angeführten Beispielen ließ sich eine Abschwächung
der tödlichen Wirkung des Danyszschen Bacillus beob-
achten bei Infektion von Ratten mit einem Material, in dem sich dieser
Bacillus gemischt mit fremden Bakterien fand. Eine gleiche Abschwächung
konnte man in den Fällen beobachten, in denen zur Infi-
zierung der Ratten eine unzweifelhafte Reinkultur des
Bacillus verwendet wurde, die aber aus einem Material
gewonnen worden war, das fremde Bakterien enthielt.
So in
Beispiel 16. Im Versuch 15 der Serie BPB (Tabelle No. 18) wurden 4 Ratten
mit einer Reinkultur des Danyszschen Bacillus infiziert, die durch Plattenverfahren
aus der Leber (der Ratte 226 des Versuches 9) gewonnen worden war, in welcher (Leber)
sich neben Danysz- Bacillen auch fremde Bakterien befanden. Keine der mit dieser
Kultur infizierten Ratten krepierte (getötet am 63. — 105. Tage nach der Infektion).
Beispiel 17. Im Versuch 93 der Serie BPß (Tabelle No. 19) wurden 2 Ratten
(No. 784 und 785) mit einer Reinkultur des Danyszschen Bacillus infiziert, die durch
Plattenverfahren aus der Milz (Bouillon, Ratte No. 748 des Versuches 87) gewonnen
war, in der (Milz) sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien fanden.
Die eine der Ratten krepierte am 13. Tage nach der Infektion, die andere blieb am
Leben (nochmals infiziert am 45. Tage nach der ersten Infektion, fiel darauf am
31. Tage).
Beispiel 18. Im Versuch 59 der Serie BD (Tabelle No. 34) wurden 4 Ratten
mit einer Reinkultur des Danyszschen Bacillus infiziert, die durch Platten verfahren
aus der Milz (Ratte No. 548 des Versuches 49) gewonnen war, in der (Milz) neben dem
erwähnten Bacillus sich auch fremde Bakterien fanden. Es krepierte nur eine dieser
Ratten und erst am 31. Tage nach der Infektion, während die 3 übrigen alle am Leben
blieben (getötet am 42. Tage nach der Infektion).
Bisweilen erwies sich die Virulenz des Danyszschen Bacillus
abgeschwächt, ungeachtet dessen, daß die fremden Bakterien sich
bei den Ratten nicnt in dem Organ fanden, aus dem die Reinkultur
gewonnen wurde, sondern nur in irgendeinem anderen Organ.
58 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale, ßd. 62. Heft 1/2.
Beispiel 19. Im Versuch 90 der Serie BPB (Tabelle No. 22) wurde zur Passage
eine Reinkultrr des Danyszschen Bacillus benutzt, die aus der Milz der Ratte No. 699
des Versuches 79 (Tabelle No. 19) gewonnen war. Fremde Bakterien wurden bei ihr
nur in der Leber gefunden. Eine der Ratten des Versuches 90, die mit einer Bouillon-
kultur infiziert worden war, krepierte zum gewöhnlichen Zeitpunkt, die anderen blieben
am Ijcben.
Beispiel 20. Im Versuch 148 der Serie BPB (Tabelle No. 24) wurde zur Passage
eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus angewandt, die aus dem Herzblut der
Ratte No. 1047 des Versuches IS6 (Tabelle No. 19) gewonnen war. Fremde Bakterien
wurden bei ihr nur in der Leber gefunden (in Bouillon). Eine der Ratten des Ver-
suches 148, die mit Bouillonkultur infiziert wurde, fiel am 8. Tage, die zweite am 22.,
die dritte am 2b., und die vierte am 47. Tage nach der Infektion.
Beispiel 21. Im Versuch 157 der Serie BPB (Tabelle No. 25) wurde zur Passage
eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus verwandt, die aus dem Herzblut der
Ratte No. 1090 des Versuches 14.Ö (Tabelle No. 19) gewonnen war. Fremde Bakterien
wurden bei ihr in der Leber gefunden (im Dekokt) und in der Milz (in Bouillon und
im Dekokt). Die Ratten des Versuches 157 krepierten am 65., 79., 109. und HO. Tage
nach der Infektion.'»
In einzelnen Fällen indessen machte sich die Gegen-
wart fremder Bakterien durch nichts bemerkbar, so z. B.
im Versuch 28 der Serie AD (Tabelle No. 29). War eine solche Ab-
weichung von der gewöhnlichen Regel von besonderen Eigenschaften der
dem Danyszschen Bacillus beigemengten Bakterien abhängig oder von
anderen Ursachen, bleibt bis auf weiteres ungeklärt.
Manchmal konnte man im Gegenteil beobachten, daß
der Tod bei den Ratten bedeutend später als gewöhnlich
eintrat, obgleich das Infektions material, das zur An-
wendung gekommen war, eine Reinkultur des Danysz-
schen Bacillus darstellte, was Kontrollimpfungen auf
Gelatine bewiesen.
Diese Abschwächung der tödlichen Wirkung des in-
fektiösen Materials hing, sofern sie nicht durch eine Immunität
der Ratten bedingt war, offenbar gleichfalls von einer Bei-
mengung fremder Bakterien zum Danyszschen Bacillus
ab, wenn sich diese Beimengung auch nicht erkennen
ließ, sei es daß die Bakterien sich nicht entwickelten,
oder sei es daß sie sich auf den gewöhnlichen Nähr-
böden in der Art ihres Wachstums in nichts von den
Danyszschen Bacillen unterschieden.
Daß fremde Bakterien infolge Nichtwachsens bei den Kontroll-
impfungen unerkannt bleiben konnten, lehrt folgende Beobachtung^):
In mehrere Probiergläschen mit Bouillon und Dekokt wurde je eiue Oese Rein-
kultur außer von dem Danyszschen noch von einem anderen Bacillus übertragen,
welcher aus dem Herzblut der Ratte No. 1294 des Versuches 191 (Tabelle No. 24) ge-
züchtet worden war und welcher sich vom Danyszschen Bacillus dadurch unterschied,
daß er Gelatine verflüssigte und auf ihr Kolonieen von gelber Farbe gab. Nach 24-
stündigem Verweilen im Thermostaten wurde aus dem Inhalt eines jeden der Probier-
gläschen eine Kontrollaussaat auf .schräge Gelatine gemacht. Die Untersuchung der
Aussaaten (die Beobachtungen zogen sich über einen Monat hin) erwies, daß bei Aus-
saaten aus dem Dekokt sich Kolonieen beider Arten Mikroorganismen entwickelten; bei
Aus.saaten aus Bouillon fehlten Kolonieen des Pigmentbacillus ganz oder waren nur in
geringer Zahl vorhanden (2—10 Kolonieen in jedem Gläschen). Da aber Kontroll-
verouche zeigten, daß der Pigmentbacillus in Reinkultur auf Bouillon gut wuehs, so
muß sein Zurückbleiben im Wachstum in unserem Versuche auf einen hemmenden
1) Da die sich den Danyszschen beigesellenden Bacillen in der Mehrzahl der
Fälle zu den Vertretern der Darmflora gehörten, so ist es auch möglich, daß es unter
ihnen Arten gab, zu deren Entwickelung die Bedingungen unserer Versuche durchaus
ungeeignet waren.
Mereshkowsky , Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 59
Einfluß von seilen des Danyszschen Bacillus zurückgeführt werden. Auf Grund
dieser Befunde naußten wir erwarten, daß, wenn bei der bakteriologischen Untersuchung
der Ratte No. 1294 — aus welcher der Pignicntbacillus gezüchtet wurde — die Im-
pfungen aus den Organen ausschließlich in Bouillon gemacht worden wären, so wäre
der Bacillus nicht entdeckt worden. Und in der Tat, wie die Tabelle No. 24 zeigt,
wurde er nur im Dekokt gefunden.
Als Beispiel dafür, daß unter den fremden Bakterien Arten vor-
kommen konnten, welche nach dem Charakter ihres Wachstums auf
Gelatine sich in nichts von dem Danyszschen Bacillus unterschieden,
kann der Versuch 204 der Serie BD (Tabelle No. 38) dienen. Zur In-
fizierung der Ratte bei diesem Versuch wurde durch
Plattenverfahren eine Reinkultur eines Bacillus gewon-
nen, der sich, dem Charakter seines Wachstums auf Gela-
tine nach, durch nichts von dem Bacillus Danysz unter-
schied, aber in Kulturen auf gefärbten Nährböden die-
selben Veränderungen hervorrief wie das Bact. coli.
Daß fremde Bakterien in der Tat Unterbrechungen
der Passagen hervorrufen konnten, ist aus folgenden
Beispielen zu ersehen:
Beispiel 22. Im Versuch 37 der Serie APB (Tabelle No. 5) wurde zur Passage
Material von der Ratte No. 395 des Versuches 24 (Tabelle No. 3) genommen, in dem
sich neben Danyszschen Bacillen fremde Bakterien befanden. Nur 1 der mit diesem
Material infizierten Ratten krepierte (am 12. Tage nach der Infektion), die übrigen blieben
am Leben. Von demselben Versuch 24, aber von einer anderen Ratte, stammte das
Material zur Infizierung der Ratten des Versuches 32 (Tabelle No. 3); in den Organen
dieser Ratte fanden sich Reinkulturen des Danyszschen Bacillus. Alle Ratten dieses
Versuches fielen im normalen Zeitraum (am 5. — 9. Tage nach der Infektion).
Beispiel 2 3. Im Versuch 47 der Serie APB (Tabelle No. 6) wurde zur Passage
Material aus der Ratte No. 514 des Versuches 4tJ (Tabelle No. 3) genommen, in welchem
neben Danyszschen Bacillen sich auch fremde Bakterien fanden. 1 mit Bouillon-
kultur infizierte Ratte krepierte zum normalen Termin (am 10. Tage nach der Infektion),
die 2. blieb am Leben. Von demselben Versuch 46, aber aus einer anderen Ratte, in
den Organen welcher sich Reinkultur von Danyszschen Bacillen fand, stammte
das Material zur Infektion der Ratten des Versuches 50 (Tabelle No. 3). Alle Ratten
dieses Versuches fielen zum normalen Termin (am 4. — 10. Tage nach der Infektion).
Beispiel 24. Im Versuch 98 der Serie APB (Tabelle No. 8) wurde das Material
zur Passage von der Ratte No. 765 des Versuches 89 (Tabelle No. 3) genommen, in
welchem sich neben Danyszschen Bacillen fremde Bakterien fanden. 1 mit Bouillon-
kultur infizierte Ratte krepierte zum normalen Termin (am 11. Tage nach der Infektion),
die 2. am 22., die 3. am 76. Tage nach der Infektion. Von demselben Versuche 89,
aber von einer anderen Ratte, in den Organen welch letzterer eine Reinkultur von
Danyszschen Bacillen sich fand, stammte das Material zur Infektion der Ratten des
Versuches 94 (Tabelle No. 3). Alle Ratten dieses Versuches krepierten innerhalb des
normalen Zeitraums (am 5. — 6. Tage nach der Infektion).
Beispiel 25. Im Versuch 143 der Serie APB (Tabelle No. 10) wurde zur Passage
das Material von der Ratte No. 941 des Versuches 117 (Tabelle No. 9) genommen, in
welchem sich außer den Danyszschen Bacillen auch noch fremde Bakterien fanden.
1 mit Bouillonkulturen mfizierte Ratte des Versuches 143 krepierte zur normalen Zeit
(am 8. Tage nach der Infektion), von den beiden anderen aber krepierte 1 am 121. Tage,
die andere am 166. Tage nach der Infektion. Von demselben Versuch 117 (Tabelle
No. 9), aber von einer anderen Ratte, in deren Organen sich gleichfalls fremde Bak-
terien fanden, stammte das Material zur Infektion der Ratten des Versuches 137
(Tabelle No. 9). Die 1. von ihnen fiel zur gewöhnlichen Zeit (am 4. Tage nach der
Infektion), die zweite am 18., die 3. am 69. Tage nach der Infektion.
Beispiel 2 6. Von derselben Ratte 941 des Versuches 117, wie im vorigen Bei-
spiel, wurde das Material zur Infizierung der Ratten des Versuches 146 der Serie APB
(Tabelle No. 11) gewonnen; 1 von ihnen krepierte zur gewöhnlichen Zeit (am 7. Tage
nach der Infektion), die 2. am 57., die 3. erst am 235. Tage nach der Infektion.
Beispiel 27. Im Versuch 12 der Serie AD (Tabelle No. 27) wurde zur Passage
Material von der Ratte No. 225 des Versuches 8 (Tabelle No. 27) genommen, in welchem
sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien fanden. Keine dieser Ratten
krepierte und der Faden der Passagen war damit abgerissen.
60 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Beispiel 28. Im Ver.-*uch 13 der Serie AD (Tabelle No. 28) wurde das Material
zur Passage von der Ratte No. 224 des Versuches 8 (Tabelle No. 27) genommen, in
dem sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien fanden. Keine der
Ratten krepierte und "der Faden der Passagen erwies sich gleichfalls hiermit als ab-
gerissen.
Beispiel 29. Im Versuch 55 der Serie AD (Tabelle No. 30) wurde Material
zur Passage von der Ratte No. 527 des Versuches 48 (Tabelle No. 29) genommen, in
welchem sich außer Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien befanden. 1 der
Ratten, die mit Dekoktkultur infiziert wurde, krepierte zum gewöhnlichen Termin (am
9. Tage nach der Infektion), 1 andere blieb am Leben. Von demselben Versuch 48
(Tabelle No. 29), aber von 1 anderen Ratte, in deren Organen eine Reinkultur des
Danyszschen Bacillus sich fand, wurde das Material zur Infizierung der Ratten des
Versuches 52 (Tabelle No. 29) genommen. Alle Ratten dieses Versuches fielen zur ge-
wöhnlichen Zeit (am 8.— 12. Tage nach der Infektion).
Beispiel 30. Im Versuch 29 der Serie AD (Tabelle No. 32) wurde das Material
zur Passage der Ratte No. 387 des Versuches 23 der Serie APB (Tabelle No. 4) ent-
nommen ; im Material fanden sich außer Danyszschen Bacillen auch fremde Bak-
terien. 1 der Ratten , die mit Dekoktkultur infiziert worden war. krepierte zur ge-
wöhnlichen Zeit, die andere blieb am Leben. Von demselben Versuch 23 der Serie APB
(Tabelle No. 4), aber von einer anderen Ratte, in deren Organen eine Reinkultur von
Danyszschen Bacillen vorhanden war, wurde das ]\Iaterial zur Infizierung der Ratten
des Versuches 25 (Tabelle No. 4) genommen; alle Ratten dieses Versuches krepierten
zur gewöhnlichen Zeit.
Beispiel 31. Im Versuch 90 der Serie BPB (Tabelle No. 22) wurde zur Passage
eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus von der Ratte No. 699 des Versuches 79
(Tabelle No. 19) durch Plattenverfahren gewonnen ; in den Organen dieser Ratte fanden
sich neben Danyszschen Bacillen auch fremde Bakterien. 1 der Ratten des Ver-
suches 90, die mit Bouillonkultur infiziert wurde, krepierte zum gewöhnlichen Termin,
die andere blieb am Leben. Von demselben Versuch 79 (Tabelle No. 19), aber von
einer anderen Ratte, in deren Organen sich eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus
fand, wurde das Material zur Infektion der Ratten des Versuches 87 gewonnen (Tabelle
No. 19). Alle Ratten dieses Versuches krepierten zur gewöhnlichen Zeit (am 5. — 14.
Tage nach der Infektion).
Beispiel 3 2. Im Versuch 148 der Serie BPB (Tabelle No. 24) wurde eine Rein-
kultur des Danyszschen Bacillus von der Ratte No. 1047 des Versuches 136 (Tabelle
No. 19) durch Platten verfahren gewonnen; in den Organen dieser Ratte fanden sich
außer Danysz' Bacillus auch fremde Bakterien. 1 der mit Bouillonkultur infizierten
Ratten krepierte am 8., die 2. am 22., die 3. am 25. und die 4. am 47. Tage nach der
Infektion. Von demselben Versuch 136 (Tabelle No. 19), aber von einer anderen Ratte,
in deren Organen sich eine Reinkultur des Danyszschen Bacillus befand, stammte
das Material zur Infizierung der Ratten des Versuches 145 (Tabelle No. 19). Alle
Ratten dieses Versuches krepierten in dem gewöhnlichen Zeitraum (am 6. — 10. Tage
nach der Infektion).
Beispiel 3 3. Im Versuch 157 der Serie BPB (Tabelle No. 25) wurde eine Rein-
kultur des Danyszschen Bacillus von der Ratte No. 1090 des Versuches 145 (Tabelle
No. 19) durch Platten verfahren gewonnen ; in den Organen dieser Ratt« fanden sich
neben diesen Bacillen auch fremde Bakterien. Die Ratten krepierten am 65., 79., 109.
und HO. Tage nach der Infektion. Vom selben Versuch 145 (Tabelle No. 19), aber von
einer anderen Ratte, in deren Organen eine Reinkultur Danyszscher Bacillen vor-
handen war, wurde das Material zur Infektion der Ratten des Versuches 173 (Tabelle
No. 19) genommen. Alle diese Ratten fielen zur gewöhnlichen Zeit (am 5. — 11. Tage
nach der Infektion).
Beispiel 34. Im Versuch 59 der Serie BD (Tabelle No. .34) wurde eine Rein-
kultur zur Passage von der Ratte No. .548 des Versuches 49 (Tabelle No. 34) durch
Platten verfahren gewonnen; in den Organen dieser Ratte fanden sich neben Danysz-
schen Bacillen auch fremde Bakterien. Keine der mit Dekoktkultur infizierten Ratten
krepierte. Vom selben Versuch 49 (Tabelle No. 34), aber von einer anderen Ratte, in
deren Organen sich eine Reinkultur von Danyszschen Bacillen befand, stammte das
Material zur Infektion der Ratten des Versuches 65 (Tabelle No. 35); alle Ratten dieses
Versuches krepierten zum gewöhnlichen Termin (am 6. — 15. Tage nach der Infektion),
Schließlich hatte auch auf den Gang der Passagen das
Nährmittel, auf dem der Bacillus kultiviert wurde,
einigen Einfluß, teilweise auch der Zustand der Kultur
selbst, d. h. ob sie vor ihrer Anwendung einer Reinzüch-
tung mit dem Platten verfahren unterworfen wurde oder
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. ßl
nicht. Wenn man als Kriterium zur Beurteilung des Einflusses dieser
beiden Momente das Prozent der Mortalität in den verschiedenen Serien
der Versuche nimmt und statuiert, daß nur die Ratten, die in den ersten
16 Tagen nach der Injektion fielen, durch die unmittelbare Wirkung des
Bacillus zugrunde gingen, so zeigt sich, daß
in der Serie APB der Versuche 83 Proz. Sterblichkeit beobachtet wurden,
7, » » BPß ). )» B2 „ „ „ „
,, „ ,, AD „ „ 67 „ „ „ ,.
d. h. die größte Mortalität kam in den Serien zur Beobachtung, in denen
zur Infektion der Ratten eine Bouillonkultur verwandt wurde, dagegen
zeigte die Anwendung von durch das Plattenverfahren reingezüchteter
Kultur einen Einfluß auf die Sterblichkeit, im Sinne einer Vergrößerung
derselben nur in den Serien, in denen das Dekokt zur Anwendung kam.
Die schwächere Wirkung der Dekoktkultur im Vergleich zur Bouillon-
kultur erschien auf den ersten Blick wenig verständlich im Hinblick auf
die oben beschriebenen Vorzüge des Dekoktes vor der Bouillon. Als
aber eine Zählung der Kolonieen vorgenommen wurde, die sich auf
Platten aus der gleichen Menge Bouillon und Dekokt Kulturen des
Bacillus entwickelten, so erwies es sich, daß aus dem letzteren 3mal
weniger Kolonieen sich entwickelten als aus den ersteren. Folglich hing
die schwächere Wirkung der Dekoktkulturen nicht von ihrer geringeren
Virulenz ab, sondern davon, daß die mit dieser Kultur infizierten Ratten
eine 3mal geringere Quantität von Infektionsmaterial erhielten, als die
Ratten, die mit Bouillonkulturen infiziert wurden.
Aus dem oben Gesagten sehen wir, daß eine erfolgreiche Durch-
führung der Passagen erschwert wird durch:
1) das Vorhandensein einer Immunität,
2) den Einfluß fremder Bakterien, die sich dem Danysz sehen
Bacillus zugesellen,
3) nicht genügend große Dosen des Infektionsstoffes, der in den
Darmtraktus der Ratten gelangt.
Deswegen würden wir zu ungehinderter Durchführung
der Passagen die Beobachtung folgender Regeln empfehlen:
§ 1. Die zu den Passagen bestimmten Ratten sollen
aus solchen Orten stammen, in denen sie bestimmt nicht
mit Danyszschen Bacillen in Berührung gekommen sein
können ^).
§ 2. Vor der Infektion müssen sie wenigstens 3 bis
4 Wochen in Quarantäne gehalten werden. In dieser ganzen
Zeit darf unter ihnen kein Todesfall vorgekommen sein, bei dem sich
in Leber und Milz, noch mehr aber im Herzblut, Bacillen der Para-
typhusgruppe finden.
§ 3. Bei jeder Passage werden gleichzeitig 4 Ratten infiziert.
§ 4. Sie werden einige Minuten vor der Infektion einzeln je eine
in einen Käfig gesetzt 2).
1) Augenscheinlich sind Ratten, die in Schlachthäusern oder nahe denselben ge-
fangen worden sind, ebensowenig geeignet für Passagen.
2) Da zur Durchführung dieser Maßregel ein großer Vorrat von teueren Käfigen
nötig ist, so würde ich empfehlen, die Ratten während des Versuches in Fallen zu
halten, wie sie auf der Fig. 5 dargestellt sind; man kann sie fertig kaufen, und sie sind
viel billiger als die gewöhnlichen Käfige. Zu den Rattenfallen müssen eiserne gestrichene
Untersätze (Fig. 5a) aus Eisenblech und zwei gebogene, dicke, verzinnte Drähte bestellt
werden, welche als Stützen dienen (Fig. 5b). Die Fallen kann man auch zum Fangen
62
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
"•'■ §5. Die Kulturen für die Passagen dürfen nur aus
vollkommen frischen Rattenkadavern gewonnen werden,
von Ratten, die nicht früher als am 4. und nicht später als am 16. Tage
nach der Infektion krepiert sind.
§ 6. Aus der Leber und der Milz solcher Ratten werden Stücke
von nicht weniger wie 1 ccm genommen und aus dem Herzen alles Blut
und in Probiergläschen mit Bouillon übertragen, die in den Thermostaten
bei 38 <> C gestellt werden i).
§ 7. Nach 24 Stunden werden aus diesen Probiergläschen Kontroll-
impfungen auf der schrägen, schwach alkalischen Gelatine gemacht'^),
worauf die Gläschen an einen kühlen, dunklen Ort gebracht werden.
Fig. 5. Rattenfalle, die einen Käfig ersetzt: a eiserner, mit Oelfarbe gestrichener
Untersatz aus Eisenblech; b Stützen aus gebogenem, dickem, verzinntem Draht; c Täfel-
chen mit der Nummer der Ratte.
§8. Wenn im Verlaufe von 10 Tagen in keinem der
Gläschen mit der Kontrollaussaat Kolonieen fremder
Bakterien sich zeigen, so überimi)ft man aus der Bouillon,
die mit dem Herzblut geimpft war (§ 6), in vier andere Probier-
gläschen mit schwach alkalischer Bouillon (vorausgesetzt, daß die Kultur
durch 4 Ratten passieren soll), die in den Thermostaten gestellt werden ^).
§ 9. Nach 24-stündigem Verweilen im Thermostaten werden aus
diesen Probiergläschen Kontrollimpfungen auf schräge Gelatine ge-
macht und
§ 10 dann nimmt man 10 ccm von der in der Bouillon entwickelten
Kultur, die mit einem Glasstäbchen mit der doppelten Gewichtsmenge
Roggenmehl zu einem dicken Teig verrührt werden'*).
der Ratten benutzen, die zu den Passaoren dienen sollen. Nach jedem Fan^ muß die
Falle sorgfällig gewaschen werden mit heißem Wasser und Seife, da sonst die Ratten
sich bald vor ihnen scheuen. Zur Desinfektion und Reinigung sind die Fallen ca.
'/» Stunde in strömendem Dampf zu belassen oder */^ Stunde lang in einem Gefäß mit
Wasser zu kochen, worauf sie mit Bürsten aus Walfischbarten gereinigt werden.
1) Ueber die Zusammensetzung der Bouillon cf. p. 11. Sie muß schwach alkalisch
sein, weil in saurer der Bacillus nur sehr schlecht oder überhaupt nicht wächst.
2) Ich empfehle zu Impfungen Gelatine, da sich auf ihr leichter die Beimengung
fremder (meist Gelatine verflüssigender) Bakterien erkennen läßt.
3) Als Material zu den Passagen ist es vorteilhafter, das Blut aus dem Herzen
zu benutzen, weil in ihm fremde Bakterien bedeutenil seltener angetroffen werden als
in Leber und Milz.
4) Um die abgemessene Dosis der Kultur vor überflüssigen Verlusten zu bewahren,
ist es besser, die Teigbereitung in derselben Futterschale vorzunehmen, die in den Käfig
Mereshkowsky, Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten etc. 63
§ 11. Diesen Teigklumpen (§ 10) stellt man in den Käfig, in den
man gleichzeitig auch Wasser stellt.
§ 12. Alle während des Fressens von den Ratten ver-
streuten Teigstücke werden sorgfältig aufgesammelt von
dem Boden des Käfigs und von dem Untersatz, und wieder
in den Futter napf gelegt^).
§ 13. Ihr gewöhnliches Futter erhalten die Ratten
erst dann wieder, wenn sie allen Teig aufgefressen haben.
§ 14. Es ist unumgänglich notwendig, wenigstens dreimal täglich
eine Besichtigung der infizierten Ratten vorzunehmen. Eine besondere
Aufmerksamkeit ist denen von ihnen zuzuwenden, die matt zu sein
scheinen, mit halbgeschlossenen Augen dasitzen, mit zerzausten Haaren,
und schwach auf äußere Reize reagieren.
§ 15, Werden gefallene entdeckt, so werden sie sofort seziert, ist
das nicht angängig, so werden die Kadaver aus dem Käfig entfernt und
auf Eis aufbewahrt.
Bei der Obduktion verfährt man nach § 6.
Wenn man wünscht, zu den Passagen Reinkulturen des Danysz-
schen Bacillus, die durch Plattenverfahren gewonnen worden sind, zu
verwenden, so verfährt man folgendermaßen :
J^ 16. Aus Bouillon, in die Herzblut ausgesät worden ist (§ 6 und
§ 7), macht man eine Kontrollimpfung und stellt noch Platten auf
Gelatine an.
§ 17. Wenn nach 5—6 Tagen in den P etri- Schalen sich eine
Reinkultur des D an ysz sehen Bacillus entwickelt, so macht man von
einer der typischen Kolonieen eine Abinipfung in ein Probiergläschen
mit Bouillon und stellt das Probiergläschen in den Thermostaten.
§ 18. Nach 24 Stunden macht man aus dem Probiergläschen Aus-
saaten auf Farbnährböden zwecks Feststellung der Art des Wachstums
des aus den Schälchen isolierten Bacillus, und dann bewahrt man das
Probiergläschen mit der Bouillonkultur an einem kühlen, dunklen Orte
auf bis zu dem weiter unten angegebenen Termin.
§ 19. Wenn nach Ablauf von wenigstens 10 Tagen in keinem der
Gläschen mit Kontrollimpfungen (§ 16) fremde Bakterien sich gezeigt
haben und die Farbnährböden (§ 18) alle die Veränderungen zeigen,
welche für das Wachstum des Danysz sehen Bacillus als charakteristisch
gelten, so überimpft man aus den Reagensgläschen § 17 in 4 andere
Gläschen mit Bouillon, mit denen man nach § 8 und den folgenden
verfährt.
Die Reagensgläschen mit dem Grundmaterial, aus
denen dieAbimpfungen zu der Infektion der Ratten ge-
macht werden, müssen aufbewahrt werden, damit man. wenn
eine der Passagen sich als erfolglos erweisen sollte, sie mit Hilfe von
Ueberimpfungen aus diesen Gläschen wiederholen kann.
Es versteht sich von selbst, daß es bei einer Wiederholung der
Passage nötig ist, jedesmal frische Ratten zu nehmen.
Bei der Beobachtung der oben angegebenen Regeln können wir die
Zahl der Passagen des Danysz sehen Bacillus durch Ratten nach Be-
gebracht wird und dabei ein Glasstäbchen zu verwenden, von dem sich der Teig leicht
abstreifen läßt.
1) Es ist sehr wichtig, daß in dem Räume, in dem sich die Versuchsratten befinden,
keine frei herumlaufenden Mäuse oder Ratten vorkommen, da der infizierende Teig sonst
von ihnen aufgefressen werden und der Untersucher so zu Fehlschlüssen kommen könnte.
64 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
lieben vergrößern. Aber, wie dieses aus unseren Versuchen
zu ersehen ist, die Passagen sind zur Erhaltung der
Virulenz des Bacillus auf gleicher Höhe wenig geeignet,
weil seine Virulenz unter dem Einfluß fremder, in die Organe der in-
fizierten Ratten eindringender Bacillen sich unerwartet plötzlich ver-
ringern oder selbst vollkommen schwinden kann.
Indem wir die von uns gewonnenen Daten resümieren, kommen wir
zu folgenden
Allgemeinen Schlüssen:
1) Der Danyszsche Bacillus besitzt ohne Frage bei In-
fektion per OS pathogene Eigen Schäften für die graue Ratte
(Mus decumanus). In unseren Versuchen, die mit Kulturen an-
gestellt wurden, die bei weitem nicht immer die maximale Virulenz
besaßen, rief er unter ihnen bis 83 Proz. Sterblichkeit ^j hervor.
2) Zu Passagen durch Ratten verhält sich dieser
Bacillus ebenso wie auch andere pathogene Mikroorga-
nismen. Wenn seine Virulenz auch bisweilen nach solchen
abnimmt, so hängt dieses nicht von irgendwelchen inneren
Eigenschaften des Bacillus selbst ab, von denen Danysz
spricht, sondern ausschließlich vom Einfluß fremder in die
Organe der infizierten Ratten eindringender Bakterien ab^),
3) In Hinsicht auf das in § 2 Gesagte kann man sich zur Be-
wahrung der Virulenz des Danyszschen Bacillus der
Passagen bedienen, aber diese Methode erfordert große
Vorsicht und ist nicht zuverlässig.
'Nachdruck verboten.
Die Beeinflussung der Virulenz des Bacillus Danysz
durch fortlaufende Ueberimpfungen in Bouillon.
[Aus dem landwirtschaftl. -bakteriologischen Laboratorium des Ackerbau-
ministeriums in St. Petersburg (Direktor: M. G. Tartako w sky).J
Von S. S. Mereshkowsky.
Wir besitzen bis heute noch keine einwandfreie und einfache Methode
zur Erhaltung der Virulenz des Bacillus Danysz, und deshalb sind
kleine Laboratorien, welche sich mit Gewinnung seiner Massenkulturen
beschäftigen, gezwungen, entweder das für sie erforderliche Aussaat-
material periodisch aus irgendeinem zentralen Institute zu beziehen, oder
1) Dieser Prozentsatz ist niedriger als der faktische, schon deshalb, weil bei seiner
Berechnung die nach dem 16. Tage nach der Infektion gefallenen Ratten außer acht
gelassen worden sind.
2) An anderem Ort werden wir sehen, daß auch bei Passagen, die durch Ein-
spritzung von Kulturen des Danyszschen Bacillus in die Bauchhöhle ausgeführt
wurden, seine Virulenz sich abschwächen oder sogar ganz schwinden kann unter dem
Einfluß der gleichen Ursachen.
Mereshkowsky, Die Beeinflussung der Virulenz des Bacillus Danysz etc. g5
aber sich mit dem Material zu begnüjien, welches sie vorrätig haben
und dessen Lebensfähigkeit sie durch fortlaufende Ueberimpfungen aus
einem Reagensglase ins andere im Laufe einer Reihe von Generationen
aufrecht erhalten.
Da durch derartige Ueberimpfungen die Virulenz vieler pathogener
Bakterien mehr oder weniger geschädigt wird, so schien es mir inter-
essant, festzustellen, ob nicht auch die Virulenz des Bacillus Danysz
hierdurch beeinflußt wird.
Meine Untersuchungen nahm ich mit einer Kultur vor, welche nach
dem Gelatineplattenverfahren aus einer Agarkultur des „Virus Danysz''
isoliert worden war. Letztere stammte aus dem „Laboratoire des vaccins
Pasteur" in Paris.
Wie durch Kontrollversuche, welche sofort nach Isolierung der Rein-
kultur aus den Gelatineplatten vorgenommen wurden, nachgewiesen
werden konnte, tötete sie graue Ratten (Mus decumanus) bei Ver-
fütterung in einem normalen Zeitabschnitt (nach 7 — 16 Tagen) ^).
Als Nährboden zur Kultur des Bacillus bei Ueberimpfungen wählte
ich Bouillon, weil diese in der Technik der Anfertigung von Massen-
kulturen zum Zwecke der Mäuse- und Rattenvertilgung vor sonstigen
Nährmedien zweifellose Vorzüge aufzuweisen hat, und weil folglich das
Studium ihrer I]igenschaften vom praktischen Standpunkte aus am
wichtigsten ist.
Zu der Bereitung der Bouillonl.nahm ich auf 1(X) ccm gewöhnlichen
Leitungswassers
1 g Pepton sicc. W^ i 1 1 e ,
1 „ Extr. carnis Liebig,
0,5 g Kochsalz.
Die Reaktion stellte ich durch Sodalösung schwach alkalisch ein,
wobei Lackmuspapier als Indikator diente. In die Reagensgläschen, in
welchen die Ueberimpfungen vorgenommen wurden, füllte ich je 10 bis
13 ccm dieser Bouillon ein.
Da es leicht geschehen konnte, daß in den oberflächlichen und den
tieferen Bouillonschichten für die Anfrechterhaltung der Virulenz des
Bacillus durchaus nicht gleiche Bedingungen bestanden, so wurde, um
eine künstliche Auslese irgendeiner Rasse des Bacillus zu vermeiden,
vor jeder Ueberimpfung die im Reagensglase gezüchtete Kultur energisch
umgeschütelt.
In den meisten Fällen führte ich die Ueberimpfungen alltäglich aus,
worauf die frisch infizierten Reagensgläschen in den Brütschrank bei
SS'' C kamen. Mußte jedoch zwischen zwei Ueberimpfungen eine Unter-
brechung eintreten, welche gewöhnlich nicht mehr wie 2—3 Tage dauerte,
so wurden — um das Verweilen des Bacillus in einem Medium, welches
mit den Produkten seiner Lebenstätigkeit gesättigt war, zu verkürzen —
die frisch infizierten Reagensgläschen sofort nach der Aussaat in einen
kühlen, dunklen Raum gebracht, in welchem die Entwickelung der
Bacillen entweder gar nicht oder jedenfalls sehr langsam vor sich ging;
in den Brütschrank wurden sie 24 Stunden vor Ablauf der Unter-
brechung gestellt.
Um die Virulenzschwankungen des Bacillus unter Einwirkung von
Ueberimpfungen beurteilen zu können, verfütterte ich von Zeit zu Zeit
1) Vgl. Mereshkowsky, S. S., Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten
auf die Virulenz des Bacillus Danysz. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 62. p. 3.)
Erete Abt. Orig. Bd. 62. Heft 1/2. 5
6ß Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
grauen Ratten (Mus decumanus) die zurzeit im Brütschrank stehende
Kultur, Die Methodik, deren ich mich bei derartigen Verfütterungs-
versuchen (sowie bei bakteriologischer Untersuchung der zugrunde ge-
gangenen Tiere) bediente, unterschied sich durch nichts von derjenigen,
welche bereits an anderer Stelle ^) von mir genau beschrieben worden
ist, und deshalb sehe ich hier von einer neuen Besprechung derselben ab.
Da das Verhalten des Bacillus gegen Ueberimpfungen durch zu-
fällige Eigenschaften des zum Versuch dienenden Stammes hervorgerufen
sein konnte, so wiederholte ich, um etwaige Fehlschlüsse zu beseitigen,
meine Untersuchungen mit einem anderen Stamme, welcher nach dem
Plattenverfahren aus einer zweiten Agarkultur des sogenannten V'irus
Danysz isoliert worden war; diese letztere hatte ich zu diesem Zwecke
1 Jahr später wie die erste aus demselben Pariser Vaccinelaboratoriura
bezogen.
Mit dem ersten Stamme habe ich etwa 600 Ueberimpfungen. welche
2 Jahre in Anspruch nahmen, mit dem zweiten ca. 3(X) Ueberimpfungen,
welche 1 Jahr dauerten, vorgenommen.
Die Ergebnisse, welche ich sowohl mit dem einen, als auch mit dem
anderen Stamme erzielen konnte, waren im allgemeinen identische und
lassen sich in folgendem zusammenfassen:
1) Ratten, welche mit einer der ersten hundert Generationen des
auf Bouillon überimpften Bacillus gefüttert worden waren, gingen in der
Mehrzahl der Fälle in einer gewöhnlichen Frist zugrunde (meist nicht
später als 16 Tage nach der Infektion).
2) Von denjenigen Tieren, welche mit der 100.-200. Generation
infiziert wurden, starben einige nach Ablauf einer gewöhnlichen Frist,
bei anderen jedoch trat der Tod mit einiger Verspätung ein. Derartig
verspätete Todesfälle kamen um so häufiger vor, je öfter die Kultur,
welche zur Infektion der Ratten diente, übergeimpft worden war.
3) Ratten, denen eine Kultur, welche 200 — öOOmal übergeimpft
worden war, verfüttert wurde, starben in der Regel nicht früher als
1 — 5 Monate nach der Infektion.
4) Bei Ratten des Punktes 1, sowie bei vielen Ratten des Punktes 2
konnte bei der Sektion Vergrößerung der Pey er sehen Plaques beob-
achtet werden; der Bacillus Danysz fand sich in Leber, Milz und
Herzblut.
5) Bei den Ratten des Punktes 3 und bei einigen Tieren des
Punktes 2 fehlte die Vergrößerung der Pey er sehen Plaques; der Ba-
cillus Danysz fand sich in Leber und Milz; aus dem Herzblut jedoch
konnte er nicht ausgeschieden werden. Wurden die Ratten des Punktes 3
lange vor Eintritt des Todes, z, B, 1—2 Wochen nach der Infektion mit
Chloroform getötet und seziert, so erwiesen sich bei ihnen die Pey er-
sehen Plaques stark vergrößert, der Bacillus Danysz war in Leber
und Milz enthalten, während das Herzblut steril war.
6) In den Organen von Ratten, welche im Laufe der oben beschrie-
benen Untersuchungen infiziert wurden, fanden sich neben dem Ba-
cillus Danysz nicht selten auch sonstige Bakterien. Das Vorhanden-
sein dieser Bakterien stand durchaus in keiner Beziehung zur Anzahl
der Ueberimpfungen, welchen die zur Infektion der Ratten angewandte
Kultur unterworfen worden war.
7) Zugleich mit dem Anwachsen der Zahl der Generationen ver-
1) 1. c.
Mereshkowsky, Die Beeinflussung der Virulenz des Bacillus Danysz etc. 67
änderte sich auch der Charakter des Bacillenwachstums in der Nähr-
bouillon merklich:
a) Die Bouillon, welche mit Bacillen der ersten, virulenteren Gene-
rationen infiziert worden war, zeigte nur schwache Trübung; an ihrer
Oberfläche sah man entweder gar kein Häutchen, oder wenn es sich
dennoch entwickelte, so besaß es die Gestalt eines kaum merkbaren,
wandständigen Ringes; am Boden des Reagensglases befand sich ein
spärlicher weißer Bodensatz , welcher sich beim Schütteln sofort in
Trübung umwandelte.
b) In der Bouillon, welche mit Bacillen späterer Generationen, die
jedoch noch gut ausgeprägte Virulenz besaßen, verimpft worden war,
war die Trübung bedeutend stärker als in der Bouillon des Punktes a,
an ihrer Oberfläche entwickelte sich ein grauer, zusammenhängender,
sehr dünner, mattglänzender Ueberzug, welcher beim Schütteln in kleine
Teilchen zerfiel, wobei letztere in der Flüssigkeit lange Zeit über nicht
zu Boden fielen und an den Wänden des Reagensglases emporglitten.
Am Boden des letzteren befand sich ein ziemlich großer, weißer Boden-
satz, welcher beim Schütteln sofort in Trübung überging.
c) In der Bouillon, welche mit noch späteren Generationen, deren
Virulenz bereits stark verändert war, infiziert wurde, entwickelte sich
eine unbedeutende Trübung, während das Häutchen an der Oberfläche
denselben Charakter zeigte wie im vorhergehenden Falle, jedoch mit
dem Unterschiede, daß es dicker war und bei leichtem Schütteln eine
trübe Wolke, welche sich in der Flüssigkeit rasch zerstreute, abschied.
Am Boden des Reagensglases befand sich ein ziemlich großer, weißer
Bodensatz, welcher beim Schütteln als feste, große, weiße Klümpchen
von unregelmäßiger Form, die nicht leicht in Trübung übergingen, empor-
stiegen.
Die eben beschriebenen Wachstumseigenschaften der virulenten und
der avirulenten Bacillenrasse konnten in Abhängigkeit von zufälligen
Schwankungen im Bestand und der Reaktion des Nährbodens variieren,
jedoch ließ sich in keinem Falle beobachten, daß die stark virulente
Rasse sich nach demselben Typus entwickelte, wie die avirulente oder
umgekehrt. Der Wachstumscharakter des Bacillus stand also zu dem
Virulenzgrade in einer bestimmten Beziehung.
Aus dem Erwähnten ersehen wir, daß bei fortlaufenden Ueber-
impfuugen in Bouillon die Eigenschaften des Bacillus Danysz be-
stimmte Veränderungen erfahren : Je mehr die Anzahl der üeber-
impfungen anwuchs, desto geringer wurde seine Virulenz, während seine
Tätigkeit, sich in der Bouillon zu entwickeln, im Gegenteil immer mehr
zunahm ; mit anderen Worten off'enbarte unter den Bedingungen unserer
Versuche der Bacillus die Neigung, sich aus einem Parasiten in einen
Saprophyten umzuwandeln.
Man könnte denken, daß die Ursache dieser Veränderung seiner
Eigenschaften in der großen Anzahl von Ueberimpfungen, während
welcher eine künstliche Auslese der Saprophytenrasse des Bacillus statt-
fand, liegt, und daß der chemische Bestand des Nährbodens, in welchem
die Ueberimpfungen vorgenommen wurden, hierbei keine wesentliche
Rolle spielte; jedoch kann diese Voraussetzung wohl kaum als zutreff'end
anerkannt werden, denn bei ganz ähnlichen Versuchsbedingungen, welche
jedoch in einem Nährboden, dessen chemischer Bestand von demjenigen
der Bouillon bedeutend abwich — einem besonderen Dekokt, welches
an anderer Stelle von mir genau besprochen werden wird — vorge-
68 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Dommen wurden, erwies sich die Virulenz des Bacillus als durchaus
nicht abgeschwächt. Man muß folglich zugeben, daß in der Bouillon
eine oder auch mehrere uns fürs erste noch unbekannte Substanzen
enthalten sind (oder gebildet werden), welche die Virulenz des Bacillus
Danysz beeinträchtigen.
Um die negativen Eigenschaften der Bouillon zu beseitigen, können
wir sie in der Laboratoriumspraxis mit Erfolg durch das eben erwähnte
Dekokt ersetzen, bei Anfertigung von Massenkulturen ist jedoch dieser
Ersatz unvorteilhaft, weil sich im Dekokt dreimal weniger Bacillen ent-
wickeln als in der Bouillon , und bei Ratten , welche mit in diesem
Dekokt angelegten Kulturen infiziert werden, die Sterblichkeit eine be-
deutend geringere ist, wie bei denjenigen, welchen eine Bouillonkultur
einverleibt worden war^).
Leider kennen wir, abgesehen von dem Dekokt, keine sonstigen
passenden Nährmedien, welche für die Anfertigung von Massenkulturen
des Bacillus Danysz geeignet wären, weshalb wir fürs erste ge-
zwungen sind, Bouillon zu diesem Zwecke zu benutzen; um jedoch nach
Möglichkeit ihre schädlichen Eigenschaften abzuschwächen, müssen wir
bei ihrer Anwendung folgende Vorsichtsmaßregeln treffen:
1) Zur Aussaat in Blechbüchsen mit Bouillon, die zur Anfertigung
von Massenkulturen des Bacillus bestimmt sind, muß man ausschließlich
ganz frisches Aussaatmaterial, dessen Virulenz eben erst nachgeprüft
worden ist, benutzen.
2) Wird die Aussaat nicht mit der Platinöse, sondern mit bedeu-
tenderen Portionen der Bouillonkultur vorgenommen, was viel vorteil-
hafter ist, so muß in jede Blechbüchse um so mehr Kultur eingeführt
werden, je mehr Bouillon sie fassen kann (etwa 1 — 2 ccm Kultur pro
1 1 Bouillon).
3) Es darf kein Aussaatmaterial benutzt werden, welches mehrmals
übergeimpft worden war. Je häufiger dieses Material angefrischt wird,
desto eher kann man erwarten, daß man eine sicher virulente Kultur
des Bacillus erhalten wird.
Alles oben Angegebene berechtigt zu folgenden
Schlußfolgerungen:
1) Die Virulenz des Bacillus Danysz wird bei andauernden,
fortlaufenden Ueberimpfungen in Bouillon stark beeinträchtigt.
2) Diese Virulenzverminderung wird durch das Vorhandensein von
uns bis jetzt noch unbekannten chemischen Substanzen in der Bouillon,
welche entweder einen Bestandteil derselben bilden oder aber sich
während der Entwickelung des Bacillus in derselben bilden, bedingt.
3) Je größer die Anzahl der oben genannten Ueberimpfungen ist,
desto mehr vermindert sich die Virulenz des Bacillus und verändert
sich auch der Charakter seines Wachstums auf Bouillon.
4) Kulturen, deren Virulenz durch andauernde Ueberimpfungen be-
deutend abgeschwächt ist, töten Ratten nur im Verlauf von sehr langer
Frist, wobei der Krankheitsprozeß bei Ratten, die mit derartigen Kulturen
infiziert worden sind, die Neigung offenbart, in Genesung überzugehen.
1) Mereshkowsky, S. S., 1. c.
Mereöhkowskv, Trautmannsches Verfahren zur Virulenzsteigerung etc. 69
Nachdruck verholen.
Ueto die Anwendung des Trautmannschen Verfahrens
zur Virulenzsteigerung des Bacillus Danysz.
[Aus dem landwirtschaftl.-bakteriolofiischen Laboratorium des Ackerbau-
ministeriums zu St. Petersburg (Direktor: M. G. Tartako wsky).J
Von S. S. Mercshkowsky.
In der vorhergehenden Arbeit i) konnte ich feststellen, daß man
sich bei der Steigerung resp. Erhaltung der Virulenz des Bacillus
Danysz nicht unbedingt auf die Rattenpassage verlassen darf, und das
zwar nicht infolge besonderer Eigenschaften dieses Bacillus, wie man
bisher annahm, sondern infolge der Herabsetzung seiner Virulenz durch
anderweitige, sich ihm im Rattenkörper beimengende Bakterien. Der
Versuch, andere Tiere zur Passage zu benutzen, ergab ein ebenso un-
günstiges Resultat, und zwar vollkommen unabhängig davon, ob die
Kultur den Tieren durch Verfütterung, subkutan oder intraperitoneal
eingeführt wurde. Daraus folgte die Notwendigkeit, zwecks Virulenz-
steigerung des genannten Bacillus nach Methoden zu suchen, die nicht
mit Tierpassagen verbunden sind.
Auf der Suche nach solchen Methoden verweilte ich unter anderem
auch bei der von Traut mann zur Virulenzsteigerung des Bacillus
Dun bar vorgeschlagenen.
Die Umstände, durch die Trautmann zur Ausarbeitung dieser
Methode geführt wurde, erhellen aus folgendem:
In den Jahren 1904 und 1905 beobachtete Prof. Dun bar, Vor-
stand des hygienischen Instituts in Hamburg, bei seinem Laboratoriums-
vorrat an weißen und grauen Ratten wiederholt spontan auttretende
Seuchen, die durch ein und denselben Bacillus verursacht waren. Von
der Voraussetzung ausgehend, daß dieser Bacillus bei der Vertilgung
freilebender Ratten von Nutzen sein könne, empfahl Dun bar zuerst,
Skrodzki und dann Trautmann ein eingehenderes Studium dieses
Bacillus und womöglich die Ausarbeitung einer Methode zur Steigerung
seiner durch Fortzüchtung auf den gewöhnlichen Nährböden rasch
schwindenden Virulenz.
Die Untersuchungen Skrodzkis und Trautmanns 2) ergaben,
daß der von Dun bar isolierte Bacillus sowohl nach dem Charakter des
Wachstums auf den Nährböden, als auch seiner Wirkung auf Ratten
und dem Verhältnis zu agglutinierenden Seris der Paratyphusgruppe
beizuzählen und daß er dem Bacillus Danysz nahe verwandt ist.
Skrodzkis Versuch, seine Virulenz durch Meerschweinchen-, Tauben-,
Mäuse- und Rattenpassagen zu steigern, blieb erfolglos. Von der An-
nahme ausgehend, daß der Bacillus Dunbar mit dem Gartn er-
sehen Enteritidis- Bacillus identisch sei, beschloß dann Trau t mann,
zu untersuchen, ob sich seine Virulenz nicht durch fortlaufende Ueber-
impfungen auf rohem Fleisch steigern ließe. Die dabei erhaltenen Resul-
1) Mereshkowsky, S. S., Der Einfluß der Passagen durch graue Ratten (M.
decumanus) auf die Virulenz des Bacillus Danysz. (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1.
"^"2) Trau?mann, H., Bakterien der Paratyphusgruppe als Rattenechädlinge und
Rattenvertilger. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 54. 1906. p. 104.)
70 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
täte fielen zur Befriedigung von Trautniann aus, doch zog er es vor,
das Fleisch, das nach seinen Angaben öfters anderweitige Bakterien ent-
hielt, durch Agar zu ersetzen, das mit Taubenblut benetzt war. Traut-
mann behauptet, daß nach 7 — 12maliger, mit Intervallen von 24 bis
48 Stunden vorgenommener Ueberimpfung eine avirulente Bacillusrasse
ihre Virulenz wiedererhalten habe.
Da das Trautmann sehe Verfahren keine Tierpassagen forderte,
so interessierte es mich, festzustellen, ob es nicht auch zur Virulenz-
steigerung des Bacillus Danysz zu gebrauchen sei, der ja, nach den
Untersuchungen der genannten Autoren, dem Bacillus Dunbar nahe
verwandt ist.
Meine Versuche wurden mit einer Kultur angestellt, deren Virulenz
zuvor durch fortlaufende Ueberimpfun gen auf Bouillon geschwächt war V).
Durch Kontrollversuche wurde festgestellt, daß nach Verfütterung dieser
Kultur der Tod der Ratten nicht vor 30 Tagen eintrat.
Die Ueberimpfung dieser Kultur auf Taubenblutagar wurde entweder
täglich oder über einen Tag ausgeführt; die Entwickelung des Bacillus
vollzog sich inzwischen im Thermostaten bei 38^ C.
Da Traut mann bei seinem Verfahren auf die Wirkung des Blutes
besonderes Gewicht legt, so wurde sorgsam darauf geachtet, daß die
jedesmalige Ueberimpfung von der Oberfläche des Blutes und nicht des
unbenetzten Agars vorgenommen wurde.
Zur Bestimmung der infolge der Ueberimpfungen eintretenden Ver-
änderungen in der Virulenz des Bacillus infizierte ich von Zeit zu Zeit
mit der jeweiligen Generation auf dem Blutagar graue Ratten per os
(gewöhnlich geschah das jeweils mit der 7. resp. 10., manchmal jedoch
auch mit der 4. Generation). Ich benutzte dazu 4 oder 10 Ratten, und
zwar ausschließlich solche, die zuvor eine mindestens zweiwöchige Qua-
rantäne durchgemacht hatten. Während des Versuches wurden diese
Ratten einzeln in Käfigen gehalten.
Da die Wirkung der verfütterten Kultur nicht bloß durch den Grad
ihrer Virulenz, sondern auch durch ihre in den Darmkanal des Tieres
gelangende Quantität bestimmt wird, so schien es mir im Interesse der
Beweiskraft der Ergebnisse geboten, zur Verfütterung stets die gleiche
Dosis zu verwenden, und zwar eine solche, die bei gewöhnlicher Virulenz
des Bacillus den Tod der Ratten nicht später als nach 16 Tagen nach
erfolgter Infektion bedingen würde. Die Blutagarkulturen als Infektions-
material schienen mir zu einer solchen Dosierung ungeeignet, und ich
entschied mich statt dessen für Bouillonkulturen. Letztere wurden in
der Weise gewonnen, daß die auf ihre Virulenz zu prüfende Blutagar-
generation in mehrere Reagensgläser mit schwach alkalischer Bouillon
abgeimpft wurde. Nach 24-stündiger Bebrütung bei 38° C wurden davon
jeder Ratte 10 ccm beigebracht, das ist eine Quantität, die nach meinen
früheren Versuchen bei mittlerer Virulenz des Bacillus vollkommen aus-
reicht, um den Tod der Ratten innerhalb des angegebenen Zeitraums
herbeizuführen.
Das Verfütterungsverfahren sowohl als die Maßnahmen, die getroffen
wurden, um die Aufnahme der ganzen jeweils dazu bestimmten Menge
des Infektionsmaterials seitens der einzelnen Ratten mit Bestimmtheit
1) Mereshko wisky , S. S., Die Beeinflussung der Virulenz des Bacillus Da-
nysz durch fortlaufende Ueberimpfungen in Bouillon. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig.
Bd. 62. p. 64.)
Mereshkowsky, Trautmannsches Verfahren zur Virulenzsteigerung etc. 71
ZU gewährleisten, waren die gleichen, wie die von mir bereits früher
beschriebenen ^).
Um die Reinheit der zur Infektion der Ratten benutzten Kultur zu
kontrollieren, wurde von der auf ihre Virulenz zu prüfenden Bacillus-
generation gleichzeitig mit der Abimpfung auf Bouillon auch auf Agar
nach Endo, nach Conradi-Drigalski und auf schräg erstarrte,
schwach alkalische Gelatine abgeimpft. Vor der Verfütterung an die
Ratten wurde die Bouillonkultur ebenso abgeimpft.
Bei der Obduktion und der bakteriologischen Untersuchung der
verendeten Tiere bediente ich mich derselben Methodik, wie in meinen
vorhergehenden Arbeiten über den Bacillus Danysz.
Um jeden Zweifel zu beseitigen, habe ich meine Versuche nochmals
mit einer Kultur wiederholt, deren Virulenz ebenfalls durch Ueber-
irapfungen in Bouillon geschwächt war.
In der ersten Versuchsreihe wurden von mir 25, in der zweiten
30 Ueberimpfungen auf Blutagar ausgeführt, und obschon sie ihrer An-
zahl nach die betreffenden Trautmanns weit übersteigen, konnte ich
dabei keine Steigerung der Virulenz der zum Versuche benutzten Kultur
konstatieren.
Es muß also gefolgert werden, daß das Traut mann-
sche Verfahren zur Steigerung der Virulenz des Bacillus
Danysz ungeeignet ist.
Diese Schlußfolgerung kann aber nicht überraschen, da, wie aus
einem aufmerksamen Studium des von Trautmann mitgeteilten Tat-
sachenmaterials und seines Gedankenganges erhellt, daß dieser Autor
sich bei seiner Untersuchung einer von Beginn an vollvirulenten Kultur
bedient hat (vgl. die Tabelle auf p. 124 seiner Arbeit) und eigentlich
das Ziel verfolgte, eine Kultur zu erhalten, die bei einer beliebig wieder-
holten Rattenpassage bestehen würde. So sagt Trautmann auf p. 120
bei der Beschreibung der Ergebnisse, die durch den Ersatz der Ueber-
impfungen auf rohes Fleisch und durch Ueberimpfungen auf Blutagar
erhalten wurden : „Es stellte hiernach die Abänderung in der Tat noch
eine Verbesserung der Methode dar, sowohl hinsichtlich ihrer sicheren
und bequemen Handhabung, wie hinsichtlich der Wirkung, Denn Ver-
nichtung der Ratten bis ins 6., ja 8. Glied ist ein erstaunlicher Erfolg."
Dagegen erhellt aus meinen früheren Untersuchungen ^), daß die
Kontinuität der Passagen, wenigstens beim Bacillus Danysz, nicht
durch die Virulenz seiner Kulturen bedingt wird, sondern durch den
Umstand, ob sich ihm im Rattenkörper anderweitige Bakterien beigesellen
oder nicht.
Schi ußfolgerung.
Das Trautmannsche Verfahren muß als zur Virulenz -
Steigerung des Bacillus Danysz ungeeignet betrachtet
werden.
1) Mereshkowsky, S. fe., Der Einfluß der Passagen etc. (Centralbl. f. Bakt.
Abt. 1. Orig. Bd. 62. p. 3.)
2) 1. c.
72 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1,2.
Nachdruck verholen.
Raticide — Azoa.
[Aus dem landwirtsch.-bakteriol. Laboratorium des Ackerbauministeriums
zu St. Petersburg. Direktor: M. G. Tartako wsky].
Von S. S. Mercshkowsky.
Die Verwüstungen, welche von Mäusen und Ratten in Rußland an-
gerichtet werden, umfassen ungeheure Flächen, die nicht selten Hunderte,
ja Tausende von Kilometern von den Orten entfernt liegen, an denen
Massenkulturen von mause- und rattentötenden Bakterien hergestellt
werden. Deshalb wäre es äußerst erwünscht, den Versand der genannten
Kulturen nach Möglichkeit zu verbilligen. In der Annahme, daß dieses
sich am besten durch das Versenden von Kulturen in trockenem Zu-
stande erreichen ließe, stellte ich im Jahre 1908 eine Reihe von Ver-
suchen an, die den Zweck verfolgten, das Verhalten der mause- und
rattentötenden Bakterien zur Austrocknung festzustellen, besonders nach
Zusatz solcher Stoffe, die die Stäbchen vor gänzlicher Austrocknung
schützen.
Zu meinem Bedauern konnte ich diese Versuche nicht zu Ende
führen, da ich genötigt war, mich anderen unaufschiebbaren Arbeiten
zuzuwenden. Laut den damals von mir erhaltenen Resultaten mußte ich
aber annehmen, daß die Kulturen der genannten Bakterien sich zum
Versenden in trockenem Zustande nicht eignen. Denn 1) bewahren sie
ihre Lebensfähigkeit nach dem Austrocknen nur verhältnismäßig kurze
Zeit und 2) vermindert sich schnell in ihnen die Anzahl der am Leben
gebliebenen Stäbchen, so daß ihre mause- und rattentötende Eigenschaft
bald sich vermindert und schließlich ganz verschwindet.
Aus oben Gesagtem wird das Interesse begreiflich, mit dem ich
mich der Untersuchung der Trockenkulturen zuwandte, die von der
amerikanischen Firma Parke, Davis & Co. unter der Bezeichnung
Raticide für England und Azoa für Amerika in den Handel gebracht
werden.
Da die Einfuhr dieser Kulturen nach Rußland nicht gestattet ist, so
mußte ich mich zu ihrer Erlangung an die Vertreter der Firma in London
und St. Petersburg wenden, denen ich für kostenlose Zustellung der-
selben meinen aufrichtigen Dank ausspreche.
Das aus London erhaltene Raticide stellte ein vollständig trockenes,
grobkörniges Pulver von grauer Farbe dar. Es war in Gläschen mit
etwa 30 g Inhalt gefüllt, die mit Kork verschlossen waren. Die Korken
waren mit Paraffin überzogen und mit Pergament verbunden. Das
Paraffin auf dem Kork und das Papier waren unverletzt, woraus zu
schließen ist, daß die Fläsciichen bei der Zollhesichtigung nicht geöffnet
worden waren und ihr Inhalt keiner Verunreinigung ausgesetzt war.
Auf den an den Fläschchen befindlichen Etiketts war folgende Aufschrift:
„Raticide — a potent disease producing virus for the destruction of rats,
mice and field mice. Ilarmless to human beings, also to dogs, cats,
fowls etc."
In dem die Sendung begleitenden Schreiben hieß es, daß das Rati-
cide ein Gemisch von getrockneter Reinkultur eines rattentötenden
Bacillus mit grob gemahlenem Hafer darstellt. Den Namen des Bacillus
Mereshkowsky , Raticide — Azoa. 73
gab die Firma nicht an, wies jedoch darauf hin, daß es ein kurzes Stäb-
chen darstelle, welches bei Ausstrichpräparaten aus dem Gewebe von
Tieren bipolar sich färbe; daß es keine Sporen bilde, sich gut auf Agar
und Bouillon entwickele (nach den Versicherungen der Firma tritt eine
Trübung der Bouillon — beim Optimum der Entwickelung bei 22 bis
26° C ~ schon 2 — 3 Stunden nach der Aussaat ein), und daß es bei
Ratten nach Infektion derselben per os eine hämorrhagische Enteritidis
hervorrufe, die von Nekrose der Schleimhaut des Darmkanals und Ver-
größerung der Milz (fast auf das Doppelte) begleitet sei.
Nach dem Erhalten des Raticide aus London schritt ich sofort zu
seiner Untersuchung.
Eine mit unbewaffnetem Auge ausgeführte Besichtigung des Pulvers
wies nichts Besonderes auf; es hatte das Aussehen eines grobgemahlenen
Mehles, ohne sichtbare fremde Beimengungen. Eine mikroskopische
Untersuchung ohne Färbung — im Hängetropfen — , wie auch nach
Färbung mit Anilinfarben, erwies die Anwesenheit einer nur sehr kleinen
Zahl unbeweglicher Stäbchen, die sich fast ohne Ausnahme nach Gram
färbten.
Zur Bestimmung der im Pulver befindlichen Bakterien übertrug ich,
unter Beobachtung aller nötigen Kautelen, zu je 1 g desselben in Probier-
gläschen mit 10 — 12 ccm schwach alkalischer Bouillon, und aus dieser
Bouillon, die vorher kräftig durchgeschüttelt wurde, machte ich Impfungen
(je 1 Oese) auf Agar Endo, Agar Conradi-Drigalski und Platten-
kulturen auf Gelatine.
Auf Agar entwickelte sich nach 20-stündiger Bebrütung bei 38" C
nur eine kleine Anzahl von Kolonieen — weiße auf Agar Endo und
blaue auf Agar Conradi-Drigalski. Auf den Platten mit Gelatine
waren gleichfalls nur sehr wenige Kolonieen sichtbar. Einige von ihnen
verflüssigten die Gelatine, andere nicht; die einen waren pigmentiert,
die anderen nicht. Kolonieen vom Typus des Coli- Typhus waren nur
sehr spärlich vertreten. Von diesen letzteren wurden Abimpfungen ge-
macht und mit den hierdurch erhaltenen Reinkulturen verschiedene ge-
färbte wie ungefärbte Nährböden besät. Die Beobachtungen zeigten,
daß die auf diese Weise isolierten Bakterien , dem Charakter ihres
Wachstums auf den Nährböden nach, in nichts voneinander sich unter-
schieden und mit dem Bacillus Danysz identisch waren.
Gleichzeitig mit den mikroskopischen und bakteriologischen Unter-
suchungen des Raticide prüfte ich auch die Wirkung des Präparates
auf graue Ratten (Mus decumanus).
Leider gibt die Firma die Minimaldosis des Präparates nicht an,
die nach Einführung per os bei Ratten eine unbedingt mit dem Tode
endende Erkrankung hervorruft. In ihrem Begleitschreiben sagt sie, daß
zur Infektion dieser Nager der Inhalt eines Gläschens — also 30 g —
mit 1 Pfd. trocknen Mehles vermengt wird. Das so erhaltene Gemisch
wird an Stellen, wo sich die Ratten finden, ausgestellt. Aber auf wieviel
Ratten oder für einen wie großen Raum diese Portion reicht, teilt die
Firma nicht mit. Infolgedessen beschloß ich, die Dosis nach meiner
Einsicht zu bestimmen. Da aber meine oben erwähnten Versuche ge-
zeigt haben, daß die rattentötenden Bakterien eine lang andauernde
Austrocknung nicht vertragen, so blieb ich bei großen Dosen stehen
und gab:
2 Ratten zu 6 g Raticide
8 „ „ 10 „
4 , „ 12 „
74
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle No. 1.
Die Resultate der Wirkung der Raticide auf graue Ratten*).
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Resultate der Untersuchung derjenigen Ratten, die am 35. Tage nach
der Infektion getötet wurden.
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1) Erläuterung der Zeichen in den Tabellen No. 1 u. No. 2.
St bedeutet, daß die Aussaaten von den Organen sich als steril erwiesen.
O bedeutet, daß in den Aussaaten aus den Organen außer D a n y s z sehen keine anderen
Bacillen gefunden wurden.
-f bedeutet, daß in den Aussaaten aus den Organen neben Danyszschen auch andere
Bakterien sich fanden.
W bedeutet, daß in den Aussaaten aus den Organen auf Agar Endo sich nur weiße
Kolon ieen entwickelten.
W + R bedeutet, daß in den Aussaaten aus den Organen auf Agar Endo eich neben
weißen auch rote Kolonieen entwickelten.
B bedeutet, daß in den Aussaaten aus den Organen auf Agar Conradi-Drigalski
sich nur blaue Kolonieen entwickelten.
Mereshko wsky , Raticide — Azoa. 75
Um sicher zu sein, daß eine jede dieser Ratten die ganze für sie
bestimmte Menge des Infektionsmaterials auffresse, verteilte ich dieselben
während des Versuches jede einzeln, d. h. je eine Ratte in einen Kätig.
Wie wir oben gesehen, gibt die Firma nicht den Namen des Bacillus
an, den sie zur Herstellung des Raticide benutzt. Es entsteht daher
die Frage, wovon soll man sich bei der Erkennung der an den Folgen
der Infektion mit dem Präparat gefallenen Ratten leiten lassen? Da in
den Kulturen aus Raticide stets Kolonieen vom Typus des Coli-
typhus sich befanden und die aus diesen Kolonieen isolierten Bakterien,
dem Charakter ihres Wachstums auf verschiedenen Nährböden nach zu
urteilen, in nichts von dem D an ysz sehen Bacillus sich unterschieden,
so hielt ich mich für berechtigt, in diesem Falle dieselben Kriterien an-
zuwenden, wie bei meinen Untersuchungen mit dem Danysz sehen
Bacillus. Dementsprechend übertrug ich bei der bakteriologischen Unter-
suchung der Kadaver der Ratten 1 ccm große Stücke von Leber und
Milz sowie das gesamte Herzblut in Reagensgläschen mit 10—12 ccm
schwach alkalischer Bouillon, genau so wie in den Versuchen mit dem
Danysz sehen Bacillus. Nach 24-stündigem Stehen der Reagensgläschen
im Brutschrank bei 38" C machte ich aus denen von ihnen, in welchen
die Bouillon sich getrübt hatte, Aussaaten 1) auf Agar Endo, 2) auf
Agar Conradi-Drigalski und 3) auf schräg erstarrter, schwach
alkalischer Gelatine. In dem Falle, wo im Reagensglas keine Trübung
der Bouillon auch nach 48-stündigem Stehen im Thermostaten erfolgte,
nahm ich an, daß die zur Aussaat benutzten Organe steril waren.
Wie wir an anderer Stelle gesehen haben ^), krepieren die mit viru-
lenten Kulturen des Danysz sehen Bacillus gefütterten Ratten in der
Mehrzahl der Fälle im Laufe der ersten 16 Tage nach der Infektion.
Deshalb hielt ich es auch in den Versuchen mit Raticide für über-
flüssig, die Beobachtung an ihnen über 85 Tage auszudehnen. Alle bis
zu diesem Termin am Leben gebliebenen Ratten tötete ich mit Chloroform
und sezierte sie.
Die von mir mit dem Raticide erhaltenen Resultate sind in den
Tabellen No. 1 und 2 dargestellt.
Aus diesen Tabellen ersehen wir, daß von 14 der Infektion unter-
worfenen Ratten 8 gefallen sind, und daß nur bei 2 von den letzteren
(die Ratten No. 12 und No. 13) deutliche Hinweise vorhanden waren,
daß ihr Tod durch die Wirkung des Raticide erfolgt war. Bei den
am Leben gebliebenen Ratten (Tabelle No. 2) und bei den 23 Tage nach
der Infektion zugrunde gegangenen dagegen fehlten Dan ysz sehe Bacillen
entweder in der Leber oder in der Milz, oder sogar in diesen beiden
Organen, was allem Anscheine nach als Hinweis auf einen allmählichen
Uebergang des Krankheitsprozesses bei den erwähnten Tieren in Genesung
und folglich auf das Eintreten einer Immunität diente.
Schlußfolgerung.
Auf Grund unserer Untersuchungsergebnisse müssen
wirschließen, daßdasPräparatder Firma Parke, Davis & Co.,
Raticide oder Azoa genannt, nicht als zur Rattenvertilgung
geeignet angesehen werden kann.
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 62. p. 3.
76 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Nachdrtick verboten.
Zur Kenntnis der anaeroben Bakterien der MnndhöUe.
[Aus der Kaiser!, chirurgischen Universitätsklinik Kyoto. Japan
(Prof. H. Ito).]
Von Dr. Y. Ozaki, Assistenten der Klinik.
Unter den Mikroorganismen, welche in der Mundhöhle in normalen
oder auch pathologischen Zuständen hospitieren und früher wegen der
Unmöglichkeit ihrer Kultivierung auf künstlichen Nährböden allgemein
als obligat parasitische angenommen wurden, gibt es schon einige Bak-
terien , die von einzelnen Forschern mit Erfolg reinkultiviert worden
sind. Unter ihnen lenkt kein anderer Mikrobe so große Aufmerksamkeit
auf sich, als der Bacillus fusiformis. Dieser letztere — auch spieß-
förmiger Bacillus, Stinkgasspieß, Bacillus hastilis etc. genannt —
wurde außer in der normalen Mundhöhle bei manchen, stets mit einer
mehr oder weniger ausgeprägten Fötidität einhergehenden Krankheits-
prozessen gefunden, wie Angina und Stomatitis ulcerosa, Noma, Noso-
comialgangrän , Lungenbrand, Appendicitis usw., häufig mit feinen
Spirochäten zusammen, ohne daß jedoch die fusiformen Bacillen dieser
verschiedenen Herkunft stets miteinander identifiziert worden sind. Die
einschlägigen klinischen Mitteilungen sind recht zahlreich. Da sie aber
in den Referaten von Beitzke und Babes zusammengestellt sind,
so gehen wir hier darauf nicht ein.
Was das biologische Verhalten dieser fusiformen Bacillen angeht,
so glückte es zuerst 1898 Veillon und Zuber, dieselben aus dem
fötiden Eiter von Appendicitis rein zu kultivieren und die genaueren
Eigenschaften derselben festzustellen. Danach wurden sie auch von
Lewkowicz, Eller mann, Mühlens und Hart mann, Rodella,
Leiner, Runeberg, Repaci, Ghon und Mucha, Kaspar und
Kern reingezüchtet. Dies hat offenbar dazu beigetragen, die Patho-
genese von verschiedenen fötiden Krankheitsprozessen immer mehr auf-
zuklären. Indessen lauten die darüber gemachten Angaben von einzelnen
Autoren teilweise sehr widersprechend; sie stehen manchmal einander
gerade diametral gegenüber.
Neuerdings haben wir bei Gelegenheit der Kulturversuche mit dem
Zahnbelag eines gesunden Individuums einen morphologisch zur Gruppe
der fusiformen Bacillen gehörigen Mikroorganismus isoliert, und da das
Studium dieser Bakteriengruppe, wie eben angedeutet, noch nicht end-
gültig abgeschlossen ist, so sei uns gestattet, im folgenden über unseren
Bacillus zu berichten.
Der von uns gezüchtete fusiforme Bacillus ist sowohl in seiner
Größe, als in seiner Gestalt, je nach dem Alter der Kulturen und den
Arten der Nährböden sehr verschieden und selbst in demselben Nähr-
medium zuweilen ziemlich ungleichmäßig. Der Bacillus ist im allge-
meinen in festen Nährböden viel größer als in Üüssigen Substraten,
indem er in den ersteren unter Umständen als langer Faden auftritt,
während er in den letzteren zunächst regelmäßig gestaltet ist und erst
später zum Faden auswächst.
In 40 Stunden alten Zuckeragarstichkulturen ist der Bacillus meistens
typisch geformt, wenn auch der Größenunterschied desselben sich schon
Ozaki, Zur Kenütnis der anaeroben Bakterien der Mundhöhle. 77
als mäßig bedeutend erweist. Er ist 0,4 — 1,0 /< breit und 3,6—20,0 in
lang. Die Enden sind fast immer zugespitzt. Häufig ist der Leib, be-
sonders bei längeren Individuen, in der mittleren Partie verschmälert,
seltener mit einer mehr oder weniger deutlichen Schnürfurche daselbst
versehen, ja sogar fast vollständig durchgetrennt, so daß zwei in ihren
freien Enden zugespitzte Individuen mit ihren abgerundeten Enden dicht
aneinander liegen. Das einzelne Glied dieses Bacillenpaares kann in
seltenen Fällen isoliert auftreten, dann hat man ein keulenförmiges Ge-
bilde vor sich. Die kürzeren Individuen sind weniger breit, meistens
gerade und selten gebogen, die längeren dagegen häufig mehr oder
weniger deutlich gekrümmt oder leicht geschlängelt.
In 10 Tage alten Zuckeragarkulturen findet man außer der Spindel-
form zahlreiche mittellange Fäden, deren Enden häufig abgerundet oder
etwas konisch sind. Sehr lange Fäden fehlen in der Regel.
Eine besonders lange Fadenform ist in nicht sehr jungen aufliegen-
den Kolonieen auf Zuckeragar zu sehen. Zwar sind hier kurze und
kleine Spindelbacillen nachweisbar, doch treten sie ganz in den Hinter-
grund im Vergleich zu den längeren Fäden. Die Länge der letzteren
beträgt meistens 20—50 f.i. Solche längere Fäden sind häufig ge-
schlängelt oder verschlungen. Sie sind im allgemeinen beinahe gleich
dick, nur stellenweise leicht verschmälert.
Sowohl in jungen Organbouillon- als auch in Kartoifelbouillon-
kulturen nach Ori-Wrzosek ist der Bacillus meistens ziemlich klein
(3,0—5,0 /< lang und 0,4 — 0,6 /^t breit); längere und dickere Individuen
sind ausnahmsweise vorhanden. Die Form ist regelmäßig, mit stets
scharf zugespitzten Enden. Eine analoge Form findet man auch bei
8-tägiger Zuckerbouillonkultur in Wasserstoffatmosphäre; hier sind aus-
schließlich kürzere Formen zu konstatieren, die meistens 4,0—7,0// lang
sind und teilweise durch regellose Vereinigung Kristallnadel- oder
Büschelform zeigen.
Im hängenden Tropfen und auch in einer Glaskapillare sieht der
Mikroorganismus, vor allem bei jüngeren Kulturen, ganz strukturlos aus;
bei etwas älteren Kulturen kann man hingegen sehr häufig im Leibe
1 — 2, zuweilen noch mehr runde Kügelchen nachweisen, welche stärker
lichtbrechen als das sonstige Protoplasma und je nach der Einstellung
des Mikroskops bald heller, bald dunkler erscheinen. Der Mikroorga-
nismus zeigt eine mäßig lebhafte Molekularbewegung, ist aber nicht
eigenbeweglich.
Der Bacillus ist mit verschiedenen Farblösungen ziemlich gut zu
färben, wenn man dieselben genügend lange auf ihn einwirken läßt. Die
Färbung ist bei jüngeren, kleinen Formen sehr schön und gleichmäßig,
bei älteren Individuen dagegen stets mehr oder weniger ungleichmäßig.
Mit verdünntem Karbolfuchsin erfolgt eine genügende Färbung binnen
1 Minute. Auch die Färbung mit Gentianaviolett oder Loefflers
Methylenblau erweist sich als gut. Mit der Giemsa sehen Lösung erhält
man nach V2 Stunde schöne Präparate, in welchen das Protoplasma hell-
bläulichrot oder hellrötlich gefärbt ist. Die Gram sehe Methode ist
sowohl bei jüngeren, als auch älteren Bakterien stets nicht anzuwenden,
ebenso wird der Bacillus durch die Claudiussche Modifikation der
Gram sehen Methode entfärbt. Wie oben angegeben, sieht man in den
Bakterienleibern häutig 1 — 2, zuweilen mehr, mit verschiedenen Anilin-
farben intensiv färbbare, runde, kokkenähnliche Körnchen. Sie liegen in
längeren Fäden regelmäßig voneinander entfernt. Bei kleinen, jüngeren
78 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Individuen fehlen sie in der Regel. In flüssigen Nährmedien sind sie
erst dann nachweisbar, wenn die Kulturen ein wenig älter werden. Diese
Körnchen färben sich mit Fuchsin intensiv rot, mit Methylenblau tief
blau und mit der Giemsaschen Lösung dunkel rötlich. Wenn man die
Lugo Ische Lösung 3 — 5 Minuten lang auf die Bacillen einwirken läßt,
so färbt sich das Protoplasma blaß bräunlichgelb, während die Körnchen
völlig ungefärbt bleiben. Nie ist eine dunkelbräunliche oder blaue
Färbung des Bakterienleibes dabei zu konstatieren.
In allen älteren Kulturen ist die Färbung der meisten Individuen
fast stets ungleichmäßig und die Bakterienleiber sehen etwas streifig
aus, indem im Innern derselben kurze, unregelmäßig zylindrisch ge-
staltete Strecken mit langen, blaß gefärbten Teilen abwechseln.
Den besonderen Involutionsformen begegnet man bei sehr alten
Agarstrich- oder Kartoffelbouillonkulturen. Die Bakterienleiber nehmen
dabei den Farbstoff nur schwierig und unregelmäßig auf, und das Proto-
plasma zeigt ein scholliges, grobkörniges Aussehen. Hier und da sind
die fast immer sehr langen Fäden kolbig angeschwollen, wo das Proto-
plasma besonders unregelmäßig gefärbt ist.
Durch die Methode Loefflers gelingt es nicht, Geißeln zu finden.
Ebenso wird in verschiedenen Nährböden keine Sporenbildung nach-
gewiesen.
Der gezüchtete Mikroorganismus ist ein obligater Anaerobe. Er
wächst gewöhnlich in passenden Nährböden nur unter strengem Ab-
schluß des Luftsauerstoffs. Auf Kartoffeln, eiweißfreien Substraten und
in Peptonwasser bleibt stets jedes Wachstum aus. Freilich wächst der
Bacillus in Organ- und Kartoffelbouillon auf aerobe Weise sehr schnell
und üppig. Die Entwickelung findet nur bei Bruttemperatur statt, nie
bei einer niedrigeren. Der Serumzusatz begünstigt bei unserem Stamm
das Wachstum gar nicht, so daß der Bacillus nicht serophil ist. Anders
wirkt der Traubenzucker; der Bacillus kann z. B. durch Zuckerzusatz
in solchen Agarnährböden zur üppigen Entwickelung gebracht werden,
in welchen er sonst nie fortzukommen scheint. Das Aehnliche geschieht,
wenn auch in etwas schwächerem Grade, durch den Zusatz von den
übrigen Zuckerarten.
Der Bacillus gedeiht am besten in neutral oder ganz schwach
alkalisch reagierenden Nährmedien.
Ascites-Zuckeragarstichkulturen (1 : 3) in hoher Schicht ohne Ueber-
schichtung zeigen nach 24 Stunden bei 37 ° C ein gutes Wachstum ent-
lang dem Stichkanal, die oberste IV2 cm lange Strecke desselben aus-
genommen. Geschieht der Stich mittels einer Platinöse, so wird ein
breites, dünnes Band gebildet. In der Mitte desselben findet man einen
weißlichen, scholligen, nicht durchscheinenden Streifen, dessen beide
seitliche Zonen wolkig-flockig aussehen, blaßbräunlich durchscheinen und
mit vielen, ganz kleinen Pünktchen durchsetzt sind. Auch die Stich-
kulturen mittels einer Platinnadel zeigen ein recht üppiges Wachstum
schon nach 24 Stunden bei Bruttemperatur. Die Stichlinie ist dick,
fadenförmig und häufig unregelmäßig konturiert.
Stichkulturen in 1-proz. Traubenzucker;) gar decken sich mit den
eben erwähnten Ascites-Zuckeragarkulturen fast vollkommen. In den
mittels der dicken Platinnadel gemachten Stichkulturen ist die Ent-
wickelung schon nach 12 Stunden deutlich nachweisbar; sie zeigen nach
weiteren 12 Stunden ein dickes, fadenartiges Wachstum längs des Impf-
stiches.
Ozaki, Zur Kenntnis der anaeroben Bakterien der Mundhöhle. 79
Auch im gewöhnlichen Nähragar ist ein gutes Wachstum des Bacillus
nachzuweisen. Das Aussehen ist den Stichkulturen im Zuckeragar ganz
gleich. Nur ist das Wachstum hier etwas langsamer und schwächer als
im letzteren.
In Zuckeragar-Schüttelkulturen findet man bei dichter Aussaat nach
24 Stunden zahlreiche, kaum sichtbare Pünktchen, die sich 1 cm unter-
halb der Oberfläche entwickeln. Nach weiteren 24 Stunden sind die
größeren Kolonieen fast V2 "im groß, während noch zahlreiche kleinere
Pünktchen daneben sich befinden. Bei schwacher Vergrößerung sind
die kleineren Kolonieen meistens rundlich, zuweilen oval, beinahe glatt-
randig, und lassen in sich in der Regel einen exzentrisch gelegenen,
dunklen, etwas rauh aussehenden Teil wahrnehmen, woraus kurze, fein-
zackige oder filzige Ausläufer hervorgehen; die übrigen Teile sind blaß-
bräunlich durchscheinend und fein granuliert. Die größeren Kolonieen
sind linsenförmig. In der Flächenansicht sind dieselben rund, glatt-
randig, ausnahmsweise mit einigen seichten Einkerbungen versehen.
Darin findet man häufig einen dunkleren, nicht scharf begrenzten, oft
etwas exzentrisch gelegenen Kern ; die übrigen Partieen sind feinkörnig,
bräunlichgelb, nach der Peripherie zu immer mehr durchscheinend und
lassen in sich undeutliche, fleckige Figuren erkennen. In einfallendem
Licht und bei schwacher Vergrößerung ist die zentrale Partie kreide-
weiß, während die periphere fleckig grau ist und leicht muschelartig
irisiert. In der Seitenansicht sind diese größeren Kolonieen wetzstein-
förmig. Niemals konstatiert man in Schüttelkulturen Gasbildung, auch
dann nicht, wenn die Aussaat eine sehr dichte ist.
In dünneu Aussaaten liegen die einzelnen Kolonieen weit von-
einander entfernt und sind nach 4 Tagen ca. 1 mm groß, weiß und
linsenförmig. Alle Kolonieen haben gleiche Gestalt und sind beinahe
gleichgroß. Das mikroskopische Verhalten derselben ist dem der oben-
genannten größeren Kolonieen völlig gleich.
Auf der Oberfläche von 1-proz. Zuckeragar wächst der Bacillus
unter Wasserstoffatmosphäre anfangs in Form der Streptokokkenkolo-
nieen. Die Kolonieen sind tautropfenartig. V2 — 1 ^^ groß, rund,
kugelig erhaben, grauweiß und saftig glänzend. Bei Lupenvergrößerung
sind sie kreisrund, glattrandig, etwas blaßbräunlich durchscheinend. Nach
8 Tagen sind sie bei etwas dichterer Entwickelung 1 — IV2 mm groß,
bei weit voneinander entfernt liegender Entwickelung zuweilen 2 mm
groß, rund, grauweißlich, saftig glänzend und etwas durchscheinend. Im
Zentrum befindet sich zuweilen ein weißlicher, kugelig erhabener Punkt.
Bei Lupenbetrachtung sind die Kolonieen rund, meistens mit 1 — 2 kon-
zentrischen Ringen versehen ; die Ränder sind entweder glatt oder fein
gezackt. Die direkte Umgebung des dunkleren Kernes sieht etwas heller
aus und stößt mit einem undeutlich zackigen Ringe an die wieder etwas
dunklere Peripherie. Im einfallenden Licht ist das Zentrum weiß, wäh-
rend die übrigen, im allgemeinen grau aussehenden Teile mit vielen
weißen, scholligen Fleckchen behaftet sind. Das Kondenswasser bleibt
beinahe klar und bildet nach 3 Tagen einen mäßig dicken, weißlichen
Bodensatz. Nach 8 Tagen tapeziert derselbe die Agarfläche, die unter
der Flüssigkeitsebene liegt, ist dick, schollig und zerfällt beim Schütteln
zu unzähligen Partikelchen. Das Wasser wird dabei diffus getrübt.
Auf den Platten mit Traubenzuckeragar in Wasserstoffatmosphäre
kommen kleine aufliegende Kolonieen erst nach 5 — 6 Tagen bei Brut-
temperatur zum Vorschein. Sie sind in 8-tägigen Kulturen noch kaum
80 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
1 mm groß, grauweißlich, tautropfenartig, etwas kugelig erhaben und
feucht glänzend. Bei schwacher Vergrößerung sind sie rund oder rund-
lich, glattrandig und meistens in der Mitte mit einem Ursprungskern
versehen. Sie sind blaß bräunlichgelb, in der Randzone sehr fein granu-
liert, im zentralen Teile dagegen ziemlich grob gekörnt; in der ersteren
mehr durchscheinend als im letzteren. Die Kolonieen werden später
noch größer und erreichen eine Größe von etwa IV2 ^^^^ im Durch-
messer. Die tiefliegenden Kolonieen kommen einige Tage früher als
die aufliegenden zur Entwickelung und verhalten sich beinahe wie die-
selben in Schüttelkulturen.
In 1-proz. Zuckerbouillon in WasserstoflFatmosphäre entwickelt sich
der Bacillus nicht sehr gut, und nach 8 Tagen wird bei 37 ° C eine
geringe Menge von weißlichem, membranösem und etwas sprödem Boden-
satz gebildet, während die Flüssigkeit stets klar bleibt. Beim Schütteln
zerfällt der Bodensatz zu kleineren Partikelchen, so daß die Flüssigkeit
dadurch nur wenig trüb wird.
Auch in 1-proz. Zuckergelatinekulturen, die, mit Agar überschichtet,
bei 37 ° C gehalten werden, bildet sich nach 5 Tagen ein geringer Boden-
satz; die Gelatine bleibt stets klar und erstarrt rasch und fest, wenn
man sie ins kalte Wasser taucht.
Der Mikroorganismus wird in Peptonwasser oder in eiweißfreier
Flüssigkeit trotz der geeigneten Reaktion der Substrate und dem strengen
Luftabschlüsse niemals zur Entwickelung gebracht, ebensowenig auf
Kartoffeln in Wasserstoffatmosphäre.
Ohne Luftabschluß bemerkt man in Organbouillonkulturen nach
48 Stunden bei Bruttemperatur eine leichte schwärzliche Verfärbung der
Organstückchen und einen deutlich unangenehmen Geruch. Die Bouillon
bleibt dabei beinahe unverändert, und Gasentwickelung ist niemals zu
beobachten.
Auch in Kartoffelstückchenbouillon ist der Bacillus imstande, sich
auf aerobe Weise sehr üppig zu entwickeln. Nach 48 Stunden bei 37 ''C
erfolgt gutes Wachstum, welches sich durch einen starken, eigentümlichen
Gestank und einen flockig-wolkigen oder zuweilen watteähnlichen, weißen
Bodensatz verrät. Die Kartoffelstückchen erleiden dabei keine sichtbaren
Veränderungen. Nach 6 Tagen wird der Bodensatz ziemlich reichlich
und die Flüssigkeit leicht diffus getrübt. Beim Schütteln zerteilt sich
der Bodensatz teils in kleinere Partikelchen, teils zur diffusen Trübung.
Sowohl in Ascitesboiiillon (1:3) als auch in reiner Ascitesflüssigkeit
ist das Wachstum des Bacillus bei freiem Luftzutritt sehr gering. Die
Flüssigkeit bleibt stets vollständig klar, und am Gefäßboden bildet sich
eine ganz geringe Menge von flockigen Niederschlägen.
Der Bacillus wächst in Kohlensäureatmosphäre gar nicht oder nur
äußerst dürftig.
Der Bacillus produziert in allen Kulturen einen fauligen Riechstoff,
so daß er recht unangenehmen Geruch verbreitet. Dieser wird, wenig-
stens teilweise, durch seine Schwefelwasserstoff- und Indolbildung be-
dingt, welche sich leicht in Kulturen nachweisen läßt.
Die Stichkultur in Zuckeragar, welchem Bleiazetat zugesetzt ist,
zeigt schon nach 24 Stunden in der unteren Hälfte des Nährsubstrates
eine diffuse, ganz schwach bräunliche Verfärbung desselben, welche
später etwas zunimmt. Am 4. Tage wird ein bräunlich gefärbter Hof
um den Stichkanal herum gebildet. Nach 10 — 1*2 Tagen ist fast die
ganze Stichlinie von einem bräunlich-schwarzen, über 1 mm breiten Hof
Ozaki, Zur Kenntnis der anaeroben Bakterien der Mundhöhle. 31
umgeben, welcher nur an der obersten, ca. IV2 imdi langen Strecke der-
selben fehlt.
Ebenso wird Indol sowohl in Zuckerbouillonkulturen in WasserstoflF-
atmosphäre als in Organbouillon- oder Kartoffelbouillonkulturen früh-
zeitig und reichlich gebildet. Dasselbe ist in Kartoffelbouillon schon
binnen 12 Stunden spurweise produziert, und nach 48 Stunden erhält
man bei 37° C eine sehr intensive Reaktion desselben.
In den Traubenzucker, Milchzucker, Fruchtzucker, Rohrzucker,
Maltose, Dextrin. Glyzerin, Mannit, Harnstoff etc. enthaltenden Nähr-
medien finden niemals Gärungsvorgänge statt. Die Agarkulturen mit
Lackmustinktur werden von unten her ziemlich rapid entfärbt, wenn die
Entwickelung anfängt. Endlich sieht man im Blutagar keine hämo-
lytische Erscheinung auftreten.
Unser Bacillus fusiformis ist bis zur 15. Generation lebens-
fähig gewesen, und in der 5. — 7. Generation hat er sich nach 26 Tagen
bei Bruttemperatur als noch mäßig gut übertragbar erwiesen. Nach der
10. Generation ist seine Lebensfähigkeit ziemlich plötzlich abgeschwächt
worden, so daß er in der 13. Generation schon nach 5 Tagen bei 37° C
nicht weiter zu überimpfen war.
Der Bacillus hat sich in seiner 4. — 7. Generation bei subkutaner
und intraperitonealer Einverleibung für Kaninchen, Meerschweinchen und
Mäuse stets als nicht pathogen erwiesen. Einem Meerschweinchen wurde
das linke Hinterbein künstlich frakturiert und zwischen die Fragmente
eine ganze Menge von Bakterienmaterial injiziert; die Knochenbrüche
sind ganz normal verlaufen, ohne Eiterung, Gasbildung, Nekrotisierung
u. dgl.
Fassen wir das oben Gesagte hier kurz zusammen, so zeigt der von
uns isolierte Stamm folgende Eigenschaften: Er ist ein dünner, gerader
oder leicht gekrümmter Bacillus mit scharf zugespitzten Enden. Er
zeigt je nach den Verschiedenheiten der Nährböden eine ziemlich starke
Polymorphie. Im allgemeinen ist er in jüngeren und flüssigen Nähr-
substraten kürzer und dünner, in älteren und festen dagegen etwas
länger und dicker. Er bildet besonders auf der Oberfläche des Agars
nach mehreren Tagen zahlreiche Fäden von verschiedener, häufig be-
trächtlicher Länge, die wellen- und peitschenförmig aussehen und zu
Knäueln verschlungen sein können. Die Enden der Fäden sind häufig
abgerundet und nicht zugespitzt. Die Färbung geschieht bei jüngeren
Individuen in flüssigen Kulturen gut und gleichmäßig, bei sonstigen
hingegen ungleichmäßig, indem in den Leibern der Bakterien einige,
mehr oder weniger rundliche, stark färbbare Partieen nachweisbar sind
und die übrigen Teile derselben den Farbstoff nur schlecht annehmen.
Nach Gram ist der Bacillus nicht färbbar. Er zeigt keine Eigen-
bewegung, bildet keine Sporen und v^^ächst nur bei Bruttemperatur unter
streng anaeroben Bedingungen. Er bildet in Agar ohne Serumzusatz
anfangs punktförmige, später linsenförmige Kolonieen. Auf der Ober-
fläche des Zuckeragars etc. zeigen sich runde, etwas kugelig erhabene
Kolonieen, welche später über 2 mm groß werden. Die Bouillon wird
nicht merklich getrübt, die Gelatine nicht verflüssigt, und in Milch, auf
Kartoffeln etc. erfolgt überhaupt kein Wachstum. Alle Kulturen ver-
breiten einen intensiv fötiden Geruch. Er bildet Schwefelwasserstoff und
Indol ziemlich reichlich, bewirkt hingegen keine Gasentvvickelung. Auch
Säurebildung wird in verschiedenen Nährböden nicht konstatiert. Für
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Ucft 1/2. 6
32 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen ist der Bacillus so gut wie nicht
pathogen.
Alle Stämme von Bacillus fusiformis, welche von den ein-
gangs angegebenen Autoren reinkultiviert sind, haben zwar vor allem
in ihrer Gestalt eine große Aehnlichkeit, doch weichen die meisten von
ihnen in wichtigen Eigenschaften weit voneinander ab. Der auffallendste
Unterschied ist wohl der, daß die einen nur auf serunihaltigen oder
natives Eiweiß enthaltenden Nährböden fortkommen können, während es
bei den anderen nicht der Fall ist. Nach dem Kriterium kann man
verschiedene Stämme in 2 Arten teilen, eine serophile und eine nicht
serophile. Bezüglich der Eigenbewegung des Bacillus fusiformis
und seines Verhaltens gegenüber der Gram sehen Methode stimmen die
Angaben derjenigen Autoren, welche denselben reinkultiviert haben,
darin übereiu , daß derselbe ein nicht eigenbeweglicher und gram-
unbeständiger Mikroorganismus sei.
Daß die spindelförmigen Bakterien schon in der Mundhöhle gesunder
Menschen zu finden sind, ist bekannt. Ob diese normalerweise vor-
kommenden Bakterien wirklich verschiedene krankhafte Prozesse für sich
allein oder im Verein mit anderen Mikroben hervorzurufen imstande
sind, bleibt noch völlig unentschieden. Soweit wir wissen, sind die fusi-
formen Bacillen aus der Mundhöhle gesunder Menschen bisher nur 4mal
reinkultiviert worden, nämlich von Mühlens, Eilermann, Rodella
und von Repaci. Selbst diese wenigen Stämme desselben Fundortes
stimmen hinsichtlich ihres kulturellen und biologischen Verhaltens gar
nicht miteinander überein. Der auffallendste Unterschied unter ihren
Eigenschaften bezieht sich, wie oben gesagt, auf ihr Bedürfnis von
nativem Eiweiß und ihre pathogene Wirkung. V^'^ährend der Stamm von
Mühlens und Ell er mann serophil war, erwies sich der von Rodella
und Repaci als nicht serophil, und wieder: während der Bacillus von
Mühlens für Versuchstiere fast harmlos erschien, war der von Repaci
ziemlich stark pathogen.
Was nun die Identität der spießförmigen Bacillen der Mundhöhle
in normalen und pathologischen Zuständen anbelangt, so sind die An-
sichten der einzelnen Autoren zurzeit noch geteilt. Eller mann kommt
zu dem Schlüsse, daß sich kulturell kein Unterschied nachweisen lasse
zwischen den Spindelbacillen, die in der Mundhöhle gesunder Menschen
hospitieren, und denjenigen, die bei krankhaften Prozessen angetroffen
werden. Rodella bemerkt hingegen: ,, Leider weist der Bacillus
fusiformis auch in Reinkultur einen so großen Formenreichtum auf,
daß eine Identifizierung durch die Prüfung seiner morphologischen Eigen-
tümlichkeiten nicht leicht wird. Ferner gibt es sicher auch noch andere
Arten, die morphologisch mit dem Bacillus fusiformis ein Ganzes
bilden, bei eingehender kultureller und biologischer Untersuchung aber
von ihm geschieden werden müssen." Auch Repaci äußert sich darüber,
wie folgt: „II est vraisemblable d'admettre que dans la grande quantite
de microbes qui constituent la flore bacterienne de la bouche de l'homme
puissent se trouver plusieurs varietös de bacilles, aft'ectant l'aspect du
fusiforme." Dies stimmt durchaus mit unserer Ansicht überein. Wir
können tatsächlich den von uns gezüchteten Bacillus mit keinem der
bisher beschriebenen Stämme als völlig identisch ansehen, obschon er
mit einigen von ihnen mehrere Eigenschaften gemein hat. So unter-
scheidet sich unser Mikroorganismus von dem von Ell er mann, Ghon
und Mucha, Kaspar und Kern, Mühlens u. a. dadurch, daß er
Ozaki, Zur Kenntnis der anaeroben Bakterien der Mundhöhle. f^3
gar nicht serophil ist. Ferner ist er mit dem Repaci sehen ersten und
zweiten Stamm nicht identisch, da bei ihm weder Säurebildung noch
pathogene Wirkung zu konstatieren ist. Ebenso weicht er von dem
Bacillus Rodellas ab, indem er keine Gasbildung entfaltet, und von
dem Runebergs, indem er für Tiere ganz harmlos ist. Endlich kann
der Bacillus V eil Ions und Zubers sowohl bei 37" als auch bei 22° C
gut gedeihen, während unser Mikroorganismus nur bei Bruttemperatur
wächst.
Wie bereits angegeben, gibt es unter den als fusiforrae Bacillen
bezeichneten Mikroorganismen mehrere Arten resp. Unterarten, die in
ihren kulturellen und biologischen Eigenschaften mehr oder weniger
voneinander abweichen. Die bisher kulturell untersuchten Stämme be-
sitzen aber außer ihren morphologischen Eigentümlichkeiten noch mehrere
gemeinsame Eigenschaften. So sind sie ausnahmslos obligat anaerob,
gramunbeständig und nicht eigenbeweglich. Sie werden fast stets bei
ifötiden Krankheitsprozessen, im stinkenden Zahnbelag etc. angetroffen,
und ihre Kulturen selbst sind mehr oder weniger übelriechend. Außerdem
wachsen sie alle nur bei Bruttemperatur, wenn man vom Bacillus Veil-
lons und Zubers absieht. Somit halten wir es für berechtigt, diese
Bacillen verschiedener Herkunft in eine eng geschlossene Gruppe zu
reihen, wenn wir dieselben auch miteinander nicht identifizieren können.
Was nun die sonstigen eigenbeweglichen oder grambeständigen Stämme
u. dgi. angeht, so wissen wir zurzeit nichts Sicheres darüber; erst eine
genauere Untersuchung wird uns lehren, wohin sie eigentlich gehören.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir über einen anderen, streng an-
aeroben Mikroorganismus berichten, den wir ebenfalls aus dem Zahn-
belag eines gesunden Menschen isoliert haben.
Dieser Mikroorganismus stellt einen recht kleinen Micrococcus dar,
dessen Durchmesser meistens nur 0,3—0,4 /< beträgt. Er bildet in ver-
schiedenen Kulturen, auch im Abszeßeiter der Tiere, teils größere und
kleinere Haufen, teils Diplo- und Monokokken, und seltenerweise ganz
kurze Ketten von 3—5 Gliedern. Der einzelne Coccus ist in der Regel
rund, zuweilen etwas abgeplattet, besonders bei Diplokokkenformen.
Seine Größe ist gewöhnlich, insbesondere in jüngeren Kulturen fast völlig
gleich, in älteren etwas ungleich, aber stark abweichende Involutions-
formen findet man niemals.
Im hängenden Tropfen oder in einer Glaskapillare ist er ebenfalls
in Haufen, in Diplokokken etc. angeordnet und zeigt eine ziemlich leb-
hafte Molekular-, aber keine Eigenbewegung.
Er ist mit gewöhnlichen Anilinfarben meistens binnen 2 Minuten
ziemlich gut färbbar. Sowohl die Gram sehe Methode, als auch die
Claudiussche Modifikation derselben ist für ihn nicht anwendbar.
Er ist ein obligater Anaerobe und wächst gewöhnlich nur unter
strengem Luftabschluß. Das Wachstum erfolgt in gewöhnlichem Nähr-
agar, Zuckeragar etc. sehr gut, auch üppig auf aerobe Weise in Organ-
und Kartoffelbouillon. Auf Kartoffeln scheint er nur elend fortzukommen;
in Pepton Wasser oder in der eiweißfreien Lösung nach Uschinsky tritt
keine Entwickelung auf, auch dann nicht, wenn diesen Substraten Trauben-
zucker zugesetzt ist. Die geeignetste Temperatur für seine Entwickelung
liegt etwa bei 37 '^ C, jedoch kann man noch bei 22° C ein dürftiges
Wachstum nachweisen, unter 20° C aber nicht mehr. Der Mikroorga-
nismus wächst am üppigsten bei neutraler oder ganz schwach alkalischer
Reaktion der Nährsubstrate. Das Wachstum wird durch den Zusatz
34 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
von Traubenzucker sehr begünstigt, von sonstigen Kohlehydraten ein
wenig.
Stichkulturen im 1-proz. Traubenzuckeragar zeigen nach 24 Stunden
bei 37 ^ C ein mäßig gutes Wachstum entlang dem Impfstiche, anfangs
in Form eines homogen aussehenden, weißlichen Fadens ohne seitliche
Zweige etc. Später entstehen neben dem Stichkanal zahlreiche, kurze
Ausstülpungen und Pünktchen. Bei Lupenvergrößerung ist die Stich-
linie fein granuliert und ein wenig blaßbräunlich durchscheinend. Schon
nach 18, spätestens 30 Stunden werden zunächst neben dem Impfstiche
hier und da Gasbläschen produziert, und später wird der Agar dadurch
mehrfach zerklüftet. Häufig sammelt sich eine trübe Flüssigkeit auf der
Oberfläche des Nährsubstrates.
Stichkulturen im gewöhnlichen Nähragar zeigen ein dem vorigen
sehr ähnliches Wachstum mit fadenförmigem, weißlichem Stichkanal etc.
Nur fehlt dabei die Gasbildung beinahe vollkommen oder tritt nur wenig
auf und das Wachstum scheint hier etwas schlechter zu sein als im
Zuckeragar.
Schüttelkulturen im Nähragar zeigen in der Tiefe desselben nach
18 Stunden bei Bruttemperatur viele kleine, kaum sichtbare, oder ein
wenig größere, weißliche Pünktchen. Bei schwacher Vergrößerung sind
die größeren Kolonieen rund oder rundlich, häutig stumpfeckig, glatt-
randig und etwas blaßbräunlichgelb durchscheinend. Nach 48 Stunden
messen sie ca. V2 nim im Durchmesser, daneben bemerkt man noch viele
kleinere Kolonieen. Bei schwacher Vergrößerung sind sie rund, rundlich,
oval, kartenherzförmig, stumpf dreieckig etc., scharf konturiert, sehr fein
granuliert und etwas blaßbräunlichgelb durchscheinend. In weiteren
2 Tagen werden sie noch etwas größer, danach scheint das Wachstum
völlig aufzuhören.
In Schüttelkulturen im 1-proz. Zuckeragar ist das Wachstum sehr
üppig, und die Kolonieen sind ganz wie die in den eben erwähnten
Nähragarkulturen. Nur wird die Untersuchung derselben später wegen
der reichlichen Gasbildung stark erschwert.
Auf Zuckeragar in Wasserstoffatmosphäre erhält man erst nach
4 Tagen bei 37 ° C ganz kleine, grauweiße Pünktchen, die sich allmählich
vergrößern. Das Kondenswasser ist klar und besitzt eine geringe Menge
von weißlichem Bodensatz. Nach 8 Tagen sind bei 37" C die Kolonieen
ungleich groß ; sie stehen meistens isoliert, sehen grauweißlich, tautropfen-
artig aus und ähneln somit etwa den Streptokokkenkolonieen. Die klei-
neren Kolonieen sind mit bloßem Auge kaum erkennbar, die größeren
messen ca. V2 ^^ ^^ Durchmesser. Die letzteren sind rund, etwas
kugelig erhaben, grauweiß, ziemlich stark durchscheinend und saftig
glänzend. Bei Lupenbetrachtung sind sie hellbräunlich durchscheinend,
mit leicht unebenen Rändern, häufig dunkler aussehendem Zentrum und
1 — 2 konzentrischen, nicht sehr deutlichen Kreislinien versehen. Das
Kondenswasser ist beinahe klar und enthält eine ziemlich große Menge
von weißlichem, schollig-körnigem Bodensatz, der beim Umschütteln eine
diffuse Trübung der Flüssigkeit mit körnigen Flocken hervorruft.
Auch auf Agar ohne Zuckerzusatz erfolgt in Wasserstoffatmosphäre
eine beinahe gleiche Entwickelung des Mikroorganismus.
In der Fleischbrühe mit Iproz. Traubenzucker bemerkt man in
Wasserstoffatmosphäre eine mäßige Gasbildung und nach 4 Tagen einen
geringen weißlichen Bodensatz. Nach 8 Tagen wird der letztere noch
etwas reichlicher, überschreitet jedoch nie die Kuppe der Eprouvette.
Ozaki, Zur Kenntnis der anaeroben Bakterien der Mundhöhle. 35
Er ist leicht gelblichweiß, staubig-körnig und zerfällt beim Schütteln zu
kleineren Partikelchen, ohne die Flüssigkeit dadurch besonders stark
zu trüben.
Ein ähnliches Bild zeigt die Zuckergelatinekultur, welche mit Agar
überschichtet ist. In der bei 'M^ C gehaltenen verflüssigten Gelatine
bildet sich nach 48 Stunden eine geringe Menge von gelblichweißem,
körnigem Bodensatz, Die Gelatine wird nicht getrübt und beim Erkalten
wieder rasch zur Erstarrung gebracht. Zwischen dem überschichteten
Agar und der darunter liegenden Gelatine sammeln sich die produzierten
Gasbläschen, deren Menge nach vollendeter Entwicklung dem Volum nach
etwa dem Zehntel der Gelatine entspricht.
In Milch tritt geringes Wachstum mit einigen Gasbläschen auf,
keine Gerinnung ist dabei konstatierbar.
Auf Kartoffeln, die unter Wasserstoffatmosphäre gehalten werden,
kann zwar makroskopisch kein Wachstum erkannt werden, doch zeigen
Abstreifpräparate zweifellos, daß der Mikroorganismus sich daselbst
vermehrt.
Eine üppige Entwickelung erhält man in Organbouillon nach 24 Stunden
bei 37 '^ C. Die Organstückchen werden nach 2 Tagen ein wenig schwärz-
lich verfärbt, und die Bouillon trübt sich häufig ganz leicht. Auch in
Kartoftelbouiilon wächst der Mikroorganismus sehr gut, und nach
12 Stunden tritt bei Bruttemperatur eine deutliche Gasbildung auf,
welche darauf ziemlich intensiv wird und über 2 Tage lang dauert. Die
Bouillon wird leicht diffus getrübt, während die Kartoffelstückchen äußer-
lich stets unverändert bleiben.
Der Mikroorganismus entwickelt sich in Kohlensäureatmosphäre nur
sehr elend. Auf Zuckeragar bilden sich nach 4 Tagen meist kaum sicht-
bare, grauweiße Kolonieen, welche später nur wenig größer werden. Bei
Lupenvergrößerung sind sie rundlich, etwas kugelig erhaben und feucht-
glänzend. Das Kondenswasser bleibt klar und bildet keinen Bodensatz.
Alle Kulturen sind stets nicht stinkend. Weder Indol noch Schwefel-
wasserstoff wird konstatiert. Wie oben mehrmals erwähnt, ist die Gas-
bildung in verschiedenen Nährböden eine recht hervorstechende Eigen-
schaft. Im Gärungskolben, welcher Zuckerbouillon mit Organ- oder
Kartoffelstückchen enthält, fängt die Gasbildung schon nach 3 Stunden
an und erreicht nach etwa 18 Stunden ihre maximale Intensität, um dann
wieder allmählich schwächer zu werden ; nach 60 Stunden hört dieselbe
in der Regel vollkommen auf. Diese Gasbildung geschieht außer in
traubenzuckerhaltigen noch in den Laktose, Maltose, Lävulose, Rohr-
zucker, Dextrin, Glyzerin, Stärke, Mannit etc. enthaltenden Nährmedien.
Die Säurebildung ist hingegen in allen diesen Substanzen nicht nach-
zuweisen. Agar mit Lackmustinktur wird von unten her ziemlich schnell
entfärbt. Eine hämolytische Erscheinung beobachtet man bei den Kul-
turen im Blutagar nicht.
Die Lebensfähigkeit des Mikroorganismus in Nährböden ist keine
große, indem dieselbe in der 7. Generation auf Zuckeragarstichkulturen
bei 37*^ C etwa 15—20 Tage dauert. In weiteren Generationen wird
dieselbe allmählich noch kürzer, und endlich in der 12. Generation er-
weist sich der Mikroorganismus nur 4—5 Tage lang auskeimfähig.
Tierversuche sind im ganzen bei 6 Mäusen, 1 Meerschweinchen
und 3 Kaninchen vorgenommen worden. Eine ganze Agarstichkultur
der 6. Generation wurde in 1 ccm Bouillon aufgeschwemmt und 0,1 —
0,7 ccm davon den Mäusen subkutan injiziert. Nach 5 Tagen traten bei allen
86 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tieren, je nach der Dosis des injizierten Bakterienmaterials, linsen- bis
erbsengroße, derbe Anschwellungen an den Impfstellen auf. Die größeren
Anschwellungen erwiesen sich durch Inzision als gut abgekapselte Abszesse
mit dickem, gelblichweißem, nicht stinkendem Eiter. Im Eiter wurde
der Mikroorganismus sowohl mikroskopisch als kulturell reichlich, und
zwar in Reinkultur, nachgewiesen. Einige Anschwellungen wurden später
noch etwas größer und gleichzeitig ein wenig weicher, aber nach weiteren
10 — 12 Tagen schien das Virus im Eiter vollkommen abzusterben, indem
die später vorgenommene bakteriologische Untersuchung desselben negativ
ausfiel. Die kleineren Anschwellungen, die durch Injektion von ge-
ringeren Dosen (0,1 — 0,2 ccm) hervorgerufen wurden, verschwanden
später von selbst. Eine Maus, bei der 0,3 ccm von Material intraperi-
toneal einverleibt wurde, starb nach 13 Tagen an zunehmender Schwäche.
Die Obduktion ergab nichts Abnormes. Der Mikroorganismus war weder
in der Peritonealtiiissigkeit, noch im Herzblut zu finden. Einem Meer-
schweinchen wurde 0,7 ccm von demselben Material subkutan injiziert.
Nach 5 Tagen bildete sich ein erbsengroßes, derbes Infiltrat, welches
nach weiteren 5 Tagen zeigefingerkuppengroß wurde. Durch Inzision
wurde ein dicker, gelblichweißer, nicht stinkender Eiter entleert, in dem
Staphylococcus spärlich zu finden war. Bei Kaninchen entstehen
nach subkutaner Einverleibung von Bakterienmaterial erbsengroße, derbe
Infiltrate, die später spontan zu verschwinden pflegen. Ebenso verläuft
die subkutane Infektion der Kaninchen mit dem bakterienhaltigen Abszeß-
eiter einer Maus. Nur einmal hat man nach Injektion des Bakterien-
materials einen kaum erbsengroßen Abszeß im Ohrlappen beobachtet
und im Eiter den Mikroorganismus nachgewiesen.
Fassen wir das oben Gesagte kurz zusammen, so zeigt der Mikro-
organismus folgende Eigenschaften: Er ist ein kleiner Staphylo-
coccus, der nur unter streng anaeroben Bedingungen wächst; er bildet
in Kulturen und auch im Eiter größere oder kleinere Haufen, daneben
Mono- und Diplokokken. Er ist gramnegativ, nicht eigenbeweglich,
wächst rapid bei Bruttemperatur, viel langsamer bei 22" C. Die Kolonieen
im Agar sind rund, rundlich oder höckerig, etwas blaßbräunlichgelb
durchscheinend und sehr fein granuliert. Auf der Agarfläche strepto-
kokkenähnliches Wachstum. In allen Nährböden mit Kohlehydraten etc.
bildet er reichlich Gas, ohne dabei die Reaktion derselben zu ändern.
Die Gelatine wird nicht verflüssigt. Die sämtlichen Kulturen sind nicht
übelriechend, indem weder Schwefelwasserstoff", noch Indol produziert
wird. Für Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen ist der Mikroorganis-
mus nicht sehr pathogen und verursacht bei ihnen ab und zu eine sub-
kutane Abszeßbildung.
Wie leicht aus den oben geschilderten morphologischen und kultu-
rellen Eigenschaften ersichtlich ist, weist unser Mikroorganismus mit
dem Staphylococcus parvulus und auch mit dem Micrococcus
gazogenes alcalescens anaerob ins die größte Aehnlichkeit auf.
Der Staphylococcus parvulus wurde zuerst von Veillon und
Zuber aus dem fötiden Eiter der Appendicitis reinkultiviert, danach
von Guillemot bei Lungengangrän, von Gott et und Jungano bei
Harnapparatinfektionen, von Rist bei chronischer Mittelohreiterung, von
Lein er bei septischer Diphtherie, von Hey de bei akuter Osteomyelitis
des Oberschenkelknochenkopfes und von einigen anderen Autoren ge-
funden. Er ist nach Veillon und Zuber ein sehr kleiner, unbeweg-
licher, obligat anaerober und gramnegativer Coccus, der sowohl im Eiter
Ozaki, Zur Kenntnis der anaeroben Bakterien der M^ii4h6hlflEFERE$8CE y
V ■ ■ - -^X / '
als in Kulturen kleine Haufen bildet und daneben sic\aIs Mono- und ^^^
Diplococcus zeigt. Er wächst in Zuckergelatine als Meine, braune, x>>
körnige Kolonieen, welche die Gelatine nicht verflüssigen. Im Zucker-
agar bildet er bei 37 « C gelbe, ziemlich große Kolonieen. Er wächst
rapid bei Bruttemperatur, viel langsamer bei 22^0, bildet im Zucker-
agar reichlich Gas und verbreitet Gestank. Die Bouillon wird rasch
getrübt mit einem feinen Niederschlage. Er ist für Meerschweinchen und
Kaninchen pathogen. .. u •
Der Micrococcus gazogenes alcalescens anaeroDius
wurde 1901 von Lewkowicz entdeckt. Er ist ein obligat anaerober,
kleiner, gramnegativer Staphylococcus, den der Autor aus der Mund-
höhle von Säuglingen isolierte. Dieser Mikroorganismus wächst nur bei
37° C, bildet im Agar rundliche, linsenförmige oder unregelmäßig ge-
staltete grauliche Kolonieen, die später mehr opak, bräunlich und höckerig
werden' Die aufliegenden Kolonieen sind rund, kuppenartig erhaben,
etwas grau, sehr durchscheinend und tautropfenartig. Bouillon wird
betrübt mit langsamer Bildung eines staubigen Bodensatzes. Milch wird
nicht koaguliert. Auf Kartoffeln entsteht eine dünne, farblose, durch-
sichtige EntWickelung der Mikroben. Die Nährböden bleiben stets
alkalisch. Der Mikroorganismus produziert ebenso wie der unsrige m
zuckerhaltigen Nährmedien eine mäßig reichliche Menge von nicht
stinkendem Gas. Er ist für Tiere nicht sehr pathogen. Mäuse werden
zuweilen dadurch getötet; Meerschweinchen bleiben hingegen völlig un-
beinflußt und bei Kaninchen entsteht ein leichtes entzündliches Oedem
mit nach'heriger Induration an den Impfstellen. Zwar erkennt Lewko-
wicz die nahe Verwandtschaft seines Mikroorganismus mit den Staphylo-
coccus parvulus an, doch will er die beiden miteinander nicht identi-
fizieren, da derselbe ein wenig größer ist als der Staphylococcus
parvulus und nur bei 37 » C wächst, die Kolonieen zuweilen sehr groß
sind das produzierte Gas nicht stinkt, die Reaktion der Lackmusnahr-
böden keine Veränderung zeigt etc. Autoren wie J u n g a n o , D i s t a s o u. a.
behaupten hingegen die Identität dieser beiden Bakterienarten.
Was nun unseren Mikroorganismus angeht, so stimmt er einerseits
mit dem Staphylococcus parvulus in fast allen Punkten uberem
Der einzige auffallende Unterschied zwischen den beiden bezieht sich auf
die Gestankbildung in Kulturen; der Staphylococcus parvulus
verbreitet einen fötiden Geruch, während der unserige besondere Riech-
stoffe nicht bildet. Andererseits weist unser Mikroorganismus mit dem
von Lewkowicz eine große Aehnlichkeit auf, wenn auch sein kulturelles
und biologisches Verhalten in einigen Punkten von dem des letzteren
deutlich abweicht, namentlich wächst er, im Gegensatz zum Lewko-
wiczschen Mikroorganismus, der nur bei Bruttemperatur gedeihen kann,
auch bei niedrigeren Temperaturen. Somit kommen wir zu dem Schluß,
daß diese 3 Staphylokokkenstämme miteinander sehr nahe verwandte
Arten sind. Leider haben wir, wie bei den fusiformen Bacillen zurzeit
noch keine Kriterien, die Identität oder Nichtidentität dieser Mikroorga-
nismen mit Sicherheit feststellen zu können.
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Vincent. (Compt. rend. hebdom. d. s^anc. et m4m. Soc. de Biologie. Annöe 61.
1909. T. 1. p. 860.)
20) Rist, E. , Neue Methoden und neue Ergebnisse im Gebiete der bakteriologischen
Untersuchung gangränöser und fötider Eiterungen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I.
Bd. 30. 1901. p. 287.)
21) Rodella, A. , Ueber anaerobe Mundbakterien und ihre Bedeutung. I. Mitteilung.
(Arch. f. Hyg. Bd. 53. 1905. p. 329.)
22) Runeberg, B., Studien über die bei peritonealen Infektionen appendikulären Ur-
sprungs vorkommenden sauerstofftoleranten, sowie obligat anaeroben Bakterien-
formen etc. (Arbeit, a. d. pathol. Instit. d. Univers. Helsingfors. Bd. 2. 1908. Zit.
nach Ghon u. Mucha.)
23) Veillon u. Zuber, Recherches sur quelques microbes strictement ana^robies et
leur röle en pathologie. (Archiv, de m^d. expörim. et d'anat. patholog. S^r. I. T. 10.
1898. p. 517.)
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 39
'Nachdntck verboten.
Untersuchungen am Hund über den Einfluss infizierter
Milcli auf das Bakterienwachstum im Verdauungstraktus,
speziell im Magen.
[Aus dem Kaiserin-Auguste- Victoria-Haiis zur Bekämpfung der
Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reiche
(Dirigent: Prof. Dr. Längs tein).J
Von Dr. Hanssen aus Kiel.
Die ersten, welche den in der Kuhmilch enthaltenden Mikroorganis-
men die Entstehung der Verdauungsstörungen der Säuglinge zuschrieben,
waren Bednar, der schon 1850 die diarrhoischen Entleerungen der
Säuglinge mit gärender Milch verglich, später Hessling (1866) und
Meissner (1878).
Escherich und Flügge betonten dann, daß die bakteriellen
Produkte neben den Bakterien für die Zersetzung der Milch besonders
in Betracht kommen. Als der für die Säuglingsernährung wichtigste
Punkt galt, daß die Kuhmilch, vom Moment des Verlassens des Euters
an, einer Zersetzung durch Spaltpilze unterworfen ist, welche durch ihre
Stoifwechselprodukte und Gifte als Erreger der überwiegenden Zahl
akuter Verdauungsstörungen anzusehen seien.
Escherich unternahm schon 1889 Experimente, indem er junge
Hunde mit im Brutschrank gehaltener Milch fütterte; einer derselben
ging unter choleraartigen Erscheinungen zugrunde. Die gleiche, bei
niedriger Temperatur aufbewahrte Milch wurde ohne Schaden vertragen.
Nach Cnopf steigt die Zahl der Keime in der Milch bei Brutofen-
temperatur in 4 Stunden auf das 215-fache, im Keller nur auf das
8-fache.
Allerdings kann auch bei niedriger Temperatur die Entwickelung
der Keime eine sehr reichliche werden, wenn die Zeit vom Melken bis
zum Verbrauch lange genug ist.
Außer den im Sommer der Vermehrung günstigeren Bedingungen
sollte auch die von Scholl und Schierbeck beobachtete Virulenz-
steigerung der gärungsfähigen Bakterien im Sommer die höhere Giftigkeit
erklären.
Neuerdings scheint die bakterielle Theorie, obwohl ihr noch die
Mehrzahl der Aerzte anhängt, an Geltung zu verlieren. Der Grund ist
zweifellos, daß strikte Beweise für diese Theorie bis jetzt fehlen. Selbst
Czerny und Keller behaupten, daß irgendein Beweis fehle, wonach
in der Milch enthaltene Bakterien beim Säugling eine Krankheit hervor-
rufen könnten, sie sind aber doch der Meinung, daß die große Morbidität
und Mortalität der künstlich genährten Kinder vorwiegend die Folge
der Nahrungszersetzung ist. Sie nehmen dabei vor allem eine exogene
Zersetzung des Fettes der Milch an, aus dem sich schädliche Säuren
entwickeln sollen, während die aus dem Milchzucker entstehenden Säuren
(nach den Erfahrungen mit Buttermilch) unschädlich sein sollen.
Nach Heubner befinden sich die Toxine, die sich in der zersetzten
Milch der Sommertage bilden und die Vergiftung des Säuglings bewirken
sollen, vorderhand noch im Bereiche der Vermutung; die einzigen im
90 CeDtralbl. f. Bakt. etc. I. Abt.'.Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tierexperiment als giftig erwiesenen Bakterien sind die peptonisierenden
Bakterien von Flügge und seinen Schülern, die freilich von Heubner,
Escherich, Marfan, Weber u.a. nur sehr selten gefunden wurden,
wahrscheinlich, da sie sich nur bei Ausschluß anderer Bakterien genügend
entwickeln können.
Auch Lief mann spricht sich gegen die Zersetzung der Milch als
Ursache für die Darmkatarrhe der Säuglinge aus. Bei einer großen Zahl
der in Halle verstorbenen Kinder war die zersetzte Milch sicherlich nicht
die Todesursache. Lief mann hält die Milchzersetzungstheorie nicht
für so gut fundiert, wie es auf den ersten Blick wohl scheinen könnte,
da die experimentellen Grundlagen vollkommen fehlen.
Rietschel, der zuletzt die große in Betracht kommende Literatur
kritisch bearbeitet hat, äußert sich folgendermaßen: „Solange eine solche
giftige Milch nicht wenigstens tierexperimentell einwandsfrei erwiesen ist,
sollten wir nicht mit diesem unbewiesenen Begriff in Theorie und Praxis
hausieren gehen. Wenn man bedenkt, mit welcher Selbstverständlichkeit
heute von den durch Bakterien gelieferten Giften und Toxinen der
Sommermilch gesprochen wird, ohne daß experimentell ein sicherer
Beweis vorliegt, so wird man zugeben, daß die Frage der exogen durch
Bakterien zersetzten und daher giftigen Milch noch nicht diskutabel ist."
Viel weniger studiert wurde bis jetzt die Frage, ob und welche
Mengen schädlicher Produkte bei der Vermehrung der
Bakterien im Mageiidarnikaiial entstehen. Die Unterscheidung der
exogenen und endogenen Bildung ist deshalb wichtig, weil sie von Einfluß
auf unsere Maßnahmen zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit sein
muß. Die im Magen und Darm einsetzende Vermehrung der Bak-
terien und ihrer Produkte braucht ja nicht nur von der Milchverunreinigung,
sondern könnte auch von der Ueberfütterung und falschen Mischung ab-
hängen. Durch die Vermehrung oder Verbesserung des Nährbodens im
Magen und Darm könnte die Vermehrung der Bakterien daselbst aus-
gelöst werden, es würde sich im letzteren Falle um eine Chymusinfektion
(Es eher ich) aus alimentärer Ursache handeln können.
Mehrere Forscher haben in den Stühlen der im Sommer erkrankten
Kinder nach Bakterien und deren Stoffwechselprodukten gesucht. Fink ei-
st ein sah bei Verfütterung von Stühlen toxisch erkrankter Kinder an
junge Ziegen das Eintreten eines langsam unaufhaltsam fortschreitenden
Marasmus, der zum Tode mit negativem anatomischen Befund führte.
Bei Verfütterung von anderen Säuglingsstühlen war das nicht zu be-
obachten.
Czerny sammelte vor längerer Zeit eine große Anzahl von Stühlen
kranker Kinder mit Chloroform wasser, filtrierte und benutzte das Filtrat
so oder nach dem Eindampfen zu intravenösen Injektionen bei Kaninchen.
Niemals zeigte sich eine Giftwirkung. Gegen diese Experimente wird
mit Recht geltend gemacht, daß das Eindampfen die Gifte zerstört.
Baginsky hält die Sommerdiarrhöe der Kinder für die Wirkung
saprogener Bakterien, welche zunächst imstande sind, aus den in der
Nahrung vorhandenen Eiweißkörpern giftige peptonartige Körper zu
bilden.
Auch die Bakterienvermehrung im Magen ist in neuerer
Zeit im Hinblick auf ihre Bedeutung für die akuten Verdauungsstörungen
im Tierexperiment von Tobler und Krayer untersucht worden. Ihre
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 91
Versuche sind besonders interessant, weil sie den maßgebenden Einfluß
der unzweckmäßigen Dosierung und Nahrungspausen auf die Chymus-
infektion beleuchten. Tob 1er und Krayer zählten die Bakterien im
Kern des Magenkoagulunis bei Katzen, welche in Abständen von % bis
1 Stunde Milch zu trinken bekamen. Bei einer solchen Ueberfütterung
bheb der Kern des Mageninhaltes viele Stunden lang unverdaut; jede
neue Portion umlagerte den noch vorhandenen Rest des Koagulums.
Die Bakterien hatten sich darin fast ebenso vermehrt, wie sie sich im
Brutschrank zu vermehren pflegen. Die Untersucher halten es für
denkbar, daß durch unzweckmäßige Ernährungsweise eine ähnliche
Nahrungsretention und Bakterienwucherung beim Säugling vorkommen
und pathogen wirken kann. Die chemische Untersuchung solcher Milch-
kerne aus dem Magen ergab ziemlich hohe Mengen flüchtiger Fett-
säuren; Fäulnisprodukte waren nicht nachweisbar.
Nach Bahrdt, Edelstein, Langstein und Weide ist der
Kernpunkt der Frage der, daß man einmal systematisch bei allen frischen
anamnestisch und klinisch gut beobachteten akuten Verdauungsstörungen
nicht nur die Zusammensetzung und Dosierung der Nahrung, sondern
auch die Bakteriologie bzw. Toxikologie derselben an einem großen
Material untersuchen sollte. Solche Untersuchungen liegen bisher kaum
vor; sie allein würden erst den zwingenden Beweis für oder gegen eine
der genannten Ursachen liefern können. Es wird im Kaiserin-Auguste-
Victoria-Hause durch tägliche bakteriologische Milchuntersuchungen ver-
sucht, einen etwaigen Zusammenhang zwischen Milchzersetzung und
Dyspepsie vor allem die Häufigkeit dieses Zusammenhanges festzustellen.
Solche Untersuchungen sind der wichtigste Weg zur Entscheidung dieser
fundamentalen Frage in der Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit. Er
kann aber erst durch jahrelange mühsame Beobachtungen zum Ziele
führen, schon deshalb, weil solche zufälligen Zersetzungen gerade da,
wo man sie untersuchen könnte, sehr selten vorkommen.
Unterdessen erscheint es lohnend, auch experimentell dem Problem
der infizierten Milch nachzugehen. Solche experimentelle Untersuchungen
werden gegenwärtig im Kaiserin-Auguste-Victoria-Hause zur Bekämpfung
der Säuglingssterblichkeit auf breiter Basis und nach verschiedenen
Richtungen ausgeführt. Vor allem beschäftigen sie sich mit der Be-
deutung der flüchtigen Säuren in der zersetzten Milch sowohl als auch
im Magen und Darm für die akuten Verdauungsstörungen des Säuglings.
Die flüchtigen Säuren (und die niederen Oxysäuren) sind Zersetzungs-
produkte, die sich regelmäßig in verdorbener Milch finden und anderer-
seits nachgewiesenermaßen Erscheinungen von akuten Verdauungs-
störungen, deren Studium ja zunächst interessiert, bewirken können.
Diese Untersuchungen betreffen gleichzeitig die toxikologische, chemische
und bakteriologische Seite der Frage. Sie werden im Zusammenhange
in der Zeitschrift für Kinderheilkunde veröffentlicht.
Ich habe bei dem Teil der Versuche, wo mit Reinkulturen infizierte
Milch an Hunde verfüttert wurde, die bakteriologischen Untersuchungen,
und zwar in Nahrung, Magen und Darm übernommen. Dabei wurde
besonderer Wert auf die Keimzählung gelegt, da es auf einen Vergleich
der Keimzahl zwischen Nahrung und Chymus ankam. Außer den Unter-
suchungen von Tobler und Krayer, die aber Ueberfütterungen und
nicht Milchinfektionen betrafen, liegen solche Untersuchungen quantitativer
Art wenigstens mit Milch meines Wissens nicht vor. Das Thema der
Untersuchungen, soweit sie hier publiziert werden, lautete also: „Ist
92 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
die Zahl und Qualität der Bakterien im Magen und Darm
abhängig von der bakteriellen Infektion der Milch vor
der Aufnahme?" Daneben bringen die Versuche einige Beiträge zum
Studium der Milchbakteriologie außerhalb des Organismus und zur
Bakteriologie wichtiger Darmbakterien des Säuglings. Außerdem bildeten
sie einen Teil der anderenorts ^) publizierten Untersuchungen über die
Bildung flüchtiger Säuren im Magen und Darm und die pathogene Be-
deutung derselben.
Ich wurde für diese Versuche vorbereitet durch Studien an der
bakteriologischen Abteilung der Versuchsstation für Molkereiwesen in
Kiel (Vorstand: Prof. Weigmann, erster Assistent: Dr. Wolff). Ich
erhielt auch von dort eine Reihe von Kulturen, wofür ich noch an dieser
Stelle danke. Herrn Oberarzt Dr. Bahr dt bin ich für manchen wert-
vollen Rat bei Anfertigung der Arbeit dankbar.
Wahl der Bakterienarten.
Es wurden verschiedene Gruppen von Milchbakterien verwendet.
Das Bacterium acidi lactici (Hüppe) aus historischem Interesse;
der Bacillus aerogenes wegen der Wichtigkeit und Häufigkeit dieses
Organismus in der Milch; weiterhin die Sporenbildner, die zuerst von
Flügge, dann besonders von Weber untersucht wurden, wie Bacillus
mycoides und subtilis, der Bacillus mesentericus und be-
sonders der giftige Bacillus Flügge No. VII, der oft untersucht und
ebenso oft in der Milch vermißt wurde. Weil dieser Bacillus giftige
Produkte bilden soll, erschien ein Versuch mit demselben besonders
lohnend.
Das Bacterium coli wurde 2mal gewählt wegen seiner Wichtigkeit
für die Darmverdauung. Sterile Milch durfte zum Schlüsse bei einem
Versuche nicht fehlen, weil sie eine so große Rolle in der Ernährung
der Säuglinge spielt und ihr Verhalten im Magendarmkanal besonders
interessieren mußte.
Ich wählte meine Bakterien für die Infektion der Milch teils wegen
ihrer Bedeutung für die Milchbakteriologie, teils wegen ihrer patho-
genetischen Bedeutung. Dann wurde ein durch seine Farbstoffbildung
bemerkenswerter gelegentlicher Milchbewohner aus methodischen Gründen
untersucht. Weiterhin der Acidophilus, der als naher V-erwandter
des B. bifidus besonders für den Kinderarzt interessant ist; er ver-
leugnete auch mir nicht seinen großen Polymorphismus. Wegen des
Interesses, das sie in der Milchwirtschaft bewiesen, habe ich den Coccus
lactis viscosi und das leider wenig beachtete und bekannte alkali-
bildende Kurzstäbchen, sowie einen Aerogenes mit durch ümzüchtung
angenommenen Rübengeschmack untersucht.
Versuehsanordnung.
Die Versuche wurden so ausgeführt, daß 3mal im Autoklaven steri-
lisierte, dann infizierte Milch (nach Stunden bzw. Tagen) an Hunde ver-
füttert wurde, die 24 Stunden lang gehungert hatten. Die Hunde wurden
durch intrakardiale Chloroforminjektion getötet, und zwar stets 2 Stunden
nach der Fütterung, da es hauptsächlich auf die Vermehrung der Bak-
terien und flüchtigen Säuren im Magen und auf der Höhe einer physio-
logischen Verdauungszeit ankam. Das Koagulum wurde gewogen und
1) Zeitechr. f. Kinderheillc, Orig. Bd. 1. 1912.
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 93
bakteriologisch untersucht. Bei den letzten Versuchen wurde auch der
Inhalt des Dünn- und Dickdarms bakteriologisch analysiert, ferner auch
die Zahl der Keime in den Verdünnungen gezählt. Bei den ersten 5 Ver-
suchen ist die Keimzahl das Mittel aus den 3 Verdünnungen 1 : 10,
1 : 1000 und 1 : 10 000.
Gegen die Versuche läßt sich vielleicht geltend machen, daß sie an
Hunden angestellt sind, aber leider kann man mit verhältnismäßig so
unbekanntem Material, wie die Milchbacillen in medizinischer Beziehung
es sind, nicht an Säuglingen ohne Gefahr arbeiten. Gerade bei Ver-
suchen mit Reinkulturen mußte eventuell mit stärkerer Wirkung gerechnet
werden als bei spontaner Milchzersetzung. Dann könnte man gegen die
Versuche einwenden, daß ich zuweilen eine so große Dosis zur In-
fektion benutzte, wie sie in Wirklichkeit selten vorkommt. Dies geschah,
weil es hauptsächlich auf ein positives Resultat (vermehrtes Bakterien-
wachstum, vermehrte Säurebildung) ankam. Durch die hohe Dosis war
allerdings die Keimzählung erschwert und überhaupt nur in hohen Ver-
dünnungen möglich, wodurch wieder die Genauigkeit der Zählung litt.
Dies sind aber Fehler, die wohl jedem bakteriologischen Experiment an-
haften. Weiterhin hätte ich lieber mit steril gewonnener als durch Hitze
sterilisierter Milch als Ausgangsmaterial gearbeitet. Erstere ist aber sehr
schwer zu beschaffen.
Die Hunde wurden nach 2 Stunden getötet, da es hauptsächlich auf
die Vermehrung der Bakterien und flüchtigen Fettsäuren im Magen,
und zwar auf der Höhe einer physiologischen Verdauungszeit ankam und
mit Rücksicht auf die chemische Bestimmung flüchtiger Säuren. Natürlich
konnten noch nicht alle Erscheinungen der Infektion oder Intoxikation
an den gefütterten Hunden nach 2 Stunden erwartet werden.
Die Milch wurde meist mit der 24 Stunden alten Kultur des be-
treffenden Bacillus infiziert und blieb bei Zimmertemperatur 24 Stunden
gut verschlossen stehen.
Der Magen, Dünn- und Dickdarm wurden in toto entleert und mit
sterilen Instrumenten an einer abgebrannten Stelle Proben (abgemessene
Mengen) von dem Inhalt entnommen. Aus dem Magen wurde die Probe
dem Koagulum entnommen. Wenn der Inhalt nicht flüssig war, wurde
in einer sterilen Reibschale der Inhalt mit sterilem Wasser verrieben.
Um ein Uebertreten aus einem Darmteil in den anderen zu verhüten,
wurden vor dem Herausnehmen Klemmen an der Grenze des Abschnittes
angelegt.
Die Milch des Stalles im Kaiserin- Auguste- Victoria-
Hause enthielt in den Monaten des Jahres 1910 im Durchschnitt
6000 Keime. Oft nur 450 oder 600 Keime im Kubikzentimeter Vollmilch,
dazwischen auch einmal 6800. Die Milch enthielt fast stets Mesen-
tericus, meist mit Sporen. Dieses Bakterium war bei einem Stall-
versuch auch an den Schwanzhaaren der Kühe gefunden, weniger im
Kuhkot, fast immer in der Milch. Der Mesentericus erwies sich als
sehr resistent.
Literatur.
Baginsky, Sommerdiarrhöe, Kuhmilchernährung und Milchsterilisierung. (Berlin, klin.
Wochenschr. 1894. No. 43 u. 44.)
Bahrdt, Zur Pathogenese der Verdauungs- und Ernährungsstörungen des Säuglings,
mit besonderer Berücksichtigung der organischen Säuren. (Verhandl. d. Gesellsch. f.
Kinderheilk. 1910.)
Bahrdt, Edelstein, Langstein, Weide, Ueber die Pathogenese der Verdauungs-
störungen im Säuglingsalter. (Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 1. H. 2.)
94 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Cnopf, Quantitative Untersuchungen der Spaltpilze in der Kuhmilch. (VerhaodL d.
7. Versamml. d. Gesellsch. f. Kinderheilk. 1889. p. 100.)
Czernv -Keller, Des Kindes Ernährung. Enterale Infektionen. Bd. 2. Abt 7.
Escherich, Beitrag zur Pathogenese der bakteriellen Magen- und Darmerkrankungen
im Säuglingsalter. (Verhandl. d. 7. Versamml. d. Gesellech. f. Kinderheilk. 1889.
p. 108.)
, Die akuten Verdauungsstörungen im Säuglingsalter. (Dtsche Klinik. Bd. 7.
p. 126.)
, Wien. med. Presse. 1889.
, Normale Milchverdauung des Säughngs. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 27. 1888.
p. 100.)
Finkelstein, Die Waisensäuglinge Berlins. 1903.
Flügge. Zeitschr. f. Hvg. Bd. 17. 1894. p. 272.
Heubner, Lehrb. d. Kinderheilk. Bd. 1. p. 66, 146.
Liefmann, Die Bedeutung sozialer Momente für die Säuglingssterblichkeit. (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. 62. 1909. p. 199.)
Rietschel, Die Sommersterblichkeit der Säuglinge. (Ergebn. d. inn. Med. u. Kinder-
heilk. Bd. 6; daselbst die neueste und vollständigste Zusammenstellung der Literatur
über die Sommersterblichkeit.) Ueber die bakterielle Theorie bes. p. 397—414 und
p. 451—456.
Salge, Der Dünndarmkatarrh des Säuglings. Leipzig 1906. Einführung in die moderne
Kinderheilkunde. Berlin 1909.
Sittler, Die wichtigsten Bakterientypen der Darmflora beim Säugling. Würzburg
1909.
Tissier, Recherches sur la flore intestinale normale et pathologique du nourrisson.
Paris 1900.
Tobler. Verdauung der Milch im Magen. (Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk. Bd. 1.
p. 425.) (Versuche von Tobler u. Krayer.)
Vgl. auch die Literatur unter den einzelnen Bakterien und am Schluß.
Zu den Versuchen wurden folgende Bakterien benutzt:
1) Bacillus acidophilus (Finkelstein) p. 94, 2) Bacterium acidi lactici
(Hüppe) p. 97, 3) Bacterium lactis aerogenes (Escherich) p. 99, 4) Bacterium
lactis aerogenes (aus Rübeninfus) p. 99, 5) Alkali bildendes Kurzstäbchen (Wolff)
p. 101, 6) Sporenbildner aus der Gruppe der Heu- und Kartoffelbacillen p. 102, 7) Bac-
terium coli, geringes Wachstum, p. 103, 8) Bacterium coli, starkes Wachstum,
p. 103, 9) Bacillus Flügge No. Vll p. 106, 10) Bacillus mesentericus fuscus
(Flügge) p. 108, 11) Bacillus mycoides (Flügge) p. 109, 12) Coccus lactis vis-
cosi (Gruber) p. 110, 13) Bacillus subtilis (Ehrenberg) p. 111, 14) Bacterium
violaceum Schröter p. 112, 15) Sterile Milch p. 113.
I. Bacillus acidophilus (Finkelstein).
Hund IX. Gewicht 9620 g. Bekommt 250 ccm Milch. Die Milch
war infiziert mit einer 8 Tage alten Kultur des Acidophilus in 1-proz.
Eisessigbouillon. Die infizierte Milch enthielt 18 Stunden nach der Infektion
mit der Acidophil us- Kultur durchschnittlich IVs Millionen Keime
des Acidophilus. Im Mageninhalt, der 81 g wog, hatten sich die
Keime auf durchschnittlich 1,9 Millionen vermehrt. Die Vermehrung der
Keimzahl des Acidophilus im Magen stand im Gegensatz zu dem
Verhalten anderer Keime und den folgenden Versuchen. Anscheinend
sagte der saure Mageninhalt dem Acidophilus sehr gut als Nährboden
zu. (Nach 42 Stunden bildete der Acidophilus die Hälfe aller Keime
im Koagulum, nach abermals 42 Stunden hatte der Acidophilus alle
anderen Keime im Koagulum überwuchert.)
Der Dünndarm enthielt über 50 Millionen Keime. Im Ileum fand
sich der Acidophilus in sehr verminderter Zahl wieder, hier kamen
10000 Acidophilus- Keime auf 38 Millionen Keime überhaupt.
Das Colon enthielt fast 75 Millionen Keime. Hier fand sich der
Acidophilus nicht wieder.
Wegen des Interesses, das dem Acidophilus besonders in der
Kinderheilkunde entgegengebracht wird, erscheint mir das Wachsen des
Hanssen, Einfluß infizierter fililch auf das Bakterienwachätum etc. 95
Acidophilus im Magen erwähnenswert, es steht im Gegensatz zu den
meisten meiner anderen Resultate.
Zu den Versuchen wurde ein dem Milzbrandbacillus in Kultur und
hängenden Tropfen sehr ähnlicher Acidophilus benutzt. Der aus dem
Koagulum gezüchtete Acidophilus wuchs in milzbrandähnlichen
Kulturen, der Rand der Kolonie zeigt zarte Lockenform. Im hängenden
Tropfen zeigte sich der Acidophilus als ein großes langes Stäbchens.
Im Ausstrich lagen die Stäbchen mosaikartig, indem stets die Lücke
zwischen zwei Bakterien der Mitte einer gegenüberliegenden entsprach.
Oft lagen Haufen von Bakterien in gedrehter Zopfform in großen Haufen
vereinigt. Es hatten sich zahlreiche Körnchen gebildet, die teils frei,
teils in den Bacillen lagen. Manchmal hatten die Bakterien ausgesprochene
Bambusform und ähnelten in jeder Beziehung in Form und Kolonie dem
Milzbrand. Die Kolonie lag tief im Agar drin. An der Oberfläche war
die Kolonie nur klein, bildete ein porzellanartiges glänzendes Tröpfchen.
Die Sporenfärbung nach Möller war positiv für die Körnchen. Die
Chromsäure mußte 2 Minuten einwirken. Schon am ersten Tage hatte
es den Anschein, als ob im Koagulum der Acidophilus fast die
Hälfte der Keime ausmachte, da er in zahlreichen baumartigen Ver-
zweigungen als zarte Trübung fast die Hälfte der Platte bedeckte.
Manche stärker gewachsenen Kolonieen des Acidophilus bildeten in
der Trübung dunklere Inseln und oft schienen von diesen Inseln die
zartverzweigten Aeste auszugehen. Nach 42 Stunden waren die Acido-
philus-Keime noch mehr gewachsen und machten die Hälfte aller
Keime aus. Nach abermals 42 Stunden bedeckte der Acidophilus
fast die ganze Platte, so daß es den Anschein hatte, als ob der Acido-
philus die anderen Keime überwuchert hatte, bzw. daß die kleinen
Kolonieen ebenfalls Ac idophilus- Kolonieen gewesen waren, die durch
ihr spärliches Wachstum andere Kolonieen von Mikroorganismen vor-
täuschten.
Die Kolonieen aus dem Ileum waren denen aus dem Koagulum ge-
züchteten durchaus ähnlich, auch im Ausstrich und im hängenden Tropfen.
Sonst wog im Ileum ein lebhaft bewegliches Kurzstäbchen vor, das gram-
negativ war, und Milchzuckeragar in der Schüttelkultur stark durch Gas-
bildung zerriß. — B. coli.
Nach 8 Tagen war der Rest der bei Zimmertemperatur stehenden
Acidophilus- Milch braungelb geworden und zeigte leicht faden, säuer-
lichen Geruch. Nach der Ueberimpfung wuchs er sehr gut aerob, auf
schrägem Kreideagar sehr üppig auf der Oberfläche. Der Bacillus
acidophilus ist ein dünnes Stäbchen, unbeweglich, nach Gram färb-
bar. Ist fakultativ anaerob, Bruttemperatur mit Zuckerbouillon wird
bevorzugt; schwache Säurebildung, keine Milchkoagulation.
Ich habe das Verhalten des von mir benutzten Acidophilus bei dieser Gelegen-
heit ausführlicher studiert und mit den Angaben in der Literatur verglichen :
Finkelstein verwandte zu seiner Isolierung 2-proz. Traubenzuckerbouillon, die
mit 5 Tropfen einer 10-proz. Essiglösung auf etwa 5 ccm Bouillon angesäuert war.
Moro fand ihn auch im Mageninhalt der Säuglinge sowie in Frauenmilch.
Nach Weiss ist der Acidophilus nicht nur säureliebend, er ist auch selbst ein
starker Säurebildner und Gaserzeuger. Weiss sagt im Gegensatz zu Lehmann und
Neumann, daß der Bacillus Milch zur Gerinnung bringt und Zucker unter Gas-
bildung zur Vergärung. Er akkommodiert sich dem Säuregrad. Es ist gleichgültig, ob
Mineral- oder andere Säure zugesetzt wird.
Rodella fand oft actinomycesartige Verzweigungen, nach seiner Abbildung würde
ich einen Aktinomyceten annehmen. Er züchtete den Acidophilus sogar auf stark
alkalischen Nährböden, ich fand ihn sehr gut wachsend auf Agar mit Schlemm kreide.
96 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62, Heft 1/2.
Bodella betont den großen Polymorphismus des Organismus. Er nennt ihn in letzter
Zeit Azotophaguß ramificatus und identifiziert ihn mit dem Bacillus bifidus
und dem Boa s-Oppl ersehen Anaerobion III.
Nach Latzeis Arbeit scheinen sie alle einer Bakteriengruppe mit variablem Ver-
halten gegenüber dem Sauerstoff angehörig zu sein.
Weiss züchtete den Acidophilus aus Säuglingsstuhl, sowohl mit Brustmilch,
wie mit Kuhmilch oder Mehlabkochung genährter Kinder.
Cipollina hält ebenfalls die verschiedenen Vertreter des Brustmilchstuhles für
identisch.
Moro weist ihm einen Anteil bei der Gerinnung der Kuhmilch zu, während er
Frauenmilch nicht zur Gerinnung zu bringen vermag. Diesem Verhalten wurde von
mehreren Seiten eine wohl übertriebene Bedeutung beigemessen (Fischl, Biedert).
Von Moro und Escherich wurde dem Bacillus acidophilus eine ätiologische
Hauptrolle bei der Entstehung des mit akuter Toxikose einhergehenden Enterokatarrhs
beigemessen (blaue Baciliose).
Cahn fand den Acidophilus auch in einem Bruststuhl, allerdings nicht so
reichlich wie im Kuhmilchstuhl. Er betont die Symbiose von Bifidus und Acido-
philus.
Salge fand 0,5-proz. Traubenzucker als die beste Konzentration für sein Wachs-
tum. Er soll einen Anteil bai allen Darmkrankheiten des Säuglings, insbesondere beim
toxischen Enterokatarrh haben. Dagegen konnte im Tierversuch eine Pathogenität nicht
festgestellt werden.
Nach Sittler liegt noch eine andere Erklärung der Es eher ich sehen, Moro sehen
und der Sal gesehen Resultate nahe: „Bei den Untersuchungen der eenannten Autoren
kamen hauptsächlich aerobe Kulturverfahren, sogar auf speziellen, nur für die Züchtung
einer einzelnen ßakterienart geeigneten (säurehaltigen) Nährböden zur Anwendung. Es
liegt hier also noch die Möglichkeit vor, daß das Wachstum des B. acidophilus in
den Kulturen eine elektive Züchtung eines — auch sonst im Stuhle — in geringerer
Zahl sich findenden Bakteriums war, und daß die im mikroskopischen Ausstrichpräparate
(aus dem Stuhle) sichtbaren grampositiven (blauen) Stäbchen andere Bacillen waren.
Tis 8 i er hält den Bacillus für eine Zwischenstufe zwischen den fakultativen und
strikten Anaeroben.
Moro züchtete in letzter Zeit den Acidophilus auf saurer Bierwürzenbouillon.
Er fand ihn auch in den Stuhlentleerungen älterer Säuglinge, nicht in der Luft, dem
Nasenschleim, der Haut der Säuglinge, nicht im Stuhle Erwachsener. Er gibt in letzter
Zeit ebenfalls eine nahe Verwandtschaft der saure Nährboden liebenden Bakterien des
Säuglingsstuhles zu.
Cahn fand den Acidophilus immer in den Organen darmkranker Säuglinge,
zuweilen auch in dem sofort steril entnommenen Herzblut,
Blühdorn unterscheidet im Gegensatz zu Rode Ha und Cipollina den Acido-
philus vom Bifidus streng, besonders auf Grund der Komplementbindung beider
Bakterien.
Auf Grund meiner Untersuchungen kann ich mit Rodeila den
großen Polymorphismus der Bakterien des Säuglingsstuhles bestätigen.
Ich habe außer dem Acidophilus mit dem Bifidus in anaerober
Kultur nach Burri viel gearbeitet und selten oder nie den Bifidus
rein erhalten, immer ähnliche, aber auch stark metamorphosierende Bak-
terien daneben gefunden. Ebenso scheint der Acidophilus sehr zu
wechseln in Form seiner Kolonieen und seinem Aussehen im mikro-
skopischen Bilde; ich sah auch hanteiförmige Auftreibungen. Daneben
Körnchenbildung mit positiver Sporenfärbung. Ich fand den Acido-
philus sehr dem Milzbrand ähnlich in Form der Kolonieen und dem
Ausstrich. Er war ebenso wie der Bifidus stets grampositiv. Sein
Säurebildungsvermögen schien nach der Passage des Magens verloren
gegangen zu sein, während er im sauren Mageninhalt sich noch anderen
Bakterien gegenüber vermehrt hatte, so daß er wohl durch seine Säure-
produktion sogar nach einigen Tagen die anderen im Koagulum ent-
haltenen Bakterien überwuchert und zum Absterben gebracht hatte.
Im Ileum hatte er sich teils gehalten, teils war er zugrunde ge-
gangen.
Im Colon fand er sich nicht wieder.
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc.
97
Auch pathogen schien er für den Hund nicht zu sein. Auch nahm
der Hund die Milch anstandslos.
Tabelle 1.
Versuch mit Bacillus acidophilus.
Zahl der Keime in 1 g bzw. com
nach 18 Stunden
nach 42 Stunden
Verdünnung 1 : 100
1 : 1000
1 : 10 000
1:100
1:1000
1:10000
1:100 000
Infizierte
Milch
1171000
919 000
2 000000
1 260 000
unzählbar
unzählbar
Mageninhalt
(Koagulum)
1550000
(davon V4
Acidoph.)
2 270000
(davon
63 000
Acidoph.)
5 040000
1710000
(davon Vj
Acidoph.)
2 724 000
9 450000
Dünndarm-
inhalt
62 190 000
(kein
Acidoph.)
38 400000
(davon
10000
Acidoph.)
76 545 000
37100000
61740000
Coloninhalt
unzählbar
76 345 000
73 450 000
unzählbar
75 600000
104 000000
Alle Kulturen auf Essigagarplatten in allen Verdünnungen steril.
Literatur zum Bacillus acidophilus.
Blühdorn, Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 72. H. 6.
Cahn, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. ßd. 30. p. 721.
Cipollina, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. 32. p. 576.
Finkeist ein, Dtsche med. Wochenschr. 1900. No. 16.
Lehmann-Neumann, Bakteriolog. Diagnostik. Bd. 2. p. 294.
Moro, Morpholog. Untersuchungen. Berlin 1905.
— , Wien. klin. Wochenschr. 1900. No. 5.
— , Ueber den B. acidophilus. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 52. p. 38.)
Passini, Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 78. p. 284.
Rodella, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. 29. p. 294.
Salge, Akuter Dünndarmkatarrh, p. .34.
— , Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 59. 1904. p. 322.
Sittler, Die wichtigsten Bakterien typen der Darmflora beim Säugling. Würzburg
1909.
Tissier, Recherches. Acidophilus. p. 99.
Weiss, Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 36. p. 18.
G u n d o b i n , Die Besonderheiten des Kindesalters, p. 326. Konnte nicht mehr berück-
sichtigt werden.
II. Bacterium acidi lactici (Hüppe).
Hund I. Gewicht 6040 g. Hungerzeit 20 Stunden. Erhielt 200 g
einer mit einer 6 Tage alten Kultur (in Bouillon) des B. acidi lactici
Hüppe infizierten Milch. Er trank die Milch nicht von selber, sondern
mußte mit der Schlundsonde gefüttert werden. Die Milch enthielt 204
Millionen Keime im Kubikzentimeter.
Die Kultur war stark fadenziehend; besonders auf Kartoffeln bildete
das Bacterium Hüppe stark schleimiges Wachstum. Das Bakterium
erwies sich stets als gramnegativ. In der Tiefe des Agars bildete das
Bakterium kleinere runde Kolonieen als auf der Oberfläche. Nach
8 Tagen wurde die infizierte Milch noch einmal untersucht, sie war noch
nicht geronnen, aber stark fadenziehend, sie haftete stark am Glaskolben.
Sie enthielt jetzt 400 Millionen Keime, und zwar wuchsen jetzt meist
große porzellanartige Kolonieen des Bacterium Hüppe. Obgleich ich
mir der nahen Verwandtschaft des Bacterium acidi lactici Hüppe
mit dem Bacterium lactis aerogenes wohl bewußt bin, ist der
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 1/2. 7
98 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Hüppesche Organismus doch für einen eigenen Versuch benutzt worden;
die Originalkultur wurde von Kral bezogen und hatte besonders auf
Kartoifeln stark fadenziehende Eigenschaften.
Der Mageninhalt bestand aus einem in der Hauptsache flüssigen
Inhalt mit viel Kaseinbröckeln. Das Gewicht desselben betrug 50 g.
Im Koagulum fanden sich 20 Millionen Keime, das Bacterium Hüppe
etwa zu -/g der Keime. Es wuchsen hier also viel weniger Keime aus
dem Koagulum als aus der infizierten Milch. Aus dem Koagulum wurde
in der Hauptsache das Bacterium Hüppe isoliert, kenntlich an der
fehlenden Gram -Färbung und an der Lagerung zu zweien, ähnlich wie
er in der infizierten Milch gefunden wurde. Daneben fanden sich linsen-
förmige Kolonieen, die aus Kokken bestanden und leicht gelblich gefärbt
waren. Drittens fanden sich kleine runde Kolonieen , die von einem
kleineren gramnegativen Stäbchen gebildet wurden.
Weigraann (p. 332) teilt das Bacterium Hüppe einerseits der Gruppe der Milch-
säurebakterien zu, und zwar zusammen mit dem B. pneumoniae Friedländer. In
den späteren Abschnitten stellt er Aerogenes und Coli zusammen und bemerkt:
„Die Ueber^änge der Coli- Aerogenes-Bakterien zu den Milchsäurebakterien sind so
zahlreich, daß sich eine Grenze nicht angeben läßt." Auf Grund mündlicher Mit-
teilungen glaube ich, daß Weigmann an der Trennung des Bacterium Hüppe
vom Aerogenes doch festhält.
Hüppe beschrieb 1884 zuerst den von ihm entdeckten Bacillus in sauer ge-
wordener Kuhmilch. Er zerlegt den Milchzucker der Milch und ebenso den Zucker der
künstlichen Nährböden unter Bildung von Milchsäure. Er züchtete seinen Bacillus auf
zuckerhaltiger Nährgelatine.
Cipollina erhielt ihn aus Kot in essigsaurer Bouillon. Nach seiner Beschreibung
ist er kurz, gegen die Enden lanzettförmig ausgehend, gewöhnlich zu zweien vereinigt
und so eingekapselt, daß er zuweilen das charakteristische Aussehen eines großen
Diplococcus annimmt. Der Autor trennt ihn strenge vom Aerogenes, weil er in
Traubenzuckerbouillon kein Gas entwickelt und die Färbung nach der Gram sehen
Methode aushält.
Lehm ann und Neuman n geben von dem Bacterium Hüppe ein wechselndes
Verhalten der Gram -Färbung gegenüber an, dadurch erklären sich wohl auch die
verschiedenen Befunde der Autoren.
Ich habe mit einem Bacterium Hüppe gearbeitet, das ebenso wie der Aero-
genes stets gramnegativ war und kaum Gas oildete. Ueber das Verhalten aller
Milchbakterien bei der Verdauung der Milch ist nach Horowitz bemerkenswert, daß
man im Dünndarm eine gewisse Vermehrung derjenigen Bakterien konstatieren kann,
welche auf die betreffenden Nahrungsstoffe eine besondere chemische Wirkung aus-
zuüben pflegen, so z. B. B. acidi lactici bei Milchverdauung. „Es ist auffallend,
daß „B. lacticis", dem wir in der ersten Versuchsreihe nicht überall begegneten, nach
Milchfütterung in allen Dünndarmabschnitten nachweisbar wird."
Auf Grund meines Versuches glaube ich, daß eine das Bacterium
Hüppe in größerer Zahl enthaltende Milch sich durch den Geruch be-
merklich macht. Der Hund nahm die Milch nicht von selbst, sondern
mußte sondiert werden. Pathogene Eigenschaften schienen dem Bac-
terium Hüppe nicht eigen zu sein. Im Koagulum war das
Bacterium Hüppe auf Vio der Keime vermindert. Es fand
sich daneben der Staphylococcus pyogenes aureus.
Tabelle 2.
Versuch mit Bacterium acidi lactici (Hüppe).
Zahl der Keime in 1 g bzw. 1 ccm
I nach 8 Tagen
Infizierte Milch 204 000000 400000000
Mageninhalt (Koagulum) 20000000
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 99
Literatur zniu B. acidi lactici Hüppe.
Cipollina, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 33. p. 557.
Horowitz, Ueber die Bakterien des Verdauungstraktus beim Hunde. (Zeitschr. f.
physiol. Chetn. Bd. 52. p. 95.)
Hüppe, Mitteil. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 2. 1884.
— , Dtsche med. Wochenschr. 1884. p. 778.
Lehmann-Neu mann, p. 294. Bd. 2.
Weigmann. Handbuch d. Milchkunde (Sommerfeld), p. 332.
III. B. aerogenes (aus ßübeninfas gezüchtet).
Hund V. Gewicht 5,7 kg. Er erhielt 200 ccm einer sterilen Milch,
die infiziert war mit einer zweimal in einem sterilen Steckrübeninfus
umgezüchteten Kultur des Aerogenes, sie hatte deutlichen Rüben-
geruch. Die Milch roch ebenfalls stark aromatisch. Sie enthielt 410
Millionen Keime.
Das Koagulum war eine feste Masse, es wog 58 g, es enthielt
fast keine Flüssigkeit.
Im Koagulum fand sich der Aerogenes in der Zahl von 16,6
Millionen Keimen neben 21,7 Millionen anderen, in Summe 38,3 Millionen
Keime.
In das Duodenum war deutlich nach 2 Stunden Milch (zu erkennen
an dem Milchkoagulum) übergetreten. Es ist dies das einzige Mal, daß
ich beim Hunde 2 Stunden nach der Fütterung milchiges Koagulum im
Duodenum fand.
IV. B. aerogenes 2.
Hund II. Gewicht 4550 g. Erhielt 200 g Milch nach 20 Stunden
Hungerzeit, welche mit einer 2 Tage alten A erogenes-Kultur in
Bouillon infiziert war. Sie enthielt 45 Millionen Keime desselben.
Die infizierte Milch war nach 3 Tagen stark geronnen und in zwei
Teile geschieden, sie enthielt oben Käse in großen Flocken, unten eine
gelbliche Flüssigkeit. Der Geruch war fade und leicht sauer. Nach
8 Tagen hatten sich die Keime in der infizierten Milch noch um das
Doppelte vermehrt.
Der Mageninhalt wog 49 g, er war zur Hauptsache flüssig und
enthielt viel Kaseingerinnsel, daneben einzelne unverdaute Knorpelstücke.
Im Koagulum fanden sich 11 Millionen Keime, die zu ^/g dem
Aerogenes angehörten. In Gelatine und Agar, besonders mit Zucker,
wurde schon im Stich stark Gas gebildet.
Außer dem Aerogenes waren aus dem Koagulum kleinere hirse-
korngroße Kolonieen gewachsen, die ganz dicke, auch meist zu zweien
gelagerte Stäbchen enthielten, die Aehnlichkeit mit dem Aerogenes
hatten, wenn sie auch ihn an Größe übertrafen, off'enbar tiefe Aerogenes-
Kolonieen.
In den 3 Versuchen mit dem Hüppe und dem Aerogenes war
die K e i m z a h 1 in der Milch sehr hoch, die Bacillen hatten sich an-
scheinend stark vermehrt. Im Koagulum waren sie sehr an Zahl
vermindert, meist um Vio der Keime der infizierten Milch,
im letzten Versuch um ^/^ herabgesetzt.
Die Milch mit dem Bacterium acidi lactici Hüppe wurde von
dem Hund verweigert, obwohl er 1 Tag gehungert hatte.
Die Ueberimpfung des Aerogenes auf Rübeninfuß ergab deut-
lichen Rübengeruch, hatte aber sonst nichts Auffälliges, der Hund trank
7*
100 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
sie ohne Widerstreben. Auffallend war in diesem Versuch das schnelle
Uebertreten vom Koaguhim in das Duodenum.
Der einfache Aerogen es-Versuch bot keine Besonderheiten dar.
Diese Varietät bildete sehr stark Gas in Gelatine, sowie Agarnährböden
im Stich, auch ohne daß eine Schüttelkultur angelegt war. Irgendwelche
akut-pathologischen Erscheinungen bewirkten beide Arten von Aerogenes
beim Hunde nicht. Bei dem Aerogenes mit Rübengeruch hatten sich
die Keime in der Milch entweder schlechter vermehrt oder es kam dies
von der starken Verdünnung der Kultur im Rübeninfus.
Die nahe Verwandtschaft des Bacterium acidi iactici Hüppe mit dem
Aerogenes wurde schon erwähnt. Bei Lafar äußert sich W ei gm an n wieder in
trennendem Sinne, indem er das Bacterium Hüppe stark säurend und die Milch
zum Gerinnen bringend und eine wenig gasbildende Varietät nennt im Gegensatz zum
stark gasbildenden und schwach säurenden Aerogenes. Meine beiden Kulturen boten
beide Unterschiede ebenfalls sehr deutlich dar.
Lehmann-Neu man n bezeichnen das Bacterium Hüppe und den Aero-
genes als identisch (cf. Kruse und Schröder). Auch Tissier betrachtet den
Aerogenes nicht als verschieden vom Bacterium Hüppe. Ebenso Wurtz und
Leudet, Denys und Martin. Morelle de Louvain und Macaigne identi-
fizieren sogar Aerogenes und Coli.
Grimbert und Legros identifizieren den Aerogenes mit dem Pneumonie-
bacillus von Friedländer.
Weiss hält beide Varietäten für verschieden, da er verschiedene (auch kulturell)
Arten aus dem Darmkanal des Erwachsenen zutage förderte, die alle Milch zu vergären
vermochten.
Cipollina leugnet das Vorkommen des Aerogenes beim Erwachsenen. Er
trennt beide Abarten. Nach diesem Autor soll der Aerogenes 2 gramnegativ sein,
erzeugt er mit Gasentwickelung die Gärung des Traubenzuckers.
Freudenreich stellte fest, daß der Aerogenes bei der Passage des Futters
im Verdauungskanal verloren geht, er war im Kot der Kühe nicht zu finden.
Nach Escherich ist der Aerogenes der spezifisch gasbildende Mikroorganismus
im Säuglingsdarm. Er nennt ihn „Darmmilchsäurebacillus'*.
Baginsky hält ihn für einen Bacillus aceticus, weil er mehr Essigsäure als
Milchsäure entwickelt.
Escherich betont wieder die Trennung beider Bakterien und das Schwergewicht
beruht auf der unbedingten Notwendigkeit der Sauerstoffzufuhr beim Hüppeschen
Mikroorganismus im Gegensatz zur Möglichkeit der anaeroben Vermehrung des
E scher i ch sehen Bacillus in Milch, Milchzucker und Traubenzuckerlösungen unter
Entwickelung von CO^ und H, d. h. unter Gasbildung.
Manche Varietäten des Aerogenes machen nach Weigmann und Harrison
die Milch bitter, der Aerogenes ist also wohl nicht ganz harmlos.
Der Aerogenes soll nicht ganz harmlos sein, von Booker wurde er als pa-
thogen angesehen bei Cholera infantum, und bei Gastroduodenalkatarrh.
Der Aerogenes wurde auch therapeutisch zu verwerten versucht, indem
Escherich im Jahre 1900 durch seinen Schüler Brudzinsky an Säuglinge junge
Kulturen von B. lact. aerogenes verfüttern ließ, in der Absicht, durch eine reich-
liche Zufuhr dieses Gärungserregers im gegebenen Falle den Proteus aus dem Darm
zu verdrängen. Seine Versuche waren von dem gewünschten Erfolg begleitet; er soll
von den Sekreten nicht wesentlich alteriert werden, was mit meinem Versuch am Hund
nicht im Einklang steht, da er schon im Koagulum sehr an Zahl abgenommen hatte.
Tabelle 3.
Versuch mit Bacillus aerogenes (aus Rübeninfus).
Zahl der Keime in 1 g bzw. 1 com
Infizierte Milch 45 000000
Mageninhalt (Koagulum) 11 000 000
I (davon 73 Aerogenes)
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterienwachstum etc. IQI
Tabelle 4.
Versuch mit Bacillus aerogenes.
Zahl der Keime in 1 g bzw. 1 ccm
Infizierte Milch
410000000
Mageninhalt (Koagulum) i 38 300000
I (davon ca. */? Aerogenes)
Literatur zum Aerogenes.
Cipollina, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 32. p. 580.
Escherich, Die Darmbakterien der Neugeborenen. (Fortschr. d. Med. Bd. 3. 1885.
No. lö.)
V. Emden, Ueber die Bildungsstätte der agglutinierenden Substanzen des Bacillus
aerogenes. (Zeitschr. f. Hyg. 1899. p. 12.)
Moro, Natürliche Darmdesinfektion. (Naturforscher- Vers. Stuttgart 1906.)
Sittler, 1. c. p. 47.
Tissier, Recherches. p. 25, 79, 167.
Weigmann, Lafar, Techn. Mykologie, p. 85, 147; Literatur p. 108.
— , (Sommerfeld) 343. p. 347 (Rübeninfus).
Wolff, Bakterieuflora der frischen Milch, p. 69.
V. AlkaliMldendes Kurzstäbchen.
Hund XIV, Gewicht 4380 g. Die Kultur war von einer älteren
Agarstichkultur von der Oberfläche des Stiches in Bouillon überimpft,
diese Kultur war 1 Tag alt. Die Kultur enthielt 31,5 Millionen Keime,
die Milch 142 Millionen Keime im Durchschnitt, die Keime hatten sich
also enorm vermehrt in derselben.
Der Hund trank die Milch nicht freiwillig, sondern erhielt 250 g
davon per Schlundsonde.
Der Mageninhalt wog 93 g, war zu Vi fest, zu Vi trübe Flüssigkeit.
Er enthielt in der größten Ueberzahl das Kurzstäbchen, nur ganz wenig
kreisrunde Kolonieen enthielten größere unbewegliche Stäbchen = Aero-
genes. Im Koagulum war die Keimzahl auf 38 Millionen (im Durch-
schnitt) Keime vermindert, d. h. auf reichlich Ys der Keime der in-
fizierten Milch.
Im Duodenum waren sehr wenig Keime, erheblich weniger als
im Koagulum, Im Duodenum fanden sich zwei verschiedene Sarcinen,
eine größere, oft zu vieren gelagerte, und eine kleinere. Das Duodenum
war ohne Inhalt, enthielt nur Schleim.
Der Dünndarm enthielt (in der Mitte desselben) weniger Keime
als das Koagulum; im Durchschnitt 34 Millionen. Darunter
B. coli und Sarcina.
Im Coecum war die Keimzahl sehr viel größer; 85 Millionen im
Durchschnitt, fast ausschließlich bewegliche Kurzstäbchen — Coli.
Nach 4 Tagen war sowohl auf den Platten aus Milch, wie aus dem
Magendarmkanal, die Keimzahl sehr vermehrt.
Das alkalibildende Kurzstäbchen ist nach A. Wolff ausgezeichnet durch die
Größe seiner Kolonieen, hat abgerundete Ecken, bildet niemals Gas und läßt Milch un-
verändert, ist unbeweglich, streng aerob, was ich für besonders charakteristisch halte;
besonders in der Stichkultur ist das Wachstum unter streng aeroben Verhältnissen auf-
fallend, zumal wenn man in flüssigen Agar impft, dann wächst das Bakterium am
besten an den Wänden des Glases, die noch eben von dem Agar benetzt smd, später
wächst es auf der Oberfläche des erstarrten Agars in dicker Schicht. In Schüttel-
kultur bildet das Kurzstäbchen kein Gas. Agarstichkulturen zeigen mit Phenol phthalein-
lösung deutliche Rötung. Die Kulturen bUden Riechstoffe, besonders Trimethylamin.
102
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle 5.
Versuche mit alkalibildendem Kurzs täbcben.
Zahl der Keime in 1
nach 24 Stunden
g bzw. ccm
nach 4 Tagen
Verdünnung
1:1000
1:10000 1:100000
1:1000
1:10000
l: KOCCO
Kultur
Milch (sterile)
Infiz. Milch
39 123 000
1 Oese steril
62 370000
23 940000
2 Oesen einzelne
Mesentericus
170 000000
11000000
52920000
65 205 000
47 000000
56 700000
Magen
Duodenum
Deum
Coecum
17 766 000
1 625 000
10 080000
39 690000
64 225 000
6 300 000
6 300 000
74 300 000
63 000 000
6 300000
6 300 (X)0
141200000
14 175 000
1512 000
19 845 000
45 927 000
96 490000
5300000 8000000
7 560000 13 600000
130 400 000[ 176 400 000
Milchhygienisch scheint das alkalibildende Kurzstäbchen nicht ganz
harmlos zu sein, der Hund wollte die damit infizierte Milch nicht von
selber nehmen, sondern mußte erst mit der Sonde gefüttert werden.
Aber im Koagulum war die Keimzahl vermindert, das Kurzstäbchen
vorwiegend. Im Duodenum war die Keimzahl noch mehr vermindert,
in den unteren Darmabschnitten dagegen sehr groß. Das Alkalibildungs-
vermögen scheint im Magen verloren gegangen zu sein.
Pathogen innerhalb 2 Stunden scheint es nicht zu sein, der Hund
hatte keinen Durchfall.
Wolff , A., Zur Kenntnis der Veränderungen in der Bakterienflora der frischen Milch
während des sogenannten Inkubationsstadiums. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. II.
Bd. 20. 1911.)
— Milchwirtschaftliche Bakteriologie. (1. c. Bd. 28. 1911. H. 16/19.
Löhnis, Zur Kenntnis und Aenderung der in Milch und Molkereiprodukten vor-
kommenden Bakterien. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. II. Bd. 29. 1911. S. 331.
— Landwirtschaftl. Bakteriologie.
VI. Sporenbildner aus der Grruppe der Heu- und Kartoffelbacillen.
Hund XIII. Gewicht 4820 g. Trinkt 200 g Milch von selbst. Die
Milch war infiziert mit einer aus pasteurisierter Milch gewonnenen
Sporenbildnerkultur. Die Kultur enthielt 630000 Keime. Die Milch
stand nach der Infektion 5 Stunden im Brutschrank. Die Milch ent-
hielt fast 2 Millionen Keime, sie war also ein guter Nährboden gewesen.
Ein Koagulum fehlte, der Inhalt des Magens betrug nur 18 g, er
war dünnflüssig und braun, teils gelb, enthielt einzelne braune Blut-
flecken. Der Mageninhalt enthielt sehr wenig Keime, den Sporenbildner
in der Mehrzahl. Nur 4600 Keime im Durchschnitt, davon ^/g Sporen-
bildner, 6 Proteus mit baumförmigem Wachstum der Kolonieen.
Das Duodenum hatte wenig Inhalt, enthielt aber viele Band-
würmer. Es enthielt fast 2000000 Keime im Kubikzentimeter, darunter
4(XX) Proteus in großen baumartigen Kolonieen.
Der Dünndarm enthielt nur wenig gelbgrüne Flüssigkeit, sehr
wenig Keime, nur 67000, weniger als im Duodenum. Der Inhalt wurde
Vg m vom Pylorus entfernt entnommen. Es fand sich fast nur B. coli
darin.
Das Colon enthielt wenig Keime im Vergleich zu den anderen
Versuchen, im Durchschnitt 8 Millionen, fast ausschließlich Coli.
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterienwachstum etc. 103
Die Platte aus der zur Infektion benutzten Kultur hatte den Sporen-
bildner nur in verkümmerter Form gezeigt, während eine andere Platte
von demselben Ausgangsmaterial sehr schönes Wachstum zeigte.
Tabelle ö.
Versuche mit Sporenbildnern.
Kultur
Infizierte Milch
Magen
Duodenum
Dünndarm
Colon
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
1:100
8200, davon 7600
Sporenbildner
1:1000 1:10000
630000
1 953 000
1000
187 000
54 000
7 560000
steril
200 000
80000
10 800 000
7 484 000
Wie bekannt, gelten die sporenbildenden Bacillen aus der Gruppe der Heu- und
Kartoffelbacillen sowohl als sehr resistent ihrer Sporenbildung wegen, wie auch als
gefährliche Bewohner in der sterilisierten Milch. In der frischen, d. h. ungekochten,
Milch kommen die Sporenbildner nach A. Wolff nicht zur Entwicklung, erst in der
sterilisierten Milch gelangen sie zur Vermehrung und bilden schädliche Stoffwechsel-
produkte. In der frischen Milch werden sie von anderen Bakterien, zumal den gewöhn-
lichen Milchsäurebakterien, niedergehalten.
Mein Versuchshund trank die Milch anstandslos. Trotz der Sporen-
bildung war der Bacillus aber wenig resistent im Magen, die Keimzahl
des Mageninhalts war sehr vermindert. Unter den Keimen wog aller-
dings der Sporenbildner zu ^s vor. Ebenfalls fanden sich im Ileum
auffallend wenig Keime, ebenso im Colon ; vielleicht hatte in beiden
Darmabschnitten der Sporenbildner dem Wachstum der anderen Mikro-
organismen doch Eintrag getan, besonders dem B. coli.
Akut pathogen schien der Sporenbildner nicht gewesen zu sein
(außer der geringen Blutbeimengung im Koagulum ?).
VII. Bacterium coli I (schwaches Wachstum).
Hund III. 12500 g schwer. Die Milch wurde infiziert mit einer
2 Tage alten Bouillonkultur des B. coli. Die Milch hatte 10 Millionen
Keime enthalten, 24 Stunden nach der Infektion. Sie roch etwas fade,
jedoch trank der Hund 400 g davon.
Der Mageninhalt wog 93 g, er war ziemlich flüssig, ohne Brocken,
gleichmäßig flockig, das Koagulum enthielt 3 Millionen Keime. Aus dem
Koagulum wurden fast ausschließlich unregelmäßig gerundete Kolonieen,
die außen einen hellen Rand zeigten, gezüchtet. Sie enthielten lebhaft
bewegliche gramnegative Stäbchen. Daneben fanden sich in der Minder-
zahl grampositive große Diplokokken.
Der Dünndarminhalt war stark gelb gefärbt. Der Dickdarm
schiefrig, teilweise bräunlich.
VIII. Bacterium coli II (starkes Wachstum).
Das zu dem ersten Versuch benutzte B. coli erwies sich als nicht
gut verimpfbar, es bildete sehr wenig Gas. auch hatten sich die Keime
in der Milch wenig vermehrt.
Es wurde zu diesem zweiten Versuch deshalb ein üppig wachsen-
der Coli- Stamm benutzt.
Hund X. 4700 g schwer. Erhält 250 g einer sterilen Milch, die
mit einer 24 Stunden alten Bouillonkultur eines lebhaft beweglichen
104 Centralbl. f. ßakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
B. coli infiziert war. Nach der Infektion enthielt die Milch (24 Stunden
nachher) 270 Millionen Keime, nach 6 Tagen sogar 600 Millionen. Der
Hund trank die Milch gut. Nach 2 Stunden getötet. In der Agone
entleerte der Hund etwa 50 g gallig-braunen, teils dick-, teils dünn-
flüssigen Stuhl.
Der Mageninhalt wog 68 g, war zur Hälfte fest, zur Hälfte
flüssig, sah gelblich-bräunlich aus. Er enthielt im Durchschnitt 18 Millionen
Keime, die Keime hatten also sehr abgenommen, davon waren nur reich-
lich 1 Million Coli als tropfenförmige kreisrunde Kolonieen gewachsen.
Das Ileum enthielt wenig galligen schleimigen Inhalt. Etwa
148 Millionen Keime, also relativ viel in dem allerdings spärlichen In-
halt, das Verhältnis des Coli unter denselben zu prüfen hatte keinen
Zweck.
Das Colon enthielt im Durchschnitt 18 Millionen Keime, also
wahrscheinlich noch keine aus der Milch stammenden Coli, da die Zahl
derselben nicht auffallend groß war im Vergleich zu anderen Versuchen.
Die Platten von diarrhoischem Stuhl enthielten etwa 50 Millionen
Keime, also bedeutend mehr, als im Colon vorhanden waren. Der Stuhl
dürfte wohl noch nicht von der Milchnahrung stammen.
Der Coli im Mageninhalt war lebhaft beweglich, bildete in Milch-
zuckeragar stark Gas, war immer gramnegativ.
Außerdem fand sich der Aerogenes als etwas größeres Kurz-
stäbchen in kleineren Kolonieen auf der Platte gewachsen, doch bildete
er kaum Gas in der Milchzucker-Agar-Schüttelkultur.
Der spärliche Inhalt im Ileum enthielt fast nur Coli, in ganz
kleinen Kolonieen lebhaft bewegliche Kurzstäbchen und außerdem sehr
lange und sehr große Stäbchen, die ein ausgesprochen aerobes Wachs-
tum zeigten, da sie fast nur an der Oberfläche des Agarröhrchens
gewachsen waren.
Im Colon war Coli überwiegend, daneben Mesentericus als breite
dicke Stäbchen mit dunkleren Enden und Sporen in der Mitte vorhanden.
Daneben dieselben aeroben langen Stäbchen wie im Ileum. Dazwischen
einzelne große Diplokokken und wenig große spießförmige Stäbchen,
die auch Horowitz beim Hund fand.
Das Resultat beider Versuche ist folgendes: Beim ersten Versuch
wegen des geringen Wachstums keine erhebliche Vermehrung in der
Milch; Abnahme im Koagulum auf ^'^ der Keime. Beim zweiten Ver-
such enorme Vermehrung in der Milch als gutem Nährboden (noch
stärkere Vermehrung nach 6 Tagen). Im ersten Versuch kaum Einfluß
auf das Befinden des Hundes, die schieferige Verfärbung des Colon
war chronischer Natur, nicht akut entstanden. Beim zweiten Versuch
in der Agone Durchfall. Im Magen die Keime sehr vermindert auf 7i5
der Zahl der eingeführten. Im Ileum etwas vermehrt, im Colon wenig
Keime, im diarrhoischen Stuhl wieder mehr Keime. Das Ileum enthielt
etwas galligen Schleim, etwas mehr als normal. Das B. coli muß
besonders auf Grund des zweiten Versuches als wenig resistent an-
gesehen werden, da es im Magen schon nach 2 Stunden zu 99 Proz.
verloren ging.
Verfütterungsversuche mit B. coli beschrieb Escherich (1885). Baginsky
hatte schon regelmäßig das B. coli bei Cholera infantum gefunden.
C. Jensen fütterte aus dem Darminhalt von Ruhrkälbern gezüchtete Coli an
junge Kälber, dieselben starben nach 1 — 3 Tagen (I8'.i2).
(Diese Epidemie von weißer Ruhr bei Kälbern erwähnt auch Heubner.)
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc.
105
Die Milch ist ein ausgezeichneter Nährboden für das B. coli, er koaguliert die-
selbe bei Bruttemperatur nach 2 — 3 Tagen unter Säure- und Gasbildung und zwar
C O.^ > H. Auch in sterilem Urin wurde von Ali-Krogiuseine lebhafte Entwickelung
des B. coli beobachtet.
Bienstock führte die antiputride Fähigkeit der rohen Milch auf das stetige
Vorhandensein der C o 1 i bakterien in der Milch zurück.
Milchdiät vermindert die Virulenz des B. coli bedeutend (Valagussa). Sion und
Nagel betonen die eventuelle Pathogenität des B. coli, wenn er im Trinkwasser vor-
handen ist.
Die pathogene Wirkung mancher Coli -Arten bei Zufuhr in der Nahrung ist
durch zahllose Beispiele erwiesen.
Auch Euterentzündungen bei Kühen können durch B. coli bewirkt werden.
Für die Hygiene der Milch ist die Tatsache nicht unwichtig, daß nach Rüben-
fütterung Coli- Bakterien im Kuhkot nahezu ausschließlich auftreten.
Nach Szegö soll sich der Aerogenes vom C o 1 i hauptsächlich durch den Indol-
mangel unterscheiden, Szegö sah aber die Indolbildung 2mal bei der Untersuchung
des Mekonium.
Tabelle 7.
Versuche mit wenig wachsendem Colistamm.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
1 nach 24 Stunden
Milch
10 350 000
Mageninhalt
3 215 000
Tabelle 8.
Versuche mit stark wachsendem Colistamm.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
nach 24 Stunden | nach 6 Tagen
Verdünnung
1:100
1:1000
1:10000
1:1000
1:10000
Infizierte Milch
unzählbar
261136000
283 500000
128205000
595 350000
Magen
Dünndarm
Colon
Diarrhoischer Stuhl
3 827 000
unzählbar
32 344 000
48900000
8 568000
18711000
17100 000
etwa 1 Mi 11.
Coli
249 000000
28 250000
79 380 000
55 565 000
unzählbar
14 855 400
79 380000
130400000
748440000
28 350000
Die Kultur behielt die abweichende Eigenschaft auch bei mehrfachen Kultivierungen
konstant.
Das normale Serum junger Individuen weist nach Pfaundler weniger häufig
Agglutination auf. „Einzig die Agglutination mit dem Krankenserum auf dem aus
dem Kranken gezüchteten Coli- Stamm gibt bezüglich der Aetiologie brauchbare Re-
sultate."
Sittler fand bei akutem Enterokatarrh der Kinder den B. perfringens öfter
in Mischkulturen mit dem B. coli.
Nach Horowitz gedeiht der Proteus neben dem B. coli gut, ohne daß beide
sich gegenseitig schaden.
Nach Moro wirkt das B. coli dagegen entwickelungshemmend auf Ruhr und
Typhusstämme, ebenso auf Prodigiosus (Horowitz).
Nach Moro erscheint als erste Bakterienart das B. coli commune im Mekonium,
es wandert dort per anum und per os ein,
Cozzolino bezeichnet die Frauenmilch als keinen sehr günstigen Nährboden
für das B. coli.
Ueberhnpft man normalen Brustmilchstuhl in gewöhnlicher Weise, so erhält
man immer B. coli in Reinkultur oder häufiger in Gesellschaft intestinaler Diplokokken,
die bei der Fortführung der Impfung leicht eliminiert werden können (Moro).
Nach Moro setzt bereits im Duodenum eine beschränkte Vegetation der Coli -
Gruppe ein (B. coli commune und B. lactis aerogenes), die sich im Verlaufe
106 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
des oberen Dünndarmanteiles mäßig vermehren. Im Magen des Hundes konnte
Horowitz das B. coli nie nachweisen, stets aber in allen Dünndarmabschnitten; dies
kann ich bestätigen.
Die Literatur über das ß. coli ist eine ganz enorme. Hier können nur die An-
gaben über seine Pathogenität und besonders sein Verhalten im Darm des Kindes und
in der Milch berührt werden. Eine gute Uebersicht über die Literatur geben uns
Kissling (1893), Gilbert und Birch- Hirschfeld, eine kürzere Kolle-Hetsch.
Literatur za Bacteriam coli.
Abba, F., Hyg. Rundsch. Bd. 6. p. 286.
Baginsky, Berlin, klin. Wochenschr. 1888. p. 996.
Czerny ü. Moser, Jahrb. f. Kinderheilk. 1894.
Cozzoiino, Arch, f. Kinderheilk. Bd. 32. 1901. p. 211.
Fischl, Jahrb. f. Kinderheilk. 1894. p. 288.
Heubner, Lehrbuch. L p. 141.
Horowitz, Zeitschr. f. physioi. Chem. Bd. 52. p. 95.
Kolle-Hetsch, Experimentelle Bakteriologie. 19. Vorlesung.
Kiessling, Hyg. Rundsch. 1893. p. 724.
Kraus-Levadi ti, Immuuitätsforschung. Bd. 2. p. 673 (von Volk).
Moro, Morphologische Untersuchungen, p. 20.
Rehn, Hvg. Rundsch. p. 984.
Sittler, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. II. Bd. 17. 1908. p. 145.
Schild, Zeitschr. f. Hvg. Bd. 19.
Smith, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 25. 1899. p. 689.
Schmidt, Alexander, Wien. khn. Wochenschr. 1892. No. 45.
Sion u. Nagel, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 32.
Rossi-Doria, Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 12. 1892.
Tissier, Recherches. p. 26.
Uhlenhuth, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 26. p. 476.
Valagussa, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 24. 1898. p. 750.
Wyss, Verhandl. d. üesellsch. f. Kinderheilk. 1889.
IX. Bacillus Flügge \o. VII.
Hund VII, Gewicht 4900 g, Mischrasse, jung. Zeigt Spuren über-
standener Rhachitis. Die Milch, 175 g, war mit einer 8 Tage alten
Bouillonkultur des Bacillus Flügge No. VII infiziert. Sie zeigte ein
zartes Häutchen, das vor der Infektion der Milch mit der Platinnadel
durch Verreiben am Glase verteilt wurde. Die Milch enthielt nach
1 Tage reichlich 4 Millionen Keime im Durchschnitt.
Der Mageninhalt enthielt fast 600000 Keime. Er wog 50 g,
enthielt meist dickflüssige Massen, ziemlich viel Glas, sehr viel Schleim.
Es waren alle anderen Keime außer dem Bacillus Flügge No. VII
verschwunden.
Der Ileuminhalt wog 36 g, war dünnflüssig, braungallig. Es
wurde 1 m vom Pylorus die Probe von 1 ccm entnommen und Platten
davon gegossen. Sie enthielten ebenfalls nur den Bacillus Flügge
No. VII. Die Keimzahl war nicht sehr groß, nur reichlich, 1,85 Millionen
Keime.
Der Inhalt des Dickdarms wog 25 g, war gallig, roch stark, war
dünnflüssig, so daß der Hund wahrscheinlich sehr bald dünne Ent-
leerungen bekommen hätte. Die Keimzahl betrug über 19 Millionen
Keime. Der Bacillus Flügge kam noch in geringer Menge auch im
Colon vor. was entschieden für eine beschleunigte Peristaltik spricht,
daneben hauptsächlich Coli. Nach 10 Tagen hatten sich auf den Platten
aus Mageninhalt die Keime etwas vermehrt. Es fand sich nur der
Bacillus F'lügge. Auch die Platten aus dem Ileuminhalt wurden
nach 10 Tagen noch einmal gezählt. Die Keimzahl war ziemlich un-
verändert. Auch jetzt wurde Bacillus Flügge allein, keine anderen
Keime dazwischen gefunden.
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterienwachstum etc. 107
Nach dem Resultat meiner Untersuchungen kann ich die Flug ge-
sehen Befunde bestätigen. Der Hund hatte im Magen schon 2 Stunden
nach der Fütterung sehr viel Schleim, ziemlich viel Gas. Er hätte, aus
dem dünnen, stark galligen Dickdarminhalt zu schließen, nach kurzer
Zeit Durchfall bekommen. Aber auch in anderer Weise bestätigt sich
die starke Giftigkeit des Bacillus Flügge No. VII, der alle Keime
im Magen, ja noch im Ileum vollkommen überwuchert hatte. Im Colon
hatte das Bacterium coli allerdings sich seiner zunächst noch er-
wehren können.
Der Bacillus Flügge No. VII scheint um so gefährlicher zu
sein, als auch ein mit scharfem Geschmackssinn begabter Hund die
Giftigkeit der mit ihm infizierten Milch nicht bemerkte, mein Versuchs-
hund trank die Milch ohne Bedenken, er ließ nur den letzten Rest von
25 g stehen.
Flügge wies zuerst darauf hin, daß die den Sterilisationsprozeß überlebenden
Keime der Kuhmilch nicht als gleichgültig zu betrachten seien. 3 der von ihm unter-
suchten Bacillen hatten sogar sehr giftige Eigenschaften. Die Keinkultur in Milch rief
nach der Fütterung an Versuchstiere schwere Vergiftungserscheinungen hervor und
führte beim Verfüttern an junge Hunde profuse, zum Teil tödliche Diarrhöen herbei.
Lübbert untersuchte den Flüggeschen Bacillus I. Er fand, daß 1—2 ccm
24-8tündiger Milchkultur genügten, um ein Meerschweinchen in kurzer Zeit zu töten.
Diese Arbeiten von Flügge und Lübbert hatten zur Folge, daß die Bakterien der
sterilisierten Milch die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf eich zogen. Man hat sich
daran gemacht, die Fütterungsversuche nachzuprüfen und nach P'lüggeschen Bakterien
in Milch und Öäuglingsstühlen zu suchen.
Weber rechnet die Flüggeschen Bacillen zu den Heubacillen. Sie dürften dem
Säuglingsorganismus, wenn sie in der Aetiologie der Darmkrankheiten des Säuglings
eine Rolle spielen, wohl weniger durch die Giftigkeit ihrer Bakterienleiber als durch
ihre Fähigkeit, rasch und energisch Eiweiß zur Fäulnis zu bringen, gefährlich werden.
Nach Lübbert ist das Toxin übrigens an den Körper der Bakterien gebunden.
Spiegelberg suchte in der Kinderklinik Escherichs in Graz in den Säug-
lingsstühlen nach diesem P'lüg gesehen Bakterium. Er fand nur ein einziges Mal eine
einzige große Kolonie mit Strahlenkranz.
Dagegen fanden sich bei allen mit Kuhmilch genährten Kindern proteolytische
Bakterien in den Faeces, bei gesunden Kindern zwar selten, bei Magendarmkrankheiten
dagegen beherrschten sie häufig die ganze Darmflora und es entsprach im allgemeinen
die Menge der Bakterien der Schwere des Falles. Alle Kinder, bei welchen die proteo-
lytischen Bakterien gefunden wurden, waren atrophisch. Fütterungsversuche, die
Spiegelberg anstellte, ergaben ein negatives Resultat. Ebenso gelang es Watjoff
in der Heubn ersehen Klinik nicht, bei Fütterungs versuchen ein Resultat zu erreichen,
er untersuchte Kaninchen, Hund und Meerschweinchen. In der Handelsmilch der
Stadt Halle wurden nach Ulrichs die Flüggeschen Bakterien vermißt, die von ihm
isolierten Bakterien zeigten anderes Wachstum als die Flüggeschen, und Fütterungs-
versuche an Hunde erwiesen sich als erfolglos.
Kalischer untersuchte die biologischen Eigenschaften der Flüggeschen Bak-
terien der zweiten Gruppe, in der mit den Bakterien geimpften Milch trat eine Abnahnae
des Milchzuckers ein, und zwar durch die Lebenstätigkeit der Bakterien, es war ein
großes Stäbchen mit Faltenbildung auf Agar. Dieses Verhalten zeigten meine Kulturen
auch sehr ausgeprägt.
Der Flüggesche Bacillus ist aerob.
Flügge beobachtete nach der Fütterung an Hunde profuse Diarrhöen, die auf-
hörten, wenn die Hunde keine infizierte Milch mehr erhielten. Flügge beschreibt
mittelständige Sporen in den Bacillen. Gelatine wird rasch verflüssigt. Auf Agar im
Strich bildet sich eine weiße, trockene, sehr faltige Haut. Auf Bouillon eine graue Haut.
Auch auf Kartoffeln grauweiße, stark gefaltete, üppige Haut, ebenso auf Blutserum.
Milch zeigt nach 24 Stunden starke Serumzone, wird energisch peptonisiert.
Durch 2-stündiges Kochen wird der Bacillus nicht getötet.
Weigmann hält den Bacillus Flügge für identisch mit dem Bacillus
longus Matz. Er beschreibt ebenfalls die große, stark gefaltete Haut, die später bräun-
lich wird.
108
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Onginale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle 9.
Versuche mit Bacillus Flügge N o. VII.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
nach 18 Stunden l nach 10 Tagen
Verdünnung
1:100
1:1000
1:10000
1 : 100 1 : 1000
1:10000
Infizierte Milch
1398 600
7 880 000
3400000
Mageninhalt
Ueum
Colon
225 70U
nur P'lügge
404 000
nur Flügge
unzählbar
1052 000
2 016000
28 350000
480000
3130000
10805 000
74 000
ein konfluieren-
der Rasen
256 000
ein Rasen
510000
2200000
Wegen seiner nahen Verwandtschaft mit dem Bac. Flügge No. VII
folgt jetzt ein Versuch mit dem Mesentericus fuscus.
Literatur zum Bac. Flügge No. VII.
Flügge, Aufgaben und Leistungen der Milchsterilisierung. (Zeitschr. f. flyg. Bd. 17.
p. 272.)
Heubner, Lehrb. d. Kinderheilk. Bd. 1. p. 150.
Kali scher, Arch. f. Hyg. Bd. 30. 1900. p. 1.
Lübbert, Ueber die Natur der Giftwirkung peptonisierender Bakterien. (Zeitschr. f.
Hyg. Bd. 22. 18G9.
Ti ssier, Recherches.
Ulrichs, [Diss.] Halle 1898.
Watjoff, Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 46. 1898.
Weber, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 17. p. 108.
Weigmann, (Sommerfeld), p. 368.
X. Bacillus mesentericus fuscus.
Hund VI, mittelgroß, 4900 g schwer. Erhält 200 g einer Milch,
welche mit einer 24 Stunden alten Kultur des Mesentericus in
Bouillon infiziert war. In der Milch waren etwa 6 Millionen Keime.
(In der Milch hatten sich die Keime nach 2 Tagen vermehrt.)
Der Mageninhalt wog 50 g, enthielt einzelne Brocken, war im ganzen
gelblich, dünnflüssig und schleimig. Nach 5 Tagen war im Koagulum
von dem Mesentericus nur eine einzige spärliche Kolonie gewachsen.
Außerdem fanden sich im Koagulum in Ketten gelagerte Kokken, einige
Actinomyceten von schalig-kreidiger Struktur, sowie dicke, unbewegliche
Stäbchen. Im Koagulum waren im ganzen etwas über 6 Millionen Keime,
meist Aerogenes.
Im Duodenum, 6cm vom Magen entfernt, fand sich kein Mesen-
tericus. Der Inhalt des Duodenum war an dieser Stelle dünnschleimig,
gallig, zeigte keine Spuren von Milch. Gelatineplatten vom Koagulum
angelegt, zeigten nach 8 Tagen starke Verflüssigung um die Mehrzahl
der Kolonieen.
Im Ileum fanden sich zur Hauptsache gramnegative, bewegliche
Kurzstäbchen, die Milchzuckeragar in der Schüttelkultur stark zerrissen.
Im Ileum fanden sich einzelne Mesentericus- Keime, von welchen
es zweifelhaft sein mußte, ob sie aus der infizierten Milch kamen. Der
Inhalt des Ileum genügte nicht zur quantitativen Untersuchung. In einer
Platinöse des Inhalts waren 4 Mesentericus- Kolonieen enthalten.
Auff'allend war die geringe Resistenz des Mesentericus gegen den
Magensaft, trotz seiner Sporenbildung ging er im Magen schnell zugrunde,
schon im Duodenum fehlte er.
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc.
109
Dem Mesentericus fuscus scheint nach meinen Untersuchungen
keine Pathogenität innezu wohnen, er war schon im Koagulum fast ver-
schwunden, nur eine spärliche Kolonie sichtbar. Im Ueum wurde er
dagegen in größerer Menge gefunden, doch kommt er dort normalerweise
auch vor. Bekanntlich peptonisiert unter alkalischer Reaktion der
Mesentericus Milch, die zuvor meist koaguliert ist.
Ueber die Pathogenität des Mesentericus ist wenig bekannt.
Tabelle 10.
Versuche mit Mesentericus.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
nach 1 Tag | nach 2 Tagen
1 : 100 1 : 1000
1 : 10 000 1 : 100
1:1000
Infizierte Milch
1776 000
10 395 000
7 056000
Magen
Ileum
2 835 000
1 Oese
4 Mesentericus
15 498000
11970000 2116 800
Weigmann (Sommerfeld), p. 361.
— (Lafar), p. 197.
XI. Bacillus mycoides.
Hund XII, 4390 g schwer. Erhält 200 g einer mit dem Bacillus
mycoides infizierten (aus Bouillonkultur) Milch mit der Schlundsonde,
da er die Milch allein nicht trinken will. Er erbrach nach IV2 Stunden
etwa 100 ccm grüngelb gefärbte Milch. Die infizierte Milch stand
20 Stunden bei Bruttemperatur, sie enthielt reichlich 4 Millionen Keime.
Der Mageninhalt enthielt 3,5 Millionen Keime, darunter 5000
Mycoides.
Ein Koagulum war nicht vorhanden, der Inhalt des Magens war
flüssig, er wog 79 g. Neben wenigen Mycoides fand sich fast aus-
schließlich Aerogenes, plumpe Stäbchen, die Milchzuckeragar in der
Schüttelkultur stark zerrissen. Das Erbrochene enthielt einige bräun-
liche Blutgerinnsel und 4 Mycoides -Keime (mit zahlreichen Sporen)
im Kubikzentimeter. Im ganzen fanden sich 66 Millionen Keime im
Kubikzentimeter. Eine Gelatineplatte vom Erbrochenen war nach 8 Tagen
stark verflüssigt.
Im Duodenum war wenig Inhalt, so daß nur ein Abstrich gemacht
werden konnte. Es fand sich darin Mycoides, daneben einzelne kleine
Kokkenkolonieen von Wetzsteinform. Eine Gelatineplatte des Ausstrichs
war nach 8 Tagen nicht verflüssigt.
Das Ileum enthielt etwa 4 Millionen Keime.
Das Colon 13 Millionen Keime.
Der Inhalt des Colon bestand fast ganz aus Coli. Gelatineplatten
vom Koagulum wurden ebenfalls nach 8 Tagen verflüssigt.
Auf Grund meiner Untersuchungen muß ich dem Bac. mycoides
eine gewisse akut pathogene Wirkung zuschreiben, allerdings stand die
Milch ziemlich lange bei Bruttemperatur. Zunächst erbrach der Hund
nach IV2 Stunden grüngelb gefärbte Milch. Er hatte schon vorher die
Milch nicht freiwillig nehmen wollen. Das Erbrochene enthielt leichte
Blutbeimengung. Der Mycoides war bis in das Ileum zu verfolgen, im
Colon fehlte er. Im Koagulum hatte sich die Keimzahl auff"allend wenig
vermindert, der Mycoides war dagegen ziemlich stark darin zugrunde
gegangen und erwies sich als ziemlich wenig resistent.
110
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. (52. Heft 1/2.
Emraerling fand bei einem Laboratoriumsversuch in gärendem, frischem Grase
neben anderen Pilzen den Bacillus mycoides; er ist geneigt, dem Organismus eine
Rolle nicht bloß bei der Eiweißzersetzung, sondern auch bei der Milchsäurebildung zu-
zuschreiben.
Nach Weigmann ruft der Bacillus mycoides einen eigenartigen dumpfigen
bis schimmeligen Erdgeruch hervor, der sich auch der Butter mitteilt.
Weigmann äußert sich nicht über seine Giftigkeit, er gibt ihn nur als häufigen
Milchbewohner an.
Literatur zu Bac. mycoides.
Emmerling (Lafar), p. 335.
Weigmann (Lafarj, p. 218.
— (Sommerfeld), p. 361.
Tabelle 11.
Versuche mit Bacillus mvcoides.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
nach 3 Tagen
Agar
Gelatine
Verdünnung
1:100 1:1000
1:10000
1:100000
Kultur
Infizierte Milch
unzählbar
40 320000
3 969 000
11340000
4410000
nicht verflüssigt
Mageninhalt^)
1 554 OUO
5000 Mycoides
5 400 000
30000 Mycoides
900 000
verflüssigt
Ileum
4 540000
3 400 000
18 600 000
nicht verflüssigt
Erbrochenes
72 420000
42 210000
34 500 000
verflüssigt
Colon
9 410000
16 920000
25 500000
nicht verflüssigt
XII. Coccus lactis viscosi (Grruber).
Hund VIII, 8200 g.
Der Hund erhielt 250 g einer Milch, die mit einer 24 Stunden
alten Kultur des Coccus lactis viscosi in Bouillon infiziert war.
Die Milch enthielt 29000 Keime. Nach 6 Tagen 100000. Das Wachs-
tum in Milch war also ziemlich gering.
Der Mageninhalt wog 125 g, war flüssig, schleimig, enthielt
ziemlich große Kaseinklumpen. Das Koagulum enthielt im Durchschnitt
283 000 Keime. Der Coccus lactis viscosi wurde im Koagulum
nicht wieder gefunden.
Im Ileum fanden sich 1 m vom Pylorus entfernt 1100 Keime, viele
Bandwurmglieder. Ebenfalls kein Coccus lactis viscosi.
Im Colon fanden sich 2 Millionen Keime.
Die zur Infektion benutzte Reinkultur erwies sich nach 8 Tagen als
sehr verändert, es fanden sich fast keine Kokken mehr, sondern nur
noch kurze Stäbchen. Vor der Infektion zeigte die Reinkultur einen
kleinen Coccus, der ab und zu in Reihen lag. Die Kolonieen auf Agar
waren sehr wenig lichtbrechend, graugelb, flach. Die Milch war kaum
fadenziehend gewesen, sondern nur stark schleimig geronnen, sie zeigte
ein klares Serum, zur Hälfte festes Koagulum. Das untersuchte Material
war aus dem Serum der Milch genommen worden.
1) V2 Stunde vorher Erbrechen 1
Hanseen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc.
111
Guillebeau beschreibt 12 verschiedene Organismen, die Milch schleimig und
fadenziehend machen. Eine Schädlichkeit dieser Mikroorganismen für Menschen oder
Tiere ist noch nicht nachgewiesen. Alle diese Organismen gelangen erst nach dem
Melken durch Verunreinigung in die Milch.
Zu meinen Versuchen wurde der Coccus lactis vi scosi (Gruber)
benutzt. Er erwies sich als nicht akut pathogen, wenig resistent, da er
im Koagulum nach 2 Stunden nicht mehr vorhanden war, im Ileuminhalt
fehlte er ebenfalls. Die Zahl der Keime war allerdings, sowohl in der
Milch, wie im Koagulum, besonders aber im lleum gering.
Literatur zn Coccus lactis^viscosi.
Weigmann (Sommerfeld), p. 379.
Guillebeau, Schweiz. Arch. f. Tierheilk. 1892. Heft 3 u. 4.
König, Nahrungs- und Genußmittel. Bd. T. p. 244.
Tabelle 12.
Versuche mit Coccus lactis viscosi.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
nach 1 Tag | nach 6 Tagen
Verdünnung
1:100
1:1000
1:10000 1:100
1:1000 1:10000
Infizierte Milch
28 900
100 800 !
Mageninhalt
Dünndarm
Colon
442 000
1100
2 324 700
126000
steril
9 135 000
770000 672 000
10 000 50 400
1260000 2128 000
1112000 6116000
41000 70000
8317 000 i 2 900000
XIII. Bacillus subtilis.
Hund IV, 11 100 g. Der Hund erhielt 325 g einer Milch, die mit
einer 24 Stunden alten Kultur des Bac. subtilis infiziert war. Die
Milch enthielt unzählbar viele Subtilis-Keime. Die ganze Platte war
von stark Ausläufer bildenden Kolonieen bedeckt. Die Milch begann
nach 24 Stunden zu gerinnen, nach 48 Stunden war sie stark geronnen
und roch sauer.
Magen stark gefüllt. Gewicht des Mageninhalts 168 g. Meist
flüssiger Inhalt mit Flocken, daneben 2 walnußgroße Koagula. Der
Dünndarm zeigte stark wallartig geschwollene Plaques. Der Dick-
darm enthielt schokoladenbraunen Inhalt, die Schleimhaut desselben war
stark gewulstet. Der Hund bekam in der Agone dünnen Stuhl. Im
Koagulum aus dem Magen fanden sich fast nur kreisende, weiße Kolonieen
des Aerogenes, nur 200000 Keime, kern sicherer Subtilis.
Der Dünndarminhalt wog 179 g, enthielt viel Schleim.
Ardoin betrachtet den Subtilis ebenso wie den Mesentericus als pathogen.
Ebenfalls Spiegel berg. Bei Heufütterung ist der Subtilis neben Coli der häufigste
Bewohner des Kuhkotes.
Bei unserem Versuch war auffallend, daß der Hund geschwollene
Plaques im lleum hatte. Der Dickdarm enthielt schokoladenbraunen
Inhalt. In der Agone bestand Durchfall. Im Koagulum war der Sub-
tilis nicht zu finden. Ebenso nicht in den anderen Darmpartieen. Die
Keimzahl war im Koagulum stark vermindert. Es scheint mir nicht
erlaubt, auf eine akute giftige Wirkung aus diesem einen Versuch zu
schließen; es ist aber immerhin möglich, daß die Produkte des Bacillus
giftig gewirkt haben. Die Kultur war erst einen Tag alt, deshalb hatte
der Bac. subtilis noch keine Sporen gebildet und war wenig resistent.
112 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Literatur zum Snbtilis.
Kayser, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1902. p. 241.
Tissier, Recherches. p. 170.
Weigmann (Lafar), p. 191.
Tabelle 13.
Versuche mit dem Bacillus subtilis.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
Verdünnung
1:1000
1 : 10 000
1 : 100 000
Infizierte Milch
1 großer Basen
1 großer Basen
Mageninhalt
200 OOU
kein Subtilis
250000
XIV. Bactcrium violaceum Schröter.
Hund XI. Gewicht 2220 g. Erhält 200 g einer Milch, die mit
einer 10 Tage alten Milchkultur des Bacterium violaceum infiziert
und die tief violett gefärbt war. Die Milch enthielt im Durchschnitt
reichlich 7 Millionen Keime, die alle eine trockene häutige Oberfläche
bildeten. Die tiefliegenden Kolonieen zeigten eine zackige Umrandung.
Nach 6 Tagen hatten sich die Keime um das Doppelte vermehrt. Die
infizierte Milch bekam nach 3 Tagen an der Oberfläche einen blauen
Rand, nach 8 Tagen war sie ganz blau mit vielen großen violetten
Fetzen darin.
Der Mageninhalt wog 73 g, war zu Vi dickflüssig und enthielt
wenig Flüssigkeit. In der Verdünnung 1 : 10 waren besonders schöne,
große, baumartig verzweigte Rasen gewachsen, innerhalb dieser ließen
sich 150 000 kleine, zackige Keime nachweisen. Nur der 10. Teil der
Keime, abgesehen von den Rasen, war als B. violaceum noch zu
erkennen durch ein kleines blaues Tröpfchen auf der Mitte der Kolonieen,
das aber erst nach 9 Tagen sichtbar und nicht bei allen Kolonieen deutlich
war. Die Verdünnung 1 : 100 beherrschten große baumartige Rasen, die
polypenartige Auswüchse mit zarten Fransen am Rande zeigten. Sie
enthielten mittellange und kürzere Stäbchen, mit Lücken darin ; obwohl
diese Bakterien aus dem baumartigen Rasen den Violaceum- Kolonieen
aus der infizierten Milch sehr ähnlich waren, wurde Gelatine durch sie
verflüssigt, aber nicht blau. Die Originalkultur verflüssigte die Gelatine
und färbte sie schön violett an der Oberfläche des Stichkanals. Von
den baumartigen Kolonieen infizierte Milch begann erst nach 4 Tagen
zu gerinnen, wurde aber nicht blau. Außer den zweifelhaften Viola-
ceum-Kolonieen fanden sich nur wenig wetzsteinartige Kokkenkolonieen
im Koagulum.
Im Duodenum fand sich kaum Inhalt, nur Darmschleim, darin
sehr wenig Keime, nur reichlich 60 000. Nur eine der Kolonieen hatte
das Aussehen der Violaceu m- Kolonieen, enthielt grampositive plumpe
Stäbchen mit Lücken, doch wurde damit infizierte Milch nicht blau, ge-
rann erst nach 6 Tagen. Gelatine wurde ebenfalls nicht blau, aber fort-
schreitend verflüssigt.
Der Dünndarm, Im vom Pylorus entfernt, hatte nur wenig stark
flüssig-gelblichen Inhalt. Er enthielt im Durchschnitt über 50 Millionen
Keime. Er enthielt große haarförmig ausgebreitete Kolonieen, daneben
viele Coli (bewegliche Kurzstäbchen, in Milchzucker-Agar-Schüttelkultur
starke Gasbildung). Daneben kleine wetzsteinförmige Kolonieen. Mit
Haussen, Einfluß infizierter Milch auf das Baisterien Wachstum etc.
113
dem Ileuminhalt infizierte Milch war nach 4 Tagen stark geronnen, aber
nicht blau.
Das Colon enthielt viel dünnflüssigen Inhalt, viel Gas. Die Keim-
zahl war sehr groß. Mit dem Coloninhalt infizierte Milch war nach
1 Tage stark geronnen, aber nicht blau.
Das Bacterium violaceum war bei dem Versuch im Darmkanal
schwer nachzuweisen, da es anscheinend seine Eigenschaft verloren hatte,
infizierte Milch blau zu färben und nur an der Form seiner Kolonieen
zu erkennen war. Es scheint nicht akut pathogen zu sein.
Ueber das Bacterium violaceum findet sich schon 1887 eine genaue Zu-
sammenstellung von Loeffler. M Osler, Hoffmann, Erdmann, Neelsen,
Hüppe haben hauptsächlich über dieses Bakterium gearbeitet.
Nach W ei gm an n färbt das Bacterium violaceum (Schröter), welchem das
Bacterium janthinum (Zopf), Bacillus violaceus (Lauren tius) usw. sehr ähnlich
zu sein scheinen, die meist flüssig bleibende ganze Milch oder wenigstens den Rahm
violett.
Das Bacterium violaceum (Schröter) ist kein eigentlicher Miichbewohner,
sondern eine Wasserbakterie, tritt allerdings auch gelegentlich in der Milch auf.
Eine andere von Hüppe beobachtete, aber nicht näher beschriebene Art macht
nur auf saurer Milch, speziell auf Rahm violette bis schwarzblaue Flecke.
Literatur zu Bacterium violaceum.
Loeffler, Bakterien der Milch. (Berlin, klin. Wochenschr. 1887. p. 607.)
Löhnis, Landwirtschaft!. Bakteriologie, p. 235.
Lehmann-Neumann, Bd. 1. Taf. 31.
Weigmann (Lafar), p. 206.
(Sommerfeld), p. 374.
Zangemeister, Kurze Mitteilungen über Bakterien der blauen Milch. (Centralbl. f.
Bakt. etc. Bd. 18. No. 11.)
Tabelle 14.
Versuche mit dem Bacterium violaceum.
Zahl der Keime in 1 g
nach 1 Tage
bzw. ccm
nach 6 Tagen
Verdünnung
1:100
1:1000
1:10000
1:10000
1:100000
Infizierte Milch
4158000
3 800000
6 600000
13 200000
Mageninhalt
Duodenum
Dünndarm
Colon
157 300
500
28 350 000
unzählbar
210 000
davon 16000
Violaceum
20000
65 025 000
277 830 000
100000
73 820 000
456 000000
1060000
400000
XV. sterile Milch.
Hund XIV. Gewicht 3300 g. Erhält 200 g einer sterilen Milch, die
er freiwillig trank. Das Koagulum war fast ganz fest, wog 73 g. Es
enthielt keine Keime, alle Platten blieben steril. Das Ileum enthielt
sehr wenig Keime, im Durchschnitt 130 000, ebenso enthielt das Duo-
denum teils keine, teils sehr wenig Keime, das Colon dagegen recht
viele Keime.
Nach meinem einen Versuche scheint eine intensive Sterilisation der
Milch doch die Zahl der Keime wenigstens im Magen etwas zu beeinflussen.
In dem Hundeversuche war die Keimzahl im Ileum sehr gering, im
Koagulum und Duodenum fehlten sogar die Keime ganz. Auf die Zahl
der Keime im Colon war die sterile Milch natürlich ohne Einfluß schon
wegen der Kürze des V^ersuches. Vielleicht ist dieses Verhalten nicht
Erste Abt. Ori^. Bd. 62. Heft 1/2. 8
114
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
ohne Bedeutung für die Verdauung steriler Milch im Säuglingsdarm.
Daß eine gewöhnlich abgekochte Milch auch bereits im Magen wieder
keimreich wird, ist allerdings wohl die Regel, wie übrigens auch Ver-
suche, die im Laboratorium des Kaisenn-Auguste-Victoria-Hauses von
Dr. Munker angestellt wurden, zeigen.
Eberle gibt an, daß die Zahl der Bakterien im Säuglings stuhl nicht abhängig
ist von den in der Nahrung enthaltenen Arten und Mengen der Spaltpilze, „sie ist
auch bei den mit steriler oder nahezu steriler Milch genährter Säuglinge eine ganz
enorme".
Diese Tatsache ist auch aus vielen klinischen und experimentellen
Untersuchungen bekannt.
Literattir zu steriler Milch.
Eberle, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. 19. 1896. p. 2.
Tabelle 15.
Versuche mit steriler Milch.
Zahl der Keime in 1 g bzw. ccm
nach 1 Tage j nach 9 Tagen
Verdünnung
1:1000
1:10000
1:100000
1:1000
1:10000
1:100000
Milch
steril
steril
steril
1 Mesentericus,
1 Sarcine aus
der Luft
steril
Mageninhalt
Duodenum
Ileum
Colon
steril
240000
39 690000
steril
40 000
189 000000
steril
100000
231800000
steril
4 000
390000
30000
50000
187 000000
252 000000
Die Hauptresultate meiner Versuche in bezug auf die ein-
zelnen Bakterien sind folgende:
Es fand sich 2 Stunden nach der Verfütterung der meistens sehr
keimreichen, mit Reinkulturen infizierten Milch folgender Befund im
Magen- und Darmtraktus des getöteten Hundes :
1) Acidophilus. In der Milch kein starkes Wachstum, dagegen
im Mageninhalt die Keimzahl etwas vermehrt. Im Ileum noch einige
Acidophilus-Kolonieen gefunden (bei der zweiten Verimpfung auf
Essigsäureagar kein Wachstum). Im Koagulum wiegt der Acidophilus
vor. Keine akute Pathogenität.
2) Bacillus acidi lactici (Hüppe). In der Milch mittelstarkes
Wachstum, im Mageninhalt auf Vio vermindert. Zu -/s der Hüppesche
Bacillus. Infizierte Milch vom Hund verweigert. Keine akute pathogene
Wirkung.
3) Bacillus aerogenes. Aus Rübeninfus. Keine akute patho-
gene Wirkung. In der Milch enorm viel Keime, im Mageninhalt auf Vio
vermindert, fast die Hälfte der Keime Aerogenes. Ungeronnene Milch
im Duodenum nach 2 Stunden. Keine akute pathogene Wirkung.
4) Bacillus aerogenes. In der Milch mittelviele Keime, im
Koagulum auf V4 vermindert, davon Vs Aerogenes. Keine akute
pathogene Wirkung.
Hanesen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 115
5) Alkali bildendes Kurzstäbchen. Milch nicht freiwillig
vom Hund genommen. Keimzahl in der Milch enorm vermehrt. Im
Mageninhalt auf über Vs vermindert, vorwiegend Kurzstäbchen. Im
Ileum weniger Keime als im Mageninhalt. Im Coecum sehr viele Keime.
Keine Pathogenität.
6) Sporenbildner aus der Gruppe der Heu- und Kartoffel-
bacillen. Wenig Keime in der Milch, sehr wenig im Mageninhalt. Davon
Vs sporenbildende Bacillen. Im Duodenum Keimzahl etwas vermehrt.
Im Ileum sehr wenig Keime, ebenfalls im Colon.
7) Bacterium coli schwacher Stamm. In der Milch stark
vermehrt, im Mageninhalt auf Vs vermindert. Meist aber Coli erhalten
geblieben.
8) Bacterium coli starker Stamm. Sehr starke Vermehrung
in der Milch, Im Koagulum auf V5 vermindert. Davon nur ^/g Coli.
Im Ileum sehr viele Keime. Im Colon ziemlich wenige, im diarrhoischen
Stuhl sehr viele Keime. Leichter Durchfall,
9) Bacillus Flügge No. VII. In der Milch mittelstark ver-
mehrt. Im Mageninhalt auf Vv vermindert, hat alle anderen Keime
überwuchert. Im Ileum wenig Keime, nur der Bacillus Flügge.
Im Colon ziemlich viele Keime. Akut pathogen. Schleim im Magen
und Darm, dünner Dickdarminhalt, der offenbar zu Durchfall geführt
hätte.
10) Bacillus mesentericus fuscus. In der Milch ziemlich
stark vermehrt, im Mageninhalt dieselbe Keimzahl, darunter sehr wenig
Mesentericus, Im Duodenum schon fehlend. Keine akute Patho-
genität.
11) Bacillus mycoides. In der Milch mittelviele Keime, Im
Mageninhalt etwas verminderte Keimzahl (infolge des Erbrechens?), nur
Vv davon Mycoides, im Erbrochenen sehr viele Keime, Im Ileum
wenig Keime. Im Duodenum und Ileum wird noch der Mycoides ge-
funden. Pathogenität: der Hund hatte Erbrechen.
12) Coccus lactis viscosi. In der Milch schwach gewachsen.
Im Mageninhalt mehr Keime als in der Milch. Im Ileum sehr wenig
Keime, ebenso im Colon. Die fadenziehende Eigenschaft ging im Magen
verloren.
13) Bacillus subtilis. Sehr starkes Wachstum in der Milch.
Im Mageninhalt Keimzahl sehr vermindert, meist Aerogenes, kein
Subtilis. Pathogenität: in der Agone Durchfall.
14) Bacterium violaceum. In der Milch ziemlich stark ver-
mehrt. Im Mageninhalt auf Vio vermindert. Im Ileum sehr viele Keime,
ebenso im Colon.
15) Sterile Milch. Im Mageninhalt und Duodenum keine Keime,
im Ileum sehr wenige, dagegen im Colon enorm viel Keime.
116
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Tabelle 16.
Milch,
infizierte
Mageninhalt
Im Magen
(Koagulum)
vorwiegend
Dünndarm
(lleum)
Colon
Bemerkungen
Bacillus aci-
dophil u s
(Finkeistein)
IV« Mil-
lionen
1,9 MiU., fast
ausschließ-
Uch Acido-
philus
20 MiUionen
Acidophilus
38 Millionen,
10 000 Aci-
dophilus
40 MU-
Uonen
Keine akute pathogen«
Wirkung.
Bacteri u m
acidi lactici
(Hüppe)
20,4 Mil-
üonen
7s Hüppe
Müch verweigert, per''
Sonde gegeben, keine
akute pathogene Wir-
kung. 1
Nach 2 Stunden unge-'
ronnene Milch im Duo-
denum. Keine akute
pathogene Wirkung.
Bacterium
aerogenes
(aus Rüben-
infus)
410 Mil-
honen
38,3Millionen
davon 16,6
Millionen
Aerogenes
Bacterium
aerogenes
45 Mil-
lionen
11 Millionen
7s davon
Aerogenes
Keine akute pathogene
Wirkung. f
Alkali bildendes
Kurzstäbchen
(Wolff)
Per Sonde
142,5
Milüon.
38 Millionen,
vorwiegend
Kurzstäb-
chen
34 MiUionen
Coecum
85 Mil-
lionen
Milch verweigert. Per
Sonde. Duodenum. 3,8
Millionen. Keine akute
pathogene Wirkung.
Sporenbild aus
aer Gruppe der
Heubacillen
2 MiU.
4600, sehr
vermindert
Va davon Spo-
renbUdner
67 000
8 MiU.
Duodenum 200000, da-
rin 4000 Proteus.
Bacteriu m
coli schwach
10 Mil-
honen
3 Millionen
meist Coli
Keine akute pathogene
Wirkung,
Bacterium
coli, starker
Stamm
270 Mil-
lionen
18 MilUonen,
sehr vermin-
dert
davon Vis Coli
148 MiUionen
18 MiU.,
einzelne
Spieße
Leichter Durch-
fall, im Stuhl 50 Mil-|
lionen.
Bacillus
Flügge No.
VII
4 Mill.
60 000. Nur
Flügge
nur Flügge
1,85 Million.
Nur Flügge
19 MiU.,
einige
Flügge
dabei
Schleim im Mageni
Dünner Stuhl.
Bacillus mes-
entericus
6 MiU.
6 Millionen
kaum Mesen-
tericus
Keine akute pathogene
Wirkung.
f uscus
Bacillus my-
coides
4 Mill.
3,5 Millionen
(Erbrechen!)
davon 5000
Mycoides
4 Millionen,
wenig My-
coides
20 Mil-
lionen
Müch verweigert. Er-'
brechen. Im Er-i
brochenen 66 Mül. ;
Coccus lactis
vis cos i (Gru-
ber)
29 000
auf 283 000
vermehrt
6000, nach 6
Tagen 80 000
2 MiU.
Bacillus sub-
tilis
unzählbar
200000
kein Subtilis,
meist Aero-
genes
In der Agone Durch-
fall. Dünndarm-
reizung.
Bacterium
vi olaceum
(Schröter)
7 Million.
150000 und
großer Rasen
davon V,o
Violaceum
50 Millionen
357 MU-
lionen
Keine akute pathogene
Wirkung. Duodenum
42 000.
Sterile Milch
steril
steril
130000
223 Mil-
lionen
Duodenum, sehr wenig
Keime.
Aus den Tabellen No. 16 und 17 ergibt sich eine Uebersicht über
die Hauptresultate meiner Versuche. Die Tabelle No. 16 enthält die
Keimzahlen, und zwar in der infizierten Milch, im Mageninhalt, die in
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc.
117
Tabelle 17.
Der Mageninhalt (Koagulum + Flüssigkeit) wog bei verschiedenen Versuchen (immer
2 Stunden nach Verfütterung der Milch) :
Bacillus
Eingeführte
Milchmenge
Gewicht des
Magen-
inhaltes
Magen-
inhalt
Nahrung
Beschaffenheit
des Mageninhaltes
1) Bacillus acido-
philus Fmkelstein
250 g
81 g
V.
Flüssig, viel Kaseinkoa-
gulum, viel Schleim.
2) Bacterium acidi
lactici Hüppe
per Schlund-
sonde 200 g
50 „
V4
Hauptsächlich flüssig,
viel Kaseingerinnsel.
3) Bact. aerogenes
Escherich aus Rüben -
intus
200 g
49 „
V.
Fast keine Flüssigkeit.
4) Bact. aerogenes
200 „
58 „
V4
Hauptsächlich flüssig,
viel Kaseingerinnsel,
einzel. Knorpelstücke.
5) Alkali bildendes Kurz-
stäbchen A. Wolff
per Schlund-
sonde 250 g
93 „
+ V3
Zu 7^ fest, zu 7* trübe
Flüssigkeit.
6) Sporenbildner aus der
Gruppe der Heubacillen
200 g
18 „
Vn
Dünnflüssig, braun,
einzelne Blutflecke.
7) Bact. coli , schwa-
cher Stamm
400 „
93 „
V4
Ziemlich flüssig, ohne
Brocken, gleichmäßig
flockig.
8) Bact. coli, mit star-
kem Wachstum
250 „
68 „
+ V3
Zur Hälfte fest, zur
Hälfte flüssig.
9) Bacillus Flügge
VII
175 „
50 „
Va
Meist dickflüssige Mas-
sen.
10) Bacillus mesente-
ricus
200 „
50 „
%
Einzelne Brocken, im
ganzen gelblich-dünn-
flüssig, schleimig.
11) Bacillus mycoides
per Sonde
200 g
79 „
-%
Kein Koagulum. Inhalt
flüssig.
12) Coccus lactis vis-
cosi
250 „
125 „
V.
Flüssig, schleimig-
13) Bacillus subtilis
325 „
168 „
V,
Meist flüssiger Inhalt
mit Flocken, 2 wal-
nußgroße Koagula.
14) Bacterium viola-
ceum
200,,
73 „
-Vs
Zu ^4 dickflüssig, wenig
Flüssigkeit.
15) Sterile Milch
200 „
73 „
Vs
Fast ganz fest.
diesem überwiegenden
dann
die Keimzahlen
Ferner Notizen
im Dünndarm
über die Koa-
Bakterien,
(in der Regel im Ileum) und im Colon
gulation der Milch im Magen und über eventuelle pathologische Wir-
kungen, soweit solche überhaupt innerhalb der Versuchsdauer von
2 Stunden eingetreten war.
Die Tabelle No. 17 bringt noch Angaben über das Verhältnis des
nach 2 Stunden sich wiederfindenden Mageninhaltes zu der eingeführten
Nahrung.
Das Hauptresultat in bakteriologischer Beziehung
war, daß trotz der fast stets sehr reichlichen Zufuhr von
Bakterien in der Milch die Keimzahl meistens sehr ver-
mindert war.
118 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Die antibakterielle Kraft des Magens ist ja bekannt und durch zahl-
reiche Versuche bewiesen, wenn auch über den Grad dieser Bakterien-
abtötung die Ansichten noch verschieden sind. Die speziell für den
SäugHng in Betracht kommenden Tatsachen sind von Uffenheimer
(Ergebn. d, inn. Med. u. Kinderheilk. Bd. 2. 1908. p. 322) zusammen
gestellt. Das wirksame Prinzip ist die Salzsäure. Nach Stern entfaltet
die Salzsäure allerdings ihre desinfizierende Wirkung nur so lange, als
die motorische Tätigkeit des Magens erhalten ist. Die Zersetzung des
Traubenzuckers durch das Bact. acidi lactici zur Milchsäure z. B.
wird bereits durch Salzsäure von 0,01 — 0,02 Proz. verlangsamt von
0,07 — 0,08 Proz. vollkommen aufgehoben. (Nach Sieber, Cohn und
Hirsch fei d.) Wichtig sind ferner Untersuchungen von Moro, nach
dem pathogene Bakterien nach dem Durchtritt durch den Magen ab-
sterben. Uffenheimer dagegen, der eben diese Verhältnisse an neu-
geborenen Tieren geprüft hat, kam zu einem entgegengesetzten Resultat.
Er sah insbesondere den sporenfreien Milzbrandbacillus unbeschädigt
den Magen und den Darm seiner ganzen Länge nach passieren. Nach
Uffenheimer dürfte entscheidend wohl die zugeführte Menge der
Bakterien sein. „Was unter den Verhältnissen des Alltags von Mikroben
in den Säuglingsmagen gelangt, mag bei normalen Sektionsverhältnissen
im allgemeinen wohl abgetötet werden." Aber auch Uffenheimer
hält es für möglich, daß durch Stagnation eine Vermehrung der Bakterien
im Magen leicht und sehr reichlich vor sich gehen kann, wie das Tob 1er
und Krayer ja im Tierversuch gezeigt haben.
Im Mageninhalt ist die Salzsäure gewiß etwas entwickelungshemmend,
auf die Entwickelung der Bakterienflora im Darme ist sie aber ohne
jeden Einfluß (R. Schütz).
Speziell beim Hund wissen wir aus den Untersuchungen von E. S.
London, daß der Magensaft beim gesunden Tier bakterizid wirkt,
während kranke Hunde einen Magensaft sezernieren, welcher für Bak-
terien einen ausgezeichneten Nährboden abgibt.
Miller, Knisl, Dallemagne sprechen sich ebenfalls für die
Bakterizidie des Magensaftes aus. „Auf der Höhe der Verdauung muß
der Magensaft eine wenn auch nur beschränkte bakterizide Wirkung
zugesprochen werden. Ein Teil der eingeführten Bakterien wird im
Magen in seinen Lebenseigenschaften abgeschwächt."
Wollen wir unsere Versuche mit den vorliegenden Untersuchungen
in Beziehung bringen, so haben wir dabei vor allen Dingen immer zu
berücksichtigen, daß bei ihnen die Tiere bereits nach 2 Stunden getötet
wurden, also nur das, was innerhalb dieser Zeit im Magen geschah,
festgestellt werden konnte, pathologische Wirkungen also nur dann, wenn
sie sehr akut waren, zur Beobachtung kommen konnten. Wirkungen
auf den Darm waren überhaupt nur zu erwarten, wenn eine sehr akute
Beschleunigung der Peristaltik, durch welche Bakterien rasch in die
tieferen Darmabschnitte gelangten, ausgelöst wurde. Unsere Versuchs-
anordnung sollte eben insbesondere die akuten Wirkungen einer in-
fizierten Milch erkennen lassen und waren bestimmt, insbesondere die
Bildung flüchtiger Säuren im Magen und deren eventuelle W^irkung auf
die Darmperistaltik zu untersuchen, worüber an anderer Stelle ver-
öffentlicht werden wird. Die hier besonders zu besprechenden bakterio-
logischen Verhältnisse sind aber auch als solche interessant.
Es zeigt sich, daß beim Hund nach Verfütterung von
Milch in mittleren Quanten, die aber meist sehr große
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterienwachstum etc. 119
Mengen Bakterien enthielt, die antibakterielle Kraft
des Magens meist sofort und kräftig einsetzt. Die Versuche
sprechen nicht gegen die Versuche von Tobler und Krayer, die in
ganz anderer Weise gewonnen wurden. Diese Autoren überfütterten
ihre Versuchstiere absichtlich durch zahlreiche, rasch aufeinanderfolgende
Mahlzeiten und untersuchten den infolgedessen stagnierenden, und im
Zentrum des Koagulums dem sauren Magensaft stundenlang gar nicht
zugänglichen Teil des Mageninhalts. Hier fanden sie eine enorme Ver-
mehrung der Bakterien. Wir dagegen wollten sehen, ob schon während
einer normalen Verdauung eine, wenn auch nicht so enorme, so doch
erkennbare Vermehrung der Bakterien stattfindet, welche die Bildung
der flüchtigen Säuren oder anderer Gifte im Magen erklären könnte.
Eine solche Vermehrung der Bakterien fanden wir nun, obwohl die
Aussaat in der Nahrung meist eine sehr reichliche war, in den meisten Ver-
suchen nicht. Dies Resultat stimmt mit der Auffassung von
der schützenden Wirkung des Magensaftes, besonders der
Salzsäure, bei normalen Ernährungs-, Sekretions- und
motorischen Verhältnissen überein. Diese Untersuchungen
mit infizierter Milch sind deshalb nicht überflüssig, weil bei dem ab-
weichenden Verlauf der Milchverdauung besonders der festen Gerinnung
der Kuhmilch, nicht ohne weiteres die rasche Durchdringung des Koa-
gulums mit Magensaft angenommen werden konnte. W^ie Tabelle No. 17
zeigt, war bei unseren Versuchen 2 Stunden nach der Fütterung der
mäßigen Milchmengen meistens ein großer Teil des Mageninhaltes flüssig
oder doch nicht fest. Die Reaktion des Mageninhaltes war bei allen
Versuchen, außer No. 11, wo Erbrechen und pathogene Wirkung statt-
gefunden hatten, sauer, freie Salzsäure fehlte aber. Bei Versuch 11 war
die Reaktion neutral.
Eine außerordentlich große Vermehrung der Bakterien im Magen-
inhalt war vielleicht insofern nicht zu erwarten, als die Bakterien ja
hierzu nur 2 Stunden Zeit hatten. Immerhin wäre eine Vermehrung
um ein Vielfaches möglich gewesen, da diese Zeit bei günstigen Be-
dingungen zu einer solchen Vermehrung an sich genügt (Buchner,
F ick er u. a.).
Da nun aber meistens eine deutliche Verminderung eintrat, so
müssen bei der Verdauung von infizierter Milch, normale Magen-
funktionen vorausgesetzt, in der Regel selbst außerordentlich
große Mengen der verschiedensten Milchbakterienarten
rasch im Magen abgetötet werden, sei es durch die Magensäure
des Magensaftes, sei es durch die schädliche Wirkung der raschen
Milieu- (Konzentrations- und Reaktions-)änderung.
Nun fanden wir aber in einzelnen Versuchen ein anderes Verhalten
der Bakterien. Bei einigen Versuchen, besonders mit stark
säurebildenden Bakterien, war die Keimzahl vermehrt,
und zwar beim Acidophilus, der offenbar an dieser Vermehrung
selbst wesentlich beteiligt war, und beim Coccus lactis viscosi, bei
dem allerdings dieser nicht wieder aus dem Koagulum gezüchtet wurde.
Wir dürfen wohl annehmen, daß auch beim Bacillus mycoides, der
ebenfalls Säure bildet und Gärung bewirkt, im Magen eine Vermehrung
von Bakterien stattgefunden hat, wie besonders die hohe Keimzahl im
Erbrochenen zeigt. Nach den Ergebnissen der Kultur war freilich auch
diese Vermehrung nicht auf den Mycoides, sondern auf andere Ba-
cillen zurückzuführen. In dem nicht erbrochenen Rest des Mageninhalts
120 iCentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
wurde nach 2 Stunden hauptsächlich Aerogenes, also auch ein
Säurebildner gefunden, der hauptsächlich im Magen sich vermehrt haben
mußte. Eine Verminderung der Keimzahl war schließlich auch beim
Versuch mit dem Bacillus mesentericus nicht eingetreten. Da
dieser Bacillus sich hier so gut wie überhaupt nicht wieder fand, müssen
andere Bakterienarten sich vermehrt haben.
Zweifellos hatten die Bakterien, die sich vermehrten, im Magen
günstige Lebensbedingungen gefunden, und zwar nur zum geringsten
Teil die verfütterten Arten, meist andere. Es ist wohl anzunehmen,
daß die vorher erfolgte Veränderung der Milch durch die Infektion den
nachher sich vermehrenden Bakterien nicht geschadet, sondern wahr-
scheinlich den Nährboden vorbereitet hat. Die selbst säurebildenden
Bakterien fanden wahrscheinlich in dem sauren Chymus eine ihnen zu-
sagende Reaktion. Das ist besonders beim Acidophilus verständlich
und entspricht seinen bekannten biologischen Eigenschaften. Offenbar
schadet diesem an Säure gewöhnten Bacillus auch die Salzsäure des
Magens weniger als anderen Bacillen.
Auffallen mußte es allerdings, daß bei beiden Versuchen mit Aero-
genes-Arten die Keimzahl im Mageninhalt abgenommen hatte, da doch
gerade der Aerogenes im Magen des Hundes vorkommt, gleichfalls
ein Säurebildner ist und beim Säugling ebenso wie beim jungen Hund
ein obligater Dünndarmbacillus ist. Auch war er offenbar beim My-
coides- und beim Subtilis- Versuch spontan gewachsen. Man muß
wohl annehmen, daß dieser Bacillus doch gegen Salzsäure etwas empfind-
licher ist und nur im Inneren großer Koagula sich im Magen vermehren
kann, so daß bei normaler Magenverdauung die großen mit der Nahrung
eingeführten Mengen von Bakterien sich zunächst in den ersten 2 Stunden
stark vermindern. Aehnlich dürfte der Vorgang beim Bacterium acidi
lactici sein.
Wir sehen also, daß auch in den Versuchen, wo die Keimzahl sich
nicht verminderte oder sich gar vermehrte, die eingeführte Keiraart nicht
oder nur wenig an der Vermehrung beteiligt war, daß vielmehr andere
aus Mund und Magen stammende Bakterien sich vermehrt hatten.
Andererseits zeigen diese 3 — 4 Versuche, daß zweifellos, selbst bei
vorher normal funktionierendem Magen und selbst ohne Stagnation, etwa
infolge von Ueberfütterung, schon im Laufe von 2 Stunden, also während
einer normalen Verdauungszeit, sich Bakterien vermehren können, so
daß sie im Magen ähnliche biochemische Wirkungen entfalten dürften,
wie in einer Reinkultur, die eingeführt würde. Die Menge der ein-
geführten Bacillen, also die Keimzahl der Nahrung, scheint dabei aber
nur so weit mitzuwirken, als sie für gewisse, schon im Organismus vor-
handene Bakterien das Nährmedium vorbereiten, vielleicht durch ihre
Säurebildung. Nicht dagegen scheint die Art der Nahrungsinfektion
maßgebend für die Magenflora zu sein, wenn eine Vermehrung der
Bakterien stattfindet. Vielmehr erscheinen auf jeden Fall von einer mit
Reinkultur infizierten Milch stets enorme Mengen im Magen abzusterben.
Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings noch, daß ja durch die
Magensekrete eine beträchtliche Verdünnung des Chymus stattfindet,
durch welche auch die Keimzahl relativ geringer erscheinen muß. Diese
Verdünnung kann aber nur einen Unterschied etwa um die Hälfte bis
um ein Drittel ausmachen.
Bei einigen Bakterien, die sich bereits nach 2 Stunden in relativ
größerer Menge im Darm finden, z. B. beim Bacillus Flügge No. VII,
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 121
ist auch eine Vermehrung im Magen wahrscheinlich, obwohl die Keim-
zahl dort verringert erscheint. Hier dürfte infolge der beschleunigten
Peristaltik eine große Menge von Bakterien bereits aus dem Magen in
den Darm weiterbefördert worden sein.
Bei der überwiegenden Mehrzahl unserer Versuche hatte die Keim-
zahl im Magen abgenommen, der Grad dieser Abnahme war recht ver-
schieden; manche waren nur auf ein Viertel bis die Hälfte vermindert,
die meisten bis auf den 10. Teil oder noch weniger. Auch die Sporen-
bildner, Mj'coides, Subtilis und Mesentericus, fanden sich im
Mageninhalt nur in geringer Menge wieder, während der Flügge No. VII
und der Sporenbildner aus der Gruppe der Heu- und Kartoflfelbacillen
sich in etwas größerer Menge erhalten hatten. Daß sonst gerade Sporen
dem Magensaft länger widerstehen, ist experimentell erwiesen. Aber
die Resistenz der Sporen braucht ja natürlich nicht mit einer sofortigen
Vermehrung im Magen verknüpft zu sein ; es ist vielmehr gut möglich,
daß auch solche Bakterien, deren Sporen den Magen lebend passieren,
im Magen selbst keine günstigen Lebensbedingungen finden. Uebrigens
verhielten sich die untersuchten Sporenbildner in ihrer Abnahme ver-
schieden.
Da in unseren Versuchen stets Reinkulturen verwendet wurden und
der leere Magen zwar verschiedene Arten, jedoch meist nur sehr wenig
Keime enthält, müssen überall da, wo nach 2 Stunden nur noch ein Teil
der Magenbakterien denen der infizierten Milch entsprach, andere Keim-
arten, die aus Mund und Magen stammten, sich vermehrt haben. Eine
solche Vermehrung hat in allen unseren Versuchen stattgefunden. Sie
ist der Ausdruck der Tendenz zu einer natürlichen, dem Individuum
wie dem Nährmedium entsprechenden Chymustiora. Wir sehen, daß
selbst, wenn die Nahrung außerordentlich reich an einer Bakterienart
in Reinkultur war, im Magen sofort die Bakterien der Nahrung abnehmen
und die des Organismus zunehmen, selbst wenn die Nahrung mit einem
für sie charakteristischen Keim, in diesem Falle Milchbakterien, infiziert
ist. Offenbar sind viele der im Verdauungskanal vorhandenen Keime
den Bedingungen im Magenchymus besser angepaßt, als die der Milch
angepaßten Milchbakterien, obwohl erstere ja gleichfalls in ein neues
Nährmedium gelangen. Die Vermehrung der Chymusbakterien wird in-
direkt durch das Absterben der Nahrungsbakterien gefördert, denn be-
kanntlich spielt bei allen diesen Vorgängen die Wirkung der Bakterien
aufeinander mit.
Die natürliche Bakterien flora des Hundemagens und Darms ist von Horowitz
an Fistelhunden, und zwar auch bei Milchnahrung, studiert worden und interessiert uns
hier nicht weiter; dagegen ist es für unser Problem intere^ssant, daß insofern doch eine
Abhängigkeit vom >iährmedium gefunden wurde, als der Bacillus lacticus, der
sonst nicht überall vorkam, nach Milchfütterung in allen Dünndarmabschnitten nach-
wei.-<bar wurde. Horowitz hat übrigens auch, wie viele andere Autoren, einen Versuch
mit Verfütterung von Reinkulturen (Prodigiosus, aber nicht in Milch) vorgenommen,
der ebenfalls eine Verminderung der Keime im Magen ergab. Horowitz erörtert ferner
die Ursachen der Abtötung eingeführter Keime und untersuchte sie speziell durch Ver-
suche am Hund. Er fand, daß nur reiner Magensaft die Bakterien abtötet, nicht da-
gegen die als Acidalbumin gebundene Salzsäure, wie eine Prüfung mit der aus dem
Pylorus stammenden Flüssigkeit ergab.
Die Keimzahl des Verdauungskanals beim Hund wurde von Horowitz, aller-
dings auf andere Weise als von uns, bestimmt. Horowitz arbeitete mit den Pawlow-
schen Hunden, und es standen ihm solche mit Fisteln aller Magen- und Darmabschnitte
zur Verfügung. Die Untersuchungen nach Verfütterung nicht infizierter Milch ergaben
in 1 ccm Verdauungsbrei
122 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
im Magen 25 000 Keime
im Duodenum 25 000 „
1 m vom Pylorus 175 000 „
Ende des Dünndarms 475 000 „
Leider ist nicht angegeben, wie lange nach der Fütterung die Entnahme vorgenommen
wurde. Die Menge vergrößert sich gegen das anale Darmende hin. Ich fand bei der
Verfütteruug steriler Milch
im Magen keine Bakterien
im Duodenum keine oder sehr wenig
im Ileum 130 000
im Colon 123 000000
Die Zahl im Colon dürfte bei meinen Versuchen nicht abhängig von der IVlilchfütteruug
sein. Die Zahl für das Ileum entspricht ungefähr denen von Horowitz. Die Zahlen
im Magen unterscheiden sich bei steriler Milch, wir möchten aber aus diesem einen
Versuch keine bindenden Schlüsse auf einen zwingenden Zusammenhang zwischen Milch-
sterilisation und Keimarmut des Magens ziehen. Bei Verfütterung nicht infizierter, aber
auch nicht sterilisierter Milch wurden von M unk er in Versuchen, die ebenfalls im
Laboratorium des Kaiserin-Auguste- Victoria-Hauses angestellt wurden, meistens erhebliche
Mengen von Bakterien nach 2 Stunden gefunden , was ja auch mit dem spontanen
Wachstum nicht aus der Milch stammender Keime im Einklang steht. Im Duodenum
war bei unseren Versuchen mit infizierter Milch die Keimzahl meist geringer als im
Magen; wir fanden im Magen bis 10 000 000 Keime, im Duodenum nur 1000 000 Keime
im Durchschnitt. Bekanntlich findet man oft das Duodenum fast steril. Das Ileum
enthielt 40 000000 Keime im Durchschnitt, das Colon 80000000. Im Coecuminhalte
wurden in einem Falle 85 000 000 Keime gefunden. Die Keimzahl war also im Dick-
darm sehr hoch. Jedoch sollen diese Kemizahlen des Dickdarms hier nur angeführt
werden, ohne daß Schlüsse auf eine Wirkung der infizierten Milch daraus gezogen
werden. Auch im Erbrochenen in einem Falle und im diarrhoischen Stuhl war die
Keimzahl natürlich sehr hoch, und zwar in den betreffenden Fällen größer als im ent-
sprechenden Magen- bzw. Darminhalt. Im Colon fand sich fast niemals ein aus der
Milch stammendes Bakterium nach den 2 Stunden wieder. Es ist natürlich nicht aus-
geschlossen, daß bei einer längeren Versuchsdauer namentlich die auf die Peristaltik
beschleunigend wirkenden Bakterienarten sich auch im Colon, wenn auch in verringerter
Menge, wiedergefunden hätten.
Unsere Versuche können auch die Beobachtung über die Verdauung
der Milch im Magen überhaupt vermehren. Wir konnten auch bei der
Fütterung infizierter Milch das besonders von Tob 1er und Bogen
konstatierte getrennte Uebertreten von Molke und Koagulum aus dem
Magen in den Darm konstatieren. Wir haben nur in einem Versuch
scheinbar unveränderte, d. h. nicht vollständig ausgelabte Milch im
Duodenum angetroffen. Auch wir sahen wie Tob 1er im Magen einen
scheinbar geringen Inhalt. Tob 1er fand von der eingeführten Milch
(185 g) nach ''U Stunden noch 28,6 Proz. (mit bloß 19,8 Proz. des ein-
geführten Milchzuckers). Ich fand nach 2 Stunden meist nur Vs des ein-
geführten Volumens (6mal), 5mal V^- ^ni^l V21 liual Vn- Von diesem
Volumen bestand natürlich noch ein beträchtlicher Teil aus Magen-
sekreten. Da das Volumen einen ungefähren Schluß auf das Schicksal
der Molke gestattet, muß also auch bei unseren Versuchen mit infizierter
Milch der Magen sein Sortierungsvermögen besessen haben, d. h. die
Molke zum größten Teil getrennt und vor dem Koagulum in den Darm
entleert haben. Es wäre von Interesse, festzustellen, ob mit dem größeren
Volumen auch die größere Menge der Bakterien, abgetöteter und lebens-
fähiger, den Magen im Beginn der Verdauung verlassen, oder ob sie
größtenteils im Koagulum verbleiben. Durch Versuche am Duodenal-
fistelhund könnte man dieser Frage näherkommen.
Wir haben bis jetzt entsprechend dem Programm unserer Versuche
hauptsächlich die bakteriellen Vorgänge im Magen berücksichtigt. Wir
haben auch im Darm nicht in allen Versuchen die Keime gezählt. So-
weit unsere Versuche Schlüsse gestatten, scheint bei einer 2-stündigen
Versuchsdauer die Keimzahl im größten Teil des Darmes überhaupt
Haussen, Einfluß iufizierter Milch auf das Bakterienwachstum etc. 123
noch nicht unter der Herrschaft der eingeführten Nahrung zu stehen.
Nach Versuchen von Bahr dt und Bamberg, die gleichzeitig im Labora-
torium des Kaiserin- Auguste- Victoria- Hauses über die Peristaltik bei
Milchverdauung nach der Cannon sehen Röntgenmethode vorgenommen
wurden, befindet sich die Hauptmenge des Chymus bei Hunden nach
Fütterung mit 100—120 g Milch nach 2 Stunden noch nicht im Dünn-
darm, nach 1 Stunde sind zuerst größere Mengen im Dünndarm zu sehen,
nach 2^4 Stunden befindet sich die Hauptmenge erst im Jejunum, nach
4 Stunden die Hauptmenge im Heum. In den Dickdarm tritt der Chymus
durchschnittlich nach 4 Stunden ein. Allerdings wäre es möglich, daß
die Molke und mit dieser eventuell ein großer Teil der Bakterien schon
vor dieser Zeit, also vor der Hauptmasse des breiigen Chymus, rasch
in den oberen Dünndarm gelangt. Doch dürfte gerade die Molke rasch
resorbiert werden und somit sich gar nicht über den ganzen Dünndarm
verteilen. Anders kann es sein, wenn Pylorusschluß und Darmperistaltik
abnorm verlaufen, sei es durch einen Reiz der infizierten Nahrung, sei
es aus anderen Ursachen. Bei mangelhaft reguliertem Pylorusschluß und
sehr beschleunigter Darmperistaltik ist es sehr wohl denkbar, daß schon
nach V2 — 1 Stunde die Molke oder der Chymus mit den aus der Nahrung
stammenden Bakterien auch in die unteren Darmabschnitte gelangen.
Durch eine solche massenhafte und plötzliche Invasion könnte dann auch
im ganzen Darm vielleicht eine enorme Vermehrung der bei normaler
Peristaltik sonst unschädlichen Bakterienarten im Dünn- und Dickdarm
stattfinden, und so zu einer schon durch die Quantität der fremden Keime
schädlichen Chymusinfektion führen. Auf diese Weise müssen wir uns
wohl manche ganz akuten Gastroenteritiden infektiöser Natur er-
klären. Hierher gehören wohl viele akute bakterielle Nahrungsmittel-
vergiftungen mit großen Mengen nicht sehr virulenter Bakterien. Ob
dann die Bakterien die Darmmotilität zuerst gestört haben oder indi-
viduelle vielleicht nervöse Störungen oder eine hinzutretende Ueber-
fütterung, ist im einzelnen Fall schwer zu entscheiden. Bei den Massen-
vergiftungen vieler Menschen durch vergiftete Nahrung müssen wir
natürlich in den Bakterien bzw. ihren Produkten die erste Ursache der
beschleunigten Peristaltik suchen. Die Wirkung der giftigen Flügge-
schen Milchbakterien im Tierversuch haben wir uns ähnlich vorzustellen.
Schon im Magen wird die Peristaltik beschleunigt, und dadurch werden,
wenn kein Erbrechen eintritt, die Bakterien rasch über den ganzen Darm
verbreitet, in dem sie günstige Bedingungen zur Vermehrung finden. Wir
fanden in unserem Versuch den Flug gesehen Bacillus bereits nach
2 Stunden im Dünndarm überwiegend und auch schon im Colon, zu
einer Zeit, in der normalerweise der Chymus noch nicht bis zum Dick-
darm gedrungen ist, ja sich noch nicht einmal normalerweise die Haupt-
menge desselben im Dünndarm befindet. Wahrscheinlich war bei dem
starkwachsenden Coli- Stamm eine ähnlich bescheunigte Peristaltik ein-
getreten, die zu einer raschen Verbreitung im ganzen Darm und zu dem
Durchfall geführt hatte.
Es ist nun bemerkenswert, daß die beschleunigte Peristaltik,
die zu einer raschen Infektion des ganzen Darmes mit dem Bacillus
der Nahrung führen muß, nicht jedesmal dann eintritt, wenn
Bacillen im Magen günstige Vermehrungsbedingungen
finden. So hatten wir offenbar beim A cid ophil u s- Versuch und bei
den übrigen Versuchen, in denen die Keimzahl im Magen vermehrt war
(Coccus lactis viscosi, mycoides, mesentericus), keine be-
124 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. (32. Heft 1/2.
sclileunigte Peristaltik, die die Keime rascher in den Darm bringt. Nur
trat beim Mycoides Erbrechen auf, was vielleicht darauf hinweist, daß
hier doch eine pathogene Wirkung eintrat, die, wenn das Erbrechen
nicht eingetreten wäre, auch zu beschleunigter Darmperistaltik geführt
hätte.
Wir sehen umgekehrt, daß die Keimzahl bei Flügge No. VII und
dem stark wachsenden Coli, welche zu beschleunigter Darmperistaltik
führten, im Magen nicht erhöht war, vielleicht allerdings infolge einer
raschen Entleerung in den Darm.
Fragen wir uns also, ob aus unseren Versuchen ein Zusammenhang
zwischen infizierter Nahrung und Bakterienvermehrung im Magen einer-
seits und zwischen dieser und akuter Verdauungsstörung andererseits
zu erschließen ist, so müssen wir konstatieren, daß, wenn überhaupt
Milchbakterien in ganz akuter Weise (2 Stunden) eine Darmstörung
auslösen, es sich offenbar nicht um diejenigen Arten handelt, die sich
bei der normalen Milchverdauung im Magenkoagulum rasch und stark
vermehren, sondern um solche, die auch ohne eine solche Vermehrung
im Magen rasch zu einer beschleunigten Darmperistaltik und -reizung
führen und sich, solange keine Entleerung des Darmes stattfindet, im
Darm vermehren. Jedoch soll dieser Schluß nur als vorsichtiger Hin-
weis geäußert werden.
Unsere Versuche waren ja nicht angestellt, um die Wirkung auf
den Darm zu studieren, und es würden noch weiterer Versuche, ins-
besondere auch von längerer Dauer und mit geringeren Bakterienmengen,
bedürfen, um bei diesen auf den Darm pathogenen Arten sicher fest-
zustellen, ob sie sich im Magen vermehren.
Andererseits handelt es sich bei diesen Formen akuter Verdauungs-
störungen, die ja wohl ganz bakteriologisch bekannten Beobachtungen
von Gastroenteritiden durch verdorbene Nahrung bei Erwachsenen ent-
sprechen, offenbar nicht um diejenigen Vorgänge, welche den häufigen
akuten Djspepsieen und Enterokatarrhen des Säuglings entsprechen ^).
Die akuten Dyspepsieen des Säuglings sind so häufig und diese
besonderen Formen einer Milchverderbnis anscheinend so selten, daß
wir mit ihnen bis jetzt wohl immer nur einzelne Ausnahmefälle akuter
Verdauungsstörungen erklären können.
Eine unsaubere und ungenügend sterilisierte Milch fällt, auch im
Haushalt, so überwiegend häufig den bekannten Milchsäurebildnern an-
heim, daß, wenn man den Bakterien eine pathogene Mitwirkung überhaupt
zusprechen will, man diese in erster Linie berücksichtigen muß oder auf
die erst im Magen sich vermehrenden Bakterien zurückgreifen muß.
Daß eine natürlich saure Milch, normale Dosierung vorausgesetzt,
in der Regel nicht zu Dyspepsieen führt, ist für den Erwachsenen und
durch die Erfahrungen mit Buttermilch und auch anderan Milchgärungs-
produkten auch für den Säugling unwahrscheinlich gemacht.
1) Warum, das hat u. a. Rietschcl in seiner „Sommersterblichkeit" p. 402 und
403 ausführlich enirlert. Der wichtigste Grund ist wohl der, daß wir kein epidemisches
Auftreten der Erkrankungsformeu, wie bei einer Heischvergiftung, bei Erwachsenen
beobachten; auch wurde fast noch niemals bei den typischen Dyspopsieen und akuten
Enterokatarrhen (nicht Enterit. foll.) des Säuglings aus derselben Mdch, die der Säug-
ling bekommen halte, ein Bacillus gezüchtet, der im Tierversuch sich etwa so verhielt,
wie der Flüggesche Bacillus oder pathogene Coli- Arten, (iärtnersche Bacillen etc.
— Insbesondere hat man das Bacteriura coli, das zuweilen akut pathogen wirken
kann, nur selten in größereu Mengen in verdorbener Milch gefunden, noch seltener
Paratyphus und andere ähnliche Bacillen.
Hanssen, Einfluß infizierter Milch auf das Bakterien Wachstum etc. 125
Inwieweit die erst im Magen sich vermehrenden Bakterien an der
Entstehung akuter Verdauungsstörungen mitwirken, ist die nächste Auf-
gabe experimenteller Forschung. Durch die schönen Untersuchungen
Toblers und Krayers ist für diese der Weg gewiesen. Sie zeigen,
daß dazu die Ueberfütterung in erster Linie gewisse Vorbedingungen
schafft, nämlich einen günstigen Nährboden infolge Stagnation im Magen.
Unsere Untersuchungen am Hund zeigen, daß bei normaler Ver-
dauung dieser günstige Nährboden für die meisten Bakterien der Milch
im Magen nicht vorhanden ist, daß aber zuweilen auch ohne Ueber-
fütterung eine Bakterienvermehrung stattfindet, nur daß daran meist die
mit der Milch eingeführten Keimarten gar nicht oder nur wenig be-
teiligt sind.
Literatur.
Uffenheimer, Ergebn, d. inn. Med. u. Kinderheilk. Bd. 3. 1908. p. 322.
Stern, Ueber innere Sekretion. (Festschr. f. von Leyden 1902, zit. nach Uffen-
heimer, 1. c.)
Sieber, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 19. 1879. p. 433.
Cohn, F. O., Ueber die Einwirkung des künstlichen Magensaftes auf Essigsäure- und
Milchsäuregärung. (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. 1889. p. 75.)
Hirsch feld, Ueber die Einwirkung des künstlichen Magensaftes auf Essigsäure- und
Milchsäuregärung. (Pflügers Arch. Bd. 47. 1889. p. 510.)
Moro, Verhandl. d. Gesellsch. f. Kinderheilk. auf der Meraner Naturforscherversamm-
lung 1905. Wiesbaden (Bergmann) 1906.
Uffenheimer, ebenda.
Schütz, R., Berlin, klin. Wochenschr. 1900. No. 25.
— , Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 7. 1901. p. 48.
Tobler u. Krayer, 1. c.
London , E. S.,
Miller, Knisl, Dallemagne; Miller, Demonstration von Bacillen der Mund-
höhle (ütsche med. Wochenschr. 1885. No. 9) und über einige gasbildende Spaltpilze
des Verdauungstraktus (Dtsche med. Wochenschr. 1885. No. 8).
Buchner, Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 2. p. 1.
F ick er, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 23. p. 1059.
Horowitz, Zeitschr. f. physiolog. Chem. Bd. 52. 1907. p. 95.
Ballin, Magentätigkeit des dyspeptischen Säuglings. [Dissert.] Berlin 1899.
Bahrdt u. Bamberg, Zeitschr. f. Kinderheilk. (ürig.) ; noch nicht veröffentlicht.
Rietschel, Die Sommersterblichkeit der Säughnge. (Ergebn. d. inn. Med. u. Kinder-
heilk. Bd. 6. 1911. p. 397-414 u. 451—456.)
Zusammenfassung.
Es wurden Hunde mit Milch (einmal 200—400 g) gefüttert, die mit
verschiedenen Milchbakterien in Reinkultur infiziert war. Die Milch
enthielt meist enorme Mengen von Bakterien. Nach 2 Stunden wurden
die Hunde getötet und im Magen Keimzahl und Magenflora untersucht.
Daneben wurden auch die einzelnen Abschnitte des Darmes untersucht
und auf eventuelle pathogene Wirkungen, soweit sie innerhalb 2 Stunden
eintraten, geachtet.
Die Keimzahl im Magen war in den meisten Versuchen trotz Zufuhr
enormer Mengen von Bakterien sehr vermindert, meist auf ein Zehntel
oder weniger. Bei normaler Dosierung der Nahrung und normalem
Ablauf der Magenverdauung findet also im Koagulum meist keine so
starke Bakterien Vermehrung statt, wie sie von Tobler und Krayer
bei Ueberfütterung und Stagnation im Magenkoagulum im Tierversuch
gefunden wurde.
126 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
In einigen Versuchen, besonders solchen mit Säurebildnern, war die
Keimzahl im Magen nicht vermindert, zum Teil etwas erhöht. Jedoch
waren an dieser Bakterienvermehrung die eingeführten Keimarten gar
nicht oder nur zu einem Bruchteil beteiligt. Es hatten sich vielmehr
hauptsächlich andere, offenbar im Magen (oder im Munde) schon vor-
handene Bakterien vermehrt. Möglicherweise war aber durch die In-
fektion der Milch für diese Magenbakterien der Nährboden schon vor-
bereitet.
Bei den Versuchen, in denen die Keimzahl im Mageninhalt erhöht
oder nicht vermindert war, zeigte sich keine Beschleunigung der Peri-
staltik oder leicht erkennbare Störung der Verdauung. Ebensowenig
bei den anderen Versuchen, außer bei zweien.
Eine akute Verdauungsstörung bewirkten von den untersuchten
Bakterienarten nur der Bacillus Flügge No. VII und ein stark
wachsender Coli- Stamm, also solche Bakterienarten, von denen es
bereits bekannt ist, daß sie, in genügender Menge per os zugeführt,
akute Gastroenteritiden herbeiführen können. Bei diesen war eine
Peristaltikbeschleunigung nachzuweisen (außerdem bewirkte eine Milch
mit Bacillus mycoides Erbrechen). Auffallenderweise war bei diesen
Versuchen die Keimzahl im Magen nicht hoch (beschleunigte Peristaltik?
Erbrechen?).
Die Bildung des Koagulums im Magen war bei Fütterung infizierter
Milch zum Teil weniger fest als normal. Die Verdauung der Milch und
die getrennte Entleerung von Molke und Koagulum in den Darm schien
aber meist ungestört zu sein.
Hochdruck verboten.
Der Erreger der Aleppobeule und seine Kultur.
[Aus dem Gulhane-Fortbildungskrankenhause in Stambul (Direktor
Prof. Wieting Pascha)].
Von Dr. ßeschad Risa und Dr. Mustafa.
Mit 1 Tafel.
Der uns seit der Entdeckung W rights bekannte Parasit der Aleppo-
beule ist ein kleines Protozoon, das dem der Kala-azar ähnelt. Wir hatten
Gelegenheit, diesen Parasiten gleichzeitig an 3 Patienten zu studieren
und schließlich zu kultivieren.
Der erste Fall betrat einen jungen Kurden aus dem Irakgebiete (Mesopotamien),
wo er sich auch infiziert hatte. Zwölf Beulen fanden sich in dem Gesicht, und 10 bis
15 je an den Armen, Händen, Beinen und Füßen. Außerdem zeigt er noch in diesen
Gegenden einige bronzefarbene, rundliche Flecken, auf denen die Haut sonst gesund
und ohne Naroen war. Er erzählte, solche Flecken entfärbten sich langsam und ver-
schwänden später spurlos.
Der zweite Patient war ebenfalls ein 15-jährigcr Kurde aus derselben Gegend.
Er hatte im Gesicht und an den Extremitäten 6 Beulen und einige bronzefarbene Flecke
wie der erste.
Risa u. Mustafa, Der Erreger der Aleppobeule und seine Kultur. 127
Der dritte Fall betraf einen jungen Kollegen aus Bagdad, der am Fußrücken eine
linsengroße, rötliche Papel aufwies. Er sagte, daß dies eine einmonatige, neugebildete
Aleppobeule sei, was auch durch den Befund spezifischer Protozoen erhärtet wurde.
Die Stets gefundenen Protozoen sind Zellschmarotzer, die sich nur
in den großen einkernigen Zellen finden, mit denen die Cutis infiltriert
ist, und zwar finden sie sich nur in der Beule selbst, nicht aber in der
Umgebung. Die Zellen bilden in der Cutis große Haufen oder sind
zerstreut gelagert. Eine solche Zelle enthält 5—10—150 Parasiten, und
durch das Zusammenkommen von so vielen Parasiten bilden sich im
Zellprotoplasma manchmal 1 bis 2 große Vakuolen, die bald mit den
Parasiten gefüllt sind, bald leer erscheinen. Extracellulär finden sich
nirgends freie Protozoen, auch nicht in den Gefäßen, Lymphknoten,
Endothelien usw. In intakten Beulen haben wir bisweilen auch einzelne
mehrkernige Zellen gefunden, die 4 bis 6 Protozoen enthielten. In
sekundär infizierten und vereiterten Beulen finden sich deren viele. Die
histologischen Einzelheiten sind sehr anschaulich von Dr. Reinhardt
geschildert (s. Zeitschr. f. Hyg. Bd. 67. 1908).
Wir haben in jedem Stadium von Beulen 3 verschiedene Parasiten-
formen gefunden, die eine ist kurz oval, an beiden Enden spitz, diese
Form ist' die häufigste; die zweite Form ist lang spindelförmig, die dritte
birnenförmig; diese findet sich am seltensten. Die Größe aller dieser
Formen beträgt V5 bis ^{4 von der eines roten Blutkörperchens. Außer-
dem fanden sich, besonders in der jungen Beule des Arztes, zahlreiche
rotgefärbte, nicht granulierte, runde Gebilde, die Aehnlichkeit mit Blut-
plättchen hatten ; einzelne davon zeigten eine dünne, blaugefärbte Proto-
plasmaschicht, manche trugen auch dunkelrot gefärbte, aber nicht wie die
Blepharoblasten scharf begrenzte Punkte.
Von diesen Gebilden trafen wir auch 2—5 in den Makrophagen,
allein oder mit Protozoen gemischt.
Das Material zu den Ausstrichpräparaten läßt sich durch einen kleinen
Einschnitt in die Beulen und Abschabung mit der Messerspitze reichlich
gewinnen. Die Präparate wurden durch absoluten Alkohol fixiert und
mit Giemsa-Lösung oder mit Romano wsky- Schill in gschem Me-
thylenblau-Eosingemisch gefärbt. Letztere Färbung gibt besonders schöne
Bilder. Die innere Struktur aller 3 Formen ist dieselbe (cf. auch Rein-
hardt): Der nach Romanowsky gefärbte Parasit zeigt einen granu-
lierten, roten Hauptkern (Makronukleus) und einen tiefroten, kleinen
Blepharoblasten (Mikronukleus). Das Protoplasma wird hellblau, und
zeigt bei manchen eine mehr oder weniger große Vakuole. Der Haupt-
kern liegt manchmal in der Mitte, sie ganz ausfüllend, manchmal zieht
er sich ganz an das Ende zurück, seltener wird er bandförmig gestaltet.
Die Blepharoblasten sind meistens stäbchenförmig, bei stärkerer Ver-
größerung meist dreieckig, selten rundlich. Manchmal finden die Ble-
pharoblasten sich in der Nähe des Kernes, manchmal sind sie wieder
etwas weiter davon entfernt. Im oder am Hauptkern sieht man manch-
mal ein deutliches, tiefgefärbtes Karyosom (Chromatinkern).
In frischen Präparaten sind die Protozoen natürlich größer als in
gefärbten. Karyosom (Chromatinkern) und Blepharoblast stellen sich als
dunkelgrünliche, lichtbrechende Punkte dar. Im frischen Präparat zeigen
die Parasiten bisweilen eine geringe Bewegung, und es gelang uns auch
einmal, an einem lebhafter beweglichen Parasiten eine Geißel zu finden.
Unter den spindelförmigen Protozoen finden sich nun viele in Längs-
teilung begriffene Individuen; wir beobachteten bis 10 Parasiten, die
128 Centralbl. f. Bakr. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
wegen rasch aufeinanderfolgender Längsteilung sich noch nicht getrennt
hatten. Die Teilung beginnt am Blepharoblasten, dann teilt sich der
Hauptkern und das Protoplasma mit. Die Vermehrung findet innerhalb
der Gewebszellen statt und ist manchmal so stark, daß die ganze Zelle
von neugebildeten Parasiten ausgefüllt ist. Es scheint dann auch der
Kern nicht frei zu bleiben.
Wir haben zweimal mehrfach Teilungen gesehen : Bei der ersten
Form war der Parasit rund und groß geworden und hatte sich in 3
Parasiten geteilt, wobei die Blepharoblasten rundlich-oval wurden ; bei
der anderen Form war der Parasit rosettenförmig in 5 Parasiten ge-
teilt, von denen 4 je einen Blepharoblasten aufwiesen, einer ihn ver-
missen ließ.
Eine intakte Beule öifneten wir mit einer Messerspitze, entnahmen
ihr Material und ließen sie vernarben. Nach einer Woche öffneten wir
diese Narben von neuem, und machten neue Ausstriche. In den ersteren
Präparaten fanden sich in einem Gesichtsfeld 10 — 50 Parasiten, in den
zweiten 200—500, und zwar meist spindelförmig in Teilungslage. An
einer Stelle fanden sich Haufen von 100 — 300 Parasiten, eine intra-
organische Reinkultur.
Von dieser Beule und von einer anderen, noch unberührten machten
wir Kulturversuche, und zwar in Kaninchenblutagar-Kondenswasser, das
Nicolle für Kala-azar verwandt hatte. Die Kulturen blieben in Zimmer-
temperatur bei 20—30 Grad stehen. Nach 10 Tagen waren in 4 von
8 Röhrchen Kulturen gewachsen, und zwar von der oben erwähnten, an-
geschnittenen Beule. Es fanden sich etwa 2—3 Parasiten im Gesichts-
felde des frischen Präparates, 6— 8mal größer als die Formen im Gewebe.
Sie sind spindel- bis birnförmig, länger oder kürzer gewachsen, jede mit
einer beweglichen Geißel versehen. Die Parasiten bewegen sich mit
ihren Körpern und Geißeln stark wie Trypanosomen und verschwinden
schnell aus dem Gesichtsfeld. In den frischen Präparaten sieht man bei
den etwas zur Ruhe gekommenen Parasiten dunkelgrünliche, licht-
brechende Blepharoblasten und Karj'osomen (Chromatinkörnchen), alveo-
lares Protoplasma und deutliches Periplast. In dieser Kultur haben wir
auch Vermehrung durch Längsteilung gefunden, z. B. hingen 5 spindel-
förmige, eben vermehrte Parasiten mit ihrem hinteren Ende noch zu-
sammen, während das vordere freie Ende mit den Geißeln sich bewegte.
Außerdem sahen wir zweimal rundliche, cystenähnliche Gebilde von der
Größe roter Blutkörperchen, und aus diesen Cysten traten unter unseren
Augen nacheinander 3 spindelförmige Parasiten heraus und bewegten
sich mit ihren Geißeln und Körpern, während das Ende noch an der
Cyste hing.
Mit Giem sa-Lösung färben diese Kulturformen sich gut, aber die
Geißeln bleiben selbst nach 24 Stunden noch ungefärbt. Nach Roma-
nowsky-Schilling färben sich Parasiten und Geißeln sehr deutlich,
das Protoplasma wird blau und ist übersät mit feineren oder gröberen,
metachromatischen Körnchen. Bei längerer Färbung wird auch das
Periplast blaßrötlich. Der Hauptkern liegt bei diesen Formen in der
Mitte oder nahe dem freien Ende. Die Geißeln gehen von den Blepharo-
blasten ab ohne flimmernde Membran. Auch hier findet sich bisweilen
multiple Vermehrung.
Der Vergleich der Parasiten der Aleppobeule mit denen der Kala-
azar zeigt nahe Verwandtschaft, doch fanden wir bei letzteren keine
spindelförmigen Exemplare. Kala-azar und Piroplasma canis-Kul-
Centralblatt für Bakteriologie Abt.f.Orig.ßd. 62.
R.Risa u.Mustafa,Aleppobeule.
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Risa gez.
Verlag von Gustav Fischer in Jena,. Lith Anst.v.JohannesArndtjJena.
Plehn, Eine neue Karpfenkrankheit und ihr Erreger etc. 129
turen. von denen wir Präparate zum Vergleich hatten, zeigen ebenfalls
viele Aehnlichkeit.
Zusammen mit Prof Eschref machten wir an dem ersten Pat. eine
intravenöse Salvarsaninjektion von 0,45 g Salvarsan ohne Erfolg. Nach-
her machten wir lokal in die Beulen Atoxyl-, Salvarsan- und Chinin-
einspritzungen, ebenfalls ohne Erfolg. Es scheint, als ob die Makro-
phagen die Parasiten in ihren Leibern schützten. Das einzige Behand-
lungsmittel besteht darin, die Beulen nicht zu berühren und sie durch
Sauberhaltung vor sekundärer Infektion zu schützen. Sie heilen dann
glatt und ohne Narbenbildung.
Tafelerklärung.
Fig. 1. a Parasitenhaltige Zelle, b Vermehrung der spindelförmigen Parasiten in
der Zelle, c parasitenhaltiger Leukocyt. Verschiedene Formen des Protozoon.
Fig. 2. a Birnförmig, b Oval, c spindelförmig, d, e, f Längsteilung des spindel-
förmigen, g, h in Trennung, i, j Vermehrung des spindelförmigen, k Multipelverraehrung,
1 Multipelvermehrung als Eosettenform, m runde Gebilde.
Fig. 3. Kulturformen in frischen Präparaten, A, ß cystenähnliche Gebilde.
Fig. 4. Kulturformen, gefärbt nach ßom an owsky-iSchilling. a Längsteilung,
B Multipelteilung. Zeiss \\.^ Okul. 3.
Nachdruck verboten.
Eine neue Karpfenkrankheit und ihr Erreger:
Branchiomyces sanguinis.
[Aus der Kgl. Bayr. Biolog. Versuchsstation für Fischerei in München.]
Von Dr. Marianne Plehn.
Mit 1 Tafel.
In der Fischpathologie spielen die Pilze eine recht bedeutende Rolle;
als Ektoparasiten sind sie eine längst bekannte und sehr verbreitete
Erscheinung; mit einer Ausnahme [Achlya Hoferi Harz ^)] be-
schränken sich die Ektoparasiten zunächst auf die obersten Hautschichten,
und greifen erst, wenn diese zerstört sind, die darunter liegenden an,
bleiben also stets mit dem umgebenden Wasser in Berührung. Nur
Achlya Hoferi dringt weiter in die Tiefe, aber auch höchstens bis
ins Unterhautgewebe, nicht bis in die Muskulatur ; auch sie hat ihre
Hauptentfaltung auf der Oberfläche.
Nur ein einziger endoparasitisch lebender Pilz war bisher bei Fischen
bekannt, der in Heft 1 des 59. Bandes dieser Zeitschrift behandelte
Ichthyophonus Hoferi, der Erreger der sogenannten Taumelkrank-
heit der Salmoniden.
Als zweiten haben wir nun einen ganz abweichenden Organismus
zu beschreiben, der im Sommer 191] in der Biologischen Versuchs-
station in München beobachtet wurde.
Es ist der Erreger einer sehr wohlcharakterisierten, epidemischen
Krankheit, von der wir annehmen müssen, daß sie in diesem Sommer
zum erstenmal auftrat. Jedenfalls ist sie früher nie zur Untersuchung
1) Harz, Achlya Hoferi Harz, eine neue Saprolegniacee auf lebenden Fischen.
(AUgem. Fischereiztg. 1906. No. 17.)
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 1/2. 9
130 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
gekommen, und sie ist zu merkwürdig, und ihre Ursache fällt zu leicht
in die Augen, als daß man glauben könnte, sie sei übersehen worden.
Die Krankheit wurde im August im Laufe von kaum 3 Wochen in
Thüringen, Schlesien und im Lübeckischen festgestellt, also in weit aus-
einander liegenden Gegenden Deutschlands, in drei Anstalten, die durch-
aus nicht miteinander in Verbindung stehen. Später ist uns kein Fall
gemeldet worden. Es liegt somit die Annahme wohl nicht fern, daß
die abnorme Hitze dieses Sommers und speziell jener Wochen, dem
Parasiten die Stätte bereitet hat und seiner Vermehrung günstig war;
doch ist es wohl besser, in Anbetracht der geringen Zahl der bisherigen
Fälle, einstweilen mit Hypothesen zurückhaltend zu sein.
Die Krankheit betraf bis jetzt stets nur Karpfen und Schleien ; sie
trat so plötzlich auf und richtete so erschreckende Verheerungen an,
daß sie als die gefährlichste aller Fischseuchen angesehen werden darf;
wenige Tage nach ihrem Ausbruch war in dem betroffenen Teich nur
noch ein kleiner Teil des Besatzes übrig. Aber so schnell sie gekommen
war, so schnell erlosch sie auch wieder — zu schnell, als daß ihr Studium
in l3efriedigender Weise hätte durchgeführt werden können. Als das
Wesen und die Bedeutung der Seuche in der Hauptsache klar geworden
war, gab es kein lebendes Material mehr zu ihrer gründlichen Er-
forschung; alles Infizierte war tot, die wenigen Ueberlebenden in den
betroffenen Teichen waren gesund. So konnten keine Uebertragungs-
versuche ausgeführt werden ; und da die künstliche Züchtung zunächst
mißlang und für weitere Experimente das Material fehlte, bleibt in dieser
Richtung noch alles zu tun.
Zur Untersuchung kamen zahlreiche, etwas verfaulte tote und ein
einziger lebender Karpfen ; letzterer war unschätzbar als Beweis, daß
es sich nicht etwa um eine postmortale Parasitenwucherung handelte.
Die Verbreitung der Schmarotzer war in allen Objekten die gleiche und
alle wiesen die gleichen Stadien auf, was bei dem raschen Verlauf der
Krankheit nicht wundernehmen darf.
Was das Verhalten der kranken Fische vor dem Ende betrifft, so
erfuhr man von den Besitzern übereinstimmend, daß sie matt und
apathisch geworden wären, daß dieser Zustand sich im Laufe eines oder
zweier Tage immer stärker akzentuiert hätte, bis die Fische regungslos
auf dem Rücken schwammen und dann bald darauf verendeten. Zuerst
gingen die jungen Fische ein; ihrer besseren Widerstandskraft ent-
sprechend kamen die größeren später heran ; aber auch die größten
blieben nicht verschont.
An den Toten fiel bei genauerer äußerer Inspektion sofort die Be-
schaffenheit der Kiemen auf, die nicht gleichmäßig frischrot waren,
sondern ein schmutzig-fleckiges Aussehen hatten, teils weißlich und teils
bräunlich waren, einigermaßen ähnlich wie bei gewissen Vergiftungen
(Schwefelsäure). Während aber bei Schwefelsäurevergiftung eine starke
ungleichmäßige Schleimabsonderung die Ursache des fleckigen Aussehens
darstellt, findet man bei dieser Krankheit keinerlei Auflagerungen auf
der Kieme; die hellen Stellen erscheinen so, weil sie kein Blut ent-
halten ; in den dunklen dagegen hat sich das Blut gestaut; die Zirkulation
ist unterbrochen, und die Hemmung des Blutkreislaufes in den Kiemen
ist die direkte Todesursache. Das Mikroskop zeigt beim ersten Blick,
worauf die Störung beruht: die Kiemen sind vollständig durch-
wachsen mit Pilzmycelien, welche auf die Blutgefäße be-
schränkt bleiben. Man sieht die feinen, vielfach verzweigten Hyphen,
Plehn, Eine neue Karpfenkrankheit und ihr Erreger etc. ]31
die sich umwinden und durchflechten in den größeren Gefäßen des
Kiemenbogens, der Arterie sowohl wie der Vene, sie erfüllen das zu-
und abführende Gefäß des Kiemenblättchens, die dem Knorpclstützstab
parallel verlaufen, und sie durchwuchern die Gefäßschicht der respira-
torischen Fältchen. Die Fig. 1, welche einen Längsschnitt durch ein
Kiemenblättchen darstellt, zeigt die starke Ausbreitung im zuführenden
Gefäß des Blättchens, das durch die Pilzvegetation ganz verlegt ist,
und ihr Eindringen in die mittlere Schicht (die Gefäßschicht) der respira-
torischen Fältchen, die hier natürlich senkrecht durchschnitten sind.
In Fig. 2 ist ein isoliertes, respiratorisches Fältchen dargestellt, von
der Fläche gesehen ; bei der Präparation hat sich das einschichtige
Epithel, welches das Fältchen auf beiden Flächen bekleidet, abgelöst,
so daß die dünne Gefäßschicht frei daliegt, und die verzweigten Pilz-
schläuche, die sich in ihr ausbreiten, klar zu erkennen sind. Es ist ein
besonders stark infiziertes Fältchen.
So verstopfte Partien der Kieme erscheinen dem unbewaff"neten
Auge weißlich, da sie fast kein Blut enthalten ; daß die Atmung dabei
schließlich unmöglich wird und der Fisch zugrunde gehen muß, ist
selbstverständlich.
Die Reaktion des Gewebes auf die Parasiteninvasion ist erstaunlich
gering — vielleicht weil der Pilz nicht eigentlich ins Gewebe eindringt,
sondern im Lumen der Gefäße bleibt. Eine ganz leichte Verdickung
der Fältchen, hie und da eine sehr unbedeutende Hämorrhagie — das
ist alles. Ob eine Toxinbildung stattfindet, kann nicht entschieden
werden ; möglich ist es, daß die große Mattigkeit der Kranken auf eine
solche zu beziehen ist und nicht nur auf ungenügende Atmung.
Nur in den feinsten Kapillaren, d. h. nur in der Gefäßschicht der
respiratorischen Fältchen, sind die Wände so dünn, daß die Pilze sie
durchdringen hönnen ; alle übrigen Gefäßwände bedeuten für sie eine
unüberwindliche Schranke. Es sind Blutparasiten im strengsten Sinne.
Wo sie einmal — sei es indem sie das Epithel der Fältchen durch-
wachsen oder infolge einer Verletzung dieser überaus zarten Gebilde —
an die Oberfläche gelangen, sistiert das Wachstum sofort. Die vegetativen
Stadien können offenbar im Wasser nicht leben.
Mit den Sporen wird das anders sein ; daß diese im Wasser sich
zeitweise halten können, ist wohl sicher, denn die Infektion muß durch
das Wasser erfolgen. Wie sie vor sich geht, wissen wir noch nicht.
Es bestehen zwei Möglichkeiten : entweder setzen sich die Sporen außen
auf der Kieme fest, durchwachsen das zarte Epithel der respiratorischen
Fältchen, gelangen in die Gefäßschicht derselben, wo sie sich im sauer-
stoffreichen Blut in dem ihnen angemessenen Medium befinden und leb-
haft vermehren können. Letzteres geschieht besonders in den größeren
zu- und abführenden Gefäßen des Kiemenblättchens (Fig. 1) und auch
des Kiemenbogens; von dort aus wachsen sie dann wieder zentrifugal
und dringen in andere Blättchen und in andere Fältchen ein. Daß
Wachstum in beiden Richtungen erfolgt, kann man deutlich erkennen,
wenn man Stadien wie Fig. 3 betrachtet, wo in einem Mycelfaden die
Sporenbildung beginnt, wo man also sieht, welches Ende das jüngere,
welches das ältere ist. Oder aber: die Pilzsporen werden mit der
Nahrung aufgenommen, gelangen durch die Darmwand in die Lymph-
gefäße und von dort aus ins Blut. Man müßte dann annehmen, daß sie
im Körper nicht auskeimen können, und daß nur die in die Kiemen
verschleppten Sporen sich weiterentwickeln, weil nur dort so viel Sauer-
9*
132 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Stoff vorhanden ist, wie sie für ihr Wachstum nun einmal zu brauchen
scheinen.
Daß sie dies für Pilze sehr auffällige Sauerstoffbedürfnis besitzen,
darf man daraus schließen, daß sie noch niemals im Blut des Herzens
oder des Gehirns oder eines anderen, den Kiemen benachbarten Organs
gefunden wurden, wohin sie unfehlbar gelegentlich gelangen müssen,
gleichviel ob sie zentripetal oder zentrifugal vordringen.
Zunächst erscheint die Annahme, daß die Infektion von außen
kommt, als die wahrscheinlichere; doch hätten wir für die zentrifugale
Ausbreitung ein Analogon in der anderen Endomykose, der Taumel-
krankheit der Salmoniden. Hier haben neueste Versuche (nach einer
mündlichen Mitteilung von Neresheimer, Wien) ergeben, daß man
durch Fütterung mit Organen kranker Fische Allgemeininfektion er-
zielen kann. Die Sporen müssen also die Darmwand passieren und
nach Festsetzung in den Organen auswachsen können.
Ohne Experimente wird sich die Frage nach der Eingangspforte
nicht lösen lassen ; solche sollen, sobald einmal wieder neues Material
vorliegt, in Angriff genommen werden. Für die Prophylaxe ist es
natürlich von ausschlaggebender Bedeutung, auf welchem Wege die In-
fektion erfolgt.
Die Pilzfäden stellen vielfach verzweigte, völlig septenlose Schläuche
von 8 — 30 fi Durchmesser dar. Im vegetativen Zustand pflegen sie
dünn zu sein, können aber auch da einen größeren Durchmesser erreichen.
Wenn die Sporenbildung angeht (Fig. 3). nimmt die Dicke häufig zu.
Die jungen Mycelien zeigen ein Syncytium mit sehr zahlreichen kleinen
Kernen (2—3 u Durchmesser). Dieselben sind recht schwer färbbar;
ganz deutlich lassen sie sich nur mit Eisenhämatoxylin machen: da er-
scheinen sie im Schnitt sichelförmig, denn das Chromatin ist ganz der
Kernwand angelagert, und zwar größtenteils einer Hälfte derselben. Dies
ist natürlich ein Kunstprodukt, das auf die Fixierung bezogen werden
muß; im Leben sind die Kerne nicht zu sehen, vitale Färbung gelingt
nicht ; es läßt sich über ihre Beschaffenheit nichts aussagen. Das
Plasma der Pilzfäden ist auf diesem Stadium nicht ganz homogen, ent-
hält aber keine definierbaren Einschlüsse.
Hier und da präsentieren sich die Kerne in den jungen Pilz-
schläuchen auch anders, so wie in Fig. 4; ein deutlicher Nucleolus in-
mitten einer ungefärbten (Kernsaft?) Zone und die ganze Wand gleich-
mäßig gefärbt.
Aus dieser wie aus jener Beschaffenheit kann der Pilz zur Sporen-
bildung übergehen. Als Sporen wird man die Zellen auffassen dürfen,
die auf weite Strecken hin die Pilzschläuche füllen (Fig. 1, 2, 3 s;)). Sie
entstehen, indem sich um jeden Kern herum eine Portion Protoplasma
abgrenzt; anfangs ist die Grenze unscharf, markiert sich aber dann deut-
licher; schließlich bildet sich eine Membran. Septenbildung findet nicht
einmal hier, beim Uebergang der Bildung von Fortpflanzungszellen statt,
was doch sonst bei Pilzen die Regel ist.
In den jungen Pilzsporen sieht man in manchen Regionen nur
einen Kern ; in anderen finden sich fast durchgehends zwei, aber auch
mehr Kerne. Es können 6, 8 und mehr auftreten, die dann ent-
sprechend kleiner sind (Fig. 3).
Vielleicht darf man diese vielkernigen Zellen als — leider nicht
beobachteten ! — Uebergang zu einem anderen Bilde auffassen, das sehr
häufig zu sehen ist. Da erscheinen die — allerdings beträchtlich größeren
Plehn, Eine neue Karpfen krank hei t und ihr Erreger etc. 133
— Zellen ganz erfüllt von feinst verteiltem Chromatin, ein individuali-
sierter Kern ist nicht vorhanden. Vielleicht führt der Zerfall der Kerne
schließlich zu dieser völligen Zerstäubung des Chromatins in der Zelle.
Was diese Zellen (Fig. 5), die nicht etwa nach Degeneration aus-
sehen, sondern in ihrer Gleichmäßigkeit und Häufigkeit einen völlig
normalen Eindruck machen, bedeuten, kann ich nicht einmal ver-
mutungsweise sagen. Auch möchte ich durchaus nicht behaupten, daß
sie auf dem angedeuteten Wege aus einkernigen Zellen hervorgehen;
ihre Entstehungsgeschichte ist vorläufig noch dunkel.
Ein sehr auffallendes Bild muß noch besprochen werden, das nicht
in jedem Schnitt, aber doch auch nicht gerade gar zu selten angetroffen
wird.
Man beobachtet zuweilen in der Umgebung der Zellen mit zer-
stäubtem Chromatin Schwärme kleiner Gebilde etwa von der Größe
kleiner Kokken, die aber sicher keine Bakterien sind (Fig. 6). Sie be-
stehen nur aus Kern, in welchem das Chromatin kappenartig angeordnet
ist. Die Körperchen bilden den Inhalt weiterer Schläuche, welche stets
anderen Pilzschläuchen eng anliegen, sie anscheinend umwinden. In-
mitten dieser kleinen Kerne triift man hier und da die eben charak-
terisierten großen Zellen mit fein verteiltem Chromatin.
Ueber die Entwickelüng dieser Körperchen ins klare zu kommen,
ist mir nicht gelungen.
Ich würde kaum zögern, sie für Pilzspermatozoiten zu halten, wenn
man je etwas erblickte, was einer weiblichen Geschlechtszelle ähnlich
sähe. Das ist nirgends der Fall ; besonders sind die Zellen mit zer-
stäubtem Chromatin, in deren Nähe die fraglichen Gebilde ausschließ-
lich anzutreffen sind, ganz anders beschaffen als Pilz-Oogonien. Ich
kann ihre Bedeutung einstweilen nicht erklären, und man muß die Mög-
lichkeit ins Auge fassen, daß sie nicht in den Entwickelungszyklus der
Kiemenpilze gehören, sondern Organismen eigener Art sind — vielleicht
Parasiten der Kiemenpilze. Sie finden sich stets an den Enden der
respiratorischen Fältchen , sind also wohl noch extremer sauerstoff-
liebend als die Pilze selbst.
Ueber die systematische Stellung der Kiemenpilze läßt sich, da
nichts über ihre Fortpflanzung bekannt ist, einstweilen wenig sagen.
Ihr ganz septenloses Mycel weist sie zu den Phycomyceten, vielleicht
in die Nähe der Saprolegnien, doch muß die Frage offen gelassen
werden.
Ich nenne den gefährlichen Parasiten Branchiomyces sanguinis.
Fig'orenerklärang'.
bl = Stamm des Kiemenblättchens.
jst = jüngstes Stadium des Pilzes.
psch = Pilzschläuche; verschiedene Entwickelungsstadien.
7-f = senkrechte Schnitte durch die respiratorischen Fältchen.
sp = Sporen.
spb = Sporenbildungsregion.
Fig. 1. Längsschnitt durch ein Stück eines infizierten Kiemenblättchens. In der
Mitte ist der Stamm des aufsteigenden Gefäßes ganz von Pilzfäden in verschiedenen
Stadien der Entwickelüng erfüllt; sie strahlen seitlich in die respiratorischen Fältchen
aus, auf deren (Tefäßschicht sie beschränkt bleiben. — Bis auf wenige Körperchen ist
das Blut verdrängt. (Das Gewebe der Kieme ist schematisch gezeichnet, die Pilz-
echläuche sind genau ausgeführt.)
Fig. 2. Isoliertes respiratorisches Fältchen flach ausgebreitet (kein Schnitt !). Das
Epithel ist bei der Präparation abgefallen bis auf den Rand oben rechts, wo man ea
134 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale, ßd. 62. Heft 1/2.
erkennt; die Gefäßschicht liegt frei da, sie ist von Pilzfäden aller Stadien durch-
wachsen.
Fig. 3. Junger Pilzfaden, teils von einem Syncytium erfüllt, teils (älteres Sta-
dium) in Sporenbildung.
Fig. 4. Junger Pilzfaden, Kerne mit Nucleolus.
Fig. 5. Pilzfaden, Zellen mit fein zerstäubtem Chromatin enthaltend.
Fig. ö. Schwärme kleiner Kerne (Sporozoiten ? Parasiten ?) umgeben die Zellen
mit zerstäubtem Chromatin.
Nachdruck verboten.
Notiz zur Aetiologie der Psoriasis vulgaris.
Von S. Y. Prowazek (Hamburg).
Mit 2 Textfiguren.
Die Annahme, daß Psoriasis vulgaris auf eine parasitäre Ursache
zurückzuführen ist, gewinnt seit den Untersuchungen von Lipschütz
(1910) mehr Anhänger, während früher unter den ätiologischen Momenten
mit Vorliebe dyskrasische Leiden, Intoxikationen verschiedener Art sowie
Heredität angeführt worden sind. Vor lännger Zeit hatte bereits Las sar
auf die Möglichkeit einer Psoriasisübertragung auf Kaninchen hingewiesen,
die nach einer Einreibung mit Psoriasisschuppen eine ähnliche, wenn
auch nicht identische, Aifektion erworben haben.
Thimm neigt gleichfalls der Annahme von parasitären Einflüssen
zu, die nur gelegentlich bei einer irgendwie gegebenen Prädisposition
zur Geltung kommen und wenige oder gar keine den Organismus irgend-
wie schädigende StoflFwechselprodukte liefern. Wie bereits erwähnt, hatte
zuerst 1910 Lipschütz in Psoriasisausstrichen nach Löffler färb-
bare, V4 /' große, rote bis mattrote, scharf konturierte Körperchen —
Strongyloplasmen — die teilweise hanteiförmige Teilungsformen
zeigten, beschrieben. J. Seilei (1910) fand ähnliche, wenn auch nicht
identische ovoide Körperchen im Retebrei und den tieferen Hautschichten.
In Tg. Morawa (Deli, Sumatra) hatte ich im Hospital der Senembah-
Maatschappij beim Dr. W. Schüffner Gelegenheit, 2 Psoriasisfälle
genauer zu untersuchen.
Psoriasis vulgaris ist aus den Tropen bereits längere Zeit bekannt,
wenn sie auch in der letzten Zeit erst ausdrücklich namhaft gemacht
worden ist. In Sumatra ist sie von Schüffner und Ba ermann
beobachtet worden, aus Java beschreibt Kaijscr (1907) bei Inländern
und Chinesen einige Fälle.
Entgegen den Angaben von Gjorgjevic und Pavnik, die eine
positive W asser m an n- Reaktion bei Psoriasis vulgaris nachweisen
koonten, fiel in den Fällen von Schüffner nach dessen Untersuchungen
die W ass er m an n -Reaktion negativ aus. Der eine Psoriasisfall wurde
mit Salvarsan behandelt, ohne daß während der Beobachtungszeit das
klinische Bild eine wesentliche Aenderung erfahren hätte.
Nach gründlicher Säuberung der Haut mit Benzin und Alkohol
wurden die obersten Hautschuppen abgelöst, von dem vordringenden
Serum Klatsch- und Abstrichpräparate angefertigt und sowohl nach
Giemsa als auch nach Löffler gefärbt.
Neben den Körperchen von Lipschütz, die mir aus eigener An-
schauung aus den Originalpräparaten des Autors bekannt sind und die
Centralblatt für Bakteriologie Abt. 1. Ort(j. Bd. 62. Plehn, Eine neue KarpfenhraiiLlieit .
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Fisr. 6.
Verlag von Oiistav Fischer in Jena.
Prowazek, Notiz zur Aetiologie der Psoriasis vulgaris.
135
ich in beiden Fällen immer beobachten konnte, wurden in dem einen
Fall spärliche, im Ausstrichpräparat sehr distribuierte, kleine, mattrot
gefärbte, um 3 u in der Länge schwankende Spirochäten gesehen.
Dieselben Gebilde wurden auch im nativen Präparat als blaßblau-
gelarbte Fädchen nach der Brillantkresylmethode dargestellt. In den
nach Giern sa tingierten Präparaten sind sie schwerer sichtbar. In den
Löffler- Präparaten wurden an einzelnen Formen Periplastanhänge, Peri-
plastaussackungen und Einrollungen beobachtet, alles morphologische
/
Fig. 1.
Details, die aus der Spirochätenmorphologie be-
kannt sind nur verschieden gedeutet werden.
Nach einmaliger Salvarsanbehandlung wurden die
Spirochäten an Zahl zwar verringert, konnten
aber trotzdem noch nachgewiesen werden.
Fig. 1. Die typischen Formen eines Löffler -Präpa-
rates wurden ausgesucht und nebeneinander gezeichnet.
a Periplastandeutung. b üesenbildung. c Periplastanhänge.
Okul. 12 Homog. Iramers. 2 mm. Zeichen apparat.
Fig. 2. Am 5. Tag nach der Salvarsaninjektion. Vergr.
wie Fig. 1.
Fig. 2.
Was für eine Bedeutung diesem Befund zukommt, läßt sich auf
Grund eines so spärlichen Materials gar nicht ausmachen. — Die Fest-
stellung derart kleiner Spirochäten forderte aber in besonderer Weise
mein Interesse heraus, da einige Autoren, wie Adrian, Bourdilion
und Polotebnoff, sowie Li pm an -Wulf, die Psoriasis außerdem
zu einer besonderen polyartikulären Gelenkerkrankung ohne Herzkompli-
kationen in Beziehung setzen und ich seit längerer Zeit den Erreger des
akuten Gelenkrheumatismus unter Spirochäten, die durch die Tonsillen
ihren Weg in den Organismus finden, vermutet habe.
136 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 12.
Der Beginn der rheumatischen Beschwerden mit Anginen, sowie
die für Spirochätosen charakteristische gewisse Periodizität wären im
Sinne einer derartigen Annalinie gleichfalls anzuführen.
Literatur.
Adrian, C, Ueber Arthropathia paoriatica. (Mitt. a. d. ürenzgeb. d. Med. u. Chir.
Bd. 11. 1903.)
Kai] s er, J. D., Psoriasis vulgaris in de tropen. (Geneesk. Tijdschr. v. Nederlandsch-
Indie. Deel. XLVII. 1907.)
Lip man- Wulf, Zur Frage der Beziehungen zu Psoriasis und Gelenkrheumatismus.
(Dermatol. Zeitschr. BdT 10. 1903.)
Lipschütz, \Vien. klin. Wochenschr. 1910. No. 26.
Seilei, J., Wien. klin. Wochenschr. 1910. No. 29.
Thiram, Psoriasis der Haut und Schleimhaut etc. (Monatsh. f. prakt. Dermatol.
Bd. 39. 1904.)
Nachdruck verboten.
On tlie occurrence of Thelohania and Prowazekia in
Antliomyid flies.
[Protozoological Laboratory, Lister Institute, London.]
By J. S. Diinkerly, B. Sc, London,
With 1 Plate.
I. Thelohania ovata.
In searching flies for flagellate parasites, I found in one an infection
of small spores in groups, and resembling superficially yeast-like bodies
which are sonietimes present in flies' intestines. The fly, Hom alomyia
scalaris, was not one of those which I was specially examining, but
was an odd capture, and for that reason I did not pay much attention
to it at the tiine. A smear of the teased-up rectum was fixed in osmic
vapour and stained with Giern sa, but it was not until some time
afterwards that I examined the slide, when it was seen that the spores
were those of a Microsporidian, and I have to thank Dr. Woodcock
for his kind assistance in directing me to the literature on the subject.
Isolated meronts were found, containiug one, two, four or more
nuclei (figs. 1 — 5), and some of these are apparently budding off uni-
nucleate bodies (flg. 2), which may become either meronts or possibly
sporonts. Exactly similar bodies are described by Perrin (8) for
Pleistophora periplanetae and by Stempeil (11 and 12) for
Pleis tophora (Thelohania) m ülleri, while S hi wa go (14) states
that young pansporoblasts (sporonts) in PI. periplanet ae may bud in
the same way. The sporonts each form eight spores (sporoblasts) which
can be seen in various stages of development (flgs. 6 and 7), but the
early divisions are not clear in this material. Each spore has at first
an almost colourless cytoplasm and a mass of material at either end
which stains red with Giemsa. It is seen early how'ever, that one of
these masses is purplish red, while the other is a brighter red colour
(fig. 6). It is unfortunate that only G iem sa -stained material was
available, as probably the spore is developed froni a pansporoblast as
is well described for Thelohania giardi by M ercier (G); but during
certain stages in the development of spores in Th. chaetogastris
Dunkerly, Occurrence of Thelohania and Prowazekia in Anthorayid flies. 137
the nuclei are terminal according to Schröder (10), and probably the
bright red nuclear material (fig. 7) fornis the „Amöboidkerne" and the
pink vacuole is the polar capsule. The larger spores are about 6 // to
7 (.1 long and are niore elliptical than ovoid in shape, but besides these
there are a fevv groups of small spores (fig. 8), which are about 4 1.1
long, and may represent microspores, in which case the larger ones must
be termed macrospores. P e r r i n , who worked with PI. periplanetae
(8) described two kinds of trophozoite and spores in Pleistophora,
but thought that the smaller forms belonged to an undescribed species,
but microspores and macrospores have been described in several Micro-
sporidia; in Pleistophora mirandellae by Vaney and Conte
(15), in PI. elegans by Auerbach (la), in Thelohania janus
and in Gurleya legeri by Hesse (3 and 4), inTh. chaetogastris
by Schröder (10), and in Glugea varians by Leger (5). It seems
likely therefore that the two kinds of spores found (figs. 7 and 8) re-
present macrospores and microspores of the same organism.
The material allows of no more than a record of the occurrence of
this Microsporidian, which I name Thelohania ovata in an Anthomyid
fly. Besides the Thelohania found by Hesse (3) in Tanypus,
species of Glugea have been described also as parasitic in Diptera;
e. g., in S i m u 1 i u m 0 r n a t u m larva by Leger (5). Vosseier in
1897 (16) described what may have been the trophozoite stage of a
Microsporidian infecting Musca (Calliphora) vomitoria and Sarco-
phaga carnaria with fatal results, but apparently he did not see the
äctual spores.
Flu (2) has published a description of a parasite in houseflies which
seems to resemble in many of its stages the organism described above.
The spores, of which eight are formed in a cyst, do not appear to
possess a polar capsule, and Flu classes the organism discovered by
him as a Schizogregarine, naming itOctosporea muscae domesti-
cae. A point of considerable theoretical interest is the rather striking
resemblance which the trophozoites, especially when budding (figs. 2
and 3), bear to Prowazek 's figures (9, fig. 7j) of parthenogenesis in
Herpetomonas muscae domesticae, and Flu has pointed out
that the same may be said of stages in his Octosporea. It certainly
seems probable that stages of some Sporozoan parasite have been in-
cluded by Prowazek in the life-history of Herpetomonas.
Ghatton and Krempf have recently ^) described two parasites
from Drosophila confusa, which they identify with Octosporea
Flu, one with eight spores, 0. muscae domesticae Flu, and one
with a Single spore in sporont, 0. monospora Chatton and Krempf.
They object to the Classification of Microsporidia based on the number
of spores in each sporont, owing to the variability of this character, but
on their own showing, uothing is to be gained by founding a genus
Octosporea with no character of distinction from Thelohania.
I have retained therefore the provisionally effective generic name of
Thelohania for this Microsporidian with sporont containing eight
spores each with one polar capsule.
1) Bull, de la 80c. Zool. de France. T. 36. 1911. p. 172—179. Text fig.
138 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
II. Prowazekia sp.
In one fly, Homalomyia canicularis, which I examined for
Leptomonas, the rectum coutained numerous flagellates resembling
Bodo, with one anterior and one posterior flagellum. Sniears were made
and stained with G i e m s a after osmic vapour, and iron haematoxylin
after Schaudinn's Sublimate alcohol, and in examination showed, that
the Bodo possessed a large deeply staining body situate near the base
of the flagella (figs. 9 — 13). With Giern sa the large nucleus stained
distinctly red, while the elongated body at the base of the flagella takes
on a very dark lilac or purple colour. Besides these bodies, chromatic
granules are constantly present, and vacuoles are seen in some cases.
The specimens stained with iron haematoxylin similarly show a very
clear vesicular nucleus with a large karyosome, a darkly staining elongated
body at the base of the flagella and numerous irregulär staining granules.
The length of the iron haematoxylin specimens is about 6 //, but those
fixed with osmic vapour and stained with Giemsa are larger and seem
to be flattened out. No clear division stages are to be found, and the
basal granules of the flagella are not obvious.
It would seem that this organism is a form of Prowazekia
discovered by Hartmann and Chagas (4) in a culture of human
faeces in Brazil, and also found free-living by Nägler (7), and in the
human intestine by Mathis and Leger (6). Alexeieff (1) has ob-
jected to the creation of a new genus, asserting that Prowazekia is
really Bodo, and that the chromatic mass at the base of, the flagella
is not nuclear in structure or behaviour, and at the same time he says
of Hart mann 's group, the Binucleata. "C'est un groupement
purement theorique et Hartmann a tort de vouloir l'introduire en
systematique." In a later paper (2) however, he describes the behaviour
of the body at the base of the flagellum, in an organism identified by
him as Bodo caudatus, at the time of division as resembling a
nucleus in process of division and this view must be taken as modifying
his previous Statements regarding the non-nuclear character of this body
in Prowazekia, although he himself persists in regarding Prowa-
zekia as a nomen nudum. A typical Bodo, according to Prowazek
(9), may have such a body, but he did not consider it nuclear in cha-
racter, naming it simply „Geißelsäckchen". At present therefore, the
distinction between Bodo and Prowazekia is somewhat uncertain in
character, and it is possible that many organism s previously described
as Bodo will ultimately prove to be Prowazekia.
The rarity of these two parasites of flies described above seems to
point to a casual infection, due to the well known propensity of flies to
settle ou auy decomposing material, and it may be as well to reniember
in this connection that Microsporidia found in Stegomyia were
stated to be the connected with yellow fever, though this has been denied
by later workers, while at least two species of Prowazekia are found
in human faeces.
September, 1911.
Ccntralhlatt RirBahlvriolotjU' Abt. I. (hu/. Bd 62
J, S. Dunkerlv, Thelohunia and Prowa^eiia.
.). S. 0. del.
Verlan von Giislav Fischer uiJciia
.- i>/eise,Lith.,Jena.
Dunkerly, Occurrence of Thelohania and Prowazekia in Anthomyid flies. 139
Reference.
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to which I am much indebted.)
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p. 440.)
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kommenden protozoären Gebilde. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 57. 1911.
p. 522.)
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Soc. Biol. T. 55. 1903. p. 495.)
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Rend. Acad. Scienc. T. 125. 1897. p. 260.)
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giardi. (Compt. Rend. Acad. Scienc. T. 146. 1908. p. 33.
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(Proc. Cambridge Phil. Soc. Vol. 13. p. 204.)
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Rend. Soc. Biol. T. 70. 1911. p. 130.)
3) — , Sur les Flagell^s intestinaux des poissons marms. (Arch. Zool. expör. T. 6.
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5) Hart mann u. Jollos, Die Flagellatenordnung Binucleata. (Arch. f. Protistenk.
Bd. 19. 1910. p. 81.)
6) Mathis et Leger, Sur un Flagell^, Prowazekia Weinbergi n. sp., fr^quem-
ment observe dans les selles de l'Homme. (Bull. Soc. m^d. chir. de lUndo-Chine.
T. 1. 9 oct. 1910 [Abs. in Bull. Inst. Past. T. 9. 1911. p. 198].)
7) Nägler, Prowazekia parva n. sp. (Arch. f. Protistenk. Bd. 21. 1910. p. 111.)
8) Parker, Beyer and Pothier, A study of the etiology of yellow fever. (Yellow
Fever Inst. No. 1. Bull. No. 13. March 1903.)
9) Prowazek, Flagellatenstudien. (Arch. f. Protistenk. Bd. 2. 1903. p. 195.)
Ezplauation of fig-ares.
All figures were outlined with the aid of Abbes Drawing Apparatus.
I. Thelohania ovata.
Fig. 1. Trophozoite (meront) with five nuclear masses. X 2000.
Fig. 2. „ „ budding off uni-nucleate bodies. X 2000.
Fig. 3. „ „ „ „ „ „ X 1250.
Fig. 4. Binucleate meront, with nuclei again dividing. X 2000.
140 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Fig. 5. Meront or (?) sporont, with four nuclei. X 2000.
Fig. 6. Eight developing sporoblasts , scattered owing to bursting of sporont
wall. X 1000.
Fig. 7. Eight inacrospores in sporont. X l''^f>0.
Fig. 8. Group of microspores. X 1000.
II. Prowazekia sp.
Fig. 9. Prowazekia sp. — Osmic vapour-G i e m s a. X 2000.
Fig. 10. „ „ ,. ., „ X 2000.
Fig. 11. „ „ „ „ „ X 2000.
Fig. 12. „ „ Corr.-alc-Iron haem. X 2000.
Fig. 13. „ „ „ „ „ X 2000.
Nachdruck verboten.
Die Blutparasiten des Maulwurfes.
[Aus dem Kaiserl. Institut für experimentelle Medizin zu St. Petersburg
(Abteilung A. A. Wlad irairof f).]
Von K. Wrublewski.
Mit 1 Tafel.
Im Jahre 1845 beobachtete D. Gros in Rußland als erster kleine,
wurmähnliche Parasiten im Blute des Maulwurfes, die selbst bei 400-
facher Vergrößerung als winzige Gebilde erkenntlich waren. Es ist nicht
unwahrscheinlich, daß es sich dabei um Trypanosomen gehandelt hat.
Im Jahre 1905 beobachtete S. F. Petrie in England Parasiten im
Blute des Maulwurfes, die er als Trypanosomen erkannte und mit den
Rattentrypanosomen identifizierte. Eine Verimpfung der von ihm ge-
fundenen Trypanosomen auf Ratten ergab aber ein negatives Resultat.
Nach den Untersuchungen von Petrie scheinen die Trypanosomen
beim Maulwurf nicht selten angetroffen zu werden, denn unter 20 von
ihm untersuchten Maulwürfen wurden sie bei 6 bzw. bei 30 Proz. der-
selben gefunden.
Im selben Jahre beschrieb Graham Smith in England einen
Hämoparasiten des Maulwurfes von stäbchenförmiger Gestalt, der in den
Bluterythrocyten gelagert war, und J. D. Thompson (England) fand
im gleichen Blute außer den bereits oben erwähnten Parasiten eine
weitere Form von plättchenförmiger Gestalt und intracorpuskulärer
Lagerung.
Diesen Parasiten fand er bei 2 von 14 Maulwürfen, und zwar beide
Male in Symbiose mit Trypanosomen.
Die der Beschreibung von Thompson beigegebenen, nichtfarbigen
Abbildungen lassen nur eine schwache Vorstellung von der Morphologie
der eben erwähnten Parasiten gewinnen.
Die spärlichen Literaturangaben, die sich wesentlich auf Befunde
in England beziehen und die wenig demonstrativen Abbildungen der
plättchenförmigen Parasiten in der Arbeit von Thompson veranlassen
mich, meine hämoparasitologischen Beobachtungen am Maulwurf in
Rußland kurz wiederzugeben und eine farbige Tafel der Beschreibung
beizulegen.
Wie auch aus der Tafel ersichtlich ist, gelingt es bei gewissen
Variationen in der Färbetechnik (Giemsa und Leishman), Bilder
zu erzielen, die manche Einzelheiten der Parasiten deutlich zum Vor-
leiitmlblaURiiBakterinlogie Abt. I. Om/. Bd.öZ K. Wnihleicski. Blutparasiten des Maulwurfes.
\iMlau '.•1)11 Ciiislöv Fischer m.li^iL
--. 'i'.'use.L-JK.Jcrith.
Wrublewski, Die ßlutparasiten des Maulwurfes. 141
schein bringen und für das morphologische Studium der Parasiten von
Interesse sind.
Die raikrometrischen Untersuchungen ergaben für das Maulwurf-
Trypanosoma folgende Werte:
Länge: Maximum 33,5 i-i, Minimum 27 ^/, Durchschnitt 30 //
Breite: „ 7 „ „ 4.5 „ „ 6 „
Im mikroskopischen Bilde erscheint das T r y p a n o s o m a als zartes,
flaches und geschmeidiges Gebilde. Der Protoplasmaleib zeigt eine fein
angedeutete Querstreifung. Innerhalb der Querstreifung finden sich
chromatinähnliche Granula von verschiedener Größe, die, wie es bei
passiven Bewegungen des Protoplasmaleibes in Erscheinung tritt, eine
gewisse Lokomotion aufweisen.
Der verhältnismäßig kleine Kern des Trypanosoma liegt meist
exzentrisch, und zwar näher zum vorderen Ende am Rande des Try-
panosoma-Leibes. An gefärbten Präparaten weist der Kern eine un-
gleichmäßige Färbung auf.
Im hinteren Teil des Tryp an o so ma- Leibes ist das kleine, runde,
intensiv färbbare Centrosoma gelegen, von dem aus eine kurze, 4,5 f.i
messende Geißel ausgeht. Diese zieht sich zuerst in Form eines faden-
förmigen Gebildes (bei Giemsa-Färbung rot) längs des Protoplasmaleibes
hin und endet mit einer kleinen, knopfförmigen Auftreibung.
Bei sorgfältiger Beobachtung kann man feststellen, daß der Anfang
der Geißel, in Form des am Rande des Protoplasmas sich hinziehenden
Fadens keineswegs innerhalb des Protoplasmas gelegen ist oder direkt
an dasselbe sich anschließt. Vielmehr verbindet Protoplasma und Geißel
ein enger, kaum 0,2 fx breiter Streifen von rosa Farben ton (Giemsa-
Färbung), der am ehesten als undulierende Membran angesprochen wer-
den kann.
Nichtsdestoweniger kann behauptet werden, daß das Maulwurf-
Trypanosoma einer eigentlichen undulierenden Membran entbehrt
und daß die Fortbewegungen des Parasiten durch wellenartige Rand-
bewegungen des Protoplasmas und durch Geißelbewegungen in der Rich-
tung des Geißelendes zustande kommen. Der hintere, sich stark ver-
jüngende Parasitenteil läuft in ein spitzes, ausgezogenes Ende aus.
Die Zahl der im Blute anzutreffenden Parasiten ist recht klein, und
bedarf es des öfteren einer sorgfältigen Durchmusterung des Präparates,
um auf vereinzelte Trypanosomen zu stoßen.
Abweichungen von der eben beschriebenen Form sind bei der aus-
gesprochenen Subtilität der Parasiten nicht selten anzutreffen und zum
Teil wenigstens als Artefakte zu betrachten.
Bezüglich der plättchenförmigen Parasiten ist eine genaue morpho-
logische Beschreibung um so schwieriger, als ihr Bau ein recht kom-
plizierter ist und auch die Form eine sehr verschiedene sein kann. Selbst
die topographische Lage der einzelnen Teile ist großen Schwankungen
unterworfen und macht eine Deutung ihrer funktionellen Rolle äußerst
schwierig.
Der plättchenförmige Parasit ist wesentlich größer als die roten
Blutkörperchen des Maulwurfes. Seine Form ist von Natur aus an-
scheinend oval. Auf den üblichen Ausstrichpräparaten hängt seine
Form wesentlich von den ihn umgebenden Erythrocyten ab.
Die Hauptmasse des Parasiten stellt das Protoplasma dar, welches
bei Giemsa-Färbung einen hellblauen, bei Leish man -Färbung einen
leicht violetten Ton annimmt.
142 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
In der Längsrichtung des Parasiten zieht sich ein leicht gebogener
Streifen hin, der an gefärbten Präparaten durch eine ausgebliebene
Tinktion in Erscheinung tritt und der von uns als kanalähnliches Ge-
bilde angesprochen wird. Entweder zieht der Streifen durch die Mitte
des Parasitenleibes, oder er ist näher an der Peripherie gelegen. Oefters
sind kleine, sich vom Streifen absondernde Abzweigungen vorhanden,
die zum Rande des Parasiten ziehen und an den Ausführungsgang
mancher Protisten erinnern. Der Kern des Parasiten liegt innerhalb
desjenigen Protoplasmateiles, der von dem bogenförmigen Streifen um-
säumt wird. Seine Form ist unregelmäßig und seine Masse nicht kom-
pakt. Vielmehr erscheint der Kern gewissermaßen von der Proto-
plasmasubstanz durchwirkt zu sein.
Sowohl im Kerne als auch im Protoplasma sind Granula vorhanden,
die sich dunkel färben und an Chromatingranula erinnern.
Der ganze Leib des Parasiten ist von einem hellen, schwach färb-
baren, homogenen, engen Hof (Leish man -Färbung) umgeben, dessen
Farbenton stark an das Protoplasma der roten Blutkörperchen erinnert.
Dieser Umstand veranlaßte auch Thompson, den plättchenförmigen
Parasiten als einen intracellulären zu betrachten und den ihn umgeben-
den Hof für die Reste des mit dem Parasiten infizierten Erythrocyten
zu halten. Nichtsdestoweniger, und das möchten wir besonders unter-
streichen, ist es weder Thompson noch uns gelungen, den Moment
des Eindringens des Parasiten in das rote Blutkörperchen zu beobachten,
oder seine Entwickelung in Er3'throcyten zu verfolgen.
Es sei noch hinzugefügt, daß der besagte Hof den Parasiten keines-
wegs allseitig gleichmäßig umgibt. An manchen Stellen ist der Hof
breit und deutlich wahrnehmbar, an anderen Stellen wieder bis auf einen
kaum sichtbaren Rest reduziert und des öfteren überhaupt nicht nach-
weisbar.
Eine allseitige Umschließung des Parasiten durch den Hof kommt,
wie wir uns überzeugen konnten, überhaupt nie zustande.
Bei Umlagerung des Parasiten durch rote Blutkörperchen finden
sich meist Ausläufer dieses Hofes, die in mannigfaltigster Weise die
zwischen den Erythrocyten liegenden Lücken ausfüllen und nicht selten
in die Umgebung des Parasiten ausstrahlen.
Ueber das Wesen und die funktionelle Bedeutung des Hofes läßt
sich vor der Hand schwer etwas sagen. So gut er einerseits als Rest eines
roten Blutkörperchens aufgefaßt werden kann, so gut kann er anderer-
seits auch als zum Parasiten zugehörig gedeutet und z. B. als un-
dulierende Membran angesehen werden.
Im Protoplasmaleib des Parasiten finden sich vielfach kleine, runde,
vakuolenähnliche Gebilde, die stark lichtbrechend sind und die trotz
Anwendung der verschiedensten Färbemethoden stets ungefärbt blieben.
Ob diese Gebilde mit richtigen Vakuolen identifiziert werden können
oder wie weit ihre Existenz mit Sekretionsvorgängen in Verbindung
steht, ist eine offene Frage, obwohl die letztere Annahme ziemlich viel
W^ahrscheinliches für sich hat.
Was die Häufigkeit der plättchenförmigen Parasiten anlangt, so
fanden sie sich in unseren Fällen viel häufiger vor, als die Trypano-
somen. Fast in jedem Gesichtsfelde konnte ein plättchenförmiger Parasit
beobachtet werden.
Der Umstand, daß das Trypanosom a mit dem plättchenförmigen
Parasiten in den von uns untersuchten Fällen stets vergesellschaftet
Schöppler u. Krüger, Zur Unterscheidungsfrage von A. canis u. A. felis. 143
war, wirft die Frage auf, ob es sich um eine Symbiose der beiden
Parasiten handelt, oder ob wir es mit zwei nahe verwandten Formen
des Parasiten zu tun haben.
Irgendwelche Anhaltspunkte zur Losung dieser Frage hat das
morphologische Studium der Präparate nicht ergeben.
Teilungsformen konnten nur in einem einzigen Falle beobachtet
werden, und zwar beim plättchenförmigen Parasiten (Anfangsstadium).
Was das Verhalten der Parasiten zu den Farbstoffen anlangt, so ist
zur färberischen Darstellung der Trypanosomen eine schwache Giemsa-
Färbung am geeignetsten, während die plättchenförmigen Parasiten nur
bei starker Ueberfärbung mit Le is h man -Lösung deutlich in Er-
scheinung treten. Mit ein und derselben Methode beide Parasitenarten
gleichzeitig gut zu färben ist, wie unsere zahlreichen diesbezüglichen
Versuche ergeben haben, nicht angängig.
Um die für die Darstellung der Parasiten notwendige Färbungs-
intensität bildlich darzustellen, ist in beiden Fällen ein Leukocyt als
Testobjekt mit entsprechender Färbung zur Darstellung gebracht.
Die obigen Befunde sind erhoben worden an zwei Maulwürfen in
dem Wald von Bjelowesch, und zwar in einem Falle an einem frisch
gefallenen Maulwurf, im zweiten an einem lebenden.
Bei zahlreichen Blutuntersuchungen an Maulwürfen, die wir später
in St. Petersburg durchführten, fanden wir das Maulwurf-Trypano-
soma in keinem einzigen Falle, den stäbchenförmigen Parasiten nur
einmal.
Die kurz wiedergegebenen Befunde scheinen uns von einem gewissen
Interesse zu sein und zu weiteren Studien aufzufordern, speziell auf
dem Gebiete der Symbiose von Trypanosomen und anderen Parasiten
und auf dem Gebiete der vergleichenden Protistenmorphologie.
Literatur.
1) Gros, D., Observations et inductions microscopiques sur quelques parasites. (Bull,
de la Soc. Imp^r. des Naturalistes de Moscou. T. 18. 1845. p. 424.)
2) Petrie, G. F., Observations relating to the structure and geographica! distribution
of certaia Trypanosomes. (Journ. of Hyg. Vol. 5. p. 191.)
3) Graham-Smith, A new form of parasite found in the red blood corpuscles
of moles. (Joura. of Hyg. Vol. V. p. 453.)
4) Thompson, J. D., Blood parasites of the mole, including a new form of intra-
corpusculare Parasite. (Journ. of Hyg. Vol. 6. p. 574 — 579.)
Nachdruck verholen.
Zur Unterscheiduiigsfrage von Ascaris canis und
A. felis (Ascaris canis s. mystax).
Von Dr. Herrmaiin Schöppler und Dr. Paul Krüger.
Durch ältere wie neuere Publikationen ist mit Sicherheit festgestellt
worden, daß außer dem allbekannten Parasiten des Menschen, dem Spul-
wurm (Ascaris lumbricoides), noch eine weitere Ascaris -Form
vorkommt, die vor allen anderen Unterschieden vorzugsweise durch ihre
geringere Größe vor dem gewöhnlichen Spulwurm auffällt. Diese relative
Kleinheit des in Frage stehenden Parasiten gab auch, soweit die Bei-
spiele in der Literatur sich dahin verfolgen lassen, die Ursache ab, daß
144 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
dieser A scaris-Form von selten der Aerzte weitere Beachtung ge-
schenkt wurde und dieselbe durch Untersuchung und Beschreibung zur
allgemeinen Kenntnis gelangte. Es ist dies auch ganz natürlich, denn
die genauere Untersuchung eines solchen Fundexemplares, wie z. B. auf
die Gestaltung seines Kopfendes usw. wird zumeist bei dem praktischen
Arzte fortfallen müssen, da ihm hierzu in erster Linie die nötigen In-
strumente fehlen werden.
Die Untersuchung dieser kleineren Art von Ascaris hat nun aber
dort, wo sie erfolgte, m der weitaus größeren Zahl in solchen Fällen zur
Feststellung von Ascaris mystax beim Menschen geführt.
Ascaris mystax wurde bis in die neueste Zeit als eine Para-
sitenform aufgefaßt, die bei dem Hund und der Katze in gleicher Weise
vorkommen. P ei per z. B. schreibt von ihm: „Außer dem Ascaris
lumbricoides ist auch der Ascaris mystax Zeder, der Katzen-
oder Hundespulwurm, gelegentlich beim Menschen gefunden worden."
Kitt sagt in der 2. Auflage seines Lehrbuches: „Hunde und Katzen
haben denselben Spulwurm, Ascaris mystax, der nur beim Hunde
etwas größer wird und früher als besondere Species angesehen, als
Ascaris marginata Bezeichnung fand." Solche Beispiele aus der
Literatur ließen sich noch weiter anführen, doch mögen diese als Beweis
dafür genügen, daß unter der Bezeichnung Ascaris mystax sowohl
der Hunde- als auch der Katzenspulwurm verstanden wurde. Durch
eine größere Reihe von Untersuchungen und an Nematoden angestellten
Versuchen kam nun in neuester Zeit Glaue zu dem Ergebnis, daß der
Name Ascaris mystax für die beim Hunde und der Katze vor-
kommende Parasitenform nicht zu Recht bestehe. Die anatomischen
und histologischen Unterschiede in der Flügelform, dem Flügelquer-
schnitt, der Cuticula usw. führten zur Sonderung in der Mystax-
Gruppe, so daß Glaue dieselbe in die Typen: Ascaris felis und
Ascaris canis teilt.
Nachdem vor kurzem in diesem Blatte (Bd. 58, 1911, Heft 6, p. 567
u. 568) über einen neuen Fall von Ascaris mystax beim Menschen
berichtet werden konnte, lag uns daran, die aus dieser Beobachtung
noch vorhandenen Exemplare daraufhin zu untersuchen, ob sie die von
Glaue angegebenen Merkmale zeigen und somit in die neue Systematik
eingegliedert werden könnten.
Es standen insgesamt noch 21 Tiere zur Verfügung, von denen
sich 14 als Männchen und 6 Stück als Weibchen erwiesen. Die große
Zahl von Männchen gegenüber den Weibchen ist einigermaßen auf-
fallend, da alle Autoren die relative Seltenheit hervorheben und bei
Glaue sich sogar der Satz findet: „Stets überwiegen die Weibchen, zum
Teil fanden sich nur solche vor."
Die Längenmaße der einzelnen Individuen ergaben folgende Zahlen :
Männcher
1
Weibchen
32 55
65
42 95
4ö 56
66
42
47 56
70
68
50 57
74
72
55 61
93
Es handelte sich also um relativ kleine Exemplare, da Glaue in
seinen Beiträgen zur Systematik der Nematoden die Länge des S bei
Ascaris canis auf 120.00 mm, des $ auf 220,00 mm. die Länge des
S bei Ascaris felis auf 60,00 mm, die des ? auf 120,00 mm angibt.
Schöppler u. Krüger, Zur Unterecheidungsfrage von A. canis u. A. felis. 145
Für die Dicke der einzelnen Tiere wollen wir von einer Angabe ab-
sehen, weil sie gleichfalls keine absolute Gültigkeit besitzen dürfte, um
so weniger, als die Untersuchung der Tiere am konservierten Material
vorgenommen werden mußte, wodurch eine Schrumpfung und auch eine
seitliche Abplattung durch das Beieinanderliegen im Glase nicht ver-
hindert werden konnte. Aus denselben Gründen können auch keine
Angaben über den Bau der Cuticula und ihrer Schichten oder den der
Flügel gemacht werden. Die Ringe der Rindenschicht glichen aber
durchaus denen, die Glaue für Ascaris canis angibt, und verweisen
wir auf die in der Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 9. Fig. 4 B. p. 564
daselbst gegebene Abbildung.
Das Kopfende der Tiere war durch die Konservierung leicht ein-
gerollt, doch konnte die Form der Flügel gut unterschieden werden.
Dabei ergab sich, daß bei sämtlichen Tieren, Männchen wie Weibchen,
eine typische Form der Kopfflügel, wie sie Glaue für Ascaris canis
und Ascaris felis aufstellt, nicht festgestellt werden konnte, sondern
daß alle Uebergänge zwischen den Flügelformen, die Glaue für Ascaris
canis und Ascaris felis im Zool. Anz., Bd. 35, in Fig. lA und E,
p. 748 abgebildet hat, vorgefunden wurden. Ob diese Uebergänge auch im
histologischen Bau der Flügel wiederkehren, konnte, wie schon erwähnt,
nicht sichergestellt werden. Die Untersuchung ergab aber mit Bestimmt-
heit, daß die Flügelform nicht zur Unterscheidung von Ascaris canis
und A. felis dienen kann.
Was nun das Körperende anbelangt, so trat dabei gleichfalls ein
merkwürdiges und den Angaben Gl au es widersprechendes Verhalten
zutage. Es zeigten sämtliche Weibchen ein fast gerades, nicht ein-
gerolltes, und ein nicht nach dem After eingeknicktes Körperende, so
wie es für Ascaris canis angegeben wird. Ganz anders war es bei
den Männchen. Bei ihnen war der Schwanzteil stets mehr oder weniger
eingerollt und vor allem nach dem After deutlich eingeknickt. (Siehe
Glaue, Zool. Anz. Bd. 35. 1910. Fig. 5 E. p. 752.)
Dieses äußere Verhalten würde für Ascaris felis sprechen, wenn
nicht Anordnung und Zahl der Papillen: 4 ventral, 3 dorsal, gemäß den
Angaben Gl au es die Tiere als Ascaris canis erkennen ließen.
Daß diese Einknickungen künstlich hervorgerufen seien, können wir
nicht glauben, da man sonst irgendwelche starke Falten am Präparat
bemerken müßte, und diese dann auch bei den Weibchen wahrzunehmen
gewesen sein müßten , nachdem auch die Weibchen aus dem Darm-
traktus desselben Individuums stammten und mit den Männchen zu-
sammen konserviert wurden.
Die Form der Spicula entspricht gleichfalls denen von Ascaris
canis.
Es handelt sich nach den vorliegenden Untersuchungen in diesem
einen Falle des Vorkommens von Ascaris mystax beim Menschen
um die Subspecies A. canis Werner.
Ob Ascaris canis Werner und Ascaris felis Göze zwei scharf
getrennte Arten sind, ist zweifelhaft. Sie mögen weit eher nur zwei
extreme Formen einer und derselben Species darstellen. Uebrigens
weist Glaue selbst in einer seiner Arbeiten (Zool. Anz. Bd. 35. 1910.
p. 756/57) darauf hin, daß die verschiedenen Formen der Mystax-
Gruppe überhaupt noch nicht scharf genug geschieden sind und zweifel-
los Uebergänge vorhanden sind.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 1/2. 10
146 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Literatur.
Glaue, H., Zur Unterscheidung von Ascaris felis (Ascaris canis s. mystax).
(Zool. Anz. Bd. 33. 1909.)
— , Beiträge zur Systematik der Nematoden. (Zool. Anz. Bd. 35. 1910.)
— , Beiträge zu einer Monographie der Nematodenspecies Ascaris felis und Ascaris
canis. (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 95. 1910.)
Kitt, Th., Lehrbuch d. patholog. Anatomie d. Haussäugetiere. Bd. 2. 2. Aufl. Stutt-
gart 1901.
Peiper, E., Nematodes, Fadenwürmer. (Die Deutsche Klinik am Eingange d. 20.
Jahrhund. Bd. 2. Berlin-Wien 1903.)
8chöppler, H., lieber das Vorkommen von Ascaris mystax R. beim Menschen,
nebst einem kasuistischen Beitrage. (Wien. klin. Rundsch. 1908.)
— , lieber Ascaris mystax R. beim Menschen. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I.
Orig. Bd. 58. 1911.)
Ifachdruck verboten.
Das Verhalten heterologer Immunsera im normalen und
im allergischen Organismus 0-
[Aus dem bakteriologischen Laboratorium des k. und k. Militärsanitäts-
komitees in Wien.j
Von Priv.-Doz. Dr. R. Doerr und R. Pick.
Mit 2 Figuren.
Die anaphylaktischen Krankheitserscheinungen, speziell der experi-
mentelle Shock, sind zweifellos Immunitätsphänomene, deren letzte Ur-
sache nur in einer Reaktion zwischen Eiweißantigenen und ihren Anti-
körpern gesucht werden kann. Daß diese Reaktion zur Noxe für den
Tierkörper wird, in welchem sie abläuft, erklärt man nach der allgemein
herrschenden Ansicht so, daß bei der gegenseitigen Einwirkung von
Antigen und Antikörper (Ambozeptor + Komplement) neue giftige Sub-
stanzen entstehen, die eine akute Intoxikation des Organismus be-
wirken. Ob der anaphylaktische Symptomenkomplex nur als Vergiftung
im engeren Sinne gedeutet werden kann, und ob nicht auch andere
Möglichkeiten bestehen, wurde fast gar nicht in Diskussion gezogen,
obzwar schon das vorliegende Tatsachenmaterial ausreichte, um Bedenken
gegen die Richtigkeit einer aprioristischen Auffassung zu erwecken.
Man erhob vielmehr die Idee der Vergiftung zum leitenden Prinzip einer
Arbeitsrichtung, deren Bestreben darin gipfelte, das „anaphylaktische
Gift" in vitro aus jenen Komponenten darzustellen, die für seine hypo-
thetische Bildung im lebenden Tiere in Betracht kommen, und suchte
auf diesem Wege zu bestimmten Vorstellungen über seine chemischen
Charaktere, über seine Matrix und den Mechanismus seiner Entstehung
zu gelangen.
Als Resultat der ungemein extensiven Bearbeitung dieses Problems
ergab sich der Schluß, daß das „anaphylaktische Gift" als ein pepton-
artiges Eiweißderivat anzusehen sei, welches aus der fermentativen Zer-
legung nativer ungiftiger Proteine in der Blutbahn oder in den Geweben
hervorgeht, ein Prozeß, den man mit dem Schlagworte der parente-
ralen Verdauung bezeichnet hat. Da nun die Anaphylaxie auf einer
1) Ausgeführt mit teilweiser Benützung der Mittel der Tr e n kl e- Stiftung für das
Jahr 1911.
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Immunsera im Organismus. 147
Reaktion zwischen Eiweißantigen und Antikörper beruhen muß, so folgerte
man weiter, daß eben diese Reaktion als peptischer Abbau verläuft, der
hochgiftige intermediäre Spaltprodukte liefert; die Rolle des verdauenden
Fermentes schrieb man dem Komplement zu. Diese Thesen halten die
meisten Autoren, welche in der letzten Zeit zur Erforschung der Eiweiß-
allergie beigetragen haben, für sichergestellt (Friedemann, Fried-
berger, Biedl, Kraus, H.Pfeiffer, Weichardt, Schitten-
helm, Vaughan u. v. a.) und die bestehenden Divergenzen betreffen
relativ unwesentliche Details. In Anbetracht dieser prinzipiellen Ueber-
einstimmung muß es um so mehr befremden, daß gerade die wichtigste
Frage, die sich als nächste Konsequenz aus der Theorie der parenteralen
Eiweißverdauung ergibt, noch als ungelöst zu betrachten ist, die Frage
nämlich, welcher Eiweißkörper durch seinen Zerfall zur Quelle des „ana-
phylaktischen Giftes" wird.
Kehrt man zum Ausgangspunkt der Anaphylaxieforschung zurück,
zum aktiv anaphylaktischen Experiment, so existieren in diesem Falle,
wie ohne weiteres klar, überhaupt nur zwei Eiweißarten, in denen wir
die Matrix des supponierten toxischen Abbauproduktes suchen können ;
das eigene Eiweiß des Versuchstieres oder das reinjizierte, den Shock
auslösende, blutfremde Eiweißantigen.
Die erste der beiden Möglichkeiten soll uns hier nicht weiter be-
schäftigen ; Versuche, die sich in mehrfacher Richtung bewegten, werden
an anderer Stelle Gelegenheit geben, dieser Spezialfrage näherzutreten
und zu erörtern, ob das eigene Körpereiweiß beim Ablauf von Antigen-
Antikörperreaktionen pathogene Funktionen erwerben kann und ob dieser
Prozeß als Abbau zu toxischen Derivaten infolge von Komplementwirkung,
als parenterale Verdauung durch das Komplement erklärt werden darf.
Die Wahrscheinlichkeit, daß sich eventuelle fermentative Fähigkeiten
komplexer Antikörper (Ambozeptoren und Komplemente) gegen das
Eiweiß kehren, an dem sie selbst haften, wenn sie mit einem Antigen
abreagieren können, ist übrigens nur gering. Viel natürlicher ist es,
wenn man schon an der parenteralen Verdauungstheorie festhält, die
Giftquelle im Abbau des Antigens zu suchen; ist es ja doch das Antigen,
welches bei der Hämo- und Bakteriolyse, also bei der Beeinflussung durch
Ambozeptor und Komplement, sinnfällige und tiefgreifende Veränderungen
erleidet, wenn freilich auch keine Berechtigung besteht, dieselben als
Verdauung, als chemischen Abbau zu qualifizieren. Die Vorgänge bei
der Cytolyse gaben bekanntlich auch die Veranlassung, die Entstehung
des wirksamen Giftes bei der Anaphylaxie gegen Erythrocyten und Bak-
terien durch einfache Auflösung dieser Zellen und das Freiwerden prä-
formierter Endotoxine erfolgen zu lassen (R. Pfeiffer, Wolff-
Eisner, Weichardt u. a.). Mit der Entdeckung der Allergie gegen
gelöste, primär ungiftige Eiweißkörper (artfremdes Serum) mußte diese
Vorstellung fallen; man nahm daher an, daß das Gift nicht vorgebildet
sei, sondern neu entsteht, ließ es aber nach wie vor aus dem Antigen
hervorgehen, und zwar auch im Falle zelliger Antigene nicht durch bloße
Lyse, sondern, wie schon erwähnt, durch chemische Zersetzung infolge
verdauender Einflüsse des Komplements,
Das anaphylaktische Gift als Antigenderivat ist auch heute noch die
dominierende Hypothese; sie wird in ihrer reinsten Form von Fried-
berger vertreten, der sich ja mit der vitro-Darstellung der „Anaphyla-
toxine" am meisten beschäftigt hat, fand aber auch mit gewissen Modifi-
kationen Anhänger in Neufeld, Dold, Vaughan u. a.
10*
148 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Ist das Antigen tatsächlich die Quelle des vermeintlichen Giftes, so
müßten zwei unmittelbare Folgerungen zutreffen, welche sich aus dieser
Prämisse ergeben :
1) Eingespritztes Antigen müßte im anaphylaktischen Shock bei
allen Tierarten rascher abgebaut werden, daher schneller verschwinden,
als bei normalen Kontrollen gleicher Art.
2) Die verschiedene Intensität, mit welcher differente Tierspecies
auf wiederholte Zufuhr desselben Eiweißantigens reagieren, könnte nur
aufgefaßt werden als eine verschiedene Empfindlichkeit gegen das „ana-
ph)iaktische Gift", wie das von Seite Friedbergers auch geschah.
Danach wäre das hochempfindliche Meerschweinchen so beschaffen, daß
geringe Dosen Gift, die durch den Abbau minimaler Antigenquantitäten
geliefert werden, schon schwere Störungen und Exitus bedingen, während
das viel resistentere Kaninchen auch bei Berücksichtigung des Körper-
gewichtes ungleich größere Giftmengen benötigt, um schwer geschädigt
zu werden, Giftmengen, die nur aus dem Umsatz größerer Antigendosen
hervorgehen könnten, konform der Tatsache, daß man bei solchen gegen
Anaphylaxie wenig empfindlichen Tieren viel Antigen reinjizieren muß,
um bei der Probe schwere Symptome zu erzielen, während beim hyper-
sensiblen Meerschweinchen Milligramme von spezifischem Eiweiß genügen,
um Exitus in wenigen Minuten zu erzeugen. Vom Standpunkte der Hypo-
these einer Vergiftung durch Antigenderivate ließe sich also bei ausge-
prägtem Shock wenig empfindlicher Tiere ein besonders intensiver Antigen-
abbau erwarten, der im raschen Verschwinden des Antigens gegenüber
nicht vorbehandelten Tieren gleicher Art seinen Ausdruck finden müßte.
Damit beschäftigen sich die vorliegenden Untersuchungen, die zum
Teil allerdings bereits bekannte Verhältnisse streifen, die aber hier doch
in anderem Zusammenhang betrachtet werden und zu neuen Ergebnissen
führten, was ihre Mitteilung rechtfertigen mag.
Es wurde allergischen Kaninchen und Meerschweinchen sowie gleich
schweren unvorbehandelten Kontrollen Pferdeserum injiziert, und zwar
nicht normales, sondern Choleraagglutinin. In verschiedenen Zeitinter-
vallen wurden Aderlässe ausgeführt und in den abgeschiedenen Sera
bestimmt:
a) Der Gehalt an Pferdeeiweiß (präzipitabler Substanz) mit Hilfe
präzipitierender Antipferdesera von Kaninchen.
Auf die direkte Bestimmung des anaphylaktischen Antigens durch
Prüfung der sensibilisierenden Fähigkeit der einzelnen Aderlaßsera fiir
resp. gegen Pferdeeiweiß wurde verzichtet, da hier besondere, kompli-
zierte Verhältnisse zu obwalten scheinen, die den Rückschluß auf vor-
handene Antigenreste erschweren (vgl. die Arbeiten von Benjamin und
Witzinger). Außerdem besteht ja heute kein Zweifel mehr, daß
präzipitable Substanz und Anaphylaktogen identisch sind; wenn auch
diese beiden Funktionen des Eiweißantigens durch verschiedene Methoden
nachgewiesen werden, so ist es daher doch zulässig, sich zu ver-
gleichenden Messungen über anaphylaktisches Antigen der Präzipi-
tation zu bedienen.
Es wurde nur das Verschwinden der präzipitablen Substanz aus dem
kreisenden Blute studiert, trotzdem wir durch Lukhardt und Becht,
Vaughan, Cumming und McGlumphy wissen, daß Eiweißantigene
sehr bald nach der Zufuhr in die Gewebe übertreten und dort nach-
weisbar werden, daß daher das Manko in der Zirkulation nicht ohne
weiteres als Verbrauch zu deuten ist. Hier kam es aber nur auf den
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Immunsera im Organismus. ]49
Vergleich zwischen normalem und allergischem Tier an, und es ist klar,
daß jede Differenz des Abbaues sich in der auf das Blut entfallenden
Antigenquote widerspiegeln mußte.
Ferner sei ausdrücklich betont, daß wir aus den gewonnenen Resul-
taten nur den Schluß zogen, daß erhaltene präzipitable Sub-
stanz gegen den Abbau von Antigen spricht, daß aber aus
dem Minus an präzipitabler Substanz keine weitere Folgerung hin-
sichtlich seiner Gründe abgeleitet wurde.
b) Zweitens wurde bei jedem Aderlaßserum austitriert die aggluti-
nierende Fähigkeit für Choleravibrionen. Nach der Ansicht zahlreicher
Autoren stehen die Immunkörper, speziell die am häufigsten untersuchten
Agglutinine, mit der präzipitablen Substanz der Sera, in denen sie vor-
kommen, in engstem Verbände, oder sind sogar mit bestimmten Anteilen
der letzteren identisch ; es war daher zu erwarten, daß die parallele Be-
stimmung von Agglutinin und präzipitablem Eiweiß im kreisenden Blute
normaler und allergischer Tiere, denen man heterologes agglutinierendes
Serum injiziert hatte, neue Beiträge zu dieser Frage liefern würde. Bevor
wir auf die in dieser Richtung erzielten Ergebnisse eingehen und sie
einer Diskussion unterziehen, seien die Versuche in extenso wieder-
gegeben.
In technischer Hinsicht sei nur bemerkt, daß wir bestrebt waren,
innerhalb jedes Versuches den agglutinierenden Titer des Immunserums
und den Gehalt an präzipitablem Eiweiß (gemessen nach der Uhlen-
huth sehen Methode) von vornherein möglichst gleich zu machen. Wurde
also z. B. ein Pferdeserum gewählt, welches in der Menge von 0,5 mg
Choleravibrionen gerade noch agglutinierte, so wurde zur Messung des
präzipitablen Eiweißantigens ein Antipferdeserum vom Kaninchen benützt,
welches annähernd gerade noch eine Lösung von 0,5 mg dieses Pferde-
serums präzipitierte. Durch diese Maßnahme war der Gehalt an präzi-
pitabler Substanz und Agglutinin bei Beginn der einzelnen Reihen-
experimente gleich gesetzt, natürlich rein willkürlich, durch Benützung
von Pferdepräzipitinen einer bestimmten Wirkungsgrenze.
A. Kaninchen.
I.
Kaninchen No. 336 und No. 152 hatten das gleiche Körpergewicht (4500 g).
No. 152 war normal, No. 336 mit Pferdeserum vorbehandelt, und zwar nach folgendem
Schema :
16. Dez. 1910 5,0 Normalpferdeserum intravenös
19. „ „ 2,0
22. „ „ 2,0
Am 15. Jan., also 24 Tage nach dem bei No. 336 die letzte Antigeninjektion ausgeführt
worden war, erhielten beide Tiere eine intravenöse Einspritzung von je 5,0 ccm agglu-
tinierenden Choleraserums vom Pferde. Dieses Choleraserum agglutinierte in der Ver-
dünnung von 1 : 6400 Choleravibrionen (Stamm Petersburg) eben noch komplett.
In regelmäßigen Intervallen nach diesem Eingriff wurden aus der Ohrvene je
20 ccm Blut entnommen, und zwar gemäß der nebenstehenden Tabelle:
1. Aderlaß nach 5 Minuten (konnte bei No. 336 nicht ausgeführt werden)
2.
jy
, 1 Stunde
3.
,j
, 6 Stunden
4.
, 12
5.
, ^4
6.
, 48 „
7.
, 96
8.
, 144 „
Der erste Aderlaß war bei No. 336, dem gegen Pferdeserum allergischen Kaninchen,
nicht zu bewerkstelligen, da trotz aller Bemühungen aus der durchtrennten Ohrvene nur
wenige Tropfen abflössen. Das Tier hatte nach der Injektion von 5,0 agglutinierenden
150 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Pferdeserums einen intensiven Shock bekommen, litt an intensiver Dyspnoe, lag
somnolent am Bauche, und die Unmöglichkeit, aus dem anämischen Löffel Blut abzu-
zapfen, war wohl auf den gesunkenen Blutdruck infolge der Erweiterung der Gefäße der
Baucheingeweide zu beziehen. Nach einer Stunde hatte sich das Kaninchen etwas,
wenn auch nicht vollständig, erholt und der zweite Aderlaß gelang nach vorheriger
Hyperämisierung des Löffels durch Abreiben mit Xylol.
Das von jedem Aderlaß gewonnene Serum wurde in der Weise verarbeitet, daß
Verdünnungen desselben mit NaCl hergestellt und in einer Serie je 0,5 ccm jeder Ver-
dünnung mit 0,5 ccm einer Aufschwemmung von Choleravibrionen (1 Agarkultur in
10 ccm) vermengt wurde. Ablesung nach 2 Stunden bei 37" C.
In einer zweiten Serie wurde je 0,5 ccm derselben Verdünnungen mit 0,5 ccm
NaCl gemischt und dann 0,1 ccm eines Antipferdeserums vom Kaninchen (No. 26)
hinzugesetzt, welches gerade in einer 6400-facnen Verdünnung des agglutinierenden
Pferdeserums einen Niederschlag erzeugte.
+ + + + bedeutet bei der Agglutination komplette Ausfällung der Bakterien mit
völliger Klärung der überstehenden Flüssigkeit, bei der Präzipitation starken Nieder-
schlag ;
+ -f + bei der Agglutination Ausfällung mit leichter Trübung der Flüssigkeit, bei
der Präzipitation spärlicheren Niederschlag;
-|-+ bei der Agglutination Ausfällung mit starker fortbestehender Trübung, bei
der Präzipitation Bildung grober, mit freiem Auge sichtbarer Flocken;
+ Spur Agglutination, feinste, nur mit der Lupe wahrzunehmende Flöckchen.
1. Aderlaß (5 Minuten).
Kaninchen 336 (allergisch)
Kaninchen 152
(normal)
[ünnung
' Präzipitables Eiweiß
Agglutinin
Präzipitables Eiweiß
Agglutinin
20
+ + + +
+ + + +
100
+ + + +
+ + + +
200
+ + + +
+ + + +
300
+ + +
+ + +
400
+ +
+ +
500
0
0
600
0
0
2. Ad
erlaß (1 Stunde).
20
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
40
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
80
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
100
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
120
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
140
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
180
+ + +
+ + +
+ + +
+ + + +
200
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
220
+ +
+ +
+ +
+ +
240
+ +
+ +
+ +
+ +
260
+ +
+ +
+ +
+ +
280
+
+ +
+ +
+ +
300
e
+
+ +
+ +
400
e
e
e
0
600
e
e
0
0
S. Ad
erlaß (6 Stunden).
40
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
80
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
100
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
120
+ + +
+ + +
+ + + +
+ + +
140
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
180
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
200
+ +
+ +
++
+ +
220
+
+
+ +
+ +
240
e
+
+
+
280
0
e
0
0
300
0
e
0
0
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Immunsera im Organismus. 151
4. Aderlaß (12 Stunden).
Verdünnung
Kaninchen 336 (allergisch)
Kaninchen 152
(normal
Präzipitables Eiweiß
Agglutinin
Präzipitables Eiweiß
Agglutinin
20
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
40
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
60
+ +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
80
+
+ + + +
+ + + +
+ + + +
100
0
+ + + +
+ + +
+ + +
120
e
+ +
+ +
+ + +
140
e
+
+
+ +
180
e
+
0
+
200
e
0
0
0
5.
Ad
erlaß (24 Stunden).
20
+ + + +
+ + + 4
+ + + +
+ + + +
40
+ + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
60
e
+ + + +
+ + + +
+ + + +
80
e
+ + +
+ + +
+ + +
100
e
+ +
+ +
+ +
120
e
0
0
+ +
140
e
0
0
+
160
e
0
0
+
180
0
0
0
+
200
e
0
0
0
6.
Ad
erlaß (48 Stunden).
10
+ +
+ + + +
+ + +
+ + + +
20
+
+ + + +
+ + +
+ + + +
40
0
+ +
+ +
+ + +
60
e
+
+
+ + +
80
0
0
+
+ +
100
e
0
0
0
7.
Ad
erlaß (96 Stunden).
2
e
+ + + +
+ + + +
+ + + +
4
e
+ + +
+ + + +
+ + + +
6
e
+
+ + + +
+ + + +
8
e
0
+ + + +
+ + + +
10
e
0
+ + + +
+ + + +
20
0
0
+ + + +
+ + + +
28
e
0
+ + + +
+ + +
32
0
0
+ +
+ +
36
e
0
+
+
40
0
0
0
+
44
0
0
0
0
8.
Ad
erlaß (144 Stunden).
2
0
+
+ + + +
+ + +
4
0
0
+ + + +
+ +
6
0
0
+ + + +
+
8
0
0
+ + + +
+
10
0
0
+ + + +
0
20
0
0
+ + + +
0
30
0
0
+
0
40
0
0
0
0
Trägt man die Zeit als Abszisse auf, die erhaltenen Werte als Ordinaten, wobei
es sich empfiehlt, der Sicherheit halber den Reaktionsausfall ++ und nicht + als
Grenze zu betrachten, so werden die Verhältnisse übersichtlich, wie die graphische Dar-
stellung in Fig. 1 lehrt. Die ausgezogenen Linien entsprechen dem normalen Kanin-
chen 152, die gestrichelten dem allergischen No. 336, die dickeren Linien zeigen bei
beiden Tieren das Verhalten des präzipitablen Pferdeeiweißes, die dünnen markieren
das Verschwinden des Agglutinins.
152
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
jeo
äSS
3«
3«a
MO
340
320
320
300
300
230
\
280
260
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260
240
240
-
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\
SO
o
200
\\
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180
160
180
162
140
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0 |i:
1 24 1 36 1 4« 1 60 1 72
1 84 1 96 1 108 [ 120 | 132 144
Fig. 1.
II.
Ein ganz analoges Resultat ergab ein zweiter, unter ähnlichen Verhältnissen aus-
geführter Versuch an den Kaninchen 439 und 492.
492 war normal; 439 bekam am 10., 13. und 16. April 1911 je 2,0 Normalpferde-
eerum intravenös.
Am 17. Mai wurde beiden Tieren je 10 ccm agglutinierendes Choleraserum vom
Pferde in eine Ohrvene injiziert, worauf 439 mit heftigem Shock, Dyspnoe, Kotabgang,
Urinentleerung reagierte und aus der Ohrvene nach 5 Minuten kein Blut gab. Wie im
ersten Versuche glückte dies erst nach 1 Stunde.
Das eingespritzte Choleraagglutinin hatte folgenden Titer:
Verdünnung :
200
+ + + +
800
+ + + +
1600
+ + + +
3 200
+ + +
6400
+
12 800
e
Das zum Nachweis des präzipitablen Pferdeeiweißes benützte Antipferdeserum
(von Kaninchen 442) reagierte mit diesem agglutinierenden Serum etwas stärker:
200 + + + +
400 + + + +
800 + + + +
1600 + + + +
3 200 + + +
6 400 +
12 800 Trübung
25 600 e
80 daß hier die Maßmethode des Agglutinins auf die der präzipitablen Substanz weniger
scharf eingestellt war.
Die Resultate lassen sich an der Hand der ausführlichen Wiedergabe des 1. Ver-
suches aus der Fig. 2 ohne weiteres ablesen.
Wie man sieht, differieren die Kurven für präzipitables Pferdeeiweiß
bei allergischen und normalen Kaninchen speziell in den ersten Tagen
nur wenig, trotzdem die allergischen Tiere einen intensiven Shock erlitten
hatten und einer relativ unempfänglichen Species angehören, so daß man
einen besonders hochgradigen Abbau von Antigen zu anaphylaktischem
Gift, ein Abstürzen ihrer Eiweißlinie zur Abszisse annehmen sollte. Die
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Immunsera im Organismus. 153
Unterschiede markieren sich
erst im weiteren Verlaufe
deutlicher; insbesondere
verschwindet das präzipi-
table Eiweiß um den 3. Tag
aus dem anaphylaktischen
Organismus, während es im
normalen bis zum 9. Tag
nachweisbar bleibt, was
wohl auf die früher ein-
setzende Bildung des Anti-
körpers gegen Pferdeeiweiß
zu beziehen ist, der mit
dem noch kreisenden Anti-
gen abreagiert. Daß alle
Antigene, wenn sie mit
ihren Antikörpern reagie-
ren, partiell oder total ver-
schwinden, d. h. den Anti-
gencharakter verlieren, ist
ja beknnnt, ohne daß man
über den Grund im klaren
wäre: Ob es sich um eine
Synthese, einen Abbau, eine
elektrische Entladung han-
delt, ist derzeit ungewiß.
Man könnte sich nun
sagen, die anaphylaktischen
Vorgänge beruhen doch auf
Antigen -Antikörperreaktio-
nen, es muß daher im Shock
Antigen verschwinden, da
es auf Antikörper stoßen
muß, wenn auch dieses Ver-
schwinden kein Abbau im
allgemeinen und kein pep-
tischer im besonderen ist.
Das ist natürlich richtig
und dementsprechend hal.-
ten sich auch die Werte bei
den allergischen Kaninchen
schon in den ersten Stunden
etwas unter den beim nor-
malen Tiere ermittelten.
Man hat es aber in der
Hand, dieses stärkere Ver-
schwinden von Antigen
beim allergischen Tiere ein-
zuschränken, wenn man ihm
das Antigen in einer Periode injiziert, in welcher das Blut keinen Eiweiß-
antikörper enthält, die aktive üeberempfindlichkeit aber fortbesteht. Das
geschah in den vorliegenden Versuchen, in denen die Einspritzung von
(agglutinierendem) Pferdeserum erst ausgeführt wurde, wenn aus dem
154 Centralbl. f. ßakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Serum der allergischen Kaninchen jede Spur von Pferdepräzipitin ver-
schwunden war. Man kann dann intensiven Shock hervorrufen, trotzdem
ein so geringes Plus an Eiweißantigen im Vergleich zur Norm ver-
schwindet, daß ein Umsatz zu größeren Giftmengen unwahrscheinlich wird.
Noch eindeutiger sind die Versuche am Meerschweinchen (s. weiter unten).
Was das Verhalten der Choleraagglutinine zur präzipitablen Substanz
des Pferdeserums anbelangt, so wäre darüber folgendes zu bemerken :
Landsteiner und Präsek haben in sehr exakter Art nach-
gewiesen, daß die normalen Hämagglutinine als präzipitable Substanzen,
also mit aller Wahrscheinlichkeit als Eiweißkörper anzusehen sind. Sie
reinigten Agglutininlösungen (Rinderserum) durch Adsorption mit agglu-
tinablen Erythrocyten, Waschen der letzteren auf der Zentrifuge, Auf-
spalten der Blutkörperchen-Agglutininverbindung durch Erwärmen auf
46— 48*^ und Entfernung der Erythrocyten; durch zweimalige Vornahme
dieses Prozesses resultierten im immunchemischen Sinne völlig reine
Agglutininlösungen, aus welchen das Agglutinin und
gleichzeitig mit ihm die präzipitable Substanz (Rinder-
eiweiß) durch Pferdeery throcyten vollständig und spezi-
fisch adsorbiert wurde.
Ueber Bakterienimmunagglutinine liegen Untersuchungen von Kraus
und Pfibram, v. Eisler und Tsuru, Landsteiner und Präsek
vor, denen zufolge beim Ausflocken verdünnter Agglutinine dieser Kate-
gorie durch ein entsprechendes Präzipitin die Agglutinine unwirksam,
also nicht nur passiv mitgerissen werden, sondern in die Reaktion ebenso
wie die präzipitable Substanz eingehen. Der Versuch gelingt aber nach
den übereinstimmenden Erfahrungen der genannten Autoren nicht immer;
verschiedene Präzipitinsera beeinflußten, selbst wenn sie den gleichen
Titer hatten, die agglutinierende Wirkung desselben Immunserums ver-
schieden, das eine brachte sie zum Verschwinden, ein zweites schwächte
sie ab, ein drittes hatte keine Aenderung oder gar eine Verstärkung zur
Folge. Trotz dieser Inkonstanz der Fällbarkeit der Bakterienimmun-
agglutinine mit dem präzipitablen Eiweiß des betreifenden Immunserums
halten Landsteiner und Präsek doch auch hier die Identität beider
Stoffe für höchstwahrscheinlich und nehmen, um den ungleichen Ausfall
der eben erwähnten Versuche zu erklären, an, daß in jedem Serum ver-
schiedene präzipitable Substanzen vorhanden sind, auf welche verschiedene
Präzipitinsera auch bei gleichem Titer nicht in gleicher Weise einwirken;
es wäre dann verständlich, warum das Agglutinin durch ein bestimmtes
Präzipitin ausgeflockt wird, durch ein anderes nicht, umsomehr als
Land Steiner und Präsek durch ihre Methode der gereinigten Agglu-
tininlösungen nachwiesen, daß das ganze in einem Serum enthaltene
Typhusagglutinin nicht mehr als Vso des Gesamtgehaltes des Serums an
präzipitabler Substanz betrug.
Land Steiner und Präsek beschäftigen sich auch mit den ver-
schiedenen Einwänden, welche gegen die Eiweißnatur der Immunstoffe
bisher vorgebracht wurden, und finden, daß denselben keine genügende
Beweiskraft zugesprochen werden kann. Sie gehen dabei auf eine von
Römer und Much beobachtete Erscheinung ein, die uns hier besonders
interessiert, daß nämlich bei gewissen Formen der passiven Immunisierung
der injizierte Immunkörper nachweisbar bleibt, während die präzipitable
Substanz des injizierten Serums zu verschwinden scheint.
Um dieses Phänomen zu erklären, ziehen sie ihre eigenen vitro-
Experimente heran, welche zeigen, daß durch Erwärmen einer Mischung
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Irumunsera im Organismus. 155
von agglutinierendem Pferdeserum (Bakterienimmunagglutinin für Typhus-
bacillen) und fremdartigem Blutserum (vom Kaninchen oder Hammel)
das Agglutinationsvermögeu erhalten bleibt, während die Fällbarkeit des
Pferdeeiweißes durch ein korrespondierendes Präzipitin abnimmt. Da
Kontrollen ergaben, daß weder das Erwärmen, noch der Zusatz des
fremdartigen Serums allein die Abnahme der Präzipitabilität verschuldet,
so denken sie sich den Vorgang so, daß sich beim Erwärmen des Serum-
gemisches die Eiweißteilchen beider Komponenten zu größeren Komplexen
aneinanderlagern, wodurch die Präzipitinwirkung, die auf ein Eiweiß
bestimmter Art eingestellt ist, eine Störung erfährt, während die Agglu-
tininwirkung des einen Eiweißes erhalten bleibt. Aehnliche Verände-
rungen könnten sich auch im Tierkörper nach Injektion heterologer
Immunsera vollziehen, was allerdings erst experimentell erwiesen werden
müßte. Jedenfalls aber gehe aus den Reagensglasversuchen hervor, daß
ein Fehlen der Präzipitierbarkeit bei Erhaltenbleiben spezifischer Anti-
körperwirkung nach passiver Immunisierung mit heterologem Serum nicht
als Beweis gegen die Eiweißnatur der Antikörper angesehen werden könne.
Gehen wir nun zu den Ergebnissen unserer Versuche über, so zeigt
sich bei den vier benützten Kaninchen ein ganz übereinstimmendes
und allem Anscheine nach gesetzmäßiges Verhalten, welches noch da-
durch an Wert gewinnt, daß agglutinierende Kraft und Fällbarkeit des
spezifischen Eiweißes in dem injizierten heterologen Immunserum, wie
bereits erwähnt, gleich eingestellt worden waren.
In der ersten Phase (bis zur 6. Stunde nach der Injektion) fällt das
Agglutinin ebenso ab wie das präzipitable Pferdeeiweiß sowohl bei den
normalen als bei den allergischen Kaninchen.
In der zweiten Phase bleibt in beiden Fällen (normaler und aller-
gischer Organismus) das Agglutinin besser erhalten, das präzipitable
Eiweiß verschwindet ungleich rascher. Die Dauer dieser Phase erstreckte
sich von der 6. bis zur 24, 48. Stunde, in 2 Fällen bis zum 4. Tage.
Bei den allergischen Tieren währte diese Periode des langsameren
Absinkens des Agglutinins im Verhältnis zur präzipitablen Substanz bis
zum völligen Verschwinden beider aus der Zirkulation, wobei schließlich
ein kurzes Stadium resultierte, in welchem nur mehr Agglutinin, aber
kein präzipitables Eiweiß nachweisbar war.
Bei den normalen Kaninchen schloß sich eine dritte längere Phase an
die zweite an, in welcher die beiden Funktionen des injizierten heterologen
Immunserums gerade das umgekehrte Verhalten darboten. Das präzipi-
table Eiweiß blieb fortbestehen, das Agglutinin war nicht mehr wirksam.
Im ganzen war also eine so weitgehende Parallele von Agglutinin
und präzipitablem Eiweiß zu konstatieren, daß auch wir einer Identi-
fizierung beider zustimmen möchten. Die Erklärung, welche Land-
steiner und Präsek für das Fortbestehen von Agglutinin bei partiellem
oder totalem Schwunde der präzipitablen Stoffe der Immunsera geben,
scheint uns dagegen insofern nicht ganz zutreffend, als man bei den
normalen Kaninchen zuerst dieses, von der 96. Stunde an aber das ent-
gegengesetzte Verhalten wahrnehmen konnte. Unsere Resultate erscheinen
übrigens schon verständlich, wenn man 1) mit Kraus und Pfibram
annimmt, daß das injizierte Immunserum verschiedene präzipitable Sub-
stanzen enthielt, 2) berücksichtigt, daß nach Landsteiner und Präsek
die Agglutinine nur einen kleinen Bruchteil der gesamten präzipitablen
Substanz des Serums bilden. Dann schwinden eben diejenigen Anteile
der letzteren, welche mit dem Agglutinin identisch sind, in der zweiten
156 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Phase langsamer, bei normalen Tieren von der 96. Stunde an schneller,
als der Rest, der zum Agglutinin keine Beziehung hat.
Die Differenz zwischen normalen und allergischen Kaninchen würde
in der terminalen Phase darauf hindeuten, daß auch zwischen den Prä-
zipitinen (Eiweißantikörpern), welche im Tiere entstehen, und durch ihr
Abreagieren mit dem kreisenden Eiweißantigen das Verschwinden des
letzteren und des Agglutinins bedingen, verschieden sind, d. h, daß die
stärkeren Präzipitine, die sich im allergischen Individuum bilden, nicht
nur quantitativ von den schwächeren, die nach einer einzigen Antigen-
injektion entstehen, differieren, sondern auch qualitativ, wie das Land-
steiner und Präsek auf Grund ihrer Versuche gleichfalls annehmen.
B. Meerschweinchen.
Eine Serie Meerschweinchen wurde am 1. Nov. 1911 mit 0,1 Pferde-
serum subkutan sensibilisiert.
Am 16. Nov. waren die Tiere hochgradig anaphylaktisch, indem
0,06 ccm Pferdeserum intravenös akuten Exitus hervorrief.
Das Serum der Tiere enthielt um diese Zeit nur wenig oder kein
Präzipitin, da 0,1 ccm in 10-fach verdünntem Pferdeserum keinen Nieder-
schlag hervorrief. Auch vermochten 1,0 ccm nicht, normale Meer-
schweinchen gegen Pferdeserum passiv tödlich zu präparieren.
An diesem Tage wurde bei diesen Tieren agglutinierendes Cholera-
serum vom Pferde (Titer 1 : 3000) in die Peritonealhöhle injiziert, worauf
nach ca. V2 Stunde Somnolenz eintrat, Abgang von Kot und Urin, und
die Tiere auf der Seite lagen. Gleichzeitig erhielten auch normale Kon-
trollen von demselben Körpergewicht dieselbe Dosis Pferdeagglutinine
intraperitoneal und blieben vollkommen reaktionslos.
Nach verschiedenen Zeitintervallen wurden je ein anaphylaktisches
Tier und eine Kontrolle durch Entbluten getötet, wobei von den im
Shock stehenden aus der Cruralis kein Blut zu erhalten war, so daß zur
Punktion des Herzens geschritten werden mußte. Erst nach 6 Stunden
gelang die Blutentnahme aus der Schenkelarterie.
In jedem Aderlaßserum wurde der agglutinierende Titer und der
Gehalt an präzipitablem Pferdeeiweiß, letzterer mit einem Präzipitin vom
Kaninchen, bestimmt, welches 3000-fach verdünntes Pferdeserum eben
noch ausflockte.
1. Versuch.
Injektion von 1,2 ccm agglutinierendem Choleraserum vom Pferde.
Entblutet nach 1 Stunde.
,^ ,.. Allergisch Normal
Verdünnung Präzipitables Eiweiß Agglutinin Präzipitables Eiweiß Agglutinin
25 + + + + + + + + ö e
50 ++ ++ ^ ^
100 e e e e
Nach 1 Stunde war also beim normalen Tier weder Agglutinin, noch präzipitables
Eiweiß im zirkulierenden Blute, während beim anaphylaktischen Tiere reichliche und
gleiche Mengen beider Wirkungen im zirkulierenden Blute auftraten.
2. Versuch.
Injektion von 1,6 ccm Pferdeagglutinin.
Entblutet nach 2 Stunden.
25
+ -f + H-
4--f-f +
-f + -|-
+ + -{
50
-f-|--f
-F-f + -f
-I- +
+ -I-
100
-1--1-
+ + +
-1-
e
200
+
+
0
e
300
e
e
0
e
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Immunsera im Organismus. 157
3. Versuch.
Injektion von 1,6 com Pferdeagglutinin.
Entblutet nach 27.2 Stunden.
Allergisch Normal
Verdünnung PräzipitablesEiweiß Aggiutinin Präzipitables Eiweiß Agglutinin
25 + + + + + + + + + + + + + +
50 + + + + + + + + ++ + +
100 + + + + + + + + + Spur
200 + + + + + + » «
300 ++ ++ « *
400 + « • ^
500 ^ ö e e
4. Versuch.
Injektion von 1,0 ccm Pferdeagglutinin.
Entblutet nach 6 Stunden.
50 + + + + + + + + ++ + + +
100 + + + + + + « + +
150 e ++ e e
200 e e e e
5. Versuch.
Injektion von 1,5 ccm Pferdeagglutinin.
Entblutet nach 6 Stunden.
50 + + + + + + + + ^ + + +
100 + + + + + + Ö ^
150 e ++ » ^
200 e e e e
6. Versuch.
Injektion von 2,0 ccm Pferdeagglutinin.
Entblutet nach 6 Stunden.
50 + + + + + + + + + + + + + + + +
100 + + + + + + + + + + +
150 ++ + + + * +
200 e e e e
Die anaphylaktischen Meerschweincheo wurden nicht intravenös,
sondern intraperitoneal reinjiziert, weil im ersteren Falle bekanntlich
minimale Serummengen genügen, um akuten Exitus herbeizuführen;
wäre daher kein Minus an präzipitabler Substanz gegenüber der Norm
vorhanden, so könnte man denken, daß schon der Abbau eines nicht
nachweisbaren Quantums zu „Gift" den Tod veranlaßt hat. Injiziert
man aber präparierte Meerschweinchen intraperitoneal, so wirken erst
große Dosen (mehrere Kubikzentimeter) letal; kleinere, 1—3 ccm, er-
zeugen nur einen Shock, die Erscheinungen verlaufen in jedem Falle
protrahiert und treten erst nach einer mehrere Minuten bis V-, Stunde
betragenden Inkubation auf.
Stellt man sich auf den Boden der Hypothese, daß der anaphylak-
tische Shock eine Vergiftung durch Abbauprodukte ist, die aus dem
reinjizierten Antigen durch die verdauenden Einflüsse von Ambozeptor
-j- Komplement entstehen, so müßte man annehmen, daß sich bei intra-
peritonealer Injektion die supponierten Gifte zwar in der Bauchhöhle
bilden, wo ja Ambozeptor und Komplement disponibel sind, daß man
aber deshalb größerer Antigen-, daher auch größerer Giftmengen benötigt,
wie bei der intravenösen Probe, weil das „anaphylaktische Gift" vom
Peritoneum aus nur in minimalen Mengen zur Resorption kommt. Für
jeden Fall müßte man bei intraperitonealer Injektion den Abbau großer
Antigenmengen erwarten.
158 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Das ist nun, wie unsere Versuche zeigen, und wie auch H. Pfeiffer
fand, nicht der Fall.
Wir finden im Gegenteil, gleichgültig, ob wir die anaphylaktischen
Tiere 1, 2, 2V2 oder 6 Stunden nach der intraperitonealen Reinjektion
töten, daß ihr Blut stets größere Mengen an intakter präzipitabler Sub-
stanz enthält, als das gleich schwerer normaler Kontrollen. Dieser Unter-
schied markiert sich besonders stark in den ersten Stunden, um sich
dann später auszugleichen, allerdings für Pferdeeiweiß nicht vollständig,
da er auch nach 6 Stunden in drei Versuchen deutlich hervortrat. Für
andere Eiweißarten scheinen andere Gesetze zu bestehen , wie aus
folgendem Experiment erhellt,
7. Versuch.
Ein normales und ein gegen Kauinchenserum hochanaphylaktisches Meerschwein-
chen erhalten je 2 ccm Choleraagglutinin vom Kaninchen. Beide werden nach 6 Stuudeu
entblutet und der Titer des Agglutinins bestimmt.
Verdünnung Allergisch Normal
50 +-I- + + +-1- + +
100 -l--f + + + + -I- +
150 + + + + + +
200 + + + -I- + +
300 -I- I-+ + + +
400 -1--I- + +
600 -f- -I-
800 Sp. Sp.
Hier war die Differenz also nach 6 Stunden ausgeglichen. Jeden-
falls läßt sich aber nirgends ein beschleunigter Antigenabbau, sondern
nur eine raschere Resorption unveränderten Antigens bei anaphylak-
tischen und intraperitoneal reinjizierten Meerschweinchen gegenüber der
Norm feststellen. Es scheint demnach nicht das Abreagieren von Antigen,
Ambozeptor und Komplement in der Peritonealhöhle und ein dabei ent-
stehendes Gift die Symptome auszulösen, sondern die Verhältnisse dürften
sich so gestalten, daß das Antigen zunächst in die Blutbahn in un-
verändertem Zustande gelangt und daß erst dort seine Reaktion mit
Antikörper pathogen wird. Diese Auffassung würde auch die verlängerte
Inkubation der krankhaften Erscheinungen und die Tatsache erklären,
warum man bei demselben Grade von Anaphylaxie so unverhältnismäßig
viel mehr Antigen braucht, um von der Subcutis oder vom Peritoneum
aus schwerere Störungen hervorzurufen, als von der Blutbahn. Subkutan
oder intraperitoneal injiziertes Antigen ruft zwar auch Schädigungen der
direkt getroffenen Zellen hervor (lokale Anaphylaxie), welche aber offenbar
nicht in einem allgemeinen Shock ihren Ausdruck finden können; nur
der Antigenüberschuß, der in das Blut übertritt und dort noch Anti-
körper findet, vermag in letzterer Richtung zu wirken. Bei direkter
Einspritzung von Antigen in das Gehirn (Besredka, Friedberge r)
reichen dieselben Mengen aus, um akuten Exitus zu erzeugen, wie bei
intravenöser Applikation, weil hier die in loco sich abspielenden Vor-
gänge lebenswichtige Elemente in Mitleidenschaft ziehen, vielleicht gerade
jene, die auch bei der intravenösen Probe zunächst und zumeist alteriert
werden (Besredka, Riebet, Belin, Achard und Flandin).
Das Agglutinin zeigte auch bei Meerschweinchen dasselbe Verhalten
wie das präzipitable Eiweiß des Serums, an welches es gebunden war,
vor allem trat es beim allergischen Tiere rascher aus dem Peritoneum
in die Zirkulation als beim normalen. Im einzelnen waren kleine Diffe-
renzen vorhanden, indem in den Versuchen 2 und 3 scheinbar mehr
Doerr u. Pick, Das Verhalten heterologer Immunsera im Organismus. 159
präzipitables Eiweiß, in 4—6 mehr Agglutinin resorbiert wurde, was
nicht gegen die (partielle) Identität beider "Substanzen spricht, sondern
in dem oben erläuterten Sinne erklärt werden kann.
Zusammenfassung.
1) Weder bei dem hochempfindlichen Meerschweinchen, noch bei
den gegen Anaphylaxie relativ wenig empfindlichen Kaninchen läßt sich
im anaphylaktischen Shock bei bestimmten Versuchsbedingungen ein
erhöhtes Verschwinden von Antigen gegenüber der Norm konstatieren.
Dadurch wird ein Abbau von Antigen zu einem Gift als Ursache der
anaphylaktischen Phänomene unwahrscheinlich.
2) Bei anaphylaktischen Meerschweinchen wird intraperitoneal in-
jiziertes Antigen viel rascher und in größeren Mengen in die Zirkulation
aufgenommen, als bei normalen.
3) Der anaphylaktische Shock von Meerschweinchen bei intraperi-
tonealer und subkutaner Antigenreinjektion läßt sich nicht durch ein in
loco injectionis gebildetes und dann resorbiertes Gift erklären, sondern
durch die Reaktion des in das Blut aufgenommenen Antigenüberschusses
mit dort vorhandenem Antikörper. Daher die Notwendigkeit der In-
jektion größerer Antigenmengen bei diesen Applikationsmethoden und
die Tatsache der verlängerten, der (beschleunigten) Antigenresorption
entsprechenden Inkubation.
4) Das Verhalten des Bakterienimmunagglutinins und der präzipi-
tablen Substanz heterologer Immunsera im Blute normaler und aller-
gischer Tiere liefern eine Bestätigung der von anderer Seite behaupteten
Eiweißnatur der Immunstoffe. Die beobachteten Differenzen können auf
einer Vielheit der präzipitablen Substanzen beruhen, auf welche ver-
schiedene Präzipitine verschieden einwirken (Kraus und Pfibram,
Landsteiner und Präsek), sowie auf der Tatsache, daß die Agglu-
tinine nicht mit der gesamten präzipitablen Substanz des betreffenden
Serums identisch sind, sondern nur einen sehr geringen Bruchteil der-
selben betragen (Landsteiner und Präsek).
Literatur.
Literatur über Anaphylaxie ist aus den Referaten von Friederaann und
Schittenhelm in dem Jahresbericht über die Ergebnisse der Immunitätsforschung.
Bd. 6. 1911 zu entnehmen.
Landsteiner u. Präsek, Zeltschr. f. Im raun. -Forsch. Bd. 10. 1911. Heft 1/2.
Kraus u. Pfibram, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 39. 1905.
V. Eisler u. Tsuru, Zeitschr. f. Immun. -Forsch. Bd. ö. 1910.
Ueber das Verschwinden passiv einverleibter Immunkörper vgl. Madsen, Fest-
schrift z. Eröffn. d. Seruminstit. in Kopenhagen 1902; Jörgensen u. Madsen,
ebenda; Madsen, Handb. d. Techn. u. Method. d. Immun.-Forsch. von Kraus-
Levaditi. Bd. 2.
160 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Nachdruck verboten.
Ueber die Bildung spezifischer Antikörper bei mit Nukleo-
proteid syphilitischer Organe behandelten Kaninchen.
[Aus der Kgl. Universitätskinderklinik zu Palermo
(Direktor: Prof. R. Jemma).]
Vorläufige Mitteilung.
VonljDr. O. Di Cristina und Dr. M. Cipolla.
Wir verötfentlichen hier die ersten Untersuchungen über diesen
Gegenstand, indem wir uns vorbehalten, später die definitiven und voll-
ständigen Resultate unserer Experimente mitzuteilen.
Wir haben versuchen wollen, ob es möglich wäre, bei Kaninchen einen
spezifischen Ambozeptor zu erhalten, ohne sie mit Syphilis zu infizieren,
durch Behandlung mit nicht infizierendem syphilitischen Material.
Zu dem Zwecke bedienten wir uns eines aus Leber und Milz von
syphilitischen Neugeborenen gewonnenen Nukleoproteids. Diese Organe
wurden sorgfältig zerrieben und vom Blut befreit, mit Natriumkarbonat
0,5 Proz. versetzt, mit Chloroform gesättigt und 48 Stunden lang bei
37° gehalten.
Darauf wurde filtriert und das klare Filtrat mit stark verdünnter
Essigsäure ausgefällt. Das wiederholt mit angesäuertem Wasser aus-
gewaschene Filtrat wurde neuerdings in Natriumkarbonat in derselben
Verdünnung gelöst, und durch dreimaliges Wiederholen des Verfahrens
gelang es so, ein von fremden Albuminoiden ziemlich reines Produkt zu
erhalten. Das zuletzt erhaltene Präzipitat wurde sorgfältig mit an-
gesäuertem Wasser ausgewaschen und bei Zimmertemperatur über
Schwefelsäure getrocknet. Es wurde so eine durch rötliche Splitter ge-
bildete Substanz erhalten, welche in sehr schwacher alkalischer Lösung
leicht in Lösung gingen.
Mit dieser Substanz wurden die Untersuchungen angestellt, über die
wir kurz berichten.
Wir behandelten 3 Kaninchen mit endovenösen Injektionen der
Substanz in 0,5-proz. Natriumkarbonatlösung. Im ganzen wurden jedes-
mal ca. 0,01 g injiziert, nichtsdestoweniger ging bei der zweiten Injektion
ein Kaninchen zugrunde.
Die zwei übrigen Kaninchen blieben am Leben, und nach 10 Tagen
wurde in dem Blutserum die Anwesenheit eines spezifischen Ambozeptors
nachgewiesen. Bei diesen Kaninchen wurden späterhin weitere In-
jektionen intraperitoneal vorgenommen, ohne daß sie irgendeinen Schaden
davon gehabt hätten. Als Antigen wurde das alkoholische Extrakt vom
Meerschweinchenherzen verwendet. Nicht verwendet haben wir das
wässerige Extrakt der Leber syphilitischer Neugeborenen, um die auf der
unvermeidlichen Anwesenheit von anderen Proteiden, welche zusammen
mit dem Nukleoproteid injiziert werden, beruhende Fehlerquelle zu ver-
meiden. Mit demselben experimentellen System war es bereits einem
von uns gelungen, bei Hunden die Bildung eines spezifischen Ambo-
zeptors durch Einspritzung eines aus Leber und Milz von mit mensch-
licher Leishmania infizierten Hunden gewonnenen Nukleoproteids zu
erhalten. In diesem Fall wurde als Antigen das Milzpulver eines an
diesem Leiden gestorbenen Kindes verwendet.
De Gasperi, La „Phase negative" de Wright etc. 161
Die Ablenkung des Komplements war in den untersuchten Fällen
eine vollständige und den ganzen Zeitraum der Injektionen hindurch
persistierend.
Die Tiere wurden sukzessiv mit intraperitonealen Injektionen be-
handelt, und es konnte stets die Anwesenheit eines spezifischen Ambo-
zeptors beobachtet werden. Weitere Tiere haben wir in der gleichen
Weise behandelt, und wir warten nun die Resultate der endocornealen
und scrotalen Impfungen mit syphilitischem Virus ab, um festzustellen,
ob diese Tiere auf das genannte Virus mit Immunitätserscheinungen
reagieren.
Nachdruck verholen.
La „Phase negative" de Wright
dans la vaccination antityphique des jeunes lapins.
[Travail du Laboratoire de M'". le Prof. E. Metchnikoff ä l'Institut
Pasteur de Paris.]
Par le Dr. Federico De (xasperi.
Avec 2 Figures.
On sait que l'introduction des bacilles typhiques dans l'intimite de
l'organisme des animaux de laboratoire amöne bien une infection mortelle
generalisee, mais qui ne presente pas les caract^res essentiels de la
fiövre typhoide de l'homme avec ses lesions du tube digestif ; on sait de
plus que les animaux sont susceptibles d'etre vaccines contre cette in-
fection experimentale.
Les cobayes et les lapins se pretant facilement ä la vaccination
antityphique et ä la verification de l'immunite contre l'infection due au
bacille d'Eberth, ils peuvent nous fournir d'utiles renseignements qui
contribuent, en meme temps que d'autres faits, ä nous renseigner
exactement sur la valeur des vaccins antityphiques.
De nombreux auteurs ont etudie les modifications biologiques du
serum des animaux et de l'homme injectes avec les divers antig^nes
typhiques qui ont ete prepares jusqu'ici.
II resulte de ces travaux que dans l'organisme des vaccinös on decMe,
quoique en proportions variables, la prösence des differents anticorps de-
fensifs: agglutinine, precipitine, lysine, sensibilisatrice, stimuline, Opsonine.
Wright le premier, s'est attache ä l'etude de ces anticorps. C'est
en se fondant sur leur presence qu'il a generalise dans la suite l'emploi
de la vaccination antityphique chez l'homme.
Pour ce qui nous Interesse particuliörement, nous devons rappeler
que dans la fiSvre typhoide d'apr^s Leishman, les stimulines et, selon
Wright, Harrison, Achard et Foix, etc., les Opsonines sont
augmentees; elles sont specifiques.
Richard son, Hektoen,Weaver etTunniclif, Cevey, etc.,
semblent accorder peu d'importance ä l'evaluation des Opsonines en
tant que temoins du degre de l'immunitö vaccinale.
Sur l'initation de M*", le Prof. Metchnikoff, nous avons etudiö
la vaccination antityphique sur les jeunes lapins, en particulier le pouvoir
opsonique de leur s6rum sanguin, et la phase negative consecutive aux
inoculations.
Eiste Abt. Orig. Bd. 62. Hcft 1/2. 11
162 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
Nos experiences ont porte sur quatre lots de jeunes lapins, com-
poses chacun de trois sujets, dont deux ont ete soumis aux inoculations
de vaccin antityphique, le troisi^me etant garde comme temoin.
Dhs le Premier jour apr^s la premiöre injection de vaccin nous
avons suivi le cours des proprietes opsoniques chez les deux lapins
trait^s et le temoin, normal.
Nous nous sommes servi d'un vaccin prepare par nous meme d'aprös
la proc6d6 de Pfeiffer et Kolle: Des cultures de 24 heures de bacille
typhique H, virulent, sur gelose inclinee, furent emulsionnees dans 45 c.c.
d'eau physiologique ; l'ömulsion fut chautfee ä60°C, pendant une heure
un quart, puis, apres addition d'une tr&s faible quantite d'acide phenique,
eile fut ä nouveau chauffee a 60^ C, pendant une demi-heure.
Un centimetre cube de ce vaccin correspond ä 2 anses de 2 milli-
grammes de culture fraiche.
Les lapins ont reQu sous la peau trois doses successives, avec les
quantites suivantes: 1 c.c, la premiere fois, 2 c.c, la deuxieme, 3 c.c, la
troisieme, dans des delais de temps variables suivant l'apparition et
Tölevation du pouvoir et de l'index opsonique, ainsi que Ton peut le
relever dans quelques unes des experiences relatees ensuite.
Nous devons ajouter que nous n'attendions pas pour inoculer soit
la deuxieme ou la troisieme dose que la courbe opsonique flechit spon-
tanement, nous injections les doses suivantes aussitot que l'indice opso-
nique nous paraissait eleve d'une facjon notable: Cela dans le but de
voir s'il etait possible de gagner du temps et d'abreger ainsi la periode
vaccinale tout en aboutissant ä une immunite solide. Ce fait nous
parait avoir son importance.
Une fois vaccines les animaux ont rcQU dans le peritoine ^/lo d'une
culture et toute une culture entifere de 24 heures, sur gelose, de bacilles
typhiques H, emulsionnee dans de l'eau physiologique.
Notre bacille typhique etait tres virulent; Vio d'une culture tuaient
les cobayes de 350 grammes environs, dans un delais de 14 — 24 heures.
Mais de ce que les animaux de laboratoire n'ont qu'une faible
receptivite pour le bacille d'Eberth, il semble difficile de conclure,
des effets produits chez eux par la vaccination antityphique, ä ceux
qu'on peut attendre, chez l'homme, de la meme vaccination. L'animal
pourra d'autant mieux resister ä l'inoculation d'epreuve qu'il est facile
ä immuniser.
C'est pourquoi, ä l'aide de la technique nouvelle indiquee par
Vincent nous avons soumi nos lapins vaccines contre le bacille
d'Eberth et les temoins ä un mode d'infection tel qu'il amenät, d'une
maniere constante, la mort des temoins, non vaccines, Ceux-ci ont
succombe ä une generalisation du bacille typhique dans le sang et les
organes, y compris l'intestin.
Voici comment nous avons procede: Les lapins vaccines et les
temoins recevaient sous la peau 5 c.c, d'une Solution hypertonique ä
10°/o de chlorure de sodium et tout de suite apres dans la peritoine
une Emulsion de bacilles typhiques dans les doses indiquöes ci-dessus
(Vio et ^7io d'une culture).
Nous avons employe cette meme technique pour infecter quatre
cobayes; nous avons obtenu les memes rösultats satisfaisants. Ces
animaux ont succombe dans un delai de 14 — 24 heures, presentaut ä
l'autopsie une pöritonite typhique classique; le bacille d'Eberth a etö
rencontrö dans le sang, les organes et le contenu de l'intestin.
De Gasperi, La „Phase negative" de Wright etc.
163
Nous allons maintenant donner d'une fagon detaillee, deux de nos
experieuces de vaccinations antityphique de jeunes lapins, pratiqu^es sous
le contröle de la methodc opsonique.
C'est aiusi que nous avons pratique ropsono-röaction suivant la
technique indiquee par "Wright dans son livre: Studies on immuni-
sation, toutefois en tenant compte des remarques faites sur la methode
par Coppelli, c'est -ä-dire que nous avons toujours attendu, pour
essayer les serums des animaux vaccinös et des temoins, que six heures
se soient ecoulees apres la prelevement du sang.
Cette precaution ne nous a pas paru inutile, car, ainsi que Coppelli
l'a releve, le pouvoir opsonique du serum normal, faible aussitöt apr^s
l'extraction , va progressivement et rapidement en augmentant pro-
portionnellement au temps pendant lequel il reste en contacte avec le
caillot sanguin, et cela jusqu'ä la cinquieme heure; il demeure invariable
jusqu'ä la septi^me et diminue ensuite.
Les leucocytes utilises etaient toujours empruntes k un animal neuf
de la meme espece que les animaux vaccines. Les emulsions micro-
biennes etaient faites autant que possible de meme concentration.
Les tubes de Wright restaient ä l'etuve ä 37 ^^ C, pendant 15 mi-
nutes, pour laccomplissement de l'acte phagocytaire ; puis ils etaient
aussitöt plonges dans de l'eau froide ä fin d'arreter immediatement ce
phenomene biologique.
Pour l'evaluation du pouvoir opsonique et la deterraination de l'indice
opsonique nous avons fait le compte des microbes phagocytes par 50
leucocytes.
Exemple.
Exp^rience No. 3.
31 aoüt 1911.
Les lapins No. 61 (1480 g) et 62 (1580 g) re§oivent sous la peau chacun 1 c. c. de
vaccin antityphique de Pfeiffer et Kelle; 1 c. c, de ce vaccin correspond ä 2 anses
de culture fraiche.
Le lapin No. 1, pesant 1400 g est gardö comme t^moin.
1 Septem bre.
Lapins Pouvoir opsonique Indice opsonique
No. 61 bact^ries 78 : 50 polynuclöaires = 1,56 0,92
„ 62 „ 71:50 „ = 1,42 0,83
„ 1 „ 86:50 „ = 1,72 ]
2 septembre.
Lapins Pouvoir opsonique Indice opsonique
No. 61 bactöries 58 : 50 polynucl^aires = 1,16 0,74
„ 62 „ 53:. 50 „ = 1,06 0,67
„ 1 „ 78:50 „ = 1,56 1
3 septembre.
Lapins Pouvoir opsonique Indice opsonique
No. 61 bact^ries 96 : 50 polynucl^aires - 1,92 0,64
„ 62 „ 85:50 „ = 1,70 0,57
„1 „148:50 „ = 2,96 1
4 septembre.
Lapins Pouvoir opsonique Indice opsonique
No. 61 bact^ries 312 : 50 polynucl^aires = 6,60 2,47
„ 62 „ 241:50 „ = 4,82 1,91
„ 1 „ 126:50 „ =- 2,52 1
5 septembre.
Lapins Pouvoir opsonique Indice opsonique
No. 61 bact^ries 526:50 polynucl^aires =11,24 4,19
„ 62 „ 493:50 „ = 9,86 3,67
„ 1 „ 134:50 „ = 2,68 1
Les lapins No. 61 et 62 rejoivent sous la peau la seconde injection de 2 c.c, de
vaccin antityphique de Pfeiffer et Kolle. jl*
164
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
80
eo
/
20
X
/.
/
80
k
i
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60
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20
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10 11
12
C!ourbe opsonique dans la vaccination antityphique des jeunes lapins.
Lapin No. 61. Lapin No. 62. x Injections vaccinales.
6 Septem bre.
Pouvoir opsonique
bact^ries 109 : 50 polynucl^aires = 2,18
103:50 „ = 2,06
115:50 „ = 2,30
7 septembre.
Pouvoir opsonique.
bact^ries 84 : 50 polynucl^aires = 1,68
81:50 „ --= 1,62
96:50 „ = 1,92
8 septembre.
Pouvoir opsonique
bact^ries 252 : 50 leucocytes = 5,40
231 : 50 „ = 4,62
50 „ = 1,56
9 septembre.
Pouvoir opsonique
; 50 leucocytes = 8,28
: 50 „ = 7,20
: 50 „ = 1,70
Les lapins viennent r^inject^s une troisifeme fois sous
vaccin antityphique de Pfeiffer et KoUe.
10 septembre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 61 bact^ries 80 : 50 leucocytes = 1,60
„ 62 „ 78 : 50 „ = 1,56
1 „ 84:50 „ =1,68
Lapins
No. 61
„ 62
„ 1
Lapins
No. 61
„ 62
,, 1
Lapins
No. 61
„ 62
„ 1
Lapins
No.61
» 62
1
78;
bact^ries 414;
351
85
Indice opsonique
1,94
0,89
1
Indice opsonique
0,87
0,84
1
Indice opsonique
3,23
2,96
1
Indice opsonique
4,86
4,12
1
la peau avec 3 c.c,
Indice opsonique
0,95
0,92
1
de
De Gasperi, La „Phase negative" de Wright etc.
165
Lapins
No. 61
„ 62
„ 1
Lapins
No. 61
„ 62
„ 1
93
bactöries 382 ;
348:
68;
Indice opsonique
3,75
1
Indice opsonique
5,01
5,11
1
11 septerabre.
Pouvoir opsonique
bactöries 391 : 50 leucocytes = 7,82
349 : 50 „ = 6,98
50 „ = 1,86
12 septerabre.
Pouvoir opsonique
; 50 leucocytes = 7,64
; 50 „ == 6,96
; 50 „ = 1,36
14 septerabre.
Les lapins No. 61 et 62 ainsi que deux autres normaux de möme poids environ,
que les deux vaccinös, regoivent d'abord sous la peau 5 c. c, de Solution hypertonique
de NaCl ä 10 "Z,, et tout de suite aprfes dans le p^ritoine '/lo d'une culture sur g^lose,
de 24 heures, de bacille typhique H, delayee dans de l'eau physiologique.
16 septerabre.
Le matin ä 9 heures les deux lapins t^moins sont morts. A. l'autopsie les cavitös
peritoneales renferment de la s^rosit^ louche et quelques flocons de fibrine; rate, foie
et reins tum^fies, congestionn^s; l'intestin grele est forteraent congestionn(5 et contient
un liquide sereux-sanguinolent.
Le bacille d'Eberth est isol^, ä l'aide de la g^lose de Drigalski, du sang, des
organes et du contenu intestinal. Les lapins vaccinfe ont resist^ aux injections d'^preuves.
Exp^rience No. 4.
17 septerabre 1911.
Les lapins No. 63 et 64 (820 et 950 grammes) re^oivent sous la peau 1 c c. de
vaccin antityphique de Pfeiffer et Kolle.
Le lapin No. 1 (1200 g) est gardö corarae tömoin.
18 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^ries 93:50 polynucl^aires = 1,80
„ 64 „ 97 : 50 „ = 1,94
„ 1 „ 108 : 50 „ = 2,16
19 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^ries 82:50 polynucl^aires = 1,65
„ 64 „ 90:50 „ = 1,80
„ 1 „ 125 : 50 „ = 2,50
20 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^ries 67:50 polynucl^aires = 1,34
„ 64 „ 72 : 50 „ = 1,44
„ 1 „ 114 : 50 „ = 2,28
21 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^ries 180 : 50 leucocytes = 3,60
„ 64 „ 226 ; .50 „ = 4,52
„ 1 „ 17 : 50 „ = 1,94
22 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^ries 442 : 50 leucocytes = 8,84
„ 64 „ 512:50 „ = 10,24
„ 1 „ 105:50 „ =2,10
Les lapins No. 63 et 64 rejoivent sous la peau une seconde dose de vaccin anti-
typhique de Pfeiffer et Kolle avec la quantit^ de 2 c. c.
23 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^ries 90:50 leucocytes = 1,80
„ 64 „ 106:, 50 „ = 2,12
„ 1 „ 118:50 „ =2,36
24 septerabre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bact^riee 80;. 50 leucocytes = 1,60
„ 64 „ 85:50 „ = 1,70
„ 1 „ 103 : 50 „ = 2,06
Indice opsonique
o,m
0,89
1
Indice opsonique
0,65
0,72
1
Indice opsonique
0,58
0.63
1
Indice opsonique
1,85
2,32
1
Indice opsonique
4,23
4,87
1
Indice opsonique
0,86
0,89
1
Indice opsonique
0,77
0,82
1
166
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft l,/2.
80
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27
28
29
Courbe opsonique dans la vaccination antityphique des jeunes lapins.
Lapin No. 63. Lapin No. 64. x Injections vaccinales.
25 septembre.
Lapins Pouvoir opsonique
No. 63 bactöries 311 : 50 leucocytes = 6,22
„ 64 „ 410 : 50 „ == 8,20
„ 1 „ 122 : 50 „ = 2,44
26 septembre.
Pouvoir opsonique
bactöries 383 : 50 leucocytes = 7,66
850 : 50 „ = 8,08
97 : 50 „ = 1,94
et 64 re§oivent sous la peau 3 c.
Lapins
No. 63
» 64
„ 1
Les lapins No. 63
de Pfeiffer et Kolle.
Lapins
No. 63
„ 64
„ 1
Lapins
No. 63
„ 64
,, 1
Lapins
No. 63
„ 64
„ 1
bactdries
bact^ries
bact^ries
357 : 50
416 : 50
103 : 50
498 : 50
544 : 50
95 : 50
27 septembre.
Pouvoir opsonique
leucocytes = 1,60
= 1,65
=-• 1,7-4
28 septembre.
Pouvoir opsonique
leucocytes = 7,14
= 8,32
= 2,00
29 septembre.
Pouvoir opsonique
leucocytes = 9,96
= 10,88
=- 1,90
Indice opsonique
2,54
3,36
1
Indice opsonique
3,94
4,16
1
c, de vaccin antityphique
Indice opsonique
0,90
0,93
1
Indice opsonique
3,46
4
1
Indice opsonique
5,24
5,72
1
De Gasperi, La „Phase negative" de Wright etc. 167
30 septembre.
Lee lapins No. 63 et 64 ainsi que deux lapins normaux du poids de 730 et
800 grammes refoivent d'abord sous la peau 6 c. c. d'eau salöe ä 10 "/« et aussitöt dans
le p^ritoine une culture entifere de 24 heures, sur gölose, de bacille typnique U, delayee
dans de l'eau physiologique.
1 octobre.
Dans l'aprfes-midi un lapin temoin est trouv6 mort. Ä l'autopsiö on rencontre les
lösions d'une peritonite grave, a bacille d'Eberth.
Le deuxifeme t^moin est trouvö mort le jour suivant; autopsie, on remarque les
lesions anatomo-pathologiques de la septicemie eberthienne.
Ä l'aide de la gölose de Drigalski, on isole le bacille typhique, du sang, des
organes et du contenu intestinal de ces deux lapins.
Les lapins vaccin^s ont surväcu aux injections d'^preuve.
Nos experiences montrent donc que chez les jeunes lapins (de 800
ä 1000 gr.) l'inoculation souscutanee de vaccin antityphique de Pfeiffer
et Kolle amene, d'une fagon constante, une diminution du pouvoir
opsonique (phase negative) de leur sang, toujours suivie par une aug-
mentation rapide et considerable si les doses injectees sont appropri^es.
La phase negative qui suit la preniiere injection de vaccin, et qui
dure un temps variable de deux et quattre jours, reparait ä l'occasion
de la deuxieme et de la troisiöme injection ; mais dans ces deux derniers
cas eile dure moins longtemps et eile est moins accentuee, ainsi que le
montrent les courbes opsoniques que nous donnons dans les tableaux
ci-joints.
Dans la vaccination antityphique des jeunes lapins le degre du
pouvoir opsonique semble etre proportionnel au degre de Tiinmunite
par eux acquise.
Paris, octobre 1911.
Bibliographie.
Wright and Douglas, Proceed. of the Roy. See. London. Vol. 74. 1905.
The Lancet. 1905.
Leishman, Harrison, Sniallman and Tulloch, Journ. Hyg. Cambridge. 1905.
Hektoen and Ruediger, The Journ. of infect. Dis. Vol. 2. No. 1.
Petit et Breton, Compt. rend. Soc. ßiol. 1906.
Harrison, W. S., Journ. of the Roy. Army Med. Corps. 1907.
Richardson, M. W., Amer. Journ. med. Scienc. Vol. 131. 1908.
Achard et Foix, Compt. rend. Soc. ßiol. 1909.
Wright, Studies on Iramunisation. London 1909.
Coppeli, Opsonismo e fagocitismo. Parma 1909.
Vincent, Compt. rend. Acad. Science. Paris. T. 150. 1910.
168 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale, ßd. 62. Heft 1/2.
Nachdruck verboten.
Untersuchungen über arzneifeste Mikroorganismen.
II.
Können Spironemen^) (Spirochäten) arsenfest werden?
[Aus dem Georg-Speyerhaus in Frankfurt a./M. (Direktor:
Exz. Wirkl. Geh. Rat Prof. Dr. Ehrlich).]
Von Dr. Richard Oonder,
Assistenten am Georg-Speyerhaus in Frankfurt a. M.
Von ganz besonderer Bedeutung in der Chemotherapie ist die von
Ehrlich und seinen Mitarbeitern erzielte Arzneifestigkeit verschiedener
Mikroorganismen geworden. Da bereits Ehrlich den Mechanismus
dieser Arzneifestigkeit in vielen bekannt gewordenen Vorträgen zur
Geniige erklärt hat, so soll nur zur näheren Erläuterung vorliegender
Studien auf eine Gruppe der arsen festen Parasiten eingegangen werden,
da sich gerade in den letzten Jahren die Arsenpräparate als diejenigen
erwiesen, welche die trypanoziden und spirilliziden Eigenschaften in
hervorragendem Maße besitzen.
Werden beispielsweise mit Trypanosomen infizierte Mäuse mit einem
Arsenpräparat, Arsenophenylglyzin oder Salvarsan, in der Weise be-
handelt, daß man eine weit unter der heilenden Dosis liegende Dosis
injiziert, so verschwinden für geraume Zeit die Trypanosomen aus dem
Blute, um aber nach gewisser Zeit wieder zum Vorschein zu kommen.
Man kann dann dieses Rezidiv ebenso wieder behandeln und die Trypano-
somen zum Verschwinden bringen. Hat man dann die auf diese Weise
wiederholt hervorgerufenen Rezidive mit derartigen ungenügenden Dosen,
die auch allmählich gesteigert werden können, behandelt, so tritt sehr
bald eine Unempfindlichkeit gegen das Arsenpräparat auf, eine Festigkeit,
die sich auch vererbt und erst, wie ich dies für einen arsenfesten
Trypanosoma Le wisi-Stamm habe nachweisen können, durch die
Befruchtung im natürlichen Ueberträger verloren gehen kann. Selbst
eine weit über der Heildosis liegende Dosis (Dosis tolerata) vermag
einmal arsenfest gewordene Trypanosomen nicht mehr zu beeinflussen.
So haben Ehrlich und seine Mitarbeiter im Laufe der letzten Jahre
auf diese und andere Weise arzneifeste Stämme erhalten können, die
gegen eine Reihe stark trypanozider Präparate absolute Festigkeit be-
saßen. Ehrlich erklärt diese Festigkeit in der Weise, daß er in dem
1) Nach neueren morphologischen Untersuchungen hat sich herausgestellt, daß die als
Spirillen oder als Spirochäten bezeichneten Organismen häufig mit Unrecht diese Genus-
namen tragen. Spirillen sind starre, mit Membran umgebene Bakterien, die sich
vermittelst selten- oder polständiger Geißeln fortbewegen. Spirochäten
sind stark flexible, nackte Organismen, meist freilebend, die sich durch einen
einheitlichen Achsenstab, der im Innern des Organismus verläuft,
auszeichnen. Sie besitzen keine eigentlichen Bewegungsorganellen wie undulierende
Membran oder Geißeln. Daher ist mit vollem Recht, dem Beispiel von Gross folgend,
der schon früher aufgestellte Genusnaraen „Spironema" für die pathogenen und
anderen harmlosen spirillenähnlichen Formen zu akzeptieren, da für die pathogenen
Formen weder die Morphologie des Spirillenorganismus noch des eigentlichen Spirochäten-
körpers zutrifft. Unsere pathogenen Formen sind flexibel, besitzen keine starre
Membran. Sie sind auch nicht nackt, sondern sind von einem fibrillären Peri-
p last eingehüllt. Nach Gross fehlt derselbe, und nur eine feine kontraktile
Membran ist dem Körper aufgelagert (Crista).
Gonder, Untersuchungen über arzneifeste Mikroorganismen. II. 169
Parasitenkörper für die verschiedenen ArzneistoflFe, die eine so aus-
geprägte parasitizide Wirkung besitzen, besondere Chemozeptoren an-
niinmt, deren Avidität eine starke Verminderung erfahren hat, und die
somit der Therapie schwer zugänglich sind. Es sind in dem Parasiten
typische Gruppierungen vorhanden, die den Arzneistoff verankern können,
und zwar ist hierbei von besonderer Wichtigkeit, daß verschiedene
Rezeptoren gleichzeitig einen Arzneistotf festhalten können. Für die
Trypanosomen seien hier der Arsenozeptor und der Azetikozeptor, für
die Spironemen (Spirochäten) der Amidooxyzeptor und Jodozeptor er-
wähnt. Gerade in diesem wichtigen Prinzip des vielfachen Festlegens
in dem Parasiten wurde der Weg gegeben, durch Nebengruppierungen
spezifische, therapeutische Mittel zu bekommen (Ehrlich). Auf diese
Weise konnten Ehrlich und seine bewährten Mitarbeiter zu einem so
wichtigen Präparat, wie dem Dioxydiamidoarsenobenzol (606), gelangen.
Auf Grund soeben nur ganz kurz wiedergegebener Prinzipien
Ehrlichs war es von besonderem Interesse, die Spironemen (Spiro-
chäten) hinsichtlich ihrer Festigkeit zu prüfen. Schon vor längerer Zeit
wurden deshalb auch auf Anregung des Direktors des Georg- Speyer-
hauses, Exz. Ehrlich, in dieser Richtung Versuche angestellt, die auch
zu einem in gewisser Beziehung positiven Ergebnis führten, als z. B.
Spir. gallinarum gegen eine Dosis von 0,0070 pro Kilogramm Sal-
varsan fest gemacht werden konnte. Hata und Mar gu lies, welche
diese Versuche ausführten, erreichten damals dagegen noch keine Festig-
keit mit Spir. recurrentis.
Mar gu lies kommt daher auch in ihrem Vortrag auf der 82. Ver-
sammlung für Naturforscher und Aerzte in Königsberg zu dem Schlüsse,
daß eine Therapia sterilisans magna wohl bei den Trypanosomen
vollständig zur Geltung kommt und eine Arsenfestigkeit bei diesem
Parasiten sehr schnell und leicht erzielt werden kann, während bei
Spirillenerkrankungen mit gleichem Erfolg und ohne Gefahr auch eine
Therapia sterilisans fractionata zur Anwendung kommen kann,
die jedesmal einen Teil der Parasiten abzutöten vermag bis zur Sterili-
sierung des Körpers.
Eine Bestätigung dieser im vergangenen Jahre veröffentlichten Unter-
suchungen von Marguli es und Hata geben die experimentellen Unter-
suchungen über die Arsenfestigkeit der Spirochäten von M. Rother-
mundt und J. Dale. Offenbar ist beiden Autoren bei der kolossalen
Fülle von Publikationen über Salvarsan und seine Wirkung etc. die Unter-
suchung von Marguli ÖS aus dem Georg-Speyerhaus entgangen, da ich
sie nicht in ihrer Publikation erwähnt finde. Auch Rothermundt und
Dale konnten bei den Hühnerspironemen keine Arsenfestigkeit erzielen
trotz 2 V2 -monatlicher Behandlung mit Atoxyl. Auch dem Salvarsan
gegenüber waren die Spironemen durchaus widerstandslos. Beide Autoren
konnten nur den einzigen Einfluß der Virulenzschwächung, welchen aber
auch schon Mar gu lies hatte feststellen können, bemerken. Durch die
andauernde Arsenbehandlung wurde die Mortalität der behandelten
Hühner im Gegensatz zu den Kontrollhühnern herabgesetzt.
Im Georg-Speyerhaus wurden die bereits von Hata und Marguli es
begonnenen Arbeiten über Arsenfestigkeit der Spironemen später wieder
von neuem auf Veranlassung von Exz. Ehrlich in Angriff genommen.
Es stellte sich dabei heraus, daß auch bei den Spironemen eine
Arsenfestigkeit erreicht werden kann. Allerdings muß hier
ganz besonders hervorgehoben werden, daß diese Tatsache absolut
170 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
keine praktische Bedeutung besitzt, und der mühevolle
Weg und die Zeitaufwendung in gar keinem Verhältnis
stehen zu dem einfachen Weg, arsen feste Trypanosomen
zu erlangen.
Für den im Laboratorium therapeutisch Arbeitenden hat natürlich
eine Arsenfestigkeit der Spironemen besonderes Interesse theoretischer
Natur. Daß eine Salvarsanfestigkeit so außerordentlich schwer zustande
kommt, hat wohl seinen Grund in der organischen Beschaffenheit der
Spironemen. Nach Untersuchungen von Schellack u. a. und nach
neueren Arbeiten von Gross, Zuelzer und mir entfernen sich diese
Mikroorganismen doch sehr wesentlich von den Trypanosomen, mit welchen
man sie seit Schaudinns Entdeckung des Syphiliserregers zusammen-
stellte, oder welchen man sie angliedern wollte. Sowohl die Oberflächen-
strukturen als auch die Innenstrukturen des Plasmas und des Chroma-
tins der Spironemen sind so grundverschieden von Trypanosomen, daß
kaum eine engere Verwandtschaft zwischen beiden aufrecht erhalten
werden kann. Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn sich Try-
panosomen und Spironemen chemotherapeutisch nicht ganz gleich ver-
halten.
Das Material, welches für uns in Betracht kam, waren mit russischen
Recurrensspironemen infizierte Mäuse und mit Spir. gallinarum infi-
zierte Hühner und Reisvögel, Will man bei diesen Spironemen Arsen-
festigkeit erlangen, so muß man mit ganz minimalen Dosen, die weit
unter der Heildosis liegen, zu Anfang injizieren. Nur ganz langsam, wie
später Tabellen veranschaulichen werden, kann man diese Dosen steigern
und zur Heildosis gelangen, welcher die Spironemen nicht mehr weichen.
Man kann noch ebenso langsam die Dosen weiter steigern und schließlich
zur Dosis tolerata gelangen, die wir auch tatsächlich für die Recurrens-
spironemen erreicht haben.
Nach den Untersuchungen von Hata verträgt eine Maus Salvarsan
in einer Verdünnung von 1:300 1 ccm pro 20 g. Die Dosis cura-
tiva ist für Spir. recurrentis 1 ccm einer Verdünnung von 1:800
pro 20 g Gewicht. Das sind die beiden sicheren Grenzen. Es kommt
natürlich auch vor, daß kleinere Dosen Heilwirkung haben und daß
gelegentlich eine Maus auch mehr als 1 ccm einer Verdünnung von
1:300 resp. auch 1 ccm einer Verdünnung von 1:250 verträgt. Die im
letzten Jahr hergestellten Präparate von Salvarsan übertreffen an Güte
noch die älteren Präparate, indem eine Maus auch noch recht gut 1 ccm
einer Verdünnung von 1:200 pro 20 g verträgt. Diese Dosen verstehen
sich auf subkutane Injektionen.
Die Salvarsanfestigkeit wurde nun in der Weise erzielt, daß mit Ver-
dünnungen von 1 :4000 resp. 1 :4500 begonnen wurde, und zwar zu Beginn
der Infektion injiziert, also gewöhnlich am ersten Tage nach intraperi-
tonealer Verimpfung des Spironemenmaterials. Man tut gut, gleich zu
Anfang mehrere Mäuse zu gleicher Zeit mit verschieden starken Ver-
dünnungen von Salvarsan zu behandeln : z. B. mit 1 : 4000, 1 : 4500,
1 : 3500.
Folgende Tabellen sollen in Kürze die Methode veranschaulichen,
die angewandt wurde, um eine Festigkeit zu erzielen.
Auf diese Weise gelangten wir allmähhch höher und erzielten zum
Schluß eine Festigkeit gegen eine Dosis von 1 ccm einer
Verdünnung von 1 :240 pro 20 g Gewicht. Damit war gleich-
sam die Toxizitätsdosis erreicht. Denn dieselbe beträgt für die Maus,
Gonder, Untersuchungen über arzneifeste Mikroorganismen. II.
171
wie gesagt, 1:200-1:250 pro 20 g Gewicht. Um diese Festigkeit zu
erreichen, waren im ganzen ca. 100 Passagen nötig.
Tabelle 1.
Die Mäuse wurden mit je 0,2 ccm einer mit physiologischer Kochsalzlösung lOmal
verdünnten Blutaufschwemmung mit Spironemen intraperitoneal infiziert.
AThiir & o c
1. Tag + w. 1 : 4000 1 ccm + w. 1 : 3500 1 ccm + s. w. Kontrolle
2. „ + pro 20 g + pro 20 g + +
3. „ ++ ++ + + +
4. „ + + + + + + + + +
abgeimpft auf drei neue Mäuse
Maus a
1.
Tag + w. 1 : 8500 1 ccm
2.
+ + pro 20 g
3.
„ + + +
4.
„ + + + +
b c
+ w. 1 ccm 1 : 3000 + Kontrolle
+ pro 20 g + +
+ + + + + tot
+ + +
i
abgeimpft auf drei neue Mäuse etc.
Es ist gut, mit Kontrollen hierbei zu arbeiten, da es öfters vorkommt, daß bei der
Behandlung der weiteren Passagen mit Salvarsan die Dosierung gelegentlich zu stark
gesteigert wird, wodurch die Mäuse ihre Infektion verlieren können. Man ist dann ge-
zwungen, die ganze Prozedur zu wiederholen. Beispielsweise hat man, wie die folgende
kleine Tabelle zeigt, schon eine Festigkeit von 1:600 pro 20 g Gewicht erreicht, und
will nun noch steigern, so könnte es vorkommen, daß bei der nächsten Dosierung von
1:500, 1:550 und 1:525 die Spironemen verschwinden. Ohne Kontrollen wäre man
gezwungen, von vom wieder anzufangen.
Tabelle 2.
Die Mäuse wurden infiziert wie oben.
Maus a Spironemen fest gegen eine Dosis von 1 : 600 pro 20 g Gewicht
+ w. 1:600
+ +
+ + +
i
abgeimpft auf vier neue Mäuse
I.Tag + w. 1:500 1 ccm
2. „ + pro 20 g
3. „ -
b c
4 1 : 525 1 ccm +
— pro 20 g —
1 : 550 1 ccm
pro 20 g
d Kontrolle
+ —
+ +
+ + +
abgeimpft auf vier
neue Mäuse
I.Tag
2. „
3. „
4. „
a
+ w. 1 : 550 1 ccm
— pro 20 g
b
+ w. 1 : 575
+ 1 ccm pro
+ + 20 g
+ + +
i
abgeimpft auf neue Mäuse etc
c
d Kontrolle
+ w. 1:590
+ w.
+ 1 ccm pro
+
+ + 20 g
+ + +
1- + +
+ + +
Die Festigkeit war sogar so stark, daß man gleichzeitig mit der
intraperitonealen Verimpfung von einer Passage zur anderen Salvarsan
172 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
subkutan iojizieren konnte. Hiermit ist also bewiesen, daß
auch bei den Recurrensspironemen eine Festigkeit gegen
Salvarsan durch ganz allmähliche Gewöhnung erzielt
werden kann.
Weit schwieriger gestalten sich die Verhältnisse bei Spir. ga Ul-
nar um. Während wir bei Spir. recurrentis mit 100 Passagen eine
Festigkeitsdosis erreichen konnten, welche der Toxizitätsdosis gleich-
kommt, gelangten wir bei Spir. gallinarum erst mit 100 Passagen
auf eine Dosis von 0,015 pro Kilogramm, die noch weit von der
Dosis tolerata entfernt liegt. Die Dosis tolerata beträgt für
Hühner im allgemeinen 0,25 pro Kilogramm, und die Dosis cura-
tiva 0,0025 pro Kilogramm. Erst nach 190 Passagen waren wir soweit,
daß die Dosis curativa um das ca. 10-fache übertroffen wurde. Denn
die Spironemen wurden dann erst von einer Dosis, die über 0,02 pro
Kilogramm liegt, abgetötet. Die Hühnerspironemen setzen dem Sal-
varsan eben viel geringeren Widerstand entgegen, so daß man gezwungen
ist, nur äußerst langsam mit den Salvarsandosen zu steigern. Daher
benötigt man auch eine weit größere Anzahl Passagen.
Auch mit den Verdünnungen kann man nur langsam steigern. Am
besten wählt man zu Anfang sehr starke Verdünnungen wie 1:5000. Hat
man mit dieser Verdünnung allmählich eine gewisse Festigkeit erreicht,
so geht man langsam mit stärkeren Lösungen vor, wie 1 :4500, 1 :4000 etc.
Mit jeder Verdünnung steigert man allmählich auch die Salvarsanmenge.
Auch hierbei sind ebenso Kontrollen nötig, wie bei den Recurrensspiro-
nemen. Unsere Kontrollen wurden auf Reisvögel und Hühner gehalten.
Um bei den Hühnerspironemen eine Salvarsanfestigkeit zu erreichen,
ist es nötig, mit einer sehr weit unter der Dosis curativa liegenden
Dosis zu beginnen. Es wurde mit einer Verdünnung von 1:5000 be-
gonnen und 0,0005 pro Kilogramm injiziert. Die Dosen wurden ganz
allmählich um 0,0001 gesteigert. Auf diese Weise kann man auf 0,0015
pro Kilogramm mit einer Verdünnung von 1:5000 gelangen. Bei den
weiteren Passagen wurde die Verdünnung konzentrierter angewandt
(1 : 4000). Die Dosen konnten bei dieser Verdünnung bis 0,003 pro
Kilogramm gesteigert werden, womit also schon die Dosis curativa
überschritten wurde. Mit stärkeren Lösungen erreichten wir dann
schließlich 0,0045 pro Kilogramm (Verdünnung 1 : 2000).
Während zu Anfang das Salvarsan bei stärkeren Infektionen wie bei
„+" und „H — h" Infektionen, bei welcher im mikroskopischen Gesichts-
feld ca. 5 — 10 oder 15 Spironemen nachgewiesen werden, injiziert wurde,
wurde jetzt versucht, schon gleich zu Beginn der Krankheit, wenn über-
haupt die ersten Spironemen im Blut auftraten, zu injizieren. Immer
von dem Huhn, deren Spironemen dem Salvarsan gegenüber unempfind-
lich waren, wurde auf weitere Hühner abgeimpft. Mit einer Verdünnung
von 1 : 1000, die ja allgemein in der Therapie der Hühnerspironemose
angewandt wird, wurde eine Festigkeit von 0,022 pro Kilogramm erzielt,
in einzelnen Fällen war bereits eine Festigkeit von 0,025 pro Kilogramm
vorhanden.
Gerade aus dieser Tabelle geht deutlich hervor, wie nötig Kontrollen
sind, da sowohl gelegentlich zu schnell gesteigert wird, als auch sich
einmal ein Huhn als immun zeigen könnte ^).
1) Pockenkranke Hühner erwiesen sich in größerer Zahl als gesunde und normale
Hühner gegen die Spironemen als immun.
Gonder, Untersuchungen über arzneifeste Mikroorganismen. IL
173
Tabelle III.
j^"?A r'°t'"^™"^^^^'" ^°^'^iert mit 3 ccm einer mit physiologischer Kochsalzlöaune
um das lU- fache verdünnte Blutaufschweramung mitSpironemagallinarum
I
Huhn a
1. Tag + 0,0009 pro Kilo-
2. „ ++ gramm 1:5000
3. „ + + +
abgeimpft
b
+
+ +
+ +
0,0009 pro Kilo-
gramm 1 : 5000
Tag +
„ ++ 0,0008 pro Kilo-
„ + + + gramm 1 : 5000
b
+
+ + 0,00075 pro Kilo-
+ + + gramm 1 : 5000
y
abgeimpft etc.
85.-89. Passage.
Huhn, wie oben infiziert.
a
1. Tag + w.
2. „ + +
3. „ + + +
86. Passage.
+ w. 0,0136 pro Kilo-
. . gramm 1 : 1000
+ + +
+ +
c Kontrolle, Reisvogei
+
+ +
+ + + +
c Kontrolle, Reisvogel
+
+ +
+ + +
c Kontrolle, Reisvogel
+
+ +
+ + + +
abgeimpft
1. Tag +
2. „ + +
3. „ + + +
87. Passage.
+ w. 0,1375 pro Kilo-
+ + gramm 1 : 1000
+ + +
abgeimpft
c Kontrolle, Reisvogel
+
+ +
+ + +
1. Tag + w
2. „ +w.
3. „ +w.
38. Passage ohne Sal-
varsanbehandlung
I.Tag
2. „
3. „
4. „
+ w. 0,014 pro Kilo-
+ w. gramm 1 : 1000
+ w.
i
abgeimpft auf Reisvogel
1
+ w.
+ +
+ + +
i
89. Passage, abgeimpft auf Hühner.
b
+ w. + w. 0,0135 pro KUo-
+ + gramm 1 : 1000
+ + + +
+++ +++
I
abgeimpft etc.
c Kontrolle, Reisvogel
+
+ +
+ + +
Abgeimpft auf Reisvogel 89 c
c Kontrolle, Reisvogel
+
+ +
+ + +
tot
Also auch bei den Hühnerspironemen kann, wie das be-
sprochene Experiment zeigt, und wie die Tabelle demonstriert, eine
Festigkeit gegen Salvarsan erzielt werden. Was die Morta-
174 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
lität der Hühner betrifft, so ist dieselbe in der Tat etwas herabgesetzt.
Man kann aber diese Virulenzschwächung bald wieder durch Reisvogel-
passagen auf die ursprüngliche Stärke bringen, ohne daß die Spironemen
ihre Festigkeit verlieren. Die Spironemen werden durch die dauernde
Behandlung zweifellos etwas geschwächt, auch werden immerhin eine
größere Anzahl von weniger widerstandsfähigen Spironemen durch das
Salvarsan abgetötet, so daß das Huhn weniger durch die Krankheit zu
leiden hat.
Es muß hier nochmals hervorgehoben werden, daß diese
mühevoll aufgezwungene Festigkeit der Spironemen
gegen Salvarsan in keiner Weise irgendwelche prak-
tische Bedeutung besitzt. 10 bis 20malige Injektionen
werden niemals irgendeine Festigkeit bewirken können.
Auch ist ja eine solche fraktionierte Behandlung in der
Praxis ausgeschlossen. Bei Recurrens genügen bekannt-
lich sehr geringe Dosen mit nur einmaliger Einspritzung,
ebenso bei Hühnerspironemose. Bei Frambösie genügt
auch eine einmalige Dosis, um die Krankheit zu heilen.
Und in der Luestherapie werden auch nur 2, 3 und aus-
nahm s weise 4 Inj ektionen gemacht, die für eine Festig-
keit vollständig ungenügend wären. Auch werden diese
Injektionen in verhältnismäßig kurzen Zwischenräumen
ausgeführt. Es besteht demnach absolut keine Gefahr,
wenn fraktionierte Dosen injiziert werden. Eine Sterili-
satio magna fractionata ist daher durchaus möglich.
Nachdruck verboten.
Die ünterscheiduDg von lebenden und toten Bakterien
durch die Färbung.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universität Berlin (Direktor:
Geh. Med.-Rat Prof. Dr. C. Flügge).]
Von Stabsarzt Dr. Heinrich Iiayser.
Im Juni 1909 gab G. Proca^) in der Societe de Biologie (de Paris)
ein Färbeverfahren an, mit dem es gelingen sollte, lebende Bakterien
von toten zu unterscheiden. Die Bedeutung eines derartigen Erkennungs-
mittels für gewisse Fälle der bakteriologisch-diagnostischen Praxis, sowie
ihre theoretische Wichtigkeit liegen auf der Hand, und es muß daher
Wunder nehmen, daß über eine kritische Nachprüfung der Methode
bisher nichts bekannt geworden ist.
Nach Proca nehmen mit Methylenblau gefärbte Bakterien, welche
vorher durch Hitze oder Chemikalien abgetötet wurden, bei einer Nach-
behandlung mit verdünntem Karbolfuchsin (1 : 10), im Gegensatz zu
lebenden Spaltpilzen eine rote Färbung an ; das Karbolfuchsin soll nur
kurz (rapidement) einwirken. Natürlich muß die Fixierung des Prä-
parates sehr vorsichtig und schonend (ä une chaleur moderne) erfolgt
sein. Es wird auch ein Farbgemisch angegeben, mit welchem die
1) Proca, G., Sur une coioration diff^rente des bact. raortes. (Corapt. rend. d. I.
80C. d. biol. T. 66. 1009. p. 148.)
Kays er, Zur Unterscheidung von lebenden und toten Bakterien etc. 175
Identifizierung toter Bakterien besonders einfach sein soll: 8 ccm Ziehl-
scher Fuchsinlösung in ICK) ccm destilliertem Wasser, gemischt mit
100 ccm Löfflerschem Methylenblau ; muß mindestens 24 Stunden vor
der Benutzung offen stehen bleiben. Wird ein Trockenpräparat damit
1 Minute lang behandelt, alsdann gespült, getrocknet und eingebettet,
so sieht man die lebenden Mikrobien blau, und tote rot gefärbt.
Ich habe nun Procas Verfahren bei verschiedenen Staphylo-
kokken, sowie Coli- und Typhusbakterien angewendet. Diese
Keime wurden durch feuchte Hitze (60—90" C), oder in 70-proz. Alkohol,
in Karbolsäure (3 Proz.), Sublimatlösung (1 Prom.) oder Chloroform ab-
getötet und dann gefärbt. — Mit gewissen Einschränkungen kann
ich zugeben, daß in der Tat ein färberischer Unterschied zwischen
lebendem und totem Material besteht, indessen ist er nicht immer
eklatant. Insbesondere dürfen bestimmte Vorsichtsmaßregeln nicht unter-
lassen werden.
Bei meinen Versuchen wurden stets auf dem gleichen Objektträger
bzw. Deckgläschen folgende Proben untergebracht: 1) Lebende Stäbchen-
bakterien, 2) abgetötete (Kontrollkulturversuch!); mehrfach aber auch
3) junge entwickelungsfähige und 4) tote Mikrokokken, beides getrennt
und gemischt. Die lebenden Keime entstammten ca. 12-stündigem,
üppigem Agar-Rasen, die abgetöteten waren auf dem gleichen Nährboden
gewachsen.
Ich habe der getrennten Färbung mit Methylenblau und Karbol-
fuchsin den Vorzug gegeben, da ^ie sicherer als manche Farbgemische
den Unterschied von rot und blau zur Geltung bringt.
Dichte Bakterienausstriche eignen sich wenig zur Färbung, da in
solchen, auch wenn es sich um tote Keime handelt, das Karbolfuchsin
meist ungenügend, d. h. zu spät zur Wirkung kommt.
Färbt man richtig vorbereitete Präparate nicht sehr flüchtig mit
der dünnen Zieh Ischen Lösung nach, so tingieren sich lebende wie
tote Bakterien gleichmäßig rot! In dieser Hinsicht waren die Staphylo-
kokken durchweg besonders empfindlich.
Werden Bakterien durch langsam wirkende Mittel nach und
nach in ihrer Lebenskraft geschädigt, so läßt sich die gesteigerte
Fuchsin-Tingierbarkeit unter Umständen schon vor dem
eingetretenen Zelle ntod konstatieren. — So legte ich z. B. eine
Anzahl frische lufttrockene Staphylococcus aureus- und Bact.
typhi- Ausstriche in Chloroform (Doppelschale, Zimmertemperatur).
Nach 24 Stunden gediehen die abgeimpften Staphylokokken auf Schräg-
agar noch ziemlich gut, Bact. typhi aber war abgetötet. Um diese
Zeit färbten sich die einen Tag in Chloroform gehaltenen Traubenkokken,
nach Proca behandelt, schon rot, ebenso wie die nicht mehr ver-
mehrungsfähigen Typhusbacillen. Erst 24 Stunden später erwiesen sich
die Staphylokokken des Chloroformbades tot.
Ausstriche von mehrere Tage altem Rasen des Bact. typhi
oder coli commune liefern eine sehr prägnante Färbung: wir finden
intensiv rote Stäbchen zwischen einer größeren Zahl von blauen, erstere
nicht selten auffällig kräftiger als die letzteren tingiert, sowie schlanker
in der Form, schärfer in den Umrissen. Nach den bisherigen Versuchen
muß angenommen werden, daß diese roten Elemente geschwächter
Vitalität, oder tot sind.
Fasse ich meine Beobachtungen kurz zusammen, so empfiehlt sich
folgende Technik: Dünnen Ausstrich kurz und gelinde (nach Luft-
176
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 1/2.
trocknung) erwärmen, ca. 2 — 3 Minuten mit Methylenblau färben, vor-
sichtige Wasserspülung durch Tauchen. Ohne vorheriges Trocknen, da-
nach 2mal Eintauchen in Vio Karbolfuchsin, um die Methylenblau- und
Wasser-Reste wegzuspülen. Dann unter leichter Bewegung des Präpa-
rates wenige Sekunden Färben mit Vio Karbolfuchsin ; durchschnittlich
genügen 5 — 10 Sekunden, nach Art und Dicke des Ausstriches bedarf
es unter Umständen einiger Sekunden mehr. Kontrolle: Zur Prüfung,
ob richtig verfahren wurde, müssen der gleichen Färbeprozedur notorisch
tote und auch lebende Bakterien unterworfen werden, d. h. auf dem
gleichen Objektträger, welcher mit den Keimausstrichen unbekannter
Vitalität beschickt worden ist.
Alles in allem dürfte die Bedeutung der Procaschen
Methode für die klinisch-bakteriologische Praxis wegen
der umständlichen Kautelen und der trotzdem verblei-
benden Unsicherheiten nicht groß sein. — Als neues Hilfs-
mittel zur Vertiefung und Detaillierung morphologischer und
biologischer Forschungen wird sie dagegen wohl noch eine Rolle
spielen.
Die Redaktion des „Centralhlatts für Bakteriologie und Parasitenkunde" richtet
an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wünsche um Lieferung von
besonderen Abdrücken ihrer Aufsätxe entweder bei der Einsendung der Abhandlungen
an die Redaktton auf das Manuskript schreiben xu wollen oder spätestens nach
Empfang der ersten Korrekturabxüge direkt an den Verleger, Herrn Gustav Fischer
in Jena, gelangen tu lassen
Inhalt.
De Gasperi, Federico, La „Phase nega-
tive" de Wright dans la vaccination
antityphique des jeunes lapins, p. 161.
Di Cxistina, G. u. CipoUa, M., lieber
die Bildung spezifischer Antikörper bei
mit Nukleoproteid syphilitischer Organe
behandelten Kaninchen, p. 160.
Doerr, R. u. Pick, K.., Das Verhalten
heterologer Immunsera im normalen und
im allergischen Organismus, p. 146.
Dankerly, J. S., On the occurrence of
Thelohania and Prowazekia in
Anthomyid flies, p. 136.
Gonder, Richard, Untersuchungen über
arzneifeste Mikroorganismen. IL, p 168.
Hanssen, Untersuchungen am Hund über
den Einfluß infizierter Milch auf das
Bakterien Wachstum im Verdauungs-
traktuB, speziell im Magen, p. 89.
Eayser, Heinrich, Die Unterscheidung
von lebenden und toten Bakterien durch
die Färbung, p. 174.
Mereshkowsky, S. S., Der Einfluß der
Passagen durch graue Ratten (Mus
decumanus) auf die Virulenz des
Bacillus Danysz, p. 3.
Mereshkowsky, S. S., Die Beeinflussung
der Virulenz des Bacillus Danysz
durch fortlaufende Ueberimpfungen in
Bouillon, p. 64.
, Ueber die Anwendung des Traut-
mann sehen Verfahrens zur Virulenz-
steigerung des Bacillus Danysz,
p. 69.
— — , Raticide — Azoa, p. 72.
Ozaki, T., Zur Kenntnis der anaeroben
Bakterien der Mundhöhle, p. 76.
Peters, Ernst, Zur Pathogenität der
Tuberkelbacillentypen bei Mäusen, p. 1.
Plehn, Marianne*, Eine neue Karpfen-
krankheit und ihr Erreger: Branchio-
myces sanguinis, p. 129.
V. Prowazek, S. , Notiz zur Aetiologie
der Psoriasis vulgaris, p. 134.
Risa, Reschad u. Mustafa, Der Erreger
der Aleppobeule und seine Kultur, p. 126.
Schöppler, Herrmann u. Krüg^er, Paul,
Zur Unterscheidungs frage von Ascaris
canis und A. felis (Ascaris canis
s. mystax), p. 143.
Wrnblewski, K., Die Blutparasiten des
Maulwurfes, p. 140.
Frommaonsehc Bachdrocker«! (Hermann Fohle) in Jena.
>
Adolf Salomonsolm-Stiftung.
Aus der Adolf Salomonsohn- Stiftung, welche den Zweck hat,
„Beihilfen zu gewähren behufs Förderung wichtiger
Arbeiten auf den Gebieten der Naturwissenschaften (ein-
schließlich Biologie und Medizin) durch hervorragend
tüchtige Kräfte, denen für die längere Dauer der For-
schung genügende Mittel nicht zur Verfügung stehen",
sind stiftungsgemäß bis zu 2250 M, zur Verwendung verfügbar.
Bewerbungen sind bis zum 1. März 1912 schriftlich an den Ministerial-
direktor Dr. Schmidt in Berlin, Wilhelmstraße 68, mit der Aufschrift
Adolf Salomonsohn-Stiftuiigssache zu richten.
Berlin, den 16. Januar 1912.
Das Kuratoriam.
Dr. Schmidt, Adolf Salomonsohn, Dr. Orth,
Ministerialdirektor. Rechtsaüwalt und Notar a. D. Geheimer Medizinalrat,
Professor.
Centrall]l.f.eal(l8tc.l. Abt Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Ausgegeben am 20. Februar 1912.
Nachdruck verboten.
üeber Kapselbildung der Milzbrandbacillen bei der
Züchtung auf Schrägagar.
Von H. Kodama,
Vorsteher der bakteriologischen Abteilung an der Städtischen Hygienischen Unter-
suchungsanstalt zu Tokio (Direktor: Prof. Toyaraa),
z. Z. am Institut für Hygiene und Bakteriologie der Universität Straßburg i. E.
(Direktor: Geheirarat Prof. Dr. Uhlenhuth).
Mit 2 Figuren.
Während nach älterer Auffassung die Milzbrandbacillen ihre Kapseln
nur im Tierkörper bilden, haben neuere Forschungen ergeben, daß die
Kapsel sich auch im Serum außerhalb des Tierkörpers bilden kann.
Einige Forscher haben sogar über Kapselbildung bei Züchtung der
Bacillen auf festen Nährböden berichtet, aber ihre Angaben haben nicht
überzeugend gewirkt und keine allgemeine Anerkennung gefunden. Ich
habe mich seit einigen Jahren ebenfalls speziell mit dieser Frage befaßt
und mit Bestimmtheit auf verschiedenen festen Nährböden (z. B. Schräg-
agar, erstarrtem Hühnereiweiß, Schrägserum etc.) Kapselbildung bei
Milzbrandbacillen beobachtet.
lieber diese Versuche und Beobachtungen werde ich an anderer
Stelle eingehender berichten ; hier möchte ich mich nur kurz über Kapsel-
bildung der Milzbrandbacillen auf dem Schrägagar äußern.
Zunächst habe ich unzählige Male vergeblich versucht, die Milzbrand-
bacillen durch Kultur auf dem gewöhnlichen Schrägagar bei 37 '^ C oder
unter anderen Bedingungen (höhere Temperatur und kürzere Dauer der
Kultur) zur Bildung von Kapseln zu bringen. Es gelang aber auf diese
Weise nie, eine Kapsel nachzuweisen.
Ich hielt es deswegen damals ebenfalls für ganz unmöglich, bei
Züchtung von Milzbrandbacillen auf Schrägagar eine Kapselbildung zu
erhalten. Als ich aber zufällig einmal die Milzbrandbacillen auf er-
starrtem Hühnereiweiß kultivierte, fand ich, daß die Bacillen alle über-
raschenderweise Kapseln gebildet hatten. Ich habe darum weitere ge-
nauere Untersuchungen angestellt, ob und unter welchen Bedingungen
die Milzbrandbacillen auf dem Hühnereiweißagar Kapseln bilden. Das
Ergebnis war folgendes (s. Tabelle p. 178).
Aus dieser Tabelle ergibt sich, daß starke Kapselbildung eintritt,
wenn man die Milzbrandbacillen auf dem reinen Hühnereiweißnährboden
züchtet, ebenso bilden sich noch Kapseln auf 2 — 4-fach verdünntem,
gekochtem Hühnereiweißagar; wenn man aber den Verdünnungsgrad
weiter erhöht, so sind die Milzbrandbacillen nicht mehr fähig. Kapseln
zu bilden.
Was die Ursache dieser Erscheinung, daß die Milzbrandbacillen auf
dem erstarrten Hühnereiweiß Kapseln bilden, betrifft, so bin ich zu der
Ansicht gelangt, daß wahrscheinlich das Eiweiß und die besondere
Alkali tat des Hühnereiweißes zusammen die Kapselbildung bedingen.
Deshalb habe ich die Alkalität des Hühnereiweißes mit Phenolphthalein-
lösung als Indikator untersucht und gefunden, daß sie etwa dem 200-
fachen der Normal- Sodalösung entspricht.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 3/4. 12
178
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Die Kapselbildung und das Wachstum der Milzbrandbacillen
auf Hühnerei weiß-Agarnährböden.
Herstellung des Nähr-
bodens
Man setzt eine be-
stimmte Menge steril
entnommenen Hühner-
eiweißes zu dem flüs-
sigen , fertigen Agar ;
diese Mischung wird
gekocht, dann läßt
man sie in schräg ge-
stellten Röhrchen er-
starren
Reaktion
des
Agars
Verhältnis
von Hühner-
eiweiß zur
A garmenge
schwach
alkalisch
schwach
sauer
Wachstum
(nach 24 St.
minimal
üppig
minimal
Mikroskopischer Befund
(nach 24 St.)
Form der Bacillen Kapsel
kurze Ketten
)> >»
lange Ketten
I) >)
kurze Ketten
)> ))
lange Ketten
+ +
+
Man mischt eine be-
stimmte Menge Hüh-
nereiweiß, welcnes steril
entnommen wird , zu
dem flüssigen Agar bei
einer Temperatur von
40—50" C; diese Mi-
schung läßt man ohne
zu kochen ebenfalls
erstarren
schwach
alkalisch
schwach
sauer
minimal bis 0
minimal
minimal bis 0
minimal
Involutionsform
))
einzeln oder je
zwei verbunden
dgl.
)'
Involutionsform
>)
einzeln oder je
zwei verbunden
dgl.
Kon-
trolle
minimal
kurze Ketten
uppig
lange Ketten
+
+ -I-
gekochte Hüh-
uereiweißplatte
schwach alkali-
scher Agar
schwach saurer
Agar
Als ich darauf die Alkalität des gewöhnlichen Agars bis zu an-
nähernd dem gleichen Grade erhöhte und darauf die Milzbrandbacillen
züchtete, konnte ich bei vielen Bacillen ebenfalls die Kapseln nachweisen.
Meine Beobachtungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1) Züchtet man den Milzbrandbacillus auf schwach saurem Schräg-
agar, so kommen äußerst selten kapseltragende Bacillen zur Beob-
achtung.
2) Nach 24-stündiger Kultivierung auf dem schwach alkalischen
Agar lassen sich kapseltragende Milzbrandbacillen nur bei einigen nach-
weisen ; doch ist ihre Zahl noch sehr gering.
'6) Wenn man aber die Milzbrandbacillen auf dem stark alkalischen
Agar (dessen Alkalität der 1(X)— 4(X)-fachen Normal-Sodalösung ent-
spricht — die 2(X)-fache Alkalität ist die beste) kultiviert, so sieht man
schon nach 18 — 24 Stunden sehr viele eingekapselte Bacillen in jedem
Gesichtsfeld; daneben finden sich aber auch Bacillen ohne Kapseln.
Auf den drei genannten Arten des Nährbodens wachsen die Milz-
brandbacillen bei makroskopischer Beobachtung mit ziemlich gleich-
mäßiger Ueppigkeit, so daß sie in der Entwickelung keine Unterschiede
zu zeigen scheinen. Doch wenn man genauer beobachtet, so bemerkt
Kodama, Ueber Kapselbildung der Milzbrandbacillen etc.
179
Fig. 1. Milzbrandbacillen, gewachsen auf stark alka-
lischem Agar, 20 Std. bei 37". Johnesche Färbung.
man auf dem zuletzt genannten Nährboden, daß der Bacillenbelag nicht
glänzend, sondern matt und sehr viel zäher als der auf den beiden
anderen Nährböden ge-
wachsene ist. Außerdem
sei bemerkt: Wenn man
die Milzbrandbacillen
1 Tag bei 37 « C auf dem
gewöhnlichen Schrägagar
kultiviert und dann nach
mehrtägigem Stehenlas-
sen bei Zimmertempe-
ratur auf den drei oben
genannten Nährboden-
arten fortzüchtet, so ge-
deihen sie auf dem ge-
wöhnlichen, schwach al-
kalischen Agar sehr gut,
dagegen gedeihen sie
wenig oder gar nicht auf
dem schwach sauren und
stark alkalischen Agar.
Ich habe meinen
stark alkalischen Agar
auf folgende Weise her-
gestellt : Man verdünnt
in einem kleinen Kolben
5 ccm flüssigen Agar
mit 45 ccm Aq. dest.,
kocht diese Mischung
mehrere Minuten lang
über der Flamme, fügt
dazu 0,1 ccm Phenol-
phthaleinlösung (0,5 g
Phenolphthalein gelöst
in 100 ccm Alkohol) und
titriert mit 10-proz. Soda-
lösung bis zu deutlicher
Hellrotfärbung der Flüs-
sigkeit.
Durch meine Unter-
suchungen glaube ich,
festgestellt zu haben, daß
es 1) von der Reaktion
des Schrägagars ab-
hängt, ob das Milzbrand
Stäbchen Kapseln bildet
oder nicht und 2) eine
Beimischung von Serum
das Phänomen der Kap-
selbildung wesentlich
mitbedingt. Streicht man nämlich das auf dem alkalischen Schrägagar
gewachsene Material mit einem Tröpfchen Serum irgendwelcher Tiere
(Rind, Pferd, Kaninchen, Huhn etc.) auf dem Deckglas aus, so erhält
12*
Fig. 2. Milzbrandbacillen, gewachsen auf stark alka-
lischem Agar, 20 Std. bei 37 ". l'ärbung mit Methylenblau.
180 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
man ein sehr schönes Kapselbild, wenn mau nach der John eschen
oder Rä bieger sehen Kapselfärbemethode färbt. Die schönste Kapsel-
färbung erhält man, wenn man das auf Hühnereiweiß bzw. Hühner-
eiweißagar gewachsene Milzbrandmaterial (24-stündige Kultur) mit
1 Tropfen Serum mischt, ausstreicht und nach der John eschen oder
Räbiegerschen Kapselfärbemethode färbt. Färbt man dasselbe Material
mit Loefflers Methylenblaulösung, so färben sich Kapsel und Bacillen-
leib gleichmäßig blau, und zwischen beiden kann eine Differenz nicht
deutlich erkannt werden. Doch wenn man genauer beobachtet, so zeigt
sich folgende Differenz : Innerhalb der mattblau gefärbten Kapseln be-
findet sich der tiefer blau gefärbte Bacillenleib, die Peripherie der Kapsel
erscheint dunkelschwarz und verschwommen. Die zwei und mehr Bacillen
einschließenden Kapseln erscheinen an den Stellen, wo je zwei Bacillen
einander genähert liegen, ausgebuchtet, wie aus beifolgender Zeichnung
ersichtlich ist. Merkwürdigerweise findet man neben kapselbesitzenden
Stäbchen in demselben Gesichtsfeld auch solche ohne Kapseln.
Nachdruck verholen.
Le Streptobacterium foetidum, agent pathogene
nouveau de rhomme.
Par les docteurs Leon Jaequ^ et Fernand Masay, Bruxelles.
Notre attention avait ete attiree par M. Hubert Kufferath, assi-
stant ä rinstitut Pasteur, sur un bacille tr^s petit et qu'on retrouvait en
quantite extremement abondante dans les crachats envoyes aux fins d'ana-
lyse ä rinstitut Pasteur de Bruxelles par le Dr. Th. Poodt de Ternath.
Les caractöres de culture du bacille et son action energique sur les
animaux de laboratoire nous deciderent ä le rechercher systematiquement.
Nous le decouvrimes dans differents crachats, dans du liquide pleural,
dans du liquide de meningite, dans un abces periuterin et dans d autres
affections encore dont nous donnerons plus loin la description. L'interet
de notre bacille nous paraissant ainsi nettement etabli, nous avons voulu
en faire une etude plus detaill^e.
Caractöres morphologiques.
Aspect microscopique. Notre microbe est un petit bacille
court, ä extremitös arrondies ou, plus exactement, un coccobacille. II
est trös mobile et ne forme pas de spores. Dans les cultures en bouillon
il se groupe en chainettes parfois tres longues. Son aspect rappeile
beaucoup celui du microbe pesteux.
Coloration. II se colore facilement par toutes les couleurs basiques
d'aniline; il ne prend pas le Gram. Quand on fait soigneusement les
colorations avec des Solutions faibles, il se colore surtout aux extrömites
et presente l'aspect en navette.
Caracteres des cultures.
Gonditions de culture. Notre bacille se cultive ä partir de 10''.
La tempörature optima est vers 37*^. II est aerobie facultatif: on obtient
des cultures abondantes, meme en recouvrant d'une couche de gelose la
surface ensemencöe. Toutes les cultures d^gagent une odeur tr^s fetide.
Jacqu^ et Maeay, Le Btreptobacterium foetidum etc. 181
Cette particularit6 et l'aspect du microbe nous ont d6termin6s a l'appeler
Streptobacterium foetidum.
Bouillon: A 37"^, au bout de quelques heures, apparait un trouble
qui devient de plus en plus intense. II se produit un precipitö con-
siderable dans le fond du tube, mais le bouillon reste trouble.
Bouillon glycose: Dans ce milieu, il y a dögagement trfes
abondant de gaz. II en est de meme pour le bouillon maitose.
Lait: Developpement rapide sans coagulation.
Serum: Developpement rapide, comme dans le bouillon.
Gelose: C'est sur gelose que se produisent les plus belies cultures.
Nous ensemeuQons dans Teau de condensation et, le lendemain, le microbe
a envahi toute la surface du milieu de culture, oü il apparait sous forme
d'une couche epaisse et continue. Quand le developpement devient
visible, toute la surface est dejä recouverte d'une Vegetation confluente
et ä aucun moment on ne peut trouver de colonies isolees. Cette
propri^te d'envahir en couche continue toute la surface des milieux
solides est tres remarquable; eile parait speciale ä ce microbe.
Gelose maltosee: Developpement rapide, mais un peu plus lent
que sur gelose ordinaire.
Gelose sang: Developpement rapide comme sur gelose; hemolyse.
Gelatine: Developpement tr^s rapide le long de la piqüre. Liqu6-
faction en doigt de gant et qui est bientot complMe.
Pomme de terre: Developpement rapide recouvrant toute la
surface.
S6rum solidifie: Un point quelconque etant ensemenc6, la surface
se recouvre rapidement d'une couche cremense constitu6e par les bacilles,
dont on ne trouve pas de colonies separees. Le microbe se döveloppe
rapidement en profondeur et liquefie sans tarder le serum.
Recherche et diagnostic.
L'isolement du Streptobacterium foetidum se fait avec la
plus grande facilite. On ensemence une petite quantit6 du produit ä
examiner dans l'eau de condensation d'un tube de gelose. Le Strepto-
bacterium se developpant tres vite, on preleve un peu de la culture
qui, au bout de 12 heures, a atteint la partie la plus elev6e de la surface
libre. On recommence ainsi l'ensemencement et, en deux ou trois fois,
on obtient des cultures pures.
Maladie experi mentale.
Rat blanc. Tous les animaux de laboratoire prennent egalement
bien l'infection par Streptobacterium foetidum; nous l'avons sur-
tout 6tudiee chez le rat blanc.
Inoculation sous-cutanee. Une culture de 24 heures sur tube
de g61ose en biseau, diluee dans dix centim^tres cubes de Solution physio-
logique tue le rat ä la dose d'un centimetre cube. La mort peut arriver
de fagon tres differente. Si le microbe est virulent, il passe tres rapide-
ment dans le sang et determine une septicemie mortelle en quelques
heures. Dans d'autres cas, il determine un abces qui reste localis^ et
peut guerir ou bien entraine la mort par cachexie apr^s un temps
assez long.
Inoculation intra-peritoneale. Les injections intra-p6ri-
toneales sont plus severes que les injections sous-cutan6es. Elles pro-
duisent ou bien une septicemie ou bien une peritonite qui peut se
localiser et s'enkyster. Dans ce cas, la maladie peut sommeiller pendant
182 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
un temps assez long et Tanimal garde toutes les apparences de la sante;
puis brusquement la maladie se reveille et I'animal succombe. A l'autopsie
on trouve, dans les cas de septicömie, l'aspect ordinaire de l'infection
rapide. Le pöritoine est congestionn^ et la cavitö peritoneale est remplie
d'un liquide louche. La rate est volumineuse et sa substance est
diftiuente et gorgöe de sang. Le foie a des lesions de degenerescence
rapide. Les reins sont congestionnes. Les plövres et le pericarde con-
tiennent generalement une quantite notable de liquide. Les poumons
sont congestionnes. Le sang renferme une quantite trhs considerable
de bacilles. Dans les cas chroniques, on trouve dans le peritoine des
petits abces localises et bien circonscrits. Les lesions principales sont:
La pleuresie, qui est ä peu pres constante et se traduit par un exsudat
abondant et un depot de fibrine; la pericardite: epaississement des
feuillets et exsudat; des noyaux de bronchopneumonie. On retrouve le
microbe en grande abondance dans le pus peritoneal et dans les exsudats
pleuretique et pericardique.
Lapin. L'infection, chez le lapin, affecte tres sensiblement la meme
allure que chez le rat blanc. Nous avons cependant observe un beau
cas de maladie chronique dont l'allure presentait quelques particularites
interessantes.
Nous avions injecte dans un but de vaccination, sous la peau d'un
lapin, des cultures en bouillon attenuees. L'attenuation avait ete obtenue
en recouvrant le bouillon avec du toluol et en le laissant plusieurs jours
en contact avec lui. Nous avions injecte successivement un, puis deux,
puis cinq et enfin dix centimetres cubes de bouillon. Le lapin, qui avait
d'abord assez fortement maigri, s'etait bien remis, quand brusquement
11 fut pris de paralysie de tout le train posterieur. En meme temps, il
^tait trhs oppresse et son etat general etait trös mauvais. Ces symptomes
s'etaient presentes un mois aprös la derni^re injection. Nous croyons
k une maladie intercurrente et independante du Streptobacterium,
mais I'animal mourut apres un coma de quelques heures et nous trouvämes
ä l'autopsie les lesions ordinaires de pleuresie et de pericardite et une
tres grande quantite de bacilles dans les exsudats. Nous avons observe
plusieurs fois l'action paralysante du microbe.
Cobaye. Les deux modes d'infection presentent beaucoup d'analogie
avec Celles des deux especes precedentes. Nous avons pu voir, dans
certains cas. les microbes passer dans le sang avec une rapidite extra-
ordinaire. Trois quarts d'heure apr^s l'injection intra-peritoneale, certains
animaux etaient tres gravement atteints et l'ensemencement d'une goutte
de leur sang donnait des cultures positives.
Souris blanche. Cet animal est tr^s receptif, comme les autres
animaux de laboratoire. Nous avons etudie sur cette espece la per-
möabilitö du placenta ä notre bacille. Nous avons injecte dans le
p6ritoine d'une femelle gravide une goutte d'une culture tres abondante.
Au bout de quelques heures I'animal etait trös malade; nous l'avons
rapidement tue par le chloroforme. Le sang de la mhie et celui des
six embryons que contenait la matrice donna des cultures pures du
microbe. Le liquide amniotique et l'urine en contenaient aussi.
Proprietes biologiques.
Vitalite et virulence.
Vitalite. Le Streptobacterium foetidum reste longtemps
vivant. Nous avons expose pendant plus d'un an sur le rebord de notre
Jacque et Masay, Le Streptobacterium foetidum etc. 183
fenetre des cultures sur gelose et aprös ce temps les röensemencements
^taient encore positifs.
Nous avons pu clessecher des filtrats de culture sans les detruire.
En milieu humide, les microbes sont tues en une demi-heure ä 58 '\
Virulence. Tous les echantillons que nous avons recueillis etaient
virulents. Un crachat renfermant des bacilles et qui fut introduit dans
le peritoine determina une atfection chronique par Streptobacterium
avec pullulation dans tous les liquides d'exsudat. Mais on peut augmenter
beaucoup la virulence par des passages successifs et nous sommes arrives
ä obtenir des cultures extraordinairement virulentes aprös dix passages
chez le rat.
L'attenuation de la virulence se produit par les moyens classiques:
Vieilles cultures, cultures mises au contact du toluol pendant un temps
insuffisant pour les tuer, cultures dessechees, etc.
Toxine.
Nous avons pu rapidement nous rendre compte que notre microbe
produisait une toxine trös active. Nous avons essaye d'en faire Tetude.
Pour la preparer nous avons fait des cultures de huit jours en
bouillon Peptone, identique ä celui qui sert ä preparer la toxine diph-
törique.
Apres ce temps, la culture est recouverte d'une couche de toluol et
plusieurs fois par jour eile est mise en contact plus immediat avec
l'antiseptique par une agitation energique. Quand les reensemencements
sont negatifs, la culture est filtree. La preparation est terminee.
Action sur les animaux.
Lapin. Une injection sous-cutanee de 10 c. c. suffit pour tuer le
lapin. La mort arrive generalement en quelques heures. Si eile n'est
pas survenue au bout de 24 heures, Tanimal a le plus souvent de grandes
chances de longue survie. L'injection repetee ä courts intervalles d'une
quantite de toxine trop minirae pour determiner la mort produit, au bout
d'un temps plus ou moins long, une cachexie profonde qui tinit par
determiner la mort.
Parfois on voit apparaitre la paralysie de l'arriere train, dont nous
avons dejä parle.
L'injection intra^peritoneale est un peu plus active que l'injection
sous-cutanee.
L'injection intra-veineuse est beaucoup plus active. Une seule dose
d'un demi-centimetre cube de toxine suffit ä tuer un gros lapin. La
mort arrive dans les vingt-quatre heures, sans autre Symptome qu'une
stupeur profonde dans laquelle l'animal reste plonge. II n'y a pas de
convulsions.
L'injection intra-cerebrale d'un dixieme de centimetre cube determine
une tetanie generalisee qui persiste jusqu'ä la mort, c'est-ä-dire pendant
quelques heures.
Le cobaye, le rat, la souris sont trhs sensibles ä l'action de la
toxine.
Vaccination.
La vaccination des animaux de laboratoire est possible. Nous l'avons
surtout etudiee sur le rat blanc.
Quand on injecte une quantite de microbes trop faible pour deter-
miner la mort, on voit parfois une maladie chronique qui s'etablit apr^s
184 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
un temps plus ou moins long et qui finit par empörter ranimal. Parfois,
lanimal semble giieri, mais Texperience demontre que le Strepto-
bacterium foetidum peut vivre tr^s longtemps sans d^terminer de
symptomes et se reveiller brusquement pour une raison quelconque.
Cependant, on observe que quand un rat a Supporte une premi^re dose
de culture, il en faut une quantit^ trös considerable pour determiner la
mort par septicemie. II y a donc une certaine vaccination qui s'est
etablie. Mais l'injection de cultures Vivantes est un mauvais moyen pour
produire Timmunisation, en raison de la faculte (signalee plus haut) que
le microbe possMe de pouvoir se reveiller ä longue ^cheance. C'est
ainsi que toute une sehe de rats que nous considerions comme immunis6s
par des doses croissantes de culture et qui n'ataient plus regu d'inocu-
lation depuis un temps assez long (plusieurs semaines), furent empörtes
par le reveil des microbes au d^but de l'hiver, quant les premiers froids
les avaient mis dans des conditions d'inferiorite.
Pour produire une vaccination reelle, nous nous sommes adressös
aux cultures tuees et nous sommes arrives, par des injections repetees ä
des intervalles assez espaces, ä donner une immuuisation bien caracteris6e.
Parfois, la repetition d'injections de cultures tuees sous le peau amöne
la formation de vastes abces anaphylactiques qu'il est difficile de prevoir.
Nous avons surtout observe ce phenomene chez le lapin. Dans un cas
notamment, nous avions injecte une demi-culture sur gelose emulsionnee
dans une Solution physiologique et tuee par la chaleur ä 58". Une
seconde injection determina un abces qui envahit toute la paroi abdomi-
nale et finit par ulcerer la peau \). Apres un temps assez long, l'animal
succomba ä la cachexie. L'abces etait forme par un pus tres dur, con-
crete et qui devait etre disseque au scalpel.
Dans la plupart des cas cependant ces accidents ne se produisent
pas et les injections sont suivies d'autant moins de reaction que les
precedentes ont ete plus nombreuses.
Dans ces cas, le serum des animaux acquiert des proprietes immuni-
santes qu'il est facile de mettre en lumi^re:
1" II agglutine fortement une emulsion des microbes en Solution
physiologique ;
2° il donne de fagon nette la reaction de Bordet-Gengou (de-
viation du complement);
3" il empeche le developpement des bacilles.
Serotherapie.
Nous avons tente de preparer des serum s immunisants contre les
bacilles et contre la toxine.
Le Premier est prepare comme nous venons de le dire en injectant
des cultures tuees ä des lapins. Le serum ainsi produit, bien qu'il
poss^de les proprietes immunisantes que nous avons exposees, ne parait
pas avoir une action bien nette au point de vue curatif ou preventif.
Le serum antitoxique se prepare en injectant ä des lapins des doses
progressivement croissantes de toxines filtrees. II est necessaire de
proceder avec prudence. II faut que les animaux soient röguliörement
peses. Si on continue les injections pendant que la courbe du poids
flechit on risque beaucoup de determiner une cachexie qui empörte assez
rapidement l'animal. En faisant les injections avec circonspection on
On le sait, des ph^nom^nes fort analoguee s'obeervent chez le lapin, lorsqu'on in-
jecte pour le seconde ou la trolBifeme fois des bacilles tuberculeux tu^.
Jacqu^ et Masay, Le Streptobacterium foetidura etc. 185
parvient ä faire supporter au lapin des doses considerables de toxine.
On arrive ainsi ä doter son seruin de proprietes nettement antitoxiques.
Le serum neutralise in vitro de fortes doses de poison, Cependant, son
action preventive et curative ne nous a pas paru manifeste.
Manifestations cliniques.
Nous noterons briövement dans ce chapitre l'observation des malades
dans les crachats ou les humeurs desquels il a ete possible de retrouver
le Streptobacterium foetidum.
1" Une femmede 30 ans. M^decin traitant: le D' Poodt, de Thernath. SymptAmes:
ceux de la tuberculose pulmonaire au debut. Examen des crachats : quelques formes
anornaales de bacille de Koch, associ^s ä un semis extrßmement abondant de Strepto-
bacterium foetidum. Nous avons eu loccasion de faire des examens de crachats
ä plusieurs mois d'intervalle. Dans les derniers examens, les bacilles de Koch avaient
disparus, tandis que le Streptobacterium persistait.
2" Jeune homme de 20 ans. Mödecin traitant: le D' Spitaels, de Lembecq-lez-
Hal. Symptömes: tuberculose pulmonaire au d^but. Nous n'avons pas de renseigne-
ments sur Devolution ult6rieure de la maladie. Examen des crachats : bacilles de Koch
rares; Streptobacterium abondants.
3" et 4" Gas analogues.
Dans ces quatre premiers cas, le microbe n'a evidemment pas une importance
manifeste. Cependant, nous pouvons voir qu'il s'associe volontiers au bacille de Koch
et qu'il est trfes persistant.
5" Femme de 35 ans. Höpital St Jean. Entr^e pour abc^s du cul de sac de
Douglas. Dans le pus qui s'^coule aprfes incision, on trouve une quantilö extreme-
ment abondante de Streptobacterium foetidum. L'ensemencement sur g^lose
donne des cultures pures. La gu^rison de la femme s'opöre dans de bonnes conditions.
Nous n'avons pas eu l'occasion de nous procurer du sang de la malade pour Studier
les propri^täs de son s6rum, comme nous l'aurions desir^.
6° Homme de 50 atis. Höpital St Jean. Tuberculose pulmonaire avancäe ayant
determine une pleuresie purulente. Dans le liquide pleural, nous trouvons le bacille
tuberculeux, le bacille pyocyanique et le Streptobacterium. Le s^rum du malade,
recueilli par saignee au pli du coude donne les r^actions d'agglutination et de fixation
du complement.
Les deux cas prec^dents montrent clairement que notre bacille joue un role im-
portant en pathologie humaine.
Dans le premier cas, il determine ä lui seul une infection importante. Dans le
second cas, on decfele dans l'organisme la production des reactions de defense habituelles
contre les microbes virulents.
7" Dans une autopsie de meningite tuberculeuse, nous avons trouv^ le microbe
dans le liquide cephalo-rachidien. Maiheureusement, l'ouverture du canal rachidien
n'avait pas 6te faite avec les precautions d'asepsie d^sirables et nous ne pouvons pas
admettre sans r^serves cette obiservation qui d^noterait une interessante association du
bacille de Koch et du Streptobacterium dans la meningite.
8" Le D' Terlinck a decrit une conjunctivite pseudo-membraneuse survenue aprfes
Operation de cataracte. Cette conjonctivite, qui eut une aliure tres benigne, etait produite
par un petit coccobacille qu'on retrouvait en grande abondance dans les fausses nieni-
branes oü il se irouvait en culture pure. Un ächantillon de ce microbe, qui nous fut
montre par le D"^ Terlinck, nous permit de l'identifier avec le Streptobacterium
f oetidu m.
9" M"^ Bord et a retrouvö dans des selles choleriformes un petit bacille que nous
avons reconnu etre du Streptobacterium foetidum.
10" Le D"^ Cohen a oien voulu nous communiquer qu'il avait retrouv(? notre
microbe comme agent d'une pleurd-<ie mortelle chez un enfaut de 1' Höpital St Pierre.
Dans ce cas le D' Cohen a pu d^raontrer dans le sörum des proprietes agglutinantes
et d^viatrices du complement vis-ä-vis de notre microbe.
11° Une autre Observation du D' Cohen auquel nous empruntons la descriptions
qui suit.
Un homme de 27 ans est pris brusquement de violentes douleurs abdominales,
surtout du cöte droit. Deux jours aprös il est admis ä l'Höpital dans le Service du
D' Van Engelen qui pose le diagnostic d'appendicite. ün trouve, k Top^ration, un
peu de s^rosite purulente dans le petit bassin ; appendectomie. Le malade se retablit
peu ä peu; mais 10 jours aprfes sa sortie de l'Höpital, qu'il avait quitt^ gu^ri (trois
semaines aprfes l'operation), il demande ä rentrer pour des points de cöt^ ä droite. A
186 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
l'examen ou constate une pleur(5sie droite; la ponction ramfene du pus; le malade subit
Top^ration de l'empy&me; on enlfeve trois cotes; la mort survient quelques heures aprfes
l'intervention.
Autopsie. L'abcfes pleural communiquait par un petit trajet fistuleux avec une
vaste poche purulente sous phr^niyue recouvrant toute la face sup^ro-ant^rieure du foie.
Cette poche etait elle-meme en relation avec un petit ulcfere si^geant au niveau du
duod^num.
Examen bact^riologique. Le pus pr^lev^ au moment de l'op^ration de
l'empyfeme avait une odeur trfes f^tide et coutenait a l'ätat presque pur une quantit^
Enorme de petita bacilles se d^colorant par le Gram qui ont pu ötre identifi^s avec le
Streptobacterium foetidura. II y avait trfes peu de leucocytes et de rares bacilles
longs prenant le Gram et qui n'ont pu ötre identifi^s.
Le lendemain, ä l'autopsie, quelques centimetres cubes de sang furent pr^lev^s
dans le ventricule gauche. Le serum, chauff^ ä 5(3", agglutinait trhs fortement et in-
stantanöment ä la dilution de Vioi '/«o' Vao ^^ Vioo ^^ culture sur gelose dmulsionn^e
dans de l'eau physiologique, du microbe isol^e dans le cas relatd plus haut (1 ").
Deux autres s^rums provenant l'un d'un cadavre, l'autre d'un malade atteint de
fiövre typhoide, n'avaient aucune actiou agglutinante sur le microbe.
La recherche de la r^action de fixation n'a donne, dans ce cas, aucun r&ultat,
I'alexine etant absorb^e par les microbes, en pr6sence de serum normal.
Ces differentes observations demontrenl que le Streptobacterium
foetidum joue en pathologie humaine un röle important, sur lequel
il est necessaire d'attirer l'attention.
Dans tous les cas qui nous ont ete soumis, nous avons pu identifier
les echantillons, par des caracteres de culture et par la reaction de
Bordet-Gengou.
Nachdruck verboten.
Ueber einen neuen pathogenen Anaeroben aus menscb-
licbem Eiter (Coccobacterium mucosum
anaerobicum n. sp.).
[Aus dem Hygiene-Institut der Universität Zürich
(Leiter: Prof. Dr. W. Silberschmidt).]
Von Dr. R. Klinger, Assistenten am Institut.
Mit 1 Tafel und 1 Figur.
In einem Fall von Hirnabszeß bei einem seit längerer Zeit an
Bronchiektasie leidenden Patienten gelang es mir, einen Mikroorganismus
zu isolieren, der, soweit ich die Literatur daraufhin untersuchen konnte,
noch nicht näher bekannt ist. Für die Zusendung des Materials sowie
für die Aufgabe der folgenden Einzelheiten des Krankheitsverlaufes bin
ich Herrn Dr. Ph. Schönholzer, Chefarzt der chirurgischen Abteilung
des Spitals in La Chaux de Fonds, zu besonderem Dank verpflichtet.
Pat. K., 56-jähr. Mann, leidet seit 2 Jahren an Husten und Auswurf. 2ö. Jan. 1911
Eintritt ins Spital, reichlicher, übelriechender Auswurf.
15. Febr. beginnt Patient zu fiebern. Dämpfung links hinten über der Lunge.
10. März. Nach Rippenresektion wird ein Empyem eröffnet und eine nicht sehr
große Menge übelriechenden Eiters entleert. Der Geruch ist gleich dem des Auswurfes.
Abfall des Fiebers. Der Auswurf bleibt bestehen.
24. — 26. März treten plötzlich Anfälle Jackson scher Epilepsie auf.
29. März. Operative Eröffnung eines hühnereigroßen subkortikalen Abszesses der
linken Hemisphäre. Der grünliche, dicke Eiter hatte wieder den üblen Geruch des
Auswurfes.
5. April. Tod infolge Meningitis.
Klinger, Ueber einen neuen pathogenen Anaeroben aus menschl. Eiter. 187
Bei der Autopsie fanden sich Verwachsungen der linken Lunge mit der Pleura;
zahlreiche Bronchiektasieen mit eitrigem Inhalt. Die Umgebung des Hirnabszessee
nekrotisch. Im Centrum semiovale ein zweiter erbsengroßer Abszeß.
Zur Untersuchung gelangte nur Eiter, der bei der Operation aus
dem Hirnabszeß entnommen wurde. Sputum konnten wir nicht mehr
erhalten. Auffallend war der sehr intensive, käsige Geruch. Im Aus-
strichpräparat fanden sich stark zerfallene, meist poljnukleäre Leukocyten;
feine granmegative Kokken in ungewöhnlich großer Menge, meist in
Haufen gelagert (Taf. I, Fig. 1). Daneben waren ganz vereinzelt gram-
negative Stäbchen mit spitzen Enden vorhanden (Spieße). Andere Mikro-
organismen fehlten.
Für die kulturelle Untersuchung wurde der von Gasperi und
Savini (Centralbl. f. Bakt. Abt. I, Orig. Bd. 58. p. 248) angegebene
Anaerobenagar mit einem Zusatz von 1 : 10 sterilem Rinderserum, flüssige
Gelatine mit und ohne Serumzusatz, ferner Zuckerbouillon verwendet.
Die kulturelle Untersuchung ergab :
Serumagar (anaerob nach Liborius): Kein Wachstum auf der Oberfläche. In
der Tiefe (unter Freibleiben der sauerstoffhaltigen Zone) nach 3 Tagen starkes Wachs-
tum, Trübung des Mährbodens, Gasbildung. Die Eöhrchen strömen einen scharfen,
käsigen Geruch aus. Bei Entnahme von Material ziehen sich schleimige Fäden. Die
Hauptmasse der gewachsenen Mikroorganismen besteht ans den schon im Eiter ge-
fundenen Kokken. Daneben finden sich viel spärlicher die Spieße, die zum Teil längere
Fäden bilden.
In den in Serumagar angelegten Verdünnungen bildeten sich nach 1 Woche gut
isolierte Kolonieen von linsenförmiger Gestalt aus; sie enthielten die kokkenähnlichen
Mikroorganismen in Reinkultur. Von den Spießen konnte ich in Agar keine Reinkultur
erzielen.
Gelatine, mit Serumzusatz, bei 37" C gehalten: Durch den Serumzusatz fällt ein
flockiger Niederschlag aus, der sich allmählich senkt. In ihm waren nach 3 Tagen
einzelne weißliche Flocken zu sehen, welche aus den Spießen anscheinend in Reinkultur
bestanden. Dieselben waren sehr fein und spitz, nadeiförmig; oft zu längeren Fäden
vereinigt.
Es ist die Tatsache, daß sich in dieser Kultur die kokkenähnlichen Bakterien nicht
fanden, um so merkwürdiger, als dieselben in diesem Nährboden sehr gut wuchsen,
wenn ich den Stamm nach seiner Reinzüchtung darin überimpfte.
Traubenzuckerbouillon mit Serumzusatz: Die Bouillon bleibt vollkommen klar. Am
Boden des Röhrchens nach 3 Tagen ein ziemlich reichlicher Bodensatz von unregelmäßig
geballten, weißlichen Massen, der aus Spießen und Kokken besteht. Die gleiche Art des
Wachstums in Bouillon habe ich auch in anderen Fällen beobachtet, wenn Spieße
(B. fusiforme) mit anderen Bakterien zusammen üppig wachsen.
Es war somit gelungen, durch Anwendung verschiedener Nährböden
von den ersten Kulturen aus die beiden im Eiter vorhandenen Mikro-
organismen zu isolieren. Die weiteren Angaben beziehen sich auf die
so erhaltenen Reinkulturen.
Tierversuche.
Tierpathogenität: 0,4 ccm des ursprünglichen Eiters wurde
einer Maus subkutan injiziert. Es entwickelte sich nach 5 Tagen ein
erbsengroßer Abszeß, dessen grünlicher Eiter sich vom Ausgangsmaterial
nur durch die relativ größere Zahl der Spieße unterschied. Die Haut
über demselben wurde in den folgenden Tagen zu einer harten Borke,
unter welcher die Eiterung mit Bildung einer strahligen Narbe ausheilte.
Mit dem am 5. Tage durch Punktion entnommenen Eiter dieses Abszesses
wurde eine zweite Maus geimpft, welche in ganz gleicher Weise er-
krankte; ferner ein Meerschweinchen, ebenfalls subkutan, welches nach
5 Tagen an einer unter genauer geschilderten, ausgedehnten Phlegmone
der Bauchdecken starb. Im Ausstrich die gleichen Mikroorganismen,
daneben auch grobe, grampositive Kokken (Verunreinigung).
188 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Coccobacterium mucosum anaerobicum d. sp.
Morphologie: Im Eiter des Ausgangsmaterials fast nur in Kokken-
form durchschnittlich 0,4 /< groß (Taf. I, Fig. 1); sehr häufig sind Diplo-
kokken in allen Stadien der Teilung. Eine Anordnung zu Ketten ist
stellenweise angedeutet, meist liegen sie ungeordnet in größeren oder
kleineren Haufen. Ebenso verhielten sie sich im Eiter der mit dem ur-
sprünglichen Material geimpften Tiere. In späteren Tierversuchen mit
dem reingezüchteten Stamm nahmen sie oft die Form von kurzen
Stäbchen an, die 1 — 1,5 — 2 /li lang werden. Vereinzelt fanden sich solche
auch im ersten Eiter; sie sind an manchen Stellen des Ausstrichpräparates
zahlreicher als an anderen und liegen meist parallel in kleinen Gruppen
beisammen. Es gibt alle Uebergänge zwischen völlig runden und den
länglichen Formen. Auch in den Reinkulturen sind Stäbchenformen
häufig.
Eine andere, noch stärkere Formveränderung
<^^ konnte ich in zuckerhaltigen Nährböden beob-
achten. Es kommt darin zur Ausbildung von
Blähformen, die durch ihre Größe und abwei-
chende Färbung auffallen. Die ganze Zelle wird
_ oval oder wurstförmig, der färbbare, plasmatische
Teil liegt an einem Pole (die langgestreckten
Formen haben an beiden Enden gefärbte Punkte).
« <> ~ In Länge und Breite übertreff"en diese Blähformen
J I % ^_ V flie normalen um ein Vielfaches (Dicke V2 — 1 /",
» <r ^ W> Länge bis zu 6 /n und darüber). Die neben-
b stehende Zeichnung gibt einige der häufigsten
Formen wieder (siehe auch Taf. I, Fig. 2).
Diese Blähung ist verursacht durch Glykogenanhäufungim Bakterien-
leib, wie sich durch die Jodreaktion nachweisen läßt (Braunfärbung durch
Lugo Ische Lösung). Bei Färbung mit Karbolfuchsin erscheinen die
Mikroorganismen in einen gut färbbaren, plasmatischen und einen wenig
färbbaren, glykogenreichen Teil differenziert.
Kulturen mit derartig deformierten Bakterien kann man gut weiter
überimpfen, sie haben auch ihre Tierpathogenität nicht eingebüßt. Doch
kann dies dadurch bedingt sein, daß sich stets normale Formen neben
den geblähten finden. Ich kann daher nicht sagen, wie weit diese Er-
scheinung als Degeneration aufzufassen ist. Am stärksten war sie bei
den ersten Kulturen ausgesprochen. Nach längerem Weiterzüchten in
zuckerhaltigem Milieu nahmen die Blähformen sehr an Zahl ab, so daß
nur noch vereinzelte unter den normalen Kokken- oder Stäbchenformen
vorkommen. Es scheint also, daß die Bakterien sich an den ungewohnten
Zuckergehalt des Nährmateriis angepaßt haben.
In Bouillonkulturen fand ich öfters Anordnung in Ketten. Wie
Fig. 1 b zeigt, sind dieselben von Streptokokkenketten sehr verschieden,
gleichen eher hintereinanderliegenden Hefezellen oder Ketten von Oedem-
bacillen.
Die Färbung ist am stärksten mit Karbolfuchsin oder Gentianaviolett,
schlecht mit Löfflerschem Methylenblau. Nach Gram tritt stets Ent-
färbung ein.
Bewegungsvermögen konnte ich nie nachweisen. Im Ausstrich des
Eiters sind die Kokken von einem hellen Hof umgeben, was auf An-
wesenheit einer Schleimhülle hindeutet.
Klinger, Ueber einen neuen pathogenen Anaeroben aus menschl. Eiter. 189
Kulturelles Verhalten: Wachstum nur bei 37" und bei Serumzusatz
zu den gewöhnlichen Nährniedien ; nur anaerob, ohne daß der Luft-
abschluß streng durchgeführt werden muß, in Serumbouillon auch ohne
Sauerstoftabschluß am Grunde des Röhrchens, im Agarstich manchmal
Wachstum bis wenige Millimeter unter der Oberfläche. Alle Kulturen
strömen einen intensiven Käsegeruch aus. Die ßakterienmasse ist stets
fadenziehend (auch Bouillon der Bodensatz). Gasbildung trat anfangs
stärker, später schwach auch in nicht zuckerhaltigen Nährböden (Gelatine)
auf. In Zuckerbouillon wird reichlich Indol gebildet; da Indolbildung
bei gleichzeitiger Vergärung von Zucker nicht stattfindet, so spricht
auch dies dafür, daß beträchtlichere Mengen zuckerspaltender Fermente
in dem beschriebenen Mikroorganismus nicht gebildet werden, die geringe
Gasbildung somit durch Zersetzung anderer Stoffe bedingt ist.
Serumagar. Auf der Oberfläche konnte ich anaerob kein Wachs-
tum erzielen. In der Tiefe bei Impfung von nur ganz wenigen Keimen
einzelne linsenförmige, scharf begrenzte Kolonieen, die im Verlauf von
6—8 Tagen 4 mm Durchmesser erreichen. Im Agarstich ist der Stich-
kanal ganz besetzt mit solchen ineinander gedrängten, ungleich großen
Linsenkolonieen, die alle mit ihrem großen Durchmesser vertikal stehen.
In Gelatine mit Serumzusatz gutes Wachstum als schleimiger
Bodensatz ; schon nach wenigen Tagen wird dieselbe dünnflüssig und
erstarrt in der Kälte nicht mehr.
Die Milch wird im Verlauf von 4—9 Tagen nach vorhergehender
Gerinnung peptonisiert. Ohne Serumzusatz erfolgt Wachstum nur selten
und nach sehr reichlicher Impfung.
In Bouillon (mit und ohne Zucker, doch Serumzusatz) entsteht zu-
nächst ein Bodensatz, später Trübung des ganzen Röhrchens.
Erstarrtes Rinderserum wird nicht aufgelöst.
In allen flüssigen Nährböden reichliche Indolbildung (Ehrlich sehe
Probe).
Ebenso wird stets SHg gebildet.
In den Kulturen bleiben die Bakterien ziemlich lange am Leben;
aus einer Serumagarkultur war nach 5 Wochen, während welcher dieselbe
14 Tage im Brutschrank, dann im Dunkeln bei Zimmertemperatur ge-
standen hatte, noch Ueberimpfung erfolgreich.
Versuche mit Reinkulturen : War die injizierte Bakterienmenge nicht
zu klein, so gehen die Tiere (Meerschweinchen, Kaninchen, Mäuse) nach
3 — 5 Tagen an einer ausgedehnten Phlegmone zugrunde. Voraussetzung
ist subkutane Infektion ; intraperitoneal wurden in mehreren Versuchen
Dosen ohne alle Erkrankung vertragen, die gleichzeitig subkutan geimpfte
Kontrolltiere sicher töteten. Auch intravenös injiziert rief eine sehr
dichte Bouillonkultur, bei einem Kaninchen keine Krankheitserscheinungen
hervor.
Der Verlauf der subkutanen Infektion ist folgender: Nach 24 Stunden
ist um die Injektionsstelle (Bauchseite) eine weiche, ödematöse, wenig
entzündliche Schwellung ausgebildet, die sich weiter ausdehnt, so daß
am 3. Tage die ganze Bauchseite des Tieres davon ergriffen ist. Die
Haut hängt wie ein mit Flüssigkeit gefüllter Sack zwischen den Extremi-
täten und liegt dem Boden auf. Eine besondere Schmerzhaftigkeit besteht
nicht, auch sind die Tiere verhältnismäßig wenig in ihrem Allgemein-
befinden gestört. Sie verhalten sich zwar ruhig, fressen aber noch und
machen nicht den Eindruck schwer kranker Tiere. Am letzten Krank-
heitstage läßt sich oft die Epidermis in Stücken von der graugrünen Cutis
190 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale, ßd. 62. Heft 3/4. ^j
Über dem verjauchenden Eiterherde abziehen. Die Sektion ergibt eine
die ganze Ventralseite einnehmende, auf Hals und Extremitäten über-
greifende eitrig -hämorrhagische Entzündung der Subcutis und des
zwischen den Muskeln gelegenen Bindegewebes, mit stellenweisen An-
sammlungen größerer Mengen einer braunroten, meist käsig riechenden
Jauche. Diese Veränderungen reichen bis hart an das Peritoneum, lassen
dieses selbst aber vollkommen intakt: auch im Abdomen sind keine
pathologischen Veränderungen bemerkbar. Die Organe der Bauch- und
Brusthöhle sind ebenfalls nicht verändert [in einem Falle (Kaninchen)
wies die Pleura vereinzelte Blutungen aufj. Im Ausstrich und kulturell
lassen sich die injizierten Mikroorganismen in sehr großer Menge im
Eiter nachweisen. Es besteht eine äußerst lebhafte Phagocytose durch
polynukleäre Leukocyten ; in vielen Zellen ist nur noch der Kern erhalten,
das Protoplasma ganz von dicht gedrängten Bakterien ersetzt. Das Blut
war immer steril. Gegen Ende kommt es öfters zu Sekundärinfektionen,
so daß Streptokokken, grampositive, plumpe Stäbchen und andere Mikro-
organismen neben den injizierten im Eiter angetroffen werden. Auf den
Krankheitsverlauf waren sie ohne Einfluß.
Ist die infizierende Dosis zu gering oder die verwendete Kultur
älter, so lokalisiert sich der Prozeß in den ersten Tagen ; es kommt
dann zur Ausbildung eines kleineren oder größeren Abszesses, der sich
abkapselt und sehr langsam zurückbildet. Durch Punktion läßt sich
darin Eiter nachweisen, der mikro- und makroskopisch dem des ursprüng-
lichen Gehirnabszesses gleicht (die Spieße fehlen natürlich). Aus einem
derartigen, zu langsamer Rückbildung gekommenen subkutanen Abszeß
konnte ich 6 Wochen nach der Impfung kulturell die geimpften Mikro-
organismen wiedergewinnen.
Die zur tödlichen Infektion erforderliche Bakterienmenge läßt sich
wegen des ungleichen Wachstums nicht genau angeben. 2 Oesen einer
Serumagarstichkultur genügten noch nicht. Meist habe ich ^U — ^/o ccm
einer dichten Bouillon- oder Gelatinekultur verwendet (ca. 8 Tage alt).
Der Eiter infizierter Tiere rief meist schon in Mengen von 0,1 — 0,2 ccm
eine letale Erkrankung hervor.
Zusammenfassung: Nach dieser Beschreibung handelt es sich um
einen meist in Kokkenform, hier und da in Form von Kurzstäbchen
auftretenden Mikroorganismus, welcher in den gewöhnlichen Nährböden
nicht, nach Serumzusatz gut anaerob gedeiht. In der Tiefe des Serum-
agars bildet er linsenförmige Kolonieen. Für alle Kulturen charakte-
ristisch ist die deutlich fadenziehende Beschaffenheit und ein stark käsiger
Geruch, ferner die reichliche Bildung von Indol und SHg sowie eines
peptonisierenden Fermentes. Nach subkutaner, nicht aber intraperi-
tonealer oder intravenöser Injektion gehen kleinere Versuchstiere an aus-
gedehnter hämorrhagisch-eitriger Entzündung des Unterhautzellgewebes
nach 3-5 Tagen zugrunde. An der Injektionsstelle bildet sich eine
Schwellung (Sack) mit dünnflüssigem, sehr übelriechendem Eiter. Der
Mikroorganismus wurde aus einem metastatischen Hirnabszeß bei Bronchi-
ektasie isoliert.
Bacterium fusiforme.
Die im ursprünglichen Eiter in weit geringerer Menge vorhandenen
Spieße gehören in die Gruppe des schon von vielen Autoren beschriebenen
Bacterium fusiforme. Es sind gramnegative Stäbchen von 5 — 1 /n
Länge mit zugespitzten Enden. In den Kulturen, seltener im Eiter (bei
einigen Tierversuchen) bilden sie neben Stäbchen auch lange Fäden, die
Klinger, Untersuchungen über menschliche Aktinomykose. 191
gerade oder auch gewunden, peitschenschnurartig verschlungen sind
(Taf., Fig. 3). Auch sie wachsen in zuckerhaltigen Nährböden als Bläh-
fornien (Glykogeneinlagerung), wodurch die bekannten Spindelformen
entstehen, nach denen die Gruppe benannt ist. Eine Abnahme dieser
Blähung durch längeres Züchten in zuckerhaltigen Nährmedien ist nicht
merkbar gewesen, dagegen wohl, wenn man sie wieder in zuckerfreies
Milieu überträgt. Während die Blähformen 1—2// breit sind, kann man
in der zuckerfreien Gelatine (mit Serumzusatz) ganz schmale, nadelspitze
Formen erzielen (Taf. I, Fig. 4).
Auch die übrigen von Ghon und Mucha für diese Gruppe auf-
gestellten Merkmale waren bei dem von mir isolierten Stamm vorhanden :
Streng anaerobes Wachstum, nur bei 37 ". Höchst unangenehmer Geruch,
der bei längerer Züchtung allerdings stark abnahm. Serum wird nicht
verflüssigt.
Fehlende Tierpathogenität : Größere Mengen einer Bouillonkultur
wurden von Meerschweinchen subkutan ohne stärkere Reaktion ver-
tragen. Im Gegensatz zu dem von Ghon beschriebenen Stamm bildete
der vorliegende deutlich Indol (Ehrlich sehe Probe). Schwache SHg-
Bildung. Keine Vergärung des Traubenzuckers. Serumzusatz zu den
Nährmedien war erforderlich.
Nachdruck verboten.
Untersucliungeii über menschliclie Aktinomykose.
[Aus dem Hygiene-Institut der Universität Zürich (Leiter: Professor
Dr. Silber Schmidt).]
Von Dr. R. Klinger, Assistenten am Institut.
Mit 1 Tafel.
Die folgenden Untersuchungen betreffen 7 Fälle von Aktinomykose,
in welchen die im Eiter vorhandenen Drusen neben Actinomyces
noch andere Bakterien enthielten. Außerhalb der Drusen fanden sich
im Eiter keine Mikroorganismen. Die gefundenen Arten sind zum Teil
als normale Bewohner der Mundhöhle bekannt. Daneben konnte in
einer Reihe von Fällen eine noch nicht beschriebene Art isoliert und
näher untersucht werden. Es dürften somit Fälle einer Symbiose von
Mundbakterien mit Aktinomyceten vorliegen, wobei wohl die letzteren
die hauptsächlich pathogenen Keime waren. Ob durch das Hinzukommen
der anderen Mikroorganismen die Pathogenität der Aktinomyceten erhöht
wurde, läßt sich kaum sagen, da der Verlauf der Aktinomykose, auch
wenn sie als Reininfektion auftritt, bekanntlich ein sehr verschiedener
sein kann.
Das Material und die klinischen Angaben verdanken wir zum Teil
der chirurgischen Universitätsklinik resp. Poliklinik (Prof. Sauer-
bruch). Ich hin speziell Herrn Assistenten Dr. Brodsky zu beson-
derem Dank verpflichtet.
Es folgt zunächst die Beschreibung zweier sehr ähnlicher Fälle, in
welchen der aktinomykotische Herd in der Kiefergegend lokalisiert war.
192 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Fall I.
Bl., 30-jähr. Coiffeurgehilfe, erkrankte im August 1910 an einer schmerzhaften
Schwellung der rechten Submaxillargegend. Auf Anraten eines Arztes wurden Um-
schläge gemacht. Nach 1 Woche soll der Abszeß nachts im Schlafe in den Rachen
durchgebrochen sein. Patient mußte „viel hinunterschlucken" und merkte am anderen
Tage einen sehr üblen Geruch aus dem Munde. Gleichzeitig fühlte er sich viel besser,
Spannung und Schmerzen ließen nach. Nach einigen Wochen erneuerte sich die ent-
zündliche, harte Schwellung am Kieferwinkel. Ambulatorische Spitalsbehandluug. In-
zision, Entleerung einiger Kubikzentimeter Eiter (Probe I). Später wurden nochmals
mehrere Inzisionen seitlich und vorn am Halse gemacht. Patient blieb dann von
November — Februar aus, hat sich in der Zwischenzeit mehrmals selbst Abszesse aus-
gedrückt. Ende Februar wieder im Spital, Ausdehnung und Charakter des Prozesses
wie im Herbst. Abermalige Inzision (Eiterprobe II). Ende März Auskratzung einer
infiltrierten Stelle (bakteriologischer Befund negativ).
Im Mai entleerte sich Patient wieder selbständig einen Herd, im Juni— Juli bestand
ein linsengroßer Abszeß ganz oberflächlich weiter hinten am Halse (Infektion von außen ?),
der von einer ringförmigen Furche umgeben war (Eiterprobe III). Gleichzeitig besteht
jetzt im Juli noch eine harte, schmerzhafte Schwellung ziemlich tief unter dem Unter-
kieferwinkel.
Trotz des Weiterbestehens der Erkrankung ist das Allgemeinbefinden des Patienten
ein sehr gutes.
Die Eiterproben I und II gaben einen vollkommen identischen Be-
fund: kein auffallender Geruch, polynukleäre wohlerhaltene Leukocyten ;
die Drusen sind von einem dichten Leukocytenmantel eingehüllt, lassen
sich davon leicht trennen, so daß ein sandkorngroßes, hartes Korn von
V2 — 1 mm Durchmesser isoliert werden kann. Geschieht dies in Wasser,
so sieht man an vielen Körnern eine Rinde von stark lichtbrechenden
Keulen. Doch finden sich in demselben Eiter auch Drusen, die keine
Keulenbildung aufweisen. Im Schnitt hebt sich bei Kontrastfärbung
(Giemsa) die Zone der sehr ungleich langen, meist zu Büscheln bei-
sammenstehenden Keulen gut von der dunklen Bakterienmasse im Innern
des Kornes ab. Fehlen die Keulen, so sieht man dagegen die Actin 0 -
myces -Fäden gewunden und verzweigt oft weit zwischen die Leuko-
cyten hineinwuchern (Taf. II, Fig. 1). Unter dieser Randschicht liegt zu-
nächst eine dichtgepreßte Masse ineinander verflochtener Actin 0 -
myces- Fäden; nach innen löst sich dieselbe in vereinzelte Fäden auf.
zwischen welchen die anderen gramnegativen Bakterien liegen ; letztere
ließen sich im Schnitt leider nicht differenzieren.
Ausstrich des frischen Eiters: ungleichmäßig dicke, oft diskontinuier-
lich gefärbte Ac ti n 0 myces- Fäden ; kleine gramnegative Kokken,
einzeln, zu zweien oder in Haufen.
Ferner zarte, 5 — 7 /ti lange Stäbchen mit stumpf zugespitzten Enden,
gerade oder häufiger gebogen, geschwungen, manchmal aufgeringelt. Sie
sind 0,5 — 0,6 // breit, sind meist ganz schwach wellig bewegt, jedoch
ohne wirkliche Windungen, wie bei Spirochäten (Taf. II, Fig. 7). In den
Kulturen, die ohne Serumzusatz angelegt wurden, sind diese Formen
schnell verschwunden. Möglicherweise sind sie mit den in den Kulturen
sehr reichlich gewachsenen Stäbchen der B. fusi form e- Gruppe iden-
tisch. Wäre dies nicht der Fall, so würden sie eine eigene Art vorstellen,
welche ich auf Grund ihrer Gestalt, der relativ schwachen Färbbarkeit
und der Schwierigkeit ihrer Züchtung den Spirochäten nahesteilen möchte.
Neben ihnen waren kürzere, gestreckte Stäbchen von ungleicher
Länge mit teils spitzen, teils stumpferen Enden zu finden. Zwischen
diesen anscheinend starren und den elastischen, geschwungenen Formen
kommen Uebergangstypen vor.
Die relative Menge der einzelnen Arten schwankt in den ver-
schiedenen Körnern. Die Aktinomyceten fehlen nie; sie bilden stets
Klinger, Untersuchungen über menschliche Aktinomykose. 193
das (lichte Randgellecht der Druse. Im Innern überwiegen bald die
Kokken, so daß nur wenige Stäbchen zu finden sind, bald die spiro-
chätenähnlichen Stäbchen, zwischen denen nur vereinzelte Kokken liegen.
Die dritte, 10 Monate nach Beginn der Erkrankung untersuchte
Eiterprobe enthielt die gleichen Drusen wie die ersten. Im Ausstrich
fehlten die längeren, geschwungenen Stäbchen. Neben den Actin o-
myces- Fäden waren die gramnegativen Kokken vorhanden, die viel-
fach die Form kurzer, zarter Stäbchen annahmen (0,6 — 1,5 /< lang).
Fall II.
Z., 14-jähr. Knabe, erkrankte an einer schmerzhaften Schwellung der rechten Wange,
die vom Arzte von außen eröffnet wurde. Etwa 8 Tage später kommt Patient in ISpitals-
behandlung. Durch die Inzisionswunde über der Fossa can. entleert sich namentlich
auf leichten Druck dünnflüssiger, grünlicher Eiter, der zahlreiche gelbe Körnchen ent-
hält (erstes Untersuchuugsmaterial). Der Prozeß blieb durch einige Monate bestehen
und heilte dann aus. Eine zweite Eiterprobe mit gleichem Befund wurde 4 Wochen nach
der ersten untersucht.
Die Drusen zeigten denselben Bau wie die im ersten Fall be-
schriebenen, doch waren Keulen nicht nachweisbar.
Im Ausstrich finden sich Actin omyces- Fäden (Taf. II, Fig. 2),
die negativen Kokken und Kurzstäbchen mit ihren Zwischenformen, die
schon im ersten Falle beschriebenen geschwungenen Stäbchen außerdem
sehr zarte Spirochäten von 3—10 // Länge mit 2—5 ziemlich tiefen
Windungen (Taf. II, Fig. 6); dieselben dürften mit Sp. dentium iden-
tisch sein. Sie fanden sich nur in einer geringen Anzahl Körner der
beiden Proben.
In einigen wenigen Körnern waren grampositive, feine Kokken, die
in Kulturen auch kurze Ketten bildeten und anaerob mit den anderen
Bakterien gut wuchsen. Ich habe dieselben nicht weiter verfolgt.
Kulturen : Da Fall I und II sich kulturell ganz gleich verhielten,
bezieht sich das Folgende auf beide Fälle:
1) Schrägagar, aerob: Wachstum nur im Kondenswasser, daselbst wie in Zucker-
bouillon.
2) Agar, anaerob: Einzelne Körner wurden in den noch flüssigen Agar gebracht,
mit der Oese zerdrückt und die Stücke möglichst in die Tiefe geschoben. Dieselben
wuchsen in den folgenden 3 — 4 Tagen zu knolligen, weißlichen Massen von 2 — 3 mm
Durchmesser heran, neben kleineren Kolonieen, die sich zerstreut im Agar ausbilden.
Letztere enthielten öfters nur die negativen Kokken und Kurzstäbchen , oder waren
Misch kolonieen dieser mit Spießen und Actinomyces; in den groben, zuerst erwähnten
Kolonieen überwiegen dagegen meist die Actinomyces- Fäden, welche auch die große
Härte dieser KuoUen bedingen. Nach 1 — 2maliger Ueberimpfung in tiefem Agar gelang
es stets, die Aktinomyceten rein zu erhalten, da die anderen Elemente schnell darin
verschwinden. Solange ihnen noch reichlich Kokken beigemischt sind , wachsen die
Actinomyces- Kolonieen auch nahe der Oberfläche des Agars, nach der Reinzüchtung
nur noch anaerob.
3) Traubenzuckerbouillon : Am Grunde des vollkommen klar bleibenden Röhrchens
entwickelt sich nach 1 — 8 Tagen eine grobkörnige, krümelige Masse, die zunächst fast
ausschließlich Spieße und die Kokken(-Stäbchen) enthält. Erst einige Tage später nehmen
die Aktinomyceten an Zahl zu, kenntlich auch schon makroskopisch durch das Auftreten
weißer Knollen in der inzwischen lockerer gewordenen, grauen Bakterienmasse. Gas-
bildung war nicht zu bemerken.
4) Gelatine (bei 37°): In diesem für die Züchtung anaerober Bakterien sehr ge-
eigneten Nährboden wuchs am Grunde des Röhrchens als grauer, flockiger Bodensatz
ein Gemisch der 3 Bakterien formen, in dem bald die Aktinomyceten an Menge über-
wogen. Die Spieße wachsen darin schlechter als in Zuckerbouillon. Längs der Wand
des im ganzen nicht getrübten Röhrchens haften Flocken desselben Bakteriengeraenges.
Oben, unmittelbar unter der Oberfläche der Gelatine bilden die gramnegativen Kokken
die für sie charakteristischen Kolonieen in Form von zahlreichen, punktförmigen
Scheibchen, die fest an der Glaswand sitzen, während die flüssige Gelatine selbst frei
von Bakterien ist. Diese Scheibchen sind anfangs hell, werden bald trüb, grauweiß,
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 3y4. 13
194 Ceotralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
und sind bei 60-facher Vergrößerung eine feinkörnige, glattrandige Masse; sie bestehen
fast immer rein aus den Kokken; in älteren Kulturen enthalten sie öfters auch
Actinomyces- Stäbchen; sie sitzen in einer etwa 1 cm breiten Zone nahe der Ober-
fläche am dichtesten, fast immer aber auch über dem Niveau der Gelatme an den
Stellen der Glaswand, die nur gelegentlich benetzt wurden. Sie lassen sich von dieser
Kultur aus auf Schrägagar rein weiterzüchten.
Ueber die Eigenheiten jeder der drei durch die oben geschilderten
Kulturverfahren isolierten und später reingezüchteten Arten wird weiter
unten im Zusammenhange berichtet.
Im Anschluß an diese beiden Fälle möchte ich zunächst kurz die Resul-
tate der Untersuchung eines weiteren ganz ähnlichen geben, bei dem die
Züchtung der betreffenden Bakterien nicht gelang, so daß ich nicht sagen
kann, wie weit dieselben mit den Arten der ersten Fälle identisch waren.
Fall III.
ß. R., 45- jähr. Mann. Schon vor 6 Jahren eine Eiterung an der linken Halsseite,
die nach Inzision ausheilte (?); vor 2 Jahren bildete sich an derselben Stelle ein Ge-
schwür, dessen Umgebung hart infiltriert war. Im März 1911 traten neuerlich Ge-
schwüre an der gleichen Stelle auf. Eine Inzision ergab einige Kubikzentimeter körn-
chenhaltigen Eiters (Untersuchungsmaterial). In den nächsten Wochen entstanden auf
dem hart infiltrierten Boden haselnußgroße, wulstige, harte Wucherungen, die keine
größeren Eiteransammlungen enthielten. Sie wurden mit dem scharfen Löffel entfernt;
in ihnen waren außer groben Haufenkokken keine Mikroorganismen nachweisbar.
Der eingesandte Eiter war dünnflüssig, die Leukocyten zum Teil zerfallen. Ver-
einzelte Diplokokken fanden sich frei zwischen den Zellen. Die Drusen sind rundlich-
oval, entleeren auf Druck unter dem Deckglas eine feinkörnige Bakterien masse, während
die festere Rindenschicht in einzelne Schollen zerbricht. Keine Keulen bildung, die
Actinomyces -Fäden endigen unverdickt am Rande der Druse (Taf. II, Fig. 3).
Ausstrich: Grampositive Fäden der Actinomyces, etwas weniger verzweigt als
in den früheren Fällen und wie immer stellenweise in Körnchen sich auflösend. Ferner
grampositive, feine Kokken zu zweien oder in kleinen Haufen; derbe, nur wenig spitze
gramnegative Stäbchen; die schon oben beschriebenen, vielleicht den Spirochäten nahe-
stehenden Stäbchen; schließlich sehr feine, flachwellige Spirochäten, die in manchen
Drusen so zahlreich waren, daß sie große Pakete bilden.
In den Kulturen entwickelten sich nur grampositive Kokken. In einem Agar-
röhrchen kam es wohl zu Wachstum einer Mischkolonie, in der sich neben Spießen und
Spirochäten hauptsächlich Actinomyces vorfand. Eine weitere Ueberimpfung ergab
Actinomyces als Diphtheriebacillen-ähnliche Form schon ziemlich rein. Dann aber ging
die Kultur aus unbekannter Ursache nicht mehr an.
Noch in zwei weiteren Fällen konnte ich das gemeinsame Vorkommen
der bei I und II beschriebenen Kokken mit Actinomyces beobachten:
Fall IV.
Gh., 21-jähr. Mädchen, sonst vollkommen gesund, erkrankt plötzlich an einer
Schwellung der rechten Submaxillargegend. Im Verlaufe von 4 Wochen bildete sich
ein bretthart infiltrierter Tumor aus, der in der Mitte mehrere fluktuierende, vorgewölbte
Stellen aufwies, die durch harte Stränge voneinander getrennt waren. Nach 6 Wochen
durch Punktion gewonnener Eiter bildet das Untersuchungsmaterial. Nach Spaltung
und IK-Behandlung scheint der Prozeß zurückzugehen. Einige kariöse Zähne im be-
treffenden Unterkiefer können der Ausgangspunkt der Infektion gewesen sein.
Der mit viel Blut vermengte Eiter enthielt gelbbräunliche Körnchen,
die eine gut ausgebildete Keulenschicht aufwiesen. Manche Drusen
bestanden aus einzelnen zusammengebackenen Schollen, die allseitig von
Keulen begrenzt waren, so daß auch das Innere der Druse viele Keulen
enthielt. Am Rand ragten einzelne Keulen weit vor und erreichten eine
Länge von 25 in, eine Breite von 5 in.
Ausstrich : Gut erhaltene polynukleäre Leukocyten. Keine freien
Bakterien. Die Drusen bestehen aus den gestreckten oder gewundenen,
ungleichmäßig gefärbten Actinom yces-Fäden, welche oft auf längere
Strecken in ungleich große Körnchen zerfallen. Neben diesen wieder
gramnegative Diplokokken und Uebergangsformen von diesen zu Stäbchen.
Klinger, Untersuchungen über menschliche Aktinomykose. 195
Diese Stäbchen sind schlank und schwanken in ihrer Länge zwischen
0,8 /< (Uebergangsformen zu den Kokken) bis 2,0 //.
Die Reinzüchtung der beiden Arten gelang leicht.
Im Agar wuchsen sehr viele punktförmige Kolonieen, bis an die Überfläche reichend,
nur aus den äußerst feinen Kokken bestehend; tiefer liegen gröbere Kolonieen, die
Aktinomykosefäden und die negativen Elemente (Stäbchen und Kokken) enthielten. In
einem Röhrchen einige Gasblasen.
In Gelatine wuchsen am Rande des Röhrchens in der schon beschriebenen Weise
Hunderte von ganz feinen Kokkenkolonieen; in der Tiefe größere Mischkolonieen mit
Actinomyces; letztere in der für die Gelatinekultur charakteristischen Diphtherie-
bacillenforra.
Aehnlich war die Kultur in Zuckerbouillon ; auch hier wurde die Glaswand von
unzähligen punktförmigen Kokkenkolonieen besetzt. Am Grunde des Röhrchens lagen
einige Knollen, die nach 8 Tagen größer und sehr hart wurden; sie bestanden zum
großen Teil aus den langen, welligen Actinomyces- Fäden, denen noch Coccobacillen
beigemischt waren. In den ersten Tagen schwache Gasbildung, die bei Weiterüberimpfung
nicht mehr auftrat.
Auf einen Schrägagar übertragen, wächst dieses Gemisch ganz gut auch aerob zu
warzigen, bräunlichen Kolonieen, die Aktinomykose nimmt dabei die Kurzstäbchen form
an. JDie inzwischen in Zuckerbouillon reingezüchtete Aktinomykose wuchs aber auch
allein auf Schrägagar aerob, wobei kleine weiße Scheibchen mit etwas aufgeworfenen
Rändern entstanden.
Ein anderer ähnlicher Fall (V) betrifft eine tödlich verlaufene
chronische Aktinomykose der Lunge und der Thoraxwand. Frühere
Untersuchungen hatten anscheinend nur Actinomyces ohne andere
Bakterien ergeben. Bei einer kurz vor dem Tode entnommenen Eiter-
probe aus der Brustwand wuchsen in der Gelatinekultur neben Actino-
myces sehr reichlich die charakteristischen Coccobacillenkolonieen. Eine
"Weiterzüchtung derselben gelang mir damals noch nicht.
Bevor ich die in den vorhergehenden Fällen beschriebenen Mikro-
organismen, soweit deren Isolierung und Reinzüchtung gelang, etwas
eingehender charakterisiere, will ich noch zwei weitere Fälle von Sym-
biose anderer Bakterien mit Actinomyces besprechen:
Fall VI.
Ac, 28-jähr. Bahnarbeiter, wurde zuerst wegen Appendicitis operiert. Bald darauf
entstand in der Gegend des Operationsnarbe eine schmerzhafte, handtellergroße, derbe
Infiltration, die unter der verschieblichen normalen Haut in der BauchdecKe lag. Sie
wurde inzidiert und grünlicher Eiter entleert, der leider nicht näher untersucht wurde.
Der Prozeß blieb trotz noch mehrmals wiederholter Inzision bestehen. Eine spätere
Probe wurde uns eingesandt und bestand in leukocytenhaltigem Blut, in dem vereinzelte
Eiterflocken mit deutlichen Ac tinomyces-Körnern waren. Die Erkrankung griff all-
mählich immer weiter um sich, führte zu zahlreichen Abszessen in der Peritonealhöhle.
Kurz vor dem Tode (4 Monate nach Beginn der Krankheit) konnte ein Erguß in der
rechten Pleurahöhle festgestellt werden. Bei der Autopsie erwies sich ein großer Teil
der Leber von kleineren actinomykotischen Herden durchsetzt. Ein größerer Abszeß
der Leber war in die Pleurahöhle durchgebrochen ; diese war ganz von einem fibrinös-
eitrigen Exsudat erfüllt.
Das erste Untersuchungsmaterial war stark mit Blut vermengter
Eiter von einer der Abszeßspaltungen aus den Bauchdecken. Auch hier
konnte ich frei keine Mikroorganismen nachweisen, dagegen sehr zahl-
reiche Drusen, die zum Teil leicht in kleinere, allseitig geschlossene
Körner zerfielen. Keulen fanden sich an manchen Drusen in großer
Menge, an anderen waren nur vereinzelte sehr große Keulen ausge-
bildet, bei den meisten fehlten sie überhaupt.
Der Ausstrich ergab schön verzweigte Actinomyces- Fäden, ferner
eine große Menge gramnegativer, sehr verschieden geformter Bakterien,
meist Stäbchen, teils fein und zu Fäden verbunden, teils plumper, mit
polarer Färbung etc.; außerdem nicht sehr zahlreiche Spirochäten mit
13*
196 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
sehr engen Windungen (5 — 7) neben anderen, nur flach und wenig ge-
wellten, wohl artverschiedenen Formen.
In den Kulturen erfolgte nur anaerob Wachstum. Die Actinorayces konnte
leicht aus verschiedenen Nährmedien isoliert werden. Von den gramnegativen Elementen
wuchs in Serumbouilion als krümeliger Bodensatz ein Gemisch, in dem sich Ötrepto-
bacillen, ferner Stäbchen verschiedener Dimensionen, sowie noch spärliche, flach ge-
wundene Spriochäten fanden. Später kamen noch Ac t in omyc es- Stäbchen zur Ent-
wickelung. In Serumagar konnte ich noch andere, gramnegative Stäbchen isolieren, die
kugelige, fein strahlige Kolonieen von 1 — 2 mm Größe bildeten.
Die meisten dieser Kolonieen gingen nach Ueberimpfung nicht mehr an, mit Aus-
nahme einiger Stämme negativer Stäbchen; einer derselben war ein typisches B. fusi-
forme, während andere mehr plumpe, sehr pleomorphe, abgerundete Stäbchen ent-
hielten, die auch in der Agarkultur (Stich ohne Serumzusatz) etwas derbere, knollige
Kolonieen bildeten.
Der bei der Sektion entnommene Eiter bot ein ganz anderes Bild,
da inzwischen noch andere Mikroorganismen, B. coli, Kokken, Pyo-
cyaneus, hinzugekommen waren. In allen Herden, auch im Pleura-
exsudat, fanden sich wohl noch Drusen mit ähnlichem Befund wie bei
der ersten Untersuchung (Spirochäten, allerdings nur vereinzelt). Da-
neben aber waren Actinomyces und die anderen Bakterien jetzt auch
frei in großer Menge im Eiter, Actinomyces in Form von schlanken
Stäbchen, während Fäden frei nur spärlich .waren.
Die Kulturen ergaben keinen bemerkenswerten Befund ; die zahlreichen anderen
Bakterien überwucherten in den meisten Kulturen. In einem Agarröhrchen wuchsen
gut isolierte Kolonieen von negativen Stäbchen in Form durchkreuzter Linsen, in deren
Zentrum Actinomyces als schlanke Stäbchen, in anderen Kolonieen als geschlängelte
Fäden sich vorfand.
Fall VII. Es handelt sich um einen poliklinisch behandelten Abs-
zeß der Inguinalgegend, der inzidiert wurde. Angaben über den
weiteren Verlauf fehlen, da Patient sich nicht mehr einfand.
Der Eiter enthielt reichlich Drusen, die durch ihre ganz besonders
feste Konsistenz auffielen. Im Ausstrich Actin omyces-Fäden, die
zum Teil aus kürzeren Stäbchen sich zusammensetzten. Gramnegative
spitze, starre Stäbchen von 4 — 6 n Länge, ferner plumpere, negative
Stäbchen mit stumpfen Enden und von sehr wechselnder Länge (2 — 6 /.i) ;
ferner negative Kokken, meist Diploformen.
In den Kulturen wuchs im Kondenswasser eines Schrägagars um ein dort halb
zerdrücktes Korn eine dichte, graue Masse von zäher Konsistenz ; diese bestand fast rein
aus sehr scharf zugespitzten, schlanken Stäbchen, die auch längere Fäden bildeten.
Daneben einzelne negative Kokken und Actinomyces - Fäden. Das fast gleiche Bild
gab ein Präparat aus dem ziemlich zähen Bodensatz einer Bouillonkultur. Im anaeroben
Agar entwickelten sich die Spieße ebenfalls gut als sehr zahlreiche, punktförmige Kolo-
nieen ; da in diesem Nährboden Zucker war, fanden sich typische Blähformen. In den
Verdünnungsröhrchen bildeten sich (auch ohne Serumzusatz zum Agar) nach 8 — 10 Tagen
linsenförmige Kolonieen, welche die Spieße in Reinkultur enthielten.
Es gelang leicht, die Actinomyces und diese Spieße reinzuzüchten , da die
anfangs vorhandenen negativen Kokken bei weiterer Uebetragung verschwanden. Meine
Erwartung, daß es die in mehreren vorhergehenden Fällen isolierte Art sein werde, wurde
durch die Kultur nicht bestätigt. — Die Spieße wuchsen nach mehrmaliger Uebertragung
in gewöhnlichem Agar nicht mehr gut, weshalb ich sie wie die anderen B. fusiforme-
Stämme in Serumagar weiterimpfe.
Im Anhang sei noch ein Fall einer Periostitis des Unterkiefers erwähnt, in
welchem Actinomyces keine typischen Drusen bildete, sondern im Eiter weiche,
gelbliche Klümpchen von rahmiger Konsistenz, 1 — 3 mm groß, auftraten. Diese be-
standen nur aus Bakterien, enthielten keine Leukocyten. Wieder waren neben Actino-
myces sehr viele anaerobe Mikroorganismen, gramnegative Spieße (darunter die ge-
schwungenen Formen wie in Fall I und II), negative Kokken und Spirochäten vor-
handen. Es fehlte aber diesen Bakterie nmassen jede Ordnung, namentlich das sonst
immer beobachtete Randgeflecht der Actinomyces. Letztere hatte hauptsächlich die
Form isolierter, schlanker Stäbchen, längere Fäden fehlten. Die gleichen Mikroorga-
Klinger, Untersuchungen über menschliche Aktinomykose. 197
nisraen waren auch frei im Eiter anzutreffen. Der daraus isolierte Actinomyces-
Stamra war anaerob und serophil.
Zusammenstellung der gemeinsam mit Actinomyces im Innern
der Drusen gefundenen Bakterien (die in Klammer stehenden konnten
nicht gezüchtet werden):
Fall I. Bact. fusiforme, Bact. actinomycetem comitans (geschwungene
Stäbchen).
Fall II. Bact. fusiforme, Bact. actinomycetem comitans (Spirochäten,
geschwungene Stäbchen).
Fall III. Grampositive Kokken (geschwungene Stäbchen, Spirochäten, Bact. fusi-
forme?).
Fall IV. Bact. actinomycetem comitans.
Fall V. Bact. actinomycetem comitans.
Fall VI. Zahlreiche anaerobe Stäbchen, darunter Bact. fusiforme.
Fall VII. Bact. fusiforme (graranegative Kokken, Spirochäten).
In allen 7 Fällen gelang die Isolierung und Weiterzüchtung der
Aktinomyceten leicht. Alle Stämme gehören dem von Wolff- Israel
beschriebenen Typus an, der sich durch vorwiegend anaerobes Wachstum
charakterisiert. Einzelne meiner Stämme wuchsen entweder nur an-
aerob (I, II, VII), andere konnten sofort (IV, VI) oder nach längerer
Züchtung unter anaeroben Bedingungen (V) auch aerob zum Wachstum
gebracht werden. Sie bilden dann auf Schrägagar im Verlaufe von
10—14 Tagen weiße Scheibchen mit leicht aufgeworfenem Rand, die
einige Millimeter Durchmesser erreichen, in der Agariläche wohl einen
Eindruck machen, aber nicht wie die aerob wachsenden Aktinom3'ceten
vom Typus Boström in den Nährboden hineinwachsen. Nach mehr-
maligem Ueberimpfeu gingen mir diese aerob gezüchteten Stämme immer
schlechter und nicht mehr an, während die gleichzeitig anaerob weiter-
gezüchteten Parallelstämme gut wuchsen. Auch wenn man sie unter
anaeroben Bedingungen auf der Agarfläche (B u rri- Röhrchen, Pyro-
gallussäure) zum Wachsen bringt, haften sie nicht fest im Nährboden.
Morphologisch zeigten die Stämme nichts Auffallendes. Im Eiter
bilden sie verzweigte, ungleichmäßig gefärbte Fäden (Taf. II, Fig. 2), in
den festen Nährböden meist nur wenig verzweigte, längere Stäbchen
(Taf., Fig. 5), die sehr oft wellige Krümmungen aufwiesen und sich
T-förmig durch seitliches Auswachsen der Stäbchen teilten (Taf. II,
Fig. 4)1). In der flüssigen Gelatine (37^) nehmen sie dagegen Kurz-
stäbchenform an und sind dann Diphtherie- oder Pseudodiphtheriebacillen
zum Teil sehr ähnlich (Taf. II. Fig. 8, 9). Sie wachsen in diesem Nähr-
boden als krümeliger oder kleinknolliger Bodensatz. In Agar sind die
weißlichen Knollen manchmal so hart, daß sie mit dem Draht fast nicht
zerdrückt werden können.
Wiederholte Versuche über Tierpathogenität, die teils mit frischem
Eiter, teils mit großen Dosen Kulturmaterial an Kaninchen und Meer-
schweinchen gemacht wurden, führten stets zu negativen Ergebnissen.
Bei einem Kaninchen entstand nach subkutaner Injektion ein kleinhasel-
nußgroßer, harter Tumor, indem nach einer Woche die Bakterien wohl
nachweisbar, aber nicht mehr kultivierbar waren. Der Tumor bildete
sich in einigen Wochen allmählich zurück.
Da die beschriebenen Fälle in unserem Institute im Laufe eines
Jahres zur Untersuchung kamen '-'), während wir gleichzeitig nur zwei Fälle
1) Zum Studium der Verzweigungsart eignet sich die Züchtung auf der Agarplatte
mit aufgelegtem großen Deckglas. Einzelne Stämme (I, II) bildeten reichverzweigte
Bäumchen.
2) Nachtrag. Seit Drucklegung dieser Arbeit hatten wir Gelegenheit, noch drei
198 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
reiner Aktinomykose beobachteten, so entsteht die Frage, ob derartige
Mischinfektionen tatsächlich so häufig vorkommen, als dies aus dieser
Zusammenstellung hervorgehen würde. Weitere, auch anderorts anzu-
stellende Beobachtungen werden hierüber ein Urteil erlauben. In der
Literatur habe ich über ein derartiges Vorkommen fremder Bakterien
im Innern der Drusen nichts gefunden.
Die in den Phallen t, II, VII isolierten Stämme des Bact. fusi-
forme unterscheiden sich morphologisch und kulturell nicht von den
bereits von anderen Autoren beschriebenen. Einzelne (I, II) konnte
ich lange ohne Serumzusatz bei gutem Wachstum erhalten; schließlich
mußte ich sie aber doch, da die Wachstumsintensität merklich abnahm,
im Serumagarstich weiterzüchten. Der Stamm Fall VIII wuchs ohne
Serum nicht. Im übrigen gilt das in der vorhergehenden Arbeit über
den dort isolierten Stamm Gesagte auch von diesen Stämmen (Tat'. I.
Fig. 5, 6).
Die in den Fällen I, II, V, VI isolierten gramnegativen Kokken-
stäbchen gehören einer noch nicht beschriebenen Art an. Ich lasse
daher eine genaue Zusammenstellung der morphologischen und kultu-
rellen Eigenheiten folgen und schlage für dieselben den nachstehenden
Namen vor.
Bacterium actinomycetem comitans n. sp.
Dieser Mikroorganismus wurde 4mal in Aktinomykosefällen im
Innern der Drusen, teils allein neben Actinomyces, teils mit anderen
Bakterien angetroffen und isoliert.
Im Ausstrich hat er meist die Form zarter Kokken, die einzeln
oder als Diploformen in verschieden großer Menge zwischen den anderen
Bakterien liegen. Da auch in den Kulturen (Gelatine) die Kokkenform
häufiger als die Stäbchenform ist (Taf. I, Fig. 7), hielt ich den Mikro-
organismus zunächst für einen Coccus. Später fand ich öfter in den
Reinkulturen Kurzstäbchen und Formen, die zwischen Kokken- und
Stäbchenform standen. Ich dachte zunächst an eine Verunreinigung.
Die genaue Prüfung der Stämme zeigte aber, daß dieselben rein waren
und daß der vorliegende Mikroorganismus tatsächlich in beiden Formen
auftritt, nämlich als deutlich ausgeprägter Dip lo coccus (Taf. I, Fig. 7)
oder als verschieden langes, zartes Stäbchen. Der Durchmesser der
Kokken beträgt etwa 0,6 — 0,8 ,«, die Länge der Stäbchen 1,0 — 1,5 //.
Beide Typen sind durch alle möglichen Zwischenformen als zusammen-
gehörig erwiesen (Taf. I, Fig. 8). Die Stäbchenform tritt in der Agar-
kultur häutiger als in Gelatine oder Bouillon auf. Nach Abimpfung von
weitere ganz ähnliche Fälle zu beobachten. Der erste war eine in der seitlichen Thorax-
wand lokalisierte Aktinomykose, bei welcher die Drusen neben typischen Actino-
myces sehr zarte, gramnegative Spieße und wieder Bact. actinom. comitans
enthielten. Im zweiten Fall, einer Lungen-Thoraxaktinomykose, trat Actinomyces
mehr in Form längerer, schwach gekrümmter Stäbchen auf; daneben fanden sich auch
unverzweigte Fäden. Von anderen Bakterien waren im Innern der ziemlich harten
Drusen gramnegative Stäbchen und Spieße, grarapositive Kokken und Spirochäten
(Sp. dentium und buccalis) vorhanden. In diesem Fall waren in dem aus einer
Thoraxfistel entleerten P2iter auch frei grampositive Kokken und vereinzelte andere
Mikroorganismen nachweisbar. Der dritte Fall betraf einen aktinomykotischen Herd
am Kieferwinkel. Keine freien Bakterien, in den Drusen und Kulturen neben Actino-
myces Spieße, grarapositive und -negative Kokken. Es scheint hiermit für unser
Untersuchungsmaterial (Ostschweiz) erwiesen, daß diese Mischinfektionen von Actino-
myces mit anderen, hauptsächlich anaeroben Bakterien häufiger sind als die Rein-
infektionen.
Klinger, Untersuchungen über menschliche Aktinomykose. 199
einer nur Kokken enthaltenden Gelatinekolonie bekommt man nach
1— 2maliger Uebertragung auf Agar mehr in die Länge gezogene Kokken-
formen, zwischen denen einzelne längere Stäbchen vorkommen. In
Gelatine nähern sich solche Stämme wieder der Kokkenform. Beide
Typen sind nicht fixiert, sondern gehen ohne strenge Gesetzmäßigkeit
ineinander über.
Eigenbewegung fehlt. Im Ausstrich aus Eiter oder (manchmal)
von der Agarkultur (Kondenswasser) sind die einzelnen Bakterien durch
eine ungefärbte Zone voneinander getrennt, also wohl von Schleimhüllen
umgeben.
Die Färbbarkeit ist gut mit Karbolfuchsin, schlecht mit Methylen-
blau. Nach Gram tritt stets Entfärbung ein.
Kulturelles Verhalten: Charakteristisch ist das Wachstum in der
flüssigen Gelatine bei 37°. Schon 1 — 2 Tage nach dem Einbringen und
Zerdrücken der Actin om yces-Drusen entstehen längs der Glaswand
isolierte, punktförmige Kolonieen, die am zahlreichsten in der Nähe der
Oberfläche sitzen, ja auch darüber frei an der Luft an den Teilen des
Röhrchens, die nur gelegentlich mit Gelatine benetzt wurden. Nicht
selten sind einige Hunderte solcher Kolonieen unter und über der Ober-
fläche zusammengedrängt. Je zahlreicher, desto kleiner bleiben sie; sie
können aber auch nach mehreren Tagen zu einer Gesamtmasse zu-
sammenfließen, die als grauweißlicher Ring an und über der Oberfläche
liegt. Eie Gelatine selbst bleibt dabei vollständig klar, die Kolonieen
entwickeln sich nur an der Glaswand. Zuerst durchsichtig, werden sie
später opake, weißgraue Scheibchen von V2~~l iwni Durchmesser, die
unter dem Mikroskope glattrandig und feinkörnig erscheinen. Sie lassen
sich leicht mit der Drahtspitze in toto vom Glase abheben, aber nur
schwer zerteilen, da sie in sich sehr zähe zusammenhängen. Ganz un-
möglich wäre es zum Beispiel, eine gleichmäßige Aufschwemmung zu
machen. In den tieferen Schichten der Gelatine und am Boden des
Röhrchens entwickeln sich auch einzelne mehrkörnig-flockige Kolonieen,
die nur lose an der Glaswand anliegen.
Auf Schrägagar bilden sie an Streptokokken erinnernde helle,
durchsichtige Tröpfchen, die nur 72 — 1 ^i^i" Durchmesser erreichen; das
Kondenswasser trübt sich leicht und wird später meist schleimig, ähn-
lich einer dünnen Gallerte. Die erste Uebertragung aus Gelatine auf
Agar gibt meist nur schwaches Wachstum (auch später braucht es Aus-
streichen von viel Kulturmaterial auf die Agarfläche, um gutes Wachs-
tum zu bekommen) ; oft entwickelt sich nur dort, wo größere Flocken
der zähen Gelatinekolonieen liegen blieben, eine graue Masse von ge-
ringer Ausdehnung. Allmählich wachsen sie besser, geben aber nie
einen zusammenhängenden Rasen, mit Ausnahme der dem Kondens-
wasser benachbarten, sehr feuchten Teile der Agarfläche. Die Einzel-
kolonie weist wieder die zähe Konsistenz auf. Kokken- und Stäbchen-
formen sind häufig gemischt in derselben Kolonie.
Im Stich erfolgt Wachstum auch in der Tiefe. Bei den Isolier-
versuchen aus dem ursprünglichen Eiter entwickelten sich öfters in der
Tiefe des Zuckeragars wohlisolierte, rundliche Kolonieen von bis 1 mm
Größe, weche die Kokkenform in Reinkultur enthielten. Von hier aus
gelang die Weiterimpfung jedoch nur schlecht.
In der Bouillon wachsen sie ähnlich wie in Gelatine an der Glas-
wand als kleine, trübe Kolonieen. Die Bouillon bleibt vollkommen klar.
Auf Kartoftel und in Milch konnte ich sie nicht zum Wachsen bringen.
200 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Bei 22 '^ wachsen sie nicht.
Sie sind in den Kulturen ziemlich haltbar. Agar- und Gelatine-
kulturen bleiben bis 4 Wochen überimpfbar.
Pathogenität : Im Tierversuch zeigten sie keine Pathogenität. Dichte
Aufschwemmungen einer Agarkultur riefen subkutan bei Mäusen keine
Erscheinungen kervor.
Es handelt sich somit um ein in Kokken- oder Stäbchenform auf-
tretendes gramnegatives Bakterium, das unbeweglich ist, nur bei Brut-
temperatur wächst, kleine, rundliche, zähe Kolonieen bildet, die in
flüssigen Nährmedien nahe der Oberfläche an der Glaswand zu sitzen
pflegen. Für kleinere Versuchstiere waren Reinkulturen nicht pathogen.
Tafelerklärung.
Tafel I.
Fig 1. Coccobacteriura mucos. anaerob.. Ausstrich des ursprünglichen
Eiters. 1:600. Kokkenformen. Schleimhüllen.
Fig. 2. Dgl., Blähforraen aus Zuckerserumbouillon. 1:570.
Fig. 3. Bact. fusiforme, lange, durchschlungene Fäden aus Zuckerbouillon.
1:600. (Fall K.)
Fig. 4. Dgl., schlanke, spitze Stäbchen aus der Gelatine. 1 : 600. Die Kulturen
No. 3 und 4 wurden mit demselben Material gleichzeitig angelegt.
Fig. 5. Dgl., Blähformen aus Zuckerbouillon. 1:570. (Fall II.) Fuchsinfärbung.
Fig. 6. Dgl., Spießformen aus Bouillon ohne Zucker. 1:570. (Fall II.)
Fig. 7. Bact. actinomycetum comitans, Kokken aus Gelatine. 1:600.
Fig. 8. Dgl., Uebergangsformen und -Stäbchen aus Agarreinkultur. 1:600.
Tafel II.
Fig. 1. Actinomyces. Schnitt durch eine Druse. Anilin-Gentianafärbung 1:460.
Fall I.
Fig. 2. Dgl. verzweigte Fäden. Ausstrich einer Druse. Gram -Färbung 1:460.
FaU II.
Fig. 3. Druse, frisch. 1 : 60. Fall III.
Fig. 4. Actinomyces und B. fusiforme aus einer Agarkultur. T-förmige
Teilungen der Actinomyces-Fäden. 1:710. Fall I.
Fig. 5. Actinomyces. Reinkultur aus Agar; welüge, zum Teil verzweigte
Formen. 1 : 460. Fall I.
Fig. 6. Ausstrich einer Druse. Fall II. Kokken, Spieße, geschwungene Stäbchen
und Spirochäten. 1 : 600.
Fig. 7. Dgl. Fall IL Geschwungene Stäbchen und Bact. actinomycetem
comitans. (Kokken form.) 1:600.
Fig. 8. Actinomyces. Reinkultur aus Gelatine. Diphtheriebacillenähnliche
Formen. 1:710. Fall II.
Fig. 9. Dgl. plumpere Stäbchen aus Gelatine. 1 : 600. Fall I.
Nachdrtick verboten.
Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei
Dorschen an der Südküste Schwedens.
Von Prof. Arvid M. Berj^iuaii, Stockholm.
Mit 2 Tafeln.
Den 14. Oktober 1910 erhielt ich vom Fischereiintendanten Dr.
Nordqvist in Lund die Mitteilung von einer an der Südküste Schönens
auftretenden Augenkrankheit des Dorsches, Gadus morrhua L. ; der-
selbe fragte mich zugleich, ob ich geneigt wäre, das Material, das man
mir senden wolle, zu untersuchen. Da aber der Ort, wo die Krankheit
CenfraJhlatt für Bakteriologie Abt. I. Orig. Bd. 62.
Kllnr/er, Anarrohen-Stiidirn und Menschliche Aktinomyko.se. Taf.
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Verlag von (Gustav Fischer in Jena.
Berg m an , Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dorschen etc. 201
auftrat, nicht weit von Malniö, wo ich zu der Zeit wohnte, entfernt war,
hielt ich es für angebrachter, selbst dahin zu reisen, um genaue Er-
kundigungen einzuholen und das Material, das ich erhalten könnte,
während es noch frisch war, einer vorbereitenden Untersuchung zu unter-
ziehen. Schon am folgenden Tage reiste ich also nach Oestra Torp, der
dem Fischerdorfe Smyge, der südlichsten Ortschaft Schwedens, am
nächsten gelegenen Eisenbahnstation. Dr. Nordqvist hatte die Güte
gehabt, meine Ankunft dort vorher anzuzeigen. Infolgedessen hatte sich
der Fischereiaufseher des betreffenden Reviers, C. M. Nilsson, zu
meinem Empfang eingefunden. Er hatte 3 kranke Dorsche aufgehoben,
die in der letztverflossenen Nacht gefangen worden waren. Es waren
dies die einzigen kranken Dorsche, die man in jener Nacht gefangen
hatte. Der Fischfang war nämlich sehr schlecht geraten infolge zu hellen
Mondscheins.
Die ersten Dorsche werden an dieser Küste im September gefangen,
und zwar zufällig in Aalreusen („Hommor") in verhältnismäßig seichtem
Wasser nahe am Strande bis auf 8 Klaftern (14 m) Tiefe. Später werden
die Dorsche in tieferem Wasser im Netz gefangen, und dieser Fang hört
gewöhnlich im Mai auf.
Nach der obengenannten Nacht hörte der Dorschfang wegen un-
günstigen Wetters eine Zeitlang auf. Als er wieder aufgenommen wurde,
waren die Aalreusen ans Land genommen, und es wurde ausschließlich
mit Netzen gefischt. Die Temperatur des Wassers war auch bedeutend
gefallen. Es wurden keine kranken Dorsche mehr gefangen. Das Material,
das mir zur Verfügung stand, besteht also nur aus den 3 oben genannten
Dorschen. Die Bearbeitung des Materials wird weiter unten beschrieben.
lieber das Auftreten und die Verbreitung der Augenkrankheit be-
richteten der Fischereiaufseher und einige Fischer in Smyge folgendes:
Die ersten von der Augenkrankheit befallenen Dorsche seien Mitte
September bei dem Fischerdorfe Bedinge gefangen worden; einige Tage
später seien auch solche bei den 3,5 resp. 8 km westlich davon gelegenen
Fischerdörfern Smyge und Böske gefangen worden. Bei meinem Besuche
am 15. Oktober hatte die Krankheit dieselbe Verbreitung, d. h. sie trat
längs einer 15 km langen Küstenstrecke zwischen den Städten Ystad
und Trälleborg auf. Seit Menschengedenken sei keine solche Krankheit
in jener Gegend beobachtet worden. In anderen Fischerdörfern in Schonen
ist sie laut späterer Mitteilung Dr. Nordqvists unbekannt. — Neulich
hat Dr. Filip Trybom, Chef des Fischereiwesens in Schweden, mir
mündlich mitgeteilt, daß er am 12. Juli 1911 bei einem mit Trawl von
95 m Tiefe in der Ostsee nördlich von Bornholm gemachten großen
Dorschfang etwa 16 Proz. der gefangenen Fische von dieser Krankheit
ergriffen gefunden habe.
Die Krankheit sei ebenso oft bei kleinen als bei großen Dorschen
vorgekommen. Man habe kranke Fische im Gewichte von 2 kg, aber
auch solche im Gewichte von nur 0,15 kg gefangen. Im frühen Stadium
der Krankheit sei die Hornhaut des ergriffenen Auges grau und un-
durchsichtig gewesen, später sei sie zerfallen und das Auge sei ganz
zerstört worden. Am häufigsten seien beide Augen angegriff"en gewesen,
aber es sei auch vorgekommen, daß der Krankheitsprozeß in denselben
verschiedenartig weit vorgeschritten war. Die Krankheit schien sich im
vergangenen Monat verbreitet zu haben. Aus diesen Umständen schloß
man, daß sie ansteckend sein müsse. Ungefähr 10 Proz. der in der
letzten Woche in Aalreusen nahe dem Strande gefangenen Dorsche seien
202 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
ergriffen gewesen. In tiefem Wasser habe man auch einige, aber nur
verhältnismäßig wenige solche im Netz gefangen. Wahrscheinlich hatten
die blinden Fische sich nahe ans Land begeben, um Nahrung zu finden.
Die da in großer Menge lebenden kleinen Krebstiere waren ohne Zweifel
leichter zu fangen als die Heringe, die in größerer Entfernung vom Lande
die hauptsächlichste Nahrung hätten sein sollen. Nahrung in genügender
Menge haben sie sich wohl doch nicht verschaffen können. Da aber die
gefangenen kranken Dorsche nicht besonders mager gewesen waren, auch
nicht, wenn beide Augen zerstört waren, dürfte man mit Recht annehmen
können, daß die Krankheit einen recht schnellen Verlauf hat.
Betreffend die Ursache des Auftretens der Krankheit sprach der
Fischereiaufseher Nilsson die Vermutung aus, daß dieselbe in der Ver-
unreinigung des Wassers durch die beim Bauen der großen Fährbetten
in Trälleborg ausgeführte Baggerarbeit zu suchen sei. Das Wasser längs
der Küste sah damals fast wie Kalkmilch aus, und der Tang am Strande
wurde mit einer Lage Kalk überzogen. Da dies aber das letzte Mal im
Winter vorher, also Vi Jahr früher, eintraf, kann man im vorliegenden
Falle diesem Umstand wahrscheinlich keine Bedeutung beimessen.
Kranke Fische waren nicht verkauft worden. Diejenigen, die ge-
fangen worden waren, hatte man getötet und ins Wasser geworfen. —
Die Fischer pflegen kranke oder beschädigte Fische nicht zu verwerten.
— Man hatte sie nicht ans Land bringen wollen aus Furcht, daß die
Kinder angesteckt und augenkrank werden könnten, wenn sie mit den-
selben in Berührung kämen. Es ist zwar wahrscheinlich, daß ein An-
steckungsstoff die Ursache der Krankheit der Dorsche war, diese Furcht
schien aber demnach unbegründet, wenn man die im Verhältnis zur
Körpertemperatur des Menschen niedrige Temperatur, bei der er lebte,
in Betracht zieht. Die ungefähre Durchschnittstemperatur des Meer-
wassers war nämlich am 15. September am Strande 17 "^ und bei 14 m
Tiefe 15 «, am 15. Oktober am Strande 12 » und bei 14 m Tiefe 13 '\
Ich meinte daher, den Aufseher N i 1 s s o n damit beauftragen zu können,
den Fischern mitzuteilen, daß sie ohne Gefahr die kranken Fische, die
sie etwa fangen würden, ans Land bringen könnten, sowie daß sie die
Fische durch Vergraben unschädlich machen sollten, um die Möglichkeit
der Verbreitung der Krankheit einigermaßen zu verringern.
Die genannten 3 kranken Dorsche, die ich erhielt, waren erst vor
einigen Stunden gefangen und in feuchtem Tang kalt aufbewahrt worden.
Alle 3 waren W^eibchen mit wenig entwickelten Eierstöcken. Es war
noch nicht die Laichzeit. Keiner der 3 Fische war besonders mager.
Die Dorsche wurden ohne Verzug untersucht, und es w^urden Platten-
kulturen auf Gelatine, sowohl aerobe als anaerobe, aus dem Herzblute
und aus den kranken Augen angelegt. Die Köpfe wurden dann kon-
serviert, um nebst den erzielten Kulturen nach meiner Ankunft zu Hause
näher untersucht zu werden.
Dorsch ] , 25 cm lang. Der Magen und der Rachen waren mit Krebstieren,
Gammarus und Mysis, gefüllt. In den Därmen fand sich eine Menge Würmer.
Echinorrhynchus acus Kud.'). Das linke Auge war normal, das rechte einge-
sunken. Anstatt der Cornea fand sich ein großes rundes Loch mit einem dicken, grauen,
zum Teil aus der Sclera, zum Teil aus Cornearesten gebildeten Rande. Aus dem Innern
des Auges ragte eine grau, schwarzgrün und blutrot marmorierte Gewebsmasse, deren
Oberfläche im Zerfall oegriffen war, hervor. Linse und Glaskörper fehlten. Von der
Iris waren nur einige Reste vorhanden. Als der Bulbus euukleiert wurde, wurde Oedem
in der Umgebung gefunden. Der Durchmesser des Bulbus hatte eine Länge bedeutend
1) Artbestimmung von Prof. Wallengren, Land.
Bergman, Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dorschen etc. 203
unter der nornoalen, und zwar nur 8 mui. Von den untersuchten Fällen war dieser
der am weitesten vorgeschrittene.
Mikroskopie. Die das Auge füllende Gewebsmasse enthielt vereinzelte, 2,4 ^ lange,
gramnegative Stäbchen.
In Flattenkulturen, die aus derselben angelegt worden waren, nachdem das Auge
in Alkohol eingetaucht und dieser weggebrannt worden war, wuchsen fast ausschließlich
Kolonieen solcher Stäbchen aus. Ein Kulturstamm von denselben wird im folgenden
Dorsch 1 bezeichnet.
Kulturen aus dem Herzblute blieben steril.
Dorsch 2, 35 cm lang. Der Magen und die Därme waren leer. Beide Augen
waren angegriffen (Fig. 1). Das linke stand etwas über den Orbitalrand hervor und
war außen von einer etwas nach außen gerichteten, 1 — 2 mm breiten, dunkelgrüngrauen
Hautfalte umgeben. Innerhalb dieser war ein schmaler grauroter Rand der Conjunctiva
zu sehen, und in der Mitte befanden sich grauweiße Gewebsreste, die zerstörte Cornea.
Als diese auf die Seite gebracht wurden, sah man darunter die ebenfalls zerfallene Iris
und im Zentrum die Linse, von Exsudat umgeben, beweglich, dem Ausfallen nahe, aber
nicht trüb. — Auf dem Bilde ist sie weiß, weil das Präparat fixiert war.
Mikroskopie: Das Exsudat zwischen der Iris und der Linse enthielt leicht ge-
krümmte, 1,5 — 3 [JL lange und 0,5 .a breite Stäbchen. Sie waren gramnegativ, lagen
gewöhnlich vereinzelt, aber auch zu zweien vereinigt. Außerdem wurden fadenähnliche
Bacillen, vielmal länger als jene, aber von derselben Breite wie sie, spärlich gefunden.
Mit Material vom Exsudat neben der Iris angelegte Plattenkulturen enthielten fast
ausschließlich Kolonieen eines Vibrio. Kulturstamm Dorsch 2 a.
Auf der rechten Seite hatte die Krankheit ein etwas vorgeschritteneres Stadium
erreicht. Das Auge war eingesunken. Die Cornea war ganz und gar zerstört, und an
deren Stelle war eine 6 X •i ™ni große, von einem grauen angeschwollenen Rande um-
gebene Oeffnung zu sehen. Die Linse war ausgefallen und am Hintergrunde des Auges
sah man eine schwarze und graue Gewebsmasse. Bei einem Schnitte durch das Auge
stellte es sich heraus, daß eine bedeutende Extravasat- und Exsudatbildung zwischen
der Sclera und der Chorioidea entstanden war, wodurch diese letztere zum größten Teil
losgelassen hatte und in das Innere des Auges hineingedrückt worden war, während sie
an der Papilla optica festsaß. In dem auf diese Weise gebildeten Trichter fanden sich
E.este der Retina, Exsudat und Blut (Fig. 3).
Mikroskopie: Ein Präparat von dem Exsudat unter dem angeschwollenen Wund-
rand enthielt leicht gekrümmte, gramnegative Stäbchen in einer Größe von 2,5X0,5 ,a.
In Schnitten für mikroskopische Untersuchung, die mit verdünntem Karbolfucnsin ge-
färbt worden waren, wurden diese Stäbchen auch in dem Gewebe neben dem infiltrierten
Wundrand der Sclera beobachtet, auch fanden sie sich im Exsudate zu beiden Seiten
der Chorioidea. Die bedeutenden Extravasate zwischen dieser und der Sclera waren
anscheinend durch Platzen des da befindlichen Rete mirabile, der sog. Chorioidealdrüse,
entstanden.
Plattenkulturen mit Material aus dem Innern dieses Auges enthielten ausschheß-
lich Kolonieen eines Vibrio. Der Stamm wird Dorsch 2 b bezeichnet.
Kulturen aus dem Herzblute blieben steril.
Dorsch 3, 34 cm lang. Im Magen lag ein kleiner Hering, sonst war keine
Spur von irgendeinem Nahrungsmittel im Darmkanal zu finden. Einige Parasiten,
Echinorrhynchus acus Rud., wurden im hinteren Teil des Darmes beobachtet.
Auch dieser Dorsch war auf beiden Augen blind (Fig. 2). Das linke Auge hatte un-
gefähr dasselbe Aussehen wie das rechte des Dorsches 2, es war aber nicht so tief ein-
gesunken. Anstatt der Cornea war ein 1,5X1 cm großes Loch mit einem abgerundeten
grauen Rande und in diesem Loch ein graues zerfallenes Gewebe, sowie ein kleines
Blutkoagulum zu sehen. Als die Masse in die Höhe gehoben wurde, kam der unebene,
zum Teil schwarze, zum Teil blutrote Rand der Iris zum Vorschein. Linse und Glas-
körper fehlten. Im Hintergrunde des Auges waren ein grauschwarzes Gewebe und eine
dünne, graue, zum größten Teil lose Haut, die zerstörte Retina, zu sehen.
Mikroskopie: Die genannte Gewebsmasse enthielt leicht gekrümmte, gramnegative
Stäbchen.
In Platten kulturen aus derselben entwickelten sich hauptsächlich Kolonieen eines
gramnegativen Vibrio. Kulturstamm Dorsch 3 a.
Das rechte Auge zeigte ein frühes Entwickelungsstadium der Krankheit. Das
Auge hatte eine normale Größe und Form. Die nächste Umgebung war etwas ödematös
und an einer Stelle hellrot. Die Cornea hatte eine milchweiße P'arbe und war in ihrem
peripheren Teile glatt und glänzend. Ein 1,5X03 cm großer Teil in der Mitte hatte
eine unebene, fast wollige Überfläche und ragte über den anderen Teil, von welchem
er auch durch eine mehr oder weniger deutlich hervortretende Spalte getrennt war,
hervor. Er hatte also den Charakter eines Sequesters. Als er in die Höhe gehoben
wurde, kam der schwartige graue Wundrand der Cornea zum Vorschein. Die Cornea
204 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
war aber nur an einer Stelle von geringer Größe völlig perforiert. Die innerste Schicht
war noch zum größten Teil nicht zerfallen, sondern lag als ein äußerst dünnes Häutchen
auf dem Boden der Wunde. An einem Schnitt durch das Auge wurde beobachtet, daß
der aus Sequester bestehende Teil der Cornea von anormaler Dicke war, daß die Linse
von Exsudat umgeben war und daß die Retina von der Chorioidea und diese von der
Sclera losgelöst war (Fig. 4).
Mikroskopie: Präparate von der Innenseite des Wundrandes enthielten kurze, etwas
gebogene, gramnegative Stäbchen. Diese wurden auch im Sequester gefunden, in welchem
außerdem Saprolegnia -Fäden vorkamen. In Schnitten für die mikroskopische Unter-
suchung wurden die gebogenen Stäbchen in dem infiltrierten Wundrand beobachtet.
Plattenkulturen wurden aus Material sowohl von der Innenseite des Cornearandes
als auch vom Sequester angelegt. In den ersteren entwickelten sich fast ausschUeßlich
Kolonieen eines Vibrio, Kulturstamm Dorsch 3 b. In den letzteren fand sich auch
eine große Anzahl solcher Kolonieen, Kulturstamm Dorsch 3c, und außerdem schnell
auswachsende, fadenähnliche Zellen. In einer Gelatinestichkultur aus dem Sequester
hatte sich schon nach 24 Stunden auf der Oberfläche ein Netz von zentimeterlangen
Fäden entwickelt, die an dem Glase hinaufwuchsen. In dem Substrate wuchs dagegen
nur der Vibrio.
Kulturen aus dem Herzblute blieben steril.
Aus dem ältesten Falle war also ein Stäbchen, aus den übrigen aber
Vibrionen rein gezüchtet worden. Diese hatten große Aehnlichkeit mit
dem Vibrio anguillarum^), dem Ansteckungsstoff bei der roten
Beulenkrankheit des Aals, weshalb dieser Vibrio als Vergleichungs-
material bei der Untersuchung der aus Dorschen reingezüchteten Stämme
mitgenommen wurde. Der mir zu Gebote stehende Stamm war aber
vor nahezu 2 Jahren reingezüchtet worden und hatte, wie es bei allen
Laboratorienkulturen oft der Fall ist, gewisse Veränderungen erlitten.
Die Bakterien waren also weniger gebogen, länger und weniger virulent
als sonst. — Die nur im letzten Falle auftretenden Saprolegniae
wurden nicht näher untersucht. Es liegt auch kein Grund zu dem Ver-
dachte vor, daß diese die Krankheit hätten verursachen können, um so
weniger, als sie nur im Sequester, also in totem Gewebe, gefunden
wurden.
Folgende 7 Kulturstämme wurden also Gegenstände der Unter-
suchung: Dorsch 1, gerades Stäbchen mit abgerundeten Enden, im
Gewebe 2,4 X 0,8 ,*<, in 3 Tage alter Agarkultur 1,5 X 0,8 //.
Dorsch 2a und 2b, Dorsch 3a, b und c, Vibrionen, im Ge-
webe sehr leicht gebogen, 1 — 2 (.i lang und 0,5 u dick ; in 3 Tage alten
Agarkulturen deutliche Vibrio -Form, Länge 1,5—1,8;«, Dicke 0,6 — 0,8 ,w ;
Verbände von höchstens 4 Gliedern wurden sowohl in dem angegriffenen
Organe als in Kultur beobachtet (Fig. 5).
Vibrio anguillarum, in Agarkultur länger und gerader als die
vorigen ; Größe 2 X 0,8 (x.
Die Messungen sind an Präparaten im hängenden Tropfen aus-
geführt worden.
Alle oben genannten Bakterien sind beweglich, nicht sporenbildend,
gramnegativ und besitzen die Fähigkeit, Gelatine zu verflüssigen. Sie
wachsen gut auf gewöhnlichen Substraten bei Zimmertemperatur, aber
auch, obwohl langsamer, bei +4° oder -\~?>1^C Auch anaerob können
sie sich entwickeln.
Die Agarkulturen sind wenig charakteristisch. Das Stäbchen bildet
einen feuchteren Ueberzug, die Vibrionenstämme bilden dagegen einen
trockeneren, grauen. Bouillon und Peptonwasser werden von sämtlichen
getrübt, und mit Ausnahme des Stäbchens bilden sie nach 3 — 4 Tagen
bei Zimmertemperatur ein Oberflächenhäutchen auf jenem Substrate.
1) Bergman, Die rote Beulenkrankheit des Aals, (Ber. a. d. K. ßayr. Biolog.
Vereuchsstat. München. Bd. 2. 1909.)
Bergman, Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dorschen etc. 205
Auf Peptonwasser entsteht auch ein äußerst dünnes Oberflächenhäutchen
in Kulturen der Stämme 2a, 3b und 3c. Die Bouillonkulturen haben
Kloaken geruch.
In Bouillon von Cibils Fleischextrakt, versetzt mit verschiedenen
Zuckerarten, Laktose, Saccharose, Glykose oder Maltose, wird vom
Stamme Dorsch 1 weder Gas noch Säure gebildet. Die 5 Vibrionen-
stämme vom Dorsch können dagegen diese Zuckerarten unter Bildung
von Säure, aber ohne Gasbildung vergären. Was den Vibrio an-
guillarum betrifft, so konnte er Laktose nicht vergären, verhielt sich
aber sonst wie die übrigen Vibrionen. Dies stimmt nicht mit dem
Resultate früherer Gärungsversuche mit diesem Vibrio überein, bei
denen ich keine Zersetzung der genannten Zuckerarten habe nachweisen
können. Die damals verwendeten Kulturen waren aber kurz vorher
reingezüchtet und wuchsen schlecht in Cibils Bouillon, während der
jetzt verwendete Stamm kräftig wuchs.
Milch wurde weder vom Stamme Dorsch 1, noch vom Vibrio
anguillarum verändert, wurde aber leicht sauer und koagulierte durch
Einwirkung der Dorschvibrionen.
Keiner der untersuchten Stämme bildete Schwefelwasserstoff in der
Gelatinekultur, auch konnte keine Proteinochrombildung in 3-proz. Pepton-
wasser nachgewiesen werden.
Kulturen in Bouillon oder Peptonwasser wurden nicht rot- durch
Zusatz von Schwefelsäure. Sie gaben also nicht die Nitrosoindolreaktion.
Die Indolreaktion gaben sie dagegen alle, sei es daß die Proben nach
Kitasato-Salkowski oder nach Ehrlich ausgeführt wurden. Im
letzteren Falle war die Stärke der Rotfärbung in den verschiedenen
Kulturen sehr verschieden. Am wenigsten ausgeprägt war sie in den
Kulturen von Dorsch 1 und dem Vibrio anguillarum.
Die Reduktionsfähigkeit der Stämme wurde auch untersucht durch
anaerobe Züchtung in Gelatine, versetzt mit indigodisulfonsaurem Natron
im Verhältnis 0,1 : 100. Die Vibrionen hatten keinen Einfluß auf das
Substrat, vom Stäbchen wurde dieses dagegen entfärbt.
Die 5 Vibrionenstämme von Dorschen stimmten also sowohl morpho-
logisch als kulturell miteinander vollkommen überein. Der Vibrio
anguillarum unterschied sich von diesen nur dadurch, daß er Laktose
nicht vergären konnte. Die aus Dorsch 1 reingezüchteten Bakterien
nahmen dagegen eine Sonderstellung ein, und zwar in ihrer Eigenschaft
als Bacillen, durch ihre Reduktionsfähigkeit und ihre Unfähigkeit, die
oben genannten 4 Zuckerarten zu vergären.
Tierversuche.
Es bot anfangs gewisse Schwierigkeiten, die in diesem Falle wichtig-
sten Versuchstiere, Dorsche und Aale, anzuschaffen und einen für ihre
Aufbewahrung geeigneten Ort zu finden. Es wurden inzwischen folgende
Versuche mit dem Vibrio-Stamm 3b vorgenommen: 2 Tage alte Agar-
kulturen wurden in physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt, so
daß diese stark getrübt wurde. Mit diesem Material wurden die nach-
stehend verzeichneten Tiere geimpft, und zwar in der Weise, mit den
Dosen und den Resultaten, die bei einem jeden von ihnen angegeben
sind.
Bei den als überlebend bezeichneten Tieren sind auch keine Krank-
heitszeichen konstatiert worden. — Die Temperatur des Wassers in den
Aquarien war durchschnittlich 10 ^
206
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Kaninchen 1 intravenös 0,5 ccm
„ 2 intraperitoneal 1 ,,
Meerschweinchen 1 „ 1 „
„ 2 subkutan 1 „
Maus 1 intraperitoneal 0,5 „
Karpfen
Plötze
2 intraperitoneal
3 subkutan
0,5 „
0,5 „
4
1
2
3
4 intraperitoneal
5
6
1 subkutan
0,5 „
0,25 „
0,25 „
0,25 „
0,25 „
0,25 „
0,25 „
0,25 „
2 in die vordere
einige
Augenkammer
Tropfen
überlebt
f nach 12 Tagen, Kulturen aus dem
Herzblute und aus der Bauchhöhle
steril
überlebt
t nach 11 Tagen, Kulturen aus dem
Herzblute und aus der Bauchhöhle
steril
überlebt
Krebse
1 — 3 subkutan
einige
Tropfen
nach 3 Tagen war die Hornhaut grau
und am Rande ödematös ; im Zentrum
Epitheldefekt, von einem weißen Rand
umgeben, nach 5 Tagen Perforation;
das Loch war ca. 3 mm im Durch-
messer und hatte einen angeschwoU.
Rand; die Linse war herausgefallen,
und die Augen waren eingesunken ;
die Krankheit hatte sich an beiden
Seiten gleich entwickelt
t nach 12 Stunden, vereinzelte Vibrionen
im Blute
Versuche mit Dorschen.
Erst Anfang Dezember gelang es mir, eine genügende Anzahl leben-
der Dorsche zu einem vergleichenden Versuche zu erhalten. Sie wurden
in einen Fischkasten gebracht, und dieser wurde im Malmöer Hafen
verankert. Die Temperatur des Wassers war ca. +4° C, also bedeutend
niedriger als beim spontanen Auftreten der Krankheit, weshalb zu er-
warten war, daß sie sich beim Versuche relativ langsam entwickeln
werde. Das Material bestand aus 2 Tage alten Agarkulturen, auf-
geschwemmt in physiologischer Kochsalzlösung. 2 Dorsche wurden mit
jedem Kulturstamm geimpft. Ein paar Tropfen wurden an der linken
Seite in den Glaskörper und an der rechten intracorneal unter die leicht
verschiebbare Conjunctivallage eingespritzt. Die Beobachtungszeit konnte
sich aus besonderen Gründen nur über 14 Tage erstrecken.
Die Cornea der in den Glaskörper geimpften Augen wurde
schon am 2. Tage grau und undurchsichtig, dann wurde sie ödematös
und schwoll über den Orbitalrand hinaus. Das Oedem ging nach einigen
Tagen zurück. Bei den 5 Dorschen, die mit den aus den Augen rein-
gezüchteten Vibrionenstämmen geimpft worden waren, fing dann, mit
einer Ausnahme, die Cornea an zu zerfallen : zuletzt trat Perforation ein,
wobei die trübe Linse und der ganz zerstörte Glaskörper herausflossen.
Bei den mit Stamm I und den mit dem Vibrio anguillarum ge-
impften Dorschen, sowie bei einem von den mit dem Stamm 3c geimpften
kam es während der Beobachtungszeit nicht zur Perforation, die Sektion
wies aber PanOphthalmitis auf. Ein mit dem Stamm 2a geimpfter Dorsch
starb nach 13 Tagen. Die Schleimhaut des Mastdarms war rot und vor-
gefallen. Das Blut enthielt Vibrionen.
An den intracorneal geimpften Augen war die Cornea oder
Bergman, Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dorschen etc. 207
vielmehr ihre Conjunctivalschicht schon am 2, Tage trüb. Später
wurde sie von Exsudat stark gespannt und von dem darunterliegenden,
noch durchsichtigen Teil der Cornea abgehoben (Fig. 6). Dann wurde
das Exsudat allmählich resorbiert, und die Conjunctivalschicht hing
schlaff, wie ein Säckchen, herunter. An den mit Stamm 1 und dem
Vibrio a n g u i 1 1 a r u m geimpften Dorschen war sie nicht so ausgespannt
gewesen wie an den anderen, und die Krankheit schien bei ihnen zurück-
zugehen. An den übrigen dagegen begann erst der äußere und dann
der innere Teil der Cornea zu zerfallen, wonach die Linse und der Glas-
körper, die noch durchsichtig waren, herausgedrängt wurden und Pan-
ophthalmitis eintrat (Fig. 7). An einem mit dem Stamm 3a geimpften
Dorsche trat keine Perforation des inneren Teiles der Cornea ein.
Der Kontrolle wegen wurden 2 Dorsche mit dem trüben Hafenwasser
geimpft. Mehrere Tropfen wurden an einer Seite in den Glaskörper,
an der anderen in die Cornea eingespritzt. Die Augen zeigten keine
merkbare Reaktion dagegen. Die Cornea blieb klar.
Ein Dorsch wurde subkutan und ein anderer intraperitoneal mit
dem Stamm 3b geimpft. Beide überlebten. Die Beobachtungszeit dürfte
jedoch im Verhältnis zu der niedrigen Temperatur des Wassers zu kurz
gewesen sein, um aus dem Resultate einen sicheren Schluß ziehen zu
können.
Versuche mit Aalen.
Eine Serie Aale wurde subkutan, eine andere intraokular mit Auf-
schwemmungen der verschiedenen Kulturstämme geimpft. Die Temperatur
des Wassers war + 9 '^ C.
Von jener Serie starben die mit Vibrionen geimpften 6 Aale nach
4—16 Tagen. Am längsten lebte der mit dem Vibrio anguillarum
geimpfte. Bei der Sektion dieser Aale wurde beobachtet, daß die Hant
rotfleckig war, und zwar vor allem an der Impfstelle, um den Anus und
an den Flossen. Die Impfstelle war nach 8 — 10 Tagen angeschwollen
und fluktuierend, es hatte sich ein Geschwür gebildet, das nach 12 bis
16 Tagen aufbrach. Die Muskulatur um das Geschwür war rot und
serös durchfeuchtet, und es wurden an dem parietalen Peritoneum und
an dem Peritonealüberzug der in der Nähe liegenden Organe rote Flecke
beobachtet. Bei allen fanden sich Vibrionen im Blute. — Der Aal da-
gegen, der mit dem Stamm I geimpft worden war, reagierte wenig da-
gegen und überstand die Infektion.
Die zweite Versuchsserie bestand, wie gesagt, aus intraokular ge-
impften Aalen. In dieser Serie zeigten auch die Vibrionenstämme aus
den Dorschen und der Vibrio anguillarum die gleiche Wirkung.
Die Cornea wurde schon am 2. Tage trübe, dann wurde sie dunkel-
blaugrau, völlig undurchsichtig, das Auge wurde stark gespannt, und
die Haut in der Umgebung wurde rot und schwoll an. Zuletzt ent-
standen Epitheldefekte an der Cornea. Zur Perforation kam es nicht
in den 3 Wochen, während welcher ich die Aale beobachtete, die Augen
waren aber von Panophthalmitis zerstört. — Die Cornea des mit Stamm I
geimpften Aals wurde am 2. Tage etwas trüb; dann wurde sie schnell
wieder klar, und bei Sektion nach 2 Wochen schien das Auge normal
zu sein.
Versuche mit Plötzen.
Auch an Plötzen wurden Versuche mit den verschiedenen Kultur-
stämmen in zwei Serien vorgenommen. Das Material, das, wie in den
vorigen Fällen, aus einer Aufschwemmung 2-tägiger Agarkulturen in.
208 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
physiologischer Kochsalzlösung bestand , wurde den Versuchstieren in
einem Falle intraperitoneal, im anderen Falle intraokular injiziert. Die
Temperatur des Wassers war -)-8^ C.
Die fünf Vibrionenstämme aus den Dorschen besaßen, intraperitoneal
eingeführt, die Fähigkeit, Plötzen in 2 — 10 Tagen zu töten. Der
Stamm 1 und der Vibrio anguillarum töteten sie auch in 10 Tagen.
Das Sektionsbild war bei allen dasselbe. Die Bauchhöhle war stark
gespannt, besonders um die Analötfnung; die Haut war hier rot, und
die Schuppen waren an derselben Stelle gespreizt. In einigen Fällen
war die Schleimhaut des Mastdarms inüammiert und vorgefallen. Die
Bauchhöhle enthielt eine rötliche, trübe Flüssigkeit. Das Blut enthielt
die betreftenden Bakterien.
Die intraokular geimpften Plötzen bekamen Panophthalmitis, die
nach 8 — 21 Tagen, jedoch in zwei Fällen nicht, Perforation der Cornea
herbeiführte. Der Stamm 1 führte nämlich keine Perforation herbei, und
der- Stamm 2 a verursachte den Tod in 6 Tagen, ehe noch Perforation
eingetreten war.
Bei diesen vergleichenden Versuchen mit Dorschen, Aalen und
Plötzen hatten die aus den Augen der Dorsche reingezüchteten Vibrionen-
stämme sich im wesentlichen gleich verhalten, mit der Ausnahme, daß
der Stamm 2 a virulenter war als die übrigen. Wenn sie Dorschen
intracorneal einverleibt wurden, riefen sie ein Krankheitsbild hervor, das
dem bei den spontan kranken Dorschen beobachteten ziemlich ähnlich
war. Der Vibrio anguillarum verhielt sich auch so, jedoch war er
als alte Laboratoriumskultur weniger virulent. Bei Dorschen trat also
bei intracornealer Impfung während der recht kurzen Beobachtungszeit
keine Perforation ein. Wenn die Vibrionen aus den Dorschen Aalen
subkutan einverleibt wurden, wurden diese von der roten Beulenkrank-
heit befallen, wie bei Impfung mit dem Vibrio anguillarum. Die
ersteren waren sogar virulenter für Aale als der letztere. Alle riefen,
wenn sie Plötzen intraokular einverleibt wurden, Panophthalmitis und
Perforation der Cornea hervor.
Der Stamm I (die Stäbchen) war dagegen nicht virulent für Aale
und für Plötzen weniger virulent als die Vibrionenstämme, Dorschen
gegenüber verhielt er sich aber wie diese Stämme.
Agglutinationsversuche.
Zur Herstellung agglutinierender Sera wurden zwei Kaninchen mit
lebenden , in physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmten Agar-
kulturen des Vibrio - Stammes 3b intravenös behandelt. Sie erhielten
das erste Mal 0,5 ccm der Aufschwemmung und dann alle 4 Tage eine
doppelt so große Dosis wie die nächst vorhergehende. Die letzte Dosis
wurde am 20. Tage gegeben. Am 5. Tage danach wurde das Blut ab-
gezapft. Die erhaltenen Sera hatten einen Agglutinationstiter von
1:10000 bzw. 1:1000.
Bei den folgenden Versuchen kamen Aufschwemmungen in physio-
logischer Kochsalzlösung von 3-tägigen, bei Zimmertemperatur ge-
wachsenen Agarkulturen zur Verwendung.
Um die erforderliche Dauer der Beobachtungszeit einigermaßen
bestimmen zu können, wurden 2 Serien von Verdünnungen desjenigen
Serums hergestellt, das den höchten Titer hatte, das homologe Antigen
wurde zugesetzt, und eine der Serien wurde im Zimmer (18*^) aufgestellt
und die andere in den Thermostaten (37*^) eingestellt; dann wurden sie
Bergman, Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dorschen etc. 209
in bestimmten Zeitintervallen beobachtet. Es stellte sich dabei heraus,
daß bei 37° die Reaktion schon nach 2V4 Stunden, bei 18° aber erst
nach 3 Stunden abgeschlossen war. In den Hauptversuchen blieben die
Proben 27^ Stunden im Thermostaten stehen, dann wurden sie heraus-
genommen, und das Resultat wurde abgelesen. Dann wurden sie bei
Zimmertemperatur bis zum folgenden Tage aufbewahrt und dann wieder
untersucht. Es trat keine Veränderung des Resultats ein.
Kaninchenserum, dem Stamm 3b homolog.
AgglutinationPtiter 1 : 10000.
Serumverdünnungen
-sl**
Kulturstamm
„
„
s
0
^»1
^c«
;^^
:^=
=^
^0.
^
^
0
0
•d 012
Dorsch I (Bacillus)
—
—
—
—
2a (Vibrio)
+
+
—
—
—
—
—
—
—
—
—
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,: 2 b „
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T
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—
—
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—
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— —
—
—
—
—
Vibrio anguillarum
+
+
—
—
—
~
—
—
—
—
—
—
—
Das in dem oben angeführten Versuche geprüfte Serum hatte,
wie zu erwarten war, keine aggutinierende Wirkung auf den aus dem
Dorsch 1 reingezüchteten Bacillus, wohl aber auf die Vibrionen aus den
beiden anderen Dorschen und auf den Vibrio anguillarum. Eigen-
tümlich ist es, daß der Grenzwert des homologen Stammes und die-
jenigen der übrigen aus den Dorschen reingezüchteten Vibrionen so
weit voneinander entfernt liegen, und daß diese Vibrionen nicht in
höheren Verdünnungen als der Vibrio anguillarum agglutiniert
werden.
Derselbe Versuch wurde mit dem Serum, dessen Titer 1 : 1000, also
nur Vio ^on dem des vorigen, war, wiederholt. Das Resultat war
jedoch betreffend die übrigen Stämme dasselbe wie im vorigen Versuche.
Darauf wurde mit dem Vibrio- Stamm 2b in derselben Weise wie
vorher ein neues agglutinierendes Serum hergestellt. Bei Prüfung der
Wirkung desselben auf die verschiedenen Versuchsstämme wurde folgendes
Resultat erzielt:
Kanin chenseru m , dem Stamm 2b homolog.
Agglutinationstiter 1 : SCXX).
Serumverdünnungen
Ti-^^
Kulturstamm
0
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0
0
0
0
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0
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s §
UOOOI/
0008/
/l
Physi
Kochs
lösun
Dorsch 1 (Bacillus)
„ 2a (Vibrio)
,. 2 b „
„ 3 a „
„ 3 b „
,. 3 c „
Vibrio anguillarum
-1-
+
+
+
-1-
T
±
-1-
+
+
+
+
-f-
+
+
+
+
+
-t-
-f
-1-
-1-
-1-
—
—
Der Stamm 3a ist also in einer ebenso starken Serumverdünnung
wie der homologe Stamm agglutiniert worden und dürfte mit diesem
identisch sein. Die übrigen Vibrionen sind in den Verdünnungen 1:20
und 1 : 50 agglutiniert worden. Da keiner der Vibrionenstämme von
Erste Abt. Ong. Bd. 62. Hcft 3/4. 14
210 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
gewöhnlichem Kaninchenserum agglutiniert worden ist, dürfte diese Er-
scheinung als Gruppenreaktion aufzufassen sein. Dasselbe gilt auch von
den heterologen Vibrionenstämmen im vorigen Agglutinationsversuche.
Die Richtigkeit hiervon wird durch folgenden Versuch bestätigt.
Ein dem Stamm 3 b homologes Serum wurde mit diesem Stamm
behandelt, bis alles Agglutinin für denselben ausgefällt war. Es zeigte
sich dann, daß es auch die Fähigkeit verloren hatte, die übrigen Vibrionen-
stämme zu agglutinieren.
Später habe ich die Wirkung der beiden oben genannten Sera auf
einen aus einem im Archipel von Provinz Södermanland gefangenen Hecht
reingezüchteten Vibrio geprüft. Der Hecht hatte an Zahnfleischent-
zündung und dadurch entstandener Blutinfektion gelitten. Dieser
Vibrio hat sich als für mehrere Fische pathogen erwiesen und ver-
hält sich sowohl morphologisch als kulturell ganz wie die aus Dorschen
reingezüchteten Vibrionen. Es stellte sich bei wiederholten Versuchen
heraus, daß er von den beiden Seris ebenso hoch wie die homologen
Stämme agglutiniert wurde. In den Kontrollröhrchen mit physio-
logischer Kochsalzlösung und mit normalem Kaninchenserum entstand
keine Agglutination.
Eine alte Laboratoriumskultur des Vibrio D un bar, die ich seiner-
zeit von Prof. Forssman in Lund erhalten hatte, wurde von dem
dem Stamm 2b homologen Serum in der Verdünnung 1 : 100 und von
dem dem Stamm 3 b homologen in der Verdünnung 1:50 agglutiniert.
Hierbei ist aber zu bemerken, daß diese Kultur in der Verdünnung
1 : 20 auch von normalem Kaninchenserum agglutiniert wurde.
Zusammenfassung.
In den Monaten September und Oktober des Jahres 1910 trat an
der Südküste Schwedens zwischen den Städten Ystad und Trälleborg
bei Dorschen eine sichtbar ansteckende Augenkrankheit auf. Ungefähr
10 Proz. aller nahe am Land gefangenen Dorsche waren ergriffen.
Bei Dorschen, die in tieferem Wasser gefangen worden waren, wurde
die Krankheit auch, obwohl nicht so häufig, beobachtet. Meistens waren
beide Augen angegriffen, aber die Krankheit konnte in den Augen ein
und desselben Fisches verschiedenartig weit vorgeschritten sein. Die
Krankheit äußerte sich zuerst dadurch, daß die Cornea getrübt wurde,
wonach diese einem schnell vorschreitenden , allgemeinen Zerfallen,
Keratomalacie, verfiel, das mit der Bildung einer großen, in das Innere
des Auges führenden Oeffnung und mit Panophthalmitis nebst deren
weiteren Folgen : Herausdrängen der Linse und des Glaskörpers, Ab-
lösung der Retina usw., endete.
3 Fälle wurden bakteriologisch untersucht. Aus 2 von diesen, die
beide doppelseitig waren, wurden mehrere Vibrionenstämme und aus
dem 3. ein Bacillus reingezüchtet. Sowohl der Bacillus als die Vibrionen
waren beweglich, gramnegativ und fakultativ anaerob. Sie wuchsen am
besten bei Zimmertemperatur, bildeten keine Sporen und besaßen die
Fähigkeit, Gelatine zu verflüssigen. Kulturen in Peptonwasser gaben
Indolreaktion, aber weder Nitrosoindol- noch Proteinochromreaktion.
Die Vibrionen besaßen Reduktionsfähigkeit, sowie die Fähigkeit, Dextrose,
Bergman, Eine ansteckende Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dorschen etc. 211
Maltose, Laktose und Saccharose, jedoch ohne Gasbildung, zu vergären,
welche Eigenschaften der Bacillus nicht besaß. Ein Stamm des Vibrio
anguillarum verhielt sich wie die übrigen Vibrionenstämme, nur mit
dem Unterschiede, daß er Laktose nicht vergären konnte.
Die genannten aus Dorschen reingezüchteten Vibrionenstämme, die
sich, soweit es sich aus der Untersuchung ergab, als morphologisch und
kulturell miteinander identisch erwiesen, und der Vibrio anguillarum
verhielten sich auch bei Tierversuchen im wesentlichen gleich. Dorschen
intracorneal eingeführt, riefen sie ein Krankheitsbild hervor, das in
hohem Grade dem beim spontanen Auftreten der Krankheit beobachteten
Bilde glich. Auch der Bacillus verursachte, intracorneal eingeführt,
dieselbe Krankheit. Man hat also Grund, anzunehmen, daß der aus den
Dorschen reingezüchtete Vibrio ätiologische Bedeutung für die be-
treffende Augenkrankheit hat. Ob eine solche auch dem aus einem
weit vorgeschrittenen Falle reingezüchteten Bacillus zukommt, ist un-
gewiß. Dasselbe Krankheitsbild würde in dem Falle auch durch In-
fektion mit einer jeden von den beiden verschiedenen Bakterien spontan
erzeugt werden können, was sich leicht denken läßt, da sie mehrere
wichtige biologische Eigenschaften miteinander gemein haben. Das
LTntersuchungsmaterial hat nicht genügt, um dies eingehend untersuchen
zu können.
Durch subkutane Impfung auf Aale mit dem Dorschvibrio konnte
die rote Beulenkrankheit erzeugt werden. — Das Stäbchen war für Aale
nicht pathogen.
Der Dorschvibrio ist ferner pathogen für Plötzen und Krebse; für
Karpfen, Kaninchen und Meerschweinchen ist er dagegen nicht pathogen.
Mäuse können nach Impfung mit großen Dosen, wahrscheinlich an In-
toxikation, sterben.
Sera, die die Fähigkeit besaßen, die Dorschvibriouen zu agglutinieren,
ließen sich mit Leichtigkeit durch intravenöse Behandlung von Kaninchen
mit Kulturen dieser Vibrionen herstellen. Mit zwei solchen mit ver-
schiedenen Stämmen hergestellten Seris wurden die Vibrionen aus den
Dorschen, der Vibrio anguillarum und ein aus einem von Zahn-
fleischentzündung angegriffenen Hecht reingezüchteter Vibrio, welch
letzterer sich weder morphologisch noch durch Kultur von den erst-
genannten unterscheiden ließ, geprüft. Alle erwiesen sich auch bei dieser
Untersuchung als ein und derselben Gruppe angehörig, aber verschiedene
Stämme waren sogar unter den aus Dorschen reingezüchteten V^ibrionen
zu unterscheiden , welche bei der früheren Untersuchung identisch
schienen.
Es scheint also in der Natur eine Gruppe für Fische pathogener
Vibrionen vorzukommen, von welchen ich die oben genannten, bei der roten
Beulenkrankheit des Aals, Keratomalacie beim Dorsch und Zahnfleisch-
entzündung beim Hecht in Frage kommenden Vertreter studiert habe.
14*
212 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Fig'urenerkläruug'.
Fig. 1. Kopf eines Dorsches. Keratoniaiacie. Fall 2. Die Cornea beider Augen
ganz zerstört; Panophthalmitis. Die Linse des linken Auges ist noch da, die des
rechten ist herausgefallen. Formalinfixierung.
Fig. 2. Kopf eines Dorsches. Keratomalacie. Fall 3. An der rechten Seite ist
die Cornea im Zerfallen begriffen. Die Demarkationslinie deutlich. An der linken Seite
ist die Cornea zerstört; Panophthalmitis. Formalinfixierung.
Fig. 3. Schnitt durch das rechte von den in Fig. 1 abgebildeten Augen */i-
o Wundrand der Sclera und Conjunctiva. b Exsudat, Blut und Teile der Retina,
c Chorioidea und Iris, d Blut (die dunklen Partien und Exsudat zwischen der Chorioidea
und der Sclera. e Teile der „Chorioideadrüse". / Sclera. g N. opticus.
Fig. 4. Schnitt durch das rechte von den in Fig. 2. abgebildeten Augen '/i-
o Sequester, b Linse, c Glaskörper, d Retina, e Chorioidea. /Chorioideadrüse und
Exsudat, g Sclera. h N. opticus.
Fig. 5. Vibrio aus dem Auge eines von Keratomalacie angegriffenen Dorsches.
Dreitägige Agarkultur. Präparat im hängenden Tropfen. Leitz, Oelimm. \\^, Ok. 4,
Tubuslänge 170 mm.
Fig. 6. Kopf eines mit einem aus dem Fall 3 reingezüchteten Vibrio intracorneal
infizierten Dorsches. 6 Tage nach der Infektion. Temperatur des Wassers 4". Frisches
Präparat.
Fig. 7. Kopf eines mit einem aus dem Fall 2 reingezüchteten Vibrio intracorneal
infizierten Dorsches. 12 Tage nach der Infektion. Temperatur des Wassers 4". Frisches
Präparat.
Nachdruck verboten.
Italienisclie Austernzüclitung und Darmkranklieiteii').
Von Dr. Ito Bandi. Dozenten für Hygiene in Neapel.
Die Austernindustrie entstand in Italien und wurde in großem
Maße von den Römern gepflegt, welche die appetitlichen Mollusken
liebten und ihnen außer den vielen anderen Tugenden eine ausge-
sprochene aphroditische Wirkung zuschrieben. Aber, wie so manches
andere, geriet mit der Zeit auch dieser Zweig der Nationalindustrie bei
uns in Verfall, und heute findet man keine Spur mehr von der alten
Blüte, selbst nicht in dem See von Lucrino, der sich auf der Straße
von Cumä bei Neapel in der Nähe der Thermen Neros befindet, und
welcher der berühmteste römische Austernzuchtplatz war, und jetzt zu
einem elenden Salzwasserteich geworden ist, welcher für das Leben und
Gedeihen der Mollusken durchaus ungeeignet ist, während die Austern-
zucht im Ausland begonnen wurde und sich sehr rasch verbreitete.
Obwohl in diesen letzten Jahren diese Industrie auch bei uns wieder
zu Ehren gekommen ist, so sind wir doch noch sehr weit von dem Ent-
wicklungsgrad entfernt, den sie in Frankreich, in Belgien, in Holland
und in den Vereinigten Staaten von Amerika erreicht hat. Immerhin
ist es uns wenigstens hierin gelungen, die ausländische Konkurrenz von
unseren Märkten zu entfernen, welche einstmals, besonders in Nord-
italien, von den Produkten der französischen Austernbänke von Arcachon
bei Bordeaux überflutet wurden. In der Tat versehen augenblicklich
die Austernzüchtereien von Spezia und in kleinem Maße die von Venedig
und Chioggia ganz Norditalien und einen Teil von Mittelitalien, während
die Fischzuchtplätze vom Fusaro und von Taranto ihre Produkte nach
Süditalien ergießen, wo der Verbrauch von Meeresfrüchten ein viel
größerer als in Nord- und Mittelitalien ist.
1) Ins Deutsche übertragen von Dr. med. K. Rühl, Turin.
Centralblatt für Bakierioloyir Abt. I. Orig. Bd. 62.
Bergman, Anstechende Augenkrankheit bei Dorschen. Taf. 1.
r
\
bC
Verlag von Gustav JbMscher in Jena.
Bandi, Italienische Austernzüchtung und Darmkrankheiten. 213
Die vor kurzem aufgetretene Choleraepidemie hat unter anderem
die Streitfrage von der Wichtigkeit, welche die Austern und die anderen
Meeresfrüchte als Ueberträger von infektiösen Darmkrankheiten haben
können, von neuem aufgeworfen. Tatsächlich handelt es sich um
etwas, was seit langer Zeit die Epidemiologen interessiert, und neuer-
dings haben sich diese in Amerika, in England und besonders in
Frankreich damit beschäftigt. In letzterem Lande hat eine zu diesem
Zwecke von der Medizinischen Akademie in Paris ernannte Kommis-
sion von Biologen eingehende Untersuchungen über die Frage aus-
geführt, die wirklichen Gefahren, die damit verbunden sind, hervor-
gehoben und die zweckmäßigsten Mittel angegeben, um diesen Ge-
fahren vorzubeugen. Da ich mich auch selbst bereits früher dafür
interessiert habe und mich auch noch gegenwärtig gerade mit diesem
wichtigen Zweig der industriellen Hygiene beschäftige, halte ich es für
nicht unnützlich, alles, was hierin Wahres und was Uebertriebenes ist,
bekannt zu machen, und zu erörtern, welche Rolle mau dem Verbrauch
der Meeresfrüchte bei der Verbreitung der Darmkrankheiten zuschreiben
muß in bezug auf die Zuchtmethoden und die Modalitäten , wie sie
besonders in unserem Laude beim Verkauf von MeeresmoUuskeu und
besonders solcher, die für gewöhnlich roh gegessen werden, im Gebrauch
sind.
Wenn wir einen kurz zusammenfassenden Blick dem Berichte
geben, welcher von der obengenannten Ivommission der Medizinischen
Akademie in Paris vorgelegt wurde, welche Kommission, nachdem sie
mit großer Sorgfalt klinische und epidemiologische, historische Daten
gesammelt hatte, ein Schema von Maßnahmen formulierte, welche geeignet
sind, die Uebelstände, die von dem Verbrauch der rohen Mollusken her-
rühren, zu vermeiden, können wir uns überzeugen, daß im allgemeinen
diese Uebelstände wirklich existieren und daß man ihnen nur teilweise
und nicht vollständig vorbeugen kann, infolge einer Reihe von Umständen,
welche bewirken, daß einige einschränkende Maßnahmen in der Theorie
vorzüglich wären, aber praktisch unausführbar sind. Die französische
Kommission sah von den Uebelständen, welche durch den Gebrauch der
nicht mehr frischen Meeresfrüchte entstehen können, und welche dieselbe
Entstehungsweise und so ziemlich dieselbe Bedeutung haben wie die
Magenstörungen, welche der Genuß von der Zersetzung anheimgefallenem
Fleisch im allgemeinen hervorruft, ab, und sammelte in einer sorgfältigen
historischen Zusammenstellung alle Fälle von Krankheitserscheinungen,
welche ihre Entstehung dem Genuß von Mollusken, in frischem und
rohem Zustande, verdanken. Diese Uebelstände kann man in zwei ge-
trennte Gruppen einteilen : klinisch bestimmte Krankheiten und un-
bestimmte Magendarmstörungen. Die erste Gruppe umfaßt den Typhus,
die paratyphischen Affektionen, die Dysenterie, die Cholera; in der
zweiten Gruppe werden diejenigen krankhaften Erscheinungen aufge-
nommen, welche wenige Stunden nach dem Genuß roher Mollusken
plötzlich auftreten, und bei welchen ein Inkubationsstadium fehlt, so daß
der Symptomenkomplex den Anschein von wirklichen Vergiftungen mit
Erscheinungen seitens des Verdauungsapparates und oft auch des Nerven-
systems hat. Auf diese zweiten krankhaften Erscheinungen, welche von
verschiedener Intensität und mehr oder weniger vorübergehend sein
können, folgt nicht selten in einem Abstand von einigen Tagen das Auf-
treten einer der klinisch genau bestimmten Krankheiten.
Um die Entstehung der Erscheinungen, hauptsächlich des toxischen
214 Centralbl. f. Rakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Typus, zu erklären, welche kurze Zeit nach dem Genuß roher Mol-
lusken plötzlich auftreten, wurden verschiedene, mehr oder minder
unwahrscheinliche Hypothesen aufgestellt. Es ist behauptet worden,
und es ist eine in Laienkreisen sehr verbreitete Meinung, daß die
Austern und die Miesmuscheln (Mytilus edulis, volkstümlich Wasser-
wanze) in der Laichzeit und auch wenn sie voll Larven sind und ein
milchfarbiges Aussehen haben, giftig sind; es ist behauptet worden,
daß die Austern in den Monaten, die ein r enthalten, leichter schäd-
lich sind; daß die Meeresfrüchte im allgemeinen Vergiftungen durch
Kupfersalze verursachen können , wenn man sie von den Kielen der
Schiffe loslöst oder wenn sie von der sogenannten grünen Leuko-
cytose befallen sind, ein vermutlicher krankhafter Zustand, verbunden
mit einem veränderten Metabolismus, durch welchen eine abnorme
Quantität von Kupfer in den Zellen der Mollusken aufgestapelt wird.
Jedoch hält keine von diesen Vermutungen einer ernsten und ge-
wissenhaften Kritik Stand , und die Tatsachen haben nunmehr die
logische Annahme völlig bestätigt, daß nicht nur die Fälle von Infektionen,
sondern auch die Vergiftungserscheinungen, welche nach dem Genuß
roher und frischer Mollusken auftreten, ausschließlich bakteriellen Ur-
sprunges sind; die einzige Ausnahme hierzu bilden die Fälle von Nessel-
fieber, welche besonders durch den Genuß von Miesmuscheln verursacht
werden, und nach der Meinung einiger Autoren auf die Einwirkung des
Giftes der Actiniae (Seeanemonen) zurückzuführen sind, welche in Ge-
meinschaft mit den Mollusken leben und in das in den Muscheln ent-
haltene Wasser eindringen können.
Es ist jedoch als wahrscheinlicher anzunehmen, daß es sich in diesem
Falle vielmehr um eine ähnliche Erscheinung handelt, wie man sie bei
einigen Personen infolge des Genusses von Fischen, Erdbeeren u. a. m.
beobachtet, und daß hierbei eine ganz besondere individuelle Idiosynkrasie
die Hauptrolle spielt. In letzter Ana])'^se können wir also beschließen,
daß die Gefahren, welche die Meeresfrüchte, wenn sie frisch und roh
verzehrt werden, für das öffentliche Wohlbefinden darbieten, direkt mit
der Beschaffenheit des Milieus, in dem die Tiere leben, und mit den
Manipulationen zusammenhängen, denen diese von den Händlern unter-
worfen werden. In wenigen Worten ausgedrückt, handelt es sich um
die Gefahr einer Verunreinigung des Wassers in den Zucht- und Ernte-
teichen und in den Molluskeuniederlagen, und des Wassers, mit welchem
die Kleinhändler die Mollusken selbst zu erfrischen pflegen. Was die
Zuchtteiche anbelangt, so ist zu bemerken, daß im allgemeinen die größere
oder kleinere Gefahr ihrer Verunreinigung von besonderen, sozusagen
technisch-ökonomischen Umständen abhängt, welche mit ihrer Oertlich-
keit zusammenhängen. In der Tat, neben der Notwendigkeit, die Austern-
bänke in der Nähe von bewohnten Zentren anzulegen, und zwar aus
Handelsgründen (Leichtigkeit der Verschickung, größere Verkaufsmög-
lichkeit), finden wir einen besonderen Umstand technischer Art, welcher
dazu beiträgt, die Möglichkeit einer Verunreinigung des Wassers der
Molluskenzuchtplätze zu steigern. In der Tat weiß jedermann, der sich
nur ein wenig mit Austernzüchtung befaßt hat, daß es besonders bei
uns nicht zweckmäßig ist, die Austernbänke an den Ufern des offenen
Meeres anzulegen ; daraus ergibt sich die Notwendigkeit, geschütztere
Stellen zu suchen und die Zuchtteiche entweder in der Nähe von Häfen
anzulegen, in welchem Falle die Möglichkeit einer Verunreinigung durch
die Abfälle der benachbarten bewohnten Ortschaften und der Schiffe
Bandi, Italienische Austernzüchtung und Darmkrankheiten. 215
vorliegt, oder sie in Gewässern anzulegen, welche mit dem Meere in
Verbindung stehen. Und da es für das Gedeihen der Austernindustrie
erforderlich ist, daß die Mollusken und besonders die Austern in Wasser
gezüchtet werden, welches einen bestimmten Grad von Salzhaltigkeit
beibehält, so ist es unbedingt notwendig, da es ferner aus mehreren
Gründen nicht leicht ist, die Verbindungen zwischen dem Meer und den
Zuchtplätzen fortwährend durchgängig zu erhalten, ihnen eine gewisse
Menge Süßwasser beizumischen, um die Zunahme der Salzhaltigkeit zu
vermeiden, besonders in den Sommermonaten, die fortwährende Ver-
dunstung des Wassers zur Folge haben. Möge nun dieses Wasser von
Abflüssen oder von Süßwasserströmen herkommen, immer wird es eine
mehr oder weniger große Quantität von Abfällen aus dem tierischen
Leben mitbringen. Diese Verunreinigungsquellen spielen im allgemeinen
auch bei den Lagerteichen eine Rolle; dazu trägt auch die Tatsache bei,
daß man, um die Qualität der Austern zu verbessern und somit ihren
W^ert zu steigern, diese Mollusken in Meereswasser unterhält, welches
mit reichlichem Süßwasser gemischt ist. Die englischen Austern, welche
an der Mündung der Themse gehalten werden, stellen ein beweiskräftiges
Beispiel hiervon dar.
Was die Manipulationen anbetrifft, denen die Mollusken unterworfen
werden, nachdem sie aus den Zucht- und Aufbewahrungsteichen ent-
nommen wurden, ehe sie verzehrt werden, so genügt es, die Tatsache
anzuführen, daß die sogenannten Ostricari (Austernhändler) im all-
gemeinen die geöffneten Austern mit W^asser, welches sie aus Bequem-
lichkeit am Strande und oft in der Nähe der Ausmündung irgendeiner
Kloake schöpfen, zu begießen und auszuspülen pflegen. Bemerkenswert
ist ferner die Tatsache, daß die Ostricari den Austern das Meer zu
wechseln pflegen, wie sie sagen, und zwar dadurch, daß sie das Wasser,
welches in den Schalen (Klappen) enthalten ist, austrinken und durch
anderes Salzwasser ersetzen, welches sie meistens in der oben beschriebenen
Weise schöpfen ! Eine weitere verwerfliche Gewohnheit ist diejenige,
welche im allgemeinen in großen Hotels herrscht, in denen man die
Meeresfrüchte geöffnet und auf einer Eisschicht ausgebreitet zu servieren
pflegt. Mit dieser Methode, welche die gastronomischen Eigenschaften
der Mollusken nicht verbessert, erleichtert man ihre Beschmutzung durch
die Keime, welche oft massenhaft in dem Schlamm vorhanden sind, der
die Außenseite der Schale bedeckt, welche selten gebürstet und gewaschen
wird, wie man es tun müßte, ehe man die Mollusken öffnet. Außerdem
muß man auch noch in Erwägung ziehen, daß die gefrorenen Mollusken
nur schlecht auf den Anreiz reagieren, den man auf sie ausübt (gewöhn-
lich dadurch, daß man Zitronensaft über sie tröpfelt), um sich zu ver-
gewissern, ob sie frisch sind oder nicht. Um nun zu den hygienischen
Verhältnissen der Zucht- und Aufbewahrungsteiche der Meeresfrüchte
zurückzukehren, d. h. der Oertlichkeiten, wo die amtliche Kontrolle
zwecks Schützung der öffentlichen Hygiene leichter ausgeübt werden
kann, indem wir auf die bedeutendsten italienischen Austernzüchtungs-
plätze einen raschen Blick werfen, können wir uns leicht überzeugen,
daß im allgemeinen diese Oertlichkeiten sich durchaus nicht unter lobens-
werten Verhältnissen befinden. In der Tat sehen wir, wie man in den
sogenannten venetianischen „Tälern" und in den Kanälen der Lagune,
welche mit denselben in direkter Verbindung stehen, die Auster auf
dem schlammigen Grunde, wo sich die Auswürfe des städtischen Lebens
aufhäufen, gelagert hält. In Spezia, wo der Naturforscher und Austern-
216 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. ö2. Heft 3/4.
Züchter Carazzi die Molluskenzüchtung nach der tarentinischen Methode
einführte, wo die Mollusken an pergolari hängen, sind die Verhältnisse
ohne Zweifel besser, obwohl man nicht behaupten kann, daß jede Ursache
einer möglichen Beschmutzung gänzlich beseitigt sei. Am Fusarosee,
einem höchst wichtigen Austernzuchtplatz, kann man in Anbetracht der
besonderen Lage des Sees, entfernt von wichtigen Bevölkerungszentren,
sagen, daß die Milieuverhältnisse relativ gute sind ; nur wäre es zweck-
mäßig, mit Sicherheit festzustellen, ob unter besonderen zeitlichen Be-
dingungen, besonders unter dem Einfluß der Flut oder der dem Ufer
parallel laufenden Meeresströmungen dem Wasser des Sees durch den
Verbindungskanal mit dem Meere Verunreinigungen aus dem großen
Ab wässersam melkanal von Cumä zugeführt werden können, welcher die
Abfälle eines Teils von Neapel ins Meer befördert. Uebrigens scheint
dies nicht sehr wahrscheinlich, wenn man in Betracht zieht, daß die
Ausmündung dieses Sammelkanals sich über 1 km weit von der Ein-
mündung des Verbindungskanals zwischen dem Meer und dem Fusaro-
see entfernt befindet. In vielleicht besseren Verhältnissen als der Fusaro-
see befindet sich der neu in Mare morto angelegte Molluskenzuchtteich,
auf dem Cumanischen Strande, wo die Austern und die Miesmuscheln
in sehr rationeller Weise nach tarentinischer Methode an einem Orte
gezüchtet werden, welcher in hygienischer Hinsicht eine gute Garantie
gewährt, dadurch, daß er sich weit entfernt von den Bevölkerungszentren
befindet, und weil zwei kurze und sehr tiefe Verbindungskanäle mit dem
Meer das Wasser des Teiches in fortwährender Bewegung erhalten und
es immerfort erneuern, und dafür sorgen, daß das Verunreinigungs-
material, welches zufälligerweise hineingelangen könnte, verdünnt wird.
Ohne die verschiedenen Fischteiche und Lagerplätze alle zu nennen,
welche an den Mittelmeer- und Adriatischen Küsten der Halbinsel ent-
lang und in den Häfen unserer Inseln verstreut liegen und sich größten-
teils in jämmerlichen hygienischen Zuständen befinden, wollen wir sehen,
auf welcher Weise das Kleine Meer von Tarauto, welches der größte
Austernzuchtplatz von Italien ist, den hygienischen Anforderungen ent-
spricht. Die Beschreibung, die Carazzi in seinem schätzenswerten
kurzgefaßten Lehrbuch über Austern- und Miesmuschelnzüchtung liefert,
kann meines Erachtens genügen, um uns ein genaues Urteil hierüber
bilden zu können.
Der Grund des Kleinen Meeres — schreibt Carazzi — wird von
einem schwarzen, weichen, stinkigen Schlamm gebildet, welcher um so
mehr mit organischen Substanzen verunreinigt ist, als wir uns der Stadt
nähern. Auf der Strecke, welche zwischen den beiden Kanälen liegt und
die sich gerade den Häusern des ärmeren Stadtteiles gegenüber befindet,
besteht der Schlamm des Meeresgrundes aus den Exkrementen der Be-
völkerung. Man muß hierbei bemerken, daß die Stadt keine Kloaken
und keine Abtritte hat, und daß der ganze Unrat jeden Morgen an den
Strand gebracht und in das Kleine Meer geworfen wird. Und als ob
dies nicht genügte, ist die topographische Lage der Stadt eine derartige,
daß, während der Teil, der nach der Seite des Großen Meeres gelegen
ist und gleichzeitig der reinlichste ist, am höchsten steht und fast eben
ist, der ganze Teil am Kleinen Meer eine starke Neigung nach diesem
Meere zu hat, so daß der Regen das besorgt, was die Menschen nicht
tun. In wenigen Worten ist das Kleine Meer die ständige Kloake von
30000 Einwohnern!"
„Zum Glück — fährt Carazzi fort — dienen die natürlichen Ver-
Bandi, Italienische Austernzüchtung und Darmkrankheiten. 217
hältnisse, welche einen fortwährenden Austausch zwischen dem Wasser
des Kleinen und dem des Großen Meeres erzeugen, wenigstens teilweise
dazu, so viel Lässigkeit der Behörden und so viel Schmutzerei der Ein-
wohner zu mildern/'
Aber die große UnVerhältnismäßigkeit zwischen Ursachen und
Wirkungen darf man nicht nur auf den fortwährenden Austausch des
schmutzigen mit dem relativ reinen Wasser und auf die dadurch be-
wirkte Verdünnung des Verunreinigungsmaterials zurückführen ; andere
Faktoren tragen zu der relativen Reinigung des Wassers bei, und zwar
in erster Linie die sterilisierende Wirkung des Sonnenlichtes und die
Erscheinung der Sedimentierung, durch welche die verunreinigenden
Substanzen und mit ihnen die pathogenen Keime sich auf den Grund
zu legen streben. Außerdem eignet sich das Meerwasser wegen seiner
chemischen Zusammensetzung schlecht zur Vermehrung der Keime und
ganz besonders der menschenparasitären Keime.
Außer diesen wichtigen Faktoren einer Reinigung des Milieus muß
man ein weiteres Moment von größtem Interesse in Betracht ziehen,
und zwar ist dies der emsige Prozeß von Selbstreinigung, welcher sich
im Innern der Auster und der Mollusken im allgemeinen abspielt. Es
ist ja eine bekannte Sache, daß im Innern der Mollusken eine sehr
rasche Zerstörung der Bakterien erfolgt, denen es gelungen ist, da hinein
zu dringen; ob dieser reinigende Prozeß durch die Einwirkung der Ver-
dauungssäfte hervorgerufen wird, wie Degiaxa behauptet, oder ob es
das Resultat einer wahren und echten Schutzphagocytose ist, wie Pel-
seneer, Chatin, De Bruyne usw. glauben, braucht hier nicht er-
örtert zu werden ; die Tatsache wurde mehrmals durch Versuche nach-
gewiesen und kann als sichergestellt gelten. Ich habe bereits 1897, als
ich den Verlauf einer Typhusepidemie in Messina und seine Beziehungen
zu dem Genuß von aus den Seen von Ganzirri herstammenden Mollusken
erforschte, an die wichtige Rolle gedacht, welche dieser aktive bakterio-
lytische Prozeß bei der Entstehung jener Darmkrankheiten von nicht
gut definiertem Typus spielen könnte, welche nach dem Genuß frischer
Mollusken plötzlich ohne Inkubationszeit auftreten, und nicht den kli-
nischen Symptomenkomplex des Botulismus aufweisen, aber als wahre
und echte Vergiftungen durch bakterielle Produkte zu betrachten sind.
Auf diese Vergiftungserscheinungen folgt zuweilen der Ausbruch eines
typhus-, paratj'phus- oder dysenterieartigen oder einer choleraartigen
Krankheit. Daraus schloß ich, daß man, wenn man Mollusken genießt,
die aus verunreinigtem Wasser herstammen, nicht nur pathogene Keime,
welche fast immer von menschlichen Dejektionen herstammen, sondern
auch die bereits erzeugten Bakteriengifte und besonders jene toxischen
Stoffe einführt, welche in der Bakterienzelle enthalten sind und durch
diesen bakteriolytischen Vorgang frei werden. Diesen besonderen Me-
chanismus zog ich auch zur Erklärung jener Fälle von stürmisch auf-
tretender und sofort tödlich verlaufender Cholera heran, welche während
der letzten Choleraepidemie in Neapel infolge des Genusses von Austern
nicht selten beobachtet wurden. Der Ausbruch der Krankheitserschei-
nungen kurz nach der Infektion der Mollusken und der charakteristische
pathologisch-anatomische Befund in diesen Fällen sprechen deutlich für
die Wirkung eines Bakteriengiftes, welches in nicht geringer Quantität
eingeführt worden war. Man dürfte zwar annehmen, daß bei dem aktiven
und steter Wasserwechsel im Innern der Auster die Produkte des Zer-
falls der Bakterienzelle, wenn dte Bakterien selbst im Innern der Mol-
218 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
lusken nur dem Schicksal von Fremdkörpern ausgesetzt wären, rasch
ausgeschieden werden : ich habe mich aber durch Versuche, bei denen
ich die Austern lange Zeit in filtriertem Meerwasser hielt, welches also
frei von jener unendlichen Zahl von Mikroorganismen war, welche die
natürliche Nahrung der Auster bilden, überzeugen können, daß diese
die Bakterien, welche künstlich dem Wasser, in dem sie lebt, zugefügt
wird, als Nahrungsmaterial ausnützt. Es handelt sich also in diesem
Falle nicht mehr um eine Schutzphagocytose und eine Expression der
Bestandteile der Bakterienzellen, sondern um einen Verdauungsprozeß
und eine darauffolgende Assimilation der genannten Elemente. Bei den
Prozessen von Proteolysis und Proteosynthesis, welche die Phasen des
Verdauungsprozesses bilden, die dem intraorganischeu Assimilations- und
Fixierungsprozeß vorangehen, erfährt ein großer Teil der Bestandteile
der Bakterienzellen keine tiefgehenden Veränderungen, wenigstens soweit
es sich um ihre Antigeneigenschaften handelt. Die genannten Bestand-
teile gehen durch das Blutplasma oder, wie Carazzi behauptet, durch
die Amöbocyten hindurch in die Gewebe der Mollusken über und werden
zu einem wesentlichen Bestandteil des Körpers derselben. Ich konnte
durch mikro-biochemische Reaktionen das Vorhandensein von bakteriellen
Stoffen mit antigener Wirkung, besonders in der Leber, nachweisen,
welche das Zentralwerkzeug des tierischen Metabolismus darstellt und
bei den Austern ohne Zweifel neben einer schützenden auch eine ab-
sorbierende Funktion besitzt. Diese giftigen Stoffe sind auch nicht
immer für die Mollusken selbst unschädlich, und ich glaube, daß die von
Coste, Ryder und Herd mann als Zeichen eines veränderten Meta-
bolismus beschriebene Leberkrankheit der Auster auf die degenerative
Wirkung einiger bakterieller Endotoxine zurückzuführen ist, welche
bekanntlich eine ausgesprochene steatogene Wirkung auf die Leberzelle
der höheren Organismen besitzen. Die Resultate dieser meiner Versuche
habe ich vor kurzem in der Toskanischen Gesellschaft für Hygiene mit-
geteilt.
Jeder, der sich mit mikrobiologischen Studien beschäftigt, wird wohl
die praktische Bedeutung dieser Ansammlung und Retention von patho-
genen Keimen im Verdauungsapparat der eßbaren Mollusken und von
Bakteriengiften in den Geweben derselben einsehen, besonders wenn es
sich um Mollusken handelt, die von Züchtungsplätzen herstammen, welche
fortwährend der Gefahr einer Verunreinigung ausgesetzt sind, wie es
eben in dem Kleinen Meer von Taranto der Fall ist, und besonders in
der Zone, welche sich näher am Ufer befindet.
In diesen Fällen würde also die bakteriolytische Tätigkeit nicht zu
einem Selbstreinigungsprozeß führen , sondern den Mollusken giftige
Eigenschaften verleihen.
Zum Schluß, wenn man von den rein wissenschaftlichen Fragen ab-
sieht, muß man zugeben, daß, obwohl eine Menge günstiger Faktoren
die Möglichkeiten von Uebelständen, welche durch den Verbrauch roher
Mollusken entstehen können, bedeutend verringern, diese Uebelstände
im praktischen Falle doch wirklich vorhanden sind, und unter gewissen
Umständen eine ernste Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen
können.
Welches sind nun die Mittel, die man gegen solche Uebelstände an-
wenden muß? Ich glaube, daß die wichtigste Maßregel darin besteht,
daß man die Mollusken soweit wie möglich vor der Verunreinigung
durch menschliche Dejektionen schützt.
Distaso, Sur la putr^faction de la paroi intestinale de i'horame. 219
Es ist wohl wahr, daß man, um diesen Zweck zu erreichen, vor allen
Dingen einen großen Teil der Molluskenzuchtteiche und besonders der
Aufbewahrungsteiche, die in Italien existieren und auf deren mögliche
Verunreinigung man großes Gewicht legen muß, abschaffen müßte, da
die Mollusken, welche in den Kleinhandel kommen, fast immer direkt
aus diesen Lagerteichen herstammen, in denen die Reinigung der Mollusken
geschehen sollte. Ein solche Maßnahme würde offenbar auf enorme
Widerstände stoßen, da man das, was an bestimmten Ortschaften aus-
geführt werden kann, ohne große Verstimmung zu erwecken, trotzdem
es den Schein einer bedrückenden Maßnahme hat — wie es z. B, in
Neapel geschehen ist, wo die Mollusken-Lagerteiche, welche sich in dem
kleinen Hafen von Santa Lucia befanden, zerstört worden sind - sicher-
lich nicht mit demselben Resultat au anderen Oertlichkeiten bewerk-
stelligen kann, wo die Molluskenzüchterei eine der wichtigsten, wenn
nicht die wichtigste Lokalindustrie darstellt. Den klarsten Beweis dafür
liefert uns die Tatsache, daß vor kurzem in Taranto die Sanitätsbehörde
durch die Macht der Umstände gezwungen wurde, die Meeresfrüchte als
eßbar zu erklären, welche von dem Mare piccolo herstammen, der sich,
wie ich bereits sagte, in einem weit unheilvolleren Zustand befindet als
der kleine Hafen von Santa Lucia. Und doch handelt es sich um eine
für die öffentliche Hygiene höchst wichtige Frage, und es ist notwendig,
daß endgültige und gerechte Maßnahmen getroffen werden. Andererseits
muß ich zugeben, daß es in diesem wie in vielen anderen Fällen viel
leichter ist, den Schaden anzugeben, als ein wirksames Mittel dagegen
vorzuschlagen, weshalb ich mich darauf beschränken muß, zu sagen :
„provideant consules".
Auf alle Fälle wird jedermann einsehen, welchen Nutzen die end-
gültige Anordnung der Austernindustrie auf rationellen Grundlagen
haben könnte, nicht nur hinsichtlich der öffentlichen Hygiene, sondern
auch im Interesse der Molluskenzüchter selbst, deren Ertrag sicher ganz
bedeutend zunehmen würde, wenn einmal der Zweifel und das'Mißtrauen
beseitigt würden, die man augenblicklich, wenn auch die Größe der
Gefahr übertreibend, diesem wichtigen Zweig der Nationalindustrie ent-
gegenbringt.
Neapel, 7. April 1911.
Nachdruck verboten.
Sur la putrefaction de la paroi intestinale de rhomme.
[Travail du Laboratoire de M'". Metchnikoff.]
Par A. Distaso-Londres.
P''" Partie.
Le but de ce travail est, d'etablir avant tout la marche d'une putre-
faction de la paroi intestinale et quelles sont les espöces microbiennes
actives dans ce processus. Apr^s avoir 6tabli ces faits, il est tout ä fait
utile de s'occuper de l'action des differentes substances sur cette flore
microbieune. Ces resultats ferent l'objet d'un autre travail.
Nous avons insiste en particulier sur les Sucres, car les produits
de leur transformation sous l'action de quelques microbes de la flore
intestinale normale, peuvent empecher le developpement des microbes
220 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
de la putrefaction. La flore de l'enfant au sein maternel en presente
un exemple typique.
Nous pourrions passer sous silence les travaux qui se sont occupös
de la putrefaction de la paroi intestinale, mais pour etre complet nous
croyons utile d'en donner un bref resume.
Le premier travail que nous connaissions sur ce sujet est celui de Stoecken et
Strassmann'). Ces auteurs donnent des microbes isol^s des caractferes insuffisants,
de Porte que nous ne pouvons tirer aucune conclusion de leur travail.
Esmarch^) quoiqu'il employät bien la m^thode pour l'isolement des anaerobies
trouve trfes rarement le vibrion septique dans cette putrefaction.
Kühne') arrive ä cette conclusion que le bacille proteus a le röle predonoinant
dans la putrefaction, tandis que les autres microbes jouent un röle accidentel.
Beck*) d^crit dans cette putrefaction le Bac. coli, le Bac. saprogenes, le
Bac. fluorescens un bacille semblable äcelui de Toedfeme maligne, le Proteus vul-
garis et le Zenkeri.
Lösener*) signale comme microbes qui se trouvent dans les organes en putre-
faction le Bac. proteus, le Bacterium fluorescens liquefaciens et d'autres
microbes qui lui rappellent le bac. typhiqne.
Ensuite c'est Dallemagne®) qui attribue un röle predominant aux microbes
anaerobies facultatifs dans la putrefaction de l'iutestin.
Malvoz") pense que le bacille coli est le microbe capable d'engendrer la putre-
faction et nie aux anaerobies un röle quelconque dans ce processus.
C'est en resume l'bistoire actuellement connue de la question. Mais arrive ä ce
point nous ne pouvons pas passer sous silence les principaux travaux sur la putre-
faction en general, car ils nous sont indispensables pour la comprehension de nos con-
clusions.
Pasteur indique que le röle predominant dans la putrefaction etait du aux
anaerobies du type du vibrion septique. II sut d'emblee en voir le röle preponderant.
Mais une autre ecole admettait (Hauser, Kühne, Foä et Bonome, Carbone
etc.) que le Bac. proteus devaient egalement jouer un röle.
Bienstock, reprenant ses travaux sur les microbes intestinaux, vit que les
microbes ä baguette de tambour n'etaient pas, comme il l'avait cru, des anaerobies
facultatifs, mais des anaerobies stricts. II les decrit ä nouveau et deraontre leur röle
preponderant dans les processus putrides. II sut voir le röle empechant de certains
microbes qu'il attribuait ä une force misterieuse «force antagoniste».
Avec des raethodes tout ä fait nouvelles Tissier et Martelly^) etudient de
nouveau dans un travail devenu classique, la putrefaction de la viande de boucherie,
reprennent ces travaux et confirment dans les grandes lignes les faits enonces par
Bienstock. Ils voient egalement que le röle principal etait du aux anaerobies et
precisent dans quelles conditions certains microbes pouvaient empecher l'action de ces
putrefiants. Ils etablissent en outre que cette putrefaction passe par deux etapes: La
premi^re caracterisee par la presence des ferments mixtes proteolytiques et peptolytiques,
qui detruisent les sucres et attaquent l'albumine, detruisent les proteoses et engendrent
de l'NHj, capable de neutraliser et alcaliniser le milieu. La seconde est la phase des
ferments purs, proteolytiques et peptolytiques, qui achfevent l'attaque de l'albumine et
de ses derives ultimes.
Salus*) s'occupe de la definition de la putrefaction. L'auteur trouve dans les
produits de metabolisme de ces microbes anaerobies Findol, le scatol, le phenol, l'acide
butyrique etc. ce qui l'amfene ä refuter l'aftirmation de Bienstock qui soutenait que
ces substances n'existent pas dans la putrefaction. Tissier et Mar teil y'") etaient arnve
precedemment ä la möme conclusion.
1) Stoecken u. Strassmann, Bakterien bei der Leichen fäulnis. (Zeitschr. f.
Medizinalbeamte. 1888.)
2) Esmarch, Das Schicksal der pathogenen Mikroorganismen im toten Körper.
(Zeitschr. f. Hyg. 1889.)
3) Kühne, Morphologische Beiträge zur Leichenfäulnis. (Arch. f. Hyg. 1891.)
4) Beck, Arb. a. d. patholog.-anat. Instit. Tübingen. 1891.
5) Lösener, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamtes Bd. 12. Heft 2.
6) Dalleraagne, Contribution ä Tätude des microbes du tube gastro-intestinal
des cadavres. Bruxelles 1894.
7) Malvoz, De la putrefaction. Bruxelles 1898.
8) Tissier et Martellv, Ann. Int<t. Pasteur. 1903.
9) Salus, Zur Biologie der Fäulnis. (Arch. f. Hyg. Bd. 51. 1904.)
10) Tissier et Martelly, 1. c.
Distaso, Sur la putr^faction de la paroi intestinale de l'homme. 221
Sarauel Ulrich') confirme aussi ce rösultat que lea anaerobies fönt la putre-
faction et au fond la marche de cette putr^faction est la möme que Celle qui avait ^t6
d^crite par T i s s i e r et M a r t e 1 1 y.
De Gasperis-) Studie la putröfaction de la pintade. Cet auteur ne voit que les
möraes choses vues par Tissier et Martelly et il se rallie aux rfeultat de ces auteurs.
Enfin derniferemeut Lange et Poppe -^j n'ont pu jaraais trouver des anaerobies dans
la putr^faction de la viande et ils nient leur existence et leur röle.
Pour 6tre coraplet nous devons citer les travaux de Falloise''), de Roger*), de
Roger et Garnier*'), lesquels se sont oceupös de la toxicit^ de l'extrait de la paroi
intestinale et des selles et enfin Dold') qui s'est occup^ de la toxicite des differents
organes.
Les microbes que nous avons rencontr^s, sont connus, exception faite pour un
staphylocoque et pour un petit bacille Gram-positif qui correspond par ses caractferes
au Bac. foetidus albus decrit avant nous par Choukiewietch'^). Ce staphylo-
coque que nous avons trouvö, est un anaerobie facultatif. II est deux fois plus grand
que le Staphylococcus albus. II se röunit en amas ou en diplocoque. II a tous
les caractferes du Staphylococcus albus sauf qu'il ne raodifie ni la g^latine ni
le lait.
Nous consiclerons desormais comme resolue la question. de savoir
si les anaerobies jouent un röle important dans la putrefaction de la
viande et de l'intestin, Sans eux en effet, aucun processus de putre-
faction n'est possible. Mais comme on le verra dans la suite de nos ob-
servations il faut donuer la juste place soit aux microbes aerobies, soit
aux facultatifs anaerobies, soit aux anaerobies stricts.
La technique suivie est une des plus simples. Le morceau de
l'intestin qui nous arrivait de la salle d'autopsie etait li^ aux deux
extremites et porte ä l'etuve ou ä la temperature de la chambre dans
une boite de Petri sous une clocche. Nous cherchions toujours ä
maintenir l'objet humide.
Les Processus de putrefaction sont les memes soit ä 37.*^, soit ä la
temperature de la chambre, sauf que dans ce dernier cas ils marchent
beaucoup plus lentement. Nous aurions voulu donner un tableau de la
distribution des microbes dans les differents segments de l'intestin, mais,
malheureusement, quand la piece nous arrivait, les premi^res phases de
la putrefaction etaient dejä accomplies.
Nos observations, qui portent sur un grand nombre d'intestins, nous
ont indique que la marche d'une putrefaction est la meme dans tous les
Segments de l'intestin. Ainsi, quand nous parlerons de la marche de la
putrefaction, nous entendrons nous reporter soit ä l'estomac, soit au je-
junum, soit ä l'ileon, soit au gros intestin.
Pourtant nous voulons etablir, comme bien distincts deux processus
qui s'accomplissent dans la putrefaction de la paroi intestinale. II y a
d'uu cote les processus qui se fönt en presence du Bac. proteus et
du Bac. pyocyanique et ceux qui se fond en leur absence.
Nous devons ajouter que nos etudes se sont portees plus parti-
culierement sur des inlestins d'enfants. Quoique les processus soient
les memes que chez l'adulte, il faut cependant reconnaitre que certains
1) Ulrich, Samuel, Ueber den Bakterien gehalt des Fischfleisches. (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. ö3. 1906.)
2) De Gasperi, Rendic. d. R. Accad. di scienz. di Torino. 1910.
3) Lange u. Poppe, Ueber den Einfluß des Stickstoffes auf die Haltbarkeit des
Fleisches, nebst Beiträgen zur Bakteriologie der Fleischfäulnis. (Arb. a. d. Kaiserl.
Gesundheitsamte. Bd. 33. 1910.)
4) Falloise, Arch. Intern, de Physiol. 1007.
5) Roger, Soc. de Biol. 25. 7. et 7. 11. 1908.
6) Roger et Garnier, Soc. de Biol. 14. 3., 4. 4. et 28. 5. 1908.
7) Dold, Zeitschr. f. Immun. Teil I. Bd. 10. 1911.
8) Choukiewietch, Ann. Inst. Pasteur. 1911. No. 3.
222 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
microbes de l'adulte ne se prösentent jamais daus im intestin d'enfant.
En outre nous avons eu, gräce ä la bienveilance de M*" Metchnikoff,
trois intestins de chimpanses, infectes avec le Bac. proteus, qui ont
et6 pour nous extremement interessants.
La technique pour l'isolement et la determination des especes micro-
biennes etait la technique habituelle pour les recherches des microbes
aerobies et anaerobies. De plus nous avons employe des milieux speciaux:
Bouillon acetique ä 1 ''/o, bouillon ordinaire avec des cubes de blanc d'oeuf,
gelatine, lait, eau physiologique avec des morceaux de pomnies de terre.
Milieux extremement precieux pour l'etude des Processus de la putre-
faction.
Avant de decrire la marche d'une putrefaction, nous tenons ä etablir
d'abord, que nous appelons un microbe actif dans un momeut donnö,
quand il est predominant et ä l'etat vegetatif. Nous disons cela parce
que, en effet, certains auteurs ont demontre dans la putrefaction la
presence, par exemple, du Bac. perfringens qui se trouvait a cöte
du Bac. putrificus mais il est certain que ces Perfringens n'ont
6te isoles qu'ä l'aide de la methode des spores ou bien s'il existe dans la
preparation des batonnets que lui ressembient, ils appartiennent certaine
ment au Bac. mesentericus.
Marche de la putrefaction.
Nous döcrirons successivemeut la putrefaction d'un intestin d'une
vieille femme de 82 ans, d'un enfant de 14 mois et d'un enfant de
19 mois.
La putrefaction de l'intestin de la vieille femme etait faite dans les
meilleurs conditions. Cette femme etait m orte en 24 h. d'une pneumonie
et l'autopsie a ete faite 14 h. apres le deces. Etant donne qu'elle etait
une constipee, nous avons choisi pour nos experiences son coecum. En
effet, tandis que la flore des selles etait formee de rares microbes Gram-
positifs et d'une quantite innombrable de spores, celle du coecum etait
au contraire riebe en Bac. bifidus, en Bac. acetogene « et ß^) il y
avait des Coccis de taille petite, moyenue et grande, l'enterocoque,
des microbes en baguette de tambour^), le Bac. perfringens, le
Bac. sporogenes de Metchnikoff ä l'etat vegetatif. En outre la
flore Gram -negative etait abondante, tandis que dans les selles eile faisait
presque defaut. II y avait en outre beaucoup de spores. La reaction
etait neutre au tournesol, l'odeur de scatol etait caracteristique. J'ai
porte le coecum ä l'etuve. Apres deux jcurs le Bac. bifidus a com-
pl&tement disparu, les acetogönes sont tres rares. On voit un phenomöne
trös remarquable: Le Bact. coli deveuir le microbe predominant, les
Coccis diminues on en voit sur la preparation irhs rarement. quelques-
uns par-ci par-lä.
Aussi on voit en grande quantite le Bac. sporogenes dans sa
forme caracteristique en tonneau, quelques Clements du Bac. putrificus
de Bienstock-Tissier et des microbes en baguette de lambour qui
appartiennent au Rode IIa III et au Bac. gazogenes parvus^) et
1) Distaso, Sur les microbes acido-tol^rants de la flore intestinale. (Centralbl. f.
Bakt. Abt. I. Orig. ßd. 59. 1911.)
2) Quand on voit sur les preparation un microbe en baguette de tambour on n'a
()as le droit de dire qu'il est ie Bacillus putrificus, car ils y a le Rodella III,
e Bac. gazogenes parvus, etc., qui lui ressembient extremement.
3) ChouKiewietch, 1. c.
Distaso, Sur la putr^faction de la paroi intestinale de rhomme. 223
ses Varietes. II est trös facile alors de distinguer ces microbes, car ils
ont acquis des spores, et leur forme caracteristique, L'odeur est egale-
ment changee. On sent l'acide butyrique tr^s fortement. Apr^s 5 jours
la reaction est devenue nettement alcaline. Le tableau de la flore est
complötement change. Le Bac. sporogenes, le Rodel la III et ses
Varietes, le Bac. gazogenes ne se prösentent qu'en de tr^s rares
exemplaires et ceux qui sur-vivent se colorent tr^s mal avec le Gram.
Tout iudique, donc, que leur activite döcline. Pourtant ils se presen-
tent encore sous forme de spores. En ce moment il se developpe un
microbe nouveau le Bac. putrificus coagulans^j en quelques
exemplaires qu'on trouve par-ci par-lä sur la preparation. Le bacille
coli est encore le microbe predominant, on trouve des Coccis, mais
en quantite tr^s petite. L'odeur butyrique se fait toujours plus in-
teuse et insoutenable. Apres 9 jours il y a encore un changement
dans le tableau de la flore. Le microbe predominant n'est plus le Bac.
coli, mais un microbe en baguette de tambour, le Bac. putrificus
coagulans. A cöte on trouve des Coccis. Dans cette periode il y
a deux faits importants, la disparition du Bac. coli et de tous les
autres microbes qui ä eux seuls pouvent faire une putrefaction (sporo-
genes etc.) et la reduction de la flore ä un seul microbe, le Bac.
putrificus coagulans, car les Coccis sout en si petite quantite
qu'ils ne peuvent pas jouer un role important. L'odeur est nauseabonde,
quoique l'odeur butyrique est predominante. Ensuite la flore reste pour
quelque temps la meme, c'est-ä-dire: Formee du Bac. putrificus
coagulans et de coccis qui appartiennent aux Streptococcus
intestinalis et aux staphylocoque liquefaciens. La putrefaction se
serait arretee ä ce point lä, comme il se passe ordinairement, quand le
morceau n'est pas souille exterieurement. Mais souvent le morceau est
souille et apres cette phase des autres microbes pullulent ä la surface
du morceau, tandis que les autres accomplissent leur oeuvre en dedans,
c'est le Bac. foetidus albus et le Bac. subtilis. L'odeur change
tout d'abord. Au lieu de cette odeur penetrante et desagreable d'acide
butyrique on sent une odeur tres prononcee de NH3.
Cette flore: Bac. putrificus coagulans, Coccis, Bac.
foetidus albus et Bac. subtilis restent longtemps ainsi sans
detruire le morceau, mais en le rendant comme un parchemin qui meme
apres longtemps n'est pas dissout complötement devenant une masse
noiratre.
En resume une putrefaction de la paroi intestinale de l'homme
adulte passe par 3 etapes distinctes :
1) La phase de reduction de la flore intestinale, c'est-ä-dire celle
de la disparition des microbes delicats ä biologie normale et pullulation
du Bac. coli. La flore prend l'aspect tout ä fait special que nous avons
decrit. Dans cette phase le milieu devient extremement alcalin, l'odeur
de scatol se change en celui d'acide butyrique.
2) Phase des ferments anaerobies oü l'unique microbe actif est le
Bac. putrificus coagulans. On trouve k cöte de rares coccis.
3) Phase des ferments aerobies ou phase ammoniacale. Dans cette
phase se developpent les microbes aerobies stricts qui transforment les
produits complexes en produits trös simples et operent la desintegration
totale de la paroi intestinale.
1) Distaso, Sur les microbes proteolytiques des la flore intestinale de l'homme
et des animaux. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. ßd. 59. 1911.)
224 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Les phases que nous avons etudiees in vitro doivent etre les
meines que Celles qui se passent dans la uature.
Putrefaction de la paroi intestinale chez un entant de
14 mois, mort de diarrhee ä Bac. proteus.
La flore est faite de tr^s peu de microbes differents. La röaction
est neutre, Sur les preparations la tlore G ram -positive est la pre-
dominaute. On voit de rares coccis de grande et de petite taille, des
acetogene et une grande quantite de Bac. bifidus. La tlore Gram-
negative est aussi assez abondante eile est composee en grande partie
de Bac. coli et de Bac. proteus, mais au contraire les spores du
Bac. per fr in gen s semblent etre absentes. Petit ä petit apr^s öjours
la reaction tente ä devenir alcaline. La flore subit le changement cor-
respondant ä la phase de reduction, mais il n'y a pas la poussee ni du
Bac. sporogenes, ni du Bac. perfringens, ni du Bac. putri-
ficus Bienstock-Tissier. Apres 9 jours la reaction devient nettement
alcaline. La flore Gram -negative est celle qui domine entierement dans
les preparations; on voit tres rarement quelques diplocoques Gram-
positifs. Les especes dans ce moment sont reduites ä trois le Bac.
proteus, le Bac. coli et quelques Coccis. Apres 13 jours l'odeur
est desagreable insoutenable. II y a un melange d'odeur d acide buty-
rique et de putrefaction. Dans ce moment commencent ä apparaitre des
microbes ä baguette de tambour, mais on les voit encore en nombre
tres rare.
Apr^s 20 jours leBac. putrificus coagulans domine. A cöte
de lui on voit quelques microbes Gram-negatifs et de tres rares
Coccis. Dans ce temps de l'apparition et du developpement extra-
ordinaire du Bac. putrificus coagulans, l'odeur butyrique est
encore plus remarquable. A cette epoque l'ensemencement du Bac.
coli est toujours negatif. Dös ce moment on voit, donc, que ces deux
microbes ont une vie incompatible Tun avec l'autre. II est certain que
les produits de metabolisme de Tun sont nuisibles ä la vie de l'autre.
Apres un mois et 14 jours le Bac. putrificus coagulans com-
mence ä perdre son activite vegetative, car il prend le Gram par la
place seulement et il donue une grande quantite de spores. Puis les
microbes diminuent de nombre. Leur activite somble flechir, on voit ä
cöte d'une debäcle microbienne, des bätonnets Gram-negatifs qui sont
des Bac. proteus et quelques rares Coccis.
Apres 3 mois et 20 jours les choses restent ä peu pres dans cet
etat. Mais pourtant l'attaque de la paroi intestinale se continue
jusqu'ä sa dissolution coraplöte. II se forme une bouillie horriblement
putride qui laisse emaner une odeur caracteristique de NHg et d'acide
butyrique. La reaction est extremement alcaline les microbes existants
sont le Bac. proteus, le staphylocoque et quelques Bac. putri-
ficus coagulans. Le resultat est le meine dans les putrefactions
avec le Bac. pyocyanique.
Cette etude est interessante ä plusieurs points de vue. Tout d'abord
nous avons pu etablir la marche d'une putrefaction ä Bac. proteus
qui reste active jusqu'ä la tin de la putrefaction, et il est capable d'operer
la dissolution complete de la paroi intestinale. Ce fait a ete observe
seulement avec l'intestin des enfants, l'intestin de l'adulte en presence
de Bac. proteus ne se dissout jamais. II est une Observation que nous
avons faite constamment que l'intestin de l'adulte contient une grande
quantite de graisse. Les microbes anaerobies de la putrefaction qui
Distaso, Sur la putr^faction de la paroi intestinale de l'honime. 225
d'apres les observations de Tissier etMartelly^) söcrötent une lipase
Uhs active, attaqueraient avec une vigueur tout ä fait reniar([uable cette
substance qui est transformee en un liquide huileux qui baigne le
morceau. Or, cette substance serait capable d'arreter une putrefaction.
En effet, apr^s qu'une putrefaction de morceau d'intestin est arrivee
ä l'apogee du processus putrefactif nous avons j'ete le liquide huileux,
lav6 la piece et remis encore ä l'etuve. Le resultat etait que, le morceau
ne sentait plus l'acide butyrique, mais au contraire la putrefaction typique.
Pourtant les parois sont restees intactes aussi cette fois. Ce fait de la
resistence de la paroi intestinale aux microbes les plus puissants de la
putrefaction nous reste inconnu.
Putrefaction de la paroi intestinale d'un enfant de
19 mois, faite a la temperature de la chambre.
La flore du gros intestin est tres variee. Elle presente l'aspect
decrit par Tissier 2). Apres 8 jours la preniiere phase est dejä com-
pletement etablie. Au debut meme proliferation du Bac. coli et dispa-
rition des microbes de la flore intestinale. II y a quelques rares Bac.
perfringens ä l'etat vegetatif.
Mais apr^s 14 jours, il y a l'apparition du Bac. putrificus
Bienstock-Tissier en quelques exemplaires seulement. Ce microbe
se substitue graduellement au für et ä mesure que le Bac. coli dispa-
rait, comme d'ailleurs cela se passe dans toutes les putrefactions etudiees.
Apres 1 mois et 8 jours le Bac. coli a en eftet disparu et le Bac.
putrificus (Bienstock-Tissier) en est le microbe predominant. A cöte
on voit de rares coccis. Cette putrefaction continue ä marcher ainsi
sans que le Bac. putrificus coagulans ait le temps d'apparaitre
et de developper son activite. Les parois de cet intestin ne sont pas
dissoutes.
Les conclusions qui se degagent de nos observations, nous les pou-
vons resumer ainsi: Des 3 types de putrefaction ötudiee la premiere et
la deuxieme se sont faites avec le concours des microbes aerobies stricts
ou facultatifs, qui sont capables d'achever le processus de desintegration.
C'est-ä-dire il y a besoin pour l'accomplissement des processus de
desintegration de ferments qui donnent des produits simples comme
NH3, H, COo.
Dans cette categorie de microbes on doit inclure aussi le Bac.
subtilis qui comme nous verrons dans la II partie de ce travail est
capable d'achever cette transformation, car les anaerobies les plus puis-
sants ä eux seuls ne sont pas capables d'accomplir le processus. Mais
pourtant la desintegration complete de la paroi intestinale en presence
du Bac. Proteus, de Bac. pyocyanique ou de microbes du groupe
subtilis dans nos experiences se faisaient seulement quand il s'agissait
d'intestins d'enfant ou de chimpanses. Jamals il ne nous est arrive
d'observer la meme phenomene avec l'intestin de l'adulte, quoique le
Bac. Proteus fut present. La presence de ce liquide huileux qui,
comme nous l'avons montre, se forme gräce ä l'action des lipases secre-
tees par les microbes anaerobies, ne peut non plus nous expliquer ce
fait, car, nous avons vu aussi qu'en enlevant rette huile, la paroi in-
testinale reste pendant longtemps sans etre touchee.
La Siöme putrefaction nous montre un fait d'interet capital, ä savoir,
la Substitution des microbes de la putrefaction. En effet, ici nous
1) loc. cit.
2) Tissier, Ann. Inst. Pasteur. 1908.
Erste Abt. Orig. Bd. 62 Hcft 3/4. 15
226 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
avons vu que le Bac. putrificus coagulans n'apparaissait pas et
etait substitue par le Bac. putrificus (Bienstock-Tissier). En autre
fait important se degage, ä savoir que les microbes anaerobies les plus
puissants ne sout pas capable de dissoudre la paroi intestinale.
II est encore un fait digne de remarque pour l'etude de la flore
intestinale que tant qu'existe le Bac. coli, le Bac. putrificus n'est
jamais capable de developper son action. C'est seulement plus tard,
quand le Bac. coli est mort qu'il developpe toute son activite. Ce fait
du reste, on l'observe aussi in vitro quand on met une parcelle de
selles dans un tube de bouillon blanc d'oeuf. Nous verrons aussi dans
la II partie de ce travail quelle est l'explication de ce fait tres im-
portant. Constatation de haute interet car ainsi un organe sans defense
comme le gros intestin, se trouve ä l'abri des mefaits qui pourraient
resulter de la stase intestinale. Nous avons etablie trois phases, par
lesquelies passe la putrefaction intestinale:
1) Phase de reduction de la flore intestinale qui prend un aspect
tout ä fait special. Le Bac. coli est le microbe predominant, de
rares Coccis, de rares Rodella III et Bac. gazogenes et des
especes putrefiantes comme le Bac. perfringens le Bac. sporo-
genes Metschnikoff et le Bac. putrificus Bienstock-Tissier.
Dans cette phase le milieu devient alcalin, l'odeur de scatol se change
en celui d'acide butyrique.
Dans la putrefaction de la paroi intestinale des enfants la flore est
encore plus reduite; car le Bac. sporogenes Metschnikoff et le Bac.
putrificus Bienstock-Tissier ne se presentent pas, quand la putrefaction
se fait avec le Bac. putrificus coagulans.
2) Phase des ferments anaerobies stricts: (Bac. putrificus co-
agulans et rarement du Bac. putrificus Bienstock-Tissier) oü ce
dernier est l'unique microbe actif. On trouve ä cöte quelques rares
Coccis qui ne prennent aucune partie ä ce processus, mais qui peuvent
resister aux poisons secretes par les microbes de la putrefaction. Aussi
dans les putrefaction s äBac. proteus, ce dernier est toujours prä-
sente dans cette phase.
3) Phase des ferments aerobies ou phase ammoniacale dans laquelle
la desintegrations de la maliere albuminoide se poursuite jusqu'ä la
formation d'ammoniaque. Ces 3 phases doivent aussi etre Celles qui
se fönt dans la nature, oü il y a un mutualisme des plus raffines entre
les ferments ä biochimisme different.
Entre outre le Bac. perfringens ne joue aucun röle dans la
putrefaction de la paroi intestinale. La biologie de ce microbe nous dit,
qu'il doit en etre ainsi. On sait en efi'et, tout d'abord, que ce micro-
organisme est un faible ferment des albumines, on sait en outre que
mis dans un milieu alcalin, il commence ä vegeter, mais ne tarde pas
ä donner des spores, II aime au contraire le milieu acide, comme nous
le montrerons dans les essais de transformation de la flore intestinale.
II y a pourtant un fait inexpliqu6 pour nous: pourquoi ces microbes
se succ^dent-ils ainsi? On a fait deux hypotheses: 1) qu'ils disparaient
parce que la nourriture pour eux n'existe plus, 2) que Tun prepare le
milieu de l'autre. On ne saurait soutenir ni l'une ni l'autre de ces
hypotheses par des arguments vraiment scientifiques. La premiere hypo-
th^se ne tient pas devant ce fait que le Bac. coli ne resiste pas k la
poussee du Bac. putrificus, avec lequel il pourrait former cependant
le plus bei exemple de mutualisme, car le Bac. putrificus determine
Distaso, Sur la putröfaction de la paroi intestinale de rhomme. 227
une d6composition des albumines, dont le Bac. coli peiit trös bien se
suffire et largenient.
La derniere hypothöse est aussi faible, que la premiöie. On ne
peut l'admettre en effet, quand on sait qu'en detruisant par la chaleur
le Bac. coli dans un tube, les microbes de la putrefaction poussent
d'emblee et en plus dans le meme tube le milieu depuis le commence
ment est tres alcalin, il y a donc ici vraisemblablement une loi qui
regit leur apparition.
II est un fait bien etabli, cependant, dans la putrefaction, c'est que
chaque raicrobe qui prend part ä ce processus suive dans la poussee
la meme evolution. Des que nous avous aflfaire au fond ä 2 microbes,
le Bac. coli et le Bac. putrificus coagulans, comme c'est le cas de
la putrefaction de la paroi intestinale de l'enfant, cette seniplicite nous
permet quelques considerations.
Nous voyons, en effet, constamment ce fait que deux microbes se
succedent et que Tun devient actif ä son tour quand l'autre a disparu.
Pourquoi Tun disparait-ilV pourquoi l'autre attend-il cette disparition
pour devenir actif? II est certain comme nous le demontrerons dans
la 2^^™^ partie de ce travail, que les produits secretes par le Bac.
coli doivent etre capables d'empecher le developpement du Bac. putri-
ficus coagulans. Ce fait du reste est tres simple ä verifier. On
ensemence deux tubes bouillon blanc d'oeuf avec des selles, on chauffe
Tun deux ä 60" pendant 1 b., l'autre n'est pas chauflPe. On observe, en
effet, que dans le tube chauffe la Proteolyse commence vite, tandis que
dans l'autre eile se fait attendre jusqu'ä la disparition du Bac. coli,
ou bien eile ne se fait jamais. Mais, fait tres important, il y a dans ce
dernier cas aussi des microbes de la putrefaction. Ce fait nous fait
penser que en effet le Bac. coli par ses produits est capable d'empecher
le developpement des microbes proteolytiques ou tout au moins de
neutraliser leur diastase. Ces produits, pourtant, ne sont pas capables
d'arreter une putrefaction.
Mais pourquoi le Bac. coli meurt-il? II est une loi generale dans
le monde des bacteries que les microbes sont tues par les produits,
qu'ils donnent, loi generale en biologie du reste ^). Aussi dans la putr6-
dans la putrefaction le Bac. coli, comme dans un tube de culture, se
tue probablement par les produits de son metabolisme et le Bac.
putrificus peut ainsi deployer son activite.
II est une autre queslion qu'il est necessaire de discuter ici: qu'est-
ce qu'on doit compreudre par esp^ces putrefiantes, quelles sont ces
esp^ces dans la putrefaction de la paroi intestinale? Qu'est ce que
signifie putrefaction? Si nous prenons par exemple le pouvoir de dis-
solution que chaque microbe peut exercer vis-ä-vis de la paroi in-
testinale; nous avons vu qu'aucun des anaerobies les plus puissants
n'est capable d'operer tel i)rocessus et que seulement la succession de
microbes ä biochimie differente peuvent l'operer et pourtant ils sont
des putrefiants. Si nous nous attachons, comme ont fait plusieurs
auteurs, ä döfinir la putrefaction par l'odeur mauvaise, nous avons vu
que des le debut l'odeur etait nauseabonde et nous serons oblige d'ad-
mettre le Bac. coli, le streptocoque, le Rodella III, le staphylo-
coque blanc et ses varietes, le Bac. proteus, pyocyanique, le Bac.
mesentericus, le Bac. perfringens, le Bac. sporogenes,
1) Un autre exemple en est le Bac, perfringens. Ce microbe se tue dans les
milieuz sucrös par l'acide butyrique, qu'il donne.
228 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
le Bac. putrificus (Bienstock-Tissier-Metschnikoff) et notre Bac.
putrificus coagulans sont chacun ä leur tour des raicrobes
putrefiants. Ainsi Salus (loc. cit.) dans son etude definit la putre-
faction «la decomposition par les microbes anaerobies des
substances albuminoides qui laissent apres elles des
produits de haute composition moleculaire. Les produits
gazeux de ces microbes sentent tres mauvais. Les Pro-
cessus de putr6faction se terminent laissant des parties
non decomposees resistantes et en grande quantite». Si
cette döfinition repondait ä ce qui se passe dans la nature, il n'y aurait
plus de transformation de l'azote, et la terre ne serait plus fertile et
nous ne pourrions plus vivre. Mais ce qui est plus interessant, c'est
que Salus meme admet dans la putrefaction des vegetaux (Verwesung)
que la substance organique disparait entierement. Je ne saurais com-
prendre cette distinction. En effet, la substance organique des cadavres
disparait corapletement, comme disparait la substance organique d'une
plante. Nous avons montre aussi que dans la putrefaction de la paroi
intestinale il y a la reduction par l'oeuvre des anaerobies facultatifs en
Corps simple comme le NHg que nous pouvons constater avec nos sens.
Donc il existe vraiment trois etapes, telles que nous les avons döcrites.
et ces etapes correspondent ä ce qui se passe dans la nature, soit chez
les vegetaux soit chez les animaux. Les differents processus en question
sont faits par des microbes differents qui aboutissent finalement aux
memes resultats. Un exemple typique c'est la putrefaction du lait. II
s'agit ici d'albumine animale et la putrefaction ne se fait pas comme
pour la viande.
Dans les processus de la putrefaction il y a donc des especes qui
sont propres ä certaines periodes et leur produits sont repris et detruits
par d'autres especes. II se degage par consequent de ce que nous
venons d'exposer qu'il y a des especes qui concourent a faire la putre-
faction, mais chacune d'elle n'est pas capable de faire toute seule une
putrefaction complete. Ainsi nous sommes oblige de tenir comme bien
distincts les processus qui s'accomplissent en culture pure dans nos
milieux artificiels, et ce qui se passe dans la nature.
C'est un fait que chacun peut observer que la phase du Bac.
putrificus coagulans est marquee dans la decomposition de l'intestin
par la production de l'acide butyrique, tandis que le meme microbe en
culture pure et dans les milieux de fibrine ou avec les cubes de blanc
d'oeuf cuit, ne donnent jamais cette odeur.
La flore que nous venons de voir dans la putrefaction de la paroi in-
testinale, nous rappelle ce que nous avons vu dans la flore du meconium.
Cette flore qui s'installe des le debut de la vie reste ainsi pendant toute
la vie de l'homme. Cette flore ne quittera jamais l'intestin humain,
eile est comme un h^ritage que l'intestin humain regoit de l'ambient
oü il commence ä vivre. L'idee en effet d'une flore fon damentale-
obligatoire doit se reduire ä cette conception si on veut rester dans
la verite, car nous avons vu dans les pages precedentes qu'elle ne dis-
paraissait jamais. La flore fluctuante est celle que nous pouvons ä
notre aise peut-etre changer, reduire ou detruire, tandis que cette flore
de la putrefaction est celle qui est en meilleur symbiose, avec les sucs
intestinaux. Elle ne craignent ni l'alcalinite, ni l'acidite moderne, meme
si l'acidite est tr^s grande cette flore se reduit ä une vie latente, sans
perdre jamais le pouvoir de se dövelopper, quand l'occasion lui sera
Debono, On sorae anaerobical bacteria of the normal human intestine. 229
favorable. Les autres microbes que nous retrouvons, ont au contraire
une biologie et uue adaption tout a fait speciales, ils ne sont pas si
faciles ä contenter comme ceux de la flore de la putrefaction.
C'est Sans doute parce qu'ils trouvent ici reunies toutes les meilleures
conditions voulues de leur existence que ces microbes de la putrefaction
normale de l'intestin ont une vitalite si persistante et comme il fallait
s'y attendre c'est avec ces memes microbes que nous introduisons dans
notre organisme des la naissance que s'operera la putrefaction de la
paroi intestinale.
Nachdruck verboten.
On some anaerobical bacteria of the normal human
intestine 0.
[From the Bacteriological Department of the Royal Institute of
Public Health London.]
By P. Debono, M. D., Malta, D. P. H.
With G figures.
Until comparatively recent times the bacterial flora of the intestine
has received little attention, and its importance as a factor of health
and disease has hardly beeu recognized.
This is no doubt due to want of knowledge as to its composition.
After Escherich, the first one to study seriously the intestinal
bacteria was Tissier, who in 1900 published his classical work on the
flora of infants and young children.
With Tissier, Rodella, Bienstock, Klein, and Metchni-
koff made it the subject of some of their studies.
The subject, however, is far from being exhausted. Through the
kindness of Dr. Distaso of the Royal Institute of Public Health I have
been enabled to study several anaerobes isolated by him on ditferent
occasions from faeces; of these I have chosen the following which I
believe to be of some interest as the subject of my communication.
I need not dwell on the methods employed for Isolation and culti-
vation , for the usual technique was followed. The organisms to be
described belong to the following classes:
1) Proteolytic Bacilli.
2) Peptolytic Bacilli.
I. Proteolytic Bacilli.
Bacillus sporogenes coagulans.
This organism appears as straight rods about the size of B. an-
thracis, with rounded ends, very regulär in shape and showin g, in
young cultures, a striking uniformity in size. It does not form chains,
is slightly motile, and gram positive.
It spores readily in all media, the spores are oval and occupy almost
half the length of the Bacillus; generally they are subterminal but some
are median. They give rise to a well marked bulging of the bacillary
1) Paper read before the Coneress of the Royal Institute of Public Health io
Dublin.
230 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
body, the median spores causing the Bacillus to assume the shape of
a Clostridium.
Growth takes place only under strictly
jo anaerobic conditions. In deep glucose agar
^ ^ (/ (/ y^ colonies appear as small yellowish dots. As
these grow larger the central part becomes
A ^-;^ dense opaque and assumes a spherical shape;
(/ £^ the peripheral part is much less dense and has
/ ^
. ^ no well defined niargin. If the colonies are
Q V ^ not too crowded they may reach 2—3 mm in
^ diameter. Old colonies have a decided brown
tint. Microscopically the central part is quite
opaque while the peripheral is very granulär
and without any detinite margin.
Fig. 1. The medium is fissured by gas but remains
Bac. sporogenes coagulans. clear. The bacillus grows well both in piain
and in sugar gelatine, rapidly inducing lique-
faction and turbidity of the medium. Growth ceases at about one third
of an inch from the top. The cultures give off a nasty smell of putre-
faction and spores are very abundant.
In broth it gives rise to a uniform turbidity, cooked white of egg
both in broth and in saline Solution is vigorously attacked and dissolved
completely in 3—4 days.
Milk after 24 hours incubation is turned into a solid clot and a
small quantity of clear serum, the clot is subsequently acted upon and
dissolved from without inwards so that it appears smaller and smaller
without losing its shape.
It ferments glucose with production of acid and gas, having a rancid
smell of butyric acid but it does not act upon other sugars.
Biologically and culturally this organism approaches the Bac. bi-
fermentans sporogenes described by Tissier, but is not quite
identical with it. It differs slightly in the shape of the colonies, the
shape of the spores, and above all in milk culture. It is sharply
diiferentiated from the members of the Tetanus group by the size and
shape of the spores, these organisms almost always showing the charac-
teristic drumstick form, it also differs from these in the way it acts upon
milk and in liquifying gelatine much more quickly.
The shape of the spores and the appearance of these colonies are
rather similar to those of Clostridium foetidum described by
Liborius and Sanfelice, but this organism gives rise to a great
deal of gas, a property which is not shared by the Bacillus described
above, several strains of the Clostridium have been isolated and
described, thus Lüderitz described one under the name of B. magnus
liquefaciens, while Gärstner described 6 others having slightly
ditferent characters. These authors, however, do not give a sufficiently
detailed description to enable one to differentiate clearly between the
Bacillus described by them and the one described above ^).
I therefore believe that this is an organism hitherto undescribed,
closely allied to the B. bifermentans sporogenes and propose to
call it B. sporogenes coagulans. D i s t a s o -) has described several
1") Jungano et Dietaso, Les anaerobies. Paris 1910.
2) Distaso, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. 1. Orig. Bd. 59. 1911. p. 97.
Debono, On some anaerobical bacteria of the normal human intestine. 231
varieties belonging to this group, but the above organism is distinct
from them all.
Bacillus putrificus ovalaris.
This second organism, belonging to the class of proteolytic Bacilli
was isolated for the first time from putrid meat, but subsequently
Distaso has come across it in faeces. It usually presents itself as
straight or curved rods, rather smaller than the Bacillus of Welch
(3 — 4 ,«X6— 8 /<) with rounded ends. Its size,
however, is rather variable, long and short as .
well as Short chains 0,4—8 eleuients being | -^ '^
frequently met with. Q \
It is mobile and stains by Gram. It ^ (\ f "^
forms spores in all media, the spores are y^ 1 '
oval and are attached to the ends of the / J
bacilli. In gelatine cultures free oval spores y P
are to be met with. '^ ^ ^
Its colonies in deep glucose agar have t "^ ^ — ^=»
the following characters: At first they appear h *=''^
as small points, just evident after 24 hours' Fig. 2.
incubation, after 48 hours they have grown ß^^. putrificus ovalaris.
and assumed the shape of small spheres, some
are very coherent and can be nioved about the medium with the point
of the pipette; on the third day the colonies are still larger and have
acquired a brownish tint, they appear surrounded by a narrow zone
of granules which in some cases form a well marked areola round the
colony.
Microscopically they are quite opaque granulär, and without a definite
margin. No colonies are found within \ inch from the top showing
that the Bacillus is a strict anaerobe, gas formation is very scanty.
In gelatine it grows both at 37 and at 22^ C; liquefaction is cora-
plete within 3 days, the medium is uniformly clouded, more so in the
sugar than in the piain gelatine, but in both the turbidity does not
extend beyond \ inch from the top. After some time the medium
clears up somewhat and a slimy deposit is formed at the bottom of the
tube; spores are very abundant in this sediment. White of egg is slowly
attacked and rendered translucent before being dissolved. The cultures
develop a nasty small of putrefaction. It grows in peptone broth giving
rise to a uniform cloud but no indol.
Milk is very slowly acted upon, it is rendered acid and peptonized
without being coagulated. The process occupies 4 — 6 days.
Of sugars it attacks glucose and lactose, producing acid and very
little gas, smelling both of butyric acid and of skatol, it produces some
acid from cane-sugar but does not act upon dulcite.
Both morphologically and culturally this Bacillus approaches the
Bac. putrificus (Bienstock) but differs from it in some particulars,
thus it acts much more readily upon sugars and gelatine; and, what I
believe to be rather important the spores are almost always oval and
not round like those of the Bac. putrificus. I am therefore inclined
to think that this Bacillus is a variety of Bac. putrificus with
oval spores.
The following 4 micro-organisms belong to the classe of
232 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
II. Peptolytic Bacilli.
Bacillus fissus.
This is the first organism, belonging to this group. It was isolated
from faeces obtained from the artificial anus of a child operated upon
for enlerostoniy. It is a rod shaped organism of variable size, usually
with rounded ends but sometimes with Square ends, curved forms, fila-
ments and chains are common even in recent cultures, while some of
the bacilli exhibit a beaded appearance. It is gram positive and motile.
It readily sporulates in all media, the
spores are small oval, usually subterminal and
but slightly deform the Bacillus. Occasion-
ally the longer bacilli are seen to contain
2 spores, one near each end. This organism
grows anaerobically. In deep glucose agar the
colonies are white small and circular; there is
some gas formation and the medium is clear.
Microscopically they appear very granulär,
almost opaque, white and surrounded by a
narrow zone of granules.
It grows on gelatine both at 37 and at
Fig. 3. 22^ C without liquefying it. At 37« C it grows
Bac. fissus. as a white deposit at the bottom of the tube,
the medium remaining clear; at 22° C the
colonies appear as small brownish dots, which under the microscope are
seen to be circular, yellowish browu opaque and with well defined margins.
There is some production of gas in the sugar gelatine.
In peptone broth it produces a uniform turbidity and no indol.
White of egg is not acted upon. It coagulates milk after 3 days in-
cubation, with production of well marked acidity.
Of sugars it attacks glucose, producing acid and gas in quantity, it
also ferments lactose and Saccharose, producing acid only. All the cul-
tures smell strongly of butyric acid.
Bacillus anaerobicus alcaligenes.
That is another microbe, isolated from faeces; it has the following
characters: in culture it appears as sleuder rods with rounded ends,
rather variable in size and shape. It occurs either isolated or in short
chains or in groups of twos or threes, it is not mobile and stains by
Gram. Spores are found in all media, the spores being round and
usually terminal. No growth takes place in the
CL presence of oxygen. Its colonies in deep glucose
- agar are large irregulär spherical or lenticular,
I """2^ ° / when not too crowded they may reach 2 — 3 mm
— ""^ 9 ' in diameter, microscopically they appear granulär,
^ J J J ^ dull white with irregulär but well defined margins.
"^ \ / ^yy There is some gas formation but no clouding of
/^/ '^'^NJl the medium.
y ? ,r^ I It grows on gelatine, both piain and sugared,
- ' ^*^ at 37 *' C. It forms a granulär precipitate at the
^ bottom of the tube, at 22"^ C it forms colonies
Fig. 4. similar to those of agar but much less dense. It
Bac. anaerob, alcaligenes. produces SOme gas in sugar gelatine.
Debono, On some anaerobical bacteria of the normal human intestine. 233
It thrives well both in piain and in sugar broth, producing a uni-
form turbidity and a large quantity of indol. The cultures have a very
nasty sniell which recalls that of the intestine on P. M. examination, due
no doubt to the production of valerianic acid and similar bodies.
It acts upon milk, subsequently precipitating the casein, and render-
ing the milk alkaline, leaving a yellowish sligthly opalescent super-
natant serum.
It ferments glucose and lactose with production of acid and gas in
small quantity, but does not act upon Saccharose or dulcite. The foul
smelling gases seem to be produced not from its actiou on sugars but
on peptones for the odour is equally well marked in sugar-free media.
This organism closely approaches the Bacillus III of Rodella,
it differs from this species, however. in the shape of the colonies and in
its action upon milk; moreover, the rods are thicker. It also ditfers
from the varieties of the Bacillus of Rodella described but Tis-
sier; in fact the variety described byTi ssier does not produce Indol,
while the Bacillus described above produces this substance in large
quantities.
Bacillus tortuosus.
From faeces we have obtained auother bacillus, having the following
morphological and biological characters. In cultures this organisms appears
as straight rods with rounded ends which vary slightly in size; usually
they are about the size of the Diphtheria bacillus ; sometimes they seem
to assume a diphtheroid disposition and long chains are common,
especially in agar and broth culture.
It does not form spores and its vitality is limited. It is not motile
but retains the Gram stain.
This bacillus is rather difficult to cultivate,
it is a strict anaerobe ; in fact in deep glucose
agar growth ceases at one inch from the top.
In this medium the colonies are small, ir-
regulär greyish white and translucent. Through
the microscope they are seen to be white
granulär with very irregulär ill-defined mar-
gins. There is very little gas formation and
the medium is clear.
It does not grow on piain gelatine. On
sugar gelatine at 37 *' it forms a white granulär
deposit at the bottom of the tube, at 22 ^ the
growth is extremely slow and scanty, in stab Fig. 5.
culture it forms a delicate line of growth Bac. tortuosus.
along the track of the needle, white in colour
with granules and small masses here and there ; microscopically this
growth is found to be raade up of threads disposed parallel to each
other, with tangled masses corresponding to the granules. It does not
liquefy the gelatine.
In broth it produces an uniform turbidity, it does not attack white
of egg, and acidifies milk without clotting it.
Of sugars it acts upon glucose, lactose, and Saccharose producing
acid and gas in small quantity.
234 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Bacillus regularis filiformis.
The fourth organism of this class is commonly met with in faeces,
it is difficult to isolate in the ordinary way, its Isolation is easy if a
medium consisting of potato in an inorganic Solution be made use of.
It appears as very long filaraents, some reaching 30— 40/< in length,
straigh or irregularly curved. It varies slightly in thickness, usually it
is 0.5—0.8 1.1. It is nou motile and gram positive. Spores are met
with, they are very small, round and situate in the substance of the
Bacillus. Every element usually has one or two, although the very
long threads may have even three spores, which are occasionally terminal.
In deep agar cultures growth occurs almost up to the surface, thus
showing that the organism is not a strict anaerobe, although it does
not grow on ordinary agar slopes. Its colonies, which appear within
24 hours, are small, irregulär, greyisch white and translucent and may
be compared to little flakes of loose cotton wool. There is some gas
formation. Microscopically they appear like a mass of granules, much
denser at the centre with very ill defined margins.
/ In deep gelatine at 22" the colonies are apparent
' ] I in 48 hours. They have the same characters as
' / j those on agar but are smaller and much less
/ \ y dense. There is some gas production in the
/ 11 ^ sugar gelatine but none in the piain, where it
/ I <^ grows rather more slowly. It does not liquefy the
/ ' medium.
Fig. 6. In broth it forms an uniform turbidity, it
Bac. regularis filiformis. does not attack white of egg. Milk is rendered
acid but is not changed any further.
It attacks glucose and lactose, producing acid and gas and some
acid from Saccharose and dulcite acid but in starch remains unchanged.
In potatoe in inorganic Solution it grows as a fluffy deposit. It
gives rise to the production of some acid and gas in very small quantities
and does not break up the potato.
These four organisms have not as far as I know been described,
the first two approach the group of the Bac. III of ßodella, while
the last two do not fall within any definite group.
In the description given, I have taken into accouut the morpho-
logical and biological characters; these, taken together, are quite sufficient
to establish the individuality of a new species; where however the
organisms differed only in one respect from described organisms, I have
considered these as varieties.
I have here simply attempted to work out the morphological and
biological characters of organism. I do not propose to deal with the
role they play in the intesinal flora. This I leave for others.
In conclusion, I beg to thank Drs. Distaso and Rajchman,
Demonstrators of Bacteriology in The Institute, for their kind encourage-
ment and help.
Nagy, lieber das Sklerom. 235
Nachdruck verholen.
Ueber das Sklerom').
[Aus der internen Klinik der Königl. ungar. Franz-Josef-Universität in
Kolozsvär (Direktor: Hofrat Prof. Dr. Sigismund v. Purjesz).]
Von Dr. S. Nagy, Assistenten.
Die ersten Beschreiber (Hebra und Kaposi) des Skleroms hielten
dasselbe für eine in die Gruppe der Sarkome gehörige Veränderung.
Anfangs war es nur auf der Nase und Oberlippe bekannt, weshalb Hebra
diese Krankheit als Rhinosklerom bezeichnete. Mehrere Autoren betonten,
daßd as Rhinosklerom nichts anderes, als eine Form der Lues sei (VVein-
lechner, Pitha, Hofmokl usw.), bis Hebra und Kaposi be-
wiesen, daß es mit Lues in keinem Zusammenhang steht. Geher,
Heb ras damaliger Assistent, betonte zuerst auf Grund genauer histo-
logischer Untersuchungen, daß diese Krankheit ein chronischer entzünd-
licher Prozeß sei.
In der Klinik Billroths wurde das Sklerom öfter auf operativem
Wege entfernt, von dem Standpunkte ausgehend, daß die Erkrankung
neoplasmatischer Natur sei. Auf Grund in dieser Richtung vorgenom-
mener Untersuchungen beschrieb Mikulicz, Billroths damaliger
Assistent, genau die im Laufe der Entwickelung des Skleroms wahr-
nehmbaren Zellveränderungen. Frisch sah zuerst in den sogenannten
.Mikulicz sehen Zellen das Bakterium des Skleroms: die erste Rein-
kultur verdankten wir dagegen Co rnil undAlvarez. Siebeschrieben
zuerst die schleimige Kapsel des Bakteriums. Pal tauf und Eiseis-
berg versuchten — jedoch ohne Erfolg — das Sklerom auf Tiere zu
übertragen.
Während sich die Kenntnis der Histologie des Rhinoskleroms fort-
während entwickelte und die Forscher (Geber, Mikulicz, Pelliszari,
Frisch, Marschalko, Schridde) in verhältnismäßig kurzer Zeit
zu einem dem heutigen histologischen Verfahren entsprechenden , in
jeder Beziehung aufgeklärten modernen histologischen Bilde gelangten,
sind die Meinungen über die Aetiologie und Pathogenese des Rhino-
skleroms noch heute verschieden. Die Literatur des Skleroms charak-
terisiert der Umstand, daß, obwohl das Bacterium scleromatis
(Frisch) im Nasensekret und sogar in den erkrankten Geweben (Zellen)
stets zu finden ist, dennoch die zum erstenmal von Pal tauf betonte
Anschauung, „daß der Sklerombacillus als eine in allen Energieen (Re-
sistenz der Kulturen, Zersetzungen und chemische Prozesse, Pathogenität,
Entwickelung von Agglutininen) dauernd herabgesetzte Form des ,Fried-
1 ander sehen Bacillus' zu betrachten wäre", immer von neuem Ver-
treter findet.
Klinisches Bild. Das Sklerom ist eine chronisch verlaufende
Entzündung, welche primär meistens an der Nase aufzutreten pflegt, sie
kann jedoch an beliebiger Stelle der oberen Luftwege erscheinen. Des-
halb ist es richtiger, die Krankheit als Sklerom und nur ihre auf die
Nase sich beschränkende Form als Rhinosklerom zu bezeichnen. Am
häufigsten tritt sie im 2. und 3. Dezennium auf, kann aber vom 12. bis
1) Vorgetragen in der Sitzung des „Erdölyi Muzeum Egylet" am 27. Mai 1911.
236 Centralbl. f.fßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3,4.
50. Jahre, sozusagen in jedem Alter, auftreten; Vende sah sogar das
Sklerom bei einem 2-jährigen Kinde. Das Skleroni ward hauptsächlich
an armen mit Ackerbau und V^iehzucht sich befassenden Individuen be-
obachtet. Nicht selten ist es eine gemeinsame Erkrankung mehrerer
Geschwister oder von Eltern und ihren Kindern.
Das Rhinosklerom beginnt, nach Aussage der Kranken, in der
Form eines chronischen Schnupfens mit reichlichem Sekret und Krusten.
Manchmal ist das Sekret von etwas unangenehmem Geruch, aber nicht
übermäßig putrid. Später ist das Atmen durch die Nase gehindert, was
die unebene, dicke und straflFe Quellung der Nasenschleimhaut bewirkt.
Oft erhalten wir bei rhinoskopischer Untersuchung das Bild der Rhinitis
atrophica. Die Infiltration der Schleimhaut kann in Form umschriebener
Knoten oder diffus auftreten; diese entwickeln sich anfangs im vorderen
Teil der Nasenhöhle oder noch öfter im Nasenrachenraum. V^on der
vorderen Nasenöffnung breitet sie sich auf die Oberlippe, Nasenflügel
und von hier manchmal auch auf die Stirne aus. Es erheben sich linseu-
bis kirschkerngroße kugelige Prominenzen, die zuerst rötlich und weich
sind, mit einer glatten Oberfläche; später werden sie knorpelhart, all-
mählich blasser, und in ihrer Mitte zeigt sich eine weißliche Vertiefung :
mit dem beginnt die Vernarbung und Schrumpfung, wodurch beträcht-
liche Verengungen und Veränderungen zustande kommen. Manchmal
ist die Nasenöffnung gänzlich zusammengewachsen; diesenfalls ist die
Nasenwurzel gewöhnlich sehr breit und die Spitze kolbig verdickt. Sie
kann auch auf die Nebenhöhlen der Nase, Tränengänge, Rachen und
tiefere Luftwege übergreifen.
Chiari machte zuerst darauf aufmerksam, daß jene Rhinoscleromata,.
welche im vorderen Teil der Nase sind und auswärts auf die Haut über-
greifen, nicht von so bösartigem Charakter sind als jene, welche sich
gegen den Rachenraum ausbreiten.
Die klinische Diagnose des Rhinoskleroms wird von der Lokalisation,
vom langsamen Verlauf, von der auffallenden Härte und von jenem Um-
stände aufgestellt, daß zumeist kein Substanzverlust vorhanden ist. Das
beiderseitige Auftreten spricht gegen ein Neoplasma und meistens auch
gegen Lues. Allein bei oberflächlicher Betrachtung wäre es mit dem
Rhinophyma zu verwechseln.
Bei dem Pharyngoscleroma klagen die Kranken anfangs über
ein auf den Rachen lokalisiertes Trockenheitsgefühl. Häutig verbreitet
sich der Prozeß von der Nase nach abwärts, er kann hier aber auch
primär auftreten, und zwar wieder in Form von Knoten oder diffus;
ersteres ist eine häufigere Erscheinung. Die Knoten können auf den
seitlichen Rachenwänden, Gaumensegel oder Gaumenbögen usw. sitzen.
Das Rachenskierom hat eine größere Tendenz zum Schrumpfen als das
Rhinosklerom. Infolge der Schrumpfung bilden sich auch hier narben-
ähnliche Stränge und Falten, die auch hier zu Mißbildungen und Ver-
engerungen führen. Das Gaumensegel ist oft so sehr zurückgezogen,
daß man den Nasenrachenraum nicht untersuchen kann. Das Zäpfchen
ist meistens zugrunde gegangen. Bei Ausbreitung auf die Rachenbögen
hindert es die Bewegungen der Zunge, wenn es auf das Gesicht über-
greift, hindert es die Kieferbewegungen ; es verursacht also Störungen
im Sprechen, Kauen, Schlucken; Schwerhörigkeit und Ohrensausen sind
manchmal Begleiterscheinungen. Den luetischen Granulomen gegenüber
können wir auch hier bemerken, daß die Defekte beim Sklerom mäßiger
sind.
Nagy, Ueber das Sklerom. 237
Das Laryngosklerom ist sehr selten primär. Gewöhnlich ist
das subglottische Gebiet intiltriert, und es ist charakteristisch, daß der
Prozeß auch hier meistens beiderseitig ist; nach oben breitet er sich
auf die Plicae aryepiglotticae und Epiglottis, nach unten auf die Trachea
und Bronchien aus. Es bilden sich blasse, rötliche, solide Knötchen, die
nicht ulzerieren, sondern schrumpfen, und dadurch zu einer Verengung
führen. Die Kranken klagen anfangs über Heiserkeit und Husten, was
das zu Schorfen eingetrocknete Sekret verursacht. Die Schorfe sind von
sehr üblem Geruch. Später, wenn schon Schrumpfung vorhanden ist,
tritt die Dyspnoe immer mehr in den Vordergrund. Auch für das
Laryngosklerom ist im Gegensatz zur Lues charakteristisch, daß der
Defekt geringer ist.
Im Anfang wurden Fälle bekannt gemacht, in denen das Sklerom
auf die Hirnbasis übergriff; diese basieren aber wahrscheinlich auf un-
richtiger Diagnose. Schon Kaposi hat die Aufmerksamkeit darauf ge-
lenkt, daß das Sklerom, obwohl es maligner Natur ist, keine Metastasen
bildet. Röna hat 5 Fälle bekannt gemacht, in denen die regionären
Lymphdrüsen beträchtlich vergrößert waren. Wohl bezweifelten einzelne,
dalä die Drüsen zum Krankheitsbild des Skleroms gehören ; auf Grund
der histologischen Untersuchungen von Huber und Kraus können wir
das jedoch für bewiesen betrachten.
In der internen Universitätsklinik zu Kolozsvär konnten wir in den
letzten Monaten zu gleicher Zeit 4 an Sklerom erkrankte Individuen
beobachten, aus deren Krankheitsgeschichten folgendes kurz erwähnt
werden kann.
1. R. E., 18-jährige Kranke. Aufgenommen am 15. Dezember 1910. Mehrere Jahre
hindurch war sie in Rumänien bedienstet, und schon dort begann ihre Krankheit. Sie
ist angeblich vor 4 Jahren auf ihre Nase gefallen, wovon die Nase anschwoll; nachher
bildete sich ein kleines Wimmerl, welches seither fortwährend wächst. Vor einem Jahre
wurde ein Stück aus der sich unter ihrer Nase befindlichen Geschwulst entfernt; seither
ist jene wieder gewachsen. Ihre Nase ist etwas verbreitert, die Nasenflügel dick, straff,
die rechte Nasenöffnung etwas verengt. Unter der linken Nasenöffuung, auf der Oberlippe,
hebt sich ein haselnußgroßer, livider, knorpelharter, kugeliger Knoten empor, über
welchem sich die Haul abschuppt. In beiden Nasenhöhlen sind dicke knorpelharte
Muscheln. In die Nase kann man nicht gut hineinsehen. Nasenatmung erschwert.
Im Rachen und Kehlkopf nichts Abnormes. Am 3. April 1911 verließ Patientin die
Klinik. Im folgenden habe ich das Blut dieser Kranken und die von ihr gewonnenen
Bakterien mit I bezeichnet.
2. Frau R. G., ö5-jährige Kranke. Aufgenommen am 22. Dezember 1910. Vor
4 Jahren wurde ihr mit der Faust auf die Nase geschlagen, bald bildete sich in der
hnken Nase eine Wunde, die nicht verheilte, die Nase ist geschwollen, zu gleicher Zeit
wurde auch die Oberlippe hart und unbeweglich. Seit einem Jahre kann sie nicht durch
die Nase atmen. In letzterer Zeit ist sowohl die Nase wie die Oberlippe schmerzhaft.
Die Nasenspitze ist rölhch, kolbig verdickt, knorpelhart. Beide Nasenlöcher sind ver-
stopft. Die Oberlippe entstellt, geschrumpft, auf ihr sind narbige Erhebungen und
Falten zu sehen, sie ist ebenfalls verdickt, und im ganzen von knorpeliger Härte. Die
Mitte der Oberlippe, dem Philtrum entsprechend, erhebt sich mehr, ist von höckeriger
Oberfläche, ohne Epithel, leicht blutend. Ihr Mund ist kaum zwei Finger breit. Der
weiche Gaumen ist ebenfalls geschrumpft. Die Uvula verschwunden. Das Schlucken
ungestört. Im Kehlkopf keine Abweichung. Die Veränderungen während ihres hiesigen
Aufenthaltes will ich später erwähnen. Die Kranke und die von ihr gewonnenen Bak-
terien habe ich im folgenden mit II bezeichnet.
3. L. J., 21-jährig, ledig. Aufgenommen am 9. Februar 1911. Seit 3 Jahren be-
merkt er, daß er durch die Nase schwerer atn)et. In der Nacht wird er oft durch Er-
stickungsgefühl geweckt; seit jener Zeit hustet er viel, kann aber nur .schwer Sputum
entleeren und hat ein Gefühl, als ob in seiner Kehle etwas stecken gehlieben wäre. Seit
2 Monaten kann er wegen seiner erschwerten Atmung nicht arbeiten. Die Nase ist
breiter, Nasenflügel dick, etwas härter. In der Nase vertrocknete Schorfe und grau-
gelbes, dickflüssiges Sekret. Die Nasenmuscheln sind nicht breiter. Der rückwärtige
freie Rand des Septums ist verdickt. Nasenatmung ein wenig erschwert. In der Sub-
238 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
glottisregion sind auf beiden Seiten mit den Stimmbändern parallel verlaufende hellere
Falten von grauweißer Farbe, welche einen sich nach unten trichterförmig verengenden
Spalt frei lat^sen, der an seiner tiefsten Stelle einen Durchmesser von nur wenigen Milli-
metern besitzt. Stenotisches Atmen (laryngoskopischer Befund von Prof. Gäman).
Im folgenden sind das Blut des Kranken und die von ihm gewonnenen Bakterien mit
III bezeichnet.
4. Frau B. J., 28-jährig. Aufgenommen am 22. März 1911. Betreffs ihrer Krank-
heit teilt sie mit, daß vor 2 Monaten ihre Nase angeschwollen ist und seither atmet sie
schwer. Ihre Nase ist dicker, geschwollen und härter. Unter der rechten Nasenöffnung
befindet sich em erbsengroßes, rötliches, rundliches Gebilde, das mit normalem Epithel
bekleidet ist. Nasenmuscheln sind dick, starr, leicht blutend. Nasenatraung ist erschwert.
In beide Nasenhöhlen kann man nur bis 1'/, cm tief hineinsehen. Im Rachen sind
narbige, weißliche Flecken. Die Uvula geschrumpft. Gaumensegel narbige verändert,
geschrumpft, ein wenig in die Höhe gezogen; bei Phonation weicfit es kaum aus. Die
Kranke spricht näselnd. Schlucken frei. Im Kehlkopf nichts Abnormes. Seit ö Mo-
naten gravid. Im Harn beim Untergießen mit Salpetersäure 1 mm breiter Eiweißring.
Verließ am 26. April 1911 das Krankenhaus ungeheilt. Das Blut der Kranken wurde
mit IV bezeichnet.
Bei allen vier Kranken fiel die B o r d e t - W a s s e r m a n n sehe
Syphilisreaktion negativ aus.
Histologische Untersuchung: In der Histologie des Skle-
roms ist das Bekanntwerden der Mikuliczschen Zellen von
größter Wichtigkeit, weil deren spezifisches Verhalten eine sichere Stütze
zur Differentialdiagnose bietet. Ohne daß ich das histologische Bild
dieser Zellen detaillieren wollte, will ich nur erwähnen, daß für die
Mikuliczschen Zellen unter anderem charakteristisch ist, daß in ihnen
das Bakterium des Skleroms in großer Menge zu finden ist. Dieser
Umstand ist nicht nur der Diagnose wegen, sondern — wie schon er-
wähnt — auch von jenem Standpunkte aus wichtig, daß, wenn wir das
Bakterium mit den spezifischen Gewebselementen dieser Krankheit in
so engem Zusammenhange sehen, wir uns mit der Voraussetzung, daß
dieses Bakterium vielleicht mit einem banalen, bei vielen chronischen
Schnupfen, auch in der Milch, Harn, auf Schleimhäuten mancher Tiere
vorkommenden Bakterium identisch sei, kaum zufrieden geben können.
Die Mikuliczschen Zellen finden wir immer im skleromatischen Ge-
webe, so auch diese Bakterien. Röna und Huber haben zuerst die
Aufmerksamkeit auf die regionären Lymphdrüsen gelenkt, und darauf
hingewiesen, daß in diesen die Mikuliczschen Zellen nicht nachzuweisen
sind. Daß aber die Sklerombakterien anwesend waren, wurde dadurch
bewiesen, daß von einer mit genauer Sterilität auf Glyzerinagar gebrachten
Drüse die Bakterien sich in kurzer Zeit vermehrten, was im wesentlichen
auch von Kraus bestätigt wurde. Für die regionären Lymphdrüsen
können also die Mikuliczschen Zellen nicht mehr als charakteristisch
betrachtet werden.
Von unseren Fällen waren die mit I und II bezeichneten histologisch
untersucht mit typischem Befund.
Morphologische Untersuchungen des Blutes: Bezüglich
des hämatologischen Bildes des Skleroms fand ich in der Literatur keine
Angaben. In nativen Präparaten habe ich rote Blutkörperchen von
normaler Größe und Form gesehen, die genügend pigmentiert waren. Die
Blutplättchen waren in allen vier Fällen ein wenig vermehrt. Die Zahl
der roten Blutkörperchen war zwischen 4200000—4 800000, der Hämo-
globingehalt (Fleisch 1- Mi escher) schwankte zwischen 12 — 14,6 Proz.
Es war also keine, oder nur sehr geringe Anämie vorhanden. Die Zahl
der weißen Blutkörperchen war zwischen 52(X) — 9600, Die verschiedenen
Gattungen der weißen Blutzellen zeigten folgende Verteilung:
Nagy, lieber das Sklerom.
239
Tabelle I.
I
II
III
IV
Proz.
abs.
Zahl
P'oz. 1^-,
Proz.
abs.
Zahl
Proz.
abs.
Zahl
Leu kocyten zahl
Neutrophii poij'forme Zellen
Basophil poly forme Zellen
Eosinophil pölyforme Zellen
Monocyten
Neutr.' Myelocyten
Neutr. Metamyelocyten
Kleine Lymphocyten
Zellentrü'mmer
61,51
4"60
9,85
3,68
19,33
1,01
9500
5844
0
437
936
0
350
1837
0
68,34
4,21
9,64
4,21
12,09
1,49
5200
3534
0
219
501
0
219
629
0
64,94
6,79
13,99
1,37
12,90
7200
4674
0
488
1007
0
100
928
0
72,30
0,10
2,85
8,24
1,93
14,66
9600
6940
9
273
791
0
185
1407
0
Im Blutbilde finden wir also keine größere Abweichung vom Nor-
malen, allein die größere Zahl der eosinophilen polyformen Zellen ist
aufifallend, und insofern wir bei 150—200 eosinophile Zellen schon von
Eosinophilie sprechen, und die Prozentzahl der eosinophilen Zellen unter
normalen Verhältnissen niemals über 4 Proz. steigt, ist die Annahme
einer Eosinophilie in unserem Falle vollkommen be-
rechtigt. Obwohl in unserem vierten Falle die Prozentzahl der eosino-
philen Zellen normal ist, können wir teils die mäßige Leukocytose, teils
die Gravidität als Grund derselben anführen, da die Gravidität für die
Entwickelung der Eosinophilie als störender Umstand gelten konnte.
Die vier Fälle berechtigen aber noch nicht, die Eosinophilie als für das
Sklerom charakteristisch zu betrachten. Unerwähnt wollten wir
unseren Befund ja doch nicht lassen, denn wenn es sich ergäbe, daß
das Blutbild stets ein solches wäre, so könnte dieser als Stütze der
klinischen Diagnose verwertet werden. Der Grund der Eosinophilie ist
kein einheitlicher, und wahrscheinlich eine, bei Einwirkung gewisser
chemischer Stoffe auftretende elektive Reaktion der eosinophilen Zellen
des Knochemarks ; nebenbei wollen wir aber nicht gegen die extra-
medulläre eosinophile Zellenbindung Stellung nehmen. Was immer auch
bei Sklerom die Eosinophilie hervorruft, so ist so viel sicher, daß ihr
ständiger Befund dafür spricht, daß das Sklerom außer der lokalen Ent-
zündung auf den ganzen Organismus wirkende Stoffe in den Blutkreis-
lauf befördert. Ich halte es für bemerkenswert, daß auch im sklero-
matischen Gewebe acidophile Klümpchen beschrieben wurden , die
sogenannten Russeischen Körper, welche, was nicht unmöglich ist,
in irgendeinem Zusammenhange mit der Eosinophilie stehen könnten.
Bakteriologische Untersuchungen: Die Krankheitsursache
des Skleroms ist, nach unseren heutigen Kenntnissen, dasBacterium
scleromatis (Frisch). Es ist verhältnismäßig leicht aus dem Nasen-
sekret der Skleromkranken sowie aus dem Rachen und der Kehle zu
züchten. Die Reinkultur ist leicht aus einem steril herausgeschnittenen
skleromatischen Gewebe zu gewinnen. Auf den allgemein gebrauchten
Nährböden entwickelt es sich leicht und reichlich; seine Länge ist ver-
schieden; es ist im allgemeinen 2—3f.i lang, 0,8« breit, von Stäbchen-
form, mit abgerundeten Enden, nicht beweglich, allein oder zu zweien
sichtbar. Frisch gezüchtet, oder bei Tierimpfung hat es eine Kapsel; bei
mehreren Ueberimpfungen kann es aber auch die Kapsel verlieren. Nach
einigen Forschern (Dittrich, Zagari) wäre es grampositiv, andere
bestreiten dies ; wir selbst haben es für negativ befunden. Auf Agar
240 Centralbl. f. Bakt. etc. I.gAbt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
bildet es durchscheinende, grauliche oder gelblichweiße, spiegelnde Kolo-
nieen mit scharfer, glatter Grenze; in gestochener Gelatinekultur ent-
wickelt es sich in Nagelform, ist graulich durchscheinend, weniger weiß
als das Bact. pneumoniae. Beim Ablösen bildet es einen klebenden,
sich ziehenden Faden. In Bouillon ist es gleichmäßig trüb; auf der
Oberfläche bildet sich beinahe immer eine Membran; nach 2 — 4 Tagen
ist es schon ein wenig schleimig, dickflüssiger, von einer graulichweißen
Membran bedeckt, die sich beim Schütteln schwer löst. Auf Kartoff"el
wächst es lebhaft, mit glänzender, feuchter, ein bischen unebener Ober-
fläche. Manche beschreiben es als gasbildend, andere bestreiten dies. Nach
Paltauf koaguliert es die Milch, Abel und nach ihm andere, haben das
Gegenteil davon wahrgenommen. Sulima bewies, daß es sich bei 41 ° C
schlecht entwickelt und bei 42^ C beinahe gänzlich seine Entwicklungs-
fähigkeit verliert. Das Bact. scleromatis ist also ein bewegungs-
loses, Gelatine nicht verflüssigendes, pigmentfreies, kapseliges Stäbchen.
Clairmont gibt folgende Einteilung der in diese Gruppe gehörigen
Bakterien :
Bacterium mucosum capsulatum.
I. Typus.
1. Species: F'riedländer , Abel- Löwenberg a- und yS- Varietät.
2. Species: Fasching.
3. Species: Frisch, Faltauf -Eis elsberg (Bact. scleromatis).
II. Typus.
1. Species: Pfeiffer.
2. Species: o- Varietät Esche rieb; y?-Varietät (Bact. coli immobile) Wilde.
Alle diese Bakterien zeigen in ihrem morphologischen und kultu-
rellen Verhalten ein zum größten Teil gleiches Verhalten. Babes fand
bei 20 Proz. der von ihm untersuchten gesunden Individuen im Nasen-
sekret ähnliche Kapselbakterien, bei chronischen Katarrhen bekam er sie
in 50 Proz. der Fälle. Auf Grund dieser Angaben betont er, daß die
streng wissenschaftliche Grundlage, womit man dieselben unterscheiden
könnte, fehlt. De Simon i fand beim Menschen öfter Kapselbakterien,
hauptsächlich bei Nasenkatarrhen, ferner auf normalen tierischen Schleim-
häuten. Wolf und Abel fanden Friedlände r sehe Bakterien im
Harn, Clairmont in zwei Fällen von Cystitis, Sachs in einem Fall
von Pyonephrosis. In neuester Zeit hatte Clairmont in einer, jeden
Zweig der bakteriologischen Untersuchungsmethoden enthaltenden Ver-
suchsreihe die zwischen diesen Bakterien wahrnehmbaren Unterschiede
geprüft. Das Resultat seiner Untersuchungen besteht darin, daß das
Bact. scleromatis den übrigen Kapselbakterien gegenüber durch
größere Säureproduktion und Zuckerspaltung, ferner eine für Tiere
mindere Pathogenität charakterisiert ist.
Wir benützten zu den Versuchen, die im folgenden beschrieben sind,
folgende Bakterien :
In allen 4 Fällen ist es gelungen, das Bact. scleromatis teils aus
der Nase, teils aus dem Rachen zu züchten ; das kulturelle Verhalten
habe ich aber nur bei den von den mit I und II bezeichneten Kranken
gezüchteten, wie auch an einem Kräl sehen Stamme studiert. Ferner
habe ich einen von Kral bezogenen Bact. pn eum oniae (Friedländer),
einen Bact. ozaenae (Abel) und einen Bact. lactis aerogenes
(Escherich)-Stamm untersucht. Unter diesen, auf verschiedenen Nährböden
gezüchteten Bakterien fand ich keinen wesentlichen Unterschied. Die von
Goldzieher und Neuber erwähnte intensivere Trübung der Bouillon,
Nagy, üeber das Sklerom. 241
welche mit Friedländerschen Bakterien geimpft wurde, fand ich niclit
so beständig, daß ich sie für charakteristisch iialten könnte. Die von
Clairmont und Russ als differenzierende Methode empfohlene Säure-
bildung habe ich nicht untersucht, weil seither mehrere Forscher deren
beständiges Vorhandensein bestritten. Nina Antonoff betont ent-
schieden, daß weder dasBact. scleromatis, noch dasBact. pneu-
moniae Säure bildet. Zuckerspaltung, Bildung von Indol und Kreatinin
sind ebenfalls keine beständigen Eigentümlichkeiten der Kapseibakterien.
Tierimpfung: Kaposi, Wolkovitsch, Rydy gier, Paltauf
waren bestrebt, am Meerschweinchen, Kaninchen, Hunde skleromatische
Veränderungen hervorzurufen, jedoch ohne Erfolg. Stepanow konnte
manchmal bei Meerschweinchen, denen er in die Augenkammern Sklerom-
kulturen impfte, ähnliche Veränderungen hervorrufen, wie wir sie bei
Menschen sehen. Kraus beschreibt solche — an weißen Mäusen ge-
machte Experimente — wo er typische Veränderungen mit Mikulicz-
schen Zellen und in diesen Zellen Bakterien gefunden hat. Aus letzterer
Zeit erwähnen Goldzieher uud Neuber solche Versuche, die, wie
bei den meisten Forschern, von negativem Erfolg waren. Wir versuchten,
Kaninchen und Meerschweinchen mit 24-stündiger Kultur, mit Nasen-
sekret der Kranken und ausgeschnittenen Granulationen immer in die
Nase zu impfen ; es entstand aber selbst nach Monaten nicht die
mindeste lokale Veränderung. Clairmonts Beobachtung, daß das
Fr i edländ ersehe Bakterium bei Mäusen und Meerschweinchen Septi-
kämie verursacht, während das Bact. scleromatis weniger pathogen
ist, bestreiten andere, da sie auch mit dem Bact. scleromatis all-
gemeine Infektion erhielten ; solche Experimente führten wir nicht aus.
Agglutination: Das Resultat der bezüglich der Agglutination
angestellten Experimente von Kraus ist, daß das Serum des gegen
Sklerom immunisierten Tieres das Bact. scleromatis agglutinierte,
das Bact. pneumoniae dagegen nicht: das Serum des gegen Pneu-
monie immunisierten Tieres aber agglutinierte sowohl das Bakterium
des Skleroms, als auch das der Pneumonie. Diese Versuche bestätigt
in allem Donath. Clairmont bekam nur in starker Konzentration
eine Agglutination, in diesem Falle bekam er jene nicht nur bei homo-
logen, sondern auch bei heterologen Stämmen, obwohl bei den letzteren
nicht so lebhaft. Pal tauf hat die Idee aufgeworfen, daß nicht der
Mangel an Agglutininen die Agglutination verhindere, sondern daß die
Kapsel das Agglutinin nicht bis zum Körper des Bakteriums durchläßt.
Porges empfahl eine recht komplizierte Methode, wodurch eine hydro-
lytische Zersetzung der Kapsel möglich ist, und mittels dieser Methode
strebten Porges und Eisler, die Kapselbakterien voneinander zu
trennen. Bertarelli und Streit fanden diese Methode für ungelegen.
Streit will dasselbe, nämlich kapsellose Bakterien, dadurch erhalten,
daß er sie auf Kartoflfelagar bei niederer Temperatur züchtet. Solche
Agglutinationsversuche habe ich zu wiederholten Malen angestellt, sowohl
mit Immunseruui, als auch mit dem Serum unserer Kranken. Agglu-
tination bekam ich aber immer nur bei stärkerer Konzentration, und
wenn die Anwesenheit der Agglutinine auch nachweisbar war, so waren
die homologen Agglutinine doch niemals in größerer Menge vorhanden
als die heterologen.
Erben trachtete, spezifische Aggressine, Porges und Eisler
Präzipitine nachzuweisen, ohne aber von einem brauchbaren Resultate
berichten zu können.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 3/4. 16
242 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Komplementbindung: Ballner und Reibmayer haben die
getötete Kultur der Kapselbakterien Tieren injiziert, und hofften, mit
dem damit gewonnenen Inimunserum Komplementbiudung zu erreichen.
Es ist ihnen auch gelungen, eine vollständige Komplementbindung zu
erzielen, jedoch nicht nur mit dem aus homologen, sondern auch mit
dem aus heterologen Bakterien erzeugten Antigen. Sie gewannen Gruppen-
reaktionen, bei denen jedoch so viel Unterschied vorhanden war, daß die
Reaktion mit homologen Stämmen ausgesprochener war, so daß sie auch
bei größerer Verdünnung Komplementbindung erhielten. Goldzieher
und Neuber suchten im Serum der Skleromkranken Antikörper nach-
zuweisen. Als Antigen benutzten sie ein aus Skleroinkulturen erzeugtes
Extrakt. Als Kontrolle wiederholten sie ihre Versuche mit einem aus
Friedlän der sehen Bakterien gewonnenen Antigen. Ihr Resultat war
vollständige Bindung mit dem homologen Antigen, während mit dem
heterologen vollkommene Hämolyse zustande gekommen ist. Von ähn-
lichem Erfolg war der Versuch mit dem Immunserum, welches sie durch
Einspritzung lebender Kulturen in die Vene vom Kaninchen gewonnen
haben; das Resultat haben sie aber auch jetzt nur mit dem Bact.
pneumoniae verglichen. Galli-Valerio arbeitete mit mehreren
Kontrollen (aus dem Bact. pneumoniae, B. ozaenae (Abel) usw.
wurden die Antigene erzeugt); er äußert sich schon nicht so günstig;
in seinen Versuchen erhielt er Komplementbindung, obwohl in geringerem
Maße, mit dem Blute seiner beiden Kranken, wenn er es mit einem
Ozaena-Antigen vereinigte. In einem ferneren Falle, wenn er es mit
einem Pn eum onie- Antigen oder mit einem solchen, welches aus
Kapselbakterien eines an Rhinitis Erkrankten hergestellt war, zusammen
brachte. Ja, er behauptet sogar in einer neueren Abhandlung, auf
Grund ausgebreiteterer biologischer und serologischer Untersuchungen,
daß die Bakterien des Skleroms der Pneumonie und Ozaena identisch
sind. Nebenbei betrachtet aber auch er diese Bakterien als Krankheits-
ursache des Skleroms, was in dieser Beleuchtung mindestens inkonsequent
scheint, denn nach unseren heutigen Kenntnissen können wir uns schwer
vorstellen, daß ein und dasselbe Bakterium, welches in einem Falle in
der Nase als harmloser Schmarotzer lebt, im anderen Falle schwer heil-
bare Erkrankungen verursachen könnte, in einem Falle eine Hypertrophie
der Nasenschleimhaut und übelriechendes Nasensekret, das andere Mal
eine Atrophie der Nasenschleimhaut verursacht, das ferner unter den
erwähnten Verhältnissen häufig vorkommt, und dennoch in seltenen Fällen
und scheinbar nur in gewissen Gegenden (Rußland, Galizien, Rumänien,
Ungarn, Schweiz) der Grund einer von den vorigen ganz abweichenden,
mit charakteristischen Gewebsveränderungen auftretenden, schweren,
sozusagen unaufhaltsam fortschreitenden Krankheit sein sollte.
Bezüglich der komplementablenkenden Stoife haben auch wir viel-
fache Versuche angestellt. Zu diesem Zwecke haben auch wir mehrere
Antigene bereitet, und zwar haben wir sowohl aus den Bakterien, wie
auch aus dem herausgeschnittenen skleromatischen Gewebe wässerige
und alkoholische Lösungen hergestellt. Als bestes hat sich das folgender-
weise hergestellte Antigen erwiesen: Die eintägige, schiefe Glyzerin-
Agarkultur haben wir mit 5 ccm physiologischer Kochsalzlösung ver-
dünnt, nachher eine halbe Stunde bei 80" C, dann zweimal 24 Stunden
lang bei 37" C Wärme aufbewahrt. Wir haben aus dreierlei Sklerom-
stämmen Antigene hergestellt, und zwar aus einem Kral sehen und aus
den mit I und II bezeichneten Stämmen unserer Kranken: diese Antigene
Nagy, lieber das Sklerom.
243
sind in der Tabelle mit Sn, S I, S II bezeichnet. Ferner hatten wir ein
auf ähnliche Weise hergestelltes Antigen aus dem Bact. pneumoniae,
Bact. ozaenae und Bact. lactis aerogenes, welche im folgenden
mit P, 0, L bezeichnet sind. Unser Antigen haben wir vor der Ver-
wendung titriert, d. h. festgestellt, in welchem Maße es ohne Hinzugabe
des Antikörpers bindet, somit konnten wir der Forderung, welche schon
Wassermann bei Erzeugung des syphilitischen Antigens betonte, daß
das Antigen in zweifacher, möglicherweise aber auch in vierfacher Dosis
die Komplementbindung nicht verhindere, entsprechen. Unsere auf solche
Art hergestellten Antigene hatten, bei Zugabe einer Dosis von 0,40 ccm
zum hämolytischen System, vollständige Hämolyse zur Folge, bei einer
Dosis von 0,80 ccm zeigten die Antigene des Skleroms und der Pneu-
monie eine geringe, die übrigen aber gar keine Hemmung. Zu jedem
Versuche haben wir den zweifachen Titer des am selben Tage titrierten
Komplementes genommen. Unser hämolytisches System war eine 2,5-proz.
rote Blutkörperchensuspension des Ptindes, zu welchem wir den dreifachen
Titer eines gegen Rindsblut immunisierten Kaninchenserums gegeben
haben. Die Sera habe ich V^ Stunde lang bei 56^ C inaktiviert. Bei
der Ausführung der Reaktion wurden immer hinreichende Antigen- und
Serumkontrollen angestellt. Bei den mehrmals wiederholten Versuchen
habe ich immer auch das Serum von Gesunden, resp. von an einer
anderen Krankheit Erkrankten eingereiht. Insgesamt habe ich 10 solcher
Sera untersucht, darunter das Serum zweier an Ozaena Erkrankten;
diese werde ich im folgenden mit E bezeichnen. Das Serum letzterer
10 Individuen ergab einstimmig mit jedem Antigen Hämolyse, wenn hier
und da auch eine kleine Hemmung vorhanden war, so war sie doch ver-
schwindend gering. Von den Skleromkranken standen anfangs nur zwei
unter meiner Beobachtung, bei diesen wiederholte ich mehrmals die
Tabelle II.
Die untersuchten Sera.
Antigen I Serum ^r?/^
ment
S. I
S. II
E,
E,
0,20 S I
0,10 S I
13
14
0,15
0,15
0,15
0,30
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dgl.
3
4
0,20 S 11
0,10 S II
0,15
0,15
2 Titer
1 dgl.
5
6
0,20 S K.
0,10 S K.
0,15
0,15
! 2 Titer
dgl.
7
8
0,20 P
0,10 P
0,15
0,15
2 Titer
dgl.
9
10
0,20 L
0,10 L
0,15
0,15
2 Titer
, dgl.
11
12
0,20 0
0,10 0
0,15
0,15
2 Titer
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-1--I- + + +
+ -1- + + +
+ + -I- H- + + -1- +
+ + + + I + + + + +
+ + + + +
+ -I- + -I- +
+ + + +
-I-4- + +-
I4- + -I--I- + I + -1- + + -I-
I + + + -I- + H--I- + + -1-
+ + + + +
-I- + + + +
-I- + -I- + +
+ + -f--|--l-
+ + + -I--I-
+ + + + +
minimal
! + + + + +
| + 4--f- + -f
+ + + + + -l--f- + -l- + | + H--l- + +
+ -1- + + + + + + + + I-I- + + + +
+ + + + +
+ + + -I--I-
-t- + + -l--f-
+ + + -I-H-
komplette Hemmung; + + + + + = komplette Hämolyse.
le-«
244 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Reaktion derart, daß ich entweder die Menge des Serums oder des
Antigens variiert habe. Bei diesen Versuchen ergab sich immer eine
Hemmung mit dem Skleromantigen, aber beinahe in ähnlichem Maße
zeigte sich solche auch mit jenem Antigen, das aus dem Bact. ozaenae
hergestellt wurde. Dagegen erhielt ich mit den übrigen Antigenen voll-
kommene Hämoljse. Bezüglich dieser Versuche gibt folgende Tabelle
Aufschluß. Das mit E, bezeichnete Serum ist von einem an Lues, das
mit Eg bezeichnete Serum von einem an Ozaena erkrankten Individuum
(Tabelle II).
Später meldeten sich die mit S III und S IV bezeichneten Kranken
an unserer Klinik, von denen das Serum des mit S III bezeichneten
Kranken gut ausgesprochen — im selben Sinne — die Reaktion ergab,
wie die vorherigen ; aber das Serum der mit S IV bezeichneten Kranken
gab mit dem Sklerom- wie auch Ozaena- Antigen sozusagen vollkommene
Hämolyse, obwohl ihre Krankheit, vom klinischen Standpunkte, ganz
typisch war. Die Bakterien des Sklerom s konnte man aus der Nase
züchten, so daß die Diagnose ohne Zweifel festzustellen war, trotzdem
wir bei der Kranken keine histologische Untersuchung vornehmen konnten,
da sie sich gegen jeden chirurgischen Eingriff verwahrte, daß bei ihr
Rhino- und Pharyngosklerom vorhanden ist. Es ist nicht unmöglich,
daß in diesem Falle die Bildung der Antikörper durch die Gravidität
verhindert wurde.
Schon G alli-Valerio hat in seinen 2 Fällen darauf hingewiesen,
daß das Verhalten der Sera bis zu einem gewissen Grade ziemlich ver-
schieden sein kann ; noch auffallender war die Abweichung in meinem
mit S IV bezeichneten Falle. An den oben erwähnten Untersuchungen
von Goldzieher und Neuber ist zu bemängeln, daß sie ihre Ver-
suche bloß auf Pneumonie beschränkten und die übrigen Kapselbakterien
nicht berücksichtigten ; hätten sie das getan, so würden sie sich wahr-
scheinlich reservierter über die Brauchbarkeit der Komplementbindung
beim Unterscheiden dieser Bakterien geäußert haben. Hier muß ich
noch erwähnen, daß ich bei mehrmaligem Wiederholen dieser Reaktionen
manchmal auch mit dem Pneumonie- Antigen partielle Hemmung erhielt,
niemals aber so ausgesprochen, wie mit dem Sklerom- oder Ozaena-
Antigen. Erwähnen will ich nur noch, daß, während das Serum der
Kranken an einem sterilen, dunklen, kühlen Ort aufbewahrt, bezüglich
des Resultates bei der Komplementbindung selbst nach Monaten keinen
Unterschied zeigte, das Antigen (wässerige Lösung) länger als 1 bis
2 Monate selbst bei 0° C nicht zu bewahren war.
Ferner habe ich noch versucht, Antikörper herzustellen. Zu
diesem Zwecke habe ich die oben erwähnten Antigene verwendet. Des-
halb benutzte ich im folgenden zur Bezeichnung der Immunsera die-
selben Buchstaben, die ich oben bei den entsprechenden Antigenen
benutzt habe. Kaninchen habe ich in der Zwischenzeit von 6—8 Tagen
1 bzw. 2 ccm der oben erwähnten Antigene unter die Haut injiziert,
und wiederholte diese Injektionen dreimal. Da ich als Resultat dieser
Injektionen Gruppenreaktionen erhielt, d.h. daß mit heterologen Antigenen
ähnliche Hemmung wie mit homologen erzielt wurde, versuchte ich den
Zeitpunkt zu bestimmen, wo die Antigenbildung schon begonnen hat,
aber noch nicht so weit fortgeschritten ist, daß sie Gruppenreaktionen
gegeben hätte, wie wir bei anderen Bakterien (z. B. Typhus) Ana-
logieen kennen. Bei diesen Versuchen, welche aus einmaliger subkutaner
Nagy, Ueber das Sklerom.
245
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246 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Injektion von 1 com Antigen bestanden, nahm ich 4—8 Tage nach der
Injektion Blut und versuchte damit die Komplementbindung. Das Er-
gebnis war, daß nach 4 Tagen die Hemmung zwar geringer war, sich
jedoch keine Regelmäßigkeit in der Komplementbiudung zeigte. Das
um 8 Tage später genommene Immunserum gab jedoch beinahe mit
jedem Antigen vollkommene Hemmung; die Bildung der Antikörper er-
reichte also zu dieser Zeit schon ihren Höhepunkt. Der Gang meiner
in dieser Richtung ausgeführten Versuche ergibt sich aus der beigefügten
Tabelle (Tabelle III).
Bei denselben Reaktionen ergeben sämtliche Antigenkontrollen voll-
ständige Hämolyse,
Erwähnenswert halte ich es, daß wir von dreimal geimpften Tieren
3 Monate später wieder Blut entnommen und mit demselben sämtliche
Reaktionen wiederholt haben, wobei sich dann ergab, daß beinahe alle
vollständige Hämolyse zeigten.
Meiostagminreaktion. Im vorigen Jahre erschien von Ascoli
eine kurze Mitteilung über das von ihm Meiostagminreaktion genannte
Verfahren, der in kurzer Zeit mehrere Mitteilungen, teils von ihm, teils
von seinem Assistenten Izar folgten, in denen sie ausführen, daß sie
diese Reaktion bei Typhus, malignen Tumoren, Tuberkulose. Ankylo-
stomum und Echin ococcus- Krankheiten sozusagen in allen Fällen
für spezifisch gefunden haben, und sie folglich für ein sicheres differential-
diagnostisches Verfahren halten. Dieses Verfahren haben wir zur Dif-
ferenzierung des Skleroms zu benutzen versucht.
Nach Ascolis Beschreibung habe ich mehrere Antigene aus dem
Bact. scleromatis und ausgeschnittenem Granulationsgewebe sowohl
in Alkohol, wie auch in Aether gelöst, hergestellt. Ebensolche Antigene
stellte ich aus den übrigen Kapselbakterien her. Wenn diese Antigene
mit den Seris zusammengebracht w-erden, fand ich in der Tropfenzahl
nur minimale Abweichungen (stalagmometrische Bestimmung), und
nebenbei ergaben sich ebenso große Ablenkungen, wenn zum Serum des
Scleromkranken nicht homologes, sondern heterologes Antigen gegeben
wurde. Wenn ich dagegen zum Serum eines an einer anderen Krank-
heit erkrankten Individuums (z. B, Typhus, Carcinoma) Scleromantigen
gab, so war wohl die Verminderung der Oberflächenspannung etwas
geringer als mit dem spezifischen Antigen, die Differenz war aber nicht
so auffallend, wie sie von Ascoli angegeben wurde. Uebrigens muß
ich erwähnen, daß ich auch bei anderen Krankheiten, so bei Tumoren,
Typhus, nicht immer so große Abw'eichung gefunden habe wie Ascoli.
Darüber will ich jedoch nicht endgültig urteilen, denn wenn ich auch
streng nach A s c o 1 i s Vorschrift vorzugehen bestrebt war, so ist es doch
nicht unmöglich, daß die Antigene nicht ganz entsprechend waren. Auch
Ascoli erwähnt, daß seine Antigene nicht immer gelungen sind.
Auf Grund des oben Gesagten können wir, abgesehen von den
histologischen Untersuchungen, unter den hier angeführten Verfahren
besonders die Komplementbindung als solche betrachten, welche bei der
klinischen Diagnose des Skleroms bis zu einem gewissen Grade einen
Anhaltspunkt bietet, und zwar in der von Gold zieher und Neuber
zuerst empfohlenen Weise, d. h. mit dem Serum des Kranken. Dagegen
können wir die Behauptung bestätigen, daß die Kapselbakterien, speziell
das Bact. scleromatis, von den übrigen Kapselbakterien auf diesem
Wege voneinander zu unterscheiden wären. Zur Aufklärung der Aetio-
logie hat diese Reaktion insofern beigetragen, daß, obwohl es auch nicht
Nagy, Ueber das Sklerom. 247
gelungen ist, die einzelnen Kapselbakterien voneinander zu unter-
scheiden, sie es ohne Zweifel bewiesen hat, daß die Kapselbakterien, und
speziell das aus dem skleroniatischen Granulations^ewebe gezüchtete
Bact. scleromatis, als Antigen wirkt dem im Blute des Kranken
befindlichen Antikörper gegenüber, was wir anders als auf dem Wege
des ätiologischen Zusammenhanges nicht erklären können. Nebenbei
bestätigt der Ausweis von Antikörpern im Blutserum , wie auch die
Veränderung des Blutbildes entschieden eine auf den ganzen Körper
einwirkende Infektion, welche aber nur lokale Veränderungen bewirkt,
da die Ansiedlung der Bakterien und ihre Entwickelung lokalisiert ist,
während die Produkte dieser Bakterien, wie es scheint, den ganzen
Organismus überschwemmen und beeinflussen.
Therapie. Zum Schlüsse will ich meine Erfahrungen bezüglich
der Therapie mitteilen.
In der Therapie des Skleroras dominierte lange Zeit die operative Entfernung des
erkrankten Gebietes. Dieses Verfahren hatte seine Berechtigung, denn wenn auch keine
eutschiedene Heilung erreicht wurde, so konnte doch die Verbreitung der Krankheit
und hauptsächlich die mit der Narbenbildung einhergehenden hochgradigen Verenge-
rungen und Mißbildungen in gewissem Maße hintangehalten werden. Schon Kaposi
teilt einen Fall mit, wo nach mehrmaligem Entfernen der Rezidive vollständige Heilung
eingetreten war. Es müßte aber in der Behandlung die erste Periode der Krankheit,
•die der Infiltration, von der zweiten, narben bildenden Periode unterschieden werden.
Während man mit chirurgischen Eingriffen in der ersten Periode ein ausgesprochenes
Resultat erzielen konnte, stellten sich dem in der zweiten Periode große Schwierigkeiten
entgegen. In der zweiten Periode wendete Schrötter die Dehnung methodisch mit
ziemlichem Erfolg an, so daß C'hiari die Dehnung als souveräne Therapie des Skleroms
betrachtete.
Auch medikamentöses Eingreifen wurde versucht; so verwendete Wickham Arsen-
injektionen, nachher Jodkali, jedoch ohne Erfolg. In neuester Zeit wird oft Fibrolysin,
aber wohl ohne irgendwelche auffallende Erfolge, angewendet.
Rydygier versuchte im Jahre 1902 zum erstenmal die Behandlung mit Röntgen-
strahlen und erzielte hierdurch bedeutende Besserung der Svmptome. Das wurde
anfangs skeptisch aufgenommen, teils weil die Röntgentherapie lange Zeit in Anspruch
nimmt, und es leicht möglich ist, daß diese Therapie in den betreffenden Fällen nicht
lange genug angewendet wurde, teils weil wiederholt auch spontane Besserungen be-
obachtet wurden. So erwähnt Kaposi einen Kranken, bei dem sich ohne jeden Ein-
griff Besserung zeigte; so ist es auch erklärlich, daß Rydygiers Erfolge eine Zeitlang
nicht genug gewürdigt wurden. Aber seit Rydygier über 14 mit Röntgenstrahlen
behandelte Fälle — und darunter über manche seit einigen Jahren geheilte — berichtete,
werden immer mehr mit Röntgenbehandlung geheilte Fälle mitgeteilt, so von Gott-
stein, Ranzi, Freund , Mayer, Stern etc. Pollitzer behandelte seinen Kranken
ohne Erfolg mit Röntgenstrahlen. Ballin erreichte nur Besserung mit Röntgenstrahlen
bei einem oberflächlichen, am vorderen Teil der Nase und auf der Oberlippe sich be-
findlichen Sklerom. Während Rydygier schon in seiner ersten Mitteilung Be>serung
bei einem Laryngosklerom erwähnt und dies durch seine späteren Erfahrungen be-
kräftigt, und während Bohac ähnliche Erfolge mitteilt, spricht Fittig nur von geringer
Besserung, und hält es nicht für wahrscheinlich, daß in Fällen, wo die Strahlen in eine
solche Tiefe dringen müssen, Erfolge zu erzielen wären.
Schrötter und Kahler haben mit Radium guten Erfolg erzielt, und fanden es
auch deshalb für vorteilhafter als die Röntgenstrahlen, weil es in die Nase, den Rachen
und die Kehle zu bringen ist.
Die Wirkung der Röntgenstrahlen und des Radiums äußert sich nicht nur durch
Zerstörung des Granulationsgewebes und Aufweichung von Narben, sondern sie ver-
mindern auch, wie das Schrötter erwähnt, die Lebensfähigkeit der Bakterien. Daß
«8 doch so lange Zeit erfordert, bis bei Anwendung der Röntgentherapie ein Erfolg zu
erzielen ist, mag seinen Grund in der geringen Radiosensibilität der betreffenden Ge-
bilde haben. Heilung wurde nur nach mehreren Monaten, selbst nach '. — 1 Jahre
langer Kur erzielt; doch traten Besserungen selbst nach Monaten auch in solcnen Fällen
ein, deren Behandlung nur einige Wochen dauerte.
Von unseren Kranken war die mit I bezeichnete schon vor 1' , Jahren in der
Klinik; damals wurde der unter ihrer Nase befindliche haselnußgroße, kuglige sklero-
matische Knoten von Prof. Giimän entfernt; sobald die Wunde verheilte, entfernte
248 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
sich die Kranke. Als sie zurückkehrte, war an derselben Stelle, wo vorher der Knoten
ausgeschnitten wurde, ein etwas größerer Knoten.
Bei unseren Kranken, da andere die medikamentöse Anwendung desArsens emp-
fohlen haben, haben wir uns durch intravenöse Darreichung von Salvarsan in dieser
Richtung orientieren wollen. Die mit I, II und III bezeichneten Kranken erhielten
0,30 g Salvarsan in 200 ccm hypotonischer Kochsalzlösung gelöst, was sie gut ertragen
haben ; nur der mit III bezeichnete Kranke hatte einige Stunden mäßige Temperatur-
erhöhung. Besserung zeigte sich aber bei keinem.
Alle vier Kranken habe ich kürzere oder längere Zeit mit Röntgenstrahlen be-
handelt. Die ganz oberflächlich gelegenen skleromatischen Knoten der mit I und II
bezeichneten Kranken habe ich wöchentlich zweimal 10 — 15 Minuten lang in einer
Entfernung von 20 cm mit einer ßauerschen Röhre (ö We) exponiert. Da ich damit
selbst nach einmonatiger Behandlung keinen Erfolg erzielte, begann ich eine energischere
Kur (nach gehörigem Schutz der gesunden Gebiete), und zwar ließ ich dem erkrankten
Gebiete auf einmal eine Erythemdosis zukommen. Da die Messung der Dosis der
Röntgenstrahlen heute noch nicht ganz verläßlich ist, habe ich mich von der Menge
der angewendeten Strahlung mittelst der von Walter gegebenen empirischen Tabelle
mit der Bestimmung der Milliampere-Sekunden orientiert. Während eines Monates
bekamen unsere Kranken je in einem Sitz zwei Erythemdosen, nach welchen sich nur
geringere Reaktionen (gerötete Haut, Jucken, Schuppen der Haut), aber keine wesent-
lichere Besserung gezeigt hat. Die mit I bezeichnete Kranke entfernte sich inzwischea
ungeheilt aus der Klinik. Die mit II bezeichnete Kranke exponiere ich seither wöchent-
lich zweimal mit einer harten (8 — 10 We) M ü 1 1er sehen Röhre mit Strahlenfilter (Stanniol)
von 25 cm Entfernung je eine Stunde, beiläufig seit 8 Wochen, unter Schutz der ge-
sunden Gebiete. Zurzeit ist ihre Nase etwas weicher, wesentlich kleiner und nicht So-
rot; die Epithelbekleidung der unter der Nase liegenden exkoriierten Gebiete hat be-
gonnen ; die Oberlippe ist dünner, weicher.
Bei den mit III und IV bezeichneten Fällen ist das Sklerom tief. Deshalb be-
handelte ich es von Anfang an mit einer harten Röhre, Strahlenfilter, wöchentlich
zweimal, zeitweise mit längeren Pausen. Der mit III bezeichnete Kranke atmete schon
in der 3. — 4. Woche etwas leichter, er war nicht dyspnoetisch, seine Stimme war klarer;
zurzeit, nach 2^/g-monatiger Behandlung, fühlt er sich subjektiv viel besser, so daß er
als Tagelöhner mit Gartenarbeit sein Brot verdient, obwohl der laryngoskopische Befund
nicht viele Besserung zeigt. Die mit JV bezeichnete Kranke stand 2 Wochen lang
unter Röntgenbehandlung, worauf sie sich ungeheilt entfernte.
Im Zusammenhang mit der Röntgentherapie will ich noch erwähnen, daß ich
beiläufig nach 6-wöchentlicher Behandlung die Komplementbindung wiederholt habe, und
ebenso, wie Goldzieher und Neuber mitteilen, weniger ausgesprochene Bindung
erhielt, was darauf hinzuweisen scheint, daß sich während der Röntgenisierung die-
Bildung der Antikörper verminderte.
Solange wir über ein wirkungsvolleres und sicherer spezifisches Verfahren (z. B.
Serumbehandlung) nicht verfügen, müssen wir auf die Prophylaxe größtes Gewicht legen.
Die Betonung der Prophylaxe ist um so wichtiger, da in neuester Zeit gerade in Ungarn,
ähnlich in Rußland, Amerika, Ostpreußen, die Zahl der Skleromfälle zunimmt. Obwohl
sie sich noch in geringer Zahl melden, zeigen sie sich nicht zerstreut, sondern in
einzelnen Inseln , was alles auf das ansteckende Wesen der Krankheit hindeutet.
Schrott er betonte mehrmals die Notwendigkeit, die Skleromafälle anzumelden, in
Evidenz zu halten und sie zeitweise vom behördlichen Arzt untersuchen zu lassen.
Die Behörde sollte darauf achten, daß sich die Skleromatischen mit ihren Mitbewohnern
nicht berühren (separates Zimmer, eigene Kleider, Entfernen der Kinder aus dem
Schlafzimmer ihrer Eltern usw.). Natürlich soll die Separierung nicht so streng sein
wie z. B. bei Lepra, da die Gefahr der Ansteckung viel geringer ist. Schrötters
Proposition eignete sich die 15. Sektion des XVI. internationalen Kongresses an und
faßte den Beschluß, daß sich zum Studium dieser Frage eine beständige Kommission
bildet, deren Aufgabe unter anderen die wäre, die Aufmerksamkeit der Behörden auf
diese Frage zu lenken.
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250 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Nachdruck verboten.
Ueber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri,
kultiviert im Blutegel.
[Aus dem bakteriologischen Laboratorium im Kindlein Jesu-Hospital
zu Warschau.]
Von Leon Earwaeki.
Mit 1 Tafel.
In einer gemeinsam mit Szokalski unternommenen Arbeit über
die Kultur der Recurrensspirochäten in Blutegeln hatten wir die Absicht,
zu ermitteln, wie lange die Spirochäten in Blutegeln leben können,
welche Umstände die Lebensdauer im günstigen oder ungünstigen
Sinne beeinflussen, wie groß die Virulenz der Spirochäten ist, und
schließlich, wie sie sich im Organismus des Blutegels verteilen. Die
Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden in der „Gazeta Lekarska" im
Jahre 1910 und in den ..Compt. rend. de la Soc. de biologie" im gleichen
Jahre veröffentlicht. Die gegenwärtige Arbeit ist ein Versuch der Syste-
matisierung des morphologischen Materials, das wir in den vorher-
gehenden Untersuchungen erhalten hatten, welches aus über 400 mikro-
skopischen Präparaten besteht, die von Blutegeln oder von Kranken,
denen die Blutegel appliziert worden waren, erhalten wurden. Die
Präparate wurden in absolutem Alkohol fixiert und in einer schwachen
Gi em sa-Lösung während 24 Stunden gefärbt.
Zunächst richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die Veränderungen,
denen die Bestandteile des Blutes während ihres Aufenthaltes im Blut-
egel unterworfen sind, und zwar um die kleinen Produkte der Hämolyse
von den zytologischen Veränderungen der Spirillen, ihren Involutions-
oder eventuellen Evolutionsformen unterscheiden zu können.
Die roten Blutkörperchen können in dieser Hinsicht keine Zweifel
erregen. In Blutegeln, die von sekundären Infektionen frei sind, kann man
bis 50 Tage lang gut erhaltene Erythrocyten vorfinden. Zwischen dem
20. und 40. Tage nimmt ihre Färbbarkeit ab. In Blutegeln, in deren
Intestinaltraktus Mikroben einer sekundären Infektion enthalten sind,
zerfallen die Erythrocyten viel früher und lassen sich nicht differenzieren.
Die weißen Blutkörperchen degenerieren schon nach 2—3 Tagen.
Das Protoplasma wird glasig, der Kern verliert seine fadenförmige
Struktur und erhält pyknotische Eigenschaften. In dieser Gestalt bleiben
sie ziemlich lange erhalten. Später zerfällt der Kern in mehrere stark
gefärbte Kugeln, die nach außen ausgestoßen werden. Manchmal trennt
sich so eine Kugel zusammen mit einem Teile des glasigen Protoplasmas
ab und täuscht ein protozoenartiges Gebilde vor. In einigen Fällen
wurden während 2 Tagen mehrkernige Leukocyten gefunden, die im
Protoplasma wenig veränderte Spirillen enthielten. Augenscheinlich hatte
die Phagocytose schon im Blute des Kranken stattgefunden, aber die
Verhältnisse im Intestinaltraktus des Blutegels verlangsamten den Zerfall
der Spirillen um ein Bedeutendes.
Die degenerativen Veränderungen der Blutplättchen lassen sich schon
sehr früh, nach Verlauf einer Stunde, beobachten. Sie ballen sich zu-
sammen, und die Konturen der einzelnen Plättchen verschwinden völlig.
Die Agglomerate nehmen eine rosa-violette Färbung an und bestehen
Karwacki, lieber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 251
aus minimaleu, unterbrochenen Fädeu, Körnchen und formlosen Partikeln.
In den mittleren Partieen der Agglomerate differenzieren sich dunkel-
violette Körnchen von regelmäßigen Konturen und von verschiedener
Größe, vom kleinen Pünktchen bis zum großen Staphy 1 ococcus.
Einzelne Plättchen bilden ebenfalls Körnchen. In großen degenerierten
Plättchen entsteht gelegentlich eine interessante Differenzierung beim
Färben ; der periphere Teil wird hellrosa, der mittlere dunkelviolett, in
Gestalt eines vollkommenen Kernes. Die Beurteilung solcher Gebilde ist
sehr schwierig. Ihre Entstehung klärt sich auf, wenn wir das Blut
einige Stunden nach der Fütterung des Blutegels untersuchen. Wir
finden dann eine ganze Kette von Uebergangsformen von typischen
Plättchen bis zu pseudoparasitären Gebilden. In dieser Hinsicht waren
mir Blutegel, die mit spirilleufreiem Menschenblut gefüttert waren, von
großem Nutzen. Es ist noch zu beachten, daß im Endstadium des
Paroxysmus im Blute der Kranken ein kolossales Anwachsen der Blut-
plättchenzahl stattfindet. Da die Blutegel hauptsächlich in diesem Stadium
gefüttert wurden, waren die Präparate überaus reich an Körnchen und ver-
schiedenen anderen Produkten der regressiven Metamorphose der Plätt-
chen. Ein Maximum von Körnchen enthielten die Präparate zwischen
dem 1. und dem 4. Tag nach der Fütterung. Die meisten Körnchen
findet man in den Plättchenagglomeraten und in ihrer Nähe; mit einzelnen
Körnchen ist das ganze Präparat übersät. Wenn Körner von kleinen
Dimensionen dem Körper der Spirillen anliegen oder auf demselben
liegen, ist es sehr schwer, zu entscheiden, ob das Körnchen ein Derivat
der Spirochäte oder ein Fremdkörper ist. Andere Produkte des Blut-
plättchenzerfalles, die den Spirillen anliegen, stellen einer richtigen Be-
urteilung keine Schwierigkeiten entgegen. Wenn man eine Serie von
Präparaten, die vom gleichen Blutegel stammen, in bezug auf die
Körnchenzahl miteinander vergleicht, so bemerkt man im Laufe der Zeit
eine allmähliche Abnahme derselben, bis sie zuletzt gänzlich verschwinden.
Die alten Körner färben sich oft metachromatisch-hellblau.
Bei der Untersuchung des vom Blutegel im flüssigen Zustande er-
haltenen Blutes habe ich bei der Mehrzahl der Blutegel sehr interessante
Gebilde entdeckt. Es waren gerade oder gebogene, an den Enden zu-
gespitzte Fäden von einer Länge von 5 — 15 /< und einer Dicke von
0,5 — 3 u. Diese Fäden erinnerten ihrem Aussehen nach an verdickte,
spindelförmige Bacillen. Sehr oft waren die Enden der Fäden gespalten,
gelegentlich auf eine größere Länge hin, was den Eindruck machte, als
ob dem größeren Faden ein kleinerer anliege. Nach mehrstündiger
Färbung nach Giern sa erhielten sie eine hellrosa Farbe, die nach
24 Stunden in eine violettrosa Nuance überging.
Die Fäden, besonders die einzelnen, machen ihrer Form nach den
Eindruck organisierter Gebilde, nichtsdestoweniger zeigen sie, trotz
ziemlich großer Dimensionen, nach der Färbung keinen zellenartigen Bau.
Sie setzen sich aus einzelnen Fädchen von verschiedener Dicke zusammen,
die, häufig unterbrochen oder mit Verdickungen versehen, parallel der
Längsachse verlaufen. Gelegentlich sind die Unterbrechungen in den
inneren Fädchen so häufig, daß das ganze Gebilde wie ein auf phan-
tastische Weise zusammengeballtes Konglomerat von Körnchen und
Stäbchen aussieht. Selten trifft man gleichmäßig gefärbte Gebilde, die
an die fadenartigen Formen der Bakterien erinnern. Ihrer Lage nach
sind diese Gebilde meist zusammengeballt, mit speichenförmiger Ver-
teilung oder mit einem formlosen zentralen Teil und einer deutlich
252 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
fädigen Peripherie. Die Enden der Fäden sind meist leicht gebogen und
immer zugespitzt. Daneben trifft man große Agglomerate knäuelförmig
verwickelter Fäden, ähnlich den Pilzfäden. Ein solches Netz enthält oft
eine beträchtliche Anzahl Blutkörperchen. Im Laufe der Zeit verwandeln
sich diese Agglomerate in eine amorphe Masse von Körnern und kurzen
Fäden. Die Blutegel, die diese Gebilde enthielten , zeigten eine ver-
ringerte Lebensfähigkeit. Nach jeder Blutentnahme bluteten sie reichlich
ins Wasser, in welchem ich weiße Partikelchen, die den oben be-
schriebenen nach Aussehen und Färbbarkeit analog waren, finden konnte.
Die Herkunft dieser Gebilde ist mir unklar geblieben ; dem Aussehen
nach erinnern sie sowohl an die Knäuel zerfallender Spirochäten, wie
auch an die Agglomerate der Blutplättcheuzerfallsprodukte. Die einzelneu
Gebilde aber, besonders im ungefärbten Zustande, zeigen keine Ver-
wandtschaft weder mit den Spirillen noch mit den Blutplättchen."
Die morphologische Untersuchung hatte in erster Linie den Zweck,
die Frage zu beantworten, ob die Spirochäten im Blutegel sich bloß am
Leben erhalten, oder sich auch vermehren. Es unterliegt keinem Zweifel,
daß in einigen Insektenarten die Spirillen sich vermehren und sehr
lange leben können. Bei Oruithodorus moubata fand Koch einige
Zeit nach der Fütterung ganze Knäuel von Spirillen in den Ovarien.
Möllers hat experimentell nachgewiesen, daß dieses Insekt noch andert-
halb Jahre nach der letzten Fütterung mit infiziertem Blut die Fähigkeit
besitzt, Affen durch Biß zu infizieren, also lebende Spirillen enthält.
Der gleiche Autor hat festgestellt, daß die Spirillen von den Eltern auf
die Nachkommen übergehen; bei seinen Versuchen konnte nicht nur die
erste, sondern auch die zweite Generation von Ornithodorus, die
von infizierten Insekten abstammte, bei Affen das Rückfallfieber hervor-
rufen. Die Ansichten der Forscher über die Rolle der Wanzen in dieser
Angelegenheit gehen noch weit auseinander. Klodnickij behauptet
auf Grund von Untersuchungen, die an 30 Wanzen durchgeführt wurden,
daß die Spirillen in den Wanzen sich nicht nur vermehren, sondern auch
in andere Entwickelungsformen übergehen können, wenn die Wanzen
von Zeit zu Zeit mit frischem Mäuseblut gefüttert werden. Die Dauer
der Lebensfähigkeit der Spirochäten in der Wanze bestimmt Klodnickij
auf 30 Tage. Mackie beobachtete lebende Spirillen in der Wanze bis
zum 7. Tage; sie hielten sich im oberen Teil des Intestinaltraktus auf;
über die Vermehrung derselben teilt er nichts mit. Nuttall stellt die
Möglichkeit der Vermehrung der Spirochäten in der Wanze in Frage,
und die diesbezüglichen Gebilde auf den Photogrammen von Klodnickij
hält er für Wanzenspermatozoen. Nach seiner Meinung lebten die
Spirillen bei einer Temperatur von 12^ in der Wanze bis 5 Tage lang,
in den Wanzen dagegen, die im Brutofen bei 20—24*^ gehalten werden,
reduziert sich ihre Lebensdauer auf ein Dutzend Stunden. Tiktin,
der zuerst sich mit dieser Frage beschäftigt hat, behauptet, daß unter
gewöhnlichen Umständen die Spirochäten in der Wanze nicht viel länger
als 3 Tage am Leben bleiben. Ich bin in der Lage, auf Grund meiner
Untersuchungen, zu bestätigen, daß im allgemeinen die Spirochäten in
der Wanze ihre typische Gestalt nur während einer relativ kurzen Zeit
beibehalten. Danach findet eine Umwandlung derselben in typische
körnchen- und stäbchenartige Gebilde statt, die ich für Evolutions-
formen halte.
Viel günstigere Verhältnisse für die Beibehaltung ihrer typischen
Gestalt finden die Spirochäten in den Läusen. Serge nt und Foley
Karwacki, Ueber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 253
sandten einige Läuse von Recurrenskrauken von Algier nach Paris. Es
gelang, mit dem Inhalt einer Laus einen Affen zu infizieren, obwohl die
Läuse 6 Tage unterwegs waren. Mackie präparierte infizierte Läuse,
und stellte dabei fest, daß die Spirochäten hauptsächlich sich in» Magen
aufhalten. Ihre Zahl wächst allmählich und nach 3 Tagen erreichte sie
ein Maximum. Dann bilden die Spirillen Knäuel und Häufchen, und
später nimmt ihre Zahl allmählich ab. Aehnlich wie bei Ornithodorus
gelangen die Spirochäten in der Laus in die Ovarien, wo sie sich in
kurze Gebilde von kaum 2 /n Länge verwandeln.
Die Untersuchungen von Schellack und Manteuffel haben er-
geben, daß die Spirochäten auch in Läusen und Flöhen, die auf experi-
mentell infizierten Ratten leben, sich vorfinden. Jedoch berichten beide
Forscher nichts über ihre weiteren Schicksale.
In allen diesen Arbeiten wird die Vermehrung der Spirochäten vom
epidemiologischen Standpunkte aus behandelt. Dieser Standpunkt hat
mit dem Charakter meiner Untersuchungen nichts gemein, da die Blut-
egel in der Epidemiologie des Rückfallfiebers gar keine Rolle spielen.
Die obigen Arbeiten habe ich ausschließlich aus dem Grunde zitiert,
weil sie deutlich auf die Möglichkeit der Fortpflanzung der Spirochäten
unter bestimmten Verhältnissen im Organismus von Insekten hinweisen.
Als ein die Entwickelung begünstigender Umstand wird unter anderem
die niedrige Temperatur der Umgebung angegeben.
Aus den gemeinsam mit dem Kollegen Szokalski durchgeführten
Untersuchungen ergibt sich, daß die anfänglich im Intestinaltraktus des
Blutegels befindlichen Spirochäten nachträglich in die inneren Organe aus-
wandern und sich um und in den inneren Drüsen lagern. Die Zahl der
Spirochäten im Intestinaltraktus bildet kaum einen kleinen Bruchteil
derjenigen, die sich im Mesenchym des Blutegels befinden. Sie bilden
um die Organe herum ganze Knäuel und kompakte Haufen. Diese Tat-
sache ist ein Beweis, daß die Spirochäten sich im Körper der Blutegel
sehr energisch vermehren können. Die Silberpräparate, in denen wir
diese Bilder entdeckten, erlauben uns aber nicht, weitere Schlüsse über
den Mechanismus der Vermehrung zu ziehen. Die Eigentümlichkeiten
dieses Vorganges erhellen erst aus der Untersuchung der vom Blutegel
gewonnenen Blutpräparate, die die Untersuchung der Gewebe ergänzt.
Schon die Zählung der Spirochäten auf den Präparaten in den Fällen,
wo das Blut systematisch in ein- oder zweitägigen Zwischenräumen ent-
nommen wurde, zeigt, daß die Zahl der Spirochäten im Intestinaltraktus
durch zwei Momente reguliert wird, das Absterben und das Nachwachsen.
Die durchschnittliche Spirochätenzahl im Gesichtsfeld beim gleichen Blut-
egel beträgt z. B. an einem Tage 5, am anderen V2' am dritten 3,
am vierten 6 usw. Bei graphischer Darstellung der Zählresultate er-
hält man eine Kurve von wellenförmigem Charakter, deren höchster Punkt
manchmal auf den 1., manchmal auf den 7. oder 11. Tag entfällt, seltener
finden wir zwei oder mehr solcher Höhepunkte, worauf die Kurve (in
den Fällen, wo keine Verunreinigung stattgefunden) langsam bis zur
Horizontalen abfällt. Die Untersuchung der gefärbten Präparate erklärt
die Ursache dieser Schwankungen, da sie an manchen Tagen viele im
Zerfall begriffene Gebilde, an anderen wiederum Teilungsvorgänge auf-
weist.
In meiner vorhergehenden Arbeit über die Morphologie der Spiro-
chaeta Obermeieri hatte ich die Tatsache der Vermehrung der Re-
currensspirochäten durch Längsteilung völlig in Zweifel gezogen. Meine
254 Ceotralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Ansicht basierte ausschließlich auf der Untersuchung infizierten Menschen-
blutes.
In 70 Fällen von Rückfallfieber, in denen das Blut systematisch in
verschiedenen Stadien der Krankheit entnommen wurde, gelang es mir
kein einziges Mal, Bilder zu beobachten, die für die Längsteilung sprachen.
Die gegabelten Formen der Obermeierschen Spirochäte im
Menschenblut gehören zu den größten Seltenheiten, wogegen die langen
Gebilde mit einem dünnen spirillenlosen Bäudchen in der Mitte zu den
gewöhnlichen Erscheinungen gehören. Ziemlich oft triff't man auch lange
Fäden, in denen alle paar Segmente Einschnürungen sich befinden, und
die als Resultat einer multiplen Teilung beschrieben worden sind. Aehn-
liche, ganz kurze Gebilde, die infolge einer mehrfachen Querteilung der
Mutterzelle entstanden sind, fand ich fast ausschließlich im Parenchym
der Milz beim Menschen in 2 Fällen mittels der Versilberungsmethode.
Die Länge solcher Gebilde betrug 2 — 4 ,«. Solche Bilder sprechen un-
zweifelhaft für die Fortpflanzung der Spirochäten im Menschenblut,
hauptsächlich durch Querteilung. Es kann gegenwärtig noch nicht mit
Bestimmtheit behauptet werden, ob die Art der Vermehrung im mensch-
lichen Organismus auch die einzige ist. Die Verfechter der Längsteilung
der Spirochäten sind der Meinung, daß auch die Doppelformen mit der
dünnen mittleren Verbindungszoue infolge einer schnellen Längsteilung
entstanden sind, wobei das Ende eine Zeitlang ungeteilt bleibt. Wenn
dann die beiden Spirochäten sich auseinanderbiegen und in der Längs-
richtung hintereinander liegen, erhalten wir den falschen Eindruck einer
Querteilung.
Das Beobachtungsergebnis am menschlichen Blut und an den Or-
ganen bestätigt eine solche Annahme keineswegs. Trotz der Schnellig-
keit des Teilungsaktes, welche die Erfassung der einzelnen Phasen der
Erscheinung erschwert, müßte es dennoch gelegentlich gelingen, diese
Zwischenstadien zu beobachten, wenn man eine große Zahl von Präpa-
raten, die von verschiedenen Kranken in verschiedenen Stadien der Krank-
heit stammen, durchmustert. Ich für meinen Teil habe ähnliche Formen
niemals angetroffen. In Blutegeln dagegen existiert die Längsteilung
unzweifelhaft und man kann ihr in verschiedenen Entwickelungsstadien
begegnen.
Der Teilungsprozeß erinnert hierbei auch an die Teilung der Spiro -
chaeta Duttoni bei der Maus, die von Mayer beschrieben worden
ist, und die Teilung der Spirochaeta pallida, wie sie von Krzy-
sztalowicz und Siedlecki angegeben wurde.
Die Teilung beginnt zwischen dem 3. und 7. Tage des Aufenthaltes
im Blutegel. Der Unterschied in bezug auf die Zeit hängt wahrschein-
lich von bestimmten Eigenschaften, die von den einzelnen Individuen
erworben sind, und von ihrem Alter ab. Den Teilungsformen begegnet
man während der Dauer einiger Tage. Im Anfangsstadium werden die
Spirochäten kürzer und nehmen an Dicke zu, so daß ihr Durchmesser
um das 2— 3-fache den normalen übersteigt. Im Zusammenhang mit
der Verdickung des ganzen Körpers steht die Bildung von Körnchen in
einigen der Spirochäten. Die Körnchen entstehen manchmal im zentralen
Teile, manchmal an den Polen. Gewöhnlich entsteht in der Spirochäte
nur ein exzentrisch gelegenes Körnchen von größeren Dimensionen
als der Durchmesser des Körpers. Die Körnchen färben sich dunkel-
violett und stellen wahrscheinlich einen Vorrat von Chromatin dar, der
für den Teilungsakt bestimmt ist. Der Verdickung unterliegt nicht der
Karwacki, Ueber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 255
ganze Körper des Parasiten, sondern eine gewisse Anzahl von Segmenten,
gewöhnlich der mittlere Abschnitt. Diese Erscheinung ist jedoch nicht
beständig, da außer den mittleren Windungen auch eine von den peri-
pheren oder auch die Endsegmente sich verdicken. Die nächste Etappe
im Teilungsprozeß bildet die Zweiteilung einiger verdickter Abschnitte,
infolge dessen ein Teil der Spirochäte doppelte Konturen erhält. Die
geteilten Segmente behalten die korkzieherförmige Gestalt der Si)irochäte
bei, verlaufen jedoch nicht ganz parallel, was ihnen das Aussehen von
Halbmonden oder in die Länge gezogenen Ringen verleiht. Die Teilung
der verdickten Abschnitte tritt in einer gewissen Reihenfolge auf, vom
mittleren Teil nach den Enden zu oder umgekehrt. Das Bild der Spiro-
chäte in dieser Phase stellt sich wie folgt dar: Nach einer Reihe von
Endwindungen von normaler Dicke folgen 1, 2 oder 3 Doppelwindungen,
weiter einige einfache verdickte Windungen, worauf wieder einfache dünne
Endwindungen folgen.
Das quantitative Verhältnis der verdickten Windungen zu den ver-
doppelten kann sehr verschieden sein; ich habe jedoch kein einziges Mal
eine vollständige Trennung des inneren Teiles der Spirochäte bei Er-
haltung einfacher Enden im Sinne Mayers gesehen. Gewöhnlich folgte
nach der oben beschriebenen Phase die gabelförmige Teilung eines der
Enden in größerer oder geringerer Ausdehnung. Diese Form werde ich
der Bequemlichkeit halber die offene Teilung nennen, im Gegensatz zu
der vorhergehenden Phase, die ich die geschlossene Teilung nenne. Die
vollständig getrennten Enden der Spirochäte können sich gegenseitig
umflechten und so Ringe bilden; in anderen Fällen, indem sie einander
auf gewisse Entfernung hin anliegen, machen sie den Eindruck noch nicht
getrennter, verdickter Abschnitte. Bei genügender Uebung macht die
Unterscheidung der Bilder im Stadium der offenen Teilung von den
Bildern der geschlossenen Teilung keine Schwierigkeiten ; die doppelten
Segmente, die durch Kreuzung oder Umflechtung der Enden entstanden
sind, haben ein rundes, nicht halbmondförmiges Aussehen; die dicken
Abschnitte, welche durch Zusammentreffen der getrennten Enden ent-
standen sind, unterscheiden sich von den Verdickungen in der geschlossenen
Teilung dadurch, daß sie keinen symmetrischen wellenförmigen Verlauf
haben.
Die Bilder der schon weit fortgeschrittenen offenen Teilung besitzen
für mich einen geringeren objektiven Wert für die Bestimmung der Art
der Teilung. In vielen Fällen ist es unmöglich, das Bild der vollendeten
Teilung vom einfachen Anliegen zweier Spirochäten auf geringe Ent-
fernung hin zu unterscheiden, wenn sie gleiche Länge besitzen. Die
Symmetrie oder Asymmetrie kann für die Differenzierung keine größere
Bedeutung beanspruchen. Weiter, wenn man vom Standpunkte der
Längsteilungstheorie einen Faden aus zwei Spirochäten als das Resultat
einer Drehung um 180 "^ von 2 soeben geteilten, aber noch zusammen-
hängenden Spirochäten ansehen kann, so können vom Standpunkte der
Querteilung die V-Formen ebensogut als das Resultat der Drehung von
2 Spirochäten an der Teilungsstelle erklärt werden. Sogar die gabel-
förmigen Gestalten mit einer kurzen Basis können theoretisch aus der
Querteilung abgeleitet werden, wenn außer der Drehung an der Ver-
bindungsstelle eine Superposition der beiden Hälften auf kurze Distanz
stattfindet.
Aus diesen Gründen habe ich das Vorhandensein der Längsteilung
ausschließlich auf Grund der Bilder der geschlossenen und offenen Teilung
256 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
im Anfangsstadium diagnostiziert. Die durch Längsteilung entstandenen
Spirochäten charakterisieren sich durch ihren dünnereu Durchmesser als
normal, jedoch ist der Unterschied, dank der vorhergehenden Verdickung,
sehr gering. Relativ selten trifft man Spirochäten mit einem außer-
ordentlich dünnen Körper. Ich fand sie gewöhnlich in dem auf die
Längsteilung folgenden Stadium. Sie färben sich anders wie gewöhnlich,
und zwar rosaviolett mit einem Uebergewicht von rosa. Solche Gebilde
sah ich auch auf künstlichen Nährböden im Stadium der verminderten
Lebensfähigkeit der Spirochäten.
Als Folgen der Querteilung sah ich die doppelten Spirochätenfäden
an, wenn ich auf den Präparaten die Formen der geschlossenen Längs-
teilung gar nicht antraf, sowie die Fäden, die aus 3 Spirochäten be-
standen. Der Faden, der die einzelnen Individuen verbindet, ist dünner
als der übrige Körper, besitzt keine Windungen und nimmt eine Farbe
an, die zwischen violett und blau die Mittelstellung einnimmt. Solche
Formen fand ich am 1. oder 2. Tage nach der Fütterung des Blutegels
sowie einige Tage nach der Längsteilung. Ich gebe gern zu, daß ein
solches Kriterium für die Differentiation der Teilungsformen keinen An-
spruch auf Genauigkeit machen kann, um jedoch die Klassifikation auf
eine möglichst objektive Grundlage zu stützen, mußte ich nach mor-
phologischen Eigenschaften suchen, welche mit annähernder Wahrschein-
lichkeit die für die unmittelbare Beobachtung fast unzugängUchen, aber
in bezug auf die endgültigen Ergebnisse ganz identischen Erscheinungen
abzugrenzen erlauben.
Die Existenzbedingungen in einem in chemischer, thermischer und
biologischer Hinsicht andersartigen Medium blieben nicht ohne Einfluß auf
die Morphologie der Spirochäten. Als das wichtigste von diesen Mo-
menten betrachte ich das letzte. Die ständige Reaktion des infizierten
menschlichen Organismus in Gestalt der Antikörper und der Phagocytose
ruft eine beispiellos schnelle Vernichtung der Parasiten hervor und nötigt
sie, eine andere Form anzunehmen, in welcher sie erfolgreicher den
schädlichen Einwirkungen des Organismus widerstehen und aus welcher
sie auf dem Wege der Evolution ihre ursprüngliche Form wieder an-
nehmen können. In den Blutegeln existiert dieses Moment gar nicht.
Dies ist ein für das Studium des Parasiten vom Zeitpunkt seiner Ent-
stehung bis zu seinem „physiologischen" Tod sehr günstiger Umstand.
Als zweiten günstigen Umstand betrachte ich die niedrige Temperatur
des Mediums, infolge deren sich alle Lebenserscheinungen der Spirochäten
in einem bedeutend verlangsamten Tempo abwickeln.
Nach mehrtägigem Aufenthalt im Blutegel verlieren die Spirochäten
ihre willkürliche Bewegungsfähigkeit. Dieser Verlust rührt nicht von
der niedrigen Temperatur des Mediums her, wie aus meinen Unter-
suchungen an künstlichen Spirochätenkulturen hervorgeht; auf flüssigem
Nährsubstrat bei 37 ° werden sie nach 3 — 4 Tagen ebenfalls unbeweglich.
Dies ist nicht eine Erscheinung der eintretenden Degeneration, da die
unbeweglichen Spirochäten sich vermehren können, wie ich schon oben
beschrieben habe, dagegen weisen die zweifellos degenerierten Spirochäten
(nach Behandlung mit lytischem Serum) in Gestalt von Fäden mit rosen-
kranzförmigen Verdickungen eine Zeitlang sehr energische Bewegungen
auf. Die unbeweglichen Spirochäten unterscheiden sich auch durch andere
Eigentümlichkeiten von den im Blute der Kranken befindlichen Spiro-
chäten. Die 0 b er meier sehen Spirochäten stellen sich im Blut in der
ersten Hälfte des Paroxysmus als Fäden ohne ständige Windungen dar.
Karwacki, üeber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 257
Die Windungen der fixierten und gefärbten Gebilde sind flach, breit und
unregelmäßig. In den Blutegeln dagegen erhalten die Spirochäten zahl-
reiche, ständige, gleichmäßige und tiefe Windungen. Die Spirochäte
macht den Eindruck eines erstarrten Gebildes; bei der Molekular-
bewegung der Flüssigkeit wird ihre Ortsveränderung weder von einer
Zusammenziehung noch Ausdehnung der Windungen begleitet. Ein
solches Gebilde sieht wie eine vergrößerte Kopie der Spirochaeta
pallida aus. Die Veränderungen im Aussehen dieses Typus hängen
ausschließlich von Teiluugsvorgängen oder Degenerationserscheinungen ab.
Der Bau der unbeweglichen Gestalten mit regelmäßigen Windungen
ist mehr einheitlich, als der Bau der im Menschenblut befindlichen Spiro-
chäten. Bei diesen letzteren trifft man relativ häufig im Körper achro-
matische, einheitliche oder gespaltene, Unterbrechungen, so daß die
Spirochäte an dieser Stelle eine doppelte Kontur hat. Solche Unter-
brechungen bei den Spirochäten im Blutegel gehören zu den Seltenheiten,
und kommen ausschließlich bei den Gebilden vor, die noch keine festen
und regelmäßigen Windungen erbalten haben. Ich glaube, daß in bezug
auf die Spirochäten des Riickfallfiebers die Ansicht von Krzy stalo wicz
und Siedlecki angewandt werden kann, welche an der Spirochaeta
pallida beobachteten, daß die achromatischen Zwischenräume vornehm-
lich in den gerade gerichteten, windungsloseu Abschnitten anzutreffen
sind. Die Geradestreckung des Körpers kann aber stattfinden, wenn an
der betreffenden Stelle eine steife Unterlage, als welche man die Kern-
substanz ansieht, fehlt. Daraus folgt, daß die Lagerung und Verteilung
der Kernsubstanz sich im äußeren Aussehen der Spirochäte, speziell in
ihrer Korkzieherform, bemerkbar macht. Je regelmäßiger und beständiger
diese Gestaltung ist, desto seltener können wir der unterbrochenen Ver-
teilung des Chromatins begegnen.
Spirochäten mit regelmäßigen Windungen bilden die große Mehrzahl
der im Blutegel anzutreffenden Formen. Außer ihnen begegnet man in
den Anfangsstadien der Züchtung Exemplaren vom gewöhnlichen mensch-
lichen Typus, zusammengerollten Spirochäten und solchen mit Oesen.
Neben der häufigsten Lagerung, nämlich einzeln, können sie sich in
Bänder und Knäuel gruppieren.
Aus den Arbeiten betreffend die Morphologie der Spirochaeta
pallida wissen wir, daß dieser Parasit sein Aussehen in ziemlich weiten
Grenzen ändern kann. Einige seiner Gestalten werden (vielleicht ohne
genügenden Grund) als Folgen der Degeneration angesehen, andere als
Depressions-, Dauer- oder Evolutionsformen, Im Laufe der Zeit können
gewisse Einzelheiten dieser Anschauungen bedeutende Umwandlungen
erfahren, der Grundgedanke jedoch, daß die Aenderung im Aussehen den
Unterschieden in der Funktion oder im Entwickelungswerte entsprechen
muß, gewinnt unzweifelhaft eine immer wachsende Zahl tatsächlicher
Unterlagen. A priori kann man von den Recurrensspirochäten viele
morphologische Abänderungen erwarten, welche infolge der intensiven
und periodischen Reaktion des Organismus sich schnell den veränderlichen
Verhältnissen des Mediums anpassen müssen. Indem wir die Blutegel
mit Blut von verschiedenen Stadien der Krankheit fütterten, haben wir
in dieselben Spirochäten von verschiedener W'ertigkeit und verschiedener
Dynamik eingeführt, alte, junge, normale und geschwächte, sich zur
Teilung vorbereitende und in Teilung begriffene, in Umwandlung befind-
liche und umgewandelte, einzelne und zusammengeflochtene — und was
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 3/4. 17
258 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
daraus folgt — ihrem Aussehen nach stark voneinander abweichende.
Eine jede dieser verschieden wertigen Gestalten geht im Organismus des
Blutegels ihre weiteren Wege, abhängig von ihrer Bestimmung und der
Entwickelungsphase, in welcher sie sich befindet, allerdings mit den-
jenigen Modifikationen, welche aus den veränderten Verhältnissen des
Mediums entspringen. Diese neuen Verhältnisse sind derart, daß sie
einer erheblicheren Differenzierung der Spirochäten nicht günstig sind.
Die Spirochäten erreichen einen ausgesprochen korkzieherförmigen Typus,
vermehren sich und gehen unter. Einen Kampf um die Erhaltung des
Lebens gibt es hier nicht, folgUch auch keine Notwendigkeit zur Mobili-
sierung der Mechanismen, welche im infizierten menschlichen Organismus
vermittelst der äußeren Umwandlung dem Parasiten die Erhaltung sichern.
Die Konkurrenz anderer Mikroorganismen bei Verunreinigung des Darm-
kanals des Blutegels durch dieselben macht das Milieu für die Ent-
wickelung der Spirochäten unbrauchbar. In einer solchen Konkurrenz
können sie sich nicht vermittelst morphologischer Veränderungen anpassen
und sterben aus. Wenn wir auf Grund der Analogie mit der Klassi-
fikation der Formen der Spirochaetapallida eine ähnliche Einteilung
bei der Spirochaeta Obermeieri durchführen wollten, so könnten
wir 2 Gruppen von Formen bilden, steife Spirochäten, Typus des Blut-
egels, und schlaffe Spirochäten, Typus des Menschen. Der erstere Typus
zeigt eine große Beständigkeit in seinem Aussehen. Die Unterschiede
in der Länge und Dicke des Körpers, in der Gestaltung der Windungen
halten sich innerhalb der Grenzen individueller Schwankungen. Die
Spirochäte stellt sich in dieser Gestalt als ganz ausgereift und in völligem
morphologischen Gleichgewicht befindlich dar. Der zweite Typus charak-
terisiert sich durch seinen bedeutenden Polymorphismus; einmal stellt
er sich dar als gekrümmter Faden, ganz ohne schraubenförmige Win-
dungen, oder aber er nähert sich dem ersten Typus, einzig mit dem
Unterschiede, daß die Windungen nicht steif sind, sondern sich bei der
Bewegung zusammen- und auseinanderziehen ; manchmal hat er das
Aussehen eines Stabes, manchmal einer Uhrfeder, bildet geschlossene
Ringe oder absonderliche Schleifen. Gewisse Einzelheiten des inneren
Baues sind ebenfalls ziemlich veränderlich; der Chromatinstab kann gleich-
mäßig sein oder er ist an bestimmten Stellen unterbrochen, wobei das
Chromatin sich in 2 Teile, manchmal in 5 — 6 Stücke teilt (Mayer). Die
chromatinlosen Stellen haben eine Dicke, die dem Durchmesser der
Spirochäte entspricht, oder sie sind verdickt und mit doppelten Konturen.
Die Chromatinmasse kann an bestimmten Stellen zusammenfließen und
so Körner bilden, schließlich kann die ganze Spirochäte multiplen Ver-
dickungen unterliegen, ähnlich einem Streptokokkenfaden. Diese Ver-
schiedenheit der Gestalt und des Baues hängt von der Anpassung der
Spirochäte im Kampfe um das Leben ab. Der Parasit verliert, durch
die Schutzkräfte des Organismus bedroht, sein typisches Aussehen, und
nimmt eine Gestalt an, die ihm die größte Sicherheit garantiert. In
bestimmten Stadien des Anwachsens der spezifischen Antikörper geht
die Anpassung so weit, daß der Parasit, die Spirochätengestalt verlierend,
sich in ein Körnchen oder Stäbchen verwandelt. Ich glaube, daß diese
Anschauung auch auf die Morphologie der Spirochaeta pallida
übertragen werden kann, jedoch mit der Einschränkung, daß der Inten-
sitätsgrad der Abwehr des Organismus bzw. die Bildung der Schutzstoffe
und die Phagocytose unvergleichlich schwächer sind als beim Rückfall-
fieber. Diese Tatsache entscheidet darüber, daß die regelmäßigen Kork-
Karwacki, lieber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 259
Zieherspirochäten bei Lues die gewöhnliche Form bilden. Das Auftreten
atypischer Gestalten, schlaifer und anderer, ist ein Ausdruck der An-
passung der Spirochäte an die veränderten Existenzbedingungen, welche
durch die anfangenden, wenn auch ungenügenden Abwehrbestrebungen
hervorgerufen worden sind.
In denjenigen Fällen, wo die Blutegel kurze Zeit vor dem Abfall
der Temperatur gefüttert wurden, stellte sich ein großer Teil der Spiro-
chäten durch mehrere Tage hindurch in Gestalt von absonderlich zu-
sammengewickelten Fäden dar. Die Zahl der zusammengewickelten In-
dividuen war gewöhnlich während der 3 ersten Tage am größten, und
verminderte sich allmählich. Der späteste Zeitpunkt, nach welchem ich
die zusammengerollten Gebilde nicht mehr fand, war der 17. Tag, ge-
wöhnlich aber verschwanden sie zwischen dem 7. und 12. Tage. Die
zusammengerollten Gestalten kann man in 2 Gruppen einteilen : Spiro-
chäten mit zusammengerolltem Teil des Körpers — ein oder mehrere
Abschnitte — und völlig zusammengerollte Spirochäten. Obwohl diese
beiden Typen ständig nebeneinander angetroffen werden, scheint es mir,
daß der Mechanismus ihrer Entstehung und vielleicht das Wesen ihrer
Erscheinung bei beiden Arten verschieden ist. Was die Bildung einer
Oese auf der Spirochäte anbetrifft, so spielt in dieser Erscheinung das
rein mechanische Moment eine große Rolle.
Bei der Untersuchung der Spirochätenbewegungen im Blute Kranker
bemerkte ich, daß vor der Krisis bei einigen Spirochäten eine Dissoziation
der Bewegungen in verschiedenen Teilen des Körpers stattfindet. Ge-
wöhnlich besteht so eine Spirochäte aus 2 Teilen, die sich ungleichartig
bewegen. Dies betrifft in gleichem Maße die Dreh-, Pendel- und Kon-
traktionsbewegungen. Sehr häufig ist die Bewegung der einen Hälfte
zu schwach, um eine Fortbewegung der ganzen Spirochäte hervorzurufen.
Wir erhalten dann den Eindruck, daß die Spirochäte aus 2 Teilen besteht,
einem steifen unbeweglichen und einem schlaffen beweglichen, die sich,
von der Verbindungsstelle ausgehend, nach verschiedenen Richtungen
krümmen, ähnlich einer Peitsche am Stiele. Nach einigen Sekunden
werden die Rollen vertauscht. \Vährend dieser Bewegungen, die durch
die eine Hälfte des Körpers ohne Ortsveränderung ausgeführt werden,
entstehen günstige Bedingungen zur Bildung von Schleifen und Oesen.
Es erscheint mir sehr plausibel, daß die Dissoziation der Bewegungen
mit gewissen Eigenschaften des inneren Baues in Verbindung steht, und
zwar mit der Anwesenheit der chromatinlosen Stellen , an denen die
Bewegung abbricht. Daneben ist es für die Bildung der Schleife not-
wendig, daß der Spirochätenkörper sich durch Weichheit und Nach-
giebigkeit auszeichnet. Diese Eigenschaften besitzen die menschlichen
Spirochäten in hervorragendem Maße, und außerdem noch die Klebrigkeit
des Körpers, welche verursacht, daß die während der Bewegung ent-
stehenden Veränderungen in der Lagerung des Fadens sich durch das
Zusammenkleben der anliegenden oder gekreuzten Körperabschnitte
fixiert. Die Gestalt der auf diese Weise entstandenen Schleife ist rund
oder oval. Eine ständige Lokalisation besitzen die Schleifen nicht;
manchmal entstehen sie gerade in der Mitte des Körpers, manchmal an
den Endabschnitten, wobei das kurze Ende direkt neben der Schleife
vorragt, oder mit ihr verschmilzt und so verschwindet. Es kommt auch
vor, daß die Endabschnitte sich umbiegen, ohne sich mit dem übrigen
Körper zu kreuzen, und einer von den Segmenten der Oese verklebt
sich mit dem nächstliegenden Abschnitt des Körpers. Neben einfachen
17*
260 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3 4.
Schleifeu trifft man auch multiple; manchmal verwandelt sich der ganze
Körjter der Spirochäte in eine Reihe von Schleifen.
Die Dicke der Schleife entspricht im allgemeinen dem Durchmesser
des betreffenden Abschnittes der Spirochäte. Die einzelnen Teile der
Schleife sind von ungleicher Dicke. Manchmal hängen die Unterschiede
von dem Zusammenfließen eines Teiles der Schleife mit einem Körper-
abschnitt ab, manchmal aber bildet sich an dem Umfang ganz spontan
an einer Stelle eine ziemlich bedeutende Verdickung. Die Färbbarkeit
der Schleife ist verschieden und hängt vom Alter ab: in den Anfangs-
stadien ist sie die gleiche wie beim übrigen Körper, dann nimmt sie ab,
schließlich färbt sich die Schleife hellblau oder grau. Dieser Umstand
zeigt, daß im Verhältnis zur übrigen Spirochäte die Schleife eine Art
Fremdkörper ist, welcher mit der Zeit abstirbt. Irgendwelche Anzeichen
von Entwickelung zeigen die Schleifen, meiner Ansicht nach, nicht. Die
Bildung der Schleife hat keinen sichtbaren Einfluß auf die Verminderung
der vitalen Eigenschaften der Spirochäte, und hindert sie nicht an der
Erreichung des starren Endtypus mit regelmäßigen Windungen.
Dem Typus völlig zusammengerollter Spirochäten, von mir als
..Uhrfederform'' bezeichnet, begegnet man bei fast allen Abarten der
Spirochäten. Perrin beobachtete das Zusammenrollen an lebenden
Individuen der Spirochaeta Balbiani, beschrieb die einzelnen
Etappen dieser Erscheinung, und stellte fest, daß sie zur Entstehung
eingekapselter Gebilde führt. Krzystalo wicz und Siedlecki be-
urteilen diese Erscheinung auf gleiche Weise bei der Spirochaeta
pallida. Prowazek beschrieb die zusammengerollten Formen bei
den Hühnerspirochäten, den Spirochäten der Mundhöhle, der Spiro-
chaeta pallida und betrachtet sie als Dauerformen. Ich sah die
Uhrfederformen bei dickeren Spirochäten im Eiter in einem Falle akuter
Entzündung der Highmor eschen Höhle. Am letzten Tage vor dem
völligen Verschwinden nahm die Mehrzahl der Spirochäten die Gestalt
von Uhrfedern und geschlossenen Ringen an.
Was speziell die Parasiten des Rückfallfiebers anbetrifft, so wurden
bei den Spirochäten von Dutton die zusammengerollten Formen durch
Breinl und King hörn in der Leber und Milz entdeckt. Die Gebilde
hatten das Aussehen von Ringen von V4 ^^^ Größe eines roten Blut-
körperchens, und besaßen eine deutliche, färbbare Kapsel. Der Ring
färbte sich dunkelrot. und der Raum zwischen der Kapsel und dem
Körper war mit einer feinkörnigen Masse ausgefüllt. Levaditi und
Manouelian trafen die zusammengerollten Gestalten hauptsächhch in
den Phagocyten. oder auch in exsudativen Herden, und betrachten das
Zusammenrollen als eine Degenerationserscheinung. Die Bildung von
Ringformen geht in weiteren Stadien in körnigen Zerfall über. Schellack
sah ebenfalls die zusammengerollten Formen in den Kapillaren neben
Zerfallsprodukten und Gebilden, die er als degenerierte ansah. Mayer
fand die zusammengerollten Spirochäten hauptsächlich in der Leber am
Ende des Anfalles oder gleich nach dem Anfall. Die Mehrzahl dieser
Gebilde war frei. In gewissen Fällen schien es ihm, daß die zusammen-
gerollte Spirochäte eine Kapsel besitzt. Die Endprodukte des Zusammen-
rollens verraten auf den ersten Blick keine Verwandtschaft mit der
Spirochäte, erst eine Kette von Uebergangsformen klärt ihren Ursprung
auf. Mayer hält sie für Dauerformen. Bei dem europäischen Rückfall-
fieber wurden solche Gebilde von mir im Blute Kranker und in den
Organen gefunden. Krzystalo wicz und Siedlecki stellten auf dem
Karwacki, Ueber die Moq)hologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 261
Wege der Impfung an Affen fest, daß die zusammengerollten Ober-
m ei er sehen Spirochäten weder an ihrer Vitalität, noch an ihrer Virulenz
etwas eingebüßt haben.
Es ist unmöglich, dem Schicksal dieser zusammengerollten Formen
beim Menschen nachzuspüren, da sie kurz vor dem Ende des Anfalles
auftreten und zusammen mit den anderen Gestalten schnell aus dem
Blutkreislauf verschwinden. Es schien mir, daß die Untersuchungen an
Blutegeln diese Lücke in gewissem Maße ausfüllen würden. Das häutigste
zusammengerollte Gebilde, das man bei Kranken antrifft, hat die Gestalt
einer aus mehreren Touren bestehenden Uhrfeder. Bei den Blutegeln
traf ich nur sehr wenige solcher Gestalten. In Abhängigkeit von der
Umwandlung der Spirochäten im Blutegel in starre Korkzieherformen ist
auch die Form der zusammengerollten Gebilde anders als beim Menschen.
Indem sie sich zusammenrollen, behalten die Spirochäten einen Teil der
Windungen bei und bilden nicht runde oder ovale Ringe, sondern viel-
eckige Sterne mit leicht gekrümraten Seiten. Die Gestalt des Sternes
hängt davon ab, ob die ganze Spirochäte sich zusammenrollt, oder ob
eines von den Enden, oder beide frei bleiben. Im ersten Falle entsteht
ein Stern, dessen eine Ecke durch die Enden der Spirochäte gebildet
wird, im zweiten — häufigeren — ragen eins oder beide Enden nach
außen vor, oder verlaufen innerhalb des Sternes. Gelegentlich kleben
die Enden auf gewisse Entfernung hin aneinander, um sich dann gabel-
förmig zu trennen. Bei einer genügenden Länge der Enden können in
ihnen Zusatzringe entstehen. Auf diese Weise entstehen sehr komplizierte
Bilder. Die Wandung des geschlossenen Gebildes ist stets einfach; es
ist ziemlich groß. In einigen Fällen traf ich unter den schlaffen und
übermäßig dicken Spirochäten Gebilde, die in Gestalt einer regelmäßigen
8 verschlungen waren. Im Laufe der Zeit verwandeln sich die ursprünglich
fast geometrischen Konturen des Sternes in ovale oder runde; als Spuren
der Windungen verbleiben zahlreiche Krümmungen in den Wandungen.
Die letzteren werden dick und uneben. Die Verdickung kann auch von
einer Verklebung der Wand mit den freien Enden herrühren. Manchmal
bilden sich in der Wand auch körnchenartige Verdickungen. In dieser
Gestalt erinnert die Spirochäte an die Gebilde von Mayer, die in der
Mäuseleber gefunden werden können. Weiter geht die Differenzierung
nicht, und die Gebilde zerfallen.
Das Zusammenrollen der Spirochäten findet während der ersten Tage
des Aufenthaltes im Blutegel statt. Es ist anzunehmen, daß in diesen
Fällen ein Teil der Spirochäten schon im menschlichen Organismus die
Umwandlungen, welche zu diesem Stadium führen, durchzumachen an-
fängt, da Sterne von gleichem Bau ziemlich häufig auch bei Kranken
gefunden werden können; solche Gestalten findet man jedoch beim
Menschen seltener als die Uhrfederformen. In einigen Fällen trat die
Erscheinung des Zusammenrollens im Blutegel zwischen dem 10. und
17. Tage ein, was beweist, daß die Neigung zur Bildung von Dauer-
formen bei den Spirochäten schon im Stadium der saprophytischen
Existenz entstehen kann, ganz unabhängig von den Abwehrbestre-
bungen. Das späte Zusammenrollen findet in Gestalt vieleckiger Figuren
statt.
In denjenigen Fällen, wo der Blutegel menschliche Uhrfederformen
oder fertige Ringe enthaltendes Blut erhielt, begegnete man neben viel-
eckigen Figuren ganz regelmäßigen Ringen in verschiedenen Entwicke-
lungsstadien. Bei der Bestimmung der Reihenfolge der ringförmigen
262 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Umwandlungen benutzte ich als Grundlage die Verwandtschaft des
Gebildes mit einer mehrfach zusammengerollten Uhrfederform.
Die Umwandlungen in den Uhrfederformen fangen mit dem Zu-
sammenfließen der einzelnen Touren in eine an. Diese Erscheinung
findet allmählich an verschiedenen Teilen der Peripherie statt. Es ent-
stehen dann einheitliche und vollständig geschlossene, aber an einzelnen
Abschnitten konzentrisch gespaltene Ringe. In diesem Stadium ist die
Dicke des Ringes ungleich; einer von den Abschnitten ist ständig viel
dicker als der übrige Körper und ist gelegentlich schnabelförmig. Das
innere oder äußere Ende der Feder, welcher sich nicht mit dem übrigen
Ring vereinigt hat, verliert seine normale Färbbarkeit, wird immer dünner
und stirbt ab. Solche dünne, haarförmige Gebilde, ihrer Verbindung mit
dem Ring beraubt und nach innen zu liegend, verleihen ihm das Aus-
sehen eines unregelmäßigen inneren Baues, Die Tatsache des Ver-
schmelzens der einzelnen Touren und des Abfallens unverschmolzener
Teile beweist, daß wir es mit einer zweckmäßigen Erscheinung von sehr
kompliziertem Mechanismus zu tun haben. Wenn wir uns vergegen-
wärtigen, daß der Körper der Spirochäte aus der Chromatinsubstanz, der
Plasmasubstanz und der Hülle besteht, so müssen zur Bildung der
Wandung eines Ringes, nehmen wir an, aus 3 Uhrfedertouren, die einzelnen
Bestandteile dieser Touren einer bedeutenden Umgruppierung unterliegen
und manche von ihnen, wie die Schichten der Hülle, einen teilweisen
Schwund. Die Grundlage dieser Erscheinung, welche zur Bildung neuer
Gestalten führt, kann auf keinen Fall ein Degenerationsvorgang sein.
Die Größe der Ringe im oben beschriebenen Stadium ist gleich
V2 — Vi eines Erythrocyten. Im Laufe der nächsten Tage trifft man Ringe
von bedeutend kleineren Dimensionen, die kaum V4 eines Erythrocyten
erreichen, und noch kleinere. Indem ich sie als eine weitere Etappe
der vorhergehenden betrachte, muß ich sagen, daß die Ringe sich zu-
sammenziehen. Ihre Wandungen werden sehr dick und färben sich
intensiv dunkelviolett. Gelegentlich hat so ein Gebilde, seine kreisförmige
Gestalt beibehaltend, eine Unterbrechung am Umfange auf geringe Distanz.
Die nächste Etappe in der Differenzierung der Ringe bildet das Aus-
füllen der bisher leeren Mitte mit einer Masse, die sich entweder gleich-
mäßig blaßrosa färbt, oder aus kleinen, rosa gefärbten Körnchen besteht.
Kaum in einigen Fällen fand ich einen noch höhereu Grad der Diffe-
renzierung; der dicke, dunkelviolette Ring mit der rosa Masse im Innern
war von einem konzentrischen, sehr blassen, rosigen Nebel in Gestalt
einer Kapsel umgeben. In einem anderen Falle war der Ring exzentrisch
in der rosigen Masse gelagert. Die Größe des Ringes mitsamt der
Kapsel war derjenigen eines roten Blutkörperchens gleich. Eine Art von
negativer Kapsel, welche Mayer bei den zusammengerollten, aber nicht
zu regelrechten Ringen ausgebildeten Formen vorfand, erweckte in ihm
gewisse Zweifel, aus dem Grunde, weil die Spirochäte noch beweglich
sein und durch die Bewegungen den hellen Raum um sich herum er-
zeugen konnte. In meinen Bildern stellt die nebelige, rosige Kapsel
unzweifelhaft einen Bestandteil des Ringes dar.
Die Parasiten in Gestalt kleiner, violetten Ringe fand ich bei einzelnen
Blutegeln bis zum völligen Verschwinden der Spirochätenformen. Es
charakterisieren sich demnach diese Gebilde durch ihre außerordentliche
Lebenszähigkeit. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich bedeutend
von den vieleckigen Sternformen. Ich bin der Ansicht, daß der Unter-
schied durch die Verschiedenheiten der Entstehungsweise beider Formen
Karwacki, üeber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 263
bedingt ist. Wahrscheinlich nötigt in beiden Fällen das gleiche Bedürfnis
die Spirochäten zur Formänderung, nur ist bei der Bildung der Stern-
formen der primäre Reiz nicht stark genug, um in der inneren Struktur
genügende Veränderungen hervorzurufen, infolgedessen kommt die Evo-
lution der Spirochäte gleich am Anfang zum Stillstand, und es entsteht
ein unvollendetes Gebilde. Eine auch relativ geringe Formänderung muß
in den Ernährungsverhältnissen unvermeidliche Veränderungen hervor-
rufen, welchen der innere Bau der Spirochäten nicht entsjjrechend an-
gepaßt ist. Ich habe oben erwähnt, daß die auf dem Spirochätenkörper
gebildeten Schleifen sich vom übrigen Körper ablösen und infolge der
veränderten Ernährungsverhältnisse untergehen. Das gleiche Schicksal
ereilt auch den ganzen Parasiten, wenn der Zusammenrollungsprozeß
nicht von entsprechenden Umgestaltungen im inneren Bau begleitet wird.
Anders verhält sich die Sache, wenn die Zusammenrollung normal ver-
läuft. Es findet dabei eine Reihe innerer Veränderungen statt, die der
neuen Gestalt die entsprechenden osmotischen Verhältnisse garantieren.
Diese Aenderuugen könnte man bildlich eine Umschmelzung der Spiro-
chäte in einen Ring nennen. Dank derselben ist die neue Gestalt völlig
ihrer neuen Rolle angepaßt; welcher? — das wissen wir nicht. Auf
keinen Fall jedoch hat diese Rolle eine Verwandtschaft mit der Degene-
ration des Individuums. Die Morphologie des Spirochätenzerfalles, wovon
weiter unter die Rede sein wird, hat nichts mit der Bildung von Ring-
formen gemein. Man kann annehmen, daß die Ringe eine Dauerform
sind, welche die Spirochäten in den Organen zwischen einem Anfall und
dem nächsten annehmen, und aus welcher eine neue, gegen Antikörper
immunisierte und daher zur erneuten Infektion des Blutkreislaufs fähige
Generation hervorgeht. Die Untersuchung der Organe von in diesem
Stadium gestorbenen Recurrenskranken, sowie der experimentell infi-
zierten Tiere weist keine solche Formen, weder in großer Zahl, noch gar
ausschließlich auf; weiter hat kein Forscher die Rückverwandlung der
Ringformen in Spirochäten beobachtet. Mit einem W'ort, die Feststellung
des Charakters dieser Formen hat bis jetzt die Grenzen von mehr oder
weniger wahrscheinlichen Hypothesen nicht überschritten.
Dicke, ganz windungslose, oder nur mit einer rudimentären Wellung
versehene Stäbe habe ich in Blutegeln äußerst selten getroflFen. Ich
konnte deswegen nicht ermitteln, in welcher Verbindung diese Formen
mit den 2 Grundtypen der 0 b er m ei er sehen Spirochäte stehen, und
auch nicht ihr weiteres Schicksal. Es sind Gebilde von der annähernden
Länge gewöhnlicher Spirochäten, doch viel dicker als diese. Der Durch-
messer verschiedener Abschnitte des Körpers sind ungleich. Im mittleren
Teile des Körpers finden sich nicht selten ziemlich große, ganz ungefärbte
Unterbrechungen vor. Die Enden sind gewöhnlich dick, abgerundet.
Sie nehmen eine dunkelviolette Färbung an. Die Existenz dieser Formen
neben den Spirochäten in Blutegeln, die von sekundären Infektionen
frei sind, berechtigt mich dazu , sie als eine Abart der Spirochäten
anzusehen. Die einzelnen Individuen besitzen bei ziemlich großen
Unterschieden in Länge und Form übereinstimmende Eigenschaften, wie
das Fehlen der W^indungen, was uns zur Annahme nötigt, daß das in
Ausbildung begrilfene Uebergangsformen sind. Verwandte Gebilde bei
der Spirochaeta p a 1 1 i d a haben Krzysztalowicz und Siedlecki
vom Typus der schlaifen, sich durch Verlust der Windungen und Locke-
rung des inneren Baues charakterisierenden Spirochäten abgeleitet. Diese
Anschauung kann auch auf die oben beschriebenen Gebilde angewandt
264 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
werden, jedoch mit der Einschränkung, daß die bei der Spirochaeta
pallida beobachtete Verklebung der Körperenden hier gar keine Rolle
spielt. Die Verdickungen bei den von mir beobachteten Formen ent-
stehen ausschließlich infolge der Konzentrierung des Körpers an be-
stimmten Punkten des Stabes. Die Lockerung des inneren Baues ist
nicht sehr deutlich ausgeprägt, da die Fäden sich durch eine gewisse
Starrheit auszeichneten und gerade oder leicht gekrümmt waren.
Der zweite Typus wirkungsloser Fadenformen hat das Aussehen
dünner, langer Stäbe mit einem oder beiden zugespitzten Enden. Die
Stäbe stehen ihrem Aussehen nach den spindelförmigen Bacillen nahe,
unterscheiden sich jedoch von ihnen durch ihre mehr gleichmäßige Länge,
durch das Fehlen einer konstanten, bogenförmigen Krümmung des
Körpers, und durch eine nur wenig deutliche Verdickung des Mittelteiles.
Ihre enge Verbindung mit den Korkzieherformen ist aus den Uebergangs-
formen ersichtlich, in welchen die Hälfte des Fadens typische Windungen
besitzt, die andere Hälfte ganz gerade ist. Wenn nicht gewisse Eigen-
tümlichkeiten des inneren Baues wären, könnte man diese Gebilde als
Uebergang vom schlaffen (menschlichen) Typus zum Typus von regel-
mäßiger Korkzieherform betrachten. Diese Fäden besitzen gewöhnlich im
Körper eine Reihe von Körnchen von etwas größerem Durchmesser als
der Faden selbst. In manchen Fäden sind die Körnchen längs des
ganzen Fadens in gewissen regelmäßigen Abständen verteilt. Ihre Zahl
kann sich bis auf 8 belaufen. Bei anderen wieder trifft man kaum 2,
oder nur 1 Körnchen. Ich meine, daß die Bildung von Körnchen in
geraden Spirochäten keine zufällige Erscheinung ist, sondern eine Eigen-
tümlichkeit dieser Existenzphase, und darum betrachte ich die ein- oder
zweikörnigen Formen als die in diese Phase eintretenden, die mehr-
körnigen Fäden als auf der höchsten Stufe der Umwandlung stehenden
Gestalten. Anfänglich unterscheiden sich die Körnchen in bezug auf die
Färbbarkeit nicht vom übrigen Faden, nachher jedoch findet eine Diffe-
renzierung der Bestandteile des Gebildes in dem Sinne statt, daß die
Körnchen eine kräftige violette Farbe oder eine mehr rosige Nuance
annehmen, während der übrige Faden eine protoplasmatische, blaue Farbe
erhält. In diesem Stadium der Differenzierung überwiegt die Quantität
der Protoplasmasubstanz ganz kolossal das Quantum der Kernsubstanz
in der Parasitenzelle. Der Durchmesser der Körnchenkerne ist kleiner
als der Durchmesser der Spirochäte.
Solche Formen bei der Spirochaeta pallida werden von
Krzysztalowicz und Sied leck i als degenerative Gebilde beurteilt,
die ihr Aussehen der Plasmolyse verdanken. Meiner Ansicht nach stützt
sich diese Anschauung auf keine tatsächliche Unterlage. Im allgemeinen
hat keiner von den Forschern, die mit der Morphologie der Spirochäten
befaßten, seine Aufmerksamkeit, speziell den Erscheinungen des Absterbens
geschenkt, noch genau die morphologischen Aequivalente dieser Er-
scheinung beschrieben. Hier und da findet man irgendwelche unbedeutende
Einzelheiten, aber im allgemeinen wird diese Frage mit Schweigen über-
gangen, als ob die Sache selbst ganz aufgeklärt und erschöpft wäre.
Die Unbekanntschaft mit den wesentlichen Formen der Cytolyse ist die
Ursache, daß sehr viele Forscher eine jede, vom klassischen Typus ab-
weichende Gestalt als ein Degenerationsprodukt ansehen. Die Unkenntnis
der beschädigten und degenerierten Formen hat die Morphologie der
Spirochäten um den peritrychealen Geißelapparat bereichert.
Man muß zugeben, daß, was die Spirochaeta pallida anbetrifft,
Karwacki, lieber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 265
die experimentellen Untersuchungen über ihre Degeneration nicht zu den
leichten Aufgaben gehören. Anders verhält es sich mit den Spirochäten
des Rückfallfiebers, von denen man jederzeit eine beliebige Anzahl zur
Verfügung haben kann, und mit welcher es relativ leicht ist, die ent-
sprechenden Untersuchungen durchzuführen. Nun, derartige Gebilde
habe ich bei den Ober m eier sehen Spirochäten, sei es beim spontanen
Absterben, sei es nach Behandlung mit lytischem Serum, niemals beob-
achtet. Als ich mich aber mit der Kultur von Spirochäten aus der
Mundhöhle im Speichel befaßte, sah ich nach 24-stündigem Aufenthalt
der Mikroben im Brutofen das Auftreten solcher Gebilde in großer Zahl.
Da die Kultur eine gemischte war, kann man nicht entscheiden, ob die
Fäden mit so interessanter Anordnung des Chromatins aus den Spiro-
chäten oder aus den spindelförmigen Bacillen entstehen. Jedenfalls hat
die Tatsache Wert, daß nach 48 Stunden aus diesen Formen gegliederte,
aus einzelnen Stäbchen bestehende Fäden sich bildeten. Von diesem
Standpunkt aus die Rolle der Spirochätenfäden mit differenzierten
Chromatinanordnung beleuchtend, wäre ich geneigt, diese Formen als
Spirochäten , die sich zur Segmentation vorbereiten, anzusehen. Die
Chromatinkörnchen würden von diesem Standpunkt die Anlage des
Kernapparates für die zukünftigen Stäbchen, in welche der Faden zer-
fallen soll, bilden.
Unter gewöhnlichen Umständen haben die Spirochäten während der
ganzen Zeit ihres Aufenthaltes im Blutegel keine Neigung zur Bildung
von Agglomeraten ; Häufchen von Spirochäten fand ich nur dann, wenn
die Blutegel kurz vor Abfall der Temperatur gefüttert wurden. Die
Präparate, welche vom Blut des Kranken während der Fütterung gefertigt
wurden, beweisen, daß das Zusammenballen der Spirochäten schon im
infizierten Organismus selbst stattfindet ; im Blutegel setzt sich der Vor-
gang weiter fort. Gewöhnlich trifft man die Spirochätenhäufchen in
großer Zahl während der ersten paar Tage, worauf sie spurlos ver-
schwinden. Neben den zusammengeballten Spirochäten trifft man auch
einzelne Exemplare in verschiedener Zahl. Kein einziges Mal sah ich,
daß einzelne Spirochäten während ihres Aufenthaltes im Blutegel mit-
einander verkleben und Häufchen bilden. Aus diesem Grunde halte
ich die Erscheinung der Agglutination für abhängig von der Wirkung
der spezifischen menschlichen Antikörper, welche zusammen mit dem
Blute in den Darmtraktus des Blutegels gelangen. Die einfachste Form
des Zusammenlebens bilden die Doppelexemplare. Ihr Aussehen ist
ganz verschieden : Wenn sie mit den Enden zusammenkleben und in der
Mitte voneinander entfernt sind, so haben sie die Gestalt einer Spindel;
im anderen Fall sind die Enden vereinigt und die mittleren Teile um-
flechten sich gegenseitig; gelegentlich findet die Vereinigung nur in den
mittleren Partien statt — es bildet sich dann die Gestalt eines unregel-
mäßigen X. Häufchen von mehreren Individuen haben die Anordnung
von Zöpfen. Besen ; schließlich trifft man auch größere Häufchen, ver-
klebte und verflochtene, ganz irreguläre.
Das Aussehen der Spirochäten in Häufchen weist bedeutende Unter-
schiede im Vergleich mit dem regelmäßigen Typus auf. Die morpho-
logischen Veränderungen hängen davon ab, daß sich auf den Spirochäten
neben den Agglutininen auch die cytolytischen Antikörper verankert
haben. In morphologischer Hinsicht verläuft die Cytolyse ebenso wie
im Serum von Rekonvaleszenten, jedoch in einem bedeutend verlang-
samten Tempo, dank dem man Schritt für Schritt die Degeneration
266 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
und das Absterben der Spirochäten bis zum völligen Zerfall beobachten
kann.
Das erste sichtbare Symptom der Cytolyse ist die Schwellung der
Spirochäten und die Glättuug der Windungen, weswegen das ganze Ge-
bilde sich seinem Aussehen nach einem gebogenen Stabe nähert. Der
Unterschied zwischen solchen degenerierten Gebilden und den oben be-
schriebenen Stabformen besteht darin, daß wegen der Beschädigung der
Hülle die Spirochäten die Schärfe ihrer Umrisse verlieren. An manchen
Stellen fehlt die Hülle ganz, au anderen wieder steht sie vom Körper
auf größere oder kleinere Entfernung ab und macht den Eindruck von
zierlichen Härchen verschiedener Länge, mit welchen der Körper der
Spirochäte in unregelmäßigen Abständen übersät ist. Diese Beschädigung
der Hüllen, die deutlich auf meinen Präparaten nach Behandlung mit
cytolytischen Substanzen hervortritt, hat unter anderen Verhältnissen zu
Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Geißelapparates bei den Spiro-
chäten Veranlassung gegeben.
Borrel unterwarf Hühuerspirochäten einer wiederholten energischen
Zentrifugierung, und durch Anwendung der Geißelfärbung nach Löffler
entdeckte er Scharen von Härchen längs des ganzen Körpers, manchmal
auch au den Polen. Die Geißeln waren immer bündelweise angeordnet.
Die Anwesenheit eines gleichen Geißelapparates entdeckte Z e 1 1 n o w bei
den Spirochäten des Rückfallfiebers mittels der Silberimprägnierungs-
methode. Dagegen betrachten Prowazek, Hartraann, Breinl und
Kinghorn die von Borrel und Zettnow erhaltenen Gebilde für
Kunstprodukte, die durch mechanische Beschädigung der Spirochätenhülle
entstanden sind. Nach den Untersuchungen von Perrin besitzt die
Spirochaeta Balbiani an der Körperoberfläche eine starre Hülle
(Periplast) und kontraktionsfähige Längsfasern (Myophane). Bei kleineren
Spirochäten als den 0 b er m ei er sehen kann man dieses Organ nicht
direkt beobachten, es tritt jedoch bei aufgequollenen Individuen hervor
oder bei gewissen Beschädigungen des Körpers, wo die zerrissenen
und teilweise vom Protoplasma abgetrennten Myophane einen Geißel-
apparat simulieren. Mayer stellte fest, daß die Anwesenheit oder das
Fehlen genau von der Bereitungsart des Spirochätenpräparates abhängt.
Wenn das Material zart behandelt wird (kurze Zentrifugierung des Blutes
oder Entnahme der Spirochäten einem spontanen Bodensatz), treten die
Geißeln nach dem Silbern gar nicht hervor: wenn dagegen das Blut
mit den Spirochäten einer langdauernden Zentrifugierung unterliegt, so
enthält das Präparat zahlreiche behaarte Formen, wobei manche Geißeln
sogar Verzweigungen besitzen (eine Erscheinung, die bei echten Geißeln
nicht vorkommt), und daneben finden sich deutlich beschädigte und ver-
unstaltete Spirochäten. Diese Tatsache bestätigt Schellack. Die
schönsten Gestalten mit Geißeln erhielt M a y e r , indem er die Spiro-
chäten von Dutton in 33-proz. Alkohol mazerierte.
Meine Beobachtungen fügen diesen Tatsachen noch den Umstand
hinzu, daß nicht nur nach mechanischer Beschädigung, sondern auch
nach cytolytischer Behandlung Bilder entstehen können, welche die
Existenz eines Peritrichealapparates bei Spirochäten simulieren können.
Ich stimme vollständig mit denjenigen Forschern überein, welche be-
haupten, daß solche pseudociliare Gebilde ausschließlich bei degenerierten
oder beschädigten Spirochäten vorkommen. Die Zartheit der Pseudo-
cilien auf meinen Präparaten im Vergleich mit den Bildern von Borrel
und Zettnow hängt von der Färbemethode ab. Die Färbung nach
Karwacki, Ueber die Morphologie der Spirochaeta Obermeieri etc. 267
Oiemsa hat jedoch den Vorteil, daß sie deutlich die Degenerations-
merkmale hervortreten läßt, das Beizen dagegen verunstaltet immer die
Spirochäten.
Die Färbbarkeit der veränderten Spirochäten wächst ähnlich wie die-
jenige der pyknotischen Zellkerne. In weiterer Folge sind nicht nur die
Konturen verwischt und faserig, sondern auch der mittlere Teil des
Körpers zerfällt der Länge nach in dünne Fädchen. Die Längsfibrillen
teilen sich in kurze Abschnitte von verschiedener Länge und Dicke. In
diesem Stadium besteht der verdickte Körper der Spirochäte, der kaum
eine Spur seiner ursprünghchen Korkzieherform beibehalten hat, aus
einer Reihe lose verbundener kurzer Stäbchen und formloser Körnchen.
In den Agglomeraten solcher Gebilde verrät sich ihr Ursprung durch
die fadenförmige Anordnung der peripheren Teile. Dieser Detritus ver-
ändert allmählich seine chromophilen Eigenschaften und nimmt eine
rosige Färbung mit größerer oder geringerer Beimischung von Violett
an, schließlich zerfällt er in kaum noch sichtbare rosige Pünktchen und
hört auf, sich zu differenzieren. In den Endstadien des Zerfalles bilden
sich, sowohl in einzelnen Spirochäten wie in den Agglomeraten, zahl-
reiche Körnchen, deren Größe nicht viel vom Durchmesser der Spirochäte
abweicht, von kugeliger Gestalt und erhöhter Färbbarkeit. An vielen
einzelnen Körnchen hängen noch anfangs Reste der rosigen Masse,
Residuen des Spirochätenzerfalles. Die Körnchen unterliegen nicht der
Cytolyse, bleiben im Blutegel sehr lange und zeigen in dieser Form
keine weiteren Veränderungen. Diese Körnchen („Punktgebilde") be-
trachte ich als die eigentlichen Dauerformen der Spirochäten. In einem
Falle, wo der Blutegel mit einem an solchen Körnchen reichen Blute
eines Kranken gefüttert wurde, deckte ich die Anwesenheit der Körnchen
auch beim Blutegel auf, aber ich bemerkte keine Anzeichen von Ver-
mehrung oder Formänderung. Die Körnchenbildung während der Cyto-
lyse der Spirochäten zeigt eine vollständige Analogie mit der Körnchen-
bildung im Verlauf der Trypanolyse. Obwohl es einerseits sehr leicht
ist, zu zeigen, daß das Trypanosomen in Körnchenform enthaltende Blut
eine typische Trypanosomiasis bei Versuchstieren gibt, ist es andererseits
(außer bei Affen) ganz unmöglich, die Körnchen in Spirochäten bei Ver-
suchstieren überzuführen, da die letzteren sogar für große Quantitäten
O b er meier scher Spirochäten unempfindlich sind, wie ich in meinen
vorhergehenden Untersuchungen festgestellt habe.
Die Bedeutung der Körnchen als vegetativer Formen der Spirochäten
und Kommabacillen werde ich ausführlicher in einer anderen Arbeit be-
sprechen, gestützt auf entsprechendes Tatsachenmaterial. Die bei Blut-
egeln erhaltenen Ergebnisse berechtigen mich nur zur Behauptung, daß
während der spezifischen Cytolyse ein Teil der Spirochäten vollständigem
Zerfall unterliegt, aus einem anderen Teil entstehen die gegen Antikörper
immunen Körnchengebilde. Auf den Präparaten, wo die cytolytische Ein-
wirkung zu völligem Zerfall führende Veränderungen der Spirochäten
hervorrief, fand ich niemals in erheblicherer Anzahl die durch, andere
Forscher beschriebenen Gebilde als Degenerationsformen, obwohl sie
gerade in solchen Fällen zu erwarten sind. Die von der Cytolyse betrof-
fene Spirochäte quillt auf, zerfällt und verwandelt sich in einen formlosen
Detritus, ohne es nötig zu haben, sich vor dem Tode in einen Uhrfeder-
ring oder ein Stäbchen mit körniger Chromatinanordnung zu verwandeln.
Identisch, wenn auch viel schneller, verläuft die Cytolyse in natür-
lichen Verhältnissen. Kurz vor dem Temperaturabfall vereinigen sich
268 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
bei vielen Kranken die Spirochäten unter dem Einfluß des Anwachsens
der Antikörper zu Häufchen, um darauf in formlose, schwach und meta-
chromatisch färbbare Schollen zu zerfallen. Hier und da differenzieren
sich in den SchoUenagglomeraten dunkelviolette Körner. Die Geschwindig-
keit, mit welcher dieser Vorgang im Organismus verläuft, bringt es mit
sich, daß die Aufquellung und pyknotische Färbung der Spirochäten fast
gar nicht hervortritt.
Die „physiologische" Degeneration der Spirochäten beobachtete ich
in Blutegeln viel häufiger als die Cytolyse, denn sogar in den Fällen,
wo der Darmtraktus des Blutegels keine sekundäre Infektion erlitten
hatte, starben die Spirochäten nach kürzerer oder längerer Zeit ab. In
diesem Stadium zeigt auch die Morphologie der Parasiten keine präpara-
tiven Veränderungen. Die Spirochäten behalten ihre Korkzieherform,
nur werden sie bedeutend dünner. Die Affinität zu Farbstoffen wird
schwächer; nach 24-stündiger Färbung sind die Spirochäten blaßrosa.
Darauf folgt der Zerfall in der Querrichtung in einzelne Abschnitte mit
1 — 2 Windungen, die Abschnitte verwandeln sich in formlose Schollen,
und damit schließt der Sterbeprozeß. Eine Bildung von Körnchen auf
Kosten eines Teiles der sterben Spirochäten habe ich in diesen Fällen
nicht beobachten können. So stellt sich morphologisch das Degenerieren
und Sterben der Spirochäten dar. Wenn wir also auf dem Boden der
Tatsachen stehen wollen, so können wir nur die im Rahmen dieser Mor-
phologie befindlichen Formen als degenerierte ansehen. Alle anderen
sind teils Entwickelungsformen, teils Abarten der gewöhnlichen in funk-
tioneller Hinsicht.
Zusammenfassung.
Bei den mit spirochätenhaltigem Blut gefütterten Blutegeln geht der
größte Teil der Parasiten in die Organe über und lokalisiert sich im
Mesenchym ; im Darmtraktus bleibt nur ein relativ kleiner Teil.
Die Teilungsformen der Spirochäten, die wir in Blutegeln treffen^
bieten die Merkmale der Längsteilung dar.
Die Morphologie der in Blutegeln mit sterilem Darmtraktus auf-
tretenden Spirochätenformen ist ziemlich vielseitig. Die Mehrzahl der
Parasiten besitzt starre, ziemlich regelmäßige Windungen und ist un-
beweglich. Daneben trifft man zusammgerollte Formen, ganz oder teil-
weise in Gestalt von Ringen oder Sternen, sowie mehr oder weniger
gekrümmten Fäden mit unterbrochener Anordnung des Chromatins und
Körnchen.
Die morphologischen Veränderungen entsprechen den funktionellen
und Entwickelungsänderungen des Parasiten ; es bleibt aber im Blutegel
diese Evolution bei den Anfangsstadien stehen.
Im Verlauf des physiologischen Absterbeprozesses oder der Cytolyse
zeigt die Morphologie der Spirochäten keine solchen Bilder.
Tafelerklärnng.
Schnitt durch Blutegel (Silberfärbung), a) Darmlumen, b) Darmwand, c) Mes-
enchym mit Spirochätenknäueln.
Ceniralblatt für Bakteriologie, Abt. I Orig. Bd. 62. L.Karwackt, SpirochaetA Obermeieri.
Karwacki gez.
Veriagvon Gustav Fischer m Jena.. LJÜtAnslv. Johannes Arndt, Jena.
V. Prowazek, Geschlechtsdimorphismus der Trypanosomen. 269
Nachdruck verboten.
Studien zur Lehre vom Geschlechtsdimorphismus der
Trypanosomen').
[Aus dem Laboratorium des Hospitals der Seuembah - Maatschappij Tg.
Morawa, Deli, Sumatra (Vorstand: Dr. W. Schuf fner).j
Von S. Y. Prowazek, Hamburg.
Mit 2 Tafeln und 6 Textfiguren.
Ziemann hat im Verlaufe seiner Studien über die Morphologie
und Entwickelungsgeschichte des von ihm zuerst beobachteten Leuko-
cytozoon der Athene noctua^) (Glaucidium noctua [Retz|)
als erster der Vorstellung, daß bei den Trypanosomen eine geschlecht-
liche Differenzierung mit männlichen und weiblichen Formen
im Entwickelungskreis vorkommt, in klarer Weise Ausdruck verliehen.
In der Folgezeit wählte Schaudinn nächst der Entwickelungs-
geschichte des Halteridium (Trypanosoma) noctuae (Celli und
San Feiice) auch das Leukocytozoon (Spirochaeta) Ziemanni
(Laveran) zum Ausgangspunkt seiner ursprünglich auf einer sehr breiten
Basis in Angriff genommenen Trypanosomenstudien und machte sie zum
Gegenstand jener allbekannten, grundlegenden und ideenreichen Trypauo-
somenarbeit ^), die zunächst von den Nachuntersuchern mit Ausnahme
von Ed. und Et. Sergent eine sofortige Bestätigung nicht finden
konnte, worauf man unverzüglich über die ,,blauroten Phantasien" den
Stab brach. Einzelne morphologische Fragen konnten erst 1909 E. Ber-
liner und Rosenbusch bestätigen, im folgenden Jahre gelang es
schließlich Martin Mayer*), die Entwickelung des Halteridium in
den wesentlichsten und wichtigsten Punkten im Sinne von Schaudinn
in vollkommen ein wandsfreier Weise darzulegen. Seine Untersuchungen
können jetzt nach den gegebenen technischen Angaben von jedermann
ohne sonderliche Mühe nachgeprüft werden. Außerdem hat Mayer eine
Weiterentwickelung des Leukocytozoon in Culex pipiens und
Stegomyia calopus beobachtet, und zwar sowohl die I3ildung der
großen Ookineten als auch das spätere Auftreten von großen schlanken
Flagellaten, die sich nach Art von Spirochäten vorwärts bewegten. Dem-
nach blieb noch das Studium der wetzsteinförmigen Leukocytozoen im
Wirbeltierblut übrig.
Da eine Entwickelungsgeschichte der freibeweglichen Blut-
trypanosomen trotz der ausgedehnten Untersuchungen von Koch, Kleine,
Taute, D. Bruce u. a. noch immer von verschiedenen Seiten ange-
zweifelt und das Vorhandensein eines Geschlechtsdimorphismus
bei den Trypanosomen, den ich auch für Trypanosoma Lewisi 1904/05
behauptet habe, geleugnet wird, glaubte ich abermals zu dem Studium
der Entwickelung des Ausgangsobjektes der Trypanosomenforschung,
dem „Leukocytozoon", zurückkehren zu müssen.
1) Von einer Reise nach der Südsee und Niederländisch-Indien des A. Leber
(Berlin) und S. v. Prowazek (Hamburg).
2) H. Ziem ann, lieber Malaria und andere Blutparasiten. Jena 1898. (Berl. klin.
Wochenschr. 1902; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1905. Heft 3.)
3) F. Schaudinn, Generations- und Wirts Wechsel bei Trypanosoma und
Spirochaeta. (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamt. Bd. 20. 1904. p.' 387.)
4) M. Mayer, Ueber die Entwickelung von Halteridium. (Arch. f. Schiffs-
u. Tropenhyg. Bd. 14. 1910; ausführliche Arbeit Arch. f. Protistenk. Bd. 21. 1911.)
270
Centralbl. f. Bakt. etc. T. Abt, Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Schüffner hat 1906 Leukocytozoen bei den Hühnern in Deli (Ost-
küste Sumatras) beobachtet; C. Mathis und M. Leger ^) haben aus
den Hühnern zwei Leukocytozoon -Arten, und zwar L. caulleryi
mit einer Periodizität der Geschlechtsfornien, die 21—40 Tage beträgt,
sowie L. sabrazesi, beschrieben. Auf die Systematik der Leukocytozoen
gedenke ich an einer anderen Stelle nach Abschluß meiner Studien ein-
zugehen. Im ganzen ist das Blut von etwa 30 Hühnern untersucht,
von 14 Hühnern sind Ausstriche und Schnitte aus den inneren Organen
angefertigt worden.
Zur nächsten Orientierung über die gröbere Zellanatomie des Leuko-
cytozoon sei hier auf die ursprünglichen schematischen Zeichnungen von
Schaudinn verwiesen (Textfig. 1 a-c $ Formen, d, e (S Formen).
^
^i
Fig. 1.
In den ruhenden Zellen kann man besonders bei den weiblichen
Formen eine durch größere Avidität zum Giemsa- Farbstoff ausgezeich-
nete abgeschlossene Zellpartie, die wir der Kürze wegen Entoso ma
nennen wollen, nachweisen — es wird von dem wetzsteinförmigen
Ectosoma, das seitlich einen sonderbaren, flachgedrückten Kern in
sich birgt, umfaßt.
Im Vogelorganismus kommt eine Agamogonie mit zwei Typen
(Textfig. 2a— b, c), sowie eine Gamogonie vor. Die Agamogonie ist
besonders in der Lunge,
dann in der Milz, seltener
im peripheren Blut beob-
achtet worden. Die Aga-
meten stimmen in allen
wesentlichen Punkten mit
den Formen überein, die
G. Keysselitz und M.
Mayer für ein Leuko-
Fig. 2.
1) Mathis, C. et Leger, M., Leukocytozoon d. 1. poule. Päriodicitö des formes
sexyes dans le sang. (Compt. rend. iSoc. Bioi. T. 67.)
V. Prowazek, Geechlechtsdimorphismus der Trypanosomen. 271
cytozoon aus einem ostafrikanischen Perlhuhn (Guttera pucherani
Hartl.) im Arch. f. Protistenk. Bd. 16. 1909 beschrieben haben; die Schil-
derungen der jüngsten Formen von den beiden Autoren müßte hier ein-
fach wortwörtlich wiedergegeben werden.
Die kleinsten Agamonten treten in der Einzahl in oft lympho-
cytenähnlichen Erythroblasten, deren Protoplasma sich noch blau
färbt, auf. Bereits diese kleinen Formen höhlen den Kern der Wirts-
zelle in höchst charakteristischer Weise aus und unterscheiden sich
so wesentlich von den heranreifenden Agamonten des zweiten
Typus, die sich dem Kern nur anlegen und ihn höchstens einbuchten
(Textfig. 2c, Tafeltig. 3). Die Agamonten erster Art sind rundliche,
selten ovale Plasmagebilde, die zentral mehrere zarte Chromatin-
körnchen einschließen. Oft färbt sich ein Korn intensiver als die
übrigen. Das Protoplasma des Parasiten nimmt in allen gut gefärbten
Präparaten den Farbenton der weiblichen Zellen an, zuweilen liegt
nicht weit vom Kern eine fetttropfenähnliche Granulation , die sonst
nur in reifen weiblichen Gamonten angetroffen wird. Das Plasma der
Wirtszelle, zumal w^enn es sich bereits in einem schmutziggrauen Häma-
globinton fingiert, ist meist von verschieden großen Vakuolen durch-
setzt, außerdem treten in ihm später unregelmäßige rote Gebilde
von der Art der Malariatüpfelung auf; stellenweise färbt sich auch die
Zellmembran rötlich. Besonders in der Lunge teilen sich diese Aga-
monten in zwei, seltener drei oder vier Individuen, die aber
jedesmal für sich den Kern aushöhlen. Es kommen auch Doppel-
infektionen vor, in diesem Falle buchten die Parasiten den Wirtszellkern
von verschiedenen Seiten aus. Natürlicherweise ist eine Doppel-
infektion vielfach von einer späten Teilung nicht zu unterscheiden.
Auffallend ist, daß nicht selten nur der eine Agamont neben seinem
Kern ein blepharoblastartiges Gebilde führt. Beim weiteren
Wachstum deformieren die Parasiten den Kern der Wirtszelle, die eine
Vergrößerung erleidet, nicht unbedeutend, und zuweilen ist derselbe
nach der einen Seite ausgezogen und gewellt (Textfig. 2b, Tafelfig. 2—5).
Auch freie kleine Agamonten gelangten in Lungenausstrichen zur Be-
obachtung; nicht selten besaßen sie neben dem Kern einen kleinen
Nebenkern (Blepharoblast).
Die späteren Agamonten des zweiten Typus sind keulenförmig
gestaltet (Textfig. 2 c, Tafelfig. 3), führen einen bläschenförmigen Kern, in
dem oft ein Karyosom sichtbar ist — vielfach liegt neben diesem Kern
der oben erwähnte Nebenkern. Bis jetzt sind sie nur in der Einzahl
beobachtet worden. Auch diese Formen treten frei außerhalb der Wirts-
zellen auf. Sie dellen den Kern des auf 16—18 [x vergrößerten Erythro-
cyten nur leicht ein. —
Der Parasitismus der ersteren Agamonten ist von einer ganz be-
sonderen, mir aus der Zellpathologie bis jetzt nicht bekannten Art — es
kommt vor, daß der Agamont, der sich in den Wirtszellkern eine Höhle
gegraben und ihn halbmondförmig umgestaltet hatte, sich von seinem
Partner samt einem Kernteil und etwas Protoplasma der
Wirtszelle entfern t,. sich abschnürt und in eine andere Zelle „ein-
dringt"! Die Bilder sind außerordentlich überraschend, die wichtigsten
Stadien stellen die Tafelfig. 2—5 dar, eine weitere, mit farbigen Ab-
bildungen ausgestattete Arbeit soll noch weitere Belege bringen. Es
handelt sich hier nicht etwa um seltene Vorkommnisse, vielmehr fand
ich wiederholt in der Lunge die verschiedensten Zwischenstadien dieser
eigenartigen Zerteilung der Wirtszelle durch ihren Parasiten.
272 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
In Fig. 2 kann es sich nicht etwa um eine Phagocytose handeln,
da die Zelle vergrößert war und der Parasit den Kern, dessen Chro-
matin klumpenförmig verändert wurde, ebenso eindellte und aushöhlte
wie ein normaler Agomont. Auch war um den Agamonten keine phago-
cytäre Vakuole ausgebildet. — Es liegt hier vermutlich ein Fall von
parasitärer „Symbiose"^) vor, der es vielleicht erklärlich macht,
warum das Hühnerleukocytozoon trotz reichlichsten Vorkommens im
Blute im Gegensatz zu Proteoso ma und Halteridium so wenig
oder gar nicht pathogen ist. Die Agamonten vergrößern die Wirts-
zelle, höhlen den Kern, der Veränderungen unterliegt, aus, „agglome-
rieren" mit ihm sehr innig und treiben durch ihre Vermehrung in
manchen Fällen die Wirtszelle zu einer Art von Zerteilung,
während sie in anderen Fällen dieselbe verlassen. Ja, es kann der Fall
eintreten, daß sie samt dem ersten Kern in eine andere Zelle sekundär
eindringen und sie in gleicher Weise beeinflussen.
Bei der Betrachtung dieser Art von „symbiotischem" Parasitismus
wird unwillkürlich die Erinnerung an ältere Annahmen von der para-
sitären Ursache mancher Neoplasmen, die man seit längerer Zeit ver-
lassen hatte, wachgerufen — warum soll es nicht auch kleinste Parasiten
geben, die mit dem Plasma innig verschmelzen, die Zelle zur Wanderung
und atypischen Teilung — zur Sietastasenbildung treiben? —
Wie die Eule, so beherbergt auch das Huhn zwei Modifikationen
eines großen , am freien Vorderende eigenartig skalpellförmig abge-
stumpften Trypanosoma, dessen Periplast deutlich gerippt ist. Der
Kern ist ziemlich groß, bläschenförmig und birgt im Innern ein mit
Heidenhains Eisenhämatoxylin sehr intensiv sich färbendes Karyosom.
Das Hinterende der Trypanosomenzelle ist meist tordiert und besitzt eine
kellenförmige Vertiefung. Die am häufigsten auftretende Form (A)
führt ein reservestoffreiches, dunkelblau färbbares Protoplasma mit
einem deutlichen Bläschenkern. Die andere, viel seltenere Form (B)
färbt sich mehr lichtblau, der Kern ist etwas aufgelockert. Teilungs-
stadien sind niemals gefunden worden.
Es kommen ferner besonders in Lungenausstrichen kleine Trypano-
somen vom Typus A vor, und einmal wurde ein Trypanosoma, das nur
die Länge eines roten Blutkörperchens besaß und dem Typus B an-
gehörte, beobachtet. Das erwachsene Trypanosoma ist ungefähr, soweit
ich es jetzt mit dem Okularmikrometer infolge der gedrehten Gestalt
messen kann, ca. 43 [x lang. Die kleinen Formen färbten sich ebenso
wie die erwachsenen Agamonten. Nicht immer konnten diese Trypano-
somen im peripheren Blut gefunden werden. — In einigen Fällen wurde
in der zarten Spitze des Trypanosoma ein kleines, rot färbbäres
Korn beobachtet, mit dem sie sich an die Rotzellen anlegten. —
Das Auftreten bzw. Fehlen der Trypanosomen im peripheren Blut-
kreislauf der Hühner steht anscheinend in einem Parallelismus mit
dem reichhaltigen Erscheinen der bekannten Leukocytozoen in der Blut-
bahn, dem der Charakter einer gewissen Periodizität nicht abzusprechen ist.
Bei einem Huhn, das in der Lunge eigenartige Längsteilungsstadien der
Ruheformen beherbergte, ergab eine Parasitenzählung, die nach der für
Hämatozoenstudien sehr zu empfehlenden Methode von Schüffner"^)
vorgenommen wurde, folgende Resultate:
1) Zweckmäßiger wäre es, für diesen Vorgang einen neuen Namen zu schaffen.
2) Schuf fner, W., Einfache Färbting der Leukocyten in der Zählkammer mit Dif-
ferenzierung der einzelnen Zellarten. (Münch. med. Wochenschr. Jahrg. 58. 1911. p. 1451.)
V. Prowazek, Geschlechtsdimorphisraus der Trypanosomen.
273
Tag
Leukocytozoonzahl pro com
Trypanosomenzahl pro ccm
16. VIII.
3050
nicht gezählt
17. VIII.
2900
18. VIII.
2500
19. VIII.
2900
200
20. VIII.
4700
250
21. VIII.
5250
150
22. VIII.
6450
400
23. VIII.
5250
250
24. VIII.
4800
150
25. VIII.
4550
600
26. VIII.
5500
300
27. VIII.
5000
400
28. VIII.
Getötet. Vermehru
ng in der Lunge
Hühner, bei denen Leukocytozoen von der bekannten Form
angetroffen worden sind, hatten immer, wenn auch erst nach einer Durch-
musterung von mehreren Ausstrichen, die zu verschiedenen Zeiten
angefertigt worden sind, Trypanosomen im Blut oder in der Lunge. —
In den Ruheformen (Gameten) des Leukocytozoon sind außer-
dem folgende Differenzierungen beobachtet worden, die für einen Zu-
sammenhang mit den Trypanosomen im Sinne von Schaudinn und
Mayer sprechen würden:
1) Die weiblichen Leukocytozoen färben sich ebenso wie die
Trypanosomen A.
2) Die ruhende erwachsene Leukocytozoonzelle besitzt, wie später
auseinandergesetzt wird, eine analog strukturierte Membran wie der
Trypanosomenperiplast. Vor der Befruchtung, sobald sich um das ab-
gerundete Entosoma die Ectosomamembran abhebt, bemerkt man in
dieser nach Giemsa rot färbbaren Hülle fast immer eine oft S-artig
gekrümmte Linie (Faden der undulierenden Membranduplikatur?).
3) In der weiblichen Zelle kann man neben dem Hauptkern oft
mehr oder minder nahe einen Nebenkern (Blepharoplast) nachweisen,
der sich zuweilen dem Zentralkern so nähert, daß man annehmen muß,
er verschwinde zeitweise in dessen Inneren. In Eisenhämatoxylinpräpa-
raten haben die reifenden weiblichen Formen neben dem Karysom 1 bis
2 Nebenkerne, deren Teilprodukte sich oft der Membran stark nähern
und hier anscheinend ausgestoßen werden. Ruheformen, die sich teilten,
führten zuweilen in jedem Ectosomahorn ein analoges, gleichfalls
sich teilendes Gebilde, das zweimal auch in einem beweglichen Try-
panosoma gesehen wurde.
Die reife weibliche Zelle, die in ihrer Hülle rotiert und mit Brillant-
kresylblau rötlich färbbare Körnchen abstößt, besitzt neben dem Haupt-
kern einen auch während des Lebens sichtbaren Nebenkern (Blepharo-
plast). (Vgl. Beobachtungen von Ziem an n, Luhe und Hart mann.)
4) Uebergangsstadien der Trypanosomen zu Leukocytozoon haben
nächst Schaudinn, Ziemann (Malaria- und andere Blutparasiten,
Taf. III. Fig. 30 u. 31) und M. Mayer (Arch. f. Protistenk. Bd. 21.
Taf, 23. Fig. 51) beobachtet. In den Lungenausstrichen habe ich sowohl
noch vollkommen blau gefärbte Ruheformen gefunden als auch In-
dividuen, die entweder nur das eine oder bereits beide Hörner rot
tingiert besaßen.
5) In einzelnen Fällen wurden aus Leukocytozoon im hängen-
den Tropfen unter täglicher, länger dauernder Kontrolle zumeist am
dritten Tage Crithidienflagellaten, die sich noch vermehr-
ten, bei Zimmertemperatur (26—29° C) gezüchtet.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 3/4. 18
274
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62 Heft 3/4.
Einer Oese parasitenhaltigen Blutes wurde eine Oese Peptonwasser
auf einem entfetteten, in der Flamme sterilisierten Deckgläschen hinzu-
gefügt, das Ganze mittels Pepton und Wachsumrandung auf einem
hohlen Objektträger montiert und sofort genau am verschiebbaren Kreuz-
tisch nach eventuellen freien Trypanosomen durchsucht. Zur weiteren
Beobachtung wurden nur leukocytozoonhaltige, trypanosomenfreie Prä-
parate zurückbehalten. Nicht alle Deckglaskulturen lieferten die er-
wähnten Flagellatenformen, da die Ruhestadien entweder zu reif waren
oder sich selbst im Ruhezustand wie in der Lunge vermehrten.
6) Schließlich sprechen folgende direkte, allerdings nicht lückenlose
Beobachtungen für die oben angedeutete Annahme. Wiederholt wurden
Trypanosomen gesehen, die sich mit ihrem Hinterende an Erythroblasten
oder junge Blutkörperchen anlegten, und in einem Falle umfaßte
Fig. 3. a—f verschiedene ßewegungsstadien, / 5 Uhr 30 Min. abends, g nach 24 Std.
(nur diese Figur mit Zeichenapparat gez., Okul. 8). — a — g dasselbe Individuum,
h Trypanosoma Blutkörper umfassend.
ein Trypanosoma ein Blutkörperchen, wobei eine Periplastfibrille
abgelöst wurde und peitschenförmig herumflatterte (Textfig. 3 h). — Ein-
mal beobachtete ich in einem Präparat aus einem Lungenausstrich eine
langsam bewegliche Form, etwa vom Typus der „kurz geißeligen"
Trypanosomen, die sehr verbreitert war und sich an einen Erythro-
blasten, der bereits Hämoglobin enthielt, anlegte. Die einzelnen Be-
wegungsphasen wurden in der Fig. 3 a—f skizziert; nach 24 Stunden war
die Zelle abgestorben, hatte anscheinend bereits den Kern der Rot-
zelle, der halbmondförmig zusammengepreßt war, ,,auf genommen".
Unter dem Periplast war auch eine Restschichte vom vereinnahmten
Hämoglobin feststellbar (Fig. 3 g). Leider vollzog sich gerade dieser
Vorgang zur Nachtzeit und wurde nicht beobachtet.
Auf Grund aller dieser Tatsachen muß man für das Leukocyto-
zoon der Hühner in Sumatra die Bezeichnung „Leukocy tozoon''
fallen lassen und vorläufig den Namen „Trypanosoma" akzep-
V. Prowazek, Geschlechtsdiraorphismus der Trypanosomen. 275
tieren. Es ist eine Trypanosomenzelle mit einer intracellulären Agamo-
gonie, die durch bewegliche Stadien mit gametogenen Ruheformen
verknüpft ist, die bereits eine sexuelle Differenzierung besitzen und nach
der Reifung einer Befruchtung von dem Typus Proteosoma -Ma-
laria—Halteridiu m unterliegen. Das Leukocjtozoon ist kein
Leukocytozoon, das in Leukocyten lebt, vielmehr wahrschein-
lich nur größtenteils Erythrocytkerne aufnimmt. -
Schreiten wir nun zur Betrachtung der altbekannten Ruheformen
vom 9- und d"-Typus, die heranreifend sich immer mehr in ein Ecto-
soma und Entosoma trennen.
Eine genaue Untersuchung belehrt uns, daß beide Zellbestandteile,
so heterogen sie anfangs erscheinen, mit großer Wahrscheinlich -
keit doch zu einer Zelle gehören. Von den mannigfachen Gründen
mögen hier nur die wichtigsten angeführt werden :
1) Die Entwickelungsgeschichte dieser Formen zeigt, daß sie ur-
sprünglich noch die Trypanosomengestalt haben, sich blau wie eine
Trypanosomenzelle färben, und daß ihr Protoplasma die später so different
aussehenden Ectosomaspitzen noch ausfüllt, ja in ihnen die mit
Sudan gelbrot färbbare Fettgranula produziert. Nicht selten stößt
man bei der Durchmusterung der Präparate auf Uebergangsstadien, die
noch ein blau färbbares Hörn besitzen, während die andere Ectosoma-
spitze sich bereits rot tingiert. Besonders bei den sich teilenden Ruhe-
formen findet man in jedem Ectosomahorn ein blepharoplastartiges
Gebilde (Textfig. a, c) (Photogramm 10 u. 12).
2) Verschiedenen Reagentien (Säuren, Alkali, Saponin und Galle),
sowie sogenannten Vitalfarbstoffen (Brillantkresylblau, Methylenblau,
Neutralrot, sowie 5-proz. Methylenblau -\- 5-proz. Neutralrot) gegenüber
verhalten sich die fraglichen Leu kocyto zoon -Zellen anders als die
Metazoonzellen. Bei Zusatz einer Oese von 1 Proz. Natrium bicarbonicum
zu dem nativen Präparat werden die Ectosomaspitzen zickzackartig in
sich zusammenschrumpfend oft mit einer derartigen Kraft eingezogen,
daß die eine Seite des abgeflachten seitlichen Kernes gefaltet wird. Im
trockenen Ausstrich färben sich dann die Pole der Zelle mit Giemsas
Eosinazur lebhaft rot. Durch Gallezusatz werden die Rotzellen unter
„Agglomeration" der Kerne etwas früher aufgelöst^) als die Ga-
monten, in denen die Granulationen nur frühzeitig in dem gelösten
Entoplasma agglomerieren, während der Periplast als eine Art von Zell-
schatten längere Zeit erhalten bleibt.
Noch deutlicher werden die Unterschiede zwischen Rotzellen und
dem Leukocytozoonectosoma bei Zusatz von Saponin, das die Rotzellen
früher auflöst, während das Ectosoma sich etwas streckt und sehr deut-
lich wird. Die Zellen quellen nicht auf, noch blähen sie sich in irgend-
einer Art, vielmehr bewahren sie ihre wetzsteinförmige Gestalt, voraus-
gesetzt, daß sie nicht überreif sind und vor der Befruchtung stehen.
Infolge der inneren Entspannung werden sie zuweilen sehr lang, 94—107//.
3) Nach einer intensiven Giem sa-Färbung färben sich vielfach an
den Spitzen des Ectosoma zarte „Kappenleisten" oder Verdickungen rot,
eine Struktur, die an den Endothelzellen etc. nicht vorkommt. In einigen
Fällen konnte sowohl am lebenden als auch am fixierten Objekt,
stellenweise besonders an den Ectosomaspitzen, eine Leiste oder Linie
beobachtet werden, die nach den früheren Ausführungen vermutlich dem
1) Durch Tuschezusatz kann man allerdings noch für eine Zeitlang die leere Zell-
membran als zarte Kontur darstellen.
18*
276 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Randfaden der verbreiterten undulierenden Membran duplikatur des Try-
panosoma gleichzusetzen ist. Vielleicht entspricht die von Dutton,
Todd und Tobey beobachtete „line" des Leukocytozoon dieser
Differenzierung.
Allerdings können Anhänger der Erythrocytentheorie hier den Einwand
erheben, daß die Erythrocyten der Vögel im normalen lebenden Zu-
stand von der Seite betrachtet überhaupt wetzsteinförmig^) gestaltet sind,
und daß die erwähnten Strukturen dem Randfaden derselben entsprechen.
4) Nach einer nicht zu lange dauernden Vorbehandlung mit Saponin
und nachfolgender Löffl er -Färbung kann man an der Ectosomen-
membran der Länge nach eine zarte Membrans treifun g feststellen,
die in dieser Art Metazoenzellen nicht besitzen. An geeigneten, nach
Giern sa oder mit Heidenhains Eisenhämatoxylin gefärbten Zellen
löst sich die ganze Oberflächenstruktur in jene komplizierten Felderungen
auf, die den Membranstrukturen vieler Protozoen entsprechen, und deren
Natur zuerst Bütschli enthüllt hatte.
5) In nativen Lungenausstrichen wurde einige Male eine
zuckende kontraktorische Bewegung der Polhörner beobachtet.
6) Im Dunkelfeld (Reicherts Dunkelfeldapparat) erscheint die
Membran der roten Blutkörperchen deutlich goldgelbglänzend, während
die Leukocytozoen eine bläulich-weiße Membran besitzen und etwa so
wie absterbende Surratrypanosomen aussehen — die Kerne sind nicht
sichtbar, dagegen kommt der Granulation ein lebhafter Eigenglanz zu.
Es wäre sehr wünschenswert, daß systematische Dunkelfelduntersuchungen
in diesem Sinne angestellt würden, vielleicht wäre man dann in der
Lage, auf das Wärmeleitungsvermögen der Protoplasmen einen Schluß
zu ziehen, da der Glanz als Totalreflexion des Lichtes von der feinsten
Struktur der Oberfläche der Substanz abhängig ist.
7) In der Lunge, seltener im peripheren Kreislauf, sind sog. „Längs-
teilungsstadien" der Gamonten wiederholt beobachtet worden, wobei sich
die Spitzen des Ectosoma nicht selten zuerst teilten. Derartige
Bilder sind besonders in Präparaten , die mit Saponin behandeltem
Material entstammten, und die dann nach Löffl er gefärbt wurden,
gesehen worden.
Ich kann mich zunächst nicht mit der Idee befreunden, daß Metazoen-
zellen, die unter dem Einfluß einer parasitären „Symbiose" stehen, sich
unter dem Bilde einer Protozoenlängsteilung „vermehren" würden
(Textfig. 4 u. 5).
Es kommen allerdings auch Bilder vor, die man mit Sambon,
Wenyon u. a. als Doppelinfektionen (Textfig. 4 c, h) deuten
kann, andererseits habe ich aber in feucht fixierten Präparaten innige
Zusammenhänge des Entosoma (Fig. 4 a), das auf gewissen Vorstadien
nur einen Kern besaß, gesehen, sowie Zellen mit so charakteristischen
freien vier Ectosomaspitzen (Fig. 4 f), die schwerlich auf eine Doppel-
infektion zurückzuführen wären. Einmal gelangte auch ein Teilungs-
stadium mit einer $-Zelle, zwei d-Zellen und zwei Erythrocytenkernen
zur Beobachtung. Der Versuch, alle diese Stadien als Doppelinfektionen
zu erklären, steht auch im Widerspruch zu der sich steigernden
enormen Ueberschwemmung des Blutes durch Gamonten, die zuweilen
ein Huhn allein besitzt, auch müßte man dann häufig Zwischen-
st adieu finden, was nicht der Fall ist.
1) Venzlaff, üeber die Form der roten Blutkörperchen der Vögel etc. (Zoolog.
Alizeig. Bd. 38. 1911. No. 5/6.)
V. Prowazek, Geschlechtsdimorphismus der Trypanosomen.
277
Die ganze Diskussion, die schließlich dahin geht, ob das Ectosoma
noch Wirtszelle oder Parasit ist, wird aber gegenstandslos, falls
man sich die „Symbiose" bis zu einer totalen Durchdringung oder Ver-
Ery^h^ozy^e^ke^n
9 Form
d Form
Fig. 4. a—e nach Eisenhämatoxylin, / vital gefärbt, (j — l Giemsaausstriche.
Zeichen apparat, OkuI. 6.
einigung beider Zellen erweitert denkt, wie
es auch Ziemann ursprünglich angedeutet
und Doflein bei einer Besprechung der
Ansichten Schaudinns in seinem Proto-
zoenwerk teilweise ausgeführt hatte. Warum
ich nicht sogleich diesen Standpunkt ein-
genommen habe, zumal er bei der Be-
sprechung der Agamonten teilweise akzep-
tiert wurde, geht aus den oben punktweise
angeführten Gründen hervor — sie beziehen
sich wesentlich auf die sogenannte, ,Periplast-
struktur" des Ectosoma, die mir zunächst
von einer Metazoenzelle nicht bekannt
ist. Auch kann ich mich jetzt noch nicht
mit der Vorstellung vertraut machen, daß Fig. 5.
eine Metazoenzelle unter dem Einfluß einer
Protozoennoxe in zwei, drei bis vier so enorm lange Spitzen
auswachsen sollte, Spitzen, die terminal sogar auf fasern können
(Löffl er -Präparat). Auf eine weitere Diskussion der möglichen
Deutungen möchte ich hier nicht eingehen, da jede Deutung als
ökonomisch-ästhetische Zuordnung in ein Gedankenschema schließlich
nur zeitlich richtig ist: es sei nur auf diese Schwierigkeiten der Auf-
278 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. Ü2. Heft .^/4.
fassung verwiesen, allein weitere vergleichende Leukocytozoonstudien
an geeigneteren Objekten können die Frage endgültig lösen. —
Der eigentümliche, seitlich zusammengedrückte Kern des Parasiten,
der dem Beobachter zunächst als dunkel gefärbtes Gebilde auffällt, ist
sicher als ein Metazoenkern aufzufassen, der in dem einen Fall von
dem beweglichen Trypanosoma aufgenommen, im Sinne der
anderen Deutung den letzten Rest der Metazoenzelle, in die ein Try-
panosoma eingedrungen ist und sie ganz ausfüllte, darstellt. Für diese
Auffassung können hauptsächlich folgende Gründe namhaft gemacht werden :
1) Verstreicht man mittels eines Glasstabes einen kleinen Tropfen
einer 5-proz. Methylenblau + 5-proz. Neutralrot-Lösung in NaCl dünn bis
zum Eintrocknen über die Objektträgerfläche und setzt sodann einen
Tropfen parasitenhaltigen Blutes hinzu, so färbt sich unter den bekannten
Bedingungen der Vitalfärbungen der fragliche Kern nach einiger Zeit
dunkelviolett im Gegensatz zu dem undeutlichen, bläschenförmig werdenden
Protozoenkern in derselben Weise wie der Kern eines jungen Erythro-
cyten oder Erythroblasten. Die Kerne der reifen Erythrocyten nehmen
eine mehr rötliche Färbung an. Auch Trockenausstriche, die in Alkohol
absolutus fixiert wurden, kann man ähnlich färben.
Vitalfarbstoffen gegenüber verhält sich der Kern anders als der
Protozoenkern. In Hämatoxylin- und Eisenhämatoxylinpräparaten weist
er eine Metazoenstruktur auf, d. h. er besitzt einen, seltener zwei
nukleolenartige Einschlüsse und eine chromatische N etzs truk tu r, die
an der Parasitenseite verdichtet ist.
2) Bei der oben erwähnten „Län gsteilung" der Gesamtzelle legt
er ein mehr passives Verhalten an den Tag und wird erst sekundär
von der Schnürfurche der Protozoenzelle durchtrennt. Er kann aber,
trotzdem er bei der Reifung und Befruchtung der Geschlechtszellen des
Leukocytozoon wie ein fremdes Gebilde behandelt und als Fremd-
körper abgestoßen wird, kein vollkommen abgestorbenes „Zell-
derivat" einer Metazoenzelle sein, da bei den periodisch erfolgenden, immer-
hin zahlreichen Längsteilungen des Leukocytozoon die Seitenkerne bald
größer, bald kleiner sein müßten, was durchaus nicht den Tatsachen
entspricht. Dem rätselhaften fremden Kern in der Protisten-
zelle muß demnach doch ein gewisses Eigenwachstum zukommen.
3) In einzelnen Fällen unterlag der Metazoenkern einer Karyorrhexis,
ohne daß das Entosoma des Parasiten dabei eine Schädigung aufzu-
weisen hatte; ebenso konnte sich der Kern zur Längsachse des ganzen
Gebildes der Quere nach selbständig teilen und so eine bedingte Un-
abhängigkeit dartun. (Vgl. auch Photogramm 16.)
Kehren wir nach dieser kritischen Auseinandersetzung zu der Be-
trachtung des weiteren Entwickelungskreislaufes des Parasiten in seinem
Wirt zurück. Die erwachsenen Gamonten, die durch bewegliche Zwischen-
stadien mit den zwei Agamontentypen in Zusammenhang stehen, unter-
liegen längere Zeit einer Vermehrung, die als Längsteilung gedeutet
wurde, und die für die Trypanosomennatur des Parasiten spricht. Auch
die Agamonten entstammten nicht einer malaria-proteosomaähnlichen
Schizogonie, die bereits Mayer und Wenyon vergebens gesucht hatten,
sondern teilten sich meist in zwei, seltener in drei, am allerseltensten
in vier Individuen.
Die Photogramme 8 — 17 beziehen sich auf diese Phase der Ga-
mogonie. Auf diese Weise vermehren sich sowohl die weiblichen als
auch seltener die männlichen Formen. In einigen Fällen konnte aber
eine Teilung festgestellt werden, deren Produkte nicht gleichwertig
V. Prowazek, Geschlechtsdimorphismus der Trypanosomen. 279
waren, vielmehr besaß der eine Partner männliche, der andere weib -
liehe Charaktere (Photogramm 10, 11, 13, 15). Die weibliche Zelle
färbte sich nach Giern sa dunkelblau und hatte einen bläschenförmigen
Kern, in ihrem Plasma waren überall die fettartigen Tröpfchen (alkohol-
löslich, mit Sudan färbbar) zerstreut. Die männliche Zelle färbte sich
blaßblau und führte einen unregelmäßigen, zerteilten Kern (Photogramm
13 u. 15). Beide Zellpartner besaßen bei der sehr langsam verlaufenden,
nicht zu Ende verfolgten Teilung, bei der nur einmal die Ectosoma-
spitzen sich in Falten kontraktorisch zusammenlegten und sich sodann
wieder streckten, einen verschiedenen Stoffwechsel, wie Vitalfärbungen
mit dem Neutralrot-Methylenblaugemisch bewiesen haben. Die weibliche
Zelle färbte sich in diesem Falle dunkelblau, während der männliche
Parasit auf einem Stadium eine rotbläuliche Färbung mit aller Deutlich-
keit annahm; die Farbendiiferenzen sind nur während einer kurzen
Phase der Färbung festzustellen, und es ist dazu ein andauerndes
Verfolgen des stufenweise eintretenden Farbeneffektes notwendig. Da
einige dieser Teilungsstadien mit großer Wahrscheinlichkeit auf einer
Stufe der Reduktion stehende Individuen (Textfig. 4 b, c, i) betroften
haben, so könnte dieses Teilungsphänomen für eine mit der Zell-
reduktion etwa im früheren W eism an n sehen Sinne in Zusammenhang
stehende Geschlechtsdifferenzierung sprechen.
Die erwähnten Stadien scheinen mir aber ein Beweis für die ur-
sprüngliche Auffassung der gynandrischen Natur der Trypanosomen-
zelle zu sein , aus der weibliche und männliche Formen nach ent-
sprechenden Veränderungen hervorgehen können, und sprechen für die
Anschauungen, die in der mehrfach angefochtenen Herpetomonas-
Arbeit und später im Archiv f. Protistenkunde 1907 über Sexualität der
Protozoen niedergelegt worden sind. —
In Eisenhämatoxylinpräparaten wurde außerdem beobachtet, daß das
Karyosom des weiblichen Kernes vor der Reifung eine winzige Spindel
von der Art des Plasmodiophora- Kernes bildet. Auch das Karyosom
des männlichen unterliegt zunächst ähnlichen Veränderungen, dann löst
sich das Chromatin in Form einer langgestreckten „Spindel" auf, in
deren Verlauf schließlich 8 undeutliche Doppelkörner auftreten —
die Formbildner der Mikrogameten. Die Geißelung derselben findet
in der bekannten Weise statt.
Auch eine Parthenogenese scheint hier wie beim Halte ridium vor-
zukommen ; über die feineren Kernteilungsbilder konnte ich wegen der
schlechten Chromatinfärbbarkeit keine richtige Vor-
stellung gewinnen. Die abgerundeten Weibchen teilen
sich in zwei Teile, die den Erythrcytkern in der-
selben Weise wie die großen Agamonten, von denen
sie zuweilen schwer zu unterscheiden sind, verzerren
(Textfig. 6).
Der Entwickelungskreis des „Huhnleukocytozoon"
im Vogelorganismus stellt sich nach den bisherigen
Ergebnissen demnach folgendermaßen dar: a) Agamo-
gonie von zwei Typen; Agamonten verlassen Fig. 6.
zuweilen entweder die Wirtszelle oder wandern mit
einem Teil derselben noch herum und dringen in andere Zellen ein.
Die Agamonten höhlen den Wirtskern aus. b) Freie Formen, die
kleine Trypanosomen darstellen ; c) große Trypanosomen ; d) Gamogonie.
Parthenogenese (?). —
Bei den „freien" Trypanosomen entfallen größtenteils die geschlecht-
280 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
liehen, „symbiontischen" Formen, und sie beschränken sich auf die freien
agamen Stadien, weshalb die bisexuelle Entwickelung wie bei den para-
sitischen Bodo, Trichomonas, Lamblia, Entamoeba so selten
erfolgt. Dafür treten später andere Regulationen, wie Autogamien,
Parthenogenesen, Etheogenesen etc., ein, die allerdings jetzt mit Vor-
liebe als „Degenerations"- und Depressionsstadien der Zellen erklärt
werden. Es ist aber fraglich, ob es überhaupt so viele und so rasch aus
dem Zelleben allein periodisch hervorgehende Depressionen gibt
[Küster^), P. Enriques-)], oder ob sie nicht vielmehr auf die Rech-
nung der „Stoffwechselprodukte" eines beengten KulturmiUeus zu setzen
sind. Auf die Bedeutung der verschiedenen Verjüngungsarten der Orga-
nismen hat E. Schultz 3) 1908 aufmerksam gemacht. —
Bezüglich der vom Standpunkt der Entwickelungsphysiologie
und Zellbiologie vielfach diskutierten Massenverhältnisse
zwischen Kern und Zellplasma ergeben sich auch aus der Unter-
suchung der Leukocytozoon- Biologie einige Gesichtspunkte, Auf
Grund der eingehenden allbekannten Untersuchungen von R. Hertwig
und Boveri wissen wir, daß die Chromosomenzahl (Ch) einerseits dem
Zellvolumen (Vz), andererseits der Kernoberfläche (Fk) proportional ist.
Sind k und k^ die entsprechenden Konstanten, so gelangen wir zu den
Kernplasmagleichungen
Ch =- Vz k und
Ch = Fk k. oder
Vz _ kj^
Fk "" k
Bei den am häufigsten und am längsten im Hühnerorganismus vor-
kommenden Leukocy tozoon-Formen, den Gamonten, ist in beiden
Formen Vz ziemlich gleich; der Radius der weiblichen Zelle, auf eine
Kugel reduziert, beträgt 4,9 — 5,3 ^u, ebenso groß war er durch-
schnittlich bei den männlichen Zellen. Vz, auf r = 5 /< gerechnet,
beträgt 523,3 für beide Zellen. Dagegen ist der Radius des Kernes^)
der weiblichen Zelle gleich 1,81 — 2,06 u, der Kernradius der männlichen
Zelle 3,3 u. Der rechnerischen Bequemlichkeit wegen nehmen wir r des
weiblichen Kernes = 2 /<, des männlichen Kernes = 3 /< an. Fk des
weiblichen Zellkernes = 50,24 und Fk des männlichen Zellkernes = 112,04.
Vz 523 3
Die Kernplasmarelation für die weibliche Zelle = ^ = ^ ' , für die
männliche Zelle = ' .
1. X ^
Der verteilte Kern der männlichen Zelle mit seiner staubförmigen
Chromatinverteilung besitzt fast eine doppelt so große Kernoberfläche,
als die weibliche Zelle bei gleichem Vz, ohne daß beide zunächst
verschiedenen Regulationen anheimfallen würden — beide Zellen
„teilen" sich höchstens der Länge nach. Vielleicht unterliegen die
lang ausgezogenen spiralig flachen Zellformen noch anderen
Kernplasmarelationsgesetzen als die nahezu runden oder sphärischen
Zellen. In diesem Sinne sei hier zunächst darauf hingewiesen, daß
1) Küster, E., Vorträge und Aufsätze über Entwickelungsmethodik der Organismen.
Beft 6. 1909. p. 14.
2) Enriques, P., Arch. f. Protistenk. Bd. 9. 1907. p. 195.
3) Schultz, E., Ueber umkehrbare Entwickelungsprozesse. (Vorträge und Auf-
sätze über Entwickelungsmechanismus der Organismen. Leipzig [Engelmann] 1908.)
4) Die Abrundung der Kerne wurde durch Wasserzusatz erzielt; es liegen also
den Berechnungen nicht die „natürlichen" Verhältnisse zuCTunde, da aber der Fehler
überall gleich vorkommt, kann er als solcher eliminiert werden.
V. Prowazek, Geachlechtadimorphismus der Trypanosomen. 281
Trypanosomen mit einem ungefähr gleich großen Kern (2 r = 3,3 \l) oft
verschiedene Zelldimensionen besitzen können, z. B.:
„Hühnerleukocytozoon" (Gamont) 57,8 ,u lang, 5 — 6 ;j. breit, Kern (2 r) ^ 3,3 ji.
Trypanosoma svnodontisA: 41 (x lang, 1 u. breit, Kern (2r) = 3 .a.
B: 41 |j. „ 2,5 PL „ „ (2r) = 3,5 ,a.
„ „ Cc:40!J. „ 2,5 m- ,, ., (2r) = 3u.
„ minasense (n. Carini): 30—35 |jl lang, 4—6 ii breit. Kern 4 : 2 .■j.. —
Aus früheren Untersuchungen über das Protozoenplasma geht hervor,
daß es eine Flüssigkeit ist, die, den Gesetzen der Hydrodynamik folgend,
eine Kugel- oder Tropfengestalt annehmen muß, die aber unter
dem Zwange von polaren, zentrodesmischen Kräften besonderer formen -
gebender Fibrillen und des Randfadens aufgegeben und mit ver-
schiedenen im Räume gerichteten Begrenzungswerten ausgestattet wird.
Wie früher mitgeteilt wurde, ist der Randfaden für ein jedes bewegliche
Trypanosoma gleichsam „zu lang" und faltet, in die Try panosoma-
zelle des Huhnes eingespannt, diese regelmäßig in 7 — 8 Wellen, dagegen
verleiht er, einmal gestreckt, dem Trypanosoma die lange, doppelt
zugespitzte Gestalt. Das Trypanosoma ist etwa 43 |i lang, die Ruhe-
form beträgt 44,6 — 66 [x, die meisten Formen ^) sind 57,8 [i lang. Das
Fibrillengitter der Trypanosoma- Zelle steht unter der Aegide der
Morphe, durch die die Protoplasmaflüssigkeit nach V. Goldschmid t -')
in eine orientierte Flüssigkeit vom Charakter eines spindelig gleitenden
Systems umgewandelt wird.
Die polare Vektorialkraft der Morphe hat infolgedessen einen Zentral-
druck des Protoplasmas nach der folgenden Formel zu überwinden:
p = —^— -, wobei Oa die Oberflächenspannung des Wassers oder des
Darminhaltes der Mücke ist, in dem sich die Ruheform abrundet, und
Oe die Oberflächenspannung des Protoplasmas = Eiweiß darstellt :
2(0,082—0,059) 0,046 ^^,q, ,, ,
p = ^ — Tq~ ^^ l.'W ^ 0'^94 Atmosph.
Durch die Morphe wird auch der Kern der Rotzelle, der durch-
schnittlich ca. 3,8 [1 lang ist, in der weiblichen Zelle zu 5,8 [i, in der
männlichen Zelle zuweilen auf 7,4 jx flachgedrückt und bei reifen weib-
lichen Zellen infolge der Zusamraenziehung oft in einen Ring umgewan-
delt, er wird dann 31,08 \l lang (1 = 2rx = 9,9 X 3,14). -
Die Fülle von morphologischen Formen selbst innerhalb eines so
beengten Kreises, wie es die Trypanosomen sind, fordert kategorisch
nach einem durchsichtigen, einfachen Ausdruck, den wir in der Tat auf
Grund von unseren bisherigen Beobachtungen gewinnen können.
Bringt man die morphogenetisch gerichtete Zellflüssigkeit auf ihre
Ausgangsform, eine volumgleiche Kugel zurück, so drückt in befriedigender
Weise das Verhältnis der größten von der Morphe diktierten Begrenzungs-
distanzen (Vm) zu dem Radius dieser Kugel (Vt) eine relative Morphe-
konstante (Km) aus.
Die Zellflüssigkeit wird je nach der Art auf eine volumgleiche Kugel
durch Zusätze von passenden Reagentien (Alkali) oder Wasser reduziert —
bei unserem Organismus runden sich die reifen Zellen auch im Präparat
1) Wurde stets nach lebenden Objekten gemessen; die Messungen sind natür-
lich von der Auffassung, ob die Polhömer zum Trypanosoma gehören oder
nicht, abhängig — im letzteren Falle sind die Parasiten kleiner und die Rechnungen
ergeben andere Resultate.
2) Gold Schmidt, V., Ueber das Wesen der Kristalle. (Annal. d. Naturphiloc
ßd. 9. 1910.)
282 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
nach einiger Zeit von selbst ab, eventuell kann man den Vorgang durch
Wasserzusätze beschleunigen. Nach je 100 Messungen beträgt im Durch-
schnitt die „Leukocytozoonzelle" 57,8 [i in der Länge, r des Zelltropfens.
= 4,9—5,3 {X, Vm = 57,8 : 2
^ _Vm 28,9 29 -„
Surratrypanosomen (Sumatra) sind während des Lebens 19 {i, gestreckt
und fixiert 24 {i lang, der Plasmatropfen (durch Natriumbikarb. 1-proz.
9 5q2)
Zusatz) im Durchmesser 5 [a. Km = — ^^ := 3,8 (4,8). —
Sobald dereinst eine größere museale Sammlung derart festgehaltener
Morphephysiognomieen angelegt sein wird, werden wir vielleicht in der
Lage sein, die Promorphologie der Trypanosomenarten tatsächlich zu „be-
schreiben" und ihre Genese zu „verstehen", zumal wenn noch die anzu-
stellenden Untersuchungen über verschiedene Reaktionsgeschwin-
digkeiten und Zellgrößen bei kalt-, warmblütigen und winter-
schlafenden Wirtstieren (van't Hoffs Regel), sowie über die Geltung
des Quetel et sehen Gesetzes, die Variation und Resistenz, wie si&
durch die wichtigen Untersuchungen von Ehrlich, Morgenroth^
Halberstädter, Rosenthal und R. Neumann angebahnt worden
sind, ihre Berücksichtigung finden.
Die ausführliche Arbeit soll im Archiv für Protistenkunde erscheinen^
wo auch die Literatur, die mir jetzt nicht vollständig zugänglich
ist, berücksichtigt wird. Den Herren Dr. W. Schüffner und Dr. W. A.
Kuenen spreche ich für mannigfache Anregungen, sowie Herrn
Schüffner für das reichhaltige Material und die Herstellung der Mikro-
photographieen meinen Dank aus.
Tg. Morawa, Oktober 1911.
Nachtrag:
Nach Ablieferung der Arbeit sind folgende Arbeiten mir in Sumatra
bereits bekannt geworden :
1) de Haan, J., Protozoen in het bloed von Kippen. (Geneeskundig
Tijdschr. v. Nederl. Indie. 1911. No. 51.)
2) Gardamatis, L., Haemamoeba Zimmermanni etc. (Centralbl. f.
Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 60. 1911. Heft 3/4).
In Europa (Januar 1912) erhielt ich Mathis, C. et Leger, A. M.,
Recherches de Parasitologie et de Pathologie hum. et animal. ä Tonkin.
1911. Die Resultate dieser Arbeiten stimmen miteinander vielfach über-
ein, wenn auch die Deutung verschieden ist.
Tafelerklärnng'.
Fig. 1 — 5. Agamogonieausstriche. G i e m s a - P^ärbuDg.
Fig. 1. Zwei Agaruonten, den Kern eindellend.
Fig. 2. Drei Agamonten, von denen einer die Wirtszelle zerteilt und mit einem
Kernanteil sich frei macht.
Fig. 3. Ein Agamont ist samt einem Erythroblastkern sekundär in eine zweite
Zelle eingedrungen; unten ein Agamont zweiter Art, oben ein reifer abgerundeter
Mikrogametocyt.
Fig. 4 und 5. Alte, sich teilende Agamonten.
Fig. 6. Junger Gametocyt mit Periplaststruktur ; noch keine Sonderung in Ecto-
und Entosoma. Feuchtes Präparat. Eisenhämatoxylin.
Fig. 7. Aelterer Gametocyt, rechts bereits ein rot gefärbtes Ectosomahorn diffe-
renziert. G i e m s a - Färbung.
Fig. 8 — 17. Gamogonie. Verschiedene Vermehrungsstadien. G i e m s a - Färbung..
Fig. 10, 11, 13, 15 je eine weibliche und männliche ZeUe..
Centralblatt für Bakteriologie Abt. L Orig. Bd. 62.
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Fig. 1.
Flg. 3.
Fie. 2.
Fig. 4.
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Fig. 5.
Fig. (3.
Verlag von Gustav Fisclier in Jeua.
V. Prowazek, Geschlechtsdimorph ismus ehr Trypanosomen. Taf. I.
Fig.
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Fig. 9.
Fiff. 8.
Fig. 10.
Fig. 11.
Fig. 12.
CmtralblaU für Baktcrioloyie Abt. I. Oriij. Bd. (i2.
V. Proivazek, Geschlechtsdimorphismus der Trypanosomen. Taf. II.
M •
Ä
Fiir. 13.
Fig. 14.
Fis. 15.
-*:\
I
«
Fiir. 16.
Fitr. 17.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
Yakituoff et Stolnikoff, Un b^moparasite nouveau des chauves-BOuris. 283
Fig. 8, 9, 14, 17 weibliche Zellen.
Fig. 12, 16 männliche Zellen. Fig. 12, 10 und 8 in den Ectosomaspitzen eigen-
artige blepharoblastähnliche Körper. Fig. l.ö. Die Gametocyten sind nahezu reif und
haben sich bereits abgerundet. In Fig. l(i nahm der Erythrocytkern nicht an der
Teilung teil. Letzte Stadien der Teilung bringt Textfig. 5 und Tafelfig. 17 zur An-
schauung.
Fig. 1—5, 8—12, 16—16 Oelimmersion 1 : 12. Projektionsokular No. 2. Balg-
länge ca. 1000.
Fig. 6, 7, 13—15 Apochromat 2 mm. Projektionsokular 2. Balglänge ca. 1000.
Nachdruck verboten.
Un hemoparasite nouveau des chauves-souris.
Par W. L. Yakimoff (St. Petersbourg), W. J. Stolnikoff (Tourkestan)
et Nina Kohl-Yakimoff (St. Petersbourg).
Avec 1 planche.
I.
Od sait que A, Dionisi trouva, en 1898, trois parasites endo-
globulaires dans les sang des chauves-souris: Polychromophilus
murinus, Polychromophilus melaniferus (parasites ä pigment)
et Achromaticus vesperuginis (parasite sans pigment).
En 1907, Vassal signala chez une chauve-souris de l'Annam
V esper ugo abramus, un parasite nouveau qu'il appella mono-
s 0 m a et qui n'est probablement qu'une variete de Polychromophilus
melaniferus.
Les recherches de Dionisi ont ete confirmees par plusieurs
auteurs. Berestneff, Galli- Valerio, Kisskalt, Gonder, Neu-
mann et nous-memes avons pu retrouver A Chromat icus vesperu-
ginis; Bowhil etSchingarewa ont observe Polychromophilus
murinus.
En 1908, Tun de nous a fait, dans le Tourkestan. des frottis avec
le sang peripherique de plus de 50 chauves-souris, dont l'espece mal-
heureusement, n'a pu etre determinee sur place. Deux chauves-souris
etaint parasites. L'une d'entre elles avait dans les sang 1' Achro-
maticus vesperuginis et l'autre avait un parasite nouveau qui n'a
pas ete decrit jusqu'ici.
Les parasites se trouvaient tantöt dans les hematies, tantöt libres
dans le plasma sanguin. Les parasites endoglobulaires etaient au nombre
de 2, 3, 4 et 5 et de forme variable: soit ronde (fig. 1, 2, 3, 4, 5, 10),
soit ovale (fig. 8, 9, 11, 14), et se rapprochant alors plus ou moins de
l'aspect piriforme (fig. 7, 15, 19), soit amoeboide (fig. 16, 21, 22, 23).
Les dimensions des formes rondes ötaient de 1 — 3 /.i ; des formes ovales,
de 2,5 ä 5 ;« X 1,4—4 .« ; les formes en poire avaient 2—3 /< X 1,3 |« ;
le formes amoeboüdes pouvaient avoir jusqu'ä 5 //. Dans ce dernier cas,
le parasite occupait presque toute l'hematie, dont la grandeur etait de
de 5 — 7 /LI. En consequence, on ne voyait autour du parasite que tres
peu de Protoplasma globulaire.
Les parasites extra-cellulaires avaient la plupart du temps l'aspect
amoeboide (fig. 24, 25, 26, 27, 29), celui-ci beaucoup plus net et beaucoup
plus caracteristique que dans le cas des parasites endoglobulaire. Ils
pouvaient aussi etre irreguli^rement ronds (fig. 30), en forme de poires
(fig. 31) ou de bätonnets (fig. 22).
284 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Les formes endoglobulaires etaient le plus souvent rondes. Elles
out un noyau, mais le uoyau u'a pas toujours la meine forme: il peut
etre punctiforme et contenir un granule colore d'une maniere plus
intense (fig. 1), ou arciforme avec 2 granules chromatophiles aux extremites
(fig. 2, 3) ou encore en couronue, avec, ä rinterieur, des granules
chromatophiles (fig. 4, 5).
Parfois les formes rondes ont plusieurs noyaux (fig. 10).
Les formes ovales sont plus grandes que les formes rondes. Dans
une hematie, on en trouve 1, 2 ou 3. Daus chaque parasite, on peut
trouver 1, 2 ou 3 noyaux. Ceux-ci se presentent sous l'aspect d'une
masse plus ou moins homogene (fig. llj, quelquefois quadrangulaire
(fig. 9) ou sous forme de ligne, de couronne (fig. 8, 14), de demi-cercle
(fig. 7). Dans les noyaux, on trouve toujours, au nombre de 1 ä 4, des
granules colores intensement. Le protoplasma de ces formes est plus
ou moins vacuolaire, comme spongieux. II peut montrer des signes de
division.
Les formes amoeboides ont plusieurs noyaux (de 6 ä 13). Ces
noyaux peuvent presenter les formes diverses que nous avons decrites
precedemment.
Les formes en poires et les formes voisines sont rares. Elles ont
peu de ressemblance avec Piroplasma bigeminum et elles n'ont
jamais la disposition caracteristique de ce dernier parasite. Nous les
avons vues au nombre de 3 ä 5 dans une hematie.
Les parasites libres, d'aspect amoeboide, contiennent de 1 ä 12
noyaux. Les parasites qui contiennent beaucoup de noyaux sont aussi
les plus gros. Le protoplasma est plus intensement colore que celui
des formes endoglobulaires analogues. II montre parfois des signes de
division.
Toutes les formes que nous venons de decrire presentent cette parti-
cularite importante : elles n'ont pas de pigment.
Les hematies parasitees ne paraissent pas souffrir de la presence du
parasite. Elles ne s'hypertrophient pas, alors meme que le parasite
remplit tout le globule sanguin. Neanmoins, la plupart des hematies
presentent un 6tat plus ou moins accentue de polychromatophilie. On
rencontre des normoblastes.
Les hematies etaient infectees pour plus de 60 7o- On n'a jamais
rencontre de parasites dans les leucocytes.
II.
En nous basant sur Tetude des formes qui se rencontrent sur notre
preparation, nous pensons que le devoloppement du parasite dans le
sang circulant s'effectue de la fagon suivante:
Une fois que le parasite a penetre dans l'hematie, le noyau commence
par se diviser. La division du noyau est precedee par la division du
nucleole chromatique qui se trouve dans le reseau achromatique ; puis
les parties du noyau qui se sont divisees s'eloignent, reliees tout d'abord
par une substance achromatique qui finit par se rorapre: ou obtient
alors 2 noyaux.
La division du noyau peut s'effectuer suivant le Processus que nous
avons observe chez Achromaticus vesperuginis. Tout d'abord,
dans le noyau du parasite il s'effectue un certaiu phenomene, gräce
auquel des deux bouts du noyau sortent deux prolongements chromatiques.
Ces derniers s'arrondissent, vont ä Tun contre l'uue de Tautre, et forment
C^ntnilbUitt fiir HahUrioltHjie Abt l. (hu/ Hä 62
WL u Nuia Kohl Yakunorf'.
llemoparasitenourran de^ chniinni-soiins
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Yakimoff et Stolnikoff, Un h^moparapite nouveau des chauves-souris. 285
finalement un cercle ou une couronne. Daus cette couronue, la masse
chromatique se trouve d'abord condeusee eu uu seul eudroit, uotamment
lä d'oü sont sortis les prolongemeuts chromatiques ; puis eile eutre en
divisiou et les produits de cette division se dispersent dans la substauce
achromatique de la couronne. Celle-ci se brise en 2 points oppos6s et
separe en deux portions chacune d'elles se contracte et devient un noyau.
On a alors un parasite avec deux noyaux. La division du protoplasme
suit Celle du noyau et l'on a finalement 2 parasites.
La formation de la couronne peut aussi s'expliquer par la differencia-
tion d'une vacuole au sein du noyau qui disloque la substance nucleaire.
Les 2 noyaux formes peuvent ä leur tour se diviser, et on aura par
la suite 4 indivi-dus et plus.
Parfois, la division du protoplasme est en retard sur celle du noyau,
et l'on peut voir dans un parasite plusieurs noyaux isolös, sans aucun
signe de division du protoplasma.
La reproduction asexuee ressemble a la schizogonie des parasites
de la malaria humaine, c'est a dire que le noyau paternel se divise,
donne naissance ä beaucoup de noyaux-fils (12 et davantage), aprös quoi
le protoplasme commence ä se diviser. Malheureusement, nous n'avons
pas vu la fin de ce phenomene schizogonique; mais nous avons röussi
ä observer la penetration du parasite libre dans les hömaties (fig. 1).
Les parasites libres, extracellulaires, sont sans doute mis en libertö
apres la destruction de l'hematie. Dans le dernier cas, la division du
protoplasma est plus nette.
Tel est, ä notre avis, bien incompletement etudiö, il est vrai, le cycle
de developpement de notre parasite.
in.
Le parasite, que nous avons decrit, est-il vraiment nouveau?
Nous avons vu plus haut que les diiferentes especes de chauves-
souris presentent 4 genres de parasites endoglobulaires: Polychromo-
philus murinus, Polychro mophilus melaniferus, Plas-
modium monosoma, et Achromaticus vesperuginis. Notre
parasite ne rappeile aucun de ces parasites. Par l'abcence de pigment,
il differe de Polychromophilusmurinus, de Polychro mophilus
melaniferus et de Plasmodium monosoma. D'autre part per-
sonue n'a jusqu'ici Signale chez Achromaticus vesperuginis des
formes analogues ä Celles que nous avons observes chez notre parasite
(par ex. les formes amoeboides) et inversement, chez notre parasite, nous
n'avons pas observe les formes si caracteristiques d'Achromaticus
vesperuginis, c'est-ä-dire les grandes et les petites formes en poire
avec leur disposition caracteristique.
Notre parasite n'est pas non plus identique aux Plasmodiums ren-
contres chez d'autres animaux : Plasmodium vivax Grassi et Feletti,
Plasmodium malariae Laverau et Plasmodium praecox Grassi
et Feletti, de homme; Plasmodium Kochi Laveran, Plasmodium
p i t h e c i Halberstädter et Prowazek, Plasmodium i n u i Halberstädter
et Prowazek, Plasmodium cynomolgi Mayer, Plasmodium
brasilianum Gonder et Berenberg, du singe; et Plasmodium
Vassali Laveran de l'ecureuil. Tous ces parasites contiennent du pig-
ment absent chez notre parasite.
Neanmoins nous avons observe chez notre parasite des formes, il
est vrai sans pigment, mais tr^s semblables ä celles des Plasmodiums
286 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
veritables (p. ex., les formes que nous avons appelees amoeboides). Sous
ce rapport, notre parasite se rapproche le plus du Plasmodium prae-
cox. D'autre part, notre parasite presente des formes qui rappellent
Celles de rAchromaticus vesperuginis; d'ailleurs, comme celui-ci,
11 n'a pas de pigment.
Notre parasite fait done, en quelque sorte, le pont entre les veri-
tables Plasmodiums et l'Achromaticus vesperuginis.
Ce raisonuement est-il justeV Quelle est, en realite, la place de
notre parasite dans la Classification?
Si nous classons, dans l'ordre phylogenetique, les parasites endo-
globulaires proches parents, nous avons l'ordre suivant:
P D'abord, les differents Plasmodiums ä pigment:
2" puis, l'Achromaticus vesperuginis;
3** en dernier lieu, les piroplasmes,
Insistons un peu sur l'Achromaticus vesperuginis.
Plusieurs auteurs, notamment Gonder, classait ce parasite entre
les Plasmodiums et les piroplasmes. Dans l'etude que nous avons con-
sacree ä cette question. nous avons montre que ce parasite se rapproche
plutöt des piroplasmes que des Plasmodiums et qu'il est, peut-etre, un
veritable piroplasme.
Cependant, nous ne connaissons pas l'anneau de la chaine qui
unirait les Plasmodiums ä pigment aux Plasmodiums sans pigment. Le
precipice entre ces parasites est tres grand. II nous semble que notre
parasite comble cette lacune. II est juste au milieu, entre les Plas-
modiums de la malaria et l'Achromaticus vesperuginis puisque
il presente des formes propres aux uns et ä l'autre.
De cette fagon, la chaine est fermee:
Plasmodium -^ notre parasite -> Achroraaticus vesperu-
ginis -* piroplasmes.
Nous proposons de donner ä notre parasite le nom de Plasmodium
achr omaticum.
Nous exprimons ä Mr. le Dr. Go n der notre sincere gratitude pour
ses conseils et ses indications ^).
Literatare.
Berestneff, cit. Schiagarewa.
Bowhil, Note on hematazoa observed ia a bat and the occurrence of Acanthia
pipistrellus Jenyns in South Africa. (Journ. of Hyg. Vol. 6. 1906.)
Dionisi, Die Malaria einiger Fledermausarten; Moleschotts Untersuchungen zur
Naturlehre des Menschen und der Tiere (Bd. 18. H. 3 — 4); La malaria di alcune
specie di pipistrelli (Ann. d'Ig. sperim. Vol. 9. 1899).
Galli-Valerio, Notes de parasitologie et de technique parasitolog. (Centralbl. f.
Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 39. 1905. p. 237.)
Gonder, Achromaticus vesperuginis Dionisi. (Arb. a. d. Kaiserl. Gesund-
heitsamt. Bd. 24. 1906. H. 2.)
— u. V. Beren berg-Hossler, Untersuchungen über Malariaplasmodien der Affen.
(Malaria. Bd. 1. 1908 Okt.j
Halberstädter u. Prowazek, Untersuchungen über die Malariaparasiten der
Affen. (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 26. 1907.)
Kisskalt, Blutparasiten bei Fledermäusen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 40.
1900.)
1) Sur la memo präparation, nous avons observ<5 un exemplaire du trypanosome
de la chauve-souris. II est incontestable qu'il s'agit la du trypanosome qu'ont vu les
autres auteurs. En Russie, l'existence d'un trypanosome chez les chauve-souris fut
sign^e lä pour la premiöre fois par nous.
Livierato, Neue Untersuchungen über die „Magensaftanaphylaxie". 287
Kos sei, Ueber einen Malaria ähnlichen Blutpara-sitcn bei Affen. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. 32. 1899.)
Neumann, Ueber die Blutparasiten von Vesperugo und deren Weiterentwicklung
in den Milben der Fledermäuse. (Arch. f. Protistenk. Bd. 28. 1909. H. 1.)
Mayer, Ueber Malaria beim Affen. (Med. Klin. 1907. No, 2.)
Schingarewa, Des hömosporidies des chauves-souris. (Arch. d. Scienc. biolog. St.
Petersbourg. T. 12. 1906.)
Yakimoff, Stolnikoff etKohl-Yakimoff, Contribution ä l'^tude sur 1' Achro-
maticus vesperuginis Dionisi. (Arch. f. Protistenk. Bd. 24. 1911.)
Nachdruck verholen.
Neue Untersucliuiigeii über die „Magensaftanaphylaxie"').
[Aus der Medizinischen Klinik der Kgl. Universität Genua
(Vorst.: Prof. E. Maragliano).]
Von Prof. Spiro Livierato.
In meinen beiden vorigen Arbeiten über diesen Gegenstand habe
ich die Gründe dargelegt, aus denen ich die anaphylaktische Reaktion
zur Diagnose des Magencarcinoms anwendete, und die theoretischen Be-
trachtungen angeführt, welche mich zu der Annahme veranlaßten, daß
bei Untersuchungen über die Magenkrebsdiagnose der Magensaft bessere
Dienste leisten könne als das Blutserum. Dann beschrieb ich eingehend
die Herkunft der verschiedenen Magensäfte, die Technik der Herstellung
derselben und der Krebsextrakte, die Details der Vorbereitung und
Sensibilisierung der Tiere usw.
Aus meinen damaligen Untersuchungen zog ich folgende Schluß-
folgerungen :
Daß die subdurale Einspritzung von Magensaft Magenkrebskranker
auf gesunde Tiere (Meerschweinchen) eine Giftwirkung verschiedenen
Grades ausübt, während sie bei in geeigneter Weise mit wässerigem
Mammacarcinomextrakt vorbereiteten Meerschweinchen das sofortige Auf-
treten ausgesprochener Symptome der typischen Anaphylaxie hervorruft.
Daß die subdurale Einspritzung von Magensaft normaler oder an
Ulcus pepticum ventriculi oder an einem sonstwo (Gebärmutter, Backe)
lokalisierten Carcinom leidender Menschen bei gesunden Tieren keine
Giftwirkung ausübt und keine Erscheinungen der Anaphylaxie herbei-
führt.
Auf Grund der bei den genannten Untersuchungen erhaltenen Re-
sultate machte ich die Annahme, daß die durch den Magensaft der
Magenkrebskranken hervorgerufene anaphylaktische Reaktion als für das
Magencarcinom streng spezifisch zu betrachten sei. Ich behielt mir vor,
die Untersuchungen auf diesem Gebiete fortzusetzen.
In gegenwärtiger Arbeit werde ich die Resultate berichten, welche
ich bei meinen Untersuchungen über folgende Gegenstände erhalten habe:
1) Ins Deutsche übertragen von Dr. med. K. Bühl (Turin).
288 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Wirkung des künstlichen Magensaftes, nachdem dieser
mit Krebsgewebe in Berührung gebracht wurde und er
denselben verdaut hatte, auf gesunde und auf mit Mamma-
carcinomextrakt vorbereitete Meerschweinchen.
Bei diesen Untersuchungen habe ich infolge der Fäulnisvorgänge,
welchen der normale menschliche Magensaft rasch anheimfällt, wenn er
zwei Tage lang in Berührung mit dem krebsigen Gewebe im Brutschrank
gehalten wird, an Stelle desselben künstlichen Magensaft anwenden
müssen, dessen Zusammensetzung bekanntlich folgende ist :
Pepsin 3,195
Salzsäure 0,200
Wasser 994,404
Verschiedene Salze 2,201
1000,000
Bei diesen Untersuchungen bin ich folgendermaßen vorgegangen:
Ein Brustdrüsenkrebs wurde unmittelbar nach der operativen Ex-
stirpierung vermittels einer sterilen Schere zerstückelt und in einem
sterilen Mörser fein zerrieben. Diesem Brei wurde ein künstlicher
Magensaft, im Verhältnis 1 Krebsgewebe : 10 Magensaft zugesetzt, das
Ganze dann . unter zeitweiligem Umrühren, 2 Tage im Thermostaten
bei 37° C gehalten und schließlich durch steriles Papier filtriert.
Experimente^).
a) Gesunde Meerschweinchen (10 Exemplare). Subdurale In-
jektion von ansteigenden Dosen von Verdünnungen (Vio — V2 ccm) von
künstlichem Magensaft + Mammacarcinom.
b) Vorbereitete Meerschweinchen (12 Tiere). Die Vorbe-
reitung geschah durch subkutane Einspritzung von 8 — 10 ccm wässerigen
Mammacarcinomemextraktes, Der Versuch wurde 10 — 12 Tage nach der
Brustdrüsenkrebsextrakteinspritzung ausgeführt. Diese wurde dann in
der Dosis von 3—4 ccm wiederholt, und nach 24 Stunden wurde wieder
der Versuch ausgeführt.
Die subdurale Einspritzung geschah in derselben Weise und Dosis
wie bei den Meerschweinchen a.
Beobachtungen. Bei mehreren der gesunden und der vorbe-
reiteten Tiere , und besonders bei diesen (gesunde 4 : 10, vorbereitete
9 : 12) beobachtete man, infolge der subduralen Einspritzung von künst-
lichem Magensaft -|- Mammacarcinom, toxische Erscheinungen, bestehend
in mehr oder minder ausgesprochener allgemeiner Abgeschlagenheit und
leichten tonisch-klonischen Krämpfen. Diese Erscheinungen dauern kurze
Zeit, und die Tiere erholen sich nach kurzem vollständig.
Bei zwei mit Mammacarcinomextrakt vorbereiteten Meerschweinchen
führte die subdurale Einspritzung von 1 ccm künstlichem Magensaft +
Mammacarcinom den Tod in weniger als 24 Stunden herbei. Dagegen
überlebten zwei gesunde Meerschweinchen die subdurale Injektion einer
gleichen Dosis des gleichen Präparates.
1) Bei allen Versuchen wurde das Volumen des eingespritzten Materials, ungeachtet
der Verdünnung, immer auf 0,5 ccm berechnet.
Livierato, Neue Untersuchungen über die „Mageneaftanaphylaxie". 289
IL
Wirkung des Magensaftes eines Individuums mit extra-
stomachalem (Pankreas-) Krebs oder von anderen Magen-
krebskranken und des wässerigen Mam macarcinom -
extraktes auf gesunde und auf durch Magensaft des er-
wähnten Kranken mit extrastomachalem (Pankreas-) Krebs
vorbereitete Meerschweinchen.
Mit dem Magensaft (ungefähr 200 com) eines Pankreascarcinora-
kranken mit vollständig unversehrtem Magen (wie durch die
Autopsie nachgewiesen wurde) wurden 18 Meerschweinchen in der Weise
behandelt, daß jedem desselben 10 ccm unter die Haut eingeimpft wurden.
Der Magensaft wurde durch Ausleerung des Magens ^4 Stunden nach
Verabreichung eines Probefrühstückes (Ewald) gewonnen, dann mit der
gleichen Menge physiologischer Kochsalzlösung verdünnt, durch Papier
filtriert, durch Zusatz einiger Tropfen einer gesättigten Natriumkarbonat-
lösung neutralisiert und nach Pukall filtriert.
Die geimpften Tiere wurden nach 11 Tagen mit dem Magensaft
desselben Patienten, mit Magensaft von Magenkrebskranken und mit
wässerigem Mammacarcinomextrakt geprüft.
Versuche.
a) Gesunde Meerschweinchen (12 Tiere). Die subdurale Ein-
spritzung von bis zu 0,5 ccm steigenden Dosen von Magensaft des
Pankreaskrebskranken rief keine bemerkenswerten Erscheinungen hervor.
Die subdurale Injektion von 0,25 ccm und von 0,5 ccm Magensaft
zweier Magenkrebskranker übt eine ausgesprochene Giftwirkung aus, auf
welche jedoch nicht der Tod folgt.
Die subdurale Einspritzung von 0,2 ccm wässerigen Brustdrüsenkrebs-
extraktes ruft keine toxischen Erscheinungen hervor; dagegen übt derselbe
Extrakt in der Dosis von 0,25 ccm eine leichte toxische Wirkung aus.
b) Vorbereitete Meerschweinchen (18 Tiere). Die Vorbe-
reitung geschah durch Einspritzung von Magensaft eines Bauchspeichel-
drüsencarcinomkranken.
Bei 4 dieser Tiere führte die subdurale Einspritzung von weniger
als 0,5 ccm des Magensaftes desselben Kranken (Pankreascarcinom) keine
bemerkenswerten Erscheinungen hervor.
Die subdurale Einspritzung von 0,5 ccm desselben Magensaftes bei
weiteren 4 Meerschweinchen rief Intoxikationserscheinungen hervor, be-
stehend in mehr oder minder ausgesprochener Abgeschlagenheit. Die
Tiere erholten sich wieder, wurden dann wieder von denselben Sym-
ptomen befallen und starben schließlich, und zwar 3 innerhalb 24 Stunden
und 1 innerhalb 48 Stunden nach der Injektion.
Die subdurale Einspritzung von einer gleichen Dosis von Magensaft
zweier Magenkrebskranker übte bei weiteren 4 Tieren ebenfalls eine
sofortige Giftwirkung aus; die Tiere erholten sich aber rasch und über-
lebten.
Die subdurale Injektion von 0,25 ccm wässerigen Mammacarcinom-
extraktes rief bei 3 Meerschweinchen leichte Intoxikationserscheinungen
hervor.
Die subdurale Einspritzung von 0,5 ccm desselben Extraktes führte
hingegen bei 3 weiteren Tieren recht ausgesprochene und schwere Ver-
giftungssymptome herbei. Die Tiere erholten sich aber und überlebten.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 3/4. 19
290 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
III.
Wirkung des Magensaftes eines Magenkrebskranken,
desjenigen eines Magenulcuskranken, desjenigen eines
normalen Menschen und des wässerigen Ma mm acarcinom-
extraktes auf gesunde Meerschweinchen und auf solche,
die mit Magensaft des genannten Magenkrebskranken
vorbereitet waren.
Mit dem wie bei der IL Versuchsreihe gewonnenen und präparierten
Magensaft (250 ccm) eines Magenkrebskranken, bei dem die Diagnose
vor der Operation sichergestellt und später durch die Autopsie bestätigt
wurde, wurden 24 Meerschweinchen in der Weise behandelt, daß jedem
derselben 10 ccm unter die Haut eingespritzt wurden.
Diese Tiere wurden nach 11 Tagen mit dem Magensaft desselben
Kranken, mit demjenigen eines Magengeschwürkranken, mit dem eines
normalen Individuums und mit wässerigem Mammacarcinomextrakt
geprüft.
Versuche.
a) Gesunde Meerschweinchen (15 Tiere).
Bei 6 Tieren traten unmittelbar nach der subduralen Einspritzung
von 0,25 ccm und von 0,5 ccm vom Magensaft eines Magencarcinom-
kranken keine bemerkenswerten Erscheinungen hervor ; die Tiere starben
aber nach 12—24 Stunden.
Die subdurale Einspritzung von 0,5 ccm vom Magensaft eines Magen-
ulcuskranken und vom Magensaft eines normalen Menschen (Epileptiker)
rief, abgesehen von einer leichten und vorübergehenden Abgeschlagen-
heit, die bei einigen Tieren eintrat, keine bemerkenswerten Erscheinungen
hervor, und alle injizierten Tiere überlebten.
Die subdurale Injektion von 0,125 ccm wässerigen Mammacarcinom-
extraktes war wirkungslos. Die Einspritzung von 0,134 ccm desselben
Extraktes rief leichte, diejenige von 0,25 ccm des wässerigen Mamma-
carcinomextraktes ausgesprochene V^ergiftungserscheinungen hervor.
b) Vorbereitete Meerschweinchen (24 Tiere). Vorbereitung
mit Magensaft eines Magenkrebskranken.
Die subdurale Einspritzung von 0,25 resp. 0,5 ccm Magensaft eines
Magenkrebskranken (derselbe Patient) rief bei 8 Meerschweinchen nichts
Bemerkenswertes hervor. Von den 8 Tieren starben 3 innerhalb 24 bis
48 Stunden, und die übrigen 5 überlebten.
Die subdurale Einspritzung von 1 ccm desselben Magensaftes rief
bei 3 Meerschweinchen sofort schwere Intoxikationssymptome mit aus-
gesprochener Abgeschlagenheit und vollständige Parese hervor, und die
Tiere starben 8 — 10 Stunden nach der Injektion.
Die subdurale Einspritzung von 0,5 ccm des Magensaftes eines
Magenulcuskranken führte bei 3 Meerschweinchen keine bemerkenswerten
Erscheinungen herbei.
Die subdurale Einspritzung von Magensaft eines hinsichtlich des
Magens normalen Individuums (Epileptiker) rief bei weiteren 2 Meer-
schweinchen ebenfalls nichts Bemerkenswertes hervor.
Nach der subduralen Einspritzung von 0,134 ccm wässerigen Mamma-
carcinomextraktes bei 4 Meerschweinchen traten leichte anaphylaktische
Erscheinungen auf: die Tiere zeigten unmittelbar nach der Einspritzung
eine starke Abgeschlagenheit, Parese, fielen auf eine Seite, zeigten einige
leichte Krämpfe, erholten sich aber rasch und überlebten.
Livierato, Neue Untersuchungen über die „Magenaaftanaphylaxie". 291
Die 6 mit 0,25 ccm wässerigen Mammacarciuomextraktes subdural
inokulierten Tiere zeigten schwere Erscheinungen der Anaphylaxie: Un-
mittelbar nach der Einspritzung trat eine starke Abgeschlagenheit und
eine vollständige Parese ein; die Tiere lagen regungslos nieder, zeigten
nach kurzer Zeit (6 — 8 Minuten) allgemeine Krämpfe, standen dann auf,
liefen lebhaft umher, und fielen danach wieder einer starken Abgeschlagen-
heit anheim. Sie erholten sich nach einigen Stunden und überlebten.
IV.
Wirkung des wässerigen Mammacarcinomsextraktes auf
gesunde und auf mit post mortem entnommen em Magen-
saft eines Magenkrebskranken vorbereitete
Meerschweinchen.
Bei diesen Untersuchungen habe ich erforscht, ob es möglich sei,
Erscheinungen der Magensaftanaphylaxie durch post mortem entnommenen
Magensaft Magenkrebskrauker hervorzurufen, d. h. ob der Magensaft
hinsichtlich der Anaphylaxie nach dem Tode seine Wirkungsfähigkeit
beibehält.
Zu diesem Zweck habe ich mit dem bei der (26 Stunden nach dem
Tode ausgeführten) Autopsie entnommenen Magensaft eines an einem
typischen Magencarcinom (aus der nekroskopischen Untersuchung ergab
sich ein blumenkohlartiges Magencarcinom) gestorbenen Individuums,
nachdem ich ihn in der oben angegebenen Weise präpariert hatte,
22 Meerschweinchen in der Weise behandelt, daß ich ihnen je 10 ccm
des Saftes subkutan einspritzte.
Ich habe dann diesen Tieren nach 11 Tagen wässeriges Mamma-
carcinomextrakt subdural eingespritzt. In der Zwischenzeit waren einige
der Tiere gestorben.
Versuche.
Gesunde Meerschweinchen (8 Tiere).
Bei 4 Meerschweinchen, denen eine maximale Dosis von 0,5 ccm
wässerigen Mammacarcinomextraktes subdural eingespritzt wurden, trat
nichts Bemerkenswertes ein.
Vorbereitete Meerschweinchen (22 Tiere).
Bei 4 Meerschweinchen rief die subdurale Einspritzung von Dosen
unter 0,25 ccm wässerigen Mammacarcinomextraktes keine bemerkens-
werten Erscheinungen hervor.
Bei 4 Meerschweinchen rief die subdurale Einspritzung von 0,25 ccm
desselben Extraktes das sofortige Auftreten von leichten anaphylaktischen
Erscheinungen (Abgeschlagenheit, Fallen auf eine Seite, allgemeine
Krämpfe) hervor: Die Tiere erholten sich aber nach kurzer Zeit und
überlebten.
Die bei 7 Meerschweinchen ausgeführte subdurale Einspritzung von
0,5 ccm wässerigen Mammacarciuomextraktes rief bei 4 dieser Tiere —
eins derselben zeigte nur eine schwere Abgeschlagenheit — die Erschei-
nungen einer typischen schweren Anaphylaxie hervor: Diese Tiere fielen
sofort nach der Einspritzung auf eine Seite und lagen regungslos danieder,
nach 3 — 4 Minuten zeigten sie starke allgemeine Konvulsionen. Nachdem
diese aufgehört hatten, standen sie mit großer Mühe wieder auf, liefen
wie toll herum und stießen an die Wand; dann erschienen sie sehr ab-
geschlagen, erholten sich aber nach einigen Stunden und überlebten.
Während der zwischen der Vorbereitungseinspritzung und dem Tage
der anaphylaktischen Probe verlaufenen Zeit gingen 7 der behandelten
19*
292 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Tiere zugrunde: Ich konnte infolgedessen nicht, wie es meine Absicht
war, die auf diese Weise vorbereiteten Tiere mit dem Magensaft des-
selben Individuums und mit demjenigen anderer Magenkrebskranken
prüfen. Andererseits konnte ich nicht die Wirkung des post mortem
entnommenen Magensaftes auf mit Mammacarcinomextrakt vorbereitete
Tiere in bezug auf das Auftreten von anaphylaktischen Erscheinungen
untersuchen, weil ich zu jener Zeit keine vorbereiteten Tiere zur Ver-
fügung hatte. Ich behalte mir deshalb vor, später wieder auf diese Frage
einzugehen.
V.
Wirkung des Magensaftes eines Magenkrebskranken, des-
jenigen eines Magenulcuskranken und desjenigen eines
normalen Menschens auf gesunde und auf solche Meer-
schweinchen, die mit wässerigem Mammacarcinomextrakt
vorbereitet wurden.
Diese Versuche stellen eine Wiederholung der ersten Untersuchungen
dar, die ich über die ,,Magensaftanaphylaxie" ausführte.
Ich habe sie zwecks genauerer Kontrolle der bereits veröffentlichten
Untersuchungen und derjenigen, die in gegenwärtiger Arbeit berichte,
ausgeführt. Es diente mir dazu der Magensaft eines Magenkrebs- resp.
Magenulcuskranken ; die Diagnose wurde bei dem ersten durch den
Operations- und den Obduktionsbefund — Pat. starb infolge einer
Bronchopneumonie mit zusammenfließenden Herden im linken Unter-
lappen — bei dem zweiten nur durch den Operationsbefund bestätigt.
Der Magensaft normaler Menschen wurde mir von dem bereits erwähnten
Epileptiker geliefert.
Die Behandlung der Tiere mit wässerigem Mammacarcinomextrakt
war diejenige, welche ich als langsame reakutisierte Behand-
lung bezeichnete, d. h. ich habe 20 Meerschweinchen je 8 ccm jedes
Extraktes eingespritzt und 24 Stunden vor der Magensaftanaphylaxieprobe.
d. h. 10 Tage nach der ersten Einspritzung jedem Tier 4 ccm desselben
Mammacarcinomextraktes injiziert.
Versuche.
Gesunde Meerschweinchen (14 Tiere).
Die subdurale Injektion von nicht 0,25 ccm überschreitenden Dosen
von Magensaft eines Magencarcinomkranken rief keine bemerkenswerten
Erscheinungen hervor. Dasselbe gilt für die subdurale Einspritzung von
nicht 1 ccm überschreitenden Dosen von Magensaft eines Magenulcus-
kranken resp. eines normalen Menschen (Epileptikers).
Die subdurale Einspritzung von Magensaft eines Magencarcinom-
kranken führte aber schwere Vergiftungserscheinungen herbei , indem
3 der 4 Tiere, denen 0,25 ccm eingeimpft wurden, in weniger als 24 Stunden
starben und 2 der 3 Tiere, denen 0,167 ccm eingespritzt wurden, eben-
falls zugrunde gingen.
Vorbereitete Meerschweinchen (20 Tiere).
Die subdurale Einspritzung von Dosen, die 0,125 ccm (minimale
aktive Dosis), 0,167, 0,25 des Magensaftes eines Magencarcinomkranken
entsprachen, rief bei 14 Meerschweinchen das sofortige Auftreten von
mehr oder minder schweren anaphylaktischen Erscheinungen hervor.
Nach der Einspritzung fallen die einzelnen Tiere um, sie sind ab-
geschlagen, zeigen ein allgemeines Zittern, springen, zeigen allgemeine,
besonders in den Hinterextremitäten lokalisierte tonisch-klonische Krämpfe.
Livierato, Neue Untersuchungen über die „Magensaftanaphylaxie". 293
Die Tiere erholen sich rasch, nach 6 — 8 Minuten, sind aber sehr ab-
geschlagen und bewegen sich nicht, selbst wenn sie gestrichen werden.
Die subdurale Einspritzung desselben Magensaftes übte auch eine
starke toxische Wirkung aus, da die gesamten Tiere 10 — 16 Stunden nach
der Eispritzung starben, mit Ausnahme eines, welches erst nach ungefähr
30 Stunden zugrunde ging.
Die bei 6 Meerschweinchen ausgeführte subdurale Einspritzung von
nicht 0,5 ccm überschreitenden Dosen von normalem Magensaft und von
Magensaft eines Magenulcuskranken rief keine bemerkenswerten Erschei-
nungen hervor.
VI.
Wirkung von altem (4 Monate) Magensaft eines Magen-
carcinomkrauken auf mit wässerigem Mammacarcinom-
extrakt vorbereitete Meerschweinchen.
Ich habe bei 6 Meerschweinchen, die ich in der in Kapitel V an-
gegebenen Weise vorbereitet hatte, die Wirkung untersucht, welche, auf
subduralem Wege eingeführt, ein Magensaft ausübte, der von einem
Magenkrebskranken (Diagnose durch Obduktion bestätigt) herstammte
und, nach 4 Monate langem Verweilen im Brutschrank, vollständig kon-
serviert war.
Versuche.
Die subdurale Einspritzung von bis zu 0,5 ccm zunehmenden Dosen
dieses alten Magensaftes führte keine anaphylaktischen Erscheinungen
herbei.
Aus der Gesamtheit dieser Experimente ergeben sich folgende Tat-
sachen :
l)Daß kün stlicher Magensaft, wenn er, nachdemerrait
Krebsgewebssaft in Berührung gewesen ist und die Ver-
dauung stattgefunden hat, gesunden und mit Mamma-
carcinomextrakt vorbereiteten Tieren subdural einge-
spritzt wurde, bei den einen und bei den anderen toxische
Erscheinungen hervorrief, während er bei letzteren keine
anaphylaktischen Symptome herbeiführte.
2) Daß der Magensaft von Kranken mit extrastoma-
chalem Carcinom (Pankreascarcinora), gesunden und mit
Magensaft desselben Fat. vorbereiteten Tieren subdural
eingespritzt, bei den ersten keine bemerkenswerten Er-
scheinungen hervorrief, bei den zweiten hingegen zwar
eine toxische Wirkung ausübte, aber keine anaphylak-
tischen Erscheinungen hervorrief.
Daß der Magensaft zweier Magencarcinomkranken
auf gesunde und auf in derselben Weise vorbereitete
Tiere nur eine starke Giftwirkung entfaltete.
Daß ebenso der wässerige Mammacarcinomextrakt bei
gesunden und bei in der genannten Weise vorbereiteten
Tieren toxische Erscheinungen verschiedenen Grades
hervorrief, deren Intensität in direktem \'erhältnis mit
der eingespritzten Dosis stand.
3) Daß der Magensaft eines Magencarcinomkranken,
subdural eingespritzt, bei gesunden Tieren und bei mit
294 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Magensaft desselben Kranken vorbereiteten Tieren nur
spät eintretende Vergiftungserscheinungen herbeiführte,
bestehend im Tode der Tiere. Bemerkenswert ist hier die Tat-
sache, daß die Vergiftungserscheinungen bei den gesunden Tieren schwerer
waren, indem alle 6 injizierten Tiere zugrunde gingen, während von den
8 vorbereiteten Tieren nur 3 infolge der Einspritzung starben und die
übrigen 5 überlebten.
Daß der Magensaft eines Magen ulcuskranken und
derjenige eines hinsichtlich des Magens normalen Men-
schens, subdural eingespritzt, sowohl bei gesunden wie
bei vorbereiteten Tieren keine bemerkenswerten Er-
scheinungen hervorriefen.
Daß der wässerige Mammacarcinomextrakt, subdural
eingeimpft, bei gesunden Tieren toxische Erscheinungen
herbeiführte, bei mit Magensaft eines Magenkrebskranken
vorbereiteten Tieren hingegen das Auftreten deutlicher
anaphylaktischer Symptome bewirkte.
4) Daß der wässerige Mammacarcinomextrakt, subdural
eingespritzt, bei gesunden Tieren keine bemerkenswerten
Erscheinungen hervorrief, während er beiTieren, diemit
nach dem Tode entnommenem Magensaft eines Magen-
car cinomkr ank en vorbereitet waren, das Auftreten ty-
pischer anaphylaktischer Erscheinungen hervorrief.
5) Daß der Magensaft eines Magencarcinomkranken,
subdural eingespritzt, bei normalen Meerschweinchen
toxische Spätsymptome und den Tod herbeiführte, bei
mit wässerigem Mammacarcinomextrakt vorbereiteten
Meerschweinchen hingegen das sofortige Auftreten der
Erscheinungen der typischen Anaphylaxie verursacht.
Daß derMagensaft ein e s Magenulcuskranken undder-
jenige eines normalen Menschen, subdural eingespritzt,
sowohl bei normalen wie bei vorbereiteten Tieren keine
bemerkenswerten Erscheinungen herbeiführte.
6) Daß ein alter (4 Monate), von einem Magenkrebs-
kranken stammender Magensaft, subdural eingespritzt,
beimit wässerigem Mammacarcinomextr akt vorbereiteten
Meerschweinchen keine anaphylaktischen Erscheinungen
hervorrief, während er im frischen Zustande solche herbei-
geführt hatte.
* *
*
Die Resultate der Untersuchungen, die ich beschrieben habe, stimmen
einerseits vollständig oder aus Analogie mit denjenigen Untersuchungen
überein, die ich früher ausführte und bereits berichtete, und tragen dazu
bei, zu beweisen, daß die Reaktion, welche sich auf das Auftreten von
anaphylaktischen Erscheinungen bei in passender Weise vorbereiteten
Tieren infolge der Einspritzung von Magensaft Magenkrebskranker stützt,
eine für den Magenkrebs spezifische ist. Andererseits legen die be-
schriebenen Resultate einige Betrachtungen über die gegenwärtige theo-
retische Bedeutung solcher Untersuchungen und über die eventuelle
künftige praktische Bedeutung derselben nahe.
Die Resultate der Untersuchungen, über welche ich im Kapitel V
berichtete, stehen vollständig im Einklang mit denjenigen der ersten
Livierato, Neue Untersuchungen über die „ Magen saftanaphylaxie". 295
Versuche, die ich über die Ma^ensaftanaphylaxie ausführte, indem sie
beweisen, daß der Magensaft der Magenkrebskranken, im Gegensatz zu
demjenigen normaler Menschen und Magenulcuskranker, die Eigenschaft
besitzt, das Auftreten der Anaphylaxie zu bewirken, sie stehen ferner
mit den Resultaten der in Kapitel III beschriebenen Untersuchungen im
Einklang, welche beweisen, daß der wässerige Mammacarcinomextrakt
bei mit Magensaft Magencarcinomkranker vorbereiteten Meerschweinchen
das Auftreten der Anaphylaxie hervorruft. Dies bestätigt andererseits
die von mir bezüglich des Entstehungsmechanismus der von mir be-
schriebenen besonderen anaphylaktischen Reaktion aufgestellte Hypothese»
daß diese Reaktion durch die Wirkung entsteht, welche die biochemischen
Sekretionsprodukte des Neoplasmas und die im Magen entstehenden
Zerfallsprodukte desselben auf Tiere ausüben . die durch ein Gewebe
oder eine ähnliche Substanz organischen Ursprungs (Mammacarcinom)
sensibilisiert, d. h. vorbereitet wurden. Bei den eben erwähnten Unter-
suchungen zeigte sich ferner, daß der Magensaft Magenkrebskranker bei
mit Mammacarcinomextrakt vorbereiteten Tieren stärkere anaphylaktische
Erscheinungen hervorrief, als was im umgekehrten Falle stattfand.
Mit meinen früheren Untersuchungen stehen ebenfalls die in Kapitel IV
beschriebenen Resultate im Einklang, welche beweisen, daß der wässerige
Mammacarcinomextrakt deutliche anaphylaktische Erscheinungen bei
Tieren hervorrief, welche durch post mortem entnommenen Magensaft
Magenkrebskranker vorbereitet waren.
Die in Kapitel II berichteten Beobachtungen stimmen aus Analogie
mit den in meiner zweiten Arbeit berichteten Ergebnissen überein, indem
bei mit Magencarcinomextrakt vorbereiteten Tieren der Magensaft Krebs-
kranker mit extrastomachaler Lokalisierung des Krebses keine anaphy-
laktischen Erscheinungen hervorrief.
Die in Kapitel I beschriebenen Versuche, welche negativ ausfielen,
indem der künstliche Magensaft, nachdem er mit Krebssaft in Berührung
gewesen und Verdauung eingetreten war, bei mit Mammacarcinomextrakt
vorbereiteten Tieren keine anaphylaktischen Erscheinungen hervorrief,
haben meiner Ansicht nach eine große Bedeutung, da sie die Annahme
nahe legen, daß das Auftreten von anaphylaktischen Erscheinungen bei
solchen Versuchen nicht als eine einfache Erscheinung einer einfachen
Verdauung des Gewebes durch den Saft nach der kurzdauernden Be-
rührung im Thermostaten zu betrachten ist, sondern daß es auf andere
viel komplexere und höhere Eigenschaften zurückzuführen ist, welche
dem menschlichen Magensaft durch die spezifischen Sekretionsprodukte
des Carcinoms und durch die Produkte des langsamen Zerfalls der Er-
zeugnisse des Metabolismus des Carcinoms verliehen werden. Einiger-
maßen positive Resultate könnte man vielleicht dadurch erzielen, daß
man die Berührung zwischen dem Magensaft und der Geschwulst (unter
Vermeidung der Fäulnis) länger dauern ließe, oder daß man durch den
künstlichen Magensaft an Stelle eines Mammacarcinoms ein auf operativem
Wege gewonnenes Magencarcinom verdauen ließ.
Aus meinen gegenwärtigen Untersuchungen ergeben sich ferner noch,
ebenso wie aus den früheren, die weiten Grenzen, innerhalb welcher in
den einzelnen Fällen und bei den einzelnen Individuen die minimalen
aktiven Dosen des Magensaftes und des Mammacarcinomextraktes
schwanken, und es ergibt sich die Notwendigkeit, in jedem Einzelfalle
die Wirkungskraft des Versuchsmaterials zu prüfen.
Die Resultate der in Kapitel III beschriebenen Untersuchungen be-
296 Ceatralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale, ßd. 62. Heft 3/4.
weisen, daß, währeud der Magensaft eines Magencarcinorakranken bei
den Tieren, die mit Magensaft desselben Patienten vorbereitet waren,
keinerlei anaphylaktische Erscheinungen herbeiführte, derselbe Magensaft
sowohl bei den gesunden wie bei den vorbereiteten Tieren toxische Er-
scheinungen hervorrief, welche mit dem Tode endeten, und welche bei den
normalen stärker als bei den vorbereiteten Tieren waren, was vielleicht
als die Folge eines gewissen Grades von Immunisierung gedeutet werden
könnte, welche der Magensaft bei den vorbereiteten Tieren erzeugt hat.
Die Resultate der in Kapitel VI berichteten Untersuchungen zeigen,
daß alter (4 Monate) Magensaft Magenkrebskranker, welcher sich im
frischen Zustande in anaphylaktischer Beziehung deutlich aktiv erwiesen
hatte, bei in derselben Weise mit wässerigem Mammacarcinomextrakt
vorbereiteten Meerschweinchen keine anaphylaktischen Erscheinungen
hervorrief. Diese Tatsache ist interessant, weil sie zu beweisen scheint,
daß der Magensaft, wenn er veraltet, jenes besondere Vermögen verliert,
die Anaphylaxie zu erzeugen.
Vorläufig fehlt es mir an Daten über kürzere Zeiträume. Wie dem
auch sei, es ist sicher, daß dieser Magensaft, welcher frisch in der
minimalen Dosis von 1,166 ccm deutliche anaphylaktische Erscheinungen
hervorgerufen hatte, nach 4 Monaten sich selbst in der Dosis von
0,5 ccm ganz inaktiv erwies.
Es wird infolgedessen vielleicht interessant sein, zu ermitteln, welches
durchschnittlich die maximale Dauer der Aktivität eines Magensaftes in
anaphylaktischer Beziehung ist.
Die Resultate weiterer Untersuchungen über die Magensaftanaphylaxie,
welche ich teils ausgeführt habe und teils ausführen werde, werde ich
seinerzeit berichten.
Literatur.
Livierato Spiro, La anafilassia da succo gastrico. (Rif. med. 1910. No. 23 e Cen-
tralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 55. 1910. Heft 6.)
, Ulteriori ricerche sulla anafilassia da succo gastrico. (Rif. med. 1910. No. -41 e
Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 57. 1911. Heft 5.)
Nachdruck verboten.
Weitere Versuche über Aggressinimmuiiisieruiig gegen
ßausclibraiid ').
Von Dr. Otto Schöbl, Philadelphia. Pa., U. S. A.
In einer Mitteilung, die im Centralbl. f. Bakteriol., Abt. I, Bd. 56,
H. 3|4 erschien, wurden Versuche veröffentlicht, welche folgende Resultate
ergaben :
1) Es gelingt, Meerschweinchen mit natürlichen Aggressinen gegen
künstliche Rauschbrandinfektion zu immunisieren.
2) Mit Aggressin immunisierte Meerschweine beherbergen unter Um-
ständen noch längere Zeit nach der Infektion auf der Impfstelle virulente
Rauschbrandbacillen.
1) Diese Arbeit wurde in den biologischen Laboratorien der H. K. Mulford Co.
ausgeführt, und es ist meine angenehme Pflicht, dem Herrn Direktor Dr. A. P. Hitchens
meinen besten Dank für sein freundliches Entgegenkommen auch an dieser Steile aus-
zusprechen.
Schöbl, Weitere Versuche über Aggreesiniramunisierung gegen Rauschbrand. 297
3) Solche Tiere sterben nicht an der Infektion, sondern sie gehen
an typischer Rauschbrandvergiftung zu einer Zeit ein, wo die anti-
infektiöse Immunität noch besteht.
In folgender Arbeit soll über weitere Versuche berichtet werden,
die teilweise an Meerschweinchen, teilweise an Rindern durchgeführt
wurden, um über die Natur der antiinfektiösen Rauschbrandimmunität
und den praktischen Wert der Aggressinimpfung Aufklärung zu erreichen.
Die Meerschweinchenversuche eignen sich besonders gut für die
theoretische Lösung der Frage der Rauschbrand-Infektion und -Immunität,
weil Meerschweinchen für Rauschbrand gleichmälJig empfänglich sind
und die Verschiedenheit der Infektion und Vergiftung bei ihnen in
höchst auffallender Weise hervortritt. Diese Tatsache wurde schon von
Kitt beobachtet und von Grassberger und Schatten fr oh hervor-
gehoben, welche letztgenannte Autoren darauf aufmerksam gemacht
haben, daß die antitoxische, sowohl aktive wie passive, von der anti-
infektiösen Immunität unabhängig ist, und sie kommen auf Grund ihrer
zahlreichen Versuche zu dem Schlüsse, „daß ein erworbener, aller Voraus-
sicht nach nicht unbeträchtlicher Giftschutz gegen den natürlichen Rausch-
brand keine ausreichende Immunität gewährt und auch die giftgefestigten
Meerschweinchen nicht im geringsten gegenüber einer nochmaligen
Rauschbrandinfektion gefeit seien". Und weiter, „daß es zu einer aller-
dings in der Regel örtlich beschränkten Entwickelung der Keime im
Impfling kommen muß, damit der Immuuisierungsetfekt zustande kommt".
Da nun Bail in den Aggressinen ein Mittel gefunden hat, das die Ent-
wickelung und Vermehrung der Bakterien auch künstlich zu befördern er-
möglicht, und es ihm auch gelungen ist, mit denselben eine Immunität zu
erzeugen, die gegen die Vermehrungskraft der virulenten Bakterien gerichtet
ist, und dieselbe aufhebt, so lag der Grund nahe, in der Aggressinimpfung
eine Methode der Bekämpfung der Rauschbrandinfektion zu suchen.
Die künstliche Rauschbrandinfektion.
Es erscheint von gewisser Wichtigkeit, die Verhältnisse der künst-
lichen Rauschbrandinfektion eingehend zu besprechen, weil verschiedene
Rauschbrandstämme große Schwankungen und Verschiedenheiten bezüg-
lich ihrer Virulenz und toxinbildenden Eigenschaft aufweisen. Darum
dürfte folgende Beschreibung, die sich auf unseren Rauschbrandstamm
bezieht, in vieler Beziehung zur Erklärung mancher Angaben in dieser
Arbeit beitragen.
Schon bei den ersten Versuchen über Aggressinimmunisierung war
es auffallend, daß Meerschweinchen, die eine Rauschbrandinfektion über-
lebt hatten, keine erhebliche Immunität zeigten. Diese Tatsache wurde
seitdem oft beobachtet, und sie ist auch aus unseren Versuchen ersichtlich.
Es ist nicht schwer, eine Erklärung dafür zu finden, wenn man die
Mannigfaltigkeit der Rauschbrandinfektion ins Auge faßt. Injiziert man
nämlich Meerschweinchen subkutan mit virulentem Rauschbrand, so gehen
die Tiere in der Regel an akuter Rauschbrandinfektion ein und sterben
in wenigen Stunden. Handelte es sich um sporenhaltiges Material, so
dauert es 1 — 2 Tage, ehe sich die ersten Symptome zeigen. Dann aber
geht das Tier rasch zugrunde. An der Infektionsstelle findet man
hämorrhagisches Oedem, welches sich weit über die Grenze der Infektion
verbreitet. Die im Unterhautgewebe enthaltene Flüssigkeit enthält reich-
lich Rauschbrandbacillen, aber keine Leukocyten. Auch in der Bauch-
höhle findet man häufig leukocytenarmes Exsudat, welches zahlreiche
Rauschbrandbacillen beherbergt.
298 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
In anderen Fällen folgt der Infektion ein örtlicher, rauschbrandiger
Prozeß. Das Infiltrat, welches auch hier, wie bei der akuten Infektion,
aus hämorrhagischem Oedem besteht, ist ziemlich scharf abgegrenzt,
zeigt bald nekrotische Veränderungen der Haut und entleert sich in ein
paar Tagen nach außen. Es entsteht ein Geschwür, welches unter Narben-
bildung heilt; die Tiere überleben. Weil aber das gesamte Infektions-
material sich nach außen entleert hat, ist die Möglichkeit von dessen
Resorption und folglich eine Immunität in der Regel ausgeschlossen.
Nicht nur die Bakterien, sondern auch alle als Antigen wirkenden Pro-
dukte und Bestandteile der Bakterien werden dadurch dem Tierkörper
entzogen, nur um den Stall mit Rauschbrand zu verseuchen. Dadurch
erklärt sich auch die Beobachtung, daß Meerschweinchen unter solchen
Umständen nur ausnahmsweise an chronischer Vergiftung eingehen.
Ein ganz anderes Bild stellte die Infektion dar, wenn Meerschweinchen
mit abgeschwächtem Rauschbrandmateriale oder Kultur infiziert wurden.
Das Infiltrat, welches sich an der Impfstelle entwickelt, reicht kaum
über die Grenze der ursprünglichen Einspritzung und vereitert in kurzer
Zeit. Die mikroskopische Untersuchung des Eiters zeigt viele Leuko-
cyten, ziemlich viele Rauschbrandbacillen, die dem Kulturtypus ähneln,
und erhebliche Phagocytose, ein Umstand, der bei der akuten Rausch-
brandinfektion nie zur Beobachtung kommt.
So ein vereitertes Infiltrat kann auch lange bestehen, und die Meer-
schweinchen sterben endlich an chronischer Vergiftung, welche sich durch
Abmagerung, Paralyse, Haarausfall etc. äußert.
Bei Rindern sind die Verhältnisse gewissermaßen anders. Wie aus
dem Protokoll ersichtlich, starben die Kontrollkälber binnen 24 bis
48 Stunden an akuter Infektion. Chronische, durch Rauschbrandbacillen
verursachte Abszesse, welche dem dritten Typus der künstlichen Rausch-
brandinfektion bei Meerschweinchen entsprechen, wurden auch beobachtet,
und zwar bei aggressinimmunisierten Kälbern und solchen, die mit ab-
geschwächtem Materiale injiziert waren. Nur sterben die Kälber, welche
ein chronisches Rauschbrandinfiltrat aufweisen, nicht an Vergiftung, wie
es bei den Meerschweinchen unter denselben Bedingungen der Fall ist,
und zwar höchst wahrscheinlich darum, weil die Rinder viel leichter als
die Meerschweinchen gegen das Rauschbrandgift immunisierbar sind.
Das Rauschbran daggressin.
Zur Gewinnung des Rauschbrandaggressins eignen sich ältere Meer-
schweinchen besser als junge Tiere, denn erstens sind die ersteren
empfänglicher für Rauschbrand als junge Tiere, und dann liefern sie
auch mehr Aggressin. Es gelingt, ohne Schwierigkeiten, einige Kubik-
zentimeter Oedemflüssigkeit zu gewinnen, nur muß man das Exsudat so-
bald als möglich nach dem Tode steril entnehmen. Ist das infizierte
Tier schwer krank und zeigt es auf der Impfstelle eine große, mit
hämorrhagischer Flüssigkeit gefüllte Blase, so kann diese mit einem
kleinen Troikart entnommen werden. Wenn man die Nadel des Troikarts
in die noch gesunde Haut einsticht und subkutan in die Blase einführt,
kann man durch leichte Massage fast die ganze Oedemflüssigkeit ent-
nehmen, ehe die Blase platzt. Die Einstichstelle wird mit Jodoform-
Kollodium verklebt, und die Blase füllt sich eventuell in ein paar Stunden
von neuem, so daß die Prozedur in günstigen Fällen wiederholt werden
kann. Es empfiehlt sich, das Exsudat sofort nach der Entnahme durch
feuchtes Filtrierpapier zu filtrieren, um das Fett zu entfernen, das auf
der Oberfläche der Oedemflüssigkeit schwimmt und die Bakterien fest-
Schöbl, Weitere Versuche über Aggressininimunisierung gegen Rauschbrand. 299
hält. Nach tüchtigem Zentrifugieren wird die klare, dunkelrote Flüssig-
keit abgegossen, mit Toluol geschüttelt und auf ihre Sterilität geprüft.
Der sicherste und schnellste Weg ist der Tierversuch, denn es kommt
häutig vor, daß sich das Rauschbrandaggressin im anaerobischen Kultur-
verfahren steril erweist und daß trotzdem das Meerschweinchen stirbt,
welches mit 0,5 ccm Aggressin injiziert wurde, an Rauschbrand.
Ich habe mich bemüht, durch peritoneale Infektion größere Mengen
von Aggressin zu gewinnen. Es ist jedoch nicht gelungen, die Meer-
schweinchen mit einer Kultur intraperitoneal zu infizieren. Bald nach
der Einspritzung der Rauschbrandkultur zeigt die mikroskopische Unter-
suchung der Bauchhöhle starke Phagocytose, und in kurzer Zeit ver-
schwinden die Bakterien vollständig. Injiziert man aber mit Bouillon
verdünnten Rauschbrandsaft, so kommt keine oder nur spärliche Phago-
cytose zur Beobachtung und das Tier stirbt in wenigen Stunden (12 — 24).
In der Bauchhöhle sowohl wie in den Pleuralhöhlen findet sich seröse
Flüssigkeit mit wenigen Leukocyten und vielen Rauschbrandbacillen.
Doch habe ich den Eindruck gehabt, daß das Peritonealaggressin bei
Rauschbrand nicht so gute immunisatorische Erfolge zeigt wie das Kutan-
aggressin.
Die aggressive Eigenschaft des sterilen Rauschbrandsaftes ist zweifel-
los aus dem Versuche in meiner ersten Mitteilung ersichtlich. Daß der
Rauschbrandsaft auch eine infektionsbefördernde Eigenschaft besitzt,
wird dadurch bewiesen, daß die Einverleibung solcher Oedemflüssigkeit,
welche nur vereinzelte Rauschbrandbacillen enthält, also eine so kleine
Menge, die weder mikroskopisch noch kulturell nachweisbar ist, doch
eine Infektion veranlassen kann.
Dann ist auch die Oedemflüssigkeit imstande, die Leukocyten in der
Bauchhöhle fernzuhalten und die Phagocytose so weit zu verhindern,
daß sich die Rauschbrandbacillen vermehren und eine Infektion veran-
lassen können.
Es handelt sich nun beim Rauschbrand um einen Toxinbildner und
die Oedemflüssigkeit kann unter Umständen auch Gift enthalten. Für
die praktische Anwendung der Aggressinimpfung hat dieser Umstand
kaum eine Bedeutung, denn die Rinder sind gegen Rauschbrandgift leicht
immunisierbar, und unsere Aggressinproben, die von verschiedenen Tieren
stammten, haben bei Kälbern nicht einmal eine lokale Reaktion verursacht,
trotzdem sie bei Meerschweinchen chronische Vergiftung hervorriefen.
Für das Studium der Frage, ob das Aggressin mit Toxin identisch
ist, eignet sich der RauschbrandlDacillus besonders gut. Denn es wurde
von Grassberger und Schatten froh zweifellos bewiesen, daß be-
stimmte Rauschbrandstämme in vitro starkes Toxin bilden und daß die
mit Toxin immunisierten Tiere sich nicht nur giftfest erweisen, sondern
auch noch antitoxisches Serum liefern. Aus meinen Versuchen ^) geht
hervor, daß es Oedemflüssigkeiten gibt, die kaum als toxisch betrachtet
werden können, denn die Tiere vertragen weit größere Mengen solchen
Aggressins, als die zur Immunisation nötige Dosis. Und doch fördert
dieser Rauschbrandsaft die Infektion, vermindert die Phagocytose sowohl
in vitro als auch im Tierkörper, wirkt als Antigen und ruft eine anti-
infektiöse Immunität hervor. Mit diesen Feststellungen wurde den
Erfordernissen der Aggressintheorie genug getan, und gefunden, daß
auch bei Rauschbrand ein Aggressin vorkommt, welches biologisch
vom Toxin verschieden ist.
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. 1. Orig. Bd. 56. H. 3/4.
300
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
Versuche an Meerschweinchen.
Tabelle I.
Immunisierung mit Peritonealaggressin.
Meer- Menge des
schweinchen Peritoneal-
No. aggressins
40
41
42
43
Kontrolle
1,0 ccm
1,0 „
0,5 ,.
0,25 „
Infiziert
subkutan mit
E.auschfleisch
20 rag
+
dgl.
+
))
+
»»
+
-f 1 akute Rausch-
I -f j brand-Infektion
Dieser Versuch bestätigt die bei Besprechung des Rauschbrand-
aggressins erwähnte Beobachtung, daß es gelingt, auch mit peritonealem
Aggressin Meerschweinchen zu immunisieren.
TabeUe II.
Intraperitoneale Immunisierung mit Kutanaggressin.
Meer-
schweinchen
No.
Menge des
Agress. intra-
peritoneal
Infiziert
subkutan mit
Menge
Lebt
Stirbt
Anmerkung
44
45
46
47
48
Kontrolle
0,5—1,0 ccm
dgl.
Rauschfleisch
20 mg
dgl.
+
+
+
+
+
+
+
2 Wochen gifttot
4 Tagen) i^f^ktion
Dieser Versuch wurde zu folgendem Zwecke angestellt. Es blieb
noch immer der Einwand, daß dem Aggressin vereinzelte Rauschbrand-
bacillen beigemischt seien, die nach der Einspritzung sich im Körper
vermehren und eine Immunität zufolge haben. Man kann sich jedoch
leicht davon überzeugen, daß die peritoneale Infektion bei Rauschbrand
nur dann gelingt, wenn irgendein Mittel mitinjiziert wird, welches die
Leukocyten fernhält. Damit ist den Rauschbrandbacillen Gelegenheit
gegeben, sich zu vermehren und sich selbst gegen die Abwehrkräfte
des Körpers zu schützen. Dann geht aber die Vermehrung so rasch
vor sich, daß in kurzer Zeit viele Bacillen in der Peritonealhöhle mikro-
skopisch nachweisbar sind und das Tier binnen 24 Stunden eingeht.
Sind aber solche Bedingungen in der Bauchhöhle nicht gegeben, ist
auch den Rauschbrandbacillen keine Zeit gegönnt, sich dieselben mittels
ihrer Angriffsstoffe günstig einzurichten, so werden sie in sehr
kurzer Zeit durch Phagocytose vollständig vernichtet und das Tier bleibt
am Leben. Es ist nun kaum denkbar, daß das kurze Verweilen von
vereinzelten Bakterien im Tierkörper eine Immunität zur Folge hat.
Unsere Meerschweinchen wurden also intraperitoneal mit Aggressin
injiziert und ihre Bauchhöhle wurde wiederholt mikroskopisch unter-
sucht. Alle Entnahmen erwiesen sich steril, denn die Ausstriche zeigten
nur Leukocyten, aber keine Bacillen.
Die Immunität wurde folglich durch Resorption des Aggressins
erreicht (s. Tab. p. 301).
Aus diesen Versuchen ist der Nachteil ersichtlich, der allen Im-
munisierungsmethoden anhaftet, wo es sich um Impfung mit abge-
schwächten lebenden Bakterien handelt. Entweder sind die Bakterien
Schob 1, Weitere Versuche über Aggressinimmunieierung gegen Rauschbrand. 301
Tabelle III.
Immunisierung mit Lyoner Vaccin.
Meer-
schweinchen
No.
Menge des
Lyoner Vaccin
Infiziert
subkutan mit
Menge
Lebt
Stirbt
Anmerkung
49
50
51
52
Kontrolle
•>
))
10 mg
10 „
20 „
20 „
3,0 ccm Aggress.
Rauschsaft
3 Tropfen
dg.
+
+
+
+
+
+
+
24 Std.l
18 „ Infek-
24 „ tion
18 „
18 Std.l Infek-
18 „ 1 tion
Tabelle IV.
Immunisierung mit Lyoner V
accin.
Meer-
schweinchen
No.
Menge des
Lyoner Vaccin
Resultat
Infiziert
subkutan mit
Menge
■u
-O
u
'■S
Anmerkung
53
20 mg
stirbt in 3 Tagen
Rauschfl.
20 mg
+
Rauschbrand
54
dgl.
geschwollen
»
dgl.
+
3 Tage
55
»
» 1 >)
))
+
2 „
56
>)
» »
))
+
3 „
57
i>
>i
+
2 „
Kontrolle
2,0 ccm Immun-
serum
»
)i
+
14 Tagen
gifttot
»
—
—
»
„
+
2 Tage
»>
—
—
„
'»
+
2 „
nicht genügend oder zu sehr abgeschwächt und die Impfung hat im
ersten Falle Impfverluste zur Folge, im zweiten Falle versagt die Im-
munisierung. Es liegt auf der Hand, daß es kaum möglich ist, die
Dosierung solchen Impfstoffes in irgendeiner Weise zu regulieren, denn
wie es bei der Lyoner Methode der Fall ist, wird mit abgeschwächtem
Rauschbrandfleische geimpft, wo sich infolgedessen weder die Zahl noch
die Virulenz der Bakterien regulieren läßt.
Ferner ist der Rauschbrandbacillus ein Sporenbildner, ein Umstand,
der die Verhältnisse noch mehr kompliziert.
Zahlreiche Versuche wurden angestellt, um Meerschweinchen mit
abgeschwächten Kulturen bzw. Kulturfiltraten zu immunisieren, aber die
Erfolge waren dieselben wie bei der Ljoner Methode. Eine Anzahl von
Versuchstieren starben an akuter Infektion, andere an chronischer Ver-
giftung und die übrig gebliebenen Tiere wurden keineswegs bei der
folgenden Infektion mit Rauschbrandsaft immun gefunden.
Versuche an Kälbern.
In folgendem soll über etliche Versuche an Kälbern berichtet werden.
Im ganzen wurden samt Kontrollen 7 Kälber verbraucht. Die Tiere
waren gesunde, einjährige Kälber, die aus den östlichen Staaten Nord-
amerikas stammten. Die Immunisierung der Rinder mit Rauschbrand-
aggressin wurde durch subkutane bzw. intravenöse Injektion bewirkt,
während die Infektion durch intramuskuläre Injektion des trockenen,
virulenten Rauschbrandfleisches stattfand. Nach jeder Injektion sowohl
des Impfstoffes wie auch des Infektionsmaterials wurde die Impfstelle
sorgfältig untersucht. Zeigte sich irgendeine Lokalveränderung, so wurde
dieselbe entweder intra vitam oder post mortem untersucht, und wurde
dabei besonders darauf geachtet, ob sich in den erwähnten Veränderungen
lebende Rauschbrandbacillen vorfanden. Außer der mikroskopischen Unter-
302
Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
suchung und Kulturanlage wurde das Material auf erwachsene Meer-
schweinchen verimpft. Soweit wir uns an unserem beschränkten Materiale
überzeugen konnten, ruft die Injektion des Aggressins bei Kälbern keine
nennenswerte Reaktion hervor, vorausgesetzt, daß es sich um steriles
Rinderaggressin handelt. Es wurden allmählich während der Immuni-
sation bis 80 ccm Aggressin subkutan und 10 ccm intravenös injiziert,
ohne irgendeine allgemeine oder lokale Reaktion zu bekommen.
Es muß allerdings betont werden, daß wir nur mit einem einzigen
Stamme arbeiteten, der, wie wir uns überzeugten, nur sehr schwaches
Toxin bildete.
Tabelle V.
Versuche an Kälbern.
Kalb
No.
Menge des
Aggressins subkutan
Infiziert intramuskulär
mitRauschfleisch nach
Lebt
Stirbt
Anmerkung
4
5
Kontrolle
5,0 ccm
Aggr. No. 4
5,0—10,0 ccm
Aggr. No. 5
10 Wochen
gleichzeitig
+ akute Rausch-
brandinfektion
Zu diesem Versuche muß folgendes bemerkt werden: Das Aggressin
No. 4 war eine 4 Monate im Eisschrank mit Toluol aufbewahrte Oedem-
flüssigkeit, die von einem Rinde stammte. Ein Kalb wurde mit Rausch-
brandfleisch infiziert und lieferte über 3 1 Oedemflüssigkeit. Dieselbe wurde
sofort klar zentrifugiert und in der oben erwähnten Weise aufbewahrt.
Unmittelbar vor der Anwendung wurde das Aggressin durch Berkefeld-
Filter filtriert und mittels Kulturanlegen und Tierexperiment steril gefunden.
Das Aggressin No. 5 wurde sofort nach der Entnahme filtriert. Wie
aus der Tabelle ersichtlich, starb das Kontrolltier in 48 Stunden an
typischer Rauschbrandinfektion, während die immunisierten Kälber No. 4
und No. 5 überlebten.
10 Tage nach der Infektion wurden die Tiere geschlachtet und die
Infektionsstelle anatomisch und bakteriologisch untersucht. Zwischen
den Hüftmuskeln fand man einen ziemlich großen Abszeß. Mikroskopisch
und kulturell konnten Rauschbrandbacillen nachgewiesen werden. Meer-
schweinchen, an welche der Eiter verimpft wurde, starben an typischer,
akuter Rauschbrandinfeklion.
Versuche mit Rauschbrandserum.
Es wurde Rinder- und Meerschweinchenserum zu den Versuchen
verwendet.
Die Tiere wurden in der Weise immunisiert, daß ihnen steigende
Mengen des homologen Rauschbrandaggressins in 7-tägigen Intervallen
subkutan injiziert wurden. Die Tiere wurden 10 Tage nach der letzten
Aggressininjektion verblutet und das Serum auf seine Schutzkraft an
Meerschweinchen geprüft (s. Tab. p. 303).
Aus allen diesen Versuchen geht hervor, daß die Verhältnisse' bei
der passiven Rauschbrandimmunität dieselben sind wie beim aktiven
Immunzustande.
Das Serum schützt die Tiere in der Weise, daß die Vermehrung
der Rauschbrandbacillen aufgehoben oder vermindert wird. Die mikro-
skopische Untersuchung der Infektionsstelle hat gezeigt, daß die Rausch-
brandbacillen sich eventuell lokal vermehren können, sich aber bald in
Schöbl, Weitere Versuche über Aggressinimmunisierung gegen Rauschbrand. 303
Tabelle VI. Aderlaß A.
Prüfung des fmmunserums.
Meer-
schweinchen
Menge des
Serums intra-
peritoneal
Infiziert mit
Rauschbrandsaft
Lebt
Stirbt
Anmerkung
• No.
nach
Menge
58
59
60
Kontrolle
!}
)>
1,0 com
dgl.
24 Stunden
dgl.
))
2 Tropfen
1
■I' ::
1
+
+
+
+
+
+
48 Stunden akute In-
fektion
5 Tagen gifttot
12 Stunden 1 ^^^^^
.Q " 1 Infektion
Tabelle VII. Aderlaß B.
Prüfung des Immunserums.
Meer-
Menge des
Infiziert subkutan
schweinchen
Serums intra-
mit Rauschbrandsaft
Lebt
Stirbt
Anmerkung
No.
peritoneal
Menge
nach
61
1,0 ccm
10 Tropfen
24 Stunden
+
62
dgl.
5
dgl.
+
63
2
+
64
1
+
65
l'ö :;
+
Kontrolle
+
32 Stunden \
32 „ akute
5
+
2
+
48 „ Infektion
60 „
!>
1
+
>'
Vs .,
+
Tabelle VIII.
Haltbarkeit des Immunserums.
Meer-
schweinchen
Menge
des Serums
intra-
peritoneal
V2 Stunde
auf 56" C
erhitzt
Frisch
Infiziert mit
Rauschbrandsaft
Lebt
Stirbt
An-
merkung
No.
Menge
nach
66
67
68
69
Kontrolle
«)
1,0 ccm
dgl.
»
•>
+
+
-
+
+
1 Tropfen
;'' ::
V5 .,
24 Stunden
dgl.
•>
u
>'
))
+
+
+
+
+
+
36 Stunden
16 „
48 „
12 „
12 „
den Kultlirtypus umwandeln und das Tier (Meerschweinchen) an Ver-
giftung stirbt.
Weiter wurde beobachtet, daß der Titer des Serums während der
Behandlung des Tieres mit Rauschbrandaggressin steigt, und zwar sowohl
was den Schutzwert im Tierversuch, als auch den Titer im Reagensglas-
versuche anbelangt. Inaktivierung durch Erhitzung scheint den Schutz-
wert des Rauschbrandserums herabzusetzen.
Zusammenfassung.
1) Es werden weitere Meerschweinchenversuche über Aggressin-
immunisierung gegen Rauschbrand mitgeteilt.
2) Auch bei Rindern ist die Aggressinimmunisierung erfolgreich
gelungen.
304
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 3/4.
3) Die interessante und epidemiologisch wichtige Beobachtung, welche
bei immunisierten Meerschweinchen gemacht wurde, nämlich die Tat-
sache, daß virulente Rauschbrandbacillen sich im Körper der Immuntiere
lange Zeit aufhalten können, ohne ihre Virulenz für normale Tiere ver-
loren zu haben, wurde auch bei Rindern bestätigt.
4) Das Serum der Aggressinimmuntiere ist imstande, normale Tiere
gegen Infektion zu schützen.
5) Die Natur der übertragenen Immunität ist im großen ganzen
dieselbe wie die bei der aktiven Immunität. Dieselbe ist nämlich gegen
die Infektion gerichtet.
Für praktische Zwecke kann man aus unseren Versuchen folgende
Schlüsse ziehen:
1) Die Aggressinimmunisierung eignet sich ihrer Harmlosigkeit wegen
für praktische Schutzimpfung, denn es handelt sich bei dieser Methode
um einen bakterienfreien, ungiftigen Impfstoff.
2) Folglich sind alle Impfverluste und jede Verseuchung durch Ba-
cillenträger ausgeschlossen ; beides Umstände, die bei jeder Methode, wo
lebende Bakterien zur Immunisation benützt werden, immer als drohende
Gefahr in Betracht kommen.
Berichtigung
zu dem Aufsatz : „Notiz zur Aetiologie der Psoriasis vulgaris"
von S. V. Prowazek.
Die Figur 1 in der Arbeit von S. v. Prowazek, Zur
Aetiologie der Psoriasis vulgaris (Centralbl. f. Bakt. Abt. I.
Orig. Bd. 62. Heft 1/2 gehört zu einer anderen Arbeit:
„Studien zur Lehre vom Geschlechtsdimorphismus der Try-
panosomen" und ist infolge eines V^ersehens an einer falschen
Stelle abgedruckt worden. Die richtige Abbildung folgt anbei:
Fig. 1. Spirochäten aus dem Psoriasisausstrich ; kombiniert
aus vielen Gesichtsfeldern, a Periplastandeutung , b Oesen-
bildung, c Periplastanhänge. Okul. 12, homog. 1mm. 2 mm.
Zeichenapparat.
Inliait.
Bandi, Ivo, Italienische Austernzüchtung
und Darmkrankheiten, p. 212.
Bergman , Arvid M.. Eine ansteckende
Augenkrankheit, Keratoraalacie , bei
Dorschen an der Südküste Schwedens,
p. 200.
Debono, P., On some anaerobical bacteria
ot the normal human intestme, p. 229.
Distaso, A. , Sur la putr^faction de la
paroi intestinale de l'homme, p. 219.
Jacquö, Löou et Masay, Fernand, Le
Streptobacterium foetidura,
agent pathogfene nouveau de l'homme,
p. 180.
Karwacki, Leon, üeber die Morphologie
der Spirochaeta Obermeieri, kul-
tiviert im Blutegel, p. 250.
Klinger, Bi., Ueber einen neuen patho-
genen Anaeroben aus menschlichem
Eiter (Coccobacterium mucosum
anaerobicum n. sp.), p. 186.
Elingfer, B., Untersuchungen über mensch-
liche Aktinomykose, p. 191.
Eodama, H. , Ueber Kapselbildung der
Alilzbrandbacillen bei der Züchtung auf
Schrägagar, p. 177.
Livierato, Spiro, Neue Untersuchungen
über die „Magen^aftanaphylaxie", p. 287.
Nagy, S., Ueber das Sklerom, p. 2.35.
V. Prowazek, S., Studien zur Lehre vom
Geschlechtsdimorphismus der Trypano-
somen, p. 269.
Schöbl, Otto, Weitere Versuche über
Aggressinimmunisierung gegen Rausch-
brand, p. 296.
Takimoff, W. L., StolnikoflF, W. J. et
Kohl-TakimofT, Nina, Un h^mopara-
site nouveau des chauves-souris, p. 283.
Frommannsche Bachdruckerei (Hermann Fohle) in Jena.
.fJaktetc. I.Abi Originale. Bd. 62. Hefts.
Ausgegeben am 2. März 1912.
Ifachdruck verboten.
üntersuchungeii über den Fr aenke Ischen Pneumo-
coccusO.
[Aus dem Istituto per lo studio delle malattie infettive
(Vorstand: Prof. E. Maragliano,
Abteilungsvorsteher: Prof. A. Bruschettini).]
Von Dozent A. Braschettini und Dr. F. Morelli.
Es kommt Foä und seinen Schülern das Verdienst zu, die Möglich-
keit einer Antipneumokokkenvaccinierung und Antipneumokokkenserum-
therapie bei experimentellen Tierinfektionen zuerst nachgewiesen zu haben.
Foä und seine Schüler Bordoni-Uffreduzzi, Bonome, Carbone
und Scabia haben zur Vaccinierung von Kaninchen verschiedenes
Material, d. h. kleine Mengen lebender Kulturen mit steigender Aktivität,
die löslichen Produkte von Bouillonkulturen, die entsprechenden Prä-
zipitate, und schließlich Extrakte aus Organen von durch Pneumokokken-
infektion zum Tode geführten Kaninchen angewendet.
Auch andere Autoren, wie Pane, Mosny, Emmerich, Ack-
harow, Belfanti, Neisser, Centanni, haben sich mit Unter-
suchungen über die Antipneumokokkenvaccinierung und -serumtherapie
beschäftigt.
Die Resultate der verschiedenen Autoren stimmen nicht miteinander
überein, so daß die Frage nach der Antipneumokokkenvaccinierung und
-serumtherapie bei weitem noch nicht als endgültig gelöst betrachtet
werden kann.
In Italien wurden in letzter Zeit Untersuchungen auf diesem Gebiete
von Tizzoni, Panichi und Porrini ausgeführt.
Eine der größten Schwierigkeiten, auf welche man bei dem Versuch,
ein Tier gegen den Fr aenkel sehen Diplococcus zu immunisieren,
stößt, besteht in der Unmöglichkeit, das spezifische Toxin von den Kultur-
substraten oder von den Organen, die man zur Immunisierung benutzt,
d. h. von den in diesen enthaltenen Neben giftstoffen zu trennen, so daß
sich im Organismus des zu immunisierenden Tieres eine derartige Menge
von Giftstoffen ansammelt, daß das Tier einem fortschreitenden Siechtum
anheimfällt und oft sogar zugrunde geht, bevor man eine spezifische
antitoxische Reaktion erzielen konnte.
Foä und Centanni haben nachgewiesen, daß, wenn man Tieren
mit kurzen Zeitabständen aufeinanderfolgende vaccinierende Einspritzungen
macht, die Tiere einer Toxikämie erliegen, indem jede neue Einspritzung
eine Verminderung des durch die vorigen Einspritzungen herbeigeführten
immunisierenden Vermögens zur Folge hat.
Wir haben experimentelle Untersuchungen über die immunisierende
Wirkung ausgeführt, welche gegen die Infektion mit Fraenke Ischen
Diplokokken die Einspritzung von Lungenextrakten pneumokokken-
septikämiekranker Kaninchen bei Tieren ausübt, welche einer besonderen
im folgenden zu beschreibenden Behandlung unterzogen wurden.
1) Ins Deutsche übertragen von Dr. med. K. Rü hl -Turin.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 5. 20
306 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Die beim Kaninchen erhaltenen Resultate sind derart, daß es sieb
lohnt, sie zu berichten.
Unsere Methode besteht darin, daß dem Kaninchen, welches das
immunisierende Material liefern soll, entweder vor oder zu gleicher Zeit
mit dem Pneumococcus eine Substanz eingespritzt wird, welche im-
stande ist, eine intensive Leukocytose hervorzurufen.
Durch wiederholte Tierpassagen (Kaninchen) konnten wir einen der-
artig virulenten Fraenk eischen Pneumococcus erhalten, daß
Vioooooooo ccm des septischen Blutes imstande war, ein erwachsenes, 2 kg
schweres Kaninchen in weniger als 24 Stunden unter dem Bilde einer
schweren Septikämie zu töten.
Um eine starke Leukocytose bei den Kaninchen herbeizuführen, be-
nutzten wir das Mellin's food, welches besser als jede andere leuko-
cytophile Substanz zu diesem Zwecke dient.
Die Versuche wurden bei zwei Reihen von Tieren ausgeführt. Bei
der einen wurden 2 ccm einer gesättigten Mellin's food -Emulsion
intratracheal eingespritzt und nach einiger Zeit (5 — 10 Stunden) eine Ver-
dünnung einer Reinkultur des auf erwähntem Wege virulent gemachten
Pneumococcus intravenös eingespritzt.
Bei der anderen Reihe von Tieren geschahen beide Einspritzungen
in die Trachea, und zwar zu gleicher Zeit.
Die Tiere starben 20 — 24 Stunden nach der Inokulation.
Unter Befolgung der Maßregeln der strengsten Asepsis und Anti-
sepsis wurde die Pleurahöhle eröffnet, die Lungen herausgenommen und in
einem sterilen Mörser zusammen mit gewöhnlichem oder Glassand zerrieben.
Die Lungen der Tiere, denen zuerst das Mellin's food in die
Trachea und dann die Pneumokokken in die Randvene des Ohres ein-
geimpft wurden, zeigten stets eine heftigere entzündliche Reaktion als
die Lungen der Kaninchen, denen beide Einspritzungen zu gleicher Zeit
in die Trachea gemacht wurden oder denen der Pneumococcus direkt
in das Lungenparenchym eingeimpft wurde.
Bei den ersteren beobachtete man eine sehr starke Leukocytose und
eine geringere Anzahl von Keimen als bei letzteren.
Dem wässerigen Lungenextrakt wurde zwecks Sterilmachung eine
gleiche Menge 5-prom. Karbollösung oder Schwefeläthers zugesetzt. Wir
hielten das Gemisch 24 Stunden im Brutofen, filtrierten es durch Papier
und setzten zwecks Konservierung eine kleine Menge Toluol zu.
Das Lungenextrakt der Kaninchen der ersten Reihe (zuerst intratracheale
Einspritzung von leukocytophiler Substanz, nach einigen Stunden intra-
venöse Pneumokokkeneinspritzung) erwies sich stets als das wirksamste.
Bei Kaninchen, denen wir die auf dem beschriebenen Wege erhaltenen
Lungenextrakte subkutan einspritzten, fanden wir nach einigen Stunden
eine intensive Leukocytose mit zahlreichen eosinophilen Polynukleierten
(Färbung nach Jenner). Diese Leukocytose stellte bei den Tieren, denen
Lungenextrakt der Kaninchen der ersten Reihe eingespritzt wurde, einen
konstanten Befund dar; bei den mit Extrakt aus Lungen der Kaninchen
der zweiten Reihe war dieser Befund hingegen nicht konstant.
Die 24 Stunden nach Behandlung mit Lungenextrakt ausgeführte
Einspritzung von Vioooooooo ccm der Pneumokokkenkultur hatte bei den
Tieren, die eine intensive Leukocytose gezeigt hatten, nicht den Tod zur
Folge, oder dieser trat sehr spät ein. Aus weiteren Untersuchungen hat
sich jedoch ergeben, daß dieses Verhältnis zwischen der Leukocytose und
der Immunisierung kein konstantes ist.
Bruschettini u. Morelli, Untersuch, üb. d. Fraenkelschen PneumococcuB. 307
Nach diesen Vorversuchen haben wir zahlreiche Experimente in der
Weise ausgeführt, daß wir verschiedene Mengen (1 — 5 ccm) Lungen-
extraktes zu gleicher Zeit mit dem Pneumococcus oder vor diesem
einimpften und versuchten, Tiere durch während einer langen Zeitperiode
ausgeführte wiederholte Einspritzungen zu immunisieren. Die erhaltenen
Resultate waren äußerst befriedigend.
Wir konnten auf diesem Wege ungefähr 30 Kaninchen immunisieren
und vor dem Tode retten, denen Pneumokokken in Dosen eingespritzt
wurden, welche die minimale tödliche Dosis bedeutend überschritten
(bis zum 10-fachen). Die Kaninchen zeigten nach der Pneumokokken-
injektion weder eine allgemeine fieberhafte, noch eine lokale Reaktion.
Die überlebenden Tiere magerten nicht nur nicht ab, sondern nahmen
sogar an Gewicht zu.
Die besten Resultate im Sinne einer sicheren und dauernden Immu-
nisierung erhielten wir in den Fällen, wo die immunisierende Behandlung
vor der Pneumokokkeneinspritzung ausgeführt wurde. Der Zeitabstand
zwischen der letzten Lungenextrakteinspritzung und der Pneumokokken-
injektion betrug nicht mehr als 5 — 6 Tage.
Neben allen Experimenten wurden Kontrollversuche ausgeführt, und
zwar wurden hierzu möglichst Tiere desselben Alters und mit demselben
Gewicht wie die Versuchskaninchen benutzt. Diese Kontrollkaninchen
starben stets innerhalb 20—24 Stunden.
Wir w^ollen der Kürze halber die Protokolle der Versuche nicht
wiedergeben und uns kurz zusammenfassend auf die Angabe beschränken,
daß alle Kaninchen, denen das Lungenextrakt vor oder zu gleicher Zeit
mit den Pneumokokken eingeimpft wurde, von dem Tode gerettet werden
konnten, keine febrile Reaktion zeigten und keine Erscheinungen der
Toxikämie aufwiesen, und im Laufe mehrerer Monate bedeutend an Ge-
wicht zunahmen.
Wir haben versucht, anstatt die Extrakte mit der 5-prom. Karbol-
lösung zu behandeln, sie während 30 Minuten bei 60" C zu halten; die
Extrakte zeigten aber in diesem Falle eine geringere Wirksamkeit.
Wir haben auch Versuche von Immunisierung auf anderem Wege
angestellt; zu diesem Zwecke mischten wir eine höchst virulente Kultur
von Pneumokokken zu gleichen Teilen mit Schwefeläther und hielten
dieses Gemisch 24 Stunden im Thermostaten; dann wurden mehreren
Kaninchen wiederholte Einspritzungen des Gemisches mit kurzen Zeit-
abständen gemacht und die Tiere nach einigen Tagen zur Ader gelassen.
Wir untersuchten, ob das Blutserum dieser Tiere eine immunisierende
Wirkung besaß, und beobachteten, daß es nur eine Verspätung des
Exitus bewirkte, aber nicht imstande war, die Tiere zu retten.
Wir untersuchten ferner die Wirkung, welche das Blutserum von
Kaninchen, die längere Zeit hindurch mit subkutanen Einspritzungen von
Pneumokokkenaggressin behandelt wurden, auf die Pneumokokkeninfektion
selbst ausüben kann. Ein positives Resultat, d. h. die Vermeidung des
Todes des Tieres, erhielten wir nur in den Fällen, wo das Tier vor der
Einimpfung der Pneumokokkenkulturen mehrere Einspritzungen des
antiaggressinischen Serums bekam. Wir untersuchten die Wirkung,
welche das Blutserum von Kaninchen, weiche periodischen Einspritzungen
des erwähnten Lungenextraktes unterzogen wurden, auf die Pneumokokken-
infektion ausübt. Diese Untersuchungen teilten wir in 3 Reihen ein :
1) Bei einer Reihe von Tieren wurde die Behandlung vor der Ein-
spritzung von Pneumokokken ausgeführt.
20*
308 Centralbl. f. Bakt. etc. f. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
2) Bei einer zweiten Tierreihe geschah die Behandlung zu gleicher
Zeit mit der Infektion.
3) Eine dritte Reihe von Tieren wurde nach der Inokulation des
Keimes behandelt.
Aus zahlreichen Versuchen konnten wir schließen, daß das Blutserum
der wiederholt mit Einspritzungen von Antipneumokokkenlungenextrakt
behandelten Kaninchen, sowohl wenn es vor der Einimpfung des Keimes
wie wenn es zu gleicher Zeit mit derselben eingespritzt wird, eine un-
zweifelhafte immunisierende Wirkung ausübt, während dies nicht der
Fall ist, wenn die Behandlung nach der Einimpfung des Keimes ge-
schieht.
Wir haben auch versucht, nach dem für die Kaninchen beschriebenen
Verfahren ein Lungenextrakt von Meerschweinchen herzustellen, zuweilen
auch ohne Einspritzung von leukocytophiler Substanz. Dieses Meer-
schweinchenlungenextrakt hat aber eine geringere Wirksamkeit als der-
jenige der Kaninchen. Es wurde hier eine nicht konstante Immuni-
sierung erzielt.
Wir beobachteten ferner, daß, wenn eine äußerst virulente Pneumo-
kokkenkultur 24 — 72 Stunden mit unserem Lungenextrakt in Berührung
gehalten und dann das Ganze in den Thermostaten bei 37^ C gestellt
wurde, der Pneumococcus allmählich seine Virulenz bis zum gänz-
lichen Verschwinden einbüßte. Kaninchen, denen enorme Dosen (2 ccm
der Blutkultur) dieses Pneumococcus eingeimpft wurden, überlebten.
Die Abschwächung der Virulenz war desto größer, je länger der Keim
in Berührung mit dem Extrakt gehalten wurde.
Diesbezüglich wollen wir die Versuche Barloccos über die immu-
nisatorischen Eigenschaften des auf Organextrakten kultivierten Diplo-
coccus erwähnen. Dieser Autor untersuchte das biologische Verhalten
dieses Keimes, wenn derselbe in ein organisches Milieu gebracht wird,
welches aus dem cellulären Aggregat der verschiedenen Organe des für
den Diplococcus am meisten empfänglichen Tieres besteht, und be-
obachtete, daß der Keim je nach der Dauer seines Aufenthaltes in
diesem Milieu verschiedene Eigenschaften annimmt. Während der ersten
Tage des Kontaktes beobachtete Barlocco eine bedeutende Verspätung
des Eintretens des durch die Einimpfung des Keimes bewirkten Todes.
Nach einem längeren Verweilen (19 Tage) in dem Milieu treten bedeutende
Mengen immunisierender Stoffe auf, so daß sogar eine vollständige Immu-
nisierung erzielt werden kann.
Diese Resultate erfahren eine Bestätigung sowohl durch unsere Be-
obachtungen, wie durch diejenigen von Brieger, Kitasato, Wasser-
mann, Bartel, Neumann, Bitter, Foä, welche in den ver-
schiedenen Organen bakterizide Stoffe eiweißartiger Natur nachgewiesen
haben, welche die Entwickelung der Keime, die mit ihnen in Berührung
gebracht werden, hemmen, und die Virulenz derselben herabsetzen.
Nachdem wir die immunisierende Wirkung des Lungenextraktes bei
Kaninchen konstatiert hatten, lag es nahe, zu untersuchen, ob es auch
eine kurative Wirkung besaß.
Zu diesem Zweck spritzten wir mehreren Kaninchen zuerst eine
tödliche Dosis Pneumokokken und nach einigen Stunden das Lungen-
extrakt ein. Kontrollkaninchen bekamen nur die erste Einspritzung. Die
erhaltenen Resultate waren nicht konstant: In einigen Fällen trat der
Exitus verspätet, in anderen hingegen sogar verfrüht (im Vergleich zu den
Kontrollen) ein.
Bruschettini u. Morelli, Untersuch, üb. d. Fraenkelechen Pneumococcus. 309
Bemerkenswert ist die Tatsache, daß wir nie eine wahre und echte
Septikämie beobachteten ; in vielen Fällen war der bakteriologische Blut-
befund sogar negativ. In keinem Fall fanden wir die Charaktere der
Infektionsmilz, wie sie bei Diplokokkenseptikämie typisch aufzutreten
pflegen. Aus diesem konstanten Befund haben wir geschlossen, daß der
Tod durch Toxikämie herbeigeführt worden war.
Von dieser Auffassung ausgehend, haben wir untersucht, wie sich
die Tiere verhielten, wenn man neben dem Lungenextrakt ein antitoxisches
Serum einwirken ließ, welches durch Behandlung von Kaninchen mit
periodischen Einspritzungen von Karbol-Pneumokokkenendotoxin erhalten
wurde. Dieses Endotoxin wurde folgendermaßen hergestellt: Wir legten
Pueumokokkenplattenkulturen an, setzten 20 ccm 5-prom. Karbollösung
zu, lösten mit einem sterilen kleinen Pinsel den Kulturbelag ab, schüttelten
die Verdünnung einige Zeit in einem Fläschchen , um sie homogen
zu gestalten, und filtrierten nach einigen Tagen durch Papier. Das
Filtrat stellte das Endotoxin dar.
Durch die doppelte Behandlung mit Lungenextrakt und antitoxischen
Serum konnten wir mehrere Kaninchen vor dem Tode retten ; dieselben
magerten weder ab noch zeigten irgendwelche charakterischen Symptome
der Toxikämie.
Wir untersuchten auch, ob daß Lecithin eine hemmende Wirkung
auf das in der soeben angegebenen Weise hergestellte Karbolpneumo-
kokkenendotoxin ausübt. Nachdem wir die für das Kaninchen und das
Meerschweinchen minimale tödliche Dosis dieses Endotoxins ermittelt
hatten, beobachteten wir, daß, wenn das Endotoxin mit wässerigen Leci-
thinaufschwemmungen (1 : 50, 1 : 100) zu gleichen Teilen vereinigt wird,
die Tiere weit höhere Dosen als die minimale tödliche vertragen, an
Gewicht zunehmen und weder reaktive lokale Erscheinungen noch Ver-
änderungen der Temperaturkurve aufweisen.
Wir legten Pueumokokkenplattenkulturen an, setzten Emulsionen
von Lecithin in Methylalkohol oder in physiologischer Kochsalzlösung zu,
entfernten mit einem Pinsel den Kulturrasen, und spritzten den Keim,
nachdem wir ihn einige Tage mit den genannten Lecithinaufschwem-
mungen in einem Brutschrank bei 37^ C in Berührung gehalten hatten,
3 Kaninchen in der Dosis von 1 resp. 2 resp. 3 ccm in die Randvene
des Ohres ein i). Hierdurch bezweckten wir den Nachweis, ob das Leci-
thin einen hemmenden Einfluß auf den Pneumococcus ausübt.
Wir beobachteten, daß wenn die Einspritzung entweder sofort oder
innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Zusatz des Lecithins zu der
Pneumokokkenkultur gemacht wurde, das Tier einer Diplokokkenseptik-
ämie erlag, während, wenn die Injektion nach 2 Tagen gemacht wurde,
der Exitus sehr verspätet erfolgte, und wenn der Kontakt des Diplo-
coccus mit dem Lecithin mehr als 7 Tage dauerte, das Tier selbst bei
Einspritzung hoher Dosen des Keimes nicht starb und keine toxikämischen
Erscheinungen zeigte. Wir konnten sogar 3 ccm der Blutpneumokokken-
kultur in die Ohrrandvene des Kaninchens einimpfen, ohne Krankheits-
erscheinungen zu beobachten.
1) Der italienische Text lautet folgendermaßen : „Preparate delle culture di pneumo-
cocco SU piastre, unendo, come per rendotossina, emulsioni, di lecitinain alcool metilico
o in soluzione fisiologica, e prelevate con un pennellino sterile le patine culturalli dopo
aver tenuto in contatto il gernae con queste emulsioni di lecitina per qualche giorno
al termostato, l'abbiamo iniettate nelle dose di 1—2 — 3 c. c. nella vena marginale del-
l'orecchio di tre conigli.
310 Ceatralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Wir stellten ferner Diplokokkenaggressin (gewonnen aus dein Pleura-
exsudat von Kaninchen, denen Pneumokokken und Emulsionen von
m eil in 's food in die rechte Pleurahöhle eingespritzt waren) und ein
antiaggressinisches Serum (gewonnen aus einem Tier, das wiederholt mit
Einspritzungen von Diplokokkenaggressin behandelt war) her und unter-
suchten die Eigenschaften desselben.
Die Kaninchen, welche mit Pneumokokkenaggressin behandelt und
nach einigen Tagen mit Pneumokokken injiziert wurden, starben, zu
gleicher Zeit mit den Kontrollen, unter heftiger Septikämie.
Die Kaninchen, denen ein Gemisch von Aggressin mit Lungenextrakt
nach 24 Stunden eine tödliche Pneumokokkendosis eingeimpft wurden,
gingen ohne Septikämie zugrunde.
Das antiagressinische Serum zeigte hingegen eine ausgesprochene,
zwar nur präventive, immunisierende Wirkung.
Die Einspritzung des antiagressinischen Serums zusammen mit dem
Lungenextrakt zeigte eine etwas geringere Schutzwirkung, als die In-
jektion des alleinigen Serums.
Durch Vereinigung des Pneumokokkenaggressins (2 ccm) mit dem
antiaggressinischen Serum (5 ccm) und Einspritzung dieses Gemisches
konnten wir Tiere vor dem Tode retten, denen tödliche Pneumokokken-
dosen eingeimpft wurden. Ebenso wurden die Tiere gerettet, die
vor der Einspritzung einer tödlichen Pneumokokkendosis mit einem
Gemisch von Lungenextrakt (2 ccm) und antiaggressinschem Serum
(5 ccm) behandelt wurden. Diese immunisierende Wirkung ist jedoch,
wie erwähnt, schwächer als diejenige, welche die alleinige Einspritzung
von antiaggressinischem Serum ausübt.
Schließlich haben wir untersucht, auf welche Eigenschaften die
immunisierende Wirkung zurückzuführen ist, welche das in oben an-
gegebener Weise hergestellte Lungenextrakt und das Serum von Kanin-
chen, die mit diesem Extrakt während längerer Zeit behandelt wurden,
gegen die Diplokokkeninfektion ausüben.
Die Resultate waren, kurz zusammengefaßt, folgende:
1) Wenn man das Lungenextrakt gewöhnlicher Kulturbouillon im
Verhältnis 1:2, 1:3, 1:4 zusetzt und die Bouillon mit Pneumokokken
besät, entwickelt sich der Keim nicht. Danach scheint das Extrakt einen
ausgesprochen entwickelungshemmenden Einfluß auf den Pneunio-
coccus auszuüben. Wenn das Lungenextrakt der Bouillon in sehr
geringer Menge zugesetzt wird, kann sich der Pneumococcus zwar
entwickeln, büßt aber einen großen Teil seiner Virulenz ein.
2) Wenn man den Pneumococus lange Zeit mit dem Lungenextrakt
in Berührung hält, erfolgt eine ausgesprochene Bakteriolyse. Mikro-
skopisch untersucht, erscheint der Keim fast pulverförmig.
3) Sowohl das Lungenextrakt wie das Serum weisen gegenüber dem
Pneumococcus weder eine präzipitierende, noch eine agglutinierende
Wirkung auf.
4) Der opsonische Index ist verschieden, je nachdem es sich um
nach der gewöhnlichen Methode der Karbolsäure hergestelltes oder um
während 30 Minuten bei ßO** G sterilisiertes Extrakt handelt. Beide
Extrakte sind reich an Opsoninen, der erste aber viel reicher.
Bei 3 Versuchen erhielten wir folgende Resultate:
BruBchettini u. Morelli, Untersuch, üb. d. Fraenkelachen Pneumococcus. 311
Opsonischer Index.
Kontrollen
Während 30 Minuten auf| Mit Karbolsäure
60" C erwärmter Extrakt; zubereiteter Extrakt
0,80 2,80 5,60
1,40 3,60 5,10
1 3,20 5,80
5) Das Lungenextrakt besitzt eine ausgesprochen positive Chemo-
taxis gegen die Leukocyten. Dieselben haben wir folgendermaßen unter-
sucht: Wir führten unter die Haut des Rückens von Kaninchen mit
Lungenextrakt gefüllte und zugeschmolzene Glaskapillarröhrchen, brachen
sie nach ungefähr 48 Stunden in der Mitte durch und entfernten sie am
nächsten Tage. Bei der mikroskopischen Untersuchung der zerbrochenen
Kapillarenden konnten wir stets zahlreiche weiße Blutzellen nachweisen.
6) Sowohl das Lungenextrakt, wie das Serum der mit dem Extrakt
längere Zeit behandelten Kaninchen sind reich an durch Komplement-
bindungsreaktion nachweisbaren Sensibilisatoren.
Bei 6 Versuchen, die wir ausführten, beobachteten wir eine fast totale
Hemmung der Hämolyse, während bei den Kontrollen die Hämolyse eine
vollständige war.
Literatur.
1) Foä, Sulla immunitä verso il diplococco pneumonico. (R. Accad. di med. di Torino
6 decembre 1890.)
2) — e Carbone, Sulla immunitä verso il diplococco pneumonico. (Gazz. med. di
Torino 1891. Anno 42. No. 1.)
3) , Studi sul processo pneumonico. (Gaz. med. di Torino. 1891. Anno 42. No. 15.)
4) — e Scabia, Sulla immunitä e sulla terapia della polmonite.
5) Carbone, Sulla teoria dell' infezione da pneumococco e sopra una nuovo specie
d' immunitä. (Atti della R. Accad. delle Scienze di Modena. Ser. 3. Vol. 4. 1902.)
6) Arckharow, Recherches sur la guerison de l'infection pneumonique chez lapins
au moyen du s^rum des lapins vaccines. (Arch. de m^d. expörim. et d'Anat. path.
1892. T. 4. p^ 498.)
7) Pane, Kicherche sulla immunizzazione dei conigli contro il bacillo setticolmico
dello sputo. (Rivista clinica e terapeutie. 1892.)
8) Mosny, Recherches exp^rimentales sur la vaccination contre l'infection pneumonique
et sur sa eu^rison. fArch. de m6d. exp^rim. et d'anat. path. 1892. T. 4. p. 175.)
9) Emmerich e Jowitsky, Die künstliche Erzeugung von Immunität ^egen croupöse
Pneumonie und die Heilung dieser Krankheit. (München, med. Wochenschr. 1891.
No. 32. p. 552.)
10) Pane, Sull'efficacia del siero an ti pneumonico. (Atti della R. Accad. medica di
Napoli. 1897. p. 5, 6, 7.)
11) Centann i, Sul valore immunizzante dell'infiltrato locale nelle malattie infettive
(pneumococcs difterite). (Gazz. degli Ospedali. 1897. No. 106.)
12) Foä e Bonome, Ueber Schutzimpfungen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 5. 1889. p. 215.)
13) P a n i c h i , Ricerche batteriologiche intorno ad una varietä nevrotossica dello
pneumococco di Fränkel. (Policlinico. Sez. pratica. 1901. Fas. 19.)
14) Tizzoni e Panichi, Ricerche sopra una varietä nevrotossica dello pneumococco
di Fränkel. (Gazz. degli Osp. e delle Cliniche.)
15) , Alcune ricerche sieroterapiche contro lo pneumococco die Fränkel. (R. Accad,
deUe Sc. dell'Istit. di Bologna. Rend. Sed. 13 april 1902.)
16) , Vaccinazione, immunitä e sieroterapia contro lo pneumococco del Fränkel.
(R. Accad. delle Sc. dell'Istit. di Bologna. 25. genuaio 1903.)
17) Livingood, A. , Study of the growth of bacteria upon media made from animal
Organs. (Centralbl. f. ßakt. etc. Bd. 23. 1898. p. 981.)
18) Barlocco, Sülle proprietä immunizzianti del diplococco coltivato su estratto
organico.
312 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Nachdruck verboten.
Nachtrag zur Arbeit:
Ueber die ätiologische Bedeutung des Bordet sehen
Keuchhustenbacillus und der Versuch einer spezifischen
Therapie der Pertussis
von St. Bächer und V. Menschikoff.
Von Dr. Stephan Bächer, Wien.
Bei der einleitenden Besprechung der über den Keuchhustenbacillus
erschienenen Publikationen war uns durch ein Versehen die Arbeit
C. Fraenkels (München, med. Wochenschr. 1908. No. 32. p. 1683) ent-
gangen. Dieser Autor hat als erster die Angaben von Bordet und
Gengou über das Vorkommen und die Tierpathogenität des Bacillus
bestätigt.
Nachdruck verboten.
Infektionsversuche mit den „Pleischvergiftern" (Bacillus
enteritidis Gärtner und Bacillus paratyphosus B)
heim Geflügel.
[Aus dem Institut für Seuchenlehre der Kgl. Tierärztlichen Hochschule
zu Stuttgart (Vorstand: Prof. Dr. Reinhardt).]
Von Tierarzt Wilhelm Reinholdt.
I. Einleitung.
Bei den zahlreichen gastro-intestinalen Erkrankungen des Menschen
nach Fleischgenuß spielen die Infektionen und Intoxikationen durch
die Bakterien der Enteritis Gärtner- und Paratyphus-B-Gruppe eine
bedeutende Rolle. lieber die Häufigkeit dieser Erkrankungen lassen sich
keine bestimmten Angaben machen, doch darf man dieselben wohl nicht
zu niedrig einschätzen, da in der Literatur nur Massenerkrankungen, nie-
mals aber Einzelfälle von Magen- und Darmerkrankungen nach Fleisch-
genuß, die nur vorübergehender Art waren und jedenfalls, zum Teil
wenigstens, auf Infektion mit den ,,Fleischvergiftern" zurückzuführen
sind, erwähnt werden.
Die meisten dieser Gesundheitsstörungen sind nach dem Genüsse
von Fleisch notgeschlachteter und kranker Tiere, besonders Rinder,
Kälber und Schweine in die Erscheinung getreten. Doch sollen auch
durch den Genuß von gepökeltem Gänsefleisch ähnliche Erkrankungen
veranlaßt worden sein.
Spontane Erkrankungen des Geflügels an Enteritis Gärtner-
oder Paratyphus-B-Infektionen sind zurzeit noch nicht bekannt.
Während künstliche Infektionsversuche mit den beiden Gruppen
der „Fleischvergifter" bei Laboratoriumstieren und größeren Haus-
tieren sich öfters in der Literatur verzeichnet finden, sind die Angaben
über solche beim Geflügel sehr spärlich.
Rein hol dt, Infektionsversuche mit den „Fleisch vergiftern" beim GeflügeL 313
II. Literatur.
Kutscher und Meinicke (1) stellten Versuche mit Paratyphus B au
2 Hühner uud 2 Tauben an. Die intramuskuläre Injektion von 1 Oese Para-
typhuskultur erzeugte bei einer Taube in eüiem Fall nach 4 Tagen im Brust-
muskel einen Abszeß, der jedoch nach seiner spontanen Entleerung bald abheilte.
Im übrigen blieben sämtliche Tiere vollständig gesund.
Vage des (2) berichtet über bei einer Mehlspeisen Vergiftung von ihm isolierte
Paratyphus-B-Bacüien, welche Tauben nach intravenöser uud intramuskulärer In-
jektion töteten. Gärtner (3) stellte mit dem bei der im Mai 1888 in Frankeu-
hausen a. K. vorgekommeneu Fleischvergiftung gezüchteten Bacillus folgende Ver-
suche an: Ein Huhn uud ein Sperüng wurden ungefähr 8 Tage lang mit Brot
und Kartoffeln genährt, welche große Mengen der Bacillen enthielten, uud zwar an-
scheinend ohne jeden Schaden. Ein Sperling ertrug ein Injektion von Gelatine-
kultur (2 Teilstriche einer Pravazschen Spritze) ohne zu erkranken; ein Ka-
narienvogel indessen, dem eine Platinöse mit Kultur in eine Wunde des Brust-
muskels gerieben wurde, starb in 22 Stunden. Von 3 Tauben, welchen zwei
Teilstriche einer Aufschwemmung in den Pectoraüs maior gespritzt wurden, starb
eine am folgenden Tage; die beiden anderen wurden krank, erholten sich aber au-
acheinend, jedoch ging die eine derselben 6 Wochen später ein. Im Brustmuskel
wurde eine Sequester von 3 cm Länge und 1 cm Durchmesser gefunden , der an
einzelnen Stellen Nester lebensfähiger Bacillen enthielt; die Kultur erwies sich als
die eingeimpften Bakterien. 5 Hühner, in gleicher Weise infiziert, blieben voll-
ständig gesund; ebenso 4 Hühner, welche mit infiziertem und dann gekochtem
Fleisch mehrere Tage hindurch gefüttert wurden.
Hü bener (4) findet, daß vom Geflügel die Taube der intramuskulären In-
fektion gegenüber sich als sehr empfindlich erweist. Nach Einspritzung in den
Brustmuskel trete hier eine vollständige Degeneration der Muskulatur ein, die
schließlich unter vollständigem Schwunde des Muskels zum Tode führe.
Dreves (5) schildert einen Fall von Uebertragung von Paratyphus durch
einen Papageien auf Menschen. Ein bei dem Papagei im gleichen Käfig versandter
Kakadu wurde jedoch nicht angesteckt.
Nach Kolle und Hetsch (6) ist zwar der Paratyphusbacillus im Gegensatz
zum Typhusbacillus für manche Tierarten außerordentlich pathogen, Vögel sind
jedoch völlig refraktär.
Bongert (7) erwähnt, daß kleine Singvögel, Tauben und Hühner, sich in
den Löffler sehen Infektionsversuchen mit Mäusetyphusbacillen (nach Hü bener,
Uhlenhuth und Böhme u. a. einer Untergruppe der Paratyphus-B-Gruppe)
per OS unempfänglich zeigten. Infolge der subkutanen Injektion starben die ge-
nannten Tierarten mitunter nach 2 — 3 Tagen. Es entwickelte sich an der Impf-
stelle eine ausgedehnte speckige, gelbliche Infiltration, welche zu nekrotischer Ab-
stoßung der erkrankten Partie führte.
Ueber einen vom Paratyphus B nicht unterscheidbaren Bacillus, der bei Papa-
geien eine kontagiöse Enteritis „Psittakose"' hervorruft und auf Menschen übertrag-
bar ist, wie schon Ritter (1879), Palamidessi (1895) und Gilbert und Four-
nier (1896) nachgewiesen haben, berichtet Nocard (8). Bei intratrachealer, intra-
peritonealer und endovenöser Inokulation desselben verendeten Papageien, Hühner
und Tauben in weniger als 48 Stunden.
In Rom kamen 1899 nach Einführung von Papageien aus Paraguay mehrere
Fälle von „Psittakose" bei Menschen vor, die mit dem Tode endeten.
Tartakowsky (9) fand in Petersburg bei Sperlingen einen dem Psittacose-
bacillus ähnlichen Bacillus, welcher dieselben in 10 — 12 Tagen tötete. Hühner und
Tauben wurden durch Injektion einer Kultur getötet. Der Fütterung widerstanden
sie. Uebertragungen auf Menschen kamen nicht vor.
Böhme (10) kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis:
1) Der von Nocard entdeckte Bacillus der Psittakose gehört nach seinen
morphologischen und kulturellen und nach seinen Immunitätsreaktionen zu der
Hogcholera-(Paratyphus-B-)Gruppe. 2) Als sicher zu dieser Gruppe erwiesen sind
bisher die Bacillen der Schweinepest, des Mäusetyphus und des Paratyphus B.
3) Das Psittakoseserum wirkt sowohl im Agglutinations- als im Schutz versuche
vielseitiger als alle anderen Sera dieser Gruppe. Es empfiehlt sich daher bei Ver-
suchen zur Herstellung von Schutz- und Heilsera dieser Gruppe, den Psittakose-
stamm wegen seiner Rezeptorenüberlegenheit zu benutzen.
Eckersdorff (11) faßt das Resultat seiner Versuche in folgendem zusammen :
Tauben zeigen ein verschiedenes Verhalten; die meisten aus Tieren gezüchteten
Stämme der Paratyphusgruppe töten Tauben bei intramuskulärer Injektion, aber
314 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
alle Stämme, auch die scheinbar avirulenten, wachsen im Taubenmuskel und bringen
ihn schließlich zur Degeneration.
Eckersdorff berichtet weiter von der Untersuchung zweier bei derselben
Besitzerin innerhalb 5 Tagen verende1>en Papageien. Die Untersuchung des einen
ergab nichts Positives, während aus dem Herzblut des anderen auf Endo- Platten
reichlich weiße Kolonieen wuchsen von der Beschaffenheit der zur Salmonella-
Gruppe gehörigen. Das Resultat der Prüfung auf morphologische und kulturelle
Eigenschaften stimmte mit dem Ausfall der Tierversuche und der Agglutinationen
überein, und ergab die sichere Zugehörigkeit der Stäbchen zur Paratyphus- (Hog-
cholera-)Gruppe. Von den Tierversuchen war nur die hohe Vogelpathogenität fc^
merkenswert, und E. bezeichnet den gefundenen Bacülus entsprechend dem No-
card sehen als Psittakosebacillus, zumal er sich dem Nocard sehen Stamm analog
verhielt imd durch ein mit diesem Stamm hergestelltes Serum sehr hoch und fast
bis zur Titergrenze agglutiniert wurde.
Seiffert (12) fmdet, daß Tauben bei intramuskulärer Injektion von einigen
Stämmen der Paratyphus-B-Gruppe getötet werden. Auch nicht virulente Stämme
dieser Gruppe erzeugen im Brustmuskel der Tauben nach etwa 10 — 14 Tagen eine
eigenartige, fettige Degeneration, ^/^o ccm einer 24-ßtündigen, nicht abgetöteten
Bouillonkultur wurde einer Taube in den Brustmuskel injiziert. Nach etwa 8 Tagen
war bei der Palpation ein deutlicher Schwund des Muskels fühlbar. Dieser Schwund
schritt derart fort, daß nach etwa 10 — 12 Tagen kaum noch etwas von dem
Muskel zu fühlen war. Die Taube starb nach 18 Tagen, wie überhaupt bei allen
virulenten Stämmen nach 15 — 18 Tagen der Tod eintritt. Versuche mit den Bak-
terien der ganzen Paratyphusgruppe ergaben, daß nur bei den typischen Stämmen
des Paratyphus B diese Muskeldegeneration auftrat.
Versuche an 2 Hühnern führt Poppe (13) an. Das eine erhielt im Ver-
lauf von 2 Monaten 4mal die ganze Ausbeute von je einer Agarstrichkultur in
Bouillon aufgelöst, und zwar in Zwischenräumen von 4 bzw. 12, bzw. 44 Tagen.
An den aiif die Fütterung folgenden Tagen nahm der Kot, mit Ausnahme der Tage
nach der ersten Fütterung, jedesmal dünnbreüge, teilweise etwas blutige Beschaffen-
heit an. Paratyphusbacilien ließen sich dann jedesmal während der ersten 2 Tage
nach der Fütterung in des Faeces nachweisen. An der Eischale fanden sich die
Bakterien so oft und so lange, als der Kot sie enthielt, iu den Eiern nie.
2^/2 Monate nach der letzten Infektion wTirde das Huhn, das nur die erwähnte
Krankheitserscheinung von selten des Darmkanals gezeigt hatte, getötet. Der
Nachweis von Paratyphusbacillen in Dünn- und Dickdarm und Gallenblase fiel
negativ aus. Das Blutserum agglutinierte den Bacillus noch in einer Verdünnung
von 1 : 50.
Das andere Huhn, das innerhalb 2^/2 Monaten nur zweimal gefüttert wurde,
und zwar jedesmal mit dem Ergebnis einer 24-stündigen Agarschrägkultur, schied
4 Tage nach der zweiten Fütterung Paratyphusbacillen aus. Am 6. Tage wurde
das Tier getötet. Paratyphusbacillen waren im Dünn- und Dickdarm, jedoch nicht
in der Gallenblase nachzuweisen. Das Blutserum agglutinierte den zur Fütterung
verwendeten Stamm in einer Verdünnung von 1:200.
P. zieht aus den beiden Versuchen den Schluß, daß Hühner-Paratyphusbacillen
bei Einverleibung großer Mengen vorübergehend mit dem Kote ausscheiden. Die
Bakterien können etwa 6 Stunden nach der Fütterung in den Faeces erscheinen
und nach 3 — 4 Tagen wieder daraus verschwinden.
Zwick und Weichel (14) hatten schon bei früheren Versuchen gefunden,
daß Reinkulturen von Enteritisbacillen, in den verhältnismäßig großen Mengen von
2 — 5 ccm subkutan an Gänse verimpft, eine Erkrankung nicht zur Folge hatten;
sie wählten deshalb größere Virusmengen:
1) Eine Gans erhält intravenös 9 Oesen zu je 5 mg einer 24-stündigen viru-
lenten Agarkultur des Bac. enteritidis Gärtner. Am folgenden Tage ist die
Gans ziemlich munter, nur fällt auf, daß sie sich häufiger als sonst niedersetzt;
den 3. Tag ist sie sichtlich krank, das Gefieder ist struppig, die Flügel sind
gespreizt imd hängen schlaff zur Seite. Das Tier kann sich nur mit Mühe auf-
recht erhalten. Es setzt häufig einen graugelben, sehr übelriechenden Kot ab, der
die Umgebung der Kloake beschmutzt. Im Kote können die Bakterien leicht
nachgewiesen werden. Am nächsten Tag versagt das Tier das Futter vollständig,
die Temperatur ist auf 41,9 gesti^en. Am 13. Tage nach der Impfung verendet
die Gans. Sektionsbefund: Kadaver abgemagert. Leber duukelbraunrot, sehr hyper-
ämisch, ebenso Milz und Nieren. Die Gefäße des Magens und des Darmkanals
stark injiziert. Dünndarmschleimhaut geschwollen, stellenweise von starken Blu-
tungen durchsetzt. Darminhalt flüssig, grau bis grünlich gelb. Die ganze Schleim-
haut des Blinddarms ist gelb, trübe, ohne erkennbare Struktur, nekrotisch und
füllt als ein ca. 10 cm langes und 0,8 cm dickes, aus totem Gewebe bestehendes
Reinholdt, Infektionsversuche mit den „ Fleisch vergift€rn'' beim Geflügel. 315
Bohr das Lumen aus. Auch im Grimm- und Mastdarm ist die Schleimhaut fnx
vielen tStellen nekrotisch. Gefäße des Herzens stark injiziert, Muskel graurot, Blut
gut geronnen. Linke Lunge hyperämisch.
Im Herzblut, in Lebei-, Milz und Nieren und in der Muskulatur sind die
Bakterien zahlreich zugegen.
2) Eine zweite Gans erhält von derselben Agarkultur 5 Oesen in den linken
Brustmuskel injiziert. Während dreier Tage zeigt das Tier nur eine erhöhte
Schmerzhaftigkeit an der Impfstelle, vom 4. Tage ab ist graugelber, übelriechender
Durchfall bemerkbar. Die Gans erholt sich wieder und wird am 20. Tage getötet.
Die Muskulatur der Impfstelle ist graugelb, nekrotisch, Leber und Milz hyperämisch,
die verimpften Bakterien finden sich an der Impfstelle und im Darmtraktuß in
großer Menge. Agglutinationstiter 1 : 1000.
3) Eine Gans wird mit 5 Oesen 24-stündiger virulenter Agarkultur endovenös
geimpft und eine Stunde später getötet. Das Fleisch läßt im Ausstrich viele Ente-
ritisbacillen erkennen.
Zwick und Weichel folgern aus diesen Versuchen, daß Gänse zwar für
eine Infektion mit Gär tner- Bacillen empfänglich sind und ihr sogar erliegen
daß aber zu einer krankmachenden Wirkung eine sehr hohe Dosis selbst dann
erforderlich ist, wenn die Bakterien in die Blutbahn geimpft werden. Die intra-
muskuläre Impfung mit der sehr großen Dosis von 5 Oesen einer Agarkultur löste
nur vorübergehende unerhebliche Krankheitserscheinungen aus.
Nach Mühlens, Dahm und Fürst (15) sind die sogenannten Rattenschäd-
linge: Bac. Danysz, Dunbar, Ratin Isatschenko morphologisch, kulturell
und biologisch von dem Bac. enteritidis Gärtner nicht zu unterscheiden.
Fütterung von Agarkulturmaterial an Hühner, Gänse und Tauben ergab ein nega-
tives Resultat. Bei einer Gans, die 6 Tage nach der Infektion getötet wurde,
konnten im Blute keine, jedoch in Herz, Milz, Leber, Gallenblase imd Nieren
Bakterien nachgewiesen werden.
Grimm (16) berichtet, daß Hühner, die mit Stückchen von inneren Organen
einer am selben Tage nach Ratininfektion eingegangenen Ratte gefüttert wurden,
verendeten; aus Leber und Milz ließen sich Ratinkulturen in Reinkultur züchten.
Von Bahr, Raebiger und Grosso (17) wurden Fütterungsversuche mit
Ratinkulturen an Enten, Hühnern, Tauben und Fasanen angestellt, welche keine
Gesundheitsstörungen zeigten.
Scharr (18) stellte ebenfalls die Unschädlichkeit des Ratin für Hühner und
Tauben fest.
Xylander (19) spritzte Tauben 5mal je 5 ccm der gleichen Reinkultur in
den Kropf ohne Pathogenität feststellen zu können.
Bei Untersuchung von gepökeltem Gänsefleisch haben Mühlens, Dahm
und Fürst (4) durch Impfversuche an weißen Mäusen „Fleischvergifter" nach-
gewiesen. Ueber deren Herkunft stehen sich zwei Ansichten g^enüber:
Mühlens, Dahm und Fürst fassen das Resultat ihrer Untersuchungen,
wie folgt, zusammen: „Bei einer größeren Anzahl von Fütterungsversuchen von
weißen Mäusen mit ungekochten, gepökelten oder geräucherten, zum großen Teil
anscheinend einwandfreien Fleischarten gingen über 50 Proz. der gefütterten Tiere
ein. Bei der Sektion ließ sich meist außer charakteristischem pathologisch-ana-
tomischen Befund fast stets Bakterien von Typus I (Flügge), bzw. Paratyphus B,
bzw. Mäusetyphus) oder vom Typus enteritidis II (Gärtner) meist in Rein-
kultur nachweisen. Aus den zur Fütterung verwendeten Fleischsorten war es nie
gelungen, die genannten Bakterien direkt zu züchten. Gleichwohl glauben wir,
annehmen zu können, daß die tödlichen Infektionen der Versuchstiere durch Zu-
führen der betreffenden Bakterien mit der Nahrung (Fleisch) anscheinend in ge-
ringen Mengen zustande gekommen sind. Wir müssen daraus schließen, daß die
betreffenden Bakterien auch in anscheinend normalen Fleischarten, namentlich in
ungekochtem Schweine- und Gänsepökelfleisch vorkommen und — wenn nuch für
Menschen unschädlich, doch eine für Mäuse tödliche Infektion zu veranlassen ver-
mögen. Findet unter gewissen günstigen Bedingungen eine Vermehrung im Fleisch
statt, bzw. enthält dieses sehr zahlreiche Bakterien, so kann es zu den bekannten
Fleischvergif tungserscheinungen kommen."
Im Gegensatz zu diesen Ausführungen steht das Ergebnis der Versuche
Zwicks und Weich eis (14), welche folgendes feststellen:
1) Die von Mühlens, Dahm und Fürst aus ihren Fütterungs versuchen
unter Vorbehalt abgeleitete Folgerung, daß Bakterien vom Enteritis- Typus I
(Flügge) oder vom Enteritis-I^us H (Gärtner) auch in anscheinend
normalen Fleischarten namentlich in ungekochtem Schweinefleisch und Gänsepökel-
fleisch vorkommen, hat durch unsere Untersuchungen keine Bestätigung erfahren.
2) Zum Nachweis von sogenannten Fleischvergiftern ist der Mäusefütterungs-
316 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 5.
versuch ungeeignet, weil er positive Ergebnisse vortäuschen kann; dies ist nament-
lich bei Verfütterung von gepökeltem und geräuchertem Fleisch der Fall.
3) Im Darm anscheinend gesunder Mäuse kommen nicht selten Enteritis-
bacillen vor. Unter dem Einfluß schädigender Momente, wie z. B. einseitiger
Fleischfütterung, können Bakterien aus dem Darm in das Blut und hiermit auch
in die Organe der Brust- und Bauchhöhle gelangen."
Nachstehende Versuche wurden auch in der Absicht gemacht, vielleicht einen
Beitrag zur Aufklärung dieser Streitfrage zu liefern.
III. Eigene Versuche.
Vorbemerkungen: Versuchsobjekte, Material, Impf- und
Agglutinationsmethodik.
Zu meinen Untersuchungen benutzte ich 8 Hühner, 10 Tauben,
3 Gänse und 5 Enten, lauter Tiere, welche von der Infektion nicht
die geringste Gesundheitsstörung zeigten.
Die Bac. enteritidis Gärtner und paratyphosi B, die ich
verwandte, entnahm ich den betreffenden Stämmen des Instituts, welches
dieselben seinerzeit von dem Laboratorium der Landwirtschaftskammer
in Stettin bezogen hatte.
Von der Virulenz des Materials überzeugte ich mich vor meinen
Versuchen und von Zeit zu Zeit im Verlauf derselben durch Verimpfung
auf Meerschweinchen und weiße Mäuse, welche bei subkutaner Appli-
kation jedesmal innerhalb 24 Stunden verendeten, von der Reinheit
der Kulturen durch Verimpfung auf Drigalski- Agarplatten und durch
mikroskopische Präparate.
Ausgehend von der Ansicht Schmitts (4, p. 82), die mit der von
Mühlens, Dahm und Fürst (15, p. 26) übereinstimmt, daß die Bak-
terien der beiden Gruppen infolge der Passage durch gewisse Tier-
species an Pathogenität für dieselben gewinnen, verwandte ich später-
hin die aus den verendeten Versuchstieren gezüchteten Reinkulturen
zur Weiterverimpfung, um so einen für Geflügel möglichst pathogenen
Stamm heranzuzüchten. Die Fütterungsinfektionen stellte ich an, teils
ohne daß den betreffenden Tieren das Futter entzogen wurde, teils
schaltete ich als prädisponierendes Moment für eine Infektion eine mehr-
tägige Hungerkur, sowohl vor als auch während der Darreichung von
infektiösem Material ein. In einem Fall benutzte ich auch ein erst
4 Monate altes Hähnchen, da ich in der Jugend desselben einen die In-
fektion begünstigenden Faktor annahm.
Zur Abnahme der Temperaturen ließ ich einen kleinen handlichen
Maximum-Minimumthermometer, der Temperatursteigerungen bis zu
450 C anzeigte, anfertigen.
Als Infektionsarten kamen in Betracht: die endovenöse, intraperi-
toneale, subkutane und intramuskuläre Impfung und die Applikation
per OS.
Für meine zu den Agglutinationen nötigen Bakterienaufschwem-
mungen gebrauchte ich jeweils Agarstrichkulturen des Stammes, mit
dem auch die betreffenden Versuchstiere geimpft waren.
Die Agglutination führte ich folgendermaßen aus : Aus einer ober-
flächlich gelegenen Flügelvene wurden möglichst steril ca. 3 — 5 ccni
Blut entnommen und Serum daraus gewonnen; dann stellte ich mir
eine Verdünnung desselben im Verhältnis von 1 : 10 her, and zwar da-
durch, daß ich die 9-fache Menge physiologischer Kochsalzlösung hinzu-
fügte.
Mit 5 ccm einer i/o Proz. Karbol enthaltenden physiologischen
Reinholdt, Infektioneversuche mit den „ Fleischvergif tern" beim Geflügel. 317
Kochsalzlösung schwemmte ich eine 24-stündige Agarstrichkultur der in
Betracht kommenden Bacillen ab und filtrierte die Abschwemmung.
In eine Reihe kleiner in einem passenden Gestell stehender Reagenz-
gläser füllte ich je 0,5 ccm Kochsalzlösung, nur das 1. Gläschen blieb
frei. Dann brachte ich in Röhrchen I und II eine je 0,5 ccm des ver-
dünnten Serums. In Röhrchen III kommen 0,5 ccm aus II, in Röh-
chen IV dann 0,5 ccm aus III usw., wobei jedesmal der Röhrcheninhalt
gut gemischt und die Pipette sorgfältig ausgeblasen wurde.
So enthielt schließlich jedes Gläschen 0,5 der Verdünnungen 1:10,
1 : 20, 1 : 40 etc. Als Kontrolle diente ein Röhrchen ohne Serum, nur
mit 0,5 ccm physiologischer Kochsalzlösung.
Dann brachte ich in jedes Röhrchen 0,3 ccm der filtrierten Bak-
terienaufschwemmung und ergänzte den Inhalt auf je 1 ccm mittels
Kochsalzlösung. Die Verdünnungszahlen verdoppelten sich natürlich
infolgedessen.
Folgendes Schema dient zur Erläuterung:
Röhrchen No.
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
Kochsalzlösung
—
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
Serum (1 : 10)
0,5
0,5
—
—
—
—
—
—
aus Röhrchen
11
—
—
0,5
—
—
—
—
—
jj jj
III
—
—
—
0,5
—
—
—
—
n >»
IV
—
—
—
—
0,5
—
—
—
>5 57
V
—
—
—
—
—
0,5
—
—
>? )J
VI
—
—
—
—
—
—
0,5
—
)J »
VII
0,5
fort-
gegossen
Resultierende Verdünnung (n. 1:20 1:40 1:80 1:160 1:320 1:640 1:1280 Kon-
Zusatz d. Aufschwemmung trolle
u. Ergänzung auf 1 ccm)
Die Röhrchen wurden dann 3 Stunden im Brutschrank bei 37 o C
aufbewahrt, dann mit bloßem Auge oder schwacher Lupenvergrößerung
betrachtet und die Agglutination bestimmt.
Kontrolle VIII mußte homogen bleiben, die Proben deutliche An-
häufung agglutinierter Bacillen zeigen.
A. Versuche mit Bacillus enteritidis Gärtner,
a) Versuche mit Hühnern.
Versuch I.
Einer kräftigen, ca. 2 Jahre alten, weißen Henne, deren Serum Gärtner-
Bacillen nicht agglutinierte (Verdünnung 1:20) und deren Temperatur rektal ge-
messen 40,8 0 C betrug, wurden am 27. VII. 1911 2 ccm virulenter 24-stündiger
Bouillonkultur von Bacillus enteritidis Gärtner in eine oberflächlich ge-
legene Vene des linken Flügels steril injiziert. Am nächsten Tage ist das Allge-
meinbefinden stark gestört, die Futteraufnahme vollständig unterdrückt. Das Tier
sitzt matt in einer Ecke und hat starke Diarrhöe (gelblich-weißer Kot). Kamm
und Kehllappen sind blaß, die Augen halb geschlossen, Temperatur 42,0°.
Dieser Zustand hält noch 2 Tage lang an, dann bessert sich das Allgemein-
befinden, auch die Temperatur geht auf 41,4° zurück. Am 6. Tage nach der
Impfimg agglutiniert das Serum noch in einer Verdünnung von 1:160. Vom
10. Tage an ist keine augenscheinliche Störung mehr vorhanden, auch die Diarrhöe
ist verschwunden. Am 23. VIII. 1911, dem 28. Tage nach der Injektion, wird
das Huhn getötet. Sektionsbefund negativ, ebenso die mikroskopische Unter-
suchung von Ausstrichen aus Herzblut, Milz, Leber, Gallenblase und Muskulatur.
Je eine Dr igalski- Agarplatte wird geimpft mit:
Herzblut ]
Milz \ Sämtliche Platten bleiben nach 24-stündigem
Leber f Aufenthalt im Brutschrank steril
Galle J
318 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Durch ein in Bouillon eingebrachtes Stückchen Muskulatur wird dieselbe nach
24-stündiger Aufbewahrung im Brutschrank nicht getrübt.
Demnach waren aucn durch Kulturversuche keine Bakterien nachzuweisen.
Versuch 2.
Am 27. VII. 1911 injizierte ich einem schwarzweißen, ca. 3-jährigeu Huhne
2 ccm einer 24-stündigen Bouillonkultur von Gär tner- Bacillen in die Bauch-
höhle. Der Agglutinationsversuch vor der Infektion war negativ, die Temperatur
40,7 0 c.
In den nächsten 3 Tagen reagierte das Tier durch Störung im Allgemein-
befinden, Diarrhöe und Aufsteigen der Temperatur auf 41,6. Am 6. Tage ist der
frühere Zustand wieder vorhanden, die Temperatur auf 40,8 zurücl^egangen,
Diarrhöe nicht mehr zu bemerken; das Serum agglutiniert in einer Verdünnung
von 1:80.
26 Tage nach der Infektion wird die Henne getötet. Sektionsbefund negativ.
Die Ausstrichpräparate, die aus Herzblut, Muskulatur, Milz und Gallenblase
angefertigt werden, lassen nur in den beiden letzten Kurzstäbchen mit abge-
rundeten Enden vereinzelt erkennen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit:
flerzblut, bleibt steril,
Muskulatur, bleibt steril,
Milz, einzelne punktförmige blaue Kolonieen,
Gallenblase, 20 punktförmige blaue Kolonieen,
1 Stückchen Muskulatur in Bouillon, keine Trübung.
In den aufgegangenen Kolonieen aus Milz und Galle können Gärtner- Ba-
cillen in Reinkultur mikroskopisch festgestellt werden.
Demnach waren 27 Tage post infectionem Bakterien noch in der Milz und
Gallenblase nachzuweisen.
Versuch 3.
Als Versuchstier für subkutane Impfung benutzte ich eine rebhuhnfarbige
3-jährige Henne, die in der Mauser befindlich war und deren Serum ein negatives
Agglutmationsresultat lieferte. Die Temperatur betrug 40,7 o.
Am 24. VII. 1911 applizierte ich ihr 2 ccm 24-stündig6r Bouillonkultur von
Gärtner- Bacillen unter die Haut der Bauchdecke. Am nächsten Tag macht sich
eine leichte Mattigkeit und gestörte Freßlust bemerkbar. Aus den Nasenlöchern
fließt seröses Sekret. Temperatur 41,0 o. Am 25. VII. bietet sich dasselbe Bild,
nur ist der Kot heute auch verändert; er ist hellgelb, dünnbreiig und schleimig.
Im Verlauf der nächsten Tage bessert sich das Allgemeinbefinden, die Temperatur
kehrt zur Norm zurück. Am 8. Tage nach der Inejktion agglutiniert das Serum
Gärtner- Bacillen in einer Verdünnung von 1 : 640.
Am 22. Vni. (ein Monat post infect.) wird das Tier getötet. Das Serum ag-
glutiniert in einer Verdünnung von 1 : 160. Die Sektion läßt keine Veränderungen
an inneren Organen erkennen. Mikroskopischer Nachweis von Bakterien in Aus-
strichen aus denselben gelingt nicht.
Je eine D r i g a 1 s k i - Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut |
Leber bleiben steril
Galle J
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
Versuch 4.
Ein 4 Monate altes, grauweißes Hähnchen wird vom 4. VIII. 1911 an, nach-
dem es 2 Tage lang gehungert hat, mit der Abschwemmung einer 24-stündigen
Agarstrichkultur täglich gefüttert. Vom 6. Tage ab erhält es jeweils eine 24-stün-
dige Bouillonkultur per os. Außer einer leichten Diarrhöe zeigen sich bis zum
15. Tage keine krankhaften Erscheinungen. Von diesem Tage an verliert das Tier-
chen seine Munterkeit, hat blassen Kamm und ebensolche Kehllappen \md sträubt
das Gefieder. Das Serum agglutiniert Gärtner- Bacillen in einer Verdünnung von
1 : 40. 5 Tage später, nachdem sich das Allgemeinbefinden wieder etwas gebessert
hat, trotzdem dieselbe Dosis Bacillen täglich weiter gereicht wird, wird das Tier-
chen 7 Stunden nach der letzten Fütterung getötet.
Sektionsbefund: Leber und Milz sind stark hyperämisch, die Darmgefäße in-
jiziert, die Dünndarmschleimhaut höher gerötet als die des anderen Darms.
In Herzblut, Milz, Leber und Gallenolase sind abgerundete Kurzstäbchen durch
das Mikroskop zu finden.
Beinholdt, Infektionsversuche mit den „Fleischvergiftern" beim Geflügel. 319
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut Zahlreiche kleine blaue Koionieen
Milz
Galle „ „ „
Leber „ ,, ,, ,, und eine ca. markstückgroße blaue Kolonie
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — Trübung. Im hängenden Tropfen
zahlreich bewegliche Kurzstäbchen zu sehen. Auf einer Drigalski- Agarplatte
bringen einige Tropfen viele kleine blaue Koionieen hervor. In sämtlichen Koio-
nieen sind Gärtner- Bacillen in Reinkultur nachzuweisen.
b) Versuche mit Tauben.
Versuch 5.
Eine 1-jährige graue Feldtaube erhält am 25. VII. 1911 ^/2 ccm 24-3tündige
Bouillonkultur von Gärtner- Bacillen in eine Vene des rechten Flügels einge-
spritzt. 20 Stunden später ist das Tierchen verendet.
Sektionsbefund: Totenstarre gut ausgebildet. Der Schnabel ist halb geöffnet,
die Zunge mit einer gelbgrünlichen Schleimmasse bedeckt, die Umgebung der Kloake
mit Kot beschmutzt; das Blut ist dunkelrot, die Farbe der Muskulatur nicht ver-
ändert. Die Grefäße des Darmkanals und des Herzens sind stark injiziert. Die
Dünndarmschleimhaut ist geschwollen, diffus gerötet und zeigt punktförmige Hämor-
rhagieen. Der Inhalt des Dünndarms besteht aus einer gelblichen, glasig schleimigen
Masse. Der übrige Darm zeigt das Bild eines Katarrhs, stark schleimige Einhüllung
des dickflüssigen Inhalts. Die Leber und Müz sind hyperämisch, ebenso che Nieren.
Im Mikroskop lassen sich in Herzblut, Müz, Leber und Muskulatur Kurzstäb-
chen nachweisen. Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut, 15 kleine bl. Koionieen,
Milz, zahlreiche kleine bL Koionieen,
Leber, zahlreiche kleine bl. Koionieen,
Muskulatur, zahlreiche kleine bl. Koionieen.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — Trübung. Auf einer Drigalski-
A^arplatte gehen aus einigen Tröpfchen der Bouillon zahlreiche typische Koio-
nieen auf.
In allen Koionieen sind G ä r t n er - Bacillen in Reinkultur zu finden.
Versuch 6.
Am 5. Vni. 1911 wird einer grauen, ca. 3 Jahre alten Feldtaube 1 ccm
24-stündiger Bouillon von Gärtner- Bacillen mittels P r a v a z - Spritze in die
Bauchhöhle eingebracht. 6 Stunden später macht das Tier einen schwerkranken
Eindruck. Es sitzt mit gesträubtem Gefieder teilnahmslos in einer Ecke seines Käfigs
und verweigert die Nahrung. Am nächsten Morgen, also etwa 20 Stunden nach
der Impfung, ist es verendet.
Sektionsbefund: Aus den Nasenlöchern fließt grünliches seröses Sekret.
Kropf- und Bauchgegend sind grünlich verfärbt, die Umgebung der Kloake mit
Kot beschmutzt.
Das Blut ist dunkelrot, die Muskulatur zeigt keine Veränderungen. Die Ge-
fäße der Bauchhöhle und des Darmtraktus sind stark injiziert, ebenso die sicht-
baren Gefäße des Herzens. In der Bauchhöhle findet sich serös-eitriges Exsudat.
Die Dünndarmschleimhaut ist geschwollen, diffus gerötet und zeigt Petechien und
Hämorrhagieen, der Inhalt besteht aus einer übelriechenden glasig-schleimigen gelb-
grünen Flüssigkeit, welche im Dickdarm etwas dunkler und dickflüssiger wird.
Ausstriche aus Herzblut, Milz, Leber und Muskulatur ergeben die Anwesen-
heit von Bakterien.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Koionieen,
Milz, zahlreiche kleine blaue Koionieen,
Leber, zahlreiche kleine blaue Koionieen,
Muskulatur, 11 kleine blaue Koionieen.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — Trübung. Aus einigen Tropfen
gehen auf einer Drigalski- Agarplatte viele blaue Koionieen auf.
In allen Koionieen Gär tner- Bacillen in Reinkultur.
Versuch 7.
Einer weißen, ca. 2 Jahre alten Feldtaube injizierte ich am 25. VII. 1911 ^/o ccm
«ner 24-stündigen Gärtner- Bacillenbouillonkultur subkutan. Tags darauf ist
das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigt, die Futteraufnahme gänzlich sistiert, der
320 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Kot dünnflüssig. 3 Tage laug hält dieser Zustand an, dann tritt Besserung ein, der
Flügel, an dem die Injektion gemacht wuide, hängt schlaff herab. Die Umgebung
der Injektionsstelle ist gelblich und ziemlich hart infiltriert. Nach und nach wird
diese Partie nekrotisch und nach etwa 14 Tagen abgestoßen.
Am 22. VIII. wird die Taube getötet. Agglutination negativ, ebenso Sektions-
befund und mikroskopische Untersuchung.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut "|
MUz > steril
Leber j
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
Versuch 8.
Eine junge braune Feldtaube erhält am 29. VIII. 1911 vormittags ^/2 ccm
einer mit 3 ccm Bouillon abgeschwemmten 24-stündigen Agarstrichkultur in den
linken Brustmuskel eingeimpft. Am nächsten Morgen ist das Tierchen verendet.
Sektionsbefund: Aus den Nasenlöchern f Ließt seröses Sekret, die Umgebung
der Kloake ist beschmutzt. Das Blut ist gut geronnen, die Muskulatur der Impf-
stelle zeigt Schwellung und seröse Infiltration. Das Peritoneum ist entzündet»
die Gefäße des Gekröses und des Herzens sind prall gefüllt. Leber und Milz
hyperämisch. Die diffus gerötete Schleimhaut des Dünn(k.rms ist geschwollen imd
zeigt zahlreiche Hämorrhagieen. Der Inhalt des Darms besteht in seinen vorderen
Partieen aus einer hellgelben, dünnflüssigen, in den Endpartieen aus einer dunkleren
und dickflüssigeren M^sse.
Das Mikroskop läßt in der Muskulatur der Injektionsstelle, in Herzblut, Müz
und Leber zahlreiche Bakterien erkennen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut, die ganze Platte zeigt kleine blaue Kolonieen,
Milz, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Leber, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Muskulatur der Impfstelle, die ganze Platte mit blauen Kolonieen bedeckt.
Ein Stückchen Muskulatur in BouiUon — diffuse Trübung. Im hängenden
Tröpfchen unzählige, bewegliche Stäbchen ; auf einer Drigalski- Agarplatte gehen
aus der Bouillon zahlreiche kleine blaue Kolonieen auf.
In allen Kolonieen gelingt der Nachweis von Reinkulturen von Enteritis-
bacillen.
Versuch 9.
Eine schwarze Feldtaube von ca. 2 Jahren erhält vom 5. VHI. 1911 ab täg-
lich die Abschwemmung einer 24-stündigen Agarstrichkultur, vom 16. VIII. ab täg-
lich eine 24-stündige Bouillonkultur von Gärtner- Bacillen per os. Nach einigen
Gaben verliert das Tierchen an Munterkeit und zeigt leichte Diarrhöe, sonstige Er-
scheinungen sind nicht vorhanden. Am 20. Tage der Fütterung wird das Tier-
chen getötet. Agglutination 1 : 40.
Die Sektion ergibt nur Injektion der Darmgefäße und Schwellung der Dünn-
darmschleimhaut, die mit glasig-schleimigem Belag ausgestattet ist.
In keinem der untersuchten Organe sind Bakterien nachzuweisen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut 1
Milz > bleiben steril
Leber ]
Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
c) Versuche mit Gänsen und Enten.
Versuch 10.
Einer kräftigen, ca. ^/o Jahr alten grauweißen Gans, deren Serum Gärtner-
Bacillen nicht agglutinierte und deren Körpertemperatur 40,3 ° betrug, injizierte
ich am 6. VHI. 1911 die Abschwemmung von sechs 24-stündigen Agarstrich-
kulturen in eine Vene des rechten Flügels. 6 Stunden später bietet das Tier den
Anblick eines Schwerkranken. Es sitzt apathisch in einer Ecke, die Augen ge-
schlossen, die Flügel schlaff herabhängend und duldet jede Berührung ohne aus
zuweichen. Die Augen tränen stark, die Gegend von ihnen bis zum Schnabel-
ansatz ist mit eingetrocknetem Sekret bedeckt. Die Temperatur ist auf 42,2° ge-
stiegen. Am nächsten Morgen hat sich das Allgemeinbefinden noch mehr ver-
schlechtert, die Gans sitzt andauernd nieder. Von Zeit zu Zeit gehen konvulsive
Reinholdt, Infektionsversuche mit den „Fleisch vergiftem" beim Geflügel. 321
Zuckungen durch den ganzen Körper. Die Freßlust ist vollständig sistiert; nach-
mittags 3 Uhr, 30 iStunden post infect., verendet das Tier.
Öektionsbef und : Dei- Kopf ist stark nach links abgebogen, die Beine an den
Leib gezogen. Die Augen sind offen, mit Sekret bedeckt, das sich bis zum Schnabel
ausbreitet. Aus Schnabel und Nasenlöchern fließt eine grünlichgelbe seröse Flüssig-
keit. Bei Oeffnung des Kadavers verbreitet sich ein penetranter Geruch. Das
Blut ist dunkelrot, die Muskelfarbe unverändert. Die Gefäße der Unterhaut sind
zum Teil gefüllt, die des Darmtraktus und des Herzens stark injiziert. In der
Bauchhöhle findet sich seröses Exsudat, das Peritoneum ist entzündet. Milz
und Leber sind hyperämisch. Die Darmschlingen sind stellenweise durch Gase
augeftrieben; der Dünndarm hat eine stark geschwollene, diffus gerötete und mit
zahlreichen Hämorrhagieen versehene Schleimhaut; sein Inhalt besteht aus einer
grünlich-gelben, glasis-schleimigen Flüssigkeit. Die Dünndarmfollikel treten als
stecknadelkopfgroße, weißliche Erhebungen hervor. Der Dickdarm zeigt nur einen
dünnflüssigen Inhalt, sonst keine Veränderungen.
Im Mikroskop sind Kurzstäbchen in Herzblut, Milz, Leber, Gallenblase und
Muskulatur zu finden.
Je eine Drigalski- Agarplatte vdrd geimpft mit
Herzblut, die ganze Platte voll blauer Kolonieen,
Milz, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Leber, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Galle, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Muskulatur, zahlreiche kleine blaue Kolonieen.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung. Im hängenden
Tropfen zahlreiche bewegliche Bakterien zu sehen. Einige Tropfen auf eine D r i -
g a 1 s k i - Agarplatte gebracht, bedecken dieselbe bis zum nächsten Tage vollständig
mit kleinen blauen Kolonieen.
In allen Kolonieen Gärtner- Bacillen in Reinkultur.
Versuch 11.
Am 31. VII. 1911 applizierte ich einer 2-jährigen Ente von schmutzigbrauner
Farbe, nachdem das Serum auf seine negative Agglutinationsfähigkeit für Gärtner-
Bacillen geprüft war, die Aufschwemmung zweier 24-stündiger Agarstrichkulturen
üi 1 ccm Bouillon in die Bauchhöhle; Temperatur 40,3 ". Tags darauf ist die Ente
zwar munter, verweigert jedoch die Futteraufnahme und setzt diarrhoischen Kot
ab; Temperatur 41,4°. Diese Störung hält bis zum 7. VHI. an, dann ist die Tem-
peratur wieder auf 40,5*^ zurückgegangen und die Nahrungsaufnahme normal. Das
Serum agglutiniert an diesem Tage Gärtner- Bacillen in einer Verdünnung von
1:320. Die Diarrhöe ist erst am 15. Tage nach der Infektion verschwunden.
10 Tage später wird das Versuchstier getötet. Agglutination 1:160.
Die Sektion ergibt sero-fibrinöse Peritonitis und fibrinöse Gerinnsel im Cavum
abdominis, sonst nichts Pathologisches. In Herzblut, Milz, Leber und Galle lassen
sich Bakterien von der Form der verimpften mikroskopisch feststellen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut, 20 stecknadelkopfgroße blaue Kolonieen,
Milz, 26 stecknadelkopfgroße blaue Kolonieen,
Leber, 12 stecknadelkopfgroße blaue Kolonieen,
Galle, 1 ca. pfennigstückgroße und mehrere kleine blaue Kolonieen.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung. Auf einer Dri-
galski - Agarplatte gehen aus einigen Tropfen derselben zahlreiche blaue Ko-
lonieen auf.
Im Mikroskope lassen sich in allen blauen Kolonieen Gärtner- Bacillen nach-
weisen.
Versuch 12.
Versuchstier: Schwarzbraune, ca. 1 Jahr alte kräftige Ente, Landrasse, Tem-
peratur 40,5 0. Das Serum agglutiniert Gär tner- Bacillen nicht.
Am 3. VHI. 1911 spritzte ich derselben die Abschwemmung von drei 24-
stündigen Agarstrichkulturen in ca. 2 ccm Bouillon subkutan ein und massierte
die Stelle, um eine raschere Resorption herbeizuführen und eine Abszeßbildung
zu verhüten. 6 Stunden später zeigt das Tier starke Benommenheit, sitzt zu-
sammengekauert in seinem Käfig, zittert und verweigert die Nahrung. Temperatur
42,3°. Am nächsten Tage zeigen sich keine solchen starken Depressionserschei-
nungen mehr, dagegen ist außerordentlich sta,rker Durchfall von weißlichem,
glasigem, übelriechendem Kot zu bemerken. Temperatur 41,6°. Das Allgemein-
befinden bessert sich in der folgenden Zeit wieder, jedoch besteht die Diarrhöe weiter.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 6. 21
322
CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. b2. Heft 5.
Am 5. Tage nacli der Infektion ist die Agglutination negativ. Am 16. VIII. zeigt sich
das Allgemeinbefinden plötzlich verschlimmert. Die Ente ist abgemagert, hat starken
Tränenfluß und Hegt matt axd der rechten Seite. Die Schwäche ist derart, daß sich das
Tier nicht mehr erheben kann. In den nächsten Tagen wird es noch schwächer,
nimmt keine Nahrung mehr, die Temperatur sinkt auf 39,2''. Klorüsch-tonische
Krämpfe treten zuweilen am ganzen Körper ein, zuweilen nur an einzelnen Muskel-
partieen. Am 24. VUI. verendet das Tier. Sektionsbefund: Der Kadaver ist
stark abgemagert, die Bauchseite mit Kot beschmutzt. Um Augen- und Nasen-
löcher dickes eingetrocknetes Sekret. Das Blut ist schlecht geronnen, die Blut-
bahnen der Unterhaut sind leicht gefüllt. Am Peritoneum zahlreiche Petechien.
Die Leber läppen sind schon in Fäulnis übergegangen. Der Dünndarm zeigt eine
geschwollene Schleimhaut und deutlich hervortretende Follikel. Der übrige Darm
zeigt wenig flüssigen Inhalt und ist stellenweise durch Gase aufgetrieben. An
manchen Partieen ist die Schleimhaut nekrotisch und in Fetzen abgestoßen; die
rechte Lunge ist hypostatisch. Ausstrichpräparate aus Herzblut, Milz, Leber und
Galle zeigen Kurzstäbchen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit:
Herzblut, 1 markstückgroße und ca. 25 kleine blaue Kolonieen,
Milz, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Leber, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Galle, zahlreiche kleine blaue Kolonieen.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung.
Im hängenden Tropfen bewegliche Kurzstäbchen zu sehen, auf einer D r i -
g a I s k i - Agarplatte bringen einige Tropfen zahlreiche blaue Kolonieen hervor.
In allen Kolonieen Gärt ner- Bacillen in Beinkultur zu finden.
Versuch 13.
Eine schneeweiße, ca. 2 Jahre alte Ente, deren Serum G ä r t n e r-Bacillen nicht
agglutinierte, wurde zur Infektion per os benutzt. Temperatur 40,4". Dieselbe
wurde 15 Tage lang je mit der Ausbeute zweier 24-stündigen Gärtner- Rouillon-
kulturen gefüttert, zum erstenmal am 7. VHI. 1911. Nach einigen Tagen war
leichte Störung in der Munterkeit und schwache Diarrhöe vorhanden. Tempe-
ratur 41,1 0. Bis zum 23. VHI., dem Tage der Tötung, war keine sonstige Ver-
änderung im Gesundheitszustand eingetreten. Agglutination 1 : 160.
Sektionsbefund bis auf Injektion der Darmgefäße negativ. Ebenso die mikro-
skopische Untersuchung.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit :
Herzblut ]
^^"^ steril
Leber | ^'^"^
Galle J
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
Es folgen die Tabellen über die verschiedenen Resultate.
Tabelle über die Versuchsreihe mit Bac. enteritidis Gärtner.
FaU
Versuchs-
tier
10
11
12
13
Huhn
Hahn
Taube
Gans
Ente
Art der Infektion
Endovenöse Impfung
Intraperitoneale „
Subkutane ,,
Stomachikal
Endovenöse Impfung
Intraperitoneale „
Subkutane „
Intramuskuläre „
Stomachikal
Endovenöse Impfung
Intraperitoneale „
Subkutane „
Stomachikal
Tag der
Impfung
27. 7. 1911
27. 7.
24. 7.
4. 8.
7.
26,
6. 8.
30. 8.
24. 8.
1911
Gretötet
am
Nachweis von
Bacillen
23. 8. 1911
22. 8.
22. 8.
24. 8.
22. 8.
25. 8.
25. 8.
Es erlagen der Infektion 3 Tauben, 1 Gans und 1
23.
Ente.
Negativ
Positiv
Negativ
Positiv
Positiv
Negativ
Positiv
Positiv
Negativ
Reinholdt, Infektionsversuche mit den „Fieischvergiftern" beim Geflügel. 323
Tabelle der Agglutinationen
tidis
der Versuchsreihe mit Bac. enteri-
Gärtner.
Versuchstier und
Infektionsart
Tag der Unter-
suchung
1:20
1:40
1:80
1:160
1:320
1:640
1 : 1280
Huhn, endovenös
27. 7. 1911
6 Tage später
+
+
+
+
—
—
—
Huhn, intraperitoneal
27. 7. 1911
6 Tage später
+
+
+
—
—
—
—
Huhn, subkutan
24. 7. 1911
8 Tage später
30 „
+
+
+
+
+
+
+
+
+
—
Huhn, stomachikal
4. 8. 1911
15 Tage später
+
+ 1 - -
—
—
—
Taube, subkutan
28 Tage post in-
fectionem
—
—
1
—
—
Taube, stomachikal
20 Tage post in-
fectionem
+
+
— —
—
—
Oans, endovenös
Vor der Impfung
—
—
- 1 -
—
—
Ente, intraperitoneal
31. 7. 1911
8 Tage später
+
+
+
+
+
+
+
+
+
—
Ente, subkutan
3. 8. 1911 — 1 —
5 Tage später — —
= 1 =
—
— —
Ente, stomachikal
7. 7. 1911
15 Tage später
+
+
+
+
—
—
B, Versuche mit dem Bac. paratypliosus B.
a) Versuche mit Hühnern.
Versuch 14.
Ein sehr kräftiger, grauweißer, 3-jähriger Hahu, dessen Serum Paratyphus-
B-Bacillen nicht agglutinierte und dessen Temperatur 40,5° betrug, erhielt am
25. Vni. 1911 die Abschwemmung zweier virulenter Agarstrichkulturen von Para-
typhufl-B-Bacillen in 1 ccm Bouillon in eine Vene des rechten Flügels injiziert.
Arn nächsten Tage ist das Tier schwer krank, sitzt in einer Ecke seines Käfigs
mit dunkelblau verfärbtem Kamm und verweigert das Futter. Die Faeces sind
wäßrig-dünn. Temperatur 41,8°.
Diese Krankheitserscheinungen zeigen sich noch 2 Tage lang, dann bessert sich
der Zustand wieder. Der Hahn wird wieder munter, nimmt Nahrung auf, der
Kamm nimmt seine natürliche gesunde Farbe wieder an ; auch die Diarrhöe ist
nach weiteren 2 Tagen verschwunden. Am 7. Tage agglutiniert das Serum in einer
Verdünnung von 1 : 160. Die Temperatur ist wieder auf 40,8 ° zurückgegangen.
Am 10. Tage post infectionem wird das Tier getötet. Der Agglutinationstiter be-
trägt immer noch 1 : 160.
Die Sektion zeigt nur Veränderungen im Dünndarm: dessen Schleimhaut ist
feschwollen, diffus gerötet und mit Hamorrhagieen durchsetzt. Der Inhalt des
)ünndarmes besteht aus einer weißlich-gelben Flüssigkeit, Leber und Milz sind
nicht verändert. Der mikroskopische Nachweis von Bakterien in Herzblut, Milz,
Leber, Galle und Muskulatur gelingt nicht.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit :
Herzblut |
^^ \ =.tpril
Leber [ ^^^"^
Galle
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
21*
324 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Versuch 15.
Als Versuchstier für intraperitoneaie Impfung kam eine 2- jährige gelbbraune
Henne zur Verwendung. Ihr Serum agglutinierte Paratyphus-B-Bacillen nicht.
(Verdünnung 1:20.) Ihre Temperatur betrug 40,6°.
Am 25. Vni. spritzte ich derselben die Ausbeute von drei 24-stündigen Agarstrich-
kulturen, in 1 ccm Bouillon suspendiert, in die Bauchhöhle. Tags darauf ist eine schwere
Störung im Allgemeinbefinden zu bemerken. Das Huhn sitzt teilnahmslos auf dem
Boden und nimmt keine Nahrung auf. Die Benommenheit ist derart, daß das Tier
nicht einmal der Berührung ausweicht. Der Kot ist dünnflüssig, Temperatur auf
42,2 gestiegen. Noch 3 Tage lang sind diese Krankheitssymptome I)emerkbar, von
da an erholt sich die Henne wieder. Am 7. Tage agglutiniert das Serum in einer
Verdünnung von 1 : 320. Die Temperatur ist an diesem Tage auf 41,5 o zurück-
gegangen. Am 4. VIII. wird das Huhn getötet. Agglutination 1:160. Sektions-
befund: In der Bauchhöhle findet sich schmutzig-graues serofibrinöses Exsudat.
Der Muskelmagen ist durch eine ca. 0,5 cm dicke Bindegewebsschicht mit der
Bauchdecke verwachsen; das Peritoneum zeigt starke Injektion seiner Gefäße,
ebenso das Gekröse, die Schleimhaut des Dünndarms ist geschwollen und etwas
gerötet, Hämorrhagieen sind nicht vorhanden, ebenso keine Schwellung von Milz
und Leber.
Im Mikroskope können in keinem der angefertigten Präparate Bakterien ge-
funden werden.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit:
Herzblut )
Milz l ♦ •,
Leber «^«"^
Galle i
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
Versuch 16.
Am 24. VII. 1911 injizierte ich einer rebhuhnfarbigen 2- jährigen Henne, deren
Serum Paratyphus-B-Bacillen nicht agglutinierte, subkutan 2 ccm 24-stündiger
Bouillonkultur. Die Temperatur vor der Impfung betrug 40,7 **. Eine leichte
Störung im Allgemeinbefinden ist die Folge am nächsten Tage. Das Futter wird
nur in geringer Menge aufgenommen; der Kot ist diarrhoisch (von grünlichgelber
Farbe). Ausid er Nase ist in den nächsten 2 Tagen seröser Ausfluß zu bemerken,
der am 3. Ta^e verschwunden ist. An diesem Tage hat sich an der Injektionsstelle
eine etwa haselnußgroße, speckige, gelbe Infiltration gebildet. Diese wird mit
der Zeit nekrotisch und fällt nach etwa 2 Wochen ab.
Am 28. VIII. ist das Tier wieder völlig munter. Am 7. Tage nach der
Impfung agglutiniert das Serum in einer Verdünnung von 1:320, am 17. Tage in
einer solchen von 1 : 160. Ebenso am 32. Tage. An diesem wird die Henne
getötet.
Sektionsbefund negativ, ebenso der mikroskopische Nachweis.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit:
Herzblut, steril,
Milz, 2 linsengroße blaue Kolonieen,
Leber, steril,
Galle, 5 kleine blaue Kolonieen,
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
In den aufgegangenen Kolonieen lassen sich Paratyphusbacillen in Reinkultur
nachweisen.
Versuch 17.
Um die Widerstandsfähigkeit herabzusetzen und dadurch eine Infektion per
OS eher zu ermöglichen, wird einem rebhuhnfarbigen 3-jährigen Huhne 4 Tage
lang das Futter entzogen, das Serum des Versuchstieres agglutmiert Paratyphus-B-
Bacillen nicht, die Temperatur beträgt 40,5°. Vom 5. Tage ab (25. VHI. 1911)
erhält die Henne täglich die Abschwemmung von drei 24-stündigen Agarstrich-
kulturen in Bouillon, und zwar die nächsten 4 Tage lang ohne sonstige Fütterung;
daraufhin macht sich starke Diarrhöe von weißlich-gelbem Kot bemerkbar, auch
steigt die Temperatur auf 41,5 o. Nachdem das Tier 3 Tage lang wieder Futter
erhalten hat, verschwindet der Durchfall, die Temperatur bleibt jedoch auf ihrer
Höhe, 10 Tage nach der ersten stomachikalen Applikation wird das Huhn getötet.
Am 6. Tage und am Tage der Tötung beträgt der Agglutinationstiter 1:80.
Außer gelblich weißem Inhalt des Dünndarms und leichter Schwellung von
Reinholdt, Infektionsversuche mit den „Fieischvergiftern" beim Geflügel. 325
■dessen Schleimhaut läßt die Sektion keine Veränderung erkennen. Im Mikroskop«
lassen sich iu keinem der Ausstriche Bakterien erkennen.
Je eine D r i g a I s k i - Agarplatte wird geimpft mit :
Herzblut |
Galle J
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
b) Versuche mit Tauben.
Versuch 18.
Einer hellbraunen ca. 3 Monate alten Feldtaube injizierte ich am 29. VIII 1911
1/2 ccm einer mit 3 ccm Bouillon abgeschwemmten 24-3tündigen Agarstrichkultur
in eine Vene des rechten Flügels, 20 Stunden später liegt das Tierchen tot im
Käfig. Sektionsbefund: Totenstarre gut ausgebildet, Blut gut geronnen. Bei Oeff-
nung der Bauchhöhle fällt sofort die starke Injektion der Darmgefäße in die
Augen. In der Leber sind zahlreiche (tuberkulöse) Knötchen zu bemerken, die
Milzkapsel schließt einen sie fast ganz ausfüllenden Klumpen von grauen Knoten
em. Der Dünndarm hat eine stark geschwollene diffus gerötete und mit zahlreichen
Petechien ausgestattete Schleimhaut. Sein Inhalt bildet eine weißlich-gelbe Flüssig-
keit. Die Darmschlingen sind an einigen Stellen aufgetrieben.
In Herzblut, Milz, Leber, Niere und Muskulatur lassen sich Kurzstäbchen
mit abgerundeten Enden im Mikroskop nachweisen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit :
Herzblut, zahlreiche blaue Kolonieen,
Milz, fast die ganze Platte bedeckende kleine blaue Kolonieen,
Leber, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Niere, ebenso,
Muskulatur, ebenso.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung.
Im hängenden Tropfen bewegliche Bakterien nachzuweisen. Einige Tropfen
bringen auf einer Drigalski- Agarplatte zahlreiche blaue Kolonieen hervor. —
In allen Kolonieen lassen sich Paratyphusbacillen in Reinkultur nachweisen.
Versuch 19.
Eine graue Feldtaube, der ich am 25. VHI. 1911 1 ccm derselben Abschwem-
mung wie in Versuch 14 intraperitoneal einspritzte, verendete bis zum nächsten
Morgen.
Sektionsbefund: Augen und Schnabel halb geöffnet, aus letzterem und den
Nasenlöchern fließt seröses Sekret. Kloake und Umgebung mit Kot beschmutzt.
Die Gefäße der Unterhaut sind gefüllt. Die Bauchhöhle zeigt serös-eitrigen
Inhalt. Die Bauchserosa zahlreiche Petechien. Die Gefäße des Darmtraktus und
des Herzens treten deutlich hervor. Die Schleimhaut des Dünndarms ist ge-
schwollen, diffus gerötet und zeigt punkt- und strichförmige Hämorrhagieen. Der
Dickdarm bietet ebenfalls das Bild einer Enteritis. Der Anfangsteil des Darmes ist
mit einer hellgelben, die Endpartie mit einer mehr dunkelgrünen, dünnen Flüssig-
keit angefüllt. Milz und Leber sind hyperämisch. Letztere leicht brüchig. —
In sämtlichen angefertigten Ausstrichen lassen sich Bakterien nachweisen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit :
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Milz, ebenso,
Leber, ebenso,
Niere, ebenso.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung.
Die Untersuchung im hängenden Tropfen zeigt bewegliche Stäbchen. Einige
Tropfen erzeugen auf einer D rigalski- Agarplatte viele kleine blaue Kolonieen.
In allen Kolonieen Reinkulturen von Paratyphus-B-Bacillen.
Versuch 2 0.
Als Impftier für subkutane Inokulation nahm ich eine graue, ca. 1 Jahr alte
Feldtaube. Am 26. VIII. brachte ich derselben 1 ccm der in den beiden vorher
erwähnten Versuchen hergestellten Abschwemmung unter die Haut. Einige Stunden
später hat das Tierchen seine Munterkeit völlig eingebüßt, kauert sich in eine Ecke
seines Käfigs und verweigert die Nahrung. Am nächsten Morgen ist es verendet.
326 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
SeJctionsbefund: Totenstarre gut ausgebildet. Aus Schnabel und Nasenlöchern
seröser Ausfluß. In der Bauchhöhle bietet sich das Bild einer serösen Peritonitis;
alle Gefäße sind prall gefüllt. Die Düundarmschleimhaut ist stark entzündet. Der
Dünndarminhalt bildet eine weißlich-gelbe, dünne Flüssigkeit. Der übrige Darm
ist an manchen Stellen meteoristisch aufgetrieben. Leber und Milz sind hyperämisch.
Im Mikroskope lassen sich in Herzblut, Milz, Leber, Niere und Muskulatur
Kurzstäbchen nachweisen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit:
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Milz, ebenso,
Leber, ebenso,
Niere, ebenso.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung.
Auf einer Drigalski- Agarplatte bringen einige Tropfen zahlreiche kleine
blaue Kolonieen hervor.
In allen Kolonieen lassen sich Paratyphus-B-Bacillen in Reinkultur nach-
weisen.
Versuch 21.
Am 29. Vni. 1911 injizierte ich einer grauen, ca. 3 Jahre alten Brieftaube
1/2 ccm einer mit 3 ccm abgeschwemmten 24-stündigen Agarstrichkultur in den
linken Brustmuskel; in der darauffolgenden Nacht verendete das Tierchen.
Sektionsbefund: Aus Schnabel und Nase seröser Ausfluß. Die Umgebung
der Injektionsstelle ist geschwollen, die Muskulatur derselben serös durchtränkt,
das Blut ist gut geronnen, die Gefäße der Bauchhöhle, des Darmtraktus und des
Herzens sind stark injiziert, Leber und Milz hyperämisch. Die Dünndarmschleim-
haut ist geschwollen, diffus gerötet und zeigt punkt- und strichförmige Hämor-
rhagieen. Der Inhalt des Dünndarms ist grünlichgelb und von dünnflüssiger Be-
schaffenheit; der übrige Darm bietet keine Veränderung; die Nieren sind grau
verfärbt.
In Ausstrichen aus der Impfstelle sind Bakterien in Reinkultur, in denen
aus Herzblut, Milz, Leber, Niere und Muskulatur zahlreiche Bakterien zu er-
kennen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit:
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Milz, ebenso,
Leber, ebenso,
Niere, ebenso.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — starke Trübung.
Auf einer Drigalski- Agarplatte gehen aus einigen Tropfen zahlreiche
kleine blaue Kolonieen auf. In allen Kolonieen Reinkulturen von Bac. Paratyphus B
nachzuweisen.
Versuch 22.
Um zu erproben, welchen Einfluß die durch Entziehung des Futters hervor-
gerufene Schwächung der Widerstandsfähigkeit auf die Infektionsmöglichkeit habe,
ließ ich eine schwarze, ca. 3 Jahre alte Brieftaube 5 Tage vor der Fütterung
mit Paratyphus-B-Bouillonkulturen und 2 Tage während derselben hungern. Vom
28. XI. an erhielt die Taube täglich eine 24-stündige Bouillonkultur von Bacillen.
Schon bei der zweiten Darreichung macht sich eine starke Störung im Allgemein-
befinden bemerkbar, das Tierchen sitzt völlig teilnahmslos mit gesträubtem Gefieder
und geschlossenen Augen in einer Ecke seines Käiigs, vom 30. VHI. an wird
wieder Futter gereicht, doch nimmt die Taube nur ganz wenig auf. Dieser krank-
hafte Zustand hält an; am 2. IX. zeigt das Tierchen große Schwäche, es kann
sich nicht mehr erheben und verendet in derselben Nacht.
Sektionsbefund: Der Kadaver ist stark abgemagert. Aus Schnabel und Nase
seröser Ausfluß ; die Umgebung der Kloake mit Kot oeschmutzt. Die Brustmusku-
latur ist blutrot, das Blut gut geronnen, das Bauchfell ist stark entzündet; die Ge-
fäße des Gekröses und des Herzens injiziert; Leber und MUz hyperämisch, der
Dünndarm ist mit einer mit Blut gemischten, weißlich-gelben Flüssigkeit gefüllt.
Seine Schleimhaut ist geschwollen, diffus gerötet und mit Hämorrnagieen ver-
sehen; auch der Dickdarm bietet das Bild einer Enteritis mit dünnflüssigem
Inhalt.
Im Mikroskop sind in allen Ausstrichen Kurzstäbchen zu finden.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Kein hol dt, Infektionevereuche mit den „ Fleisch vergiftern" beim Geflügel. 327
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Kolooieen,
Milz, ebenso.
Leber, ebenso.
Niere, ebenso.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — diffuse Trübung ; auf einer D r i -
g a 1 s k i - Agarplatte ^ehen aus einigen Tropfen zahlreiche typische Kolonieen auf.
In allen Kolonieen Reinkulturen von Paratyphus-B-Bacillen.
c) Versuche mit Gänsen und Enten.
Versuch 23.
Einer 1/2-jährigen weißen Gans, deren Serum Paratyphus-B-Bacillen nicht
agglutinierte und deren Temperatur 40,4'^ betrug, injizierte ich am 25. VIII. 1911
imi 10 Uhr vormittags die Abschwemmung von fünf 24-stündigen Agarstrich-
kulturen in 2 ccm Bouillon Ln eine Vene des rechten Flügels. Eine Stunde später
sitzt das Tier in seinem Käfig, den Kopf auf den Rücken gelegt und die Augen
geschlossen, gegen Berührung ist es völlig unempfindlich, ungefähr 6 Stunden
nach der Infektion tritt starke Diarrhöe ein (weißlicher, schleimiger, übelriechen-
der Kot); 2 Tage lang hält die Benommenheit an. Auch die Temperatur bleibt
während dieser Zeit auf einer Höhe von 41,6 0. Futter wird vollständig versagt.
Am 3. Tage ist leichte Besserung zu konstatieren. Die Gans steht zuweilen auf
imd nimmt auch ab und zu einen Schnabel voll Futter. Temperatur geht auf
40,0" zurück, doch dauert der starke Durchfall immer noch an. Am 30. VHI.
ist das Tier ziemlich munter, nur sitzt es sehr oft nieder. Die Temperatur ist
auf 39,1 ° gesunken. Tags darauf, dem 6. Tage nach der Impfung, agglutiniert
das Serum in einer Verdünnung von 1:160, die Temperatur geht noch weiter
herab auf 38,5 " und bleibt auf diesem niederen Punkte bis zum 5. EK. ; an diesem
Tag hat die Diarrhöe aufgehört und nun nimmt die Temperatur bis zum 8. IX.
ihre ursprüngliche Höhe wieder an. Mattigkeit und Schwäche, die sich in häufigem
Niedersitzen ausdrücken, halten jedoch an. Am 9. IX., dem 15. Tag nach der
Infektion, wird die Gans getötet. Agglutination 1:80.
Der Sektionsbefund ist n^ativ bis auf eine leichte Rötung der Schleimhaut
des Dünndarms, dessen Inhalt eine dünne Flüssigkeit von grünlich-gelber Farbe
darstellt. Der mikroskopische Nachweis von Bakterien gelingt nirgends.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut 7
MUz
Leber > steril
Gallenblase
Niere f
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
Versuch 24.
Einer ebenfalls 1/2- jährigen grauen Grans impfte ich, nachdem der Agglntinations-
befund n^ativ ausgefallen und die Temperatur auf 40,3" befunden war, am 25.
VIII. 1911 die Abschwemmung von fünf 24-stündigen Agarstrichkulturen in 2 ccm
Bouillon supendiert in die Bauchhöhle. 2 Tage ist starke Störung im Allgemein-
befinden und in der Futteraufnahme zu bemerken, ebenso Diarrhöe von glasigem,
weißlichem Kote, Temperatur 41,0". Am 28. VHI. nimmt das Tier wieder Nah-
rung zu sich und wird wieder munter, der Durchfall hält jedoch an, Temperatur
sinkt in den nächsten Ta^en auf 39,0" und kehrt erst, nachdem die Diarrhoe ver-
schwunden ist, am 4. iX. auf 40,2" zurück. Am 6. Tage nach der Injektion
agglutiniert das Serum in einer Verdünnung von 1:320. Am 15. tu einer solchen
von 1 : 160. An diesem Tage erfolgt die Tötung des Tieres.
Sektionsbefund: In der Bauchhöhle bietet sich das Bild einer abgeheilten Peri-
tonitis: Der Magen und der linke Leberlappen sind durch eine ungefähr 0,5 cm
dicke Bindegewebsschicht mit der Bauchdecke verwachsen. Außer einer leichten Rötung
der Dünndarmschleimhaut ist sonst keine Veränderung zu bemerken. — Der mikro-
skopische Nachweiß in Ausstrichen aus verschiedenen Organen fällt negativ aus.
Je eine Drigalski - Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut )
M"^ steril
Leber \ ^^^"^
Galle I
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — keine Trübung.
328 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Versuch 25.
Als Versuchstier für subkutane Impfung ersah ich eine schwere weiße Pe-
kingente, ca. 2 Jahre alt. Ihr Serum agglutinierte Paratyphus-B-Bacillen nicht,
die Temperatur betrug 40,4°. Am 26. VIII. spritzte ich derselben die Ausbeute
von drei 24-stüudigen Agarstriclikulturen und 2 ccm Bouillon unter die Haut der
Bauchdecke und brachte sie durch Massage zur rascheren Resorption. 6 Stunden
später ist die Temperatur auf 41,6 ^ angestiegen. Das Tier liegt mit gespreizten
Flügeln auf dem Boden und weicht der Berührung nicht aus. Am nächsten Morgen
ist es verendet.
Sektionsbefund: Der Kadaver verbreitet einen üblen Geruch, die Unterseite
ist völlig mit Kot beschmutzt, die Augen sind mit Sekret verklebt. Die Bauch-
decke ist straff angespannt, in der Bauchhöhle seröses Exsudat, die Gefälle des
Darmes und des Herzens treten stark hervor, der Darm ist bereits in Fäulnis
begriffen, die Dünndarmschleimhaut ist geschwollen, diffus gerötet und zeigt zahl-
reiche Hämorrhagieen. Die Follikel des Dünndarms sind deutlich zu sehen. Sein
Inhalt besteht aus einer grünüch-gelben Flüssigkeit, die im Dickdarm etwas
dunklere Farbe hat, Leber und Milz sind hj^perämisch, erstere leicht brüchig.
In den mikroskopischen Präparaten aus Herzblut, Milz, Leber, Gallenblase
und Muskulatur sind überall Kurzstäbchen zu erkennen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Kolouieeu,
Milz, ebenso,
Leber, ebenso,
Galle, ebenso.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — starke Trübung. Einige Tropfen
erzeugen auf einer Drigalski- Agarplatte zahlreiche blaue Kolonieen.
In allen Kolonieen sind Paratyphus-B-Bacillen in Reinkultur nachzuweisen.
Versuch 26.
Eine graue, ca. 1/2 Jahr alte Ente, deren Serum Paratyphus-B-Bacillen nicht
agglutinierte und deren Temperatur 40,3" betrug, ließ ich 2 Tage lang hungern, dann'
gab ich derselben vom 26. VHI. an täglich drei 24-stündige Bouillonkulturen
per OS. Die vier ersten Tage dieser Fütterung mit Bacillen gab ich keine Nahrung;
bereits am 29. VIII. reagiert das Tier durch starke Diarrhöe und deutliche Schwäche,
es sitzt immer auf einer Stelle. Am 30. VHI. sinkt die Temperatur auf 39,2 ".
Die Ente üegt andauernd am Boden, nimmt jedoch ab und zu Futter auf, Tags
darauf verschlimmert sich der Zustand noch mehr. Die Temperatur geht auf 38,5 °
herab. Am Nachmittag dieses Tages verendet das Tier.
Sektionsbefund: Totenstarre gut ausgebildet. Die Umgebung der Kloake stark
mit Kot beschmutzt. In der Bauchhöhle findet sich seröses Exsudat, das Peri-
toneum ist entzündet, die Darmgefäße, vor allem die des Dünndarms sind prall ge-
füllt. Leber und Milz zeigen keine Veränderungen. Der Dünndarm hat eine ge-
schwollene, diffus gerötete und mit Hämorrhagieen durchsetzte Schleimhaut, sein
Inhalt ist eine weißlich-gelbe I'lüssigkeit.
In Ausstrichen aus Herzblut, Milz, Leber, Gallenblase und Muskulatur lassen
sich Kurzstäbchen nachweisen.
Je eine Drigalski- Agarplatte wird geimpft mit
Herzblut, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Milz, eine etwa talergroße und viele kleine blaue Kolonieen,
Leber, zahlreiche kleine blaue Kolonieen,
Gallenblase, zahlreiche kleine blaue Kolonieen.
Ein Stückchen Muskulatur in Bouillon — starke Trübung. Im hängenden
Tropfen sind unzählige bewegliche Bakterien zu erkennen, einige Tropfen bringen
auf einer Drigalski- Agarplatte zahlreiche typische blaue Kolonieen hervor.
In allen Kolonieen lassen sich Paratyphus-B-Bacillen in Reinkultur nach-
weisen.
Umstehend folgen die Tabellen der Ergebnisse:
Rein hold t, lufektionsversuche mit den „FleiBchvergiftern" beim Geflügel. 329
Tabelle über die Versuchsreihe mit Bac. paratyphosus B.
Fall
Versuchs-
tier
A _* 1 T * iw.-^^ Tag der , Verendet
Art der Infektion T^f„rv^ > o.^,
[ Imprung am
Getötet
am
Nachweis von
Bacillen
14
Hahn
Endovenöse Impfung 25. 8. 1911
4. 9. 1911
Negativ
15
Huhn
Intraperitoneale „ 25. 8.
—
4. 9.
))
16
>>
Subkutane „
24. 7.
—
26. 8.
Positiv
(Müz u. GaUe)
17
Btomachikal
25. 8.
—
4. 9.
Negativ
18
Taube
Endovenöse Impfunsr
29. 8.
30.
8. 1911
—
Positiv
rö
Intraperitoneale „
25. 8. 26.
8.
M
20
Subkutane ,,
26. 8.
27.
8.
—
21
Intramuskuläre „
29. 8.
30.
8.
—
22
Stomachikal
28. 8.
2.
9.
—
23
Gans
Endovenöse Impfung
—
—
9. 9. ■
Negativ
24
))
Intraperitoneale „
—
—
9. 9.
»
25 Ente
Subkutane „
—
27.
8.
—
Positiv
26
))
Stomachikal
—
1.
9.
—
»
Es erlagen der Infektion 5 Tauben und 2 Enten.
Tabelle der Agglutinationen
typ
der Vers
hos US B.
uchsreihe
mit B
ac. para-
Versuchstier und
Infektionsart
Tag der Unter-
suchung
1:20
1:40
1:80
1:160
1:320
1:640
1:1280
Hahn, endo venös
25. 8. 1911
4 Tage später
10 „
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
—
Huhn, intraperitoneal
25. 8. 1911
7 Tage später
10 „
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
—
Huhn, subkutan
24. 7. 1911
7 Tage später
11 „
32 „
+
+
+
+
+
^-
+
+
+
+
+
+
+
—
—
Huhn, stomachikal
25. 8. 1911
6 Tage später
10 „
+
+
+
+
+
+
—
—
-
—
Gans, endovenös
25. 8. 1911 ! —
6 Tage später +
15 „ „ 1 +
+
+
+
+
+
+
Gans, intraperitoneal
2.5. 8. 1911 1 —
6 Tage später +
15 „ „ +
+
+
+
+
+
+
+ - -
Ente, subkutan
26. 8. 1911 —
—
—
_ 1 _
I
Ente, stomachikal
26. 8. 1911
IV. Ergebnisse und Schlußbetrachtungen.
Aus verstehenden Versuchen geht hervor, daß von dem infizierten
Geflügel Hühner am wenigsten empfindlich waren, denn keines der
8 Versuchstiere ging an den Folgen der Impfungen ein. Nicht einmal
bei endovenöser Applikation von verhältnismäßig sehr großen Mengen
(die Ausbeute von zwei 24-stündigen Agarstrichkulturen) war eine
330 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
tödliche Wirkung zu erzielen; nur starke, einige Tage anhaltende
Störung im Allgemeinbefinden, bestehend in Mattigkeit, Sistierung der
Futteraufnahme, Diarrhöe, Temperatursteigerung und Bildung von
Agglutininen im Blute war die Folge, gerade so wie bei den anderen
Infektionsarten.
Von den 10 zu Versuchen benutzten Tauben verendeten 8, gleich
80 Proz. Nur die unter normalen Fütterungsverhältnissen mit Bac.
enteritidis Gärtner stomachikal infizierte Taube (Versuch 9) und
die mit demselben Bacillus subkutan geimpfte (Versuch 7) zeigte sich
refraktär, letztere wohl deshalb, weil sich an der Infektionsstelle ein
Abszeß bildete, viele der Bakterien darin abgekapselt und dadurch am
Eindringen in Blut- und Lymphbahnen gehindert wurden.
Demnach sind Tauben für die Bakterien der Gruppe der Fleisch-
vergifter verhältnismäßig gut empfänglich ; es ist allerdings zu bedenken,
daß solche Dosen von Infektionsmaterial zur Verwendung kamen, wie
sie bei natürlicher Infektion kaum oder nur ganz ausnahmsweise in
Betracht kommen dürften.
Enten sind, wie aus meinen Versuchen zu schließen ist, sowohl
für Bac. enteritidis Gärtner als auch für Bac. paratyphosus B
empfänglich, doch hängt die Einwirkung von der individuellen Kon-
stitution, der Virusmenge und der Infektionsart ab. Bei subkutaner
Einverleibung konnte ich mit beiden Bacillenarten den Tod der Ver-
suchstiere herbeiführen, während bei Verimpfung in die Bauchhöhle
das betreffende Tier wohl erkrankte, sich aber nach wenigen Tagen
wieder erholte.
Für Gänse war der Bac. enteritidis Gärtner von stärkerer
Einwirkung als der Bac. paratyphosus B. Denn die mit ersterer
Bacillenart geimpfte Gans verendete, während die mit letzterer infi-
zierten Gänse am Leben blieben ; vielleicht läßt sich der rasche Tod
der Gans in Versuch 10 auch darauf zurückführen, daß in diesem Falle
die Bakterien, die zur Verwendung gelangten, bereits eine zweifache
Passage durch Geflügel, nämlich durch 2 Tauben in Versuch 5 und 6,
gemacht hatten und so für Geflügel pathogener geworden waren.
Im ganzen verendeten von den 28 Versuchstieren 12: 8 Tauben,
3 Enten und 1 Gans, und zwar erlagen der endovenösen Impfung
2 Tauben und 1 Gans, der intraperitonealen 2 Tauben, der sub-
kutanen 1 Taube und 2 Enten, der intramuskulären 2 Tauben, der
stomachikalen 1 Taube und 1 Ente. Letzterer Infektionsart aller-
dings nur nachdem durch Hunger die Körperkräfte der betreffenden
Tiere herabgesetzt waren, während die unter normalen Ernährungs-
verhältnissen stehende Taube und Ente am Leben blieben.
Mit Rücksicht darauf, daß unter Verhältnissen, wie sie in der Natur
liegen, kaum Gelegenheit zu einer anderen Infektion als der stomachi-
kalen geboten sein dürfte, und dann auch wohl kaum eine Aufnahme
solch enormer Mengen, wie der von mir applizierten Bakterien vor-
kommen dürfte, ist ein Auftreten von Infektionen mit Bac. enteri-
tidis Gärtner oder Bac. paratyphosus B in seuchenhafter Form
beim Geflügel wohl kaum möglich, zumal dieses, wie aus meinen Ver-
suchen zu entnehmen ist, gegen diese beiden Bacillenarten ziemlich
widerstandsfähig ist. In der Literatur über Geflügelseuchen findet
sich nirgends eine durch derartige Bacillen hervorgerufene Seuche vor.
Es könnten nun bei meinen Versuchen Bedenken dahingehend er-
hoben werden, daß als Suspensionsmaterial für die verimpften Bakterien
Reinholdt, Infektionsversuche mit den „ Fleisch vergif lern" beim Geflügel. 331
Bouillon verwendet wurde, und diese durch ihren Gehalt an heterogenem
Eiweiß die Todesursache gewesen sein könnte. Um diese eventuellen
Einwände zu entkräften, möchte ich anführen: 1) daß trotz der Ein-
verleibung von Bouillon bei einer großen Anzahl von Versuchstieren,
nämlich bei allen Hühnern, den mit Bac. parat yphosus B geimpften
Gänsen, der Ente in Versuch 11 und der Taube in Versuch 7 kein
letaler Ausgang zu verzeichnen war ; 2) füge ich das Ergebnis folgender
Versuche bei : Von 2 Tauben impfte ich die eine endovenös, die
andere intraperitoneal, und zwar je mit 1 ccm Bouillon; beide Impftiere
blieben vollständig gesund. Diese beiden Versuche dürften für die Un-
schädlichkeit der Bouillon der beste Beweis sein, zumal da ich bei der
endovenösen Injektion in Versuch 5 und 18 nur 1/2 ccm Bouillon ge-
brauchte.
Bezüglich des Nachweises der einverleibten Bakterien längere Zeit
post infectionem bei Tieren, die wieder völlig genesen waren und dann
getötet wurden, ist folgendes festzustellen:
A. Bei der Versuchsreihe mit Bac. enteritidis Gärtner: In
Fall 1 (Huhn endovenös geimpft) waren 28 Tage nach der Impfung
weder durch das Mikroskop, noch kulturell Bakterien nachzuweisen,
ebenso in Fall 3 (Huhn subkutan geimpft), dagegen gelang 26 Tage
post infectionem in Fall 2 (Huhn intraperitoneal geimpft) der Nachweis
von Bakterien in Milz und Gallenblase durch Kultur. In Fall 4, in dem
ein 4 Monate alter Hahn, der 2 Tage gehungert hatte, täglich mit
infektiösem Material gefüttert und 7 Stunden nach der letzten Fütterung
getötet wurde, konnten in aUen Organen und in der Muskulatur Bak-
terien gefunden werden. Dagegen gelang bei einer ebenfalls stomachikal
infizierten Taube (9), die bei normaler Fütterung 20 Tage lang täglich
Infektionsdosen erhielt, der Nachweis nicht, ebenso wie bei der sub-
kutan geimpften in Fall 7 26 Tage nach der Impfung.
In Versuch 10 (Ente intraperitoneal geimpft) war der Nachweis
von Bacillen 25 Tage post infectionem in allen untersuchten Organen
und in der Muskulatur zu erbringen. In Fall 13 (Ente) waren nach
15 Tagen in keinem der untersuchten Organe Bakterien nachweisbar,
trotz der täglichen Darreichung von zwei 24-stündigen Bouillonkulturen
bis zum Tage vor der Tötung.
B. Bei der Versuchsreihe mit Bac. paratyphos B: Bei endo-
venöser und intraperitonealer Impfung gelang bei Hühnern CFall 14 und
15) 10 Tage nachher und bei Gänsen (Fall 22, 23 und 24) 15 Tage
nachher der Nachweis von Bakterien nicht mehr, auch nicht in Fall 17
(Huhn stomachikal infiziert) nach lO-tägiger Fütterung mit Para-
typhus-B-Bacillen.
Dagegen war in Versuch 16 (Huhn subkutan geimpft) noch nach
32 Tagen der Nachweis von Bakterien in Milz und Gallenblase möglich.
Betrachtet man nun das Ergebnis vorstehender Zusammenstellung,
so läßt sich daraus leicht der Schluß ziehen, daß zwar bei manchen
Tieren (Fall 14 und 15, 23 und 24) die Ausscheidung der Bacillen in
der verhältnismäßig kurzen Zeit von 10 — 15 Tagen erfolgt, daß aber
andererseits sich in einigen Fällen (2, 4, 10, 16) noch nach einmonatlicher
Frist der Nachweis der verimpften Bakterien erbringen läßt. Es dürfte
demnach von der individuellen Empfänglichkeit und Widerstandskraft
abhängen, ob Infektionserreger im Organismus zurückbleiben, oder ob
alle ausgeschieden werden.
332 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Bezugnehmend nun auf die Streitfrage zwischen Mühlens, Dahm
und Fürst und Zwick und Weich ei, läßt sich auf Grund meiner
Versuche nicht ganz ausschließen, daß einmal im Fleisch bzw. in den
Organen eines Tieres, das nur vorübergehend mit „Fleischvergiftern"
infiziert und erkrankt, bei der Schlachtung aber vollständig gesund war,
die Erreger dieser Vergiftungen nachgewiesen werden können.
Die von mir angestellten Fütterungsversuche führen mich zu der
Ansicht, daß Magen und Darm des Geflügels bei normaler Fütterung
kaum als Eintrittspforte für eine Allgemeininfektion mit letalem Aus-
gang in Betracht kommen dürften, daß aber Jugend und Inanition, wohl
aucn Krankheit oder Kälte Faktoren darstellen, welche eine die In-
fektion mit Fleischvergiftern begünstigende Herabsetzung der Resistenz
des tierischen Organismus herbeiführen, wie dies ja auch bei anderen
Infektionskrankheiten zu beobachten ist.
Bemerkenswert ist auch das Resultat der Untersuchungen der Sera
auf Agglutinine vor der Infektion: Bei keinem der in dieser Hinsicht
untersuchten Tiere, nämlich 8 Hühnern, 3 Gänsen und 5 Enten,
war bei einer Verdünnung der Sera im Verhältnis von 1 : 20 eine
Agglutination festzustellen, und zwar weder auf Bac. enteritidis
Gärtner noch auf Bac. paratyphosus B. In einem Falle (12) unter-
suchte ich das Serum schon am 5. Tage post infectionem ohne jedoch
Agglutination zu erzielen, die übrigen Untersuchungen bei den anderen
Versuchstieren führte ich jeweils erst 6 — 10 Tage nach der Impfung
aus und konnte dabei immer positive Befunde verzeichnen ; zwei Tat-
sachen, welche darauf schließen lassen, daß sich die Antikörper un-
gefähr erst 6 — 8 Tage nach der Infektion bildeten.
Ueber die Dauer des Vorkommens der Agglutinine im Serum meiner
Versuchstiere konnte ich deshalb keine Untersuchungen anstellen, weil
ich die betreffenden Tiere spätestens nach einem Monat tötete, um in den
Organen eventuell noch Bakterien nachweisen zu können, was mir ja
auch einigemal gelang. Aber auch in den Fällen, in denen die Tiere
längst wieder gesund waren, und keine Bakterien mehr gefunden wurden,
ließen sich am Tage der Tötung im Serum noch Agglutinine feststellen.
Den höchsten Agglutinationstiter fand ich immer 6^8 Tage nach
der Infektion, bei späteren Untersuchungen war derselbe entweder gleich
hoch geblieben oder zurückgegangen (Näheres siehe die diesbezüglichen
Tabellen). Eigentümlich ist, daß das Serum des untersuchten Geflügels
nie in einer stärkeren Verdünnung als 1 : 640 deutlich agglutinierte,
während bei Ziegen, an denen zur Zeit meiner Versuche im Institut
für Seuchenlehre ebenfalls Infektionen mit den ,, Fleischvergiftern" aus-
geführt wurden, noch bei einer Verdünnung von 1 : 4000 und darüber
Agglutination erzielt wurde. Es ist dieser Unterschied wohl darauf
zurückzuführen, daß das Geflügel eine größere Indolenz gegen Bac.
enteritidis Gärtner und paratyphosus B besitzt als Ziegen.
Uebereinstimmend bei allen durch die Infektionen verendeten Tieren
war folgender Sektionsbefund: Starke Injektion der Gefäße der Darm-
traktus und des Herzens; schwere Entzündung der Dünndarmschleim -
haut; dieselbe war jedesmal geschwollen, diffus gerötet und mit Hämor-
rhagieen durchsetzt. Der Inhalt des Dünndarms war immer von weiß-
licher bis grünlichgelber Farbe. Blutungen ins Lumen waren nur in
einem Fall, auf den ich näher zurückkommen werde, vorhanden. Leber
und Milz waren in der Mehrzahl der Fälle hyperämisch. Pathologische
Veränderungen in der Bauchhöhle fanden sich vor allem bei der intra-
Reinholdt, Infektionsversuche mit den „Fleischvergiftern" beim Geflügel. 333
peritonealen Impfung, und zwar serofibrinöses Exsudat; in Versuch 15
und 24: war sogar eine Verwachsung von Magen und Leber mit der
Bauchdecke eingetreten. Bei den anderen Fällen war nur in einer An-
zahl von Sektionen seröse Peritonitis festzustellen.
Im Gegensatz zu Poppe (13) konnte ich bei keinem meiner Ver-
suchstiere blutige Diarrhöe feststellen ; der diarrhoische Kot war meist
von wäßriger Beschaffenheit und weißlicher bis gelblicher Farbe. Blut-
beimischungen waren nie darin zu finden. Nur in dem bereits ange-
deuteten Fall waren Blutungen ins Lumen des Dünndarms vorhanden,
nämlich in Versuch 22 bei der Taube, die 7 Tage lang gehungert hatte
und der Infektion per os erlag.
In die Verhältnisse in praxi übersetzt, dürften die Ergebnisse meiner
Untersuchungen mich wohl zu dem Schlüsse berechtigen, daß unter
normalen Verhältnissen Hühner sich wohl kaum mit Bac. enteritidis
Gärtner oder Bac. paratyphosus B tödlich infizieren, daß Tauben
dagegen einer lebensgefährlichen Infektion eher zugänglich sind, und
daß es bei ihnen sowohl als auch bei Gänsen und Enten von der indi-
viduellen Konstitution und der Infektionsart abhängt, ob nur eine akute,
mehr oder weniger starke Störung im Allgemeinbefinden oder eine
lebensgefährliche Erkrankung die Folge ist. Auf alle Fälle sind jedoch
sehr große Mengen virulenter Bakterien notwendig, und diese auch nur
dann wirksam, wenn durch Unterernährung, Krankheit oder Jugend
die Kräfte des tierischen Organismus herabgesetzt sind.
Schlußsätze.
1) Durch die Einverleibung von Bac. enteritidis Gärtner oder
Bac. paratyphosus B auf die verschiedensten Methoden (endovenös,
intraperitoneal, subkutan, intramuskulär, stomachikal) lassen sich bei
Hühnern, Tauben, Gänsen und Enten teils vorübergehende, teils tödliche
Erkrankungen hervorrufen.
2) Am ehesten sind, nach meinen Versuchen zu schließen, Tauben
einer Infektion zugänglich, dann folgen Enten und Gänse ; am wider-
standsfähigsten sind Hüliner.
3) Vom geringsten Einfluß auf den Gesundheitszustand des Ge-
flügels ist die Applikation per os unter normalen Fütterungsverhältnissen.
4) Zur Infektion sind sehr große Mengen von Bakterien notwendig.
5) Der Nachweis der Bakterien gelingt immer, wenn die Tiere an
der Infektion verenden. Bei Tötung der wieder gesunden Tiere ist das
Gelingen des Nachweises zweifelhaft.
6) Agglutinine lassen sich im Blut vom 6. Tage post infectionem an
nachweisen.
Zum Schlüsse drängt es mich, Herrn Prof. Dr. Reinhardt für die
liebenswürdige Ueberweisung der Arbeit sowie für das derselben jeder-
zeit entgegengebrachte Interesse meinen verbindlichsten Dank aus-
zusprechen.
334 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Literatur.
1) Kutscher u. Meinicke, Vergleichende Untersuchungen über Paratyphus-,
Enteritis- iind Mäusetyphußbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 52. 1906.)
2) Vagedes, Klin. Jahrb. 1905. H. 14 (n. Vor.).
3) Gärtner, lieber die Fleischvergiftung in Frankenhausen. (Breslauer ärztl.
Zeitg. 1888. p. 236 f.)
4) Hübener, Fleischvergütungen und Paratyphusinfektionen, ihre Entdeckung
und Verhütung. Wiesbaden 1910.
5) Dreves, Zur Aetiologie des Paratyphus B. (Zeitschr. f. Medizinalbeamte.
1908. No. 9.)
6) Kolle u. Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie und die Infektionskrank-
heiten. Berlin u. Wien 1906. (n. Vor.)
7) Bongert, Der Mäusetyphus. (Kolle u. Wassermann, Handb. d. pathogen.
Mikroorg. HI. 1903.)
8) Nocard et Leclainche, Maladies microbiennes des nimaux. Edit. 3.
Paris 1903.
9) Tartakowsky, Enterite septique des passereaux. (Nocard et Leclainche,
Maladies microb. [8].)
10) Böhme, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. 52. 1906.)
11) Eckersdorff, Kasuistische Beiträge zum Vorkommen von Bacillen der
Paratyphus (Hogcholeragruppe). (Arb. a. d. kgl. Instit. f. experün. Ther. zu
FranMurt a. M. 1908.)
12) Seiffert, Studien zur Salmonellagruppe, Paratyphus-B-Gruppe. (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. 63. 1909.)
13) Poppe, Zur Frage der Uebertragung von Krankheitserregern durch Hühner-
eier. Zugleich auch Beitrag zur Bakteriologie des normalen Eies. (Arb. a. d.
ßeichsgesundheitsamt. 1910.)
14) Zwick u. Weichel, Zur Frage des Vorkommens von sog. Fleischgiften
in Pökelfleischwaren. (Arb. a. d. Reichsgesundheitsamt. Bd. 33. 1910. H. 2.)
15) Mühlens, Dahm u. Fürst, Untersuchungen über Bakterien der Enteritis-
gruppe (Typus Gärtner u. T. Flügge), insbesondere über die sog. „Fleisch-
vergiftungserreger" und die sog. „Ra,ttenschädlinge". (Centralbl. f. ßakteriol.
Abt. I. Orig. Bd. 48. 1909.)
16) Grimm, M. D., Eine neue Seuche der Ratten. (Bote f. öffentl. Veterinär-
wesen. 1905. Nr. 7) [Russisch.] (n. Vor.)
17) Bahr, Raebiger, Grosso, Untersuchungen über den Bac. paratypho-
sus B, der Bac. enteritidis Gärtner und den Ratinbacillus. (Zeitschr.
f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 5. 1908/09.)
18) Vergleichende Untersuchungen über Ratin und Fuchsol. (Landwirtschaftl.
Wochenschr. f. d. Prov. Sachsen. 1908. No. 21.)
19. Xylander, Der Ratinbacillus als Rattenvertilgungsmittel. (Arb. a. d. KaiserL
Cfeflundheitsamte. Bd. 28. 1908. H. 1. (n. Bahr, Raebiger, Grosso.)
Müller, Der Nachweis von Fleisch Vergiftungsbakterien etc.
335
Nachdrtcck verboten.
Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien in Fleisch
und Organen Ton Schlachttieren auf (xrund systematischer Unter-
suchungen über den Verlauf und den Mechanismus der Lifektion
des Tierkörpers mit Bakterien der Enteritis- und Paratyphusgruppe,
sowie des Typhus ; zugleich ein Beitrag zum Infektions- und Virulenz-
problem der Bakterien auf experimenteller Basis ^).
[Aus dem Schlachthoflaboratorium in München ^).]
Von Dr. med. vet. Max Müller, Leiter des Laboratoriums.
Die folgenden Ausführungen enthalten die Ergebnisse der Unter-
suchungen, die ich zur Beantwortung der Frage angestellt habe, welche
Organe die bakteriologische Fleischbeschau beim Vorliegen von Septik-
ämieverdacht in erster Linie zu untersuchen hat. Die Fleischhygiene
kann ihrer schwierigen von Ger lach (16) treffend dahin formulierten
Aufgabe: „Unter möglichster Verwertung des Fleisches
kranker Tiere die Gesundheit des Menschen zu schützen"
nur dann voll nachkommen, wenn sie der Fleischbeurteilung eine exakte,
von theoretisch-philosophischen Erwägungen möglichst freie Auffassung
des lufektions- und Virulenzproblems zugrunde legt.
Bei meinen Untersuchungen ging ich von der Erwägung aus, daß
die bakteriologische Ergänzungsbeschau für die Praxis nur dann Wert
hat, wenn dieselbe in der Lage ist, schnell und sicher zu ent-
scheiden, ob der auf Grund der makroskopischen Untersuchung geäußerte
Septikämieverdacht begründet ist oder nicht. Da die Fleischvergiftungen
des Menschen durch Bollinger (1) in außerordentlich nahe Beziehungen
zu den „septikämischen" Krankheiten der Schlachttiere gebracht worden
sind, so ist die Entscheidung der Frage, ob ein Tier auf Grund der
Fleischbeschau als septikämisch zu betrachten ist oder nicht, für den
Tierarzt häufig eine außerordentlich verantwortungsvolle und schwierige
Aufgabe auch aus dem Grunde, als die herrschende Unsicherheit über die
fleischbeschauliche Septikämiefrage häufig auch zu einem Kollidieren der
sich widerstrebenden wirtschaftlichen und hygienischen Interessen führt.
Die Zahl der als Septikämie und Pyämie auf Grund der Beschau
gestellten Diagnosen, denen zufolge der ganze Tierkörper als „untauglich
zum Genuß" erklärt wurde, betrug nach der Fleischbeschaustatistik:
Tiergattung
1905
1906
1907
1908
1909
1. Pferde
480
491
566
566
570
2. Rindvieh
16 421
15 490
15 687
16197
16104
3. Schweine
1677
2 074
2 094
1919
1821
4. Schafe
291
343
297
302
260
5. Ziegen
221
273
223
141
200
6. Hunde
2
—
1
—
—
Insgesamt
19 092
18 671
18868
19125
18955
Ich habe in meiner Arbeit (2) über die Beziehungen der Notschlach-
tungen zu den Fleischvergiftungen und das Wesen des sogenannten
1) Habilitationsschrift.
2) Die in den Jahren 1909 und 1910 angestellten Versuche sind im Institut für
Hygiene und Bakteriologie an der Universität Straßburg ausgefiihrt worden.
336 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
septischen Beschaubefundes bereits eingehend dargelegt und gezeigt, daß
wir es bei den fleischbeschaulichen Septikämiediagnosen
in der allergrößten Mehrzahl der Fälle überhaupt nicht
mitdemVorliegenvonSeptikämieenim bakteriologischen
Sinne des Wortes, sondern in der Regel mit Saprämieen
zutun haben, sofern wir unter Septikämie die Allgemeininfektion
des Körpers mit einer gleichen Art von Bakterien verstehen, welche
durch den Einbruch dieser Erreger in die Blutbahn unter weiter-
schreitender Vermehrung daselbst entstanden ist, und wenn wir als
Saprämie die Folgezustände der Wundinfektion mit den ubiquitären
vielartigen saprophytischen Bakterien auffassen, wobei es zu
einer Intoxikation des Körpers durch die Produkte der saprophytischen
Bakterien kommt, ohne daß die Bakterien hierbei eine allgemeine Ver-
breitung im Körper finden müssen. Ob ein pathologischer Beschaubefund
als Septikämie oder Saprämie anzusprechen ist, muß aber in erster Linie
durch eine bakteriologische Untersuchung entschieden werden. Und
diese bakteriologische Ergänzungsuntersuchung ist nicht
nur aus hygienischen, sondern auch aus wirtschaftlichen
Gründen in der Fleischbeschau nötig, weil die Saprämie,
hinsichtlich der Verwertung solchen Fleisches zum Genuß
für den Menschen in vielen Fällen eine günstigere Be-
urteilung erfahren kann, als wenn derartiges Fleisch auf
Grund des Septikämieverdachts allein als „untauglich
zum Genuß für den Menschen" begutachtet wird.
Es liegt daher ein Verkennen des Zweckes und der Aufgaben der
bakteriologischen Fleischbeschau darin, wenn sich dieselbe lediglich auf
das Suchen nach sogenannten Fleischvergiftungsbakterien kaprizieren soll,
weil hierbei das für den Tierarzt außerordentlich wichtige wirtschaft-
liche Moment außer acht gelassen wird. Ich habe auch durch meine
Untersuchungen über die Beziehungen der Notschlachtungen zu den
Fleischvergiftungen und das Wesen des sogenannten septischen Beschau-
befundes bereits dargetan, daß die Möglichkeit zur Entstehung von
Fleischvergiftungen auf Grund der als verdächtig erachteten Beschau-
befunde allerseits außerordentlich überschätzt worden ist, eben weil
wir es in der allergrößten Mehrzahl dieser verdächtigen Fälle nicht mit
Septikämieen, sondern mit Saprämieen zu tun haben.
Auf Grund der unklaren Vorstellungen über die Natur der als
Septikämie und Pyämie gedeuteten Beschaubefunde resultierte auch eine
merkliche Unsicherheit hinsichtlich der Anwendung der bakteriologischen
Fleischuntersuchung für die Zwecke der Praxis. Weil das Suchen nach
den Fleischvergiftungsbakterien auch in den als verdächtig erachteten
Fällen in der Regel mißlang, machte sich zur Erklärung dieses nicht
erwarteten Untersuchungsergebnisses ein gewisser Mystizismus breit. Man
wähnte eine Latenz der Fleischvergiftungsbakterien im Muskel (Con-
rad!, 3), sprach von „kryptogenetischer Sepsis", glaubte, daß Keime der
Paratyphusgruppe sich hauptsächlich auf dem Fleische notgeschlachteter
Tiere ansiedeln würden (Rommler, 4) und suchte „das Visier dieser
verkappten Septikämieen" durch Anwendung mehr oder weniger umständ-
licher technischer Finessen zu lüften. Hü bener (5) vertritt bezüglich
der Beobachtungen über intravital erfogte Infektionen des Fleisches von
Schlachttieren mit toxinbildenden Enteritisbakterien und der pathogenen
Wirkungsweise solchen Fleisches auf den Menschen, wie dies bei den
Vergiftungen von Frankenhausen und Moorseele der Fall war, folgende
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc. 337
Ansicht: „Daß nicht noch mehr derartige Beobachtungen vorliegen, liegt
doch lediglich an der Gewohnheit der Menschen, Schlachttleisch erst
1 — 2 Tage hängen zu lassen und nicht unmittelbar nach der Schiachtung
zu genießen. Wäre das nicht der Fall, so würden wahrscheinlich ähn-
liche Beobachtungen, wie die vorliegenden, noch mehrfach gemacht
worden sein."
Wir sehen aus diesen unklaren Vorstellungen, wie wesenthch für
die Klärung der ganzen Fleischvergiftungsfrage zunächst einmal klar-
legende Untersuchungen über das eigentliche Wesen des „septischen"
Beschaubefundes bei den Schlachttieren waren, da der „septische" Beschau-
befund auf Grund der Lehre Bollingers als ein für die Genese von
Fleischvergiftungen außerordentlich gefährlicher und stets verdächtiger
erachtet wurde. Erst mit der Zurechnung der Mehrzahl der
verdächtigen Fälle zur Saprämie wurde von mir die zu-
treffende Erklärung für die relative Seltenheit der
Fleischvergiftungen trotz der hohen Zahl der bisher als
Septikämie- und Pyämie registrierten Beschaubefunde
gegeben. Mit dieser Erkenntnis hat die Fleisch ver-
giftungsfrage für die Fleischb eschau eine völlig andere
Bedeutung als bisher erlangt.
Das Stellen der Saprämiediaguose erfordert vor allem die
sichere Exklusion des Septikämie verdacht es auf Grund der bakterio-
logischen Untersuchung. Wir müssen bei dieser Untersuchung aber nicht
nur wisstT, „wie" wir technisch vorzugehen haben, sondern vor allem
auch „was*', d. h. welche Organe wir zu prüfen haben, um ein sicheres
Urteil fällen zu können. Die nach dieser Richtung von Autoren gemachten
Angaben entbehren einer hinreichenden wissenschaftlichen Begründung,
Bei den bakteriologisch untersuchten Fleischvergiftungsepidemieen zeigte
sich zwar, daß — sofern sich Bakterien vorfanden — diese in der
Muskulatur in großer Zahl enthalten waren. Der negative Untersuchungs-
befund lediglich eines Muskelstückes berechtigt indessen noch nicht zu
der Annahme, daß das betreffende Tier überhaupt nicht mit Fleischver-
giftungsbakterien infiziert ist, weil das Eindringen der Bakteiien in die
Muskulatur, wie ich weiter unten darlegen werde, erst den Schlußstein
der septikämischen Infektion bildet. Deshalb vermag auch die
bakteriologische Untersuchung von Muskulatur allein
keine sicher zutreffende Entscheidung über das Vor-
liegen einer septikämischen Infektion oder das Freisein
eines Tierkörpers von einer solchen zu fällen. Die Klärung
der Frage, welche Organe wir zu einer sicheren Untersuchungsentscheidung
über das etwaige Vorliegen einer septikämischen Infektion zu untersuchen
haben, war daher für den weiteren Ausbau der bakteriologischen Fleisch-
untersuchung von größter Bedeutung. Ich habe bereits in früheren
Arbeiten (6) kurze Angaben über die Ergebnisse der nach dieser Richtung
ausgeführten Untersuchungen gemacht, ohne jedoch bislang einer Moti-
vierung dieser Angaben näher getreten zu sein. — Da das Ergebnis der
Muskeluntersuchung meist negativ und das Auffinden von Fleischver-
giftungsbakterien ein seltenes ist, so fehlte der bakteriologischen Fleisch-
untersuchung bei der Untersuchung der Muskulatur allein die nötige
Sicherheit für eine wirklich zutreffende Entscheidung.
Ich suchte deshalb die Frage zu beantworten, welche
Organe des Tierkörpers in erster Linie zu untersuchen
sind, um eine Infektion mit Fleischvergiftungsbakterien
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 5. 22
338 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
auch während der Inkubationszeit durch die bakterio-
logische Untersuchung festzustellen.
Exakte systematische Untersuchungen über die Art und Weise
des Fortschreitens septikämischer Infektionen im Tierkörper liegen meines
Wissens nicht vor. Das Problem der Infektion und Virulenz wurde in
der Hauptsache auf theoretischer Basis zu erklären versucht. Ich er-
wähne nach dieser Hinsicht das Werk von Laurent (17) und die
Baiische Monographie (18). Die Kenntnis des etappenmäßigen Verlaufs
der Infektion im Tierkörper selbst erfuhr hierbei jedoch keine wesentliche
Förderung. — Im allgemeinen lehnt sich die herrschende Vorstellung
über den Infektionsmechanismus an die Ergebnisse der experimentellen
Blut- und Wundinfektion an. S chim melbusch und Rick er (7)
zeigten, daß beim Einbringen größerer Mengen von Bakterien in tiefe
Gewebswunden von Tieren eine mehr oder weniger große Anzahl der
eingebrachten Keime nach kurzer Zeit im Blutkreislauf erscheint und in
den Organen nachweisbar ist; sie zeigten ferner, daß auch Saprophyten
von der W^unde aus in die inneren Organe aufgenommen werden, aus
denselben jedoch schnell wieder verschwinden und nur an der Impfstelle
längere Zeit nachweisbar bleiben. Für den Infektionsmechanismus machte
sich demzufolge auch bei den Septikämieen eine allgemein verbreitete
Ansicht dahingehend geltend, daß die Infektionserreger direkt in das
Blut übertreten. Aus den weiteren experimentellen Befunden über die
direkt in die Blutbahn eingebrachten Bakterien wurde dann weiterhin
gefolgert, daß die Bakterien vom Blute in die Lymphbahnen abgesogen,
in den Lymphknoten abfiltriert und zurückbehalten wurden, um hier durch
biologische Prozesse nach Möglichkeit unschädlich gemacht zu werden.
Wenn dieser Verlauf für die Wundinfektionen auch als richtig an-
erkannt werden muß, so läßt sich derselbe doch nicht ohne weiteres auf
jene Infektionen übertragen, die ohne traumatische Vorbedingung, ins-
besondere vom Digestionstraktus aus entstehen. Eine Blutinfektion bei
alimentärer Aufnahme der Erreger läßt sich am leichtesten vom Darm
aus durch das Eindringen der Bakterien in die venösen Darmgefäße,
vorstellen. Zahlreiche Beobachtungen, insbesondere bei der Tuber-
kulose, zeigen jedoch, daß alimentäre Infektionen vor allen Dingen in
den lymphatischen Organen des Rachens und des Darmkanales beginnen.
Ungeklärt und strittig blieb aber der etappenweise weitere Verlauf der
lymphatisch einsetzenden Infektion um so mehr, als man bei diesem
Infektionsmodus in Kollision mit der Ansicht von der physiologischen
Bedeutung der Lymphknoten des Körpers als Filterapparate geriet. Zu
Beginn meiner Versuche bin auch ich schulgemäß mehr von der An-
nahme einer direkten Blutinfektion ausgegangen, so daß die Untersuchung
des lymphatischen Systems zunächst eine gewisse Vernachlässigung erfuhr.
Um den Mechanismus der Infektion bei alimentärer Aufnahme der
Infektionserreger etappenweise verfolgen zu können, wurde bei jeder
Versuchsreihe eine Anzahl von Versuchstieren gleichzeitig und
möglichst gleichartig per os infiziert, in aufsteigenden Zeiten von
der Injektion ab jeweils ein Tier getötet und die Organe desselben auf
das Vorhandensein des Infektionserregers geprüft.
Als Infektionserreger wurden dem Zweck der Untersuchungen ent-
sprechend Fleischvergiftungsbakterien verwendet. Diese haben für Studien
über den Infektionsmechanismus zugleich den Vorzug, daß sie sich in
den Organen bei der Verwendung dilferenzierender Nährboden leicht
und sicher nachweisen lassen. — Als Versuchstiere Schlachttiere selbst
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungebakterien etc. 339
ZU verwenden, war mit Rücksicht auf die benötigte Anzahl der Tiere
ausgeschlossen. Die Verwendung großer Versuchstiere war auch nicht
vonnöten, da wir in den weißen Mäusen außerordentlich empfängliche
Tiere für die Infektionen mit Fleischvergiftungsbakterien vom Verdauungs-
kanale aus besitzen. Die infolge der natürlichen Empfänglichkeit der
weißen Mäuse gewonnenen Ergebnisse über den etappenweisen Verlauf
der durch Fleischvergiftungsbakterien bedingten Infektionen lassen sich
daher auch direkt auf die Schlachttiere übertragen.
Hinsichtlich der von verschiedenen Seiten geäußerten Bedenken
gegen die Verwendung weißer Mäuse zum Nachweise von Fleischver-
giftungsbakterien sei hier bemerkt, daß der Mäusebestand des hygieni-
schen Instituts in Straßburg und des Schlachthoflaboratoriums in München
ständig seuchenfrei war und daß bei der häufig zur Kontrolle in der
weiter unten beschriebenen Weise erfolgten Untersuchung des Bestandes
auf etwaiges Vorhandensein von Bakterien der Enterititis- und Para-
typhusgruppe nie das latente Vorhandensein derartiger Keime nach-
gewiesen werden konnte^).
Die Infektion der Mäuse wurde in der Mehrzahl der Versuchsreihen
in der Weise vollzogen, daß auf den Boden eines großen Mäuseglases
eine Bakterienemulsion ausgegossen wurde, in der die Tiere 5 — 10 Min.
lang herumwaten mußten. Zur Bewirkung stärkerer Infektionen der
Tiere wurde das oben mit Watte gedichtete Gefäß eventuell noch leicht
geschüttelt. Nachdem das Fell der Mäuse von der Bakterienemulsion
durchnäßt worden war, wurde in das Gefäß in so reichlichem Maße Watte
gebracht, daß die Tiere eine trockene Unterlage hatten, worauf sofort
das Putzen des Haarkleides begann, so daß einige Zeit hindurch ständig
die betreffenden Bakterien in die Mundhöhle der Tiere gebracht wurden.
Nach beendigtem Putzen wurden die Mäuse in ein frisches Glas mit
Körnerfutter gebracht. In einigen Versuchsreihen wurde den Tieren
Gerste, die mit einer Bacillenemulsion angefeuchtet war, oder infiziertes
Fleisch vorgelegt.
Es empfiehlt sich, den Versuchsmäusen kein ständiges Wasserbecken in die Ver-
suchskammer beizugeben, weil sich bei zu feuchter Ernährung nach meinen Beobach-
tungen zahlreiche Proteus-Keime im Darme ansiedeln, die oei der kulturellen Ver-
arbeitung des Darminhaltes durch ihr schnelles Flächen Wachstum das Aufgehen von
Kolonieen der verfütterten Keimart verhindern, und weil fernerhin bei sehr feuchter
Nahrung auch das Eindringen saprophytischer Keimarten in das Körperinnere zu beob-
achten ist.
Die zur Sektion und Untersuchung bestimmten Tiere werden ver-
mittels Chloroform getötet und unmittelbar nach eingetretenem Tode
etwa eine Minute lang in 96-proz. Alkohol gelegt, um die der Oberfläche
anhaftenden Keime zu beseitigen.
Nach Eröffnung des Kadavers wurden die zur Prüfung bestimmten
Organe mit ständig frisch sterilisierten Instrumenten entnommen und
sofort auf Endosche Fuchsinagarplatten von 20 cm Durchmesser ge-
bracht, woselbst die Organe nach eventuellem Zerquetschen des Organ-
parenchyms vermittels steriler Glasspatel möglichst bis zur Homogeni-
sierung ausgestrichen wurden. Zur Sicherung der Frage, ob etwa in
Muskulatur und Blut spärlich vorhandene Keime durch den direkten
Plattenausstrich dem Nachweise entzogen werden könnten , wurde in
einer Reihe von Untersuchungen gleichzeitig noch die Galleanreicherung
1) Ich werde meine Ansicht über den Wert und die Brauchbarkeit des Mäuse-
versuches für Fleischuntersuchungen in einer besonderen Abhandlung darlegen.
22*
340 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
dergestalt eingeschoben, daß der auf der Endo- Platte ausgestrichene
Muskel 24 Stunden in Galle bei 37 ° gehalten wurde, ebenso wie das
Herz, nachdem ein großer Blutstropfen auf die Endo- Platte gebracht
worden war, gleichfalls in Galle verbracht wurde. Von der Galle wurde
dann nach 24-stündigem Verweilen bei 37 ^^ abermals eine Endo -Platte
angelegt. Der Plattenbefund wurde nach 24-stündigem Verweilen bei 37 ^
abgelesen. — Der Inhalt des Dünn-, Blind-, Dickdarmes und Magens wurde
wegen des häufig erfolgenden Ueberwucherns der eingeführten Bakterien
durch Coli-Arten außer auf Fuchsinagar auch auf Lentz- Tietzschen
Malachitgrünagar, der nach der Klinger sehen Modifikation bereitet war,
zwecks Anreicherung spärlich vorhandener Infektionskeime und Hemmung
des Coli- Wachstums ausgestrichen. Nach 24-stündigem Verweilen im
Brutschrank wurde der Malachitgrünplattenbelag mit physiologischer Koch-
salzlösung abgeschwemmt und eine Oese dieser angereicherten Bakterien-
emulsion abermals auf zwei Endo-Platten ausgestrichen. Die in den
Tabellen verzeichneten Resultate über die Prüfungen des Darminhaltes
geben, sofern der direkte Endo- Plattenausstrich negativ hinsichtlich
des Auffindens der Infektionskeime war, den Befund vermittels der Ma-
lachitgrünanreicherung wieder.
Bei der Sektion der Tiere empfiehlt es sich, die Organe in einer
gewissen Reihenfolge dergestalt zu entnehmen, daß zunächst jene Organe
entfernt werden, in denen die Ablagerung der Keime am spätesten er-
folgt, und daß die Organe, deren Entnahme eine Blutung zur Folge
hat, zuletzt entfernt werden. — Nach Abpräparation der noch schwach
alkoholfeuchten Haut habe ich zunächst die zur Prüfung bestimmte
Muskulatur — ein Stück der Quadricepsmuskulatur — entnommen; es
folgen dann Kniefalten-, obere Hals- und Achsellymphknoten. Nach Er-
öffnung der Bauch- und Brusthöhle wird der Darm zur Seite geschlagen
und werden die Organe in folgender Reihenfolge entfernt: Harnblase,
Gallenblase, Milz, Niere, Mesenteriallymphknoten, Leber, Lunge, Herz,
Magen, Dünn-, Blind- und Dickdarm. Die Gallenblase läßt sich beim
Fassen derselben mit einer feinen Pinzette direkt von der Leber ab-
reißen. Bei Entfernung von Nieren und Mesenterialknoten entstehen
zuweilen Blutungen, die jedoch hinsichtlich des Prüfungsergebnisses
dieser Organe insofern bedeutungslos sind, als der Blutbefund gleich-
zeitig besonders mitermittelt wird und dieser, wie die Tabellen zeigen,
erst spät ein positiver wird.
Bei Beginn der Untersuchungen — Mitte September 1909 — war
ich im Besitze eines Stammes des Bacillus enteritidis Gärtner,
den ich Ende Juli 1909 gelegentlich der Fleischvergif-
tungsepidemie von St. Johann i. Eis. aus dem Fleische eines
not geschachteten Ochsen gezüchtet hatte.
Die Versuchsreihe I wurde in der Weise angestellt, daß 8 Mäuse
Gerste erhielten, die mit einer Abschwemmung einer 4 Wochen alten
Agarkultur und einer gleich alten Bouillonkultur infiziert war.
In den ersten Tagen zeigen die Tiere keinerlei Krankheitserschei-
nungen; vom 4. Tage ab läßt die Munterkeit nach; am S.Tage sind die
noch vorhandenen 3 Tiere schwer krank; am 9. Tage sind die beiden
letzten Mäuse eingegangen. Untersucht wurde bei jeder Maus: Musku-
latur, Herzblut, Milz, Leber, Galle, Lungen, Nieren, Harnblase, Mesen-
teriallymphknoten, Dünn-, Blind- und Dickdarm.
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungebakterien etc.
341
Tabelle I.
Bacillus enteritidie; Stamm St. Johann; 6 Wochen alt.
14. Sept. 1909. Mittelstarke Fütterungsinfektion.
Versuchsbeginn :
Zeit der
15^
a
a
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erfolgter
Infektion
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++
+ + +
+ +
Maus tot (t
Das Ergebnis der ersten Versuchsreihe läßt zunächst noch kein
klares Bild über den Verlauf der Infektion gewinnen. Im Darmtraktus
sind die alimentär eingeführten Bakterien ständig nachweisbar. Nach
24 Stunden finden sich in der Milz einige Enteritisbakterien. Nach
2 Tagen sind die Bakterien in der Muskulatur, im Blut, in Milz, Leber
und Lunge vorhanden , und verschwinden gewissermaßen aus diesen
Organen wieder, mit Ausnahme der Milz, die sich am 4. Tage wieder in-
fiziert erweist. Ich möchte auf diesen Befund, der sich in ähnlicher
Weise in den Tabellen II, III und IV wiederholt — insbesondere was
die vorübergehende Keimhaltigkeit von Blut und Muskulatur anbelangt —
besonders hinweisen, ohne zunächst auf eine Erklärung einzugehen. Am
6. Tage setzt erneut eine Blutinfektion ein ; nur Muskel, Galle und Harn
sind noch keimfrei. Die Generalisatien des Prozesses ist dann am 8. Tage
eine vollständige: der ganze Tierkörper ist in allen untersuchten Organen
mit den Infektionserregern überschwemmt; das Tier selbst erweist sich
vor der Tötung sichtlich als schwer krank (gesträubtes Haarkleid, eitriger
Bindehautkatarrh, zusammengekauertes Dahocken ohne Bewegungslust).
Am 9. Tage sind die beiden letzten Mäuse eingegangen. Die Untersuchung
ergibt denselben Befund, wie am 8. Krankheitstage.
Das eigenartige Ergebnis, daß — sofern man die Ergebnisse der
Tabelle I alle auf den Infektionsverlauf bei einem Tier überträgt —
bereits nach 2 Tagen jedoch nur vorübergehend die Infektionskeime
im Muskel, Blut, Milz, Leber, Lunge und den Mesenterialknoten nachweis-
bar waren, veranlaßte mich, den Versuch nochmals zu wiederholen.
9 Mäuse erhalten Gerste, die mit der Abschwemmung von 3 sechstägigen Agar-
schrägkulturen infiziert worden ist. 8 Tage nach der Infektion stirbt eine der übrig-
bleibenden Mäuse; eine andere ist am 10. Tage schwer krank; eine weitere am 12. Tage
eingegangen. Die letzte Maus wird am 30. Tage nach der Infektion getötet, ohne daß
dieselbe bis dahin sichtlich wahrnehmbare Krankheitserscheinungen gezeigt hätte.
Die im Vergleich der Tabelle I geringere Nachweisbarkeit der
Enteritisbakterien im Darmkanale ist auf den bereits oben erwähnten
Umstand zurückzuführen, daß im Darm der Mäuse durch Gewährung
reichlicher Flüssigkeit zahlreiche Proteus- Bakterien vorhanden
waren, die bei der direkten Aussaat des Darminhaltes auf Fuchsinagar
das Aufkommen von Enteritiskeimen vielfach überhaupt verhinderten.
In diesen Fällen ermöglichte die Malachitgrünplattenanreicherung den
Nachweis der Infektionskeirae noch, doch zeigte sich auch hier, daß der
starke Proteu s- Reichtum des Darmes hindernd auf eine starke Ver-
342
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Tabelle IL
Bacillus enteritidis; Stamm St. Johann; 2 Monate alt. Versuchsbeginn :
1. Okt. 1909. Mittelstarke Fütterungsinfektion.
Zeit der
'
SS
p
s
a
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Unter-
suchung nach
erfolgter
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Infektion
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„ krank
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0
0
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+
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0
0
0
0
0
Maus völlig
munter
mehrung der Enteritiskeime im Darmtraktus eingewirkt hat. — Das Ein-
dringen der Keime in die Organe stimmt im wesentlichen mit dem Be-
fund der Tabelle I überein. Auch hier am 2. Tage das vorübergehende,
auffällige Vorhandensein vereinzelter Keime in Muskel und Blut, ferner
in Leber und Lunge. Am 3. Tage sind in keinem der untersuchten
Organe Keime nachweisbar; am 4. Tage nur in den Mesenteriallymph-
knoten und am 6. Tage nur in der Milz. Die am 8. Tage eingegangene,
die am 10. Tage krank getötete und die am 12, Tage eingegangene Maus
zeigen die der Septikämie typische Generalisation des Infektionserregers
in allen Organen. Die letzte Maus überstand die Infektion. Von ihren
Organen erwiesen sich nach Tötung der Maus am 30. Tage die Mes-
enterialknoten, Milz. Leber und Lunge noch keimhaltig; im Muskel, Blut,
Galle, Niere, Harn und auch im Darminhalte waren keine Infektions-
erreger mehr nachweisbar.
lieber pathologisch-anatomische Befunde bei der Sektion der Tiere
sei kursorisch mitgeteilt, daß vom 2. Tage ab enteritische Reizungs-
erscheinungen nachweisbar waren. Der Dünndarm zeigte bernsteingelben
Inhalt, verstärkte Blutgefäßinjektionen und das knopfförmige Hervortreten
der gehäuften Darmfollikel. Der Blinddarminhalt war vom 3. Tage ab grau
schmierig weich. Die Konsistenz der Kotballen des Rectums verringerte
TabeUe ni.
Bacillus enteritidis; Stamm St. Johann. 2'/,, Monate alt. Versuchsbeginn:
Zeit der
Untersuchung
nach erfolgter
Muskel
Blut
Hals-
lymph-
knoten
Knio-
falten-
lymph-
Mes-
enterial-
lymph-
Milz
Leber
Infektion
knoten
knoten
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2 Tage
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4-4-4-
4--h4-
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungabakterien etc.
343
sich; ihre Farbe wurde hellbraun. Blinddarm und Magen zeigten häutig
Meteorismus. Die Milz war vom 6. Tage ab stark geschwollen, die Leber
meist brüchig und hellgelb. Vom 4. Tage ab zeigten die Mesenterial-
knoten starke Schwellung. Bei den eingegangenen oder krank getöteten
Tieren waren ferner die Kniet'alten- und Halslymphknoten sinnlällig
geschwollen. Die kulturelle Untersuchung dieser geschwol-
lenen Lymphknoten ergab das Vorhandensein zahlloser
Keime, so daß ich mich zur Anstellung weiterer Versuchs-
reihen entschloß, in denen zunächst die Kniefalten- und oberen Hals-
lymphknoten , späterhin auch die Achselknoten ständig mituntersucht
wurden.
Die Infektion der Tiere der III. Versuchsreihe geschah in der Weise, daß 10 Mäuse
15 Minuten sich in einer wässerigen Abschwemmung des Belages dreier KoUescher
Schalen mit dem Bacillus enteritidis durchnässen mußten. — Am 8. Tage sind
die drei restierenden Mäuse sichtlich krank; am 9. Tage die beiden letzten Tiere ein-
gegangen.
Wenn wir in der Tabelle III die Befunde der oberen Hals- und Knie-
faltenknoten außer acht lassen, so ergibt auch diese Tabelle im wesent-
lichen wieder eine üebereinstimmung mit den Tabellen I und II. Auch
hier zeigt sich wieder das vorübergehende Erscheinen
von Infektionskeimen in Blut und Muskulatur nach 24 und
48 Stunden mit darauffolgendem Verschwinden bis zum
7., bzw. 8. Tage nach der Infektion. Durch das Hineinbeziehen
der Untersuchungsbefunde der oberen Hals- und Knielaltenlymphknoten in
die tabellarische Darstellung gewinnen wir jedoch bereits einen wesent-
lich klareren Einblick in den etappenmäßigen Verlauf der Infektion.
Infolge des in den beiden ersten Tabellen nicht registrierten Unter-
suchungsbefundes dieser Lymphknoten ist der Befund des 3. Tages in
beiden Tabellen in allen Organen (ausschließlich des Darminhaltes) ein
negativer. Die Art und Weise des Fortschreitens des infektiösen Pro-
zesses läßt sich daher aus den beiden ersten Tabellen auch noch nicht
recht erkennen. Wesentlich deutlicher tritt dies in Tabelle III durch das
Einbeziehen weiterer Lymphknoten in den Untersuchuugsplan zutage.
Hier zeigt sich bereits, daß dem lymphatischen System
eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Weiter Ver-
breitung des infektiösen Prozesses zukommt. Die Infek-
tion des lymphatischen Systems ist nicht abhängig von
der Blut Infektion. Die eigentliche zur klinisch kennt-
TabeUe III.
20. Okt. 1909. Starke Fütterungsinfektion.
Galle
Lunge
Niere
Harn
Dünn-
darm
Blind-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
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0
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„ 9 u. 10 t
344
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
liehen Erkrankung führende Blutinfektion setzt erst
ein, nachdem die Infektionserreger zuvor in besonders
starkem Maße das lymphatische System befallen haben.
Alle drei Tabellen zeigen gemeinsam die eigenartige
Erscheinung, daß bei der Aufnahme einer großen Zahl
von Infektionskeimen diese in den beiden ersten Tagen
vorübergehend in fast allen Organen des Körpers ange-
troffen werden können, mit Ausnahme der Nieren, dem
Harn und der Galle. Diese primäre Generalisation der
Infektionserreger während des Inkubationsstadiums ver-
läuft jedoch für den Tierkörper ziemlich bedeutungslos,
da die Infektion durch die Schutzkräfte des Körpers
wieder überwunden und auf das lymphatische System
zurückgedrängt wird. Mit der vermehrten Okkupierung
des lymphatischen Systems seitens der Infektions-
erreger geht auch eine vermehrte Infektion von Milz und
Leber einher, und erst der erneute Einbruch der Infek-
tionserreger in die Blutbahn, nach erfolgter Brachlegung
der Schutzkräfte des Körpers, führt zur wirksamen Gene-
ralisation, die jetzt auch klinisch in Erscheinung tritt.
Nunmehr werden die Infektionserreger auch in der
Niere, im Harn und in der Galle als Ex- und Sekrete
des Körpers nachweisbar. Mit dem Eintritt der zweiten
Blutinfektion werden die Mäuse sichtlich schwer krank;
und auch bei den Schlachttieren dürfte wohl gleichfalls
mit diesem Stadium der Infektion, d.h. mit dem Auftreten
schwerer Krankheitssymptome, bedingt durch den per-
sistierenden Einbruch der Infektion in die Blutbahn,
der Zeitpunkt gegeben sein, in welchem zur „Not-
schlachtung" des Tieres geschritten wird.
Der vorübergehenden ßlutinfektion während des Inkubationsstadiums dürfte für
die Entstehungsmöglichkeit von Fleischvergiftungen keine praktische Bedeutung zuzu-
messen sein, da der Mangel von Krankheitssymptomen während dieses Stadiums eine
Notschlachtung in diesem Stadium nicht in Frage kommen läßt.
Zu einer weiteren Versuchsreihe, die ich anstellte, wählte ich einen
Repräsentanten der Paratyphusgruppe, den Bacillus Aertryck. Der-
selbe war mir längere Zeit zuvor von Herrn Professor van Ermengen
Tabelle IV.
Bacillus Aertryck. Stamm in Virulenzabnahme begriffen. Versuchsbeginn:
Zeit der
Hals-
lymph-
knoten
Knie-
Mes-
Untersuchung
nach erfolgter
Muskel
Blut
falten-
lymph-
enterial-
lymph-
Milz
Leber
Infektion
knoten
knoten
24 Stunden
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2 Tage
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+ + +
+ +
4- + 4-
Müller, Der Nachweis von Fleisch vergiftuogäbakterien etc.
345
überlassen worden. Während der Stamm anfangs eine sehr hohe Viru-
lenz besaß, so daß Mäuse bei schwacher Fütterungsinfektion innerhalb
von 5 — 6 Tagen eingingen, hatte sich die Virulenz des Stammes durch
längere Fortzüchtung auf Agar merklich vermindert.
Um bei meinen Versuchen letal verlaufende Infektionen zu erhalten, wurden die
Tiere in sehr starkem Maße mit dem Infektionserreger gefüttert, dergestalt daß 12 Mäuse
mit der Abschwemmung dreier Kollescher Schalen von 20 cm Durchmesser in Kontakt
febracht wurden. Nachdem die Tiere sich 15 Minuten lang mit der Emulsion benäßt
atten, wurden dieselben auf Watte gebracht und denselben nicht infizierte Gerste vor-
gelegt. Am 6. Tage ging eine Maus ein, am 9. Tage eine weitere. Die am 10. Tage
getötete vorletzte Maus war sichtlich krank, die letzte am 14. Tage getötete Maus nur
weniger lebhaft.
Die sehr stark gewählte alimentäre Infektion macht sich in der vor-
stehenden Tabelle durch den sehr schnellen und reichlichen Nachweis
des Infektionserregers in fast allen Organen bemerkbar. Nach 24 Stunden
und nach 2 Tagen ist abermals eine Blutinfektion nachweisbar, die am
3. Tage aussetzt und am 4. Tage wieder in Erscheinung tritt. Bei der
außerordentlich starken Nachweisbarkeit der Infektionserreger im Lymph-
apparat, in Milz und Leber fällt deren Abwesenheit in den untersuchten
Drüsen nach 24 Stunden auf, während die Erreger in Blut, Milz, Leber
und Lunge nachweisbar sind. Auffallend ist ferner im Vergleich mit den
vorhergehenden Tabellen das verzögerte Eingehen der Tiere trotz vor-
handener Generalisation und Muskelinfektion; was wohl auf die ver-
ringerte Virulenz des Stammes zurückzuführen sein dürfte. Die am
10. Tage krank getötete Maus zeigt überraschenderweise keine nachweis-
bare Blutinfektion, dementsprechend aber auch keine Infektion von Niere,
Harn und Galle.
Auch der Sektionsbefund bei den Tieren deutete auf die vorange-
gangene, sehr starke Deglutitionsinfektion. Vom 2. Tage ab war ein
deutlicher, später noch stärker zutage tretender Milztumor vorhanden.
Vom 3. Tage ab sind die Lymphknoten merklich geschwollen. Die Leber
ist am 4. Tage hellgelb, mürbe und mit kleinen Hämorrhagien durchsetzt.
Am 7. Tage weist die Lunge Hämorrhagien auf; auch in der Subcutis
sind mehrfach Blutungen vorhanden. Vom 2. Tage ab bestehen Er-
scheinungen einer katarrhalischen Enteritis, die sich am 7. Tage zu denen
einer Enteritis hämorrhagica gesteigert haben. Am 8. Tage ist hämor-
rhagisches Peritonealexsudat vorhanden. Die Follikel in der Darmwand
erscheinen vom 4. Tage ab stark prominent. — Nur bei der zuletzt,
TabeUe IV.
8. Nov. 1909. Sehr starke Fütterungsinfektion.
GaUe
Lunge
Niere
Ham
Dünn-
darm
Blind-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
0
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0
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4-
346
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
nach 14 Tagen getöteten Maus ließ die Sektion weder enteritische Er-
scheinungen, noch einen Milztumor wahrnehmen ; Milz, Leber und Nieren
waren jedoch auffallend blaß. Die Lymphknoten waren noch merklich
geschwollen.
Da die vorhergehende Versuchsreihe infolge zu starker Bakterien-
fütterung mir den Gang der Infektion nicht deutlich genug zur Darstellung
brachte, wurde die folgende Versuchsreihe mit einem weniger virulenten
Bakterien stamm angestellt. Der verwendete Bakterienstamm wurde von
mir 2 Jahre zuvor aus dem Fleische einer notgeschlachteten Kuh gezüchtet
und besaß damals eine sehr hohe Virulenz für Mäuse. Bei der Weiter-
züchtung machte sich eine ständig weiterschreitende Virulenzabnahme
bemerkbar. Zur Zeit der Versuchsanstellung war die Virulenz noch der-
gestalt, daß bei starker Fütterungsinfektion die Tiere nach 7 Tagen septi-
kämisch eingingen, während schwache Fütterungsinfektionen von den
Mäusen überstanden wurden. Der Bakterienstamm war morphologisch
und kulturell völlig übereinstimmend mit dem Bacillus enteritidis
Gärtner, wurde jedoch vom Gärtner- Serum (Titer 1 : 50000) bei Ver-
dünnungen über 1 : 100 nicht agglutiniert. Ich bezeichne daher den Stamm
als Bacillus paraenteritidis.
Mit einer schwachen Emulsion dieses Bakterienstammes (der Belag eines Agar-
schrägröhrchens wurde in 100 ccm Wasser aufgeschwemmt und hiermit der Boden des
Glases befeuchtet) blieben 14 Mäuse 2 Minuten lang in Kontakt, worauf die Tiere
trocken gesetzt wurden. Von den so infizierten Mäusen erkrankte keine. Die nach
2, 3, 4 und 5 Wochen vorhandenen Tiere sind vollkommen munter. Zwei gleichzeitig
sehr stark infizierte Mäuse sind am 7. Tage eingegangen. Die kulturelle Prüfung der
Organe dieser Tiere ergibt allenthalben das massenhafte Vorhandensein des Bacillus
paraenteritidis.
Tabelle V.
Bacillus paraenteritidis; Stamm in starker Virulenzabnahme begriffen. Ver-
suchsbeginn: 22. Nov. 1909. Schwache Fütterungsinfektion.
1 □
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35 „
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0
0
0
0
Die vorstehende Tabelle bringt den etappenmäßigen Verlauf einer
schwachen Fütterungsinfektion sehr instruktiv zur Darstellung. Zu-
nächst zeigt die Tabelle, daß bei der schwachen Infektion
ein direkter Uebertritt der Infektionserreger in die Blut-
bahn nicht nachweisbar ist und auch nicht stattgefunden
haben dürfte. Dagegen werden die Infektionserreger zu-
erst im lymphatischen System nachweisbar und ver-
Müller, Der Nachweis von Fleisch Vergiftungsbakterien etc. 347
mehren sich hier dergestalt, daß das lymphatische System
vom 7. — 14. Tage die stärkste Infektion aufweist, worauf
in der 3.-5. Woche ein Abklingen der Infektion wieder
bemerkbar wird. Dieinfektion setzthier alsovom Rachen
und Darmkanal aus im lymphatischen System ein und
breitet sich in demselben dergestalt aus, daß selbst
solche Lymphknoten infiziert werden (Achsel- und Knie-
faltenknoten), deren Infektion bei alimentärer Aufnahme
der Erreger bisher nur auf dem Wege der Blutbahn für
möglich gehalten wurde. Die Infektionserreger bleiben am läng-
sten nachweisbar in jenen Lymphknoten, die dem Atrium infectionis am
nächsten liegen (obere Hals- und Mesenterialknoten), und verschwinde
am schnellsten wieder in jenen Lymphknoten, die keine direkten Be-
ziehungen zum Verdauungstraktus haben (Achsel- und Kniefaltenknoten).
Des weiteren sehen wir in der vorstehenden Tabelle Milz
und Leber nach Ablauf der ersten Woche infiziert, und
zwar ohne daß eine Blutinfektion vorgelegen hätte. Die
Befunde derTabelle lassen hier gar keine andere Deutun g
zu, als daß auch diese Infektionen der Milz und Leber auf
dem Wege der Lymphbahnen und nicht auf dem Wege der
Blutbahnen erfolgt sein müssen. Diese Annahme findet
eine weitere Stütze in dem Umstände, daß Milz und Leber
in jenem Stadium der Infektion sich am stärksten keim-
haltig erweisen, in dem auch das Lymphsystem sich
als am stärksten infiziert erweist. Wir haben also in der
vorstehenden Tabelle einen reinen Status lymphaticus
der Infektion vor uns, der infolge der geringen Virulenz
der Keime nicht auf das Blutgefäßsystem übergreift. Die
Beschränkung der Infektion auf das lymphatische System
läßt hier die Infektion latent, ohne das Hervortreten
klinischer Erscheinungen, verlaufen.
Der Sektionsbefund bei den Tieren dieser Versuchsreihe weist in den
ersten Wochen katarrhalische Reizungserscheinungen am Dünndarm, vom
7. Tage ab auch Lymphknotenschwellungen und Milztumor auf. In den
ersten 5 Tagen fallen weiterhin Blutungen im subkutanen Bindegewebe
auf. Die nach 4 Wochen getötete Maus läßt nur noch eine Schwellung
des Mesenteriallymphknotens erkennen ; der Sektionsbefund der nach
5 Wochen getöteten Maus bietet überhaupt nichts Auffälliges mehr.
Die Ergebnisse der vorstehenden systematischen Untersuchungen
über das Fortschreiten des Infektionsprozesses im Tierkörper bei alimen-
tärer Aufnahme von Bakterien der Fleischvergiftungsgruppe lassen bereits
die eingangs gestellte Frage beantworten, welche Organe in erster Linie
beim Vorliegen von Septikämieverdacht bei der Fleischbeschau zu unter-
suchen sind. Hierbei soll zunächst der allgemeine Nachweis von zur
Fleischvergiftungsgruppe gehörigen Bakterien berücksichtigt werden,
während die Erörterung der Frage, wie der Nachweis dafür zu erbringen
ist, ob ein gefundener, zur Fleischvergiftungsgruppe gehörender Bakterien-
stamm auch wirklich imstande ist, „Fleischvergiftung" zu erzeugen, erst
späterhin erfolgen soll.
Die bakteriologische Untersuchung von Muskulatur
allein muß also, wie die vorstehenden Tabellen zeigen,
zur Beantwortung der Frage, ob eine septikämische In-
fektion vorliegt, als unzureichend angesehen werden, so-
348
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Originale. Bd. 62. Heft 5.
bald der Untersuchungsbefund der Muskulatur ein nega-
tiver ist. Denn die septikäraische Infektion der Muskulatur erfolgt
erst zuletzt. Der Muskel als solcher kann noch frei von den
Septikämieer regern sein, während dieselben bereits eine
Reihe anderer Organe des gleichen Körpers befallen
haben. Erst mit dem Momente der Blutinfektion erfolgt
die Generalisation und unmittelbar hierauf auch die In-
fektion der Muskulatur. Der wirksamen Blutinfektion
geht aber eine Infektion des lymphatischen Systems als
auch gewisser anderer Organe, insbesondere Milz und
Leber, voraus. In diesen Organen besitzt der Tierkörper
Depots für die Ablagerung von Septikämieerregern, so
daß deren Untersuchung unbedingt miterfolgen muß,
sobald durch die bakteriologische Untersuchung der
Verdacht auf das Vorliegen von Septikämie bzw. einer
septikämischen Infektion behoben oder bestätigt werden
soll. Wir können aber dann auch hiermit, also durch die
gleichzeitige Untersuchung von Muskel, Lymphknoten,
Milz und Leber, nicht nur dasVorliegeu einer Septikäm ie
nachweisen, sondern auch die septikämische Infektion
während des Inkubationsstadiums oder während des
Abklingens derinfektion feststellen. Da weiterhin durch
meine Untersuchungen dargetan ist, daß wir in den
Lymphknoten Organe besitzen, die uns die Infektion
des Tierkörpers längst zu indizieren vermögen, bevor
die Muskulatur selbst Träger der Keime wird, so ergibt
sich hieraus auch, daß das Verlangen, für die Diagnose-
stellung in der Praxis den Muskel selbst zuvor noch
einem Anreicherungsverfahren zu unterziehen, ganz ent-
schieden als überflüssig und unnötig zurückzuweisen
ist, daß vielmehr statt der Anreicherung des Muskels
die Untersuchung von Muskellymphknoten zu erfolgen
hat. Rüther (14) sagt bezüglich des Anreicherungsverfahrens sehr
richtig: „Wir wollen kein Bild von dem, was aus dem Fleische noch
Tabelle TL
Bacillus enteritidis; Stamm St. Johann.
7 Monate alt. Versuchsbeginn;
Zeit der Unter-
suchung nach
Muskel
erfolgter In-
direkt
fektion
24 Stunden
0
2 Tage
0
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0
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0
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Muskel
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reichert
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direkt
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+ + +
+ +
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+ + +
+
+++
Müller, Der Nachweis von Fleiechvergiftungsbakterien etc.
349
alles werden kann, sondern was wirklich ist". Aber selbst wenn die
Anreicherung, wie dies Conradi geglückt ist, überraschenderweise zur
Fleischvergiftungsgruppe gehörige Bakterien zutage fördern würde, so
wäre durch den Bakterienfund allein noch nicht bewiesen, daß es sich
hier um ein Fleisch handelt, dem Fleischvergiftung erzeugende Eigen-
schaften zukommen. Ueberhaupt wird von den meisten Autoren dem
Befund irgendwelcher als Paratyphusbakterien angesprochener Bakterien
eine viel zu hahe Bedeutung für die Genese der Fleischvergiftungen
zugesprochen.
Zur definitiven Entscheidung der Frage, ob etwa der angereicherte
Muskel hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Keimen die direkte Prüfung
der Lymphdrüse überholen könnte, habe ich in einer weiteren Versuchs-
reihe vergleichende Untersuchungen angestellt, indem ich neben direkten
Prüfungen von Muskel und Blut auf ihren Keimgehalt diese auch noch
einem Anreicherungsverfahren in Galle unterzog. Zu diesem
Zwecke wurde das Muskelstück zunächst direkt auf einer Fuchsinagar-
platte ausgestrichen, sodann das gleiche Muskelstück in ein Röhrchen
mit Galle geworfen, dieses 24 Stunden bei ST** C gehalten und sodann
von der Galle 1 Oese auf einer Fuchsinagarplatte ausgestrichen. Von
dem Herzblut wurde 1 Tropfen auf der Agarplatte direkt ausgestrichen
und sodann das Herz samt dem darin noch befindlichen Blut in Galle
verbracht, die dann nach 24 Stunden gleichfalls wieder auf Anwesenheit
von Keimen geprüft wurde.
Die Versuchsreihe, welche zu diesem Zwecke angestellt wurde, sollte
weiterhin die Frage beantworten, wie sich der Infektionsverlauf gestaltet,
sofern die Tiere mit keimhaltigem Fleische gefüttert werden.
14 Mäuse erhalten 2 Tage lang ein' Fleischstück vorgelegt, das zuvor mit einer
Emulsion des Bacillus enteritidis (Stamm St. Johann) befeuchtet und 24 Stunden
bei 37*" C gehalten worden war. Die Prüfung des so behandelten Muskels
ergab, daß derselbe durch und durch mit Enteritiskeimen durchsetzt
war. Von den Mäusen ist ein Tier am 7. Tage sichtb'ch krank; eine Maus geht am
16. Tage nach der Infektion ein und wird von den übrigen Mäusen zum großen Teil
aufgefressen , so daß dieselbe nicht mehr in der üblichen Weise untersucht werden
konnte. Eine weitere Maus stirbt am 23. Tage; die letzte Maus wird am 28. Tage
getötet.
TabeUe VI.
1. März 1910. Zweitägige Fütterung mit postmortal infiziertem Fleisch.
Milz
Leber
GaUe
Lunge
Niere
Harn
Dünn-
darm
Blind-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
0
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0
0
0
0
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+ +
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Maus krank
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1
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1
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+
+ +
+ +
+ +
Maus t
350
CentralbL f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Das Ergebnis der vergleichenden Prüfung zwischen
direktem Muskelausstrich und angereichertem Muskel-
Galleausstrich ist ein vollkommen gleiches, indem allen
n egativen Bef un den der dir ekten M uskelprüfung auchein
gleiches Resultat bei der Galleanreicherung entspricht.
Die Conradische Annahme eines latenten Vorkommens
von Bakterien der Paratyphusgruppe in der Muskulatur
kann demzufolge als auch auf Grund der vorstehenden
Darlegungen über den Mechanismus der Infektion nicht
als zutreffend anerkannt werden. Das mögliche Vor-
handensein spärlicher Keime in der Muskulatur kann bei
der Fleisch Untersuchung auch nicht übersehen werden,
sofern gleichzeitig Lymphknoten, Milz und Leber mit-
untersucht werden, die ja längst einen starken Keim-
gehalt aufz u weisen haben, bevor die Infektion des Mus-
kels erfolgt. Die vergleichende Blutuntersuchung ergibt nur in einem
Falle ein nicht übereinstimmendes Resultat, dergestalt, daß am 6. Tage
der direkte Blutausstrich negativ, der angereicherte dagegen positiv ist.
Dem Befunde kommt jedoch keinerlei praktische Bedeutung zu, da ja
Tabelle VII.
Bacillus enteritidis; Stamm St. Johann. 12 Monate alt, Versuchsbeginn:
Zeit der Unter-
Hals-
lymph-
knoten
Achsel-
lymph-
knoten
Knie-
Mesen-
suchung nach
erfolgter In-
fektion
Muskel
Blut
falten-
lymph-
knoten
terial-
lymph-
knoten
Milz
Leber
Kon trollmaus
0
0
0
0
0
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0
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24 Stunden
0
0
0
0
0
+
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0
2 Tage
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+ +
+ +
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+ + +
die Möglichkeit besteht, daß vereinzelte Keime bei direkter Aussaat auf
Agar nicht zu Kolonieen angehen, während die Gallezüchtung die Ver-
mehrungsfähigkeit vereinzelter Keime sehr günstig beeinflußt. Zin gle (8),
der unter meiner Leitung im Hygienischen Institut zu Straßburg die
Untersuchungen über den Verlauf der alimentären Infektion mit Bakterien
der Fleischvergiftungsgruppe fortgesetzt hat, fand bei 71 verglei-
chenden Muskeluntersuchungen gleichfalls stets über-
einstimmende Resultate zwischen der direkten Prüfung
und der Prüfung nach Anreicherung in Galle. Die Mus-
kulatur von 13 Tieren erwies sich bei beiden Prüfungs-
arten als keimhaltig und bei 58Tieren als nicht infiziert.
Unsere systematischen Untersuchungen über den Infek-
tionsmechanismus zeigen somit infolge der ständig über-
einstimmenden Befunde der direkten Muskelprüfung und
der angereicherten Muskelprüfung, daß den Forderungen
Conradis und Kubaners, den Muskel anzureichern, für die
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc.
351
tierärztliche Fleischuntersuchung keine Berechtigung
zuerkannt werden kann. Bei den gleichzeitig geprüften Blutproben
der 71 Tiere erwies sich die direkte Blutprüfung in 32 Fällen, die An-
reicherung in Galle in 35 Fällen als keimhaltig, so daß sich also auch
bei Zingle eine geringe Ueberlegenheit der Blutgalleanreicherung gegen-
über dem direkten Blutausstriche geltend macht. Für die Fleischbeschau
ist die bakteriologische Blutuntersuchung jedoch bedeutungslos.
Die Tabelle VI zeigt des weiteren, daß sich auch hier der infektiöse
Prozeß vor allem auf das lymphatische System sowie auf Milz und Leber
beschränkt, während nur in 2 Fällen eine Generalisation erfolgt. Die
Virulenz des Stammes, der 7 Monate zuvor eine schwere Fleischver-
giftungsepidemie verursacht hatte, ist also trotz der Züchtung desselben
in Fleisch keine erhebliche mehr gewesen. Ich habe dann, nachdem der
Stamm St. Johann 1 Jahr alt geworden war, abermals eine Versuchs-
reihe zur Prüfung des noch vorhandenen Virulenzgrades ausgeführt.
Zn diesem Zwecke kommen 11 Mäuse in Kontakt mit einer mittelstarken Emulsion
des Bacillus enteritidis. Von den Tieren erweist sich eins am 15. Tage als krank ;
eine weiteres geht am 20. Tage ein. Die beiden letzten Mäuse bleiben ständig munter
und werden am 24. und 40. Tage nach der Infektion getötet.
30. Juli 1910.
Tabelle TU.
Mittelstarke Fütterungsinfektion.
Galle
Lunge
Niere
Harn
Dünn-
darm
Bünd-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
0
0
0
0
0
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Maus krank
0
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0
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0
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0
0
0
0
0
0
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+ +
+ +
+ +
+ +
++ +
+++
Maus t
Die Tabelle VII zeigt im wesentlichen eine Uebereinstimmung mit
der Tabelle VI. Auch hier das Prävalieren der Infektion im lympha-
tischen System, in Milz und Leber.
Bei der Prüfung des Stammes St. Johann nach 2^/4 J ahren
war es mir überhaupt nicht mehr möglich, Mäuse durch
eine starke Fütterungsinfektion zu Fall zu bringen. Ein-
zelne Mäuse zeigten nach 10 — 14 Tagen kurze Zeit ein etwas gesträubtes
Haarkleid oder blieben vollkommen munter. Aus diesen Befunden
darf nicht auf eine Immunität bzw. Resistenz der weißen
Mäuse gegenüber dem Bacillus enteritidis geschlossen
werden. Hier wird die scheinbare Immunität der Tiere
nur vorgetäuscht durch die sehi' stark gesunkene Virulenz
des betreffenden Stammes infolge der kulturellen Weiter-
züchtung. Die Virulenz eines Bakteriums, das wirklich
imstande ist, Fleischvergiftung zu erzeugen, setzt sich
aus zwei Komponenten zusammen: 1) dem Infektionsver-
352
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
mögen und 2) dem Toxinbildungsvermögen. Ich habe bei
dem Stamm St. Johann, unmittelbar nachdem derselbe die
Epidemie verursacht hatte, beobachten können, daß da-
mals das Toxinbildungsvermögen im Tierversuche an
Mäusen der ausschlaggebendste Faktor war, dergestalt,
daß die Mäuse bei Fütterung mit dem rohen Fleischver-
giftung erzeugenden Fleisch des notgeschlachteten Och-
sen eingingen, bevor es zurSeptikämie — zum Uebertritt
der Infektionserreger in die Blutbahn kam. Bei der kul-
turellen Weiterzüchtung geht dieses Toxinbildungsver-
mögen ziemlich schnell zurück, so daß das Infektions-
vermögen der Bakterien alsdann in den Vordergrund
tritt. Das Ueberstehen der Infektion wird dann von der Fähigkeit des
tierischen Organismus abhängen, die seitens der Bakterien noch gebildeten
Gifte durch die Produktion genügender Mengen von Antistoflfen zu
neutralisieren. Mit dem Zurückgehen des Toxinbildungs-
vermögens sinkt auch mehr und mehr das Infektionsver-
mögen der betreffenden Bakterienart, insbesondere hin-
sichtlich der Fähigkeit zur Erzeugung einer Septikämie,
Je stärker das Giftbildungsvermögen ist, um so leichter wird die Infektion
zu einer septikämischen. Parallel mit der Inkonstanz des Giftbildungs-
vermögens der Bakterien läuft auch das Infektionsvermögen. Aber
selb st völlig avirulent gewor dene Bakterien besitzen noch
ein gewisses Infektionsvermögen, das sich aber dann auf
das Lymphsystem beschränkt. Eine absolute Avirulenz patho-
gener Bakterien dürfte es daher kaum geben ; wir sprechen viel-
mehr Bakterien als avirulent an, sobald dieselben nicht
mehr fähig sind, pathogen zu wirken, selbst wenn den-
selben noch ein gewisses Infektionsvermögen zukommt.
Diese Tatsache wird durch die Ergebnisse der beiden folgenden Versuchs-
reihen demonstriert, die Zingle unter meiner Leitung ausgeführt und
die derselbe bereits in seiner Dissertation (8) mitgeteilt hat.
10 Mäuse werden in Kontakt gebracht mit einer schwachen Emulsion (Abschwem-
mung eines Agarstrichröhrchens mit 10 com Wasser) eines alten Laboratoriumsstammes
des Bacillus breslaviensis. Während der Beobachtungszeit zeigt keines der Tiere
ein Nachlassen der Munterkeit.
Tabelle Vm.
Bacillus breslaviensis. Schwache Fütterungsinfektion. Versuchsbeginn:
28. Juni 1910. Alter avirulenter Laboratoriumsstamm.
Zeit der Unter-
suchung nach
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alten-
knoten
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0
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Müller. Der Nachweis von Fleiechvergiftungsbakterien etc.
353
In einer weiteren Versuchsreihe werden 10 Mäuse zur Deglutitionsaufnahme von
einer schwachen Emulsion des Bacillus (enteri tidis) Danysz gezwungen. Der
4 Jahre alte Laboratoriumsstamm hatte sein Virulenzvermögen völlig eingebüßt. Auch
bei den Tieren dieser Versuchsreihe waren während der Versuchsdauer keinerlei Zeichen
einer Erkrankung zu beobachten.
TabeUe IX.
Bacillus (enteritidis) Danysz. Schwache Fütterungsinfektion. Versuchs-
beginn: 1. Juli 1910. Alter avirulenter Laboratoriumsstamm.
Zeit der
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0
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+++
+++
Die beiden vorstehenden Tabellen zeigen uns in deutlichster Weise,
daß auch als a virulent angesprochene Bakterienstämme,
bzw. solche Bakterienstämme, die ihre ehemalige Viru-
lenz eingebüßt haben, zwar noch ein gewisses Infektion s-
vermögen besitzen, daß sich aber dann die ohne Krank-
heitserscheinungen und unmerklich verlaufende Infek-
tion fast ausschließlich auf das lymphatische System
beschränkt. (Tabelle YIII zeigt nur einmal am 10. Tage eine
schwache Infektion der Lunge ; Tabelle IX nur am 3. Tage eine schwache
Infektion der Leber.) Der in den Tabellen VIII und IX mit aller Deut-
lichkeit zutage tretende Befund, daß die Infektionserreger nur im lympha-
tischen System nachweisbar werden, drängt uns mit zwingender Not-
wendigkeit die Schlußfolgerung auf, daß bei dem gleichzeitig
ständig negativen Blutuntersuchungsbefund die in den
Achsel- und Kniefaltenknoten gefundenen Keime auch
nur auf dem Lymphwege hierher gelangt sein können.
Ich möchte auf diesen Befund um so nachdrücklicher
hinweisen, als bislang in der Fleischhygiene die Ansicht
obgewaltet hat, daß die bakterielle Infektion dieser
Lymphknoten (abgesehen von Wundinfektionen) nur durch
Vermittelung des Blutstromes zustande kommen könne.
Auf die Bedeutung dieser Darlegung für die Beurteilung des Fleisches
von Schlachttieren mit tuberkulösen Fleischdrüsen habe ich bereits an
anderer Stelle (9) hingewiesen.
Auifallend ist in den Tabellen VIII und IX weiterhin die Erschei-
nung, daß der Bacillus breslaviensis nie, der Bacillus (ente-
ritidis) Danysz nur einmal in den Mesenterialdrüsen
nachweisbar wurde. Zingle hat in den 15 Versuchsreihen, die
derselbe angestellt hat, das gleiche Verhalten bei einem Sui-
pestif er- Stamm, zwei vom Menschen stammenden Para-
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 6. 23
354
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
typhus-B-Stämmen und einen Typhusstamm feststellen
können. Der Befund ist weiterhin aus dem Grunde be-
sonders interessant, weil in diesen Versuchsreihen die
Keime ständig im Darmtraktus nachweisbar waren — im
Blind- und Dickdarm meist reichlich, im Dünndarm allerdings vielfach
spärlich oder gar nicht — so daß doch immerhin die Möglichkeit zur
Infektion der Mesenteriallymphknoten vorlag, zumal der Dünndarm auch
in diesen Versuchsreihen häutig eine katarrhalische Reizung nach einigen
Tagen zeigte. Dieses Freibleiben der Mesenterialknoten
bei avirulent gewordenen oder für Mäuse apathogenen
Stämmen (Typhus) findet darin seine Erklärung, daß die
Infektionserreger nur bis zu den Lymphfollikeln des
Darmes vordringen. Ich habe nämlich bei späteren Versuchen mit
avirulenten Stämmen, die häufig geschwollenen Beyer sehen Follikel-
haufen von der Serosa aus mit einer feinen Schere abgehoben, ohne
hierbei das Darmlumen zu eröffnen und die FoUikelhaufen dann voll-
gepfropft mit den Bakterien gefunden, während die Mesenterialknoten
frei geblieben waren. Aus dem Befund einer Bakterienart in
den Mesenterialknoten läßt sich daher ein Rückschluß
TabeUe X.
Bacillus (enteritidis) Danysz. Mittelstarke Fütterungsinfektiou. Versuchs-
Zeit d. Unter-
suchung nach
erfolgter
Infektion
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knoten
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lymph-
knoten
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+++
+ + +
+ + +
0
0
+ +
+++
+ + +
+ + +
auf eine gewisse Virulenz der gefundenen Bakterienart
schließen. Dagegen kann dem Befund eines zur Para-
typhus- oder Enteritisgruppe gehörigen Bakteriums aus
dem Dar min halte ohne gleichzeitige weitere Prüfung
anderer Organe, insbesondere der Mesenterialknoten,
oder bei Abwesenheit desselben in anderen Organen,
keine Bedeutung für die Entstehungsmöglichkeit von
Fleischvergiftungen zugeschrieben werden. Für die Be-
urteilung eines Bakteriums auf seine Fähigkeit „Fleisch-
vergiftung" zu erzeugen, genügt nicht der Nachweis seiner
Zugehörigkeit zur Paratyphus- oder Enteritis gru ppe,
sondern gehört, wie ich dies bereits weiter oben aus-
geführt habe, auch der Nachweis für seine Virulenz, die
bei den echten Fleischvergiftungserregern nicht allein
im Infektions vermögen, sondern vor allem auch im Toxin
bildungsvermögen besteht. Da es fernerhin durchaus
nicht feststehend ist, daß die Fleisch Vergiftungsbak-
terien alle zur Enteritis- undParatyphusgruppe gehören,
so ergibt sich für die präventive Fleischuntersuchung,
daß jeder septikämische Befund in der Muskulatur die
Verkehrsentziehung solchen Fleisches erfordert und daß
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc.
355
derartige Bakterien als Fleischvergifter „verdächtig"
sind, sofern die Prüfung ein hohes Infektions- und Toxi-
zitätsver mögen ergibt.
Nachdem ich durch die vorstehenden Untersuchungen einen auf
realem Boden stehenden und von hypothetischen Begriffen freien Ein-
blick in den Verlauf und den Mechanismus der Infektion mit Bakterien
der Fleischvergiftungsgruppe erlangt hatte, ging mein Bestreben dahin,
nochmals eine weitere Versuchsreihe mit einem voUviruleuten Enteritis-
stamm anzustellen, da in den ersten Versuchsreihen mit dem Stamm
St. Johann keine Lymphknoten außer den Mesenteriallymphknoten ständig
untersucht worden waren. Meine Versuche, die gesunkene Virulenz des
Stammes St. Johann durch aneinander gekettete Tierpassagen von neuem
zu steigern, schlugen fehl, demzufolge ich mich entschloß, den Ergebnissen
des avirulenten Stammes vom Bacillus (enteritidis) Danysz in
Tabelle IX die Ergebnisse einer Versuchsreihe mit einem virulenten
Stamm des Bacillus (enteritidis) Danysz gegenüberzustellen.
Zu diesem Zwecke werden 7 Mäuse mit einer Abschwemmung von 2 Agarschräg-
röhrchen alimentär infiziert. Am 5. Tage erweisen sich die drei übrig gebliebenen Tiere
als krank; am 6. Tage sind die beiden letzten Mäuse eingegangen.
TabeUe X.
beginn 12. Dez. 1910. Stamm mit voller Virulenz.
GaUe
Lunge
Niere
Harn
Magen
Dünn-
darm
Blind-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
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+ + +
Maus krank
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+ + +
+ + +
+++
+ + +
+ + +
+ +
+ +
Maus t
Im Gegensatz zu den ersten Versuchsreihen kommt in der Tabelle X
keine vorübergehende Infektien des Blutes und anderer Organe zum
Ausdruck, was vielleicht mit dem Umstände zusammenhängen mag, daß
in den ersten Versuchen mit dem Stamm St. Johann sich noch ein
stärkeres Giftbildungsvermögen dieses Stammes geltend gemacht hat.
Die Tabelle zeigt vom 3. Tage ab ein ungemein heftiges Fortschreiten
der Infektion im lymphatischen System sowie das alsbaldige Uebertreten
der Keime in Milz, Leber und Blut, wobei am 3. Tage der Muskel noch
frei bleibt. Am 4. Tage hat sich bereits die Infektion im ganzen Körper
generalisiert, so daß die Tiere vom 5. Tage ab schwer krank und am
6. Tage der Infektion erlegen sind. Ein Absterben der Bakterien im
Magen ist nicht zu beobachten.
Wir sehen also, daß der Nachweis des Vorliegens
einer Septikämie(=Generalisation einer septikämischen
Infektion) durch die bakteriologische F 1 e i s c h u n t e r -
suchung ohne Schwierigkeit zu erbringen ist, weil hier
die Untersuchung aller Organe, insbesondere auch der
Muskulatur, das Vorhandensein zahlreicher, gleicher
Kolonieen auf den Platten ergibt. — Ich habe dann auch weiter-
hin geprüft, ob der Nachweis der septikämischen Infektion
eines Kadavers bei längerem uneröffneten Liegenlassen
23*
356
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
desselben durch das Ueberwuchern von Kadaverbacillen
erschwert wird. Zu diesem Zwecke ließ ich septikämisch eingegangene
Mäuse uneröffnet bis zu 8 Tagen im Zimmer bei ca. 20" und bis zu
8 Wochen im Eisschrank liegen. Die Untersuchung der Kadaver
ergab dann jederzeit in Blut, Muskulatur und den Or-
ganen der Tiere das Vorhandensein zahlloser Keime der
verfütterten Keimart, dergestalt, daß der Platteubefund infolge
des NichtWachsens anaerober Keime gewissermaßen Reinkulturen dar-
bot^). Ein Ueberwuchertwerden der Erreger einer septikämischen In-
fektion, so daß der Nachweis derselben auf Schwierigkeiten stoßen könnte,
ist daher auch bei uneröffnet liegen bleibenden Kadavern der Schlacht-
tiere kaum zu erwarten. Obschon hier infolge der langsameren Ab-
kühlung des Kadavers die postmortale Kadaverbacilleneinwanderung
schneller und intensiver als bei der Maus erfolgt, so schaltet doch die
aerobe Plattenkultur die Mehrzahl etwa vorhandener Kadaverbacillen wieder
aus. Daß auch die postmortale Außeninfektion den Nachweis der intra-
vital erfolgten septikämischen Infektion nicht ernstlich zu beeinträchtigen
vermag, habe ich an anderer Stelle (6) bereits dargelegt. — Weiterhin
wird aber auch, wie aus den Tabellen ersichtlich ist, in
allen Fällen von Septikämie verdacht durch die Prüfung
von Muskulatur, Lymphknoten, Milz und Leber fest-
gestellt werden können, ob eine Infektion mit Bakterien
der Paratyphus- oder Gärtner- Gruppe etwa vorliegt oder
nicht.
Die vorstehenden Untersuchungen haben ausschließlich den etappen-
mäßigen Verlauf der Infektion mit Bakterien der Fleischvergiftungsgruppe
dargelegt, wie sich derselbe bei alimentärer Aufnahme der Infektions-
erreger vollzieht. Ob die Fütterungsinfektion in jenen Fällen, die Fleisch-
vergiftungsepidemieen bewirkt haben, die Regel war, ist ungewiß. Es
ist vielmehr auch möglich , daß derartige Infektionen von Wunden
ihren Ausgang genommen haben. Bei der W undinfektion liegen
die Verhältnisse für den Nachweis der Infektionserreger
aus der Gruppe der Fleischvergiftungsbakterien noch
wesentlich günstiger als bei der alim entären Infektion,
weil selbst solche Stämme, die v om Dar mtraktus aus kein
Bacillus enteritidis,
Tabelle XL
Stamm St. Johann ;
16 Monate alt. Subkutane
Zeit der Unter-
suchung nach
Muskel
Blut
Rechter
Hals-
lymphknoten
Linker
Hals-
lymphknoten
Rechter
Achsel-
lymphknoten
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iknoten
Rechter
Kniefalten-
lymphknoten
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iknoten
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-I- + +
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0
0
1) In Weiterverfolgung dieses Befundes stellte Zingle fest, daß durch das längere
Verweilen der Bakterien in uneröffneten Kadavern eine Virulenzsteigerung ein-
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc.
357
oder nur ein sehr geringes Infektionsverraögen zeigen,
bei der Wundinfektion, wie sich dies aus den nachstehen-
den Tabellen ergibt, sehr schnell eine generelle Infek-
tion zu bewirken vermögen. Ich habe in den folgenden Ver-
suchen die Wundinfektion in Form subkutaner Injektionen gleicher
Mengen einer schwachen Bakterienemulsiou ausgeführt. Bei diesen
Versuchen sollte weiterhin noch ein anderer interessanter Befund er-
hoben werden.
Bei der Untersuchung der alimentär infizierten Tiere wurde häufig
beobachtet, daß der Dünndarm anfangs nur spärliche Keime der ver-
wendeten Bakterienart enthielt, und daß, wie der Vergleich des direkt
angelegten Kulturausstriches mit dem angereicherten Kulturausstrich er-
gab, spärlich vorhandene Infektionserreger von anderen Darmsaprophyten,
insbesondere Coli- Bakterien, überwuchert wurden. In jenen Fällen,
in denen die Infektion schließlich zurSeptikämie führte,
änderte sich jedoch der Kulturbefund aus dem Dünn-
darminhalt dergestalt, daß nach und nach ein Zurück-
treten der Saprophyten zugunsten der Infektionserreger
bemerkbar wurde, bis schließlich der Darminhalt die
Septikämieerreger, nach dem Platte nbefund geurteilt,
geradezu in Reinkultur enthielt. Diese Beobachtung
legte die Vermutung nahe, daß mit dem Eintreten der
Generalisation ein direktes Auswandern der Keime aus
dem Körperinnern in das Darmlumen stattfindet. Aehnliche
Erscheinungen werden ja auch bei dem Typhus des Menschen beobachtet.
Beim subkutanen Infektionsmodus mußte daher, wenn der Befund
richtig gedeutet war, der Darminhalt dieser Tiere schließlich die In-
fektionserreger enthalten. Da hier eine alimentäre Infektion des Darm-
inhaltes von vornherein ausgeschlossen war, so konnten also die im
Darminhalt anzutreffenden Bakterien nur durch Vermittelung des Säfte-
stromes des Körpers hierher gelangt sein.
Zur Darlegung des Verlaufes der Wundinfektion mit Bakterien der Fleischver-
giftungsgruppe und des Einwandems der Bakterien aus dem Körper in das Darmlumen
erhielten 7 Mäuse subkutan je 0,25 ccm einer Emulsion des Bacillus enteritidis,
Stamm St. Johann, die durch Abschwemmen einer Agarschrägkultur mit 10 ccm physio-
logischer NaCl-Lösung gewonnen war.
Infektion.
Tabelle XL
MUz
Leber
Galle
Lunge
Niere
Harn
Magen
Dünn-
darm
Bünd-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
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0
0
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0
0
0
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0
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0
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+
-1-
2. Maus
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-I- + -I-
-1-
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0
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+
0
0
1. Maus
+ + +
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0
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2. Maus
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+ +
+ + +
-f- + -l-
+++
+ +
-I- + -I- + + +
+ + +
Maus t
0
0
0
0
0
0
0
0
u
0
tritt. Auf diese Virulenzsteigerung durch die natürliche Anaerobiose im Kadaver hin-
sichtlich ihrer Bedeutung für die Genese von Fleischvergiftungen als auch für die Nager-
vertilgung werden wir später zurückkommen.
358
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Zur Zeit der Versuchsanstellung der Tabelle XI war der Stamm
St. Johann 16 Monate alt und seine Virulenz war dergestalt
gesunken, daß leichte und mittelstarke Fütterungs-
infektionen Mäuse nicht mehr zu Fall brachten. Wie die
vorstehende Tabelle zeigt, besaß der gleiche Stamm bei
subkutaner Einführung eine ganz wesentlich höhere
Virulenz als vom Digestionstraktus aus, dergestalt, daß
bereits nach 48 Stunden eine Generalisation von der Wundinfektion aus im
ganzen Körper Platz griff und daß die Tiere vom 3. zum 4. Tage an
den Folgen der an die Wundinfektion sich anschließenden Septikämie
eingingen. Hier sehen wir, dem Infektionsmodus und dem
Ort der Infektion entsprechend, die Bakterien zuerst in
TabeUe XII.
Bacillus morbificans bovis, 18 Jahre alter Laboratoriumsstamm. I = ali-
Zeit der
Untersuchung
nach erfolgter
Infektion
Muskel
Blut
Hals-
lymph-
knoten
Achsel-
lymph-
knoten
Knie-
falten-
lymph-
knoten
Mesen-
terial-
lymph-
knoten
Milz
Leber
I
24 Stunden
0
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0
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2 Tage
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+
+
14 „
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0
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Ü
0
30 „
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0
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II
2 Tage
+++
+++
+ + +
++
+++
+ + +
++
+ + +
3 „
+ + +
+ + +
+ + +
++ +
+++
++ +
+ + +
+ + +
den Achsel- und Kniefaltenlymphknoten und erst später
in jenen Lymphknoten, die bei der alimentären Infektion
die Keime zuerst beherbergen. Aber bereits nach 48 Stunden
enthält das ganze Lymphsystem die Keime in reichstem Maße. Bei der
Wundinfektion sehen wir weiterhin den sehr schnell erfolgenden Ueber-
tritt der Keime in das Blut und die hieraus resultierende Generalisation.
Es ergibt sich demnach für die bakteriologische Fleisch-
untersuchung, daß auch der Nachweis der Bakterien der
Fl eisch ver gi ftuu gsgr uppe , sofern dieselben auf dem
Wege der Wundinfektion in den Körper eingedrungen
sein sollten, durch die Untersuchung von Äluskulatur,
Lymphknoten, Milz und Leber mit aller Sicherheit zu er-
bringen ist. Die Möglichkeit des Wundinfektionsmodus besteht wohl
besonders bei neugeborenen Kälbern, als auch bei den Muttertieren post
partum.
Fernerhin gibt uns die Tabelle aber auch klaren Auf-
schluß darüber, daß das massenhafte Vorhandensein der
Infektionserreger im Darminhalte alimentär infizierter
Tiere beim Einsetzen der Septikämie nicht nur auf einer
Vermehrung der im Darm vorhandenen Keime beruht,
sondern daß effektiv ein Einwandern aus dem Säftestrom
des Körpers in das Darmlumen hinein erfolgt. Denn da
eine alimentäre Infektion bei den Mäusen der Tabelle XI ausgeschlossen
ist, so sind die bei den hier registrierten Tieren im Darmlumen nach-
gewiesenen Keime des Bacillus enteritidis aus dem Säftestrom des-
Müller, Der Nachweis von Fleisch Vergiftungsbakterien etc.
359
Körpers in den Darminhalt übergetreten. Dieser Uebertritt der Keime
erfolgt bei Wundinfektionen, gemäß der Tabelle, sehr bald ; ganz be-
sonders deutlich zeigt sich aber auch hier, daß beim Einsetzen der
Generalisation die Septikämieerreger die saprophytische Flora des Darm-
inhaltes völlig zu überwuchern vermögen.
Ich habe in der folgenden Tabelle XII weiterhin noch Befunde
gegenübergestellt, wie sich dieselben für den Bacillus morbificans
bovis bei starker alimentärer und nicht starker subku-
taner Infektion ergeben.
Zur alimentären Infektion der 6 Mäuse wurde eine Emulsion des Belages zweier
Koll escher Schalen benutzt; die beiden subkutan infizierten Tiere erhielten 0,25 ccm
einer 24-8tündigen BouiUonkultur.
Tabelle XII.
mentäre Infektion, II = subkutane Infektion.
Galle
Lunge
Niere
Harn
Dünn-
darm
Blind-
darm
Dick-
darm
Bemerkungen
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+ +
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Ü
0
u
+
-I- +
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+ +
+ +
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+
0
+ -f-
++ +
+ + -h
+ + +
+ +
+ -I- +
+ +
Maus t
+ +
+++
+ + +
++ +
+++
+ + -I-
+ + -f
Maus t
Der Bacillus morbificans bovis hatte, als er im Jahre 1892
von Prof. Forst er aus dem Fleisch einer notgeschlachteten Kuh ge-
züchtet worden war, bei den von Basen au (15) ausgeführten Unter-
suchungen eine solche Virulenz, daß derselbe Mäuse, Meerschweinchen
und Kälber bei alimentärer Infektion septikämisch infizierte und zu Fall
brachte. Aus Leber, Milz, Nieren, Mesenteriallj^mphknoten, Lungen,
Herzblut und Fleisch konnte Basen au die verfütterten Bacillen in großer
Menge wieder herauszüchten. Dieses Virulenz vermögen bei alimentärer
Aufnahme des Bac. morbificans bovis ist im Laufe der Jahre so
stark gesunken, daß es selbst mit den stärksten Fütterungsinfektionen
nicht mehr möglich war, Mäuse septikämisch zu infizieren. Die subkutane
Infektion mit dem gleichen Stamme ermöglicht dagegen, die Tiere leicht
und schnell septikämisch zu Fall zu bringen. Diese Befunde haben
insofern für die bakteriologische Fleischuntersuchung
eine ganz besondere Bedeutung, als sie klar und deut-
lich zeigen, daß bei fleisch hygienischen Untersuchungen
der Nachweis für eine vermutete Schädlichkeit des
Fleisches als auch für eine vermutete Pathogenität von
Fleischbakterien in allererster Linie durch den Fütterungs-
versuch zu erbringen ist. Der vielfach beliebten Beweis-
führung, daß keim haltiges Fleisch aus dem Grunde als
gesundheitsschädlich anzusehen sei, weil die parenterale
Verimpfung von Fleischbakterien sich als pathogen für
Versuchstiere erweist, kann keine Berechtigung zu-
erkannt werden, weil diese Eigenschaft zahlreichen, im
360 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Darm Inhalte gesunder Menschen und Tiere vorkommen-
den Bakterien anhaftet. Auf die Verschiedenartigkeit des Patho-
genitätsvermögens reingezüchteter Fleischbakterien bei alimentärer, sub-
kutaner und intraperitonealer Einverleibung an Versuchstiere habe ich
durch Metzger (10) in einer Abhandlung über Bakterien im Fleische
notgeschlachteter Tiere bereits hinweisen lassen. Metzger prüfte 29
von mir gesammelte Bakterienstämme, die auf der Endo platte teils
coliähnlich (12 Stämme), teils paratyphusähnlich (17 Stämme) wuchsen.
Keiner der Stämme war gelatineverflüssigend. Die Prüfung der Zuge-
hörigkeit der Stämme zur Enteritis- und Paratyphusgruppe vermittels
der Agglutination war bei allen Stämmen negativ. Die Fütterungsver-
suche mit den Fleisch proben, denen die Bakterien entstammten,
waren mit einer Ausnahme (Bacillus paraenteritidis) negativ.
Bei der Verwendung von Reinkulturen gestaltete sich dagegen die Patho-
genitätswirkung der 29 Stämme bei Mäusen folgendermaßen:
Bei der Fütterung der Reinkulturen waren 10 Stämme pathogen und 19 Stämme apath.
„ „ subkut. Impfung d. Reinkult. „ 11 „ „ „ 18 „ „
,. „ intraper. „ „ „ „ 25 „ „ „ 4
In allen Applikationsweisen „ 6 „ „ ,, 4 ,, „
Wir sehen aus diesen Befunden, daß für die Ent-
scheidung der Frage, ob ein keimhaltiges Fleisch als
„fleischvergiftungserzeugend"' zu erachten ist, dem
Fütterungs versuch mit dem Fleische selbst die aus-
schlaggebendste Bedeutung beizumessen ist.
Bei der Durchmusterung meiner Tabellen ist es augenfällig, in welch
hervorragendem Maße gerade die Untersuchung des lymphatischen Systems
den Nachweis der Infektion eines Körpers mit Bakterien der Enteritis -
und Paratyphusgruppe ermöglicht. Die Frage, ob bei alimentären In-
fektionen, die zu einer Septikämie führen können, ein direktes Einwandern
der Keime in die Blutbahn erfolgt, lasse ich vorerst unbeantwortet.
Ganz sicher geht aus den Tabellen die lymphatische
Resorption und auch eine primäre Ausbreitung der In-
fektion im lymphatischen System hervor. Auch hier wird
die Frage, wie wir uns diese Ausbreitung anatomisch und physiologisch
vorzustellen haben, in ihrer Beantwortung vorerst noch umstritten bleiben.
Ich möchte hier nur der Ansicht Noetzels (11) beistimmen, die er in
seinen Ausführungen über die Bakterienresorption auf dem Lymph- und
Blutwege und über die Bedeutung der Lymphdrüsen für dieselbe zum
Ausdrucke bringt: „Aber wir müssen auch zugeben, daß gerade unsere
bakteriologische Anschauung ofienbar eine zu einseitige Auffassung
von der Bedeutung und Funktion der Lymphdrüsen zu sanktionieren
vermöchte." Die Bakteriologie hat in Anlehnung an die
Phagocyten theorie den lymphatischen Apparaten des
Körpers hauptsächlich eine infektions ab wehrende Funk-
tion zugeschrieben, während auf Grund der vorstehenden
experimentellen Prüfungen dem Lymphsystem für voll-
virulente Bakterien ganz zweifelsohne eine infektions-
begünstigende Funktion zuerkannt werden muß.
Die für die bakteriologische Fleisch untersuch ung
äußerst wichtige Tatsache, daß man bei systematischen
Untersuchungen bakterielle Infektionen als auf das lym-
phatische System beschränkt darstellen kann, läßt uns
fernerhin erkennen, daß wir im Lymphgefäßsystem keines-
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc. 361
wegs eine Vorrichtung zu sehen haben, deren Infektion
nur sekundär von der Blutbahn aus erfolgt. Wir sehen
vielmehr im Gegenteil aus den Tabellen mit aller Deut-
lichkeit, daß dort, wo die Virulenz d er Inf ektionser reger
noch nicht zu sehr gesunken ist, die Infektion zuerst im
lymphatischen System sich ausbreitet, dann aufdie großen
Körperparenchyme übergeht und zuletzt das Blut und
die Muskulatur ergreift. Daß hierbei Milz und Leber
gleichfalls auf dem Lymphwege und unter Ausschluß des
Blutweges infiziert werden können, diese Möglichkeit
muß auf Grund der in den Tabellen niedergelegten Be-
funde unbedingt zugegeben werden. Ich habe auch vereinzelt
feststellen können, daß eine Infektion des Knochenmarks vor der Blut-
infektion festzustellen war, was aus den nahen Beziehungen des myelo-
ischen Systems zum lymphatischen System erklärlich erscheint.
Bei dieser Erkenntnis des Fortschreitens eines infektiösen Prozesses
auf dem Wege der Lymphbahnen und bei der experimentell leicht fest-
stellbaren Tatsache, daß auch Muskellymphknoten durch eine primäre
Ausbreitung der Erreger im Lymphgefäßsystera infiziert werden, wird
man zu der Annahme gedrängt, daß schließlich von den Muskellymph-
knoten aus auch auf retrogradem Wege eine Infektion jener Muskeln
erfolgen müsse, die das Wurzelgebiet dieser Knoten bilden. Würde
eine retrograde Infektion des Wurzelgebietes eines Muskellymphknotens
von diesem aus erfolgen, dann müßte schließlich auch mit der Möglich-
keit der rückläufigen Blutinfektion aus den Lymphkapillaren in die Blut-
kapillaren des Muskels gerechnet werden. Ich selbst muß gestehen, daß
mir infolge der Erkenntnis von der aktiven Beteiligung des Lymph-
systems an der Ausbreitung eines infektiösen Prozesses diese Möglichkeit
anfangs gegeben erschien . daß mich aber dann die Befunde meiner
Tabellen doch von der Unrichtigkeit dieser Ansicht überzeugten. Wäre
nämlich die Möglichkeit einer retrograden Infektion der
Muskulatur von den Muskellymphknoten aus gegeben,
dann hätte bei den zahlreichen Versuchen, die ich als
auch Zingle angestellt haben, wenigstens in vereinzelten
Fällen eine Infektion des Muskels vor der Infektion des
Herzblutes nachweisbar sein müssen. Wir haben aber
nicht einen einzigen derartigen Fall unter Hunderten
von Versuchen feststellen können. Nie konnte der Muskel
früher infiziert gefunden werden als das Blut. Dagegen
zeigte sich das Herzblut gar nicht selten keimhaltig,
während die Muskulatur noch steril war. War der in-
fektiöse Prozeß aber einmal vom Lymphgefäßsystem auf
das Blutgefäßsystem übergetreten, dann wurde auch
kurze Zeit nach der Blutinfektion der Muskel durch das
Blut infiziert. Aus dieser ganz konstanten Erscheinung
ergibt sich weiterhin dann aber auch, daß die zum Wurzel-
gebiet eines Lymphknotens gehörige Muskulatur nicht
retrograd von diesem aus infiziert wird, obschon der Lymph-
knoten selbst in den Bereich eines primären lymphogen erfolgten
Infektionsprozesses bereits einbezogen ist. Wir sehen also, daß sich
der infektiöse Prozeß im lymphatischen System beim Fehlen von
Zirkulationsstauungen in einer ganz bestimmten Weise fort-
zupflanzen und gegenüber der Muskulatur abzugrenzen pflegt, und zwar
362 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
dergestalt, daß bei alimentärer Aufnahme von Bakterien
eine Infektion der Muskulatur nur hämatogen, aber nicht
lymphogen erfolgen kann, daß aber die Muskellymph-
knoten selbst auf dem Wege der zwischen zwei Lymph-
knoten bestehenden Intermediärbahnen infiziert werden
können, wobei die Infektion der zuerst ergriffenen
Lymphknoten immer eine Resorptionsinfektion aus den
zugehörigen Wurzelgebieten (Verdauungskanal) war.
Hat uns die Deutung der tabellarischen Befunde somit zu der Er-
kenntnis gebracht, daß die Infektion der Muskulatur selbst
hämatogen erfolgt, so drängt sich weiterhin die Frage
auf, wo die Infektion des Blutes einsetzt, sofern sich dieselbe
an den Status lymphaticus eines infektiösen Prozesses
anschließt. Scheiden wir also zunächst noch jene Fälle der ersten
Tabellen (I — IV), in welchen bereits nach 24 und 48 Stunden vorüber-
gehend eine Blutinfektion vorlag, aus, so sehen wir erst dann die
Keime in die Blutbahn übertreten, nachdem der in-
fektiöse Prozeß sich allgemein im lymphatischen System
ausgebreitet hat und nachdem sich Milz und Leber gleich-
falls als stark infiziert erweisen. Dieser Befund muß
daher die Vermutung nahelegen, daß der Einbruch der
Infektion in die Blutbahn, sofern sich derselbe im An-
schluß an den Status lymphaticus derinfektion vollzieht,
von der Milz oder Leber ausgeht. Welches der beiden Organe
bei der Blutinfektion den Ausschlag gibt, läßt sich aus den Tabellen
nicht erkennen. Vom rein induktiven Standpunkt aus muß die Milz als
das Organ aufgefaßt werden, in welchen das Uebertreten der Infektion
vom lymphatischen System in die Blutbahn sich am leichtesten vollzieht,
da ja in diesen Organen die lymphatischen Anteile gewissermaßen in
einem Blutschwamm eingebettet sind.
Blutinfektionen, die schließlich vom lymphatischen
System übergesprungen sind, werden im allgemeinen bei
solchen Infektionserregern zu beobachten sein, die eine
besondere Tendenz zur Lokalisation im lymphatischen
System an und für sich zeigen (Tuberkulose, Rotz). Bei
Bakterien der Paratyphus- und Enteritisgruppe wird
diese Art der Blutinfektion sich nur bei solchen Stämmen
finden, die bereits einen Verlust an ihrem Virulenz-
vermögen erlitten haben, die insbesondere kein Toxin-
bildungsver mögen besitzen oder dieses eingebüßt haben.
Wir finden hierin auch die Erklärung für die Tatsache,
weshalb häufig der Genuß von Würsten die Paratyphus-
keime enthalten oder der Genuß von Fleisch, das den
Bacillus suipestifer enthält, trotzdem nicht den Sym-
ptoraenkomplex der Fleischvergiftung auslöst, sondern
entweder gar keine klinischen Symptome, oder höchstens
Krankheitserscheinungen, bei welchen die enteritischen
im Vordergrunde stehen. Fernerhin erklärt das Be-
schränktbleiben einer Infektion auf das lymphatische
System auch die Fälle der sehr leicht oder selbst un-
merklich verlaufenden Typhen des Menschen.
In jenen Untersuchungsreihen, in denen der Stamm St. Johann des
Bacillus enteritidis noch eine höhere Virulenz zeigt, oder in den
Müller, Der Nachweis von Fleisch Vergiftungsbakterien etc. 363
Fällen, in denen ein sich bereits merklich machender Rückgang in der
Virulenz durch eine verstärkte Infektion noch kompensierbar ist, sehen
wir dagegen, daß hier die Infektion keine rein lymphatische
ist. Ich möchte jedenfalls die Erscheinung des bei viru-
lenten Stämmen vorübergehenden Auftretens der Infek-
tionserreger in Blut und Muskulatur am 1. und 2. Tage
nichtalseineschnelleDurchwanderungdes lymphatischen
Systems seitens dieser Keime im Sinne Nötzels, sondern
als einen direkten Eintritt dieser Keime in die Blutbahn
vom Digestionstraktus aus auffassen. Dieser direkte Ueber-
trittvon Infektionserregern in die Blutbahn scheint durch
eine gewisse Toxin bildungsfähigkeit der Bakterien be-
günstigt zu werden. Die mitToxinbildung einhergehende
Virulenz von Bakterien fördert den direkten lieber tritt
von Infektionserregern in die Blutbahn durch die Lahm-
legung jener Schutzkräfte, die den Eintritt der gleichen
Infektionserreger in die Blutbahn ohne Toxinbildungs-
vermögen erfolgreich verhindern.
Es sei hier schon bemerkt, daß der vorübergehende, aber konstante Nachweis einer
vorhandenen Blutinfektion im Initialstadium der Infektion, wie er aus den Tabellen I
bis IV ersichtlich ist, gleichzeitig den möglichen Einwand entkräftet, daß bei den
späteren Versuchsreihen, bei welchen sich nur Infektionen des lymphatischen Svstemes
nachweisen lassen, vielleicht doch ein hämatogener Ursprung mit in Fragt komme.
Denn wäre ein solcher vorhanden gewesen, dann hätte sich derselbe auch späterhin
ebenso sicher, wie in den ersten Tabellen nachweisen lassen müssen.
Ich habe auch die Frage, ob ein direkter Uebertritt von In-
fektionserregern in die Blutbahn stattfinden kann, experimentell
bearbeitet und bin hierbei von folgenden Erwägungen ausgegangen.
Falls bei alimentärer Infektion ein direkter Uebertritt von Krank-
heitserregern in die Blutbahn stattfindet, so wird derselbe in erster
Linie in die Darmkapillaren und deren venöse Anfänge hinein erfolgen.
Da das gesamte venöse Blut des Darmes zur Leber geht, so müssen
die in das venöse Darrablut gelangten Bakterien zuerst in der Leber
nachweisbar werden, während die vom Darmlumen aus in das lympha-
tische System gelangenden Infektionserreger nach einer gewissen Zeit
in den Mesenteriallymphknoteu vorhanden sein müssen. Des weiteren
Interesses und der Kontrolle halber habe ich neben Leber und Mesenterial-
knoten auch ständig das Herzblut und die Quadricepsmuskulatur auf
ihren Keimgehalt geprüft. Zur Entscheidung der Frage, ob ein direkter
Uebertritt von Infektionserregern in die Blutbahn stattfinden kann, mußte
natürlich ein Bakterium mit hoher Virulenz gewählt werden. Da meine
Stämme des Bacillus (enteritidis) Gärtner (Stamm Frankenhausen
und St. Johann) nach dieser Hinsicht nicht geeignet waren, so wurde
ein virulenter Stamm des Bacillus enteritidis Danysz verwandt,
von dem ein Vorversuch ergeben hatte, daß Mäuse mit demselben nach
5 — 6 Tagen zu Fall zu bringen sind. Die Versuchsanordnung war in
der Weise gedacht, daß eine Anzahl von Tieren gleichzeitig ziemlich
stark alimentär infiziert wurde, daß wenige Minuten nach der Aufnahme
der Keime mit der Untersuchung des ersten Tieres begonnen und die
Untersuchung weiterer Tiere nach kurzen Zeitabschnitten fortgeführt
wurde. Bei dieser Versuchsanordnung war noch mit der Möglichkeit
zu rechnen, daß vielleicht spärlich vorhandene Keime bei einer direkten
Plattenanlage übersehen werden könnten. Um daher bei negativen
Plattenbefunden hierhin zielenden Einwänden vorzubeugen, bin ich bei
364
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
der Prüfung der Organe dergestalt vorgegangen, daß sämtliche Organe
unmittelbar nach ihrer Entnahme aus dem Tierkörper noch einer
24-stündigen Anreicherung in Galle unterzogen wurden und sodann die
Galle auf ihren Keimgehalt an den nachzuweisenden Bakterien geprüft
wurde. Daß die Entnahme der Organe mit allen eine Kontaktinfektion
verhindernden Kautelen geschah, ist als selbstverständlich vorauszusetzen.
Zunächst wurde die Muskulatur entnommen, sodann die Mesenterial-
knoten, hierauf das Herz und zuletzt die Leber. Die Leber wurde fast
ganz, ausschließlich der Partie an der Leberpforte mit den Leberlymph-
knoten, in Rindergalle angereichert.
Beim I. Versuch der Tabelle XIII kommen 20 Mäuse in Kontakt mit einer
Emulsion des Bacillus (e uteri tidis) Danysz, die durch Abschwemmung dreier
Agarplatten und Hinzufügen dreier Bouillon röhrchen hergestellt worden war. In dieser
Emulsion sind die Mäuse durch gegenseitiges Ueberkriechen nach 5 Minuten vollkommen
äußerlich durchnäßt, worauf den Tieren Watte in das Gefäß gegeben wird, um hier-
durch die weitere alimentäre Aufnahme der Bakterien durch Putzen seitens der Tiere
zu bewirken. — Die beiden letzten Mäuse sind am 5. Tage sichtlich krank; die letzte
Maus ist am 6. Tage tot.
Beim II. Versuch werden 6 Mäuse mit einer Emulsion von 3 Agarschrägkulturen
des gleichen Bakterienstammes infiziert.
Tabelle XIU.
I. Versuch sehr starke Infektion mit virulentem Stamm des Bacillus (enteritidis) Danysz
IL Versuch mittelstarke Infektion mit virulentem Stamm des Bacillus (enteritidis) Danysz
Zeit der Unter-
suchung nach
erfolgter Infekt.
Muskel
Blut
Leber
Mesenterial-
lymphknoten
Bemerkungen
I. Versuch
10 Minuten
0
0
0
+
20
0
0
+
+
30
0
0
0
0
40
0
0
+
+
50
0
0
0
+
1 Stunde
0
+
+
0
2 Stunden
0
+
+
0
3
0
0
0
+
4
0
0
0
0
5 ,.
0
0
-1-
+
6
0
0
+
+
9
0
0
0
+
10
0
+
0
0
12 „
0
0
+
+
24
0
+
+
0
2 Tage
+
-f
+
+
3 „
+
+
+
0
4 „
+
+
+
+
5 „
+
+
+
+
6 „
+
+
+
+
Maus t
II. Versuch
DarmfoUikel
10 Minuten
0
0
0
0
0
25
0
0
0
0
0
40
0
0
0
0
+
60
0
0
0
0
+
2 Stunden
0
+
+
0
+
3
0
+
+
+
+
Wie uns die vorstehende Tabelle XIII zeigt, findet in der Tat b e i
virulenten Bakterienstämmen gleichzeitig eine hämato-
geneund lyraphogene Resorption der Keime statt; und zwar
kann das Eindringen der Keime nach den Befunden aus den Mesenterial-
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc. 365
lymphknoten und der Leber ziemlich schnell erfolgen, da die Keime bereits
nach 10 Minuten in den Mesenteriallymphknoten und nach 20 Minuten in
der Leber nachweisbar waren. Allerdings ist auch gerade im Beginn einer
Infektion, wie die Tabelle zeigt, mit gewissen individuellen Verschieden-
heit hinsichtlich der Schnelligkeit der Bakterieuresorption zu rechnen.
Im Herzblute werden die Keime zuerst nach 1 und 2 Stunden, dann
nach 10 Stunden und von 24 Stunden nach erfolgter Injektion ab ständig
nachweisbar. Der Muskel bleibt bis zum 2. Tage ständig keimfrei. Auch
hier sehen wir die in meinen Tabellen immer wieder-
kehrende Tatsache, daß die Muskeliufektion erst dann
erfolgt, nachdem die Infektionserreger endgültig das
Blutgefäßsystem erstürmt haben. — Das überraschend schnelle
Eindringen der Infektionserreger in die Mesenteriallymphknoten ver-
anlaßte mich, den Beginn des Versuches nochmals zu wiederholen. In
dieser II. Versuchsreihe war allerdings die Quantität des Infektions-
materiales, entsprechend der geringeren Anzahl der Versuchstiere, ge-
ringer und nach dem Ergebnis der Tabelle die Infektion selbst etwas
schwächer, da hier erst nach 2 Stunden Leber und Blut und nach
3 Stunden Mesenteriallymphknoten, Leber und Blut infiziert waren. —
Ich habe bereits weiter oben darauf hingewiesen, daß wir die in das
lymphatische System vom Darm aus eindringenden Bakterien zu allererst
in den Lymphfollikeln des Darmes nachweisen können. In der Versuchs-
reihe habe ich die Prüfung der Darmfollikel nicht systematisch durch-
geführt, immerhin aber auch hier die nach 4, 6, 9, 10, 12 und 24 Stunden
mir geschwollen erschienenen Follikel bereits infiziert gefunden. In der
Versuchsreihe II erweisen sich die von der Serosa her abhebbaren
Follikelpartien nach 40 Minuten als infiziert, während die ersten Mesenterial-
lymphknoten erst nach 3 Stunden als keimhaltig befunden werden. Neben
der lymphogenen Infektion läßt der Versuch also auch das direkt er-
folgende Uebertreten virulenter Keime in die Blutbahn erkennen.
Die Tabelle XIII läßt sich aber nicht zu einem Einwand gegen die
von mir dargelegte rein lymphogene Infektion bei geringerer Virulenz
der Stämme verwenden. Der Einw^and, daß in jenen Tabellen, die die
lymphogene Infektion zum Ausdruck bringen, vielleicht innerhalb der
ersten 24 Stunden ein ähnliches hämatogenes und lymphogenes Ein-
dringen der Bakterien stattgefunden haben könnte, wie dies in Tabelle XIII
zum Ausdruck kommt, ist zunächst aus dem Grunde hinfällig, weil ein
derartiges Eindringen dann auch in den folgenden Tagen in ähnlicher
Weise, wie in Tabelle XIII, hätte nachweisbar sein müssen. Fernerhin
sei hier darauf hingewiesen, daß bei der permanenten Anwesenheit der
Infektionserreger im Magendarmkanal den Keimen ständig Gelegenheit
geboten war, in das Blutgefäßsystem direkt einzudringen, sofern den
Keimen die Fähigkeit hierzu anhaftete. In jenen Fällen, in denen eine
Blutinfektion erfolgte, war dieselbe auch nachweisbar. Man wird daher
wohl kaum den in den negativen Befunden zum Ausdruck gelangenden
Regelmäßigkeiten mit dem Einwand begegnen können, daß nun gerade
immer im Zeitpunkte der Untersuchung vielleicht im Blute vorhanden
gewesene Keime nicht hätten nachweisbar sein sollen. Jede Versuchs-
reihe besitzt eine solche Fülle von Kontrollen in sich selbst, daß der in
den Versuchsreihen immer wieder zum Durchbruch gelangende Rhythmus
in dem etappenmäßigen Ablauf der Infektion auf eine unbedingte Richtig-
keit der Befunde schließen läßt. Um die Richtigkeit meiner Darlegungen
über das Vorkommen rein lymphogener Infektionen vollends zu beweisen,
366
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
habe ich in einer weiteren Versuchsreihe in ähnlicher Weise, wie in
Tabelle XIII, den avirulent gewordenen Stamm St. Johann des Bacillus
enteritidis daraufhin geprüft, ob innerhalb der ersten 24 Stunden
und der folgenden Tage neben der lymphogenen Infektion etwa eine
hämatogene Infektion nachweisbar werden würde.
Der zu den Versuchen der Tabelle XIV verwendete Stamm St. Johann
war von mir anfangs September 1909 in steriles nicht inaktiviertes Rinder-
serum eingeimpft worden, in der Annahme, hierdurch die Virulenz des
Stammes vielleicht länger erhalten zu können. Zeitweilige Prüfungen
hatten jedoch ergeben, daß der Stamm gerade durch das Verweilen in
Rinderserum ein ziemlich schnelles Nachlassen seiner Virulenz zeigte.
Bei einer Prüfung des Stammes anfangs September 1911 — also nach
zweijährigem Verweilen in dem ursprünglichen Rinderserum — war es
nicht mehr möglich, Mäuse durch Verfütterung sehr starker Dosen
irgendwie gesundheitlich zu beeinträchtigen.
Auch in Tabelle XIV wurden sämtliche Organe der Versuchstiere
nach ihrer Entnahme aus den vorerwähnten Gründen zunächst 24 Stunden
in Galle angereichert,
18 Mäuse kommen 5 Minuten lang in Kontabt mit einer Emulsion von 4 Agar-
schrägkulturen des 2 Jahre alten Stammes St. Johann vom Bacillus enteritidis.
Die letzte Maus wurde nach 4 Wochen getötet und erwies sich während dieser Zeit
ständig munter.
TabeUe XIV.
Mittelstarke Infektion mit dem Bac. enteritidis; Stamm St. Johann; 2 Jahre alt.
Zeit der
Untersuchung
nach erfolgter
Infektion
Mus-
kel
Blut
r 1 JJarm- a» cs ja
^HfolHkel J-g|-
CS
tu
Milz
Be-
merkungen
10 Minuten
20
30
40
50
60
2
3
4
Stunden
9
12
24
2
4
5 „
6 „
4 Wochen
Tage
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
+
+
+
+
0
Wenn wir die vorstehende Tabelle XIV zunächst hinsichtlich eines
etwa erfolgten Uebertrittes von Keimen des avirulent gewordenen Stammes
St. Johann in die Blutbahn durchmustern, so finden wir hier, im
Gegensatz zur TabelleXIII, daß auch nicht in einem ein-
zigen Falle Leber, Herzblut und Muskulatur — insbeson-
dere nicht in den ersten 24 Stunden nach der Infektion
— die verfütterten Keime aufweisen. Wir sehen also aus
den Befunden, daß ein hoch virulenter Stamm der Enteritis-
und Paratyphusgruppe direkt in die Blutbahn einzudringen
vermag, daß ein yiruleiiter Stamm vom lymphatischen System
Müller, Der Nachweie von FleiBchvergiftungebakterien etc. 367
aus in die Blutbahn indirekt eindringt und daß ein aviru-
lenter Stamm eine Blutinfektion bei alimentärer Infek-
tion nicht mehr zu bewirken vermag. (Daß ein alimentär
avirulenter Stamm bei parenteraler Einführung noch einen deutlichen
Virulenzgrad zeigt, habe ich weiter oben Tabelle XI und XII dargelegt.)
Ein avirulenter Stamm kann jedoch noch nicht als infektionsunfähig
betrachtet werden, da demselben immerhin noch ein gewisses Penetrations-
vermögen in das lymphatische System zukommen kann. Ich konnte auf
Grund meiner Erfahrung bei der Versuchsreihe der Tabelle XIV von
vornherein annehmen, daß die alimentär eingeführten Keime vielleicht
erst spät, oder auch gar nicht in den Mesenterialdrüsen nachweisbar sein
werden. Aus diesem Grunde habe ich hier die Untersuchung der ge-
häuften Darmfollikel in den Untersuchungsplan miteinbezogen. Immerhin
hat mich der absolut negative Befund in den Darmfollikeln während der
ersten 24 Stunden nach der Aufnahme der Keime etwas überrascht.
Aus der Befürchtung heraus, daß das Bild, das die Tabelle über die
rein lymphogene Infektion geben sollte, unklar werden könnte, habe ich
vom 4. Tage ab weiterhin die oberen Hals-, Achsel- und Kniefaltenlymph-
knoten, sowie die Milz mit in den Untersuchungsplan hineinbezogen. —
Wenn wir nun die Tabelle XIV nach den Befunden lesen, so finden wir,
daß die Enteritiskeime nach 2 Tagen in den gehäuften Darmfollikeln
allein nachweisbar sind. Am 4. Tage sind die Keime von hier in die
Mesenterialknoten vorgedrungen, gleichzeitig finden wir die Keime
auch in den Hals- und Kniefaltenlymphknoten. Am 5. und 6. Tage
sind die Keime in allen untersuchten Lymphknoten, und
nur in diesen, nachweisbar. Die letzte der vorhandenen, infizierten
Mäuse habe ich 4 Wochen lang leben lassen, um zu sehen, ob die In-
fektion vielleicht vom Lymphsystem auf das Blutgefäßsystem überspringt.
Das Verhalten der Maus während dieser Zeit gab keine Veranlassung
zu einer derartigen Vermutung. Der Untersuchungsbefund zeigte viel-
mehr, daß das Tier nach Ablauf von 4 W^ochen die Infektion des lym-
phatischen Systems vollkommen überwunden hatte.
Es kan n also n ach all diesen Befunden gar kein Zweifel
mehr darüber bestehen, daß bei gesunkener Virulenz
der Enteritis- und Paratyphusbakterien Infektionen
lymphatisch einsetzen und sich im lymphatischen
System verbreiten, ohne daß hierbei das Blut als Träger
der Infektionskeime irgendwie in Frage kommt. Für die
Fleischhygiene ist diese Erkenntnis, um nochmals darauf hinzuweisen,
bei der Frage der Beurteilung des Fleisches tuberkulöser Tiere mit
tuberkulösen Fleischlymphknoten von allergrößter Bedeutung, da uns
hiermit eine Erklärung für die längst bekannte, aber ursächlich um-
strittene Tatsache gegeben wird, daß die Muskulatur tuberkulöser Schlacht-
tiere auch bei vorhandenem tuberkulösen Fleischlymphknoten in der
allergrößten Mehrzahl der Fälle frei von Tuberkelbacillen ist, und daß
die Muskulatur nur dann als tuberkelbacillenhaltig befunden wird, wenn
eben die Infektion nicht auf das Lymphsystem beschränkt geblieben ist,
sondern eine effektive Generalisation, d. h. eine Verschleppung der Keime
in die Muskulatur nach Einbruch der Infektion in die Blutbahn, statt-
gefunden hat. Das auch der tuberkelbacillenhaltige Muskel durch die
lymphatische Resorption dieser Keime wieder keimfrei werden kann,
diese Möglichkeit stelle ich durch das Vorhergehende nicht in Abrede.
Der bisher übliche Rückschluß aber, wonach der Befund tuberkulöser
368 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Herde in einem Lymphknoten ohne weiteres zu der Annahme berechtigte,
daß nur das Blut Träger der Infektionskeime gewesen sein müsse,
wird auf Grund meiner Befunde über den etappenmäßigen Verlauf der
Infektion durch langsam infizierende Bakterien, bzw. nicht hochvirulente
Bakterien nicht mehr als zutreffend für alle Fälle angesehen werden können.
Bezüglich weiterer Ausführungen über diese Frage sei auf meine Mit-
teilungen in der Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene (9) verwiesen.
Das Virulenzproblem der Bakterien liegt also neben
dem Vermögen der Bildung von Giften für Septikämie-
erreger in der Fähigkeit, direkt eine Blutinfektiou oder
indirekt vom Lymphsystem aus eine Infektion des Blutes
bewirken zu können. Die Erscheinung, daß alimentär
avirulente Bakterien bei parenteraler Einführung der-
selben eine pathogene Wirkung auslöst, ist in erster
Linie auf den Umstand zurückzuführen, daß die paren-
terale Einführung der Bakterien den Uebertritt der-
selben in die Blutbahn vom lymphatischen System aus
sehr erleichtert.
Ich habe weiter oben auch schon darauf hingewiesen, daß die An-
nahme einer Immunität der Mäuse gegen tierpathogene und insbesondere
fleischvergiftungserzeugeude Enteritis- und Paratyphusstämme bei dem
Fehlen der näheren Kenntnis über die Virulenz eines Stammes vor-
getäuscht werden kann, daß aber de facto die scheinbare Immunität auf
eine gesunkene Virulenz des Bakterienstammes zurückzuführen ist. Aber
auch die angeborene Immunität, die Resistenz, gewisser
Tierarten gegen bestimmte pathogene Bakterien ist nicht
gleichbedeutend mit einer absoluten ünempfänglichkeit
dieserTierart für den sonst pathogenen Mikroorganismus.
So erweist sich die Maus zwar als resistent gegen eine alimentäre In-
fektion mit virulenten Typhusbakterien. Diese natürliche Immunität
besteht nur in der Unfähigkeit der Typhusbakterien, bei alimentärer
Aufnahme in die Blutbahn der Maus einzudringen, obschon die Typhus-
bakterien auch bei der Maus eine Infektion des lymphatischen Systems
zu bewirken vermögen. Werden mit Typhusbakterien alimentär infizierte
Mäuse in der von mir angegebenen Untersuchungsweise gründlich durch-
geprüft, so zeigt sich, wie dies in der Tabelle XV zum Ausdruck kommt,
daß Typhusbakterien längere Zeit hindurch im lympha-
tischen System der Maus nachweisbar bleiben. Diese Lokali-
sierung auf das lymphatische System bleibt ohne jeden ungünstigen
Einfluß auf den Gesundheitszustand der Tiere. Die Tabelle XV ist aber
auch noch weiterhin aus dem Grunde besonders interessant, weil der
verwendete Typhusstamm nicht, wie es auf Grund der Tabelle den An-
schein erweckt, in seiner Virulenz herabgesetzt, sondern vollvirulent
war. Der Typhusstamm war frisch aus dem Blute eines Typhuskranken
gewonnen und bekundete seine Virulenz bedauerlicherweise noch weiter-
hin dadurch, daß er bei Anstellung des Versuches Veranlassung zu einer
Laboratoriumsinfektion meines früheren Mitarbeiters Dr. Ziugle gab.
den ich mit der Ausführung des Versuches betraut hatte und der einige
Tage nach Beginn des Versuches an einer Typhusinfektion mit alsbaldiger
Nachweisbarkeit der Typhusbakterien im Blute erkrankte. Der voll-
virulente Stamm, der also im Mäusekörper bei starker Infektion nur in
das lymphatische System einzudringen vermochte, führte beim Menschen,
obschon hier nur eine spurweise Aufnahme der Infektionskeime statt-
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc.
369
gefunden haben konnte, zu einer alsbaldigen Blutinfektion. Daß aber
auch beim Typhus des Menschen neben der direkten Blutinfektion eine
lymphogene Infektion einhergeht, haben M.B.Schmidt (12), E. L e v y
und W. Gaethgens (13) durch ihre Untersuchungen über die Anwesen-
heit von Typhusbacillen in den Lymphdrüsen von Typhusleichen dargetan.
Auch beim Typhus des Menschen ist von ausschlaggebender Bedeutung
für die Schnelligkeit des Ausbruches der Krankheit und den Verlauf
derselben — sofern keine Komplikationen entstehen — die Art und
Weise, in welcher die Bakterien in das Körperinnere übertreten : 1) ob
dieselben direkt eine Blutinfektion zu bewirken vermögen. 2) ob die
Bakterien vom lymphatischen System aus in die Blutbahn übertreten, und
3) ob die Infektion auf das lymphatische System ohne Blutinfektion be-
schränkt bleibt.
Die in Tabelle XV dargestellte Versuchsreihe wurde in der Weise ausgeführt, daß
10 Mäuse in Kontakt mit einer Emulsion auf Agar gezüchteter Typhusbakterien gebracht
wurden. Die Tiere blieben während der 30-tägigen Versuchsdauer ständig munter.
TabeUe XV.
Bacillus typhi, virulenter Stamm, frisch aus dem Blute eines typhuskranken
Menschen gezüchtet.
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vollvirulenter Typhusbakterien an Mäuse zwar eine Infektion der Tiere
zur Folge hat, daß diese Infektion aber infolge der Resistenz der Mäuse
gegen Typhus auf das lymphatische System beschränkt bleibt. Den
Fleischvergiftungsbakterien gegenüber erweisen sich die Mäuse dagegen
als hochempfänglich, so lange diese Bakterien noch ihre volle Virulenz
besitzen.
Wenn wir bei der prophylaktischen Fleischunter-
suchung, wie dies auf Grund meiner Darlegungen über
den Mechanismus der Infektion hervorgeht, zum Zwecke
des Auffindens von Bakterien der Enteritis- und Para-
typhusgruppe den Tierversuch selbst entbehren können,
so dürfen wir uns bei etwaigem kulturellen Auffinden
dieser Bakterien in Organen von Schlachttiereu noch
nicht in dem sicheren Glauben wähnen, hiermit die Mög-
lichkeit der Entstehung einer Fleischvergiftungsepidemie
verhindert zu haben. Das Punctum saliens hinsichtlich
der Genese von Fleischvergiftungen auf bakterieller
Basis liegt nicht in dem Nachweis irgendwelcher zur
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 5. 24
370 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Enteritis- oder Paraty phusgruppe rechenbar er Bakterien
durch deren Auffindung auf kulturellem Wege, sondern
vor allem in dem Nachweis der Virulenz derartiger Keime.
Ueber das Vorhandensein der Virulenz verdächtiger
Keime kann aber nur der Tierversuch entscheiden.
Zusammenfassung.
Eine sichere Entscheidung über das Vorhandensein einer septik-
ämischen Infektion oder das Freisein eines Tierkörpers von einer
solchen kann durch die bakteriologische Fleischuntersuchung hinsichtlich
der Prophylaxe der Fleischvergiftungen nur auf Grund der Kenntnis
des etappenmäßigen Verlaufes und des Mechanismus septikämischer In-
fektionen erbracht werden.
Die alleinige Untersuchung der Muskulatur von Schlachttieren ge-
stattet bei negativem Untersuchungsbefund nicht den gleichen Rückschluß
auf das Freisein der Organe von einer septikämischen Infektion.
Die bakteriologische Fleischuntersuchung vermag mit Sicherheit die
septikämische Infektion eines Schlachttieres zu ermitteln, sofern außer
der Muskulatur Mesenterial- und Fleischlymphknoten, sowie Milz und
Leber untersucht werden.
Sofern eine Infektion des tierischen Organismus mit Fleischver-
giftungsbakterien zur Muskelinfektion führt, erfolgt diese zuletzt, nach-
dem die übrigen Organe und das Blut zuvor infiziert worden sind.
Ein direkter Uebertritt von Infektionserregern in die Blutbahn er-
folgt bei alimentärer Aufnahme derselben nur, sofern die infizierenden
Bakterien eine sehr hohe Virulenz — das Virulenzmaximum — besitzen.
Mit der hämatogenen Infektion des Tierkörpers läuft parallel eine
lymphogene Infektion, von der Mund-Rachenhöhle und vom Magendarm-
kanal ausgehend.
Bakterien, welche das Virulenzmaximum eingebüßt haben, vermögen
in der Regel keine direkte Blutinfektion mehr zu bewirken. Bakterien
mit verringerter Virulenz ebenso wie pathogene langsam infizierende
Bakterien dringen zunächst lymphogen in den Tierkörper ein und breiten
sich im Lymphsystem des Körpers aus.
Bei einer Infektion des Tierkörpers auf dem Wege der Lymphbahnen
kann die Infektion vom Lymphsystem auf das Blutsystem überspringen,
nachdem die Infektion im lymphatischen System eine größere Ausbreitung
erlangt hat und nachdem Milz und Leber einen starken Keimgehalt auf-
zuweisen haben.
Milz und Leber können rein lymphogen infiziert werden. Die in
Milz und Leber nachweisbaren Keime haben daher nicht unbedingt eine
Blutinfektion und die Annahme der Herkunft dieser Keime aus dem
Blut zur Voraussetzung.
Außer den Lymphknoten, deren Wurzelgebiet der Digestionstraktus
bildet, können bei alimentärer Aufnahme pathogener Bakterien auch die
Müller, Der Nachweis von Fleischvergiftungsbakterien etc. 371
Übrigen Lymphknoten der Gewebe und der Muskulatur auf lymphogenem
Wege infiziert werden.
Der Befund von Bakterien in einem Muskellymphknoten, dessen
zugehörige Muskulatur sich als nicht infiziert erweist, ist daher nicht
unbedingt als die Folge einer Resorption dieser Bakterien aus der zu
seinem Wurzelgebiet gehörigen Muskulatur anzusehen.
Eine retrograde Infektion der Muskulatur durch das Wurzelgebiet
des zugehörigen Lymphknotens erfolgt auch dann nicht, wenn dieser
Lymphknoten durch eine Intermediärbahn von einem anderen Lymph-
knoten her infiziert worden ist.
Die Infektion der Muskulatur selbst erfolgt bei alimentärer Auf-
nahme von Infektionserregern nur hämatogen.
Erst nach vollzogener hämatogener Infektion der Muskulatur erfolgt
die Resorption der Erreger in das Wurzelgebiet des zugehörigen Muskel-
lymphknotens. Hiermit kann es zur hämatogenen Superinfektion eines
lymphogen bereits infizierten Lymphknotens kommen.
Bei der Wundinfektion mit Bakterien der Fleischvergiftungsgruppe
erfolgt die Ablagerung der Keime zunächst in die regionären Lymph-
knoten und erst zuletzt in die Lymphknoten des Digestionstraktus, sofern
es zu einer Allgemeininfektion kommt.
Alimentär apathogene Bakterien der Enteritis- und Paratyphusgruppe
vermögen bei parenteralem Eintritt in den Tierkörper septikämische Blut-
infektionen zu bewirken.
Fleischvergiftungsbakterien, deren Virulenz so stark gesunken ist,
daß die alimentäre Aufnahme dieser Bakterien keinen pathogenen Efi"ekt
mehr auszulösen vermag, haben noch die Fähigkeit, eine Infektion des
lymphatischen Systems zu bewirken, doch greift die Infektion von hier
aus nicht mehr auf das Blutsystem über.
Die Virulenz echter tier- und menschenparasitärer Fleischvergiftungs-
bakterien sinkt bei kultureller Weiterzüchtung derselben dergestalt, daß
zunächst das Toxinbildungsvermögen und hierauf das Blutinfektionsver-
mögen verschwindet.
Saprophytär vorkommende Bakterien der Enteritis- und Paratyphus-
gruppe können auf Grund der kulturellen Eigenschaften noch nicht als
fähig erachtet werden, fleischvergiftungserzeugend zu wirken.
Durch Untersuchung der Lymphknoten, Milz und Leber läßt sich
das etwaige Vorhandensein als Fleischvergiftungsbakterien verdächtiger
Keimarten auch feststellen, bevor die Muskulatur selbst infiziert ist (In-
kubationsstadium) oder nachdem die Muskulatur durch das Abklingen
des Blutinfektionsstadiums wieder bakterienfrei geworden ist.
Lymphknoten, Milz und Leber bilden daher die natürlichen Anreiche-
rungsorgane für den Nachweis als Fleischvergifter verdächtiger Bakterien.
Eine Latenz von Fleisch Vergiftungsbakterien in der Muskulatur in-
fizierter Tiere läßt sich auf Grund systematischer Untersuchungen über
24*
372 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
den Mechanismus septikämischer Infektionen durch Anreicherung des
latent gedachten Keiragehaltes nicht nachweisen.
Die Vornahme eines künstlichen Anreicherungsverfahrens zur Prüfung
von Fleisch auf eine etwaige vorliegende septikämische Infektion ist
daher bei der bakteriologischen Untersuchung von Schlachttieren, bei
denen die Organe vorliegen — abgesehen von dem für eine alsbaldige
Beurteilung entstehenden Zeitverlust — überflüssig und unnötig.
Die Ueberwucherung einer durch Fleischvergiftungsbakterieu septik-
ämisch infizierten Muskulatur durch das postmortale Einwandern von
Saprophyten vermag sich in der Zeit, in welcher die Beurteilung des
Fleisches auf seine Konsumfähigkeit zu erfolgen hat, nicht zu vollziehen.
In Versuchsmäusen, welche durch alimentäre Aufnahme von Enteritis-
bakterien eingegangen waren, ließen sich die verfütterten Keime bei
uneröffnetem Liegenlassen der Kadaver nach 8 Wochen noch in großen
Mengen nachweisen.
Mit dem Einsetzen der Generalisation bei septikämischen Infektionen
durch Bakterien der Enteritis- und Paratyphusgruppe erfolgt ein Aus-
wandern der Erreger aus dem Körperinnern in das Darmlumen, welches
in dem Maße stattfinden kann, daß die Infektionserreger die Darmsapro-
phyten völlig überwuchern.
Der kulturelle Nachweis eines biologisch zur Enteritis- oder Para-
typhusgruppe gehörigen Bakteriums in einem Schlachttiere genügt nicht,
um das Fleisch und die Organe eines solchen Tieres als „fleischver-
giftungserzeugend" zu betrachten.
Der Beweis für die fieischvergiftungserzeugende Eigenschaft der-
artigen Fleisches ist durch dessen Prüfung auf das Vorhandensein thermo-
stabiler Gifte und durch die Prüfung der Bakterien auf deren als „fleisch-
vergiftungserzeugend" anzusehende Virulenzfähigkeit im Tierfütterungs-
versuch zu erbringen.
Literatur.
1) Bollinger, Ueber Fleischvergiftung, intestinale 8epsis und Abdominaltyphus.
(Vorträge in d. Sitz d. Aerztl. Vereins München. 1880.)
2) Müller, M., Ueber die Beziehungen der Notschlachtungen zu den Fleischver-
giftungen und das Wesen des sogenannten septischen Beschaubefundes. (Zeitschr.
f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 8. 1910. p. 237—307.)
2 a) — , Die Bedeutung der bakteriologischen Fleischuntersuchung bei der Differential-
diagnose zwischen Septikämie und Saprämie. (Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1911.
No. 18.)
3) Conradi, Eine neue Methode der bakteriologischen Fleischbeschau. (Zeitschr. f.
Fleisch- u. Rülchhyg. Jg. 19. p. 341.)
4) Kern ml er, Zur Theorie und Praxis der bakteriologischen Fleischbeschau. (Zeitschr.
f. Fleisch- u. Milchhyg. Jg. 20. H. 4.)
5) Hübener, Fleischvergiftungen und Paratyphusinfektionen, ihre Entstehung und
Verhütung. Jena 1910.
6) Müller, M., Ueber das Wesen des sogenannten „septischen" Beschaubefundes bei
den Schlachttieren, seine Beziehung zu der Entstehung der „Fleischvergiftung",
sowie über die Methodik der bakteriologischen Fleischbeschau. (Zeitschr. f. Fleisch-
u. Milchhyg. Jg. 20. H. 5.)
7) Schimmelbusch und Ricker, Ueber Bakterienresorption frischer Wunden.
(Fortschr. d. Medizin. Bd. 13. 1895.)
Hu ebner, Eine Trichiuoseepidemie. 373
8) Zingle, M., Systematische experimentelle Untereuchungen über den Verlauf der
alimentären Infektion durch Bakterien der Fleischvergiftungsgruppe. (Vet.-med.
Dissert.). Leipzig 1911.
9) Müller, M,, Erfolgt die Infektion von Milz und Leber, sowie der Fleischlymph-
knoten nur auf dem Wege der ßlutbahn ? (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. Bd. 22.
p. 106.)
9 a) — , Eppur si muove ! Bemerkungen zur lymphogenen Infektionsmöglichkeit. (Ibid.
Bd. 22. p. 133.)
10) Metzger, Ad., Ueber Notschlachtungen und Bakterien im Fleische notgeschlachteter
Tiere, (vet, med. Dissert.). Bern 1909.
11) Nötzel, W., Ueber Bakterienresorption auf dem Lymph- und Blutwege und über
die Bedeutung der Lymphdrüsen für dieselbe. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 51. 1906. p. 740.)
12) Schmidt, M. B., Ueoer Typhus abdominalis. (Centralbl. f. allg. Path. u. pathol.
Anat. Bd. 18. 1907.)
13) Levy, E. und Gaethgens, W., Ueber die Verbreitung der Typhusbacillen in
den Lymphdrüsen bei Typhusleichen. (Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt. Bd. 28. 1908. p. 163.)
14) Rüther, Bakteriologische Fleischbeschau. (Tierärztl. Rundsch. Jg. 16. 1910. p. 174.)
15) ß^asenau, Ueber eme im Fleisch gefundene infektiöse Bakterie. (Arch. f. Hyg.
Bd. 20. 1894.)
16) Gerlach, Die Fleischkost des Menschen. 1875.
17) Laurent, E., Das Virulenzproblem der pathogenen Bakterien. Jena 1910.
18) Bail, O., Das Problem der bakteriellen Infektion. (Bibliothek med. Monogr.)
Leipzig 1911.
I^achdrttck verboten.
Eine Trichinoseepidemie.
Von Kreisarzt Dr. Huebner.
Wer sich mit der Trichinose näher beschäftigt hat, weiß, daß die
anscheinend so bekannte Krankheit noch mancherlei Rätsel aufgibt,
welche um so schwerer zu lösen sind, als die Trichinose des Menschen
heutzutage überaus selten geworden ist.
Nachdem ich im Vorjahre Gelegenheit hatte, 8 Fälle zu beobachten i),
fügte es sich, daß mir auch in diesem Jahre eine Anzahl Trichinose-
kranker zu Gesicht kam.
Es handelte sich um eine Epidemie in dem Städtchen Pinne i. P.,
welche dadurch entstanden war, daß der Fleischer W. daselbst gewohnheits-
mäßig Schweinefleisch in Verkehr brachte, welches vorher auf Trichinen
nicht untersucht war.
Am 11. Mai wollte W. eine 4 Ztr. schwere Sau nach Berlin ver-
laden. Da sie aber auf dem Transport zum Bahnhofe Krankheits-
symptome zeigte, so nahm er sie wieder nach Hause, schlachtete das
Tier und verarbeitete das Fleisch, ohne es untersuchen zu lassen.
Auch die Fälle des Vorjahres waren durch Genuß solchen, vorher
nicht untersuchten Fleisches entstanden.
Nur schärfste Kontrolle der Fleischereien und der Amtsführung der
Trichinenschauer werden das Publikum vor ähnlichen Vorkommnissen
schützen. Daß diese Kontrolle nicht scharf genug sein kann, besonders
der Privatschlachthäuser auf dem Lande, zeigt der Umstand, daß ich
gelegentlich der amtlichen Revisionen solcher Schlächtereien wiederholt
auf Trichinen nicht untersuchtes Fleisch im Verkaufe fand. — Für den
Regierungsbezirk Posen liegen die Verhältnisse besonders ungünstig
1) Huebner, Beobachtungen über Trichinosis. (Klin. Jahrb. Bd. 25. 1911. p. 569
-584.)
374
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt, Originale. Bd. 62. Heft 5.
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insofern, als der 3. Teil sämtlicher, in Preußen trichinös befundener
Schweine von diesem Bezirke gestellt wird ^j.
Der Fleischermeister W., seine 2 Gesellen und ein Lehrling waren
die ersten Erkrankten. Sie hatten, wie der eine Geselle angab, beim
Wurstmachen reichlich von dem Wurstteige gegessen.
Mit dem Vertriebe der Fleisch waren trat Ende Mai und Anfang Juni
in der Stadt Pinne und ihrer Umgebung eine größere Anzahl von Er-
krankungen auf.
In Charlottenburg starb Anfang Juni eine Person, welche sich in
Pinne infiziert hatte, weiterhin eine Person in Posen, welche Fleisch von
W. bezogen hatte.
Der Fleischermeister selbst und einer seiner Gesellen erlagen eben-
falls ihrer Infektion.
1) Busse, Vorkommen und Verbreitung der Trichinen im Regierungsbezirk Posen.
(Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909. p. 369.)
Huebner, Eine Trichinoseepidemie.
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0,0
0,6
Ü
+
u
+
+
+
—
65,1
17,7
16,1
1,1
ü
+
ü
0
Ü
0
0
67,G
11,5
20,6
0,3
+
+
0
0
0
0
—
37,8
7,8
54,4
0,0
+
+
ü
0
+
Ü
55,7
17,2
27,2
0.0
ü
ü
ü
0
+
0
37,7
29,1
33,2
0,0
Fälle.
+
+
+
0
0
0 -
75,9
11,2
12,9
0,0
0
0
0
0
0
0 -
42,9
22,6
34,3
0,2
0
+
0
0
+
0 1 —
53,4
17.5
29,1
0,0
+
+
0
0
0
0 l -
49,7
23,6
26,7
0,0
0
0
0
0
0
0 i -
51.2
25,8
22,3
0,7
Fälle.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
+
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
50,8
66,7
58,4
47,3
69,7
43,3
8,2
52,2
46,7
42,3!
42,5
16,7
25,3
39,1
12,7
23,1
15,4
89,1
16,9
11.7
5.6
15,3
14,7
11,8
17,0
32,9
76,2
8,7
36,4
45,9
1,1
1,4
1,6
1,8
0,6
0,7
0,2
0,0
0,0
0,0
Arythmie
syst. Ger. an allen Ostien
syst. Ger. an der Herzspitze
syst. Ger. über allen Ostien
1. Herzton an def Spitze unrein
dgl.
Angstgefühl u. Herzklopfen
Arythmie
6 9
nicht.
Nachdem ich Kenntnis von den Erkrankungsfällen erhalten hatte,
begab ich mich am 10. Juni v. J. nach Pinne und konnte dort 22 leicht
bis schwerst Kranke sehen , hatte auch Gelegenheit , zwei Sektionen
auszuführen: Die Obduktion der Leiche des einen Fleischergeselleu,
14 Stunden nach dem Tode, sowie die gerichtliche Sektion des Fleischer-
meisters W., welche allerdings wegen der weit vorgeschrittenen Fäulnis
ein lediglich gerichtliches Interesse hatte. Es zeigte sich hier nämlich,
daß, trotzdem im Quetschpräparate keine Trichinen mehr zu sehen waren,
solche in dem mit Formalin behandelten und auf die übliche Weise zu
Schnittpräparaten verarbeiteten und gefärbten Muskel doch noch sich
nachweisen ließen.
Auch konnte ich feststellen, daß die faulige Muskelfaser, sofern sie
trichinisiert war, die den trichinigen Fasern eigentümliche Verwandtschaft
zum Hämatoxylin bewahrt hatte, während die gesunde Muskelfaser bei
der Hämatoxylin-Eosinfärbung bekanntlich das Eosin stark annimmt.
376 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd 62. Heft 5.
Von einer lückenlosen klinischen Beobachtung der Kranken kann
allerdings, da die Untersuchungen zum größten Teile im Privathause
vorgenommen wurden und bei der Kürze der zur Verfügung stehenden
Zeit, nicht die Rede sein.
Um längere Krankengeschichten zu vermeiden und der Uebersicht-
lichkeit wegen gebe ich die Beobachtungsresultate der 22 Fälle in Tabellen-
form. Anschließend daran die markantesten Punkte des Obduktions-
protokolles des sezierten Fleischergesellen (Fall 2).
Auszug aus dem Obduktionsprotokolle des wahrscheinlich Ende der
5. Woche nach der Infektion Verstorbenen: Bauch etwas aufgetrieben.
Fettgewebe dürftig, ockergelb, Brustmuskulatar und Rectus sehr
dünn, braunrot, feucht. Im kleinen Becken 5 Eßlöffel bernsteingelber,
klarer Flüssigkeit; Leber unter dem Rippenbogen versteckt. Dünn-
und Dickdarm ziemlich stark aufgetrieben. Dickdarm grauweiß.
Der Dünndarm zeigt an mehreren Stellen starke Injektion der Gefäße.
Diese erstreckt sich auch auf den zugehörigen Abschnitt des Gekröses.
Die Serosa spiegelt, nirgends Beläge. Die Gekrösdrüsen allent-
halben stark vergrößert, mit markiger Schnittfläche. Milz 13,5:8:3 cm.
Deutliche Bälkchen- und Follikelzeichnung. Nierenrinde dunkelgrau-
rot, die Papillen tief dunkelrot. Dünndarmschleimhaut von
glasigem Aussehen, mit überaus reichlichen, ausgebreiteten, flächenhaften
Blutungen, am stärksten dort, wo schon an der Außenfläche der Darm-
schlinge Injektion sichtbar war. In der Mitte des Jejunums werden
die Blutungen auf eine Strecke von 20 cm spärlich, treten dann wieder
stärker auf. Im unteren Jejunum liegt eine Taeniasaginata. In-
halt des oberen Dünndarms dünnflüssig und gelb, des unteren dünn-
breiig und gelb. Das Coecum zeigt stärkste Injektion seiner Schleim-
haut und Blutungen. Das Gleiche an zahlreichen Stellen des Colon,
auch im absteigenden Teile.
Im Mesocolon sigmoideum sieht man mehrere bis linsengroße
flache Blutaustritte. Oberfläche und Schnittfläche der Leber blaßrot.
Läppchenzeichnung sehr deutlich. Im linken Brustfellraum 100 ccm
trüb-rötlicher Flüssigkeit, desgleichen im rechten. Größe des Herzens
entsprechend. Herzfleisch derb, linke Kammer 1,5, rechte 0,5 cm
dick. Herz fleisch hellbraun. Linker Lungenunterlappen pneu-
monisch. Ueber der Lungenoberfläche auch des gesunden Lappens
zahlreiche Blutungen mit dunklem Zentrum und hellerem Hof. Dasselbe
an der rechten Lunge, hier Ober- und Unterlappen pneumonisch,
Mittellappen frei. Gehirn bietet nichts Auffallendes.
Für Feststellung des Zeitpunktes der Erkrankung nach Genuß des
infektiösen Materials waren die meisten Fälle nicht geeignet, weil fast
alle Erkrankten ihr Fleisch gewohnheitsmäßig von W. bezogen. Die zwei
Fleischergesellen sind schwerkrank geworden etwa 1 Woche nach Genuß
des trichinösen Fleisches. Eine Nähterin, welche von W. nicht Fleisch
bezog, war am 21. und 24. Mai aushilfsweise bei einer Familie be-
schäftigt, welche Fleisch von W. kaufte. Sie erkrankte am 28. Mai.
In einer ganzen Reihe von Fällen waren Erscheinungen von selten
des Darmtraktus zu beobachten.
Bei 7 Kranken traten Durchfälle auf, im Falle 5 von heftigstem
Charakter, so daß der Kranke Tag und Nacht nicht zur Ruhe kam
[Kratz 1) findet unter 280 Fällen 118mal Diarrhöen, Nonne und
1) Kratz, Die Trichiiienepidemie zu Hedersleben. Leipzig 1866.
Huebner, Eine Trichinoseepidemie. 377
Höpfner^) haben in ihren 47 Fällen zunächst stets Magen darmerschei-
nungen gesehen]. Aber auch bei Kranken, welche keine Durchtälle hatten,
nahm man Störungen im Unterleibe in Form von nicht geringem Auf-
getriebensein des Abdomens wahr. Fall 3 hatte eine Darmblutung, nicht
bedeutend zwar, etwa 200 ccm. Daß solche Blutungen aber auch abun-
dant, lebensgefährlich werden können, lehren 2 Fälle der Hed ers-
ieh euer Epidemie, welche an Darmblutungen zugrunde gingen.
Einzelne Kranke ließen Störungen seitens des Darmkanals vermissen
und bei wieder anderen waren diese Erscheinungen flüchtig, nur in den
ersten Tagen nach der Infektion vorhanden. Der zur Obduktion ge-
kommene Kranke hatte die Tage vor seinem Tode keine Durchfälle, ob-
wohl der Sektionsbefund zeigte, daß die Entzündung des Darmes an
Intensität nichts zu wünschen übrig ließ.
Es ist mir nicht gut verständlich, daß in den vorliegenden Sektions-
befunden ähnliche Entzündungen des Darmes nur selten beschrieben
werden. Cohnheim'^), welcher gelegentlich der Hederslebener
Epidemie 17 Trichinoseleichen obduzierte, erhob nur unbedeutende Ver-
änderungen am Darme.
„Die Schleimhaut des Darmes war in vielen Fällen durchgehends
blaß ; in anderen zeigten sich zirkumskripte Abschnitte kapillärer Hyper-
ämie von meist nur unerheblicher Ausdehnung, und nur in ganz ver-
einzelten Fällen steigerte sich diese fleckige Hyperämie zu kleinen hämor-
rhagischen Beimengungen."
Es ist mir das bei dem verhältnismäßig großen Material um so ver-
wunderlicher, als ich in einem, im Vorjahre sezierten Fall tödlicher
Trichinose den gleichen Befund erhob, wie in dem jetzigen ^). — üeber
die Art des Zustandekommens der intensiven Entzündungserscheinungen
im Darme geben uns Aufklärung die Arbeiten Geisses^), Cerfon-
taines^), Askanazys"), Grahams"), Stäubiis '^), welche zeigen,
daß die Darmtrichine nicht frei im Lumen liegt, sondern innige Fühlung
zu der Darmwand nimmt, in die Schleimhaut eindringt. Der Leichen-
befund ließ nicht vermissen die von allen Autoren angegebene starke
Schwellung der Gekrösedrüsen. Die mikroskopische Untersuchung der
Leber ergab starke fettige Degeneration und reichliche Entzündungsherde
mit eosinophilen Zellen, Befunde, welche, wie die anatomischen Ergeb-
nisse der Untersuchungen überhaupt, noch besonders bearbeitet werden.
In der Zeit des Beginnes der Embryonenwanderung fällt das Auf-
treten eines der markantesten Zeichen der Trichinose, welches auch bei
leichten Fällen nur selten vermißt wurde, des Lidödems, häufig ver-
gesellschaftet mit Oedem der Umgebung der Augen, zuweilen des ganzen
Gesichtes, so daß die Kranken mit ihren blassen, gedunsenen Gesichtern
1) Nonne u. Höpfner, Klinisch-anatomische Beiträge zur Pathologie der Tri-
chinenkrankheit. (Zeitchr. f. klin. Med. Bd. 15. 1889. p. 455.)
2) Cohnheim, Zur pathologischen Anatomie der Trichinenkrankheit. (Virchows
Arch. ßd. 36. 1866. p. 161.)
3) Huebner, Beobachtungen über Trichinose. (Klin. Jahrb. Bd. 25. 1911. p. 570.)
4) Geisse, Zur Frage der Trichinenwanderung. (Dtscb. Arch. f. kliu. Äled.
Bd. 55. 1896. p. 150.)
5) Cerfontaine, Contribution ä l'ötude de la trichinöse. (Arch. de ßiol. T. 12.
1893—94. p. 125.)
6) Askanazv, M. , Zur Lehre von der Trichinosis. (Centralbl. f. Bakt. Bd. 15.
1894. p. 225; Arch. f. pathol. Anat. Bd. 141. 1895. p. 42.)
7) Graham, Beiträge zur Naturgeschichte der Trichina spiraiis. (Arch. f.
mikrosk. Anat. etc. Bd. 50. 1897. p. 219.)
8) Ötäubli, Trichinosis. Monogr. Wiesbaden 1909.
378 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
an hydropische Nephritiker erinnerten. Kratz ^) verzeichnet das Lid-
ödem in 280 Fällen 212mal, Thompson^) in 52 Fällen 41mal. Bei
meinen 22 Kranken ist es ISraal angegeben, jedoch war bei einigen, als
sie in meine Beobachtung kamen, von Oedemen wenig mehr zu sehen^
nur erzählten die Patienten, daß sie geschwollen gewesen seien.
lieber die Entstehungsursache des Oedems sind die verschiedensten
Ansichten laut geworden, zum Teil recht sehr gesuchte. Ich habe den
Eindruck, als ob es nichts weiter darstellt, als die entzündliche Reaktion
auf die erste Einwanderung von Trichinen in die Augen- und miraische
Muskulatur. Wissen wir doch von entzündlichen Prozessen am Auge
und Gesicht, von wie starken Schwellungen sie in dem lockeren Gewebe
begleitet sind. Dafür spricht meines Erachtens auch der Umstand, daß
bei Frauen mit vollen Gesichtern und bei Kindern das Oedem auffallend
viel stärker war und länger anhielt, als bei männlichen Personen mit
ihren mehr knochigen Zügen.
Es sei an dieser Stelle der Oedeme der Unterschenkel gedacht,,
welche in der Hälfte meiner Fälle deutlich, zum Teil von kolossalem
Umfange vorhanden waren. Auch hier handelt es sich um einen
Körperteil, welcher bei verhältnismäßig geringen entzündlichen Erschei-
nungen bereits stärkere Schwellung zeigt. Ich möchte auch diese Er-
scheinung bei Trichinose lediglich als eine Folge der in der Muskulatur
sich abspielenden Entzündungsprozesse auffassen. Ich glaube nicht, daß
sie irgendwie zusammenhängt mit der später zu behandelnden Herz-
störung.
Einmal wurden sonstige Stauungserscheinungen an den Kranken
nicht wahrgenommen und zweitens sah ich ein einseitiges Beinödem.
Ein schwerkrankes Mädchen hatte einen prall geschwollenen rechten
Unterschenkel, während das linke Bein keine Spur von Oedem aufwies.
Im übrigen steht dieser Fall nicht vereinzelt da, da ein ähnlicher
von Finger^) beschrieben wird.
In 14 Fällen stellte ich eine kräftige Injektion der Augenbindehaut
fest, besonders stark im Bereiche des Lidspaltes. Damit jedoch nicht
genug:
5 Kranke zeigten Blutungen unter die Bindehaut von ganz bestimmter
Form und bestimmter Lokalisation. Die Ekchymosen waren stets drei-
eckig, die Basis des Dreiecks saß am Hornhautrande, Sitz der Blutung
war der äußere Lidspalt. Bei 3 Patienten waren die Blutungen sym-
metrisch, an beiden Augen vorhanden. In 2 Fällen war je ein Auge
betroffen. Stäub li hält diese Blutungen „bedingt durch Verstopfung
der im Randschlingennetz scharf umbiegenden kleinsten Arterien durch
Embryonen" ^).
T h 0 m p s 0 n 5) legt auf diese Ekchymosen als diagnostisches Moment
besonderes Gewicht: „Symmetrische zirkumskripte Bindehautblutungen
bei einem Kranken ohne Gefäßdegeneration erwecken den Verdacht auf
Trichinose."
Derselbe Autor sah bei Trichinose auch Retinaödem in der Nähe
des Opticus und Hämorrhagieen in der Maculagegend, von Zeit zu Zeit
1) Kratz, Die Trichinenepideraie zu Hedersleben. Leipzig 1866.
2) Thompson, A clinical study of fifty-two sporadic cases etc. (The Amer.
Journ. of med. Scienc. Vol. 140. 1910. p. 157.)
3) Finger, Trichinosis mit eigenartiger Lokalisation. (Virchows Arch. Bd. 137^
1894. p. 376.)
4) Stäubli, Trichinosis. 1909. p. 88.
5) Thompson, The Amer. Journ. of med. Scienc. Vol. 140. 1910. p. 157.
Hu ebner, Eine Trichinoseepidemie. 379
frisch aufschießend, Erscheinungen, die kaum anders erklärt werden
können, als durch Embryonenembolien,
Bronchitische Erscheinungen von mäßiger Schwere hatte ein Schwer-
kranker, bei drei anderen waren ausgedehnte Lungenentzündungen vor-
handen. Es kann hier nicht entschieden werden, wie weit Embryonen-
embolien die Schuld an diesen Pneumonieen tragen. Askanazy^) hat
gezeigt, daß in den Lungen infizierter Kaninchen Embryonen zu finden
sind, und zwar fand er sie im Gebiete von hämorrhagischen Herde der
Lunge. Ich selbst habe sowohl bei Kaninchen, wie beim Schweine nicht
selten Embryonen innerhalb der Alveolen angetroffen. — Auf der Pleura
pulmonalis des Obduzierten lagen zahlreiche Blutungen von auff"allender
Form, wie Flohstiche aussehend, mit dunklerem Zentrum und hellerem
Hofe.
Genau ebenso aussehende Hämorrhagieen sah ich bei trichinisierteo
Kaninchen und Hunden.
Mit Rücksicht auf die Funde von Embryonen in Alveolen wurde
das Sputum eines an Pneumonie erkrankten Trichinösen untersucht,
jedoch ohne positives Ergebnis. Auch eine auffallende Zahl von eosino-
philen Zellen im Auswurf konnte nicht festgestellt werden.
Die Hälfte der Kranken hatte eine mehr oder weniger starke Störung
der Herzaktion. Sie zeigten einen der Temperatur gar nicht entsprechen-
den, hochfrequenten, kleinen, weichen Puls. Zwei hatten dabei deutliche
Arythmie, ein Schwerkranker und eine sonst ganz leicht befallene Person.
Verbreiterung des Herzens war nie vorhanden. 5 Patienten hatten systo-
lische Geräusche, sämtlich allerdings waren es anämische, zum Teil hoch-
fiebernde Personen. In einem Falle beobachtete ich starkes Angstgefühl
und Herzklopfen.
Das eigenartige Verhalten des Pulses war von durchaus langer
Dauer und blieb auch bei Personen noch wahrnehmbar, welche entfiebert
und sonst beschwerdenfrei waren. Man mußte notgedrungen eine Er-
krankung des Herzens annehmen, obwohl allgemein bekannt ist, daß die
Trichine im Herzmuskel sich nicht fortentwickelt.
Aus seinen Befunden am Meerschweinchen, bei dem er eine eosino-
phile Myocarditis feststellte, vermutete Stäubli^), daß solche auch von
anderen Autoren beschriebenen Herzstörungen ^) des Menschen ihre Ur-
sache hätten in Entzündung des Herzmuskels. In der Tat habe ich
durch die Untersuchung des von der menschlichen Leiche gewonnenen
Materials feststellen können, daß die Herzstörungen dieses Falles auf
kolossal reichlichen myocarditischen Herden beruhten, deren Eigenart die
Beimischung von massenhaften eosinophilen Zellen ist ; zugleich war aus-
gedehnter Untergang von Herzmuskelzellen zu konstatieren.
Weitaus im Vordergrunde der Beschwerden der Kranken stehen
naturgemäß diejenigen, welche durch Ansiedelung der Trichinen in der
Muskulatur hervorgerufen werden. Sie sind in ihrer Intensität außer-
ordentlich verschieden, schwanken auch nach dem Sitze der befallenen
Muskelgruppen. Von unerheblicher Druckempfindlichkeit der Muskeln
alle Uebergänge bis zur schlimmsten Schmerzhaftigkeit. Die schwersten
1) Askanazy, M., Arch. f. path. Anat. Bd. 141. 1895. p. 42.
2) Stäubli, Trichinosis. 1909. p. 206 u. 207.
3) Rupprecht, Die Trichinenkrankheit im Spiegel der Hettstädter Epidemie be-
trachtet. Hettstädt 1864. — Kratz, Die Trichinenepidemie zu Hedersleben. Leipzig
1866. — Gaisböck, Beobachtungen über Trichinose. (Wien. klin. Wochenschr. 1909.
p. 410.)
380 Centralbl. f. Bakt, etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Fälle zeigen Steifigkeit und Unbenutzbarkeit der Muskulatur, lagen
stocksteif da, die Arme in den Ellenbogen gebeugt, die Oberschenkel
etwas angezogen, die Wirbelsäule starr, den Kopf nach hinten gebeugt,
so daß sie an Opisthotonus erinnerten. Sie schrieen vor Schmerz, wenn
man sie aufsetzen wollte, baten, man möchte sie so setzen, daß sie die
Beine über den Bettrand hängen konnten. Kontrakturen der Wirbel-
säulen- und Extremitätenmuskulatur waren in 3 Fällen vorhanden, sämt-
lich schwerst Kranken.
Kontraktur der Kaumuskulatur und dadurch bedingter Trismus war
häufiger, in 6 Fällen. Eine nicht seltene Erscheinung war auch die
durch Befallensein der Kehlkopfmuskulatur erzeugte Heiserkeit und damit
verbundener, trockner, kurzer Husten. In 6 Fällen wurde als ausnehmend
schmerzhaft die Bewegung der Augen angegeben.
Nachdem Nonne^) und Hopf n er das Fehlen der Patellarreflexe
bei Trichinose gezeigt hatten und in der Tat bei zahlreichen schweren
Fällen von anderen Autoren dieser Befund bestätigt wurde, findet man es
in den Lehrbüchern nicht selten so dargestellt, als ob es sich dabei um
ein ziemlich konstantes Symptom der Trichinose handele. Wenn auch
nicht selten vorhanden, so ist es anscheinend nicht einmal bei Schwer-
kranken konstant, viel weniger noch bei leichten Fällen.
Von den 7 Schwerkranken hatten 2 durchaus normale Reflexe, sonst
fehlten sie nur noch bei einem mittelschweren Fall und einem Leicht-
kranken. — Man hat nun in neuerer Zeit darauf aufmerksam gemacht,
daß das Kern ig sehe Phänomen zugleich mit dem Fehlen der Patellar-
reflexe bei Trichinose vorkommen kann. In der Tat sah ich bei
3 Kranken das Unvermögen, beim Sitzen die Knie durchzudrücken. Ich
glaube jedoch, daß man dieser Ercheinung Zwang antut, wenn man sie
mit dem Namen des Kernigschen Symptoms bezeichnet. Eine zentrale
Ursache dürfte bei Trichinose kaum vorliegen. Vielmehr glaube ich,
daß das Anziehen der Beine beim Aufsetzen lediglich eine Position
des Körpers darstellt, in welcher die Kranken am wenigsten unter
Schmerzen zu leiden haben. Es handelte sich in diesen 3 Fällen um
Leute mit Kontrakturen, welche bei geringen Bewegungen schon äußerste
Schmerzen zu haben schienen. Das Fehlen der Patellarreflexe erklärt
meines Erachtens am ungezwungensten die Ansicht Stäubiis, daß es
sich dabei um eine herabgesetzte Anspruchsfähigkeit der Muskelfasern
gegenüber dem von den motorischen Nervenendigungen ausgehenden
Reize handelt.
Symptome von Seiten der Haut waren nur wenige zu verzeichnen.
Stärkere Schweißausbrüche, welche von einigen als charakteristisch ge-
schildert werden, hatten 2 Kranke. Bei 2 weiblichen Kranken trat
Ende der 3. Woche ein feuerrotes Exanthem an Händen, Füßen und
Gesicht auf, welches nach 24 Stunden verschwand, ohne daß Abschilfe-
rung folgte.
Regelmäßige Harnuntersuchungen konnten nicht vorgenommen werden,
immerhin wurde mehrmals der Urin dreier Schwerkranker untersucht.
Ein Harn hatte einen Hauch Eiweiß, die beiden anderen Harne waren
stets frei von Eiweiß, auch der Urin des später Obduzierten, an dessen
Niere starke Veränderungen wahrgenommen wurden.
Positive Diazoreaktion wurde von Stäubli'^) in allen Fällen gefunden.
1) Nonne u. Höpfner, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 15. 1889. p. 455.
2) Stäubli, Trichinosis. p. 91.
Huebner, Eine Trichinoseepidemie. 381
Geisböck^) bestätigte diesen Befund. Thompson =*) sagt, er habe
häufig positive Diazoreaktion erhalten, also wohl nicht immer.
Bei der täglich ausgeführten Probe von 4 Kranken des Vorjahres
erhielt ich niemals ein positives Ergebnis^). Die drei Schwerkranken
dieses Jahres zeigten zunächst keine Diazoreaktion. Ich untersuchte
schließlich 5 Tage hintereinander den Harn des einen dieser Patienten
und erzielte dabei am 29. Juni eine positive, am 30. Juni und 1. Juli
eine negative, am 2. und 3. Juli wiederum eine positive Probe.
Man kann also die Diazoreaktion bei Trichinose bestenfalls als häufig,
nicht jedoch als regelmäßig vorkommend bezeichnen.
Naturgemäß wurde in einigen Fällen die Muskelexzision mit positivem
Trichinenfunde ausgeführt.
Nachdem Stäubli^) den systematischen Nachweis erbracht hatte,
daß die Embryonenpropagation auf dem Blutwege vor sich geht, konnte
er mit Recht den Vorschlag machen, die Diagnose dadurch zu stellen,
daß man im Blute der Kranken die Embryonen nachwies.
Er schlug vor, ein Quantum Blut mit 3-proz. Essigsäure reichlich
zu versetzen (wodurch die Erythrocyten gelöst werden), und die Flüssig-
keit zu zentrifugieren. Das Zentrifugat enthalte dann die Leukocyten
und eventuell vorhandene Parasiten. Es gelang mir im Vorjahre im
Venenblute einer schwerkranken Frau einen Trichinenembryo zu finden '"*).
Ich konnte jedoch dartun, daß die Wahrscheinlichkeit, auf diese Weise
die Parasiten zu finden, immerhin eine ziemlich geringe bleibt und noch
geringer wird, je weiter der Untersuchungstermin sich vom 8. Tage nach
der Infektion entfernt. Untersuchungen, welche ich mit dem Blute dreier
Schwerkranker, wahrscheinlich der 4. Woche nach der Infektion anstellte,
waren trotz größter Mühe ergebnislos.
Immerhin wird es interessant sein, in vorkommenden Fällen das
Blut auf Embryonen zu untersuchen. Es ist jedoch naturgemäß das Blut
von Arterien und Kapillaren geeigneter als das Venenblut für das Auf-
suchen der Tiere. Auch scheint es mir wünschenswert, die gesamte ent-
nommene Blutmenge auf eventuell darin enthaltene Parasiten zu be-
sichtigen und schließlich empfiehlt sich eine Vereinfachung des durch
Anwendung der Zentrifuge etwas komplizierten Verfahrens. Ich habe
zu diesem Zwecke das von Low und FüUeborn^) angegebene Ver-
fahren zum Nachweis der Filarien angewandt und habe in der Tat in
dem Herzblute infizierter Mäuse der 3. Woche reichliche Embryonen
finden können.
Es steht nichts im W^ege, dieses einfache Verfahren in gegebenem
Falle am Krankenbette zu benutzen : Blut wird in dicker Schicht auf
Objektträger ausgestrichen. Sobald die Blutschicht lufttrocken ist, Hin-
1) Geisböck, Beobachtungen über Trichinose. (Wien. khn. Wochenschr. 1909.
p. 410.)
2) Thompson, The Amer. Joxirn. of med. Scienc. Vol. 140. 1910. p. 157.
3) Huebner, Klin. Jahrb. Bd. 25. 1911. p. 572.
4;) Stäubli, Trichinosis. 1909. p. 43.
5) Huebner, Beobachtungen über Trichinosis. (Klin. Jahrb. Bd. 25. 1911. p. 572.)
*) Der gl«iche Fund ist erwähnt bei :
Mercur and Barach, A case of trichinosis etc. (Arch. of internst. Med. 1910.
May 15; Ref. Centralbl. f. inn. Med. 1910. p. 1282.)
Gross, A case of trichinosis. (Arch. of internat. Med. 1910. Sept. 15; Ref. in
Gentralbl. f. inn. Med. 1911. p. 624.)
Herrick und Janeway, Demonstration of the Trichinella etc. (Arch. of
internat. Med. 1909. April 15; Ref. Gentralbl. f. inn. Med. 1910. p. 382.)
6) Scheube, Die Krankheiten der warmen Länder. 1910. p. 737.
382 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
einstellen in destilliertes Wasser, in welchem der Blutfarbstoff ausge-
laugt wird.
Wenn das Präparat farblos geworden, 2 Minuten Fixieren in ab-
soluten Alkohol, dann minutenlanges Färben mit Borax-Methjienblau,
Abspülen und Untersuchen des Präparates mit schwacher Vergrößerung.
Wer mit der Form der Embryonen vertraut ist, kann in kurzer Zeit eine
große Reihe von Präparaten durchsehen. Die tiefblau gefärbten Würm-
chen fallen ohne weiteres auf dem fast farblosen Untergründe, welcher
sonst nur noch die dunklen Leukocytenkerne zeigt, auf.
Ganz besonderes Interesse hat im letzten Jahrzehnte die Veränderung
des Blutbildes bei Trichinose gewonnen, nachdem Thayer und Brown ^)
1897 zum ersten Male auf die Vermehrung der eosinophilen Zellen bei
dieser Erkrankung hingewiesen hatten.
Auf Feststellung der absoluten Leukocytenwerte mußte der äußeren
Umstände wegen verzichtet werden. Es wurden am Krankenbette nur
Trockenpräparate angefertigt, welche zu Hause ausgezählt wurden. Man
kann mit später zu erwähnenden Ausnahmen eme mehr oder minder
starke Leukocytose voraussetzen.
Zwei Fälle des Vorjahres hatten 16094 und 23000 Leukocyten,
Thompson sah in einem Falle sogar 40200. Veränderungen an den
Erythrocyten wurden nicht gesehen, deutlich aber war, daß die längere
Zeit kranken Personen erheblich anämisch wurden, was sich schon an
der hellen Färbung der den Fingerbeeren entnommenen Blutstropfen
ausprägte.
Ausnahmslos war bei den Kranken eine starke, bei weitaus den
meisten eine immense Vermehrung der Eosinophilen vorhanden. Die
relativen Prozentzahlen der Leukocyten sind in der Tabelle enthalten.
Keineswegs stand die Stärke der Eosinophilie immer in Beziehung zu
der Schwere der Erkrankung. Der ganz leichte Fall 19, ein junger
Mensch mit geringem Lid- und Unterschenkelödem, ohne Patellarreflexe,
aber ohne Muskelschmerzeu. hatte 76,2 Proz. grobgranulierte Blutzellen.
Bei 2 Kranken, darunter dem schließlich Verstorbenen, machte ich
die auch von anderer Seite geschilderte Wahrnehmung, daß bei hoch-
gradiger Verschlechterung des Zustandes resp. kurz vor dem Tode, die
vorher reichlich vorhandenen Eosinophilen bis unter die Norm zurück-
gingen. Keineswegs aber entsprach dieser Verarmung des Blutes an
Azidophilen auch eine solche des Gewebes. Sowohl Muskeln wie auch
Knochenmark enthielten sie in reicher Menge, wie die Untersuchung des
Leicheumaterials ergab. — Mit dem Eintritt der niedrigen Werte der
eosinophilen Zellen zugleich stellte ich an beiden Fällen auch eine Ver-
minderung der Lymphocyten fest, und schließlich sah ich dabei auch eine
exquisite Leukopenie, die so groß war. daß man im Trockenpräparate
nach den Leukocyten direkt suchen mußte.
Ein Zufall wollte es, daß eine an Trichinose erkrankte Frau, Fall 8,
gebar: ein gesundes ausgetragenes Kind. Ich konnte in dem Nabel-
schnurblute eine, fast an die mütterlichen Werte heranreichende Ver-
mehrung der Eosinophilen nachweisen.
Mütterliches Blut:
Polynukl. 75.9. Mononukl. 11,2, Eosin. 12.9.
Nabelschnurblut :
Polynukl. 43.7, Mononukl. 46,3, Eosin. 10,0.
1) Thayer und Brown, Johns Hopkins Hosp. Bullet. April 1897.
Braun, lieber das Streptolysin. 333
Stäubli^) dagegen hat an den Jungen trichinöser Meerschweinchen
eine Vermehrung der Eosinophilen nicht feststellen können.
Ein Eingehen auf die Frage der Ursachen der Eosinophilie bei
Trichinose geht über den Rahmen dieses Aufsatzes hinaus. Ich verweise
insbesondere auf die Arbeiten von Stäubli-) auf diesem Gebiete.
Diese und eigene Untersuchungen lassen schließen, daß die eosinophilen
Zellen diejenigen Stellen aufsuchen , an welchen gewisse Stoffe aus
lebenden oder zerfallenden Parasitenleibern frei werden. Dieselben
Stoffe, durch welche die Grobgranulierten in die Nähe der Parasiten
gelockt werden, müssen auch im Blute kreisen, da sich die vermehrte
Bildung der Zellen nicht gut anders als durch Reizwirkung auf ihre
Bildungsstätte, das Knochenmark, erklären läßt^j.
Zum Schlüsse genüge ich der angenehmen Pflicht, den Kollegen,
Herren Dr. Grob ein y und Dr. Lust in Pinne, welche mir für meine
Untersuchungen das liebenswürdigste Entgegenkommen zeigten, den ver-
bindlichsten Dank auszudrücken.
Nachdrttck verboten.
Heber das Streptolysin.
[Aus dem städtischen hygienischen Institut zu Frankfurt a. M., Direktor
Prof. M. N ei SS er. (Bakteriol. -hygienische Abteilung, Dr. H. Braun).]
Von Dr. H. Braun.
Seit den Untersuchungen über das Staphylolysin von M. Neisser
und Wechsberg hat man den blutlösenden Bakteriengiften und ins-
besondere auch dem Streptokokkenhämolysin eine größere Aufmerksam-
keit zugewandt. Ist doch die krankheitserregende Wirkung dieses Blut-
giftes bei der Streptokokkeninfektion sicherlich mitbeteiligt, wofür die
schweren Anämien, wie sie nach überstandener Sepsis zu beobachten
sind, ein beredtes Zeugnis geben. Auch vom bakteriologisch-diagnosti-
schen Standpunkte aus hat die Hämolyse durch Streptokokken seit
Schottmüllers Untersuchungen eine große Bedeutung gewonnen.
Die Zahl der positiven gemeinsamen Merkmale der pathogenen Strepto-
kokken ist leider eine viel zu geringe und die serologischen Methoden
lassen hier im Stiche.
In der Literatur finden sich über das Streptolysin die wider-
sprechendsten Angaben. Die Mehrzahl der Autoren (v. Lingelsheim,
Aronsohn, Simon, Schlesinger, E. Sachs) konnte im allge-
meinen kein freies filtrierbares Lysin nachweisen. Und so findet
sich noch in der jüngsten Zusammenfassung über Bakterienhämatoxine
von Pf ibram und W. K. Russ (Handbuch der Technik und Methodik
der Immunitätsforschung, Bd. 1) der Streptococcus unter denjenigen
Bakterien angeführt, welche in Bouillonkulturen keine Hämotoxine bilden.
1) Ötäubli, Trichinosis. p. 131—132.
2) Derselbe, Klinische u. experimentelle Unters, über Trichinosis und über die
Eosinophilie im allgemeinen. (Dtsch. Arch. f. kUn. Med. Bd. 85. 1905. p. 28ö ; München,
med. Wochenschr. 1905. No. 43.)
3) Huebner, Ueber Eosinophilie bei Trichinose. (Dtsch. Arch. f. klin. Med.
ßd. 104. 1911. p. 286.)
384 Centralbl, f. ßakt. eic. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Die meisten Autoreo, die das blutlösende Gift der Streptokokken
untersuchten, arbeiteten entweder mit Bouillonkulturen (z. B. Lubenau^
Schlesinger), die sie von den Bakterien gar nicht befreit hatten, oder
mit Zentrifugaten (z, B. P. Th. Müller). Auf die Einzelheiten der
Versuchsanordnung dieser Forscher soll an dieser Stelle nicht einge-
gangen werden, weil solchen Untersuchungen eine Beweiskraft über die
Eigenschaften des Hämotoxins schon deshalb nicht zugesprochen werden
kann, da mit nicht sterilen Flüssigkeiten gearbeitet wurde. Die ein-
zigen, welche ein filtrables Streptolysin nachgewiesen hatten, waren
Besredka und Landsteiner. Wir wollen daher auf den Inhalt
dieser Arbeiten etwas näher eingehen.
Besredka hat folgende Vorschriften für die Darstellung des Strepto-
lysins gegeben:
Mit einigen Tropfen einer 24-stündigen Ascitesbouillonkultur infiziert
man subkutan ein Kaninchen. Am nächsten Tag entnimmt man mit
einer Pipette das Herzblut, welches aufgelöst sein muß, und
beimpft mit 2 — 3 Tropfen dieses Blutes ein Röhrchen auf 56^ erhitzten
Kaninchenserums oder eine Mischung von gleichen Teilen Kaninchen-
und Hammelserum. Die Kultur wird 24 Stunden bebrütet, nachher mit
physiologischer Kochsalzlösung zur Hälfte verdünnt und durch eine
Chamberland- Kerze filtriert. Mit dieser Methode wurde von Bes-
redka ein einziger Streptokokken stamm, der Streptococcus Mar-
morek, untersucht. Nach seinen Angaben würde also das Streptolysin dar-
zustellen gelingen nur bei Kaninchen-virulenten Stämmen, die das Blut
aufgelöst haben. In der Literatur konnten wir nur eine Publikation
finden, welche Besredkas Befunde nachprüft und bestätigt. Kern er
gelang es, hämolytisch wirkende Filtrate aus Kulturen in flüssigem Blut-
serum (2 Stämme) zu erhalten. Die hämolytische Wirkung der Filtrate
war schwächer als diejenige der Kulturen und nicht spezifisch gegenüber
einzelnen Blutarten. Die Hämolyse trat nach 24 Stunden ein. Auch
Simon ist es einmal gelungen, ein schwach hämolytisches Filtrat zu
erhalten. 2,0 ccm seines Filtrates lösten einen Tropfen Kaninchenblut
in 24 Stunden zum Teil auf.
Landsteiner hat über das Streptolysin eine nur wenige Zeilen
enthaltende Mitteilung gemacht. Zur Darstellung des Streptolysins hält er
Tierpassagen für nötig, weil dann die Streptokokken diffus in der Bouillon
wachsen sollen. Nach Filtration eintägiger Bouillonkulturen durch
Papier erhielt er Lösungen, die in der Menge von 2 ccm 0,25—0.5 ccm
5-proz. Kaninchenblut in 1—2 Stunden bei 37" auflösten. Die Wirkung
der R e i c h e 1 - Filtrate war mehr als auf die Hälfte abgeschwächt. Schle-
singer und E. Sachs hatten mit Filtraten meist negative Resultate.
Das sind die wichtigsten Angaben, die sich über die Darstellung
des Streptolysins in der Literatur finden.
Nach vielen Vorversuchen, die wir nicht im einzelnen wiedergeben
wollen, sind wir zu der nun zu schildernden Methode gekommen, mit
der es uns gelang, von jedem Streptococcus, der auf der Blut-
platte sich als hämolytisch erwies, ein filtrables Lysin zu erhalten. Es
war uns deshalb möglich, Streptokokken der verschiedensten Provenienz
zu untersuchen. Es kamen über 40 Stämme zur Untersuchung, welche
aus dem Blut von Sepsisfällen gezüchtet wurden, von Scharlach, aus
Eiterungen und von Anginen. Wie nun gleich hier hervorgehoben
sein mag, zeigte das Hämolysin dieser verschiedenen Strepto-
kokkenstämme keine Differenzen.
Braun, üeber das Streptolysin. 3g5
Wir wollen nun unsere Methodik des genaueren schildern.
Die Darstellung des Streptolysins und seine Eigen-
schaften: Die gewöhnliche Nährbouillon wird mit frischem Kaninchen-
serum im Verhältnis 1:10 verdünnt und durch Cham berland-Kerze
filtriert. Wir benutzten mit Vorteil einen von Prof. M. Neisser ange-
gebenen Serum-Filtrierapparat mit innerer Dampfdesinfektion, der von
F. & M. Lauten seh läger, Frankfurt a. M. zu beziehen ist. Das
Filtrat wird in Röhrchen zu je 10 ccm abgefüllt und V2 Stunde im
Wasserbade auf 60" erhitzt. Die Röhrchen werden dann 2 Tage im
Brutschrank gelassen und, wenn ihre Sterilität erwiesen war, bei Zimmer-
temperatur gehalten.
Der auf der Kaninchenblutplatte hämolysierende Streptococcus
wird zur Darstellung des Lysins von festem Nährboden (Ascitesagar) in
reichlicher Menge (3 Oesen) in die entsprechende Nährbouillon eingeimpft
und bei 37" bebrütet. Nur solche Streptokokken, die eine große Wachs-
tumsenergie besitzen, eignen sich zur Darstellung des Streptolysins.
Im allgemeinen wachsen die Streptokokken in diesem Nährboden sehr
gut. Am geeignetsten erwiesen sich uns 8 — 10-stündige
Kulturen. Nur in solchen ist das Gift in reichlicher
Menge nachweisbar. In Uebereinstimmung mit zahlreichen Autoren
(v. Lingelsheim, Ar on söhn, E. Sachs) hatten wir bei unserne
Untersuchungen die Erfahrung gemacht, daß nach 24-stündigem Wachs-
tum meistens kein Hämolysin im Filtrate nachzuweisen ist. Neben
diesem zeitlichen Moment bei der Darstellung des Giftes ist auf die
entsprechende Nährlösung, und auf die zu benutzende Kerze besonders
zu achten. Wenn es uns auch in vereinzelten Fällen gelang, in ge-
wöhnlicher Bouillon das Hämolysin in geringen Mengen nachzuweisen
(E. Sachs, Simon), so mißlang dieser Nachweis in den allermeisten
Fällen, wiewohl sich die Streptokokken in der Kaninchenserumbouillon
als gute Lysinbildner erwiesen haben. Wir würden nicht dazu raten, mit
der Menge des benutzten Kaninchenserums bei der Darstellung der
Nährlösung herunterzugehen, da uns entsprechende Versuche lehrten,
daß die Wachstumsenergie in solchen Fällen genau so wie in der ge-
wöhnlichen Bouillon eine viel geringere ist, als in der von uns ange-
gebenen Nährflüssigkeit, was natürlich sich dann in dem verminderten
Gehalt an Hämolysin dokumentiert. In konzentriertem Serum wachsen
die Streptokokken ebenfalls weniger üppig, als in unserer Nährlösung.
Das von Besredka angegebene Verfahren der Streptolysindarstellung
ist aus diesem Grunde als nicht sehr geeignet zu bezeichnen.
Für die Bildung des Giftes ist es irrelevant, ob die Streptokokken
in der Kaninchenserumbouillon diffus oder in Form eines Bodensatzes
wachsen.
Pathogene Streptokokken, die in der gewöhnlichen Nährbouillon nur
in seltensten Fällen diffuses Wachstum zeigen, in den allermeisten da-
gegen in Form von Körnern verschiedener Größe und Dichtigkeit, die
sich in der schweren oder leichteren Zerschüttelbarkeit zeigt, verhalten
sich in der Kaninchenserumbouillon verschieden. Am häufigsten sieht
man ein diffuses Wachstum. Mikroskopisch sieht man dann neben
sehr zahlreichen Diploformen Ketten verschiedener Länge, deren Charakter
nicht so ausgeprägt ist, wie in der gewöhnlichen Bouillon. Auch die
Größe der einzelnen Individuen ist nicht dieselbe. Man sieht in der-
selben Kette manchmal Keime ganz verschiedener Dimensionen. Be-
sonders auffällig sind kugelförmig aufgeblähte Glieder der Kette, Riesen-
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 5. 25
386 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
kokken, die wohl als Vorstadien der Teilung anzusehen sind, und die
man in der gewöhnlichen Bouillon, wo überhaupt das Korn etwas zarter
zu sein scheint, zu beobachten nicht Gelegenheit hat. Es gibt aber
Streptokokkenstämme, die auch in der Kanincheuserumbouillon als
Sediment wachsen und nicht zum diffusen Wachstum zu bringen sind.
Aber auch solche Stämme eignen sich zur Git'tdarstellung. Irgendwelche
Gesetzmäßigkeit betreffs der Art des Wachstums und seiner Herkunft
konnten wir in Uebereinstimmung mit den Angaben anderer Autoren
nicht feststellen. Wir wollen uns nun zu dem dritten wichtigen Punkt
bei der Hämolysindarstellung wenden, nämlich der Kerzenfiltration.
Nicht alle Kerzen eignen sich dazu. Wir müssen das Miß-
lingen der Darstellung des Lysins zum Teil diesem Umstände zu-
schreiben. Das Streptolysin unterliegt einer starken Absorption und
wird von dichten Kerzen sehr stark zurückgehalten. Entsprechende
Versuche, die wir einerseits mit Zentrifugaten, andererseits mit Filtraten
der Streptokokkenkultur angestellt haben, zeigten uns eine starke Ab-
schwächung durch die Filtration (Landsteiner). Doch glaubten wir
an der keimfreien Kerzenfiltration festhalten zu müssen, da
wir gesellen haben, daß die Menge der Streptokokken, die nötig ist, um
bei Bruttemperatur während der Versuchszeit eine Blutkörperchenauf-
schwemmung zur Auflösung zu bringen, eine sehr geringe zu sein
braucht, so daß wir großen Fehlerquellen ausgesetzt wären, wenn wir
uns mit Zentrifugaten oder Papierfiltraten begnügten. Und wir ver-
zichteten auf die Zentrifugate resp. Papierfiltrate um so lieber, als die
mit unserer Methodik dargestellten Filtrate viel wirksamer waren, als
die von Besredka und Landsteiner beschriebenen.
Besondere Vorschriften zu machen, ob Chamberland- oder
Reich el- Kerzen oder dergleichen verwendet werden sollen, halten wir
nicht für nötig, da wir uns überzeugt haben, daß jede der benutzten
Kerzen auf ihre Durchgängigkeit vor der Sterilisation zu prüfen ist.
In den allermeisten Fällen bedienten wir uns der Re ich el- Kerzen.
Diese wurden mit Kochsalzlösung oder destilliertem Wasser geprüft und
nur solche in Gebrauch genommen, welche eine rasche Filtration ge-
statteten. Natürlich haben wir das Filtrat zur Kontrolle stets reichlich
in Kaninchenserumbouillon verimpft (je 1 ccm Filtrat in 2 Kaninchen-
serumbouillonröhrchen), und 2 Tage im Brutschrank bei 37*^ bebrütet,
und nur solche Experimente als einwandfrei betrachtet, in denen die
Sterilität erwiesen war, was in der überwiegenden Zahl zutraf. Kurz
zusammengefaßt, hat man bei der Darstellung des Hämotoxins der
Streptokokken auf folgende Punkte zu achten :
1) nur frische 8 — 10-stündige Kulturen erwiesen sich als gifthaltig,
2) die Kultur muß üppig gewachsen sein, wozu einmal eine reich-
liche Einsaat nötig ist (es ist gleichgültig, ob der Stamm diffus oder als
Sediment wächst), und andererseits muß diese
3) in eine geeignete Nährlösung erfolgen, als welche sich Kanincheu-
serumbouillon (1 : 10) eignet;
4) die Filtration muß rasch vor sich gehen.
Wir haben eine große Anzahl von pathogenen Streptokokken (Eiter-,
Sepsis-, Angina-, Scharlachstreptokokken), die auf der Kaninchenblut-
platte sich als gute Hämolysinbildner erwiesen haben, untersucht und
meistens bei Einhaltung der nötigen Kautelen das Hämolysin nachweisen
können. Dagegen gelang es uns nie in den Kontrollversuchen, wo wir
nicht-hämolysierende Streptokokken in Kaninchenserumbouillon verimpft
1) 1,0 Lvsin
■ +
2) 0,5 '„
+
3) 0,25 „
+
4) 1,07,0 ..
+
5) 0,5 „ „
+
6) 0,25 „ „
+
7) 0,1 „ „
+
8) 1,0 Lys. V,"
56° +
9)-
+
1319
2030
5555 3337
k.
k.
k. k.
k.
k.
k. k.
k.
k.
k. k.
k. Schleier
k.
k. Schleier k.
m.
k.
k. Schleier k.
w.
k.
f. k. f. k.
0
St.
w. st.
0
e
Kuppe Zone
e
e
e e
Braun, Ueber das Streptolysin. 387
haben (7 Stämme), ein Blutgift nachzuweisen. Als Paradigma unserer
V^ersuchsanordnung diene folgendes Versuchsprotokoll :
Tabelle 1.
Je fünf Kaninchenserumbouillon-Röhrchen von Streptokokkenstämmen No. 1319,
2030, 5555, 3337, 8-8tündig, durch Reichel- Kerzen filtriert und gegen 5-proz., zweimal
gewaschenes Kaninchen blut eingestellt.
Resultat
1319 2(
+ 0.5 Blut + 0,5 NaCl-LösuQg
„ +1,0 .,
„ +1/^5 „
„ +0,5 „
„ + 1,0 „
„ +1,25 „
„ +1,4 „
„ +0,5 „
„ + 1,5 ,.
Erklärung der Verkürzungen : k. = komplett, f. k. = fast komplett, st. = stark,
m. = mäßig, w. = wenig, Sp. = Spur, Spch. = Spürchen, k. 1. D. = komplett lösende
Dosis.
Zunächst untersuchten wir, wie sich das Streptolysin den Tempe-
ratureinflüssen gegenüber verhält. Die Angaben über die Temperatur-
einflüsse sind sehr verschieden. Während Besredka eine vollständige
Inaktivierung erst nach 2-stündigem Erhitzen auf 70*^ feststellen konnte,
haben andere Autoren (Schlesinger, Kerner, Landsteiner) be-
reits bei 56" eine Zerstörung beobachten können. Da aber diese Unter-
suchungen stets nur an Filtratlysinen von einem Streptococcus oder
an keirahaltigen Kulturen durchgeführt worden sind, so konnte ihnen eine
allgemeine Gültigkeit nicht zugesprochen werden. Unsere Versuche
lehrten uns, daß eine Erhitzung auf 60*^ das Blutgift der Streptokokken
in der allergrößten Mehrzahl der Fälle innerhalb einer halben Stunde
zerstört. In vereinzelten Fällen konnten wir allerdings beobachten, daß
die Inaktivierung bei dieser Temperatur eine unvollständige war. Die
mehrfache Untersuchung eines solchen Streptococcus zeigte aber, daß
diese Widerstandsfähigkeit gegenüber der V2"Stündigen Erhitzung auf
60^ keine konstante Eigenschaft bestimmter Streptokokkenstämme ist
und auch bei einem und demselben Stamm variiert. Im allgemeinen
kann gesagt werden, daß die Inaktivierungstemperatur des Streptolysins
bei 60 0 liegt.
Wie verhält es sich protrahierten niederen Temperaturen gegenüber?
Besredka hat bereits vergleichende Versuche über den Einfluß von
Brut- und Zimmertemperatur auf das Streptolysin Marmorek angestellt.
Er kam zu dem Resultat, daß mehrtägiges Verweilen bei Bruttemperatur
die Wirksamkeit vollständig zerstört, während es bei Zimmertemperatur
erst nach 20 Tagen vollständig geschwunden ist. Landsteiner ver-
mutete gleichfalls eine große Zersetzlichkeit.
Wir hatten vergleichende Versuche mit verschiedenartigen Lysinen
darüber angestellt, in welchem Maße die Abschwächung erfolgt, wenn
die Giftlösung bei Eistemperatur, bei Zimmer- und Bruttemperatur auf-
bewahrt wird.
Das Resultat der Versuche zeigte eine geringe Abschwächung nach
2 Stunden bei 37 ^ eine vollständige Zerstörung des Giftes nach 6 Stunden
bei dieser Temperatur, eine starke Abschwächung in derselben Zeit bei
Zimmertemperatur und eine sehr geringe Abschwächung bei Eistempe-
ratur. Doch auch bei dieser Temperatur erfolgt ein allmähliches Schwinden
25*
388 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
des Streptolysins. Es erweist sich aber auch nach einigen Tagen etwas
wirksam. Diese leichte Zerstörbarkeit des Giftes bei Brut-
temperatur ist natürlich ein starkes Hindernis für die
Konzentrierung desselben.
Wir hatten es versucht, durch verschiedene Kunstgriffe, die weiter
unten zum Teil besprochen werden, die Lysinschädigung zu beseitigen,
doch gelangten wir nicht zu befriedigenden Resultaten. In den aller-
meisten Fällen konnten wir Gifte darstellen, von denen .0,25 ccm oder
0,1 ccm die komplettlösende Dosis war. Zuweilen zeigte das Gift eine
viel stärkere Wirksamkeit (0,02 ccm). Außer der großen Empfind-
lichkeit des Streptolysins ist das rasche Aufhören der Ver-
mehrung der Streptokokken, auch in geeigneten Nährböden,
wie uns entsprechende V^ersuche lehrten, die Ursache der schweren
Darstellbarkeit des Hämotoxins. Diese beim Streptolysin ge-
fundenen Tatsachen zeigen uns, daß alle Einzelheiten beachtet werden
müssen, wenn man die Gifte der Bakterien darstellen will. Es wäre
daher wohl möglich, daß die hier geschilderte Methodik auch zur Dar-
stellung der Gifte anderer Erreger, wie Milzbrand etc., sich eignen könnte.
Da das Gift selbst der Temperatur von 37 ^ gegenüber eine so
starke Labilität zeigte, so haben wir vergleichende Versuche darüber
angestellt, ob die Wirksamkeit des Giftes bei Eistemperatur
eine stärkere sein wird, als bei Bruttemperatur.
Die Versuche zeigten uns, daß sich die Giftwirkung bei sehr extremen
Temperaturen als gleich stark zeigt. Der Titer des Giftes ist bei 0^
und 37 '^ derselbe, es tritt nur bei 0" eine Verzögerung im Auftreten
der Hämolyse ein. Zu bemerken wäre, daß wir bei 0" starke Aggluti-
nationen der Kaninchenblutkörperchen durch das Streptolysin beobachten
konnten, während bei 37" diese Agglutination zum Unterschied von
Staphylolysin nur sehr selten zu sehen war. Wir versuchten nun fest-
zustellen, ob das Streptolysin primär so labil ist, oder durch die Ein-
wirkung anderer Faktoren (Säure, Sauerstoff etc.) zerstört wird.
Manche Autoren, z. B. E. Sachs, haben sich mit der Frage be-
schäftigt, ob der Säuregehalt der Kulturen mit deren Blutlösungs-
vermögen im Zusammenhange steht. Sie kamen zu dem Resultate, daß
die Säurebildung mit der Hämolysinbildung nicht zu identifizieren ist,
da trotz starker Säurebildung die blutlösende Eigenschaft vollständig
fehlen kann. Auch die von uns zu diesem Zwecke mit Eilt raten
angestellten Versuche führten zu demselben Ergebnis. Durch Neutrali-
sierung mit Normalnatronlauge konnte keine Abschwächung des Hämo-
lysingehaltes der Filtrate beobachtet werden. Wohl aber lag die Möglich-
keit einer giftzerstörenden Einwirkung der Säure nahe. Wir haben daher
entsprechende Versuche angestellt, die uns die Einwirkung von schwachen
und starken Salzsäuremengen und Natronlaugemengen auf das Hämo-
lysin zeigen sollten. Die Versuchsanordnung ergibt sich aus folgendem
Protokolle :
Tabelle 2.
Lysin 1319.
Sterile Kaninchenserumbouillon.
Normalnatronlauge und Normalsalzsäure.
I 4,5 Lysin +0,5 n. HCl ^ ^^^^ ^..^^^nd. Verweilen
?TT A^ tt"- u u II Tak " üfV l im Eis genau neutrali-
III 4,5 Kaninchenserumboudlon+0,5 „ HCl \ ^. ^J ^^^ ^^-^^^^
V 1:? Lysin '■ : 'ol ü N^gP I ^^l^J^^ g^^racht
1) 1,0 Füt
r. resp. ster. Boui
2) 0,5 „
)) >i >i
3) 0,25 „
)l II M
4) 0,1 „
»1 )> M
5) - „
>> » >'
Das
Hämolysin
Resultat
I
11 III
IV
V
k.
k. «
0
k.
f.k.
k. 0
0
k.
8t.
k. 0
0
k.
W.
f.k. e
t+
S. St.
e
Braun, lieber das Streptolysin. 389
Einstellung
. + 0,5 NaCl-Lös. + 0,5 Blut
+ 1,0 „ + 0,5 „
+ 1,25 „ + 0,5 „
+ 1,4 „ + 0,5 „
+ 1,5 „ + 0,5 „
der Streptokokken zeigt sich auch
gegenüber der mehrstündigen Ein wirkun g starker Säure-
und Alkali mengen als sehr widerstandsfähig, und nur
eine relativ geringe Abschwächung konnte durch die Ein-
wirkung der Salzsäure festgestellt werden. Wir haben des-
halb noch Versuche darüber angestellt, ob die Empfindlichkeit des Giftes
gegenüber Temperaturen bei Säureanwesenheit zunimmt resp. ob man
durch Neutralisation der Säure, die durch Streptokokken produziert
wurde, die Haltbarkeit des Giftes bei 37^ und bei Zimmertemperatur
«rhöhen kann. Ein Protokoll möge unsere Versuchsanordnung veran-
schaulichen.
Tabelle 3.
Lysin 5555, Fiitrat steril.
Ursprüngliche Reaktion sauer, ein Teil wird mit n. NaOH bis zur schwach.
Alkalischen Reaktion neutralisiert.
Versuchsanordnung s. Protokoll No. I.
I. Untersuchung sofort nach der Gewinnung.
a) Nicht neutralisiert
b) Neutrahsiert
1) k.
1) k.
2) k.
2) k.
3) k.
3) k.
4) k., Schleier
4) k., Schleier
5) s. St.
5) s. St.
6) m.
6) m.
7) w.
7) w.
8) 0
8) 0
II. Die Lysine a) und b) wurden in
den Brutschrank (37**) gestellt und nach
2 und 6 Stunden untersucht.
a) nach 2 Stunden 37 " b) nach 2 Stunden 37 ° aj u. b) nach b Stunden 37 "
1) k., Schi. 1) k.
1) 1
2) s. St. 2) k., Schi. 2)
3) m. 3) s. 8t.
3)
4) w. 4) w.
4)
■0
5) Spch. 5) Sp.
5)
6) 0 6) 0
6)
7) 0 7) 0
7)J
Das Resultat solcher Versuche war folgendes:
Nach 2-stündigem Verweilen bei 37 '^ konnte man manchmal eine
etwas stärkere Abschwächung beobachten im nicht neutralisierten Fiitrat
als in dem mit Natronlauge neutralisierten. Doch nach 6-stündigem
Bebrüten war das Gift, sowohl im neutralisierten, wie nicht neutrali-
sierten Filtrate vollständig verschwunden. Durch Züchtungen unter
anaeroben Verhältnissen überzeugten wir uns davon, daß der Sauerstoff
der Luft an der Labilität des Streptolysins keinen Anteil hat. Es sei
noch erwähnt, daß wir auch an ein gasförmiges Produkt der Strepto-
kokken mit hämolytischen Fähigkeiten dachten und deshalb durch
Evakuieren im Exsikkator die Giftlösung auf die etwaige Verminderung
ihrer Blutkörperlösungseigenschaft untersuchten. Doch durch diese Ver-
suche konnte keine Verminderung des Hämolysingehaltes nachgewiesen
werden. Entsprechende Versuchsprotokolle wiederzugeben erübrigt sich.
Besredka hat aus dem Grunde, daß in seinen Kulturen das Gift
früher verschwand als in den Filtraten, die unter gleichen Bedingungen
390 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
gehalten wurden, angenommen, daß die Unwirksamkeit der Filtrate älterer
Kulturen darin ihren Grund haben könnte, daß durch die Tätigkeit der
wachsenden Bakterien Hemmungskörper entstehen, welche die Giftwirkung
aufheben. Die Versuche, welche wir zur Klärung dieser Frage ange-
stellt haben, führten zu folgenden Resultaten :
In Zentrifugalen mehrere Tage alter Kulturen konnte ein Hemmungs-
körper nachgewiesen werden. Die nähere Untersuchung betr. der Thermo-
resistenz ergab, daß durch Erhitzung auf 60^ eine geringe Abschwächung,
bei 80^ eine stärkere, aber selbst 5 Minuten langes Erhitzen auf 100^
reichte nicht aus, um den Hemmungskörper zu zerstören.
Wie weiter unten gezeigt werden wird, besitzt das Normal-Antilysin des
Kaninchenserums dieselbe Thermoresistenz. Wir müssen daher annehmen,
daß mit größter Wahrscheinlichkeit in unseren alten Kulturen den Hera-
mungsstoff nicht ein Stoflfwechselprodukt der Bakterien, sondern das Kanin-
chenserum selbst darstellt, und daß seine antilytische Wirkung in frischen
Kulturen durch die Stärke des vorhandenen Lysins übertroffen wird. Wir
konnten also keine die Empfindlichkeit des Hämotoxins verursachenden
sekundären Faktoren auffinden, und müssen daher die große Labilität des
Streptolysins als eine primäre Eigenschaft dieses Giftes auffassen.
Wir wollen nun die Empfindlichkeit der einzelnen Blutarten dem
Streptolysin gegenüber besprechen. Es wurden von uns Blutkörperchen
von Mensch, Kaninchen, Hammel, Meerschweinchen, Rind und Maus
untersucht. Es zeigte sich eine verschiedene Empfindlichkeit der
Tierspecies. Am empfindlichsten erwiesen sich die Blutkörperchen vom
Kaninchen, Mensch und Maus, also von Organismen, die der Infektion
mit Streptokokken zugänglich sind, am widerstandsfähigsten zeigte sich
das Meerschweinchen- und Hammelblut. Auch individuelle Unterschiede
der Blutkörperchenarten wurden beobachtet. Wir benutzten stets 5-proz.
Aufschwemmungen von 2mal mit Kochsalzlösung gewaschenen Blut-
körperchen und setzten stets V2 ccm zu den einzelnen Verdünnungen
zu. Wie auf der Blutplatte, so ist auch im Reagensglase
die Menge der zugesetzten roten Blutkörperchen von aus-
schlaggebender Bedeutung, denn durch einen größeren Blutkörperchen-
zusatz wird die Wirksamkeit des Giftes stark herabgesetzt oder sogar
vollständig vereitelt. Aus unseren Versuchen über die verschiedene
Empfindlichkeit der Erythrocyten verschiedener Tierarten möge folgender
Versuch dienen.
Tabel le 4.
Lysin 3337, Filtrat, steril.
Eingestellt gegen
5 Proz. Menschenblut 1
5 „ Meerschweinchenblut > 2mal gewaschen
5 ,, Kaninchenblut j
Versuchsanordnung s. Protokoll No. I.
Kaninchen blut Menschenblut Meerschweinchenblut
k. k.
k. k.
k., Schi. k!
m. st.
Kuppe Kuppe
„ Zone
In diesem Versuche zeigten die Meerschweinchenervthrocyten eine größere Empfind-
lichkeit als die Menschenblutkörperchen. In anderen Experimenten konnte man das
Umgekehrte sehen.
1)
k.
2)
k.
3)
k.
4)
k.
5)
f. k.
6)
m.
7)
w.
8)
e
9)
e
Braun, Ueber das Streptolysin. 391
Wie verhalten sich uun die Normalsera gegenüber dem Hämotoxin?
Besredka hat im Menschen-, Kaninchen-, Hammelserum kein Antilysin
gefunden. Nur im Pferdeserum konnte er es nachweisen.
In den Seris von Kaninchen fanden wir ziemlich reichliche Mengen
von Antikörpern.
Tabelle 5.
Titration der Sera von norm. Kaninchen No. 380, 384 bei gleichzeitigem Lyein-
und Blutzusatz.
Lysin 5555, Filtrat, steril.
Imal lösende Dosis 0,25.
Kan. No. 380 Kan. No. 384
1 1 u,5 Lyoin t- 0,5 Ser. + 0,5 NaCl-Lösung + 0,5 Blut 1) e 1) 6
2) 0,5 „ + 0,25 „ -f- 0,75 „ + 0,5 „ 2) e 2) e
3) 0,5 „ + 0,1 „ + 0,9 „ -I- 0,5 „ 3) 0 3) e
4) 0,5 „ + 0,5 Vjo „ + 0,5 „ + 0,5 „ 4) Spch. 4) Sp.
5) 0,5 „ -I- 0,25 „ + 0,75 „ + 0,5 „ 5) w. 5j w.
6) 0,5 „ + 0,1 „ + 0,9 „ + 0,5 „ 6) m. 6) m.
7) 0,5 „ + — „ + 0,0 „ + 0,5 „ 7) k., Scheier
8) — „ + — „ -f0,5 „ +0,5 „ 8) e
Was die Natur dieses Hemmungskörpers anbetrifft, so wurden folgende
Versuche angestellt: Zunächst sollte, da sich der Hemmungsstoif als ziem-
lich thermoresistent erwies, die Frage beantwortet werden, ob es sich
um alkohollösliche Stoffe handelt: Getrocknetes Kaninchenserum wurde
mit Alkohol extrahiert, der Alkohol abgedampft, die Lipoide in Koch-
salzlösung emulsioniert und auf Hemmungswirkung untersucht. Es zeigte
sich, daß während des Versuches eine Zeitlang eine deutliche Hemmungs-
wirkung wahrzunehmen war, die aber dann vollständig verschwand. Die
entsprechenden Kontrollen zeigten, daß dem alkoholischen Extrakt selbst
eine ziemlich starke blutlösende Eigenschaft zukommt und wohl auf die
Seifen des Normalserums zurückgeführt werden muß. Die Experimente,
die über die etwaige Wirkung von reinem Lecithin und Cholestearin auf
das Streptolysin zeigen sollten, führten zu negativen Resultaten. Es
ließ sich nicht exakt beweisen, daß der Hemmungskörper des normalen
Kaninchenserums ein lipoider Stoff wäre. Bei der Untersuchung dieses
Hemmungskörpers betreffs seiner Widerstandsfähigkeit Temperaturen
gegenüber konnte dasselbe festgestellt werden, was wir über den
Hemmungskörper alter Kulturfiltrate bereits gesagt haben. Selbst 5 Min.
langes Kochen zerstörte den Stoff nicht vollständig, wenn seine Wirkung
auch erheblich abgeschwächt wurde.
Der normale Antilysingehalt des Kaninchenserums ließ sich in
Uebereinstimmung mit Besredka durch intravenöse Injektionen nicht
steigern.
Im Serum anderer Species (Meerschweinchen, Mensch, Pferd) wurde
gleichfalls ein normaler Antikörper gefunden. Uns interessieren ins-
besondere die Versuche, welche Immunsera betreffen. Wie vergleichende,
wiederholt ausgeführte Versuche uns zeigten, enthalten käufliche Immun-
sera (vom Pferd) im allgemeinen keinen über den Normalwert hinaus-
gehenden Gehalt an Antilysin. Einzelne Serumproben (Deutsch-
mann, Menzer) zeigten sogar einen gegen die Norm geringen Gehalt
an Antikörpern. Es läßt sich natürlich nicht entscheiden, ob es sich
hierbei um Zufälligkeit oder um die Folge der Immunisierung handelt.
Das gleiche gilt von dem gegenteiligen Ergebnis einer geringen Steige-
rung des Antilysins, das wir mit einem Höchster Serum erhielten, welches
ja durch Injektion von Pferden mit Blutkulturen hämolytischer Strepto-
kokken gewonnen wird. Wir waren bis jetzt nicht in der Lage zu prüfen,
ob sich diese Methode für Titrierung der Streptokokkenantisera eignet.
392 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Tabelle 6.
Titration von Immunseris.
Lysin von Stamm 5555. Filtrat steril.
2mal 1. D. = 0,25.
1) Antistreptokokkenserum Höchst
2) „ Merck
3) „ Aronsohu
4) Normales Pferdeserum
H
1) 0,25 Lysin + 0,1 Ser. + l,15 Kslg. +0,5 Blut
öchst Merck
0 m.
Aron- Normales
söhn Pferdeser.
St. große Kuppe,
Agglut.
, Schleier f. k.
k. k., Schleier
k. k.
0 e
2)0,25 „ +0,5Vio., +0,75 „ +0,5 „
3)0,25 „ +0,25 „ +1,0 ,. +0,5 „
4)0,25 „ +0,1 „ +1,15 „ +0,5 „
5)0,25 „ + - „ +1,25 „ +0,5 „
6) — „ + 0,5 „ +1,0 „ +0,5 „
7) — „ + — ,. +1,5 „ +0,5 ,.
0 St. k.
w. f. k.
m. k., Schleier
k.
e e. Agglut.
Einige Versuche sollten uns darüber informieren, ob das Hämotoxin
ein Leibesbestandteil der Streptokokken ist.
Oppenheimer hatte feststellen können, daß das Waschwasser
frischer Staphylokokkenagarkulturen reichliche Mengen von Staphylolysin
enthält, das die Eigenschaften des bekannten Staphylolysins der Bouillon-
kulturfiltrate besitzt (Inaktivierbarkeit, Neutralisierbarkeit mittels spezi-
fischen Antitoxins). Wir versuchten daher diese einfache und rasche
Methodik zur Darstellung des Streptolysins anzuwenden. Ascitesagar-
K olle -Schalen wurden mit den Stämmen, die sich im Filtrate und auf
der Kaninchenblutplatte als gut hämolytisch erwiesen haben, beimpft und
nach 24-stündigem Wachstum mit 10 ccra Kochsalzlösung abgeschwemmt.
Das Waschwasser wurde dann in gewöhnlicher Weise gegen Kauinchen-
blutkörperchen eingestellt. Wir konnten nur Spuren eines Hämolysins
nachweisen. Die abzentrifugierten und in Kochsalzlösung aufgeschwemmten
Bakterien wurden dann 8 Stunden im Schüttelapparat geschüttelt und
der Extrakt nach der Zentrifugation der Bakterien nochmals geprüft. Auch
dieser erwies sich unwirksam. Es gelingt also auf diese Art und Weise
nicht, wirksame Gifte zu gewinnen, und man muß daher eine Präformie-
rung des Giftes in Bakterienleibern, wie dies z. B. von Schlesinger
angenommen wird, ablehnen.
Die Wirkung des Hämotoxins im Tierkörper.
Besredka hat das Streptolysin seines Stammes an Kaninchen und
Schafen auf seine Giftigkeit geprüft und konnte keine feststellien. Kern er
fand die hämolytischen Filtrate in Menge von 0,5 ccm für kleine Versuchs-
tiere nicht schädlich.
Wir haben zahlreiche Versuche über die Giftwirkung der Lysine
verschiedenartiger Streptokokken angestellt. Intravenöse Injektionen von
1,0 ccm wurden von Mäusen gut vertragen, 5 ccm Meerschweinchen
intraperitoneal eingespritzt machten keine Erscheinungen.
Bei Kaninchen erzielten wir schwankende Resultate. Es gibt
Filtrate von 10-stündigen Kulturen einzelner Strepto-
kokkenstämme, die nach intravenöser Injektion von 5 ccm
zweifellos Gift Wirkungen ausüben. Wir haben bei unseren
Versuchstieren ähnliche Erscheinungen beobachtet, wie sie von den
Streptokokkengiften von Marmorek, v. Lingelsheim, Simon u. a.
beschrieben wurden. Tiere von 1000 — 1200 g dienten uns als Versuchs-
objekte. Einige Stunden nach der intravenösen Gifteinspritzung trat in
Braun, Ueber das Streptolysin. 393
solchen Fällen Diarrhöe ein. Eine Reihe solcher Tiere starb bereits
nach 24 Stunden. Bei der Sektion konnte außer aufgeblähtem Darm
nichts Wesentliches festgestellt werden. Das Herzblut war geronnen und
das Serum war nicht hämoglobinhaltig. Aus dem Herzblute wurden
Streptokokken nicht gezüchtet. Andere Tiere zeigten eine von Tag zu
Tag zunehmende Abmagerung und gingen innerhalb von 7—10 Tagen
ein. Andere erholten sich vollständig.
Irgendwelche Konstanz in der Wirkung der Streptokokkenfiltrate
konnten wir nicht nachweisen. Unsere Erfahrungen lehrten uns außer-
dem, daß. wie schon Simon vermutete, die Gift Wirkung dem
Hämolysingehalt nicht parallel geht, da sehr starkeblut-
lösende Gifte vom Kaninchenorganismus gut vertragen
werden.
Zusammenfassung.
1) Auf der Blutplatte hämolysierende Streptokokken produzieren in
einer geeigneten Nährbouillon ein filtrables Hämotoxin, das nach 8 bis
10-stündigem Wachstum am reichlichsten vorhanden ist.
Es ist sehr labil und wird durch eine V2-stündige Erwärmung auf
60 0 zerstört. Selbst bei Temperatur von 37° geht es innerhalb von
6 Stunden zugrunde. Starken Säuren- und Alkalimengen gegenüber er-
weist es sich aber als sehr widerstandsfähig.
2) Das Hämolysin ist kein Leibesbestandteil der Streptokokken und
ist als ein echtes Sekretionsprodukt aufzufassen.
3) Die Hämotoxine der verschiedenen Streptokokken (Sepsis, Schar-
lach, Angina, Eiter) sind identisch.
4) Fil träte lO-stündiger Kulturen einzelner Streptokokkenstämme
sind für das Kaninchen giftig, nicht aber für Mäuse und Meerschweinchen.
Dieses Gift ist mit dem Hämotoxin nicht identisch.
5) Die Blutkörperchen der verschiedenen Tierarten zeigen dem
Streptolysin gegenüber eine verschiedene Empfindlichkeit. Am empfind-
lichsten sind die Erythrocyten derjenigen Organismen, die auch der
Streptokokkeninfektion am zugänglichsten sind (Kaninchen, Maus, Mensch).
6) Normales Kaninchen-, Meerschweinchen-, Pferde- und Menschen-
serum enthalten Antilysine. Beim Kaninchen ließ sich eine Steigerung
des Normalantilysingehaltes durch Injektionen vom Streptolysin nicht
herbeiführen ^).
Frankfurt a. M., 13. Dez. 1911.
Literatur.
1) Aronson, Berlin, klin. Wochenschr. Bd. 39, 1902,
2) Besredka, Annal, Instit. Pasteur, T, 15. 1901,
3) Kerner, Centralbl. f. Bakt, Abt. I, Orig. Bd, 38. 1905.
4) Landsteiner, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 42. 1909.
5) V. Lingelsheim, Kolle- Wassermann, Handb. d. path, Mikroorgan. Bd. 3.
1) Während der Drucklegung dieser Publikation erschien eine Mitteilung von
Fr. Jupille (Ann. de l'Inst. Pasteur. 1911. No. 12) über das Streptolysin. Er hat
mit der etwas modifizierten Methode von Besredka 33 Stämme untersucht und ein
filtrables Lysin gefunden. Eine genaue Untersuchung desselben ist nicht durchgeführt
worden.
394 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 5.
6) Lubenau, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 40. 1905.
7) Müller, P. Th., Arch. f. Hyg. Bd. 56. 1906.
8) Neisser, M. u. Wechsberg, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 36.
9) Oppenheimer, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1911.
10) Pfibram, Kolle- Wassermann , Handb. d. path. Mikroorgan. Ergänzungsbd. 1.
1910.
11) Sachs, E., Zeitschr. f. Hyg. Bd. 63. 1909.
12) Schlesinger, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 44. 1903.
13) Schottmüller, München, med. Wochenschr. 1903. Heft 20/21.
14) Simon, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 35. 1904.
Nachdruck verboten.
Beiträge zum sofortigen Nachweis von Oxydations- und
ßeduktionswirkungen der Bakterien auf Grund der neuen
Methode von W. H. Schnitze.
(Centralbl. für Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1910. p. 543.)
[Aus dem Pathologisch - Bakteriologischen Institut des HerzQglichen
Krankenhauses zu Braunschweig (Leiter: Prosektor Dr. med.
W. H. Schultze).]
Von Dr. med. vet. Greorg Eramer,
Direktor der Braunschweigischen Allgemeinen Viehvereicherungsgesellscliaft a. G.
Inhaltsübersiclit.
A. Einleitung.
B. Bearbeitung der Aufgabe.
I. Oxydationswirkungen :
1) Prüfung aller zur Verfügung stehenden Spaltpilze, Algen pilze, Fadenpilze und
Protozoen auf Oxydationswirkungen und Morphologie derselben nach vitaler
Färbung, soweit sie Oxj^dationswirkungen gezeigt haben.
2) Untersuchungen über die Beeinflussung der vorgenannten Organismen durch
die infolge der Oxydationswirkungen eintretende Blaufärbung:
a) Versuche über Weiterzüchtbarkeit der blaugefärbten Organismen durch
üebertragung auf frische Nährböden.
b) Beobachtungen im hängenden Tropfen über die weitere Beweglichkeit der
Organismen nach vitaler Färbung.
c) Impfversuche über das Verhältnis der Virulenz vitalgefärbter zu der un-
gefärbter Organismen an Versuchstieren.
3) Versuche über Vorbehandlung der Organismen zwecks eventueller Schädigung
des reagierenden Stoffes:
a) durch Einwirkung von Chemikalien und hohen Temperaturen,
b) durch Züchtung auf verschiedenen Nährböden.
4) Prüfung der infolge einer Vorbehandlung die Blaufärbung nicht mehr gebenden
Organismen :
a) auf weitere Wachstumsfähigkeit.
b) auf pathogene Eigenschaften durch Verimpfung an Versuchstiere.
II. Reduktionswirkungen :
Prüfung aller unter B. I. 1) aufgeführten Organismen auf Reduktionswirkungen
und Morphologie derselben, soweit sie die Reduktion erkennen lassen.
C. Gegenwärtige Kenntnis von Oxydations- und Reduktionswirkungen und ihre Er-
klärung.
D. Kurze Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse.
E. Literaturverzeichnis über Oxydationswirkungen (ausführlich) und Reduktionswir-
kungen (die wichtigsten Angaben).
Einleitung.
In seiner Arbeit (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1910.
p. 542): „lieber eine neue Methode zum Nachweis von Oxydations- und
Reduktionswirkungen der Bakterien'' weist W. H. Schultze darauf hin,
Kram er, Oxydations- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc. 395
daß über seine als vorläufige Mitteilungen zu betrachtenden Ergebnisse
eingehendere Untersuchungen aus seinem Institut erfolgen würden.
Diese genauere Bearbeitung ist liebenswürdigerweise mir übertragen
worden, und ich habe mich bemüht, in den nachstehend beschriebenen
Untersuchungen die gestellte Aufgabe erschöpfend zu bearbeiten. Die
Methode möchte ich nach ihrem Entdecker benennen, nachdem ich durch
eingehendes Studium der einschlägigen Literatur als sicher festgestellt
zu haben glaube, daß die Methode bislang speziell in der von W. H.
Schnitze angegebenen Form noch nicht bekannt war. Die von mir zu
den Versuchen benutzten Kulturen stammen teils aus dem hiesigen
Pathologisch- Bakteriologischen Institut des Herzoglichen Krankenhauses,
teils aus der Kultursammlung der hiesigen Herzoglichen Technischen
Hochschule, teils habe ich sie aus dem Hygienischen Institut der König-
lichen Tierärztlichen Hochschule in Hannover durch liebenswürdige
Bereitwilligkeit des Herrn Geheimrats Prof. Dr. Dam mann erhalten.
Bearbeitung der Aufgabe.
Bevor ich mit der Darlegung der einzelnen Versuche und ihrer
Ergebnisse beginne, sei es mir gestattet, vorher kurz die zur Unter-
suchung erforderlichen Lösungen und ihr Herstellungsverfahren, sowie
die Anfertigung der Reaktionsnährböden zu schildern. Als Reaktions-
flüssigkeiten benutzte ich die gleichen Schultz eschen Lösungen, die
mir liebenswürdigerweise zur Verfügung gestellt waren, und zwar :
1) Dimethylparaphenylendiaminchlorhydrat (von E. Merck bezogen)
in 2-proz. wässeriger Lösung, da ich mit dieser stärkeren bessere Re-
sultate erhielt als mit der von Schultze empfohlenen 1-proz. Lösung.
2) a-Naphthol in 1-proz. alkalischer Lösung, indem 1 g a-Naphthol
mit 100 ccm Wasser zum Kochen gebracht werden. Beim Kochen schmilzt
das a-Naphthol unter tropfenweisem Zusatz von konzentrierter NaOH
und geht teils in Lösung über, teils fällt es beim Erkalten wieder aus.
Die über dem Ausgefallenen stehende Flüssigkeit ist verwendbar nach
weiterem langsamen tropfenweisen Zusatz von NaOH, bis sie ein klares,
fast ungetrübtes, leicht bräunliches Aussehen zeigt.
Von beiden Lösungen wurde eine Mischung zur Herstellung des
Schultz eschen „Oxydaseagars" hergestellt, indem zu 2 Teilen Dime-
thylparaphenylendiaminchlorhydratlösung 1 Teil alkalische a-Naphthol-
lösung hinzugesetzt wurde. Zu beachten ist hier, daß die Dimethyl-
paraphenylendiaminlösung stets der a-Naphthollösung zuzusetzen ist, aber
nie umgekehrt, da sonst die Klarheit des Filtrates leidet. Der hierbei
entstehende Niederschlag wurde durch sorgfältiges Filtrieren entfernt
und 1 Teil klares Filtrat mit 3 Teilen flüssig gemachtem Nähragar (Ragit-
agar von E. Merck) gemischt und zum Erkalten in Petri-Schalen
ausgegossen. Dieser Nährboden, der eine gering blaßgraublaue P^arbe
besitzt, ist zur Untersuchung von Oxydationswirkungen geeignet, wird
aber zweckmäßig vor jedem Versuch erst durch Auftragen eines Oxydations-
mittels auf seine Brauchbarkeit geprüft, wobei an der Auftragsstelle
sofort eine intensive Blaufärbung eintritt. Bei meinen Versuchen habe
ich diese Probe stets mit Ferricyankalium vorgenommen. Beim Stehen
an der Luft verfärbt sich im Verlauf von einigen Stunden der Nähr-
boden tief dunkelblau, weshalb er immer frisch zu bereiten ist. Wird
nun auf diesen frisch hergestellten Nährboden eine möglichst üppig ge-
wachsene Bakterienkultur, die Oxydationsw^irkungen zeigt, mit einer
Platinöse aufgetragen, so beginnt die Kultur in ganz kurzer Zeit sich
396 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
energisch dunkelblau zu färben, indem der Farbstoff durch Sauerstoff-
übertragung infolge oxydativer Synthese aus den beiden Substanzen ge-
bildet wird. Die Wirkung der Bakterien ist also der Einwirkung eines
Oxydationsmittels gleich. Diese Farbwirkung ist aber streng auf die
Bakterienkultur beschränkt und dringt nicht in den Nährboden ein.
In folgenden sind nun die Untersuchungsergebnisse bei der Prüfung
der einzelnen Organismen eingehend beschrieben, lieber die Nomen-
klatur der untersuchten Organismen möchte ich noch bemerken, daß die
Benennung derselben nach der von Lehmann und Neumann ge-
gebenen Einteilung erfolgt ist, um bei der heutigen vielfach verschiedenen
Benennungsweise eine Verwechslung möglichst zu vermeiden. Nach der
Prüfung auf dem Oxydationsnährboden wurde sodann von dem auf-
getragenen blaugefärbten oder unverändert gebliebenen Material eine
Aufschwemmung in physiologischer Kochsalzlösung hergestellt und mit
dieser ein Deckglaspräparat (hängender Tropfen) angefertigt. Mit dem
gleichen aufgeschwemmten Material wurde ebenfalls ein Deckglasausstrich
mit nachfolgender Färbung mit gewöhnlichen Farbstoffen, meistens
Safranin, hergestellt. Die zur Prüfung gelangten Kulturen waren am
Tage zuvor als Agarstrichkulturen von älteren Reinkulturen angelegt
und wurden 24 Stunden bei 37 '^ C im Brutschrank gezüchtet. Diese
Kulturen wurden dann nach dem Versuch bis zum folgenden Tage
aufbewahrt, um nochmals zur Nachprüfung des ersten Ergebnisses be-
nutzt zu werden. Bei der Hauptprüfung hatte also die Kultur ein Alter
von 24 Stunden und bei der Nachprüfung ein solches von 48 Stunden.
Wo diese Anordnung einige Male wegen schwerer Züchtbarkeit der Or-
ganismen nicht innegehalten werden konnte, sind die näheren Angaben
bei den betreffenden Versuchen besonders vermerkt worden. Ich möchte
hier gleich allgemein bemerken, daß abweichende Ergebnisse bei der
Nachprüfung von Ergebnissen der Hauptprüfung bei keinem Bakterien-
stamme beobachtet wurden.
Zunächst sind die mir zur Verfügung stehenden Spaltpilze einer
Prüfung unterzogen, und zwar in folgender Reihenfolge:
Schizomyceten (Spaltpilze).
I. Coccaceen (Kugelbakterien) :
1) Streptokokken.
2) Sarcinen.
3; Mikrokokken.
iL Bacteriaceen ( Stäbchen bakterien):
1) Bakterien (ohne endogene Sporen).
2) Bacilleu (mit endogenen Sporen) :
a) aerobe, b) anaerobe.
III. Spirillaceea (Schraubenbakterien;:
1) Vibrionen.
2) Spirillen.
IV. Actinomyceten :
1) Corynebakterien.
2) Mykobakterien.
3) Eigentliche Actinomyceten.
Sodann sind in einigen Exemplaren untersucht worden die : Phycomyceten (Algen-
pilze) und Eumyceten (Fadenpilze).
Als Anhang sind endlich auch einige Versuche mit Protozoen angestellt worden,
und zwar:
Protozoen (Urtiere).
1) Rhizopoden (Sarcodina).
2) Flagellaten (Mastigophora).
3) Sporozoen.
4) Ciliaten.
Kram er, Oxydations- und Reduktionawirkungen der Bakterien etc. 397
Spezielle Untersuchungen.
Die Prüfung der Kokken fiel bei allen untersuchten Exemplaren
übereinstimmend negativ aus. Es konnten selbst nach Verlauf einer
Stunde keinerlei Oxydationswirkungen beobachtet werden. Auch nach
Aufschwemmung in Kochsalzlösung zeigte das mikroskopische Bild im
hängenden Tropfen die Kokken vollständig ungefärbt ohne irgendwelche
körnige Elemente im Innern.
I. Die Prüfung der Streptokokken erstreckt sich auf:
1) Streptococcus pyogenes, 4) Str. lanceolatus,
2) Str. equi, 5) Str. acidi lactici.
3) Str. agalactiae,
II. Von den Sarcinen wurden geprüft:
1) Sarcina tetragena. 4) S. aurantiaca,
2) S. lutea, 5) S. rosea.
3) S. flava,
III. Die Prüfung der Mikrokokken wurde vorgenommen an :
1) Micrococcus ascoformans, 4) M. pyogenes ß citreus,
2) M. pyogenes a aureus, 5) M. pyogenes y albus,
3) M. mastitidisgangraenosae ovijs, 6) M. roseus.
Von den Bakteriaceen habe ich zunächst die Bakterien untersucht,
und zwar, soweit ich sie mir beschaffen konnte, möglichst in der von
Lehmann und Neumann angegebenen Gruppierung.
1. Bacterium influenzae.
Die Blutagarstrichkultur zeigte ein nur geringes Wachstum. Die Kolonieen waren
ziemlich klein und hatten ein helles Aussehen. Oxydationswirkungen fehlten. Im
hängenden Tropfen wurden unbewegliche, winzige, farblose Kurzstäbchen beobachtet.
Der mit verdünntem Karbolfuchsin längere Zeit gefärbte Deckglasausstrich enthielt die
gleichen Bakterienformen.
Von den Erregern der Septicaemia haemorrhagica standen mir 3 Vertreter zur
Verfügung nämüch:
Bacterium suicidum, der Erreger der Schweineseuche,
B. multocidum, für verschiedene Tiere pathogen,
B. avicidum, der Erreger der Vögelseptikämie.
2. Bacterium suicidum.
Nach Auftragung der Prüfungskultur von Glyzerinagar zeigte sich nach kurzer
Zeit eine Blaufärbung des aufgetragenen Materials. Nach Aufschwemmung eines Teiles
der gebläuten Masse in Kochsalzlösung und Anfertigung eines hängenden Tropfens
konnte man beobachten, daß die Blaufärbung von feinsten kleinen blauen Körnern
herrührte, die in ziemlich großer Zahl in den kleinen Stäbchen lagen. Der von der
gleichen Aufschwemmung hergestellte und mit Safranin gefärbte Deckglasausstrich
zeigte die Körner nicht mehr; sie waren infolge der Farbstoff ein Wirkung verschwunden.
Nur die Pole waren stark gefärbt, so daß eine wenig oder gar nicht gefärbte Gürtelzone
gebildet wurde, wodurch an Diplokokken erinnernde Gebilde zustande kamen.
3. Bacterium multocidum.
Das Prüfungsergebnis zeigte trotz verschiedener Versuche keine deutlichen Oxy-
dationswirkungen. Es dauerte ziemlich lange, bis eine bläuliche Verfärbung einzutreten
pflegte. In dem aufgeschwemmten Materiale waren nach Herrichtung des hängenden
Tropfens in einzelnen Bakterien wohl vereinzelte Körnchen zu beobachten, die sich ganz
fering blau gefärbt hatten. Ich möchte daher das Ergebnis als unbestimmt bezeichnen.
)er vom gleichen Material mit Safranin gefärbte Ausstrich wies die gleichen Formen
wie die Schweineseuchenerreger auf.
4. Bacterium avicidum.
Hier trat ebenfalls nach Auftragung der Prüfungskultur von Glyzerinagar eine
dunkelblaue Färbung ein. Die mikroskopischen BUder des hängenden Tropfens und des
Safraninausstriches waren denen vom Bact. suicidum als gleich zu betrachten.
5. Bacterium pseudotuberculosis rodentium.
Nach Kulturauftragung von dem Agarausstrich trat eine langsame Blaufärbung
ein. Im hängenden Tropfen sah man kurze, etwas unförmige, teils scheinbar beweg-
liche, meist jedoch unbewegliche einzelne Stäbchen und kurze Stäbchenketten, die kleine
blaue Körnchen von verschiedener Größe enthielten. In dem mit alkalischem Methvlen-
398 Centxalbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
blau gefärbten Ausstrich waren keine Körnchen mehr sichtbar, sondern die Stäbchen
hatten die Farbe gleichmäßig angenommen.
6. Bacterium pneumoniae.
Die Agarstrichkultur zeigte keine Oxydationswirkungen. Im hängenden Tropfen
wurden unbewegliche, kurze, farblose Stäbchen mit runden Enden beobachtet. Der
Safraninausstrich enthielt gleiche Formen.
7. Bacterium typhi.
Die Agarstrichkultur zeigte nach längerer Zeit geringe Oxydationswirkungen. Im
hängenden Tropfen wurden die verschiedensten Formen von langen Fäden und kurzen
Stäbchen mit lebhafter Bewegung gesehen, die spärlich blaue Körnchen in ihrem Innern
besaßen. Der Safraninausstrich zeigte gleiche Formen ohne Körnchen.
8. Bacterium dysenteriae Shiga-Kruse (Typus I).
Oxydationswirkungen der Agarstrichkultur fehlten. Im hängenden Tropfen waren
meist abgerundete Kurzstäbchen mit starker Eigenbewegung und nur sehr wenige Fäden
oder kürzere Stäbchenketten ohne jegliche Körnelung vorhanden. Im Safraninausstrich
waren die gleichen Formen zu erkennen.
9. Bacterium dysenteriae Flexner (Typus II).
Der Prüfungsbefund war derselbe wie beim Bacterium dysenteriae Shiga-Kruse.
10. Bacterium enteritidis Gärtner.
Oxydationswirkungen wurden durch die Agarstrichkultur nicht hervorgerufen. Die
Bilder des hängenden Tropfens und des Safraninausstriches waren denen des Bact.
dysenteriae sehr ähnlich.
11. Bacterium cholerae suum (der vermeintliche Erreger der Schweinepest).
Die Agarstrichkultur zeigte mäßige Oxydationswirkungen. Im hängenden Tropfen
waren kurze Stäbchen mit Eigenbewegung und kleinen blauen Körnchen im Innern
sicitbar. Der Safraninausstrich hatte gleiche Stäbchen ohne Körner.
12. Bacterium typhi murium.
Auch hier wurde von der Agarstrichkultur eine Oxydationswirkung ausgeübt. Im
hängenden Tropfen und im Safraninausstrich wurden gleiche Bilder wie beim Bact.
chol. suum beobachtet.
13. Bacterium paratyphi A (Brion-Kayser).
Oxydationswirkungen wurden durch die Agarstrichkultur nicht ausgelöst. Im
hängenden Tropfen erschienen ungefärbte Kurzstäbchen. Der Safraninausstrich enthielt
gleiche Formen.
14. Bacterium paratyphi B (Schottmüller).
Die Prüfung ergab ein ganz gleiches Eesultat wie beim Bact. paratyphi A.
15. Bacterium coli.
Hier rief die Agarstrichkultur Oxydationswirkungen durch Blaufärbung hervor.
Der hängende Tropfen enthielt viele kurze, lebhaft bewegliche, abgerundete Stäbchen,
die mit kleinsten blauen Körnchen reichlich angefüllt waren. Im Safraninausstrich
waren dieselben Formen ohne die Körner sichtbar.
16. Bacterium vitulinura.
Die unangenehm riechende Agarstrichkultur gab keine Oxydationswirkungen zu
erkennen. Im hängenden Tropfen waren bewegliche, ungefärbte Kurzstäbchen zu be-
obachten. Der Safraninausstrich wies gleiche Formen auf.
17. Bacterium aceti Hansen.
Die Prüfungskultur von 10-proz. Traubenzuckeragar ergab eine deutliche Oxy-
dationswirkung. Der hängende Tropfen zeigte unbewegliche, mit blauen Körnchen an-
gefüllte Stäbchen. Der Safraninausstrich enthielt gleicne Formen ohne Körnchen.
18. Bacterium prodigiosum.
Hier wurden von der Agarstrichkultur intensive Oxydationswirkungen hervor-
§erufen. Im hängenden Tropfen erschienen ganz kurze, kokkenartige, bewegliche
täbchen, die reichlich mit blauen Körnern gespickt waren. Im Safraninausstrich waren
die Körner in den gleichen Bakterien formen nicht mehr sichtbar.
19. Bacterium violaceum.
Oxydationswirkungen der Agarstrichkultur fehlten. Im hängenden Tropfen wurden
meist schmale, abgerundete Stäbchen mit windender Bewegung ohne Körnerfärbung
bemerkt. Das Bild des Safraninausstriches hatte em gleiches Aussehen.
20. Bacterium pyocyaneum.
Die Agarstrichkultur wies eine sehr starke, in kurzer Zeit eintretende Oxydations-
wirkung auf. Der hängende Tropfen enthielt zierliche, sclilanke Stäbchen und längere
Fäden mit starker Eigen bewegung, die mit kleinen blauen Körnchen prall gefüllt waren.
Im Safraninausstrich wurden sie unsichtbar durch den Farbstoff.
Kram er, OxydationB- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc. 399
21. Bacterium fluorescens liquefaciens.
Die Oxydationswirkungen der Agarstrichkultur waren ebenso stark wie beim Bact.
pyocyaneum. Im hängenden Tropfen waren nur bewegliche Stäbchen, aber keine
Fäden zu beobachten. Die Körnelung war auch hier sehr stark. Der Safran inausstrich
enthielt in gleichen Formen die Körnchen nicht mehr.
22. Bacterium fluorescens non liquefaciens.
Oxydationswirkung der Agarstrichkultur war vorhanden. Das Bild des hängenden
Tropfens' enthielt neben sehr langen Fäden schlanke, lebhaft bewegliche Stäbchen mit
zahlreichen blauen Körnchen im Innern. Der Safraninausstrich zeigte die gleichen
Formen ohne Körner.
23. Bacterium syncyaneum.
Die Agarstrichkultur rief intensive Oxydation s Wirkungen hervor. Im hängenden
Tropfen waren kleine bewegliche Stäbchen mit vielen blauen Kömchen. Im Safranin-
ausstrich wurden gleiche Formen ohne Kömer beobachtet.
24. Bacterium vulgare (Proteus vulgaris).
Oxydationswirkungen der Agarstrichkultur wurden nicht bemerkt. Im hängenden
Tropfen zeigten sich lange, oft gebogene Fäden und schmale, schlanke Stäbchen mit
Eigenbewegung ohne Körnchen. Ein gleiches Bild ergab der Safraninausstrich.
25. Bacterium murisepticum.
Die wenig ergiebige Agarstrichkultur löste geringe Oxydationswirkungen aus. Der
hängende Tropfen enthielt kleine, schlanke, gebogene und gerade Stäbchen ohne Eigen-
bewegung, die im Innern zahlreiche blaue Körnchen aufwiesen. Der Safraninausstrich
hatte gleiche Formen ohne Körner.
26. Bacterium erysipelatos suum (B. rhusi opath iae Kitt).
Das Ergebnis war ganz gleich dem des Bact. murisepticum, so daß dieses Bak-
terium als die für das Schwein pathogene Form des vorstehenden betrachtet werden kann.
Aus der Gruppe der Bacillen wurden weiter an erster Stelle die aerob wachsenden
in der nachstehenden Reihenfolge untersucht:
1. Bacillus anthracis.
Die grauweißliche Agarstrichkultur rief starke Oxydationswirkungen hervor. Der
hängende Tropfen enthielt kurze, bewegungslose, große Stäbchen, häufig zu längeren
und kürzeren Ketten vereinigt. Im Innern waren sie mit blauen Körnchen verschiedener
Größe angefüllt. Der Safraninausstrich nach 01t zeigte die gleichen Bacillenformen mit
einer quittengelben Kapsel umgeben, die Körnelung war jedoch unsichtbar geworden.
2. Bacillus mycoides.
Der üppige, wurzelartige Belag der Agarstrichkultur ergab gleichfalls starke Oxy-
dation swirkungen. Das Bild des hängenden Tropfens enthielt zahlreiche große, wenig
bewegliche Stäbchen, oft mit ovalen Sporen, teils sah man auch einige Fäden. Die
Bacillen besaßen im Innern viele blaue Kömchen. Im Safraninausstrich waren gleiche,
aber körnchenlose Formen zu erkennen.
3. Bacillus subtilis.
Die Prüfung der Agarstrichkultur wies intensive Oxydationswirkungen auf. Im
hängenden Tropfen erschienen abgerundete, dicke Stäbchen und oft längere Stäbchen-
ketten, die teils wegen ungenauer Begrenzung der einzelnen Stäbchen Fäden glichen.
Die Bacillen waren lebhaft beweglich und enthielten im Innern außer vereinzelten hell-
glänzenden Sporen eine Menge blauer Körnchen verschiedener Größe. Das Bild des
Safraninausstriches besaß gleiche Formen ohne Körner.
4. Bacillus megatherium.
Die Agarstrichkultur löste eine starke Oxydationswirkung aus. Im hängenden
Tropfen wurden große Stäbchen mit geringer Eigenbewegung, oft in langen Ketten zu-
sammenliegend, beobachtet. Alle Formen hatten im Innern sehr zahlreiche, verschieden
große, blaue Körnchen. Im Safraninausstrich waren die gleichen Formen sichtbar, aber
ohne Körnelung.
5. Bacillus vulgatus (Bac. mesentericus vulgatus).
Der Agarausstrich des Kartoffelbacillus zeigte gleichfalls starke Oxydationswir-
kungen. Der hängende Tropfen ließ oft in Form langer Fäden angeordnete, schlanke,
bewegliche Stäbchen mit zahlreichen blauen Körnchen neben vereinzelten ovalen bis
rundlichen, glänzenden Sporen erkennen. Im Safraninausstrich wurden die gleichen
Gebilde ohne blaue Körnchen festgestellt.
6. Bacillus mesentericus (Bac. mesent. fuscus).
Auch hier ergab die Agarstrichkultur bei der Prüfung deutliche Oxydationswir-
kungen. Die mikroskopische Besichtigung ließ im hängenden Tropfen abgerundete,
schlanke, bewegliche Stäbchen mit vielen blauen Körnern und oft runden Sporen im
Innern erkennen. Ein gleiches Bild zeigte ohne Körnchen der Safraninausstrich.
400 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Sodann folgte die Untersuchung von folgenden anaeroben Bacillen :
1. Bacillus tetan i.
Oxydationswirkungen wurden von der 8-tägigen anaeroben Agarstrichkultur nicht
hervorgerufen. Im hängenden Tropfen waren wenig bewegliche, farblose Stäbchen und
Stäbchenketten, oft mit endständigen Sporea in einzelnen kurzen Stäbchen vorhanden.
Der Safraninausstrich wies ein gleiches Bild auf.
2. Bacillus botulinus.
Die anaerobe 8-tägige Strichkultur von alkalischem Traubenzuckeragar wies keine
Oxydationswirkungen auf. Der hängende Tropfen zeigte mäßig bewegliche, dicke, farb-
lose Stäbchen mit ovalen, oft endständigen Sporen. Das Bild des Safraninausstriches
hatte gleiche Formen.
3. Bacillus oedematis maligni.
Die 8-tägige anaerobe Prüfungskultur von alkalischem Traubenzuckeragar zeigte
keine Oxydationswirkungen. Im hängenden Tropfen wurden dicke, farblose Stäbchen,
die oft zu längeren Fäden ausgewachsen waren und ziemlich starke Eigenbeweguog
aufwiesen, beobachtet. Der Safraninausstrich ergab gleiche Bilder.
4. Bacillus Chauvoei (Bac. sarcophysematos bovis Kitt).
Nach 8-tägigem Wachstum ließ die anaerobe Strichkultur von alkalischem Trauben-
zuckeragar keine Oxydationswirkungen erkennen. Der hängende Tropfen zeigte beweg-
liche, farblose Stäbchen mit häufigen mittelständigen, vereinzelt auch endständigen
Sporen. Im Safraninausstrich waren gleiche Formen zu bemerken.
5. Bacillus der Bradsot (Bac. gastromycosis ovis Kitt).
Die anaerobe 8-tägige Strichkultur von alkalischem Traubenzuckeragar zeigte keine
Oxydationswirkungen. Im hängenden Tropfen waren an Rauschbrand erinnernde Formen
sichtbar. Es waren farblose Stäbchen von verschiedener Länge und auch vereinzelte
längere Fäden zu bemerken. Große, glänzende Sporen wurden meist mittelständig und
nur ganz vereinzelt endständig gesehen. Das Bild des Safraninausstriches wies die
gleichen Formen auf.
Als Vertreter der Spirillaceen wurden weiter die Vibrionen in folgenden Exem-
plaren geprüft:
1. Vibrio cholerae (Spirillum cholerae Koch).
Die 24-stündige Agarstrichkultur löste intensive Oxydationserscheinungen aus. Das
Bild des hängenden Tropfens enthielt stark und weniger gekrümmte Stäbchen, deren
Enden in verschiedenen Ebenen lagen. Die Bewegung erfolgte schraubenartig und sehr
lebhaft. Die einzelnen Vibrionen enthielten sehr zahlreiche blaue Körnchen. Der mit
stark verdünnter Karbolfuchsinlösung gefärbte Ausstrich zeigte ein gleiches Bild ohne
Körner.
2. Vibrio Met schnikovii.
Die Kulturprüfung des Erregers der Vibrionenseptikämie der Hühner hatte ein
gleiches Ergebnis wie beim Vibrio cholerae. Oxydationswirkungen der 24-stündigen
Agarstrichkultur waren deutlich wahrzunehmen. Die einzelnen Vibrionen in den Bildern
des hängenden Tropfens und des Karbolfuchsinausstriches schienen oft stärker gekrümmt
zu sein als beim Vibrio cholerae.
3. Vibrio Proteus (Spirillum Finkler et Prior).
Die 24-8tündige Agarstrichkultur ergab keine Oxydationswirkungen. Im hängenden
Tropfen waren gleiche, meist etwas größere Formen als beim Vibrio cholerae vor-
handen. Auch der Karbolfuchsinausstrich glich dem des Vibrio cholerae.
Die Untersuchung der Spirillen geschah an 2 Vertretern:
1. Spirillum rubrum.
Die 6-tägige anaerobe Agarstrichkultur wies keine Oxydationswirkungen auf. Das
Bild des hängenden Tropfens enthielt korkzieherförmige, spiralig gewundene, farblose
Fäden mit geringer Eigenbewegung. Im Safraninausstrich waren gleiche Gebilde zu
beobachten.
2. Spirillum undula.
Die 24-stündige dünne Agarstrichkultur rief deutliche Oxydationswirkungen hervor.
Bei der mikroskopischen Besicntigung im hängenden Tropfen wurden bewegliche, ziem-
lich starke, spiralig gewundene Formen gesehen, die im Innern zahlreiche blaue Körnchen
enthielten. Im Safraninausstrich war em gleiches Bild ohne Körner zu bemerken.
Als Anhang habe ich hier eine Prüfung von 3 aeroben Mikroben, die unter an-
aeroben Verhältnissen gezüchtet wurden, und einem anaeroben unter aeroben Beding-
ungen gewachsenen Mikroorganismus angefügt:
1. Bacterium pneumoniae.
Bei anaerober Züchtung gab die 48-stündige Agarstrichkultur keine Oxydations-
wirkungen. Der übrige Befund war der gleiche wie beim aeroben Wachstum.
Kramer, Oxydations- und Reduktions Wirkungen der Bakterien etc. 401
2. Bacterium vulgare.
Nach 48-8tündigem anaeroben Wachstum rief die Agarstrichkultur keine Oxy-
dationswirkungen hervor. Die übrigen Ergebnisse stimmten mit denen des aeroben
Wachstums überein.
3. Bacillus anthracis.
Die anaerobe 48-stündige Agarstrichkultur gab keine Oxydationswirkungen mehr
zu erkennen. Die Bilder im hängenden Tropfen und im Safraninausstrich waren denen
bei aerobem Wachstum gleich, jedoch ohne die blaue Körnelung.
4. Spirillum rubrum.
Bei aerobem Wachstum ergab die Agarstrichkultur keine deutliche Oxydations-
wirkung. Bei gleichem Aussehen der Formen des hängenden Tropfens wie beim an-
aeroben Wachstum waren vereinzelte blaue Körnchen zu beobachten. Im Safranin-
ausstrich waren sie nicht mehr sichtbar. Auf Grund dieses zweifelhaften Befundes
möchte ich dieses Ergebnis als unbestimmt bezeichnen.
Von der Gruppe der Actinomyceten prüfte ich zunächst von den Corynebakterien :
1. Cory nebacterium mallei (Bac. mallei Kitt).
Der Glyzerinagarausstrich rief lebhafte Oxydationswirkungen hervor. Das mikro-
skopische Bild im hängenden Tropfen zeigte lange verzweigte Fäden und kürzere
stäbcheuartige Formen, die im Innern viele blaue, verschieden große Körner aufwiesen.
In dem mit Karbolfuchsin gefärbten Ausstrich waren ähnliche Gebilde wie im hängen-
den Tropfen enthalten, nur traten vereinzelt körnchenartige Formen in Erscheinung, die
aber durch Plasmolyse hervorgerufen zu sein scheinen, vielleicht auch metachromatische
Körnchenbildungen von Involutionsformen sind.
2. Corynebacterium diphtheriae (Bac. diphtheriae Löffler).
Auch hier löste der Glyzerinagarausstrich Oxydalionswirkungen aus. Im hängen-
den Tropfen waren lange, teils gebogene, teils mehr gerade verlaufende schlanke Stäbchen
zu beobachten, die oft an einem, häutig auch an beiden Enden etwas dicker waren. Im
Innern enthielten sie viele blaue Körnchen. Nach der N ei ss er sehen Färbung ver-
schwanden die blauen Körnchen, dagegen wurden andere endstäodige metachromatische
Körperchen sichtbar, die aber mit den blauen nicht identisch sind.
3. Corynebacterium der Pyelonephritis des Kindes.
Von dem Serumagarausstrich wurden nach einiger Zeit geringe Oxydationswir-
kungen hervorgerufen. Im hängenden Tropfen waren schlanke sporenlose Stäbchen
und Fäden ähnlich den Pseudodiphtheriebacillen vorhanden. Im Innern hatten sie
zwar vereinzelte blaue Körner, jedoch möchte ich das Ergebnis trotzdem als unbestimmt
bezeichnen. In dem nach der Gram sehen Methode gefärbten Deckglasausstrich wurden
gleiche Formen festgestellt.
4. Corynebacterium pseudotuberculosis ovis.
Die ebenfalls 48-stündige, auf Agar nur gering gewachsene Strichkultur zeigte
deutliche Oxydations Wirkungen. Im Bild des hängenden Tropfens wurden kleine, zier-
liche, unbewegliche Stäbchen und vereinzelt kürzere Fäden mit vielen blauen Körnchen
im Innern bemerkt. Der nach Gram gefärbte Ausstrich wies gleiche Formen ohne die
Körner auf. Es wurden hier auch plasmolytische Färbungsprodukte festgestellt, die
aber mit den blauen Körnern auch nicht identisch sind.
5. Corynebacterium necrophorum (Bac. diphtheriae vitulorum).
Nach ü-tägigem anaeroben Wachstum auf Serumagar wies der Ausstrich keine
Oxydationswirkungen auf. Der hängende Tropfen enthielt ganz vereinzelt kurze Stäbchen,
meist längere, gestreckt und bogig verlaufende, ungefärbte Fäden. Der mit Karbol-
fuchsin gefärbte Ausstrich ergab gleiche Formen, bei denen häufig durch Plasmolyse
runde, helle Lücken und auch vereinzelt eine Querstreifung zu beobachten war.
Weiter unterzog ich die Mykobakterien in folgender Weise einer genauen Prüfung.
Die zur Untersuchung verwendeten Kulturmengen wurden nicht direkt auf den Prüfungs-
nährboden aufgetragen, da dies bei der bröckeligen Konsistenz derselben nicht gut
möglich war. Es wurde zunächst eine Aufschwemmung reichlicher Kulturmengen in
physiologischer Kochsalzlösung hergestellt, die sodann zentrifugiert wurde. Der aus-
geschleuderte Bodensatz wurde zur Prüfung benutzt. Geprüft wurden:
1. Mycobacterium tuberculosis: Typus humanus.
Der 10-tägige Glyzerinagarausstrich rief deutliche Oxydationswirkungen hervor.
Im hängenden Tropfen zeigten sich schlanke, dünne, meist etwas gebogene Stäbchen
ohne Eigenbewegung. Im Innern enthielten sie zahlreiche blaue Körnchen. In dem
nach der Methode Ziehl-Gabbet gefärbten Ausstrich waren die gleichen Formen
ohne Körnelung festzustellen.
2. Myobacterium tuberculosis: Typus bovinus.
Da.s Ergebnis der Untersuchung des 10-tägigen Glyzerinagarausstriches auf Oxy-
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 5. 26
402 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 61. Heft 6.
dationswirkungen und der Befund der mikroskopischen Prüfung im vitalen und ge-
färbten Präparat waren die gleichen wie beim Typus humanus.
3. Mycobacterium tuberculosis: Typus gallinaceus.
Hier war ein Aufschwemmen des Prüfungsmaterials nicht erforderlich, da es sich
von dem 6-tägigen Glyzerinagarausstrich infolge seiner weicheren Konsistenz gut ab-
nehmen ließ. Es wurden deutliche Oxydationswirkungen festgestellt. Die übrigen
mikroskopischen Befunde stimmten mit denen des Typus humanus überein.
Den Beschluß der Actinomyceten bildete die Prüfung von:
1. Actinomyces bovis.
Hier wurde gleichfalls eine Aufschwemmung des Strahlenpilzmaterials von dem
10-tägigen Agarausstrich mit nachfolgendem Ausschleudern hergestellt, bevor die Prüfung
vorgenommen wurde. Das Ergebnis waren deutliche Oxydationswirkungen der aus-
geschleuderten Massen. Im hängenden Tropfen wurden zahlreiche längere Fäden ge-
sehen, die durch Querteilung in kleinere Stäbchen von längerer oder kürzerer Aus-
dehnung begrenzt waren. Dazwischen zeigten sich viele kolbige Auftreibungen an Fäden
und ferner häufig sporoide helle Körner in und frei zwischen den Fäden. Neben diesen
ungefärbten Kömern traten noch sehr zahlreiche blaugefärbte Körnchen hervor. Die
Färbung des Ausstriches nach Gram enthielt die gleichen Pilzformen, zeigte die blauen
Körnchen aber nicht mehr.
2. Actinobacillus Ligniferes.
Der 24-stündige Agarausstrich ergab deutliche Oxydationswirkungen. Im Bilde
des hängenden Tropfens wurden ziemlich kleine Stäbchen und vereinzelt auch kürzere
Fäden beobachtet, die kleine blaue Körnchen im Innern enthielten. Der mit Karbol-
fuchsin gefärbte Deckglasausstrich hatte gleiche Gebilde aufzuweisen.
Im Anschluß an die Schizomyceten wurden die Phycomyceten oder Algenpilze in
zwei Exemplaren untersucht, nämlich an erster Stelle der nach Strasburger zu den
Mucorineen gehörige Mucor mucedo und zweitens der zu den Entomophthorineen
gehörige Empusa Muscae, ein für die Stubenfliegen bedeutsamer Schimmelpilz. Zur
Anfertigung des hängenden Tropfens wurde Glyzerin benutzt, da sich die Pilze mit
Wasser nicht benetzen.
1. Mucor mucedo.
Die 24-stündige Agarkultur zeigte auch nach längerer Zeit keine deutlichen Oxy-
dationswirkungen. Im hängenden Glyzerintropfen waren in den Fäden wohl verschiedent-
lich blaue Körnchen sichtbar, aber nach dem Befunde mußte ich jedoch das Ergebnis
als unbestimmt bezeichnen. Ein gefärbter Ausstrich wurde nicht angefertigt.
2. Empusa Muscae.
Auch hier führte die Prüfung der 24-stündigen Agarkultur selbst nach längerer
Zeit zu einem unbestimmten Ergebnis. Der hängende Glyzerintropfen wies zwar auch
wieder vereinzelt blaue Körner auf, das Resultat war jedoch als unbestimmt zu bezeichnen.
Den Schluß bildete die Untersuchung der mir zur Verfügung stehenden Eumyceten
oder Fadenpilze, die nach Strasburger in folgende Unterabteilungen einzureihen sind:
Eumyceten (Fadenpilze).
I. Ascomyceten (Schlauchpilze),
a) Perisporiaceen.
aa) Erisipheen : cc) Saccharomyceten :
1) Oidium lactis. 1) Saccharomyces cerevisiae.
bb) Perisporieen : 2) S. e 1 1 i p s o i d e s.
1) Aspergillus flavus. 3) S. albus.
2) A. fumigatus. 4) S. albicans.
3) Penicillium glaucum. 5) S. farciminosus.
4) Trichophyton tonsurans. 6) Monilia Candida.
5) Achorion Schönleinii.
Alle zur Prüfung gelangten Pilze wurden nach kurzem Wachstum auf Nährböden
zur Untersuchung auf Oxydationswirkungen benutzt. Auch hier wurde der hängende
Tropfen wieder aus Glyzerin hergestellt. Zunächst wurden geprüft die Erysipheen und
Perisporieen :
1. Oidium lactis.
Die Prüfung des Materials ließ deutliche Oxydationswirkungen erkennen. Bei der
Besichtigung im nängenden Glyzerintropfen zeigten sowohl die Mycelfäden als auch die
Sporenketten im Innern zahlreiche blaue Körnchen. Der Ausstrich mit Safraninfärbung
hatte gleiche körnerlose Formen.
2. Aspergillus flavus.
Deutliche Oxydationswirkungen wurden auch nach längerer Zeit nicht ausgelöst.
Bei der mikroskopischen Betrachtung im hängenden Glyzerintropfen wurden in einigen
Krämer, Oxydations- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc. 403
Mycelfäden vereinzelte blaue Körner gesehen, der Befund ist jedoch trotzdem als un-
bestimmt zu bezeichnen.
3. Aspergillus fumigatus.
Die Prüfung dieses für Vögel pathogenen Pilzes führte ebenfalls zu einem un-
bestimmten Ergebnis, da ähnliche Resultate wie beim A. flavus erzielt wurden.
4. Penicillium glaucum.
Oxydationswirkungen konnten mit Sicherheit nicht festgestellt werden. In den
Mycelien waren bei mikroskopischer Untersuchung einige blaue Körner zu beobachten,
das Ergebnis konnte aber nur als unbestimmt bezeichnet werden.
5. Trichophyton tonsurans.
Die Prüfungskultur des Herpeserregers zeigte gute Oxydationswirkungen. Das
Bild des hängenden NaCl-Tropfens ließ wenige tädige, teils gegliederte Mycelien und
sehr zahlreiche ovale oder runde, glänzende Sporen und Sporenketten erkennen, die im
Innern blaue Körnchen besaßen. Der Safraninausstrich enthielt gleiche Formen.
6. Achorion Schönleinii.
Das Material vom Favus ließ deutliche Oxydationswirkungeo erkennen. Im
hängenden NaCl-Tropfen waren gebogene, verzweigte und unverzweigte Fäden zu be-
obachten, die zahlreiche blaue Körnchen im Innern aufwiesen. Der nach Gram ge-
färbte Ausstrich hatte gleiche Formen, zeigte aber bei gleichmäßiger Färbung des Aus-
strichmaterials die vorher beobachteten blauen Körnchen nicht mehr.
Sodann folgte die Prüfung der Saccharomyceten, die ebenfalls auf Agar gezüchtet
waren.
1. Saccharomyces cerevisiae.
Vom aufgetragenen Material wurden deutlich Oxydationswirkungen hervorgerufen.
Im hängenden NaCl-Tropfen zeigten sich ovale, runde, kernlose Zellen, die im Innern
ein bis viele blaue Körnchen von verschiedenster Größe aufwiesen. Manchmal war fast
die ganze Zelle durch ein großes blaues Korn eingenommen. Im Safraninausstrich
waren unter gleichmäßiger Färbung der Zellen die Kornchen nicht mehr sichtbar.
2. Saccharomyces ellipsoides.
Oxydationswirkungen waren deutlich erkennbar. Die mikroskopische Untersuchung
zeigte äimliche Bilder wie bei der Bierhefe.
3. Saccharomyces albus.
Das Prüfungsergebnis auf Oxydationswirkungen war ebenfalls positiv. Der mikro-
skopische Befund glich dem der beiden vorstehenden Bier- und Weinhefen.
4. Saccharomyces albicans.
Dieser pathogene Soorpilz wies gleichfalls starke Oxydationswirkungen auf. Die
mikroskopischen Bilder waren denen der drei vorgenannten Hefen sehr ähnlich.
5. Saccharomyces farciminosue.
Dieser zu den Hefen gehörige Erreger des Pseudorotzes beim Pferd und Rind
zeigte bei der Prüfung lebhafte Oxydationswirkungen. Das Ergebnis der mikroskopi-
schen Untersuchung war dem der Bierhefe ebenfalls ähnlich.
6. Monilia Candida.
Durch die Prüfung wurden deutliche Oxydationswirkungen festgestellt. Im hängen-
den Tropfen zeigten sich die verschiedensten Formen runder bis länglicher Zellen, die
im Innern mit vielen blauen Körnern angefüllt waren. Im Safraninausstrich wurde die
Körnelung nicht mehr beobachtet.
Als Anhang zu den vorstehend beschriebenen Untersuchungen wurde noch die
Prüfung einiger Protozoen, die mir zu Gebote standen, auf Oxydationswirkungen aus-
geführt. Die im nachstehenden aufgestellte Einteilung dieser untersuchten Protozoen
ist nach Hertwig erfolgt. Die Prüfung ist bei allen Organismen negativ ausgefallen;
blaugefärbte Körnchen wurden bei keinem Individuum festgestellt. Auch habe ich bei
den Protozoen die von Dietrich und Liebermeister abgegebene Untersuchungs-
methode, die zu prüfenden Organismen mit den Reaktionsflüssigkeiten direkt in Ver-
bindung zu bringen, benutzt, aber mit einem gleichen negativen Resultat. Die Prüfung
erstreckte sich auf nachstehende Individuen :
Protozoa (Urtiere).
I. Klasse: Rhizopoda. III. Klasse: Sporozoa.
a) Amoebinea a) Coccidiaria
1) Amoeba proteus 1) Coccidium cuniculi
II. Klasse: Flagellata. 2) C. oviforme
a)Autoflagellata b)Haemosporidia
1) Euglena viridis 1) Piroplasma bigeminum
2) Trypanosoma equiperdum c) Sarcospor idia
3) Spirochaete gallinarum 1) Mieschersche Schläuche
26*
404
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5,
IV. Klasse: Ciliata,
a) Heterotricha
1) Balantidium coli
b) Peritricha
1) Diplodinium magii Fior
2) D. caudatum
3) EntodiDium dentatum
4) Isotricha prostoma
5) Dasytricha ruminantium
6) ßütschlia parva
Am Schlüsse dieses Prüfungsabschnittes möchte ich noch eine kurze Beschreibung
der bei den Oxydationswirkungen auftretenden blauen Körnchen anfügen. Diese wiesen
verschiedene Größenverhältnisse auf, indem manche fast die ganze Breite eines Stäbchens
ausfüllten, während andere wieder an Umfang bedeutend kleiner erschienen. Die großen
Körnchen hatten meist eine rundliche, kugelige Gestalt und waren in den Stäbchen
axial gelegen. Die kleineren Körnchen dagegen waren regellos über die Stäbchen ver-
teilt, bald wandständig, bald mittelständig gelegen. Die großen Körnchen waren oft in
solcher Zahl vorhanden, daß sie in längeren Fäden perlschnurartige Ketten bildeten,
80 daß man bei flüchtiger Beobachtung glauben könnte, Streptokokken vor sich zu
haben. Ferner konnte ich noch beobachten, daß die Körnchenbildung besonders stark
in kurzen, einzelnen Organismen hervortrat, während im gleichen Präparate längere
Fäden verhältnismäßig wenige Körnchen aufzuweisen hatten. Endlich habe ich auch
beobachtet, daß in älteren Kulturen die Körner größer werden.
Die Tabelle p. 405 u. 406 enthält die Ergebniszusammenstellung aller im vorstehenden
geprüften Mikroorganismen. Sie ist von mir am Ende dieses Untersuchungsabschnittes
aufgestellt worden, um eine gute und genaue Uebersicht über die festgelegten Resultate
zu ermöglichen.
Bei Durchsicht der Tabelle 1 fällt auf, daß die Kokken, anaeroben Bakterien und
Protozoen ausnahmslos negativ reagieren. Bei den aeroben Bakterien dagegen bemerkt
man große und kleine Unterschiede, selbst zwischen sehr nahestehenden. Es besteht
hier keine Gemeinsamkeit oder Gesetzmäßigkeit, wie die Betrachtung von B a c t. typhi
und Bact. paratyphi sowie Spir. rubrum und Spir. undula lehrt. Auch beim
Vergleich der übrigen biologischen Eigenschaften läßt sich keine besondere Gruppierung
herstellen, so daß man vielleicht sagen könnte, die Eigenschaft der Oxydation besäßen
nur bewegliche oder gasbildende Bakterien. Die Verhältnisse der Anaerobier verdienen
noch dadurch besonders erwähnt zu werden, daß nicht nur die normal anaerob wachsen-
den Bakterien negativ reagieren, sondern daß auch andere, künstlich anaerob gezüchtete
Formen, die bei aerobem Wachstum kräftig oxydieren, bei dieser aufgezwungenen Form
des Wachstums die Oxydationsfähigkeit vollständig einbüßen. Zwischen dem Bact.
typhi und Bact. paratyphi sowie zwischen dem Vibrio cholerae und Vibrio
Proteus könnte das abweichende Reaktionsergebnis vielleicht differentialdiagnostisch
verwendet werden, doch müßten zuvor noch Untersuchungen darüber angestellt werden,
ob bei allen Stämmen das gleiche Verhalten in die Erscheinung tritt.
Im folgenden Abschnitte sind Untersuchungen angestellt worden, ob durch die
Blaufärbung der Kultur resp. infolge des Auftretens der blauen Körnchen in den
Mikroben Beeinflussungen irgendwelcher Art stattgefunden haben.
Zu diesem Zweck habe ich an erster Stelle Versuche darüber angestellt, ob blau-
gefärbte Mikroorganismen bei Uebertragung auf frische Nährböden die Fähigkeit zu
weiterem Wachstum noch besaßen, oder ob sie dieselbe eingebüßt hatten. Hierbei stellte
ich fest, daß diese Fähigkeit bei keinem der geprüften Stämme verloren gegangen war,
wie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich ist. Untersucht wurden :
Stamm
Prüfung auf Oxydations-
Prüfung auf frischem Nähr-
wirkungen zeigte:
boden zeigte nach 2 Tagen:
Bact. pyocyaneum
intensive
Blaufärbung
deutUches Wachstum
B. fluof. liquef.
,,
1) M
B. syncyaneum
,,
Bacillus anthracis
,,
B. subtilis
,,
B. megatherium
i>
Vibrio cholerae
Spirill. undula
,,
Corj-neb. mallei
,,
Oidium lactis
„
Sacchar. cerevisiae
„
S. albus
„
»
Kram er, Oxydations- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc. 405
Tabelle 1.
Ergebn iszusam men Stellung.
Stamm
Nähr-
boden
Kultur-
alter
Ergebnis über
Oxydationswirkungen
Aussehen im
hängenden
Tropfen
Stärke
Strept. pyogenes
Agar
24 Std.
negativ
ungefärbt
Str. equi
S-Agar
dgl.
—
,,
»
Str. agalactiae
T-Agar
„
—
,,
>)
Str. lanceolatus
Agar
!!
—
V
))
Str. acidi lactici
)>
—
)i
Sarc. tetragena
Agar
24 Std.
—
negativ
ungefärbt
S. lutea
.,
dgl.
—
j)
,,
S. flava
,,
)i
—
))
1)
S. aurantiaca
>>
))
—
))
I!
S. rosea
„
—
„
»)
Micr. ascoformans
Agar
24 Std.
—
negativ
ungefärbt
M. pyog. a aureus
;>
dgl.
—
)?
))
M. mast. gangr. ovis
»
jj
—
j>
i>
M. pyog. ß citreus
))
—
1)
))
M. pyog. Y albus
')
—
')
)j
M. roseus
„
„
—
))
'!
Bact. influenzae
B-Agar
24 Std.
—
negativ
ungefärbt
gäörnt
unoestimmt
B. suicidum
G-Agar
dgl.
+ + +
positiv
unbestimmt
B. multocidum
j)
)j
—
B. a V i c i d u m
))
))
+ +
positiv
gekörnt
B. p s e u d 0 1 u b. r o d.
Agar
jj
+
))
j,
B. pneumoniae
)i
!>
—
negativ
ungefärbt
B. typhi
))
>;
+
positiv
gekörnt
B. dysenteriae I
))
„
—
negativ
ungefärbt
B. dysenteriae II
)j
'j
—
>)
j,
B. enteri tidis
J9
—
7J
j,
B. cholerae suum
>)
>)
+
positiv
gekörnt
B. typhi murium
„
>)
+
)>
„
B. Paratyphi A
>i
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—
negativ
ungefärbt
B. Paratyphi B
,,
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—
v
))
B. coli
j)
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+ +
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gekörnt
B. vitulinum
,,
„
—
negativ
ungefärbt
B. aceti Hansen
T-Agar
)7
+ +
positiv
gekörnt
B. prodigiosus
Agar
>)
+ + +
„
,,
B. violaceum
,,
„
—
negativ
ungefärbt
B. pyocyaneum
„
t)
+ 4- +
positiv
gekörnt
B. fluor. liquef.
))
>■>
+ + +
))
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B. fluor. non liquef.
)>
)'
+ + +
j>
))
B. syncyaneum
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+ + +
j)
,,
ß. vulgare
))
„
—
negativ
ungefärbt
B. murisepticum
,,
,,
+
positiv
gekörnt
B. erysipelatos suum
,.
,,
+
„
))
Bacill. anthracis
Agar
24 Std.
+ + +
positiv
gekörnt
B. mycoides
)>
dgl.
+ + +
u
))
B. subtilis
')
)>
+ + +
J)
>>
B. megatherium
,,
•)
+ + +
)}
B. vulgatus
,,
))
+ + +
))
B. mesentericus
,,
,,
+ +
,J
j,
B. tetani
T-Agar
8 Tage
negativ
ungefärbt
B. botulinus
,,
dgl.
—
,,
j)
B. oedem. maligni
j.
—
^j
B. Chauvoei
B. der Bradsot
„
,,
—
„
„
Vibrio cholerae
Agar
24 Std.
+ + +
positiv
gekörnt
V. Metschnikovii
,,
dgl.
+ + +
,,
j,
V. Proteus
j)
»
—
negativ
ungefärbt
406
Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Stamm
Nähr-
boden
Kultur-
alter
Ergebnis über
Oxydationswirkungen
Stärke
Aussehen im
hängenden
Tropfen
Spiril. rubrum
Sp. undula
Agar
6 Tage
24 Std.
+ +
negativ
positiv
ungefärbt
gekörnt
Bact. pneumoniae
B. vulgare
Bacill. anthracis
Spirill. rubrum
Agar
48 Std.
dgl.
°T'1anaerob'{ S^"
{suSls;.^^-b
.}aei
färbt
1 unbe-
\ stimmt
Coryn. malle i
C. diphtheriae
C. der Pyelonephr.
C. pseudotub. ovis
C. necrophorum
G-Agar
S-Agar
Agar
S-Agar
48 Std.
dgl.
6 Tage
+ + +
+ +
+ +
positiv
)l
unbestimmt
positiv
negativ
gekörnt
11
unbestimmt
gekörnt
ungefärbt
Mycobac. tub. hom.
M. tub. bov.
M. tub. ffallin.
G-Aarar
10 Tage I + +
dgl. I +-
+ +
positiv
gekörnt
Actinomyces bovis
Actinobacillus Lig.
Mucor mucedo
Empusa Muscae
Agar
10 Tage
24 Std.
+ +
+ +
positiv
gekörnt
Agar
24 Std.
24 Std.
unbestimmt
unbestimmt
Oidium lactis
Aspergillus flavus
A. fumigatus
Penicill. glaucum
Trichophyton tonsur.
Achorion Schönl.
Agar
24 Std.
dgl.
+ + f positiv
— I unbestimmt
-f-|- positiv
+ + I
gekörnt
unbestimmt
gekörnt
Sacchar. cerevisiae
S. ellipsoides
S. albus
S. albicans
S. f arcim inosus
Monilia Candida
Agar
8 Std.
dgl.
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ +
positiv
gekörnt
negativ
ungefärbt
Amoeba Proteus
Euglena viridis
Try panosoma equiperdum
Spirochaete gallinarum
Coccidium cuniculi
C.oviforme
Piroplasma bigeminum
Mi escher scher Schläuche
ßalantidium coli
Diplodinium magii Fior
D, caudatum
Entodiniumdentatum
Isotricha prostoma
Dasytricha ruminantium ,
Bütschlia parva , „ „
Anmerkung: B-, G-, S-, T-Agar = Blut-, Glyzerin-, Serum-, Traubenzucker- Agar.
Reaktionsstärke: + + + intensiv, ++ gut, -f schwach.
Eine Beeinflussung der Weiterzüchtbarkeit der Organismen auf frischen Nährböden
findet demnach durch das Auftreten der blauen Körnchen in denselben nicht statt.
Eine weitere Prüfung wurde angestellt, ob die Beweglichkeit der Organismen durch
die Blaufärbung beeinträchtigt wurde. Diese Untersuchung wurde in folgender Weise vor-
genoranien. Nach Aufschwemmung einer kleinen Menge der blau gefärbten Kulturmasse
in physiologischer Kochsalzlösung wurde hiervon ein ergiebiger hängender Tropfen ange-
fertigt und während mehrerer Tage die Beweglichkeit der mit blauen Körnern angefüllten
Mikroben beobachtet. Die Resultate sind in der nachstehenden Tabelle festgelegt worden.
Kram er, Oxydations- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc.
407
Beobachtung der Beweglichkeit an 5 Tagen
Stamm
1. Tag 2. Tag
3. Tag
4. Tag
5. Tag
Bact. pyocyaneum
B. fluor. liquef.
B. syncyaneum
Bacillus subtilis
Vibrio cholerae
Spirill. undula
lebhaft
lebhaft
lebhaft
lebhaft
langsam
lebhaft
lebhaft
langsam
Hieraus läßt sich mit Sicherheit folgern, daß auch die weitere Beweglichkeit durch
die Blaufärbung resp. Körnchenbildung nicht geschädigt wird. Wir haben demnach die
Möglichkeit, mit der Schultz eschen Methode eine vorzügliche Vitalfärbung hervor-
zurufen.
Endlich wurden noch Impfversuche über eine eventuelle Beeinflussung der Virulenz
blau gefärbter Organismen angestellt. Zu diesem Zwecke wurden möglichst virulente
und die Blaufärbung sehr intensiv gebende Mikroben ausgewählt, und zwar: Bacillus
anthracis, Vibrio cholerae und Corynebacterium malle i.
Der Milzbrand versuch fand in folgender Weise statt: Von einer 24-stündigen,
üppigen Agarstrichkultur wurde eine genügende Menge auf den zum Hervorrufen von
Oxydationswirkungen geeigneten, anfangs beschriebenen Nährboden aufgetragen, wobei
sich die Kulturmasse in ganz kurzer Zeit intensiv blau färbte. Von dieser gefärbten
Menge wurde sodann ^/j Üese an eine weiße Maus oberhalb der Schwanzwurzel auf dem
Rücken subkutan verimpft. Gleichzeitig wurde eine Kon trollmaus mit V.^ Oese Kultur-
menge von dem 24-stündigen. ungefärbten Agarprüfungsausstrich geimpft. Die mit dem
fefärbten Material geimpfte Maus verendete nach 26 Stunden, die Kontrollmaus nach
0 Stunden. Bei beiden Tieren wurde als Todesursache Milzbrand festgestellt.
Ein ähnlicher Versuch wurde mit Rotzmaterial vorgenommen. Nach durch Auf-
tragung auf den Oxydationsnährboden hervorgerufener Blaufärbung wurden einem Meer-
schweinchen von diesen blauen Massen 2 Oesen an der Bauchwand subkutan auf den
Bauchmuskel aufgetragen. In gleicher Weise wurden einem anderen Meerschweinchen
zur Kontrolle 2 Oesen ungefärbten Materials von der Prüfungskultur an derselben Stelle
subkutan verimpft. Durch die am 9. Tage nach der Impfung vorgenommene Tötung
beider Meerschweinchen wurde festgestellt, daß bei beiden gleichmäßig sich an der
Impfstelle ein Geschwür gebildet hatte, daß ferner in der Umgebung der Impfstelle die
subkutanen Lymphdrüsen knotig geschwollen waren, und daß in verschiedenen derselben
sich kleine käsige Abszesse gebildet hatten. Die mikroskopische Untersuchung bestätigte
den makroskopischen Befund, daß es sich um eine Infektion mit virulentem Rotz
handelte.
Ein dritter Versuch wurde endlich noch mit Choleramaterial gemacht. Die Ver-
suchsanordnung erfolgte in der von Lehmann vorgeschlagenen Form. Nach vorauf-
gegangener Verabreichung von 5 ccm 5-proz. Sodalösung per os an ein Meerschweinchen
■wurden nach einiger Zeit demselben 10 ccm einer Aufschwemmung von 5 Oesen auf dem
Oxydationsnährboden blau gefärbter Cholerakulturmasse in Bouillon ebenfalls per os
beigebracht. Das Tier erhielt gleichfalls pro 200 g Körpergewicht 1 ccm Tinctura opü
ZMT Aufhebung der Darmbewegungen intraperitoneal injiziert. In derselben Weise wurde
mit ungefärbtem Choleramaterial ein Kontrollmeerschweinchen behandelt. Das erste
Meerschweinchen verendete nach 35 Stunden und das KontroUnieersch weinchen nach
38 Stunden. Im Darminhalt wurden mikroskopisch massenhaft Choleravibrionen fest-
gestellt.
Durch diese Impfungsversuche wurde der Beweis erbracht, daß auch die Virulenz
durch das Auftreten der blauen Körnchen in den Mikroben nicht verändert wird.
Ferner sind Untersuchungen angestellt worden, um festzustellen, ob etwa durch
eine geeignete Vorbehandlung der Mikroorganismen eine Schädigung des reagierenden
Stoffes herbeigeführt werden kann, so daß bei den vorbehandelten Mikroben bei der
Prüfuug auf dem Oxydationsnährboden die Blaufärbung des aufgetragenen Materials
resp. das Auftreten der blauen Körnchen hinsichtlich der Zeit langsamer erfolgt oder
gar gänzlich unterbleibt. Zu den in dieser Absicht vorzunehmenden Versuchen wählte
ich Mikroben aus der Gruppe der Bakteriaceen, die bei der ursprünglichen Prüfung auf
Oxydationswirkungen die Reaktion augenblicklich und sehr intensiv hatten erkennen
lassen, nämlich:
Bacterium pyocyaneum, B. fluorescens liquef aciens, B. syncya-
neum, Bacillus subtilis, B. megatherium, B. vulgatus.
Die einzelnen Versuche der ersten Vorbehandlungsart wurden in folgender Weise
vorbereitet: Von einer älteren Kultur wurden frische Agarausstriche in Pe tri -Schalen
408
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
angefertigt und 24 Stunden bei 37" C im Brutschrank gezüchtet. Sodann wurden die
Kulturen bei Zimmertemperatur weiter behandelt, indem die P e t r i - Schalen umgedreht
wurden, so daß die Kultur nach oben zu liegen kam mit der Ausstrichseite nach unten.
In den nunmehr unten liegenden Deckel der Pe tri- Schale wurden darauf 2 ccm der
Flüssigkeit gebracht, durch die eine eventuelle Schädigung des reagierenden Stoffes
hervorgerufen werden sollte. Dann wurde der die Kultur tragende Boden der Petri-
schale wieder in den Deckel hineingestülpt, so daß die von der üntersuchungsflüssigkeit
sich bildenden Dämpfe gegen die Kulturausstrichfläche emporstiegen. In dieser Lage
wurden die Schalen weitere 24 Stunden bei Zimmertemperatur gehalten und die Kulturen,
die von den Flüssigkeiten nicht benetzt worden waren, dann nach Ablauf dieser Zeit
auf dem Oxydationsagar zur Feststellung einer eventuellen Beeinflussung des Eintretens
der Blaufärbung geprüft. Von dem geprüften Material wurde weiter eine Aufschwemmung
in physiologischer Kochsalzlösung hergestellt und hiervon ein hängender Tropfen zur
mikroskopischen Untersuchung auf blaue Kömchen in den Mikroben und auf Beweglich-
keit der Organismen angefertigt. Zur Untersuchung einer eventuellen Schädigung des
reagierenden Stoffes wurde außer der Einwirkung von Chemikalien auch noch versucht,
durch Einwirkung höherer Hitzegrade eine Beeinflussung zu erzielen, und zwar in
folgender Weise: Eine 24-stündige Agarstrichkultur wurde weitere 24 Stunden in einem
Paraffinschrank einer Temperatureinwirkung von ca. 60° C ausgesetzt, und danach auf
Oxydationswirkungen geprüft. Die einzelnen Versuche wurden in folgender Reihenfolge
vorgenommen, wobei in den Tabellen bedeutet:
I^Bacterium pyocyaneum; II = B. fluorescens liquef aciens; 111 =
B. syncyaneum; IV = Bacillus subtilis; V = B. megatherium; VI = B.vul-
gatus.
1) Die 24-stündige Einwirkung von Chloroform führte zu einer Schädigung des
reagierenden Stoffes, indem das Auftreten der Oxydationswirkung erst längere Zeit nach
der Auftragung auf den Oxydationsnährboden festgestellt werden konnte. Auch bei der
mikroskopischen Besichtigung im hängenden Tropfen zeigte sich, daß die vorher lebhafte
Bewegung der Mikroben erheblich verlangsamt war. Bei den einzelnen Organismen war
das Ergebnis, wie folgt:
1. Vorbehandlung mit Chloroform.
Stamm
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
Reaktionseintrilt
mit Chloroform-
Bild im
hängenden
BewegUchkeit der
Mikroben
lung nach
behandlung nach
Tropfen
I
2 Minuten
25 Minuten
gekörnt
langsam
II
3
30 „
jj
III
2 „
30
j,
IV
1 Minute
25
mäßig lebhaft
sehr langsam
V
5 Minuten
40
VI
4 „
40
,.
2) Nach einer 24-stündigen Einwirkung von Chloralhydrat wurden ähnliche Be-
obachtungen gemacht. Das Ergebnis war folgendes :
2. Vorbehandlung mit Chloralhydrat.
Stamm
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
lung nach
Reaktionseintritt
bei Chloralhydrat -
Vorbehandlung nach
Bild im
hängenden
Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
III
IV
V
VI
2 Minuten
3 „
2 „
1 Minute
5 Minuten
4
23 Minuten
28 „
29
22
36
35
gekörnt
langsam
wenig lebhaft
sehr langsam
3) Nach einer 24-6tündigen Einwirkung von Alkohol war die Verzögerung des
Oxydationseintrittes etwas geringer als beim Chloroform. Folgendes Resultat wurde
festgestellt:
Krämer, Oxydations- und Reduktionawirkungen der Bakterien etc. 409
3. Vorbehandlung mit Alkohol (96-proz.).
Stamm
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
lung nach
i Reaktionseintritt
bei Alkohol-
j Vorbehandlung nach
Bild im
hängenden
Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
III
IV
V
VI
2 Minuten
3 „
2
1 Minute
5 Minuten
4 .
21 Minuten
23 „
25
16
, 34 „
32
gekörnt
wenig lebhaft
)■> j>
"lebhaft
langsam
4) Nach 24-stündiger Einwirkung von Aether trat die Reaktion ähnUch wie beim
Alkohol ein. Das Ergebnis war:
4. Vorbehandlung mit Aether.
I Reaktionseintritt Reaktionseintritt
Stamm ohne Vorbehand- bei Aether- j
lung nach Vorbehandlung nach
Büd im
hängenden
Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
III
IV
V
VI
2 Minuten
3
2
1 Minute
5 Minuten
4
22 Minuten
21
20
15
30
33
gekörnt
wenig lebhaft
langsam
5) Nach einer 24-8tündigen Einwirkung von Toluol war die Verzögerung weniger
groß. Als Ergebnis erhielt ich:
5. Vorbehandlung mit Toluol.
Stamm
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
lung nach
Reaktionseintritt
bei Toluol-
vorbehandlung nach
Büd im
hängenden
Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
III
IV
V
VI
2 Minuten
3
2 „
1 Minute
5 Minuten
4 „
13 Minuten
15 „
15
12 „
23 „
20 „
gekörnt
mäßig lebhaft
etwas lebhafter
wenig lebhaft
6) Nach 24-stündiger Einwirkung von Benzin trat die Reaktion ähnlich wie beim
Toluol ein. Das Resultat war:
6. Vorbehandlung mit Benzin.
Stanmi
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
Reaktionseintritt
bei Benzin -
Bild im
hängenden
Beweglichkeit der
Mikroben
lung nach
Vorbehandlung nach
Tropfen
I
2 Minuten
12 Minuten
gekörnt
mäßig lebhaft
II
3
16
>' »
ni
2 „
11
etwas lebhafter
IV
1 Minute
10
V
5 Minuten
21
wenig lebhaft
VI
4 „
18 „
)j ))
7) Nach einer 24-8tündigen Einwirkung von Ammoniak war die Verzögerung nur
gering. Das Ergebnis war folgendes:
410
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
7. Vorbehandlung mit Ammoniak.
Stamm
ßeaktionseintritt
ohne Vorbehand-
lung nach
j Reaktionseintritt
' bei Ammoniak-
Torbehandlung nach
Bild im
hängenden
Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
III
IV
V
VI
2 Minuten
3 „
2 „
1 Minute
5 Mmuten
4
6 Minuten
7 „
7
5 „
11 „
10
gekörnt
etwas lebhafter
)> »>
lebhaft
sehr lebhaft
wenig lebhaft
8) Nach 24-stündiger Einwirkung von Formalin trat eine Verzögerung fast gar
nicht auf, wie das Ergebnis zeigt:
8. Vor
behandlung mit Formalin.
Stamm
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
lung nach
Reaktionseintritt
bei Formalin-
vorbehandlung nach
Bild im
hängenden
Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
UI
IV
V
VI
2 Minuten
3 „
2
1 Minute
5 Minuten
4
3 Minuten
4
4
2
7
5
gekörnt
unbeweglich
D
n
n
V
V
9) Nach 24-stündiger Einwirkung von konzentrierter Salzsäure traten keine Oxy-
dationswirkungen mehr ein. Das mikroskopische Bild des hängenden Tropfens zeigte
die Mikroben in ihren Körperformen zwar erhalten, sie waren aber völlig bewegungslos
und ohne Kömchen im Innern. Das Ergebnis war:
9. Vorbehandlung mit konzentrierter Salzsäure.
Reaktionseintritt
Reaktion sein tritt
BiJd im
Beweglichkeit der
Mikroben
Stamm
ohne Vorbehand-
bei Salzsäure-
hängenden
lung nach
vorbehandlung nach
Tropfen
I
2 Minuten
fehlt
ungefärbt
unbeweglich
II
3
III
2
IV
1 Minute
V
5 Minuten
VI
4
V
it
V
10) Nach einer 24-stündigen Einwirkung einer Temperatur von ca. 60° C wurden
die Oxydationswirkungen ebenfalls vermißt. Das mikroskopische Bild war dem nach
der Salzsäureeinwirkung gleich. Als Resultat wurde festgestellt, daß die Mikrobenleiber
erhalten, aber vollständig bewegungslos und ohne blaue Körnchen waren. Das ge-
fundene Ergebnis war:
10. Vorbehandlung durch Hitze von 60" C.
Stamm
Reaktionseintritt
ohne Vorbehand-
lung nach
Reaktionseintritt Bild im
! bei 60" C Hitze- hängenden
I Vorbehandlung nach Tropfen
Beweglichkeit der
Mikroben
I
II
III
IV
V
VI
Minuten
Minute
Minuten
fehlt
ungefärbt
im beweglich
Krämer, Oxydations- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc.
411
Aus den vorstehenden Prüfungsergebnissen folgt, daß durch verschiedene Chemi-
kalien und durch höhere Hitzegrade eine Schädigung des reagierenden Stoffes zweifellos
hervorgerufen wird.
Eine zweite Vorbehandlungsart der Organismen zur eventuellen Schädigung des
reagierenden Stoffes wurde in der Weise versucht, daß die zu prüfenden Mikroben
24 Stunden auf verschiedenen Nährböden gezüchtet und dann zur Feststellung des
Eintritts der Oxydationswirkungen auf den Prüfungsnährboden aufgetragen wurden.
Als Nährböden dienten Kartoffel, Bouillon, Gelatine, Agar, Glyzerin-, Serum-, Trauben-
zuckcragar. Es wurden zu dieser Prüfung die gleichen Mikroben, wie bei der Vor-
behandlung mit Chemikalien benutzt. Die folgende Tabelle enthält die Zeitangaben des
Eintritts der Blaufärbung in Minuten.
Eintritt der Oxydationswirkungen nach Züchtung auf
Stamm
Kartoffel
Bouillon
Gelatine
Agar
Glyzerin
Serumagar
Trauben-
zuckeragar
1
II
III
IV
V
VI
2 Minuten
4 „
2
1 Minute
6 Minuten
4
4 Minuten
5 „
ö
2 „
7
7
2 Minuten
3
3
2
5
6
2 Minuten
3
2 „
1 Minute
5 Minuten
4
3 Minuten
4
2
2
5
5
2 Minuten
5
4
1 Minute
6 Minuten
7
3 Minuten
5
4
2
5
6 „
Aus diesen Resultaten ist zu folgern, daß ein Züchten der Mikroben auf ver-
schiedenen Nährböden eine Schädigung des reagierenden Stoffes nicht herbeiführt, da
der Eintritt der Reaktionswirkungen, abgesehen von wenigen Minuten Unterschied,
sehr bald nach dem Aufbringen der Kulturmengen auf den Prüfungsnährboden erfolgt.
In dem nun folgenden letzten Abschnitt über Oxydationswirkungen sind Unter-
suchungen an Mikroben, die infolge einer Vorbehandlung nach Schädigung des reagie-
renden Stoffes die Blaufärbung resp. das Auftreten der blauen Körnchen nicht mehr
erkennen ließen, angestellt worden, um einmal über die weitere Wachstumsfähigkeit der
Organismen auf frischen Nährböden, sodann über die pathogenen Eigenschaften der-
selben durch Verimpfung an Versuchstiere Aufschluß zu erhalten. Zu diesen Unter-
suchungen wurden Bacillus anthracis und Corynebacterium mallei heran-
fezogen. Die Vorbehandlung wurde nach 24-stündigem Wachstum durch eine weitere
4-stündige Einwirkung von konzentrierter Salzsäure in der bei der Schilderung der
Einwirkungsversuche von Chemikalien angegebenen Weise ausgeführt. Bei einer Prüfung
auf Oxydationswirkungen konnten diese nicht mehr festgestellt werden. Bei der Unter-
suchung im hängenden Tropfen waren die Leiber der Mikroben noch gut erhalten.
Zur Feststellung einer eventuellen Weiterzüchtbarkeit wurden nun von dem vor-
behandelten und die Blaufärbung nicht mehr gebenden Material beider Mikroben auf
frischem Agar Ausstriche angefertigt und 3 Tage bei 37 " C im Brutschrank beobachtet.
Hierbei wurde festgestellt:
Stamm
Wachstum der beiden Mikroben nach
1 Tage
2 Tagen
3 Tagen
4 Tagen
Bac. anthracis
Coryn. mallei
nicht vorhanden!}, nicht vorhanden > nicht vorhanden} phiTu^trockn^'n'
Die Virulenz der die Blaufärbung nicht mehr gebenden Mikroben wurde in folgender
Weise einer Prüfung unterzogen : Von einer mit Salzsäure vorbehandelten Milzbrand-
kultur erhielt eine weiße Maus ^/^ Oese Material auf dem Rücken oberhalb der Schwanz-
wurzel subkutan verimpft. Es bildete sich am 3. Tage ein kleiner Abszeß; die Maus
zeigte jedoch keine weiteren Krankheitserscheinungen und blieb am Leben. Bevor die
Einwirkung der Salzsäure auf die 24-8tündige frische Milzbrandkultur erfolgte, wurde
an eine weiße Kontrollmaus, um die Virulenz der Kultur zu prüfen, Vo Oese frisches
Material in der gleichen vorstehenden Weise verimpft. Diese Kontrollmaus verendete
nach 18 Stunden. Durch die mikroskopische Untersuchung wurde bei der Sektion
Milzbrand festgestellt.
In ähnlicher Weise wurden einem Meerschweinchen 2 Oesen Kultur von 24 Stunden
mit Salzsäure vorbehandeltem Rotzmaterial an der Bauchwand subkutan auf den Bauch-
muskel aufgetragen. Vor der Salzsäureeinwirkung waren am vorhergehenden Tage einem
Kontrollmeerschweinchen von dem frischen Rotzmaterial ebenfalls 2 Oesen Kultur in
f leicher Form und an gleicher Stelle verimpft worden. Nach 8 Tagen wurde nach
ötung und Sektion beider Versuchstiere bei dem Kontrollmeerschweinchen mikroskopisch
412 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Rotz festgestellt, bei dem anderen Tier dagegen konnte weder makroskopisch noch
mikroskopisch Rotz diagnostisch nachgewiesen werden, so daß hieraus zu folgern ist,
daß die Virulenz durch die Vorbehandlung mit Salzsäure durch Absterben der Mi-
kroben aufgehoben worden ist.
Durch diese letzten Versuche wird der Beweis erbracht, daß durch eine 24-stÜDdige
Vorbehandlung mit Salzsäure die Reaktionsfähigkeit des wirksamen Stoffes völlig auf-
gehoben wird. Ferner folgt hieraus, daß die betreffenden Mikroben durch die Vor-
behandlung abgetötet werden, da sie erstens auf frischen Nährböden keine neuen Lebens-
erscheinungen mehr zeigen und zweitens bei Impfversuchen keine Virulenz mehr
besitzen.
Hinsichtlich der Vorbehandlung mit Formol ist endlich noch festzustellen, daß
durch die 24-stündige Einwirkung die Mikroben zwar abgestorben sind, eine Schädigung
des reagierenden Stoffes jedoch nicht eingetreten ist. Hieraus folgt, daß durch gewisse
Chemikalien sowohl die Mikroben als auch der reagierende Stoff schädlich beeinflußt
werden, während andere Chemikalien den reagierenden Stoff unverändert lassen und
nur die Mikroben selbst schwer schädigen.
Im zweiten Hauptteile der vorliegenden Bearbeitung sind Untersuchungen über
Reduktionswirkungen von Mikroorganismen angestellt worden. Auch hier will ich vor
Darlegung der Versuchsergebnisse die zu den Untersuchungen nötigen Lösungen und
die Herstellung des Prüfungsnährbodens nach der S c h u 1 1 z e sehen Methode kurz an-
geben. Als Lösungen kommen in Frage:
1) Paranitrosodimethylanilin (von E. Merck bezogen) in l-proz. wässeriger Lösung.
2) a-Naphthol in l-proz. alkalischer Lösung, wie diese bei der Beschreibung der
zur Prüfung auf Oxydationswirkungen erforderlichen Lösungen aufgeführt ist.
Beide Lösungen werden zu gleichen Teilen miteinander gemischt, wobei auch hier
die Paranitrosodimethylanilinlösung stets der a-Naphthollösung zuzusetzen ist. Der
hierbei auftretende Niederschlag wird durch Filtrieren sorgfältig entfernt. Sodarm wird
1 Teil des klaren, gelblichen Filtrats mit 2 Teilen flüssig gemachten Agars vermischt
und die Mischung zum Erstarren in eine Pe tri -Schale ausgegossen. Der erkaltete
Nährboden, der eine gelbliche Farbe besitzt, ist zur Prüfung auf Reduktionswirkungeu
tauglich. Auch dieser Nährboden ist vor jeder Prüfung durch Auftragung eines Re-
duktionsmittels (Titantrichlorid) auf seine Brauchbarkeit geprüft worden. An der Auf-
tragsstelle entstand sofort eine blaugrüne Färbung. Der Nährboden ist vor jedem Ver-
such frisch zu bereiten, da er ebenfalls nach einiger Zeit etwas nachdunkelt, wenn auch
bei weitem nicht so stark wie der Oxydationsnährboden. Werden nun üppig gewachsene
Kulturen zwecks Prüfung auf Reduktionswirkungen auf den Nährboden aufgetragen,
80 entsteht sofort eine blaugrüne Verfärbung der Kultur.
Auf diesem Nährboden wurden nun sämtliche im ersten Teile der Bearbeitung
auf Oxydationswirkungen geprüften Spaltpilze, Algenpilze, Fadenpilze und Protozoen
auf Reduktionswirkungen geprüft. Hierbei wurde festgestellt, daß im Gegensatz zur
Prüfung auf Oxydationswirkungen, wo verschiedene Mikroben reagierten, andere jedoch
nicht, hier alle Spaltpilze, Algenpilze und Fadenpilze deutliche Reduktionswirkungen
erkennen ließen; nur bei den Protozoen wurden keine bemerkt. Nach jeder Prüfung
wurde der betreffende Organismus auch einer mikroskopischen Besichtigung im hän-
f enden Tropfen nach Aufschwemmung in physiologischer Kochsalzlösung unterzogen,
[ierbei konnte ich folgende Erscheinungen wahrnehmen: Bei den Coccaceen zeigten
sich die einzelnen Kokken gleichmäßig grün gefärbt, außerdem waren aber noch feinste
dunkle Körnchen zu bemerken, die meistens außerhalb der Zellen lagen oder an ihnen
klebten. Bei den Bacteriaceen beobachtete ich nur die gleichmäßige Grünfärbung der
Zellen, dagegen keine Körner inner- oder außerhalb derselben. Bei den Spirillaceen,
Corynebakterien, Mycobakterien und Actinomyceten waren die Resultate gleich denen
der Bacteriaceen. Bei den Algenpilzen und Fadenpilzen traten neben einer gleich-
mäßigen Zellgrünfärbung auch noch blaugrüne Körnchen verschiedenster Größe in den
Zellen auf. Besonders schöne Bilder ergab die Untersuchung der Saccharomyceten.
Hier waren die mikroskopischen Bilder denen bei der Oxydationsprüfung erhalteneu
fast gleich zu nennen. Eine weitere Tatsache stellte ich im Gegensatz zu den Unter-
suchungsergebnissen von Schnitze fest: Die Verfärbung war nämlich oft nicht nur
auf die aufgetragene Kulturmasse beschränkt, sondern drang auch in der nächsten
Umgebung in den Nährboden ein. Feststellungen in dieser Hinsicht konnte ich machen
bei sämtlichen Coccaceen und Saccharomyceten, ferner bei verschiedenen Bacteriaceen :
Bacterium fluorescens liquefaciens, B. paratyphi A und B, sowie bei
Mycobacterium tuberculosis hominis und bovis. Weiter konnte ich be-
obachten, daß im Gegensatz zum vorstehenden Eindringen der Farbe in den Nährboden
eine teilweise Aufhellung desselben in nächster Nähe der aufgetragenen Kulturmasse
eintrat bei Bacterium syncyaneum und B. pyocyaneum. Endlich fand ich
noch, daß bei einer Reihe von Mikroben weder eine Grünfärbung noch eine Aufhellung
des Nährbodens eintrat, sondern daß der Nährboden seine ursprüngliche Farbe behielt,
Kr am er, Oxydations- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc. 413
und daß die Grünfärbung streng auf die KulturmasKe beschränkt war, wie die Unter-
suchung von Bacillus authracis,Bacterium pseudotuberculosis roden-
tium, Actinobacillus Lignieres und Actinomyces bovis ergab. Diese Be-
obachtungen wurden von mir gelegentlich der Prüfungen bei einzelnen Stämmen ge-
macht, sind aber systematisch nicht weiter bei allen Organismen untersucht worden.
In gleicher Weise, wie bei der Prüfung auf üxydationswirkungen, habe ich durch
Untersuchung der Mikroben auf Reduktiouswirkungen nachstehende Ergebnisse fest-
gestellt.
Eine Beeinflussung der Organismen durch die infolge der Reduktionswirkungen
eintretende Grünblaufärbung findet weder hinsichtlich ihrer Weiterzüchtbarkeit auf
frischen Nährböden, noch in ihrer weiteren Beweglichkeit nach vitaler Färbung, oder
hinsichtlich ihrer Virulenz statt. Ein Impfversuch in der üblichen Weise wurde nur
mit Bacillus anthracis angestellt. Die Kontrollmaus verendete hierbei nach
25 Stunden und die Prüfungsmaus nach 27 Stunden. Die Kulturmenge betrug V3 Oese.
Durch eine Vorbehandlung der Organismen mit Chemikalien und hohen Tempera-
turen wird ebenfalls eine Schädigung des reagierenden Stoffes herbeigeführt, da eine
Färbung der vorbehandelten und dann geprüften Kulturmassen nicht mehr eintrat.
Die Züchtung der Mikroben auf verschiedenen Nährböden als Vorbehandlung ergab
keine Schädigung des reagierenden Stoffes.
Das Ergebnis der entsprechenden Untersuchungen erbrachte auch für die Reduk-
tionsprüfungen den Beweis, daß nach einer Vorbehandlung mit Salzsäure die Wachs-
tumsfähigkeit der die Grünblaufärbung nicht mehr gebenden Mikroben zerstört und
gleichfalls die Virulenz aufgehoben wird.
Alle über die vorstehend angeführten Feststellungen vorgenommenen Versuche
wurden in der gleichen Weise und mit denselben Kulturen ausgeführt, wie bei den
entsprechenden Prüfungen auf Oxydations Wirkungen.
Gejjenwärtige Kenntnis Ton Oxydations- und ßedul^tionsTvirliungen
und deren Erklärung.
Bevor ich den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnis von Oxydations-
und Reduktionswirkungen der Bakterien, sowie die Erklärung derselben
einer näheren Betrachtung unterziehe, möchte ich vorher einige Aus-
führungen über die Einrichtung der Bakterienzellen in morphologischer
und funktioneller Beziehung vorausschicken.
Man hat sich schon seit langem und bis heute vergeblich bei mor-
phologischen Untersuchungen bemüht, in der Zelle der Mikroben die
gleichen Bestandteile wie bei den höheren Pflanzenzellen aufzufinden,
nämlich einen Zellkern und Zellplasma nachzuw^eisen. Die Ansichten
der Forscher sind daher zum Teil in sehr verschiedener Richtung ge-
äußert worden. Bei der Unauffindbarkeit eines als Kern sicher anzu-
sprechenden Gebildes nahmen verschiedene Untersucher wie Bütschli,
Zettnow u. a. den nach den gewöhnlichen Färbungsmethoden färbbaren
Bestandteil eines Bakteriums als Kern und denjenigen Teil, der nur
nach besonderen Methoden färberisch darstellbar ist und als Kapsel
oder Hülle bezeichnet wird, als Zellplasma an. Eine andere Forscher-
gruppe, wie Hüppe u. a., betrachteten dagegen die Bakterien in toto
als Zellkerne im Sinne des Kerns höherer Pflanzen, während ein noch
anderer Teil von Untersuchern, wie Rüziöka (68), Ambroz (5) u. a.,
die ganzen Bakterien nur als Analoga von Zellkernen ansprachen. Bei
den oft wiederholten Bemühungen, durch modifizierte Färbungen Kerne
oder kernartige Gebilde in Bakterienzellen zu erkennen, wurden häufig
Beobachtungen gemacht, daß in manchen Zellen körnchenförmige Ge-
bilde auftraten, die die einwirkenden Farbstoff'e intensiver in sich auf-
nahmen, als es von dem übrigen Teil der Zelle geschah. Diese Körnchen-
gebilde wurden anfangs ebenfalls von einigen Untersuchern, wie
Grimme (31), Nakanishi (57), Preisz (61) u. a., als Zellkerne ge-
deutet, indem der übrige Teil des Bakteriums als Zellplasma angesehen
wurde. Heute sind sich die Forscher, sowohl die Botaniker als auch
414 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale, Bd. 62. Heft 5.
die Bakteriologen, iiinsichtlich der Auffassung einig, daß in den Zellen
der Mikroorganismen eine Differenzierung der beiden Hauptbestandteile
der höheren Zellen, nämlich die erkennbare Trennung in Zellplasma und
Zellkern, noch nicht besteht, indem diese Bestandteile sich noch innig
miteinander gemischt befinden. Als wahrscheinlich ist aus der allgemein
bekannten Affinität zu Kernfarbstoffen zu folgern, daß in den Mikroben-
zellen die kernähnlichen Bestandteile in größerer Menge vorhanden sein
müssen, wie die Untersuchungen von Rü2i6ka (67), Swellengrebel
(80) u. a. gezeigt haben. Auf die vorhin erwähnten körnchenförmigen
Bildungen gelegentlich färberischer Versuche an Mikroben richteten
weiterhin eine Reihe Untersucher ihr Augenmerk, um über das Auftreten
der Körnchen und ihre Substanz näheren Aufschluß zu erhalten. Ver-
schiedene Forscher haben nun dahin entschieden, daß es sich bei diesen
Zelleinschlüssen wahrscheinlich um in den Zellen abgelagerte Reserve-
stoffe, wie Fett, Volutin, eiweißähnliche oder lipoide unbekannte Sub-
stanzen handelt. Die zum Beweise dieser Voraussetzungen dienenden
Versuche sind aber nach Ansicht anderer Nachuntersucher in manchen
Punkten doch nicht stichhaltig genug, um volle Beweiskraft zu besitzen.
So haben Dietrich und Liebermeister (16), Vay (81) u. a. nach-
gewiesen, daß es sich betreffs der Zelleinschlüsse nicht um Fett handeln
könne, wie Meyer und Grimme (31), Eisenberg (20), Kruse (44)
u. a. auf Grund von Fettreaktionen annehmen zu dürfen glaubten, ohne
jedoch selbst einen genauen Aufschluß über die Körnchensubstanz zu
bringen. Sie bezeichnen es vielmehr nur als wahrscheinlich, daß beim
Eintreten des Stillstandes im Wachstum eines Mikroorganismus sich die
bis dahin im Zellplasma in gleichmäßiger inniger Mischung befindlichen
Substanzen differenzieren, und daß dann an einigen Stellen der Zelle
sich Konzentrationen bilden, die so vielleicht das Auftreten der Körnchen
erklären ließen. Die Frage, wie weit diese Anschauung der Wirklichkeit
entspricht, harrt vorläufig noch ihrer Beantwortung.
Hinsichtlich der Untersuchung der funktionellen Erscheinungen der
Mikrobenzellen ist man schon einen großen Schritt weiter gekommen,
wenn auch hier sehr viel noch unklar oder ungenau bekannt ist. All-
gemein setzt sich das Leben der Bakterienzelle aus einem Zusammen-
wirken von synthetischen und analytischen Prozessen zusammen, indem
einmal durch chemische Umsetzungen hochkomplexe Eiweißkörper auf-
gebaut werden (Synthesen) und auf der anderen Seite bei der Lebens-
tätigkeit diese Eiweißverbindungen wieder abgebaut und zerlegt werden
(Analysen). Weiter spielen in den Bakterienzellen fermentative und
enzymatische Prozesse eine bedeutende Rolle, indem sie den Mikroben
als Hilfsmittel zu ihrer Stoffumwandlung dienen. Als Fermente werden
solche Bestandteile lebender Zellen bezeichnet, die nach Ostwald, ohne
selbst dauernd in die Produkte der Reaktion einzutreten, chemische
Reaktionen in bestimmter Richtung entweder ihre Geschwindigkeit ver-
größernd oder eventuell auch hemmend zu beeinflussen imstande sind.
Außerdem unterscheidet man Enzyme oder ungeformte Fermente, deren
Trennung von den lebenden Zellen bewirkt werden kann. Die Unter-
scheidung zwischen geformten oder organisierten, von der Zelle nicht
trennbaren Fermenten und den vorgenannten Enzymen ist durch eine
scharfe Grenze nicht möglich, da im Laufe der Zeit wahrscheinlich alle
bis jetzt von den Zellen noch nicht trennbaren organisierten P'ermente
sich als Enzyme darstellen lassen werden. Daher könnte allgemein die
Bezeichnung Enzym für beide Arten mit Recht benutzt werden. Bei
Krämer, Oxydations- und Red uktions Wirkungen der Bakterien etc. 415
der Betrachtung der näheren Eigenschaften der Enzyme ist man
dann dazu übergegangen , dieselben in extra- und intracelluläre zu
scheiden. Die erste Art, die von den Mikrobenleibern ausgeschieden
wird, die also als Sekret zu betrachten ist, nennt man auch Ektoenzynie
im Gegensatz zu der zweiten Art der an den Zellen haftenden Enzyme,
die als Leibesbestandteile aufzufassen sind, den Endoenzymen. Auch
bei diesen beiden Arten ist eine genaue Diflferenzieruug nicht möglich,
da ihr Nachweis oft sowohl in der Zelle als auch außerhalb derselben
möglich ist. Daher deutet Kruse (44) die Enzymunterschiede in der
Weise, daß er annimmt, das eine Enzym hafte fester an den Zellen als
das andere. Zu bedenken bleibt hier aber stets, daß wir uns an diesem
Punkte an einer vorläufigen Grenze unseres Wissens befinden, indem wir
das Zugeständnis machen müssen, daß wir einerseits über die chemische
Natur der enzymatischen oder fermentartigen Zellbestandteile der Mikroben
und andererseits über ihre Wirkungs- und Entstehungsweise noch keine
genügende Klarheit erlangt haben. Nur ihre Lage im Zellplasma können
wir eventuell feststellen. Die in der Zelle vom Plasma gebildeten fertigen
Enzyme sind nach Hofmeister (36) im Energieumsatz ausschlag-
gebend. Durch diese Ausrüstung mit Fermenten bzw. Enzymen wird
das Protoplasma der Mikroben zu seinen so sehr verschiedenartigen
Funktionen und Stoflfwechselleistungen befähigt. Gegenwärtig teilt man
nach Fuhrmann (27) die Enzyme ihren Leistungen nach ein in:
1) Schizasen oder spaltende Enzyme,
2) oxydierende Enzyme (Oxydasen),
3) reduzierende Enzyme (Reduktasen),
4) gärende Enzyme.
Kruse (44) geht in seiner Annahme noch weiter, indem von ihm nicht
nur die oberflächlichen und tiefen Spaltungen, Oxydationen, Reduktionen,
Anhydridbildungen und Kondensationen als fermentativen Ursprungs an-
genommen werden, sondern auch noch die unter starker Wärmebindung
verlaufenden Synthesen auf Fermente unter der Vermutung zurückgeführt
werden, daß eine Trennung dieser Fermente von dem lebenden Proto-
plasma noch möglich sein wird, d. h. daß sie sich noch als ungeformte
Fermente oder Enzyme erweisen werden.
Von den Mikrobenenzymen sind hinsichtlich meiner Bearbeitung von
besonderem Interesse die oxydierenden und reduzierenden Enzyme, die
Oxydasen und Reduktasen.
Bei den Mikroben darf nun allgemein von einer Oxydationskraft
nicht gesprochen werden, sondern nur von einer Fähigkeit zur Oxydation
bestimmter Stofi"e, da diese Kräfte spezifischer Natur sind, indem
Oxydasen als sauerstoifübertragende Enzyme anzusehen sind. Bei der
Theorie der Oxydasen Wirkung ist das Wichtigste der Sauerstoff, der aber
in molekularer Form die meisten im Tierkörper der Oxydation unter-
worfenen Stoffe nicht angreift. Zum Hervorbringen oxydativer Erschei-
nungen ist vielmehr eine vorherige Aktivierung des bis dahin inaktiven
Sauerstoffs erforderlich. Im Laufe der Jahre sind über diese Vorgänge
auch sehr verschiedene Annahmen aufgestellt worden. Schönbein (59)
glaubte, im Tierkörper eine Bildung von Ozon annehmen zu müssen,
was aber bald als unmöglich erkannt wurde. Demgegenüber nahm
Hoppe-Seyler (59) an, daß in Geweben anläßlich der Reduktions-
prozesse eine Sprengung des Oo-Moleküls. mithin eine Aktivierung des
Sauerstoffs eintritt. Die leicht oxydablen Stoffe kämen demnach als
Sauerstoffüberträger in Frage. Sodann wurde von Traube (59) der
416 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Begriff eines Oxydationsfermentes eingeführt, und Bourquelot (9)
unternahm einen ersten Versuch, die verschiedenen Oxydationswirkungen
zu gruppieren. Heute unterscheidet man nach Oppenheim er (59):
1) Alkoholasen, 4) Phenolasen,
2) Aldehydasen, 5) Tyrosinasen,
3) Purinoxydasen, 6) Peroxydasen.
Bach und Chodat (59) stellten nach Bourquelots Gruppierungs-
versuch die wenigstens für die Phenolasen gültige Theorie der Ent-
stehung von Peroxyden auf, die nach ihrer Annahme auf die Substrate
wieder oxydierend wirken sollten. Nach ihrer Theorie vollziehen sich
alle diese Oxydationen nach dem Schema:
Peroxyd -j- Peroxydase = wirksamer Sauerstoff.
Wie schon bei den Enzymen vorstehend allgemein gesagt wurde, besitzen
wir über die chemische Natur der Oxydasen wie auch über die Kinetik
derselben und ihre Bedeutung im Stoffwechsel noch keine sichere Kenntnis.
Von Bach und Chodat (59) wurden zuerst pflanzliche Oxydasen in
lebenden Zellen nachgewiesen, nachdem man sie bis dahin als postmortale
Erscheinungen angesprochen hatte. Der Nachweis der Oxydasen der
4. Hauptgruppe, der Phenolasen, die eine Oxydation aromatischer Amine
und Phenole unter Bildung eines dunklen Farbstoffes hervorbringen,
wird mit Hilfe der Indophenolbildung geführt. Nach einer Mischung
von Organextrakten oder Organbreien mit einer alkalischen Lösung eines
Gemisches von a-Naphthol -|- Dimethylparaphenylendiamiu tritt unter
Sauerstoffaufnahme eine Bläuung des Gemenges durch Bildung von Indo-
phenol als Kondensations- und Oxydationsprodukt ein, was Ehrlich (19)
zuerst schon vor längerer Zeit beobachtet hatte. Für pflanzliche Stoffe
ist diese Reaktion besonders brauchbar zum Nachweis von Oxydasen
und ist von Abelous und Biarnes (2), Portier (59), Winkler (59)
und zuletzt von Schult ze (73) eingehend untersucht worden. Das
Indophenol lagert sich an den Stellen der Zelle, wo es in lebhafte Be-
ziehung zum aktiven Sauerstoff treten kann, ab. Die neue Schul tzesche
Methode ist eine modifizierte Anwendung dieser vorgenannten Reaktion.
Die Phenolasen rechnet man bei der Verschiedenheit der Körper der
Nukleingruppe zu diesen oder zu verwandten Körpern derselben, indem
man sie als eiweißartige Substanzen betrachtet, deren Stickstoff-Kohlen-
stoffverhältnis von dem der übrigen Eiweißkörper weit abweicht. Durch
die Phenolasen werden verschiedene Phenole und deren Verwandte unter
dunkler Farbstoffbildung oxydiert. Der größte Teil der Pflanzenfarbstoffe
wird durch Oxydation aromatischer Spaltungsprodukte, z. B. Indigo aus
Indoxyl u. a., hervorgerufen, was man in neuerer Zeit ebenfalls auf
pflanzliche Oxydasenwirkung zurückführen zu können glaubt. In der
Literatur sind hierüber nur ganz verstreut einzelne Bemerkungen ent-
halten, so z. B. die Bläuung von Hefe durch Tetramethylparaphenyl-
endiamin bei Wurster (89). Aber nicht bloß diese biologisch ziemlich
unwichtigen Oxydationen durch Phenolasen, die allgemein nur zur Bil-
dung dunkler Farbstoffe führen, haben uns die Forschungen der letzten
Jahrzehnte gebracht, sondern sie haben es uns auch als sehr wahrschein-
lich hingestellt, daß die übrigen Oxydasen ebenfalls als Enzyme, die
Sauerstoff übertragen, wirken. Kruse (44) knüpft hieran noch den
gewichtigen Ausspruch, daß es nicht als unmöglich, sondern sogar als
recht wahrscheinlich anzusehen sei, daß überhaupt die Luft- oder Sauer-
stoffatmung der aeroben Mikroorganismen, wie bei allen luftliebenden
Wesen, auf solche Oxydasenwirkung zurückzuführen ist. Da bislang der
Kr am er, Oxydatione- und Reduktionswirkungen der Bakterien etc. 417
Nachweis isolierbarer Oxydasen nur sehr gering gewesen ist, so hat man
vielfach versucht, die Wirkungen als durch das lebende Zellplasma ver-
mittelt anzusehen. Wie schon Kruse (44) angedeutet hat, wird hier-
durch die Spezifität des Vorganges aber nicht geändert. Auch ich
möchte mich seiner Ansicht anschließen, daß die Oxydations- und Re-
duktionswirkungen von Mikroben auf Enzyme von größerer Empfindlich-
keit als andere zurückzuführen sind.
Ueber Reduktionswirkungen von Bakterien sind in der Literatur im
Gegensatz zu den Oxydationswirkungen, die angegebenermaßen sehr
spärlich beschrieben sind, viele und gründliche Untersuchungen und
Feststellungen verzeichnet. Ein weiteres Eingehen auf diese Angaben
möchte ich mir hier versagen, indem ich nur auf die außerordentlich
erschöpfende Arbeit von Wichern (86) verweise, die eine sehr genaue
Bearbeitung der vorhandenen Literatur und wichtige neue Aufschlüsse
über Reduktionswirkungen gibt. Eine gleich ausführliche Behandlung
dieser Materie finden wir weiter bei Fuhrmann (27). Auch von diesen
beiden Forschern werden die Reduktionen auf Reduktasen Wirkung zurück-
geführt. Einen abweichenden Standpunkt nimmt dagegen Oppen-
heimer (59) ein, der die Reduktionswirkungen nicht auf Fermente
zurückführen möchte, da sie sehr häufig mit Oxydationen in Pflanzen
vereint gefunden sind, wie sich aus den Untersuchungen von Palladin
(60) zeigt. Nach Kruse (44) ist es ebenfalls möglich, einen Teil der
Reduktionen auch als Oxydationen aufzufassen, indem von einigen Bak-
terien, z. B. den denitrifizierenden, der erforderliche Sauerstoff statt aus
der Atmosphäre aus der Salpeter- und salpetrigen Säure entnommen
wird. Andererseits ist es aber gelungen, echte Reduktasen, wie das
Philothion, aufzufinden, das von Rey-Pailhade im alkoholischen Ex-
trakt von Bierhefe gewonnen wurde und von dem er feststellen konnte,
daß es aus Schwefel Schwefelwasserstofl" entwickelte. Weitere Reduktasen
sollen dann noch im keimfreien Hefepreßsaft und bei Mikroben gefunden
worden sein. Die bei den Oxydasen erwähnten, für die Technik so be-
deutungsvollen künstlichen Farbstoffe aromatischer Verbindungen werden
durch organisierte Reduktasen, die auch bei Mikroben anzunehmen sind,^
in ungefärbte Leukoprodukte umgewandelt. Diesen oberflächlichen Oxy-
dationen und Reduktionen von Farbstoffen kann hinsichtlich der Ernährung
der Mikroben eine größere Bedeutung nicht beigemessen werden, nur
hinsichtlich der Difl'erentialdiagnostik können sie von gewissem Werte
sein. Als Erklärung der unter Farbstoffbildung einhergehenden Reduk-
tionswirkungen von Mikroorganismen müssen wir nach Kruse bis auf
weiteres annehmen, daß durch den Einfluß spezifischer Enzyme der
Wasserstoff aus der einen oder anderen Verbindung auf die Farbstoffe
übertragen wird.
Bei der Annahme pflanzlicher sauerstoffübertragender Enzyme (Oxy-
dasen) und reduzierender Enzyme (Reduktasen) sei hier noch kurz be-
merkt, daß auch für diese Enzyme die für diese Gebilde allgemein fest-
gestellten Beeinflussungen Gültigkeit besitzen. Alle Enzyme werden
durch Einwirkung stärkerer Säuren und Alkalien zerstört. Besonders
empfindlich zeigen sie sich gegen höhere Temperaturen, durch deren Ein-
wirkung sie alle meist in kurzer Zeit dauernd geschädigt werden. Proto-
plasmagifte wie: Chloroform, Chloralhydrat, Aether, Alkohol u. a. wirken
hemmend auf sie ein.
Im Anschluß hieran möchte ich hinsichtlich der Untersuchungsergeb-
nisse meiner Arbeit noch folgendes bemerken : Die von mir bei der
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 5. 27
418 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Prüfung auf Oxydationswirkungen beobachteten, in den Zellen auftreten-
den blauen Körnchen sind sicher identisch mit den von Dietrich und
Liebermeister (16), Grimme (31), Kral (42), E ise nberg (20),
Vay (82) u. a. beobachteten körnigen Gebilden. Nach meinen Fest-
stellungen möchte ich annehmen, daß es sich um Körnchen unbekannter
Substanz handelt, an die entweder ein Oxydationsferment, eine Oxydase
(eine Phenolase) gebunden ist, oder daß es sich nur um eine Konden-
sationsbildung im Protoplasma handelt, die eine besondere Affinität zu
Sauerstoff besitzt. Ich möchte das Vorhandensein eines Enzyms als sehr
wahrscheinlich ansehen, da ich durch meine Versuche bewiesen zu haben
glaube, daß das für die Enzyme allgemein Gültige auch hierfür Berech-
tigung zu haben scheint. Als eine besonders wichtige Tatsache, daß es
sich nicht um eine Fettreaktion handeln kann, möchte ich den schon
von Dietrich und Liebermeister (16) geäußerten Zweifeln an der
angeblich geringen Beweiskraft der Fettreaktionen von Grimme (31)
und Eisenberg (20) noch die Beobachtung hinzufügen, daß beim Be-
stehen der Körnchen aus Fett und der Annahme von der Richtigkeit
der Blaufärbung als Fettreaktion sich beim Corynebacterium tuber-
culosis die ganzen Stäbchen, die erwiesenermaßen eine fettartige Hülle
besitzen, bei der Einwirkung der Oxydationsreagentien blau färben müßten.
Dieses geschieht jedoch nicht, sondern es färben sich nur die Körnchen
in den Stäbchen blau, während die Hülle farblos bleibt. Demnach kann
es sich nicht um eine Fettreaktion handeln. Im übrigen möchte ich mich
der hypothetischen Ansicht Schultz es (72) anschließen, daß die Körnchen
eine Oxydase enthalten und daß die Bakteriengranula Fermentträger sind,
indem das Ferment an die noch unbekannte Substanz der Granula ge-
bunden erscheint. Ueber die Substanz der Granula wird man erst dann
Sicherheit erlangen, wenn es gelingen wird, sie in größerer Menge aus
den Zellen zu isolieren und sie einem analytischen Verfahren zu unter-
ziehen.
Es ist anzunehmen, daß an gewisse Plasmadiflferenzierungen pflanz-
liche Enzyme gebunden sind, die das Auftreten der Färbung vermitteln,
da an jenen Stellen auf Grund der Reaktion oxydierbarer Sauerstoff vor-
handen sein muß. Demnach wären an die Körnchen sauerstoffübertragende
Enzyme als gebunden zu betrachten. Möglich wäre aber immerhin auch
noch die Annahme, daß die körnchenförmigen Differenzierungen, ohne
durch Enzyme unterstützt zu werden, nur durch ihre besondere Affinität
zu Sauerstofi" die farbigen Oxydationsprodukte hervorzubringen imstande
sind. Am wahrscheinlichsten ist mir die Enzymtheorie, da sie durch
meine Untersuchungen vielfach gestützt wird.
Bezüglich der Reduktionswirkungen möchte ich ebenfalls als Binde-
glied ein Enzym annehmen, da auch für diese Erscheinungen durch meine
Prüfungsergebnisse teilweise die enzymatische Natur derselben nachge-
wiesen ist. Betreffs dieser Reaktion ist noch zu bemerken, daß nur die
lebenden Zellen dieselbe zeigen, ferner daß Sporen wie auch bei der
Oxydationsprüfung allgemein die Reaktion nicht auslösen, sondern nur
in vegetativer Form zu reduzieren imstande sind, und daß endlich außer
den Bakterienzellen selbst auch noch bei einigen Stämmen eine ausge-
schiedene lösliche Substanz reduzieren muß.
Die Frage, ob etwa zwischen Oxydasen und Reduktasen noch engere
Beziehungen bestehen, ob beide vielleicht dieselbe Substanz darstellen
fOxydoredukteur nach Abelous und Aloy(l)], muß ich ebenfalls offen
lassen. Einige Tatsachen könnten wohl zugunsten einer solchen Annahme
Kramer, Oxydatiotis- und Reduktionswirkungen der Bakterien etx;. 419
sprechen, wie z. B. das gleichartige Auftreten der blauen Körnchen bei
der Oxydations- und Reduktionsprüfung der Hefen, nach den übrigen
Feststellungen ist sie aber als unwahrscheinlich zu betrachten. Gleich-
falls habe ich keine Klarheit über das Auftreten der feinsten dunklen
Körnchen bei der Prüfung der Coccaceen auf Reduktionserscheinungen
erhalten, wobei eine besonders intensive Reaktion beobachtet wurde.
Mit meiner vorliegenden Arbeit hoffe ich, zur deranächstigeu
Schließung der Lücke, die Kruse in seiner soeben erschienenen Mikro-
biologie beim Kapitel der Oxydasen erwähnt, daß nämlich Mikroorganismen
bislaug noch nicht systematisch genug auf Oxydasen geprüft worden seien,
da für die meisten Reaktionen nur vereinzelte Angaben vorlägen, in ge-
ringer Weise beigetragen zu haben.
Kurze Zasammcufassang der Untersuchangsergebnisse.
Die Ergebnisse meiner vorstehenden Arbeit möchte ich folgender-
maßen kurz zusammenfassen:
1) In der neuen Methode von W. H. Schnitze zur sofortigen Er-
kennung von Oxydations- und Reduktionswirkungen von Bakterien be-
sitzen wir ein gutes Mittel, um diese Wirkungen augenblicklich dem
Auge sichtbar zu machen. Sie ist demnach als eine sehr gute Demon-
strationsmethode unterrichtlich zu verwerten.
2) Diese Methode bietet uns eine neue Möglichkeit, vorzügliche
"Vitalfärbungen von Mikroorganismen zu erhalten, wobei im Gegensatz
zu früheren Methoden, wo die zu prüfenden Mikroben mit den reaktions-
auslösenden Flüssigkeiten selbst zusammengebracht werden, keine stören-
den Farbstoffniederschläge auftreten können, die ich z. B. bei der Nach-
prüfung der Methode von Dietrich und Liebe rmeister stets er-
halten habe.
3) Das Prüfungsergebnis auf Reduktionserscheinungen war bei allen
untersuchten pflanzlichen Mikroorganismen positiv. Es wurden bei allen
deutliche Reduktionswirkungen festgestellt.
4) Auch die Uebersicht der Ergebnisse der Oxydationsprüfungen
läßt auf eine gewisse Gesetzmäßigkeit schließen, denn Oxydationswir-
kungen werden nur von Aerobiern bewirkt, während Anaerobier keine
derartigen Erscheinungen erkennen lassen.
5) Geschieht die Oxydationsprüfung unter Luftabschluß, so tritt auch
bei den Aerobiern keine Wirkung ein, gleichfalls bleibt die Reaktion aus
beim Züchten von Aerobiern unter anaeroben Bedingungen.
6) Außer bei den Anaerobiern fehlen auch bei den Coccaceen die
Oxydationserscheinungen gänzlich, während beide Gruppen bei der Prüfung
auf Reduktionswirkungen ganz besonders starke Wirkungen erkennen
lassen.
7) Bei Protozoen sind weder Oxydations- noch Reduktionswirkungen
beobachtet. Hiermit soll jedoch nicht gesagt sein, daß diese Wirkungen
überhaupt nicht vorhanden sind, sondern das vorstehend Angeführte gilt
nur für die von mir benutzte Methode.
27*
420 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 62. Heft 5.
8) Eine Beeinflussung der Mikroorganismen infolge des Auftretens
der blauen Körnchen in den Zellen findet weder hinsichtlich ihrer weiteren
Wachstumsfähigkeit noch ihrer Beweglichkeit oder ihrer Virulenz statt.
9) Durch eine geeignete Vorbehandlung mit Chemikalien oder höheren
Temperaturen kann eine geringere oder erheblichere Schädigung des
reagierenden Stoffes herbeigeführt werden. Ein Züchten auf verschiedenen
Nährböden ist dagegen zum Herbeiführen von Schädigungen wirkungslos.
10) Nach einer Schädigung des reagierenden Stoffes durch eine ge-
eignete Vorbehandlung zeigt sich teilweise die Wachstumsfähigkeit und
die Virulenz der Mikroben geschädigt.
lateratnrverseiclmis.
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Abt. I. Bd. 26. 1899. p. 51.)
57) Nakanishi, Ueber den Bau der Bakterien. (Centralbi. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. .30.
1901. p. 97.)
58) Neumann s. Lehmann (47).
59) Oppenheimer, Die Fermente. Spezieller Teil. 3. Aufl. Leipzig (Vogel) 1909.
[Literatur über Oxydasen p. 338 — 391 u. Reduktasen p. 395. J
60) Palladin, Beteiligung der Reduktase am Prozeß der Alkoholgärung. (Zeitschr. f.
phys. Chem. Bd. 56. 1908. p. 81.)
61) Preisz, Studien über Morphologie und Biologie des Milzbrandbacillus. (Centralbi.
f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 49. 1909.)
62) Rapp 8. Albert (3).
63) Röhmann u. Spitzer, Die Oxydationswirkung tierischer Gewebe. (Chem. Ber.
Bd. 28. 1895. p. 567.)
64) Roszahegyi, Ueber das Züchten von Bakterien in gefärbter Nährgelatine.
(Centralbi. f. Bakt. etc. Bd. 2.)
65) Rothberger, Differentialdiagnostische Untersuchungen mit gefärbten Nährböden.
(Centralbi. f. Bakt. etc. Abt. L Bd. 24 u. 25. 1899.)
66) Rothenbach u. Eberlein, Zu der Enzymgärung der Essigpilze. (Dtsche Essig-
industrie. Bd. 9.)
67) Rüzicka, Depressionszustände und Regulationsvorgänge beim Bacillus an-
thracis. (Arch. f. Protistenk. Bd. 10. 1907.)
68) — — , Ueber die biologische Bedeutung der färbbaren Körnchen im Bakterieninhalt.
(Arch. f. Hyg. Bd. 47. 1903.)
69) Scheurlen, Die Verwendung der selenigen und tellurigen Säure in der Bakterio-
logie. (Centralbi. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. 27. 1900 u. Zeitschr. f. Hyg. Bd. 33.
1900.)
422 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Schult ze, Die Oxydasereaktiou an Gewebsschnitten und ihre Bedeutung für die
Pathologie. (Zieglers Beitr. Bd. 45. 1909.)
— — , lieber die Oxyda.sereaktion der Speichel- und Tränendrüsen. (Verhandl. d.
Deutsch, patholog. Gesellsch. 1909.)
, Ueber eine neue Methode zum Nachweis von Reduktions- und Oxydations-
wirkungen der Bakterien. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 56. 1910.
p. 542.)
, Weiteres über Oxydasereaktionen. (München, med. Wochenschr. 1910.)
, Zur Differentialdiagnose der Leukämieen. (München, med. Wochenschr. 1909.
No. 4.)
Smith, Reduktionserscheinungen an Bakterien und ihre Beziehungen zur Bakterien-
zelle, nebst Bemerkungen über Reduktionserscheinungen in steriler Bouillon.
(Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. 19. 1896. p. 181.)
V. Sommaruga, Ueber Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen. (Zeitschr. f.
Hyg. Bd. 18. 1890.)
Spina, Bakteriologische Versuche mit gefärbten Nährsubstanzen. (Centralbl. f.
Bakt. etc. Bd. 2. p. 71.)
Spitzer s. Röhmann (63).
Strasburger, Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. 9. Aufl. Jena (Fischer)
1908.
Swellengrebel, Neue Untersuchungen über die vergleichende Cytologie der
Spirillen und Spirochäten. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. L Orig. Bd. 49. 1909.)
Vay, Studien über die Strukturverhältnisse von Bakterien mit farbehaltigen Nähr-
böden. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 55. 1910. p. 193.)
, Ueber körnchenförmige Bildungen in Pestbakterien. (Centralbl. f. Bakt. etc.
Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909.)
Wassermann s. Kolle (41).
Weissberg s. Engler (22).
Weyl s. Kitasato (38).
Wi ehern, Quantitative Untersuchungen über die Reduktionswirkungen derTvphus-
Coli- Gruppe. (Arch. f. Hyg. Bd. 72. 1910; s. auch Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 57.
1908.) [Enthält ausführliche Literatur über Reduktasen.]
Woithe s. Marx (52).
Wolff, Zur Reduktionsfähigkeit der Bakterien. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I.
Bd. 27. 1900.)
89) Wurster, Ueber einige empfindliche Reagentien zum Nachweis minimaler Mengen
aktiven Sauerstoffs. (Chem. Ber. Bd. 29. 1886. p. 318.)
Nachdruck verboten.
Ueber das Aufsuchen der Typhusbacillen im Wasser naoli
dem Komplementfendungsverfaliren.
[Aus dem Hygienischen Institut der Kgl. Universität Turin,
Leiter: Prof. Dr. L. Pagliani.J
Von Dr. O. Volpino und Dr. E. Cler.
Von einer unserer in diesem Centralblatt veröffentlichten Arbeiten
(Abt. I. Orig. Bd. 58. p. 592) ausgehend, kommt Rösler auf Grund
seiner eigenen Untersuchungen zu dem Schlüsse, daß die Komplement-
bindungsmethode zum Auffinden kleiner Mengen Typhusbacillen ungeeignet
und somit zur Untersuchung des Wassers auf diese Keime hin nicht
verwendbar ist.
Wir lassen es uns daher angelegen sein, mit Zahlen darzutun, daß
gerade das Umgekehrte der Fall ist. Wir nehmen damit auch die von
Rösler erhaltenen und in seiner Tabelle VI vorgebrachten Ergebnisse
als endgültig an, aus der hervorgeht, daß Rösler die spezifische
Komplementbindung mit Antityphusserum bei 0,02 mg (= Vioo Normalöse)
erhalten hat.
Volpino u. Cler, Ueber das Aufsuchen der Typhusbacillen im Wasser etc. 425
Zur bequemeren Berechnung nehmen wir sogar für den Augenblick
weiter an, daß die Komplementbindung durch das Antityphusserum erst
bei 0,1 mg Bacillen vorkommen kann.
Eine derartige Möglichkeit kann ohne weiteres angenommen werden.
In unserem besonderen Falle aber, in dem es sich um die Auf-
findung der Typhusbacillen im Wasser mit Hilfe des Komplement-
binduugsverfahrens handelt, ist es ganz gleichgültig, ob man vermutet,
daß dieses 0,1 mg auf 1 ccm oder auf n ccra oder auf n 1 Wasser ver-
teilt ist, denn es handelt sich doch darum, die im Wasser enthaltenen
Keime auf den Filtrierkerzen aufzufangen. Nehmen wir nun beispiels-
weise an, daß dieses 0,1 mg Bacillen in 1000 1 Wasser aufgelöst sei.
Damit ist dann in unserem besonderen Falle gesagt, daß 0,1 mg auf
1000 1 verteilt 0,0000001 mg pro ccm ergibt. 1000 1 Wasser durch
Filterkerzen laufen zu lassen, ist jedoch weder eine schwierige, noch
viel Zeit verzehrende Arbeit, wenn man dazu 5 Kerzen nimmt, von
denen eine jede auch nur 10 1 in der Stunde zu geben vermag. In
24 Stunden wird so nämlich jede 240 1 gegeben haben, alle zusammen
also mehr als 1000 1. Wenn es sich darum handelt, eine etwaige Ver-
unreinigung des Leitungswassers einer Stadt festzustellen, ist es sehr
ratsam, mehrere Kerzen an mehreren Stellen der Wasserleitung anzu-
bringen.
Ist die Filtrierung beendet, so werden die verschiedenen Kerzen-
niederschläge gesammelt. Nehmen wir nun beispielsweise an, in allen
Kerzen 100 ccm Aufschwemmung erhalten zu haben. Diese Flüssigkeit
kann dann noch auf 10 ccm konzentriert werden. Die durch die (positiv
ausgefallene) Bindungsreaktion zutage geförderte Verunreinigung hätte
also in diesem Fall 0,0000001 mg X 10 = 0,000001 mg pro ccm Wasser
betragen. Nehmen wir dann ferner an, daß die Hälfte der Keime beim
Arbeiten verloren gegangen sei, mit anderen Worten z. B. an den
Kerzen hängen geblieben sei, so wären doch noch immer 0,000002 mg
aufgefunden worden.
Damit bleibt also nachgewiesen, daß, wenn wir von der Annahme
ausgehen, daß 0,1 mg Bacillen zur Bindungsreaktion erforderlich sind,
wir dieselbe Quantität wieder in einem Wasser vorfinden können, das
nur mit 0,000002 mg Bacillen pro ccm verunreinigt worden ist, Vor-
bedingung ist dabei nur die Heranziehung von 1000 1 Wasser zur Unter-
suchung.
Natürlich können wir nach Belieben auch geringere Verunreinigungen
erkennen, wenn wir zur Untersuchung noch größere Mengen Wasser
verwenden.
Stellen wir dann dieselbe Berechnung nochmals an, aber nicht mehr
auf Grund des Gewichtes, sondern auf Grund der Anzahl der Keime,
so ergibt sich, daß 61000000 Keime pro mg (nach Rubner können
sich so viele Keime ungefähr in 1 rag frischen bakterischen Belags
finden) 6,1 Keime pro ccm entsprechen, wenn 0,1 mg auf 1000 1 Wasser
verteilt ist.
Aus alledem geht also deutlich hervor, daß die Frage nicht so sehr
darauf hinausgeht, zu ermitteln, bis zu welcher Grenze die Bindungs-
reaktion in besonderen Fällen noch hervorgerufen werden kann, sondern
es sich darum handelt, zur Untersuchung viel Wasser heranzuziehen.
■424 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Nachdruck verboten.
Etüde sur la determination du bacille de Kocli dans
le lait et ses derives').
[Laboratoire bacteriologique de la Division d'Agriculture de la
Republique Argentine.J
Par le Docteur Enrique Fynn,
Chef de la Division d'Agriculture du Miuistfere de rÄgriculture de la
Republique Argentine.
Ayant entrepris une etude sur la presence de ce germe dans le
beurre, j'ai profite de l'opportunite qui se presentait pour etudier et
preciser les avantages que presentent les differentes methodes et procedes
actuellement employes. S'il est indeuiable que le reactif eraploye — c'est
ä dire la receptivite du cobaye pour le bacille de la tuberculose — est
d'une sensibilite extreme, certaines divergences d'opinions, que dans le
cours de cette etude j'ai notees chez nombre d'auteurs, m'ont conduit ä
en tenir compte et ä approfondir la question, utilisant ä cet effet, le
materiel accumule pendant les trois annees qu'ont dure les experiences
ci-dessus indiquees.
Apres la revelation des bacteries acido-resistantes, par Petri,
Rabinowitsch et autres, sont apparues des methodes qui eliminent
son action dans les tissus du cobaye, comme ces microorganismes.
developpent une pathogenie progressive, seulement au moment oü ils
sont injectes dans le peritoine, en presence de matieres grasses; par la
methode d'Obermüller (9) on elimine par centrifugation intensive et
refroidissement posterieur toute la portion graisseuse, employant pour
l'injection uniqueraent, la partie inferieure fluide.
Cette methode, bien que jouissant de la propriete d'eliminer Taction
des bacteries acido-resistantes. presente Imconvenient d'occasionner la
mort d'une quantite enorme d'animaux, qui perissent pendant les jours
posterieurs au traitement, ceci du ä l'action dans le peritoine. d'autres
germes qui, frequemment, se trouvent incorpores au beurre, par exemple,
les bacteries du groupe Coli, Streptocoques, etc.
L'injection sous-cutanee du sediment obtenu par la methode d'Ober-
müller supprime ces inconvenients. Eber (6) simplifie l'operation, en
injectant directement le lait ou le beurre prealablement fondu ä 40- C
et bien melange — ä la dose d'un centimetre cube — dans la partie
sous-cutanee. Ostertag, Breidert, Kaestner et Krautstrunk (10)
recommandent d'injecter intramusculairement. car, selon ces auteurs, l'in-
jection pratiquee sous cette forme, permet de formuler un diagnostic
plus rapide, qu'en operant par inoculation sous-cutanee. Selon Eber (6)
il n'existerait aucun avantage dans l'eraploi de ce „modus operandi",
compare ä celui qui precede.
De toute fa^on, ces deux dernieres methodes possedent l'avantage:
qu'en plus d'empecher l'action des bacteries acido-resistantes — meme
en presence des compos^s graisseux — Celles de rendre innöcessaires la
centrifugation de l'echantillon et de diminuer aussi par leur emploi,
l'action pathogöne des bacteries du groupe Coli, etc.
1) Une communication preliminaire , fut — en coUaboration avec mon assistant
M. Carlos E. Pinto — prösent^e au Congr^ de Medecine de Buenos Aires, en 1910.
Fynn, Etüde sur la d^termination du bacille de Koch etc. 425'
Les procedes cites 6vitent donc de pratiquer de nouvelles inoculations,
avec des parties d'organes douteux, sur de nouveaux cobayes, ainsi qua
cela se passait lorsque Ton employait l'iDJection intrapöritoneale, sans
elimination prealable de la substance grasse. Dans le cours de mon etude
j'ai neanmoins — malgre lexpose ci-dessus — et ä fin de ne laisser
subsister aucun doute, recouru ä la reinoculation dans tous les cas oü j'ai
observe des signes d'alteration ou des lesions, quelqu'en soient leurs causes.
Du fait de ce que le pourcentage des cobayes qui succombent dans
les jours posterieurs ä rinoculation est eleve, et qu'il est necessaire
d'employer plusieurs animaux pour chaque echantillon que Ton desire
examiner, Weber (12) dans une monographie sur la transmission des
germes pathogönes par le lait, recommande comme methode generale,
afin d'obvier ä cette inconvenient, d'inoculer siraultanement avec le meme
echantillon, au moins quatre cobayes. Morgenroth (14) ayant observe
que sur quatre animaux inocules, un seul presentait des symptomes de
tuberculose recommande ^galement, d'inoculer quatre animaux. Ander-
son (1) dans une etude sur le bacille de Koch, dans le lait qui se con-
somme ä Washington, inocula ä la fois deux cobayes et appelle l'attention
sur ce fait que si, en general, les deux cobayes contractaient la tuberculose,
dans certains cas, Tun des cobayes 6tait atteint et l'autre restait indemne.
Au cours de mon etude, j'ai attache ä ces faits beaucoup d'importance
car, en effet, c'est ä mon point de vue, d'eux que depend la sensibilite
de la reaction. Cependant, la plupart des experimentateurs ne leur ont
pas dedie le degre d'attention qu'ils meritent, puisque malgre les indications
de Weber et Morgenroth, ils se sont contentes d'inoculer un seul
cobaye avec le meme echantillon et, au maximum deux. Bien que je
me sois applique ä suivre les indications de Weber et Morgenroth,
j'ai cru necessaire de determiner, si la quantite de quatre cobayes in-
ocules simultanement avec le meme echantillon, constitue une garantie
süffisante pour conclure ä la presence du bacille de la tuberculose, dans
le subStratum ä examiner.
Pour me rendre compte au prealable si, dans les beurres locaux, 11
existait des germes de tuberculose, en assez grand nombre pour donner
ä ces investigations des probabilites de reussite et, d'autre part, etant
donne le peu d'animaux d'experiences dont je disposais au commencement
de cette etude; pour la premiere serie, qui comprend 38 ^chantillons
numerotes du 47 au 84, je n'ai pu inoculer que 2 cobayes par echantillon.
Dans cette serie on remarque dejä les cas de l'echantillon 54 dans
lequel le cobaye designe par la lettre A, resulte tuberculeux, tandis que
l'autre 54 B reste normal. Dans l'echantillon 68. les 2 cobayes acquierent
la tuberculose. dans Techantillon 75, le cobaye 75 B est attaque, alors
que son compagnon 75 reste indemne. Le meme fait se repr^sente dans
l'echantillon 76 et 77.
Dans la serie 2 composee de 16 echantillon s portant les numeros
86 au 102. furent inocules 4 cobayes par echantillon, Dans le cas No. 87,
un seulement tuberculeux, tandis que les 3 autres resterent indemnes.
Meme resultat fut obtenu avec l'echantillon 98, oü il n'y eut d'infect6
par le bacille de Koch que celui designe avec la lettre D. Neanmoins
le 98 mourut au bout de 34 jours. des consequences d'une affection
gastro-intestinale. Le cas 99 est analogue ä l'ant^rieur, c'est ä dire que
sur les quatre cobayes, un seul resulta tuberculeux.
Dans la serie 3. le nombre de cobayes inocules, fut eleve ä six par
Echantillon. Cette s6rie comprend 8 echantillons , compris dans les
426 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
numeros 103 au 111. Dans le numero 105, seul le cobaye 105 B resulta
tuberculeux. Je dois neanmoins faire constater que les 5 autres moururent
prematurement. Dans le No, 108 trois cobayes devinrent tuberculeux.
Dans l'echantillon 111, quoique deux moururent prematurement, il n'y
en eut qu'un seul de tuberculeux.
Dans la serie 4, de 9 echantillons, No. 112 au 121, furent employes
8 animaux par echantillon. Le No. 115 donne seulement 2 cobayes
attaques, le 115 E et le 115 F tandis que les 6 autres result^rent normaux.
Dans l'echantillon 116, les cobayes correspondants aux lettres A, B, C,
D, F, G, acquierent la tuberculose et E, H, restent sains. Dans l'echan-
tillon No. 118, seul le cobaye F devient tuberculeux, neanmoins le C
meure prematurement. Si on elimine ce dernier pour la cause citee et
si le cobaye n'avait pas ete atteint, la presence de la tuberculose aurait
passe inapercue dans l'echantillon, ce qui autorise ä supposer que le
resultat de cet essai, peut se representer par la proportion de 1 ä 6, ce
qui conduit ä iuoculer au moins 7 cobayes.
Plus suggestif encore est le cas consigne dans le No. 128 dans lequel
furent inocules simultanement, avec un echantillon de lait pasteurise,
acquis dans le commerce, 8 cobayes; tous survecurent ä l'injection et
sacrifies tous le meme jour — les animaux en traitement, devant en ce
cas, etre maintenus en Observation, au moins pendant 2 mois — seul,
celui correspondant ä la lettre H, presenta des lesions tuberculeuses, de
maniere que dans ce cas, la probabilite de contagion etait representee
dans la proportion de 1 ä 7.
Dans l'experience No. 143, vingt cobayes furent inocules avec du
lait infeste artificiellement et posterieurement chauffe ä 60*^ C pendant
45 minutes, un seul resulta tuberculeux; mais comme 7 d'entre eux
moururent peu de temps aprös l'inoculation, en eliminant ce nombre, il
resulte que la probabilite de reussite se trouve representee dans la
Proportion de 1 ä 12. Un resultat ä peu pres identique fut obtenu avec
l'echantillon No. 140 a.
Dans toutes ces experiences, je dois faire ressortir que toutes les
precautions aseptiques ont ete prises, de fagon ä exclure toute possibilite
de contagion entre les animaux (desinfection des ustensiles destines aux
inoculations et des recipients metalliques servaut de cages, isolement
rigoureux des cobayes, destruction par le feu des detritus, etc.).
Des faits exposes, il ressort que la probabilite d'exactitude relative
ä la constatation de la presence du bacille de Koch, dans le lait et le
beurre doit augmenter avec le nombre de cobayes destines ä chaque
Echantillon, ce qui contribuerait probablement ä expliquer en partie les
divergences que l'on note dans les etudes pratiquees ä ce sujet. Dans
cet ordre d'idees. Eber (6) par exemple, examinant ä intervalles pöriodi-
ques, des echantillons de lait d'une meme laiterie, trouve dans celui-ci,
la presence du bacille de la tuberculose par intermittences. Pour ses
experiences, il n'employait pour chaque echantillon qu'un seul cobaye et
constata que tandis que l'animal inocule avec l'echautillon pris un jour
donne acquiert la tuberculose, le resultat reste negatif pour celui preleve
le jour suivant.
En etudiant le lait d'une cremerie sur des echantillons preleves ä
des intervalles de 8 — 21 — 6 — 48 et 105 jours et injectes ä divers cobayes,
j'ai toujours constate — sauf, bien entendu, dans le cas de mort pre-
maturee — la presence de lesions tuberculeuses. Avec l'echantillon
No. 132 furent inoculös 4 animaux dont un seul reactionna, pour le
Fynn, Etüde sur la d^termination du bacille de Koch etc. 427
No. 133 on opera sur 6 animaux desquels un seul contracta la tuber-
culose: sur 8 animaux inocules avec rechantillon No. 135, 3 röaction-
n^rent; il en fut de meme avec les echantillons 136 et 137 avec lesquels
on iiiocula le meme nombre d'animaux.
Malgre les resultats positifs obtenus pour chaque echantillon, il
resulte clairement de ces experiences qu'en operant comme le faisait
Eber, sur un seul cobaye, la tuberculose ne se serait manifestee que
d'une fagon intermittente.
En ce qui coucerne les differentes methodes d'inoculation, Weber
(13) observe le fait suivant: il opera avec des beurres provenant des
cremes pasteurisees, en injectant 2 cobayes, le Sediment obtenu par
centrifugation suivant la methode d'Obermüller, tandis que 2 autres
cobayes furent inocules directement avec le meme echantillon prealable-
ment fondu ä 37° C et bien melange. II examine aussi 12 echantillons
de differents beurres, deux d'entre eux contenaient des bacilles tuber-
culeux ces deux cas correspondant aux animaux qui avaient ete inocules
avec le sediment obtenu par centrifugation, tandis que ceux correspondant
aux memes echantillons et traites avec le beurre liquide directement
resultörent inderanes. Selon le meme auteur, Tobler fit une constatation
analogue.
Pour ma part, j'ai constate un fait semblable. L'echantillon No. 115
fut injecte simultanement et directement ä 4 cobayes; 4 autres animaux
furent traites avec le sediment obtenu par centrifugation. De ces quatre
derniers, deux resulterent tuberculeux. Echantillon No. 111, deux cobayes
injectes directement et quatre avec sediment de centrifugation de ces
derniers, deux meurent prematurement et un des deux restant acquiert
la tuberculose. D'oü il appert que les resultats des experiences com-
paratives concordent avec ceux obtenus par Weber et Tobler. Malgre
cela je dois raentionner que dans l'echantillon 116, les quatre cobayes
injectes directement acquierent la tuberculose, tandis que sur les autres
quatre, traites par le liquide centrifuge, seulement deux sont atteints
de cette affection.
Quant aux essais comparatifs des autres methodes, il ressort selon
mes experiences, qu'invariablement l'injection intramusculaire, a accuse
la presence du bacille de Koch, lä oü la voie intraperitoneale ne l'a
pas fait ainsi que me demontrent les resultats obtenus avec les echantillons
de beurre Nos. 75, 76 et 77.
Le meme fait se constate, mais cependant avec moins de regularite
par la comparaison des resultats donnes par le voie subcutanee. On ne
peut pourtant pas affirmer d'une fagon categorique que l'injection intra-
musculaire est plus sensible que les autres methodes appliquees, surtout
si l'on considere l'extreme receptibilite du cobaye pour les germes de la
tuberculose et le nombre relativement restreint d'experiences que j'ai
pratiquees. Une teile affirraation serait, ä mon avis, prematuree, d'autant
plus que pour les cas que nous consignons, dans lesquels plusieurs ani-
maux ont ete inocules, un seul a contractu, pour ainsi dire, comme par
hasard, la tuberculose, fait qui pourrait neanmoins etre aussi interprete
erronement dans le cas d'attribuer dans ces experiences comparatives
un plus haut degre de certitude aux injections sous-cutanees.
De toutes fagons, il ressort evidemment que l'inoculation intraperi-
toneale qui dejä est desavantageuse en raison du haut pourcentage de
mortalite qu'elle occasionne, ne possöde aucun avantage sur les deux
autres voies mentionnees.
428 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Quant au cadre anatomo-pathologique des cobayes aflfectes de tuber-
culose en tous, invariablement a ete observee la marche speciale et
propre de cette affection, c'est ä dire la formation du nodule au point
de l'inoculation, hypertrophie des ganglious. crural, inguinal et portal et
Selon la marche de Tinfection, Taugmentation de volurae de la rate et
du foie accompagnee des granulations caracteristiques de cette nialadie;
seulement dans les cas d'infection tres avancee, et encore tres rarement
on a constate la degeneration tuberculeuse des ganglions du mesent^re.
Les bacteries acido-resistantes originent, — meme lorsque linjection
est effectuee ä exclusion de la matiere grasse — de petites granulations
ou des taches dans le foie. Elles n'ont generalement ete observees —
et encore en nombre reduit — que sur les animaux soumis ä l'autopsie
dans les deux mois posterieurs ä l'inoculation, plus tard ces lesions ne
se notent pas. La meme Observation peut etre faite au sujet de l'aug-
mentation de volume du ganglion lombaire occasionne dans quelques cas
par ce genre de microorganismes, meme lorsque leur caracteres etaient
franchement distincts de ceux qui originent la tuberculose.
Dans cet ordre d'idees, il est bon de faire ressortir que dans la
coupe du ganglion de Tun d'eux fut trouvee une streptotrichee acido-resi-
stante, laquelle isolee par les procedes ordinaires, trituree avec un
bouillon de culture dans du lait et inoculee sous-cutaneraent et intra-
musculairement, produisit pendant sept passages directs ä d'autres cobayes,
des alterations pathologiques specifiques mais chaque fois moins pro-
noncees, jusqu'ä disparition complete de l'action pathogene, dans l'inocu-
lation du huitieme cobaye. Ce fait interessant est expliquable. etant
donne le pleomorphisme que ces microorganismes presentent dans leur
biologie.
Le Premier animal mourut au bout de 30 jours, apres avoir presente
les caracteres d'une cachexie et comme lesions, le ganglion crural aug-
mente ä la dimension d'un gros pois chiche, le foie etait legerement
dilate avec taches superficielles deprimees et de couleur rougeätre, s eten-
dant par la partie superieure et inferieure du parenchyme cortical; et
seulement dans le ganglion fut trouve le susdit microorganisme, presentant
en coloration des caracteres strepto-bacillaires, c'est-ä-dire de bourgeonne-
ments divises en bätonnets, qui aussitot cultives, disparaissent, pour se
representer plus tard avec les ramifications typiques des actinomyces.
Cette streptotrichee, dans ses cultures, a une grande ressemblance avec
l'actinomyse de Birt et Leishman.
En raison du fait que je viens de consigner, c'est-ä-dire que la
probabilite de constater le bacille de la tuberculose dans le lait et le
beurre, augmente avec le nombre de cobayes injectes, j'ai ete conduit
ä essayer d'eclaircir la question. tellement debattue. de la temperature
necessaire pour exterminer ce germe dans le lait et dans le sens ci-dessus
indique.
Sur ce sujet, existent un grand nombre de travaux publies.
Anterieurement, la majeure partie des experimentateurs ensemencaient
le lait ä chauffer avec des bacteries provenant des cultures, mais dans
des exp^riences plus recentes on a donne la preference ä la contamination
par voie naturelle en raison de ce que ces germes possödent en cet
etat, une plus grande resistance ä laction des hautes temperatures.
Entre les experimentateurs ayant adopte ce procede. je citerai Gal-
thier (8) qui sourait du lait tuberculeux. ä des temperatures de 70, 75,
80 et 85 degres centigr. pendant 5 minutes, trouvant ainsi dans les
P'ynn, Etüde sur la d^termination du bacille de Koch etc. 429
echantillons traites des germes virulents de tuberculose. Morgen-
roth (14) daus du lait chauffe ä la temperature de 70<> C pendant
10 minutes trouva egalement le microorganisme virulent. Du lait
chaufte ä 100*^ C par le meine experimentateur et inocule ä 5 cobayes,
produisit la tuberculose ä deux d'entre eux. Beck (4) constata que
l'ebullition simple n'est pas süffisante pour exterminer ce germe. De
Man (5) au contraire, avec du lait chautte ä 80*^ pendant 5 minutes, ä
90" pendant deux minutes et ä 95° pendant une minute, ne constata
pas la virulence du germe. Forster (7) traitant 10 c. c. de lait contenu
dans des vases, compl^tement submerges sous l'eau et soumis pendant
15 minutes, entre 65° et 66 "^ C trouva que l'extermination du germe
etait complete. Basenau (2) dans une critique des experiences de
Forst er soutient que pour du lait infeste naturellement, mis dans des
flacons de 100 c. c, une temperature de 70 *^ ä 72 ° C maintenue pendant
une V2 beure est insuffisante pour exterminer les germes qu'il contient.
Hertel, Koske et Tjaden (15) au cours de leurs vastes experiences
pratiquees avec les installations de pasteurisation de laiteries ditferentes,
et en chauffant le lait naturellement tuberculeux ä 85 ^ 95*^ et 100*^ C
purent constater que si les appareils etaient bien maneuvres, la tempe-
rature de 85" dans la pasteurisation etait süffisante pour obtenir la
Sterilisation. Basenau (3j et Ost er tag (llj ont appele l'attention
sur ce que des laits tres contamiues par des bacilles de la tuberculose
ou encore provenant de vaches atteintes de mastite tuberculeuse tres
avancee, laits qui tr^s souvent ont ete employes pour les experiences de
laboratoire, ne se trouvent pas dans les conditions de ceux que l'on ren-
contre generalement dans la pratique.
Dans mes etudes et recherches, j'ai tenu compte de ces observations
mais, neanmoins j'ai du aussi employer des laits infestes artificiellement.
Un echantillon correspondant au No. 136 (tuberculose par voie
naturelle) fut, en quantite de 300 c. c, mis dans une petite casserole
et chauffe rapidement sur un triple bec de Bunsen, jusqu'ä simple
ebullition, en agitant continuellement le liquide (temperature initiale du
lait ä -f- 13 ® C ; temps necessaire ä l'ebullition : 3 minutes 72)- Ce lait
rapidement refroidi, fut inocule ä 12 cobayes; la presence de la tuber-
culose ne fut constatee sur aucun. Un resultat analogue fut obtenu avec
les laits Nos. 136 et 137. Les laits Nos. 132, 133. 134, 135, 144, 145,
148, 149 et 150 qui, ä l'etat crus, accusaient la presence du bacille de
Koch, soumis ä la pasteurisation continue, ä la temperature de 85° C
et injectes ä 6 cobayes pour chaque echantillon, ne revelerent pas la
presence de ce germe.
En vue de ce resultat, Techantillon No. 138 (tuberculose par voie
naturelle) fut mis en quantite 100 c.c. par dose, dans des petits fiacons
hermetiquement bouches, lesquels complötement submerges dans l'eau,
furent maintenus ä la temperature de 58° ä 59° C pendant 35 minutes.
Pendant la calefaction, on agita legerement le flacon en sens longitudinal.
Le lait refroidi aussitöt, fut inocule ä 20 cobayes dont aucun ne fut con-
tamine (138 b).
Comme il ne m'a pas toujours ete possible de disposer de lait in-
feste par voie naturelle, j'ai eu recours dans les experiences suivantes,
ä l'infection artificielle, mais en verifiant toujours prealablement par des
inoculations, la virulence du liquide. Le lait etait alors melange avec
une emulsion de rate tuberculeuse, procödant de cobayes. L'echantillon
de lait No. 139, prepare comme il vient d'etre dit, chauffe dans des
430 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
flacons d'une contenance de 200 c. c, submerges dans l'eau pendant
45 minutes, ä une temp^rature de 58" ä 59° et refroidi, fut injecte ä
20 cobayes, desquels un seul, resulta porteur du germe de la tuber-
culose.
Le meme lait provenant d'un autre flacon soumis au meme traite-
ment que l'anterieur, refroidi et injecte dans les raemes conditions, ä
un nombre egal d'animaux, ne produisit la tuberculose sur aucun d'eux.
II resulte de ces deux experiences que si le seul cobaye contagie
avait fait defaut, on aurait pu conclure ä l'inocuite du lait injecte, ce
qui aurait ete surtout le cas si on avait reduit le nombre d'animaux
injectes avec le meme echantillon.
Dans l'experience No. 140, j'ai employe du lait infecte par voie
naturelle et opere en tous points, comme ci-dessus, le resultat obtenu
fut negatif.
Pour le No. 141, l'experience fut conduite de la meme fagon, avec
cette difference que le lait fut chauffe toujours pendant 45 minutes,
seulement ä une temperature de 55° ä 56°; tous les animaux inocules
resulterent atteints de la tuberculose.
No. 142, le lait artificiellement infeste fut chauffe, toujours dans les
memes conditions, mais en quantite de 1000 c. c. et ä la temperature
de 60° C, sur 8 cobayes inocules avec ce lait, un contracta la tuber-
culose.
Dans le No. 143, avec du lait egalement infeste artificiellement et
traite dans des flacons de 200 c. c. — memes procedes que ci-dessus —
mais chauffe ä 60° ä 61° j'ai inocule 20 cobayes, sur lesquels un seul
contracta la tuberculose.
II apparait clairement de ces experiences, que pour l'etude des
temperatures minima ä atteindre suivant les cas pour detruire le bacille
de Koch dans le lait, il est indispensable d'operer comparativement et
d'inoculer avec le meme echantillon un nombre relativement considerable
de cobayes.
L'excessive extension des tableaux empeche leur reproduction dans
une revue. Dans une publication en espagnol, prochaine ä paraite, ces
tableaux seront publies, avec tous leurs details.
Bibliograpliie.
1) Anderson, Milk and its relations to the public health. (Public Health a. Marine
Hospital Service of the United States. Washington 1909.)
2) Basenau, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 1909.
3) — , Congrfes de goutes de lait. Brüssel 1907.
4) Beck, Dtsche Vierteljahrsschr. f. öffentl. Gesundheitspfl. 1900.
5) De Man, Arch. f. Hyg. 1893.
6) Eber, Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 1908.
7) Forst er, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 1909 u. 1910.
8) Galtier, Compt. rend. des säanc. de l'Acad. d. Sc. 1900.
9) Obermüller, Hyg. Rundschau. 1900.
10) Ostertag, Breidert, Krautstrunk u. Kaestner, Untersuchung über die
klinische und bakteriologische Feststellung der Tuberkulose des Rindes. Berhn 1905.
11) — , Congrfes Internat, de laiterie 1908.
12) Weber, Uebertragung von Krankheitserregern mit der Milch. (Handb. d. Milchk.
Wiesbaden 1909.)
13) — , Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. 1901. ^
14) Morgenroth, Hyg. Rundschau. 1899 u. 1900i
15) Tjaden, Koske u. Hertel, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. 1901.
Liimbau, lieber Züchtung weißer Mäuschen.
431
Nachdruck verboten.
Ueber Züchtung weisser Mäuschen.
[Aus dem kgl. antirabischen und hygienischen Intitute der Universität
Sassari.J
Von Dr. Salvatore Lumbau.
Mit 1 Figur.
Die Zucht weißer Mäuse ist bekanntlich mit großen Schwierigkeiten
verbunden, wie das immer steigende Gesuch und die Seltenheit dieser
wertvollen Versuchstiere schon beweisen. Prof. Fermi, durch den Be-
darf großer Mengen dieser Mäuse zu seinen Arbeiten über Tollwut ge-
drängt, kam nach vielen Versuchen zur Errichtung eines Zuchtstalles,
welcher folgende Ansprüche vollkommen befriedigt:
1) Möglichst freie Züchtung, damit die Mäuschen sich reichlich ver-
mehren, eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen Kälte und Wärme er-
werben und in bezug auf die Nahrung weniger anspruchsvoll werden;
2) das häufige Massensterben durch Kälte, Hitze oder Anhäufung
in kleinem Räume zu vermeiden ;
3) Reinlichkeit und leichte Besichtigung;
4) den Gestank des Harnes und verborgener Leichen zu vermeiden.
Dazu wurden einige Räume im Erd-
geschoß um einen Hof mittels eines engen
Korridors aus zwei parallelen, 50 cm ent-
fernten, 1 m hohen Ziegelwänden (8, 8)
der Länge nach halbiert. In einer Ent-
fernung von 50 cm von den drei Haupt-
wänden (zwei Seiten- und der Hinter-
wand) wurden drei Scheidewände aus
Brettern gebaut, welche zu den Zimmer-
wänden einen leeren Zwischenraum frei
zu lassen gestatten (5, 5, 5). Alle Scheide-
wände aus Holz oder Mauerwerk wurden
mit zahlreichen Löchern versehen, um den
Tierchen freien Durchtritt zu ermöglichen.
Plan des Zuchtraumes für weiße Mäus-
chen im Kgl. Hygienischen Institut zu Sassari.
1 Eingang. 2 Freier Vorraum. S Wasserbecken.
4. Kornbehälter. 5 Zwischenraum. 6 Hauptzellen.
7 Freier Durchgang. 8 Scheidewände.
Die Hauptzellen {6, 6) und der leere Raum zwischen Mauer- und
Holzwänden wurden mit wechselnden Schichten aus 15 ccm Erde und
20 ccm trocknen Blättern gefüllt, indem zunächst eine Erdschicht, dann
eine Bretterfläche, dann die Laubschicht usw. übereinander kamen. Die
oberste Schicht bestand aus einem Gemisch von Laub und Erde ohne
Brettertrennung, um die Ansammlung von Harn und Kot auf demselben
zu vermeiden.
Die Bretterflächen wurden darum eingeschaltet, weil man beobachtet
hatte, daß die Mäuschen ihre Nester mit Vorzug unter Holztafeln an-
legen. Die Erde schützt vorzüglich gegen Wärme und Kälte; in einer
5
6
6
8
7 :
6
8
^
ilM
2
1
1^4
432
Ceatralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 5.
Tiefe von 50 cm wurde eine um 5—6° C höhere resp. niedrigere Tem-
peratur als in der Umgebung durchgehends beobachtet. Stroh kann die
Erde nicht ersetzen, weil es gegen Temperaturschwankungen nicht
schützt und viel weniger geruchswidrig ist.
An die Holzwände wurden Bauraäste gehängt, in die Mitte ver-
schiedene Pflanzen gestellt, um den Mäuschen Gelegenheit zu freien
Bewegungen zu geben.
Im freien Vorraum (2) wurden zwei gleiche, 30 X 40 cm fassende,
niedrige (4 cm) Behälter für Wasser (3), resp. Getreidekörner (4) gelegt.
Wie gesagt, stellen im großen gezüchtete und beinahe im Freien
lebende Mäuschen viel weniger Ansprüche an die Nahrung als die
üblicherweise in Kisten oder Töpfen erzogenen; sie können im ersten
Falle des Zuckerwassers, der Milch usw. entbehren und gedeihen mit
Weizen-, Gersten- oder Haferkörnern und Wasser ganz gut.
Die Schlußeinrichtungen bestehen aus mit Blech verstärkten Holz-
rahmen und Drahtnetz. Glasscheiben sind bei dem milden Klima der
Insel und dem Erdschutz überflüssig. Erde und Laub brauchen nur
alle 2 Jahre erneut zu werden.
Soll die Zucht modifiziert oder irgendwo hin umgepflanzt werden,
so läßt man die Weibchen selbst den Umzug besorgen, indem man die
Nester aufdeckt und die alte mit der neuen Zuchtstelle in Verbindung
stellt. Man sieht dann die einzelnen Weibchen ihre Brut mit der
Schnauze zum neuen Heim verlust- und schadenlos schleppen.
Man darf unter keinen Umständen Zuchten verschiedener Herkunft
zusammen mischen oder fremde Mäuschen in eine Zucht einbringen. In
einem Falle, wo wir darauf nicht geachtet hatten, wurden 80 fremde
Mäuschen in 2 Tagen von den Nestbewohnern der Zucht durch Bisse ge-
tötet.
Inhalt.
Bäclier, Stephan, Nachtrag zur Arbeit:
Ueber die ätiologische Bedeutung des
Bord et sehen Keuchhustenbacillus und
der Versuch einer spezifischen Therapie
der Pertussis, p. 312.
Braun, H., Ueber das Streptolysin, p. 383.
Bmschettiui, A. u. Morelli, F., Unter-
suchungen über den Fraenk eischen
Pneumococcus, p. 305.
Pynn, Enrique, Etüde sur la d6termina-
tion du bacille de Koch dans le lait et
ses d^rivös, p. 424.
Huebner, Eine Trichinoseepidemie, p. 375.
Krämer, Oeorg-, Beiträge zum sofortigen
Nachweis von Oxydations- und Reduk-
tionswirkungen der Bakterien auf Grund
der neuen Methode von W. H. Schultze,
p. 394.
Iiumbau, Salvatore, Ueber Züchtung
weißer Mäuschen, p. 431.
Müller, Max, Der Nachweis von Fleisch-
vergiftungsbakterien in Fleisch und Or-
ganen von Schlachttieren auf Grund
systematischer Untersuchungen über den
Verlauf und den Mechanismus der In-
fektion des Tierkörpers mit Bakterien
der Enteritis- und Paratyphusgruppe,
sowie des Typhus; zugleich ein Beitrag
zum Infektions- und Virulenzproblem
der Bakterien auf experimenteller Basis,
p. 335.
Reinholdt, Wilhelm, Infektionsversuche
mit den „Fleisch vergiftern" (Bacillus
enteritidis Gärtner und Bacillus
paratyphosus B) beim Geflügel,
p. 212.
Volpino, G. u. Cler, E., Ueber das Auf-
suchen der Typhusbacillen im Wasser
nach dem Komplementbindungsverfah-
ren, p. 422.
Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena.
.fJaktetc. LAblOriflinale. BdJZ. Hefte.
Ausgegeben am 14. März 1912.
Nachdrtick verboten.
Contribution ä l'etude sur rintoxication intestinale.
[Travail du Laboratoire de M*" Metchn ikoff ä l'Institut Pasteur, Paris.]
Par A. Distaso, Londres,
Demonstrator of Bacteriology in the Royal Institute of Public Health.
Avec 1 planche et 12 figures.
Index.
I. Flore normale de Thomme adulte.
II. Contribution ä l'etude de la flore intestinale humaine ä l'ötat pathologique. —
Flore intestinale des constip^s.
III, Flore intestinale des hommes depourvus de gros intestin.
IV. Conclusions.
I.
Flore normale de rhoinme adulte.
Beaucoup de travaux ont ete faits sur la physiologie de la flore
intestinale normale de l'adulte, mais il n'existe point de travail sur la
microbiologie de cette question.
Nous croyons indispensable de combler cette lacune, car il est neces-
saire de connaitre les couditions normales avant tout.
Rodella*) croit avoir dömontre la presence des esp^ces prot^lytiques dans l'in-
testin du nourrisson. Esp^ces qui sont en plus grande quantit^ chez le nourrisson nourri
au lait de vache. II soutient encore que les microorganismes protöolytiques sont plus
fräquents dans les cas pathologiques.
Passini^) isole presque constamment avec le milieu au blanc d'oeuf (milieu em-
ployö d^jä auparavant par Achalme) le Bac. putrificus ainsi que le Bac. per-
f ringens.
Schmidt et Strasburger ^) decrivent que dans une pr^paration de selles
d'homme adulte normale, la plus grande partie des microbes ne prennent pas le Gram
et que tous correspondent par leur forme et grandeur au Bac. coli. Ils admettent
parmi les microbes Gram-positifs un bacille sporulö le Bac. subtilis. Ils decrivent
encore des bacilles en chaines, des coccis Gram-positifs et Gram-nögatifs et quelques
cellules de levure.
Ils mentionnent ensuite une forme ä Clostridium, qui se colore en bleu par l'iode,
qui Selon eux est le Bac. butyricus.
De cet aperju on voit tout de suite, en comparant cette description ä ce qu'on
voit dans une pr^paration de seile normale d'homme adulte, coloröe par les couleurs de
contraste. que ces auteurs sont loin d'avoir ^puis6 toutes les formes que le microscope
peut relever d^jä comme appartenant ä des microorganismes differents.
Tissier^), ä la suite de ses ^tudes, 4tablit que chez l'enfant, du sevrage jusqu'ä
cinq ans, il existe une flore fondamentale (bifidus, coli, enterocoque), et une
flore fondamentale accessoire (acidophilus , exilis, Rodella III).
II semble ainsi vouloir indiquer que ces 3 microbes peuvent accompagner la flore
fondamentale et s'y substituer; tandis que selon l'auteur la vraie flore surajoutee
serait composee par le Staphyloc. parvulus , le Diplococcus o rbiculus, le
Bac. funduliformis, le Bac. ventriosus, le Bac. capillosus, le Coccobac.
praeacutus, le Coccobac. oviformis et le Bac. perfringens.
1) Ueber die Bedeutung der im Säuglingsstuhl vorkommenden Mikroorganismen
mit besonderer Berücksichtigung der anaeroben Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 41. 1902.)
2) Ueber das regelmäßigs Vorkommen der verschiedenen Typen der streng an-
aerobischen Buttersäurebakterien im normalen Stuhl. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 57.
1903.) — Ueber fäulniserregende anaerobe Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 49. 1905.)
3) Die Faeces des Menschen.
4) Annal. de l'Inst. Pasteur. T. 20. 1905.
Erste Abt. Orig. Bd. G2. Heft 6. 28
434 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Un autre fait important etabli par Ti ssier c'est que chez les enfants qui mangent
de la viande, la flore londamentale est avec la flore surajoutöe dans le rapport de 70:30,
dont 50 "/o serait de Bac. bifidus.
Metchnikoff) decrit d'avoir isol6 constamment des selies de rhomme adulte
normal le Bac. perfringens, le Bac. sporogenes et le Bac. putrificus
(Bienstock-Tissier).
Nous dirons tres peu de mots sur la technique. Le railieu que nous
avons employe le plus est la gelose profonde sucree de Liborius-
V eil Ion. Quand eile est bien maniee, eile donne des resultats mer-
veilleux et il u'y a pas d'autres milieux qui soient capables de la rem-
placer. C'est seulement ä l'aide de ce milieu qu'on peut isoler les formes
les plus delicates.
Les milieux speciaux nous les avons employes dans le but d'etablir
la constance de certains microbes, mais il faut le dire une fois pour toutes,
que ces resultats sont si maigres que nous ne croyons absolument pas
qu'on puisse, ä l'aide de ces milieux, etablir des lois. En eifet, il n'y a
que deux milieux, absolument specifiques: le bouillon sucre acidule ä 17o
avec l'acide acetique ou lactique (celui-ci moins specifique car il laisse
pousser une levure qui fait disparaitre l'acidite) et le lait bouilli pour isoler
les spores du Bac. perfringens. L'ensemencement dans la gelatine
par piqure d'une parcelle de selies, souvent est un bon moyen pour
l'isolement du Bac. proteus et du staphylocoque. Mais il s'est passe
souvent dans ma pratique que la gelatine se liquefiait ä la fagon du
Bac. proteus, mais celui-ci n'etait pas possible de l'isoler. Ainsi il
est un autre milieu, le bouillon alcalin additionne de blanc d'ceuf, mais
ce milieu n'est bon que quand il est chauffe, pour l'isolement des
microbes sporules qui souvent ne sont pas meme des especes proteo-
lytiques.
Les autres milieux, comme les milieux Sucres, mineraux, avec des
morceaux de pommes de terre, de carotte ou de papier de Berzelius,
permettent l'isolement d'une foule de microbes, dont les proprietes bio-
logiques sont differentes. Ainsi, l'apparition inconstante de ces microbes
dans les ensemencements de la meme flore, ensemencee dans le meme
moment, nous fait rejeter comme absolument artificielle une Classification
quelconque de la flore intestinale de l'adulte, basee sur des isolements
sur ces milieux. Lapreuve en est dans la conclusion de Choukiewitch^)
qui a travaille sur ces Schemas. Cet auteur a pu isoler seulement 8 es-
peces de microbes, qui se presentent constamment parmi toute une foule
enorme de microbes qu'il a mis en evidence.
Tres significatif est le fait du milieu d'O melian ski, oü l'auteur
meme de ce milieu n'a pu avoir les microbes de la cellulose en culture
pure. Choukiewitch, meme, qui s'est donne la peine de faire des
recherches speciales ä ce sujet, s'est apergu ä la fin qu'il n'avait pu isoler
aucun germe qui put en culture pure attaquer le papier de Berzelius.
Ce n'est pas la chose la plus facile de ce monde que de donner un
dessin et un apergu de la flore normale de l'homme adulte. L'homme
adulte est soumis ä une nourriture tres variee, qui change selon les in-
dividus, car chacun cherche ä manger ce qui lui est le plus agreable.
Correspondante ä la nourriture, la flore se presente sous un aspect tout ä
fait particulier. C'est-ä-dire une fois Tun, une fois un autre microbe se
presente en quantitö plus ou moins grande, qui donnent ä la flore un
1) Annal. de l'Inst. Pasteur. 1908.
2) Annal. de l'Inst. Paßteur. 1911.
Distaso, Contribution ä l'^tude sur rintoxication intestinale. 435
aspect particulier, ce qui explique d'ailleur l'existence des flores intesti-
nales individuelles. Nous serions, donc, tr^s embarrassö, s'il nous fallait
donner uue description de la fluctuation de tous ces microbes, niais nous
devons reconnaitre que, malgre ces fluctuations, ils existent des especes qui
se retrouvent constamment, dans des proportions plus ou moins grandes,
dans toutes les Hores intestinales de l'homme adulte. Car, dans la flore
intestinale, il ne s'agit jamais de disparition des especes microbiennes,
comnie il est le cas de la putrefaction, mais seulement, comme nous
avons dit auparavant, d'une augmentation ou d'une diminution de quel-
ques especes. Ainsi, depuis 3 ans que nous 6tudions la flore intestinale,
nous avons eu l'occasion d'examiner un nonibre considerable de selles
d'hommes de toutes les conditions sociales et de toutes les nations, et
nous nous sommes apergu de la verite de ces faits que nous avons
enonces. Les flores humaines varient par la quantite de certains types
de microbes, mais ceux-ci y sont toujours presents.
Pour nos recherches nous avons pris des hommes de condition sociale
eloignee et ä vie difl'erente qui habitent ä Londres.
Tout d'abord, dans un but tout ä fait pratique, donnons une descrip-
tion minutieuse des formes qui dejä le microscope nous rev&le comme
differentes.
Une premiere constatation c'est que la flore de l'homme adulte est
composee en grande partie de microbes G r a m - negatifs. II ne suffit
pas de (iire que ces microbes sont le Bac. coli, comme le fönt les auteurs.
Cette affirmation est contre l'observation qu'un oeil plus ou moins habitu6
au microscope peut faire. Cette flore Gram -negative est formee de
coccobacilles qui appartiennent au Bac. coli ou ä des coliformes, meles
ä des bacilles plus allonges, ä bouts arrondis, qui correspondent absolu-
ment ä un autre type de microbes et qui n'appartiennent pas au Bac.
coli ou ä des coliformes et que nous nommerons type du Bac.
variabilis (n. sp.); un troisiöme type c'est un batonnet rigide, qui
correspond ä notre Bac. rigidus^).
Un quatri^me type est un bacille de forme ovale, beaucoup plus
grand que le Bac. coli et qui presente les extremites plus colorees,
c'est le type tetaiotaomicron (n. sp.).
On voit en outre un cinquieme type qui se presente toujours long,
renfle au milieu, c'est le Bac. praeacutus (Tissier). II est frequent,
en outre, dans les selles, soit d'enfants ä la nourriture normale, soit
d'adultes, un batonnet regulier, qui se decolore par le Gram, qui presente
un spore terminal, place dans le corps microbien ou deux spores placees
au deux bouts du microbe que nous croyons identifier ä notre Bac,
sporogenes zoogleicus (Gentralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59),
quoique celui-ci prend la Gram en culture pure et tout ä fait jeune.
Comme on voit, nous avons d^jä donne 6 types differents Gram-
negatifs que Ton peut tres bien distinguer pour des simples observations
au microscope.
Cocci Gram-n6gatif.
Ils sont constants, on en distingue 3 types:
P un type ressemblant au Gonococcus et qui est une sarcine
tres commune dans les selles et dans la bouche. Sarcina con-
junctivae 2),
1) Distaso, Gentralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1911.
2) Verderame, Gentralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 59. 1911.
28*
436 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
2° Uli diplocoque qui appartient au type diplocoque orbicudus
(Tissier),
3° des coccis tres fins, appartenant au typedu parvulus de
Veillon, lequel n'est pas le seul representant de ce type, comme uous
verrons.
Bacilles Gram-positifs.
1° La plus grande partie est d'acetog^ne ß^), car le Bac. bifidus
dans la flore des Londoniens est presque inexistant, comme il est tres
rare Tacötogönes a (acidofilus Moro).
2*^ Un streptobacille qui est un acido-tolerant Streptobacillus
longus (n. sp.).
3° Un bacille tr5s irregulier, ä bouts irreguliers aussi et qui appar-
tient au Diplobac. acuminatus (n. sp.).
4*^ Un bacille trapu ä bouts arrondis, le type du Bac. perfringens.
5^ Un bacille plus long, type vibrion septique,
6° Un bacille en touneau type du Bac. s p o r o g e n e s (Metchnikofi).
7^ Un bacille ä forme de citron que nous n'avons jamais pu isoler
et qui se colore par le iode et qui correspond au soi-disant butyrique de
Schmid et Strasburger 2).
8° Des formes bacillaires ä baguette de tambour — type Rodellalll,
Bac.anaerobicus alcaligenes (Debono, Centralbl. f. Bakt. Abt. I.
Orig. 1912), Bac. tortuosus (idera) et le Bac. gazogenes parvus
(Choukiewitch).
Coccis Gram-positifs.
D'abord l'enterocoque en chaines, mais la plus grande partie du
temps en diplocoques assez grands. En autre on voit souvent, dans une
preparation de selles, des individus tres deformes qui se presentent en
flamme de bougie ou avec des formes quadrangulaires. Ces formes,
nous croyons, doivent toujours etre rapportees ä l'enterocoque, car dans
les cultures, il donne de telles formes caracteristiques.
On voit, en outre, 2 autres especes de coccis, des trös petites formes,
en diplocoque, qui par leurs dimensions correspondent ä notre Coccus
bananii^), ou au Staphylococcus pyogenes et au Staphyloc.
asaccharolyticus (n. sp.) et des coccis plus grands que nous avons
isol6s et qui nous semblent appartenir ä une esp^ce bien distincte •^).
En outre, il y a des chaines ä streptocoque, mais qui se presente souvent
en staphylocoque minces, qui appartient au Streptoc. intestinalis.
Nous devons encore dire quelques mots sur les spores qu'on ren-
contre dans la flore normale. Elles sont de 3 especes, qu'on peut recon-
naitre, en faisant des preparations pour les mettre en evidence:
Le Premier type appartient au Bac. sporogenes (Metchn.) et ä
ses Varietes. Elles sont ovales et grandes.
Le 2^™^ type appartient ä des spores rondes. Elles peuvent appartenir
au putrificus deBienstock-Tissier, aussi bien que au Rodella III,
au Bac. anaerobicus alcaligenes; au Bac. tortuosus etc. . . .
Le 3^™® type. Ce sont des spores trös petites, qui ressemblent ä,
des points röfringents. Elles appartiennent au Bac. perfringens.
1) Distaso, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1911.
2) 1. c.
3) Distaso in Metchnikoff etc., Roussette et Microbes. (Annal. de l'Instit.
Pasteur T. 23. 1909.)
4) Voir notre travail sur la putröfaction de la paroi intestinale. (Centralbl. f.
Bakt. Abt. I. Orig. 1912.)
Distaso, Contribution ä l'ötude sur l'intoxication intestinale. 437
II semblera etrange que nous avons parle de types et non d'espöces
microbiennes. Mais une longue pratique nous a montre qu'il est facile
de faire des erreurs diagnostiques, en se basant sur les caracteres mor-
phologiques. En effet, beaucoup de microbes se ressemblent entre eux,
mais quand on les etudient, leurs proprietes biologiques, en fönt des
especes bien distinctes.
Meme pour les espöces tr&s caract^ristiques comme par exemple le
Bac. bifidus, le diagnostique selon ses caracteres morphologiques est
trompeur. En effet ses formes petites peuvent aisement se confondre
avec ce Bac. cornutus et avec d'autres encore.
Etudes et Classification des microbes.
II est necessaire, pour mettre une clarte indispensable dans ce travail,
d'etablir une Classification de ces microbes nombreux et varies de la
flore intestinale. Quelles regles appliquerons-nous pour ötablir notre
Classification? Nous ne nous attachons point aux rfegles morphologiques,
chaque bacteriologiste sait qu'elles seraient une cause d'erreur. En outre,
elles ne pourront nous apprendre qu'elle est la fonction de la flore in-
testinale. Nous serons oblige, donc, de nous adresser aux caracteres
biologiques de ces microbes et de les grouper selon leur fonction. En
nous basant sur ces faits et sur les resultats de nos experiences sur la
putrefaction intestinale, dont la deuxiöme partie n'est pas encore paru,
nous sommes venu ä la conclusion, que les microbes de la flore in-
testinale normale peuvent ötre consideres comme formants deux grands
groupes:
1) Le groupe des microbes empechants (nos aceto-
genes),
2) Le groupe des microbes putrefiants.
Les microbes de ce dernier groupe repondent ä trois proprietes:
a) Ils se trouvent dans tous les Processus de putrefaction.
b) Donnent des produits de la putr6faction en cultures pures.
c) Ils ne sont pas capable d'empecher une putrefaction, aussi quand
ils sont en presence de grande quantite de Sucres. Quelques uns d'entre
eux donnent des acides, il est vrai, mais ces produits ne sont pas capable
d'arreter une putrefaction.
Mais cette Classification en etant trop large, nous sommes amenö,
par consequence, ä subdiviser encore ces groupes. La Classification de
Ti ssier et Martelly^), que nous 2) avons adoptee ailleurs pour les
microbes anaerobies, ne pourra pas nous etre utile, car la fonction de nos
microbes intestinaux, dans l'intestin de l'homme, ne s'exerce pas sur la
molecule d'albumine, mais sur ses derives.
Dans nos etudes sur la putrefaction ^) nous avons etabli en plus,
que dans le gros-intestin il n'existe ni albumine, ni peptone, mais des
acides amines (fait dejä connu, il est vrai, par les analyses chimiques
du contenu du gros-intestin). En etudiant de quelle fa^on se comporte
la flore intestinale vis-a-vis de ces substances, nous avons ete amene
ä cette conception que les microbes du gros-intestin doivent etre
classes, ensuite, d'apr^s la maniere dont ils attaquent ces substances,
dont derivent l'indol et les autres substances de la serie heterocyclique
1) Ann. de l'Institut Pasteur. 1902.
2) Jungano-Distaeo, Les Anaerobies. Paris (Masson) 1910.
3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 1912.
438 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
et aromatique. [Nous laissous ä cote le phenol, car il est demontre ^)
que dans la grande famille du Bac. coli, seulement, le Bac. paracoli
(source Tissier), en doune; entre les anaerobies c'est seulement le
Bac. perfringens-)J. C'est cette propriete que nous devons envisager,
si nous voulous demontrer avec evidence quelle est exactement le role
de la flore intestinale de l'homme adulte normal. Ainsi, nous prenons
corame caractere de Classification, donc, celui de produire de Tindol,
qui presente Tavantage de pouvoir nous permettre une vue d'ensemble
sur la fonction des microbes de cette flore intestinale, qui est au fond
de produire Findol et ses congeneres.
La flore de l'homme adulte est en effet principalement
indologöne. Nous envisagerons, en outre, dans notre Classification la
fonction de ces microbes en respect de leur fonction biologique princi-
pale, vis-ä-vis, par exemple, de l'amidon, des Sucres, de la molecule albu-
mineuse, c'est-ä-dire ä selon des diastases qu'ils secretent.
Ainsi cette Classification nous perraet d'envisager les problemes de
la flore intestinale d'un point de vue plus synthetique et plus rationel,
car par exemple une flore ä acetogene, a et ß est aussi bonne qu'une
flore ä Bac. bifidus, comme une flore ä Bac. perfringens serait
aussi mauvaise qu'une flore ä Bac. proteus ou ä Bac. sporogenes.
Donc, la flore selon nous, doit etre jugee selon la predominance de ces
groupes. Groupements bien definis, dont les microbes d'un meme groupe
peuvent se substituer dans la flore intestinale.
Un exemple typique, en est celui oü le Bac. putrificus coagu-
lans et le Bac. putrificus (Bienstock-Tissier) dans la putre-
faction ^) de la paroi intestinale se substituaient Tun ä l'autre et pour le
Bac. acetogenes a et ß et le Bac. bifidus dans la flore de l'enfant,
qui justifie la conception de Tissier*).
Nous voulons citer encore quelques cas, choisis dans les conditions
normales et pathologiques. Dans les changements de regime, par exemple,
il est un fait bien connu, que chaque groupe de microbes ä fonction
determinee et correspondante ä la nourriture, prend le dessus, tandis
que d'autres microbes se reduisent en nombres et sont difficiles ä isoler.
Parmi les etats pathologiques il est un exemple classique, c'est ce qui
se presente dans l'appendicite, oü la flore extremement reduite est com-
posee d'especes qui sont ä reporter ä un groupe de microbes impossible
presque ä isoler ä l'etat normal, mais qui existent pourtant^). Sans
vouloir donner ici les resultats d'observations sur la flore pathologique,
que nous ne croyons pas du tout termines, nous pouvons cependant
dire que dans la flore des colites, par exemple, la flore normale se reduit ;
tandis que les Bac. paracoli^) deviennent predominants. Ces exemples
suffisent, croyons nous, ä faire comprendre l'importance des groupes
microbiens ä meme metabolisme, que nous avons etabli.
1) Dobroweki, Des microbes producteurs de phönol. (Ann. de l'lnst. Pasteur.
1910.)
2) Tissier et Martelly, Ann. de i'Instit. Pasteur. 1902.
3) Distaso, Centralbl. f. ßakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1911.
4) 1. c. 1902.
5) Nous avons isol^ une seul fois le Bac. ramosus (Veillon) de J'intestin d'une
fille oper^e de gros instestin.
6) Nous employons le terme Bac. paracoli, tout a fait en manifere transitoire,
pour denoter un ensemble de microbes ä caractferes trfes differents, dont le groupement
et la parente avec d'autres microbes est difficile ä ^tablir.
Distaso, ContributioD ä l'^tude sur riDtoxication intestinale. 439
Classification des microbes de la flore intestinale.
A. Microbes non indologi^nes.
1° Microbes amy loly tiques.
Sous ce nom nous rangeons les microbes qui dissouent Tamidon et qui donuent
des eueres. Tels par exemple, le Bac. disagregans cellulosae^) et ses variöt4s.
2° Microbes saccharoly tiques.
Sous cette d^nomination nous rangeons les microbes, acido-tolerant, qui
attaquent avec grande vigueur les sucres et qui ne sont pas prot^olytiques. A ce groupe,
que U0U8 avons decrit ailleurs et par conslquent nous n'insisterons pas d'avantage ni
sur leur biologie ni sur leur röle, appartiennent les microbes emp^chants.
Nous diviserons ces microbes en trois classes:
a) Groupe des microbes ac^togfenes (Bac. bifidus, Bac. acetogenes
o et ß coccus banani).
b) Groupe des microbes lactiques (que nous n'avons jamais rencontr^s
dans la flore intestinales).
c) Groupe des microbes ä produits vari^es et inconstant (Bac.
pseudobulgaricus'), Bac. dimorphus var. longa, Diplobacillus acumi-
natus, entörocoque, Streptococcus intestinalis.
3" Microbes asaccharoly tiques.
Les propriötös de ce groupe sont qu'ils n'attaquent pas du tout les sucres ou leur
attaque est insignifiant.
a) Peptolytiques (Bac. capillosus,praeacutu8, Bac. pseudoramosus,
Bac. anaerobicus tenuis, Bac. laevis etc.
b) Gelatinolytiques. Nous nommons ainsi ces microbes qui dissolvent la
g^latine, mais qui n'ont aucune action ou trfes fälble sur le blanc d'oeuf (Bac. pyo-
cyanique, Staphy lococcus liquefaciens aurantiacus, Bac. rigidus).
B. Microbes indolog^ues.
1° Amyloly tiques (Bac. meseutericus).
2° Saccharolytiques.
a) Saccharolytiques peptolytique (Bac. coli communis, communior,
paracoli (?) etc.).
b) Gelatinolytiques (Bac. perfringens, Bac. proteus, Staphylo-
coccus liquefaciens avec ses vari^tes.
3° Asaccharoly tiques.
a) Peptolytiques (Bac. alcaligenes, Bac. variabilis , Bac. angulosus,
Bac. bullosus, Bac. variegatus, Bac. tenuis spathulif ormis, Staphylo-
coccus asaccharoly ticus).
b) Proteoly tiques [Bac. sporogenes (Metschnikoff), Bac. putrificus
(Bienstock-Tissier)], Bac. putrificus f ilamentosus, Bac. sporogenes zoo-
gleicus, Bac. sporogenes regularis etc.
Streptobacillus longus (n. sp.).
On rencontre frequemment dans les selles un streptobacille Gram-
positif, immobile qui donne des chaines parfois trös longues, composöes
de plusieurs individus. Ces chaines sont flexueuses et
forment de petits individus entoures d'une capsule tr^s \^
evidente. '
Les bouts sont arrondis, mais parfois ils se presen- /
;
\
tent en pointes.
Dans l'agar profond sucree, ce streptobacille donne
un trouble et des colonies punctiformes, transparents, "
ä bords irreguliers. II ne donne jamais de gaz. II ne Fig. l.
pousse pas dans l'agar ordinaire inclin6e, quoique an- Streptobac. longus.
aerobie facultatif.
Dans les milieux liquides il pousse seulement en anaerobiose. II
attaque le glucose, le Saccharose et le lactose sans donner du gaz, et
en donnant une odeur aromatique. Le microbe ne pousse pas dans la
1) Distaso, Compt. rend. soc. biolog. 1911.
440 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
gelatine ordinaire, ni ä 22°. Dans la gelatine sucree ä 37 ^ il pousse
maigrement, en se deposant au fond du tube comme un precipite
floconneux, blanc-jaunätre.
La gelatine n'est jamais liquifie.
Dans le lait il donne apres 24 h. les memes phenomenes que nous
avons observes chez les acetog^nes. II forme dans ce milieu des chaines
tr^s longues et plus fines que dans les milieux solides. Dans le bouillon
ordinaire, il pousse tres mal et il es surtout tres difficile d'avoir meme
une culture grele. II trouble le bouillon et ne donne jamais l'indol.
Nous croyons que ce microbe n'a jamais ete decrit, quoique il soit un
böte constant des selles de l'homme adulte.
Diplobacillus acuminatus (n. sp.).
C'est un bacille tres frequent dans les selles d'homme adulte. II
se presente sous forme de bacilles par paires, ä bouts arrondis, reguliers
ayant la disposition du bacille diphterique. II ne donne jamais de
chaines. Dans les cultures jeunes il n'offre que de petites dimensions,
mais il peut devenir trois fois plus long. Quand il vieillit il peut devenir
dans ces cas comme des bätonnets sveltes et flexueux parfois. II se
presente, sur les preparation, sous l'aspect caracteristique, comme on le
voit dans les selles. Souvent il est disposö ä V. II
y I est immobile et prend le Gram. Les colonies en
/fl ^ gelose sucree sont fines, ä contours irregulier et trans-
^' VH lucides. Leur dimension est d'un grain de sable.
^ ^ Dans ce milieu il donne un trouble, mais ce trouble
* ' n'est pas du ä l'acide acetique. II ne pousse jamais
\ A M. dans la gelose ordinaire inclinee, ni dans la gelatine
^ '' ordinaire ä 22°, au contraire il prospere tr^s bien
Fig. 2. dans la gelatine sucree profonde ä 37 °, en troublant
Diplobac. acuminatus. faiblement le milieux et en donnant des flocons epar-
pilles le long de la colonne de gelatine, qui n'est pas
du reste dissoute, et un precipite blanchätre floconneux, qui se depose
au fond du tube.
II ne donne jamais de gaz.
II coagule le lait comme un lactique en 24 heures. On sent dans ce
milieu une odeur faible d'acide butyrique. Dans ce milieu il s'origine
des formes filamenteuses et des formes longues et rigides. II attaque
le glucose, le lactose et le Saccharose, en donnant une odeur mal defini.
Les milieux sont troubles.
II pousse tres mal dans le bouillon, en le troublant et en donnant
des individus fins et reguliers.
II ne donne pas d'indol.
Bacillus dimorphus var. longa (n. var.).
C'est un microbe qui ressemble beaucoup au Bac. bulgaricus
pour sa forme. II se presente ä bouts coupes, de calibre regulier par-
fois flexueux, parfois incurve, parfois long, granuleux.
II est positif pour le Gram et immobile.
II pousse sur la gelose profonde sucree et ses colonies sont visibles
apr^s 24 heures. Elles sont trös petites, comme une tete d'öpingle et,
aussi quand eile sont bien espacees, ont la meme grandeur. Les colonies
sont blanches, comme porcelaine. Vu au microscope elles se prösentent
avec une sph^re central, d'oü partent une quantite innombrable de
II ne pousse pas ä 22", ni en gelatine ordinaire ä | \ v^
37 ^ En gelatine profonde sucree, il pousse donnant des
Distaso, Contribution ä l'^tude sur l'intoxication intestinale. 441
filaments, qui s'etalent dans la gelose. II ne pousse Jamals dans la gelose
ordinaire inclinee. mais faiblement dans la gelose inclinee sucröe, quand
il est ensemence largement. Dans ce niilieu, donne des
colonies ressemblant ä la tete de meduse. .
flocons eparpilles le long de la colonne de gelatine et » > n
donne un culot forme de flocons, mais il n'a aucune \ ^
action sur ce milieu. II coagule le lait apres 48 heures, \ wv
comme un lactique et il donne dans ce milieu des formes ' \
tr^s longues et plus minces. Le lait sent faiblement d'acide pjg^ 3
butyrique, au goüt donne une saveur fade. Bac. dimorphus
Dans les Sucres n'a jamais pousses ni en aörobiose ^ar. longa,
ni en anaerobiose,
Nous n'avons jamais observe d'indol, dans les cultures en bouillon.
Ce microbe ressemble ä ce microbe decrit par nous ^), mais il presente
les caractöres des colonies en gelose couchee qui le differencie.
Bacillus variabilis (n. sp.).
Petit coccobacille ä bouts arrondis, qui se presente souvent renfle
et courbe ä une extremite. II ne donne jamais de chaines, mais des
filaments longs, et tiexueux. II presente une capsule.
II ne prend pas le Gram, il est immobile.
II est anaerobie strict. '^ ^-
En gelose sucree profonde, il donne des colo- y
nies transparentes et rondes et une quantite dis- — -
crete de gaz, qui casse la colonne d'agar. , y
La vitalite ne depasse plus de 10 jours. II ^
ne pousse pas dans la gelatine ä22'', ni en gela- ^ j
tine ordinaire. A 37°, il pousse trös bien en '
gelatine sucree. II trouble ce milieu et donne un
depöt pulverulent blanchätre mais il ne la dissout
pas. Fig. 4.
II n'a aucune action sur le lait, meme aprös Bac. variabilis.
longtemps.
II attaque legerement le glucose, le lactose et le Saccharose, en
donnant du gaz et une faible odeur d'acide butyrique. Les milieux
liquides ne sont pas troubles, car ils se deposent au fond un döpot
blanchätre.
Le microbe dans ces milieux devient tres grele.
II donne la reaction de Findol, trouble d'abord le bouillon ordinaire
et donne une odeur marquee de scatol.
II pousse tres abondamment dans le bouillon blanc d'oeuf, sans
toucher ä celui-ci, trouble legörement le milieu et donne aussi une odeur
tres prononcee de scatol.
Bacillus pseudoramosus (n. sp.).
C'est un microbe qui ressemble beaucoup au Bac. ramosus. II
se presente sous formes de petits bacilles flexueux, elegants, souvent ä
bouts affiles, qui se reunissent ä former des angles.
Souvent il donne des petits chainettes.
1) Distaso, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1911.
442
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
II est positif pour le Gram et immobile.
C'est un anaörobie stricts.
Les colonies sont rondes de la dimension d'une petite tete d'epingle
et opaque.
II ne pousse pas ä 22 ^ ni en gelatine ordi-
naire ä 37 ^ Dans la gelatine sucree ä 37 ^ pousse
tres faiblement. U attaque faiblement le glucose,
le lactose et le Saccharose, en donnant une odeur
legere d'acide butyrique. Ces milieux sont d'abord
troubles, ensuite il se depose au fond du tube un
depot blanchätre. Son action sur le lait est lente.
En effet il le coagule seulement apres un niois,
en exprimant un serum louche. Ce bacille pousse
dans le bouillon blanc d'oeuf, en le troublant. Le
blanc d'oeuf n'est pas louche, mais la culture donne
une odeur de scatol.
La reaction de l'indol est positive,
trouve constaniment dans la flore intestinale de
Fig. 5.
Bac. pseudoramosus.
Ce microbe se
l'homme adulte.
Nous ne pouvons pas dire si ce microbe est la meme esp^ce que
le Bac. ramosus decrit par Veillon, car cet auteur donne de ce
bacille une description peu satisfaisante.
Bacillus angulosus (n. sp.).
II est rigide, trapu, ä bouts ronds, quelquefois coupe, presentant un
enlargissement dans le milieu, avec une capsule tres evidente. II se
presente en forme d'individus isoles et souvent formant des angles, parfois
ils se rassemblent plusieurs de ces bätonnets et forment des amas. Dans
la gelose sucree, il donne des colonies grandes. La forme de ces colonies
est tres variee. Elles sont parfois en triangle, elles sont opaque jaunätre.
II donne dans ce milieu quelques bules de gaz, II ne
pousse pas ä 22 ^ ni dans la gelatine ordinaire ä 37^.
Dans la gelatine sucree ä 37 ^ il se developpe tres bien,
il trouble d'abord ce milieu qui dans la suite s'eclairgit.
Au fond du tube se produit un precipite blanchätre-
pulverulent. Le glucose, le lactose et le Saccharose sont
attaques avec production de gaz. L'odeur qui se degage
dans ces milieux est une odeur d'acide butyrique. II se
forme dans ces tubes un pigment.
Dans ces milieux il donne des spores rondes, tres
petites, qui se trouvent ä Tun des bouts des microbes.
II coagule le lait apres 14 jours.
Dans le bouillon blanc d'oeuf, il se forme une louche, mais l'albumine
n'est pas attaquee.
Dans ce milieu, on sent le scatol.
La reaction de Findol est positive.
Par sa forme ce bacille ressemble au bacille neigeux de Jungano,
mais il en diff&re avant tout par sa proprietö de produire le gaz dans
la g^lose et par l'aspect de ses colonies. Etant donn^ que le bacille
neigeux est trhs mal connu en ce que concerne ses propriötös biologiques,
nous croyons inutile de pousser plus loin cette comparaison.
Fig. 6.
Bac. angulatus.
Distaso, Contribution ä l'ötude sur l'intoxication intestinale. 443
Bacillus anaerobicus tenuis (n. sp.).
C'est un bätonnet long, droit, parfois filiforme, souvent dispose par
paires avec une capsule tres evidente, parfois en chaines tr^s longues
composes de 10 individus ou plus. Les individus longs se presentent
courbes.
II est strictement anaerobie. .
II prend le Gram et il est mobile. ^
II pousse dans la gelose profonde sucree, en don- | i '
nant des colonies de la grandeur des grains de sable, ^ ' \
presque invisible, ä contour irregulier et translucides. \ i ))
Les colonies sont visible seulement apr^s 48 heures. ^ — '^
II ne produit janiais de gaz. II attaque tr^s faiblement /,Vv
le glucose, quoiqu'il pousse dans le lactose et Saccharose, * * \\ v
mais la culture emane une odeur plutot fetide. Pi_ Y '
II trouble ces milieux qui ne s'eclaircissent jamais. Bac. anaerobicus
Dans ces milieux il est facile de voir des spores rondes et tenuis.
tres grandes, en comparaison des dimensions du microbe.
II n'a aucune action sur le lait.
II ne donne pas d'indol.
Morphologiquement, ce microbe ressemble au Bac. minutus de
Tis sie r, mais il en differe pour la forme des colonies et par quelques
caractöres biologiques.
Bacillus comutus (n. sp.).
C'est un bacille tres petit et irregulier, qui se presente isole ou
dispose ä l'angle. Les bouts de ce microbe se presentent souvent renües.
C'est un anaerobie strict. Sa ressemblence avec le Bac. bifidus
(formes petites) est frappante. Dans le blanc d'oeuf,
il prend des formes qui ressemblent au diphterique. |
C'est un microbe qui se trouve conslamment dans les /
selles et dans la bouche, mais il est difficile ä isoler. (/,
II est immobile et prend le Gram. /)y^ / * '^
Les colonies en gelose sucree profonde sont /Ci^' f ^ ^ , v
visibles seulement apres 48 heures et sa croissance "^'^ ^ j' ,
s'arrete ä 3 c. c. de la surface de la gelose. La '/ / ''
vitalite est d'une douzaine de jours. II ne pousse )" V ' v'
ni dans la gelatine ordinaire, ni ä 22°. La gelatine / w
sucree et ä 37 ° est son milieu convenable. II forme Fig. 8.
dans ce milieu des flocons, qui vont se deposer au Bac. comutus.
fond du tube et le milieu s'eclair^it.
II attaque le glucose seul sans produire du gaz, mais tr&s leg^rement.
II est sans action sur les autres sucres.
II n'a jamais coagule le lait, meme apres longtemps.
II pousse tr^s faiblement dans le bouillon ordinaire, il ne donne
jamais d'indol.
Bacillus bullosus (n. sp.).
C'est un petit^ bacille de forme rectangulaire, se colorant intensement
aux deux poles. A cote de ces formes, dans les cultures de 24 h., on
trouve des autres en sphere ou oblongue, qui se colorent uniformement.
En outre, on observe des bätonnets long et mince avec une grosse bulle
dans le milieu ou ä une de ses extremites. Parfois ce bacille se bifurque
ä Tun de ses bouts.
444 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heit 6.
II ue (lonne jamais de spores. Sa vitalite est de 6 ä 7 jours.
Le bullosus est mobile et ne prend pas le Gram.
II donne des gaz, parfois tr^s abondants.
Les colonies en gelose profonde sucree sont
comme des petits grains de sable. Au microscope
elles sont rondes avec un centre sombre et ä bords
refringents.
Le bullosus pousse daus le lait, en produisant une
tres faible acidite incapable de faire coaguler le milieu.
II n'attaque ni la gelatine, ni le blaue d'oeuf cuit. II
Fig. 9. attaque le glucose en donnant une acidite d'arret de
Bac. bullosus. 2.45 "/oo evalue en H2SO4 et n'a aucune action ni sur
le lactose, ni sur le Saccharose, ni sur le dextrose.
II ne donne pas d'indol.
C'est un bacille que represente une forme intermediaire entre le
tethoide de J. Halle et le bacille que Ghon et Much ont isole d'un
cas d'influenza.
Bacillus laevis (n. sp.).
C'est un microbe constant dans les selles de l'homme et des mammi-
feres, ä bouts carres se presentant habituellement comme un petit
bacille mince, droit et regulier. Ä cote de ces formes petites on observe
des filaments longs, courbös ou sinueux.
II est immobile et ne prend pas le Gram.
^ ._ II ne produit pas de gaz.
\ C'est un anaerobie facultatif, qui en gelose couchöe
( l sucree, donne des colonies transparentes, rondes, formees
/ \ \ de couches concentriques. Au microscope la surface de
'' \ ^ _^ la colonie est dissemine de points jaunätres, refringents.
> "/ Le Bac. laevis n'attaque ni la gelatine, ni le
\ ' ^- iX blanc d'oeuf. II acidifie legferement le lait tournesole,
Fig. 10. Sans produire ni la coagulation, ni autres changements
Bac. laevis. du milieu.
II pousse ä 22« et ä 37».
II attaque le glucose, le lactose, le dextrose et le Saccharose en
produisant respectivement une acidite de 2.45, 1.96, 1.47 7oo evaluee eu
H2SO4.
II ne donne pas d'indol.
Bacillus thetaiotaomicron (n. sp.).
Bätonnet tr^s polymorphe et tres frequent dans les selles. II est
tantot de forme elliptique, tantot en coccus, tantot en haricot ou en
battant de cloche. Toutes ces derniöres formes se colorent uniformement,
les formes elliptiques prennent seulement la couleur ä
0 * ff leur extremite avec parfois une strie transversale.
I Q 0 C . II est mobile et ne prend pas le Gram.
• • - S Ses colonies en gelose sucree sont transparentes,
f 0 0 ^ I assez grosses, rondes et ä bords nets.
Ci • 0 Ce bacille donne, dans ce milieu, quelques bulles
0 • I de gaz.
■p. ^^ II coagule le lait en une masse compacte, d'oü est
Bac. tietaiota- expulse un serum buche.
omicron. II pousse dans la gelatine sans la peptoniser.
Distaso, Contribution ä l'^tude sur l'intoxication intestinale. 445
II n'attaque pas le blanc d'cBuf.
II transforme le glucose et le lactose tr^s faiblement, mais il n'a
aucune action sur las Sucres intervertis.
II donne de Findol.
Bacillus variegatus (n. sp.).
Bätonnet qui se präsente en formes differentes, tantot court et regulier,
tantot filamenteux et sinueux, occupant tout le champ du microscope.
Les bouts sont parfois arrondis, parfois effilös.
Les articles se reunissent deux ä deux, plus
souvent en forme de V, tres rarement en chaines.
II est mobile et il ne prend pas le Gram uni-
formement et reste colore par point.
Les colonies en gelose sucree, ressemblent ä un
grain de sable tres fins, aussi quand elles sont espa-
ciees, Au microscope elles ont une forme reguliere,
ä bord net et refringent. Autour de ces colonies
s'en ajoutent d'autres qui donnent ä la colonies un Yig. 12.
aspect bossele. Bac. variegatus.
II ne donne ni gaz, ni spores.
II coagule le lait apr^s quelques jours, sans expulser de serum.
II ne transforme ni la gelatine, ni le blanc d'oeuf.
II attaque tres faiblement le glucose et le lactose.
II donne de l'indol.
Ce bacille ressemble morphologiquement au cylindroidedeRocchi,
mais il en diflfere par ses propriete biologiques par sa mobilite et par
la forme de ses colonies.
Staphylococcus asaccharolyticus (n. sp.).
C'est un staphylocoque anaerobie, qui se presente aussi en diplocoque
et en streptocoque, dont les chaines sont au maximum de 4 ä 8 in-
dividus.
II forme, sur la preparation, des amas tr^s volumineux. Les grains
assez gros ont un diametre deux fois plus grand que celui du staphylo-
coque de Jungano.
II prend le Gram et il donne tres rarement des bulles de gaz.
Daus la gelose sucree, il donne des colonies aussi grand que
des fins grains de sable, qui peuvent s'accroitre, quand elles sont bien
espaciees. jusqu'ä atteindre le volume d'une tete d'epingle. Au micro-
scope elles sont transparentes comme une goutte de vaseline liquide.
Les cultures sentent mauvais.
II acidifie faiblement le lait sans le coaguler meme apres plusieurs
mois.
II pousse dans la gelatine ä 37^ sans la peptoniser et en donnant
au fond du tube un precipite comme d'ouate.
II pousse dans le blanc d'oeuf sans l'attaquer et en donnant des
zooglöes de consistence visqueuse. Son action sur les Sucres est nulle.
II donne de l'indol. Nous croyons que ce microbe s'approche par
sa biologie de celui isole par Jungano.
Decrit ces especes microbiennes, qui n'ont ete d^crites jusqu'ä
maintenant. il est necessaire de donner un aper^u des microbes qui
composent ces groupes et leur constance dans la flore intestinale normale
de l'homme adulte.
446 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Les microbes amylolj^tiques non indologenes doivent exister cou-
stamment dans la flore intestinale, mais leur isolement est tres difficile
et je les ai isoles 2 fois seulement sur un grand nombre d'essais.
Les microbes saccharolytiques non indologenes existent toujours et
leur isolement en est facile.
A propos du streptocoque intestinale et de l'enterocoque, T i s s i e r ^j
a mis cette opinion qu'il s'agirait de la meme espece, dont la morphologie
repond ä des conditions differentes d'existence du meme microbe. Nous
avons voulu approfondir cette question, car eile nous semble tres im-
portante. Nous avons isole un enterocoque typique, le streptocoque de
Hirsch -Lieb mann et nous les avons compares entre eux.
Les resultats de nos recherches sont les suivants.
1) II est vrai que l'enterocoque devient, par passage dans les milieux
solides, un streptocoque mince, mais souvent dans les Sucres il reprend
la forme caracteristique. Premiere constatation, donc, ce microbe peut
acquerir sa forme primitive, c'est-ä-dire en longue chaine, faites d'in-
dividus tres gros, aprös beaucoup de repiquage et en presence de Sucres.
2) II ne se presente jamais en staphylocoque, mais il garde toujours
sa forme en streptocoque.
Le streptocoque de Hirsch -Liebmann, au contraire, se presente
le plus souvent en staphylocoque; il n'acquiert jamais, n'importe dans
quel milieu, cette forme de l'enterocoque en belies chaines avec des grands
individus.
Les differences sont, donc, seulement morphologiques, car la forme
des colonies dans les milieux anaerobies et aerobies sont identiques,
comme ils sont identiques les caracteres biochimiques. Fait tres impor-
tant ä noter, dans nos etudes sur la putrefaction, nous avons isole toujours
dans la 2^™^ et 3*^™® phase de ce processus le streptocoque de Hirsch-
Lieb mann, mais jamais l'enterocoque. Nous sommes incline ä les
considerer comme 2 especes distinctes.
Les microbes asaccharolytiques, non indologenes, sont egalement
presents dans toutes les flores intestinales d'adulte et on peut isoler
facilement les gelatinolytiques, exception faite pour le bac. pyocyani
que, qui est rare dans la flore intestinale; tandis que l'isolement des
peptolytiques en est tres difficile.
Les microbes amylolytiques indologenes se retrouvent constamment
dans toutes les flores d'adulte. Le groupe des microbes saccharolytiques
indologenes existe toujours lä. II en est de meme du groupes des
microbes asaccharolytique indologenes, aussi des Bac. paracoli. Plus
facile ä isoler chez les enfants, il existe aussi dans la flore de l'homme
adulte. Sur 40 cas examines nous l'avons isole 25 fois. Donc, la constance
ne peut-etre mise en doute. Le milieu qui nous a ete le plus favorable
pour l'isolement de ces microbes, c'etait la bile.
Nous n'avons jamais isole le B. paratyphique B, Wen que l'on
soit tente, avec Hübner, de Tadmettre comme un böte constant de la
flore intestinale de l'homme adulte. II n'en est pas de meme pour la
flore intestinale du rat et de la souris, oü on peut l'isoler avec facilite.
II est interessant egalement que ce groupe des microbes asaccharo-
lytiques est compose dans la plus grande partie des microbes anaerobies,
tout au moins, ceux que nous avons isoles. Or ces microbes, tres
difficiles ä isoler, doivent etre mis ä cote du Bac. paracoli par leur
1) Ann. Instit. Pasteur. 1908.
Distaso, Contribution ä l'^tude sur l'intoxication intestinale. 447
fonction, car en ayant un pouvoir trös faible sur les Sucres, ils sont des
producteurs trhs 6nergiques de produits de la serie heterocyclique et
aromatique.
Leur etude biochimique, qua nous esperons bientot finir, nous
expliquera suftisamment leur fonction dans la fiore intestinale.
11 a un fait qui nous permet d'emettre cette hypothese, que nous
avons constarament observe. Quand on fait des cultures de ces microbes
eu bouillon blanc d'a?uf, celui-ci n'est pas du tout attaque, mais la culture
sent Findol ou les odeurs voisines. Ce sera la meme action qui a le
streptocoque dans les milieux albumineux. Meme, nous ne pouvons pas
nous prononcer sur la quantite de ces microbes dans la flore intestinale.
En etfet leur polymorphisme, leur extreme ressemblance entre eux et la
difficulte de les isoler, ne nous permet pas de nous prononcer. II y a
pourtant des cas pathologiques, oü leur culture est facile, ä cause de la
diminution du Bac. coli.
Les microbes de la putrefaction existent toujours dans la flore
humaine normale, mais les anaerobies sont en spores ou en individus
vegetatifs isoles, c'est-ä-dire en teile quantite qu'ils ne peuvent jouer
aucun röle.
II y en est de meme du Bac. Proteus, un des microbes les plus
dangereux de la flore intestinale. On ne le retrouve pas souvent dans
les cultures ordinaires des selles, mais seulement en faisant des cultures
d'elections. La presence est en rapport avec la consistance des selles.
Ce fait du reste, nous le verrons mieux dans la deuxieme partie de ce
travail ä propos de la constipation.
Ainsi, dans les selles des Londoniens, nous n'avons Jamals pu isoler
de microbes qui attaquent la pomme de terre, les soi-disant microbes
de l'hemicellulose. Nous les avons recherche, en faisant de nombreux
essais, mais nous n'y avons jamais reussi. Rarement nous sommes
reussi ä voir la pomme de terre se casser, mais, aussi dans ces cas,
nous n'avons isole que le Bac. p er fr in gen s, le Bac. mesentericus,
le Bac. tortuosus et ses varietes. II en est de meme pour la cellulose.
Le papier de Berzelius ne disparait jamais dans les tubes ensemences
avec des selles humaines. Elle est seulement desagrege.
II y a en effet toute une literature tres riebe sur cet arguraent,
dont la conclusion en est que les auteurs observaient que les microbes
qu'ils isolaient en culture pure, n'etaient pas capables de dissoudre la
cellulose, tandis que en Symbiose eile se dissolvait. II est un fait, pour-
tant, que dans notre pratique nous n'avons jamais observe la dissolution
du papier, mais simplement la desagregation. En outre les tubes avec
la cellulose desagregee donnaient toujours le Bac. perf ringen s. le
Bac. mesentericus et souvent le Rodella III en culture pure. Un
autre fait est celui que nous n'avons jamais observe la dissolution du
papier avec le contenu du grele. En outre, les tubes chauff"es, avec le
contenu du gros intestin, presentent ainsi que les tubes non chauff"es,
la desagregation du papier. Donc il est ä exlure dans notre cas l'action
d'une diastase.
Ces experiences nous demontrent d'abord que les actions qui des-
agregent la cellulose ont leur siege dans le gros intestin et qu'en general
un microbe qui dissout la cellulose, peut-etre, n'existe pas, mais ce fait
€st du ä l'action simultauee de plusieurs microbes.
Or ces microbes que nous avons isoles constamment des tubes de
la cellulose attaquent tous l'amidon. II est etabli d'un cöte que bien que
448 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
ces microbes en culture pure ne desagregent pas la cellulose, ils attaquent
cependant l'amidon et que le fait pour notre microbe ^) de desagreger
le papier Berzelius et d'attaquer l'amidon nous fait penser qu'en
etant le papier un etat d'agregation plus complexe de l'amidon, il est bien
probable que le plus souvent l'action de desagregation que nous observons
dans les tubes avec le contenu du gros-intestin, est du ä ce fait de
l'attaque simultane de ces diflferents germes, dont les enzymes en Sym-
biose auront augmente leur pouvoir diastasique.
II nous faut dire encore un mot sur le groupe des butyriques. On
est tente d'apres Strasburger et Schmidt 2) ä en admettre la pre-
sence, mais tant qu'on n'a pas obtenu le microbe en culture pure, il est
ä la rigueur possible de lui donner un nom, mais on n'a pas le droit
de lui attribuer une fonction qui ne peut-etre que hypothetique. Ainsi,
dans les selles que nous avons examinees, nous avons isoles 4 fois sur
30 cas le microbe butyrique classique, c'est-ä-dire le vibrion butyrique
de Pasteur et ses varietes^). Cette forme differe enormement par la
forme de celle ä citron qu'on voit dans les selles et que selon Stras-
burger et Schmidt appartiendrait au Bac. butyrique.
Nos observations pourtant nous amenent ä ne pas considerer la
forme non isole comme un butyrique. En eifet, il y a parfois teile abon-
dance de ce microbe dans les selles, qu'il leur donnerait certainement
l'odeur caracteristique. Un autre fait qui plaide en faveur de mon
hypothöse, je Tai observe chez les selles des diabetiques. L'odeur de
ces selles est souvent celle de l'acide butyrique et pourtant cette forme
est absente.
Quoique il en soit, il est sage pour le moment de mettre un point
d'interrogation ä cote de ce microbe.
A propos des Spirochaetes ou des vibrions nous n'en avons
Jamals isole de l'intestin normale, en employant aussi les milieux d'election.
Les Spirochaetes de l'intestin, trouves par Werner^) dans sa flore
meme, ne nous apprennent en effect rien sur les conditions normales,
car il a ete malade de dysenterie et de fievre typhoide.
ßole de la flore intestinale.
Dans les probl&mes de la flore intestinale normale, nous mettons de
cote les microbes, dont le pouvoir pathogene est nettement demontre et
qui sont les agents de maladies specifiques. Nous considerons seule-
ment la composition de la flore intestinale chez l'homme normale, qui
n'a Jamals soufi"ert de troubles importants de l'intestin.
II se presente tout de suite une question d'importance capitale. ä
savoir si les connaissances qui se decoulent de nos moyens actuels
d'investigation, nous permettent de nous faire decider de la fonction de
la flore intestinale dans un moment donne. En eifet, les preparations
microscopiques peuvent nous renseigner mediocrement sur la composition
de cette flore ; car la forme de ces microbes est tres variable et ils se
ressemblent entre eux. II y a pourtant un caractere extremement pre-
cieux dans les jugements de la flore intestinale: ä savoir, le comporte-
ment de celle-ci vis-ä-vis du Gram. C'est celui-ci en eifet le meilleur
1) Distaso, Compt. rend. Soc. Biolog. 1911.
2) 1. c.
3) Jungano-Distaso, Les ana^robies. 1910.
4) Ueber Befunde von Darm Spirochäten beim Menschen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I.
Orig. Bd. 52).
Distaso, Contribution ä l'^tude sur l'intoxication intestinale. 449
moyen diagnostic que nous avons jusqu'ä maintenant, car les r^sultats
des cultures sont souvent trompeurs, si trompeurs que, par exemple,
ceux qui ont peu de pratique dans les recherches de la flore intestinale,
ä l'ensemencement des selles d'enfants au sein maternel, qui presentent
presque une culture pure de Bac. bifidus, trouvent ä l'isolement
seulement du Bac. coli. En plus, l'isolement de certains microbes
depend du niilieu de nourriture et d'autres conditions. C'est exemple
est la meilleure röponse ä ceux qui pourraient croire s'assurer avec
l'ensemencement, de la predominance d'un microbe non seulement dans
la flore intestinale, mais dans n'importe quels cas. Retournant ä ce que
nous avons dit ä propos du Gram, il est en eflfet par cette methode
seulement possible cle se rendre compte de la fonction de la flore
intestinale, car les microbes G r a m - positifs , par exemple, sont bien
caracteristiques et bien connus dans leur morphologie, tandis que un oeil
non habitue ne peut pas se rendre compte des formes Gram -negatives.
Ainsi nous sommes obliges encore ä nous servir d'un moyen si grossier,
en attendant mieux. Mais chez l'homme adulte les microbes Gram -positifs
sont rares et jamais predominants. ainsi il nous manque un des meilleurs
moyens dignostiques pour juger de la bonte de sa flore.
Mais dans les problemes de la flore intestinale, nous devons considerer
les agents qu'elle contient et les deceler, dans les unites, car il est
important d'etablir, ce qui est le but de nos recherches, qu'est-ce qu'elle
devient la flore normale dans les etats pathologiques; ä savoir si dans
un organ si sensible comme notre intestin, nous portons dans nous-memes
les agents de certaines troubles du tube digestifs. Ainsi nous serons
oblige ä admettre l'existence des maladies endogenes, dont l'origine se
trouverait dans notre flore intestinale, pour les distinguer de Celles qui
nous sont donnes par les agents, qui seulement occasiounellement nous
nous infectent. Par quel mecanisme s'etablissent les unes et les autres
n'est pas ici le lieu de le discuter.
II y a un fait digne de remarque et qui a l'air d'etre une loi, c'est
qu'en diminuant les matiöres azotees dans l'intestin, la flore microbienne
augmente en nombre et devient plus putrefiante. Donc, le milieu de
nourriture a une grande influence sur le developpement microbien, il est
vrai, mais il faut reconnaitre qu'il existe encore un facteur du plus grand
interet: la stase intestinale. Elle joue un grand röle. Le duodenum
avec son milieu excellent pour le developpement des cultures microbiennes
et par sa röaction alcaline, ne contient presque pas de microbes, tandis
que dans l'extremite de l'ileon, souvent ä reaction acide, et oü il y a
seulement des traces de peptones et de tyrosine, le developpement
microbien est plus considerable, existant une flore qui ressemble presque
ä Celle du coecum. Celui-ci ne contient plus de proteoses, ni de tyrosine
et pourtant le developpement microbien est des plus considerables, c'est
le facteur stase qui joue un grand röle, donc, et que nous ne devons
jamais perdre de vue dans nos considerations. En d'autres termes, le
gros-intestin par ce fait, serait un vrai tube de culture.
En somme, pauvrete du milieu en substance utilisables, manque de
Sucres, stase intestinale, reaction neutre en generale du gros-intestin,
nous expliquera la composition de sa flore.
Elle doit donc etre formee surtout par des microbes, qui s'adapte
ä ces conditions. Le Bac. coli et les microbes asaccharolytiques, qui
peuvent vivre aux depens de la molecule degradee de l'albumine, sont
ceux qui s'adaptent le mieux ä ces conditions. C'est eux surtout qui
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Hcft 6. 29
450 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
pourraient vivre dans ce milieu, c'est eux qui pullulent, dominent et
donnent le cachet ä la flore de l'adulte. C'est eux qui doivent pre-
senter dans une flore d'homme soi-disant Lien portant, les microbes pre-
dominants, car les conditions du milieu qui se sont formees dans les
gros-intestin de l'homme adulte, sont favorables ä leur developpement.
La coraposition de la flore intestinale est ä la dependance du milieu,
eile est soumise ainsi aux lois biologiques-generales qui reglent les etres
vivants. Un autre exemple typique de cette loi de biologie generale est
la flore de l'enfant au sein maternel. La composition speciale de sa
nourriture permet qu'une flore tout ä fait particuliere, la flore ä Bac.
bifidus, s'installe.
Evalue les choses dans leur justes termes, il ne reste que deux
groupes de microbes tres dangereux pour la flore normale: le groupe
du coli et staphylocoque et celui des microbes asaccharolytiques qui sont
eminemment indologenes. Sont eux qui doivent attirer notre attention,
car leur quantite predominante dans la flore normale de l'adulte, nous
fait voir qu'ils developpent leur activite et leur produits et par con-
sequent sont dangereux.
Mais il y a une Observation qui nous semble tres interessante, c'est
que la flore normale de Thomme adulte, comme eile est composee, est
pr6cisement ä peu de choses pres de celles que nous avons demontree
dans la premiere phase de la putrefaction intestinale. Ä savoir, predo-
minance absolue de coli, des coccis, quelques microbes du groupe des
acido-tolerants et quelques exemplaires du type du Rodella IIL En
d'autres termes, dans la flore intestinale de Thomme adulte, les microbes
predominants sont ceux que nous avons decrits comme putrefiants et
qui ne peuvent jouer qu'un röle nefaste. En eff'et, envisageons la com-
position du contenu du gros-intestin, d'abord, et ensuite la biologie de
ces microbes. Le gros-intestin de l'homme adulte est depourvu de sub-
stances sucrees. C'est une coudition qui ne permet pas aux microbes de
la flore normale de jouer un role bienfaisant. On a decrit, en eff'et
[Bien stock, Tissier^)], que le Bac. coli est capable d'empecher
une putrefaction en presence de Sucres, mais cette fonction ne peut-etre
exerce ä cause du manque de cette substance. Deuxiemement, si ce fait
est vrai in vitro, il n'est pas du tout exact dans les conditions du gros
intestin. Comme on verra dans mes etudes sur la putrefaction in-
testinale, le Bac. coli en presence de grande quantites de Sucres ne
deploie aucune action empechante. Donc les microbes doivent s'adresser
a des substances decomposees de la digestion et c'est precisement avec
ces substances qu'ils fabriquent les poisons nuisibles ä l'organisme. C'est
au Bac. coli et aux microbes asaccharolytiques que revient principale-
ment l'honneur de produire par leur activite biologique ces substances
toxiques. C'est sur le Bac. coli qui s'est portee la plus grande partie
des etudes biochimiques, parce qu'il est le microbe de la flore normale plus
facile ä isoler. C'est lui dont nous connaissons mieux le metabolisme
et dont nous voudrons mettre en lumiere toute l'oeuvre nefaste. II
donne des produits de composition trös simple comme indol, scatol
oxyacides aromatiques, mercaptane, HgS, leucine, tyrosine, les bases
hystoniques [histinine, arginine, lysine -)J. La guanine et l'adenine se
changent, selon Schittenhelm et Schröter, sous l'influence du
Bac. coli en xanthine et hypoxanthine.
1) Tissier et Martelly, 1. c. 1902.
2) Belenowski, Biochem. Zeitschr. Bd. 6. 1907.
Distaso, Contribution a l'^tude sur rintoxication intestinale. 451
Oll peut trös bien se rendre compte in vitro de ce qui se passe
dans l'intestin. Oii prend un cube de blanc d'a3uf cuit dans du bouillon
alcalin, on lui fait subir une premier attaque au moyen de la trypsine,
on detruit ensuite la trypsiue avec la chaleur et od y ensemence du
Bac. coli. Aprhs quelques jours l'attaque du blanc d'ceuf est poussee
plus loiu, il devient plus transparant et se fragniente. Quand on ouvre
le tube, on sent une puanteur infecte.
Quant au röle bienfaisant qu'on lui a attribue et que Bienstock
soutenait encore tout recemment, en s'appuyant sur le travail de Con-
radi^) c'est-ä-dire l'action desinfectante exercee par l'autotoxine du
coli, ce röle n'est nullement demontre. D'autre part le coli-bacille est
dangereux par l'intoxication qu'il produit. En etfet, Baginski pretend
que le coli forme des ptomaines et S c h w e n c k , H e n k e 1 m a n n et
Mir coli ont decrit des intoxications ä coli-bacille. Cette intoxication,
c'est-ä-dire cette resorption permanente des produits de la putrefaction,
qu'il opere, donnerait lieu, selon Metschnikoff, non seulement ä des
maladies intestinales chroniques et aigues, mais ä une intoxication de
l'organisme par usure chronique des elements cellulaires nobles et
amenerait la plus utile, peut-etre, de nos glandes, le foi, ä se surmener
pour operer la defense de l'organisme.
En ce qui concerne le Bac. Rodella III, le streptocoque intesti-
nale, l'enterocoque et le Staphylococcus pyogenes et le groupe
des microbes asaccharolytiques, il est hors de doute qu'ils ne sont pas
des microbes bienfaisants pour lorganisme humain. Outre , que Tun
d'eux est proteolytique, les autres resistent tres bien dans les processus
de la putrefaction et ils sont presents dans chaque processus patholo-
gique, oü ils semblent acquerir une vigueur tout ä fait speciale, parti-
culierement dans les diarrhees. Or, un microbe dans ces conditions ne
peut-etre bien faisant. Mais nous avons une autre Observation ä faire
sur ce sujet. Dans la putrefaction en eftet les coccis n'etaient jamais
capable de l'empecher, meme en presence de Sucres, au contraire, leur
presence se manifestait toujours pas une puanteur manifeste.
Ces microbes seront ä double face: ils seront capables d'un cote
de donner des acides et d'un autre cote d'etre des putrefiants.
Selon nous, donc, tous ces microbes sont malfaisants dans les con-
ditions de notre gros-intestin ; aussi ces microbes de la putrefaction, s'ils
sont actifs, leurs activite doit s'adresser ä la molecule d albumine degrad^e
ou ä la Peptone et determiner de la meme maniere Tintoxication.
Arrive ä ce point, il est tout ä fait naturel de nous demander quel
usage nous devons faire des ditferentes conceptions emises par les auteurs,
sur l'existance d'une flore obligat oire et d'une flore acci deu-
te lle. On serait tente de l'admettre apres nos etudes sur la putröfaction.
Mais comme nous montrerons ailleurs, la putrefaction de la paroi de
l'intestin et la putrefaction des selles sont choses bien dififerentes de ce
que nous observons in vivo. La putrefaction repond a une conception
bien deünie-) et qui n'a rien ä voir avec les choses in vivo. Au fond
il est difficile d'observer dans la flore intestinale la disparition d'une
esp^ce microbienne, car il faut penser ä la longueur du gros-intestin et
au coecum qui fonctionne comme une pepiniere, tandis que dans la
putrefaction ce fait est frequent. Elles sont plus persistantes qu'on ne
1) Münchn. med. Wochenschr. 1905.
2) Distaso, Centralbl. f. Bakt. etc. 1912.
29*
452 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
croit; elles diininuent seulement ä cause du milieu qui leur devieiit
defavorable, mais elles sont pretes ä reapparaitre des qu'elles regoivent
de quoi se nourrir: en d'autres ternies, comme nous l'avons explique
auparavant, nous observons une tluctuation dans la flore microbienne,
d6pendant seulemeut de la nourriture. Les microbes ou groupes de ces
microbes, ne disparaissent jamais de la flore intestinale, ils y demeurent.
c'est gräce ä ce fait que apres des troubles intestinaux. nous reconstituons
ä nouveau nos moyens de defense dans l'intestin. Cette distinction, donc,
outre ä n'avoir aucune base, n'a aucune valeur theoretique ou pratique.
De notre groupement. on voit aisement que le gros-intestin est un
Organe autonome, oü les fonctions digestives s'accomplissent d'une maniere
tout ä fait differente de celle du reste du tractus intestinal. C'est un
Organe adapt6 pour accomplir une digestion secondaire, se basant sur
un principe diiferent. La physiologie vient ä l'aide de la morphologie,
ä savoir que cet organe s'est forme en vue d'une fonction nouvelle, et
il est tout ä fait recent dans la phylogenie.
C'est une condition etrange que la phylogenie a donne lieu ä la
formation d'un organe qui ä cause de notre existence est devenu la
source de nos malaises et d'un gaspillage d'azote. En outre, les produits
61abores dans le gros-intestin, par les microbes intestinaux, et resorbes
par l'organisme, amenent la plus precieuse des glandes, le foie, ä un
travail de secretion anormal pour pouvoir fabriquer les sulfoconjugues.
Pensons ä la correlation entre Texistence du gros-intestin et la fonctions
nouvelle ä laquelle le foie est oblig^, et on voit tout de suite que par
des consideration sur la flore intestinale, on peut jeter un nouveau jour
sur le chapitre des maladies du foie.
Nous avons parle du milieu, de la stase intestinale, mais nous n'avons
pas encore fait mention d'un fait de grande importance, la longueur du
gros-intestin et l'evolution de la flore intestinale de l'enfant ä Thomme.
La flore intestinale de l'enfant au sein maternel est composee. comm'on
sait, presque exclusivement d'un seul microbe, dont la fonction principale
est certaiuement celle d'aider le peristaltisme du gros-intestin. On peut
tirer cette conclusion du fait que les selles de l'enfant au sein, sont toujours
comme une bouillie et qu'elles sont frequentes. Mais cette harmonie splendide
est derangee des que l'enfant change sa nourriture naturelle. En eöet.
l'enfant au lait de vache est souvent constipe. En ayant souvent le
microbe predominant se rapprochant pour ces caracteres aux proprietes
du Bac. bifidus, pourtant ä cote de lui pousse une quantite de mi-
crobes, qui sont capable de neutraliser ses effets. Nous voyons dejä
dans ces enfants, nourris au lait de vache, des desequilibres dus ä leur
flore intestinale.
Ces deux exemples ne pourraient pas etre plus evidents en ce que
concerne les effets de la flore intestinale sur l'organisme. Avec Tage, ce
desequilibre tend toujours ä s'accentuer, parce que deux causes de grande
importance interviennent pour aggraver la Situation : la nourriture fami-
liale et le developpement du gros-intestin. La premiere cause est cer-
taiuement de grande importance pour les enfants. Ils sont mis en eft'et
ä une nourriture qui leur est tres peu adaptee.
Le Bac. bifidus commence a diminuer, ä ne se trouver quen
quelques exemplaires seulement, l'äcetogene ß commence a prendre sa
place. II se substitue peu ä peu et remplit ses fonctions. II est en
eff'et plus resistants aux poisons de la flore intestinale. (L'äcetogene a =
acidophilus Moro, est saus la dependance d'une nourriture speciale, le
Distaso, Contribution ä l'^tude sur l'intoxication intestinale. 453
lait de vache, ainsi il est trös rare daus les selles de personnes qui n'en
fönt pas usage). Ensuite, avec Tage aussi ce microbe tend ä diminuer; il
fait place ä d'autres microbes, la Üore grainn6gative s'etablit et predomine.
C'est un fait dont cliacuii peut se rendre compte en comparant les selles
des membres d'une meme famille, soumise au meine regime. Cette Evo-
lution des microbes acetogenes jusqu'ä leur presque disparition, comme
c'est le cas de l'horame adulte, nous raontre avec la plus grande clartE
que chacun de ces microbes, bifidus et acetogenes, est en stricte relation
avec les dechets de la digestion et avec la longueur du gros-intestin.
Suivons maintenant la transformation de la flore dans l'intestin de l'indi-
vidus adulte.
Dans le coecum nous trouvons encore des conditions favorables pour
la poussöe des microbes acetogenes. Ils y tombent, en effet, une certaine
quantite de Sucres et les microbes du bout d'ileon. Cette condition
n'est pas certainement uegligeable dans nos considerations. Mais bien-
töt que dans Imtestin commence le moulage des selles, la destruction
des Sucres est d6jä complete. La Üore commence ä se transformer rapide-
ment, il est facile alors de voir que la flore G r am -negative prend une
place considerable.
Ici entre en sc^ne, comme on voit, la longueur du gros-intestin, Les
peu de Sucres que les sucs digestifs laissent tomber dans le coecum sont
detruits en place et il en reste plus pour le reste des segments in-
testinaux. De ces observations derivent des reiuseigne-
ment trös precis; ä savoir, disparition des Sucres, mou-
lage des selles et formation de la flore Gram-negative.
Chez les enfants au sein maternel, au contraire, le gros-intestin etant court,
ne permet pas meme le moulage des selles, car il est inonde de Sucres et
il est Stimuli fortement par les microbes qu'y existent. Le passage ra-
pide est donc du ä ces faits que nous avons exposes. Dans l'enfant au
lait de vache d'autre cote, oü les sucres sont en moindre quantite et la
caseine, nourriture excellent pour les microbes, en quantite teile qu'elle
est expulsee avec les selles par la plus part non digeree, permet ainsi
la poussee d'une flore peptolytique et proteolytique indologene et etabli
des ce moment les conditions de l'adulte, c'est ä dire, le moulage des
selles et des desequilibres dus ä la flore intestinale. II est evident, donc,
de ce que nous venons d'exposer, que les changements de la flore in-
testinale de Tenfant ä l'adulte sont dus principalement ä deux causes : ä
la nourriture et ä l'allongement du gros-intestin.
L'etude de la flore intestinale de l'homme adulte nous a permis de
constater sa fonction principalement indologene, c'est-ä-dire qu'elle donne
lieu ä d^s substances qui sont capables d'irriter la muqueuse intestinale
et ils auraient une action sur les nerfs ou sur le reseau nerveux sous-
muqueux, de maniere qu'ils peuvent determiner des desordres dans les
mouvement normaux ou peuvent avoir un pouvoir exitant ou inibiteur sur
ce reseau nerveux, Cette flore, donc, fait de chaque individu normal un
candidat aux troubles intestinaux, car eile n'a aucun pouvoir regulateur
sur le gros-intestin. C'est en suivant cette route que nous sommes
amene ä considerer la flore intestinale comme un element tres nuisible.
Cette tendance aux variations, cette sorte de sensibilite sont si grands
que n'importe quel processus pathologique genöral ou siögeant en quel-
que autre lieu de l'organisme, a une repercussion immediate sur les
conditions ordinaires du gros-intestin et de ses fonctions. Mais le gros-
354 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
intestin etant lä, son bon fonctionnement et par consequent celui de lor-
ganisme entier, depend de la flore microbienne qu'il heberge.
On doit etablir, donc, entre les desharinonies une harmonie d'adaption.
avec des microbes ä action lente sur les Sucres, et donnant des acides a
noyau simple. Ces acides seront capables de stimuler la paroi intestinale,
tandis que les microbes qui donneut des acides ä noyau complexe, tels
(jue les microbes putrefiants, n'ont aucun action sur la paroi intestinale
et par consequent produisent des ordres du contenu intestinal avec ses
degats. L'ideal est la flore de l'enfant au sein maternel, c'est vers lui
que nous devons tendre nos eiforts, en cherchant ä transformer la flore
intestinale et a la ramener le plus pres possible de cette flore intestinale
et parfaite.
IL
Coiitribution ä l'dtude de la flore humaine ä T^tat pathologique.
Flore intestinal des constip^s.
Nous apporterons dans ce travail notre premiere contribution ä
l'etude de la flore intestinale pathologique de Thomme. Nous commen-
cerons avec la flore des constipes et nous essaierons de demontrer les
rapports qui existent entre la constipation et l'intoxication et ensuite de
demontrer qu'elle est la source de cette intoxication.
En d'autres termes nous aurons ä demontrer:
1° Si la constipation est une source de poisons.
2° Qu'elle est l'origine de ces poisons.
S*' Qu'elle est l'organe oii s'elaboreut ces produits.
4^ S'il existe une relation entre cet organe et l'intoxication. la re-
section ou l'exclusion de cet organe doit mettre fin ä l'intoxication.
C'est precisement ce que nous allons essaj^er de demontrer apres
nous etre servi d'un materiel humain, tres considerable, que nous avons
eu la Chance d'avoir entre nos mains pendant longtemps ä Londres dan§
la clinique du D'' Lane.
En suivant cette route, pour pouvoir arriver ä des conclusions, il
fallait d'abord etudier la flore des constipes. Mais donnons avant tout
les signes cliniques, qui nous permettent de connaitre un constipe.
Arb. Lane^) les resument ainsi:
l^* Maux de töte.
2° Vomissement qui peuvent conduire ii un mauvais diagnostic.
3" Manque d'app^tit.
4° Amaigrissement.
5" Circulation g^närale d^fectueuse (les pieds et les mains froides).
6° Apathie intellectuelle
Ce sont les symptomes subjectifs; en outre il y aiira les symptömes objectifs et
ce seront les principaux:
7" Constipation opiniatre.
8" Mauvaise odeur de la bouche.
9" Gaz qui fönt ballonner le ventre et qui se insolvent par l'emission anale.
10° Douleur dans les muscles.
11" Couleur de la peau pale ou brune, avec des täches particuliferement sous les
yeux, dans la r^gion axillaire et la r^gion inguinale.
12" La poitrine montre les signes de la mastite chronique.
Ce tableau clinique nous donne, donc, la pleine conviction que en
eff'et les constipes sont des intoxiques chroniques. II nous reste main-
tenant ä ötablir qu'elle est la source de cette intoxication chronique.
1) Klinische Vorlesung über die Schleifen etc. (Berl. klin. Wocheuschr. 1911. No. 17.)
— Harold Chappele, Chronische Darmstase. (Ibidem.)
DistaBO, Contribution ä l'^tude ßur Tintoxication intestinale. 455
Ainsi etudions la flore microbienne des selles d'un constipö typique, pour
nous rendre compte des processus qui se passent dans son gros-intestin ^).
Les preparations montrent d'abord des substances qui s'attaquent
au port-objet, comme des saletes et qui jamais ne se retrouvent chez les
individus normaux. Un caractere essentiel, c'est que cette flore manque
ou presque de microbes Gram-negatifs; on voit des petits batonnets du
type Diplobacillus acuminatus, quelques autres rigides et un peu
plus longs qui rappelent le Rodella III, des coccis petits et grands,
quelques rares coccis qui ne prennent pas le Gram et une grande
quantite de spores de diiferente taille.
La figure 2 que nous donnons (voir planche) montre ces choses mieux
qu'une longue description. Donc les caracteres de cette flore sont:
P Diminution absolue de la quantite des microbes.
2^ Disparition presque complete des microbes Gram-negatifs.
3*' Abondance presque extraordinaire de spores.
La flore, comme on voit, est reduite. L'aspect exterieure des selles
est aussi tres caracteristique. EUes sentent horriblement le seatol, sont
Seches et friables, noiratre et faits de petites crottes non soudee l'une ä
l'autre et ressemblant ä des crottes de chevre. Souvent ces crottes sont
luisantes, autrefois presentent du mucus ä l'exterieur.
Employons ici la meme technique qui nous a servi precedemment
et nous trouverons que beaucoup de microbes ont disparu et il n'est
pas possible de les isoler meme avec les milieux d'election, II y a exep-
tion pour les microbes sporules, qui sont en quantite extraordinaire.
Avant de continuer, il est necessaire de reconnaitre les formes vege-
tatives se trouvant en tres petit nombre, quand nous parlerons de mi-
crobes de la putrefaction oü d'autres, il faudra leur donner la juste place
dans les fonctions qu'ils peuvent jouer.
II faut ajouter que parfois on trouve des constipes chez lesquels le
Bac. bifidus est represente, entre la petite quantite de formes vege-
tative qu'on voit. Mais le groupe des microbes asaccharolytiques est
dans la pluspart des cas absent. En effet ce groupe est compose de
formes tres delicates qui ne resistent pas ä ces mauvaises conditions du
milieu, oü ils sont les premiers ä disparaitre, comme dans chaque Pro-
cessus de putrefaction. Le groupe des microbes indologene est repre-
sente en large proportion, mais seulement en ce qu'il s'agit des microbes
sporules, tandis que les microbes fragiles, comme le Bac. coli, le
Bac. Proteus, le Bac. pyocyaneus et meme le staphylocoque sont
absents. Parfois il suffit d'un ensemencement en gelatine profonde pour
apprendre la condition du sujet en question. La gelatine dans les cul-
tures de flores de constipes ne se liquifient pas habituellement. Fait tres
curieux, un gargon de notre laboratoire constipe, qui souff're de furon-
culose, chez le quel nous avons isole le staphylocoque des furoncles, n'a
point le staphylocoque dans ses selles.
Nous avons enonce, dans la I""® partie de ce travail, le fait que la vie
de certaines especes microbiennes, Bac. proteus, Bac. pyocyaneus,
est en rapport avec la consistance des selles.
Cette hypothese ne pourrait pas trouver meilleure confirmation que
dans les faits que nous avons enonces precedemment. Mais nous avons
1) Nous donnerons un type qui ponrtant est le type extreme que nous avons choisi.
Deux femmes ag^es l'une de 45 ans, l'autre de 32, qui allaient ä la seile, l'une tous les
cinq jours, l'autre tous les 7 jours.
456 CentralbL f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
voulu nous reodre compte de ces faits tres importants et nous avons
employe la methode comparative. Nous avons compare les resultats
obtenus par rensemencenient d'une parcelle de selles de constipe dans
la gelatine avec ceux obtenus dans les memes conditions par l'ensemen-
cement de selles d'enfants et d'adultes normaux. Les resultats etaient
que dans les selles d'enfants le stapliylocoque apparait le premier et
ensuite le Bac. proteus, mais leur presence etait constante. Dans
les selles d'adulte leur presence et la duree de leur apparition depen-
daient toujours de la consistance des selles. Plus la seile est molle,
plus rapide est la Proteolyse — plus eile est dure plus cette Proteolyse
met du temps ä se former ou bien eile ne se forme pas du tout.
Ces observations peuvent-elles nous faire nier la presence de ces
groupes de microbes dans l'intestin des constipes? Certainement non.
— Car tout d'abord dans les 3 coecums des 3 constipes que nous avons
examines, le Bac. proteus et le staphylocoque etaient toujours presents,
ensuite, chez les hommes depourvus de gros-intestin ils existent aussi,
comme nous le verrons prochainement. Par consequent, il est bien sür
que ces microbes accomplissent leur oeuvre dans les parties superieures
du Colon et que dans les parties inferieure seulement ils disparaissent.
Donc, dans la constipation il y a une disparition des microbes incapables
de donner des spores, qui ne peuvent pas resister ä une secheresse du
milieu, tandis que les microbes qui possedent les spores se reduisent ä
leur forme de resistance. C'est le meme processus que nous avons ob-
serve, d'ailleurs, dans la putrefaction des selles. En effet nous avons
montre dans un travail precedent^) qu'une petite quantite de selles
mise ä putrefier dans un tube sterile ä 37 ^ montre apres peu de
temps, les memes phenomenes, c'est-ä-dire flore reduite ä des formes
Gram -positives, en plus grande partie formees de coccis, et de quelques
bacilles du type du Rodella III. Ces resultats sont tres significatifs,
car on peut conclure par analogie que le processus est le meme que
dans Tintestin des constipes.
Donc, dans le gros-intestin des constipes il s'ebaucherait une v6ri-
table putrefaction, tout ä fait semblable ä celle que nous voyons dans
les selles in vitro. Coustatation tres importante et tres grave en ce
qu'il s'agit de l'empoisonnement de cette categorie de personnes. En
effet, il est evident que les microbes s'autolisent et sont capables de
faire sortir toutes les substances que le corps microbien contient, A
l'intoxication par la secretion de ces microbes, s'ajouterait une intoxication
plus grave encore, celle de l'autolysat des microbes.
Nous avons compare ensuite l'aspect et la composition des selles
des constipes avec ceux de selles d'animaux carnivores des la naissance
et qui sont des constipes, comme la panthere et le lion. Eh bien, l'as-
pect des preparations microscopiques est le meme, comme sont egalement
les memes les resultats que nous avons obtenus par les ensemencements.
Ces constatations sont importantes, car il est etabli que ces animaux
vivent trös peu et sont des intoxiques chroniques.
Nous avons demontre dans la premiöre partie de ce travail, que la
flore normale de l'homme adulie est dangereuse pour l'organisme, nous
venons de demontrer que ciiez les constipes il y a un commencement
de putrefaction avec autolysat des corps microbiens, dont les produits
1) Compt. rend. Soc. ßiol. 1912.
Distaso, Contribution ä l'etude eur l'intoxication intestinale. 457
conime, nous l'avons esquisse dans notre travail sur la putrefaction ^),
constituent des poisons trhs nocifs pour l'individu.
On ne peut, donc, pas nier qu'il existe une relation tres etroite
entre TiDtoxication d'un c6t6, la constipation et l'aspect tr^s particulier
des selles de l'autre. II est fort probable que le gros intestin avec
son Processus de putrefaction est la source de ces malaises, ce que en
efifet nous pouvons demontrer chez des individus auxquels Arb. Lane
a enleve le gros-intestin.
Mais il faudra demontrer quel est le siöge de la constipation et
comment eile se fait. Nous n'avons pas la pretention ici de demontrer
jusqu'ä la cause premiöre. Nous voulons partir dans nos considerations
des faits que chacun peut observer. Une premiere constatation est que
le Colon dans la constipation est rempli de matieres. Donc il est bien
possible que le premier organ qui doit etre trouble est le gros-intestin,
et il se peut que la stase fecale dans le coecum soit la cause premiere.
II arrive que le coecum par son poids devenu considerable est döplace
de la Position normale et qu'il entrainent dans son deplacement les liga-
ments qui cedent en s'allongant, mais il s'ensuit aussi par d'autres liga-
ments qui ne s'allongeant pas, determineront en d'autres parties de
l'intestin de veritables plies ou condures, dont les consequences seront
d'apporter une nouvelle cause d'arret aux matieres dans l'intestin.
Ce que nous venons d'expliquer n'est pas une vue de l'esprit, mais
un fait que nous memes nous avons observe gräce ä l'obligeance de
M"" Lane.
Lane pense qu'il faut chercher lä la cause de l'appendicite outre
Celle de la constipation. II dit en effet ä page 4: «Again, as in the
case of appendice the strain exerted upon the fixed portion of the ileum,
serves to reduce the calibre of its lumen and to produce an obstruction
to the passage of faecal matter through it so damming back the material
in the small intestin. This faecal accumulation remaining for an anormally
long period itself undergoes changes and produces alterations in the in-
testins, which are experienced as discorafort, pain or distress by the
patient.»
Dans ces conditions il genera les fonctions du bout de l'ileon et
par consequent cet organe sera remplis de matieres qui ne seront pas
evacuees dans le temps normal et troubleront le mecanisme de la valvule
ileo-cecale. Ces conditions auront pour effet de distendre les parois du
bout inferieure de l'ileon, de leur faire perdre leur elasticite ou d'amener
l'atrophie de la valvule ileo-cecale. II en resultera l'obstruction ou le
mauvais fonctionnement de la valvule et ainsi les faeces seront arretees.
Cette hypothese regoit un appui des recherches de Gottwald
Schwarz ^).
Selon cet auteur, en effet, le gros-intestin acquiert dans la constipation
une hypermotilite, mais les mouvements dösordonnes et courts qui ont
lieu, determineraient l'aspect special des selles en formes de crottes.
Ces mouvements desordonnes feraient ensuite que les selles ne suiveraient
pas une direction, mais sont poussöes au dessus ou au dessous de la
portion de l'intestin, que se contracte de sorte qu'elles seront epuisees
dans leur contenu aqueux et d6ss6chees, comme c'est le cas quand on se
1) Centralbl. f. Bakt. etc. 1912.
2) Zur Physiologie und Pathologie der menschlichen Dickdarmbewegungen. (München,
med. Wochenschr. 1911. No. 28.)
458 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
met ä faire avec les mains des balles de substances moUes qu'on veut
durcir. Les observations de ces auteurs nous expliquent donc dejä la
forme et la consistance des selles chez les constipes. (Faits dejä ob-
serves par C a n n o u sur le chat.) Une Observation plus importante est
Celle qui ait faite par Schwarz, qui etablit que la duree de Stagnation
des selles dans le bout inferieur de l'ileon, chez les constipes, est de
8 heures (normalement est de 3 ä 5 heures) et que la sortie des matieres
par la valvule ileo-cecale est tres rallentie.
Ces observations faites sur le vivant, avec les rayons Roentgen»
sont la meilleure preuve de l'hypothese que nous avions dejä etabli dans
une lettre ä notre maitre M"" Metchnikoff.
Qu'est-ce qu'il en sera de l'hypothese soutenue par Schmidt^)
que les constipes absorbent mieux la nourriture? Certainement le
vaillant savant voulait dire que les constipes absorbent mieux les
poisons intestinaux, car comme l'experience d'Albu sur le chien
et comme l'etat des constipes le demontre, les microbes intestinaux ne
peuvent pas donner des produits utilisables pour l'organisme, mais des
poisons.
Donc, la constipation aurait comme cause primaire une stase dans
le coecura, qui amenerait par reflexe une stase dans le bout inferieur de
l'ileon et un desordre dans les fonctionnement de la valvule ileo-cecale.
La difficulte du passage des matieres ä travers cette valvule, apporterait
un desordre dans la peristaltisme du gros-intestin. Les mouvements
desordonnes qui en resultent vont determiner la formation des crottes
et celles-ci par leur action irritante sur la paroi vont determiner ainsi,
l'inflammation de la muqueuse intestinale. Cette inflaramation est un fait
de grande importance. C'est la premiere chose, en effet, qu'un constipe
nous dit «j'ai des douleurs dans le ventre».
III.
Etnde de la flore intestinale des honimes d^pouryas de gros-intestin.
Apres r^tude sur la constipation que nous avons donne, il est neces-
saire pour demontrer avec certitude que le gros-intestin est le siege de
r^laboration des poisons. d'etudier la flore des hommes depourvus de
gros-intestin.
Nous verrons, tout d'abord, dans ce chapitre, si le gros-intestin est
un Organ utile ä l'espece humaine et si l'homme peut se passer de lui,
qu'ell'est la condition de nos operes et si leur condition est changee gräce
au changement de leur flore.
II est connu en effet que le gros-intestin est un reservoir des dechets
alimentaires. Le dernier travail de Metchnikoff ^) etablit que le gros-
intestin heberge normalement le Bac. perfringens (Welch), le
Bac. putrificus (Bienstock-Tissier) et le Bac. sporogenes
(Metchnikoff): trois microbes qui par leur pouvoir proteolytique sont
capables de donner Heu ä des substances tres nuisibles comme par exemples
les ptomaines [Berthelot]-*), qui, absorbees et jetees dans le courant
sanguin, provoqueraient de veritables empoisonnements.
Cette putrefactions in vivo est rendue possible par la Constitution
meme du gros-intestin et par sa fonction.
1) loc. cit.
2) Compt. rend. de l'Acad. de scienc. 5 octobre; Annal. Paeteur. 1908.
3) Annal. Instit. Pasteur. 1909.
Dietaso, Oontribution k l'^tude sur l'intoxication intestinale. 459
En effet Metchnikoff^ a etabli que le gros-intestin est un organe
cenogenetique, c'est-ä-dire de formatiou recente dans la phylogönie, düe
ä notre parente avec les singes.
II serable demontre que cet organe, bien qu'il joue le role d'organe
d'excretion du calcium et du fer, n'est capable d'aucune fonction digestive.
Les cas de digestion cecale que l'on ä decrits, sont dus ä ce que avec
le bol alimentaire, passe toujours, ä travers la valvule ileo-cecale une
certaine quantite de suc digestif de l'ileon. On ne peut pas non plus
invoquer l'exemple des personnes nourries ä l'aide de lavements ali-
mentaires, car, il parait de tout evidence, que les substances ajoutees
passent la valvule ileo-cecale et sont digerees dans l'ileon.
Nouspouvons, donc, retenircommeacquisque l'oeuvre de desintregation
dans le gros intestin est due ä des microorgauismes. Le cas des herbi-
vores est demonstratif. Chez eux le gros-intestin est le siege d'une
active fermentation bacterienne, qui permet la deconiposition et par con-
sequent l'assimilation des aliments renfermes dans les cellules vegetales.
Metchnikoff^) a attire l'attention sur la correlation qui existe entre
la fermentation dans le gros-intestin des herbivores et la brievete de
leur vie.
Les carnivores et les omnivores (l'homme compris) retirent-ils quelque
benefices de cette digestion dans le gros-intestin? II semble, au contraire,
qu'elle est dangereuse comme nous le demontrerons. A cause de ses con-
ditions d'existence, Thomme civilis^ se nourrit avec des aliments qui
donnent tres peu de substances inattaquables par les sucs digestifs.
Les dechets alimentaires auxquels revient le röle d'exciter la reaction
et le peristaltisme intestinal sont ainsi reduits en teile proportion que
la fonction s'en trouve amoindrie. On peut citer comme exemple ces
Japonais qui ont laisse de cöte leur regime vegetarien habituel et voulu
se mettre au regime exclusiveraent carne. L'apporte de cellulose leur
faisant defaut, les evacuation intestinales se firent rares et ils presenterent
de ce fait divers symptömes d'empoisonnement.
Le gros-intestin de l'homme actuel est, donc, place dans des mauvaises
conditions fonctionelles. C'est une loi biologique qu'un tel organe, dans
de telles conditions, s'atrophie et degenere et il est hors de doute que tout
Organe en vie de regression est particuli^rement expose aux maladies.
Le gros-intestin apres l'appendice, en est un exemple frappant.
Si nous reflechissons qu'il s'agit d'un organe, dont le bon fonctionne-
ment depend de la nature des substances ingerees et qui ne peut se
passer d'un stimulant pour entrer en action, nous nous rendrons compte
aisement combien il est expose ä la stase alimentaire. C'est au nom de
ces faits que Metchnikoff ^) a pense que l'ablation du gros-intestin
serait une bonne condition pour prolonger la vie humaine.
Le D'' Arb. Lane^) le hardi Chirurgien anglais, expose dans ses ecrits
les mefaits de la constipation. Nous revenons, pour la documentation
sur le sujet, ä sa monographie et ä ses articles. Nous nous bornons
ä noter que d'accord et independemment Tun de l'autre, Metchnikoff
et Lane, le premier au laboratoire et le deuxieme devant la table
operatoire, ont etabli que les organes en degenerescence sont eminemment
1) Etudes sur la nature humaine. Paris (Maloine) 1908.
2) loc. cit.
3) loc. cit. et Essaies optimistes. Paris (Maloine) 1907.
4) Remarks on the results of the operative Treatment. etc. (Brit. med. Journ. 1908.)
— The operative treatment of chronic constipation. London (Nisbet) 1909.
460 Centralbl. f. Bakt etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
capables de donner lieu ä des Processus pathologiques tels que la tuber-
culose et le Cancer et de produire des maladies de la nutrition qui sont
parnii les plus graves.
Dans l'espoir de serrer de plus prös la question, sur les indications
de mon maitre M"" Metchnikoff, nous avons examine sur place, en
Angleterre, plusieurs operes de M"" Lane.
Nous avons nous meme suivi plusieures Operations, nous avons
nous meme notö les cas et nous les avons suivis pendant une dur^e de
3 ans. L'experience est assez longue pour nous permettre de porter un
jugement sur la question. Nous avons vu 36 cas. Temps et nombre
de malades sont suffisants, croyons nous, pour pouvoir nous permettre
des conclusions ä ce sujet.
Mais avant de passer ä l'autre partie de ce travail, il est necessaire
d'etablir d'abord si on peut faire l'ablation du gros-intestin sans danger
pour l'organisme.
Les etudes que nous mentionnons ont des bases physiologiques ; sont
des veritables experiences de laboratoire et ne craignent aucune critique.
Les limites de la resection du gros-intestin.
Arb. Lane, comme nous l'avons dit, dhs le 1906 faisait la resection
du gros-intestin chez les constipes. On se demandera si cette Opera-
tion est physiologiquement possible. C'est precisement le travail d'Al b u ^)
qui nous donnera les meilleurs donnees, car il s'est place au point de vue
experimental. II a opere sur des chiens. D'abord il experimentait pour
se rendre compte si le chien sans son intestin grele ou partie pouvait
vivre. II abouchait le duodenum dans le colon et d'autres fois le pylore
directement dans le colon.
Tous les chiens presentaient une diarrhee profuse, accompagnee
d'amaigrissement rapide. Les chiens mourraient en quelques semaines.
Donc, il concluait, la cachexie m orteile resulte evidemment de l'insuffi-
sance de la digestion et de l'absorption. La diarrhee selon cet auteur est
causee peut-etre par la violente Irritation de la muqueuse du gros-intestin
sous l'influence du chyme incompletement elabore. Quoique nous n'ayons
pas vu les selles de ces chiens, il est probable qu'il se developpaient lä
une flore proteolytique ä biochimisme tr^s actif, comme c'est le cas de
la nutrose et de la peptone injectees dans un intestin mis ä l'etuve ä
putrefier.
(Ces resultats importants sont ä comparer avec les troubles de
l'apparail digestif. Les substances qu'on y introduit et qui ne sont pas
attaques par les sucs intestinaux, arrivent dans le gros-intestin et produi-
sent le meme effet sur la flore.) La conclusion d'Albu est que l'ex-
clusion totale ou subtotale du grele est une Operation physiologiquement
inadmissable.
II est demontre par cette experience de laboratoire, qui n'est pas
douteuse, que le gros-intestin ne peut pas se substituer au grele dans
l'elaboration des produits pour l'entretien de l'organisme, car etant donne
qu'il n'y a pas ici de produits de digestion tryptique, mais des produits
microbiens, qui sont toxiques, l'organisme est tu6 par empoisonnement.
II resulte encore de cette experience que le gros-intestin n'est pas fait
pour jouer un role quelconque dans le processus de nutrition de l'orga-
1) Versuche über Ausschaltung von Dünn- und Dickdarm. (Mitt. a. d. Grenzgeb.
Med. u. Chir. Bd. 19. 1909. p. 852.)
Distaso, Contribution ä l'ötude sur l'intoxication intestinale. 461
nisme animal. Cette experieuce est la meilleure preuve qu'en effet le gros-
intestin est inutile.
Denk') combat l'opinion d'Albu se basant sur un cas de hernie,
dont on coupa 5 m 40 de grele. Mais aprös 20 mois Denk^) a du
corriger ce qu'il avait soutenu ä cause de la mort de la malade, ä la
suite des memes symptömes döcrits par A 1 b u pour les chiens.
Denk, meme, a suivi beaucoup de cas et est arrive ainsi ä cette
conclusion qu'on doit suivre tout d'abord pendant suffisamment de temps
des operes avant de se prononcer sur leur 6tat definitif et qu'on peut
resiquer la moitie du grele sans effet dangereux. Qa. doit etre ainsi, car
les Processus de digestion dans le grele s'accomplissent dans la partie
supörieure, qui peut suffire aux deux fonctions principales: la digestion
et l'absorption.
En est-il de meme pour le gros-intestin ? Nous avons vu qu'il n'est
pas capable de se substituer au grele dans ses fonctions digestive, on
peut le resiquer donc sans danger, s'il est inutile pour la digestion?
C'est precisement ce qu'a montre Albu avec ses chiens. II resique
le gros-intestin sans autre grave consequence qu'une diarrhee abondante
et fetide. Mais, comme conclut Albu, ce sont des accidents tres peu
graves et la resection du gros-intestin est une Operation phj^siologiquement
admissible, k condition de laisser en place 30 c. c. d'intestin. Mais
l'essentiel c'est que quoique la diarrhee existe on n'observe pas de
denutrition.
Cannon a fait l'exclusion ä cause de la colite ulcereux, accompagnee
d'heniorrhagies: Lindner, Lymphius, Phocas, Fränkel, Nobel
ont fait la meme Operation dans les cas de colite ou d'enterite membraneux.
Mais il y a d'un autre cote Häddaeus qui rapporte un cas
d'exclusion suivi de troubles tres sörieux. Dans la meme discussion
Härtens, Sprengel, Franke et Körte ont cite des faits analogues
et ils concluent que cette Operation doit etre reservee aux affections
reellement incurables.
Les faits cliniques donnent raison a Alb u. En effet, les faits apportes
par Lane'') ä propos des sujets constipes sont d'une eloquence extra-
ordinaire, ä cause de la condition epouvantable de sante dans laquelle
ces malades se trouvaient avant l'operation. Apres l'operation ces malades
se trouvent bien et leur guerison se maintenait encore les annees qui
suivaient. Apres l'operation les constipes de M*" Lane, eprouvent une
amelioration considerable et trös nette.
C'etait merveilleux de constater la transformation qui etait forte dans
la sante de ces gens. Ils vivaient vraiment, c'est le mot, et pouvaient
faire n'importe quel travail, comme un homme normal. J'ai toujours
present ä mes yeux le spectacle d'une jeune femme de 18 ans avec un
beau Corps et de belles lignes, n'avoir ni expression, ni volonte, avec
un visage emacie, comme celui dune vieille femme. Un an apres l'opö-
ration, je Tai revue, eile etait deveuue un tres belle femme avec des
formes opulentes.
(Parmi les anciens operes il y a des raarchands, qui ont une vie
trhs dure, des joueuses de tennis et des mores de famille.)
1) Ausgedehnte Darmresektion mit Ausgang in Heilung. (Wien. klin. Wochen-
schrift. 1907 ; Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 20. 1909.)
2) lieber die Prognose ausgedehnte Darmresektion. (Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med.
u. Chir. Bd. 22. 1910.)
3) loc. cit.
462 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
On a objecte ä cette Operation de plusieurs cotes que la diarrhee
qui s'en suivrait, serait telleiiient incommode que l'operation ferait tomber
les hommes dans un mal pire.
II n'en est rien. Nous avons observe des cas oü le gros-intestin.
etant enleve completement, il y avait encore de la constipation. Ce fait
n'est pas du tout etrange, car la constipation commence dejä dans le
bout de l'ileon, comme nous avons montre dans les pages precedentes.
Albu^) a montre experimentalement que l'ablation du gros-intestin
est une Operation physiologiquement possible. Alb. Lane a demontre
la possibilite de l'appliquer ä l'homme, car il traite par ce moyen la
constipation chronique. En effet apres cette ablation les phenomenes
classiques de l'intoxication disparaisseut, Fhomme redevient bien portant.
A quoi est du ce fait? Examinons la flore de ces operes pour nous
rendre compte de ce qui se passe maintenant dans l'intestin et ce qui
se passait dans la constipation.
Flore intestinale apr^s l'operation.
Nous avons donne la figure dans la planche, pour montrer les
relations qui existent entre une flore normale, une flore d'un constip6
et la flore d'un individu, dont on a enleve le gros-intestin.
La figure 3 represente la copie d'une preparation microscopique d'une
femme agee de 36 ans, qui ä subi depuis 6 ans l'operation. Nous avons
choisi expres cette opere de longue date pour eviter les critiques qu'on
pourrait soulever si l'operation etait recente.
Cette femme etait tres souffrante avant l'operation, maintenant eile
ä i'aspect tout ä fait frais, eile est devenue la premiere joueuse de
tennis de son pays. C'est un fait de grande importance, car malgre
l'absence du gros-intestin, cette femme peut accomplir des exercises
pliysiques tres fatiguants. Dans cette flore intestinale on apergoit tout
de suite quelle est tout ä fait semblable ä une flore d'ileon. On y voit
en eftet une quantite predominante de microbes Gram-positifs et entre
eux le Bac. bifidus et le Bac. acetogenes ß. On remarque aussi
le manque de spores sur les preparations. Pourtant, en ensemengant
une grande quantite de selles on finit par les trouver. Chez cette operee
les selles sont cremeuses, ä reaction qui va souvent de l'acide au neutre,
odeur parfois acide, parfois stercorale. (Cette odeur caracteristique nous
indique que meme dans ces conditions il y a de la stase).
Mais il vaudra mieux donner un extrait de nos experiences, pour
mettre en lumiere le plus soigneusement possible la composition de la
flore des operes du gros-intestin.
Nous avons examine bact^riologiquement 2 fois ä un an de distance
14 cas, dont nous avons etudie la flore intestinale. En outre, nous avons
vu d'autres cas que nous avons examines seulement en faisant des frottis.
Ces derniers nous serviront pour constater qu'il y a siniilitude dans la
composition de la flore intestinale de ces operes. Nous avons choisi
d'anciens operes de 6 ans, de 4 et de 3 ans et l'annee suivaute nous
avons suivi ceux que nous avions dejä etudies l'annee precedente et les
nouveaux operes qui se trouvaient dans la clinique.
Parmi ces operes, il y a ceux qui ont subi l'ablation du gros-in-
testin et il y en a d'autres qui n'ont subi que l'entero-anastomose de
l'intestin grele avec la portion rectale de l'intestin, sans ablation du gros-
intestin.
1) loc. cit.
Distaso, Contribution ä l'^tude sur l'intoxication intestinale. 463
La figure 7 que nous donnons est caracteristique pour tous les operes ;
eile ne varie qu'entre des limites trös etroites; donc nous pouvons la
coüsiderer comme typique des operes du gros-in testin. ^
Cette inconstance derive certainement du fait qu ici on a attaire
ä une flore de passage, laquelle est sous la dependance de plusieurs
facteurs, comme la nourriture, par exemple. La premiere constatation
c'est que les microbes de la flore intestinale normale y sont tous
pxistänt,s
Mais les milieux speciaux nous ont donne des indications tres im-
portantes que nous croyons nöcessaire de signaler. Elles nous permettent
d'etablir des comparaisons avec les fonctions de la flore microbienne
normale. , p , t m ^ 4.4. -4.
Commengons par la gelatine en couche profonde. La gelatme permettait
de deceler constamment le Bac. proteus. C'est un microbe qui na
Jamals manque dans les tubes de cultures. Mais d'uu autre cote. nous
avons aussi constamment observe que le Staphylococcus lique-
faciens est toujours le premier ä apparaitre dans ce milieu, quand
11 s'agit d'une flore normale. Dans ces cas il etait souvent absent, peut
etre qu'il n'avait pas le temps de donner sa liqueiaction typique, ä cause
de l'envahissement de la part du Bac. proteus. Donc si il n'etait pas
absent, il etait en exemplaire tres rares et le Bac. proteus etait celui
qui prenait le dessus. Chose qui ä premiere vue semble etrange c est que
souvent la gelose inclinee montraient la presence du Bac. proteus,
du Staphylococcus liquefaciens et du Bac. pyocyaneus.
Les plus riches en ces microbes etaient les selles des enfants, dont
M"" Lane fait l'exclusion du gros-intestin, ä cause de la tuberculose.
Cela semble etrange, comme nous l'avons dejä dit. mais une etude
plus attentif nous apprendra qu'en eflFet les microbes ne meurent pas
dans le grele, mais dans le colon, et que plus les selles sont molles,
plus les microbes se developpent facilement. Donc les microbes ne
meurent pas lä oü Ton a suppose qu'il existait une force bactericide,
mais lä oü on lä suppose le moins, c'est-ä-dire dans le gros-mtestm.
On sait en eff"et que dans les selles normales d'homme adulte le Bac.
proteus, n'est pas decele constamment, quoiqu'on ensemence riche-
ment, tandis que dans les selles d'enfant en bonne sante il est presque
toujours present. II ne s'agit meme pas dans le gros-intestin de force
bactericide, mais seulement de mort des microbes, ä cause du manque
de bonnes conditions de nourriture. Un autre fait on doit aussi con-
siderer. Le Bac. coli qui dans la flore normale est en grande quantit6,
dans nos cas est en grande diminution. Chaque bacteriologiste sait
comm'il est genant. Avec ces considerations nous croyons expliquer les
resultats de nos ensemencements.
Les milieux au blanc d'oeuf, nous ont donne aussi des resultats
dignes d'etre notes. On sait que quand on ensemence une parcelle de
selles dans ce milieu et qu'on le chauffe, l'isolement des microbes sporules
en est tres facile.
Ils y poussent tres bien et le blanc d'ceuf est detruit apres peu de
temps.
Dans le cas de nos operes, le milieu au blanc d'ceuf bouilli, ensemence
avec la meme quantite de selles que son temoin normal, ne nous a donne
apres 5 mois que dans deux tubes seulement la transparence du blanc
d'oeuf et dans 5 tubes ce dernier s est casse sans avoir ete rendu prealable-
ment transparent (action du Bac. perfrin gens).
464 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Ces experiences comparatives, nous donnaient la demonstration que
les spores et les microbes de la putrefaction dans les selles etaient en
petite quantite. En ouvrant les tubes, en effet, on observait uue culture
presque pure de coccis (du streptocoque intestinale et du stapbylocoque
asaccharolyticus) et quelques exemplaires des microbes anaerobies de la
putrefaction, Les ensemencements donnaient les memes resultats. Donc
il s'etait fait, qu'apres le chauffage, les quelques exemplaires de coccis,
qui n'avaient pas ete detruits par la chaleur, etaient capables de pousser
sans etre empeches par d'autres microbes.
Dans le tubes de bouillon blanc d'oeuf non bouilli, le Bac. proteus
poussait tres activement (c'est en effet un milieu tres favorable pour ce
bacille) et determinait l'attaque du blanc d'ceuf. Cette experience nous
montre qui le Bac. coli qui, en effet, est capable dans des conditions
normales d'empecher en ce milieu la poussee de ce microbe, etait ici en
si petite quantite qu'il ne pouvait exercer aucune action. Tres instructif
^tait aussi le cas des milieux mineraux avec la pomme de terre. II y
avait ici dans les trois quarts des cas un pheuomene tres curieux. Le
morceau de pomme de terre etait casse et quand on ouvrait le tube on
sentait l'acide acetique. De ce milieu nous avons isole dans ces cas le
Bac. bifidus et les acetogenes. Ce qui se passait ici est tres facile ä
comprendre. Ces bacilles qui sont en tres grande quantite dans ces
selles, qui contiennent d'autre cöte, tres peu de Bac. perfringens,
trouvent dans ce milieu tout se qui leur faut pour vivre, En effet, la
pomme de terre contient de l'amidon, qui par la Symbiose microbienne est
transformee en Sucres et en acides. Ces Sucres, et les acides formes, sont
extremement favorables pour ces microbes acetogönes qui donnent ä leur
tour des acides. Ce haut degre d'acidite fait ainsi que les autres microbes
meurent. C'est de cette fagon que ces milieux ä pomme de terre deviennent
alors riches en microbes acetogenes. Ces faits comparatifs demontrent
d'une cöte que dans ces milieux d'election pour les microbes de la
putrefaction, il y pousse egalement quelques autres microbes incapables
d'attaquer le blanc d'ceuf apres 5 mois ; d'un autre cöte l'ensemencement
dans la pomme de terre nous renseigne d'une maniere tout ä fait probante,
sur la fonction principale de cette flore qui s'est etablie chez ces sujets
depurvus de gros-intestin.
Ainsi ces experiences sont la preuve que la qualite des microbes de
la flore intestinale n'est pas du tout l'unique probleme qu'on doit en-
visager, mais il faut considerer la quantite de ces microbes, qui comme
nous l'avons explique ci-dessus, donnent le cachet ä la flore intestinale et
ä sa fonction selon leur metabolisme. La pomme de terre nous renseigne
suffisamment in vitro sur ce qui se passe dans l'intestin. En effet, avec
une flore normale, nous n'avons jamais observe ces phenomenes.
Cette flore etablie, l'intoxication n'existait plus chez
ces gens, qui devenaient normales, qui augmentaient de
poids. II est evident, donc, que la cause de leur malaise
etait dans la gros-intestin. Celui-ci enleve, les effets
disparaissent d'emblee.
Centralblatt für Bakteriologie Abt. 1. Orig. Bd. 62. Distaso, Intoxication intestinale.
Fig. 1. Flore intestinale d'homme adulte normale.
;-
I • ^
07
. »^J:
^ •ö'^.. /
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Fig. 2. Flore intestinale d'un constip^.
Fig. 3. Flore intestinale d'homme
döpourvu de gros intestin.
Verlag von Crustav Fischer in Jena.
Distaso, (Kontribution k l'^tude Bur rintoxication intestinale. 465
IV.
Coiielusioiis ^).
Pour la clarte des conclusions envisageons exclusivement les cas se
rapportant :
P Aux malades opörös en ma prusence, c'est-ä-dire ceux dont nous
avous pu examiner la fiore intestinale avant et aprös l'op^ration.
2" Aux ancieus oper6s (du gros-intestin jusqu'ä la S iliaquej.
Pour les operes en notre prösence , nous avons constate que la
flore intestinale change complfetement apres l'operation. Tandis qu'avant
c'etait la flore typique de la constipation qui dominait, apres c'etaient
le Bac. bifidus, les Bac. acetogenes, dont l'action n'est nullement
nialfaisante.
Les 3 op6rees de longue date se trouvaient dans les conditions les
plus favorables. Elles avaient trhs peu de Bac. coli et tres peu de
Bac. perfringens. Ceux-ci etaient en si petite quantit6 qu'on ne
pouvait meme pas l'isoler avec la methode de Liborius-Veillon. Au
contraire, la flore, comme nous le niontre la figure, est des plus belies.
Chacun peut se convaincre de ce que nous avons dit, en jetant un coup
d'oeil sur les figures de la planche, que nous avons specialement fait
dessiner par un artiste professionnel, et en comparant les microbes qui
se trouvent dans la flore normale avec ceux qui se trouvent dans les
selles des operes.
Ainsi, lorsque le gros-intestin est enleve, la flore change ä l'avantage
des microbes acetogenes, qui apportent alors ä ces malades la gu6rison
de leur intoxication. Tous les signes disparaissent d'emblee. Ces gens
redeviennent des etres normaux. Donc, la constipation etait pr6cisement
l'origine de l'intoxication et celle-ci avait lieu par les microbes du gros-
intestin. Nous avons demontre que le siege de la constipation est le
gros-intestin et nous pensons aussi avoir demontre que c'est gräce aux
microbes intestinaux que ces poisons sont elabores, car il se fait dans
le gros-intestin comme dans un tube de culture un commencement de
putrefaclion. Condition deplorable, qui amene tous ces troubles que
beaucoup de gens connaissent pour les avoir observes sur eux meine.
La theorie de l'intoxication d'origine intestinale par les microbes intesti-
naux ne pourrait pas avoir de demonstration plus evidente.
En resume, il me semble etabli avec toute evidence que les con-
stipes sont des intoxiques, et que l'intoxication provient des microbes
qui pullulent dans 1^ gros-intestin. En efl'et, comme nous l'avons montrer,
la disparition de cet organe. deterniine la disparition aussi des signes
classiques de l'intoxication chronique. Et c'est le cas de dire que enlevöe
la cause, les eff"ets disparaissent.
1) Nou8 renvoyons ä chaque chapitre pour les conclusions relatives aux sujets
singulierement trait^s. Ici nous donnous .seulement un trfes court rösumö des question
principales.
Erste Abt. Orig. Bd. b2. Heft 6. 30
466 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Cette theorie emise par Bouchard*) des le 1886, n'avait jamais
ete soutenue par une preuve basee sur les faits. Et le clinicien Italien
Murri a raison quand il disait: tout le monde admet l'existence de
l'auto-intoxication d'origine intestinale, mais personne l'a demontree.
Apres cette etude, la theorie de l'intoxication chronique par l'oeuvre
des microbes intestinaux ne peut plus etre mise en doute. C'est le
complement certainement des etudes sur l'arteriosclerose de Metchni-
koff. Ce savant, en effet, reproduit l'arteriosclerose chez les animaux
de laboratoire avec les poisons secr^tes par les microbes intestinaux.
En niettant en relation ces faits, il n'y a plus de doute sur la cause et
ses effets.
Arrive ä ce point nous devons nous arreter pour un moment sur
ce fait tres discutes; ä savoir, si les microbes intestinaux sont utiles
ä l'organisme.
II y a deux ecoles comme on sait, l'une plutot teleologique qui
admet que ce que la nature e cree est bien et que c'est un produit de
la selection naturelle (Pasteur, Schottelius, Ribber t); l'autre que
les microbes intestinaux chez l'adulte sont inutiles pour la nutrition de
l'organisme et qu'il ils sont dangereux (Metchnikoff etc.).
Nous nous rangeons ä l'opinion de ces derniers auteurs, en consi-
derant les faits suivants :
V Comme nous avons montre dans la premiere partie de ce travail,
la flore intestinale de l'homme adulte ä l'etat normal, est nuisible, car
le milieu intestinale, depourvu de sucre, rend possible, par les microbes
qu'il contient, la production des composees de la serie heterocytique
et aromatique.
En plus ces produits sont augmentes par le fait de la stase in-
testinale. En nous basant sur ces faits, nous avons etabli
que la flore intestinale de l'homme adulte normal est
principalement indolog^ne. Ce caractere nous a servi de
base ä notre Classification des microbes de la flore in-
testinale.
2° Nous avons considere en outre cette flore intestinale comme tr^s
instable et ainsi incapable d'exercer n'importe quelle action defensive
pour l'organisme.
3*^ En outre nous pensons que les poisons secretes par cette flore
sont capables d'exercer un pouvoir inhibiteur ou excitant sur le reseau
nerveux sous-muqueux. II est possible que la constipation ou la diarrhee,
qui au fond ne sont que deux aspects diff"erents d'un meme phenomene,
soient la consequence directe de l'etat de ce r(5seau nerveux. Cette
hypothöse que nous semble vraisemblable, nous tacherons de l'appuyer
sur des experiences physiologiques.
1) Le$ons eur les auto-intoxicatioDs. Paris.
Distaso, Contribution ä l'^tude sur rintoxication intestinale. 467
4*^ Nous avons moiitre que dans la constipation, Tintoxication derive
des microbes intestinaux et que le gros-intestin est le si^ge de cette
activite.
5° Quand on enläve celui-ci, les phenom^nes de rintoxication dis-
paraissent. Ces faits nous demontrent avec l'evidence la plus manifeste,
que le gros-intestin est un organ dangereux pour l'homme.
6° Nous avons montr6, en plus, l'evolution de la flore
intestinale de l'enfant ä l'adulte et l'evolution de la
flore intestinale de l'homme adulte du coecum jusqu'ä la
sortie des selles.
Problömes importants soit du point de vue theorötique que pratique,
qui meritent d'etre poursuivis.
Mais outre ces faits, il y a encore ä considerer les experiences
d'AIbu sur le chien. Nous avons note auparavant tonte l'importance
de cette experience, passee sous silence par l'öcole t61eologique. Cet
anteur abouchait le pylorus dans le coecum, la cons^quence en etait
rintoxication et la mort des chiens.
Donc, des deux choses l'une: ou les microbes intestinaux sont utiles
ä la digestion et alors on ne saurait voir pourquoi ils ne pourront pas
se substituer aux sucs digestifs, puisque leurs ferments auraient les
niemes actions que les sucs en question ; ou bien ils n'ont aucune action
utile pour l'organisme et alors ils sont dangereux dans les conditions
du gros-intestin de l'homme adulte. On pourra objecter que les microbes
intestinaux en ajoutant leur action de digestion sur les produits degradös
par les sucs digestifs, peuvent aider ä tirer le maximum d'utilite de
notre nutrition.
Les faits sont lä pour plaider contre cette conception. En effet les
produits de decomposition de cette digestion sont Findol et ses conge-
neres, des substances que nous intoxiqueraient plutot.
Meme la flore de l'enfant au sein maternel ne peut donner raison
ä ceux qui soutieudraient l'utilite des microbes intestinaux, car les acides
que cette flore microbienne produisent, r^glent la peristalse intestinal, il
est vrai, qui aide ä evacuer l'intestin, mais personne n'admettera que
l'acide acetique, produit principale de ces microbes, est utile ä l'organisme.
En somme, la flore microbienne du gros-intestin est inutile, parce
qu'elle ne peut en aucune maniere aider ä la digestion.
Elle n'a aucune action empechante parce que sa composition est la
iiieme que celle de la premifere phase, que nous avons ohserve dans la
putrefaction, mais si eile n'a aucune action utile ou empechante, eile est
capable teile qu'elle est d'aider chaque proces pathologique comme nous
le montrerons ailleurs. Donc, eile est dangereuse et l'organ qui la con-
tient, le gros-intestin, devient ainsi un tube de culture ou non seulement
les pires poisons pour l'organisme se produisent, mais qui permettera
l'etablissement de chaque proces pathologique. Nous avons montre d'un
30*
468 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
autre cöte que rhomme vit tres bien sans gros-intestin, c'est-ä-dire
mieux qu'un homme normal, sans aucun phenomene de denutrition, au
contraire nous pouvons montrer beaucoup de cas, oü apres l'operation
il y a eu augmentation de poids. Donc, non seulement il n'y a pas de
denutrition, mais au contraire il y aura une meilleure utilisation des
produits de digestion. Ceci est facilement explicable, si on pense que
l'intoxication empeche ä l'organisme d'assimiler les produits de la di-
gestion.
Une autre consideration est necessaire. L'ecole t61eologique s'appuit
tout particuli^rement sur l'hypothese de la selection naturelle. Or ceux
qui ont seulement de vagues notions de philosophie naturelle, savent
que la selection n'a pas toujours etabli la perfection.
Dans l'hypothese de la selection naturelle, comme dans presque
toutes les hypotheses, il y a des verites et des erreurs. On peut soutenir
les hypotheses par des faits, mais on n'a pas le droit de changer une
hypothese en un dogme pour le plaisir de tout expliquer.
Nachdruck verboten.
lieber das ßattenvertilgungsmittel Virus sanitär A.
[Aus der Untersuchungsstation für animalische Nahrungs- und Genuß-
mittel im Königl. Polizeipräsidium zu Berlin (Leiter der Untersuchungs-
station Dr. Sehern).]
Von Dr. Kurt Sehern.
Von der Gesellschaft für Seuchenbekämpfung wird seit kurzer Zeit
ein Ratten- und Mäusevertilgungsmittel unter dem Namen „Virus sanitär"
in den Handel gebracht.
Die genannte Gesellschaft überließ mir in liebenswürdiger Weise
einige Proben des Virus sanitär A, wofür ich auch an dieser Stelle
meinen Dank sagen möchte.
Der Sendung „Virus sanitär A" sind Gebrauchsanweisungen bei-
gegeben. Diese besagen, daß das Virus sanitär aus einer Reinkultur
eines auf Ratten, Mäuse, Hamster und andere Nager tödlich wirkenden
Erregers und aus Nährextrakt A zur Herstellung größerer Mengen von
Nährlösung, auf welchen dieser Erreger jedesmal vor Gebrauch frisch
gezüchtet werden muß, besteht.
Der Nährextrakt soll in 1 Liter lauwarmen Wassers aufgelöst und
hiernach zu dieser Lösung 5 ccm des Erregers (bzw. 1 Flasche voll)
hinzugegeben werden. Das Ganze läßt man bei einer Temperatur von
ca. 20 — 30*^ vor Licht geschützt 48 Stunden stehen. Nach der Zeit soll
der Erreger bzw. die Kultur desselben gut in der Nährflüssigkeit ge-
wachsen sein. Mit diesem wird 1 Pfund in kleine Würfel geschnittenes
Weißbrot getränkt und dieses für die Nager ausgelegt.
Besonders hervorzuheben ist folgender Passus in der Gebrauchs-
anweisung: „Das Vertilgungsmittel ist ein bakteriologisches Präparat,
das ausschließlich für Ratten und Mäuse und andere Nager von tödlicher
Sehern, Ueber das Rattenvertilgungsmittel Virus sanitär A.
469
Wirkung ist. Es ist unschädlich für Menschen, Haustiere
und Haus vögel."
Hierdurch wurde ich veranlaßt, Virus sanitär näher bakteriologisch
zu untersuchen, weil angenommen werden durfte, daß in Virus sanitär
nicht einer der üblichen Rattenschädlinge, deren Pathogenität für Menschen
nicht ganz außer Frage steht, vorhanden sei.
Die mir überlassene Sendung bestand aus 3 kleinen Paketen, von
denen jedes je 1 Fläschchen mit ungefähr 5 ccm einer trüben, bouillon-
ähnlichen Flüssigkeit und je ein auf beiden Enden durch Korkstopfen
verschlossenes Glasröhrchen enthielt, in welchem sich eine dicke, sehr
zähe, braune, an den Geruch von Fleischextrakt erinnernde Masse, in
der bereits erwähnten Gebrauchsanweisung eingehüllt, befand.
Es wurde je eine Oese der trüben Flüssigkeit des Virus sanitär
enthaltenden Fläschchens auf mehrere Platten Drigalski- Agar ge-
bracht. Das Material wurde mit sterilen Glasspateln auf der Oberfläche
des Agars fein verteilt. Hiernach wurden die so beschickten Platten
bis zum nächsten Tage bei 37 ° im Brutschrank gehalten. Nach dieser
Zeit waren auf dem Agar feine, blaue, homogene runde Kolonieen an-
gegangen. Diese wurden, nachdem sich ergeben hatte, daß es sich um
eine Reinkultur handelte, auf Schrägagar und in die nachstehend in der
Tabelle verzeichneten Nährböden gebracht. Das Verhalten der Bakterien
in diesen Nährböden bei weiterem Wachstum ist in der Tabelle ange-
geben.
Löfflerl
Löffler I
Barsikow
I
Barsi-
kow II
Ketsch
Lack-
mus-
molke
Trauben-
zucker-
bouillon
Rot, aus-
gefällt.
Gas
Un-
ver-
ändert
Rot, aus-
gefällt,
wenig Gas
rot
Starke
Gas-
bildung
dgl.
dgl.
dgl.
blau
dgl.
5)
»
))
>>
)I
)?
'•
>i
))
"
!)
)'
Milch-
zucker-
bouillon
Milch
Am 1. Tage nach
der Beimpfung
Am 2. Tage nach
der Beimpfung
Am 3. Tage nach
der Beimpfung
Am 5. Tage nach
der Beimpfung
Am 10. Tage nach
der Beimpfung
Am 14. Tagenach
der Beimpfung
Aus-
gefällt,
Gas
Sehr auf-
gehellt
Keine I ünver-
Gas- ändert
bildung
dgl. Völlig
entfärbt
dgl.
dgL
dgL
Fängt an
zu pep-
tonisieren
Peptoni-
siert
Durch Wiederholungen dieses Kulturversuches konnte gezeigt werden,
daß das Bakterium die Nährböden stets in derselben Weise beeinflußt.
Der Stamm „Virus sanitär A" verhält sich in den Nähr-
böden wie ein typischer Paratyphusstamm.
Eine 24-stündige Schrägagarkultur des reingezüchteten Stammes
wird mit Paratyphus-B -Serum und mit Gärtner- Serum agglutiniert.
P aratyphu s- B- Serum agglutinierte den Stamm nicht.
Sein Verhalten gegen Gärtner- Serum ist aus der nachfolgenden
Tabelle ersichtlich:
470
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abi. Originale. Bd. 60. Heft 6.
Agglutination von Stamm „Virus sanitär A" mit Gärtner-Serum vom Kaninchen.
Titer 1:10000.
Verdünnungen des Gärtner-Serums
Stamm
Virus sanitär A
Bacillus enteritidis Gärtner
(zur Kontrolle)
+ + +
sofort
+ + +
sofort
+ + +
Nach ca. 3 Minuten
+ + +
Nach ca. 5 Minuten
sofort
+ + +
sofort
+ + +
Nach ca. 3 Minuten
+ + +
Nach ca. 5 Minuten
1:100
1:5000
1:8000
1:10 000
Verdünnung von normalem Kanin -
chenserum 1 : 100 (Kontrolle)
Es wird demnach der Stamm „Virus sanitär A" vom
Gärtner-Serum bis zur Titergrenze agglutiniert.
Auf Toxinbildung ist der Stamm „Virus sanitär A" wegen Mangels
an Versuchstieren nicht untersucht worden.
Bei mikroskopischer Untersuchung der gezüchteten Reinkulturen
zeigte sich, daß diese aus Kurzstäbchen bestanden, welche meist ab-
gerundete Ecken hatten. Die Stäbchen färbten sich gut mit Anilin-
farben und wurden nach Gram entfärbt. Sporenbildung wurde nicht
beobachtet.
Es ist entsprechend der in der Gebrauchsanweisung vorhandenen
Vorschrift der Nährextrakt in 1 Liter lauwarmen Wassers aufgelöst und
hiernach dazu der Inhalt eines Fläschchens Virus sanitär gefügt worden.
Die Mischung wird 48 Stunden an einem mäßig warmen Ort (20 — 30°)
vor Licht geschützt aufbewahrt.
Nach den ersten 24 Stunden der Aufbewahrung wird von der jetzt
stark getrübten Mischung je 1 Oese auf mehrere Drigalski- Platten
ausgestrichen. Auf dieser sind nach 24-stündiger Bebrütung ebenso viel
blaue wie rote Kolonieen angegangen.
Nach 48 Stunden der Aufbewahrung wird wiederum je 1 Oese auf
mehrere Drigalski- Platten ausgestrichen. Auf diesen Platten über-
wiegen die roten Kolonieen die blauen an Zahl. Die blauen Kolonieen
dokumentierten sich bei näherer Untersuchung wiederum als Gärtner-
bakterien, die offenbar infolge der Beimpfung des den Nährextrakt ent-
haltenden lauwarmen Wassers mit Virus sanitär aus diesem gewachsen
waren, während die roten Kolonieen wahrscheinlich durch die Art der
Zubereitung des Nährbodens usw., welche genau nach Vorschrift
geschah, in die Kultur hineingelangten und diese verunreinigten. Bei
der praktischen Verwendung des Virus sanitär A ist das zu berück-
sichtigen. Man darf nicht, wie es in der Gebrauchsanweisung geschrieben
steht, die Trübung als Zeichen dafür ansehen, daß „die Kultur gut
entwickelt ist".
Es sind in der Literatur Fälle menschlicher Erkrankungen ver-
zeichnet, welche infolge Auslegung von Bakterienpräparaten zur Ver-
tilgung schädlicher Nager entstanden sind. Der wirksame Bestandteil
dieser Bakterienpräparate ist meist ein Bacillus, der zur Paratyphus-
Gruppe gehört. Da das Bakterium des Virus sanitär A sich kulturell
Miessner, Die Milzruptut bzw. perakute Form der Hämoglobinurie des Rindes. 471
und agglutinatorisch nicht vom Bacillus enteritidis Gärtner unter-
scheiden läßt, würde es sich empfehlen, beim Auslegen des Virus sanitär
die im Jahre 1905 vom Reichsamt des Innern bekannt gegebenen Maß-
regeln zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen durch Beschäftigung
mit Mäusetyphusbacillen genau zu beachten und sehr vorsichtig bei der
Handhabung mit dem Präparat zu verfahren.
Nachdruck verboteji.
Eine neue Protozoengattung.
Von Enibrik Strand (Berlin, Kgl. Zoolog. Museum).
C. FranQa hat 1909 eine neue Protozoengattung Smithia auf-
gestellt (in: Arch. R. Inst. Bact. Cam. Pestana, Lisboa. III. p. 11 — 18.
pl. II). Da dieser Name in der Zoologie wiederholt vergeben ist (z. B.
von Saussure in: Revue Zoologique. VII. (1855.) p. 371 für eine
Hymenopterengattung), so schlage ich für Fr an gas Gattung den neuen
Namen Dounia m. vor.
Nachdruck verboten.
Die Milzruptur des Eindes bzw. perakute Form der
Hämoglobinurie des Rindes.
Erwiderung auf den Artikel des Herrn Dr. Knuth
in Bd. 61. p. 557 des Centralblattes.
Von Prof. Dr. H. Miessner,
Vorsteher der Abteilung für Tierhygiene des Kaiser Wilhelms-Institutes in Bromberg.
Herr Knuth bemängelt die Schlußsätze meiner gleichnamigen, im
Centralblatt für Bakteriologie. Bd. 60. p. 266 erschienenen Arbeit:
„Das Verdienst, auf diese Form der Hämoglobinurie des Rindes zuerst hingewiesen
zu haben, gebührt VVitt (Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1908. p. 625). In diesem Jahre
haben dann Knuth und Meissner in Schleswig-Holstein ähnliche Beobachtungen
gemacht. Ueber die Art der dabei nachgewiesenen Blutparasiten wollen sie vorläufig
ein entscheidendes Urteil nicht fällen."
Es lag mir vollkommen fern und würde einer absichtlichen Ver-
stellung der Tatsachen entsprochen haben, hätte ich anzweifeln wollen,
daß die genannten Autoren die Blutparasiten für Piroplasmen gehalten
haben. Meine diesbezügliche Bemerkung bezweckte nur, anzudeuten,
daß die Frage unentschieden gelassen war, ob die von Knuth und
Meissner ermittelten Blutparasiten mit dem Piroplasma bi-
geminum identisch sind.
Wenn Knuth es ferner für unrichtig hält, das Verdienst von Witt
so sehr zu betonen, so muß ich ihm gegenüber mein Befremden darüber
zum Ausdruck bringen, daß er in seiner ersten, gemeinschaftlich mit
Meissner in No. 25 der vorjährigen Berlin. Tierärztl. Wochenschr.
herausgegebenen Arbeit über die Milzruptur der grundlegenden Arbeit
Witts auch mit keiner Silbe gedacht hat. Witt ist der erste gewesen,
472 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
der schon im Jahre 1908 die Beziehungen der Milzruptur zu der Piro-
plasmosis des Rindes festgestellt (cf. Berlin. Tierärztl. Wochenschr. 1908-
p. 628. Sp. 2. Abs. 5) und als Erreger Protozoen erkannt hatte (cf.
Berlin. Tierärztl. Wochenschr. 1908. p. 627). Wenn Witt diese Krank-
heit als Malaria bezeichnet hat, so gibt er dafür selbst auf p. 518 der
Berlin. Tierärztl. Wochenschr. 1911 die Erklärung:
„Nicht daß ich der Meinung bin , es habe diese Rinderseuche genau dasselbe
Protozoen, das Plasmodium malariae, des Menschen zur Ursache. Aber die auf-
fallende Aehnlichkeit jener Krankheit mit der eigentlichen Malaria fordert direkt auf,
eine Parallele zu ziehen. Auch bei der Rindermalaria fand und finde ich Protozoen,
Piroplasraen, Plasmodien oder Babesien."
Auch zwei Sätze vor diesen Ausführungen zitiert Witt sein Gespräch mit
Dr. Knuth, in welchem Knuth auf den Hinweis Witts, daß Piroplasmen als Er-
reger der Milzruptur anzusprechen seien, erwiderte, daß er den Befund Witts be-
stätigen könnte.
Desgleichen gibt der Kreistierarzt Schröder auf p. 606 der Berhn. Tierärztl.
Wochenschr. 1911 an, daß Witt dem Piroplasraa bigeminum ähnliche Gebilde
auf den Blutkörperchen gefunden habe. Es dürfte hiernach als eine Verkennung der
Tatsachen anzusehen sein, wenn Dr. Knuth behauptet, als erster in Deutschland bei
der Milzruptur die Piroplasmen gefunden zu haben.
Knuth glaubt, aus den zitierten Schlußsätzen endlich entnehmen
zu müssen, es könnte scheinen, als ob er sich erst nach mir mit den
Milzrupturen beschäftigt habe. Diese Annahme wird dadurch hinfällig,
daß ich die Arbeit von Knuth und Meissner mit vollkommenem
Titel und Erscheinungsort in einer Fußnote angeführt und durch ein
Zeichen bei den im Texte zitierten Autoren auf diese Anmerkung hin-
gewiesen habe. Dieses Zeichen hat Knuth bei der Wiedergabe meiner
Schlußsätze nicht mit aufgenommen.
Die Angaben Knuths, er hätte bereits 14 Tage vor mir (24. Juni)
aus den Provinzen Westfalen und Westpreußen (p. 559. Abs. 2) Material
bzw. Nachrichten über das Auftreten von Milzrupturen erhalten, sind
jedoch unzutreffend. Laut Ausweis der hiesigen Akten und Briefe des
Dr. Pilwat ist das erste Material aus Westfalen (Kreis Beckum) am
21. Juni hier eingetroffen, also 3 Tage vor dem 24. Juni und 1 Ta^
vor der ersten, am 22. Juni erschienenen Publikation von Knuth und
Meissner. In dem vom 20. datierten Begleitbriefe, der am 22. hier
einlief, sprach Dr. Pilwat bereits die Ansicht aus, daß es sich um eine
perakut verlaufende Form der Hämoglobinurie handele, wie ich das auch
auf p. 246 meiner Arbeit zum Ausdruck gebracht hatte. Bezüglich des
Bestandes in W^estpreußen ist mir erst nach Abschluß der Untersuchung
durch den behandelnden Tierarzt An dr et zky die schriftliche Mitteilung
(8. Juli) gemacht worden, daß bereits vorher an Herrn Dr. Knuth ein
Stück Milz und Herz gesandt worden sei, wegen starker Fäulnis die
Untersuchung aber nicht habe ausgeführt werden können. In No. 31
(vom 3. Aug.) der Berlin. Tierärztl. Wochenschr. finden sich in der Arbeit
von Knuth und Meissner hierüber folgende Angaben:
„In Ausstrichen von einem Stückchen Milz und Herz, die uns Herr Andretzky
übersandte, haben wir keine Piroplasmosen, wohl aber die oben mehrfach erwähnten
punktförmigen Gebilde auf den roten Blutkörperchen gefunden. Wir müssen es also
unentschieden lassen, ob in den Fällen aus Dirschau Piroplasmosen eine Rolle gespielt
haben oder nicht."
Dr. Knuth hat also aus der Provinz Westfalen erst nach mir
Nachricht über die Milzruptur erhalten und die Diagnose über einen
aus der Provinz Westpreußen übersandten Fall unentschieden ge-
lassen.
Mi es 8 11 er, Die Milzruptur bzw. perakute Form der Hämoglobinurie des Rindes. 473
Ich komme endlich auf Punkt 1 — 6 zurück, in denen Dr. Knuth
glaubt, eine abweichende Stellung einnehmen zu müssen.
Knuth zweifelt unter Punkt 1 an, daß in den von mir untersuchten
Fällen wirklich eine Milzruptur vorgelegen habe. Dieser Vorwurf ist so
gesucht, daß ich mir eine Erwiderung ersparen kann.
Zu Punkt 2 sei erwähnt, daß sowohl von Witt, als auch von
Pilwat, den einzigen Gewährsmännern, welche mir zur Zeit der Bericht-
erstattung zur Verfügung standen, und die eine große Erfahrung auf
dem Gebiete der Erkrankungen an Milzruptur besitzen, versichert wurde,
daß nur solche Bestände betroffen wurden, in denen auch sonst die
Hämoglobinurie vorkam (cf. Witt, Berlin. Tierärztl. Wochenschr. 1908.
p. 626 u. Berlin. Tierärztl. Wochenschr. 1911. p. 519).
Die Angaben von Schröder waren mir noch nicht bekannt. Sie
lassen sich aber vielleicht so erklären, daß mit Zecken behaftete Rinder
die Krankheit in Gegenden eingeschleppt hatten, in denen bisher die
Piroplasmosis nicht aufgetreten war.
Zu Punkt 3 bemerke ich, daß ich hier nur eine Ansicht zum Aus-
druck bringen wollte, wie aus meinen einleitenden Worten hervorgeht:
^Man könnte sich die Entstehung der Milzruptur deshalb so vorstellen."
Ich hielt meine Ansicht von der Entstehung der Milzruptur dadurch
gestützt, daß von dieser Krankheit anscheinend völlig gesunde Tiere
befallen wurden, von einer Allgeraeininfektion zur Zeit der Entstehung
der Milzruptur also noch keine Rede sein konnte, und daß ich bei dem
einen mir zugänglichen Falle wohl in der Milz bzw. im Milzblute Piro-
plasmen, nicht aber in dem übersandten Herzen und Leberstück solche
Parasiten nachzuweisen vermochte. Es stehen daher die erhobenen Be-
funde im völligen Einklang mit den von mir vertretenen Anschauungen.
Ferner war es mein Bestreben, mit Hilfe von Milzpunktionen bei künst-
lich mit Piroplasmosis intizierten Tieren durch den frühzeitigen Nach-
weis vieler Piroplasmen in der Milz meiner Ansicht eine weitere Stütze
zu geben. Leider erkrankten die infizierten Tiere so gering, daß die
erzielten Resultate sich nicht in dem gewünschten Sinne verwerten ließen.
Zu Punkt 4. Die Möglichkeit, daß eine Anaplasmosis vorliegen
könnte, habe ich offen gelassen. Da ich selbst nicht in der glücklichen
Lage war, Anaplasmosis früher studieren zu können, so fehlt mir über
diese Krankheit jedes Urteil und jede Erfahrung, weshalb ich mich auch
nach dieser Richtung hin völlig reserviert ausgedrückt und im Anschluß
an den von Knuth zitierten Satz zum Ausdruck gebracht habe, daß
erst weitere, hierselbst in Angriff genommene Untersuchungen diese
Frage entscheiden sollten. Knuth hat in seiner ersten Arbeit der
Anaplasmosis gar nicht gedacht, in seiner zweiten, nach meiner
Berichterstattung an den Herrn Minister (24. Juli 1911) erschienenen
Arbeit aber einen dem meinen gleichen Standpunkt vertreten,
wie aus folgenden Angaben der am 3. Aug. in der Berlin. Tierärztl.
W^ochenschr. veröffentlichten Arbeit von Knuth und Meissner auf
p. 552, linke Spalte, Abs. 2 u. 3 hervorgeht:
„In morphologischer Beziehung ähneln unsere punktförmigen Gebilde auch dem
von Theiler und Sieber beschriebenen Anaplasma marginale, das von Smith
und Kilborne in Nordamerika früher als Coccus like bodies, von Knuth in Süd-
amerika als punktförmige Parasiten, von Theiler in Südafrika als Marginal points
bezeichnet worden ist. Bekanntlich läßt sich Anaplasma marginale durch Impfung
übertragen. Die Inkubationszeit ist wesentlich länger als bei Piroplasma bige-
minum, sie beträgt nämlich 16 — 32 Tage.
Ein sicheres Urteil über die von uns sowohl bei lebenden als auch bei toten
Rindern recht häufig gefundenen kleinen, punktförmigen, meist in der Einzahl auf
474 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
einem roten Blutkörperchen vorhandenen Gebilde vermögen wir zurzeit noch nicht ab-
zugeben. Bis jetzt haben wir jedenfalls noch nicht bemerkt, daß unsere nach Giemsa
sich rot färbenden Gebilde durch Impfung übertragen werden könnten. Jedoch sollen
diese Versuche aus dem weiter unten angegebenen Grunde noch längere Zeit hindurch
fortgesetzt werden."
Wenn Knuth daher in der Zeit, welche zwischen dem 3. Aug. und
dem Dresdener Vortrage lag, seine Ansicht gewechselt hatte, so hatte
er am allerwenigsten Veranlassung, meine diesbezüglichen, mit größter
Reserve gemachten Angaben zu beanstanden.
Zu Punkt 5 möchte ich bemerken, daß aus meinem Berichte ohne
weiteres hervorgeht, daß ich niemals Gelegenheit hatte, eine an Milz-
ruptur gefallene Kuh zu obduzieren, vielmehr die bezeichneten Unter-
suchungen an einigen aus Westfalen und Westpreußen eingesandten
Organteilen ausgeführt wurden. Es war mir daher auch nicht möglich,
über die Beschaffenheit der Galle ein Urteil abzugeben.
Nebenbei halte ich den Befund über die Beschaffenheit der Galle
für ziemlich belanglos, da ich bei meinen früheren Untersuchungen im
Pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin unter
Leitung des Herrn Geheimrat Schütz bei mit Hämoglobinurie behaf-
teten Rindern auch eine nicht „klümprige" Galle gefunden habe, und
zwar dann, wenn die Tiere nur leicht erkrankt waren. Es hängt dies
lediglich nur damit zusammen, ob viele oder wenig Blutkörperchen zer-
setzt sind. Bei schweren Erkrankungen mit starkem Zerfall der roten
Blutkörperchen werden von den Leberzellen bedeutend mehr Zerfalls-
produkte des Blutes nach der Galle hin ausgeschieden. Dadurch kommt
es, daß die Galle konzentrierter wird, was Niederschlagsbildung und die
klümprige, schleimige Beschaffenheit zur Folge hat. Bei der Milzruptur
beobachten wir noch gar keinen Zerfall der roten Blutkörperchen, infolge-
dessen besitzt die Galle die normale Beschaffenheit genau so wie bei
denjenigen Tieren, die sich im Anfangsstadium der Hämoglobinurie be-
finden oder nur leicht an dieser Seuche erkrankt sind.
Zu Punkt 6. Wenn es Knuth nur in einem von drei Ueber-
tragungsversuchen mit Material von Milzrupturen gelungen ist, im Blute
der infizierten Tiere Piroplasmen nachzuweisen, so möchte ich an dieser
Stelle auf die von Knuth nicht beachteten Schwierigkeiten des Piro-
plasmennachweises aufmerksam machen. Schon bei meinen früheren
Arbeiten hatte ich die Erfahrung machen müssen, daß es bei künstlich
mit piroplasmenhaltigem Blute infizierten Rindern nicht immer gelang,
trotz eifrigster und oftmaliger Untersuchung, Piroplasmen im Blute fest-
zustellen. So war es auch im Falle 3, Uhlkau (cf. p. 249 unter 2 meiner
Arbeit), nicht möglich, bei den beiden mit Milzbrei und Blutkuchen
infizierten Rindern Piroplasmen direkt nachzuweisen, sondern erst da-
durch, daß Blut von diesen Tieren wiederum auf Rinder übertragen
wurde und diese Parasiten zeigten. Es war ferner fehlerhaft von
Knuth, zu einem solchen Infektionsversuche dasselbe Tier zweimal zu
verwenden (cf. Berlin. Tierärztl. Wochenschr. 1911. p. 553. Sp. 2. Abs. 1.
Rind 13), da die einmalige Einspritzung mit piroplasmenhaltigem Material
Immunität hinterläßt, selbst wenn das betreffende Tier sich auch nicht
krank gezeigt hat.
Endlich bemängelt Knuth meine Stellungnahme zu dieser Krank-
heit. Ich glaube aber, einmal durch den Nachweis der Piroplasmen,
durch die Erzeugung einer Piroplasmosis nach Uebertragung von Milz
bzw. Milzblut an Milzruptur gefallener Tiere und unter Berücksichtigung
der epidemiologischen Verhältnisse bis zu einem gewissen Grade von
V. Knaut, Zur Hämolyse der Choleravibrionen. 475
"Wahrscheinlichkeit die Identität der Hämoglobinurie des Rindes und der
Milzruptur festgestellt zu haben. Eine gewisse Reserve habe auch ich
mir insofern auferlegt, als ich in meiner Arbeit die Frage unentschieden
gelassen habe, ob eventuell eine Anaplasmosis vorliegen könnte.
Knuth dagegen hatte in seiner ersten, gemeinschaftlich mit
Meissner publizierten Arbeit auf p. 446 sich mehr oder weniger gegen
die Identität der Milzruptur und der Hämoglobinurie ausgesprochen und
dafür in der Hauptsache das Fehlen des roten Harns, die klare Be-
schaffenheit der Galle, die blutige Entzündung der Fleischlymphknoten,
das plötzliche Eintreten des Todes ohne vorherige Krankheit und das
Fehlen der Milzrupturen in sogenannten Hämoglobinuriegegenden an-
geführt. Einen fast entgegengesetzten Standpunkt nimmt Knuth in
dem Dresdener Vortrage ^) ein :
„Wir fragten uns nun weiter, ob die Piroplasmen bei den Fällen von Milzruptur
nur einen Nebenbefund oder ob sie die eigentliche Ursache der plötzlichen Todesfälle
darstellen. Letzteres erscheint mir das Wahrscheinlichere. Denn alle Gründe, die
scheinbar dagegen sprechen, lassen sich meines Erachtens leicht widerlegen."
„Daß es sich bei dem von mir geschilderten Krankheitsbilde um eine Misch-
infektion von Piroplasmen und einem anderen Erreger oder um eine Piroplasmose
eigener Art, die von der Hämoglobinurie verschieden ist, handelt, dafür habe ich bis
jetzt keine sicheren Anhaltspunkte finden können, möchte aber auch diese beiden Mög-
lichkeiten vor der Hand noch offen halten."
Nachdruck verboten
Zur Hämolyse der Choleravibrionen.
Von Dr. med. A. t. Enaut, Rostow a. D. ■
Die Frage über den Wert der hämolytischen oder hämotoxischen
Reaktion der Choleravibrionen scheint in letzter Zeit in ein negatives
Stadium geraten zu sein.
Nachdem Kraus, seine Mitarbeiter und andere (Prantschoff,
Fukuhara, Müller, Praussnitz, Berestnew^ erklärt hatten, daß
die Hämolyse das beste Kriterium zur Unterscheidung echter Cholera-
vibrionen von choleraähnlichen abgibt, indem ersteren diese Eigen-
schaft abgeht, bestritten bereits früher Masi, Meinicke, Schott-
müller, Berger und Schumacher diese Ansicht. In letzter Zeit
reihen sich letzteren noch Hunte rnüller, Baerthlein und in ihrer
Kollektivarbeit die russischen Autoren Jakowlew, Zabolotny, Zla-
to gor off und Kulescha an. Sie führen den Nachweis, daß auch
echte Choleravibrionen hämotoxisch wirken.
Wenn Baerthlein Schwankungen bei verschiedenen Stämmen zu-
gibt, schreiben die anderen allen frisch gewonnenen Stämmen eine
hämolytische Fähigkeit zu, während dieselbe bei älteren Laboratorium-
stämmen verloren gehen könne.
Die erwähnten russischen Autoren heben in ihrer Kollektivarbeit
noch hervor, daß die Methode hierbei eine größere Rolle spielt.
Meiner Ansicht nach löst sich der Widerspruch dadurch, daß alle
Autoren Hammelblut zu ihren Versuchen benutzen, während Kraus
außerdem noch Ziegenblut verwendet. Hammelblut ist aber nicht sehr
beständig. Zu dieser Erkenntnis gelangte ich auf folgendem Wege :
1) Der Dresdener Vortrag hat mir in Urschrift vorgelegen.
476 Centralbl. f. ßakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Im Don existiert ein Vibrio, im Winter selten, im Sommer massen-
haft, der in seinem morphologischen und kulturellen Verhalten sehr
schwer von einem echten Choleravibrio zu unterscheiden ist. Dazu
kommt noch, daß er für Meerschweinchen sehr virulent, bedeutend viru-
lenter als der echte Choleravibrio ist.
Sein Agglutinationsvermögen reicht von 1:500 bis 1:1000 (1:50 bis
1 : 100), geprüft am getrockneten Choleraserum aus dem Fort Alexander I
in Kronstadt, vom Titer 1:20000.
Diese Eigenschaften hatten dem Don- Vibrio den Verdacht zugezogen,
durch Mutation an der letzten größeren Choleraepidemie in Rostow a. D.
einen gewissen Anteil zu haben.
Durch die Hämolyse glaubte ich vollkommen den Beweis in der
Hand zu haben, seine Unschuld beweisen zu können, weil derselbe be-
reits in 12 Stunden eine deutliche Hämolyse bewirkt, während frisch
gewonnene echte Choleravibrionen das nicht vermochten (sie aggluti-
nierten bis 1:20000).
Meine ersten Versuche machte ich mit Kaninchen blut, später ging
ich zu Blut von Ochsen, Kühen und Schweinen über, das ich auf dem
Schlachthofe stets frisch und steril erhalten konnte. Dabei konnte ich
in 12 — 24 Stunden niemals auch nur eine Spur von Hämolyse bei meinen
frischen Cholerastämmen konstatieren.
Durch den Widerstand an Ort und Stelle und den Widerspruch
in der Literatur stutzig gemacht, versuchte ich Hammelblut, und siehe
da, meine Cholerastämme ergaben bisweilen ebenfalls Hämolyse, und
zwar in 24 Stunden angedeutet und in 2mal 24 Stunden deutlich.
Hierbei fiel mir auf, daß Hammelblut sehr schnell dunkel wird, es
verzehrt schnell seinen Sauerstoff, und mir scheint es, daß das redu-
zierte Hämoglobin leichter durch die V^ibrionen der Hämolyse verfällt,
als das Oxyhämoglobin. Gewaschene Hammelblutkörperchen, in 5-proz.
Aufschwemmung, erhalten das Oxyhämoglobin scheinbar besser, aber
lösen sich in der Blutplatte durch Choleravibrionen leichter. Letzteres
geben auch die erwähnten russischen Autoren an.
Wird das reduzierte Blut aber lackfarben, oder nur zum Teil lack-
farben, transparent (wobei als Agentien eine starke Alkalinität oder eine
höhere als 50^ C betragende Temperatur der Agarmasse mitwirken), so
haben auch echte Choleravibrionen gewonnenes Spiel, denn dann ver-
mögen sie, die begonnene Hämolyse in ihrem Bereiche schnell fortzu-
führen, resp. den gelösten Farbstoff aufzuhellen.
Ich möchte daher empfehlen, um eindeutige Resultate zu erzielen,
Hammelblut zu vermeiden, nicht gar zu stark alkalischen Agar zu ver-
wenden, das betr. Blut mit Luft zu schütteln, bis es eine hellrote Farbe
annimmt und in 10— 15 Proz. dem auf 45*^ C abgekühlten Agar hinzu-
zusetzen.
Beim Ausgießen hat die Platte dann eine matte, hellrote Farbe,
während eine Platte mit reduziertem Hämoglobin dunkelrot, glänzend
und scheinbar durchsichtig erscheint.
Das Resultat ist bei 37 ** C in 12—18 Stunden abzulesen.
Wenn echten Choleravibrionen unter besonderen Bedingungen ein
hämolytisches Vermögen nicht abgesprochen werden kann, so ist das
Kr aussehe Unterscheidungsmittel deshalb nicht zu verwerfen, sondern
nur schärfer auszubilden, ebenso, wie es seinerzeit mit dem Agglutinations-
verfahren geschah, zumal mehrere Autoren zugeben, daß bisweilen in
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose. 477
sporadischen Fällen alle bisher verwandten Hilfsmittel zur Bestimmung
echter Choleravibrionen nicht ausreichen.
Da es mir an verschiedenartigem Choleramaterial mangelt, konnte
ich nur sondierende Versuche machen, und stelle die Entscheidung
weiteren Untersuchungen anheim. An die Forscher richte ich die Bitte,
bei Behandlung dieser Frage das höchste Agglutinationsvermögen jeden
untersuchten Vibrionenstammes, und wenn Hämolyse vorhanden, nach
Verlauf welcher Zeit dieselbe bei 37" C auftrat, anzugeben.
Nachdruck verholen.
Untersuchungen über die Wirkung des Mittels 606 auf
die Hühnerspirillose.
[Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Frosch;
Abteilungsvorsteher: Dr. P. Knuth).]
Von Albert Hauer.
Der Erreger der Hühnerspirillose, Spirochaete gallinarum,
wurde zuerst in Rio de Janeiro im Jahre 1903 von Marchoux und
Salimbeni (1) entdeckt. Entgegen früheren Ansichten haben neuer-
dings Williamson (2) (1908) und G alli- Valerio (2) (1909) die
Identität dieses Erregers mit dem der Gänsespirillose, Spirochaete
anserum, festgestellt. Die Uebertraguug der Krankheit erfolgt in den
meisten Fällen durch Ar gas miniatus, seltener durch A. persicus,
A. reflexus und Ornithodorus moubata [Hutyra und Marek
(2)]. In den Zecken, die sich im Gebüsch, an Waldrändern und in dem
Holz der Hühnerställe aufhalten, können die Spirochäten nach Nuttall
(2) bis 6 Monate virulent bleiben ; hier machen sie wahrscheinlich eine
ähnliche Entvvickelung durch wie das Leukocytozoon Ziemanni in
der Stechmücke [Luhe (3)j. Nach Brumpt (2) gibt es 2 Abarten der
Hühnerspirochäte, die Spirochaete Nicollei aus Tunis und die
Spirochaete Neveuxi, beide werden durch Argas persicus über-
tragen. Abgesehen von Brasilien, wurde die Hühnerspirillose bisher auch
in Rumänien, Bulgarien, Aegyplen, Tunis, Südafrika, auf Cypern, in
Australien und in Indien nachgewiesen [Hutyra und Marek (2)].
Außer Hühnern sind für die künstliche Infektion nach Marchoux und Salim-
beni (1) Gänse, Enten, Perlhühner, Turteltauben, Sperlinge und Kaninchen [Luhe (3)]
empfänglich; Meerschweinchen erkranken nur bei intraperitonealer Injektion sehr großer
Mengen spirochätenreichen Blutes [Levaditi (4)]. Der künstlichen Ansteckung gegen-
über refraktär verhalten sich Menscli und Affe; desgleichen Tauben, bei denen die Krank-
heit nur durch infizierte Zecken übertragen werden kann [Marchoux und Salim-
beni (1)].
Der Krankheitsverlauf der an Spirochaetosis erkrankten Tiere ist entweder ein
akuter oder ein chronischer [Dodd (5)J. Die ersten Erscheinungen der akuten Form
bestehen in starkem Durst und hohem Fieber; dann folgt Verlust des Appetits und
Sträuben der Federn. Auf der Höhe der Erkrankung tritt starke Benommenheit des
Sensoriums und ausgesprochene Somnolenz hinzu; daneben macht sich in den meisten
Fällen Diarrhöe mit eigentümlich fötidem Geruch der stark dünnflüssigen Faeces be-
merkbar [Dodd (5)]. Im weiteren Verlauf der Krankheit zeigen die Tiere Anämie und
Abmagerung; sie fallen um, machen vergebliche Versuche, sich aufzurichten, und ver-
enden entweder unter den Erscheinungen der Schlafsucht oder unter Krämpfen [Uhlen-
huth und Gross (6)]. Die Krisis stellt sich gewöhnlich am 4. bis 5. Tage nach dem
478 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Auftreten der ersten Symptome ein und kennzeichnet sich durch dunkelblaurote Färbung
des Kammes [Hutyra und Marek (2)J.
Die pathologisch-anatomischen Veränderungen bei der akuten Form sind im all-
gemeinen folgende: Das Kadaver ist stets anämisch, die Muskeln sehen aus wie mazeriert
[Dodd (5)]. Der Dünndarm ist bisweilen höher gerötet und mit punktförmigen Hämor-
rhagien besetzt. Milz und Leber sind vergrößert und ebenfalls hämorrhagisch, letztere
ist oft mit nekrotischen Herden von Stecknadelkopfgröße durchsetzt [Dodd (5)J. Häufig
ist die Herzmuskulatur fettig degeneriert und das Epicardium mit Fibrinmembranen
bedeckt [Hutyra und Marek (2)]. Bei stark infizierten Tieren findet man das Blut
auffallend heil und dünnflüssig; es gerinnt zuweilen spät und plötzlich; in vielen Fällen
ist auch das Knochenmark fettreich und anämisch [v. Prowazek (7)J.
Die chronische Form des Leidens kann als Folge der akuten und auch ganz un-
abhängig von dieser als selbständige Form auftreten (Dodd). Sie äußert sich zumeist
in einer Paralyse der Beine, der Flügel und des Halses; am häufigsten werden die Beine
betroffen. Im Anfang bekunden die Vögel große Ungeschicklichkeit im Gebrauch ihrer
Zehen, im vorgeschrittenen Stadium kommt es zu krampfhaften Zusammenziehungen
des ganzen Fußes, so daß das Tier zusammenstürzt. Die Paralyse kann spontan und
vollständig abheilen, in den meisten Fällen jedoch besteht der Zustand wie bei der
Staupe das ganze Leben hindurch, ohne daß Spirochäten im Blut nachweisbar wären
(Dodd). In anderen Fällen tritt 8—15 Tage nach Beginn der Krankheit unter hoch-
gradiger Abmagerung und kachektischen Erscheinungen der Tod ein [ühlenhuth und
Gross (6)].
Bei an chronischer Spirochätose eingegangenen Tieren findet man Anämie, Ab-
magerung, Milzatrophie, fettige Leberentartune und brüchige, schlaffe Herzmuskulatur
(Dodd).
Nach Dodd soll die Virulenz der Spirochaete gallinarum bei aufeinander-
folgenden Tierpassagen allmählich abnehmen ; um den Erreger wieder vollvirulent zu
machen, muß er durch den Körper der Ar gas hindurchgeführt werden, ßlaizot (8)
führt hingegen den Nachweis, daß Spirochäten, die auf jungen Hühnern gezüchtet sind,
für letztere bedeutend an Virulenz gewinnen, während sie für ältere Tiere eine Ab-
schwächung dadurch erfahren. Von Fülleborn (17) wurden auch Versuche über die
Virulenz der Hühnerspirochäte bei Kanarienvögeln angestellt; er verfolgte einen Spiro-
chätenstamm durch 242 Kanarienvögelpassagen und fand dabei, daß die Spirochäten
durch diese Passagen keine Einbuße an Virulenz erlitten, sondern nach 3 — 5 Tagen noch
gesunde Kanarienvögel zu infizieren vermochten; auch für Hühner und Gänse verhielt
sich dieser Kauarienvogelstamm stark virulent.
Der positive Nachweis der Spirochäten im Blut gelingt nach Levaditi (4) meistens
erst 2 Tage nach der Infektion ; dabei kann der Vogel noch vollkommen gesund sein.
Von Uhfenhuth, Gross und B icke 1 (9) wurden bereits 24 Stunden post infectionem
Spirochäten in gefärbten Dauerpräparaten festgestellt. Während die Parasiten an den beiden
ersten Tagen sich stets getrennt vorfinden, treten sie am 4. bis 5. Tage, wo sie den
Höhepunkt ihrer Vermehrung erreichen, in Ellümpchen zusammen, die mit dem Fort-
schritt der Krankheit bedeutend an Größe zunehmen. Diese Anhäufung eng mit-
einander verfilzter Spirochäten (Ühlenhuth) in großen Mengen scheint jedesmal un-
gefähr einen Tag vor dem Verschwinden der Spirochäten aus dem Blut einzutreten;
letztere Erscheinung ist jedoch nicht als ein günstiges, auf die Genesung mit Sicherheit
hindeutendes Symptom aufzufassen, denn in vielen Phallen ist trotz der bis zum Maximum
vorgeschrittenen Anhäufung der Tod eingetreten [Dodd (5)].
Nach Levaditi und Manou^lian (4) findet eine Vermehrung der Spirochäten
nicht allein im strömenden Blut, sondern auch innerhalb der verschiedensten Organe,
vornehmlich der Leber, dem Knochenmark und dem Eierstock statt. „Si l'on Studie",
bemerken die Autoren, ,,au commencement du 2eme jour, oü il n'y a pas encore de spi-
rilles dans le sang periph^rique, les divers organes de poules sacrifiees, on remarque
que les vaisseaux du foie et surtout ceux de la moelle osseuse et de l'ovaire renferment
des quantites appreciables de parasites. La multiplication dans ces organes glandulaires
surpasse nieme celle, qui a heu dans le sang circulant."
Der Untergang der Spirochäten erfolgt teils unter dem Einfluß antibakterieller
Serumwirkung, teils auf dem Wege der Phagocytose. Das Blut von Tieren, die der
Infektion erliegen, ist in der Regel frei von Spirochäten [zitiert nach Sobernheim (1)].
Eine natürliche Immunität ist nach Marchoux und Salinibeni (16) bei der
Hühnerspirillose selten, ühlenhuth, Gross und Bickel (St) haben unter_40 Hühnern
nur 2 immune Tiere feststellen können; desgleichen fand v. I'rowazek (7) unter den
Hühnern, die er für seine Versuche verwendete, immer einige, bei denen die künstliche
Infektion entweder gar nicht oder nur unvollständig gelang, und die sich bei späteren
Nachimpfungen ebenfalls als widerstandsfähig erwiesen haben. Eine hohe und lang-
andauernde Immunität erwerben die Tiere durch Ueberstehen der Krankheit [Ühlen-
huth (6)J.
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hülinerspirillose. 479
Mit einer Aufschwemmung von Zelltrümmern aus dem Knochenmark, der Milz,
der Leber oder mit dem Blut solcher Hühner, die die Krankheit überstanden haben,
gelang es v. Prowazek (7) nicht, bei gesunden Hühnern eine Ansteckung herbei-
zuführen. Man könnte daher in den genannten Organen auf die Abwesenheit von
irgendwelchen noch ansteckungsfähigen Entwickelungszuständen der Parasiten schließen ;
andererseits ist es aber möglich, daß solches gesunden Tieren eingespritzte Blut
immobilisierend oder cytotrop wirksame Immunkörper enthält, die eine Ansteckung
verhüten [v. Prowazek (7)j. Um nun zu prüfen, ob in denjenigen Fällen, wo die
Infektion mit derartigem Blut nicht gelingt, vielleicht doch noch Spirochäten sich in
der Zirkulation befinden, stellte Fülleborn (10) folgenden Versuch an: Er zentri-
fugierte von dem Blut eines Huhnes, welches 60 Tage vorher infiziert worden und
spontan geheilt war, das Serum ab, wusch den Serumrest mit 0,9-proz. Kochsalzlösung
aus und injizierte den aus den Blutkörperchen und eventuellen Parasiten bestehenden
Zentrifugatrückstand ; eine Infektion trat in diesem Falle jedoch ebensowenig ein, als
durch das nicht zentrifugierte, Kontrolltieren eingespritzte Blut. Bei Hundebabesien
gelang es ihm allerdings, mit serumfreiem Zentrifugatrückstand eine Infektion zu erzielen,
wo die Einspritzung gewöhnlichen Blutes zu wiederholten Malen vergeblich gewesen
war; der Hund, dessen Blut benutzt wurde, war vor (j Monaten mit Babesia infiziert
worden. Desgleichen konnte Schaudinn in einem 1905 in Hamburg angestellten
Versuch mit dem Blute eines spontan geheilten Huhnes ein anderes anstecken.
Auch eine aktive Immunität kann bei Hühnern erzeugt werden. So verleiht nach
Hutyra und Marek (2) kranken Hühnern entzogenes Blut, gesunden Tieren subkutan
eingespritzt, Immunität gegen die virulente Infektion. Gänse lassen sich auch mit
Organemulsion verendeter Gänse, sowie mit Blut von kranken Gänsen, das längere Zeit
auf Eis gestanden hat, aktiv immunisieren. Hingegen hat die Einspritzung von Immun-
serum in die ßlutbahn kranker Tiere den Tod zur Folge, da sie eine Agglomerierung
der Spirochäten und hierdurch Thrombose der Gefäße herbeiführt (Levaditi) (4).
Die ersten Schutz- und Heilversuche bei dieser Krankheit wurden von Uhlen-
huth. Gross und Bickel (9) mit Atoxyl angestellt und später von Levaditi und
Mc Intosh (2) bestätigt. Nach ihren Versuchen war die dreimalige subkutane In-
jektion von 0,05 g Atoxyl pro Huhn oder die zweimalige Verabreichung von 0,1 g
Atoxyl per os in den meisten Fällen imstande, den Ausbruch der Krankheit zu unter-
drücken ; die behandelten Tiere blieben dabei zwar nicht ganz parasitenfrei, zeigten aber
keine Krankheitserscheinungen. Zur Heilung fanden die Autoren die Dosis von 0,05 g
intramuskulär eingespritzt oder die Verabreichung von 0,1 g per os für ausreichend.
Die tödliche Dosis betrug 0,5 g. Die Spirillen verschwanden gewöhnlich 34 Stunden
nach der Behandlung. Hata(ll) bediente sich bei seinen Versuchen einer niedrigeren
Heildosis, nämlich 0,03 g Atoxyl pro Kilogramm Körpergewicht, setzte allerdings mit
der Behandlung in einem früheren Stadium ein als Uhlenhuth. Für das gesunde
Tier fand er als Dosis tolerata des Atoxyls 0,1 g pro Kilogramm, für das kranke 0,08 g.
Nach Uhlenhuth (ü) tritt eine komplette Immunität der infizierten und durch
Atoxyl geheilten resp. geschützten Tiere ein. Ihr Serum zeigt die agglutinierenden und
bakteriziden Eigenschaften genau wie das Serum von Himnern, die spontan geheilt
sind. Derselbe Autor hält auch die Wirkung des Atoxyls auf die Spirochäten für eine
indirekte und ganz spezifische; es vernichtet nach ihm im Tierkörper die Parasiten
nicht, sondern wirkt nur hemmend auf ihre Entwickelung. In der Hauptsache soll es
den Organismus im Kampfe gegen die Krankheit durch Anregung der Phagocytose und
der Bildung von parasitiziden Schutzstoffen unterstützen. Daher verschwinden die
Spirochäten nicht sofort nach Behandlung mit Atoxyl, sondern trotz dreimaliger Ein-
spritzung können die Tiere noch 2 — 3 Tage hindurch Spirochäten im Blute beherbergen.
Später fanden Uhlenhuth und Man teuf el (11) in dem zuerst von ihnen unter-
suchten atoxylsauren Quecksilber ein noch besseres Mittel. Mit einer intramuskulären
Einspritzung von 0,1 g dieser Substanz gelang es ihnen, ein stark infiziertes Huhn zur
Heilung zu bringen, und zwar wurde das Blut schon am nächsten Tage nach der Be-
handlung parasitenfrei gefunden; wurde das Tier früher in Behandlung genommen, so
war eine Dosis von 0,04 — 0,06 g zur Heilung ausreichend. Bei gleichzeitiger Anwendung
des Mittels mit der Infektion konnte mit 0,04 — 0,08 der Krankheitsausbruch verhütet
werden. Uhlenhuth verwandte dieses Mittel in Form von Emulsion in Gel, während
Hata bei seinen Versuchen eine Auflösung des Mittels von 0,04 g in einer lO-proz.
NaCl-Lösung benutzte und damit ebenso gute Resultate erzielte wie Uhlenhuth.
Derselben Heildosis — 0,03 — wie bei Atoxyl bediente sich Hata (11) auch bei
Anwendung von Arsacetiu und des Mittels No. 599 (19), die beide eine gute Wirkung
zeigten; das Amidophenolarsenoxyd wandte er ebenfalls mit sehr gutem Erfolge an in
einer Dosis von 0,0015 pro Kilogramm. Hingegen gelang ihm eine sofortige und voll-
ständige Sterilisierung des Blutes bei Behandlung mit Arsenophenylglycin erst bei relativ
-hohen Dosen (0,1—0,2 pro Kilogramm); bei geringeren Dosen waren am nächsten Tage
noch Spirillen im Blut nachweisbar, verschwanden aber vollständig am 2. Tage.
480 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Von mehreren Seiten wurde die Wirkung der oben erwähnten Mittel auch bei
anderen durch Spirillen hervorgerufenen Krankheiten erprobt, so bei Recurrens, Sy-
philis und bei der Gänsespirillose.
Bei Behandlung von mit Recurrensspirillen subkutan infizierten Mäusen konnte
nach Hata (II) mit Atoxyl, Arsacetin und Arsenophenylglycin eine dauernde Heil-
wirkung nicht erzielt werden, hingegen ist es Iversen gelungen, beim Menschen an
einem größeren Krankenmaterial eine ganz unzweifelhaft abtötende Wirkung des
Atoxyls und hauptsächlich des Arsacetins auf die Spirochäten des Rückfallfiebers fest-
zustellen. Ein ungünstiges Urteil fällen Bitter und Dreyer (11) in Cairo, die bei
Anwendung des Atoxyls bei Recurrens wiederholt Rezidive auch bei sofortiger Injektion
des Mittels, sowie Störungen der Sehkraft, beobachtet haben.
Die bei Kaninchensyphilis mit Atoxyl von Levaditi und Yamanouchi (11),
mit Arsenophenylglycin und Araidophenolarsenoxyd von Hata (11) angestellten Heil-
und Schutzversuche, ließen nur eine schwache Wirkung dieser Mittel erkennen. Etwas
günstiger berichten Uhlenhuth und Menzel (11) über mehrere von ihnen mit
atoxylsaurem Quecksilber behandelte Fälle von Kaninchensyphilis (Ehrlich- Hata).
Lesser, Lassar, Zwange und v. Zeissl haben das Atoxyl in die menschliche
Syphilistherapie eingeführt und auch eine gewisse, schnell eintretende Heilwirkung ge-
funden, ohne jedoch eine sichere und dauernde Heilang zu erzielen. Neisser hat das
Arsacetin dem Atoxyl vorgezogen; von Uhlenhuth und Manteufel wurde atoxyl-
saures Quecksilber als vorzügliches Mittel bei Syphilis empfohlen (Ehrlich- Hata).
Dschunkowsky und Luhs (V2) wandten Atoxyl bei der Gänsespirillose an
und erzielten damit außerordentliche Erfolge. Eine Einspritzung von 0,3— 0,.5 Atoxyl,
12 Stunden vor der Infektion eingespritzt, verhinderte in den meisten Fällen einen
Ausbruch der Krankheit; mit Dosen von 0,3 — 0,4, die 24 Stunden nacheinander einge-
spritzt wurden, konnten sogar noch Gänse am 3. — 5. Tage ihrer Erkrankung bei großen
Mengen Spirochäten im Blut gerettet werden. So behandelte Gänse erwarben eine
dauernde Immunität. Die Heildosis des Atoxyls beträgt pro Kilogramm Lebendgewicht
0,10—0,15; 0,20 wirkt tödlich.
Die oben beschriebene, teilweise unsichere und zum Teil bedenkliche Wirkung
(Atoxyl) der für die Therapie der Spirillosen sowie der Trypanosomenkrankheiten in
Betracht kommenden Arzneimittel war für Ehrlich die Ursache, durch weitere Unter-
suchungen ein sicheres und möglichst ungefährliches Arsenmittel ausfindig zu macheu.
Bei der Durchführung seiner synthetischen Studien gelaug es ihm, mit Unterstützung
von Bertheim und Hata ein neues Präparat herzustellen, nämlich das ^littel 6Cfe
(jetzt Salvarsan genannt). Vom chemischen Standpunkt aus ist dieses Mittel sehr weit
vom Atoxyl entfernt und kann deshalb nicht als clemselben nahestehend und verwandt
bezeichnet werden [Ehrlich-Hata (11)]. Auf Anregung von Ehrlich erprobte
Hata (19) das neue Mittel bei der Hühnerspirillose. Er stellte Heil- und Schutz-
versuche an, letztere mit intramuskulärer und intravenöser Applikation des Mittels.
Um die Toxizität der neuen Substanz bei infizierten Tieren zu prüfen, spritzte er
5 Hühnern am 2. Tag nach der Injektion verschiedene Dosen des Mittels ein: 0,2.ö, 0,2.
0,15, 0,125 und 0,1 ; während die erkrankten Tiere 0,2 ganz gut vertrugen, gingen sie
bei Anwendung von 0,25 zugrunde.
Für seine Heilversuche benutzte er 20 Hühner. Davon wurden 13 Tiere am 2.
und 7 Tiere am 3. Tage nach der Infektion behandelt. Die angewandten Mengen
schwankten zwischen 0,03—0,0025. Bei Einspritzung der Dosis von 0,0025 waren am
nächsten Tage noch Spirillen, wenn auch in spärlicher Anzahl, vorhanden. Bei 0,(X)35,
die zweimal zur Anwendung kam, war das Blut am nächsten Tage frei von Parasiten,
so daß diese Quantität als die niedrigste Dosis curativa angesehen werden kann. Bei
den am 3. Tage post infectionem behandelten Tieren war eine etwas größere Dosis,
nämlich 0,01 pro Kilogramm zur Heilung erforderlich. Bei so kleinen Dosen traten
Veränderungen an der Injektionsstelle sowie allgemeine Nebenerscheinungen nicht auf.
Bei gleichzeitiger Behandlung und Infektion genügte die Menge von 0,0025, um
den Ausbruch der Krankheit zu verhüten.
Auch über die Schutzwirkung des Salvarsans hat Hata (11) einige Versuche an-
gestellt. Im er?;ten Versuch spritzte er einem Huhn eine Dosis von 0,05 pro Kilogramm
intramuskulär ein, wobei das Tier sich noch nach 20 Tagen gegen eine Infektion voll-
kommen refraktär verhielt. Dann erhielten je 2 Hühner an verschiedenen Tagen eine
Do.sis von 0,07 pro Kilogramm Lebendgewicht intramuskulär und wurden später gleich-
zeitig mit den Kontrollhühnern infiziert. Die so vorbehandelten Hühner waren bis zu
30 Tagen nach der Behandlung an.scheinend vollständig gegen die Infektion geschützt,
nach 35 Tagen ging die Infektion zwar an, aber nur ganz leicht, erst nach 50 Tagen
war keine Schutzwirkung mehr nachzuweisen.
Die Ursache dieser langen Dauer der präventiven Wirkung des Mittels bei Hühnern
ist nach Hata (11) dem Umstand zuzuschreiben, daß sich an der Injektionsstelle ein
großes Depot des Mittels bildet. Der Muskel wird durch das Mittel nekrotisiert und
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose. 481
letzteres bleibt von der koagulierten Muskelsubstanz längere Zeit lokal festgebunden.
Die vom Depot aus allmählich resorbierten Quantitäten des Mittels genügen dann, um
eine akute krankheitsauslösende Wirkung des Mittels hintanzuhalten. Für die Richtig-
keit dieser Erklärung spricht die Tatsache, daß bei intravenöser Anwendung des Mittels
die Schutzwirkung kaum 4 Tage dauerte und die Tiere 6 Tage nach der Behandlung
sich gegenüber der Reinfektion ganz wie normale verhielten. Nach den Versuchen von
Marinescu (11) hat sich das Mittel auch bei der praktischen Bekämpfung der Hühner-
spirillose sehr gut bewährt.
Eine ebenso günstige Heil- und Schutzwirkung wie bei der Hühnerspirillose ent-
faltete das von Hata (11) auch bei Ratten- und Mäuserecurrens angewandte Mittel
606. Eine relativ kleine Dosis Salvarsan vermochte in fast allen Fällen den Eintritt
des sonst sicheren Todes zu verhüten. Bei Ratten, die eine relativ größere Quantität
vertragen als die Mäuse, betrug die zur dauernden Sterilisierung des Blutes notwendige
Dosis 0,06 — 0,08. Auch hielt die Schutz Wirkung des Mittels bei der ersten Tierart
länger an als bei der letzteren, selbst nach 10 Tagen war das Salvarsan noch nicht
ganz aus dem Körper verschwunden. Hervorzuheben ist noch, daß unangenehme Er-
scheinungen am Nervensystem, wie Zittern, Tanzen und besonders Amaurosen, die
durch viele andere Arsenikalien leicht erzeugt werden, bei den mit 606 behandelten
Tieren niemals beobachtet worden sind. Von Iversen (13) wurde die Substanz sodann
in der Therapie des Recurrens beim Menschen versucht. Nach Injektion von 0,2 — 0,3 g
des Präparates 606 verschwanden die Spirochäten innerhalb 4 — 10 Stunden aus dem Blut
vollständig und konnten in demselben nicht mehr nachgewiesen werden. In 92 Proz. aller
Fälle genügte eine einzige Injektion, um eine vollständige Sterilisierung des Blutes eines mit
Recurrensspirochäten infizierten Menschen herbeizuführen, so daß weitere Anfälle aus-
blieben. Im Gegensatz zu der intramuskulären Einspritzung war die intravenöse Appli-
kation des Mittels schmerzlos ; auch erfolgte bei ihr die Wirkung 3—4 Stunden früher
als bei der ersteren. In demselben Sinne berichten Dreyer und Bitter (11) über
Versuche, die sie bei dieser Krankheit mit 606 bei einem allerdings nur geringen Kranken-
material in Kairo erzielt haben (Ehrlich- H ata).
Ferner gelang es Hata bei der Hodensyphilis der Kaninchen die Spirillen mit
einer einzigen Injektion vollständig und sofort zu vernichten. Die Grenze der sofort
sterilisierenden Dosis liegt zwischen 0,015 und 0,01 pro Kilogramm. Rezidive wurden
bis jetzt bei den mit diesen Mengen behandelten Tieren nicht beobachtet. Sehr gute
Resultate lieferten auch die Versuche, die zuerst von Alt (14) bei der Syphilis des
Menschen angestellt wurden; er benutzte eine einmalige Injektion von 0,3 g der Substanz
606 (Dosis tolerata efficiens) und konstatierte in fast allen Fällen eine vom Tage der
Behandlung an einsetzende gründliche Heilwirkung.
Nach entmutigenden Resultaten mit Jodkalium oder Quecksilber wandte Nichols
(11) das Präparat 6U6 auch auf die Frainbösie an; nach einer intravenösen Einspritzung
von 0,0045 pro Kilogramm Lebendgewicht zeigte sich das Blut 24 Stunden später frei
von Spirochäten. Rezidive wurden nicht beobachtet. Ebenso hat auch Streng (11)
in Manila ausgezeichnete Erfolge mit diesem Mittel bei Behandlung der Frambösie des
Menschen erzielt.
Ueber gute Heilerfolge mit Salvarsan berichtet ferner Broden bei Anwendung
von 0,3— 0,6 bei der Schlafkrankheit des Menschen, ebenso Haller bei der Variola (11).
Sehr wirksam ist das Präparat 606 nach Iversen (llj und Nocht auch gegen
Malaria. Bei dieser Krankheit stellte Werner (15) nach mehreren Mißerfolgen mit Chinin,
Methylenblau und Arsenophenylglycin einen sehr ausgesprochen antiparasitären Einfluß
des neuen Mittels fest, der bei Tertiana stärker war als bei Tropica.
Neuerdings wurde auch das Salvarsan zu therapeutischen Zwecken bei der Brust-
seuche und bei der epizootischen Lymphangitis der Pferde erfolgreich angewandt (Rips,
Tröster, Reinecke etc.).
Eigene Untersuchungen.
Bei meinen Studien über die Wirkung des Mittels 606 auf die
Spirillose der Hühner arbeitete ich nach folgendem Versuchsplan:
1) Untersuchungen über die toxische Wirkung.
2) Untersuchungen über die Heilwirkung.
3) Untersuchungen über die Schutzwirkung der Substanz.
4) Untersuchungen über die Immunität bei den mit dem Präparat 606
behandelten resp. geschützten Hühnern.
Seiner Exzellenz, Herrn Wirklichen Geheimen Rat Prof. Dr. Ehr-
lich, der mir die zu meinen Versuchen nötigen Mengen des Mittels 606
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Hcft 6. 31
482
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
bereitwilligst zur Verfügung stellte, bin ich zu besonderem Danke ver-
pflichtet; desgleichen Herrn Prof, Schilling vom Institut für Infektions-
krankheiten für freundliche Ueberlassung von Spirochätenmaterial. Gleich-
zeitig möchte ich an dieser Stelle Herrn Dr. Knuth, der die Anregung
zu dieser Arbeit gegeben und mir bei Anfertigung derselben weitgehende
Unterstützung hat zuteil werden lassen, meinen verbindlichsten Dank
aussprechen.
Da ich bereits mit meinen Versuchen im Dezember 1909 begonnen
habe, war die damals von mir benutzte Lösung des Mittels 606, auch
Salvarsan genannt, eine andere, als sie heute von Exzellenz Ehrlich
empfohlen wird. Nach der damaligen Vorschrift wurden 0,2 g der Sub-
stanz 606, die jedes mir übersandte Vakuumröhrchen enthielt, unter
Hinzufügung von etwas Methylalkohol in ein steriles Reagensglas
gebracht. Die nach Zusatz von ca. 10 ccm Aqua dest. und etwas
Normalnatronlauge entstehende Fällung löste sich bei überschüssiger
Natronlauge sofort wieder auf. Zuletzt wurde die Lösung mit ganz
schwacher Essigsäurelösung langsam versetzt und schließlich noch
einige Tropfen Natronlauge zugefügt, um eine ganz klare Lösung zu
erhalten.
Bevor mit den Schutz- und Heilversuchen begonnen wurde, prüfte
ich die toxische Wirkung des Mittels 606 bei nicht mit Spiro-
chäten infizierten Hühnern. Wie aus Tabelle I ersichtlich ist, kamen
drei verschiedene Dosen in Anwendung: Huhn No. 2 erhielt 0,6, Huhn
No. 3 0,3 und Huhn No. 4 0,15 Salvarsan. Huhn No. 2 starb bereits
am zweiten, Huhn No. 3 am dritten Tage nach der Einverleibung des
Mittels, während Huhn No. 4 am Leben blieb. Somit sind nach diesem
Versuch 0,3 als niedrigste Dosis letalis und 0,15 als Dosis maxima tolerata
anzusprechen.
Tabe]
le I (Untersuchungen
über die toxische Wirkung).
No.
2
3
4
Hiihn
Farbe
Gesprenkeltes Huhn
mit kleiner Haube
Schwarz mit ge-
sprenkeltem Kopf
Schwarz mit grauem
Hals
Gewicht
1370 g
1230 g
1270 g
Datum der Ein-
spritzung von 606
28. 12. 09
28. 12. 09
28. 12. 09
Dosis
0,6
0,3
0,15
I.Tag
29. 12. 09
Freßlust verringert,
hochgradiger, schlaf-
süchtiger Zustand,
Durchfall
29. 12. 09
Schlafsüchtiger Zu-
stand, verminderte
Freßlust
29. 12. 09
2. Tag
30. 12. 09
Tot
Sektionsbefund: Brust-
muskulatur u. nächste
Umgebung gelbsulzig
infiltriert. Milz ver-
größert. Gew. 1350 g
30. 12. 09
Durchfall
30. 12. 09
B.Tag
31. 12. 09
Tot
Sektionsbefund wie bei
No. 2. Gew. 1210 g
31. 12. 09
Gew. am 2. 3.: 1280 g
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose. 483
Im Einklang hiermit steht das Ergebnis der Versuche von Hata,
der allerdings zur Feststellung der tödlichen Menge bereits mit Spiro-
chäten infizierte Hühner benutzte. Von den fünf angewandten Dosen :
0,25, 0,2, 0,15, 0,125 und 0,1 wirkte tödlich die Quantität von 0,25, so
daß nach Hata 0,2 als Dosis maxima tolerata zu betrachten ist.
Das zur Weiterzüchtung des Spirochätenstammes notwendige Blut
entnahm ich meistenteils der Flügelvene von Hühnern, die sich am
2. bis 3. Tage der Erkrankung befanden. Mit solchem defibrinierten, im
Eisschrank aufbewahrten Blut gelang es mir noch nach 6 bis 8 Tagen
gesunde Vögel zu infizieren. Eine Abnahme der Virulenz der Spiro-
chäten habe ich im Laufe der Krankheit nicht feststellen können.
Es war nicht möglich, bei irgendeinem der erkrankten Hühner schon
am 1. Tage nach der Infektion Spirillen im hängenden Tropfen nach-
zuweisen; hingegen waren in den Blutpräparaten, die am 2. Tage nach
der Ansteckung angefertigt wurden, stets Parasiten in größerer Anzahl
vorhanden. Sehr zahlreich fanden sich dieselben vor am 4. bis 5. Tage,
an dem sie den Höhepunkt ihrer Vermehrung erreichten und oft in
rosettenartigen Haufen anzutreffen waren. Mit dem 6. Tage schwand
die Zahl und die Beweglichkeit der Spirillen in ganz erheblichem Maße,
so daß meistens nur ein schwaches Hin- und Herbewegen, selten eine
Vorwärtsbewegung derselben zu beobachten war. In den am 7. bis
8. Tage nach der Ansteckung angefertigten Präparaten gelang es mir
nie, Spirochäten nachzuweisen.
Von den 40 mit Erfolg mit Spirillen geimpften Hühnern benutzte
ich 26 zu Heilversuchen. Eine Behandlung der kranken Tiere wurde
immer erst an dem Tage eingeleitet, an dem Parasiten im Blute nach-
weisbar waren. Am 2. Tage post infectionem wurden von den 26 Hühnern
9 behandelt. Die angewandten Dosen schwankten zwischen 0,03—0,002.
Bei sämtlichen Tieren mit Ausnahme des mit 0,002 behandelten Vogels
war das Blut am nächsten Tage frei von Spirochäten. Als niedrigste
Dosis curativa gilt, wie aus Tabelle III hervorgeht, die bei zwei Hühnern
versuchsweise zur Anwendung gelangte Menge von 0,003 pro Kilogramm
Lebendgewicht.
Hata behandelte am 2. Tage nach der Ansteckung 13 Hühner. Als
höchste Menge benutzte er 0,03, als niedrigste 0,0025 pro Kilogramm
Lebendgewicht. Da das mit dieser Quantität Salvarsan behandelte Tier am
nächsten Tage noch Spirochäten im Blute zeigte, ist nach Hata als niedrig-
ste Dosis curativa die nächst höhere Menge, nämlich 0,0035, anzusehen.
Am 3. Tage post infectionem behandelte ich (vergl. Tabelle IV und V)
12 Hühner. Die höchste Dosis betrug 0,03, die niedrigste 0,0025 pro
Kilogramm Lebendgewicht. Huhn No. 48, das 0,0025 und Huhn No. 23,
das 0,004 erhielt, zeigten am nächsten Tag noch Spirillen im Blut, die
aber am folgenden Tage verschwanden. Nach diesen Versuchen beträgt
die niedrigste Dosis curativa 0,005.
Von Hata wurden am 3. Tage 7 Hühner mit verschiedenen Mengen
Salvarsan behandelt. Während bei Behandlung mit 0,005 und 0,0075
das Blut am nächsten Tage frei von Parasiten war, fanden sich noch
einige wenige bei Anwendung von 0,008; als niedrigste Dosis curativa
kommt daher nach Hata die Quantität 0,01 in Betracht.
Wie aus Tabelle VI hervorgeht, gelangten bei den 5 am 4. Tage
post infectionem behandelten Tieren höhere Dosen als bisher in An-
wendung. Obschon die Tiere zum Teil hochgradige Erschöpfung und
Durchfall zeigten und das Blut mit Spirochäten überschwemmt war,
31*
484
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
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490
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Originale. Bd. 62. Heft 6.
Tabe
lle VI (KontroUtiere).
Kontrolltiere
,
No.
16
50
53
Huhn
Farbe
Graues Huhn
mit gelbem Hals
Weiß
Schwarz
Gewicht
1200 g
1300 g
1400 g
Datum der Infektion
u. Krankheitsverlauf
19. 2. 10
infiziert mit Blut von
Huhn No. 13
23. 4. 10
infziert mit Blut von
Huhn No. 49
27. 4. 10
infiziert mit Blut von
Huhn No. 51
I.Tag
20. 2. 10
24. 4. 10
28. 4. 10
2. Tag
21. 2. 10
+ W.
Hoher Durst, vermin-
derte Freßlust
25. 4. 10
+ w.
dgl.
u. Sträuben d. Federn
29. 4. 10
+ W.
dgl.
3. Tag
22. 2. 10
+ + +
Benommenheit d. Sen-
soriums
26. 4. 10
+ +
dgl.
30. 4. 10
+ +
dgl.
4. Tag
23. 2. 10
+ + + +
Durchf., Freßlust ganz
aufgehoben
27. 4. 10
+ + +
dgl.
1. 5. 10
+ + +
dgl.
Behandlung (pro
Kilogramm Gewicht
5. Tag
24. 2. 10
Tot
Gewicht 900 g. Leber
und Milz vergrößert :
Dünndarm hämorrh.
28. 4. 10
+ + +
Durchf. besteht weiter ;
Somnolenz
2. 5. 10
+ + +
Hochgradiger Durch-
fall
6. Tag
29. 4. 10
+ + + +
Hochgradig soporöser
Zustand
3. 5. 10
+ + + +
Starke Somnolenz
7. Tag
30. 4. 10
4. 5. 10
Patient liegt regungs-
los am Boden
8. Tag
1. 5. 10
Gewicht 990 g
5. 5. 10
Tot
Gewicht 1220 g. Milz
und Leber vergrößert,
Dünndarm nämor-
rhagisch
9. Tag
10. Tag
setzte doch mit Ausnahme von zwei Fällen eine sichtliche Besserung
und Heilung mit dem Tage der Behandlung ein. Besonders auffallend
war die Heilwirkung des Mittels bei Huhn No. 47, das am Tage der
Behandlung starken Durchfall zeigte und regungslos am Boden lag; aus
dem Käfig genommen, machte es keine Fluchtversuche und bewegte sich
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose.
491
(Heil versuche.) Behandlung am 4.
Tage nach der Ansteckung.
15
36
41
47
51
Schwarzweiß
Grauweißer
Hahn
Weißgrau
Weißer Hahn
Gelbes Huhn
1400 g
1300 g
1300 g
1410 g
1670 g
11. 2. 10
infiz. mit Spiro-
chäten bezog. V.
Prof. SchiUing
15. 3. 10
von Huhn No. 30
10. 4. 10
infiziert mit Blut
von Huhn No. 38
16. 4. 10
infiz. von Huhn
No. 45
23. 4. 10
infiz. mit Blut
V. Huhn No.49
12. 2. 10
16. 3. 10
11. 4. 10
17. 4. 10
24. 4. 10
13. 2. 10
+ W.
dgl.
Beschreibung im
Text
17. 3. 10
+ W.
Beschreibung im
Text
12. 4. 10
+ W.
Hoher Durst, ver-
mind. Freßlußt
18. 4. 10
+ W.
dgl.
im Text beschrie-
ben
25. 4. 10
+ W.
dgl.
14. 2. 10
+ +
dgl.
18. 3. 10
+ +
dgl.
13. 4. 10
+ +
dgl.
19. 4. 10
+ + +
dgl.
Starker Durchfall
26. 4. 10
+ + +
dgl.
15. 2. 10
+ + + +
dgl.
Starker Durchfall
und hochgradige
Somnolenz
19. 3. 10
+ + +
dgl.
Starker Durchfall
14. 4. 10
+ + + +
Benommenheit d.
Sensor., Durch-
fall
20. 4. 10
+ + + +
dgl.
Patient liegt re-
gungslos am Bo-
den
27. 4. 10
+ + +
dgl.
0,04
0,005
0,04
0,05
0,05
16. 2. 10
Tot
Gew. 1200 g. Sek-
tionsbefund wie
bei No. 53.
20. 3. 10
Hochgradig sopo-
röser Zustand
15. 4. 10
21. 4. 10
28. 4. 10
21. 3. 10
Patient liegt wie
gelähmt am Bod.
16. 4. 1
22. 4. 10
29. 4. 10
22. 3. 10
Tot
Gewicht 1200 g
17. 4. 10
23. 4. 10
30. 4. 10
23. 3. 10
Sektionsbef. wie
bei No. 15
18. 4. 10
Gewicht 1350 g
24. 4. 10
Gewicht 1480 g
1. 5. 10
Gewicht 1670 g
19. 4. 10
25. 4. 10
2. 5. 10
nur auf Antrieb weiter. Nach Einspritzung von 0,05 Salvarsan war am
nächsten Tage das Blut frei von Parasiten und eine Besserung im
Allgemeinbefinden zu konstatieren. Das Huhn stand aufrecht im Käfig,
aus demselben genommen machte es Gehversuche, gegen Nachmittag
stellte sich wieder etwas Appetit ein.
492 Centralbl. f. Bakt. etc. T. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Nicht geheilt wurden die Hühner No. 15 und No. 36. Ersteres
zeigte außer hochgradiger Somnolenz und Durchfall Ausfluß dünnflüssiger
Massen aus dem Schnabel und Lähmung der Gliedmaßen, so daß es
regungslos am Boden lag. Am Tage nach der Einspritzung mit 0,04
waren die Spirochäten vollkommen aus dem Blut verschwunden. Die
Sektion ergab: Vergrößerung von Milz und Leber, letztere fettig degene-
riert, Dünndarm hämorrhagisch.
Da erkrankte Tiere in der Regel eine geringere Dosis von Arznei-
mitteln vertragen als gesunde, so konnte bei diesem Huhn der Tod
vielleicht zum Teil auf Rechnung der hohen Dosis erfolgt sein. Wie
Hata nachgewiesen hat, beträgt z. B. die Dosis tolerata des Atoxjls
für gesunde Hühner 0,1, für kranke etwa 0,08. Ich spritzte dem Huhn
No. 36 daher eine weit geringere Menge ein, nämlich 0,005. Wie bei
Huhn No. 15 bestand auch hier Durchfall in Form von vollkommen
dünnflüssigen Faeces und hochgradige Erschöpfung, so daß Patient wie
gelähmt am Boden lag. Die augefertigten Blutpräparate zeigten unter
dem Mikroskop unzählige Mengen von Spirochäten. Während Huhn
No. 15 bereits am nächsten Tage nach Einspritzung des Mittels starb,
trat der Tod bei Huhn No. 36 erst nach 3 Tagen ein. Ob diese günstige
Beeinflussung auf Kosten der geringeren Quantität des Salvarsans zu
setzen ist, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls scheinen in beiden Fällen
die bei der Sektion vorgefundenen, möglicherweise schon am Tage der
Einspritzung vorhanden gewesenen Veränderungen der verschiedensten
Organe eine Besserung resp. Heilung der Tiere unmöglich gemacht zu
haben. Die Sektion bei No. 36 ergab: Anämie, Abmagerung, fettige
Leberentartung und Milzatrophie.
Als Kontrolltiere bei den Heilversuchen (vergl. Tabelle II
bis VI) dienten 14 Hühner. Davon starben 9 Tiere. Bei 2 Vögeln trat
der Tod am 4. Tage post infectionem ein, bei einem am 5., bei zwei am
6., bei zwei am 7. und bei zwei am 8. Tage. Sämtliche Patienten zeigten
auf der Höhe der Erkrankung Durchfall in Form von vollkommen dünn-
flüssigen Faeces und hochgradige Somnolenz. Bei den am 8. Tage ein-
gegangenen Tieren bestand außerdem Lähmung der Gliedmaßen, so daß
die Vögel regungslos am Boden lagen. Bei der Sektion wurde in allen
Fällen eine Vergrößerung von Milz und Leber gefunden, letztere fettig
degeneriert; daneben war häufig der Dünndarm höher gerötet und mit
Hämorrhagien besetzt.
Bei zwei Tieren, No. 25 und No. 27, die an Tuberkulose eingingen,
unterblieb die Untersuchung des Blutes auf Spirochäten, da bereits der
Tod zu Beginn des 2. Tages nach der Ansteckung erfolgte. Die Leber
war bei beiden Tieren mit hirsekorngroßen, weißgrauen Knötchen besät.
Die mikroskopische Untersuchung ergab zahlreiche Tuberkelbacillen.
(Tabelle No. VII.)
Schutzversuche mit Salvarsan wurden an 5 Hühnern vor-
genommen (Tabelle VIII). Die angewandten Mengen des Mittels be-
trugen: 0,1, 0,03, 0,02, 0,01 und 0,025 pro Kilogramm Körpergewicht.
Bei einem Vogel erfolgte die Injektion des Salvarsans 7 Tage, bei zwei
Tieren 24 Stunden, bei einem Huhn 12 Stunden vor der Ansteckung:
Huhn No. 40 wurde das Mittel 606 bei gleichzeitig stattfindender Infektion
einverleibt. Trotz einmaliger Behandlung trat in keinem Falle eine Er-
krankung ein und selbst bei dem 7 Tage vor der Einspritzung mit
spirochätenhaltigem Blut behandelten Vogel konnten im Blut keine Para-
siten nachgewiesen werden. Durch wiederholte Reinfektionen, bei letzt-
\
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose.
493
genanntem Tier sogar nach 40 Tagen, gelang es in keinem Falle, eine
Ansteckung herbeizuführen. Hata, der Hühnern 0,07 g Salvarsan intra-
muskulär einspritzte und sie dann infizierte, stellte eine Schutzwirkung
der Substanz 606 bis zu 50 Tagen fest.
Tabelle VII (Huhn No. 25 und 27 mit Tuberkulose).
No.
25
Huhn
Farbe
Gewicht
Datum der Infektion
1. Tag
Weiß
1600 g
23. 2. 10
Infiziert mit Blut von Huhn
No. 20.
24. 2. 10
27
Gelb
950 g
16. 3. 10
Infiziert mit Blut von Huhn
No. 26
17. 3. 10.
Hochgradige Somnolenz, Freß- Hochgradige Mattigkeit, Freß-
lust unterdrückt, Patient fühlt! lust ganz unterdrückt, sehr
sich am ganzen Körper kalt an niedrige Temperat. am ganzen
Körper
2. Tag Tot Tot
Sektion : Auf der Oberfläche der dgl.
Leber zahlreiche Tuberkel, im
Blut Tuberkelbacillen !
Eine natürliche Immunität habe ich unter 49 Hühnern nur bei
4 Vögeln feststellen können. (Tabelle No. IX.) Huhn No. 5 und 6 er-
krankten nicht, selbst nach viermaliger, Huhn No. 11 und 14 trotz drei-
maliger Ansteckung. Es handelte sich dabei um ältere Tiere mit hohem
Körpergewicht. Uhlenhuth, Gross und Bickel fanden unter 40 Hühnern
nur zwei mit natürlicher Immunität.
Tabelle VIII (Schutzversuche).
No.
4
43 52
39
40
Huhn
Farbe
Schwarz mit
grauem Hal>
Grau Weiß Grau
Schwarz
Gewicht
1200 g
1200 g
1550 g
1000 g
1300 g
Vorbehandlung
28. 12. 09
10. 4. a3. 4.
18. 3. 10
18. 3. 10
mit 0,1
mit 0,01 mit 0,025
mit 0,02
mit 0,03
I. Infektion:
zum 1. Mal
nach 24 Std.
nach 24 Std.
nach 12 Std.
gleichzeitig mit
Zum 1. Mal
7 Tage nach
Befund: neg.
keine Spirill.
Befund: neg.
der Behandlung
der Vor-
1. Tag —
im Blute
am 1. Tage —
Einspritzung
behandlung
2. . -
am I.Tage —
. 2. „ -
von spirochäten-
Befund: neg.
3. „ -
, 2. „ -
. 3. „ -
haltigem Blut
1. Tag -
4. „ —
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Befund: neg.
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5. . -
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am 1. Tage —
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II. Infektion :
am 4. 1. 10.
am 25. 4.
am 5. 5.
am 1. 4.
Befund: neg.
Befund: neg.
Befund: neg.
Befund: neg.
III. Infektion :
am 26. 1. 10.
Befund : neg.
am 10. 5.
Befund: neg.
IV. Infektion:
am 13. 2. 10.
Befund: neg.
494
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Eine hohe und anhaltende Immunität zeigten die Hühner, die spontan
von der Krankheit geheilt wurden. Bei den hierüber angestellten Ver-
suchen bei Huhn No. 1 und No. 10 (Tabelle II und IV) konnte in beiden
Fällen trotz dreimal wiederholter Einspritzung von spirochätenhaltigem
Blut selbst nach 3 Monaten keine Ansteckung herbeigeführt werden. Des-
gleichen verhielten sich kranke Vögel, die nach Behandlung mit Salvarsan
genasen, neuen Infektionen gegenüber vollkommen immun.
Tabelle IX (Immunität bei den Hühnern 5, 6. 11 und 14).
No.
Huhn
Farbe
Gewicht
Gelb
1400 s
Schwarz mit
Haube
1300 g
11
Gelb
1500 g
14
Weiß
1450 g
Datum d. Infektion
I. Infektion
Befund
II. Infektion
Befund
III. Infektion
Befund
IV. Infektion
Befund
29. 12. 09
infiziert mit Blut
V. Huhn No. 1
30. 12. 09
infiziert mit Blut
V. Huhn No. 1
17. 1. 10 26. 1. 10
infiziert mit Blutlinfiziert mit Blut
V. Huhn No. V v. Huhn No. 8
26. 1. 10
infiziert mit Blut
V. Huhn No. 8
16. 2. 10
infiziert mit Blut
V. Huhn No. 12
23. 1. 10 I 30. 1. 10
infiziert mit Blut infiziert m, spiro-
V. Huhn No. 8 chätenhaltigem
j Blut von Prof.
Schilling be-
zogen
13. 2. 10 i 13. 2. 10
infiziert mit Blut infiziert mit Blut
V. Huhn No. 15 v. Huhn No. 15
15. 3. 10 ' 23. 3. 10
infiziert mit Blut infiziert mit Blut
V. HuhnNo. 31 v. Huhn No. 33
13. 2. 10 12. 3. 10
jinfiziert mit Blut infiziert mit Blut
V. Huhn No. 15, v. Huhn No. 31
Uebersichtstabelle.
A. Versuche wurden im ganzen an 53 Hühnern angestellt. Davon wurden mit
Spirochäten künstlich infiziert 50 Hühner: No. 1, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15,
16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38,
39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53. [Huhn No. 2, 3 und 4 wurden
zur Feststellung der tödlichen Dosis des Salvarsans benutzt.]
a) Von diesen 50 mit Spirochäten infizierten Hühnern wiesen 40 Tiere Parasiten
im Blute auf: No. 1, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 26, 28,
29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 41, 42, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 53.
b) Keine Spirochäten zeigten lU Hüher: No. 5, 6, 11, 14, 25, 27, 39, 40, 43 und 52.
[No. 5, 6, 11 und 14 blieben frei von Parasiten trotz drei- bis viermaliger Infektion.
No. 25 und 27 starben an Tuberkulose, No. 39, 40, 43, 52 dienten zu Schutz-
versuchen.]
B. Von den 50 mit Spirochäten infizierten Hühnern wurden mit dem Mittel 606
behandelt: 30 Hühner.
a) Davon wurden 26 Hühner erst infiziert und dann behandelt (Heilversuche).
No. 12, 15, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 28, 29, 30, 31. 32, 33, 35, 36, 38, 41, 44, 45,
46, 47, 48 und 51. Von diesen starben zwei Hühner: No. 15 und 36.
b) Davon (30) wurden erst behandelt und dann infiziert (Schutzversuche) 5 Hühner:
No. 4, 39, 40, 43 und 52. [Huhn No. 4 zählt, weil bereits zur Feststellung der töd-
lichen Dosis von 606 benutzt, hier nicht mit.]
C. Von den 50 mit Parasiten infizierten Tieren wurden nicht behandelt: 20 Hühner:
No. 5, 6, 11 und 14, die trotz drei- bis viermaliger Infektion, wie oben bereits erwähnt,
frei von Spirochäten blieben. No. 25 und 27 starben an Tuberkulose. No. 1, 7, 8, 9,
Hauer, Wirkung des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose. 495
10, 13, 16, 24, 34, 37, 42, 49. 50 und 53 wurden als Kontrolitiere benutzt. Davon blieben
am Leben 5 Hühner: No. 1, 10, 37, 49 und 50.
Zur Feststellung der tödlichen Dosis von 606 wurden benutzt: 3 Hühner
Heilver'suche : 26 „
Schutzvereuche : 4 „
Kontrolltiere: 14 „
Hühner, an denen keine Versuche vorgenommen wurden: 6 „
Summa: 53 Hühner
Hiernach sind von 30 behandelten Hühnern 28 geheilt worden :
= 93,3 Proz.,
während von 14 nicht behandelten (Kontrolltieren) nur 5 am Leben blieben
= 35,07 Proz.
Die beiden Tiere, die trotz der Behandlung zugrunde gingen, wurden allerdings erst
am 4. Tage behandelt: No. 15 mit 0,04, No. 36 mit 0,005 des Mittels No. 606.
Schlußfolgerungen.
Aus meinen mit Salvarsan angestellten Versuchen geht hervor, daß
diese Substanz imstande ist, die Spirochäten im Tierkörper zu vernichten.
Die Heilwirkung des Mittels setzte in allen Fällen vom Tage der Be-
handlung an ein und äußerte sich in auffallender Weise selbst nach
Anwendung von geringen Mengen Salvarsans. Auch in den Fällen, in
denen eine Behandlung der Tiere erst am 4. Tage nach der Ansteckung
eingeleitet wurde, und dieselben hochgradig somnolent und das Blut mit
Spirochäten überschwemmt war, trat nach einer einmaligen Einspritzung
von nicht allzu geringen Mengen des Mittels 606 eine auffallende Bes-
serung und Heilung ein. Die Immunität, die das Salvarsan den mit
ihm behandelten resp. durch dasselbe geschützten Tieren verleiht, ist
eine hohe und dauernde. Abgesehen davon, daß eine einmalige Injektion
der Substanz 606 genügt, um eine Heilung der Tiere herbeizuführen,
bietet das Salvarsan gegenüber den bisher bei der Spirillose der Hühner
angewandten Mitteln auch noch den Vorzug, daß bei demselben bis jetzt
eine schädliche Nebenwirkung auf den Körper nicht beobachtet worden ist.
Literatur.
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Mikroorgan. v. Kolle u. Wassermann. Erg.-Bd. L p. 590, 592, 593 u. 594.)
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III. Versuche bei Syphilis an Kaninchen. Hata. p. 59, 60, 69, 80 u. 81. IV. Vor-
läufige Mitteilung über die Wirkung der Ehrlichschen Substanz 606 auf Spiro-
chaeta pertenius im Tierkörper. Nichols. V. Chemotherapie des Recurrens.
Iversen. p. 90 u. 101. VI, Kurze Mitteilung über die im Cairo Infections Hospital
behandelten Fälle von Rückfallfieber. Bitter und Dreyer. p. 109. VII. Schluß-
bemerkungen, p. 118, 121 u. 158.
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Wochenschr. 1910. p. 563 u. 564.)
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31) Wladimiroff, Hühnerspirochäte. (Kolle u. Wassermann, Handb. IV, 2.)
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 497
Nachdruck verboten.
Ueber die verscliiedenen Färbemethodeii der Tuberkelbacillen
und deren kritiscbe Rezension.
[Mitteilung aus deiu Institut für allgemeine Pathologie und Therapie
der königl. ungar, Franz Josef-Universität zu Kolozsvär
(Vorstand: Prof. Dr. J. v. Löte).]
Von cand. med. Johann Böhm.
Einleitung.
Der Tuberkelbacillus läßt sich, abweichend von den meisten Bacillen,
sehr schwer mit den gewöhnlichen Färbungsmitteln färben, aber wenn
die Färbung schon gelungen ist, entfärbt er sich selbst unter starker
Säureeinwirkung nicht. Auf dieser Säurefestigkeit des Tuberkelbacillus,
worüber die Meinungen noch sehr verschieden sind, beruhen di§ meisten
Färbemethoden, mit deren Hilfe wir die Tuberkelbacillen im Sputum
nachweisen wollen.
Bevor ich mich auf die Rezension der einzelnen Färbungsmethoden
einlasse, finde ich es für notwendig, jene allgemeine Ansichten anzugeben,
die wir im Auge behalten müssen, wenn wir den Wert der verschiedenen
Färbemethoden unbefangen beurteilen wollen. Die idealste Methode wäre
meiner Meinung nach diejenige, mit deren Hilfe wir in einigen Sekunden
mit einer konstanten Lösung (die man nicht immer frisch herstellen
müßte) unser Präparat so färben könnten, daß zwischen den Tuberkel-
bacillen und seiner Umgebung ein lebhafter Kontrast sei, und zugleich
jeder Tuberkelbacillus und alle Granula, d. h. die gesamten Bestandteile
des Tuberkelvirus, gefärbt würden ; unsere letzte Forderung wäre noch,
daß wir ein Dauerpräparat erzielten. Da eine solche Methode noch nicht
existiert und die Herstellung einer solchen vielleicht unmöglich ist, eben
infolge der spezifischen Färbbarkeit der Tuberkelbacillen, darum halten
wir mit unbefangener Kritik, wenn auch nicht für die idealste, so doch
für die beste Färbemethode diejenige, welche die meisten Eigenschaften
einer solchen enthält.
Unter allen bisher bekannten Färbemethoden kämpfen drei oder
vier um den ersten Preis: das sind die zwei guten alten Ehrlich-
Koch und Zieh 1-Neelsen sehe Methoden und die zwei neuen, die
Much II- und Spenglers Pikrinsäuremethode. Dies waren jene
Methoden, mit denen ich mich am meisten befaßte.
I.
Die ältesten Färhungsmethoden.
Ich habe von den bisher veröffentlichten Verfahren 24 Tuberkel-
bacillenfärbemethoden untersucht, und zwar immer in frischen, teilweise
von solchen Individuen stammenden Sputen, bei denen schon nach Ziehl
der Tuberkelbacillus nachweisbar war, teils in Sputen solcher, bei denen
nach Ziehl das Resultat noch negativ war, die physikalische Unter-
suchung aber Tuberculosis pulmonum sehr verdächtig machten. Ich
habe nahezu 250 Präparate untersucht, dabei das Hauptgewicht auf
jene Methoden legend, welche als die besten Färbemethoden in Frage
kommen könnten.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 6. 32
498 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
1. Kochsche Methode.
Zu der ältesten Färbemethode gehört Kochs folgende Methode:
1) Bei Einwirkung von 24-stündiger Zimmertemperatur oder während
der Dauer % — 1 Stunde bei 40^ C färben mir mit gesättigtem Methylen-
blau das Präparat, zu welchem wir noch einige Tropfen 1-proz. KOH
oder NaOH hinzufügen.
2) Danach färben wir das Präparat 10 — 15 Minuten lang mit Bis-
marckbraun nach.
Das auf diese Weise gewonnene Präparat ist ganz gleichfarbig, der
Grund sieht aus, als wären sämtliche Bakterien rostbraun gefärbt. In
solchen gleichgefärbten Präparaten ist das Auffinden der Tuberkelbacillen
sehr schwierig; die gefärbten Bacillen sind rotbraun, ohne scharfe Kon-
turen; am zahlreichsten sind die mittelgroßen Bacillen gefärbt, granulierte
Formen sind darin nicht zu finden. Die Zahl der gefärbten Bacillen ist
geringer als z. B. die Zahl derer, die in den nach Ziehl gewonnenen
Präparaten sichtbar sind, oder es ist möglich, daß hier auch mehrere
Bacillen gefärbt wurden, nur ist durch die Aehnlichkeit der Umgebung
das Erkennen einiger von ihnen unmöglich. Außer der Schwierigkeit
des Erkennens von Bacillen hat diese Methode noch einen Fehler, welcher
noch verzeihbar wäre, wenn diese Methode noch einige Vorzüge hätte,
nämlich ihre Langwierigkeit. Man braucht eine Stunde oder gar einen
ganzen Tag zur Herstellung eines Präparates. Dieser zwei großen Fehler
wegen wird sie gegenwärtig gar nicht gebraucht und ist nur als Bahn-
brecher noch beachtenswert.
2. Ehrlich-Kochsche Methode.
Eine alte, aber auch jetzt noch benützte Färbungsmethode ist die
Ehrlich-Koch sehe.
1) Wir legen das Ausstrichpräparat in frische Anilinwasser-Gentiana-
violett- Lösung und kochen es 15 — 20 Minuten lang.
2) Entfärben mit 25-proz. HNO3 und
3) in 70-proz. Alkohol.
4) Abwaschen mit Wasser.
5) Nachfärbung mit einigen Tropfen Karbolfuchsin, Abwaschen wieder
mit Wasser, schließlich Einschließen in Kanadabalsam.
In diesen Präparaten sieht man die Tuberkelbacillen auf lichtrotem
Grund in dunkelvioletter Farbe. Bei der Färbung muß die Salpeter-
säureentfärbung so lange anhalten, bis das Präparat ganz lichtviolett
wird, das Abwaschen mit Alkohol und das Ueberfärben mit Karbol-
fuchsin muß je eher geschehen, damit nicht eine zu starke Entfärbung
oder die rötliche Färbung sämtlicher Bestandteile eintrete. Die Gentiana-
violette Färbung hat ein ziemlich entsprechendes Resultat, färbt man nur
10 Minuten lang in warmer Lösung. Das gewonnene Präparat ist in-
folge des lebhaften Farbenkontrastes zusagend und die Tuberkelbacillen
sind darin leicht erkennbar; ist die Entfärbung genügend, dann finden
wir darin keine anderen violett gefärbten Bakterien. Koch erwähnte
schon gewisse granulierte Formen, welche durch diese Färbemethode
sichtbar werden, die neuerdings Much eingehender beschrieb und denen
immer eine größere und größere Wichtigkeit beigelegt wird. Diese nach
Much benannten Granula sind auch durch die Ehrlich-Kochsche
Methode nachweisbar, was auch ganz natürlich ist, da ja die Ehrlich-
Kochsche wie die Much sehe Färbungsmethode nur eine Modifizierung
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 499
der ursprünglichen Gram sehen Färbung ist. Da der eigentliche Wert
der einzelnen Färbemethoden nur so beurteilt werden kann, wenn sämt-
liche Methoden miteinander verglichen werden, so will' ich den Wert der
Ehr lieh -Koch sehen Methode durch Vergleich mit den übrigen Me-
thoden feststellen. Der wichtigste Gegner der E hrlich-K och sehen
Färbemethode ist die Zieh Ische. Mit beiden Methoden sind Tuberkel-
bacillen in ungefähr gleicher Zahl aufzufinden, nur sind die granulierten
Formen mit der E hr lieh- Koch sehen Methode nachweisbar, dagegen
mit der Zieh Ischen Methode nicht. Einen Nachteil hat aber die Ehr-
lich-Koch sehe Färbemethode mit der anderen verglichen, nämlich daß
sie langwieriger ist als die Zieh Ische, da in kürzerer Zeit als in 15 bis
20 Minuten kein Präparat zu verfertigen ist; von großem Nachteil ist
dabei, daß man stets frisches Anilin wasser- Gen tianaviolett herstellen muß,
wodurch diese Methode noch langwieriger und schwerfälliger wird. Wenn
ich schon an dieser Stelle die Ehrlich- Ko ch sehe Methode mit der
berühmten, durch Much modifizierten Gram -Färbung vergleiche, so
ist das dadurch zu erklären, daß durch diese Methode augenscheinlich
weniger granulierte Formen und weniger Tuberkelbacillen gefärbt werden
als durch die Much sehe, was für diese entschieden nachteilig ist.
Eine Reihe vergleichender Färbeversuche versuchte ich mit den
Methoden Ziehl, Spengler und Ehrlich- Koch, aber wenn über-
haupt Tuberkelbacillen nachweisbar waren, dann fand ich sie immer in
gleicher Zahl in allen drei Präparaten. Da es mir gelang, in jedem Fall,
wo die Zieh Ische und die Spengler sehe Methode positiv waren, auch
in den Ehrlich- Koch sehen Präparaten den Tuberkelbacillus ungefähr
in gleicher Menge nachzuweisen, darum halte ich die Ehr lieh- Koch sehe
Färbemethode auch heute noch entsprechend, aber während diese ihrer
Langwierigkeit wegen hinter Ziehl bleibt, bleibt sie auch hinter
Much, weil mit ihrer Hilfe weniger Tuberkelbacillen gefärbt werden.
Sie steht ihrer leichten Uebersichtlichkeit wegen mit Ziehl in gleicher
Reihe, übertrifft dieselbe aber durch die leichte Uebersichtlichkeit und
im Verhältnis zu dieser durch ihre leichtere Ausführung.
IL
Die Ziehische Methode und die modifizierten Ziehl-Färbungen.
1. Ziehl-Neelsen.
Eine der ältesten, heutzutage noch gebräuchlichen Färbemethode ist
die Zieh Ische Karbolfuchsinmethode:
1) Karbolfuchsin bei Wärme, bis Dämpfe entstehen.
2) Entfärbung mit 30-proz. Salpetersäure.
3) Abwaschen mit Alkohol (nicht unbedingt notwendig).
4) Nach dem Abwaschen mit Wasser Nachfärben mit Methylenblau.
Die ganze Färbung ist in geübten Händen sehr kurz, es gelingt,
samt dem Aufstrich des Präparates in 3 — 5 Minuten ein vollständig
gutes Präparat zu gewinnen. Das Aeußere des Präparates ist gefällig,
denn auf einem gut gefärbten Präparate können wir einen schönen
Farbenkontrast sehen, die Tuberkelbacillen erscheinen rot, alle anderen
Bakterien und ihre Umgebung dagegen blaßblau gefärbt. Da diese
Färbung viel angewandt wird, habe ich sie bei meinen Experimenten
mit sämtlichen bekannten Färbemethoden verglichen und jede einzelne
mit der Zieh Ischen. Wenn der Tuberkelbacillus mit einer anderen Me-
thode nachweisbar war, dann gelang es mir, denselben auch mit der
32*
500 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Zieh Ischen Methode aufzufinden. Die Gestalt der mittels der Ziehl-
schen Methode gewonnenen Tuberkelbacillen entsprach in allen den Ge-
stalten, die wir durch andere Methoden erhielten; ihre Grundmaterie war
manchmal ganz homogen, und manchmal konnte man gewisse stärker
glänzende, aber ungefärbte, vorher für Sporen gehaltene Körnchen in
den Tuberkelbacillen erblicken. Im aligemeinen erschienen die Ziehl-
schen Tuberkelbacillen stärker als ein Teil der durch die Muchsche,
Her mann sehe und Sp engl er sehe nachweisbaren Tuberkelbacillen.
Much behauptet in seinem „lieber die nicht säurefesten Formen des
K och sehen Tuberkelbacillus'' benannten Artikel, daß wir in der Zieh 1-
schen Färbung darum Tuberkelbacillen von stärkerer Gestalt finden, weil
die zarteren, schlankeren Tuberkelbacillen nicht säurefest sind, deshalb
kann man sie nur durch die Gram sehe Methode färben. Diese Be-
hauptung Muchs können wir im ganzen nicht akzeptieren. In jenen
Fällen jedoch, wo nach Ziehl nur die stärker gestalteten Tuberkel-
bacillen gefärbt wurden, müssen wir dennoch folgendes zugeben : ent-
weder werden die Tuberkelbacillen durch die Zieh Ische Methode stärker,
oder scheinen die durch den Farbenkontrast beinahe schwarzen Tuberkel-
bacillen (Ehrlich-Koch, Much, Hermann) nur infolge der optischen
Täuschung so bedeutend schlanker. Tatsächlich bekommen wir bei der
Zieh Ischen Färbung zwar seltener, aber doch schlanker gestaltete Ba-
cillen als gewöhnlich. Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich mich
über diese mit der Zieh Ischen Methode angeblich nicht nachweisbaren
schlankeren Gestalten, sowie über die nach Ziehl tatsächlich nicht färb -
baren Much sehen Granula bei der Beschreibung der Much sehen
Methode eingehender befassen. Die Much sehen Granula sind nicht
säurefest und können darum nach Ziehl nicht gefärbt werden.
Kurz zusammengefaßt finden wir in den nach Ziehl gefärbten
Präparaten durchschnittlich ebensoviele Tuberkelbacillen als in den nach
Ehrlich-Koch, Hermann und Spengler gefärbten, aber in
mehreren Fällen fand ich bei Ziehl weniger Tuberkelbacillen als in
demselben Sputumteil, der nach Much gefärbt wurde; es sind vielmehr
die stärkeren Gestalten in verschiedenster Länge vorhanden. Einzel-
stehende Granula sind in den Zieh Ischen Präparaten nicht zu sehen.
Die Ziehische Methode wurde bis heute für die beste anerkannt, an
ihrem Werte fing mau erst nach den Tierversuchen von Much und
seinen Nachfolgern an zu zweifeln, als eine solche Form des Tuberkel-
virus erwähnt wurde, die nach Ziehl nicht gefärbt werden kann, und
man solche Fälle beschrieb, in denen nach Much Tuberkelbacillen ge-
funden wurden, dagegen mit der Zieh Ischen Methode nicht (Caar.
Betegh, Berka, Wirths). Ich untersuchte nach der Much sehen
Methode 12 Ziehl- negative Sputen und konnte in keinem einzigen Falle
echte Tuberkelbacillen nachweisen, nur sah ich in mehreren Fällen
Granula für die Diagnose noch von zweifelhaftem Werte ^). Es gelang
mehreren, durch die Much sehe Methode auch in solchen Sputen Tuberkel-
bacillen nachzuweisen, in denen dies bei Ziehl unmöglich war, dagegen
erwähnt Rosenblatt auch zwei solche Fälle, in denen er keinen Tu-
berkelvirus fand, während er nach Ziehl eine ziemliche Anzahl Tuberkel-
bacillen entdeckte. Solange die Bedeutung dieser spezifischen Granula
1) Diese Sputen stammten von solchen Individuen, bei denen die physikalischen
und die klinischen Symptome schon vorhanden waren und welche im Sanatorium unter-
gebracht sind.
Böhm, Ueber die verschiedenen Färberaethoden der Tuberkelbacillen etc. 501
nicht genügend klar ist, dürfen wir die Z i eh 1- Färbung wegen ihrer
sehr bedeutenden Vorteile der Much sehen und anderen neueren Färbe-
raethoden nicht nachstellen. Nach Ziehl erhalten wir sehr schöne und
leicht übersichtliche Präparate, welche außerdem länger nicht ausbleichen.
Die Lösungen sind einfach, so daß sie in der ärztlichen Praxis ganz
allgemein ist, was ihre Zweckmäßigkeit auch sehr erhöht. Die Ziehl-
sche Färbemethode ist unbedingt die erste bei Differen-
tialdiagnosen, denn die Smegma-, Lepra- etc. Bacillen verlieren ihre
Farbe nur bei einer so starken Säureeinwirkung, die man nur bei der
Zieh Ischen Färbung gebraucht. Wegen aller dieser Vorteile
müssen wir die Ziehische Karbolfuchsin färbung unter den
neueren und älteren Färbemethoden, besonders bei der Untersuchung
des Sputums, als die beste, einfachste und zweckmäßigste
Methode halten.
Von welch großer Bedeutung die Zieh Ische Methode in der Ge-
schichte der Färbemethoden der Tuberkelbacillen ist, beweist die Tat-
sache, daß 10 neue Färbungsmethoden bekannt sind, welche aber nur
unbedeutend und beinahe alle unzweckmäßig die Zieh Ische zu verein-
fachen trachten. Außer diesen 10 Ziehl- Modifikationen gab Ziehl
beinahe zu allen neueren Färbemethoden den Grundgedanken au, weil
der Gang der neuesten derselbe ist, nämlich Grundfärbung, Entfärbung
und eventuell Nachfärbung. So haben wir nur ein bis zwei originelle
Färbemethoden, die nicht auf Ziehl beruhen.
Betrachten wir jetzt diejenigen Färbemethoden, die vorteilhafter die
Zieh Ische verändern wollen.
1. Tarchettis Methode.
Tarchetti will in seiner Färbemethode die Zieh Ische so ver-
kürzen, daß er die Entfärbung und Nftchlärbung mit einer Lösung voll-
führt: Mit gesättigtem pikrinsauren Alkohol. Seine Methode ist folgende:
1) Es wird mit kaltem Karbolfuchsin 1 — 2 Minuten lang gefärbt.
2) Nach Wasserabspülung färbt man 5 Minuten lang mit gesättigtem
pikrinsauren Alkohol.
In den durch diese Methode gewonnenen Präparaten finden wir eben
das durch Tarchetti gewünschte Ziehl nicht erreicht, weil er diese
Methode weder verkürzt, noch die Entfärbung und Nachfärbung mit
dem gesättigten pikrinsauren Alkohol erreicht, so daß er, anstatt beiden
Aufgaben zu genügen, keine einzige erfüllt. Die Entfärbung tritt sogar
bei längerer, 5 — 10 Minuten anhaltender Pikrinsäurebehandlung nicht
ein, so daß außer den Tuberkelbacillen auch andere Mikroorganismen,
so Bacillen und Kokken, rötlich gefärbt bleiben; der Farbenkontrast wird
auch nicht erreicht, eben weil sich die übrigen Teile des Präparates nicht
entfärben und so bleibt die Grundfarbe rötlich-gelb, welche Farbe keinen
Kontrast zur lebhaft roten bildet. Eben weil kein Kontrast existiert,
ist das Auffinden der Tuberkelbacillen schwierig, und wenn wir die den
Tuberkelbacillen entsprechenden stäbchenartigen Formen auch auffinden,
ist es noch immer sehr schwer, zu entscheiden, ob wir es tatsächlich mit
Tuberkelbacillen oder mit anderen Bacillen zu tun haben, da alle un-
gefähr gleichfarbig sind. Was die Struktur der gefundenen Tuberkel-
bacillen betrifft, so sind sie stets von verschiedener Länge, aber fast immer
homogen, ohne Körnchen. Da diese Methode nur eine Modifizierung der
Ziehischen ist, sind die selbststehenden Granula nicht färbbar. Die
Zahl der Tuberkelbacillen war bei der Ziehischen Färbung immer
502 Oentralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
größer. Weil also mit dieser Methode in gleicher Zeit weniger Bacillen
gefärbt werden können, und die Bacillen nicht so sicher zu erkennen
sind, ist die Tarc hetti -Methode der Zieh Ischen und allen übrigen
neueren Methoden sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer
Hinsicht nachzustellen.
2. Kaufmanns Methode.
Kaufmann suchte die Zieh Ische Methode auch zu vereinfachen,
und zwar dadurch, daß er nach der Karbolfuchsinfärbung keine andere
Färbung anwandte; er hielt seine Präparate 5—10 Minuten lang im
strömenden Wasser. Seiner Meinung nach würde durch das strömende
Wasser das Karbolfuchsin ausgewaschen und so nur die Tuberkelbacillen
hellrot bleiben. Seiner Meinung nach ist die erste Bedingung eines guten
Präparates, daß es gleichmäßig und sehr dünn aufgestrichen sei, denn
diejenigen Stellen, die dicker bestrichen sind, halten das Karbolfuchsin
länger in sich, als die Tuberkelbacillen. Die Behauptung Kaufmanns
ist tatsächlich richtig, aber mit der Modifizierung, daß die nicht säure-
festen Teile des Präparates selbst bei dem dünnsten Aufstrich nur sehr
wenig Fuchsin verlieren. Das ist auch ganz natürlich, da diese nur
nicht säurefest, aber alle „wasserfest" sind. Es ist leicht möglich, daß
in salpeterreichen, überhaupt in mineralreichen Wässern diese Entfärbung
auch durchführbar ist, bei uns aber ist die Entfärbung nur minimal.
Eben weil die Entfärbung der Umgebung sehr gering ist, ist das Auf-
finden der Tuberkelbacillen sehr schwierig, Kaufmann selbst bekennt
es, daß seine Präparate nicht so gefällig sind wie diejenigen anderer.
Kürzer kann man sie nicht nennen, denn das Präparat muß selbst in
stärker strömendem Wasserleitungswasser wenigstens 10 — 15 Minuten
lang gehalten werden. Ihr einziger Vorteil ist die Einfachheit, die aber
neben ihren großen Nachteilen nicht in Betracht kommen kann.
3, Johnes' Methode.
John es' Methode ist auch eine Modifizierung der Ziehischen. Mit
der Modifizierung will Johnes dasselbe erreichen wie Tarchetti,
nämlich, daß die Entfärbung und Nachfärbung mit derselben Lösung
geschehe, was natürlich für eine Färbemethode von großem Vorteil wäre,
im Falle es gelänge. Johnes entfärbt und überfärbt das bei Er-
wärmung mit Karbolfuchsin gefärbte und mit reinem Wasser abgespülte
Präparat mit in Säure gelöstem Methylenblau. Da ich die Original-
beschreibung nicht fand, mußte ich nach einem Referate mit Loeffler-
schem Methylenblau, 30 Proz. HNO3, arbeiten. Das mit Karbolfuchsin
gefärbte Präparat darf in dieser Lösung nur 1 Minute lang gehalten
werden, denn sonst verlieren die Tuberkelbacillen ihre Säurefestigkeit,
und auch jene werden sehr blaß, welche sich nicht gänzlich entfärbten.
W^enn wir aber das Präparat nur sehr kurze Zeit in der Methylenblau-
Säuremischung halten, so überfärbt es diese Mischung nicht gut, der
Kontrast ist nicht scharf genug, eben weil auch die Entfärbung nicht
vollkommen ist. Da wir bei der Entfärbung vor allem danach trachten
müssen, daß die Umgebung möglichst stark entfärbt werde und bei der
Nachfärbung der Farbenkontrast ein auft'allendcr sei und diesen beiden
Forderungen diese modifizierte Z i eh 1- Färbung nicht entspricht, und
man außerdem mit der gewöhnlichen Zieh 1- Färbung mehr Tuberkel-
bacillen finden kann, kann auch diese Färbemethode nicht über die
Z i e h 1 sehe gesetzt werden, daher auch nicht über die neueren Färbe-
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkel bacillen etc. 503
metlioden. Da wir aber dennoch ein schöneres Präparat als bei den
übrigen modifizierten Zi eh 1- Färbungen gewinnen, außerdem die Struktur
der gefundenen Bacillen schärfer sichtbar ist, können wir diese Modi-
fizierung für eine der zweckmäßigeren Modifikationen halten.
4. Lübinoffs Färbe methode.
Lü bin off gebraucht ein Fuchsin zum Färben, welches nicht mit
Karbol-, sondern mit Bor-, Salicyl-, Benzoe- oder Ameisensäure gemischt
ist. Alle haben ungefähr dieselbe Wirkung, aber das beste Resultat
erzielte er mit dem Borfuchsin. Dies besteht aus:
0,5 g Fuchsin
0,5 „ Borsäure
15,0 ccm absoluter Alkohol
20,0 „ Aqua dest.
Die Lösung bereiten wir folgendermaßen: Wir messen in einem Gefäß
das destillierte Wasser ab, in dieses legen wir die abgemessenen Bor-
säurekristalle, dann geben wir Alkohol dazu und schließlich das Fuchsin.
Diese Lösung reagiert schwach auf Säure, ist licht, durchsichtig, verdirbt
nicht, ist auch ohne Filtrieren zu gebrauchen. In dieser Lösung färben
wir das Präparat 1 — 2 Minuten lang über der Flamme. Zum Entfärben
brauchen wir Phosphorsäure (1 : 5). Das Präparat wird zuerst mit Wasser,
dann mit Alkohol abgespült, endlich mit Methylenblau nachgefärbt.
Bei den so gefärbten Präparaten war die Entfärbung nicht genügend,
darum hielt ich dasselbe statt in 20-proz. Phosphorsäure 1 — 2 Minuten
lang in 40-proz. Phosphorsäure, wobei ich eine schönere Färbung sah.
Hier müssen wir darauf achten, daß das Präparat nicht länger in der
Phosphorsäure bleibt, denn wenn wir nur 1 Minute länger entfärben, dann
verlieren auch die Tuberkelbacillen von ihrer roten Farbe und sind
demzufolge nicht zu erkennen. Eine lebhaftere Färbung sah ich auch
dann, wenn ich das Präparat nicht 1—2 Minuten, sondern wenigstens
4 — 5 Minuten lang im Borfuchsin über der Flamme hielt, und danach
mit 40-proz. Phosphorsäure entfärbte. Darum empfehle ich eher diese
Modifikation, als die ursprüngliche Methode. Die Zahl der auf diese
Weise gefärbten Tuberkelbacillen entspricht ungefähr der Zahl derer,
welche durch die Ziehische Methode gefärbt wurden. Einzeln stehende
Granula werden durch diese Methode nicht gefärbt, übrigens gleicht
ihre Gestalt vollkommen den nach Ziehl gefärbten Tuberkelbacillen.
Da wir ein besseres Resultat auch durch diese Methode nicht erzielen,
als durch die Zieh Ische, dagegen diese Methode eine größere Uebung
erfordert und länger dauert, auch die Phosphorsäure keine bleibende
Mischung ist, sondern sich zersetzt, und das Borfuchsin eine selten ge-
brauchte Farbe ist, die wir darum meistens nicht bei der Hand haben,
schließlich, wie der Verfasser selbst gesteht, die Präparate nach 2 bis
3 Monaten mehr oder minder farblos werden: Auf Grund all dieser
Umstände müssen wir diese Methode hinter die ursprüngliche Ziehl-
Neelsensche Methode stellen, obzwar sie unter den übrigen Ziehl-
Modifikationen zu den besten gehört.
5, Rondellis und Buscalionis Methode,
Rondelli und Buscalioni empfehlen eine Färbemethode, welche
ihrer Meinung nach rasch und einfach ist; zur Grundfärbung gebrauchen
sie das ursprüngliche Karbolfuchsin, zur Entfärbung aber eine „Javelle-
wasser" genannte Flüssigkeit. Die Bereitung des Javellewassers ist
folgende:
504 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
6 g Calciumhypochlorid werden in 60 g Wasser gelöst und 2 Stunden
lang in einem gut schließenden Gefäße gehalten. In einem anderen
Gefäße werden 12 g Kaliumkarbonat in 40 g Wasser gelöst. Letztere
Lösung wird nach Filtration mit der vorigen zusammengeschüttet. Dann
schütteln wir längere Zeit die Mischung, schließlich stellen wir dieselbe
in einem gut schließenden, farbigen Glase weg. Die entfärbende Wirkung
des auf diese Weise gewonnenen Javellewassers schreiben die Verfasser
dem Chlor zu. Mit diesem Javellewasser wird das aufgestrichene und
über der Flamme mit Karbolfuchsin gefärbte Präparat abgespült und
darin so lange gehalten, bis die ursprünglich rote Farbe in eine bräunlich-
gelbe übergeht. Dies dauert längere oder kürzere Zeit, je nachdem das
Javellewasser frisch oder alt war; mit der frischen Lösung tritt dies in
2 Minuten, mit einer älteren in 5 Minuten ein.
In den gewonnenen Präparaten sind nach der Beschreibung der Ver-
fasser die Tuberkelbacillen immer schön rot, die übrigen Bacillen, Kokken
und Umgebung aber gelblich-braun.
Die mit der Rondelli- und Buscalioni -Methode hergestellten
Präparate haben äußerlich eine große Aehnlichkeit mit den nach der
Sp engl er sehen Pikrinsäuremethode hergestellten Präparaten. Die
Tuberkelbacillen treten auf gelblichem Grunde in roter Farbe hervor,
nur daß der Farbenkontrast bei Spengler sehr lebhaft ist, während
hier zwischen der Farbe der Bacillen und ihrer Umgebung kein so
großer Unterschied ist, besonders wenn wir mit dem Javellewasser länger
als 2—3 Minuten entfärben. Bei der Zubereitung des Präparates müssen
wir nach der Abspülung mit dem Javellewasser mehr Sorgfalt verwenden,
denn wenn wir das Präparat nicht genügend abspülen, so tritt dabei
Kristallisierung ein, wenn wir hingegen mit stark strömendem Wasser
spülen, so kann es leicht geschehen, daß das Ganze abgewaschen wird,
denn das Präparat wird durch das Javellewasser sehr stark aufgelöst.
Darum ist es am zweckmäßigsten, das Präparat zuerst im stehenden
Wasser und dann anfangs mit ganz langsam, später mit stärker strömen-
dem W^asser abzuspülen.
In meinen Präparaten, die ich nach dieser Methode herstellte, traten
die Tuberkelbacillen immer in geringerer Menge hervor, als in den nach
Ziehl und Spengler gefärbten. Dies ist einer ihrer großen Nachteile.
Auch das gereicht nicht zu ihrem Vorteil — wie wir es oben erwähnten —
daß es keinen starken Kontrast zwischen dem Bacillus und seiner Um-
gebung gibt. Noch einen großen Nachteil hat diese Methode, daß das
bei der Entfärbung benützte Javellewasser stets frisch zubereitet werden
muß, da es schon nach einigen Tagen schwach entfärbt, nach 1 Woche
seine entfärbende Wirkung ganz verliert. Ihr einziger Vorteil besteht
darin, daß es eine kurze Methode ist, die Entfärbung und Nachfärbung
mit einer Lösung geschieht, aber dieser kleine Vorteil schrumpft neben
ihren vielen Nachteilen zu einem kleinen Werte zusammen, weshalb auch
diese Modifikation der ursprünglichen guten Ziehl -Färbung nachgestellt
werden muß.
6. Gabbets Methode.
Bei Gab b et geschieht die Entfärbung und Nachfärbung mit folgen-
der Lösung:
1 g Methylenblau
20,0 „ Acid. SU I für.
30,0 ccm Alcohol absolut.
50,0 „ Aqua destillata
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbaciilen etc. 505
In dieser Lösung halten wir das mit Karbolfuchsin gefärbte Präparat
1 — 2 Minuten lang über der Flamme.
Wenn ich die Karbolfuchsinfärbung in gewöhnlicher Weise nur so
lange über der Flamme hielt, bis sich Dämpfe bildeten, und danach das
Präparat 1 — 2 Minuten lang in eine Methylenblaulösung legte, dann war
dasselbe bläulich-rot bis veilchenblau, aber gleichmäßig gefärbt, Farben-
kontrast gab es zwischen den veilchenblau gefärbten Tuberkelbaciilen
und den ebenso gefärbten übrigen Mikroorganismen und zwischen der
Umgebung fast gar nicht. Hielt ich aber das Präparat in fortwährend
dampfendem Karbolfuchsin 2—3 Minuten lang, dann fand ich auch leb-
hafter rot gefärbte Bacillen, es traten aber zu gleicher Zeit auch die
Kokken etc. in eher rötlich-blauer Farbe hervor. In denselben Sputen
fand ich mit der Z i eh 1- Färbung sehr schöne, charakteristisch rot ge-
färbte Bacillen und konnte bei mehreren ganz gewiß behaupten, daß es
Tuberkelbaciilen sind, als bei der Gabbetschen Methode. Granula
werden auch nach dieser Methode nicht gefärbt. Da sie keinen einzigen
Vorteil besitzt, kann sie selbst wegen ihrer Kürze über die gute Ehrlich-
Koch- und Ziehl-N eelsensche Methode nicht gestellt werden.
7. Arens' Färbemethode.
Von jenem Grundgedanken ausgehend, daß der Hauptfehler der vor
ihm entstandenen Färbemethoden jener ist, daß die Farbe lange einwirken
oder aber die Färbung bei Erhitzung geschehen muß, sucht Arens die
Schnelligkeit der Färbung mit Chemikalien in kalten Lösungen zu er-
leichtern. Seine Methode ist folgende:
1) In einem Uhrglas wird ein Fuchsinkristall von der Größe eines
Hirsekornes mit 3—4 Tropfen absoluten Alkohols Übergossen, um eine
gesättigte Alkohollösung gewinnen zu können. Dieser Lösung fügen wir
2 — 3 ccm Chloroform bei, wonach die Lösung trübe wird, und nachdem
sie sich geklärt hat, was dann geschieht, wenn sich das Fuchsin setzt,
dann ist die Lösung sofort zu gebrauchen. Mit dieser Lösung färben
wir das Präparat 4—6 Minuten lang, während dessen das Chloroform
rasch verdampft.
2) Dann entfärben wir mit folgender Lösung:
10 ccm HCl
260,0 „ Aqua destillata
760,0 „ 90-proz. Alkohol
3) Nachfärbung mit Methylenblau.
Diese Färbemethode entspricht ihrem Zweck durchaus nicht, da das
Chloroform eine chemische Einwirkung zur Unterstützung des Karbol-
fuchsins nicht entfalten kann, da es sich außerordentlich rasch verflüch-
tigt und die Präparate nur in jenem Falle schön gefärbt werden können,
wenn wir lange und bei Zusetzung einer großen Menge von Chloroform
mit gesättigter Fuchsinlösung färben. Auch in diesem Falle bekommen
wir nur selten die Ziehischen, lebhaft rot gefärbten Tuberkelbaciilen.
In meinen Präparaten waren die Koch sehen Bacillen sehr licht gefärbt,
obzwar ich die Entfärbung sehr rasch vollzog. Die ganze Färbung dauert
ungefähr so lange wie die Zieh Ische; das Erkennen der Tuberkel-
baciilen ist sehr schwer; Granula werden nicht gefärbt; daher hat sie
keinen Vorteil vor der Zieh Ischen.
506 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Ich möchte noch 3 Zieh Ische Färbemodifikationen erwähnen, welche
aber so unbedeutend sind, daß es nicht wert ist, sich mit ihnen ein-
gehender zu befassen, dies sind die Bliesen er-, Kühne-Hueppe-
und die Günther sehe Methode.
S) Bliesener färbt auch mit Karbolfuchsin, darauf kühlt er das
Präparat 1 Minute lang ab, darauf legt er es nach Wasserabspülung
Vi — 1 Stunde lang in eine Mischung von gesättigtem Methylenblau,
gedämpften Wassers und Phosphorsäure (Anatica quantitas). Eine Ent-
färbung sah ich bei dieser Methode kaum, in den Präparaten war sowohl
der Tuberkelbacillus als auch die übrigen Mikroorganismen und Umgebung
alle von bläulich-roter Farbe.
9) Kühne-Hueppe färbt 10 Minuten lang mit kaltem Karbol-
fuchsin, danach entfärbte er mit Mineralsäure (ich gebrauchte 30-proz.
HNOg) und überfärbte mit Methj^lenblau. Diese Färbung ist gänzlich
die Zieh Ische, die ganze Modifikation besteht nur darin, daß die ur-
sprüngliche kurze Färbungsmethode durch die 10 Minuten lang dauernde
Karbolfuchsinbehandlung nur langwieriger wird, ohne jedoch das durch
die ursprüngliche Methode erreichte Resultat zu bessern. Es ist sonder-
bar, daß eine so geringe Modifikation als eine selbständig entdeckte
Färbemethode hingestellt wird.
10) Günther färbt mit erwärmtem Karbolfuchsin, dann entfärbter
mit 3-proz. Salzsäurealkohol und färbt mit Methylenblau nach. Dies ist
auch eine sehr unwesentliche Abänderung der Zie hl -Färbung, so daß
das Resultat zwischen beiden kein großes sein kann, nur das eine, daß
hier die Entfärbung nicht so vollkommen, d. h. rasch ist, wie bei der
Zie hl -Färbung.
Bei allen diesen Zi eh 1- Modifikationen sehen wir also, daß keine
einzige wesentlich Neues und, was die Hauptsache ist, Besseres pro-
duzieren kann, als die ursprüngliche. Eine originelle Idee und Grund-
gedanken sehen wir nur bei Kaufmann und Arens (s. dort). Die
übrigen trachten, eine solche Lösung zu gewinnen, mittels welcher die
Entfärbung und Nachfärbung zugleich geschieht, ihr Bestreben blieb
aber erfolglos.
III.
Neueste Färbeniethodeii.
1. Müllers Färbemethode.
In der Grundfarbe stimmt die Müll er sehe Methode mit der Ziehl-
schen, da Müller auch das Karbolfuchsin als Grundfarbe gebraucht;
zur Entfärbung brauchte er keine Säure, sondern alkalische Lösungen;
mit seiner Methode färben sich die Tuberkelbacillen und Sporen, so wie
die Anthraxsporen, die Lepra und in der Milch befindlichen „Bac. Ra-
binowitsch" werden jedoch entfärbt. Er gebraucht 2 Mittel zur Ent-
färbung, und zwar 1) Kaliumperkarbonat, 2) das mit Soda alkalisiert©
H2O2.
Seine Färbemethode ist folgende:
1. Karbolfuchsin 1—2 Minuten lang über Flamme. Wasserabspülung.
2. a) Man entfärbt mit einer Lösung, welche aus 100 ccm 70-proz.
Alkohol, 5 — 10 g Kaliuniperkarbonat besteht. In dieser Lösung wird
das Präparat höchstens V4 Stunde lang gehalten.
b) Man kann auch mit Soda alkalisiertem HoOo entfärben, dessen
entfärbende Wirkung stärker ist, daher wird das Präparat nur 5 — IQ
Minuten lang darin gehalten.
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen eic. 507
3. gebraucht Müller zur Nachfärbung Methylenblau.
Ich untersuchte beide Entfärbungen : Von Kaliumperkarbonat ge-
brauchte ich eine 7-proz. Lösung. Meine Präparate entfärbten sich schon
nach 10 Minuten langer Kaliumperkarbonateinwirkung so stark, daß ich
höchstens eine 5—6 Minuten lange Entfärbung empfehle. In alkali-
siertem H2O2 können wir das Präparat nicht einmal so lange halten,
denn dann werden auch die Tuberkelbacillen sehr blaß. Die Zahl der
gefärbten Bacillen ist gleich der in den Präparaten von Ziehl und
Ehrlich- Koch gefundenen Bacillen; auch ihre Form entspricht jenem,
aber Granula werden da nicht gefärbt. Diese Methode hat neben den
erwähnten Färbemethoden jenen Nachteil, daß sie länger dauert und
das H2O2 keine haltbare Mischung ist, daher wir immer eine frische
gebrauchen müssen. Dies macht die Färbung noch umständlicher, wodurch
sie auch von ihrer Brauchbarkeit verliert. Wegen aller dieser Fehler
kann diese Färbemethode auch nicht zu den besseren gerechnet werden.
2. N. Yamamotosche Methode.
Mit einer von den bisher besprochenen ganz abweichenden Methode
versuchte ein japanischer Autor, N. Yamamoto, die Tuberkelbacillen
sichtbar zu machen, indem er eine Silberimprägnation gebrauchte. Seiner
Meinung nach, hat seine Methode ihren eigentlichen Wert bei der Diffe-
rentialdiagnose zwischen den Tuberkel- und Leprabacillen, nämlich der
Tuberkelbacillus wird schwarz, der Leprabacillus hingegen nimmt das
Silber nicht in sich und bleibt darum farblos. In dieser Richtung machte
ich keine Versuche, kann darum ihren eigentlichen Wert nicht genügend
würdigen, aber als eine zum Nachweis der Tuberkelbacillen dienende
Methode ist sie nicht brauchbar.
Bei dieser Methode darf der Sputumteil nicht mit Wasser gemischt
auf das Deckglas gebracht werden ; darum streichen wir zuerst einen
Tropfen Eiweiß auf dasselbe, erst danach bringen wir den den Tuberkel-
bacillus enthaltenden Sputumteil auf das Deckglas. Hierauf trocknen
wir dasselbe an der Luft, worauf wir es über der Flamme fixieren.
1) Wir wärmen das Präparat bei 55—60^ C in einer Argentum-
nitratlösung.
2) Darauf wird es 5 Minuten lang in reduzierende Flüssigkeit ge-
legt, welche aus 2,0 g Acid. pyrogall. , 1,0 g Acid. tannici, 100,0 g
Aquae dest. besteht.
Wenn wir das Präparat aus der reduzierenden Flüssigkeit heraus-
nehmen, spülen wir es mit Wasser ab, dann ist noch das Deckglas mit
einem schwarzen Niederschlage bedeckt, so daß wir diesen sorgfältig
entfernen müssen, indem wir mit einem feuchten Fließpapier über das
Deckglas streichen. Das auf diese Weise gereinigte Präparat wird ge-
trocknet und in Kanadabalsam verschlossen. In diesen Präparaten sehen
wir die Tuberkelbacillen schwärzlich gefärbt, auf braunem Grunde, wenn
es gut gelungen ist. Bei dieser Methode muß man auf das Aufstreichen
des Präparates sehr achten ; es muß ideal dünn und gleichmäßig sein,
sonst bleibt ungemein viel Niederschlag. Nach der Behandlung mit
Wasser muß das Fließpapier mehrere Male kräftig über das Präparat
gezogen werden, im entgegengesetzten Falle bleibt ein so starker Nieder-
schlag, daß unsere Untersuchung keinen Erfolg hal)en kann. Der Nach-
teil dieser Methode ist 1) daß neben den Tuberkelbacillen auch die
übrigen Bakterien das Silber aufnehmen, wodurch das Erkennen der
Tuberkelbacillen schwierig ist, 2) daß in den Präparaten stets ein
508 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
ziemlich starker Niederschlag enthalten ist und man darum nichts be-
stimmen kann, ob die sichtbaren Körnchen Granula sind, oder aber
nur ein einfacher Niederschlag, 3) ferner ist es von großem Nachteil,
daß eine aus sehr selten gebrauchten Substanzen bestehende Mischung
als reduzierende Flüssigkeit gebraucht wird; wegen der Anwendung des
Eiweißes wird die Färbung noch schwieriger, 4) zum Schlüsse ist es
eine sehr langwierige Färbemethode, die eine ziemliche Uebung erfordert.
Mehr erkennbare Tuberkelbacillen werden auch hier nicht gefärbt als
in den bis jetzt erwähnten besseren Färbemethoden. Abgesehen von
ihrer Originalität, daß nämlich eine Farbenwirkung nicht mit Farben,
sondern auf chemischem Wege erzielt wird, hat diese Methode wegen
ihrer zahlreichen Mängel als eine zum Nachweis des Tuberkelbacillus
dienende Methode keine Zukunft. Darauf hin, wie weit sie als differen-
tialdiagnostische Färbung zwischen dem Tuberkel- und Leprabacillus
entspricht, kann ich mich nicht äußern, da ich in dieser Richtung keine
Versuche anstellen konnte.
3. Beteghs Färberaethode.
Beteghs Methode ist die B-tolin-Methode. Er schreibt die Be-
deutung hauptsächlich der Färbung der Hülle zu. Seine Methode ist
folgende :
1) Das über der Flamme fixierte Präparat begießen wir mit 2 — 3
Tropfen 15-proz. Salpetersäure und wärmen es über der Flamme, bis
Dämpfe entfliehen.
2) Abspülung mit Wasser.
3) 1—2 Tropfen Methylenblau (Löffler), 2-3 Tropfen Karbolfuchsin,
wärmen über der Flamme bis Dämpfe entweichen.
4) Abspülung mit Wasser und Entfärbung mit 60-proz. Alkohol, bis
das Präparat farblos wird.
5) Wasser.
6) Nachfärbung mit Malachitgrün (höchstens 1 — 2 Minuten lang).
7) Wasser.
8) Trocknen, Kanadabalsam.
Mit dieser Färbemethode soll der Tuberkelbacillus rot gefärbt werden,
seine Hülle wird ebenfalls rot, die in den Koch sehen Bacillen sicht-
baren Sporen (wie Betegh und viele andere diese Körnchen nennen)
aber dunkelblau, d. h. schwarz gefärbt. Der große Vorteil dieser Me-
thode wäre also, daß die sämtlichen Bestandteile des Tuberkelbacillus
einzeln, mit einer Methode gefärbt wären, folglich die Struktur der Ba-
cillen sehr deutlich sichtbar wäre. Leider bemerkte diese großen Vor-
teile außer dem Verfasser vielleicht niemand, denn der Tuberkelbacillus
ist vielleicht nicht in jedem Falle so sichtbar. Die Struktur der Tuberkel-
bacillen hängt von der Widerstandsfähigkeit des kranken Organismus,
eventuell von der Frische des Sputums ab und ist dementsprechend
sehr verschieden. Im allgemeinen ist die den Bacillus umgebende Hülle
etwas derartiges, was zu sehen nur die wenigsten Forscher das Glück
hatten, weil dieselbe, eben weil sie so selten zu sehen ist, wahrschein-
lich nicht bei jedem Bacillus vorhanden ist. Nach den Erfahrungen
von Acs-Nagy ist diese Hülle hauptsächlich bei denjenigen Tuberkel-
bacillen nachweisbar, welche sehr robust sind und schon ihrer Gestalt
nach sehr dem Typus bovinus des Tuberkelbacillus ähneln, und so, weil
es auch mir in einem an schlanken Tuberkelbacillen reichen Sputum in
keinem Falle gelang weder mit Beteghs, noch mit Spenglers Hüllen-
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 509
methode die Hülle des Tuberkelbacillus nachzuweisen, liegt der Gedanke
nahe — und dies ist auch meine Meinung — daß bei den Gestalten des
wahren Typus humanus der Tuberkelbacillen gar keine Hülle zu finden
ist, oder wenigstens war die Hülle bis jetzt nicht nachweisbar; oder in
jedem Falle, wenn an in menschlichem Sputum gefundenen Tuberkel-
bacillen eine Hülle nachweisbar war, stehen wir wenigstens einer durch
den Typus humanus und Typus bovinus verursachten, d. h. einer ge-
mischten Infektion gegenüber. Wenn aber die Hülle eventuell auch bei
schlankeren Gestalten sichtbar gewesen wäre, was weder Acs-Nagy,
noch ich erreichen konnten, so ist es wahrscheinlicher, daß wir hier nicht
eine Typus humanus-Gestalt, sondern eine zwischen den beiden stehende
schlankere Erscheinungsform der Typus bovinus-Gestalten haben. Nur
dieser nicht reinen Infektion kann ich es zuschreiben, daß es nur bei
der reinen Typus humanus-Infektion weder mitBeteghs noch Speng-
lers Färbemethode gelang, eine Hülle nachzuweisen.
Was die Färbung der in den Tuberkelbacillen sichtbaren Körnchen
betrifft, ist sie auch zweifelhaft. Ueber diese Körnchen, welche nach
Ziehl nicht zu färben sind, finden wir in der Literatur sehr verschiedene
Meinungen. Koch, der erste Forscher des Tuberkelbacillus, hielt diese
nicht färbbaren Körnchen für Sporen. Nocard und Hutyra gleich-
falls. Spengler nennt sie nicht direkt Sporen, sondern „Sporoid-
Körnchen", wodurch er gar keine Charakterisierung dieser Körnchen
gibt. Dieser Auffassung gegenüber halten Günther und Preiss so
wie die meisten Forscher, diese Körnchen nicht für Sporen, sondern,
wie auch Kitasato, für abgestorbene Teilchen des Tuberkelbacillus,
d. h. für das Resultat des in dem Tuberkelbacillus sich vollziehenden
degenerativen Prozesses. Daß diese Körnchen tatsächlich Sporen wären,
das wäre nur in dem Falle glaubbar, wenn es zu beobachten wäre, wie
sich aus diesen Formen Tuberkelbacillen entwickeln und wie ferner diese
Sporen sich von den gesunden Tuberkelbacillen losreißen ; da aber diesen
Prozeß noch niemand beobachten konnte, ist diese Hypothese nicht an-
nehmbar. Dieser Hypothese widerspricht auch jene Eigenschaft dieser
Körnchen, daß sie durch die Färbungsmethoden der Sporen nicht ge-
färbt werden können. Daß diese Körnchen das Resultat eines degenerativen
Prozesses sind, dafür spricht auch der Umstand, daß die Tuberkel-
bacillen bei sich lange hinziehenden tuberkulösen Prozessen, so in
den Sputen vorgeschrittener Phthisis und, wie es auch von Betegh
erwähnt wird, in Sputum stark fiebernder Tuberkulotiker, fast alle so
körnig sind und in dem Sputum solcher Kranken in den Tuberkel-
bacillen besonders in den längeren Gestalten, manchmal 12—14 Körnchen
sichtbar sind. In dem Sputum derselben Kranken konnte ich mit der
Much sehen Färbemethode sehr viele Granula nachweisen, und weil
auch die Granula höchstwahrscheinlich Zersetzungsprodukte sind, spricht
auch dies dafür, daß diese Körnchen nicht Sporen sind, vielmehr ent-
stehen sie bei der Degeneration der Tuberkelbacillen, sind folglich de-
generative Produkte.
Daß es Betegh gelang, diese Körnchen zu färben, das können wir
nur annehmen, da es mir in meinen Präparaten in keinem Falle ge-
lungen ist.
Trotzdem wir verschiedene Lösungen gebrauchen , ist die Färbe-
methode an und für sich ziemlich rasch ; leider werden in mehreren
meiner Präparate durch die gemeinsame Einwirkung des Karbolfuchsin
und Methylenblau einzelne Teile blau, während andere Teile wieder die
510 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt, Originale. Bd. 62. Heft 6.
rote Farbe annehmen. Die 6ü-proz. Alkoholabspülung muß länger,
durchschnittlich 3 — 5 Minuten lang dauern, da sonst die Entfärbung
nicht vollkommen und so ohnehin schwächer färbende malachitgrüne
Nachfärbung nicht sichtbar ist. Ein gut gelungenes Präparat ist ge-
fällig, da die Tuberkelbacillen auf schwachgrünem Grunde rot erscheinen.
Einen anderen Bacillus fand ich bei guter Entfärbung nicht gefärbt.
Durchschnittlich werden ebenso viele Bacillen gefärbt, wie durch die
Z i e h 1 sehe Methode, die Granula werden auch hier nicht gefärbt.
Alle diese Licht- und Schattenseiten der B-tolin-Methode zusammen-
gefaßt, kann diese auch nicht für vollkommener gehalten werden als die
Ziehische oder Ehrlich- Koch sehe als eine zum Nachweise der
Tuberkelbacillen dienende Methode. Daß die Struktur der Tuberkel-
bacillen eventuell durch diese Methode besser sichtbar wird, als durch
andere bis jetzt behandelte Methoden, das müssen wir auf Grund der
Behauptung des Verfassers annehmen, aber diese Meinung konnte durch
unsere Versuche nicht bestätigt werden.
4. Hermans Färbe methode.
Unter all den bis jetzt behandelten. Färbungsmethoden müssen wir
die Her man sehe unbedingt zu einer der besten zählen. Ihr Gang ist
folgender :
1) Die Grundfarbe gibt eine Lösung, deren Zusammensetzung ist:
3 Teile l-proz. Ammoniumkarbonat, destilliertes Wasser.
1 Teil 3-proz. Kristallviolettlösung, in 95-proz. Aethylalkohol gelöst
oder in absolutem Alkohol gelöst.
Von dieser gut gemischten Lösung geben wir 6 — 8 Tropfen auf das
Präparat und färben es über der Flamme, bis Dämpfe entweichen. Dann
warten wir ungefähr 1 Minute lang.
2) 2 — 5 Minuten lange Entfärbung in 10-proz. Salpetersäure.
3) Danach wird das Präparat so lange in 95-proz. Aethylalkohol
oder Alkohol gehalten, bis es hellblau wird.
4) Abspülen mit reinem, dann längere Zeit mit destilliertem Wasser.
Eine Nachfärbung empfiehlt der Verfasser nicht, da seiner Meinung
nach die veilchenblau gefärbten Tuberkelbacillen auf blaßblauem Grunde
sehr gut erkennbar sind. So sind aber die Tuberkelbacillen schwer
aufzufinden, da diese auch nicht unbedingt säurefest sind, sondern durch
die Einwirkung der Salpetersäure und des Alkohols doch etwas blaß
werden. Darum empfiehlt man verschiedene Farben zur Nachfärbung:
so empfehlen Caan und Mayer eine Lösung von Alkoholkarmin, was
aber wegen der sehr starken Färbefähigkeit des Karmins kein gutes
Resultat gibt. Berka empfiehlt eine Bismarckbraun-Nachfärbung, welche
aber auch keinen schönen Kontrast zwischen dem braungelben Grunde
und den veilchenblauen Tuberkelbacillen gibt, obzwar diese Nachfärbung
sich dennoch besser bewährte als die Caan sehe und May er sehe. Ich
gebrauchte Safranin mit sehr gutem Erfolge. Aus dem Safranin be-
reiten wir eine dünne, wässerige Lösung und spülen mit dieser das
schon gefärbte Präparat ab. So bekommen wir einen sehr scharfen
Kontrast, was die Erkennung der Tuberkelbacillen sehr erleichtert. Die
konzentrierte Safraninlösung halte ich nicht für brauchbar, da in meinen
auf diese Weise gefärbten Präparaten die Tuberkelbacillen nicht rein
veilchenblau sind, sondern durch die Einwirkung des Safranins eine
rötliche Farbe annehmen. Dasselbe tritt bei längerer dünner Safranin-
einwirkung ein. In meinen ohne Nachfärbung verfertigten Präparaten
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 511
waren die Tuberkelbacillen in geringerer Menge sichtbar, als bei der
mit Nachfärbung vollzogenen Färbung. Dasselbe sehen wir auch bei
den Granula, deren Erkennung ohne Kontrast sehr schwer, manchmal
sogar unmöglich ist. Einen besseren Erfolg hatte ich auch bei den ohne
Nachfärbung vollführten Färbungen; wenn ich die Einwirkung der Salpeter-
säure und des Alkohols möglichst abkürzte, so erschienen aber meistens
auch andere Bakterien veilchenblau. Von den Tuberkelbacillen waren
am meisten die längeren, stärkeren Gestalten vertreten, die schon den
Typus bovinus- Gestalten ähnlich waren (Spenglers Hüllenmethode
negativ). Körnchen waren bei den meisten sichtbar. Einzelstehende Gra-
nula sah ich nur wenige, unbedingt weniger als in meinen aus dem-
selben Sputum nach Much gewonnenen Präparaten. Sehr schöne überaus
feine Körnchen, von denen es ganz bestimmt festzustellen war, daß es
Granula sind, sah ich hauptsächlich in meinen mit Safranin nach-
gefärbten Präparaten. In meinen gut bereiteten, gut entfärbten Präpa-
raten waren andere Bacillen oder Kokken nicht gefärbt. Was die Zahl
der gefundenen Bacillen betrifft, so fand ich keine so große Abweichung
zwischen der Ziehl-Neelsen. Ehrlich-Koch und Her man sehen
Färbemethode, als zwischen der Much und Her man sehen. Prosektor
Berka sah mit der Her man sehen durchschnittlich lömal soviele
Tuberkelbacillen gefärbt, als mit der Zieh Ischen, und 6 — 8mal mehr
als mit der Ehrlich- Koch sehen. In meinen Präparaten sah ich auf
einem Gesichtsfelde durchschnittlich 3 — 5 Tuberkelbacillen gefärbt, aber
einen so großen Unterschied an Zahl der Bacillen fand ich nicht. Ebenso
erwähnt er auch, daß, wenn er die nach Ziehl positiv gefärbten Prä-
parate mit der Hermanschen nachfärbte, so wurden mehrere Bacillen
sichtbar. Ich fand in solchen Fällen nur die Granula gefärbt, die Zahl
der Bacillen vermehrte sich aber nicht zusehends. Ich machte Unter-
suchungen auch in jener Richtung, ob ich in den Ziehl -negativen Sputen
mit der Her man sehen Methode Tuberkelbacillen finde, aber diese Ver-
suche blieben auch erfolglos. In denselben Sputen fand ich nach Much
sehr viele Granula, während diese nach Her man ungefärbt blieben.
Kayser. der 300 solche Sputen untersuchte, in welchen er nach Ziehl
keine Tuberkelbacillen nachweisen konnte, fand sie bei 8 Proz. in den
nach Her man gefärbten Präparaten. Berka und Kayser halten für
das Resultat ihrer Forschung die Her man sehe Färbungsmethode über
der Zieh Ischen stehend, ja Berka hält sie noch für besser als die
Much sehe wegen ihrer schnelleren Ausführbarkeit.
Auf Grund meiner Untersuchungen bin ich zu folgender Ueber-
zeugung gelangt: Mit der Her man sehen Färbemethode, wenn wir auch
eine Nachfärbung anwenden, können wir ein gefälliges Präparat erzielen,
obzwar ich nicht mehr gefärbte Tuberkelbacillen finden konnte als mit
der Zieh Ischen Färbung; in dieser Beziehung übertrifft sie Ziehl.
Mit dieser verglichen, ist ihr großer Nachteil, daß die Färbung länger
dauert und hauptsächlich, daß die ammoniumkarbonat- kristallviolette
Lösung in jedem Falle frisch bereitet werden muß. weil diese keine halt-
bare Mischung ist. Mit der Much- modifizierten Gramschen Färbung
verglichen, ist es ihr Vorteil, daß das Präparat schneller gefärbt werden
kann, dagegen ihr Nachteil, daß weniger Bacillen, besonders weniger
Granula gefärbt werden. Auf Grund derselben müssen wir also Her-
rn ans Färbemethode zu den besten Methoden rechnen, aber was ihren
Wert betrifft, steht sie hinter der Ziehl- und Much -Färbung ungefähr
in gleichem Rang mit der Spen glerschen.
512 Central bl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
5. Gasis' Färbemethode.
Im „Centralblatt für Bakteriologie etc.", 1909, Heft 1, beschrieb
Gasis eine Färbemethode, die vor den früher veröffentlichten große
Vorteile hätte; so z. B. konnte er mit derselben auch in Ziehl-negativ-
Sputen Tuberkelbacillen nachweisen, die Granula werden auch gefärbt,
außerdem auch die Hülle des Tuberkelbacillus, aber außer dem Tuberkel-
bacillus kein anderer. Die Färbemethode von Gasis wies eine neue, bis
jetzt unbekannte Eigenschaft der Tuberkelbacillen auf, nämlich die Wider-
standsfähigkeit derselben für alkalische Substanzen. Weil diese Eigen-
schaft kein anderes Bakterium hat, nicht einmal die als säurefest be-
kannten Bacillen, darum schreibt Gasis seiner Methode eine so große
Wichtigkeit zu. Zur Entfärbung gebraucht er eine Kaliumjodid- und
Natriumhydratmischung, also alkalische Substanzen. Die Färbung besteht
wesentlich im folgenden :
1) In 5 ccm 1-proz. Eosinlösung (diese besteht aus 1 g Eosin, 5 ccm
abs. Alkohol, 95 ccm Aqua dest.) wird ein Kristall Mercurichlorid ge-
geben, dann so lange gekocht, bis es sich auflöst. Mit dieser Lösung
wird das über Flamme fixierte Präparat Übergossen. Die Farbe lassen
wir 1 — 2 Minuten lang darauf.
2) Abspülen mit Wasser und folgender entfärbenden Flüssigkeit:
0,5 g Natriumhydrat
1,0 g Kaliumjodid
100,0 ccm 50-proz. Alkohol
3) Auswaschen mit absolutem Alkohol, dann mit Wasser.
4) Kontrastfärbung mit Methylenblau.
Die Gasis -Färbung steht sowohl hinter Ziehl als auch hinter
Much. Vorteil über diese besitzt sie fast keinen bei den Unter-
suchungen der Sputen. Gasis beschreibt 2 Fälle von Urogenital- und
2 von Lungentuberkulose, bei denen die Tierimpfungen die Diagnose
bestätigten, bei welchen indessen mit der Ziehlfärbung den Tuberkel-
bacillus nachzuweisen nicht gelang. 2 Fälle genügen noch nicht, um zu
überzeugen, daß mittels der Gasis- Färbung in Ziehl -negativen Fällen
vorkommende Tuberkelbacillen nachzuweisen wären. Nach der Behaup-
tung Gasis' können durch seine Methode mehr Tuberkelbacillen gefärbt
werden als mit der Ziehl -Färbung. Dies bestreite ich auf Grund
meiner Untersuchungen, und ebenso bestreiten es alle, die sich mit der
Gasi s- Färbung befaßten, soLevy, Rosenblatt u.a. Unter den ge-
färbten Tuberkelbacillen sind die langen, gebogenen Gestalten vertreten.
In den meisten Fällen fand auch ich, wie Levy, die mittelgroßen Ge-
stalten, ziemlich oft auch die Gestalten von Granula, diese waren aber
niemals von so feiner Struktur, wie die nach der Much -Färbung ge-
fundenen Granula, ihre Zahl ist aber entschieden kleiner, als bei Much,
Die Hülle der Tuberkelbacillen soll angeblich blau gefärbt erscheinen,
ich fand die Hülle in keinem Falle gefärbt; Levy bestreitet ebenfalls
diese Eigenschaft der Färbungsmethode. Als einzigen Vorteil dieser
Methode über die Ziehische findet Levy, daß der lebhaft rote Bacillus
auf blauem Grunde leichter zu erkennen ist, wie bei Ziehl, ich kann
auch diesen Wert der Methode nicht anerkennen.
Unsere Kritik der Gasis- Färbemethode können wir in folgendem
zusammenstellen :
1) Sie ist eine langwierigere Färbemethode als die Ehrlich- Koch-
sche oder Zieh Ische, aber kürzer als die Much sehe. Hauptsächlich
Böhm, lieber die verschiedenen Färbemethoden der TuberkelbacUlen etc. 513
wird sie dadurch langwierig, daß die Eosinlösung stets frisch bereitet
werden muß, und wenn wir nur ein etwas größeres Kristall Queck-
silberchlorid dazu fügen , so nimmt die Färbefähigkeit der Lösung
schon ab.
2) Mehr Bacillen werden nicht gefärbt, als bei Ziehl, ihre Gestalt
entspricht den vorigen, granulierte Gestalten werden gefärbt, aber bei
weitem nicht in so großer Zahl, wie bei Much. Levy sah überhaupt
keine reinen, granulierten Formen.
3) Die Präparate sind nicht haltbar, schon in 2 — 3 Monaten ent-
färben sie sich, ja bei mir viele schon nach einem Monate.
4) Welchen Wert diese Methode bei der Differentialdiagnose hat, dar-
auf kann ich mich nach meinen Erfahrungen nicht berufen, aber Levy
untersuchte die Färbemethode in dieser Richtung eingehender und kam
zu der Ueberzeugung, daß sie auch so vou keiner großen Bedeutung ist,
denn auch andere Säurefesten aus dem Urin, der Grasbacillus, der
Pseudoperlsuchtbacillus, der Blindschleichentuberkelbacillus werden auch
rot gefärbt. Die Smegmabacillen nehmen manchmal eine blaue, manch-
mal eine rote Farbe an.
Dies alles beweist, daß die obige Methode keinen Vorteil vor den
übrigen hat. Es ist interessant, zu bemerken, daß die Gasis-Methode
von den gesamten Verfassern einstimmig verurteilt wird.
6. Spenglers Methode.
Karl Spengler macht in seinem „Neue Färbemethoden für Perl-
sucht- und Tuberkelbacillen"" (erschienen in Dtsch. med. Wochenschr.
1907) zwei Färbuugsmethoden bekannt, deren Hauptbedeutung bei der
Differentialdiagnose zwischen den Perlsucht- und Tuberkelbacillen ist.
Diese sind 1) Hüllenmethode, 2) Pikrinsäuremethode.
I. Hüllenmethode.
1) Wir alkalisieren den aufgestrichenen Sputumteil mit wenig 1-proz.
Natron- oder Kalilauge. Dann wird das Präparat bei vorsichtigem
Wärmen fixiert. Das Wärmen muß sehr vorsichtig geschehen, da die
Hülle des Perlsuchtbacillus bei niedrigem W^ärmegrade schmilzt.
2) Grundfärbung mit Methylenblau, dann Abspülen mit Wasser.
3) Karbolfuchsin-Färbung bei vorsichtigem Wärmen, darauf wieder
Abspülung mit Wasser.
4) Abermalige Nachfärbung des Präparates mit Methylenblau, wozu
wir 1 — 2 Tropfen 15-proz. Salpetersäure tropfen.
Mit der Bedeutung dieser Hüllenmethode will ich mich nicht ein-
gehender befassen, da ich nicht so glücklich war, in den bei 45 Fällen
vollzogenen Untersuchungen auch nur in einem Falle eine Hülle nach-
zuweisen. Daß mir dies nicht gelang, ist eine Folge dessen, was ich
schon bei Beteghs Methode eingehender erwähnte, daß nämlich die
Individuen, deren Sputum ich untersuchte, weder an gemischter, noch
an Typus bovinus-Infektion litten, sondern bei ihrer Infektion nur der
Typus humanus eine Rolle spielte. Die Bedeutung seiner Hüllenmethode
tritt nur bei der Differenzierung der Infektionen mit dem Typus humanus
und Typus bovinus hervor, kann als allgemeine Färbungsmethode der
Tuberkelbacillen nicht in Rechnung kommen, und kann demnach hier
den Gegenstand der Kritik nicht bilden.
Eine größere Bedeutung hat Spenglers andere, die Pikrinsäure-
methode. Die Färbung kann auf zweierlei Art vor sich gehen; der Gang
der ersten ist folgender:
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 6. 33
514 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
1) Färben des Präparates mit Karbolfuchsin über der Flamme, bis
Dämpfe entweichen.
2) Abwaschen des Fuchsin mit Wasser, darauf Einlegen in gesättigten
Pikrinsäurealkohol (dessen Zusammensetzung ist 50 ccm gesättigte
Pikrinsäure, 50 ccm abs. Alk.) 2 — 3 Minuten lang, nachher gießen wir
einige Tropfen 15-proz. Salpetersäure auf das Präparat, welches wir
danach ein- bis zweimal mit Wasser abspülen, dasselbe darauf wieder
in eine Pikrinsäurelösung legen, bis es licht-gelb wird, was ungefähr in
5—10 Minuten eintritt. Schließlich waschen wir das Präparat noch ein-
mal mit Wasser ab, und verschließen es in Kanadabalsam.
Der Gang der zweiten Methode ist folgender: Mit der ersten über-
einstimmend kommt zuerst die Behandlung mit Karbolfuchsin, danach
mit Pikrinsäurealkohol. Darauf Abwaschen mit 60-proz. Alkohol und
Einlegen in 15-proz. Salpetersäure, bis eine gelbliche Färbung eintritt,
danach folgen wieder Alkoholabwaschungen ; um eine Kontrastfärbung
zu erzielen, legen wir es in pikrinsauren Alkohol, bis eine gelbe Färbung
eintritt.
Der Vorteil der Sp engl ersehen Methode besteht darin, daß er,
seiner eigenen Memung nach, auch in solchen Fällen, wo mit anderen
Methoden höchstens ein paar Tuberkelbacillen zu finden waren, ganze
Menge von denselben nachweisen konnte. Ihr Nachteil ist, seiner Meinung
nach, daß auf dem zartgelben Grunde die rotgefärbten Tuberkelbacillen
sehr schwer aufzufinden sind.
Das Resultat meiner Untersuchungen kann ich in folgendem zu-
sammenfassen :
Mit der ersten Methode konnte ich nach längerer Uebung ein ent-
sprechend schönes Resultat erreichen, und zwar in allen jenen Fällen, wo
ich die Tropfung der Salpetersäure ohne Abwaschung nach der ersten
Pikrinsäureeinwirkung nur sehr kurze Zeit anwandte. Einen sehr schönen
gelben Grund konnte ich indessen nur bei jenen Präparaten erzielen, wo
die erste Pikrinsäurebehandlung höchstens 3 Minuten, die zweite aber
wenigstens 10 Minuten lang dauerte. In einzelnen Fällen konnte ich
mit Spenglers Methode mehr Tuberkelbacillen färben, als mit der
Zieh Ischen, in den meisten Fällen war aber die Zahl der Bacillen im
ganzen dieselbe. In mehreren Ziehl-negativen Sputen gelang es mir
auch mit Spenglers Methode nicht, Tuberkelbacillen nachzuw^eisen. Der
Unterschied der beiden Methoden ist in Hinsicht der granulierten Ge-
stalten der größte. Die Granula waren aber niemals so zahlreich,
als bei der Much- Gram sehen Modifizierung. Ein großer Vorteil der
Spengler sehen Methode vor der Much sehen besteht darin, daß die
granulierten Gestalten auf dem blassen Grunde sehr schön sichtbar und
mit Bestimmtheit zu erkennen sind, da ein Niederschlag das Präparat
niemals verunreinigt, nur ist das Auffinden der Granula sehr schwierig ;
wenn dies aber einmal gelungen ist, so können wir ganz bestimmt von
ihnen behaupten, daß es Granula sind. In einzelnen Fällen sah ich wirk-
lich bewundernswert schöne, perlenartig aneinander gereihte Granulen.
Leider kann man mit Spenglers Methode dauernde Präparate nicht
erzielen, da sich dieselben während w^eniger Wochen entfärben.
Wenn wir die Vorteile der Spengler sehen Methode über die
Ziehl und Much sehen zusammenfassen, sehen wir, daß dieselbe vor
Ziehl nur einen Vorteil hat, daß auch die Granula gefärbt werden,
daß aber mehr Tuberkelbacillen gefärbt würden , das kann ich aus
jenen 3 — 4 Fällen, bei welchen nach Spengler mehr gefärbt wurden,
ßölim, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 515
selbst im allgemeinen nicht behaupten. Vor der Much sehen Färbung
hat sie jenen Vorteil, daß ihr Vorgang rascher ist, wir ein reines Präparat
gewinnen, und nur die Tuberkelbacillen rot gefärbt erscheinen. Ihr
Nachteil, mit Much verglichen, besteht darin, daß weniger Bacillen und
Granula gefärbt werden, wie bei diesem. Mit Ziehl verglichen, ist es
ihr Nachteil 1) daß sie länger dauert, in kürzerer Zeit als 15 Minuten
kann man mit Spenglers Methode schöne Präparate kaum erzielen,
2) ist es ihr Nachteil, daß auf dem hellgelben Grunde die Erkennung,
d. h. die Auffindung der Bacillen schwierig ist. Wenn ich (nach der
zweiten Methode) die Alkoholabwaschung nur einmal vollzog, die Salpeter-
säure aber gänzlich wegließ, so war das Auskennen im Präparate leichter,
da auch die Umgebung eine rosige Nuance besaß, natürlich wurden da
auch andere Bakterien rot gefärbt. 3) Sie steht unter Ziehl, da die
Präparate nicht dauerhaft sind, sondern die Entfärbung derselben in
kürzerer oder längerer Zeit eintritt.
7. Muchs Methoden.
Unter den bis jetzt beschriebenen Färbemethoden kann die durch
Much modifizierte Gram sehe Methode zu den besten gezählt werden.
Der Vorzug dieser Methode vor allen übrigen ist, 1) daß mehr Bacillen
gefärbt werden, 2) daß eine solche Form des tuberkulösen Virus in so
großer Zahl damit nachzuweisen ist, welche weder mittels den Ziehl-
schen, noch mit den meisten veröffentlichten Methoden nachweisbar
ist. Dies sind die granulierten Formen, d. h. die selbständigen Granula.
Bevor ich diese Methode behandle, halte ich es für notwendig, dieser
granulierten Formen zu erwähnen, da viele den Wert der Much sehen
Methode überschätzen, eben weil wir mit dem Werte dieser granulierten
Formen noch nicht im reinen sind. Koch und Ehrlich sahen schon
diese Körnchen, welche bald einzeln stehend, bald 2 — 3, bald eine ganze
Kette von mehreren Körnchen bildend in einer Reihe vorkommen und
nach Ziehl nicht gefärbt werden. Die Form dieser Körnchen ist nach
der Beschreibung von Much entweder rundlich, oder sie haben bald ein
scharfes, bald ein spitziges Ende. Die rundlichen Körnchen sind ge-
wöhnlich selbständig zu finden, die kettenartige Reihe zeigen hingegen
mehr die spitz endenden Formen. Welche Rolle diese Körnchen bei
tuberkulösen Erkrankungen haben, ist noch nicht entschieden. Much
hält sie für ein mit selbständiger Infektionsfähigkeit begabtes tuber-
kulöses Virus, die manchmal die einzigen färbbaren Gestalten der Tuber-
kulose sind. Diese Auffassung trachtete er mit Versuchen an Tieren zu
beweisen, bei welchen er reine (?!) Granu la- Kultur in gesunde Tiere
impfte und diese an Tuberkulose erkrankten. Wirths beschreibt auch
Versuche, bei welchen er ebenfalls reine Granulakulturen Tieren ein-
impfte. Diese gingen auch an Tuberkulose zugrunde, aber in seinen
Versuchen ist es interessant, daß er sich öfter überzeugte, wie die Zahl
der Granula im Organismus der betreffenden Tiere schwindet, wogegen
die nach Ziehl färbbaren Tuberkelbacillen auftreten. Er beschreibt
auch einen Versuch, bei welchem er eine reine Ziehl- Kultur einimpfte,
bei dieser die Ziehl -Bacillen sich im Tiere verminderten, hingegen die
Much sehen Granula in immer größerer Zahl auftraten. Aus diesen
Versuchen folgerte er, daß die Granula aus den nach Ziehl färbbaren
Tuberkelbacillen entstehen , unter gewissen Umständen aber aus den
Granula nach Ziehl färbbare Tuberkelbacillen entstehen können. Diese
Tierversuche können wir so lange nur mit gewissem Vorbehalt annehmen,
33*
516 Centralbl. f. Bakt. etx;. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
bis dieselben von mehreren Seiten bekräftigt werden. In Gegensatz mit
diesen Versuchen halten viele, so Behring und Deycke, diese Körn-
chen für Zersetzungsprodukte. Dafür spricht auch jeuer Umstand, daß
die Granula in größter Zahl im Sputum vorgeschrittener Phthisiker, in
Kavernen, in kalten Abszessen, also dort in größter Zahl vorkommen,
wo wir es mit großen Zersetzungsprozessen zu tun haben. Wo aber
länger dauernde Zersetzungsprozesse vor sich gehen, dort sind auch die
Mikroorganismen einer chemisch und mechanisch zersetzenden Wirkung
ausgesetzt. Die Much sehen Granula sind nicht säurefest, und können
darum nach Ziehl nicht gefärbt werden. Wenn wir diese Hypothese
annehmen, daß die Granula Zersetzungsprodukte sind, dann können wir
ihre Säureunbeständigkeit damit erklären, daß dieselben wegen des chemi-
schen Prozesses, welcher während der Zersetzung der Tuberkelbacillen
vor sich geht, ihre Säurefestigkeit verloren haben. Diejenigen, welche
jene Hypothese annehmen, daß die Granula eine selbständige Infektion
verursachen können, erklären die nicht-säurefeste Eigenschaft der Gra-
nula so, daß diese nur eine gewisse Zeit nicht säurefest sind, während
welcher Zeit sie nach Zieh! nicht färbbar sind, aber nachdem sie sich
schon ausgebildet haben, werden sie säurefest, und sind dann nach
Ziehl färbbar. Eben weil wir es bezweifeln müssen, daß sich aus
den Granula der wirkliche Tuberkelbacillus ausbilden kann, müssen wir
diese Erklärung im Vergleich mit der vorigen fallen lassen. Wirths
Tierversuche sind auch kein genügender Beweis dafür, daß aus diesen
Granula nach Ziehl färbbare Bacillen werden, denn er impfte nach
seiner Behauptung reine Granulakulturen in Tiere ein, aber eben dies
ist es, was wir nur mit großem Vorbehalt annehmen dürfen, da mau die
ganze Kultur niemals ganz eingehend untersuchen kann, und so einige
Ziehl- Bacillen in der Kultur stets übersehen werden, und so können
zufällig 1 — 2 Tuberkelbacillen demnach in den tierischen Organismus
gelangen. Diese wenigen Tuberkelbacillen können eben genügend sein,
daß wir nach einiger Zeit in dem Tiere, in welches aus dieser Kultur
geimpft wurde, nur Ziehische Bacillen finden, in Hinsicht darauf, daß
sie Zersetzungsprodukte, die Granula leicht der phagocytären Eigenschaft
der weißen Blutkörperchen zum Opfer fallen können. Die Frage der
Granula ist auch heute noch nicht ganz geklärt, aber wir müssen es
wegen der oben erwähnten Umstände für wahrscheinlicher halten, daß
diese Granula Zersetzungsprodukte sind, welche Behauptung auch die
obigen Tierversuche nicht widerlegen, eben wegen den schon erwähnten
Ursachen. Eben weil wir noch keine genügenden Beweise dafür haben,
daß diese Körnchen selbständig Infektion verursachen können, so sind
sie zum Zwecke der Diagnose nicht brauchbar. Aber aus dem Umstände,
daß diese Granula nur bei Tuberkulose zu finden sind, kann aus ihrem
Vorkommen ein Verdacht auf Tuberkulose angenommen werden, aber,
ich wiederhole, wir können eine entschiedene Diagnose nur aus den
Granula nicht aufstellen. Dies erschwert auch noch jener Umstand, daß
diese Granula, wenn die Färbung auch noch so gut gelang, niemals
vollkommen sicher zu erkennen sind. Wer sich mit diesen Körnchen
selbständig nicht viel befaßte, wird aus dem in Präparaten sichtbaren
Niederschlag, winzigen Kokken und Granula niemals mit Bestimmtheit
feststellen können, welches die Granulen sind und so können diese eben
zu falscher Diagnose führen, wenn wir nicht genügend vorsichtig sind.
Ich möchte die gefundenen Körnchen nur in solchen Fällen mit Be-
stimmtheit Granula nennen , wenn ich neben ihnen wenigstens einen
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 517
Tuberkelbacillus gefunden, von welchem ich bestimmt behaupten kann,
es sei ein Tuberkelbacillus.
Ein großer Fehler der Much sehen Methode ist eben jener, daß
außer den Tuberkelbacillen auch die meisten Bacillen und Kokken blau
gefärbt werden, was auch natürlich ist, da die Much sehe Methode nur
eine Modifizierung der Gramschen ist und wir wissen, daß nach Gram
die meisten Bacillen und Kokken färbbar sind. Infolgedessen ist wieder
die Erkennung der Tuberkelbacillen nicht leicht. Die nach Much ge-
färbten Tuberkelbacillen sind fast alle viel schlanker, zarter, wie z. B.
die nach Ziehl gefärbten. Die Erklärung fanden manche darin, daß
nach Ziehl andere Bacillen gefärbt werden, als nach Much; dies ist
ein sehr fernliegender Gedanke, um vieles leichter können wir es so er-
klären, daß Muchs dunkle Bacillen auf rotem Grunde, oder auch ohne
jeden Farbenkontrast, rein wegen optischer Täuschung, schlanker er-
scheinen. Dafür spricht auch der Umstand, daß bei allen Färbemethoden,
wo die Tuberkelbacillen dunkler gefärbt werden, diese zarteren Gestalten
zu finden sind.
Sehen wir nun die modifizierte Gram -Färbungsmethode selbst,
damit wir ihre Fehler und Vorteile zusammenfassend unbefangen beur-
teilen können. Much teilt 3 Modifizierungen der Gram sehen Methode mit.
I. Der Gang der ersten ist folgender:
1) Anilin wassergentianviolett,
2) Lugo Ische Lösung,
3) Entfärbung mit absolutem Alkohol und Nelkenöl.
II. Modifizierung.
1) Grundfärbung mit Methylviolett.
Die Methylviolettlösung wird so bereitet, daß 10 ccm absoluter
Alkohol mit Methylviolett gesättigt wird, dazu fügen wir 100 ccm 2-proz.
Karbolsäurelösung. In diese Lösung legen wir das aufgestrichene Präparat,
welches wir entweder aufkochen, oder 24 Stunden lang in 37 ° C warmem
Thermostat, oder 48 Stunden lang bei Zimmertemperatur sich färben
lassen.
2) Lugolsche Lösung, 1 — 5 Minuten,
3) 5-proz. Salpetersäure, 1 Minute,
4) 3-proz. Salzsäure, 10 Sekunden,
5) Acetonalkohol (50 ccm Aceton, 50 ccm absoluter Alkohol).
III. Modifikation.
1) Eine ebensolche Methylviolettlösung, wie bei der IL Modifikation.
Das Präparat wird hier damit ebenso gefärbt.
2) Entfärbung 2 Minuten lang mit Jodkaliumhydrogeniumsuperoxyd-
lösung. Diese Lösung besteht aus
5 g KJ.
100 ccm 2-proz. H^Og.
3) Abwaschen mit absolutem Alkohol.
Eine Nachfärbung hält er für nicht notwendig, aber eben wegen der
Erreichung des Farbenkontrastes gebrauchte ich Nachfärbung mit Safranin
mit gutem Erfolge. Wirths empfiehlt ein sehr dünnes Karbolfuchsin,
Bei den nach der L Methode gefärbten Präparaten fand ich sehr
viele Granula und auch sehr viele Bacillen, aber das Nelkenöl und der
Alkohol entfärbten sehr schwach, weshalb die übrigen Mikroorganismen
und auch die Umgebung veilchenblau blieb. Diese Methode ist kürzer
als die beiden anderen, abgesehen davon, daß wir stets eine frische Anilin-
wassergentianaviolettlösung bereiten müssen. Ihr Vorteil vor den beiden
518 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiuale. Bd. 62. Heft 6.
anderen ist, daß sich kein Niederschlag bildet, und so die Erkennung der
Granula erleichtert ist.
Bei der Much II ist die Entfärbung, meiner Meinung nach, in
solchen dünnen Säuren sehr kurz, und diesem ist es auch zuzuschreiben,
daß so viele andere Bacillen auch violett bleiben. In mehreren Fällen
gebrauchte ich 30-proz. Salpetersäure statt der 5-proz. 1 Minute lang,
oder ich ließ das Präparat in 1-proz. HNO 3 wenigstens 5, aber auch auf
10 Minuten lang. In diesen Fällen fand ich nicht so viel Niederschlag
und so viele violett gefärbte andere Bacillen, als wenn ich die Färbung
nach der ursprünglichen Vorschrift vollzog. Den größten Niederschlag
sah ich in jenen Präparaten, welche ich mit Aufkochen des Methylviolett
bereitete. Und viel Niederschlag bekam ich auch dann, wenn ich bei
Zimmertemperatur 48 Stunden lang färbte; den geringsten Niederschlag
bekommen wir, wenn wir 24 Stunden lang bei 37 " C im Thermostat
färben, die Methylviolettlösung muß aber natürlich vor jeder Färbuug
frisch filtriert' werden.
Bei der III. Modifikation muß ich all dieses wiederholen. Die Ent-
färbung geschieht hier mit einer Mischung von KJ + H^Oo, was die ganze
Methode noch verwickelter macht, denn das H2O2 ist keine haltbare
Mischung, weshalb wir immer eine frische Lösung brauchen.
Unter diesen 3 Modifikationen halte ich die II. für die zweckmäßigste,
danach folgt die I. und wegen der oben erwähnten Umstände stets die
III. Modifikation, was ihre Brauchbarkeit betrifft, an letzter Stelle.
Ueber die Gestalten der durch die Much sehe Methode gefärbten
Bacillen haben wir vernommen, daß die schlankeren Gestalten und die
selbständig oder kettenartig vorkommenden Körnchen in großer Anzahl
vorhanden sind. Was die Zahl der gefundenen Tuberkelbacillen betriflt,
so kann ich folgendes behaupten : In vielen, fast in allen Fällen, wo ich
mit den Methoden von Ziehl, Ehrlich-Koch, Her man oder
Spengler nur wenig säurefeste Bacillen fand, sah ich nach Much
meistens sehr viele schlanke, in großen Gruppen auftretende Tuberkel-
bacillen und selbständige Körnchen. Viele Versuche überzeugten uns
davon, daß nach Much tatsächlich mehr Tuberkelbacillen gefärbt werden,
aber aus wenig Versuchen kann man es nicht im allgemeinen behaupten,
da man immer daran denken muß, ob, wenn wir jenen Sputumteil,
welchen wir nach Much gefärbt hatten und in welchen viele Tuberkel-
bacillen auftraten, nach Ziehl färben, ob wir dann nicht auch nach
Ziehl viele Bacillen gefärbt vorfinden, und wenn wir wieder jenen
Sputumteil nach Much färben, in welchem nach Ziehl weniger Bacillen
vorkamen, ob wir nach Mach nicht auch wenige Bacillen gefunden
hätten. Nach 54 solchen Versuchen getraue ich mir zu behaupten, daß
wir es hier nicht mit einem Zufall zu tun haben, sondern daß nach der
Much sehen Methode tatsächlich mehr Tuberkelbacillen gefärbt werden.
In 12 ziehlnegativen Sputen fand ich in 9 Fällen selbständige Körnchen,
in 2 Fällen ungeheuer viele, in 7 Fällen wenig, aber Tuberkelbacillen
fand ich in diesem Sputum in keinem einzigen Falle. Viele Autoren,
so auch Wirths, teilen Versuche mit, bei welchen nach Much in ziehl-
negativem Sputum Tuberkelbacillen nachweisbar waren. Dies ganz be-
stimmt zu widerlegen getraue ich mir nicht, aber ich fand solche in
keinem einzigen Falle.
Indem wir die Vor- und Nachteile der Much sehen Methode zu-
sammenfassen, gelangen wir zu folgendem Schlüsse: Ein Nachteil der
Much sehen Methode neben allen anderen Methoden ist, daß sie sehr
Böhm, Ueber die verschiedenen Färbemethoden der Tuberkelbacillen etc. 519
lange dauert. Ein gutes Präparat können wir in weniger als 24 Stunden
nicht bekommen, Ihr Nachteil ist ferner, daß das Karbolmethylvioltte
keine haltbare Mischung ist, da sie nach längerem Stehen ihre Färbe-
fähigkeit verliert, weswegen wir ein sicheres Resultat nur dann erreichen
können, wenn wir mit frischer Lösung arbeiten. Ihr Nachteil ist ferner,
daß die Präparate nicht so gefällig sind, weil wir in den meisten einen
Niederschlag finden, ferner, daß außer von Tuberkelbacillen auch andere
veilchenblau sind, schließlich, daß diese Methode eine große Uebung er-
fordert, und zum Schlüsse, daß die Präparate nicht haltbar sind, weil sie
sich binnen 2 — 3 Monaten entfärben. Bei ihren zahlreichen Schattenseiten
hat diese Methode aber auch ihre Lichtseiten. Diese Vorteile sind, daß
mehr Tuberkelbacillen gefärbt werden, als durch eine andere Methode,
und die Granula, ausgenommen vielleicht Spengler, nur mit der
Much sehen Methode nachweisbar sind.
Infolgedessen können wir der Muchscheu Methode
heute noch keine so große Wichtigkeit und großen Vor-
teil zuschreiben, wie sie dieser Methode von anderen zugeschrieben
wird. Da wir aber mit dieser Methode die meisten Tuberkelbacillen
nachweisen können, so kann die Geschicklichkeit dos Experimentierenden
auch die vielen Nachteile vermindern. Darum können wir die von Much
modifizierte Gram -Methode für eine der besten Methoden halten. Wenn
es aber endgültig bewiesen wird, daß die Much sehen Körnchen tat-
sächlich eine selbständige Infektion hervorrufen und tuberkulöse Be-
standteile sind, so müssen wir die Much sehe Methode unter allen für
die beste erklären.
Zusammenfassung.
Das Endresultat meiner Versuche kann ich in folgendem zusammen-
fassen :
Bei der Untersuchung von Sputen solcher Individuen, die der
Tuberkulose verdächtig sind, können wir das sicherste Resultat auch
heute noch durch die Zieh 1-Neelsen sehe Methode erreichen, denn
wenn wir einen Tuberkelbacillus finden, ist die Diagnose ganz sicherzu-
stellen. Wenn wir indessen die Untersuchung nach Much vollziehen und
wir keinen Tuberkelbacillus, sondern nur einzelnstehende Granula finden,
so können wir die Diagnose mit vollkommener Gewissenhaftigkeit nicht
aufstellen. Die anderen Methoden können bei solchen Untersuchungen
darum nicht in Frage kommen, da sie teils nicht zufällig, teils ver-
wickelter sind, als die Zieh Ische. Zur Differentialdiagnose
ist nur die Ziehl-Färbung brauchbar, da sie ein ganz
sicheres Resultat bietet, und die einfachste ist.
So halten wir bei Sputumuntersuchungen auch heute
noch die Ziehl-Neelsensche für die beste; eine gute ist
auch die Much-modifizierte Gramsche, denn sie besitzt
auch noch Vorteile vor der Ziehlsehen, nur ist sie sehr
schwerfällig und verwickelt. Es stehen mit der Ziehl-
sehen Färbung auf einer Stufe die Ehrlich-Kochsehe,
Spenglers Pikrinsäuremethode und die Hermansche
Methode, nur sind diese langwieriger.
520 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
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Krombholz u. Kulka, lieber Anreicherung von Choleravibriouen etc. 521
Nachdruck verboten.
lieber Anreicherung von Clioleravibrionen, insbesondere
über Ottoleng bis GalleverMren.
Ein Beitrag zur iHetliodili der Prüfung von elelttiren Nährböden.
[Aus dem Hygienischen Institute der k. k. Universität in Wien.j
Von Assistenten Dr. E. Krombholz und Reginientsarzt Dr. W. Eulka.
Die Anreicherung der Choleravibrionen in alkalischem Peptonwasser
auf Grund ihrer zuerst von Schottelius (1) beobachteten Eigenschaft,
in Üüssigen Kulturmedien nach der Oberfläche zu streben und sich hier
rasch zu vermehren, ist heute noch das unentbehrliche Hilfsmittel der
bakteriologischen Choleradiagnostik, als das es Kolle und Gotschlich
(2) in den Schlußsätzen ihrer umfassenden diesbezüglichen Untersuch-
ungen bezeichnet haben. Kein anderer Zweig der bakteriologischen
Diagnostik verfügt über ein gleich vortreffliches Anreicherungsverfahren.
Wenn trotzdem die Versuche sich wiederholen, Methoden auszuarbeiten,
welche die Leistungsfähigkeit dieses Verfahrens noch überbieten, so liegt
das an der besonderen Bedeutung, die eine maximal gesicherte und be-
schleunigte Diagnosenstellung in diesem Falle für das öffentliche Interesse
besitzt. Zwar enthalten in der Praxis bei Untersuchungen wegen Cholera-
verdacht die Stuhlproben, deren Untersuchung ein positives Resultat
ergibt, in der Regel die Cholerakeime in solcher Menge und in einem
solchen Zustand, daß ihr Nachweis rasch und oft schon auf den primären
Platten gelingt. Andererseits wird aber in Mitteilungen über die bei
Choleraepidemieen gemachten Erfahrungen von mehreren Seiten (3) über
Fälle berichtet, in denen die untersuchten Stuhlproben die Cholera-
vibrionen in so geringer Zahl oder in einem solchen Zustand verminderter
Wachstumsenergie enthielten, daß entweder erst nach 24-stündiger Be-
brütung der Peptonlösung oder bei Aussaat sehr großer Mengen Darm-
inhalt, z. B. einer ganzen Stuhlprobe oder einer ganzen Darmschlinge,
ein positiver Befund sich ergab.
Es ist darum die Sorge nicht unbegründet, daß gelegentlich trotz
der Anwesenheit von Choleravibrionen im Untersuchungsmaterial ihr
Nachweis nicht gelingt, auch bei durchaus vorschriftsmäßiger Ausführung
der bakteriologischen Untersuchung, sei es, daß spärliche oder wenig
lebenskräftige Choleravibrionen in der Anreicherungsflüssigkeit von den
anderen Stuhlbakterien überwuchert werden oder daß bei unzulänglicher
Anreicherung der Cholerakeime die zur serodiagnostischen Identifizierung
nötigen Reinkulturen von den aus der Anreicherungsflüssigkeit angelegten
Platten nicht ohne weiteres zu gewinnen sind. Diese letztere Schwierig-
keit ist durch die Verwendung des in der bakteriologischen Technik
rasch eingebürgerten Dieu donneschen Alkaliblutagars in erheblichem
Grade verringert, da dieser ein für die Cholerakeime günstiger und
eminent elektiv wirkender Nährboden ist. Aber seine elektive Wirkung
ist keine absolute, wie aus den Arbeiten von Bürgers (4), Esch (5),
Glaser und Hachla (6), Stock vis (7) und Perpola (8) hervorgeht
und wie jeder weiß, der diesen Nährboden in der Praxis verwendet hat.
Ueberdies wird die andere Möglichkeit, an die zu denken ist, daß näm-
lich die Choleravibrionen schon in der Anreicherungsflüssigkeit von den
522 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
auderen Stulilbakterieu überwuchert werden, durch seine Verwendung
nicht tangiert.
Aus diesen Gründen sind Versuche, die Methoden der Cholera-
diagnostik zu verbessern, nicht ohne Interesse. Arbeiten der letzten
Zeit [Pergola (8), Kraus (9)] sind bestrebt, Nährsubstrate von eminent
elektiver Wirkung schon für die Anreicherung zu ermitteln. Otto-
lenghi (10) behauptet, in der alkalisch gemachten Ochsengalle ein
solches Nährsubstrat gefunden zu haben, dem er nachrühmt, es liefere
auch, wenn die Choleravibrionen in den Faeces sehr spärlich vorhanden
seien, in ziemlich kurzer Zeit durch Anreicherung derselben gute Resul-
tate. Die gewöhnlich in den Faeces vorkommenden Keime entwickelten
sich darin entweder überhaupt nicht oder so spärlich, daß die Isolierung
der Choleravibrionen aus den Faeces leicht gelinge, auch wenn sie mit
einer äußerst großen Zahl von anderen Keimen gemischt seien. Selbst
nach 24 — 48-stündigem Verweilen im Thermostaten werde die Entwicke-
lung der Choleravibrionen nicht durch die der anderen Faeceskeime
unterdrückt, wodurch^ dem Bakteriologen eine große Freiheit im Arbeiten
gegeben sei.
Damit wäre in der alkalisch gemachten Rindergalle das Ideal eines
Anreicherungssubstrates für Choleravibrionen aus Stuhlproben gefunden.
In Uebereinstimmung damit ständen jene Beobachtungen russischer
P'orscher (11), die auf eine Neigung der Choleravibrionen deuten, sich
in den Gallengängen des Menschen einzunisten. Die Feststellung der
analogen Tatsache, daß in der Gallenblase von Typhuskranken so häufig
der Krankheitserreger zu finden ist, hat ja auch zu Vorschlägen geführt,
die Wirkung elektiver Nährböden für Typhusbacillen durch den Zusatz
von natürlicher Galle (12, 13) oder von taurocholsaurem Natrium (14)
zu verbessern,
Ueber eine von uns vorgenommene Nachprüfung der zitierten An-
gaben Ottolenghis soll im Nachstehenden berichtet werden. Danach
erscheint sein eigenes wie auch das Urteil inzwischen erstandener Nach-
prüfer über sein Verfahren als experimentell nicht zureichend begründet.
Nur Versuche, die bei systematischer Variierung der in erster Linie in
Betracht kommenden Verhältnisse sowohl diese Variationen als auch
ihren Einfluß auf die resultierenden Ergebnisse nach Tunlichkeit quan-
titativ fassen, lassen eine halbwegs exakte vergleichende Wertung neuer
Verfahren zu und schützen vor der unzulänglichen Verallgemeinerung
von Resultaten, die nur besonderen Versuchsbedingungen zu verdanken
sind.
Zunächst haben wir zur ersten Orientierung das Wachstum des
Bact. coli als des repräsentativen Stuhlkeimes in der nach Ottolenghi
hergestellten alkalischen Galle vergleichend geprüft.
Ueber das Verhalten des Bact. coli gegen Rindergalle und deren
Bestandteile liegt eine Reihe von Untersuchungen vor, die meist durch
Studien über Anreicherungsverfahren für Bact. typhi veranlaßt sind.
Es seien hier nur die Arbeiten von Werbitzky (15) und Pies (16)
angeführt, die übereinstimmend zeigten, daß Rindergalle bei natürlicher
Reaktion für Bact. coli ein Nährsubstrat ist, wenn auch kein gutes,
und die Untersuchungen Meyersteins (17) über die bakteriologische
Bedeutung der Gallensalze. Danach gehört das Bact. coli zu jenen Bak-
terien, die in reinen Gallensalzlösungen im allgemeinen nicht zu wachsen
vermögen, wohl aber bei Zusatz von nur 0,01 Proz. Pepton, also bei
einer Peptonkonzentration, die sonst ihr Gedeihen nicht ermöglicht. Diese
Krombholz u. Kulka, Ueber Anreicherung von Choleravibrionen etc. 523
wachstumfördernde Wirkung, die gegenüber dem Bact. coli sowohl
dem taurocholsaiiren wie dem glykocholsauren Natrium zukomme, sei an
die lackmusueutrale bis schwach saure Reaktion des Nährsubstrates ge-
bunden, während schon geringe Abweichungen der Reaktion von diesem
Optimum das Resultat wesentlich beeinträchtigen.
Ueber das Verhalten des Bact. coli gegenüber Rindergalle bei
ausgesprochen alkalischer Reaktion derselben suchten wir uns in der
ersten Reihe unserer nach Tunlichkeit zahlenmäßig vergleichenden Ver-
suche zu orientieren.
Den Gallenährboden für diese wie für alle folgenden Versuche stellten
wir genau nach den Anweisungen des Autors aus frischer, nach Mög-
lichkeit steril entnommener, durch Papier filtrierter Rindergalle her. Das
Filtrat wurde versetzt mit 3 Proz. einer 10-proz. Lösung von Natr. carb.
cryst. und mit 0,1 Proz. Kaliumnitrat, darauf in Kölbchen zu 50 ccm
abgefüllt und durch ca. 20 Minuten bei einer halben Atmosphäre Ueber-
druck im Autoklaven sterilisiert. Um für jede Versuchsreihe eine gleich-
artige Zusammensetzung des Nährsubstrates zu erreichen, wurde der
Inhalt mehrerer Gallenblasen vor der Verarbeitung vereinigt und gut
gemischt. (Für die Versuche der Tabellen I bis IV kam zur Verwendung
eine Mischung des Inhaltes mehrerer Gallenblasen, die ein spezifisches
Gewicht von 1,024 zeigte, für die Versuche der Tabellen VI bis X des-
gleichen eine Mischung mit dem spezifischen Gewicht von 1,017, für die
Versuche der Tabellen V, ferner XI, XII und XIII eine solche mit dem
spezifischen Gewicht von 1,022.)
Die Aussaat geschah bei dieser wie bei den folgenden Versuchsreihen
in einer Weise, die eine ausreichende Gleichmäßigkeit der verimpften
Keimzahl bei den zu vergleichenden Einzelversuchen gewährleistete und
die Wahl einer zweckmäßigen Dosierung gestattete. Dies erreichten wir
durch Impfung mit relativ großen Mengen sorgfältig hergestellter Ver-
dünnungen der betreffenden Bakterienaufschwemmung. Die primären
Aufschwemmungen wurden in der üblichen Weise durch Abspülen gleich-
artig gestrichener und gleich alter Schrägagarkulturen mit 5 ccm steri-
lisiertem Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung gewonnen und
durch ein steriles Papierfilter geschickt. Die Verdünnungen erfolgten
stufenweise in Reihen nach den Potenzen 10\ 10^ 10^ usw., wobei auf
gleichmäßige Verteilung der Keime in den Verdünnungen durch an-
dauerndes Schütteln und Schwenken (nach der Uhr) besonders geachtet
wurde.
Die Sorgfalt bei der Herstellung der Verdünnungen hatte den Er-
folg, daß die durch Anlegung von Schüttelkulturen ermittelten Keim-
zahlen der verschiedenen Verdünnungen einer Bakterienaufschwemmung
innerhalb der natürlichen Fehlergrenzen den jeweiligen Graden der Ver-
dünnung sehr gut entsprachen (vgl. Tab. V), und da die Keimzahl in
den primären Aufschwemmungen erfahrungsgemäß nicht in allzuweiten
Grenzen schwankt, sich die Gelegenheit bot, die verimpften Keimmengen
nach Wunsch zu variieren.
Die Ergebnisse unserer ersten Versuchsreihe sind in der Tabelle I
dargestellt.
In dieser Versuchsreihe kamen als Nährsubstrate zum Vergleich:
1) eine alkalische Peptonlösung, hergestellt nach der amtlichen Cholera-
anweisung (1 Proz. Pepton, 1 Proz. NaCl, 0,1 Proz. KNO3, 0,2 Proz.
Na2C03), 2) eine 1-proz. Pepton-Kochsalzlösung ohne Sodazusatz, um
damit für den Fall, daß die stark alkalische Reaktion des Cholerapepton-
524
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Wassers das Wachstum der ausgesäten Bakterien beeinträchtigen sollte»
die bei optimalem Wachstum sich ergebenden Keimzahlen zu ermitteln,
3) eine nach Ottoleng his Angaben hergestellte alkalische Galle und
4) dieselbe alkalische Galle mit einem Zusatz von 1 Proz. Pepton, der
als Nährstoffbeigabe eventuell die Wirkung der Galle modifizieren konnte.
4 Kölbchen^) mit je 50 ccm dieser Nährflüssigkeiten wurden mit je 1 ccm
einer in der angegebenen Weise auf 10*^ verdünnten Aufschwemmung
von Bact. coli versetzt und bei 37° gehalten. Nach 3, 6, 9 und
24 Stunden entnommene Proben verarbeiteten wir in geeigneten Ver-
dünnungen zu Schüttelkulturen. Vor der Entnahme wurden die Kölbchen
zur gleichmäßigen Verteilung der Keime 1 Minute lang vorsichtig um-
geschwenkt.
Tabelle I.
24 Stunden alte Schrägagarkultur von Bact. coli mit 5 ccm destilliertem Wasser
abgespült, durch Papier filtriert, auf 10^ verdünnt. Davon je 1 ccm zu 50 ccm Nähr-
lösung. Keimzählung mit Agarplatten nach 2 Tagen.
Zeit der
Ueberimpfung
nach der
Aussaat
Keimzahl in 1 ccm Nährlösung, und zwar
A) Pepton lösung
B) alk. Pepton-
lösung
C) alk. Galle | ^.s ,, p,^,.
+ 1 Proz. Pepton ^^ ^^^- ^^^^^
sofort
nach 3 Std.
„ 24 „
100
weniger als 1000
120 000
3 600000
372 000000
82
860
146 000
1720000
220000 000
4 10
weniger als 10 weniger als 10
230 15
850 30
476 800 000 25 000 000
Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, sind die Wachstumsverhältnisse
für Bact. coli in 1-proz. Peptonlösung bei Alkalizusatz nicht wesentlich
andere wie ohne denselben. Dagegen zeigte sich in der alkalischen Galle
nach Ottolenghi die auffallende Erscheinung einer weitgehenden
Reduzierung der Keimzahl unmittelbar nach der Einsaat im Vergleich
mit den entsprechenden Keimzahlen in der alkalischen und neutralen
Peptonlösung, eine Erscheinung, die nach 9 Stunden fast noch unver-
ändert besteht. Erst nach dieser Zeit setzt dann eine intensivere Ver-
mehrung der Keime ein, die innerhalb 24 Stunden nach der Einsaat die
Keimzahl auf ein Zwanzigstel der innerhalb dieser Zeit in den Pepton-
kölbchen erreichten steigert.
Die gleiche Beobachtung ergab sich auch an den Gallekölbchen mit
1 Proz. Peptonzusatz. Hier setzt aber die Keimvermehrung früher ein
und holt innerhalb von 24 Stunden die Entwickelungsziffern der Pepton-
nährböden vollkommen ein.
Die Deutung, die zuerst Buchner (18) bei seinen Untersuchungen
über die bakterientötende Wirkung des zellfreien Blutserums den Er-
scheinungen bei der Einwirkung von Blut, Plasma, Serum etc. auf die
Mikroorganismen gegeben hat, besteht offenbar auch hier zu Recht; daß
es sich nämlich bei derartigen Substanzen um zwei verschiedene und
entgegengesetzte Einflüsse auf die Bakterien handle, einmal den tötenden
und dann den ernährenden, das Wachstum fördernden. Die jeweils vor-
handene Bakterienzahl hänge deshalb, abgesehen von der Aussaat, von
zwei Variablen ab, die im entgegengesetzten Sinne wirken. Es ist mög-
1) Um Schwankungen in der Größe der mit Luft in Kontakt befindlichen Ober-
fläche der Nährlösungen zu vermeiden, ein Umstand, der bei Versuchen mit Cholera-
vibrionen nicht zu vernachlässigen ist, wurden zur Kultivierung in den verschiedenen
Nährflüssigkeiten stets annähernd gleich große und gleich geformte Kölbchen verwendet.
Krombholz u. Kulka, Ueber Anreicherung von Choleravibrionen etc. 525
lieh, daß im konkreten Fall die eine Variable, der Ernährungseinfluß,
die andere Variable, die tötende Wirkung, verdeckt und umgekehrt. Es
sind in den folgenden Versuchen Beispiele für beides gegeben.
In einer zweiten Versuchsreihe trat bei sonst gleicher Anordnung
an Stelle der Coli- Aufschwemmung eine Faecesemulsion, die durch Ver-
reiben mit steriler physiologischer Kochsalzlösung in der Reibschale
und zweimaliges Filtrieren durch Leinwandfilter hergestellt worden war.
Davon wurde je 1 ccm auf je 50 ccm der 4 verschiedenen Nährsubstrate
verimpft.
Tabelle II.
Frische Faeces in Reibschale mit sterilem Wasser verrieben, durch Leinwand fil-
triert. Davon je 1 ccm zu 50 ccm Nährlösung. Keimzählung mit Agarplatten nach
2 Tagen.
Zeit der
Ueberimpfung
nach der
Aussaat
Keimzahl in 1 ccm Nährlösung, und zwar
A) Peptonlösung
B) alk. Pepton-
lösung
C) alk. Galle
4- 1 Proz. Pepton
D) alk. Galle
sofort 1560000 I 1350000 904 000 i 1421000
nach 3 Std. 7 320000 10 850000 1630 000 ! 879 000
150000000 i 161000000 110980 000 i 17 760 000
24 „ 542 500 000 | 577 500 000 427 500 000 j 528 630 000
Die Keimzahlen in der nicht alkalisierten und in der alkalisierten
Peptonlösung bewegen sich durchwegs in den gleichen Größenordnungen.
Die Erscheinung der reduzierten Keimzahlen unmittelbar nach der Aus-
saat in die Gallenährböden war hier nicht zu beobachten.
Die Keimzahlen der Gallekölbchen blieben aber gegenüber jenen in
den Peptonkölbchen etwas zurück: in der alkalischen Galle mit Pepton-
zusatz nachweislich 3 Stunden nach der Aussaat, in der alkalisierten
Galle ohne Peptonzusatz noch nach 6 Stunden. Nach 24 Stunden aber
war in allen 4 Kölbchen nahezu dieselbe Entwickelungsziffer erreicht.
Hatte sich demnach die alkalische Galle als ein minder günstiger
Nährboden für die natürlichen Faeceskeime, besonders für Bact. coli,
erwiesen, so ging die nächste Frage danach, ob sie vielleicht ein besser
geeignetes Nährsubstrat für Choleravibrionen sei.
Eine Versuchsreihe mit Cholerakeimen in analoger Weise ausge-
geführt, wie die beiden früheren, hatte das in der Tabelle III dargestellte
Ergebnis.
TabeUe III.
48 Stunden alte Schrägagarkultur von Vibrio cholerae (Stamm X der Sammlung)
mit 5 ccm destilliertem Wasser abgespült, filtriert und auf 10* verdünnt. Davon je 1 ccm
zu je 50 ccm Nährlösung. Keimzählung durch Plattenkultur in alkalischer Gelatine
nach 2 Tagen.
Zeit der
Ueberimpfung
nach der Aussaat
Keimzahl in 1 ccm Nährlösung und zwar
A) Peptonlösung
B) Alkalische
Peptonlösung
Cj Alkal. Galle
+ 1 Proz. Pepton
D) Alkalische
Galle
sofort
nach 3 Stunden
„ 6 „
„ 24 ,.
1100
1400
32 000
800000
314 000000
1200
2 300
60 000
1400 000
330000 000
300
230
1020
7 060
142 000
300
100
600
5 000
90000
Wieder bewegten sich die Keimzahlen der Pepton-* und alkalischen
Peptonlösung andauernd in gleichen Größenordnungen, während in den
Gallenlösungen wie bei Bact. coli eine Reduzierung der Keimzahlen
unmittelbar noch der Einsaat und ein ganz bedeutendes Zurückbleiben
526
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
der Keimzahlen auch nach 24 Stunden gegenüber jenen der Pepton-
lösungen sich zeigte. Ein analoges Ergebnis hatte ein Versuch, bei dem
ein anderer Cholerastamm (Stamm 43 der Sammlung, im Sommer 1911
aus Stuhl isoliert), und zwar, um auch den Einfluß dieses Moments zu
ermitteln in reichlicher sowohl wie in spcärlicher Aussaat auf sein
Wachstum einerseits in Cholerapeptonlösung, andererseits in alkalischer
Galle geprüft wurde. Auf den Vergleich dieser beiden Nährboden be-
schränkten sich auch weiterhin unsere Versuche, da die stark alkalische
Reaktion des Cholerapeptonwassers und der Zusatz von Pepton zur
alkalischen Galle das Resultat nicht wesentlich beeinflußt hatte.
Tabelle IV.
48 Stunden alte Schrägagarkultur von Vibrio cholerae (Stamm 43) mit 5 ccm
NaCl-Lösung abgespült und durch Papier filtriert. Von den Verdünnungen 10* und
10« dieser Aufschwemmung je 1 ccm zu je 50 ccm Nährlösung zugesetzt. KeimzäMnng
mit Choleragelatineplatten nach 2 Tagen Wachstum.
Versuch
B
Aussaat
1 ccm der Verdünnung 10*
= 450 000 Keime
1 ccm der Verdünnung 10«
= 4500 Keime
Ernte pro 1 ccm,
und zwar
alkalische
Peptonlösung
Ottolenghi-Galle
alkalische
Peptonlösung
Ottolenghi-Galle
<B ^ CS
0) C QC
N.S'
sofort
nach 3 Std,
„ 6 „
„ 9 „
„ 12 „
„ 24 „
9 000
37 000
57 000 000
317 000000
382 000 000
385 000000
560
2 000
254 000
5 000000
10000 000
90
900
560000
181000000
382 000000
555 000000
5
20
2 900
222 000
2 330000
7 000 000
Tabelle V.
48 Stunden alte Schrägagarkultur von Vibrio cholerae (Stamm 43) mit 5 ccm
NaCl-Lösung abgespült und durch Papier filtriert. Keimzahl der Aufschwemmung in
der Verdünnung : 10« = 3800, 10" = 436.
Aussaat
1 ccm der
Verdünnung
10« = etwa 4000 Keime
Alkalische Peptonlösung 1 Ottolenghi-Galle
Zeit d. Ueber-
impfungnach
der Aussaat
F^ber- Kolonieen-
Zl^ll zahl der
^«°g« Platten
ccm
Keimzahl in
1 ccm Kultur
Ueber-
impfte
Menge
ccm
Kolonieen-
zahl der
Platten
Keimzahl in
1 ccm Kultur
sofort <
nach 3 Std.
nach 6 Std.<
nach 9 Std.
nach 12 Std.
nach 24 Std.
0,5
0,5
0,5
10-^
10-«
10--
10-"
lO-*
10-^
10-«
10-^'
10-«
10-^
10-«
50
59
270
40
5
1000
195
5024
246
70
2128
170
4800
536
109
540
10000
50000000
213 000000
500000000
0,5
0,5
0,5
10-^
10-«
10-1
10-»
10--
10-"
10-3
10-*
10-^
10-*
10-^
10-«
50
59
46
8
2
400
44
1220
194
5808
588
66
558
61
109
92
4000
122 000
6000000
56000000
Erombholz u. Kulka, Lieber Anreicherung von Choleravibrionen etc. 527
Derselbe Stamm 43 zeigte in einem alkalisierten Gallegemisch an-
derer Provenienz das gleiche Verhalten, wie aus der Tabelle V zu er-
sehen ist. Diese Tabelle gibt zugleich die bei diesen und den ent-
sprechenden folgenden Versuchen festgehaltene Anordnung durch nähere
Daten wieder.
Diese allerdings nur an zwei Stämmen gemachten Beobachtungen
sprechen im gleichen Sinne. Die mindere Eignung der Galle als Nähr-
boden für manche Cholerastämme wurde auch von Ottoleng hi be-
obachtet, während andere Stämme nach seinen Angaben sich in Galle
ebensogut vermehren sollten, wie in der üblichen Peptonlösung.
Wir hielten uns bei dieser Frage nicht weiter auf, sondern gingen
nunmehr unmittelbar dazu über, Faeceskeime und Choleravibrionen in
variiertem Zahlenverhältnis durch Aussaat einerseits in Cholerapepton-
lösung, andererseits in alkalisierter Galle zur Konkurrenz zu bringen.
Denn hierin, insofern sie überhaupt im Bereiche künstlicher Labora-
toriumsversuche liegt, ist die Entscheidung der Frage nach der besseren
Eignung eines Anreicherungsverfahrens zu suchen. Von einer Cholera-
vibrionenaufschwemmung wurde in der oben beschriebenen Weise eine
systematische Verdünnungsreihe (10—2, 10—3, 10—4, 10-5) hergestellt
und von diesen Verdünnungen gleiche Teile mit gleichen Teilen einer
filtrierten Faecesemulsion versetzt und sorgfältig gemischt. Aus dieser
so gewonnenen Reihe von Bakteriengemischen mit fallender Vibrionen-
zahl wurde immer zu 1 ccm einerseits in 50 ccm alkalisches Pepton-
wasser, andererseits in 50 ccm alkalische Galle übertragen. Die sich
ergebende Anreicherung der Cholerakeime wurde in der Weise verfolgt,
daß sofort nach der Aussaat und weiterhin in entsprechenden Zeitinter-
vallen je drei große Oesen (Fassung der Oase: ca. 27 mg für Peptonlösung
und für Galle) aus den oberflächlichen Schichten der Nährlösung auf je drei
Alkaliblutplatten nach Dieudonne übertragen und mit Glasspateln
verstrichen wurden. Jede vorgeschlagene Aenderung der Choleradiagnostik
hat ja nur insofern ein Interesse, als ihr durch die Einführung des
Dieudonn eschen Nährbodens erreichter Stand überboten würde.
In dieser Weise wurden zwei Versuche mit zwei verschiedenen
Cholerastämmen (Stslnim X und 43 der Sammlung) mit dem gleichen
Ergebnis durchgeführt.
Der eine dieser Versuche ist in Tabelle VI dargestellt. In beiden
zeigte sich das Peptonwasser der alkalischen Galle als Anreicherungs-
substrat überlegen, indem einerseits ein positives Ergebnis der An-
reicherung in Peptonwasser bei einer lOmal kleineren Zahl von Vibrionen
sich ergab als bei der Anreicherung in alkalischer Galle (Tabelle VI D),
andererseits bei reichlicherer Aussaat, wenn beiderseits das Ergebnis
ein positives war, durch die Peptonanreicherung entweder früher (Ta-
belle VI C) oder reichlicheres Wachstum (Tabelle VI A, B, C) sich zeigte.
Zum weiteren Vergleich wurden in einem folgenden Versuch noch sieben
andere Cholerastämme, davon drei (die Stämme 8, 142 und 7) von
Cholerafällen des Jahres 1910 stammend, herangezogen, und zwar in der
Weise, daß zu abgeteilten Portionen einer Faecesemulsion Aufschwem-
mungen der verschiedenen Stämme in weitgehender Verdünnung (105)
zu gleichen Teilen zugesetzt wurden.
Bei drei von den sieben Versuchen war bei der gewählten Versuchs-
anordnung ein Unterschied in der Leistungsfähigkeit der beiden Nähr-
böden nicht zu konstatieren (Tabelle VII A, B u. F). Bei einem Versuch
ergab die Anreicherung in Peptonwasser eine reichlichere Ernte auf
528
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62, Heft 6.
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Krombholz u. Kulka, üeber Anreicherung von Choleravibrionen etc. 529
I
Dieudonne- Platten als die Anreicherung in Galle (Tabelle VII E).
Bei anderen drei Versuchen war die Ueberlegenheit des Peptonwassers
dadurch zu erkennen, daß die Anreicherung innerhalb von 24 Stunden
bei der verimpften geringen Vibrionenzahl hier ein positives Resultat
hatte, während die Galleanreicherung versagte (Tabelle VII C, D u. G).
Tabelle VII.
Versuch mit Cholerakeimen verschiedener Abstammung in Stuhlaufschwemmung:
48 Stunden alte Schrägagarkulturen der verschiedenen Stämme mit 5 ccm NaCl-Lösung
abge=!pült, durch Papier filtriert; entsprechende Verdünnungen dieser Aufschwemmungen
mit filtrierter Stuhlaufschwemmung (eitrig-katarrhalischer Stuhl, Keimzahl pro 1 ccm
=.100 000 000) zu gleichen Teilen gemischt; davon je 1 ccm zu ie 50 ccm ^ahrlosung;
überimpft je 2 große Oesen auf je 2 Dieudonn^-Agarplatten nach den angegebenen
Zeiten.
Versuch
B
D
E
Stamm
Cholera 8
(1910)
Chol. 142
(1910)
Cholera
Bujwid
Cholera 7
(1910)
El Tor 10
Cholera
X
Aussaat etwa
15 000
Nährboden
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üeberimpf.
nach der
Aussaat
sofort
nach 12 Std.
nach 24 Std.
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Eine zweite derartige Versuchsreihe hatte ein ähnliches Resultat zur
Folge.
Was aber die Konkurrenten der Choleravibrionen anbelangt, die bei
der Isolierung aus der Anreicherungsflüssigkeit speziell bei Verwendung
von Dieudonne- Agar in Betracht kommen und die gegebenenfalls die
Gewinnung von Reinkulturen zur Einleitung der entscheidenden bio-
logischen Reaktionen erschweren können — sei es daß sie als Verun-
reinigung der Cholerakulturen auftreten oder als isolierte Kolonieen bei
mehr oder weniger ähnlichem Wachstum die Auffindung von Cholera-
kolonieen erschweren — so lassen sich die in Betracht kommenden Arten
unterscheiden in solche, die sich regelmäßig, und in solche, die sich nur
gelegentlich finden.
Die häufigsten Formen, die sich fast nach jeder Ueberimpfung von
Stuhlaufschwemmung auf D i e u d o n n e - Agar finden, sind Kokkenformen,
und zwar: T etra gen us- Formen, Haufenkokken und Kettenkokken.
Die letzteren wachsen auf dem D i e u d o n n e - Agar in Form kleinster,
punktförmiger Kolonieen, während die Te tragen us- Formen und die
Haufenkokken etwas größere und üppigere Kolonieen bilden, die aber mit
Cholerakolonieen gleichfalls nicht zu verwechseln sind. Für die Tetra-
gen us- Formen ist ihr Wachstum in Bouillon charakteristisch, in der sie
einen lockeren, über die Kuppe des Röhrchens verbreiteten Bodensatz
bilden, während die Haufen- und Kettenkokken die Bouillon difi'us trüben
und ein kompaktes, scharf umschriebenes Sediment absetzen.
Im Wachstum dieser Kokkenformen nun zeigte sich bei der ganzen
Reihe von Versuchen mit Stuhlaufschwemmungen, die wir im Laufe dieser
1) Nur eine Cholerakolonie.
Erste Abt. Orig. Bd. 62.
Heft 6.
34
530
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Untersuchungen angestellt haben, zwischen den Dieudonne-Platten
nach Impfung aus der Peptonanreicherung einerseits und jenen aus
der Galleaureicherung andererseits keinerlei Unterschied.
Wenn eine längere Bebrütung erfolgt war, erschienen sie stets in
beiden Fällen und verunreinigten gelegentlich sichtlich den Cholerarasen.
In der Tabelle VI sind die diesbezüglichen Beobachtungen bei diesem
Versuch unter der Rubrik Stuhlbakterien andeutungsweise dargestellt.
Sie waren bei allen anderen Versuchen im wesentlichen die gleichen.
Auch darin bestand vollkommene Uebereinstimmung, daß nach
längerer Bebrütung der Anreicherungsflüssigkeit die Streptokokken -
kolonieen wesentlich zahlreicher wurden, während die Tetragenus-
Formen oft schon bei Ueberimpfung unmittelbar nach der Aussaat der
Stuhlaufschwemmung in die Nährlösung auf den Dieudonne-Platten
nicht selten in großer Zahl erschienen.
Von jenen Bakterienarten, die nur gelegentlich aus Stuhlaufschwem-
mungen auf Dieudonne- Agar zum Wachstum kommen, interessieren
uns zunächst nur jene Formen, die in ihrem Wachstum auf diesem Nähr-
boden eine größere oder geringere Aehnlichkeit mit Choleravibrionen
zeigen und darum auch von den Autoreu diagnostisch bestimmt wurden.
Es sind dies der Bacillus faecalis alcaligenes, der Bacillus
Proteus vulgaris und der Bacillus pyocyaneus.
Diese haben wir in ihrem Verhalten einerseits gegen Cholerapepton-
lösung, andererseits gegen alkalische Galle näher geprüft. Am inter-
essantesten war das Verhalten des B. faecalis alcaligenes gegen
die alkalisch gemachte Ochsengalle. Vergleichende Zählversuche mit
Reinkulturen ergaben bei reichlicher Aussaat in diesem Nährboden eine
sofort einsetzende und innerhalb 24 Stunden gradatim bis über die
ermittelte Grenze hinausgehende Verminderung der Keimzahl, wäh-
rend bei spärlicherer Aussaat trotz Ueberimpfung relativ großer Mengen
der B. faec. alcaligenes sich auf den Zählplatten überhaupt nicht
zeigte.
Tabelle VIII.
48 Stunden alte Schiägagarkultur von ß. faecalis alcaligenes mit 5 ccin
NaCl-Löäung abgespült und durch Papier filtriert. Von den Verdünnungen 10' und
10° dieser Aufschwemmung je 1 ccm zu je 50 ccm Nährlösung zugesetzt. Keimzählung
mit Gelatineplatten nach 2 Tagen Wachstum.
Versuch A
B
Aussaat
1 ccm Verdünnung 10' = etwa
5 000000 Keime
1 ccm Verdünnung 10^ = etwa
5 000 Keime
Ernte pro 1 ccm,
und zwar
alkalische
Peptonlösung
Ottolenghi- Galle
alkalische
Peptonlösung
Ottolenghi-Galle
Zeit d. Ueber-
impfung nach
der Aussaat
sofort
nach 3 Std.
„ 0 „
„ 9 „
,. 12 „
1 „ 24 „
108000
200 000
5 000 000
125 000000
142 000 000
276 000000
27 000
8 000
1400
700
200
weniger als 10
100
200
36 000
4 300000
56000000
273 000000
0
e
0
0
0
0
Dieser Versuch ist in der Tabelle VIII dargestellt; die Wiederholung
des Versuches hatte das gleiche Ergebnis. Wenn aber Alcaligenes-
Keime in S t u h 1 a u f s c h w e m m u n g zur Aussaat kamen und ihr Verhalten
durch Ueberimpfung auf Dieudonne- Agarplatten verfolgt wurde,
schien die schädigende, keimtötende Wirkung der Gallettüssigkeit eine
wesentlich geringere zu sein. Ein solcher Versuch mit fallenden Mengen
Krorabhoiz u. Kulka, Ueber Anreicherung von Choleravibrionen etc. 531
von Alcaligeues-Keimen in Stuhlaufschwemmuug ist in Tabelle IX
dargestellt.
Tabelle IX.
Versuch mit fallenden Mengen Alcaligenes-Keimen in Stuhlaufschweramung:
24 Stunden alte Schrägagarkultur von B. faecal. alcalig. mit 5 ccm NaCl-Lösung
abgespült, durch Papier filtriert; die Verdünnungen 10', 10'', 10'' dieser Aufschwemmung
mit filtrierter Faecesaufschwemmung (Keimzahl pro 1 ccm = 24 000 000) zu gleichen
Teilen gemischt; davon je 1 ccm zu je 50 ccm Nährlösung zugesetzt; überimpft je 3
große Oesen auf je 2 Dieudonne-Agarplatten nach den angegebenen Zeiten.
Versuch AB
C
Aussaat
etwa
500000 Alcaligenes- 5000 Alcahgeues-
keime in Stuhlauf- keime in Stuhlauf-
schwemmung schwemmung
50 Alcaligenes-
keime in Stuhlauf-
schwemmung
Nährboden
alk.
Pepton -
lösung
losung
Ottolenghi-
Galle
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Ernte von Aleali -
geiieskolonieen auf
Dieudonn<5-Agar
Zeit der Ueber-
impfung nach
der Aussaat
sofort
nach 6 Std.
„ 12 „
„ 24 „
XX
XX
XX
XX
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(1)
XX
XX
+ +
(1)(3)
— +
(2)
+ +
(5) (6)
+ + —
Trotz der geringeren auf Dieudonn e- Agar überimpften Menge
zeigte sich bei reichlicher Aussaat in die alkalische Galle (Tab. IX A)
die Ernte auf den Kulturplatten innerhalb 24 Stunden nicht rückgängig
beeinflußt; bei spärlicher Aussaat (Tab. IX B) war bis zu 12 Stunden un-
verändert geringes Wachstum von Alcalige n es-Kolonieen zu beob-
achten.
Welche Bedeutung nun dem geschilderten Verhalten des B a c t.
faecalis alcaligenes für die Anreicherungsmöglichkeit der Cholera-
vibrionen in Stuhlaufschwemmungen bei Uebertragung in Peptonlösung
und alkalische Galle tatsächlich zukommt, darüber hat das Experiment
zu entscheiden. Darum war ein Versuch von besonderem Interesse, bei
dem fallende Mengen von Cholerakeimen neben großen, nicht variierten
Mengen von Alcaligenes- Keimen, in Stuhlaufschwemmung suspendiert,
einerseits in alkalischer Peptonlösung, andererseits in alkalischer Galle
zur Aussaat gelangten.
Dieser umfangreiche Versuch ist in der Tab. X dargestellt. Wie der
Versuch zeigt, ergab die Anreicherung einerseits in Peptonlösung, anderer-
seits in alkalischer Galle fast die gleiche Ernte auf Dieudonne- Agar
bezüglich beider Mikroorganismen. Offenbar hatten in der ihnen besonders
zusagenden Peptonlösung die üppig gedeihenden Choleravibrionen die
reichlich ausgesäten Alcaligenes- Keime ^) nicht aufkommen lassen,
während andererseits wiederum die bakterizide Wirkung der Galle auf
Alcaligenes- Keime durch den Stuhlzusatz beinträchtigt war. Inner-
halb gewisser Grenzen mögen immerhin konkurrierende Alcaligenes-
Keime bei Verwendung von alkalischer Galle als Anreicherungsflüssigkeit
aus der Konkurrenz ausgeschaltet werden.
1) Ihre Auffindung war erleichtert durch ihr charakteristisches Wachstum auf
Dieudon n^ - Agar in Form von Scheinfäden mit schlängelnder Eigenbewegung. Ihre
Identifizierung erfolgte durch Kultivierung auf Lackmusmolke und auf Traubenzucker-
Sulfitfuchsingelatine nach Gaethgens (19).
34*
532
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Zeit der Ueberimpfung nach der Aussaat
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Krombholz u. Kulka, Ueber Anreicherung von Cholera Vibrionen etc. 533
Die beobachtete Hemmung der bakteriziden Wirkung der Galle
durch Stuhlzusatz steht in Analogie zu der Beobachtung von Pies (15),
der die wachstumheramende Wirkung der Galle durch den Zusatz von
serösem Exsudat vollkommen aufgehoben sah.
Im gleichen Sinne spricht der \' ergleich von Zählversuchen mit Rein-
kulturen von Bac. proteus gegenüber Versuchen mit fallenden Mengen
von Proteus- Keimen in Stuhlaufschwemmung bei Ueberimpfung auf
Dieudonne- Agarplatten (Tab. XI und XII). In diesen letzteren erscheint
die Galle zwar als ein schlechterer Nährboden für P r o t e u s - Bakterien
als das Cholerapeptonwasser, aber nicht in dem Maße wie bei den Zähl-
versuchen mit Reinkulturen.
Tabelle XI.
Je 24 Stunden alte Schrägagarkulturen der beiden Stämme Bac. proteus XXIX
und 16 mit 5 ccm sterilem Wasser abgespült, durch Papier filtriert, auf 10* verdünnt.
Davon je 1 ccm zu je 50 ccm Nährlösung. Keimzählung mit Agarplatten nach 48 Stunden
Wachstum bei Bruttemperatur.
Versuch
B
Aussaat
Etwa 400000 Keime von
Stamm XXIX
Etwa 400 000 Keime von
Stamm 16
Ernte pro ccm,
und zwar
Cholerapepton
Ottolenghi-
Galle
Cholerapepton
Ottolenghi-
Galle
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sofort
nach 3 Std.
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„ 24 „
9000
58 000
3 400000
41 000 000
121 000 000
263 000000
5000
2000
4000
8000
12 000
370000
10000
54000
1100 000
19 000000
102 000000
434 000000
4500
4500
9000
16 000
24000
240000
Eine den Zählversuchen entsprechend angenommene Vermehrung der
Proteus- Keime in der Galle würde nicht zu Keimzahlen führen, die
bei Ueberimpfung relativ kleiner Mengen Anreicherungskultur auf Dieu -
TabeUe XII.
Versuch mit fallenden Mengen von Proteus -Keimen (Stamm XXIX der Samm-
lung) in Stuhlaufschwemmung. 2X24 Stunden alte Schrägagarkultur des Stammes
mit 5 ccm NaCl-Lösung abgespült, durch Papier filtriert; die Verdünnungen 10-', 10^
10' dieser Aufschwemmung zu gleichen Teilen mit filtrierter Stuhlaufschwemmung ge-
mischt; davon je 1 ccm zu je 50 ccm Nährlösung zugesetzt; überimpft je 3 große Oesen
auf je 2 Dieudonnö- Agarplatten nach den angegebenen Zeiten.
Versuch
A
ß c
Aussaat etwa
1000000 Proteus-
keime in Stuhlauf-
schwemmung
10000 Proteuskeime 100 Proteuskeime
in Stuhl- in Stuhl-
aufschwemmung aufschweramung
Nährboden
alk.
Peptlsg.
Ottolenghi-
Galle
alk. jOttolenghi- alk.
Peptlsg. j Galle j Peptlsg.
Ottolenghi-
Galle
2 =
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sofort l
n. 6 Std. i
n. 12 Std.
n. 24 Std.
+ -f-
(zahlreich)
XX
XX
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(1)
+ —
(mäßig
zahlreich)
(mäßig
zahlreich)
XX
+ -f
(mäßig
zahlreich)
XX
XX
-f-
(2)
+ -
(einzelne)
x#
+ —
spärlich)
534
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
donne-Agar zur Bildung von Proteus- Rasen Veranlassung geben.
Die Zahl der Proteus- Keime, die auf Dieudonne- Agar übertragen
werden muß, um überhaupt Wachstum zu erzielen, ist offenbar nicht
gering (Tab. XII, A), so daß eine wesentliche Differenz zwischen Pepton-
lösung und Galle in bezug auf das Proteus- Wachstum sich nur nach
12-stündiger Anreicherung zeigt, noch nicht aber nach 6-stündiger und
nicht mehr nach 24-stündiger. Die Identifizierung der Proteus- Kolonieen
erfolgte durch Agglutination mit homologem Immunserum.
Bezüglich des B. pyocyaneus aber, dessen Wachstumsgeschwindig-
keit bei Reinkultur in Galle und Peptonwasser die Tabelle XIII zeigt,
Tabelle XIII.
48 Stunden alte Schrägagarkultur von B. pyocyaneus mit 5 ccm destilL
Wasser abgespült, durch Papier filtriert, auf 10^ verdünnt. Davon je 1 ccm zu 50 ccm
Nährlösung. Keimzählung mit Agarplatten nach 2 Tagen.
Aussaat
1 ccm der Verdünnung
10* = 70000 Keime
Zeit der
Ueberimpfung
Keimzahl in 1 ccm
Nährlösung, und zwar
nach der
Aussaat
Cholerapepton
Ottolenghi-Galle
sofort
nach 3 Std.
. 6 „
. 9 „
. 12 „
« 24 „
1000
5000
700000
37 000000
120000000
329 000000
660
520
780
3120
13 000
15 000 000
hatte der Versuch mit fallenden Mengen in Stuhlaufschwemmung den
überraschenden Erfolg, daß bei reichlicher Aussaat schon nach 12, bei
spärlicherer nach 24 Stunden Anreicherung nur aus den Gallekulturen
überhaupt Wachstum auf Dieudonne- Agar zu erzielen war (Tab. XIV).
TabeUe XIV.
Versuch mit fallenden Mengen von Pyocyaneus -Keimen in Stuhlaufschwemmung:
48 Stunden alte Schrägagarkultur von B. pyocyaneus mit 5 ccm NaCl-Lösung ab-
gespült, durch Papier nitriert. Die Verdünnungen 10^, 10*, 10' dieser Aufschwemmung
zu gleichen Teilen mit filtrierter Stuhlaufschwemmung gemischt; davon je 1 ccm zu je
50 ccm Nährlösung zugesetzt; überimpft je drei große Oesen auf je 2 Dieudonul-
Agarplatten nach den angegebenen Zeiten.
Versuch
A
B
c
Aussaat etwa
1500000 Pyo-
cyaneuskeime in
Stuhlaufschwem-
mung
15000 Pyo-
cyaneuskeime
in Stuhlauf-
schwemmung
150 Pyo-
cyaneuskeimc
in Stuhlauf-
schwemmung
Nährboden
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Ernte von
Pyocyaneus-
kolonieen auf
Dieudonnö-
Agar
Zeit der
Ueber-
impfung nach
der Aussaat
sofort
nach 6 Std.
„ 12 „
„ 24 „
+ —
inselrormig
+ +
üppig
+ +
üppig
Krombholz u. Kulka, Ueber Anreicherung von Choleravibrionen etc. 535
Diese Gallekulturen zeigten nach dieser Zeit an der Oberfläche deutliche
Häutchenbildung, und nur dadurch, daß bei der Abimpfung von der
Oberfläche der Kölbchen auf die Dieudonne- Agarplatten diese Häut-
chen, also ganze Zooglöen, mitübertragen wurden, konnte offenbar die
besondere Ungunst des Blutalkaliagars für den von uns verwendeten
Stamm überwunden werden. Im allgemeinen soll ja nach Esch (4) der
Pyocyaneus auf Dieu do nne- Agar kräftiges Wachstum zeigen, frei-
lich unter Eindämmung seiner sonst ausgesprochenen Neigung, die ganze
Platte zu überwuchern. Dieser einzelne Versuch soll darum in seiner
Bedeutung nicht überschätzt werden. Nur insofern er mit den anderen
unserer Versuche übereinstimmt, wird man ihn gelten lassen müssen.
Die anderen Versuche aber sprechen alle dafür, daß der Erprobung
des von Ottolenghi für die Anreicherung von Choleravibrionen aus
Stuhlproben vorgeschlagenen Verfahrens in der Praxis kein günstiges
Prognostikon zu stellen ist. Wenn auch Ottole nghis alkalische Galle
für gewisse Konkurrenten der Choleravibrionen, die sich gelegentlich in
Cholerastühlen finden, ein schlechter Nährboden ist, so steht er auch als
Nährsubstrat für Choleravibrionen, wenigstens für Laboratoriurasstämme,
der alkalischen Peptonlösung vielfach und in bedenklicher Weise nach.
Die eingangs erwähnten Erfahrungen der diagnostischen Praxis aber,
daß die Anreicherung in Peptonwasser bei Stuhlproben, die Cholera-
vibrionen entweder in geringer Zahl oder in einem Zustand verminderter
Wachstumsenergie enthielten, erst nach 18- oder 24-stündiger Bebrütung
ein positives Resultat ergaben, wie auch das Ergebnis einiger unserer
Versuche, in denen bei Aussaat einer kleinen Zahl von Choleravibrionen
nach Ueberimpfung auf Dieudonne- Agarplatten nach 12 oder 16 Stunden
spärliches oder kein Wachstum, nach 18 oder 24 Stunden jedoch reich-
liches Wachstum zu beobachten war (s. Tab. VII, B und D, Tab. VI,
C und D), lassen die Gefahr der Ueberwucherung der Choleravibrionen
in Peptonwasser durch die Konkurrenten nicht allzu groß erscheinen.
Ferner konnten wir in vielen Versuchen übereinstimmend beobachten,
daß, sobald einmal eine entsprechende Anreicherung der Choleravibrionen
erfolgt war, sie auch bei längerer Bebrütung das Feld behaupteten und
sich nicht durch die anderen Faeceskeime unterdrücken ließen. Das
Cholerapeptonwasser erwies sich auch darin als der bis jetzt unüber-
troff'ene Nährboden für die Anreicherung von Choleravibrionen.
Ueberhaupt scheint die Lösung des Problems der maximal gesicherten
und beschleunigten Diagnosestellung bei Choleraverdachtfällen weniger
im Zurückdrängen der Konkurrenten als vielmehr in der weitestgehenden
Fürsorge für die optimalen Wachstumsbedingungen der Choleravibrionen
zu liegen ^).
Dieses unser Ergebnis steht scheinbar im Gegensatz zu dem anderer
Autoren (20), die den von Ottolenghi vorgeschlagenen Nährboden
nachgeprüft haben, Gegensätze, die in der Divergenz der angewendeten
Methoden liegen, wie wir eingangs erwähnten. Es sind auch auf Grund
unserer Resultate bestimmte Konjunkturen denkbar — Vergesellschaftung
der Cholerakeime mit gewissen Konkurrenten in gewissen Mengenver-
hältnissen — in denen die Verwendung der Galle Ottolenghis neben
der Cholerapeptonlösung vielleicht Vorteile bietet. Eine größere prak-
tische Bedeutung dürfte dem kaum zukommen. Bedenken wegen der
1) Ein derartiges Verfahren befindet sich zurzeit an unserem Institut in Aus-
arbeitung.
536 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
bedeutenden Schwankungen in der Zusammensetzung des natürlichen
Gallensekretes, die ihr spezifisches Gewicht zwischen 1,016 und 1,037
variieren machen und in hohem Grade ihren Gehalt an den beiden
wichtigsten Gallensäuren tretfen, können eventuell durch Verwendung
künstlicher, genau dosierbarer Lösungen der zu ermittelnden wirksamen
Bestandteile an Stelle des natürlichen Sekrets behoben werden. Zu dies-
bezüglichen Versuchen hat aber das Resultat unserer Ueberprüfung
keine Veranlassung gegeben.
Eine ähnliche Methodik wie die von uns hier angewendete dürfte
sich zur experimentellen Lösung verwandter Fragen empfehlen.
Literatur.
1) Schottelius, Dtsche med. Wochenschr. 1885. No. 14.
2) Kolle und Gotschlich, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 44. p. 1.
3) Gaffky, Klin. Jahrb. Bd. 16. p. 322. — Petruschky, ebenda, p. 351. —
Pfeiffer, ebenda, p. 365. — Wernicke, ebenda, p. 371,
4) Bürgers, Hyg. Rundschau. Bd. 20. p. 169.
5) Esch, Dtsche med. Wochenschr. 1910. p. 559.
6) Glaser und Hachla, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 57. p. 371.
7) Stock vis, Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1910. Bd. 1. p. 85.
8) Pergola, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 59. p. 83.
9) Kraus, Zia und Zubrzicky, Ueber einen flüssigen elektiven Nährboden zur
Anreicherung von Choleravibrionen. (Wien. klin. Wochenschr. 1911. No. 30.)
10) Ottolenghi, Ueber eine neue Methode zur Isolierung der Choleravibrionen aus
Faeces. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 58. p. 36!>.)
11) Kulescha, ebenda. Bd. 50. p. 417, — Klin. Jahrb. Bd. 24. p. 137.
12) Löffler, Dtsche med. Wochenschr. 1907. p. 1581. — Ebenda. 1909. p. 1297.
13) Padlewsky, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 45. p. 540.
14) Müller, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt. Bd. 33. p. 443.
15) Werbitzky, Arch. f. Hyg. Bd. 69. p. 71.
16) Pies, ebenda. Bd. 62. p. 107.
17) Meyerstein, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 44. p. 434.
18) Buch n er, ebenda. Bd. 5. p. 817.
19) Gaethgens, Arch. f. Hyg. Bd. 62. p. 152.
20) Weiss köpf, Wien. klin. Wochenschr. Bd. 24. H. 33. — Bocchia, Centralbl. f.
Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 60. p. 434.
Nachdruck verboten.
The bacteriological examination of suspected Cholera
carriers.
[From the Quarantine Laboratory of the Port of New York.]
By Dr. Arthur J. Beiidick, New York.
During the past few years it has been definitely proven by com-
petent observers, that the spread of cholera is otten due to the pres-
ence of "carriers" who harbor the organisms in their intestinal tract
without showing ^ny Symptoms referable to the disease. In order to
locate these sources of infection and to prevent the disease from spreading
to other localities, it is often necessary to examine bacteriologically the
feces of a large number of apparently healthy people.
The following sugar medium was devised by the author to facilitate
this examination.
To a liter of water add ten grams of peptoue and five grams of
sodium Chloride. Boil. Titrate with Phenolphthalein to a neutral reaction.
Owada, On a safe method of practising hanging drop examination. 537
Add one gram of anhydrous sodium carbonate. Boil. Filter through
double filter paper. Add five grams of Saccharose and 5 c. c. of a oO'^Iq
alcoholic saturated Solution of Phenolphthalein. Tube and sterilize by
fractional sterilization in an Arnold sterilizer.
The technique in using this medium is as foUows:
1) Inoculating the feces into Dunham's peptone and incubating
at 37" C for six hours.
2) Subinoculating one loop of the surface growth into the sugar
peptone and incubating five to eight hours.
3) Plating suspicious cultures.
If any cholera organisms are present in the feces, they are enriched
by the preliminary incubation in the piain peptone. When introduced
into the sugar medium the vibrios rapidly ferment the Saccharose, the
acid produced neutralizes the alkali, and the red color of the Phenol-
phthalein disappears. The majority of the cultures will eventually de-
colorize, but those tubes containing vibrios will decolorize, within five
to eight hours. Those tubes that do not decolorize within eight hours
may be discarded. An artificially inoculated cholera control should be
placed in the incubator.
As soon as a tube decolorizes, a smear is made from the surface
culture. If any vibrios are seen the specimen is immediately plated.
Using this medium one trained bacteriologist can examine two to
three thousand specimens a day.
Nachdruck verboten.
On a safe method of practising hanging drop examination.
By M. Owada,
Chief medical inspector of Nagasaki Quarantaine Station Japan.
It is a well known fact that the examining method of hanging drop
preparations, i. e. testing bacteria under the microscope in their living
condition is one of the most valuable matter in bacteriology, that extreme
skill is necessary because of various difficulties. The hardest point of
the present practised method is that there is no particular mark to find
bacteria in the field since hanging drop as well as bacteria both show
colourless and transparent. So in order to safely practise the hanging
drop examination a mark will be quite necessary.
Abel sehe Bakteriologisches Taschenbuch mentions a safe method
in connection with this matter — it says in order to find bacteria easily
under the microscope the smallest quantity of very weak fuchsin Solution
is added to the drop containing bacteria on the cover-glass which is not
harmful to bacteria.
I first tested this method with several kinds of bacteria. Now when
hanging drop preparations are made of 0,02 per cent fuchsin aqueous
Solution, it is true that bacteria stained slightly can be readily observed
in the microscopical field owing to the pink colour of the hanging drop
which Stands for a mark. But when the fuchsin Solution is more dense
in character than the above, as, for instance, in the proportion of 0,03 to
0,05 per cent or 0,1 to 0,2 per cent, it is no longer suitable for the
test, for locomotions of some bacteria become stagnant. Therefore even
538 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 6.
weaker fuchsin Solution may or may not be harmful to bacteria life in
conjunction with fuchsin colour and that it seems this method is not
desirable for actual practise excepting as exercises for beginners.
In my own laboratory I have worked out what I consider a safe
and practical method of examining bacteria without injuring in their
natural condition. In consequence I have prepared the foUowing Solution :
Carbon powder 0,04 gm.
Gelatin 0,1 „
0,8 Vo NaCl Solution 20,0 „
We can use superior lamp-soot as carbon powder which can be
obtained at all druggists. I have prepared the same as follows:
First, gelatin is dissolved with 0,8 per cent NaCl Solution. Carbon
is thoroughly pulverised in a clean raortar and well mixed by adding
slowly the above gelatin Solution, then put iuto a glass tube or bottle
and when thoroughly sterilized about an hour, it should then be taken
out and well shaken, As this Solution has a slight tendency to pre-
cipitation it requires constantly to be shaken before using. This pre-
paration can be preserved for an indefinite time and is not destructive
to the most sensitive bacteria.
The practical method to employ this preparation is as follows : first,
a drop containing bacteria is put on to a thin cover-glass, then one Öse
of the above carbon Solution is added to that drop by means of a small
platinum wire loop and is equally mixed. Now when this is done the
drop can be seen slightly dark to the naked eye. If hanging drop pre-
paration is made in the ordinarily recognized process the edge of the
drop is previously placed in the middle of the tield using weak magnify-
ing power but without doing that we can use the oil Immersion appa-
ratus directly since hauging drop are easily distinguished on account of
carbon marks. After the oil immersion lens has touched the cedern oil
on the preparation it is gradually focussed down by means of an ad-
justing screw whilst observing the tield, then some undefined dark objects
will appear, these are the carbon marks in the hanging drop. Next the
boundary of the dark object i. e. the edge of the drop can be readily
seen, at this point when microscope is well focussed by means of micro-
meter screw bacteria show themselves either motile or not between carbon
masses which exist here and there in the field. So it is a matter of
importance to gently move the glass slide tili bacteria come well into
sight, beside that it is necessary that much care must be taken as in
ordinary process.
The advantages in this method are the facility with which any one
can easily practise without accidents or in any way injuring the bacteria
and furthermore having distinguishing figure marks of carbon powder.
I have employed this method to the hanging drop examination for a year
and with good results.
Weichard t, Beeinflussung von Spaltprodukten aus Tuberkelbacilleneiweiß. 539
Nachdruck verboten.
Ueber die Beeinflussung von Spaltprodukten aus Tuberkel-
bacilleneiweiss.
[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Institut der Universität Erlangen.]
Von Prof. W. Weiehardt.
Unterwirft man Eiweiß einer mäßigen Hydrolyse bei 37 ^ entfernt
durch Dialyse möglichst rasch die weniger hochmolekularen Spaltprodukte
und injiziert die hochmolekularen, bei niederer Temperatur konzentrierten,
Versuchstieren subkutan, so werden diese Tiere schwer aftiziert. Sie
zeigen Temperaturerniedrigung, Atem verlangsamung und Sopor und
können in diesem Zustande bei enorm niederer Körpertemperatur längere
Zeit noch am Leben bleiben. Schließlich steht die Atmung still. Wird
dann sofort die Sektion ausgeführt, so sieht man, daß das Herz noch
eine geraume Zeit weiterschlägt. Diese höhermolekularen Eiweißspalt-
produkte waren wegen ihrer charakteristischen Wirkung auf den Tier-
körper schon vor langem von mir unter dem Sammelnamen der Keno-
toxine (1) zusammengefaßt worden.
Die Erscheinungen, welche durch sie veranlaßt werden, sind zu be-
heben durch ein acetonlösliches, dialysierbares Eiweißderivat, das Anti-
kenotoxin. Dieses kann durch Behandeln von Eiweiß mit Alkalien in
Siedehitze gewonnen werden.
Ferner konnte gezeigt werden, daß ganz die gleichen Symptome:
Temperaturerniedrigung, Atemverlangsamung und Sopor auftreten, wenn
man Versuchstieren chemisch verschieden wirksame Stoffe in geringen
Mengen wiederholt injiziert. Daß auch hierbei ähnliche Spaltprodukte,
also Kenotoxine, und zwar im Tierkörper, entstehen, folgerte ich
daraus, daß es gelang, auch diese Erscheinungen mit dem acetonlöslichen
Eiweißderivat aufzuheben.
Um nun über die Art dieser physiologisch und pathologisch zweifel-
los wichtigen, von mir zuerst festgestellten Beeinflussung giftiger höher-
molekularer Spaltprodukte aus an und für sich ungiftigem Eiweiß durch
acetonlösliche, niedermolekulare Eiweißderivate nichts zu präjudizieren,
wurden die letzteren mit Hemmungskörper „Retardin" bezeichnet. Dieser
zweite Name ist nunmehr aus rein praktischen Gründen festgehalten
worden, solange es bei der geringen Ausbeute noch nicht möglich war,
die wirksame Substanz genauer zu definieren ^).
Schon früher war gezeigt worden, daß auch aus Tuberkelbacillen
Spaltprodukte zu erhalten sind, die durch unseren Hemmungskörper,
das Retardin, entgiftet werden (2). Durch folgende Versuche wurden
diese früheren Befunde bestätigt und erweitert:
Ich bediente mich der nach den neueren Erfahrungen festgelegten
Methodik der Darstellung von Tuberkelbacillenendotoxinen in vitro und
sah, daß wir hier sehr gut beeinflußbare Präparate erhalten.
Als Versuchstiere wurden gut gehaltene, nicht allzu große Mäuse
von gleichem Gewicht benutzt.
1) Ein aus wasserfreiem Aether in der letzten Zeit kristallisiert erhaltenes Retardin
enthielt 12,7 Proz. N. Es schmolz bei 123— 124*'. Weitere Untersuchungen dieses
interessanten Körpers behalten wir uns vor.
540
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Es sind zwar ge^en die Maus als Versuchstier Einwände erhoben
worden wegen ihrer Kleinheit. Aber wenn man mit dem Mäusethermo-
meter die Körpertemperatur kontrolliert, ferner nur Tiere verwendet,
welche in Zimmertemperatur gehalten mindestens 3772*^111 After zeigen,
so ist der Ausfall des Versuches bezüglich der Wirkung der betreffenden
Gifte durchaus zuverlässig. Die ganze Versuchsanordnung ist einfach
und handlich. Neue Injektionen sind nach Bedarf jederzeit schnell aus-
zuführen. Ueberdies ist das subkutane Gewebe der Maus außerordent-
lich geeignet, größere Mengen Flüssigkeit aufzunehmen, und die Re-
sorptionsverhältnisse entsprechen für viele Zustände weit mehr dem
natürlichen Geschehen, als wenn große Mengen in das Herz oder in die
Jugularvene eines Meerschweinchens injiziert werden.
Damit die quantitativen Verhältnisse bei der Injektion von Mäusen
genaue bleiben, verschließen wir den Injektionseinstich sofort mit einer
Klemme. Im ganzen ist bei Beachtung aller Kautelen der Mäuseversuch
zur Beantwortung vieler Fragen über die parenterale Verdauung als ganz
besonders geeignet zu bezeichnen.
Die Versuche wurden folgendermaßen angestellt:
0,1 g in der Kugelmühle zerriebener Tuberkelbacillen (Höchst) wurden
mit 1 ccm n/io-Natronlauge und 0,5 ccm physiologischer Kochsalzlösung
verrieben. Dann wurden nochmals 0,1 g zerriebener Tuberkelbacillen
mit 1 ccm n/io-Natronlauge, 0,4 ccm physiologischer Kochsalzlösung und
0,1 ccm einer Lösung unseres Hemmungskörpers von 1: 10000 \) ver-
rieben.
Beide Mischungen standen 24 Stunden im Brutofen bei 37 '^ und
wurden wiederholt kräftig umgeschüttelt. Sodann wurde jede Probe mit
1 ccm n/io-HCl versetzt, wenig zentrifugiert und die über dem Boden-
satz stehende, etwas opake Flüssigkeit zwei gleichen, 15 g schweren
Mäusen subkutan injiziert.
Versuch I.
Zeit
Temperatur
Bemerkungen
Kontrolltier
Antikörpertier
040
780
710
goo
37,5
33,5
31,5
30,5
29,5
37,5
36,5
36,5
36,25
36,0
Injektion von 0,6 ccm.
Beide Tiere sind anfangs infolge der erheblichen
Injektionsmenge etwas affiziert; bald aber
ist ein beträchtlicher Unterschied im Ver-
halten zu konstatieren. Während das Anti-
; körpertier gegen 8 Uhr wieder vollkommen
munter wird, kommt die KontroUraaus in
ein Stadium großer Benommenheit. Die
Atmung ist stark verlangsamt. Am nächsten
Tage sind beide Tiere wieder munter.
Der beträchtliche Temperaturunterschied von 6V-, **
zeigte, daß selbst eine sehr geringe Menge unseres
Hemmungskörpers zum Schutze des Tieres genügend war.
Da beide Mäuse am Leben blieben, so muß man allerdings an-
nehmen, daß eine Reihe sehr deletärer Komponenten der Tuberkel-
bacillengifte durch diese Art Aufschließung nicht miterhalten wurden.
Es wurde nun der Bodensatz in beiden Gefäßen mit je 1 ccm n/jo-
Natronlauge übergössen, um zu sehen, ob nochmals aus den noch un-
1) d. i. 1 Teil der von der Firma Kalle (Biebrich) hergestellten Retardin-Standard-
lösung (1 : 1000) mit 9 Teilen dest. Wasser verdünnt (ist stets frisch zu bereiten).
Weichardt, Beeinflussung von Spaltprodukten aus Tuberkelbacilleneiweiß. 541
gelösten Tuberkelbacillen Substanzen zu erzielen wären, die bei unserer
Versuchsanordnung giftige Eigenschaften zeigten.
Nachdem die Gläser 15 Stunden lang bei 37 "^ gehalten worden waren,
wurde die Flüssigkeit mit einigen Oesen Salzsäure neutralisiert, leicht
zentrifugiert und je 1 ccm der über dem Bodensatz stehenden Flüssig-
keit zwei gleichgroßen Mäusen injiziert.
Zeit
Temperatur
Bemerkungen
KontroUraaus
Antikörpermaus
6"
62.-.
6.4
700
714
780
38,5
3b,0
37,5
37,5
38,25
38,5
38,5
39.5
39,5
40,5
39,5
38,5
Injektion.
Beide Tiere bleiben
i munter.
Diese Flüssigkeit war also für beide Tiere atoxisch.
Auch durch Behandlung der Bacillenreste mit noch stärkerer Natron-
lauge gelang es ebensowenig, auf diesem Wege für unsere Mäuse toxische
Substanzen zu gewinnen :
Der Bodensatz wurde mit je 1 ccm 93-proz. Natronlauge versetzt,
15 Stunden bei 37" gehalten, mit Salzsäure neutralisiert und in einem
kleinen Dialysator 5 Stunden lang in flacher Schicht dialysiert.
Zeit
Temperatur
Kontrollmaus
37,5
37,5
37,5
37.5
38,25
38,5
Antikörpermaus
Bemerkungen
38,5
39,5
39,5
40,0
39,5
38,5
Injektion von 1 ccm.
I Beide Tiere bleiben
/ munter.
Daß man aus Tuberkelbacillen auch durch Abbau mit Serum in vitro
wirksame Gifte erhalten kann, wurde von uns bereits anfangs 1910
gezeigt (3).
Auch diese durch Cytolyse mit Serum gewonnenen Gifte können
leicht von unserem Hemmungskörper beeinflußt werden.
0,1 g in der Kugelmühle zerriebener Tuberkelbacillen (Höchst)
wurden mit 2 ccm frisch entnommenem Meerschweinchenserum und
0,1 ccm physiologischer Kochsalzlösung verrieben. Hierauf wurden noch-
mals 0,1 g zerriebener Tuberkelbacillen mit 2 ccm Meerschweinchen-
serum und 0,1 ccm einer Lösung unseres Hemmungskörpers von 1 : 10000
zusammengerieben. Beide Mischungen standen dann 24 Stunden bei
37 ° und wurden wiederholt kräftig umgeschüttelt.
Es wurden 0,6 ccm der über dem Bodensatz stehenden Lösungen
zwei gleichen, 15 g schweren Mäusen subkutan injiziert.
Zeit
Temperatur
Bemerkungen
Kontrolltier
Antikörpertier
550
610
680
646
700
815
37,5
36,75
36,5
35,5
34,5
30,5
37,5
37,75
37,5
37,5
37,5
36,5
Injektion von je 0,6 ccm.
1 Der Unterschied zwischen beiden Tieren wird
immer auffallender. Das Kontrolltier ist
/schwer soporös, hat verlangsamte Atmung;
das Antikörpertier ist munter.
542
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
Um ZU sehen, ob das Tuberkelbacilleneiweiß durch Behandlung mit dem
Serum erschöpft sei, oder aus dem Bodensatz nochmals wirksames Gift dar-
gestellt werden könnte, wurde der Bodensatz, wie in den ersten Versuchen,
mit je 1 ccm n|io-Natronlauge versetzt. Die Toxinwirkung war nur gering.
Die Darstellung der durch unseren Hemmungskörper beeinflußbaren
Gifte aus Tuberkelbacilleneiweiß wurde vielfach wiederholt und ver-
schiedentlich variiert. Hier seien folgende Versuche angeführt:
0,1 g Tuberkelbacillenpulver wurde mit 2 ccm frisch entnommenem
Meerschweinchenserum und 0,1 ccm physiologischer Kochsalzlösung ver-
rieben. In ein zweites Röhrchen kam statt der Kochsalzlösung 0,1 ccm
einer Lösung unseres Hemmungskörpers von 1:10000. In beiden Röhr-
chen wurde dann je ein Körnchen Thymol zugefügt und die Proben
24 Stunden bei 37*' gehalten.
Zeit
Temperatur
Kontrolltier Antikörpertier
Bemerkungen
438
450
500
516
530
545
ßOO
ßlO
635
37,5
35
33,5
32,5
32
31,25
30,5
31,25
32,5
37,5
37,5
37,0
36,5
36,5
36,5
36,0
35,5
36,0
Injektion von 0,6 ccm.
Das Kontrolltier wird mehr und mehr soporös
und bekommt verlangsamte Atmung. Das
Antikörpertier ist munter.
1200
Am nächsten Morgen :
26,0 I 37,0 1 Das Kontrolltier erholt sich im Laufe des
33,0 I / folgenden Tages langsam wieder.
Die beiden Röhrchen wurden nun 24 Stunden im Eisschrank auf-
bewahrt und je 0,65 ccm der über dem Bodensatz stehenden Flüssigkeit
zwei 15 g schw^eren Mäusen injiziert:
Zeit
Temperatur
Bemerkungen
Kontrolltier
Antikörpertier
1110
ipo
1200
1230
330
400
500
38,0
34,5
30,0
27,0
24,5
25,0
26,0
37,5
35,0
34,5
34,5
34,5
35,5
36,0
Injektion von 0,6 ccm.
Der Unterschied zwischen beiden Mäusen ist
bis 5 Uhr außerordentlich deutlich, wie in
'den vorigen Versuchen. Von 5 Uhr an er-
holt sich auch die Toxinmaus und ist am
nächsten Tage wieder munter.
Um die Mengenverhältnisse etwas zu verändern, wurden 0,1 g zer-
riebener Tuberkelbacillen mit 1,5 ccm frischem Meerschweinchenserum
verrieben, die Aufschwemmung in zwei Hälften geteilt, der einen 0.1 ccm
Kochsalzlösung, der anderen 0,1 ccm einer 1 : 10000 verdünnten Anti-
körperlösung zugefügt und beide Proben 24 Stunden im Brutschrank
aufbewahrt. Sodann aufgeschüttelt und zwei je 20 g schweren Mäusen
injiziert:
Zeit
Temperatur
Bemerkungen
Kontrolltier
Antikörpertier
1180
1200
300
36,5
35,5
36,0
36,5
36,5
36,25
Injektion von 0,6 ccm.
> Beide Mäuse munter.
Weichardt, Beeinflussung von Spaltprodukten aus Tuberkelbacilleneiweiß. 543
Die Toxinwirkung war bei diesen großen kräftigen Mäusen also eine
zu geringe. Deutliche Scliädigung der Kontrollmaus fand nicht statt.
Ferner wurden 0,2 g getrocknete Tuberkelbacillen mit 4,5 ccm
frischem Meerschweinchenserum verrieben, die Aufschwemmung in zwei
Hälften geteilt, der einen 0,1 ccm Kochsalzlösung, der andern 0,1 ccm
einer 1 : 10000 verdünnten Antikörperlösung zugefügt und beide Proben
24 Stunden im Brutschrank aufbewahrt. Sodann aufgeschüttelt und
zwei je 20 g schweren Mäusen injiziert:
Zeit
Temperatur
Kon troll tier | Antikörpertier
445
500
530
545
39,0
37,0
37,5
34,5
32,5
38,0
38,0
38,5
37,0
37,5
37,0
Bemerkungen
Injektion von 0,8 ccm.
Injektion von je 1 ccm.
Der Unterschied zwischen beiden Tieren ist
außerordentlich deutlich, wie in den früheren
Versuchen. Am nächsten Morgen ist die Kon-
trollmaus tot, die Antikörpermaus munter.
630 I 30,5
Es liegt in der Natur der Verhältnisse, daß ein streng quantitatives
Arbeiten mit den auf diese Weise in vitro hergestellten Spaltprodukten
aus hochmolekularen Eiweißen vorderhand noch nicht möglich sein wird.
Die Vielheit und Verschiedenartigkeit der entstehenden Spaltprodukte
(s. unser vorläufiges Schema in No. 12 der München, med. Wochenschr.)
und der wechselnde Fermentgehalt der Meerschweinchensera machen das
erklärlich. Immerhin geht aus allen angeführten Versuchen die außer-
ordentlich deutliche Hemmung der Wirkung aus den Tuber-
kelbacillen hergestellter Gifte durch selbst minimale
Mengen unseres Antikörpers hervor.
Nun haben Weichardt und Müller (4, 5), sowie Weichardt
und Stötter(6) gezeigt, daß Toxin ebenso wie Eiweißspaltprodukte die
Reaktion organischer sowie auch anorganischer Oxydasen, wie sie z. ß.
durch die Guajakreaktion nachgewiesen werden, weitgehend beeinflussen.
Geringe Mengen regen die Reaktion an, größere hemmen sie. Ferner
zeigte sich, daß unser Retardin ebenfalls diese charakteristische Ein-
wirkung ausübt (6). Es war deshalb die Annahme zu erwägen, ob viel-
leicht die giftaufhebende Wirkung in dem mit diesem Hemmungskörper
versetzten Serum auf eine Hemmung des fermentativen Abbaues zurück-
zuführen sei. Dieser Einwand war jedoch dadurch zu widerlegen, daß es
uns ja gelang, unter Verwendung von Natronlauge bestimmter Konzen-
tration an Stelle des Serums Substanzen von ähnlicher Wirkung aus dem
Tuberkelbacillenpulver zu extrahieren (s. die oben angeführten Versuche).
Durch derartige Beeinflussung der Tuberkelgifte in vitro wird uns
das ganz merkwürdige Wegbleiben der Tuberkulinreaktion bei mit
unserem Hemmungskörper reichlich vorbehandelten tuberkulösen Tieren
verständlich, eine Beobachtung, die wir bereits im Jahre 1906 (2) nieder-
gelegt und später genau verfolgt haben (7). Eine praktische Bedeutung
haben die diesbezüglichen Beobachtungen allerdings nicht gewonnen,
wohl aber veranlaßten sie mich zu entschieden interessanten biologischen
Beobachtungen, die bei günstigeren Ausbeuten des Retardins vielleicht
therapeutische Wichtigkeit erlangen dürften:
Auf meine Veranlassung hin impfte Herr Dr. Fluh r er eine Anzahl
Ziegen am Euter mit gleichen Mengen virulenter Bacillen. Ein Teil der
Ziegen wurde reichlich und fortdauernd mit Retardin behandelt.
Bei den so behandelten Tieren blieb der tuberkulöse Prozeß lokal, bei
544 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 6.
den nicht mit Retardin behandelten Kontrolltieren stellte sich dagegen
stets allgemeine Tuberkulose ein: Tuberkulose der Lungen, Niere etc.
Es war nun damals für uns schwer verständlich, warum, da doch die
Bacillen selbst nicht getroffen wurden, vielmehr auch im Euter der Re-
tardintiere weiter wucherten, eine Allgemeininfektion bei diesen ausblieb.
Jetzt liegt in der Entgiftung gewisser Tuberkelbacillenderivate eine aus-
reichende Erklärung dafür vor.
Schlußsätze.
1) In Bestätigung früherer Befunde kann gezeigt werden, daß ge-
wisse Produkte aus Tuberkelbacilleneiweiß durch einen acetonlöslichen,
aus Eiweiß gewonnenen Hemmungskörper, „Retardin'', entgiftet werden.
2) Gewisse früher von mir beschriebene Beeinflussungen im Verlaufe
der Impftuberkulose an größeren Tieren sind dadurch erklärlich geworden.
Erlangen 30. Januar 1912.
läteratnr.
1) Ermüdungsstoffe. Stuttgart (Ferd. Enke) 1910.
2) Münch. med. Wochenschr. 1906. No. 35. — Med. Klinik. 1906. No. 44.
3) Centralbl. f. d. ges. Phys. u. Pathol. d. tetoflwechs. 1910. No. 17. — Münch. med.
Wochenschr. 1910. Xo. 34; 1911. No. 16; 1912. No. 12.
4) Centralbl. f. d. ges. Phys. u. Pathol. d. fcjtoffwechs. 1911. No. 9. — 4. Tagung der
Freien Verein, f. Mikrobiol. 1911. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 50. 1911.
Beiheft.)
5) Münch. med. Wochenschr. 1911. No. 31.
6) Arch. f. Hvg. 1912. Bd. 75.
7) Centralbl. f. d. ges. Phys. u. Pathol. d. Stoffwechs. 1909. No. 15.
Die Herren Mitarbeiter werden liöf iiclist gebeten, bereits fertig-
gestellte Klischees — falls solche mit den Manuskripten abseliefert
werden — nicht der Redaktion, sondern direkt der Verlagshand-
lung Grustay Fischer in Jena einzusenden.
Inhalt.
Bendick, Arthur J., The bacteriological besondere über Ottolenghis Galle-
examination of suspecled cholera carriers, ! verfahren, p. .521.
P- Ö36. , Miessner, H., Die Milzruptur des Rindes
Böhm, Johann, Leber die verschiedenen bzw. perakute Form der Hämoglobinurie
Färbemethoden der Tuberkelbacillen und des Kindesi, p. 471.
deren kritische Rezension, p. 497. j Owada, M., On a safe method of practis-
Distaso, A., Contribution ä l'etude sur | ing hanging drop examination, p. 537.
l'intoxication intestinale, p. 433. | Sehern, Kurt, Ueber das Ratten vertil-
Hauer, Albert, Untersuchungen über die j gungsmittel Virus sanitär A, p. 4ü8.
Wirkung des Mittels (i06 auf die Hühner- Strand, Embrik, Eine neue Protozoen-
spirillose, p. 539. j gattung, p. 471.
V. Knaut, A., Zur Hämolyse der Cholera- Weichardt, W., Ueber die Beeinflussung
Vibrionen, p. 575.
Krombholz, £. u. Kulka, W., Ueber An-
reicherung von Choleravibrionen , ins-
von i^^paltprodukten aus Tuberkelbacillen-
eiweiß, p. 543.
Kromiuauusche Uuchdruckerei (Hermana Fohle) in Jena.
.IBakletcLAbL Originale. Bd. 62. Heft 7.
Ausgegeben am 21. März 1912.
Nachdruck verboten.
Die Degenerationen im Bereiche des Nervensystems
des Menschen bei Cholera asiatica.
[Aus dem neurologischen Laboratorium der psychiatrischen und Nerven-
klinik zu St. Petersburg (Vorsteher: Akademiker W. v. Bechterew).]
Von Sergius Michailow.
Mit 1 Tafel.
Während der Choleraepidemie im Jahre 1908 habe ich ein großes
pathologisch-anatomisches, sich auf diese Erkrankung beziehendes Material
gesammelt und es nach den zahlreichen, gegenwärtig gebräuchlichen,
neurologischen Methoden von Nissl, Ramön y Cajal, Donaggio,
Rachmanow, Marchi u.a. bearbeitet. Die Untersuchung dieses ganzen
Materiales ist jetzt schon abgeschlossen und in nächster Zukunft werden
deren Resultate hinsichtlich der Veränderungen, hauptsächlich der zelligen
Elemente des Gehirns, Kleinhirns, des verlängerten und des Rücken-
markes, veröffentlicht werden. In der vorliegenden kleinen Arbeit sollen
nur die Resultate mitgeteilt werden, die beim Studium der nach Marchi
bearbeiteten Präparate erhalten wurden. Dieser Methode kommt, wie
bekannt, eine vornehmliche Bedeutung beim Studium der Nervenfaser-
degenerationen zu, folglich werden auch in dieser Arbeit vornehmlich
und sogar fast ausschließlich die Veränderungen der Nervenfasern bei
der asiatischen Cholera des Menschen behandelt werden. Das Material
zur Untersuchung auf mögliche Degenerationen in den Nervenfasern
wurde 8 Choleraleichen entnommen, und zwar die eine Hälfte dem Exitus
laetalis im algiden Stadium, die andere im Stadium des Choleratyphoids
erlag. Wir wollen hier nicht bei der Mitteilung der Krankengeschichte
dieser 8 Fälle verweilen, sondern bloß darauf hinweisen, daß durch die
pathologisch-anatomische Obduktion erwiesen worden ist, daß in allen
diesen Fällen keine anderen Erkrankungen vorlagen, außer der Cholera,
welche die von uns bei Bearbeitung nach Marchi gefundenen Verände-
rungen (Degenerationen) erklären könnten. Die Marchi -Methode ist
in folgender Modifikation angewandt worden : 1) Fixation in 3-proz.
wässeriger Lösung von Schering schera Formalin während 10—20 Tagen.
In Anbetracht dessen, daß das Gewebe in diesen Fixator noch ganz
warm (1 — IV2 Stunden post mortem) gebracht wurde, wurde der Fixator
ebenfalls erwärmt. 2) Einlegen in ein Gemisch von folgender Zusammen-
setzung: Natrii jodici 3,0, Acidi osmici 1,0, Aquae destillatae 300,0 für
15—20 Tage wobei in der Mitte dieser Frist das Gemisch gewechselt
wurde durch ein frisches von derselben Zusammensetzung. 3) Gründ-
liches Auswaschen in Wasser. 4) Genügendes Entwässern in Alkohol,
Einreiben in Celloidin, Anfertigung dicker Mikrotomschnitte. 5) Auf-
hellen in Karbolxylol und Einschluß in Balsam.
In der ebenso angegebenen Weise wurde das Rückenmark bearbeitet,
mit dem im natürlichen Zusammenhange sowohl die vorderen als auch
die hinteren Wurzeln gelassen wurden.
An den Präparaten sind Degenerationen gefunden wurden, welche
wir 1) um sie genauer zu beschreiben und 2) auch noch deshalb, weil
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 7. 35
546 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
sie eine wesentlich verschiedene Bedeutung haben, in die drei folgen-
den Kategorieen geteilt haben : a) Degenerationen von Nervenfasern
in den Rückenmarkswurzeln, h) Degenerationen von Nervenfasern des
Rückenmarkes, die zerstreut in verschiedeneu Bündeln seiner weißen
Substanz liegen, c) Degenerationen von Nervenfasern an der Peripherie
des Rückenmarkes und an der Peripherie mancher Nerven , die die
Cauda equina bilden.
ad c) In 3 Fällen mit Exitus letalis im akuten algiden Stadium
während der ersten und zweiten 24 Stunden der Erkrankung wurden
Degenerationen solcher Art nicht gefunden. In einem Falle, der sich
während ca. 36 Stunden unter Beobachtung im Krankenhause befand,
und bei dem Cholerasymptome (Durchfall, Erbrechen. Krämpfe, Puls-
schwäche, Cyanose) schon während ungefähr 2mal 24 Stunden vor dem
Eintritt in das Krankenhaus bearbeitet worden sind (folglich 3 mal
24 Stunden krank), wurde eine „Randdegeneration" der Nervenfasern an
der Peripherie des Rückenmarkes festgestellt. Dieser Fall, der schon
nach Ablauf des algiden Stadiums letal endete, wurde bei der patho-
logisch-anatomischen Obduktion als Cholera asiatica, Stadium diphtheri-
cum, entsprechend der Darmläsion, bezeichnet.
In einem anderen Falle, der ebenfalls 3 mal 24 Stunden andauerte,
der aber noch im algiden Stadium letal endete, und bei dessen Obduktion
der Darmtraktus das Bild der akuten Enteritis mit Hyperämie der
Schleimhaut und vergrößerten Follikeln (die Veränderungen in anderen
Organen boten in beiden Fällen keinen Unterschied) darbot, sind Ver-
änderungen solcher Art im Rückenmarke nicht gefunden worden. In
den übrigen 3 Fällen, die mit Exitus letalis im typhoiden Stadium der
Cholera am 6., 8. und 9. Tage der Erkrankung endeten, ist ebenfalls De-
generation der Nervenfasern an der Peripherie des Rückenmarkes gefunden
worden (Fig. 1). Diese Degeneration zeigt das gewöhnliche Bild des
Myelinzerfalles der Nervenfasern in einzelne rundliche oder ovale Schollen
und Tropfen, die sich intensiv mit satt schwarzer Farbe färbten und sich
scharf auf dem allgemeinen gelblichen Grunde der osmierten Präparate
abhoben. Degenerierte Fasern fanden sich mit manchen unbestimmten
und unbestätigten Unterbrechungen ihrer Lokalisation nach an der ganzen
Peripherie des Rückenmarkes, so daß letzteres wie mit einem schwarzen
Saume auf den Querschnitten versehen war (Fig. 1). Ein solcher
schwarzer Saum fand sich auch an aus dem Cervicalgebiet des Rücken-
markes entnommenen Schnitten und ebenso an aus anderen Abschnitten
(dem thorakalen, lumbalen) herstammenden Schnitten. In einem der drei
letzten Fälle, nämlich in dem Falle mit einer Krankheitsdauer von
7 Tagen, wurde auch noch Degeneration der Nervenfasern vornehmlich
an der Peripherie mancher Nerven, die die Cauda equina bildeten, ge-
funden (Fig. 2).
ad b) Einzelne degenerierte, über verschiedene Bündel zerstreute
Nervenformen, welche die langen Bündel der Leitungsbahnen des Rücken-
markes bilden, wurden in besonders bedeutender Anzahl auf Präparaten
von zwei typhoiden Fällen mit einer Krankheitsdauer von 7 und 8 Tagen
angetroffen.
Degenerierte Fasern wurden in diesen Fällen (Fig. 1) sowohl in
den vorderen, als auch in den Seiten- und Hintersträngen der weißen
Substanz des Rückenmarkes gefunden. Sie lagen an Querschnitten fast
über alle Bündel zerstreut, vornehmlich aber, d. h. in einer verhältnis-
mäßig größeren Anzahl von Exemplaren, fanden sich solche degenerierte
Michailow, Degenerationen des Nervensystems bei Cholera asiatica. 547
Fasern in den geraden Kleinhirnbündeln, in den Pyramidenbündeln der
Leistenstränge in den G oll sehen und Lö wen t halschen Bündeln.
Unter diesen degenerierten Nervenfasern fanden sich sowohl dickere als
auch dünnere, wobei die ersteren an Zahl überwogen. In Fällen mit
einer Erkrankungsdauer von V2-, 1- und 4mal 24 Stunden gelang es
nicht, solche Degenerationen festzustellen, in dem Falle dagegen, die
5 Tage dauerte, wurden degenerierte Fasern, obgleich sie sich auch in
verschiedenen Bündeln fanden, dennoch in viel geringerer Anzahl im
Vergleiche mit den beiden ersten erwähnten Fällen, die 7 und 8 Tage
dauerten, gefunden. Hinsichtlich der Verteilung solcher degenerierter
Nervenfasern über den Rückenmarksquerschnitt muß noch hinzugefügt
werden, daß das (Fig. 1) allgemeine Aussehen des Querschnittes ein
solches ist, als wenn von der Peripherie des Rückenmarkes zu dessen
grauer Substanz hin die Zahl der degenerierten Nervenfasern immer mehr
abnimmt. Was jetzt die Frage anbelangt, wie weit eine solche dissemi-
nierte Degeneration der Nervenfasern sich der Länge des Rückenmarkes
nach verteilt, so müssen auch in dieser Beziehung zweierlei Angaben
gemacht werden. Einerseits muß gesagt werden, daß die disseminierten
degenerierten Fasern auf Querschnitten von sämtlichen Höhen des Rücken-
markes angetroffen wurden, andererseits aber muß zugegeben werden, daß
es trotz der sorgfältigsten Untersuchung nicht gelaug, den Verlauf der
degenerierten Fasern längs des Rückenmarkes festzustellen. An ver-
schiedenen sukzessiven Schnitten konnte man stets in diesem oder jenem
Bündel degenerierte Fasern sehen, jedoch da sie disseminiert lagen
zwischen den normalen Fasern des Bündels, konnte man nie mit Gewiß-
heit sagen, ob jede gegebene degenerierte Faser eines vorhergehenden
und eines nachfolgenden Schnittes eine und dieselbe und nicht zwei
verschiedene seien. Natürlich konnte man von zwei benachbarten
Schnitten noch denken, daß ein und dieselbe Faser verfolgt wird ; man
kann aber nicht dasselbe von Schnitten sagen, die über mehrere Seg-
mente voneinander entfernt sind. Die Frage also, ob diese degenerierten
Fasern lange Bahnen, die vielleicht vom verlängerten Marke über eine
große Zahl von Segmenten sich hinziehen, oder aber kurze Bahnen dar-
stellen, die einzelne, beieinanderliegende Segmente des Rückenmarkes
untereinander verbinden; diese Frage muß gegenwärtig noch ungelöst,
bleiben. Wir werden noch weiter Gelegenheit haben, zu ihr zurückzu-
kehren.
ad a) In einer verhältnismäßig größeren Anzahl von Fällen, als die
Degenerationen der erwähnten Gruppen finden sich auf den Präparaten
des Rückenmarkes von Choleraleichen Spuren eines degenerativen Pro-
zesses in den Rückenmarks wurzeln. Dabei wurden in den vorderen
Wurzeln in keinem einzigen Falle degenerierte Wurzeln gefunden, die,
wenn sie auch vorhanden waren, sich stets nur in den hinteren Wurzeln
fanden. Während des ersten oder zweiten Krankheitstages im akuten
Stadium algidum der Cholera letal abgelaufene Fälle sind solche Degene-
rationen nicht gefunden worden. Allein in allen übrigen Fällen, d. h.
mit einer Krankheitsdauer von 3mal 24 Stunden an beginnend und mehr
(5, 7, 8), konnte man stets auf den Präparaten ein äußerst typisches
Bild sehen.
Wie bekannt, bestehen die hinteren Wurzeln der Rückenmarksnerven
(und auch die Wurzeln des verlängerten Markes) aus zwei recht scharf
voneinander abgegrenzten Teilen. Jeder dieser beiden Teile ist eine un-
mittelbare Fortsetzung des anderen. Auch diese beiden Teile ziehen
35*
548 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
ununterbrochen die gleichen Nervenformen, die sich in nichts voneinander
durch die sie zusammensetzenden Nervenelemente unterscheiden. Der
Unterschied zwischen diesen beiden Teilen der Hinterwurzeln besteht im
verschiedenen Bau ihrer Gewebselemente, welche die erwähnten, ihnen
gemeinsamen Nervenfasern umgeben. Vom spinalen Ganglion an be-
beginnend, ziehen die Nervenfasern der hinteren Wurzeln zum Rücken-
mark in dem bindegewebigen Stroma der Wurzel, wobei sie von eigenen
Scheiden, dem Neurilemm, umgeben sind. Jedoch früher oder später
verändert sich dieser Bau der hinteren Wurzel, und es entsteht auf diese
Weise deren zweiter Teil. Diese Veränderung besteht darin, daß die
Nervenfasern der hinteren Wurzel an einer Stelle ihres Weges zum
Rückenmark ihr Neurilemm verlieren ; an derselben Stelle wird ihr
früheres Stroma durch ein aus dem Rückenmarke ihnen entgegen-
gewachsenes Neurogliageflecht vertreten. So entsteht der zweite neuro-
gliöse Teil der hinteren W^urzel. Die Grenze zwischen beiden Teilen
tritt recht scharf hervor und stellt eine nach dem neurogliösen Teile hin
konkave Linie dar (Fig. 3). Einen solchen Bau besitzt die hintere
Wurzel des Rückenmarkes sowohl beim Menschen, als auch bei anderen
Säugetieren [siehe auch die Arbeiten von Levi (1), Bikeles (2),
Hu 11er (3), Bauer (4), Levi (5)j. Auf verschiedenen Höhen des
Rückenmarkes geschieht der Uebergang eines Teiles der hinteren Wurzel
in den anderen in verschiedener Entfernung vom Rückenmarke, und man
kann überhaupt annehmen, daß im Lendengebiet dieser Uebergang außer-
halb des Bereiches des Rückenmarks liegt, im thorakalen Abschnitt an
der Eintrittsstelle der hinteren Wurzeln in das Rückenmark, im cervi-
kalen Abschnitt im Rückenmark, an der Spitze der Hinterhörner der
grauen Substanz. Jedoch ist das nur ein allgemeines Schema, und es
kommen hier Ausnahmen vor. Jenes typische Bild der Nervenfaser-
degeneration in den hinteren Wurzeln des Rückenmarkes bei der Cholera,
welches oben geschildert worden ist, besteht darin, daß die Läsion sich
in diesen Fällen streng bloß im neurogliösen Teile der hinteren Wurzeln
lokalisiert. An nach der oben angegebenen Modifikation der Marchi-
schen Methode bearbeiteten Präparaten entsteht dabei ein sehr klares
Bild (Fig. 3): Der neurogliöse Teil der hinteren Wurzel und die graue
Substanz des Rückenmarkes erscheinen fast weiß, und auf diesem weißen
Grunde hebt sich das blaßgelb gefärbte, gliöse Geflecht ab. Hier selbst
im neurogliösen Teil der Wurzel und im Apex der Hinterhörner liegen
reihenweise Tropfen degenerierten Myelins, das an osmierten Präparaten
satt schwarz gefärbt ist. Diese Degeneration hört scharf an jener kon-
kaven Lmie auf, welche den neurogliösen Teil der hinteren Wurzel von
deren Neurilemmteil abgrenzt, wobei es in dieser letzteren schon fast
keine einzige degenerierte Faser gibt.
So liegen die Tatsachen. Um sie zu verstehen und entsprechend
zu würdigen, wollen wir noch einmal zu jeder der 3 Gruppen dieser oben
erwähnten Tatsachen zurückkehren, jedoch zu allererst wollen wir die Ver-
mutung ausschließen, daß die gefundenen Degenerationsbilder künstlich
bei der Bearbeitung der Präparate erzeugte Bilder seien. Eine solche
Vermutung wird auf Grund der folgenden Betrachtungen ausgeschlossen :
1) Das Rückenmark sämtlicher angegebenen 8 Choleraleichen wurde auf
die vollständig gleiche Art aus dem Rückenmarkskanal herausgehoben
und weiter bearbeitet, und doch wurden Degenerationen : a) nicht in
allen Fällen gefunden und b) in denjenigen Fällen, wo sie gefunden wurden,
waren sie verschieden. 2) Diese Degenerationen besitzen einen plan-
Michailow, Degenerationen des Nervensystems bei Cholera aeiatica. 549
mäßigen Charakter, d. h. a) sie finden sich nur an bestimmten Stellen
und b) sie werden intensiver und umfangreicher, entsprechend der Ver-
längerung der Krankheitsdauer. 3) Die Degenerationen liegen nicht nur
an der Peripherie, sondern kommen auch in zentral liegenden Teilen
vor, was gegen ihre Abstammung von traumatischen Beschädigungen
bei der Herausnahme und Bearbeitung, wie sie oft bei der M archi-
schen Methode angegeben werden, spricht.
ad a) Zur Frage der Degeneration des neurogliösen Teiles der hinteren
Wurzeln des Rückenmarkes bei der Cholera zurückkehrend, muß zunächst
darauf hingewiesen werden, daß ein solches Bild eines nach der Methode
von Marchi bearbeiteten mikroskopischen Präparates nicht als ausschließ-
lich der Choleraerkrankung angehörend betrachtet werden kann, so daß
es auch keine große diagnostische Bedeutung für den pathologischen
Anatomen haben kann. Hier muß daran erinnert werden, daß das bei
der Tabes dorsalis vorkommt [Krauss (6), Redlich (7), Ober-
steiner (8 und 9), Orr und Rows (10), Levi (5), Mailing (11)].
Redlich (7) und Obersteiner haben noch daraufhingewiesen, daß
die Degeneration der hinteren Wurzeln bei der Tabes dorsalis oben mit
der Degeneration von deren neurogliösem Teile beginnt, Levi, Erb (12),
Orr und Rows dagegen haben fast gleichzeitig die Ansicht ausgesprochen,
daß diese Degeneration durch die Wirkung des syphilitischen Virus auf
den am wenigsten geschützten hinteren Teil der hier des Neurilemms
beraubten und infolgedessen einen Locus minoris resistentiae bietenden
Nervenfasern bedingt wird. Diese Ansicht ist vollkommen auch auf die
Paralysis progressiva anwendbar, bei der mitunter ebenfalls solche patho-
logisch-anatomische Veränderungen in den Hinterwurzeln gefunden wurden,
wie auch bei der Tabes [Kinischi-Naka (13) u. a.]. In dieser Beziehung
haben Orr und Raws in der oben zitierten Arbeit darauf hingewiesen,
daß Degenerationen in den Wurzeln bei der progressiven Paralyse von
dem neurogliösen Teile an beginnen.
Das Degenerationsbild in den Hinterwurzeln bei der Cholera, das
an und für sich von dem gleichen bei der Tabes dorsalis und bei der
Taboparalysis beobachteten Bilde nicht unterscheidbar ist, wird natür-
lich gar keine Schwierigkeiten für die pathologisch-anatomische Diagnose
zwischen den erwähnten Krankheiten bieten, wenn auch die Degenerationen
der Nervenfaserbündel des Rückenmarkes in Betracht gezogen werden.
Jedoch auch in dieser Beziehung verliert das Bild der Degeneration bei
der Cholera einen beträchtlichen Teil seiner Bedeutung, wenn man sich
erinnert, daß bei der Diphtherie z. B. ebenfalls schon wiederholt degene-
rative Prozesse im Nervensystem beschrieben worden sind, die denjenigen
sehr nahe standen, die jetzt auch bei der Cholera gefunden worden sind.
Bikeles (14), Rosenblath (15), Katz (16), Bruns (17) haben mikro-
skopisch einige Fälle von Diphtherie mit nachfolgenden Lähmungen
untersucht, wobei sie das Rückenmark nach Marchi bearbeitet haben.
In allen ihren Mitteilungen war beständig angegeben, daß der neuro-
gliöse, nach ihrer Terminologie intramedulläre Anteil der Rückenmarks-
wurzeln und auch solcher mancher Gehirnnerven (Bruns, die Wurzeln
der Nn. hypoglossus, glossopharyngeus, vagus) eine bedeutende Anzahl
von degenerierten Formen enthalten. Bikeles und Katz beschrieben
auch eine dissiminierte Degeneration der Nervenformen in der weißen
Rückenmarksubstanz, Rosenblath dagegen fand degenerierte Fasern
hauptsächlich in den Hintersträngen und den geraden Kleinhirn-
bündeln.
550 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
In den Fällen von Tabes und progressiver Paralyse, bei denen das
siipponierte Toxin der Spirochaeta pallida noch bis jetzt unbekannt
und uuerlangt bleibt, bleiben die Ansichten der oben erwähnten Autoren
hinsichtlich der Entstehung der Degenerationen in den Wurzeln durch
die Einwirkung dieser Toxine auch jetzt noch bloße Vermutungen. Ganz
anderes wissen wir vom Diphtherietoxin. Gleich nach der Arbeit von
Bikeles (14) sind schon experimentelle Untersuchungen mit Intoxikation
von Meerschweinchen durch Diphtherievirus angestellt worden, und diese
Untersuchungen ergaben Resultate, die vollkommen mit denen überein-
stimmten, die auch beim Menschen in Fällen von Diphtherie mit nach-
folgenden Lähmungen und letalem Ausgange erhalten worden waren.
Mit dem Diphtherietoxin ist auf experimentellem Wege auch noch eine
Reihe von anderen Fragen über den Einfluß dieses Virus auf das Nerven-
system und über dessen Verbreitungswege in diesem letzteren aufgeklärt
worden. Bevor wir jedoch zur Mitteilung aller dieser Arbeiten über-
gehen, wollen wir darauf hinweisen, daß folglich in allen Fällen, in denen
Degenerationen im neurogliösen Anteile der Rückenmarks- (und Gehirn-)
Wurzeln gefunden worden sind, es sich um Erkrankungen (Tabes dorsalis,
progressive Paralyse, Diphtherie, Cholera) bald mit mehr chronischer,
bald mehr akuter Intoxikation handelt.
Die erste experimentelle Untersuchung über die Wirkung des
Diphtherietoxins auf das Nervensystem der Säugetiere stammt von
Murawjew (18). Dieser Autor vergiftete Meerschweinchen mit dem
Virus des Loeff 1er sehen Stäbchens, und konstatierte, daß unter dem
Einfluß dieser Intoxikation in den Zellen des zentralen Nervensystems
und vornehmlich der Vorderhörner des Rückenmarks zunächst sich peri-
pherische Chromatolyse einstellte, d. h. Auflösung der chromatophilen
oder Tygroidkörperchen in den peripheren Partieen der Zellen und auch
Vakuolisation des Protoplasmas der letzteren. Dann entwickelte sich nach
den Angaben Murawjews eine Neuritis, die zu Lähmungen führte, wie
es ähnlich auch in vielen Fällen von Diphtherieerkrankung beim Menschen
beobachtet wird. Aber außerdem, was für uns jetzt wichtig ist, gelang
es Murawjew, bei der Bearbeitung der Rückenmarksstücke dieser
Meerschw^einchen nach Marchi auch Degeneration der Nervenfasern im
neurogliösen Teile der hinteren Wurzeln und disseminierte Degeneration
in der weißen Rückenmarksubstanz zu beobachten. Degeneration der
Nervenfasern in den Wurzeln (in ihrem neurogliösen Abschnitt) des
Rückenmarks notiert in analogen Fällen auch Babonneix (19). Er
wies außerdem darauf hin , daß bei Einwirkung des Diphtherietoxins
durch das Blut sich schärfer ausgesprochene Veränderungen in den
zelligen Elementen zeigen, als bei Einführung des Toxins unter die Haut
oder in den Nerven. In diesem letzteren Falle wandert das Toxin bis
zum zentralen Nervensystem im Nerven. In letzter Zeit hat Rach-
manow (20) im Laboratorium von W. Bechterew zur Klärung der
Frage über die Verbreitung des Diphtherietoxins im Nervensystem die
von Orr und Rows (10, 21, 22, 23, 24) ausgearbeitete Methodik in einer
gewissen Modifikation angewendet. Er füllte kleine Kollodiumsäckchen
mit IMphtherietoxin und legte sie entweder dem Kaninchen unter die
Haut in einiger Entfernung vom Nerven oder plazierte sie hart am
Nerven selbst. Sowohl in dem einen wie auch in dem anderen Falle
waren die Veränderungen in den Nervenzellen des Rückenmarks und des
Gehirns keine scharfen. W^as die Degeneration der Nervenfasern im
Rückenmark und in den Wurzeln (im neurogliösen oder nach Räch-
Michailow, Degenerationeo des Nervensystems bei Cholera asiatica. 551
uianow u. a. „iutramedulläreii" Teile) angeht, so erfolgte der Myelin-
zerfall nur in dem Falle, wenn das Kollodiumsäckchen neben dem Nerven-
stamm selbst eingelegt wurde. In diesem Umstände sieht Räch man ow
eine Bestätigung des Satzes, daß Toxine bis zum zentralen Nervensystem
in den Nerven aufsteigen. Auf diese Weise hat sich der für das
Diphtherietoxin von Babonneix (19) aufgestellte Satz noch einmal
bestätigt.
Quillot (25), Homen (26), Laitinen (27) haben dasselbe auch
für andere Bakterientoxine bewiesen.
Besonders viele experimentelle Untersuchungen sind in der erwähnten
Richtung mit dem Tetanustoxin angestellt worden, wobei man bestrebt
war, genauer die Frage aufzuklären, ob das Toxin im Nerven wandert,
indem es sich an die Nervenfaser hält oder die lymphatischen Räume
des Nervenstammes benutzt. Einfacher und verständlicher ist natürlich
die zweite dieser Vermutungen, und in der Tat wurde sie früher als
die erste von Gump recht (28) aufgestellt und dann besonders von
Flechter (29) und Rachmanow (20) verteidigt. Die Vermutung
dagegen, daß das Tetanustoxin bis zum zentralen Nervensystem durch
die Nervenfaser selbst geleitet wii'd, wurde 2 Jahre später als die erste
ausgesprochen und stammt von Marie (30). Dieser Autor konnte sich
bei seinen Untersuchungen mit dem Tetanustoxin überzeugen, daß bei
Einspritzung des Virus in den Nerven oder ins Gewebe eine bedeutend
stärkere Wirkung eintritt, als bei dessen Einführung ins Blut, und daß
in Fällen von Injektion des Virus unter die Haut es bis zum zentralen
Nervensystem vornehmlich durch die Nerven geleitet wird. Dabei stellte
es sich heraus, daß nach vorhergehender Durchschneiduug der ent-
sprechenden Rückenmarkswurzeln die Einführung des Virus resultatlos
blieb. Daraus schloß A. Marie, daß das Toxin durch die Nervenfasern
geleitet wird. Diese Ansicht A. Maries versuchten im letzten Jahrzehnt
auch andere Forscher zu begründen. A. Marie und Mo rax (31) fanden,
daß das Toxin aus dem Gewebe mittels der Nervenendigungen aufgesogen
wird, wobei sie durch Ueberpflanzung und Einimpfung von Stücken eines
einem tetanisierten Tiere entnommenen Nerven auf normale Tiere bei
letzteren ein Tetanusbild erzeugten, woraus sie die Ueberzeugung ge-
wannen, daß das Tetanustoxin an den Achsenzylindern der Nervenfaser
fixiert wird und durch dieselbe von der Peripherie zum zentralen Nerven-
system geleitet wird. Zu demselben Schlüsse kam auch Odier (32)
durch die Resultate des Studiums der morphologischen Veränderungen
der Achsenzylinder und der motorischen Endigungen bei der Intoxikation
des Tieres mit Tetanustoxin. Tiberti (33) dagegen führte zur Be-
stätigung der Ansicht A. Maries auch noch den Umstand an, daß die
Nervenstämme, die degenerierte Nervenfasern enthalten (nach vorher-
gehender Durchschneidung dieser Nervenfasern), schon nicht als Leiter
des Tetanustoxins dienen.
Alle diese Untersuchungen sind weniger überzeugend für die Lösung
der Frage, ob das Tetanustoxin durch die Nervenfasern geleitet wird
oder durch die Lymphräume des Nerven wandert, als sie dafür sprechen,
daß das erwähnte Toxin in der Tat zum zentralen Nervensystem von der
Peripherie hauptsächlich durch die Nerven geleitet wird. Durch diese
Untersuchungen werden auch die nicht seltenen Fälle von Erkrankung
eines Menschen an Tetanus nach irgendeiner traumatischen Läsion an
der Peripherie des Körpers erklärt. Das Gleiche beweisen auch, wie
wir gesehen haben, die Versuche mit Tetanustoxin, aus denen zudem
552 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
noch folgt, daß bei der Wanderung des Toxins im Nerven von der
Peripherie des Körpers zum zentralen Nervensystem auch noch Degene-
ration oder Zerfall des Myelins der Nervenfasern im neurogliösen Teile
der Rückenmarks- und Gehirnwurzeln eintritt. Auf diese Weise kann im
Gegenteil der Befund von Degeneration und Myelinzerfall im neurogliösen
Teile der Rückenmarkswurzeln als ein gewisses Anzeichen davon dienen,
daß das Toxin die mit diesen Wurzeln verbundenen Nerven passiert hat.
Infolgedessen sollte man auch in unseren Fällen von Erkrankung an
Cholera annehmen, daß das Choleraendotoxin zu dem zentralen Nerven-
system auf dem Wege der Nerven gewandert sei. Nach den Unter-
suchungen von A. Marie und Morax über das Tetanustoxin könnte
man meinen, daß das Choleraendotoxin in die Nerven aus Geweben, die
Toxin enthalten, und vornehmlich aus der Darm wand übertreten könnte.
Es entstand eine aszendierende Neuritis. In dieser Beziehung muß be-
merkt werden, daß Strachowitsch (34) auf Grund einer klinischen
Untersuchung des Nervensystems bei der Cholera behauptete, daß es bei
dieser Krankheit eine sensible und vaskuläre Polyneuritis gebe, die eine
hervorragende Rolle im Cholerasymptomenkomplex spielen. Stracho-
witsch notierte, daß seine Beobachtungen am Krankenbette im Wider-
spruch zu den pathologisch-anatomischen Untersuchungen der Verände-
rungen stehen, welche sich im Nervensystem abspielen; diejenigen Tat-
sachen, die es uns aufzuklären gelang, geben die anatomische Basis für
die klinischen Beobachtungen Strachowitsch s. Die Cholerapolyneuritis
ist folglich eine aufsteigende toxische Neuritis, gleich derjenigen, über
die in den letzten Jahren Raymond und Guillain berichtet haben
(aszendierende Neuritis bei eitriger Appendicitis [35J und bei Verwundung
der Handfläche [36]), sowie Dejerine und Andre-Thomas (auf-
steigende Neuritis nach einem Stich in den Finger [37]).
Auf diese Weise muß der Myelinzerfall der Nervenfasern im neuro-
gliösen Teile der Rückenmarkswurzeln (und wahrscheinlich auch mancher
Gehirnwurzeln, wie des N. vagus) bei der Cholera als Resultat des Auf-
steigens des Choleraendotoxins in den Nerven zum zentralen Nerven-
system betrachtet werden. Es ist aber möglich, daß der erwähnte Zerfall
des Myelins der Nervenfasern im neurogliösen Teile der Wurzeln infolge
direkter Wirkung des Choleraendotoxins, das in der die Rückenmarks-
wurzeln umspülenden Cerebrospinalflüssigkeit enthalten ist, zustande
kommt. Am wahrscheinlichsten ist es, daß beide Prozesse stattfinden.
ad b und c) Der Zerfall des Myelins der Nervenfasern an der Peri-
pherie des Rückenmarks und an der Peripherie mancher Nervenstämme,
welche die Cauda equina bilden, hängt am wahrscheinlichsten ebenfalls
von der lokalen Wirkung des in der das Rückenmark und die Nerven
der Cauda equina umspülenden Cerebrospinalflüssigkeit enthaltenen
Toxins ab. Dabei ist die Degeneration der Nerven folglich das Primäre,
da die schädlich wirkende Ursache ihren Einfluß direkt auf die Nerven-
faser ausübt. Das die Peripherie des Rückenmarks umspülende Endo-
toxin kann diffundieren und dieses letztere mehr oder weniger tief durch-
tränken. So erklärt sich wahrscheinlich die diffuse Degeneration der
einzelnen Nervenfasern der weißen Substanz des Rückenmarks und der
Umstand, daß von der Peripherie in der Richtung zur grauen Substanz
die Zahl der degenerierten Fasern immer mehr abnimmt. Jedoch ist es
möglich, daß sowohl unter den zerstreuten, degenerierten Nervenfasern
als auch unter den degenerierten Fasern jener Bündel, die an der Peri-
pherie liegen (wie z. B. die geraden Kleinhirnbündel oder die Löwen-
Michailow, Degenerationen des Nervensystems bei Cholera asiatica. 553
tha Ischen Bündel), sich Fasern linden, die eine sekundäre Degeneration
nach der Zerstörung jener Nervenzellen erfahren haben, deren Fortsätze
diese Fasern darstellen. Wie in einer anderen Arbeit mitgeteilt werden
wird, unterliegen nämlich viele Zellen sowohl der Hirnrinde, als auch
des verlängerten und des Rückenmarks der Nekrose, Degeneration und
Atrophie, denen sekundäre Degeneration ihrer Fortsätze folgen muß.
Wie oben gezeigt, werden unter diesen degenerierten Fasern im Rücken-
mark sowohl dickere als auch feinere angetroffen. Diese feinen Nerven-
fasern liegen zerstreut zwischen den dicken Fasern, hauptsächlich der
geraden Kleinhirnbündel, der G oll sehen und Löwen tha Ischen Bündel
und der Pyramidenbündel der Seitenstränge. In diesen feinen, mark-
haltigen Nervenfasern kann man natürlich unschwer jene sympathischen
Leitungsbahnen des Rückenmarks wieder erkennen, die wir in der Arbeit:
Versuche einer systematischen Untersuchung der Leitungsbahnen des
sympathischen Nervensystems (Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 128.
1909) angegeben haben.
Bei der asiatischen Cholera des Menschen finden sich folglich:
1) Degeneration derNerven fasern im Rückenmark und
in den Rückenmarks wurzeln.
2) Die Degeneration der Nervenfasern vollzieht sich
teils in Form einer primären, teils in Form einer sekun-
dären Degeneration.
3) Am meisten typisch ist die Degeneration der
Nervenfasern im neurogliösen Teile der Rückenmarks-
wurz ein.
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36) , Rev. neurolog. 1905.
37) D^jörine et Andrö-Thomas, Rev. neurolog. 1909.
Erklärung der Abbildnng-en.
Fig. 1. Degenerationen von Nervenfasern an der Peripherie des Rückenmarks.
Methode von Marchi.
Fig. 2. Degenerationen von Nervenfasern an der Peripherie der Nervenstämmchen
(Caudae equinae). Methode von Marchi.
Fig. 3. Degenerationen von Nervenfasern im neurogliösen Teil der Rückenmarks-
wurzeln. Methode von Marchi.
Nachdruck verboten.
Ueber fermentative Prozesse bei Ozaena.
[Aus dem biochemischen Laboratorium des Kaiserlichen Institutes für
experimentelle Medizin (Leiter: Dr. Sieber-Schumoff) und
aus der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Kaiserlichen
Militär - medizinischen Akademie (Leiter: Prof. N. P. Simano wsky).]
Von S. Borscliim.
Die hervorragende Bedeutung, welche den mannigfaltigen fermen-
tativen Prozessen im Leben des Organismus zukommt, ist schon längst
wissenschaftlich begründet. Im Laufe der Jahre gewinnen diese Vor-
gänge auf Grund vielfältiger Beobachtungen und Untersuchungen noch
immer mehr an Bedeutung, und wenn wir die jetzt herrschenden An-
sichten zusammenfassen wollen, so können wir mit Opp enheim er ^)
sagen, daß alle Phasen im Leben des Organismus unter Mitwirkung
fermentativer Prozesse verlaufen. Zur Bestätigung dieser Ansicht dient
ferner noch die weite Verbreitung der Fermente unter den verschieden-
artigsten Vertretern des Tier- und Pflanzenreiches.
Eine besondere Stellung nimmt das Studium der fermentativen Prozesse
in bezug auf deren Einwirkung auf die Gewebe ein. Es handelt sich
hier um cytolytische, autolytische, mit anderen Worten um proteolytische
Prozesse, welche schon vor 30 Jahren von N a u n y n 2) und später von
Salkowsky, Hofmeister u. a. ^) beobachtet wurden.
Eine detailliertere Bearbeitung der Frage über die proteolytischen
Fermente finden wir in den Arbeiten neuerer Autoren, welche sich beim
Studium der Fermente biologischer Methoden bedienten, so z. B. Stern,
Eppenstein, Fuld, Müller, Joch mann u. a.
Müller und Jochmann^) wiesen die fermentativen Prozesse im
eitrigen Sputum dadurch nach, daß sie letzteres in Form von Tropfen
auf Löfflersche Platten brachten. Wurden diese nun für einige Zeit
(von einigen Stunden bis zu 24 Stunden) bei einer Temperatur von 50
— 60° C in den Thermostaten gestellt, so bildeten sich, entsprechend den
1) Heile, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 55. 1904.
2) Kolaczek, Beitr. z. klin. Chir. Bd. 61.
3) Müller u. Jochmann, München, med. Wochenschr. 1906. No. 29.
Centralblütt für Bakteriologie Abt. I. Orig.Bd. 62.
S.Michailow, Cholera asiaUca.
Michäilow gez.
Verlag von Gustav Rscher in Jena.
Llth-Anstv. Johannes Arndt, Jena.
Borschim, Ueber fermentative Prozesse bei Ozaena. 555
Stellen, wo die Tröpfchen aufgetragen waren, Dellen auf der Platte. War
das Sputum vorher auf 100° erwärmt worden, so erfolgte keine Dellen-
bildung.
Durch eine ganze Reihe von Experimenten an verschiedenem
Material wie seröses und eiteriges Sputum, Blut, zerriebene und pulveri-
sierte, blutbildende Organe gelang es festzustellen, daß die Leukocyten,
sowohl die neutrophilen, wie die Myelocyten, als Träger der proteolytischen
Eigenschaften des Blutes anzusehen sind, während Lymphocyten, eosino-
phile Zellen und Mastzellen dieser Eigenschaften entbehren.
Diese Tatsachen dienen einigen Autoren als Grundlage für die Er-
klärung des Verlaufes und der Eigentümlichkeiten einiger pathologischer
Erscheinungen. Der chronische Verlauf der kalten Abszesse ohne Tendenz
zur Resorption wird von diesen Forschern durch das Fehlen von poly-
nukleären Leukocyten und den daraus resultierenden Mangel an Ferment
im Eiter dieser Abszesse erklärt; den rascheren und stürmischeren
Verlauf der heißen Abszesse erklärt die Mehrzahl der Autoren durch den
Reichtum des Eiters an Leukocyten und folglich auch an Ferment, das
bei dem Zerfall derselben frei wird.
Die bis jetzt bei der Ozaena, einer Krankheit, deren eigentliches
Wesen noch unklar ist, ausgeführten Untersuchungen des Nasensekretes
ergaben, daß letzteres hauptsächlich aus Eiterkörperchen (mono- und
polynukleären Leukocyten) und einer Menge verschiedener Bakterien be-
steht. Von einigen Autoren, wie Thost^), Loewenberg^), AbeH)
u. a. wurden bekanntlich gewisse Bacillen aus dem Nasensekret isoliert
und als Erreger dieser Krankheit angesehen.
Berücksichtigen wir das oben über die Fermente und ihre Träger
Gesagte, als welche wir unter anderen die Leukocyten und Mikroorganismen
bezeichneten, so sehen wir, daß dies gerade die Elemente sind, aus denen
das Nasensekret bei Ozaena besteht, und die Vermutung nahe liegt, ob
nicht die genannten Krankheiten von fermentativeu Prozessen begleitet
seien und ob es nicht gelingen wird, im Nasensekret dieser Krankheiten
eine Reihe von Fermenten und darunter auch proteolytische Fermente
nachzuweisen.
Letztere befinden sich bekanntlich in inaktivem Zustand (als Zymogen),
können aber unter dem Einfluß verschiedener Momente und Bedingungen
aktiv werden. Dann unterliegen Zellen und Gewebe des erkrankten
Organismus ihrer verdauenden Wirkung und der pathologische Zustand
kann dadurch verschlimmert werden.
Die Untersuchung des Nasensekretes bei Ozaena nach dieser Richtung
hin wurde mir von Frau Dr. Sieber-Schumoff vorgeschlagen, und
unter ihrer wertvollen Leitung ausgeführt, wofür ich meinen herzlichsten
Dank an dieser Stelle mir auszusprechen erlaube. Dieses Thema bot
unzweifelhaftes Interesse, da Untersuchungen in solcher Richtung bei
Ozaena bis jetzt noch nicht ausgeführt worden sind.
Vor allem war es nun unsere Aufgabe, festzustellen, ob im Nasen-
sekret bei Ozaena überhaupt Fermente enthalten sind. Falls dies der
Fall ist, mußten wir die Art derselben feststellen und außerdem ent-
scheiden, ob dieselben vom Gewebe selbst resp. der Schleimhaut oder
aber von den Bakterien, oder schließlich den Phagocyten geliefert werden.
1) Thost, Dtsche med. Wochenschr. 1886. No. 10.
2) Loewenberg, Ann. de l'Instit. Pasteur. T. 8. 1894.
3) Abel, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 21. 1896.
556 Centralbl. f. Bakt. etc I Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Wir wenden uns jetzt zur Schilderung der Untersuchungsmethoden,
deren wir uns bei unserer Arbeit bedienten, wobei wir dieselben in zwei
Gruppen einteilen wollen. Zur ersten gehört der bakteriologische Teil
der Arbeit, d. h. der Nachweis von Bakterien, welche bei Ozaena über-
haupt vorkommen, dann, so weit es möglich ist, die Isolierung der
spezifischen Bakterien oder derjenigen, welche bis jetzt als spezifisch an-
gesehen wurden. Hierher gehören ferner das Studium der verschiedenen
Eigenschaften der Bakterien und ihre Kultivierung auf verschiedenen
Nährböden, wie Agar, Bouillon und sterilisiertem Extrakt aus dem Nasen -
Sekret (Borken und Schleim) und endlich die Untersuchungen über die
Wirkung der Kulturen und ihrer Toxine im Tierversuch.
Zur zweiten Gruppe zählen wir die Untersuchungen der fermenta-
tiven Eigenschaften des Nasensekretes bei Ozeana.
Die Mehrzahl der an Ozaena leidenden Personen, bei denen wir
Nasensekret entnahmen, gehörte zu den Ambulanzpatienten der Klinik
für Hals-, Ohren- und Nasenkrankheiten des Akademikers N. P. Sima-
nowsky. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle meinen besten Dank
auszusprechen, sowohl für die Erlaubnis, die reichen Hilfsmittel der
Klinik benutzen zu dürfen, wie für die wertvollen Ratschläge während
meiner Anwesenheit dort.
Die Diagnose auf Ozaena stellten wir auf Grund der charakteristi-
schen Kardinalsymptome dieser Krankheit, wie Borkenbildung, spezifischer
Geruch und atrophische Erscheinungen in der Nase, ohne daß Lues oder
Erkrankung der Nebenhöhlen nachweisbar gewesen wären.
Die Patienten mit Ozaena trennten wir auf Grund der klinischen
Erscheinungen in zwei Kategorieen. Zu der einen rechneten wir die
besonders typischen und die frischeren Fälle, meist bei jungen Individuen
mit ausgesprochenen atrophischen Erscheinungen in der Nase und Pro-
duktion eines rasch eintrocknenden serös-eiterigen Sekretes mit spezi-
fischem Geruch, welcher jedesmal bei dem Kranken zu konstatieren war.
Zur zweiten Kategorie zählten wir diejenigen Fälle, wo die Krankheit
entweder schon lange bestand oder wo der Geruch zeitweise (besonders
unter dem Einfluß der Therapie) verschwand und wo die Fähigkeit des
Sekretes, zu Borken einzutrocknen, nicht die Dimensionen annahm, wie
in den Fällen der ersten Kategorie.
Das Nasensekret dieser Kranken lieferte uns das Material für unsere
Untersuchungen. Die Technik bei der Gewinnung dieses Materials war
folgende: Ein M a r 1 i - Streifen von etwa 10 cm Länge und IV2 cm Breite
wurde in ein Reagensglas gebracht, dasselbe mit einem Wattebausch
verschlossen und während 2 Stunden mittels trockener Hitze sterilisiert ;
darauf wurde das Gläschen mitsamt seinem Inhalt gewogen.
Dann wurde dieser M a r 1 i - Streifen so in die Nase des Patienten
eingeführt, daß er möglichst ausgiebig mit der Nasenwand in Berührung
kam. Nach etwa 10— 15 Minuten wurde der Streifen herausgezogen und
sofort wieder in das Reagensröhrchen gebracht, welches nun zum zweiten
Male gewogen wurde. Die Differenz im Gewicht des Mar li- Streifens
vor und nach dem Einführen in die Nase ergibt das Gewicht des an ihm
haftenden Sekretes und der Borken. Dadurch wird wenigstens eine an-
nähernd genaue Schätzung der quantitativen Verhältnisse erzielt, was
uns anderseits ermöglicht, über die Energie der quantitativen Prozesse
bei Ozaena ein Urteil zu bilden.
Borschim, Ueber fermentative Prozesse bei Ozaena. 557
Der Inhalt des Reagensglases wurde nun mit 10 ccm steriler physio-
logischer Kochsalzlösung Übergossen und dann irgendein antiseptisches
Mittel, z. B. Chloroform hinzugefügt, um Fäulniserscheinungen zu ver-
hindern. Darauf erfolgte die Extraktion, indem man das Reagensglas
während 2X24 Stunden an einem kühlen Ort stehen ließ. Später wurde
dieser Extrakt noch mit 20—30 ccm der gleichen Kochsalzlösung ver-
dünnt.
Zum Studium der Bakterien und ihrer Kulturen bedienten wir uns
der allgemein üblichen Methoden.
Es wurden zuerst Kulturen auf Bouillon angelegt, von hier aus er-
folgte eine Uebertragung auf Agar in Petr i-Schalen, um so eine Iso-
lierung der bei dieser Krankheit vorkommenden Bakterienarten zu er-
zielen.
Die auf Agar, Gelatine, Pferdeserum, Milch und Kartoffeln angelegten
Kulturen der von uns isolierten Bakterien zeigten viele der Eigenschaften,
welche für den von Abel beschriebenen Bacillus mucosus ozaenae
charakteristisch sind. Dieser Bacillus ist ebenso wie der von Abel be-
schriebene gramnegativ, muß aber zu den fakultativen Anaeroben gezählt
werden.
Was die pathogene Wirkung auf verschiedene Tiere anbetrifft, so
unterscheidet sich der von uns isolierte Bacillus von dem Ab eischen.
Wir verwendeten bei den Tierversuchen 1 — 3 Tage alte Bouillonkulturen.
Bei weißen Mäusen erfolgte der letale Ausgang nach subkutaner Injektion
von 1—3 ccm Bouillonkultur nach Ablauf von einer halben Stunde bis
zu einer Woche (je nach dem Alter der Kultur), Kaninchen gingen bei
Injektion von 5 — 8 ccm in die Ohrveue etwa nach einer Woche zugrunde.
Kleinere, subkutan injizierte Dosen führten zwar weder bei den genannten,
noch bei anderen Tieren (Meerschweinchen, Frösche) zum Tode, riefen
aber allerlei Krankheitssymptome hervor, wie beschleunigte Atmung,
Temperatursteigerungen bis zu 40,7 — 40,9 (bei Kaninchen), Conjunctivitis
bis zu vollkommener Verklebung der Augen (bei Mäusen), allgemeine
Mattigkeit usw.
Die Autopsie der durch unsere Kulturen getöteten Tiere ergab eine
ausgesprochene Hyperämie der meisten inneren Organe, die Nieren
waren stark vergrößert (besonders in den chronisch verlaufenden Fällen)
und zeigten auf dem Querschnitt eine deutliche Hyperämie der Mark-
schicht.
Bei Prüfung der Giftwirkung, welche den löslichen Toxinen aus den
Kulturen der von uns isolierten Bacillen zukommt, erhielten wir folgende
Resultate. Am wenigsten widerstandsfähig waren Mäuse, welche bei
subkutaner Injektion von 5 ccm frischen Toxins (aus der Bouillonkultur
der isolierten Stäbchen) nach 20 Stunden zugrunde gingen ; Meerschwein-
chen und Kaninchen blieben zwar am Leben, wenn ihnen 8 — 12 ccm
Toxin zugeführt wurden, waren aber längere Zeit krank, fieberten bis
über 40° und nahmen stark an Gewicht ab (90 — 100 g in 4 Tagen). Die
Injektionen erfolgten bei Meerschweinchen intraperitoneal, bei Kaninchen
intravenös.
Wir benutzten ferner die oben beschriebenen Bakterien, w^elche ent-
weder mit den Ab eischen identisch sind oder denselben jedenfalls nahe
stehen, ebenso wie das Nasensekret bei Ozaena hauptsächlich zum
Studium einiger fermentativer Prozesse. So prüften wir die Spaltung
von Eiweiß, Stärke, Fett und Wasserstoffsuperoxyd, d. h. die Wirkung
der Protease, Aniylase, Lipase und Katalase.
558 Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt. Originale, ßd. 62. Heft 7.
Die Versuche über Proteolyse wurden folgenderweise ausgeführt:
Als Verdauungsobjekt wählten wir 2^*70 0 neutrale Kaseinlösung, welche
nach der Methode von Gross-Fuld^) [beschrieben bei Bergmann
und Meyer-)] hergestellt wurde. Eine bestimmte Menge Extrakt aus
Borken oder Nasensekret, welch letzteres einem bestimmten Gewicht der
Borken selbst entsprach, wurde in ein Reagensglas gebracht und dazu-
eine bestimmte Menge Kaseinlösung hinzugefügt. In ein Kontroll-
gläschen wurden dieselben Bestandteile gebracht, nur mit dem Unter-
schied, daß die das Ferment enthaltende Flüssigkeit zuerst gekocht und
so deren fermentative Wirkung vernichtet wurde. Darauf brachten wir
beide Reagensgläser für 24 Stunden bei etwa 39 — 40" C in den Thermo-
staten. Nach Ablauf dieser Zeit wurde in beiden Gläsern das unver-
daute Eiweiß mittels Essigsäure gefällt (letztere wurden nach den An-
gaben von Meyer und Bergmann resp. Gross-Fuld hergestellt),
der Niederschlag abfiltriert und im Filtrat die Menge des N nach
Kjeldahl bestimmt. Aus der Differenz in der Quantität des N in
beiden Gläsern können wir nicht nur auf eine stattgefundene Eiweiß-
verdauung überhaupt schließen, sondern auch auf die proteolytische Kraft
des von uns untersuchten Materials.
Da die einem bestimmten Volumen Extrakt entsprechende Borken-
menge bei den verschiedenen Versuchen eine verschiedene war und zu-
weilen auch die Menge der Kaseinlösung nicht immer die gleiche war,
so wird eine vergleichende Beurteilung der Resultate erschwert. Zur
Erleichterung dieser Aufgabe war es notwendig, die erhaltenen Stickstoff-
mengen aus dem verdauten Eiweiß oder aber die Menge des zu ver-
dauenden Eiweißes selbst ^) durch eine einfache Umrechnung in kon-
stanten Größen anzugeben. Als solche wählten wir für das Nasensekret
1 g und für die Kaseinlösung 100 ccm.
Bei der Untersuchung auf Amylase bedienten wir uns des von
Wohlgemuth^) vorgeschlagenen Verfahrens: Die Energie des Fer-
mentes wurde aus der für den Versuch gewählten, einem bestimmten
Gewicht Borken entsprechenden Flüssigkeitsmenge, und einer 1-proz.
wässerigen Stärkelösung bestimmt. Der Verdauungsversuch dauerte
9 Stunden. Die dabei resultierenden Zahlen führen wir auf eine Ein-
heit zurück. Als solche Einheit wählten wir die von 1 g Borken ge-
lieferte Energiemenge, welche imstande ist, innerhalb 9 Stunden 1 ccm
der genannten Stärkelösung zu verdauen.
Die Bestimmung der Katalase beruht auf der Fähigkeit letzterer
H2O2 zu spalten und wurde von uns durch Titration des unzerlegten
Restes von HgOg mittels Vso N-Lösung von KMnO^ berechnet^). Die
Wirkungsdauer des Fermentes betrug 10 Minuten. Als Einheit der
fermentativen Energie wählten wir die von 1 g Borken gelieferte Energie,
welche imstande ist, im Verlauf von 10 Minuten eine bestimmte Anzahl
Kubikzentimeter einer 1-proz. Wasserstoffsuperoxydlösung zu spalten.
Die Bestimmung der lipolytischen Energie fußt auf der Fähig-
1) Bergmann u. Meyer, Berlin, klin. Wochenschr. 1908. No. 37; ibid. No. 30.
p. 1418.
2) Arch. f. experim. Pathol. u. Pharraakol. Bd. 58.
3) Wenn der Gehalt an N bekannt ist, so muß man, um daraus den entsprechenden
Eiweißgehalt zu berechnen, das Gewicht des N mit dem Eiweißkoeffizienten = 6,25
multiplizieren.
4) Wohlgemuth, Biochem. Zeitschr. Bd. 9. Heft 1.
5) öenter, Zeitschr. f. physik. Chera. Bd. 44. p. 257.
Borschim, lieber fermentative Prozesse bei Ozaena. 559
keit des Fermentes, Fette in Glyzerin und Fettsäuren zu zerlegen ; wir
benutzten zur quantitativen Bestimmung der freigewordeuen Fettsäuren
titrierte Vioo N-Lösung von KOHi)^).
Durch eine Reihe von Versuchen, welche wir in der oben be-
schriebenen Weise ausführten, gelang es uns, im Extrakt aus Nasen-
sekret bei Ozaena eine fermentative Wirkung in bezug auf Eiweiß
(Kasein), Stärke und Wasserstoffsuperoxyd zu konstatieren, d. h. die An-
wesenheit von Protease, Amylase und Katalase nachzuweisen. In bezug
auf Lipase blieben unsere Nachforschungen erfolglos, trotzdem wiederholte
Versuche angestellt wurden.
Nachdem wir so das Vorhandensein von Fermenten im Nasensekret
bei Ozaena konstatiert hatten, erschien es unumgänglich: 1) festzustellen,
wie weit diese Fermente für das Nasensekret der genannten Krankheit
charakteristisch sind, und 2) nachzuweisen, ob dieselben von Bakterien
oder Eiterkörperchen resp. Leukocyten herstammen.
Um die erstgenannte Frage zu lösen, stellten wir eine ganze Reihe
von Versuchen an und prüften die Wirkung von Extrakt aus normalem
Nasensekret und von Sekret bei einfachen, chronischen, atrophischen
Katarrhen ohne Foetor auf Eiweiß, Stärke, Fette und HaOj.
Das Nasensekret wurde künstlich durch Einführung von Marli-
Tampons hervorgerufen.
Für die Lösung der zweiten Frage bedienten wir uns analoger Ver-
suche: Wir prüften die Eiweißverdauung einesteils an Material, das
reichlich polynukleäre Leukocyten enthält, wie z. B. Abszeßeiter vom
Menschen, Exsudat vom Hunde und anderenteils an Bakterientoxinen,
welche teils zum Zwecke der Kontrolle auf Spezifität der Mikroben aus
den Mischkulturen aller bei Ozaena vorkommenden Bakterien, teils von
den isolierten Bacillen allein gewonnen wurden.
Das von uns auf seinen Fermentgehalt geprüfte Material war also
folgendes :
I. Gruppe. Extrakt aus Nasensekret von Gesunden wie von solchen,
die an Ozaena oder Rhinitis chron. atroph, non foetida litten.
IL Gruppe. Extrakt aus Eiter oder aus polynukleären Leukocyten
reichem Exsudat.
III. Gruppe. Bakterientoxine der zwei oben erwähnten Kategorieen.
In den weiter unten angeführten Tabellen folgt die Zusammenstellung
unserer Untersuchungsresultate für die Gruppen des von uns unter-
suchten Materials und die einzelnen Fermente.
L Gruppe.
Versuche mit Extrakt aus Nasensekret von kranken und gesunden
Patienten und Angaben über die Resultate der Kasein- und Stärkever-
dauung sowie der Spaltung von H-^Og.
Bei Betrachtung der in den Tabellen angeführten Tatsachen fällt
auf, daß die Energie des proteolytischen Fermentes bei Versuchen mit
Naseusekret von verschiedenen Kranken durchaus nicht immer die gleiche
ist. Die Eiweißverdauung verläuft am intensivsten mit Nasensekret von
Kranken der ersten Gruppe, welche an einer relativ schweren Form
der Ozaena leiden, während sie in leichteren Fällen von Ozaena schwächer
ist ; die geringste Eiweißverdauung findet statt mit Sekret von Patienten,
1) Hanriot et Gamus, Compt. rend. soc. biol. 1897. p. 124.
2) Sieber, N., Zeitechr. f. physiol. Chem. Bd. 55. p. 177.
Ö60
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Tabelle I.
Versuche über Kaseinverdauuug (Protease).
No.
Name den
Patienten (
A.rt der Krankheit,
ivobei die Fälle von
Jzaena in 2 Gruppen
verteilt sind
Charakter
des Nasen-
sekretes
Menge des verdauten
Eiweißes in Gramm nach
der Umrechnung auf eine
Konstante
1
2
3
4
5
6
7
K-wa
P— n
A— a
Dieselbe
T— a
A. T.
D— seh
M— tsch
I. Gruppe
' Ozaena (schwere
Form)
Schleim
Borken
Schleim
Borken
))
)>
n
"
3,125
11,97
0,78
1,88
0,875
3,7
2,031
1,406
3,22 im Durchschnitt
8
9
10
11
12
13
14
15
B-y
Dieselbe
A— a E.
Ch— w
K— na
S — wa
M— w
B— w
K-w
II. Gruppe
Ozaena (leichtere
Form)
Schleim
Borken
Schleim
Borken
)7
))
»
>>
0,45
0,65
1,17
1,07
1,56
2,63
2,91
4,75
1,36
1,83 im Durchschnitt
16
17
B-k
B— m
1 Rhinitis chronic.
> atroph, non
) foetida
Schleim
Borken
0
1,3
B— m
A — m
> Normal
Schleim
>>
0
0
die an einem einfachen, atrophischen, chronischen Nasenkatarrh leiden,
so scheint es wenigstens bei den leider nur geringen Zahl der letzt-
genannten Erkrankungen, die uns zur Verfügung standen. Den gleichen
Unterschied in der Intensität der proteolytischen Prozesse beobachten
wir auch an dem schleimartigen Sekret der an Ozaena leidenden
Patienten; in den schweren Fällen verläuft die Kaseinverdauung viel
energischer als in den leichten.
Von einigem Interesse ist ferner der Vergleich der Resultate bei
der Prüfung der fernientativen Kraft in 2 Fällen gewöhnlichen atrophischen
Katarrhs, wobei in dem einen Versuch das eingetrocknete Nasensekret
(Borken), in dem anderen der Schleim benutzt wurde. Wie aus der
Tabelle ersichtlich, gelang es nur in dem ersten Falle, die Anwesenheit
eines Fermentes zu konstatieren und auch dieses war schwach, in dem
zweiten Fall, wo Schleim verwendet wurde, gelang auch das nicht.
Was das normale, künstlich durch mechanische Reizung der Schleim-
haut hervorgerufene Nasensekret anbetrifft, so weist letzteres gleichfalls
gar keine fermentativen Eigenschaften Eiweiß gegenüber auf.
Bei Betrachtung dieser Tabelle erscheint beachtenswert, daß die
Intensität der amylolytischen Fähigkeiten des Nasensekretes bei schweren
Fällen von Ozaena so ausgesprochen ist, während dieselbe bei leichteren
Formen dieser Krankheit viel schwächer und bei gewöhnlicher atrophischer
Rhinitis recht wenig ausgesprochen ist. Im normalen Nasensekret beträgt
diese Fähigkeit auch nur geringe Werte, übertrifft aber doch die fermen-
tative Energie bei einfacher chronisch-atrophischer Rhinitis ohne Foetor.
Borschim, Ueber fermentative Prozesse bei Ozaena.
561
Tabelle II.
Versuche über Stärkeverdauung und Spaltung von Wasserstoffsuperoxyd.
6 Name der
^ Patienten
Art des Energie der Amylase
Energie der
Art der Krankheit
Nasen-
auf die Einheit
Katalase auf die
sekretes
bezogen
Einheit bezogen
1 M— tsch
Schwere Form der Ozaena
Borken
2272
1,690
2 Ch-w
Leichte Form von Ozaena
1562
2,448
3 ' K— wa
Leichte Form von Ozaena
781
2,958
4 ß— m
Rhinit. chron. atroph, non
foetida
))
200
0,646
5i A— m
Normal
Schleim
294
0,08
Was die fermentative Energie der Katalase anbetrifft, so ist diese,
wie aus der angeführten Tabelle ersichtlich, am ausgesprochensten bei
Ozaena, schwächer bei gewöhnlicher chronisch-atrophischer Rhinitis ohne
Foetor und noch schwächer im normalen Nasensekret,
II. Gruppe.
Versuche an Extrakt aus Eiter oder aus reichlich polynukleäre
Leukocyten enhaltendem Exsudat, wobei in der Tabelle die Resultate der
Kasein- und Stärkeverdauung und der Spaltung von HgOg angegeben sind.
Tabelle IIL
Untersuchungsmaterial
Menge des verdauten Eiweißes
in Gramm nach Umrechnung
auf eine Konstante
Energie der
Amylase
Energie der
Katalase
Abszeßeiter vom Menschen
Exsudat vom Hunde
1,24
0,52
130
731
0,45
0,1944
Die angeführten Tatsachen ergeben, daß sowohl Protease wie Amy-
lase und Katalase in den polynukleären Leukocyten enthalten sind, wobei
wir sehen, daß die Protease und Katalase in den Leukocyten des Menschen
eine größere fermentative Energie aufweisen, als in den gleichen Form-
elementen des Hundes. Was die Amylase anbetrifft, so ist deren fermenta-
tive Energie bei den polynukleären Leukocyten des Hundes eine höhere.
IIL Gruppe.
Experimente mit Bakterientoxinen sowohl aus Mischkulturen aller
Bakterien aus dem Nasensekret bei Ozaena, wie aus Reinkulturen der
isolierten Stäbchen, wobei in der Tabelle die Resultate der Verdauung
von Kasein und Stärke und die Spaltung von HgOg angegeben sind.
Aus der angeführten Tabelle ersehen wir, daß in den Stoffwechsel-
produkten der bei Ozaena vorkommenden Bakterien keinerlei auf Kasein
einwirkende Fermente enthalten, dagegen aber wohl solche anwesend
sind, die auf HgOo und Stärke einwirken.
Uebrigens muß in diesem Fall hinsichtlich des amylolytischen
Fermentes bemerkt werden, daß hier augenscheinlich der Nährboden, auf
dem die Bakterien gezüchtet werden, eine Rolle spielt : Die Bouillon be-
fördert die Wirksamkeit des Fermentes, aktiviert dasselbe. Wir werden
außerdem in dieser Voraussetzung noch durch einen anderen Versuch
bestärkt: Toxine von Kulturen, die auf Borkenexträkt gezüchtet waren,
gaben, wie wir aus der Tabelle ersehen, keine Stärkeverdauung, diese
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 7. 36
562
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Tabelle IV.
Bezeichnung der
Bakterien deren Nähr-
Untersuchujigsmaterial
Toxiue unter-
sucht wurden
1 bodeu
bei
Ei weiß verdauun g
bei Stärkeverdauung
bei der Spaltung
von HjOj
Bakterien des
Bouillon
Extrakt
aus
Borken
Es erfolgte keine
Verdauung
Die Verdauung fand
statt
Die Spaltung fand
statt
Nasensekretes •
bei Ozaena
dgl.
Keine Verdauung
dgl.
Bouillon
Es erfolgte keine
Verdauung
Die Verdauung fand
statt
Die Spaltung fand
statt
Isolierte Bacillen.
Extrakt
aus
Borken
1
dgl.
Keine Verdauung
dgl.
trat aber auf, wenn zu den obengenannten Kulturen vorher Bouillon
hinzugefügt worden war.
Vom Standpunkt der Pathogenese nehmen die proteolytischen Pro-
zesse unter all den von uns untersuchten fermentativen Vorgängen die
erste Stelle ein, denn durch dieselbe wird eine Verdauung des eiweiß-
haltigen Grundbestandteiles der Gewebe bewirkt.
Oben erwähnten wir bereits die experimentellen und theoretischen
Beweise, welche von den Anhängern jener Ansicht ausgeführt werden,
wonach dem proteolytischen Ferment eine wichtige Rolle bei einigen
pathologischen Prozessen zuerkannt wird.
Nach der Ansicht einiger Autoren, wie Joch mann, Baetzner^) u.a.,
kann der Verlauf akuter Eiterungen, ihr Ausgang in Heilung oder der
Uebergang in eine chronische Form unter Mitwirkung des proteolytischen
Fermentes erfolgen. Betrachten wir die von uns sicher nachgewiesenen
und in vitro bei der Wirkung von Extrakt aus Nasensekret auf Eiweiß
beobachteten proteolytischen Erscheinungen vom Standpunkt der oben-
genannten Forscher, so drängt sich uns unwillkürlich der Gedanke auf,
ob nicht diese Prozesse und die Atrophieen bei Ozaena in einem
kausalen Zusammenhang zueinander stehen, d. h. wir fragen uns, ob das
für Ozaena so charakteristische Symptom der Atrophie nicht eine Folge-
erscheinung der Proteolyse ist.
Betrachtet man diese Erkrankung als einen chronischen Entzündungs-
prozeß, der bekanntlich von Leukocytose begleitet ist, so kann man in
der Tat das Auftreten von Ferment in dem hauptsächlich aus Leuko-
cyten bestehenden Nasen sekret als Resultat des Leukocytenzerfalles im
Kampf mit dem Krankheitserreger ansehen. Das Ferment wird dabei
aus den zerfallenden Leukocyten selbst frei und kann, da es im Ueber-
fluß vorhanden ist, zerstörend auf die umgebenden Gewebe wirken, be-
sonders da letzteres durch die Wirkung der Bakterien und ihrer Stoff-
wechselprodukte (Toxine) bereits geschwächt ist. Die atrophischen
Vorgänge in den tieferen Teilen, d. h. dem Knochengerüst der Nase,
können möglicherweise ebenfalls auf die fermentativen Prozesse zurück-
geführt werden, sei es, daß es sich um das von uns nachgewiesene
proteolytische oder möglicherweise um irgendwelche andere Fermente
handelt, die wir bis jetzt noch nicht nachweisen konnten.
1) Jochmann u. Baetzner, München, med. Wochenschr. 1906, p. 45.
Bors Chi m, Ueber fermeatative Prozesse bei Ozaena. 563
Wenn wir ferner die Ansichten der oben zitierten Autoren (Joch-
mann und Baetzner) auch auf die hier behandelte Krankheit an-
wenden, d. h. annehmen, daß die Fermente außer ihrer direkt verdauenden
Wirkung auf die Gewebe auch noch einen Reiz auszuüben imstande sind,
dann wird vielleicht auch der chronische Charakter der von uns studierten
Krankheit verständlicher werden.
Was den Foetor, diese unangenehmste Begleiterscheinung der in
Frage kommenden Erkrankung anbetrifft, so kann dieses Symptom
augenscheinlich nicht mit den fermentativen, durch die Anwesenheit der
polynukleären Leukocyten bedingten Prozessen in Zusammenhang gebracht
werden und beruht auf der Anwesenheit von Bakterien. Jedenfalls
gelang es auch bei Fehlen von Foetor dennoch im Nasensekret sowohl
proteolytische als auch andere Fermente nachzuweisen.
Aus dem Gesagten folgt, daß, wenn man den fermentativen Prozessen
bei Ozaena auch keine ausschließliche Bedeutung zuschreiben kann, man
ihnen nichtsdestoweniger eine bedeutsame Mitwirkung bei der Entwicke-
lung und dem Verlauf dieser eigenartigen Krankheit zuerkennen muß.
Da ferner der von uns isolierte und oben beschriebene Bacillus im-
stande ist, lösliche Toxine zu bilden, so muß auch letzterem eine gewisse
Bedeutung zugeschrieben werden, und es wäre interessant, durch weitere
Untersuchungen festzustellen, welche Rolle die Toxine bei diesem kompli-
zierten Krankheitsprozesse spielen.
Wir stellten auch die Immunisationsversuche an Tieren an, in der
Absicht, spezifische Sera zu gewinnen, und werden die Resultate unserer
Versuche seinerzeit mitteilen.
Resümieren wir nun das auf Grund unserer Untersuchungen bereits
Gesagte, so sind die Ergebnisse unserer Arbeit folgende:
1) Es ist uns gelungen, im Nasensekret bei Ozaena einen Mikro-
organismus nachzuweisen und zu isolieren, der seinen Eigenschaften
nach dem Bacillus mucosus ozaenae von Abel nahe steht, sich
von ihm aber in bezug auf seine pathogene Wirkung auf einige Tiere
(Kaninchen) unterscheidet.
2) Der von uns isolierte Mikroorganismus ist imstande, auf künst-
lichem Nährboden lösliche Toxine zu bilden.
3) Diese Toxine üben eine pathogene Wirkung auf dieselben Tiere aus.
4) Es gelang uns, im Nasensekret bei Ozaena die Anwesenheit proteo-
lytischen Fermentes, ebenso wie Katalase und Amylase nachzuweisen.
5) Das Sekret (Borken) bei chronisch-atrophischer Rhinitis ohne
Foetor besitzt die ähnlichen fermentativen Eigenschaften, wenn auch in
geringerem Maße.
6) In dem künstlich hervorgerufenen Sekret der normalen Nase
gelang es uns nur, Katalase und Amylase nachzuweisen, proteolytisches
Ferment konnte dagegen nicht konstatiert werden.
7) Bei gewöhnlicher Rhinitis non foetida wechselt der Gehalt an
proteolytischem Ferment, je nach dem Charakter des Sekretes, enthält
dieses Leukocyten, so wird auch Ferment vorgefunden, in serösem Sekret
dagegen fehlt es.
8) Bei Ozaena findet man proteolytisches Ferment, unabhängig vom
Charakter des Nasensekretes.
36*
564 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
9) Aus folgenden Gründen ist es anzunehmen, daß das proteolytische
Ferment bei Ozaena von den polynukleären Leukocyten abstammt:
a) Auf Grund des von uns experimentell festgestellten Fehlens des-
selben sowohl in den Stoffwechselprodukten der Bakterien wie in den
bei Ozaena vorkommenden Bakterien selbst.
b) Auf Grund der Identität in den Eigenschaften dieses Fermentes
und der Leukoprotease, welche in den polynukleären Leukocyten ent-
halten ist.
10) Die anderen Fermente (Amylase und Katalase) können nicht
nur vom Gewebe und von den Leukocyten, sondern auch von den Bak-
terien abstammen.
Nachdruck verboten.
Beitrag zur Kenntnis der menscliliclien Hornhautbakteriosen,
Von Dr. Boleslaw Nainyslowski, Krakau.
Aus dem Sekret der vereiterten Hornhaut eines Kindes, dessen
Auge ein Stockschlag traf, legte Dr. E. Rosen hauch eine Agarkultur
an, welche er mir liebenswürdigst zur näheren Untersuchung überließ.
Aus dieser Kultur wurde ein Strahlenpilz gewonnen, welcher wahrschein-
lich mit dem Actinomyces albus acidus Neukirch (1) identisch ist,
jedoch zweifellos zur Sammelart Actinomyces albus Gasperini
gehört.
Seine Entwickelung auf den verschiedenartigen Nährböden erfolgt
stets bei Zimmertemperatur. Auf geronnenem Hühnereiweiß keimt er
sofort und bedeckt den Nährboden mit einem zarten, weißen Anflug;
öfters werden konzentrische Zuwachsringe des Strahlenpilzes sichtbar.
Einige Monate alte Kulturen nehmen eine schmutzig-weiße Farbe an.
Das geronnene Eiweiß beginnt schon 2 Wochen nach der Aussaat, seine
milchweiße Farbe zu verlieren und wird nach und nach ganz durch-
sichtig. Es verändert sich auch die Konsistenz des Eiweißes, das unter
der Einwirkung des Strahlenpilzes weich wie Gelatine wird.
Auf erstarrtem Blutserum entwickelt er sich sofort nach der Aus-
saat und bildet sehr leicht erhabene, oft zusammenfließende Kolonieen
von kreideweißer Farbe. Der milchweiße Nährboden entfärbt sich unter
den Kolonieen, wird durchsichtig und schließlich, nach einigen Wochen,
verflüssigt er sich teilweise oder auch vollständig.
Auf Gelatine verursacht die Entwickelung des Pilzes eine langsame
Verflüssigung des Nährbodens, wobei jedoch die Gelatine weder ihre
Farbe noch Durchsichtigkeit verändert. Kolonieen, welche auf der Ober-
fläche der verflüssigten Gelatine schwimmen, sind kreideweiß; wenn sie
sich jedoch am Boden entwickeln, so sehen sie wie Watteflocken aus.
Auf Agar bilden sich Kolonieen von verschiedener Gestalt und
Größe, von den kleinen, 1 mm im Durchmesser zählenden, flachen
Kuppeln bis zu 3 cm breiten Kolonieen, welche entweder flach sind
oder sich gegen die Mitte zu bis zu \'2 ein erheben. Junge Kolonieen,
welche eine matte oder fett glänzende Fläche aufweisen, werden mit der
Zeit kreideweiß. Oefters werden Zuwachsschichten in Gestalt konzen-
Namystowski, Beitrag zur Kenntnis der menschl. Hornhautbakteriosen. 565
trischer Ringe sichtbar. Mit der Zeit, und zwar in dem Maße, wie das
Austrocknen der Kolonieen fortschreitet, falten sich dieselben strahlen-
förmig, ähnlich wie Actinomyces radiatus Namyslowski (2), was
jedoch hauptsächlich flache Kolonieen betrifft. Die größeren , in der
Mitte hügelförmig erhöhten Kolonieen falten sich anders; die Erhöhungen
sehen hier wie unregelmäßig gefaltete, in verschiedenen Richtungen ver-
laufende Hirnwindungen aus.
Auf Kartoffeln wachsen die Kolonieen gut, die Oberfläche des Nähr-
bodens ist zart und weiß oder hügelförmig, ca. ^|. cm hoch; auch werden
oft auf diesem Nährboden konzentrische Auswüchse sichtbar.
Auf Weizenkörnern entwickeln sie sich auch und bilden an der
Oberfläche des Nährbodens weiße Häufchen.
Auf sterilisierter Milch entwickelt sich der Mikroorganismus im
Innern des Nährbodens vortrefflich, und in dem Maße, wie sich die Milch
durch Verlust des Wassers verdickt, kommt die Entwickelung auch an
der Oberfläche zum Ausdruck, auch werden konzentrische Wachstums-
ringe sichtbar. Die Milch reagiert nach einer gewissen Zeit sauer. Auf
Brot habe ich die Entwickelung nicht beobachtet.
Eine von den Kulturen, welche ich untersuchte, entwickelte sich
von den anderen insofern verschieden, als die Oberfläche der auf er-
starrtem Blutserum wachsenden Kolonieen sich dicht mit ca. 500 u
langen Zotten bedeckte. Die Zotten hatten die Form sehr langer, auf
breiter Basis stehender Kegel und bestanden aus dem kompakten Ge-
flecht der Strahlenpilzfäden.
Das einem beliebigen Nährboden entnommene Material stellt sich,
mikroskopisch untersucht, als ein Geflecht farbloser, verzweigter Fäden
dar, die ca. 1 u dick und scheinbar ohne jede Struktur sind, welche
jedoch nach Anwendung der Farbstoffe als Segmentation hervortritt.
Dies betrifft jedoch nur junge Kulturen, alte Kulturen unterliegen, ob-
wohl spät, oft erst nach vielen Wochen, einer Fragmentation ; die Fäden
zerfallen nämlich in ovale „Sporen". Obwohl die Schnelligkeit der
Fragmentation durch den Wassergehalt des Nährbodens bedingt ist,
bildeten meine Kulturen sogar auf ziemlich trockenen Nährböden, im
Vergleich mit Kulturen anderer Arten, sehr lange keine „Sporen". Die
spät hervortretende Fragmentation kann als ein charakteristisches Merk-
mal des beobachteten Organismus aufgefaßt werden.
Vollständig ausgeblieben ist die Fragmentation nur bei Anwendung
flüssiger Nährböden, wie Gelatine, Bouillon oder Milch, welche Eigen-
schaft übrigens mit allen über Strahlenpilze angestellten Beobachtungen
übereinstimmt. Im Innern eines flüssigen Nährsubstrates tritt eine
Sporenbildung niemals ein und in den an der Oberfläche schwimmenden
Kolonieen erst sehr spät.
Dieser Strahlenpilz dürfte, wie erwähnt, der Sammelart Actino-
myces albus Gasperini angehören; er nähert sich stark, weil seine
Milchkulturen die Reaktion des Nährbodens in eine sauere verwan-
deln, dem Actinomyces albus acidus Neukirch (1). Eine durch
E. Rosenhauch auf Kaninchen und Meerschweinchen mit positivem
Ergebnis unternommene Impfung erwies die Pathogenität dieses Strahlen-
pilzes.
Dies wäre bereits der 6. Fall von Hornhautaktinomykose, ihm
gingen voran die Fälle: de Berardinis (3), zur Neddens (4), Na-
myslowskis (2), Rosenhauchs (5) und Löwen Steins (6).
Die Beschreibung der in den verschiedenen okulierten Fällen beob-
566 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
achteten Strahlenpilze gestattet oft, trotz ungenauer Diagnosen, die Be-
stimmung der Art dieser Mikroorganismen. Nur zwei dieser Organismen
wurden eingehend untersucht, und zwar Actinomyces radiatus
Namystowski (2) und Actinomyces cerebriformis Narayslowski (2).
Meine Diagnosen dieser Arten sowie auch die meinem Studium
über die Hornhautstrahlenpilze entnommenen Abbildungen übernahm
Dr. E, Rosenhauch in seine klinische Arbeit (5). Die Strahlenpilz-
arten anderer Autoren, welche vom Standpunkte der bakteriologischen
Systematik aus noch nicht behandelt wurden, habe ich mit den Diagnosen
aller bekannten Strahlenpilze verglichen und überzeugte mich von ihrer
Sonderart. — Hiermit benenne und beschreibe ich sie, wobei ich ihren
Unterschied von anderen Arten zum Ausdruck bringe.
Actinomyces de Berardlnis Namystowski.
Synon. Streptothrix sp. de Berardinis. Pavia (Ann. d. Ottal.)
1904.
De Berardinis sagt in der Beschreibung seines Aktinomykose-
falles, welchen er Streptothrichose nannte, folgendes: „L'esame micro-
scopico delle culture ha fatto rilevare constantemente la formazione di
catene talvolta assai lunghe. Nelle culture vechie insieme alle catene
con individui piü o meno rigonfiati e in via di trasformazione, si hanno
acumuli formati di granuli e di brevi filamenti ramificati e clavati." —
Das ist also zweifellos ein Strahlenpilz, ein fadenförmiger, verzweigter
Organismus, dessen Fäden an den Enden keulenförmig sind und mit
der Zeit in „Sporen" zerfallen. Auf Gelatine kultiviert, verflüssigt er
den Nährboden nicht, färbt Bouillon und Agar gelb.
Dieser Art am nächsten steht Actinomyces Gruberi s. pluri-
color, er bildet zwar verschiedene Pigmente, welche jedoch in den
Nährboden nicht diffundieren. Actinomyces Eppingeri färbt Agar
nicht, Bouillon dagegen ockerrot. — Alle diese Arten unterscheiden sich
sehr entschieden von A. de Berardinis, es ist also unzulässig, diese
Strahlenpilze zu identifizieren.
Actinomyces zur Neddeni Namyslowski.
Synon. u. Liter. Streptothrix sp. zur Nedden, üeber Infekt, d.
Auges mit Streptothricheen. (Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1907.)
Dieser Organismus wurde einem Augenlide entnommen und als
Streptothrix beschrieben, er stellt ein fadenförmiges Gebilde dar,
welches sich nach Grams Methode färbt. Die Aussaat auf Milch, Kar-
toffeln oder Gelatine wies gar kein Wachstum auf. Auf Agar entwickelte
sich dieser Strahlenpilz bei Bruttemperatur sehr üppig, indem er einen
dicken, braunen Belag bildete, welcher dem B. xerosis ähnlich war.
Auf Bouillon konnte man auch Wachstum bemerken, aber nur in
dem Falle, wenn die Bouillonschicht seicht war und dem SauerstoflF
Zutritt gewährte. Die Zucht sauerstolffreier Kulturen gelang nicht. Für
Meerschweinchen und Kaninchen ist dieser Organismus nicht pathogen.
A. zur Neddeni nähert sich ein wenig dem A. Hofmani, aber der
letztere wächst auch anaerobisch, was einen genügenden Grund bietet,
ihre Verschiedenheit festzustellen; scheinbar ähnlich dem A. Neddeni
ist A. farciuicus, doch entwickelt sich der letztere auf Kartoffeln,
bildet keine „Sporen", und tötet Meerschweinchen in 9 bis 20 Tagen.
Eine Identifizierung beider Arten ist unzulässig.
NamysJowski, Beitrag zur Kenntnis der menschl. HomhautbakterioBen. 567
Actiuomyces roseus Namyslowski.
Synon. Actinomy ces sp. Löwenstein, Zur Bakteriologie des Horn-
hautgeschwüres. (Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1910.)
Löwenstein kultivierte ihn aus der Hornhaut als Actino-
myces sp. Ein fadenförmiger, verzweigter Organismus, dessen Zu-
gehörigkeit zur Gattung Actinomyces, das Photogramm des Präpa-
rates in Löwensteins Arbeit beweist. Kulturen auf Agar und Kartoffeln
sind kreideweiß, auf Glyzerinagar bilden sich zart rosageärbte Kolo-
nieen, deren Oberfläche mit welligen, verschieden verlaufenden Windungen
bedeckt ist (cerebriformj. Auf Gelatine entwickeln sich kreideweiße
Kolonieen, welche das Nährsubstratnichtverflüssigen. Bouillon
wird nicht trüb, erstarrtes Ochsenblutserum wird nach einigen Tagen
verflüssigt. Anf Milch wächst dieser Organismus nicht, er läßt sich so
in Zimmertemperatur, wie auch im Thermostaten kultivieren. Fast alle
Kulturen weisen eigenartigen Modergeruch auf.
A. Madurae nähert sich dem A. roseus, indem er auch Gelatine
nicht verflüssigt, er unterscheidet sich jedoch durch das Fehlen des
Geruchs, Wachstum auf Milch und Farbe der Glyzerinagarkulturen,
welche weißlich-gelb sind, und mit der Zeit oft eine rötliche, oder rosa
Farbe annehmen. — A. Eppingeri nähert sich auch scheinbar dem
A, roseus, er verflüssigt jedoch Blutserum nicht, seine Glyzerinagar-
kulturen haben eine ockerrotgelbe Farbe; der Umstand, daß er Gelatine
nicht verflüssigt, beweist aber noch nicht seine Identität mit A. roseus.
— Aehnlich dem A. roseus in bezug auf die Art der Kolonieenbildung
ist mein A. cerebriformis, welcher jedoch Gelatine verflüssigt, aber
Blutserum unverflüssigt läßt und eine ockergelbe Färbung aufweist.
Derzeit kennen wir also als Resultat de Berardinis, zur Ned-
dens, Rosenhauchs, Löwensteins und meiner Beobachtungen
eine bedeutend größere Anzahl von Strahlenpilzen, und zwar Actino-
myces radiatus, cerebriformis, de Berardinis, zur Neddeni
und roseus.
Zur Besprechung verbleibt noch ein systematisch nicht festgestellter
Organismus, welcher auf einem menschlichen Hornhautgeschwüre durch
Dr. E. Rosen hauch (7) beobachtet und als Keratophyton be-
schrieben wurde. Ich setzte diese Beobachtungen an Kulturen fort,
welche mir Dr. Rosenhauch liebenswürdigst mitteilte, und bestätigte
seine die Morphologie und kulturelle Entwickelung des Keratophyton
betreffenden Angaben. Rosen hauch sagt in der Beschreibung seiner
Kulturen, daß auf Grund der morphologischen Merkmale, besonders aber
seines Verhalten auf verschiedenen Nährböden dieser Mikroorganismus
den Bakterien eingereiht werden müsse. — Davon hielt ihn jedoch der
Umstand ab, daß sich in den Kulturen fadenförmige, verzweigte, einem
Mycelium ähnliche Gebilde vorfanden, er nannte seinen Mikroorganismus
Keratophyton. Ich konstatierte in meinen Beobachtungen, daß Kera-
tophyton ein zwar etwas polymorphes, aber typisches Bakterium dar-
stellt, welche sich ganz mit Recht in die Gattung Bacterium ein-
reihen läßt.
Individuen dieser Art sind entweder kurz, kokkenähnlich, oder bilden
1 — 3 (1 lange Stäbchen, welche bedeutend länger als breit sind. Auf
flüssigen Nährböden, z. B. auf Bouillon, kommen oft in bedeutender
Menge fadenförmige, gerade oder gebogene, zuweilen verzweigte Indi-
viduen vor, welche eine Länge von 40 [i erreichen und Involutionsformen
darstellen.
568 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Dieser Mikroorganismus färbt sich polar, während die Mitte sich nur
schwach oder gar nicht färbt, die Enden dagegen sehr intensiv. Er
wächst bei Zimmertemperatur, jedoch bedeutend besser im Thermostat.
Auf Gelatine entstehen 48 Stunden nach der Aussaat weiße Kolo-
nieen von V2 mni maximaler Größe, wobei der Nährboden nicht ver-
flüssigt.
Bouillon wird trüb, am Boden der Eprouvette sammelt sich ein
flockeuartiger Niederschlag, Peptonwasser wird auch trüb, doch bildet
sich kein Niederschlag; eine Häutchenbildung an der Oberfläche beider
Nährsubstrate kommt nicht vor.
Auf gewöhnlichem Agar bilden sich punktförmige, runde oder ovale
Kolonieen von lichter, glasiger Farbe, welche in glänzende Striemen
verfließen ; sie wachsen auch im Inneren des Nährsubstrates, sowie in
Stichkulturen. Auf Zucker oder Bierwürzeagar entwickelt er sich wie
auf gewöhnlichem Agar; auf Kartoffeln bildet er einen glatten, farblosen,
glänzenden Anflug. Er entfärbt sich nach Grams Methode, und stirbt
bereits nach 24-stündiger Einwirkung des Sonnenlichtes ab. Milch er-
starrt unter seinem Einfluß nicht. Nach Rosen hauchs Beobachtungen,
wächst er auch ohne Luftzutritt.
Rosen hauch (7) führte wiederholt mit gutem Erfolg diese Bakterie
in die Hornhaut eines Meerschweinchenauges ein. Versuch einer allge-
meinen Infektion erwiesen, daß die Bakterie bei der „Tierpassage" an
Pathogenität gewinnt.
Die Pathogenität des Keratophyton ist also bei örtlicher, wie
auch allgemeiner Infektion zweifellos.
Von Keratophyton verschieden sind andere Bakterienarten,
welche bei Hornhautkrankheiten beobachtet wurden. So z. B. ist das
Bacterium keratomalaciae nur 0,4 [x lang, es verursacht bei
Mäusen, Kaninchen und Vögeln Hornhautgeschwüre.
B. Koch-Weeksii wächst nur bei Bruttemperatur, wird maximal
2 [1 lang und ist weit schlanker als B. Keratomalaciae, dagegen
bildet das B. zur Neddeni einen dicken, gelben Belag auf Kartoffeln,
wächst auf Bouillon sehr schwach und hat eine maximale Länge von
0,9 [JL. Von Keratophyton verschieden ist auch B. influenzae, der
nur auf Blut, eventuell Hämoglobinsubstrat und stets nur bei über 26 *^ C
wächst.
Allen seinen Merkmalen nach unterscheidet sich also das Kerato-
phyton von allen anderen Bakterienarten; ich benenne es Bacterium
Rosenhauchi Namyslowski, Synon. Keratophyton E. Roseuhauch
loc. cit.).
Literatur.
1) Neukirch, Ueber Strahlenpilze. Straßburg 1902.
2) Namysiowski, B., Ueber die Actin omyceten aus der menschlichen Hornhaut.
(Bull. d. Acad. d. scienc. d. Cracovie. 191Ö.)
3) de Berardinis, Ulcera corneale da Streptothrix. (Ann. d. Ottalm. Pavia
1910.)
4) zur Nedden, Lieber Infektionen des Auges mit Streptothricheen. (Klin. Monatsbl.
f. Augenheilk. 1904.)
5) ßosenhauch, Aktinomykose der Hornhaut. (Klin. Monatsbl. f. Augenheilk.
1910.)
ö) Löwenstein, Zur Bakteriologie des Hornhautgeschwüros. (Klin. Monatsbl. f.
Augenheilk. 1910.)
7) Rosenhauch, Beitrag zur Aetiologie des Hornhautgeschwüres. (KUn. Monatsbl.
f. Augenheilk. 1908.)
Adam u. Meder, Ueber Paratyphus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln etc. 569
Nachdruck verboten.
Ueber Paratyphus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln
und üntersiicliuiigen über das Vorkommen Ton Bakterien der Coli-
Typhusgruppe im normalen Kanarienvogeldarm.
[Aus dem Veterinär-Institut der Universität Leipzig
(Direktor: Prof. Dr. Eber).]
Von Dr. J. Adam und E. Meder, ehemal. Assist, des Instituts.
A. Ueber Paratyplius-B-Infektionen bei Kanarienyögeln.
Kasuistik.
Fall 1. Am 29. Aug. 1910 brachte Kanarienzüchter F. einen Kanarien-
vogel zur Sektion mit dem Vorbericht, daß ihm seit Mitte Juli die Kanarienvögel
wegstürben, seither etwa 80 Stück, Hähne und Weibchen. Die Krankheit habe damit
begonnen, daß er ein auf der Straße gefangenes Tier, welches mit zuerst starb, zu den
übrigen in die Hecke setzte. Seitdem stürben täglich 1 — 2, einmal 4 Stück, jedoch
öfter mit Zwischenpausen von 4 — 5 Tagen. Die Tiere befänden sich alle in einer großen
Hecke, zusammen etwa 150 Stück, und würden mit dem üblichen Kanarienvogelmisch-
futter gefüttert; als Getränk diene Leitungswasser. Da zum Teil sehr wertvolle Tiere
(pro Stück bis 80 M.) dabei waren, habe der Besitzer seither einen Verlust von etwa
1000 M. gehabt.
Fall 2. Am 12. Sept. 1910 brachte Herr E. einen Kanarienhahn zwecks Fest-
stellung der Todesursache zur Sektion; am 15. Sept. 1910 4 weitere Tiere mit dem
Vorbericht, daß in letzter Zeit bereits viele Tiere ganz plötzlich gestorben seien. Näheres
war nidht zu erfahren.
Fall 3. Am 7. Juni 1911 kam ein Kanarienvogel des Kan arienzüchters W.
zur Sektion mit dem Vorbericht, daß seit Anfang Mai vorigen Jahres mit 1 — 2-tägigen
Unterbrechungen tägUch 1 — 3 Tiere unter den Erscheinungen des Durchfalls stürben,
bis heute etwa 35 — 40 Stück. Das zur Sektion eingesandte Tierchen sei etwa 3 Tage
krank gewesen ; außerdem seien noch eine große Anzahl unter denselben Erscheinungen
erkrankt.
Da der Sektionsbefund in allen drei Fällen derselbe war, und die aus Herz-
blut, Milz und Darm gezüchteten Bakterien in ihrem kulturellen Verhalten große A ehn-
lichkeit mit den echten Paratyphus-ß-Bakterien des Menschen aufwiesen, haben
wir es unternommen, die drei Seuchengänge zu veröffentlichen, zumal derartige Er-
krankungen öfter vorzukommen scheinen, als seither bekannt ist. Jedenfalls ist unter
der großen Zahl der bisher^) beschriebenen Kanarienvogelseuchen keine mit Bestimmt-
heit als Paratyphusinfektion festgestellt, wenn auch Joest (3) die Erreger der von ihm
beobachteten und näher untersuchten Seuche zur Enteritis- bzw. Hogcholeragruppe
rechnet. Ebenso hat Zsupan (7) eine „durch den dem humanen Typhusbacillus ähn-
lichen Erreger" hervorgerufene Kanarienseuche beobachtet und zugleich mit Joest
beschrieben. Die Tiere waren aus Dresden, dem Joest sehen Seuchenherd, nach
Petersburg eingeführt, und es handelt sich jedenfalls um dieselbe Krankheit.
Krankheitserscheinungen.
Die Krankheitserscheinungen bei allen drei Seuchen waren in der Hauptsache
dieselben. Von den Besitzern F. und W. wurden uns je 3 kranke Tiere zwecks Be-
obachtung zur Verfügung gestellt. Außerdem wurden gesunde Tiere infiziert, so daß
die Krankheitssymptome von Anfang an beobachtet werden konnten.
Die Tierchen sind im Beginn der Erkrankung nicht so munter wie sonst. Sie
sitzen meist mit gesträubten Federn auf der Sitzstange, im späteren Stadium in einer
Ecke des Käfigs, wobei der Kopf zwischen die etwas lose herabhängenden Flügel ge-
steckt gehalten wird. Dann wird das Tierchen wieder lebhaft, frißt und hüpft umher.
Im weiteren Verlauf wird es immer trauriger, die Futteraufnahme hört ganz auf, der
Kot wird dünn; die Augen werden meist halb geschlossen gehalten, die Atmung ist
beschleunigt bis 150 pro Minute, dabei hört man ab und zu ein heiseres Piepsen. Die
Bewegungen werden unsicher, die Tiere taumeln hin und her, das Sensorium ist be-
nommen, der Kot wird immer dünner und unter Krämpfen tritt der Tod ein.
1) Eine ausführliche Zusammenstellung der einschlägigen Literatur findet sich
bei Zwick (8), weshalb hier nicht näher darauf eingegangen werden soll.
570 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Sektionsbefund.
Gut ausgeprägte Totenstarre; die Beine werden meist vom Körper
weggestreckt gehalten. Mehr oder weniger ausgeprägte Darmentzündung.
Akuter hyperämischer Milztumor, welcher niemals fehlt; die Milz ist
meist um das 2 — 5-fache vergrößert; Hyperämie der Leber und Nieren.
Im Herzblut und in sämtlichen Organen massenhaft kurze, dicke Stäbchen
in Reinkultur.
Züchtung der Reinkulturen.
Aus den zur Sektion bzw. zur Beobachtung eingesandten und ge-
storbenen Tieren wurden insgesamt 23 Reinkulturen gezüchtet und näher
untersucht. Es sind das die Stämme: Kan.-St. 1 F, 2F, 3aF, 3bF,
4a F, 4b F. 5a F, 5b F, 6F, IE, 2E, 1 a W, 1 b W, 1 c W, 2a W, 2b W,
2c W, 3aW, 3b W, 3c W, 4a W, 4b W, 4c W. Die Bezeichnung a =
Herzblut, b = Milz, c = Darm. Die übrigen Stämme sind aus dem
Herzblut gezüchtet. Außerdem wurden noch zahlreiche Stämme isoliert,
welche Lackmusmolke nach anfänglicher Rötung nach spätestens 5 Tagen
bläuten. Diese Stämme wurden jedoch einer näheren Prüfung nicht
unterzogen.
Morphologie und kulturelles Verhalten der Reinkulturen auf den
gebräuchlichen Nährböden.
Alle Kulturen bestanden aus kurzen, 2 — 4 (x langen, V2 — 1 \^ breiten,
plumpen, gramnegativen, an den Enden abgerundeten Stäbchen mit leb-
hafter Eigenbewegung. Geißeln wurden mit der Löffl er sehen Geißel-
färbung dargestellt. Es konnte trotz aller Bemühung stets nur eine
Geißel an dem einen Ende des Stäbchens sichtbar gemacht werden. Die
direkt aus Herzblut oder Organen von gestorbenen Tieren gefärbten
Ausstriche der Bakterien wiesen öfters Polfärbung auf.
Zum Vergleich im kulturellen Verhalten dienten die im Veterinär-
Institut vorhandenen und von Huber (2) vor kurzem auf ihre Reinheit
geprüften 15 Paratyphus-B(PB)-Kulturen, 5 Suipestifer(SP)-Kulturen,
1 Mäusetyphus(MT)- und 1 Enteritis Gärtner(EG)-Kultur. Diese Kul-
turen wurden nicht nochmals besonders geprüft ; vielmehr sind die
Hub ersehen Befunde in diese Arbeit übernommen. Außerdem wurden
5 Coli- Stämme zum Vergleich herangezogen, von denen drei aus dem
Darm von Kanarienvögeln, einer von einem Huhn und einer von einem
Puter stammt.
Die Kanarienstämme wurden aus Herzblut, Milz und Darm durch
Beschickung von Lackmuslaktoseagarplatten nach v. Drigalski ge-
züchtet. Es zeigte sich dabei, daß in Herzblut und Milz durchweg die
Bakterien in Reinkultur vorhanden waren ; die mit Darminhalt beschickten
Platten waren mit vereinzelten roten Kolonieen untermischt; jedoch
gingen auch hier meist nur blaue Kolonieen auf.
Auf Agar, Gelatine, Bouillon, Blutserum und Kartoffeln war das
Wachstum dasselbe, wie bei echten PB- und SP-Kulturen; ebenso war es
nicht möglich auf Lackmuskristallviolettmilchzuckeragar von v. D r i gal s k i
und Conradi und auf Endos Fuchsinagar irgendwelche markanten
Unterscheidungsmerkmale zwischen Kan.-Stämmen und echten PB- bzw.
SP-Stämmen zu finden.
Milch wurde bei allen Stämmen bereits nach 8 Tagen aufgehellt
und gelblich verfärbt; nach 14—20 Tagen war sie ausgesprochen gelb
und durchscheinend. Bei längerem Stehen im Brutschranke nahm sie
I
Adam u. Meder, lieber Paratyphus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln etc. 571
unter allmählicher Eindickuug eine mehr gelbbraune Farbe an und er-
hielt mehr zähflüssige Konsistenz.
Lackmu smol ke wurde von den Kan. -Stämmen in 3 — 4 Stunden
hellrot oder violettrot gefärbt. Während nun der rote Farbenton bei
einigen Stämmen nach spätestens 3 Tagen in ein tiefes Blau umge-
schlagen war, dauerte der Umschlag bei anderen oft mehrere Tage
(Kan.-St. IF 5, 2F 7, 4a F 4, 4b F 9, 4b W 6 Tage). Bei allen Stämmen
hatte sich nach 48 Stunden an der Oberfläche ein feines, weißes Häutchen
gebildet.
Gärungsvermögen.
Die Prüfung des Gärungsvermögens wurde an folgenden Nährböden
ausgeführt: Aqu. dest. 100,0; Pepton Witte 1,0; Natr. chlorat. 0,5. In
dieser Peptonkochsalzlösung wurden, nachdem sie 2 Stunden im Auto-
klaven sterilisiert war, 1 Proz. der betreff"enden KohlenstofFverbindung
und 5 Proz. Lackmuslösung Kubel-Tiemann hinzugefügt; sie wurde
dann in Reagenzgläser mit Gärungsröhrchen abgefüllt, sterilisiert und
auf Keimfreiheit geprüft.
Neben den Kan.-St. wurden die 5 C oli- Stämme hierzu herangezogen ;
außerdem führen wir die von Hub er untersuchten PB- und SP-Stämme,
sowie die MT- und EG-Kultur hier an. Die Beobachtung der Kulturen
erfolgte während 14 Tagen täglich, später alle 3 Tage.
1. Dextrose.
PB, SP, MT, EG: Kräftige Säure- und Gasbildung.
Kan.-St: Kräftige Säure- und Gasbildung. Ausnahme :
Kan.-St. : ö b F und 6 F weder Säure- noch Gasbildung.
Coli- St. : Kräftige Säure- und Gasbildung.
2. Laktose.
PB, SP, MT, EG: Weder Säure- noch Gasbildung.
Kan.-St.: Weder Säure- noch Gasbildung.
C 0 1 i - St. : Kräftige Säure- und Gasbildung.
Die Kan.-St. W nehmen Dextrose und Laktose gegenüber eine besondere
Stellung ein. Mit Ausnahme von 4b W trat keine oder nur geringe Gärung und Säure-
bildung auf, und zwar bei beiden Zuckerarten gleichmäßig. Auffallend war nun, daß
sämtliche Stämme diese Eigenschaft nach einer Släuse- bzw. Kanarienpassage bei Kan.-
Stamm laW verloren. Sie verhielten sich dann wie die übrigen Kan.-St. und PB
und SP-Stämme.
3. Saccharose.
PB, SP, MT, EG: Weder Säure- noch Gasbildung.
K a n. - S t. : Weder Säure- noch Gasbildung.
Coli -St.: Schwache Säure- und Gasbildung.
4. Raffinose.
PB, SP, MT, EG: Weder Säure- noch Gasbildung. Ausnahme:
PB Krahl: Säurebildung und schwache Gasbildung.
Kan.-St.: Weder Säure- noch Gasbildung.
Coli -St.: Schwache bis starke Säure- und Gasbildung.
5. Arabinose.
PB, SP, MT, EG: Kräftige Säurebildung, mäßige oder schwache Gasbildung.
Kan.-St.: Kräftige Säurebildung, mäßige Gasbildung.
Coli -St.: Kräftige Säurebildung, mäßige Gasbildung.
6. Rhamnose.
PB, SP, MT, EG: Säurebildung, schwache Gasbildung, bei PB 89 erst nach 4 Tagen,
bei allen anderen Stämmen nach 24 Stunden.
Kan.-St.: Säurebildung, schwache Gasbildung nach 24 Stunden; nach
48 Stunden mäßige Gasbildung, 5 b und 2E auch weiterhin nur schwache
Gasbildung.
Coli -St.: Säurebildung; 4 Stämme zeigen geringe Gasbildung, der Stamm
vom Huhn keine Gasbildung.
572 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
7. Xylose.
PB, SB, MT, EG: Säurebildung, mäßige Gasbildung.
Ausnahme: PB Krahl: Weder Säure- noch Gasbildung.
Kan.-St. : Säurebildung, mäßige Gasbildung, 3 b und 4 b schwache Gas-
bildung.
Coli -St.: Mäßige bis starke Gasbildung, kräftige Säurebildung.
8. Glyzerin.
PB, SP, MT, EG: Meist schwache Säurebildung, zum Teil keine Säurebildung, keine
oder geringe Gasbildung.
Kan.-St.: Keine Gasbildung, schwache Säurebildung, bei 2 F, 3 a F, 5 a F,
1 c W, 3 a VV keine Säurebildung.
Coli -St.: In den ersten Tagen schwache, später kräftige Säure- und Gas-
bildung.
Eeduktion von Farbstoffen.
1. Wachstum in Neutralrotagar nach Oldekop.
Nach Huber trat bei PB-, SP-, MT- und EG-Stämmen nach 8 bis
48 Stunden gelbgrüne Fluoreszenz des Nährbodens ein, die bei den
einzelnen Kulturen verschieden stark ausgeprägt war. Auch bei den
Kanarienstämmen trat nach 8 — 24 Stunden gelbgrüne Fluoreszenz
und Entfärbung des Närbodens ein bis auf die obere Schicht.
Bei den Coli- Stämmen ging die Entfärbung langsamer vor sich
und war auch nach 48 Stunden nicht so stark ausgeprägt wie bei den
Kan.-St. Die Gasbildung war bei allen Stämmen entsprechend dem ge-
ringen Zuckergehalt des Nährbodens nur mäßig. Es bildeten sich ein-
zelne Gasblasen, welche jedoch den Nährboden nicht sprengten.
2. Wachstum in Malachitgrünagar nach Buchholz.
PB, SP, MT, EG: Nach 16, 24—48 Stunden vollkommene Entfärbung.
Ausnahme: PB Mathes und Krahl: keine Entfärbung.
Kan.-St.: Nach 24 Stunden vollkommene Entfärbung.
Coli-St. : Die Entfärbung beginnt nach 3 Tagen und wird nie so
vollkommen, wie bei den Kan.-St.
3. Wachstum in Orceinagar nach Buchholz.
PB, SP, MT, EG: Nach 24—48 Stunden vollkommen entfärbt (ocker-
gelb) bis auf die obere Schicht. Ausnahmen bilden die Stämme PB
Fritz, bei welchem die Entfärbung langsamer eintritt, und PB Krahl,
bei welchem sie vollkommen ausbleibt.
Kan.-St.: Die Entfärbung beginnt nach 24 Stunden und ist nach
48 Stunden vollendet bis auf die obere Schicht.
Coli-St.: Nach 48 Stunden beginnt die Entfärbung und wird nicht
so ausgeprägt, wie bei den Kan.-St.
Untersuchung auf Bildung von Schwefelwasserstoff.
PB, SP: Alle Stämme haben schon nach 24 Stunden mäßig bis
kräftig Schwefelwasserstoff gebildet; nach 3 Tagen ist das Bleiacetat-
papier in allen Kulturröhrchen stark geschwärzt.
Kan.-St.: Mäßig bis kräftige Schwefelwasserstoff bildung nach
24 Stunden.
Ausnahme: Kan.-St. IE und 2E kein HgS-Bildung.
Untersuchung auf Bildung von Proteinochrom.
Die Untersuchung geschah nach Vorschrift von Erdmann und
Winternitz an 5-proz. Peptonbouillonkulturen nach 12-tägigem
Wachstum im Brutschrank. Eine zweite Prüfung erfolgte nach weiteren
Adam u. Meder, Ueber Paratyphus-ß-Infektionen bei Kanarienvögeln etc. 573
S Tagen. Die Bouillonkulturen wurden mit einigen Tropfen Essigsäure
versetzt und mit Chlorwasser überschichtet.
Bei allen Kan. -Stämmen entstand an der Berührungs-
fläche der Bouillon und des Chlorwassers an beiden Prü-
fungstagen in gleicher Weise eine rosarote Zone, welche
nach oben rotviolett bis rotbraun wurde. Bei den ge-
prüften Coli-Stämmen blieb die Farben reaktion aus.
Untersuchung auf Bildung von Indol.
Die Untersuchung auf Indol wurde an Peptonwasserkulturen mit
1 Proz. Pepton Witte nach der Ehr lieh sehen Indolprobe ausgeführt.
Die Untersuchung geschah an 5-, 10-, 15-, 20-, 30- und 40-tägigen
Kulturen. In keinem Falle konnte Indolbildung nachge-
wiesen werden, während die 5 Coli-Stämme kräftig Indol
bildeten.
Agglutination.
Zur Agglutination wurden folgende Sera benutzt:
2 Paratyphus-B-Sera,
1 Hogcholeraserum,
1 Enteritis Gärtner- Serum,
1 Normalserum vom Pferde,
1 Normalserum vom Kaninchen,
1 Normalserum vom Kanarienvogel,
1 Normalserum von der Taube,
1 mit Kan.-St. 2 F hergestelltes Kaninchenserum,
1 mit Kan.-St. 2 F hergestelltes Taubenserum.
1. Paratyphus-B-Serum Kolle vom Pferde.
Dieses Serum wurde als Paratyphus-B-Trockenserum vom Schweiz.
Serum- und Impfinstitut Bern (Leitung: Prof. Dr. W. Kolle) geliefert.
Titer 1:10000. Es wurde nach Vorschrift aufgelöst.
Agglutinationsversuche.
PB: Mirus 16000, Claus löOOO, Frau Müller 15000, Infekt. 12000, Saarbrücken 10000,
Sambaß 5000, Schinken 4000.
SP: Höchst 5000, Oster tag 4000, Gans 4000, Omen 1500, Wassermann 400.
Kan.-St.: 1 F, 2F, 3aF, 3bF, 4b F, 6aF, 5bF, üF und sämtliche Kan.-St. W:
4000—8500.
Kan.-St.: 4a F, IE, 2E 3000—3600.
2. Polyvalentes Paratyphus-B-Serum von Kaninchen.
Dieses Serum ist im Vet.-Institut hergestellt (vgl. Hub er, p. 98)
von PBSt. Titer 1:4— 8000.
Agglutinationsversuche.
PB: Mirus 8000, Sambaß 6000, Claus 4000.
SP: Ostertag 8000, Wassermann 6000.
Kan.-St.: 1 F, 3aF, 3bF, öaF, 5bF, 6F, IE, 2E und sämtüche Kan.-St. W : 2000
-6800.
Kan.- St.: 2F, 4a F, 4b F: 500—1200.
3. Suiferin.
Von den Höchster Farbwerken, vorm. Meister Lucius und Brüning
geliefert.
Agglutinationsversuche.
PB: Frau MüUer 1600, Schinken 800, Mirus 600, Claus 400, Saarbrücken 400.
PS: Omen 6400, Wassermann 4800, Ostertag 2600, Höchst 2400.
Kan.-St.: IF, 2F, 3aF, 4aF, 4bF, 5aF, 5 b F, 6F und sämtliche Kan.-St. W:
600—2000.
Kan.-St.: 3bF, IE, 2E: 400—500.
574 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale Bd. 62. Heft 7.
4. Univalentes Enteritis Gärtner-Serum vom Kaninchen.
Dieses Serum wurde im Vet.-Institut hergestellt (vgl. Huber, p. 100).
Titer 1 : 4000.
Agglutinationsversuche.
Enteritidis Gärtner: 4800,
PB: Claus, Infekt., Frau Müller, Sanabaß, Mirus: 50.
SP : Omen 50, Ostertag — .
Kan.-St.: IF — 6F und 4aW -.
Kan. -St. : IE, 2E und sämtliche Kan.-St. W mit Ausnahme von 4a W: 80—300.
5. Normale Sera.
Normales Pferde- und Kaninchenserum 1 : 50 wurde von keinem
Kan.-St. innerhalb 24 Stunden agglutiniert ; ebenso wurde normales
Taubenserum 1:50 nicht agglutiniert.
6. Physiologische Kochsalzlösung.
Agglutination konnte bei keinem Kan.-St. festgestellt werden.
7. Agglutinierendes Immunserum, hergestellt mit
Kan.-St. 2F.
Mit Kan. -Stamm 2F wurde zwecks Gewinnung eines
agglutinierenden Serums ein Kaninchen behandelt. Die
Immunisierung geschah mittels intravenöser Injektion durch 1 Stunde
bei 60^ abgetöteter 24-stündiger Agarkultur und subkutaner Einspritzung
lebender Kultur.
Immunisierungsprotokoll.
Kaninchen 1, grau, cf, Gewicht 2600 g.
28. 4. 11 1 Oese iv. (Ohrvene)
5. 5. 11 Gewicht 2600 g 3 Oesen iv.
12.5.11 „ 2500,, 6 , „
18. 5. 11 „ 2500 „ 10 „ „ 1 Agarkultur sk.
24. 5. 11 „ 2250 „ Probeagglutination 1 : 12 000.
Das Kaninchen wird entblutet.
Agglutinationsversuche.
Es wurden 8 PB, und zwar Pß Saarbrücken 9600, Starke 10200, Mathes 9600,
Frankenthal 12 000, Kettenhofer 6400, Claus 9600, Frau Müller 6400 und Mirus 6000,
und 5 SP, und zwar SP Höchst 9600, Ostertag 10 200, Wassermann 10000, Gans 9500,
Onen 10 200 agglutiniert; außerdem sämtliche Kan.-St.
Kan.-St.: 4aF und 2cW 9600; 3cW 9500, 3aW und 4cW700Ü; aUe übrigen
10 000—15 000.
In derselben Weise wie das Kaninchen wurde mit Kan.-St. 2F eine Taube
immunisiert.
Immunisierungsprotokoll.
Taube 1, blau-weiß, $.
1 Oese iv.
3 Oesen „
6 „ „
10 „ „ Die Abschwemmung einer Agarkultur sk.
Die intravenösen Injektionen wurden in eine Vene unter den Flügeln gemacht,
Am 24. Mai sollte analog der Kauinchenimmunisierung eine Probe-
agglutination gemacht werden. Die Taube war jedoch am 23. Mai schwer
krank, so daß sie zu sterben drohte; sie wurde deshalb entblutet.
Die Sektion ergab ausgedehnte Nekrose des rechten Brustmuskels
(Injektionsstelle): der rechte Brustmuskel ist im Vergleich zu dem linken
stark hervorgewölbt. Auf dem Durchschnitt sieht man, daß diese Schwellung
von erbsen- l)is haselnußgroßen, grauen, trockenen Herden herrührt,
welche sich auch strangförmig in die umgebende Muskulatur fortsetzen.
28. 4.
11
5. 5.
11
6. 5.
1]
18. 5.
11
Adam u. Meder, üeber Paratyphus-B-lnfektionen bei Kanarienvögeln etc. 575
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576
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Daneben bestand geringgradige Darmentzündung, Milztumor, Leberschwel-
lung. Aus den Organen konnten die injizierten Bakterien in Reinkultur
gezüchtet werden ; ebenso fanden sich massenhaft Bakterien gleicher Art
an der Injektionsstelle bis tief in die Muskulatur hinein. — Agglutinations-
versuche wurden nur mit einem Teil der Kan.-St. gemacht. Die Resultate
sind auf Tabelle I verzeichnet.
Die Resultate der Agglutination mit den Kan.-St. sind in der
Tabelle I übersichtlich zusammengestellt. In Tabelle II finden sich
8 PB- und 5 SP-Stämme, welche mit dem von Kan.-St. 2F hergestellten
Kaninchenserum agglutiniert sind.
TabeUe II.
Agglutinierendes Kaninchenserum, hergestellt mit Kan.-St. 2 F.
Bezeichnung des
nach
nach
Bezeichnung des
nach
nach
Stammes
2 Stunden
6 Stunden
Stammes
2 Stunden
6 Stunden
PB Saarbrücken
4000
9 600 (10 000)
SP Höchst
5200
9 600(10 000)
PB Starke
6400
10 200(11 100)
SP Ostertag
6400
10 200(11000)
PB Mathes
4500
9 600 (10 000)
SP Wassermann
6000
10 001 (10 500)
PB Frankenthal
6400
12 000 (12 800)
SP Gans
5200
9 500 (10 300)
PB Kettenhofer
3000
6 400( 7 000)
SP Onen
6400
10200(11000)
PB Claus
5200
9 600(10 500)
PB Frau Müller
3500
6 400( 7 000)
PB Mirus
4000
6000( 6 800)
Castellanischer Absorptionsversuch.
Wie aus der Tabelle I ersichtlich, agglutinierten 1 E, 2E und sämtliche
W-Stämme, mit Ausnahme von 4a W, Enteritis-Gärtner-Serum. Um
nun zu sehen, inwieweit diese Nebenagglutinine auf die Hauptagglutination
von Einfluß ist bzw. um festzustellen, ob bei den 3 Seuchen eine Misch-
infektion vorliegt, wurde an dem agglutinierenden mit Kan.-St. 2 F he •-
gestellten Kaninchenserum der Castellanische Absorptionsver-
such ausgeführt, und zwar derart, daß mit 1 ccm Serum 8 große Oesen
einer 24-stündigen Agarkultur von einem Enteritis-Gärtner-Stamm vei-
rieben wurden. Nach 24-stündigem Verweilen im Brutschrank wurde
die Aufhellung im Kühlschrank abgewartet ; das Serum wurde dann ab-
pipettiert. Es zeigte sich dabei, daß das Serum nur wenig von seiner
ursprünglichen agglutinierenden Fähigkeit den Kan. -Stämmen gegenüber
verloren hatte. Wie aus der Tabelle III ersichtlich, verloren am meisten
Tabelle III.
Bezeichnung des
nach
nach
Bezeichnung des
nach
nach
Stammes
2 Stunden
6 Stunden
Stammes
2 Stunden
6 Stunden
Kan.-St. IF
5000
10 500 (12 300)
Kan.-St. laW
8000
10000(11000)
V 2F
5600
12 000 (12 500)
„ IbW
7000
10 200 (10 500)
„ 3aF
5200
10 200 (10 300)
„ IcW
5000
8000 ( 8500)
„ 3bF
6000
12 000(13 000)
„ 2a\V
5000
8 500 ( 9 000)
, 4aF
5000
8000( 9 0)0)
„ 2bW
5000
8 000 ( 8 500'
r, 4bF
5120
6 500( 7 000)
„ 2c W
6000
9 000(10000)
„ 5aF
5200
8 000 ( 9 000)
„ 3a W
5000
8000 ( 8 500)
r, öbF
6500
10 000(11500)
„ 3bW
5000
7 500 ( 8 000)
V 6F
5200
10 400(10 600)
„ 3cW
4500
5 600 ( 6 000)
; IE
5600
10 500 (12 (X)0)
„ 4aW
8000
12 000(12 800)
n 2E
5000
10 000 (12 000)
„ 4bW
8000
10000(10 200)
„ 4c W
3000
6000 ( 6 500)
Adam u. Meder, üeber Paratyphus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln etc. 577
St. 3bF, 4bF, 5aF, 5bF. IE, 2E, laW, IcW, 2aW, 2bW, 3bW,
3cW, 4bW, und zwar um durchschnittlich 2000. Die Resultate sind
aus der TalDelle III ersichtlich.
Aus vorstehenden Agglutinationsergebnissen ist zu ersehen, daß
einmal sämtliche Kan.-St. durch Paratyphus-R-Sera wenn
auch nicht bis zur Titergrenze, so doch sehr hoch agglutiniert
wurden; dann, was vor allem beweiskräftig ist: echte Paratyphus-B-
Stämme vom Menschen, ebenso Suip e stifer-Stämme wurden
durch ein mit einem Kanarienstamm (Kan.-St. 2F) her-
gestellten Kaninchenserum fast bis zur Titergrenze
agglutiniert. Die Beeinträchtigung der Agglutination nach Ab-
sorption der Nebenagglutinine mit Hilfe des Enteritis-Gärtner-Stammes
dürfte bei der Höhe der Agglutination ohne größere Bedeutung sein.
Tierpathogenität.
Fütterungs- und Impf versuche.
3 Meerschweinchen wurden vom 10. 5. bis 10. 6. 11 täglich mit 50 ccm
einer 24-Btündigen Bouillon mischkultur der Kan.St. F und E und vom 19. 6. bis
19. 7. 3 Meerschweinchen mit Kan.St. W wie vorher gefüttert. Die Kultur
wurde in eine Schale gegossen und von den Tieren stets gern genommen. Daneben
erhielten sie ihre tägliche Futterration wie die übrigen Tiere.
Am 28. 6. starb 1 Meerschweinchen der drei mit Kan.St. W vom 19. 6.
ab gefütterten. Die Sektion ergab: Hämorrhagische Entzündung des Dickdarms und
Milztumor. In den Organen und dem Herzblut fanden sich im Ausstrich zahlreiche
kurze dicke Stäbchen; sie konnten in Eeinkultur aus Herzblut und Organen gezüchtet
werden.
Die übrigen 5 Meerschweinchen zeigten keinerlei Krankheitserscheinungen auch
einige Wochen nach dem Fütterungsversuch.
Vom 10. 5. 11 ab wurden je 2 weiße Mäuse täglich mit 2 ccm je eines
Kan.St. F und E und vom 19. 6. ab mit Kan.St. W gefüttert. Die Mäuse wurden
vor der Fütterung während dreier Tage beobachtet und erhielten während dieser Zeit
Semmel in Milch und Hafer. Ein Teil der Semmel wurde nun in kleinen Glas-
schälchen in der Kultur während 10 Minuten eingeweicht; nachdem die Mäuse diese
Semmel verzehrt hatten, erhielten sie Semmel mit Milch und Hafer wie sonst. Mit
denselben Semmeln und derselben Milch wurden sämtliche weißen Mäuse des Instituts
gefüttert. Es starb keine Maus während dieser Zeit; dagegen starben von den mit
Kulturen gefütterten :
Am 19. 5. Maust von 2E mittags gegen 12 Uhr, nachdem beide bereits am
Morgen krank waren und nichts mehr gefressen hatten. Maus 2, welche sich wieder
erholte, starb am 24, Mai. Also die eine 9, die andere 14 Tage nach Beginn der Fütterung.
Mit der aus Maus 1 gezüchteten (Milz) Reinkultur, weiche in ihren sämt-
lichen Merkmalen der Ausgangskultur gleich war, wurden zwecks Prüfung der
Virulenzsteigerung vom 23. Mai ab 2 weitere Mäuse gefüttert. Von diesen
starb die erste am 30. Mai, 7 Tage, die zweite am 1. Juni, 9 Tage nach der Fütterung.
Es war mithin bei der ersten Maus eine Virulenzsteigerung von 2 Tagen zu
konstatieren.
Von jetzt an starben nacheinander folgende Mäuse:
20. 5. Maus 1 u. 2 von Kan.St. 2 F u. Maus 1 von Kan.St. 4b F, 3a F u. 1 F.
21. 5. „ 2 von Kan.St. 3a F u. 1 F; Maus 1 von Kan. 1 E.
22.5. „ 1 „ Kan.St. 5 b F, 6 F, 4 a F.
23. 5. „ 1 u. 2 von Kan.St. 3b F; Maus 2 von Kan.St. 1 E.
24. 5. „2 von Kan.St. 6 F.
25. 5. „ 2 „ Kan.St. 4bF u. 4aF.
31. 5. „ 1 „ Kan.St. 5 a F.
Es blieben also am Leben nur Maus 2 von 5 a F und 5 b F.
Von den vom 19. 6, 11 ab mit Kan.St. W gefütterten Mäusen starb am
28. 6. Maus 1 von 1 b W.
30. 6. „ 1 „ 4 b W.
2. 7. „ 1 „ Ic W u. 2c W.
3. 7. „ 1 „ 2a W u. 4c W.
5. 7. „ 2 „ 4c W.
8. 7. „ 1 „ 3a W u. 3b W.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Hcft 7. 37
578 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 7.
9. 7. Maus 2 von 3b W u. 2a W.
11.7. „ 2 „ 2c W u. Maus 1 von 3c W.
14. 7. „ 2 „ 1 c W.
Es blieben also am Leben beide Mäuse von laW u. IbW, 2b W u. 4a W.
1 Maus von 3a W, 3c W u. 4b W.
Beide Mäuse starben von 1 c W, 2 a W, 2 c W, 3 b W u. 4 c W. Es ist hierbei
auffallend, daß offenbar die aus dem Darm gezüchteten Stämme virulenter
waren, als die anderen aus Herzblut und Milz gezüchteten Stämme.
Der Sektionsbefund war bei allen Mäusen derselbe:
Mehr oder weniger ausgeprägte Darmentzündung, Milztumor (Milz oft um das
Fünffache vergrößert) Hyperämie sämtlicher Organe. Aus den Organen konnten die
gefütterten Bakterien in Reinkultur gezüchtet werden; jedoch gelang es nur selten, sie
aus dem Herzblut zu züchten. Dieses war meist steril. Ebenso fanden sich im Herz-
blut und Organausstrichen nur sehr selten kurze dicke Stäbchen.
Vom 15. 9. bis 24. 9. 10 erhält ein bis dahin gesunder Kanarienvogel (Kan. I),
welcher neben Körnerfutter altbackene Semmel 5 Tage lang als Futter erhielt , die
Semmel in 24-stündige Bouillonkultur von Kan. St. 5a F eingeweicht (2 ccm) vorgesetzt.
Die Semmel, welche nicht aufgefressen war, wurde täglich entfernt und durch frische
ersetzt.
Am 25. 9. zeigte sich das Tier nicht mehr so munter, wie sonst und läßt die
Flügel ein wenig hängen. Die Bouillonkulturfütteruug wird unterbrochen. Der Zu-
stand verschlimmert sich immer mehr; es treten die oben beschriebenen Krankheits-
erscheinungen immer stärker auf und am 27. 9. morgens, 12 Tage nach Beginn der
Fütterung liegt das Tierchen tot im Käfig.
Sektion: Totenstarre gut ausgebildet; die Beine wurden krampfhaft vom Körper
fortgestreckt; Hals steif zur Seite gebogen. Nährzustand mäßig gut; die sichtbaren
Schleimhäute blaß. — Vorkammer strotzend mit schwarzrotem, unvollkommen ge-
ronnenem Blut gefüllt; ebenso rechte Herzkammer. — Lungen etwas stärker durch-
feuchtet.
Magen und Darmwand zeigen starke Gefäßinjektion. Der Darm enthält etwas
grün-weißen, zum Teil auch rötlichen dickflüssigen Inhalt. Schleimhaut ödematös ge-
schwollen, und diffus gerötet. — Milz um das Doppelte vergrößert. Leber rotbraun,
stark brüchig, blutreich; Nieren brüchig, graurot.
Im Herzblut, den Organen und Darm fanden sich die gefütterten Bakterien in
Reinkultur; sie verhielten sich wie die der Ausgangskultur.
Mit 1 Oese einer aus Herzblut gezüchteten 24-stündigen Agarkultur wird am
28. 9. ein Kanarienvogel (Kan. II) sk. an der rechten Brustseite infiziert.
Kan. II ist am 3. 10. nicht mehr recht munter; Futteraufnahme ist gering. Er
wird am nächsten Tag öfter von Schüttelfrösten befallen, sitzt mit gesträubten Federn,
den Kopf zwischen den Flügeln versteckt, da und taumelt öfter hin und her. Nach-
mittags wird das Tier auf dem Rücken liegend in schwachen, abwechselnd etwas stärker
werdenden, krampfhaften Zuckungen liegend aufgefunden, bis gegen 5 Uhr in tiefem
Coma der Tod (6 Tage n. d. I.) eintritt.
Sektionsbefund: An der Impfstelle (r. Brustbein muskel) ist die Haut in der
Ausdehnung eines Zehnpfennigstückes gelb, trocken, nekrotisch, hohl aufliegend und
läßt sich leicht abheben. Die Impfwund'e ist offen. Die Unterhaut ist bröckhg intensiv
gelb gefärbt, desgleichen die Brustmuskulatur, die in der Ausdehnung eines Zehn-
pfennigstückes bis zur Tiefe von 1—2 mm nekrotisch ist besonders auf der rechten
Seite, jedoch auch in etwa V? cna breiten Rande die Unke Brustseite ergriffen hat und
sich ca. ^L cm weit auf die Bauchdecken fortsetzt. Sonstiger Befund wie bei Kan. I.
Aus Herzblut und Organen wurden die verimpften Bakterien in Reinkultur ge-
züchtet.
Am 15. und 16. 6. 11 erhält ein Kanarienvogel (Kan. III), welcher 5 Tage lang
beobachtet wurde und keine Krankheitserscheinungen gezeigt hatte, wie oben je 1 ccm
24-stündiger Bouillonkultur von Kan. St. laW. Am 17. Juni ist das Tier traurig,
Futter- und Wasseraufnahme wird verweigert. Die Erscheinungen sind dieselben wie
oben beschrieben und am 18. Juni morgens (3 Tage n. d. ersten Fütterung) ist das
Tier tot.
Sektionsbefund: Hämorrhagische Darmentzündung, Milztumor.
Aus Herzblut und den Organen werden die gefütterten Bakterien in Reinkultur
gezüchtet. Sie unterscheiden sich von der Ausgangskultur nur dadurch, daß sie
Traubenzucker stark, Milchzucker nicht vergären, während die Ausgangskultur beide
Zuckerarten nicht angriff.
Am 19. 4. 11 erhielt ein Kaninchen (3150 g) zwecks Immunisierung \\ Oese
und am 21. »/» Oese lebender 24-stündiger Agarkultur von Kan. St. 2F intravenös
Adam u. Med er, lieber Paratyphus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln etc. 579
(Ohrvene) injiziert. Am 22. April zeigte sich das Kaninchen schwer krank: Con-
junctivitis, vermehrte Atmung, keine Futteraufnahme. Vom 23. auf 24. April trat der
Tod ein (2550 g).
Sektionsbefund: Enteritis catarrhalis, Milztumor, Hyperämie von Leber und
Nieren. Aus Herzblut und Organen konnten die injizierten Bakterien in Reinkultur
gezüchtet werden ; ebenso fanden sich im Ausstrichpräparat zahlreiche kurze, dicke
Stäbchen.
Am 19. Juni erhielt eine Maus (Maus 1) Va "id eine (Maus 2) 1 ccm einer
24-stündigen Bouillonkultur der Kan.Ste F und E" subkutan am Rücken injiziert;
desgleichen am 22. Sept. von den Kan.St.en W.
Von deu am 19. Juni geimpften waren am 3. Juli sämtliche Mäuse gestorben mit
Ausnahme von Maus 1 von 4b F; von den am 22. Sept. geimpften am 25. Sept. alle
bis auf Maus 1 von la W, 2aW und Maus 2 von 3 b W. Diese am Leben gebliebenen
Mäuse zeigten sich einige Tage laug nach der Injektion krank, erholten sich aber dann
wieder und blieben auch fernerhin gesund.
Der Sektionsbefund bei den verendeten Tieren war derselbe, wie bei den durch
Fütterung gestorbenen ; jedoch fanden sich bei einzelnen Tieren, besonders bei denen,
die länger am Leben blieben, Nekrosen der Haut und der darunter liegenden Musku-
latur an der Impfstelle.
Am 9. 9. lü erhielt ein bis dahin gesunder Kanarienvogel 1 Oese einer 24-
stündigen Agarkultur von Kan.St. 3a F subkutan von der Vorderbrust. Am 12. nach-
mittags ist das Tierchen nicht mehr so munter, wie sonst, sitzt am 13. den ganzen Tag
mit gesträubtem Gefieder am Boden des Käfigs, indem es den Kopf zwischen den
Federn verborgen hält, und bleibt auch des Nachts in dieser Stellung. Auf die Um-
gebung wird nur sehr mangelhaft geachtet. Am 14. morgens (4^4 Tag n. d. I.) liegt
es tot im Käfig. Der Sektionsbefund ist derselbe wie S. 578 beschrieben. An der Impf-
stelle hat sich eine ausgedehnte Nekrose ausgebildet. Sie ist der bei Kan. II be-
schriebenen gleich, jedoch noch stärker ausgebreitet. Die Wunde an der Impfstelle ist
nicht verheilt.
Aus dem Herzblut, den Organen und dem Darm konnten die verimpften Bak-
terien in Reinkultur gezüchtet werden ; sie verhielt sich wie die Ausgangskultur.
Giftbildung.
Am 8. 9. 11 erhielt je eine Maus V2 ccm 4 Wochen alter Bouillon-
kultur der einzelnen Kan.-Stämme intraperitoneal injiziert. Die Kulturen
wurden 1 Stunde lang auf 65° erhitzt und dadurch abgetötet; die Keim-
freiheit wurde durch Uebertragung auf Agar geprüft. Innerhalb 3 Tagen
starben die Mäuse von Kan.St. 3 a F, 5 a F, 5 b F, 1 b E, und 4 b W, alle
übrigen Mäuse, unter denen einige krank waren, sich jedoch wieder er-
halten, blieben am Leben.
Der Sektionsbefund war mit Ausnahme von Milztumor und Hyper-
ämie der inneren Organe bei den gestorbenen Tieren negativ.
Die aus Herzblut, Milz und Darm isolierten Kan.-Stämme weisen
nach diesen Untersuchungen eine ausgesprochene Tier patho-
gen i tat auf. Dagegen scheint die Bildung von hitzebeständigen Toxinen
nicht in erhöhtem Maße vorhanden zu sein.
Zusammenfassung.
Aus vorliegenden Untersuchungen geht ohne Zweifel hervor, daß
es sich bei unseren 3 Seuchengängen um eine Infektion mit Bakterien
der Hogcholeragruppe, und zwar mit echten Paratyphus-B-
Bakterien handelt. Es beweist dies nicht nur die völlige Ueber-
einstimmung auf den gebräuchlichen Nährböden, das
Gärungsvermögen und das negative Verhalten der Indol-
reaktion gegenüber, sondern vor allem die Agglutination fast
bis zur Titergrenze mit Paratyphus-B-Sera, ganz besonders
aber die Agglutination fast bis zur Titergrenze echter
37*
580 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
vom Menschen stammender Paratyphus-B-Stämme durch
ein mit einem K an. -Stamm (Kan.St. 2F) hergestellten Kanin-
chenserum. Es ist hierdurch zugleich der Beweis erbracht, daß
unsere Kan. -Stämme den Menschenstämmen sehr nahe
verwandt, wenn nicht gleich sein müssen. Ferner ist auch
die verhältnismäßig hohe Virulenz nicht nur Kanarienvögeln, sondern
auch Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen gegenüber zu berück-
sichtigen. Und es ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen,
daß auch Menschen, wie z. B. die mit der Pflege und Wartung der Tiere
betrauten Personen, sich durch länger fortdauernde Aufnahme der Er-
reger infizieren können.
Einige Bemerkungen zur Therapie der beschriebenen Kanarienvogel-
seuchen.
Was die Behandlung der soeben beschriebenen Seuchen anbetrifft,
so wurden mit den allgemeinen Seuchenmaßregeln sehr gute Erfolge
erzielt. Die erste Forderung muß die Trennung der Ge-
sunden von den Kranken sein, und zwar müssen die Gesunden,
wenn irgend möglich, wiederum einzeln in Käfigen gehalten werden.
Der Kot ist täglich zu entfernen und zu verbrennen; Futter- und Wasser-
näpfe werden am besten zusammen mit dem Käfig täglich ausgekocht
bzw. desinfiziert. Den Kranken gibt man als Trinkwasser 3 — ö g Eisen-
vitriol auf 1 1 Wasser; sie werden am besten ebenfalls iso-
liert, d. h. einzeln oder zu zweien in Käfige gesetzt. Daß
diese Maßnahmen nicht immer durchzuführen sind, ergibt sich bei
einem größeren Bestände von selbst. Die Seuche ist dann jedoch auch
schwerer zu bekämpfen. Bei Züchter W. z. B. hörte bereits 8 Tage
nach Einführung dieser Maßnahmen das Sterben auf und trat auch
nicht wieder auf, als später die Tiere wieder zusammen in die Hecke
kamen.
Daß die zeitige Erkennung der Seuche auch von praktischer Bedeutung
ist, erhellt schon aus den erheblichen pekuniären Verlusten, die in unseren
Fällen entstanden sind, ganz abgesehen davon, daß eine Uebertragung
auf den Menschen, wie bereits oben angedeutet, nicht von der Hand zu
weisen ist; jedenfalls sind die Besitzer in diesen Fällen auf diese Möglich-
keit aufmerksam zu machen.
B. Untersuchungen über das Vorkommen von Bakterien der
Coli-Typhusgruppe im normalen Kanarienvogeidarm.
Um festzustellen, ob bereits im normalen Kanarienvogeldarm Ver-
treter der Coli- Typhusgruppe vorkommen, wurde im Anschluß an die
oben beschriebenen Untersuchungen der Darmkanal von 10 gesunden
Kanarienvögeln untersucht.
Es wurde dabei folgendermaßen verfahren : Bevor die Tiere getötet
wurden, bheben sie 3—5 Tage lang zwecks Untersuchung ihres Gesund-
heitszustandes unter ständiger Beobachtung. Sie erhielten hierbei das-
selbe Futter (Körnerfutter) wie seither und Leitungswasser. Sie wurden
dann mit Chloroform getötet, und aus dem Darm an drei verschiedenen
Stellen (Vorder-, Mittel- und Enddarm) mit der Platinöse steril Material
entnommen und auf Bouillon zwecks Anreicherung übertragen. Nach
6— 24-stündigem Verweilen im Brutschranke wurden v. Drigalski-
Adam u. Meder, lieber Paratyphus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln etc. 581
Platten beschickt. Außerdem wurden Ausstrichpräparate angefertigt und
nach Gram und mit Methylenblau gefärbt.
Befand.
Mit Ausnahme von No. 5 waren sämtliche 10 Tiere gesund. Die
Futter- und Wasseraufnahme ließ nichts zu wünschen übrig; die Tiere
hüpften munter in ihrem Käfig umher. Der Kot war festweich und
wurde in Form von Würsten abgesetzt. No. 5 dagegen saß gleich nach
der Ankunft im Institute traurig mit gesträubten Federn im Käfig; zeit-
weilig war das Tierchen munterer, Futter und Wasser wurde ebenfalls
aufgenommen, der Kot war dick- und dünnbreiig bis wässerig. Dieses
Tier wurde am 6. Tage getötet.
Der Bakterienbefund war nun sehr überraschend. Außer feinen
grampositiven und -negativen Einzel- und Doppelkokken sowie Kurz-
stäbchen fanden sich im Darmkanal der 9 gesunden Kanarien-
vögel weder Vertreter der Coli- noch der Typhusgruppe
vor. Dieser Befund machte sich bereits bei der Anreicherung in Bouillon
bemerkbar, wo selbst nach mehrtägigem Bebrüten keine Trübung eintrat.
Anders verhielt sich dagegen der Darminhalt von No. 5.
Auf den v. Drigalski- Platten von allen 3 Darmabschnitten von
No. 5 gingen zahlreiche rote und blaue Kolonieen auf. Die roten Kolo-
nieen bestanden aus echten Coli -Bakterien, welche sich in ihrem
kulturellen Verhalten in keiner Weise von anderen Coli- Arten unter-
scheiden.
Die blauen Kolonieen stehen den Paratyphus-B-ähnlichen Bakterien
nahe. Lackmusmolke wurde erst gerötet und nach längstens 5 Tagen
gebläut; jedoch war der blaue Farbenton niemals so tief wie bei den
echten Paratyphus-B-Bakterien. Milch- und Traubenzucker wurde
nicht vergoren. In dem Verhalten auf den übrigen Nährböden verhielten
sie sich wie Coli -Bakterien.
Soweit wir die Literatur übersehen, ist die Tatsache, daß im
normalen Darmkanal von Kanarienvögeln überhauptkeine
Coli-Bakterienvorkommen,bishernochnichtfestgestellt.
Man muß vielmehr aus dem positiven Befund des Darmkanals von No. 5
schließen, daß die Anwesenheit des Bacterium coli commune
bereits krankmachend wirkt.
Zusammenfassung.
Im Darmkanal von 9 gesunden Kanarienvögeln konnten keine
Coli-Bakterien, geschweige denn Vertreter der Typhusgruppe nach-
gewiesen werden.
Es scheint demnach das Bacterium coli commune kein
steter Bewohner des Kanarienvogeldarmes zu sein.
In dem einen Falle dagegen, wo sie gefunden wurden, hatten sie
zweifellos einen, wenn auch geringen, Darmkatarrh (dünner Kot) hervor-
gerufen.
Inwieweit hieraus der Schluß berechtigt ist, daß das Vorhandensein
von Coli-Bakterien im Darmkanal von Kanarienvögeln etwas Patho-
logisches ist, müßten noch nähere Untersuchungen klarzustellen suchen.
582 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Am Schlüsse dieser Arbeit ist es uns eine angenehme Pflicht, Herrn
Prof. Dr. Eber für die Ueberlassung des Materials und Herrn Privat-
dozenten Dr. P. Schmidt, vom Hygienischen Institut der Universität,
für die wertvollen Ratschläge unseren ergebensten Dank auszusprechen.
Literatur.
1) Freese, Ucber seuchenhaftc Erkrankungen mit septikämischem Charakter bei
Kanarienvögeln. (Dtsche tierärztl. Wochenschr. 1907. No. 36. p. 501.)
2) Huber, E., Beiträge zur Bakteriologie des normalen Pferdedarmes, mit besonderer
Berücksichtigung der Bakterien der Coli-Typhusgruppe. [Inaug.-Diss.] Leipzig 1910.
3) Joest, E., Eine durch Bakterien der Enleritisgruppe verursachte Kanarienvogel-
seuche. (Ber. üb. d. tierärztl. Hochschule Dresden. 1906. p. 110.) Dresden 1907.
4) Kern, F., Eine neue infektiöse Krankheit der Kanarienvögel (Kanariencholera).
(Dtsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. 22. 1897. p. 171.)
5) Pf äff, F., Eine infektiöse Erkrankung der Kanarienvögel. (Centralbl. f. Bakt. etc.
Abt. I. Orig. Bd. 38. p. 275.)
6) Rieck, M., Eine infektiöse Erkrankung der Kanarienvögel. (Dtsche Zeitschr. f.
Tiermed. Bd. 15. 1889. p. 68.)
7) Zsupän, K., Infektiöser Magen-Darmkatarrh bei Kanarienvögeln (Kanarientyphus).
(Ref. in Jahresber. v. Ellenberger u. Schütz. 1909. p. 352.)
8) Zwick, W., Untersuchungen über eine Kanarienvogelseuche. (Zeitschr. f. Infektions-
krankh. d. Haustiere. Bd. 4. p. 33.)
Nachdruck verboten.
Eine Untersucliuiigsreiüe über die Veränderung einer
Urinbakterie in den menscliliclien Harnwegen..
Von Ejnar S0renseii, Kopenhagen.
Ich habe früher in der Zeitschrift für Urologie. 1910. H. 10 einen
Fall von spontaner Genesung von diabetischer Pneumaturie mitgeteilt.
Dieser Fall hat in seinem späteren Verlauf Verschiedenes von bakterio-
logischem Interesse geboten, weshalb ich meine Beobachtungen hier
mitteilen möchte.
Es handelte sich um einen älteren, an Glykosurie leidenden Mann,
bei dem in den letzten zwei Jahren reichliche Luftansammlung in der
Blase beobachtet worden war. Die Ursache dieser Luftausammlung war
eine Gärung in dem zuckerhaltigen Harne, verursacht von einer stark
Zucker vergärenden Bakterie Bacterium pneumaturiae, einem kurzen,
dicken, unbeweglichen Stäbchen mit abgerundeten Enden, von der Größe
des Bact. coli commune. Sie wurde teils einzeln, teils zu mehreren
aneinander gekettet gefunden ; häufig waren diese Ketten zu langen
„Fäden" ausgewachsen. Beim Aussäen des steril entnommenen Harnes
zeigte es sich, daß diese Bakterie in Reinkultur gefunden wurde. Die
Bakterie wurde mit den gewöhnlichen Färbemitteln gefärbt; sie war
nicht' säurefest und färbte sich nicht nach Gram. Viele Bakterien ent-
hielten entweder in den Polen oder im Zentrum Teile, die sich stärker
färben ließen. In den verschiedenen Nährsubstraten bildete das Bak-
terium lange „Fäden"; diese „Fäden" traten schon in ganz jungen
Kulturen auf. In Kulturen, die zweimal 24 Stunden alt waren, sah man
„Fäden" von mehr als 10 (Gliedern; in älteren Kulturen solche von mehr
als 20 Gliedern. Die Gliedteilung konnte nicht immer in den Fäden
beobachtet werden ; diese waren bisweilen von solcher Länge, daß sie
Serensen, Veränderung einer Urinbakterie in den menschl. Harnwegen. 583
sich über das ganze Gesichtsfeld ausdehnten. Die Bakterie hatte keine
Kapsel und bildete nicht Sporen. Sie wuchs in Bouillon und bildete
einen Rand von weißen Bakterien auf dem Reagensglas an der Bouillon-
oberfläche. Sie bildete stark schleimige Belage auf der Oberfläche von
schrägen Agar. Beim Berühren dieser Belage bildeten sich, wenn man
die Nadel aus dem Glase zog, bis meterlange, feine Schleimfäden; außer-
dem entstanden Luftblasen in der Agarsubstanz. Auf Gelatineplatten
wuchsen die Bakterien als stark prominierende, kegelförmige Kolonieen,
die sich auf der Oberfläche nicht ausbreiteten. Dagegen zeigten sie
wenig oder gar kein Wachstum auf gekochten Kartofteln, aber starken
und schleimigen Wuchs auf alkalinisierten , gekochten Kartofleln und
Luftentwickelung in Milch-, Trauben- und Rohrzuckerbouillon binnen
20 Stunden.
Bei Injektion in das Peritoneum wirkte die Kultur binnen 20 Stunden
tödlich auf Meerschweinchen und weiße Mäuse.
Eine Kultur, die ca. "V4 Jahre später der Blase des Patienten ent-
nommen wurde, zeigte das gleiche mikroskopische und kulturelle Ver-
halten, nur zeigten die Kolonieen auf den Gelatineplatteh Neigung, sich
auf der Oberfläche der Gelatine auszubreiten.
Die Pneumaturie verschwand spontan nach Verlauf von 2 Jahren,
obgleich stets Zucker und Bakterien im Harne gefunden wurden.
Ich dachte darum an die Möglichkeit, daß die Zucker vergärende
Bakterie im Laufe der Zeit, während ihres Aufenthalts in der Blase,
die Fähigkeit, Zucker zu vergären, verloren hätte, und über Unter-
suchungen will ich hier mitteilen.
Als die Pneumaturie verschwunden war, nahm ich im März 1910
eine Untersuchung des Bakterieninhalts der Blase vor. Es zeigte sich,
daß der steril entnommene Harn ebenso wie früher eine Reinkultur
enthielt. Das mikroskopische Bild dieser Bakterie war genau dasselbe,
wie das der früher im Harne nachgewiesenen Bakterie. Die Form, Größe,
Polkörner, Unbeweglichkeit, Fadenbildung, Verhältnis zu den Färbe-
mitteln usf. stimmten genau überein. Es war aber ein hervortretender
Unterschied vorhanden. Die Bakterie wollte nicht Gas entwickeln,
weder in Trauben- noch Milch oder Rohrzucker. In Kulturen zeigte
diese Bakterie keinen sicheren Unterschied von der vorhin beschriebenen,
weder in Milch, Gelatine oder Agar; nur fand man hier natürlich keine
Luftblasen in den Nährsubstraten. Die einzigen sicheren Unterschiede,
außer der Veränderung in der Gärungsfähigkeit, bestanden darin, daß
diese letztere Bakterie keinen schleimigen Wuchs auf schrägem Agar
gab, und auf Kartoffeln stärker wuchs, auch bildete sie in Bouillon-
kulturen keinen Rand. Hier lagen nur zwei Möglichkeiten vor: War
die frühere Bakterie in der Blase des Patienten ausgestorben und durch
eine andere ersetzt, event. von einer anderen verdrängt, oder war es
die frühere Bakterie, die im Organismus eine so bedeutende Veränderung
erlitten hatte, daß das Krankheitsbild des Patienten hier ganz verändert
wurde ?
Die zuckervergärende Bakterie, die ich früher der Blase des Pa-
tienten entnommen hatte, war für mich ausgestorben; ich konnte also
nicht wissen, ob die im Reagensglase gleichfalls die Fähigkeit, Gas zu
entwickeln, verloren hatte.
Um, wenn möglich, die Frage zu lösen, zog ich die zuletzt ge-
fundene, nicht luftentwickelnde Bakterie auf verschiedenen Nährsubstraten,
in der Hoff"nung, daß sie ihre Gärfähigkeit wiedererlangen möge. Ich
584 Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
zog sie vom März 1910 bis zum Januar 1911, ohne daß sie aber irgend-
welche Neigung zeigte, Gas zu entwickeln.
Am 6. Januar 1911 impfte ich von einer Kartoffelkultur in eine
2-proz. Traubenzuckerbouillon, die ich in Stubentemperatur stellte. Die
Kultur wurde täglich besichtigt, zeigte aber keine Spur von Gasentwicke-
lung, bis sie am 8. Februar plötzlich sehr kräftige Gärung
zeigte.
Die Gärung war so bedeutend, daß sich eine ca. 1 cm hohe Lage
Schaum auf der Bouillonoberfläche im Reagensglase bildete. Der Baum-
wollenstöpsel war während der 33 Tage nicht entfernt worden. Ich
machte von der Kultur Aussaat auf Gelatineplatten. Die Kolonieen auf
der Gelatine sahen gleichartig aus. Bei Impfung von verschiedenen
Kolonieen in 15 Gläser Traubenzuckerbouillon zeigten alle 15 Kulturen
gleichartige, lebhafte Gärung.
Diese gärende Bakterienforen wurde näher untersucht. Sie verhielt
sich mikroskopisch ganz wie die früheren, sowohl die gasentwickelnden,
wie die nichtgasentwickelnden Formen. In Kulturen verhielt sie sich
ganz wie die nichtluftentwickelnde Form, nur zeigte sich, außer ihrer
Gärfähigkeit, auch die Fähigkeit, Milch zu koagulieren, und außerdem
hatte sie einen Teil ihres schleimigen Charakters wiedererworben.
Die Kartoffelkultur, von der die gärende Kultur stammte, wurde
ebenfalls näher untersucht; sie konnte in Traubenzucker kein Gas ent-
wickeln, und ebenso verhielt sich eine Agarkultur. Diese beiden
Kulturen aber hatten die Fähigkeit erworben, in Milch-
zucker Gas zu entwickeln, und zwar nach Verlauf längerer Zeit,
von 4 — 12mal 24 Stunden bei 37°^). Diese beiden Kulturen verhielten
sich übrigens ganz gleich. Da also die nichtgasentwickelnde Bakterien-
form plötzlich, ohne nachweisbare Ursache, ihre Fähigkeit, Gas zu ent-
wickeln, wiedererworben hatte, konnte man erwarten, daß die Bakterie,
die fortwährend in der Blase des Patienten gefunden wurde, ebenfalls die
Fähigkeit, Gas zu entwickeln, wiedererworben habe. Bei äußerlicher
Untersuchung des Patienten schien dies jedoch nicht der Fall zu sein.
Anfang September 1911 ergab sich bei Untersuchung des Patienten,
daß die Blase Gas enthielt, und der steril entnommene Harn enthielt
dieselbe Bakterie wie früher.
Die Bakterie hatte aber nun, ebenso wie die Reagens-
glaskultur, die Fähigkeit, Gas zu entwickeln, wieder-
erworben.
Die Bakterie verhielt sich im wesentlichen wie die erstentnommene
Kultur vom Januar 1908; sie koagulierte aber jetzt Milch, aber wie
früher konnte man aus der Agarkultur mit der Impfnadel mehr als
meterlange, feine Schleimfäden aus dem Reagensglase herausziehen.
(Mit dieser Bakterie zusammen fand sich in der Blase des Patienten
ein bewegliches Stäbchen, das sich in Kulturen genau wie Bact. coli
commune verhielt. Diese Bakterie war möglicherweise bei der Katheteri-
sation eingeführt worden, da Patient mehrmals wegen der Luftansammlung
in der Blase katheterisiert worden war, ehe die Kultur entnommen
wurde.)
Ich gebe hier ein Schema über die verschiedenen Bakterienformen.
G. heißt Gasentwickelung, S. Säurebildung.
1) Kulturen von dieser gasen twickelnden Kultur verhielten sich wie III c. (Siehe
Schema.)
Sörensen, Veränderung einer ürinbakterie in den menschl. Harnwegen. 585
I
11
III a
III b
Vorstehende
III c
Vorstehende
Kultur auf
IV
Kultur von
der Blase
Kultur von
der Blase
Kultur von
der Blase
Kultur auf
Kartoffeln u.
Agar gezogen
vom März
1910 bis
Trauben -
zuckerbouiU.
gezogen vom
6. Januar
1911 bis
Kultur von
der Blase
Januar 1908
Nov. 1908
März 1910
Februar 1911
8. Febr. 1911
Oktober 1911
Qelatineplatten
Kegel förmige
Kolonieen
Teils kegel-
förmige, teils
flache Kolo-
nieen ^)
Flache Kolo-
nieen
Flache Kolo-
nieen
Flache Kolo-
nieen
Kegelförmige
Kolonieen
Schräger Agar
Stark schlei-
Stark schlei-
Nicht schlei-
Nicht schlei-
Schleimiger
Stark schlei-
Gekochte Kartoffeln
miger Belag
Ger. Wuchs
miger Belag
Ger. Wuchs
miger Belag
Wuchs
miger Belag
Wuchs
Belag
Wuchs
miger Belag
Wuchs
Alkalinisierte, ge-
Lebh. Wuchs
Lebh. Wuchs
Lebh. Wuchs
Lebh. Wuchs
Lebh. Wuchs
Lebh. Wuchs
kochte Kartoffel-
m. Luftblas.
m. Luftblas.
ohne Luft-
ohne Luft-
m. Luftblas.
m. Luftblas.
scheiben
blasen
blasen
Milch
Keine Koagu-
lation
Keine Koagu-
lation
Keine Koagu-
lation
Koagul. nach
1. Monat
Koagulation
Koagulation
Bouillon
Rand auf d.
Glase
Rand auf d.
Glase
Kein Rand
Kein Rand
Kein Rand
Kein Rand
Traubenzuck.-Bouil-
lOD
ffilchzuckerbouillon
G. S.
G. S.
S.
S.
G. S.
G. S.
G. S.
G. S.
S.
G. S.
G. 8.
G. S.
Rohrzuckerbouillon
G. S.
G. S.
s.
S.
G. S.
G. S.
ilannosebouillon
s.
G. S.
G. S.
öalaktosebouillon
s.
G. S.
G. S.
Fruktosebouillon
s.
G. S.
G. S.
Maltosebouillon
s.
G. S.
G. S.
Raffinosebouillon
s.
G. S.
G. S.
Mannitbouillon
s.
G. S.
G. S.
Stärkebouillon
s.
G. S.
n. ca. lOmal
24 Stunden
G. S.
n. ca. lOmal
24 Stunden
Inulinbouillon
0
0
0
Es fragt sich nun, ob diese 6 Bakterienformen verschiedene Arten
sind, oder ob es sich um Varietäten derselben Bakterie handelt.
III a, III b und III c sind zweifellos dieselbe Bakterie, da die Ver-
änderung im Reagensglas stattfindet. I und II finden sich beide in
Reinkultur mit einem Zwischenraum von ca. ^U Jahren ; hier ist der
Unterschied so gering, daß man annehmen kann, es handelt sich um
dieselbe Bakterie.
I und IV zeigen, außer dem geringen Unterschiede in den Bouillon-
kulturen, nur einen Unterschied bezüglich des Koagulierens von Milch ;
eine solche Veränderung ist früher in Reagensglaskulturen von anderen
Bakterien beobachtet worden, zeigt sich übrigens auch hier bei III, und
rührt wohl von verschiedenen Umsatzprodukten des Milchzuckers her.
Endlich zeigen III c und IV nur einen Unterschied bei den Kolonieen
auf Gelatineplatten : einen ähnlichen Unterschied sieht man aber auch
bei I und IL
Außer der genauesten Uebereinstimmung der mikroskopischen Ver-
hältnisse deutet auch die auffallend stark schleimige Konsistenz der
1) Zahlreiche Verbreitungen sowohl von den kegelförmigen als von den flachen
Kolonieen gaben stets gemischte Formen von kegelförmigen und flachen Kolonieen,
indem ein Teil der kegelförmigen Kolonieen sich nach einiger Zeit verflachte.
586 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Agar- und Kartoffelkolonieen darauf hin, daß es sich um Varietäten der-
selben Bakterie handelt. Ich meine deshalb, mit Rücksicht auf den
gemeinsamen Fundort der verschiedenen Bakterienformen, und unter
Berücksichtigung der parallelen Veränderungen der Kulturen im Reagens-
glas und in der Blase, daß es das einzig Wahrscheinliche ist, daß es
sich um 6 Varianten derselben Bakterie handelt. Eine entsprechende
Veränderung von Bakterien in dem menschlichen Organismus ist gewiß
früher nicht nachgewiesen worden; es kommt mir aber als wahrschein-
lich vor, daß man bei eingehenden Untersuchungen, z. B. der Bakterien
des Darmes, ähnliche Verhältnisse finden würde, und es ist vielleicht
nicht unwahrscheinlich, daß ein Teil der plötzlich entstehenden Epidemieen
(Typhus, Cholerine) sich aus gleichen, plötzlich entstehenden Verände-
rungen der Bakterien entweder außerhalb oder innerhalb des mensch-
lichen Organismus, erklären könnte.
Nachdruck verboten.
Ueber Tropenkranklieiteii in Süditalien.
Von Prof. Dr. Umberto GabW aus Rom.
In einigen Beiträgen in den italienischen und fremden medizinischen
Zeitungen habe ich die Aufmerksamkeit auf einige Tropenkrankheiten
gelenkt, die in Calabrien und Sizilien vorkommen.
Das Malta fieber, schon lange von mir und meinen Schülern be-
obachtet und beschrieben, wurde bezüglich der Aetiologie und der Aus-
breitung besser studiert und folgende Tatsachen von uns bestätigt:
1) Daß nicht nur die Maltaziegen mit der Milch die Krankheit fort-
pflanzen, sondern auch die eingeborenen und gekreuzten Ziegen ;
2) daß die Krankheit nicht nur in Sizilien und Calabrien verbreitet
ist, sondern auch in Zentralitalien (Rom, Florenz, Pisa, Lucca, Livorno
usw.) und in Norditalien (Turin, Mailand, Venezien). Seit unserem ersten
Beitrage über dieses Thema im Jahre 1906 sind bis 1911 mehr als
120 Arbeiten veröffentlicht worden, von denen die meisten aus meinem
Institute stammen.
Ueber Kala-azar haben unsere Studien und Beiträge eine be-
deutende Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen hervorgerufen,
und jetzt ist bestimmt festgestellt:
1) Daß die Krankheit, die klinisch und ätiologisch gar nicht ver-
schieden vom indischen Kala-azar ist, nicht nur in Calabrien,
Sizilien und Campanien vorhanden ist, sondern daß auch in Apulien, auf
den Eolischen Inseln und in Rom einige Fälle gefunden und beschrieben
worden sind.
2) Daß die Leishmania Donovani, die Erregerin der Krankheit,
nicht verschieden ist von jener, welche die Krankheit an der mittel-
ländischen Küste hervorruft (Nordafrika, Griechenland, Spanien usw.).
3) Daß mir und meinem Assistenten Dr. Scordo die Entdeckung
zukommt, daß „Bonos" eine Kinderkrankheit der griechischen Inseln
(Spezia, Hydra usw.), nichts anderes als Kala-azar ist. Wir haben die
Punktion der Milz vorgenommen und die Leishmania gefunden. (In
Spezia, am 15. Dez. 1910.)
Gabbi, Ueber Tropenkrankheiten in Süditalien. 5g7
4) Daß auf meinen Studien die bedeutende Reihe der Untersuchungen
in verschiedenen klinischen, hygienischen und pathologischen Instituten
Italiens und Griechenlands beruht. Aus meiner Abteilung für Troi)en-
krankheiten in der medizinischen Klinik zu Rom sind bis jetzt mehr als
50 Arbeiten darüber hervorgegangen.
Noch zwei andere tropische Krankheiten wurden von mir und meinen
Schülern (Lacava, Caracoci und Zagari) in Sizilien und Calabrien
gefunden, das Denguefieber und Bubo climatico. Eine bedeutende
Epidemie des ersteren habe ich im Jahre 1907 in Messina beobachtet
(von Tripolis eingeführt!), und im Jahre 1908 ist eine kleme von Cara-
coci und Zagari in Francavilla beobachtet und studiert worden. Fälle
von „Bubo climatico" sind bis jetzt nur von mir und Prof. D e L u c a
(Catania) beobachtet worden.
Von 1910 an wurden folgende andere Krankheiten entdeckt:
1) Die Orientbeule, von mir und Lacava in Messina und
Bovalino beobachtet und beschrieben, und dann auch von Jemma
(Palermo) und Puloirenti (Catania) und von verschiedenen praktischen
Aerzten in kleinen Dörfern von Calabrien gefunden. Diese Krankheit
ist sehr verbreitet an den Küsten des Ionischen Meeres. Man hat bei
uns den Erreger der Krankheit noch nicht genug studiert.
2) Das Pappatacifieber (dreitägiges Fieber). Im Jahre 1910
habe ich in Messina und Calabrien (Dörfer der Umgebung von Reggio
Calabria) die erste bedeutende Epidemie beobachtet und beschrieben,
die vom Juli bis September herrschte und mehr als 4000 Einwohner
ergriff. (In demselben Jahre, anfangs Oktober beobachtete ich die Krank-
heit in Tripolis, wo sie noch nicht bekannt war.) In diesem Jahre (1911)
ist eine neue Epidemie aufgetreten und von mir auch studiert und be-
schrieben worden. Die Symptome der Krankheit waren alle vorhanden.
Von wo kam nun zum ersten Male diese epidemische Infektion? Ich
habe daran gedacht, daß nach dem Erdbeben in Messina aus Dalmatieu
eine kolossale Menge von Holz eingeführt wurde, und daß in jener
Gegend das Pappataci-Fieber (febbre estiva in Oberitalien genannt)
endemisch ist. Ist es nun nicht natürlich, zu denken, daß mit den holz-
gefüllten Dampfschiffen ein Träger des unsichtbaren Virus der Krankheit
eingeführt sei und dieselbe hierher ausgebreitet habe? Man muß auch
bedenken, daß nach dem Erdbeben von Messina, wo alle kleinen Städte
und Dörfer der Umgebung mit Trümmern erfüllt wurden, in diesen der
Phlebotomus pappataci sehr gut lebt (Grassi). Sicherlich haben
wir in den Jahren (1910 und 1911) keine so bedeutende Epidemie von
Pappataci gesehen! Es wäre noch zu sagen, daß die Krankheit sich
auch in Catania und Palermo verbreitet hat, und zwar durch Waren (?)
oder Träger des unsichtbaren Virus. In diesen zwei Jahren wurden mehr
als 12 Beiträge veröffentlicht (Signer, Stefanelli, DeGaetani,
Guinta, Napolitano und Tedeschi).
3) Ulcus tropicum: Von dieser Krankheit, die ätiologisch noch
nicht vollkommen untersucht ist, hat Dr. Lacava einen Fall beobachtet
und beschrieben.
4) Miyasis ocularis, nur ein Fall bis jetzt beobachtet, aber die
intestinale Miyasis ist in Süditalien häufig.
5) Amöbendysenterie: Ein interessanter Fall, von Ent-
amoeba tetragena erregt, ist von mir bei einem Kranken beobachtet
588 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
worden, der aus Nicaragua gekommen war. Mit dem Erreger der Krankheit
hat mein Assistent, Dr. G. Franchini, diese bei einem Affen hervor-
gerufen und die histologischen Störungen beschrieben. Von ihm und
Dr. Raspaolo wurden interessante Untersuchungen über die Technik
der Amöbenzüchtung veröffentlicht.
6) Infektiöse Splenomegalie, welche vielleicht durch ein un-
sichtbares Virus erregt wird, hat seit wenigen Monaten meine Aufmerk-
samkeit auf sich gelenkt. Die Symptomatologie erinnert an jene des
Kala-azars: Milz- und Leberschwellung, bedeutende Anämie (Oligocythämie
und Leukopenie), unregelmäßiges Fieber, Nasenblutungen und Darm-
störungen mit Asthenie und Abmagerung.
Woher stammen nun diese Tropenkrankheiten V Ich habe in ver-
schiedenen Arbeiten zu demonstrieren versucht, daß einige dieser Krank-
heiten während der Kreuzzüge eingeführt worden sind. So gewiß die
epidemisch-pandemischeu Infektionen (Cholera, Pest und gelbes Fieber)
vom tropischen Asien und Amerika mit Waren, Menschen und Tieren
eingeführt werden, ist es natürlich, daß einige der Krankheiten, die wir
in Sizilien und Calabrien (nach unseren Studien auch in Griechenland,
und nach jenen von Nico 11 e in Portugal) gefunden haben, von den
alten römischen Armeen eingeführt worden sind. Ich glaube, daß auch
die Araber-Invasionen und ihre Herrschaft in Süditalien eine bedeutende
Rolle bei ihrer Einführung gespielt haben. In der Neuen Zeit ist zu
bedenken, daß Sizilien durch seine Lage nahe der Küste von Afrika
seit Jahrhunderten wichtige Handelsverbindungen mit den Städten und
Ländern dieser Küste unterhalten hat. Handelsverbindungen, die, wie
ich schrieb, durch die Vervollkommnung der Kauffahrteischiffe sich be-
deutend ausgedehnt haben. Daher haben sich die Ströme der mensch-
lichen Auswanderer der Insel und von Calabrien nach Malta und Tunis,
Tripolis, Algier, Alexandria in Aegypten und Cairo nicht nur vergrößert,
sondern es haben sich in diesen Städten wirklich blühende Kolonieen
gebildet, in denen die Vermischung mit dem eingeborenen Element sich
immer mehr ausbreitet und befestigt. Wer in den Seestädten der
Inseln und der calabrischen Küste gelebt hat, wird dem, was ich be-
haupte, zustimmen. Durch die überseeischen Verbindungen hat sich ein
immer mehr wachsender Austausch von Waren nicht nur, sondern auch
von pathogenen Virus entwickelt. Aber es existiert auch eine gewisse
Aehnlichkeit im Klima, das im Sommer heiß und im Winter gemäßigt
ist; wachsen doch in Sizilien Pflanzen, welche auch an den nahen afrika-
nischen Küsten wachsen, aber nicht in Mittel- und Norditalien. Es ist
daher kein Wunder, daß es auch Berührungspunkte bei den Krankheits-
erscheinungen gibt, besonders seit in einigen Orten auch eine Ver-
mischung der Rassen eingetreten ist.
Das Studium dieser klinisch noch unbestimmten Krankheiten, deren
Ursache wenig oder unzureichend bekannt ist, zu erschöpfen ; die Bak-
terien, die sie hervorrufen, zu erkennen, ebenso wie die Wege, durch
die sie in uns eindringen, die Mittel einer rationellen Therapie zu finden,
und zu ergründen , ob und wie sie in Zentral- und Norditalien sich
verbreiten (neuere Veröffentlichungen ergeben häufig das Maltafieber in
Rom), sind Aufgaben, die im Namen der leidenden Menschheit und im
Interesse der Wissenschaft zu lösen sind.
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren. 5g9
Nachdruck verboten.
Die Amöben als Krankheitsursachen hei den Haustieren.
Von Dr. med. vet. Eduard Lehmann iu Jegenstorf (Schweiz).
Mit 14 Figuren im Text.
Ueber Amöbendysenterie des Menschen haben manche vortreffliche
Forscher geschrieben. Die erste Arbeit von großem wissenschaftlichen
Interesse ist diejenige von Loesch (43) in St. Petersburg, der bei einem
an chronischer Diarrhöe erkrankten Manne Amöben im Stuhle nachwies.
Nachdem Kartulis (32 — 34) und R. Koch (38) die Aufmerksamkeit
der Forscher von neuem auf dieses Gebiet gelenkt hatten, entstand bald
eine sehr umfangreiche Literatur.
Die bis zum Jahre 1897 erschienenen Arbeiten wurden von W. Ja-
nowski (26) einer genauen und eingehenden Kritik unterzogen. Er
kam zu dem Schlüsse, daß die Ursache der gewöhnlichen Dysenterie in
Bakterienassoziationen gegeben ist. Eine ihrer Formen aber, die sich in
klinischer und anatomischer Hinsicht von den übrigen deutlich unter-
scheidet, die sogenannte Tropen dysenterie, wird aller Wahrschein-
lichkeit nach durch die Assoziation einer bestimmten Amöbenspecies mit
Bakterien veranlaßt.
Unter den neueren Forschern kommt immer mehr die Ansicht zur
Geltung, daß die Ruhr in zwei Formen zerfalle, wobei die epidemische
durch Bacillen, die endemische durch Amöben hervorgerufen werde. Die
erste zeichnet sich pathologisch - anatomisch durch katarrhalische und
croupös - diphtherische Darmveränderungen und klinisch durch einen
akuten, unkomplizierten Verlauf aus. Die Amöbendysenterie ruft da-
gegen geschwürige Veränderungen im Dickdarm hervor. Die Krankheit
zeigt einen chronischen, rezidivierenden Verlauf und Neigung zu Kom-
plikationen, wie Leberabszeß, Perforationsperitonitis.
Ich verzichte auf eine Besprechung der einschlägigen Literatur, da
diese viel zu umfangreich ist, um hier in Kürze im Auszug mitgeteilt
werden zu können. Nur auf die pathologische Anatomie der durch die
Amöben hervorgerufenen Veränderungen gehe ich genauer ein.
Es steht fest, daß diese Parasiten beim Menschen Geschwüre im
Dickdarm und Leberabszesse veranlassen. Die Erkrankung beginnt mit
einer katarrhalischen Affektion und Hyperämie der Schleimhaut. In
schweren Fällen bildet sich eine charakteristische Ulzeration heraus. Die
Submucosa ist der am stärksten ergriffene Teil des Darmes, indem es
hier zu Nekrose des Gewebes kommt. Die über dieser liegende Mucosa ist
nur in beschränkter Ausdehnung ergriffen. Dadurch entstehen typische
Geschwüre mit unterminierten Rändern. Die anatomischen Veränderungen
beginnen in der Submucosa und gehen nach der Oberfläche der Mucosa
zu (Kruse und Pas quäle, 41). In gleicher Weise beschreiben Coun-
cil man und Lafleur (14) den Beginn der Erkrankung. Der Prozeß
spielt sich nach ihnen ab durch fortschreitende Infiltration und Erweichung
im submukösen Gewebe mit nachfolgender Nekrosis der darüber liegenden
Schleimhaut.
E. Roos (54) infizierte Katzen und untersuchte den Darm der an Dysenterie zu-
f runde gegangenen Tiere. Er konstatierte Verdickung und Hyperämie der Submucosa,
auptsächlich um die Lymphfollikel herum. Bisweilen ging die Entzündung bis zur
Muscularis. Manchmal sind wiederum die Lymphfollikel davon betroffen. Dann stirbt
590 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
ein Teil derselben ab, und man sieht an ihrer Stelle zahlreiche Amöben, die bis zur
Muscularis mucosae vordringen, welche ihr weiteres Vordringen zu verhindern scheint.
Die Blutkapillaren sind intensiv erweitert; zuweilen verstopfen die Amöben sie dergestalt,
daß es zu Gewebsnekrose in der nächsten Umgebung kommt. Roos sah auch Amöben
in Menge im Schleime und zwischen den Darmfalten.
Mann er (45) beobachtete in Wien bei einem Manne hartnäckige Diarrhöe. Die
Stühle enthielten konstant Amöben in Mengen. Der Kranke starb infolge Entkräftung.
Die Obduktion zeigte im Dickdarm diffuse Schwellung und Auflockerung der Schleim-
haut und zahlreiche tiefe , bis an die Muscularis reichende Geschwüre. Die mikro-
skopische Darmuntersuchung zeigte, daß der Zufallsprozeß nicht erst unter der Mucosa
begann. Die Schleimhaut war ebenfalls in großer Ausdehnung zerstört. Der Verfasser
erklärt dies dadurch, daß der Prozeß schon weit fortgeschritten war. In der Darm-
schleimhaut konnten keine Amöben gefunden werden. Es wurden einer Katze frische
amöbenhaltige Entleerungen injiziert und hierdurch blutige Stuhlentleerungen hervor-
gerufen. Die histologische Untersuchung des Katzendarmes zeigte, daß sich der Zer-
störungsprozeß darin von der Oberfläche der Schleimhaut nach innen zu verbreitete,
und zwar häufig bis zur Muscularis.
Harris (23) nahm Uebertragungsversuche auf Hunde vor und berichtet ausführ-
lich über die pathologisch-anatomischen Veränderungen am Hundedarm. Der Dickdarm
war geschwollen, die gerötete Mucosa mit Geschwüren bedeckt und zwar, wenn die
Hunde der Infektion erlegen waren, im ganzen Bereiche des Dickdarmes, wenn sie zum
Zwecke der Untersuchung getötet waren, nur im unteren Abschnitt desselben. Der
Prozeß beginnt mit einer leichten katarrhalischen Entzündung des von Amöben be-
fallenen Epithels, der aber alsbald die völlige Zerstörung dieses Epithels folgt. Die
Muscularis mucosae bietet dem Weitergreifen anfangs entschieden Widerstand, und auch
nachdem sie bereits durchbrochen ist und die Nekrose sich in der Submucosa weit aus-
febildet hat, bleiben oft noch Reste der Muscularis mucosae zwischen den nekrotischen
lassen von Mucosa und Submucosa erhalten. Eine Ausdehnung der nekrotischen
Herde bis in die Muscularis hinein wurde nie beobachtet.
Nach Jürgens (30) ist die Araöbendysenterie charakterisiert durch eine enorme
Invasion von Amöben in die Schleimhaut des gesamten Dickdarmes und insbesondere
der Follikel. Dadurch entsteht Zerstörung der Mucosa und Vereiterung der Follikel,
so daß follikuläre Abszesse und follikuläre Geschwüre mit unterminierten überhängenden
Rändern entstehen. Oberflächliche Nekrosen der Darmschleimhaut, wie bei diphthcriti-
schen Prozessen, waren nicht zu finden und solche Stellen, welche bei makroskopischer
Betrachtung den Beginn der Erkrankung vermuten ließen, zeigten bei mikroskopischer
Untersuchung schon ein weit vorgerücktes Stadium, indem bereits die ganze Schleimhaut
bis zur Muscularis mucosae nekrotisiert war. Anfangsstadien fanden sich nur an Stellen,
die makroskopisch noch keine Veränderungen zeigten. Bisweilen war nur eine einzige
Lieberkühn sehe Drüse von Amöben befallen; diese zeigte den Beginn der Nekrose.
Anderseits wurden noch völlig intakte Drüsen voll von Amöben gefunden, so daß die
Einwanderung der Amöben das Primäre, die Nekrose des Drüsenepithels das Sekundäre
ist. Weiteres Vordringen der Amöben führt zur Nekrose der Mucosa. Die Muscularis
mucosae bietet den Amöben vorübergehend Halt. Bevor sie durchbrochen wird, er-
scheint sie deutlich nach der Submucosa vorgetrieben. Es finden sich die Amöben in
der Submucosa in Herden; sie konnten bis zu ihrem Ausgangspunkt und der Durch-
bruchstelle der Submucosa verfolgt werden.
Gross (21) findet bei Infektionsversuchen an Katzen, daß die Erkrankung von
der Drüsenscnicht ausgehe. Die Einwanderung der Parasiten in die Darmfollikel ließ
sich von der Schleimhaut aus meist auf zirkumskripten Nekrosestraßen verfolgen. In-
folge der Invasion Nekrose und Vereiterung der Follikel und Entstehen der Geschwüre.
Nach Dopt er (16) dringt die Dysenteriearaöbe nicht in die Drüsenmündungen
ein, sondern durchsetzt das Epithel der Darmschleimhaut, um sich dann in dem zwischen
den Drüsen gelegenen Bindegewebe ihren Wege zu bahnen. Nach der Durch Wanderung
der Mucosa findet vor der Durchsetzung der Muscularis mucosae ein vorübergehender
Stillstand statt. Auf die durch die Amöben hervorgerufene Reaktion folgt bald die für
die Amöbendysenterie charakteristische Nekrose.
Böse (8) betont in einer Arbeit über Ruhr, daß er im Gegensatz zu den Befunden
von Jürgens bei Katzen, in Schnitten des menschlichen Darmes Amöben niemals in
völlig intakten Drüsen gefunden hat.
Für das Eindringen der Amöben wird vielfach angenommen, daß das Colon für
sie der Locus minoris resistentiae sei (ßowman, 6). Ferner sollen Bakterien oder
andere, vielleicht chemische Schädlichkeiten die primäre Läsion in der Mucosa hervor-
rufen und dadurch erst den Amöben den Weg in die tieferen Schichten hinein öffnen,
wo sie dann in hohem Grade gewebevernichtend auftreten (Flexner, 18, Böse, 8).
Häufig wird angenommen, daß die Amöben primär in das Gewebe eindringen (Jürgens, 30,
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren. 591
Kuenen,42). Nach Schaudinn (55) soll die pathogene Amoeba histolytica
infolge ihrem zähflüssigen, stets deutlich entwickelten Ektopiasma befähigt sein, in das
Darmepithel einzudringen. Andere Forscher schreiben den Amöben die Entwickelung
eines Toxins zu, das auf die Gewebe vernichtend einwirken soll. Gross (21) führt den
Tod der (in seinem Versuche) infizierten Katzen auf eine Vergiftung, durch von den
Amöben produzierte Toxine, zurück, da die Darmveränderungen zu gering seien, um als
Todesursache auszureichen.
Die Amöbendysenterie, von A. Lutz (44) als Amöbenenteritis bezeichnet, findet
ihre hauptsächliche Ausbreitung in den Tropen und subtropischen Gegenden und daher
auch die Benennung als Tropendysenterie. Besonders schwer und von großer Ausdehnung
ist ihr Auftreten in Afrika, Vorder- und Hinterindien, auf den Sundainseln, den Philip-
pinen. In Klimaten, die in der Aequatorialzone liegen, herrscht die endemische Ruhr
zu allen Jahreszeiten, besonders am Ende der Regenzeit und anfangs der trockenen
Periode und wird während der kalten Zeit seltener ; häufig kommt sie mit Malaria ver-
fesellschaftet vor. Sie besitzt hier endemische Herde, von wo aus eine Verbreitung der
nfektion stattfinden kann. In den gemäßigten Zonen kommt die Amöbeudysenterie
meist nur in sporadischen Fällen vor. In Europa existieren endemische Herde nur
in den südlichen Ländern, wie in Griechenland, Italien. In Frankreich, Deutsch-
land , Oesterreich und Rußland sind meist nur sporadische Fälle beschrieben , von
denen viele in der heißen Zone akquiriert wurden. Jaeger (28, 29) hat bei zwei ost-
preußischen Ruhrepidemieen in sämtlichen zur Untersuchung gelangten Fällen Amöben
beobachtet.
Wie in vielen anderen Infektionskrankheiten spielt auch bei der Aetiologie der
Amöbendysenterie das Wasser eine wichtige RoUe, obgleich es nicht gelungen ist, darin
pathogene Amöben nachzuweisen. Viele Beobachtungen zeigen, daß Wasser, das mit
menschlichen oder tierischen Abfallstoffen verunreinigt ist, ferner Pfützenwasser zur
Erkrankung Anlaß geben. Nach Kochen oder Zufuhr von gutem Trinkwasser nehmen
gewöhnlich die Krankheitsfälle ab, oder verschwinden sogar. Harris (22) ist der
Meinung, daß unhygienische Lebensweise die Infektion begünstigt.
Die Dysenterieamöben rufen keine kontagiöse Krankheit hervor, sondern sie sind
an gewisse Stellen gebunden, von wo aus sie immer eine Neuinfektion bedingen. Hin
und wieder können sie auch sporadische Erkrankungen bedingen, ohne daß der In-
fektionsherd zu ermitteln wäre.
Diese Parasiten werden von Schaudinn (55) eingeteilt in die nicht-patho-
gene Amoeba coli und in die pathogene Amoeba histolytica. Ebenso unter-
scheidet Craig (12, 13) eine nicht-pathogene und eine pathogene Darmamöbe; erstere
bezeichnet er als Entamoeba coli, letztere als Entamoeba dysenteriae. Vier-
eck (60) hat bei Untersuchungen über Tropeudysenterie eine der Entamoeba coli-
ähnliche, aber pathogene Amöbe gefunden, die er als Entamoeba tetragena be-
zeichnet. Die Amoeba histolytica vermehrt sich nach Schaudinn im Darme
des Wirtes durch Teilung und Knospung. Bei eintretender Heilung, wenn die Lebens-
bedingungen für die Parasiten schlechter werden, treten Dauer formen auf als Cysten,
durch die die Neuinfektionen bedingt werden.
Ueber das Vorkommen von pathogenen Amöben bei Haustieren finden sich nur
wenig Angaben. Kartulis (35) erwähnt einen Fall bei einem irischen Hunde, der
nicht nur alle Symptome der Dysenterie bot, sondern in seinen blutig -schleimigen
Stühlen fast Reinkulturen von Amöben zeigte. Als der Hund starb, fanden sich die
Amöben wieder in den Darmgeschwüren ; sie waren von menschlichen Dysenterieamöben
nicht zu unterscheiden.
Nach Flexner(19) scheinen Darmaraöben spontan bei Affen vorzukommen,
die sonst für künstliche Infektion wenig empfängUch sind. Blanc (5) will in der
Lunge eines Hammels Amöben gefunden haben, welche ebensolche Knötchen hervor-
rufen sollen, wie sich bei der durch Strongylus filaria bedingten Pneumonia ver-
minosa finden. Die angeblichen Amöben waren etwas größer als Amoeba coli,
nämhch 60 \l lang und 22 jj. breit und hatten stets nur ein einziges Pseudopodium.
Sie erinnern den Verfasser an Hyalodiscus limax, und Blanc glaubt, daß es sich
um diese oder eine ähnliche Amöbenart handle.
Die von Smith, Moore und neuerdings von Curtis (15) beschriebene Blackhead-
Krankheit der Truthiihner, die in einer durch Amöben hervorgerufenen Enterohepatitis
bestehen soll , wird auch als eine durch Coccidien bedingte Erkrankung bezeichnet
(Kaestener , 31).
Experimentell läßt sich die Amöbendysenterie auf Hunde, Katzen
und Kaninchen übertragen. Am besten eignen sich zu den Impfver-
suchen die Katzen. Die Uebertragung geschieht in der Weise, daß
amöbenhaltiger Kot in das Rectum der Versuchstiere eingeführt wird.
592
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Es war mir vergönnt, bei folgenden Haustieren betreffende Parasiten
zu finden:
I. Amöbendysenterie beim Pferde.
Dünndarm eines Pferdes, das nach vierwöchigem Krankheitsverlauf
zugrunde ging. "Während der Krankheit fraß das Tier mit Vorliebe
Dünger und Erde,
Der ganze Dünndarm zeigt eine gelockerte Schleimhaut, deren Ober-
fläche an vielen Orten Lücken aufweist und deshalb wabenartig aussieht.
Ferner kommen zahlreiche, 50 — 60 mm breite Geschwüre mit aufge-
worfenem Rand vor, deren glatter Grund durch die Muscularis gebildet
wird. Die Geschwüre verteilen sich gleichmäßig auf den großen und
kleinen Bogen. Stellenweise ist die Schleimhaut pigmentiert.
Im Gekröse bemerkt man zahlreiche strangförmige myxomatöse Ver-
dickungen der Eingeweidenerven, die ich nicht weiter berücksichtigen werde.
Fig. 1. Querschnitt durch den Dünndarm bei Amöbenenteritis des Pferdes.
1 Nekrotische Gewebsschicht, 2 Zellige Infiltration der Mucosa, 3 Begrenzung dieser
Zelleninfiltration durch Bindegewebe; 4 Muskelschichten.
Die Darmwand ist deutlich verdickt, die Mucosa 700 — 1800 u breit,
die Muscularis mucosa 50 ,« ; darunter kommt eine Rundzellenschicht
von 2340 /n vor, deren Elemente oft in Follikeln geordnet sind. Dann
folgt eine Ringmuskulatur von 1170 t-i und endlich das Peritoneum von
40 [L Dicke (Fig. 1).
An vielen Orten liegt auf der Mucosa eine Schicht nekrotischen Ge-
webes von etwa 100 \i Dicke (Fig. Ij). Die distalen Teile der Schlauch-
drüsen sind bisweilen noch erhalten (Fig. 2^) und der Besatz der Drüsen
noch deutlich vorhanden.
Die Mucosa besteht aus Rundzellen mit einem runden Kern von 3 \l
und den ursprünglichen Gewebszellen mit länglichem, 10 [i langem Kern.
Wo die Nekrose einsetzt, sind die Kerne nicht mehr färbbar.
Die Subraucosa ist außerordentlich zellenreich. Die Kerne sind von
sehr verschiedener Größe, nämlich 2,5—6 ji; die kleinen homogenen
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren, 593
gehören den Leukocyten an, die großen mit bekannter Kernstruktur der
Mucosa.
le.ri.si,,.,;;.
'^^^itr^t, i
0,5<
Fig. 2. Querschnitt durch den Dünndarm bei Amöbenenteritis des Pferdes.
1 Mucosa mit Schlauchdrüsen, 2 Muscularis mucosa, 3 Zellig infiltrierte Submucosa,
4 Ringmuskulatur , unter den Geschwüren durch Rundzelleninfiltration verdickt.
5 Längsmustulatur, 6 Serosa, 7 Geschwür, dessen Grund mit nekrotischem Gewebe
belegt ist.
0.1
_i m
Fig. 3. Schnitt durch die Mucosa bei Amöben enteritis des Pferdes. 1 Amöben,
einige mit Kernen, 2 Rundzellengewebe.
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft 7. 38
594 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Bildet die Muscularis des Darmes den Grund des Geschwüres, so
ist sie hier stark verdickt (Fig. 2^), weil zwischen die Muskelbündel
2,5 {X breite Streifen von Rundzellen eingelaf^ert sind. Auch die Serosa
ist durch solche Einlagerungen verdickt.
Amöben sind unter der Oberfläche in großer Zahl in das Gewebe
eingedrungen (Fig. 3). Die Größe derselben schwankt zwischen 2 — 28 jt.
Ihr größtes Ausmaß weisen sie im Gewebe, dessen Zellen die Kern-
färbbarkeit und Festigkeit verloren haben, d. h. im nekrotischen Gewebe,
auf. In noch früheren Stadien sind sie oft nur 1 \i breit, doch wohl
erkennbar durch ihre Farbenreaktion.
Fig. 4. Amöben bei Enteritis des Pferdes. Dieselben sind mit P'ormol fixiert und
deshalb homogen. Form und Größe sehr verschieden.
Die größeren Amöben haben bei Sublimatfixierung ein vielkammeriges
Protoplasma (Fig. 3); bei Formolfixierung ist dasselbe homogen (Fig. 4).
In den größeren Amöben kommen Kerne von 5 \i. mit einem Kern-
körperchen von 2 [J. vor.
Fig. 4 zeigt, wie verschieden die Gestalt der Amöben im Augenblick
der Formoleinwirkung war.
II. Amöben in den Wandungen der VormSgen des Rindes.
Goretowsky berichtet in einer Arbeit „üeber die zirkumskripten
nekrotischen Schorfe auf den Vormägen des Rindes" folgendes:
Die Vormägen des Rindes weisen in seltenen Fällen in der Schleim-
haut zahlreiche nekrotische Schorfe auf. Diese sind im Pansen und in
der Haube von rundlicher Form mit einem Durchmesser von 1—7 cm.
Auch auf den Psalterblättern kommen sie vor. Da diese aber nur 1 mm
dick sind, so greift die Nekrose durch das ganze Blatt hindurch, und
beim Herausfallen des abgestorbenen Teiles entsteht ein Fenster, an
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren.
595
dessen Rand die Nekrose weitere Fortschritte macht, so daß manchmal
durch die Fensterbildung der größte Teil des Blattes vernichtet wird,
oder der Rand wird gebuchtet, kerbig, und zwischen diesen Buchten
bleiben schmale Gewebefetzen zurück.
Auf der Schleimhaut des Pansens, der Schlundrinne und der Haube
kommen dicke und dünnere, glatte und sternförmig unebene Narben vor.
Die erstere Art von Schorfen ist fingerdick, bis 7 cm breit, von hell-
grauer Farbe, fest, trocken. Sie lassen sich abbröckeln und weisen senk-
rechte Spalten auf. Im Innern enthalten sie viele hanfsamen- und
erbsengroße Herde von ockergelber Farbe, welche nicht selten von der
Umgebung herausgeschält werden können.
Fig. 5. Nekrotischer Schorf auf der Schleimhaut des Pansens. Natürliche Größe.
Mikroskopisch bestehen diese Krusten aus Eiterzellen mit vielen
Fasern und Bündeln von glatten Muskelfasern. Die ockergelben Stellen
enthalten sehr viele braungelbe prismatische Kristalle von Hämoglobin.
Die Krusten lassen sich ziemlich leicht von der Unterlage abheben,
worauf ein rundliches Geschwür zutage tritt. Der Rand ist scharf. Der
Grund wird stets durch die Muskelschicht oder durch das Bauchfell ge-
bildet. Dieser Grund ist oft gerippt und die Rippen entsprechen den
Muskelbündeln.
Die dünnen Schorfe haben eine Dicke von etwa 2 mm. Sie sind
von derselben Beschaffenheit wie die vorigen. Mikroskopisch besteht
die obere Hälfte aus eingetrocknetem Exsudat, die untere Hälfte aus
nekrotischem Gewebe der Submucosa, deren Fibrillen durch Einlagerung
eines Exsudates, bestehend aus Fibrin, einigen Rundzellen und viel
Plasma, die auf die Entfernung von 60 — 300 |x auseinandergetrieben sind,
38'
596
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Das submuköse Bindegewebe erreicht eine Dicke
desselben ist verwischt. Die Demarkationszone
Fig. 6. Geschwür nach Ablösung des Brandschorfes
von der Schleimhaut des Pansens. Natürliche Größe.
von 130 [J-. Die Struktur
wird von der Submucosa
oder der Muscularis ge-
bildet; sie besitzt eine
Breite von 150-200 |x.
Die Muskulatur unter
der Demarkationszone
zeigt auf die Breite von
130 [j., gequollene, un-
deutlich begrenzte Mus-
kelfibrillen, die eine un-
verkennbare Ernährungs-
störung aufweisen. Ist
die Muskelschicht in ihrer
ganzen Dicke nekrotisch,
so wird der Grund des
Geschwüres durch das
Bauchfell gebildet, wel-
ches in solchen Fällen
dunkelbraunrot imbibiert
erscheint.
Die glatten und stern-
förmig unebenen Narben
sind durchAusheilung von
Geschwüren entstanden.
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Fig. 7. Fensterbildung in einem Psalterblatt. Am Rande einige Schorfe. Natür-
liche Größe.
Auf den Blättern des Psalters kommen zahlreiche dicke, über die
Oberfläche hervorragende braune Schorfe vor, unter denen das Psalter-
blatt nekrotisch ist, so daß beim Abfallen der Borken große Löcher in
den Psalterblättern entstehen. Am Rande des Fensters bleibt ein Teil
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren.
597
des Schorfes zurück. Dieser besitzt eine Breite von 5—6 mm, eine
Dicke von 4 mm und besteht aus einem homogenen nekrotischen Material,
in dem noch vereinzelte Rundzellen vorkommen. In der Mitte des
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2 mm
Flg. 8. Psalterblatt, A und B laterale Muskelblätter, zwischen denselben das
dicke muskulöse Mittelblatt; N normale Mucosa; D nekrotischer Schorf mit der Demar-
kationszone neben den Muskelblättern.
Schorfes befindet sich eine noch lebende Zone von V2 mm Dicke, die
außerordentlich reich an Rundzellen ist. Diese Schicht hat die Be-
schaffenheit einer Demarkationszone.
An anderen Stellen ist die Oberfläche des Psalters fast überall von
Epithel entblößt. Sie trägt einen 150-1300 |x dicken Schorf (Fig. SD),
598
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
der aus nekrotischem Schleimhautgewebe mit eingelagertem Eiweiß und
viel Rundzellen besteht. An einigen Orten erscheint der Schorf in ein-
facher Lage, an anderen ist er in zwei Schichten geteilt. Auf demselben
sind stellenweise Reste des Epithels erhalten.
Unter dem Schorf liegt die tiefere Lage des noch erhaltenen Schleim-
hautgewebes mit sehr vielen Rundzellen und den gequollenen spindel-
förmigen Kernen des Bindegewebes. Letztere sind 21 — 25 [i- breit und
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Fig. 9. Schnitt durch den nekrotischen Schorf eines Psalterblattes. .S" Oberfläche,
M mittlere Muskelschicht, B nekrotischer Herd mit den Amöben an der Peripherie.
7 [I. dick, während die Kerne der Rundzellen 4 [x messen. Diese Schicht
hat den Charakter einer heftigen entzündlichen Reaktion. Die Muskel-
schicht ist entweder noch normal oder durch Einlagerung von Rundzellen
und Exsudat in verschiedenen Graden verdickt.
Goretowsky untersuchte die erkrankten Stellen auf Bakterien.
Er kommt zu dem Schlüsse, daß es sich bei der vorliegenden Erkrankung
um eine Phlegmone, bedingt durch Nekrosebacillensymbiose mit Kokken,
handle. Er gibt aber selbst zu, daß dies nicht einwandfrei erwiesen sei,
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren.
599
da er keine Reinkulturen angelegt und keine Uebertragungsversuche vor-
genommen habe.
Eine nochmalige genaue Prüfung seines Materials hat ergeben, daß
im Gewebe zahlreiche Amöben vorkommen. Sie sind in die Submucosa
eingedrungen, finden sich in nekrotischen Herden und besonders an
deren Peripherie. Ihre Größe beträgt hier 2 — 16 \i..
In einem bei einem Kalbe untersuchten Fall, bei dem die Geschwüre
auch auf den Darm übergegriffen haben, finden sich die Parasiten im
unteren Teil der Mucosa. Sie erreichen eine Größe von 16 [i, einige
wenige Exemplare sind bis 60 [x groß. Der obere Teil der Schlauch-
drüsen ist nekrotisch zerfallen. Die Muscularis mucosae ist an diesen
Stellen bis auf 600 {t verdickt.
In einer, den Darmgeschwüren benachbarten Mesenteriallymphdrüse
findet sich im Gewebe eine nekrotische Stelle. Es lassen sich hier
jedoch keine Amöben nachweisen.
Bei Sublimatfixierung erscheinen die Parasiten hellblau, vielkammerig.
Bei Formolfixierung sind sie homogen, dunkelblau bis schwarz.
Wenn ich diesen Befund, d. h. das stellenweise massenhafte Vor-
kommen von Amöben in den Geschwüren, mit dem vorhergehenden vom
Pferd und dem nachfolgenden vom Schaf vergleiche, so komme ich zu
dem Schlüsse, daß es sich bei der vorliegenden Erkrankung um eine
Amöbenkrankheit handelt.
IIL AmöbenaDsiedelnng: im Darme ron Schafen.
Darm von Lämmern mit ungewöhnlichen Fortsätzen auf der
Schleimhaut.
Auf letzterer befinden sich große Knöpfe von 3 mm Höhe und
3— 5 mm Breite, mit verengter Basis aufsitzend. Sie bestehen aus
weichem Gewebe von der Konsistenz der Darmwand.
Fig. 10. Dünndarm des Schafes mit den aufsitzenden Knöpfen. Vergr. 2 : 1.
600
Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Die Knöpfe (Fig. 10) haben den Bau eines Blumenkohlgewächses,
indem sehr zahlreiche Membranen und Stämmchen aus Bindegewebe
(Fig. llj) von 25 — 50 \i Dicke vom Grunde des Knöpfchens bis zur
Oberfläche, also auf die Höhe von 3 mm sich erheben.
0,0
Ol
0^ m.
Fig. 11. Schnitt durch eine Darmwarze. 1 Bindegewebige Stämmchen und
Scheidewände. 2 Zerfallsmasse zwischen denselben. 3 Epithelialer Ueberzug der
Stämmchen. 4 Submucosa. 5 Ringsmuskulatur. 6 Längsmuskulatur.
Am Grunde sind dieselben von einem mehrschichtigen Zylinder-
epithel von 25 [X Dicke besetzt. Dasselbe besteht aus 2 — 3 übereinander
gelagerten Schichten von Epithel (Fig. 12 J, von denen die oberste
manchmal mit einem deutlichen Cuticularsaum von 3 ^t Dicke versehen
ist. Der gegen das Darmlumen zugekehrte Teil ist in großer Ausdehnung
von Epithelien entblößt und nekrotisch.
Die Scheidewände bestehen aus Bindegewebsfibrillen und ziemlich
viel eingelagerten, länglichen Kernen (Fig. 120), ein Verhältnis, das be-
sonders in den nach Mallory gefärbten Schnitten deutlich zum Aus-
druck kommt.
An manchen Orten gewinnt das Bindegewebe plötzlich an Dicke
bis zu 400 |x. Der Epithelüberzug macht einem Rundzellengewebe Platz
(Fig. 13.2), das die Zwischenräume zwischen den Scheidewänden ganz
ausfüllt. In diesem verdickten Gewebe tritt eine außerordentlich große
Zahl mit Hämatoxylin hellblau gefärbter Körper (Fig. 130) auf, von
denen die großen bei Sublimatfixierung vielkammerig erscheinen.
Der Durchmesser der kleinen beträgt 2,5 11, der der größeren 15 |jl.
Die allergrößten, die manchmal vielästig sind, erreichen eine Breite von
43 |i. Bei sehr großer Zahl zeigt das Gewebe deutlich Karyolyse, Ver-
wischen der Struktur, somit Zeichen der Nekrose.
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren.
601
Fig. 12. Schnitt durch das amöbogene Papillom. 1 Epithel. 2 Bindegewebs-
stämmcnen.
Fig. 13. Schnitt durch das verdickte Bindegewebe. 1 Amöben. 2 Rundzellen.
602
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62, Heft 6.
Die Knöpfe haben demnach den Charakter eines Papillomes, bedingt
durch einen tierischen Parasiten, der zur Nekrose führt.
Fig. 14. Amöben aus der Darmschleimhaut des Schafes.
Die Schleimhaut neben den Knöpfen besitzt eine Dicke von 260 (t
Die Zotten sind ungefähr ebenso hoch, am Ende knopfförmig. Die
Submucosa ist außerordentlich zellenreich und von vielen Parasiten
durchsetzt; die Struktur des Gewebes ist undeutlich, nekrotisch. In
den Spalten der 200 \i dicken Muscularis befinden sich einige bis 50 [x
große Parasiten. Die Follikel der Pey er sehen Plaques haben eine
Dicke von 200 [i. Um sie befinden sich in den Spalten des Binde-
gewebes viele Parasiten.
Mikroskopische Technik.
Ich arbeitete nur mit konserviertem Material, so daß ich keine Ge-
legenheit hatte, die Parasiten im lebenden Zustand zu sehen.
Zur Untersuchung waren die Schnitte in konzentrierter wässeriger
Sublimatlösung mit einem kleinen Zusatz von Salpetersäure oder mit
13-proz. Formollösung fixiert worden. Nach der Härtung in Alkohol
wurde die Färbung im Stücke mit Hämatoxylin (Hansen) und mit
Orange G als Kontrast durchgeführt. Dann erfolgte die Einbettung in
Paraffin. Diese Färbung erwies sich für das betreffende Material als
eine sehr günstige, indem die Parasiten stets gut vom übrigen Gewebe
abstachen.
Ich versuchte auch die Färbung mit Heidenhainschem Hämato-
xylin, mit Anilinblau, Orange, Säurefuchsin, nach vorhergehender Beizung
mit Phosphormolybdänsäure nach Mallory. Doch waren nur beim dritten
Lehmann, Die Amöben als Krankheitsursachen bei den Haustieren. 603
Fall die Resultate annähernd so gut, wie beim ersten Verfahren, das
zudem viel bequemer ist.
Ferner waren ohne Vorteil die Färbungen mit Pikrokarmin und
Methylviolett nach dem Gram sehen Verfahren.
is^ebenbei sei bemerkt, daß ich es nicht unterließ, auf säurefeste
Bacillen zu suchen, jedoch ohne jemals solche gefunden zu haben.
Wiederholt ist oben über die Verschiedenheit des Aussehens der
Amöben in den Schnitten, je nach dem in Gebrauch genommenen Fixa-
tionsmittel, die Rede gewesen. Die Fixation in 7-proz. Sublimatlösung
mit einem Zusatz von 2-proz. Salpetersäure ergab vielkammerige Proto-
zoen (Fig. 3, 13, 14) (Gerüstplasma), ohne sichtbaren Inhalt der Kammern
(Enchylema), dagegen mit deutlichem Kern. Die Kamraerscheidewände
waren durch Hämatoxylin hellblau gefärbt. Es findet dieser Befund
seine Erklärung in der von K. Tellyesniczky (Arch. mikr. Anat. Bd. 52.
1898) festgestellten Tatsache, daß Sublimat eine Schrumpfung des Plasmas
bedingt, und daß von der Masse des Plasmas sehr viel fehlt, während
die Kerne zu dunkler Färbung neigen.
Die in 13-proz. Formol fixierten Parasiten waren auffallend homogen,
glänzend, kernlos und von sehr verschiedener Gestalt (Fig. 4). Hämato-
xylin färbt sie intensiv blauschwarz. Nach F. Blum (Enzyklop. mikr.
Technik. 1903. p. 393) entsteht durch Zusatz von Formaldehyd ein kon-
sistenter Körper, denn es tritt Wasser aus und Methylen ein. Form-
aldehyd ist Fixations- und zugleich Härtungsmittel. In 13-proz. Formol-
lösung sind die Amöben überfixiert und so homogen, wie osmierte
Zellen (Lee, Grundz. mikr. Techn. 3. Aufl. p. 63). Nach Reimar gibt
Formol eine homogene oder sehr feine Gerinnung mit der besten Form-
Erhaltung (Fortschr. d. Med. Bd. 12. 1894).
Der Umstand, daß mein Material nach beiden Verfahren fixiert war,
bot entschieden Vorteil. Die Formolpräparate zeigten eine gut erhaltene
Form der Parasiten, aber eine wenig auffallende Färbung. In den
Sublimatpräparaten dagegen hoben sich die hellblauen, zudem auffallend
vielkammerigen Plasmaklümpchen in zweckmäßiger Weise von der Um-
gebung ab.
Schlußsätze,
Die Wirkung der Parasiten auf die Darmwand ist zunächst die
einer Neubildung von Gewebe, somit Erzeugung eines infektiösen Granu-
lomes, das im Laufe der Zeit indessen nekrotisch zerfällt. Die Histo-
lyse muß nach dem anatomischen Befund auf die Erzeugung eines
nekrotisierenden Fermentes zurückgeführt werden. Beim Pferd war die
Neubildung des Granulomes der Histolyse gegenüber nur einigermaßen
im Vorsprung, beim Schaf dagegen entschieden stark überlegen, weshalb
€s hier zur Bildung ansehnlicher Papillome kam. Beim Rind überwog
die Nekrose deutlich, und der Vorgang war daher ein ausgesprochen
destruktiver.
Zum Schluß ist es mir die angenehmste Pflicht, meinem hochverehrten
Lehrer, Herrn Prof. Dr. G uillebeau , für die Ueberlassung des Materials
und seine gütige und vielseitige Unterstützung meinen ergebensten Dank
auszusprechen.
604 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
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606 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Nachdruck verboten.
Ueber 3 0 0 0 mit der H ö g y e s sehen Methode prophylaktisch
behandelte Fälle von Lyssa.
[Aus dem Instituto Nacional de Higiene Alfonso XIII in Madrid.]
Von Dr. F. Slurillo,
Subdirektor und Abteilungsvorsteher für Serumtherapie.
Das Instituto Nacional de Hygiene Alfonso XIII begann die Be-
handlung der Wut im Jahre 1902. Bis März 1911 wurden seitdem
3000 Fälle behandelt. In Wirklichkeit sind es etwa 300 mehr, weil seit
2 Jahren in Granada, Zafra, Zaragoza und Pamplona in der gleichen
Weise wie im Institut durch Aerzte behandelt wird, welche im Institut
vorher praktisch tätig waren und aus unserer Abteilung das zur An-
fertigung der Lösungen nötige fixe Virus (mit Lyssa infizierte Rücken-
markstücke in Glyzerin), entsprechend der Högy es sehen Methode, er-
halten. Trotzdem wollen wir jetzt von diesen außerhalb des Institutes
behandelten Fällen absehen, um sie bei einer späteren Statistik zu ver-
werten.
Bevor wir die statistischen Schlüsse aus unseren Fällen ziehen»
wozu wir uns um so mehr berechtigt glauben, als anscheinend nur in
2 Instituten — dem von Budapest und dem von Madrid — die Methode
Högy es angewandt wird, wollen wir einige sachliche Bemerkungen
machen.
Die erste ist eine warme Empfehlung der Methode. Die Einfach-
heit der Technik und die Genauigkeit der Dosierung ist zweifellos der
ursprünglichen und auch der modifizierten Methode Pasteur über-
legen ; fügen wir hierzu noch die guten Resultate, welche, nach den
Statistiken von Budapest und den unserigen zu schließen, denen der
Methode mit trockenem Rückenmark mindestens gleich, wenn nicht
überlegen sind, so wird man unsere überzeugte Anhänglichkeit an die
ungarische Methode begreifen.
Die zweite Bemerkung betrifft kleine Modifikationen, die wir in die
Högy es sehe Methode eingeführt haben, und zwar haben wir 1) die
hohen Verdünnungen (1:10000 und 1:8000) aufgegeben und immer
mit Verdünnung 1:6000 angefangen. Entsprechend der Högyesschen
Auffassung des Wutgiftes, glauben wir, daß die Toxinmenge in den
Verdünnungen 1 : 10000 und 1 : 8000 so gering ist, daß mit ihrer Ein-
spritzung nur Zeit verloren wird; — 2) verlängern wir seit 1909, auf
Grund unserer Erfahrungen, in sehr schweren Fällen (Gruppe A mit
vielfachen Wunden in Gesicht oder Händen, oder bei Kranken derselben
Gruppe, die spät zur Behandlung kommen) die Impfungen auf weitere
3 Tage und wiederholen die Einspritzungen Tage 18, 19 und 20. —
3) haben wir seit 1908 für leichte Fälle einen Behandlungsplan von
16 Tagen angenommen, indem wir die Einspritzungen der Tage 12 und
13 vor Anwendung der vom Tage 14 wiederholen. Beide Modifikationen
stellen eine vorsichtige Verstärkung der Behandlung dar. — 4) haben
wir die Immunisierung der Tiere durch eine fünftägige Behandlung vor-
genommen, und bis jetzt, wie wir später sehen werden, befriedigende
Resultate erzielt.
Murillo, lieber 3000 prophylaktisch behandelte Fälle von Lyssa. 607
Als dritte und letzte Bemerkung habe ich zu erwähnen, daß wir
seit Anfang dieses Jahres ein mit starken rabiziden Eigenschaften und
vom Autor ^) hergestelltes Serum in zweierlei Weise angewandt haben :
a) den von wütenden oder wutverdächtigen Tieren Gebissenen, welche
innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall ins Institut kommen (was
übrigens nur bei einigen Bewohnern von Madrid vorkommt), machen
wir sofort eine interstitielle Einspritzung von Serum in die Wunde und
ihre Umgebung (siehe die Begründung hierfür in der erwähnten Arbeit
von Murillo); b) auf Grund der Beobachtung, daß bei zwei von
anderen wütigen gebissenen Hunden am Ende der Behandlung sich
Lähmungserscheinungen einstellten, spritzen wir am Tage der ersten
und der letzten Injektion allen in Behandlung genommenen Hunden
subkutan 5—10 ccm Serum gleichzeitig mit dem Virus, aber in verschie-
dener Gegend ein.
Auf ein anderes Gebiet übergehend, will ich die Aufmerksamkeit
auf einige Tatsachen lenken. Die bedeutendste derselben ist die. daß
wir unter den 3000 behandelten Personen nicht einen Fall von Lähmung
hatten. Diese Tatsache steht absolut fest, da unsere Abteilung mindestens
ein Jahr lang mit den Behandelten sowohl direkt als auch durch Ver-
mittelung der Bürgermeister oder der Aerzte in Berührung bleibt, und
da man uns zweifellos Mitteilung von etwa eingetretener Lähmung ge-
macht hätte, zumal uns öfters ganz belanglose Erscheinungen mitgeteilt
werden. Dieses Ausbleiben von Lähmungen spricht in hohem Grade
zugunsten der Methode Högyes.
Erwähnenswert zur Beurteilung der wahrscheinlichen Ursache der
im Gefolge der Lyssa auftretenden Lähmungen ist die Tatsache, daß,
während wir bei 3000 Personen keine Lähmung gesehen haben, unter
53 Hunden bei 2 derselben Lähmungen aufgetreten sind, und zwar bei
einem in Form einer Hemiplegie der rechten Seite, die in einem Monat
vollständig geheilt wurde, und bei dem andern in Form einer tödlichen
aufsteigenden Paralyse von den Hinterbeinen an. — Wenn der Leser
den Behandlungsplan für die Hunde, den wir am Schluß der Arbeit
veröffentlichen, mit der für Personen üblichen Methode von Högyes
vergleicht, wird er leicht erkennen, daß unsere Methode eine intensive
Behandlungsart für die Hunde ist, die Zeit von 5 Tagen und das Durch-
schnittsgewicht dieser Tiere in Betracht gezogen. Trotzdem wollen wir
größere Erfahrungen sammeln, ehe wir uns auf dieses Gebiet weiter ein-
lassen und bevor wir den Plan für die Hunde ändern.
Auffallend ist in unserer Statistik, daß bei 948 Frauen unter den
3000 Behandelten alle Todesfälle, die wir hatten, zur Gruppe der
Männer und Kinder (Knaben und Mädchen) gehören. Ist dies Zufall
oder hat der weibliche Organismus mehr Widerstandskraft gegen die
Wutinfektion ?
Erwähnen will ich noch, daß wir unter allen Behandelten nur einen
Abszeß der Bauchwand zu beklagen hatten, der übrigens schnell, ohne die
Kur unterbrechen zu müssen, ausheilte.
Uebergehend zu unserer Statistik, gebe ich einen Ueberblick unserer
3000 Fälle betreffend deren Geschlecht und Alter:
1) Murillo, F., Estudio experimental del suero antirabico. (Bolet. d. Instit.
Nacion. de Hig. de Alfonso XIII. No. 25.)
608
Centralbl. f. Bakt. etc. 1, Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Zahl der
behandelten
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
Januar
und ö
Februar ^'^"^'"^
1911
Männer
Frauen
Kinder (unter
7 Jahren)
35
27
15
95
39
26
121
61
35
26
24
76
184
82
165
212
89
191
106
66
355
154
148
302 ; 67
123 16
65 16
1
1486
948
566
Summe
77
I 160 i 217
1 129
342
466
363
657
490
! 99
3000
In obigem Ueberblick sind 13 Fremde folgender Nationalitäten in-
begriffen :
Franzosen 3
Schweizer 4
Engländer 1
Italiener 2
Oesterreicher 3
Unter den 3000 Behandelten hatten wir 13 Todesfälle, 6 derselben
nach Ablauf der ersten 15 Tage nach Beendigung der Behandlung,
7 vor Ablauf dieser Frist. Scheiden wir aus der Statistik diese letzteren
aus, wie es in allen Instituten üblich ist, so bleiben:
Zahl der Behandelten
Zahl der Gestorbenen
Proz.
3000
6
0,20
Da es von Interesse sein dürfte. Näheres über jeden einzelnen der
mißlungenen Fälle zu erfahren, so gebe ich nachstehend die Daten be-
treffend die 13 Toten der Statistik.
Zeit von der
Personen, von
Verletzung
Zeit vom
demselben Tiere
Alter
Angrei-
Stelle der
Verletzung
bis zum Be-
Ende der
gebissen, der-
Jahr
und Ge-
fendes
ginn der Be-
handlung u.
Behand-
selben Behand-
schlecht
Tier
lung bis
lung unter-
Krankheits-
zum Tode
worfen und
gruppe
Erfolg derselben
1903
1) M.A.,
Mädchen,
3 Jahre
Hund
Oberes rechtes
Augenlid und
rechte Hand
5 Tage = B
4 Tage
1 Mann. Nichts
Besonderes
1903
2) R. S.,
Mädchen,
3 Jahre
1)
Ausgedehnte
Wunde in Pars
occipito-masto-
idea
2 Wunden rechter
6 „ =ß
46 „
keine
1904
3) A.T.,
7 „ =ß
15 „
1 Knabe.
Mann,
Handrücken und
Nichts Beson-
51 Jahre
Finger
deres
1904
4) A. S.,
Mann,
16 Jahre
»1
Innerer rechter
Augenwinkel u.
Conjunctiva
3 „ =B
35 „
1 Mann. Nichts
Besonderes
1904
5) D. C,
Knabe,
»
Außenseite des
7 „ =B
16 „
1 Knabe (Bruder
linken Unter-
des Behandel-
6 Jahre
arms
ten). Nichts
Besonderes
1906
6) F.D.,
Mann,
14 Jahre
Katze
3. Glied rechten
Zeigefingers
9 „
keine
1906
7) R.A.,
Mann,
33 Jahre
Hund
Erosionen am
Rücken beider
Hände
5 „ =A
270 „
1 Mädchen.
Nichts Beson-
deres
Murillo, Ueber 3000 prophylaktisch behandelte Fälle von Lyssa.
609
Zeit von der
Personen, von
Verletzung | Zeit vom
demselben Tiere
Alter
Angrei-
Stelle der ^!" ^T u^' ' ?°u^ "^f
Verletzung \^Zt^t [ fufbt
gebissen, der-
Jahr
und Ge-
fendes
selben Behand-
schlecht
Tier
lung unter-
Krankheits-
zum Tode
worfen und
gruppe
Erfolg derselben
1909
8) P. G.,
Hund
1
Fläche u. Rücken 2 Tage = A
5 Männer und
Mann,
der linken Hand Verschwand nach
1 Frau. Nichts
15 Jahre
lO-tägiger Behandlung
und starb 22 Tage nach
Unterbrechung derselben
Besonderes
1909
9) S. L.,
Mann,
26 Jahre
Fläche u. Rücken
der rechten Hand
25 Tage = C
19 Tage
keine
1909
10) A. L.,
Knabe,
6 Jahre
Rechter Daumen
4 „ =C
3 „
ff
1909
11) J. R,
Mann,
19 Jahre
Rücken u. Fläche
beider Hände
(3 Wunden)
2 „ =^A
120 „
))
1910
12) F. G.,
Knabe,
9 Jahre
Linker Unterarm
(3 Wunden)
5 „ =A
90 „
»>
1910
13) A. Z.,
Mann,
25 Jahre
Finger u. Rücken
der rechten Hand
(8 Wunden)
6 „ =A
14 „
)»
Ein Blick auf das obige Schema zeigt, daß die Nummern 1, 3, 6,
10 und 13 aus der Statistik ausscheiden, weil sie vor Ablauf von
15 Tagen nach Beendigung der Behandlung an Lyssa starben; Nummer 8
zählt ebenfalls nicht, weil die Behandlung nicht vollendet wurde (der
Kranke verschwand 10 Tage nach Beginn der Behandlung), desgleichen
Nummer 9, weil er erst 25 Tage nach der Verletzung zur Behandlung
kam; es bleiben also 6 Tote unter 3000 Behandelten.
Ich muß noch darauf aufmerksam machen, daß 7 von den 13 in
der Zusammenstellung Aufgeführten einen oder mehrere Zeugen der
Behandlung in unserer Statistik zeigen, d. h. andere Personen, die von
demselben tollwütigen Tiere gebissen und der gleichen Behandlung
unterworfen, im Laufe der Jahre nichts Pathologisches zeigten. Dieser
Unterschied in den Resultaten der Methode läßt sich nicht immer durch
die Lokalisation oder die Bedeutung der Verletzungen erklären, da wir
Fälle beobachtet haben, in denen die Verletzungen des Ueberlebenden
bedeutender waren als die des Toten. So zeigte No. 7 der Toten ein-
fache Erosionen auf dem Rücken beider Hände, während das Mädchen
(von 8 Jahren), von demselben Hunde an demselben Tage gebissen und
der gleichen Behandlung mit gutem Erfolge unterworfen, 2 kleine Wunden
an den Wangen und eine am Kinn zeigte.
Entsprechend der in allen Instituten für Schutzimpfung gültigen Ein-
teilung verteilen sich unsere 3000 Fälle auf die Gruppen A, B und C
folgendermaßen :
1164 Fälle
135 „
1701 „
Der Gruppe A entsprechen
Summe 3000 FäUe
Erste Abt. Orig. Bd. 62.
Heft 7.
39
610
Centralbl. f. ßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Ordnen wir die Fälle jeder Gruppe nach der Lokalisation der "Wunden
(Ort der Verletzung), so erhalten wir folgendes Bild:
Verletzungen an
Kopf und Gesicht
Hände
Rumpf
und Glieder
Summe
der Gruppe
Gruppe A 79
„ B 12
„ C ; 108
754
71
892
331
52
701
1164
135
1701
Gesamtsumme der
betreffenden Gegend 199
1717
1084
3000
Da die Resultate der Behandlung stark durch die Länge der von
dem Datum der Verletzung bis zum Beginn der Impfungen ver-
flossenen Zeit beeinflußt werden, so wollen wir erwähnen, daß unter
den 1164 der Gruppe A 97 nach Ablauf der ersten 15 Tage und 14
nach Ablauf der ersten 30 Tage zur Behandlung kamen; in Gruppe B
7 nach den ersten 15 Tagen und 2 nach einem Monat, in Gruppe C
134 bzw. 24.
Die Einteilung nach dem Ursprung der Verletzung ergibt folgendes
Bild:
Gebissen von Hunden 2743
„ „ Katzen 159
„ „ Eseln und Maultieren 52
„ „ Rindern 11
„ Ziegen 1
„ Wölfen 2
„ ,, Schweinen 3
„ „ Füchsen 2
„ „ Frettchen 3
„ ,, Meerschweinchen 2
„ „ Ratten 2
„ „ Menschen 16
Laboratoriumsverletzungen 4
Total 3000
In bezug auf die Jahreszeit, in der mit größerer Häufigkeit sich
die Fälle wiederholen, die Schutzimpfungen gegen Lyssa in Spanien
notwendig machen, geben wir die Gesamtstatistik geordnet nach ihrer
Häufigkeit in den einzelnen Monaten :
Zahl der behandelten Fälle:
Oktober
197
Juü
November
220
März
Januar
220
August
Februar
224
September
Dezember
231
Juni
Mai
241
April
Summe
1333
254
257
270
273
306
307
Summe 1667
Vergleichen wir die beiden Säulen, so ergibt sich, daß im allge-
meinen die Herbst- und Wintermonate weniger Fälle liefern, als Früh-
jahr und Sommer, obgleich der Unterschied nicht bedeutend ist.
Die Untersuchungen, die mit den 3000 behandelten Fällen (aus-
genommen die Fälle der ersten beiden Monate von 1911) ausgeführt
werden mußten, ergeben sich aus folgendem Bild :
Murillo, Ueber 3000 prophylaktisch behandelte Fälle von Lyssa.
611
Analytisch
e Unt
ersuchungen von Lyssa.
Mikroskopische Unter-
Jahr
Beobachtung
von
Tieren
Autopsien
Biologische Untersuchungen
suchungen ohne Unterschied
Negri oder Schnellmethode
van Gehuchten -Neils
Zahl ] Positive | Negative
Zahl
Positive
Negative
1902
13
14
14
11 3
8
7
1
1903
. 27
10
32
24 8
32
24
8
1904
19
12
29
25 : 4 i 26
22
4
1905
36
5
40
30 10 1 24 1 17
7
1906
74
39
88
69 19
86
70
16
1907
52
32
41
36 5
59
46
13
1908
127
25
45
38 7
79
60
19
1909
222
39
61
48 13
107
91
16
1910
259
45
77
44 33
121
83
38
Summe
829
221
427
325 102
542
420
122
Zum Verständnis der Einzelheiten dieses Bildes muß ich mitteilen,
daß in das Institut Personen aus allen Gegenden Spaniens zur Be-
obachtung kommen und die Bewohner von Madrid uns fast immer die
Tiere lebend zur Behandlung schicken, während die Tierärzte der Pro-
vinzen uns den vollständigen Kopf des Hundes oder Hirnsubstanz in
Glyzerin oder das Ganglion plexiforme des Vagus in Alkohol übermitteln.
Immer, wenn der Zustand des Präparates es erlaubt, machen wir die
biologische Untersuchung durch Trepanation an 2 Kaninchen, und nur
wenn die Nervensubstanz Anzeichen von Zersetzung zeigt, intramuskuläre
Injektion einer Emulsion in 1-proz. Karbolsäurelösung. In den Unter-
suchungen durch Trepanation betrug die kürzeste Inkubationszeit, die
wir beobachtet haben, 11 Tage, die längste 28.
In der großen Mehrzahl der Fälle schreiten wir zur histologischen
Untersuchung zwecks Auffindung der Negri sehen Körper, oder vorzugs-
weise der typischen pathologischen Veränderungen von van Gebuchte n-
Nelis. Mit dieser letzteren Methode — nach der Schnelltechnik von
Lübars ch — haben wir in wenigen Stunden das Resultat, das fast immer
durch die biologische Untersuchung bestätigt wird. Wir müssen erklären,
daß in unserem Institut die Untersuchung der typischen Veränderungen
von van Gehuchten-Nelis großes Vertrauen genießt, und zwar aus
dem Grunde, weil wir höchstens in 2 Proz. der Fälle Mißerfolge sahen.
Vielfach machen wir gleichzeitig die Untersuchung auf Negri sehe
Körper, indem wir seit 1905 die von Murillo^) empfohlene Technik
anwenden. Das Besondere derselben besteht in der Benutzung der
Giemsa- Lösung für die Färbung. Wohl selten gehen wir auch in
dazu geeigneten Fällen zu der Methode der neurofibrillären Impräg-
nation über, die bekanntlich in unserem Institut und in dem für biolo-
gische Untersuchungen durch die Herren Cajal und Garcia Izcara-)
ausgearbeitet wurde.
1) Murillo, F., Nota a proposito de los cuerpos de Negri. (Bolet. d. Instit.
Nacion. de Hig. Alfonso XIII. No. 5. Marzo 1906.)
2) Cajal, S. R. , Garcia Izcara, D. , El reticulo neurofibrilar en las celulas
nerviosas de la rabia. (Trabajo del Laborat. de Investigac. biolog. T. 4. 7. III.) —
Cajal, S. R., Diagnostico histolögico de la rabia. (Bolet. del Instit. Nacion. de Hig.
Alfonso XIII. 1905. No. 1.)
39»
612
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
Zuletzt will ich, obgleich dieser Gegenstand einer späteren, besonderen
Arbeit wird, noch mitteilen, daß wir bis jetzt die folgenden, in Privat-
besitz befindlichen Tiere, die immer von anderen sicher tollwütigen
gebissen wurden, behandelt haben :
Tierart
Zahl
Resultat, Tote
Hunde
Pferde und Maultiere
Rinder
53
22
3
4
0
0
Der Plan, den wir für die Schutzimpfung der Tiere durchgeführt
haben, ist bei einer einzigen Einspritzung alle 24 Stunden folgender:
Hunde.
Tag
Verdün-
nung
Menge i
Tag
Pferde und Rinder.
Verdün-
nung
1:2000
1 : 1000
1: 500
1: 200
1: 100
1: 50
Menge
15 ccm
15
4
1—2
Die Meng. schw.
zwischen 1 und
3 ccm je nach
der Größe des
Tieres
Nachdruck verboten.
Superiorite du vaccin Fermi sur le vaccin Pasteur.
Par le Dr. F. M. Marras,
Assistant ä l'Institut Hygi^nique et Antirabique de Sassari.
Le vaccin Fermi a ete demontre superieur au vaccin Pasteur
par plusieurs raisons, mais surtout par sa plus grande efficacite.
En effet, tandis que 30 c. c. de vaccin Fermi sauverent le 100 p.
100 des rats infectes auparavant sous la peau avec virus de route, une
egale quantite de vaccin Pasteur (moelle 12—3) ne reussit ä en sauver
aucun; seulement en injectant 45 c. c, de vaccin Pasteur par animal
on reussJt ä en sauver 50 p. 100. Egalement, pour sauver de l'infection
de virus de route le 100 p. 100 des rats suffirent constamment 30 c. c.
de vaccin Fermi par animal, tandis qu'il fallut employer bien 60 c. c.
de vaccin Pasteur par animal pour atteindre le meme but, c'est-ä-dire
une quantite double (1).
D'apres Fermi (2) l'attenuation par dessechement est la cause de
la grande inferiorite du vaccin Pasteur au vaccin Fermi. Les resultats
de l'auteur sont les suivants: Le dessechement diminua constamment le
pouvoir immunisant de la substance nerveuse rabique; en effet, tandis
que cette substance fraiche (vaccin Fermi) sauva la totalite des murides
traitös, dessechee pas plus que trois jours ä 18°C sur potasse en sauva
seulement le 70 p. 100. Le dessechement dans la preparation du vaccin
Pasteur doit etre absolument aboli.
Celli (3) en etudiant le comportement du virus rabique vis-ä-vis
des agents exterieurs avait dejä constate qu'il est peu resistant aux hautes
temperatures et au dessechement. En Opposition ä Protopopoff (5),
Mar ras, Sup^riorit^ du vaccin Fermi sur le vaccin Pasteur, 613
qui voyait dans rechaufifement la cause de Tattenuation et destruction
du virus rabique, Zagari (4) croit aussi que le dessechement en soit
une des causes les plus importantes.
Lenz (6) dit que I'agent materiel le plus actif est le dessechement,
car il inactive le virus apres 4—5 jours. Citron (7) est de la meme
opinion: Si l'on prolonge le dessechement, apres 5 jours la moelle perd
sa virulence. Högyes aussi, quoiqu'il ne croit pas ä une vraie
attenuation, pense ä une reduction numerique des 616ments actifs par le
dessechement.
Kolle et Ketsch (8) s'expriment ainsi: ^ Certainement l'attenuation
a lieu dans ce procede non parce que le virus change qualitativement,
mais parce que la desiccation produit une diminution de la quantite du
virus.»
Au cours d'autres experiences de Fermi, 30 c. c. de vaccin Pasteur
par rat donnerent une mortalite du 100 p. 100 en employant la serie
des moelles 12 — 3; l'on en sauva au contraire le 70 p. 100 en employant
seulement celles du 4™® — 3"^^ jour. Qa. confirme Taction nuisible du
dessechement.
Que le vaccin Fermi soit bien plus actif que le vaccin Pasteur
a ete demontre dans la production des serums plus actifs. Les serums
antirabiques de lapin et de chien obtenus avec le vaccin Fermi sauvörent
le 100 p. 100 des souriceaux infectes sous la peau avec virus fixe 48, 72,
84 heures auparavant. Au contraire, le serum obtenu avec le vaccin
Pasteur en sauva seulement le 10 — 33 p. 100 (9).
Cette constatation etant tres importante au point de vue pratique,
car le vaccin Fermi, une fois affirmee sa superiorite, serait appele ä
substituer le vaccin Pasteur dans la eure antirabique, j'ai institue une
nouvelle serie d'experiences de comparaison entre les deux vaccins avec
des murides et des cobayes, en commengant l'immunisation aussitot ou
encore 3 ou 5 jours apres l'infection sous la peau avec virus de route.
Plan des experiences.
P Comparaison entre le pouvoir immunisant du vaccin Fermi et
du vaccin Pasteur, en commengant le traitement des animaux aussitot
apres l'infection.
2" Comparaison entre le pouvoir immunisant des deux vaccins en
commengant le traitement 3 jours apres l'infection.
3° Pouvoir immunisant des deux vaccins en commengant le traitement
5 jours apres.
4^ Comparaison entre le pouvoir immunisant des deux vaccins essayes
sur les rats infectes avec moelle du premier jour apres la fin de l'im-
munisation.
J'ai consigne les resultats des recherches ä la grande tabelle
suivante.
Resultats.
Ces experiences ci-dessus exposees instituees avec 166 animaux (rats
et cobayes) resulte:
P Le vaccin Fermi experimente sur les rats et sur les cobayes
demontra une efficacite superieure au vaccin Pasteur; en eflfet, en
commengant le traitement aussitot apr^s l'infection, il sauva seulement
614
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
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618 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiaale. Bd. 62, Heft 7.
le 60% des rats infectes sous la peau avec virus de route et le 50 p.
100 des cobayes, tandis que le vaccin Fermi sauva le 100 p. 100 des
rats et le 80 p. 100 des cobayes.
2^ En commengant rimmunisation trois jours apr^s l'infection, le
vaccin Pasteur sauva seulement le 60% des rats et des cobayes, tandis
que le vaccin Fermi en sauva le 80 p. 100.
3° En commengant le traitement 5 jours apres l'infection, le vaccin
Pasteur sauva le 50 p. 100 des rats et des cobayes, le vaccin Fermi
en sauva le 70 p. 100.
4^ En commenQant le traitement tout de suite, tandis que le vaccin
Pasteur sauva seulement le 60 p. 100 des rats infectes avec moelle
prelevee le Premier jour aprös la fin de l'immunisation, le vaccin Fermi
en sauva le 80 p. 100.
De cette premiöre serie d'experiences resulte incontestablement la
beaucoup plus grande efficacite du vaccin Fermi en comparaison du
vaccin Pasteur.
IL Comparaison entre le pouvoir immunisant et lyssicide
du serum d'animaux immunises avec le vaccin Pasteur
ou avec le vaccin Fermi.
Fermi a precedemment demontre que le serum d'animaux (lapins
et chiens) immunises avec son vaccin sauva le 100 p. 100 des souriceaux
infectes sous la peau avec virus fixe 48, 72, 84 heures auparavant. Au
contraire, le serum des memes animaux traites avec vaccin Pasteur en
sauva seulement ä peu pres le 33 p. 100. J'ai repete ces importantes
experiences selon la suivante methodique:
Preparation du serum. Les animaux etaient immunises avec
le vaccin Pasteur ou le vaccin Fermi pendant 30 jours, en pratiquant
deux injections par jour de 2 c. c. (lapin) ou 3 c. c. (chien). L'immunisation
avec le vaccin Pasteur füt executee selon l'ordre suivant: 12—11 — 10
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—3 — 3 — 3 — 3—3—3-6-6-5—5-4—4—3—3—3—3—3-3-6-6—5
_5_4_4_3_3_3_3_3_3_6— 6— 5-5— 4— 4— 3— 3.
A. Pouvoir immunisant. Le p. i. des deux serums füt essaye
sur des souriceaux 24, 48, 72, 84, 96 heures apres l'infection sous la
peau de virus fixe, en injectant respectiveraent 2,5 — 2 — 1,5—1 — 0,5 c. c.
B. Pouvoir lyssicide. Pour comparer le p. 1. des deux serums
je preparai des melanges de virus fixe ä 1 p. 100 (1 c. c.) et de diflFerents
quantites (Vio, Vio» Vio^ Vioi Vio de c. c.) de serum et aprös 24 heures
j'en injectai V4 de c. c. ä des souriceaux sous la peau.
Dans les suivantes tabelles sont reunis les resultats de ces deux
series d'experiences:
Resultats.
V Tandis que le sörum antirabique de lapin obtenu avec le vaccin
Pasteur injecte 84 heures aprös l'infection sauva seulement la moitiö
des souriceaux, le serum obtenu avec le vaccin Fermi les sauva tous.
2° Tandis que le serum de chien obtenu avec le vaccin Pasteur
sauva seulement la moitie des souriceaux injectes 72 heures aprös l'in-
fection et en ne sauva aucun de ceux injectis apres 84 heures, le sörum
Mar ras, Sup^riorit^ du vaccin Fermi aur le vaccin Pasteur.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
B. Pouvoirlyssicide.
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obtenu avec le vaccin Fermi sauva tous les animaux injeetes apr^s 72
et 84 heures.
3*^ Leserum de lapin obtenu avec le vaccin Pasteur rlans la Pro-
portion de =^/i 0 se demontra tout ä fait depourvu de pouvoir lyssicide,
dans la proportion de Vio ü se montra presque depourvu du dit pouvoir.
Au contraire le serum obtenu avec le vaccin Fermi se montra doue d'un
pouvoir lyssicide total non seulement dans la proportion de ^/n,, mais
aussi de ^I^q.
4® Le serum de chien obtenu avec le vaccin Pasteur dans la pro-
portion de 3/ 10 se montra complfetement depourvu de pouvoir lyssicide,
et dans la proportion de Vio montra ce pouvoir tres attenue; au con-
traire, le serum preleve apres imraunisation avec le vaccin Fermi
developpa aussi dans la proportion de -'Vio son complet pouvoir lyssicide.
Cette seconde s6rie d'experiences instituee avec les s^rums confirme
une fois de plus la superioritö du vaccin Fermi sur le vaccin Pasteur.
Enfin, il y a encore les suivants inconvenients dans l'usage du vaccin
Pasteur, qui ne se rencontrent pas avec le vaccin Fermi (10):
Marias, Sup^rioritö du vaccin Fermi sur le vaccin Pasteur. 621
l*' L'asepsie incertaine du vaccin, d'oü la possibilite
de produire des abscös ou des septicemies mortelles.
2* L'attenuation peu süre et irreguliöre du vaccin,
d'oü le danger d'une transmission, quoique exception-
nelle, de la rage paralytique ä l'homme au moyen du
virus ra e m e.
Nisch dit ä ce propos que le virus fixe inocule ä l'etat frais sous
la peau ne produit aucune infection rabique chez l'homme.
Cette opinion est partagee par Babes. Selon cet auteur le virus
frais n'est pas infectieux pour l'homme et la paralysie peut-etre causee
par des injections de substance nerveuse normale. Cependant Fermi (11)
a demontre que le virus fixe peut devenir tres virulent par voie sub-
cutanee, de sort qu'il peut donner une mortalite de 100 p. 100 dans le
lapin et le chien, et que le traitement Pasteur complet peut tuer non
seulement les murides mais encore les lapins et les chiens, si le vaccin
est prepare avec un virus virulent et injecte par vois sous-cutanee et
lorsque l'on arrive, comme Ton pratique dans plusieurs Instituts, jusqu'ä
de la moelle de premiere ou seconde journee.
Les resultats des experiences de Fermi sont reellement importants
et si l'on compulse, au sujet des cas de rage paralytique de l'homme
eclatee pendant le traitement Pasteur les travaux de Franga (12),
Br ouardel (13), Chmj elewski (14), Gamaleja (15), Legendre
(16), Heydenreich (17), Laveran (18), Babieaux (19), Rem-
linger(20), Rendu(21), Sabarthez (22), Zagarrio (23), Tonin (24),
on arrive ä la conclusion que l'usage des moelles virulentes est absolu-
ment ä deconseiller.
«On voit» ecrit Franga «par cette Observation que cet homme a
eu une myelite rabique produite par le traitement, non seulement parce
que le chien mordeur n'etait pas enrage, mais ä cause que la periode
d'inoculation de la rage a ete celle de la rage ä virus fixe; le cas de-
montre le bien fonde des considerations de Fermi et rend necessaires
toutes les precautions dans l'emploi des moelles virulentes »
«Les experiences de Fermi etaient dejä süffisantes pour attirer
l'attention des medecins sur le danger de l'emploi des moelies virulentes,
mais le cas de rage humaine ä virus fixe produit par nous l'annee derniere
doit, il me semble, faire condamner les methodes de F er ran, de
Wissokowicz, de Högyes et de tous ceux qui ont recouru dans le
traitement de la rage aux moelies plus virulentes.»
Certainement, comme disait justement Franga, l'on doit attribuer
le meme inconvenient au vaccin prepare selon les methodes de Högyes,
Ferran et Puscarin.
Les vaccins Ferran et Högyes, ecrit Fermi, presentent tous
les deux le danger qui depend de l'asepsie incertaine du vaccin et de
la conservation de sa virulence. Le vaccin Puscarin a aussi l'in-
convenient de l'incommodite et inconstance de la methode d'attenuation
(par la chaleur) et de l'asepsie incertaine.
A propos de ces methodes ecrivait Mazzei (25): «la methode
Högyes ne pouvait etre appliquee ä l'homme qu'au risque de dangers
trös graves, parce qu'on ne pouvait pas experimenter en precedence la
dose exacte du material ä inoculer ni la receptivite individuelle pour un
parail virus.» La methode Ferran, qui selon l'auteur avait donne de
622 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
bons resultats, appliquee par Bareggi ä Milan causa la mort de
5 personnes.
Le nianque de regularitö et de süretö dans l'attenuation du virus
par la methode Pasteur est confirrae par la proportion de mortalite
qu'a observe Buj wid (26): 8 personnes döced^rent entre 193 qui avaient
ete traitees avec moelle du 7™® et 6*"^ jour.
3° L 'in utile (apr^s ce que nous avons dit), meme dangereuse
etcompliquee modalitö dans la preparation du vaccin,
qui consiste dans l'attenuation graduelle des moelle s.
4° La lenteur dans la production des anticorps, d'oü
l'excessive duree de rimmunisation.
Selon Ferrai «les diverses et enormes differences que l'on ren-
contre chez les differents Instituts Antirabiques ä l'egard de la eure
Pasteur et les modifications sans cesse apportees par chaque Institut
demontrent que la eure est toujours ä modifier»,
Plusieurs sont au eontraire les avantages du vaeein Fermi: il est
tres bien tolere et les injections ne causent presque pas de souffranee
ä eause de l'aetion anesthetique de Tacide phenique.
Babes objeeta (27) ä la preparation du vaccin Fermi que l'addition
du phenol pourrait diminuer le pouvoir immunisant du vaccin, comme
le dessechement et le reehauffement ä 80**. Au eontraire, le phenol
n'affaiblit point du tout le pouvoir immunisant du vaccin, comme il
n'aflfaiblit par le serum-vaeein (28). Repetto (29) en experimentant
l'aetion du phenol sur le virus fixe eoneluait: «Parfaitement infonde est
en outre le doute eleve par Babes, que l'aeide phenique puisse diminuer
le pouvoir vaeeinant du virus fixe, comme il arrive pour l'aetion du
dessechement et de la chaleur. En etfet, tandis qu'il ä ete ampleraent
d^raontre (Fermi) que le reehaufifement, le dessechement, le suc gastrique,
l'aleohol, l'ether, la glyeerine peuvent reduire meme de la moitie le
pouvoir vaeeinant du virus fixe, l'aeide phenique au eontraire, comme
le thymol, ne l'alterent point.»
«L'emulsion rabique (la parole ä Fermi) privee de sa virulenee
au moyen des antiseptiques (mieux que par le dessechement) constitue
un vaccin dont l'effieacite n'est nullement inferieure ä celle obtenue avec
la material virulent.»
Conelusions.
En eonsiderant que la vaeein Fermi en coraparaison du vaccin
Pasteur presente les suivants avantages: faeilite et simplicite de pre-
paration ; eommodite de pouvoir le eonserver actif et tout ä fait aseptique
pendant des mois et de pouvoir executer la eure avec un fort avantage
öconomique, meme au dehors et loin des Instituts Antirabiques, ear il
peut-etre envoye comme les autres serums vaccins; effieacit^ bien plus
consid6rable, comme l'on a dejä clairement demontre par l'immunisation
experimentale contre la rage; absenee absolue de mortalite pendant la
eure antirabique, comme l'on peut aisement relever de la suivante tabelle,
nous eoncluons que le vaccin Fermi pourra etre employe avec un
grand avantage dans les Instituts Antirabiques pour l'immunisation
präventive contre la rage.
Mar ras, Sup^rioritö du vaccin Fermi sur le vaccin Pasteur.
623
Comparaison entre la mortalit^ par rage ä l'Institut Antirabique de
Sassari et chez autres Instituts Antirabiques.
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Constantinople
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1,45
Charkow
!> )>
0,67
Florence
>) )?
0,092
Hanoi
„ Calmette
0,65
Kasauli
„ Högyes
0,60
Marseille
„ Pasteur
0,36
Milan
V )»
0.70
Minneapolis
„ „ modifiee
0,04
Montpellier
1) ))
0,07
Moscou
)) ;>
0,6
Naples
)' )>
0,5
New York
„ Högyes
1900:0,67; 1909:1,7
Paler me
„ Pasteur
0,52
Pernambuco
Emulsion m^dullaire en sol. physiologique
0,017
Eio de Janeiro
m^thode Pasteur
0,5
Saigon
moelle rabique en glyc^rine
1,41
Saint Ix)uis
d'abord m. Pasteur, aprfes m. Högyes
0,71
Saint Paul
m^thode Pasteur
0,03
Samara
)) )>
0,9
Santjago
>' )>
0,35
Tunis
„ „ + cerveau frais
0,31
Varsavie
„ ,, renforc^e
0,09
Vienne
>> ))
1,05
Sassari
vaccin et sdrum- vaccin Fermi
0
Liter ature.
1) Fermi, Studio su l'immunizzazione contro la rabbia. (Giorn. R. Soc. Ig. 1906;
Zeitschr. f. Hyg. 1907.)
2) — , Studio sul potere immunizzante verso la rabbia della sostanza nervosa normale,
confrontato a quello della sostanza nervosa rabica. (Ann. Ig. Sperim. 1907.)
3) Celli, Alcune proprietä del virus rabico. (Bull. R. Accad. Med. Roma. Fase. 8.
1886.)
4) Zagari, Sul raeccanismo deU' attenuazione del virus rabico. (Giorn. Intern, d.
Scienze. Med. Vol. 12.)
5) Protopopoff, Centralbl. f. Bakt. Bd. 6. 1889. p. 139.
6) Lenz, Dtsche med. Wocheuschr. 1910. No. 27.
7) Citron, Die Methoden der Immundiagnostik und Immuntherapie. Leipzig 1910.
8) Kolle et H et seh, Batteriol. sperim. e malattie infettive. 1908. [Trad. de Blasi.]
9) Fermi, Studio sul potere immunizzante etc. (Ann. Ig. Sperim. 1907.)
10) — , Metodi di vaccinazione e sierovaccinazione applicati all'uomo nel R. Istituto
Antirabico di Sassari. (Arch. di Farmacol. Sperim. Vol. 10 ; Centralbl. f. Bakt.
Abt. I. Orig. Bd. 53. 1910. Heft 5.)
11) — , Pub il vaccino antirabico Pasteur uccidere di rabbia? Milano (P. Agnelli) 1909.
12) Franga, Du danger de l'emploi des moelles plus virulentes dans le traitement de
la rage. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 55. 1910. p. 154.^
13) Brouardel, Sur la paralysie au cours du traitement antirabique. (Bull. Acad.
med. 1897. No. 25.)
14) Chmjelewski et Skschiwan, Eine milde Form paralytischer Lyssa nach der
Pasteur sehen Schutzimpfung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 34. 1903.
p. 14.)
624
Centralbl. f.jßakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 7.
15) Gamaleja, Etüde sur la rage paralytique chez l'homme. (Ann. Instit. Pasteur.
1887. p. 63.)
16) Legendre, La rage paralytique chez Thomme. (L'union mäd. 1887. No. 40.)
17) Heydenreich, Wirkliche Wutkrankheit oder eingeimpfte modifizierte Wut?
(Berlin, klin. Wochenschr. 1904. p. 1002.)
18) Laveran, D'une forme att^nuöe de rage observ^e pendant le traitement par les
inoculation präventives. (Bull, et Mem. Öoc. M6d. des Hop. de Paris. Ser. 3. T. 8.
1891. p. 625.)
19) Babieaux, Rage paralytique produite par les inoculations präventives. (Journ. d.
mäd. vätär. de Lyon. 31 janv. 1902.)
20) Remlinger, Accidents paralytiques au cours du traitement antirabique. (Ann.
Instit. Pasteur. T. 19. 1905. p. 925.)
21) Ren du, Accidents mädullaires ä forme de paralyöie ascendante aigue survenus au
cours d'un traitement antirabique. (Bull. Acad. mäd. 1897.)
22) Sabarthey, Rage attenuee, prod. trfes prob, par les inoc. pasteuriennes. (Gaz. des
Hop. 1891. p. 134.)
23) Zagarrio, Trasmiss. d. rabbia dur. il periodo d'incubaz. (Giorn. R. Soc. veter.
ital. 1903. p. 820.)
24) Ton in, R. Istit. Antirab. del Cairo. primo triennio 1899—1901. Cairo 1902. — Note
storiche su la rabbia in Egitto. Cairo (A. Castiglioni) 1903. Ref. in Rivista d'Ig.
1903. p. 620.
25) Mazzei, Resultato d. vaccinaz. antirabiche etc. Messina (C. Crepi)' 1905.
26) Bujwid, II metodo Pasteur a Varsavia. (Ref. in Giorn d'Ig. 1890. No. 12.)
27) Babes, S. et ßabfes, V., Compt. Rend. Soc. Biol. 7 Nov. et 13 Dec. 1908.
28) Fermi, Sul potere immun, d. sierovaccino nei muridi. (Arch. farmacol. sperim.
Vol. 10; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 53. 1910. p. 394.)
Die Redaktion des „Centralblatts für Bakteriologie und Parasitenhunde" richtet
an die Herren Mitarbeiter die. ergebene Bitte, etwaige Wimsche um Lieferung von
besonderen Abdrücken ihrer Aufsätze entweder bei der Einsendung der Abhandlutigen
an die Redaktion auf das Manuskript sehreiben xu wollen oder spätestens nach
Empfang der ersten Korrekturabxüge direkt an den Verleger, Herrn Chistav Fischer
in Jena, gelangen ku lassen
Inhalt.
Adam, J. u. Meder, E., Ueber Para-
typhus-B-Infektionen bei Kanarienvögeln
und Untersuchungen über das Vorkom-
men von Bakterien der Coli -Typhus-
gruppe im normalen Kanarienvogeldarm,
p. 569.
Borschim, S. , Ueber fermentative Pro-
zesse bei Ozaena, p. 554.
Gabbi, Umberto, Ueber Tropenkrank-
heiten in ISüditalien, p. 586.
Lehmann, Eduard, Die Amöben als
Krankheitsursachen bei den Haustieren,
p. 589.
Marras, F. M. , Supärioritä du vaccin
Fermi sur le vaccin Pasteur, p. 612.
Michailow, Serg-ius, Die Degenerationen
im Bereiche des Nervensystems des Men-
schen bei Cholera asiatica, p. 545.
Murillo, r., Ueber 3000 mit der Högy es-
schen Methode prophylaktisch behandelte
1^'älle von Lyssa, p. 606.
Namyslowski , Boleslaw, Beitrag zur
Kenntnis der menschlichen Hornhaut-
bakteriopen, p. 564.
Sorensen, Ejnar, Eine Untersuchungs-
reihe über die Veränderung einer Urin-
bakterie in den menschlichen Harn wegen,
p. 582.
Frommannsche Buchdruckerei {Hermann Pohle) in Jena.
.f.Bal(t.etc. Übt. Originale. Bd. 62. Hefts.
Inhaltsverzeichnis.
I. Verzeichnis der in Band 62 enthaltenen Arbeiten.
Adam, J. und Meder,E., Ueber Paratyphus-
B-Infektionen bei Kanarienvögelu uud
Untersuchungen über das Vorkommen
von Bakterien der Coli-Typhusgruppe im
normalen Kanarienvogeldarm. 569
BUcher, Stephan, Nachtrag zur Arbeit:
Ueber die ätiologische Bedeutung des
Bordetschen Keuchhustenbacillus und der
Versuch einer spezifischen Therapie der
Pertussis von St. Bächer und V. Men-
schikoff. 312
Baudi, Ivo, Italienische Austernzüchtuug
und Darmkrankheiten. 212
Bendiok, Arthur J., The bacleriological
examination of suspected cholera earriers.
536
Bergman. Arvid M., Eine ansteckende
Augenkrankheit, Keratomalacie, bei Dor-
schen an der Südküste Schwedens. 2(X)
Böhm, Johann, Ueber die verschiedenen
Färbemethoden der Tuberkelbacillen und
deren kritische Rezension. 497
Borschim, S., Ueber fermentative Prozesse
bei Ozaena. 554
Braun, H., Ueber das Streptolysin. 383
Bruschettini, A. und Morelli, F., Unter-
suchungen über den Fraenkelschen Pneu-
mococcus. 305
Cipolla, M. s. Di Cristina, d.
Cler, E. s. Volpino, G.
Di Cristina, G. und Cipolla, M., Ueber die
Bildung spezifischer Antikörper bei mit
Nukleoproteid syphilitischer Organe be-
handelten Kaninchen. Vorl. Mitt. 160
Debono, P., On some anaerobical bacteria
of the normal human intestine. 229
Distaso, A., Contribution ä l'etude sur l'in-
toxicatiou intestinale. 433
— , Sur la putr^faction de la paroi intesti-
nale de l'homme. 219
Doerr, R. und Pick, R., Das Verhalten
heterologer Jmmunsera im normalen und
im allergischen Organismus. 146
Dunkerly, J. S. , On the occurrence of
Thelohania and Prowazekia in Antho-
myid flies. 136
Fynn, Enrique, Etüde sur la d^termination
du bacille de Koch dans le lait et ses
derives. 424
Gabbi, Umberto, Ueber Tropenkrankheiten
in Süditalien. 586
De Gasperi, Federico, La „Phase negative"
de Wright dans la vaccination antityphi-
que des jeunes lapins. 161
Gonder, Richai'd, Untersuchungen über
arzneifeste Mikroorganismen. II. Können
Erste Abt. Orig. Bd. 62. Heft
Spironemen (Spirochäten) arsenfest wer-
den ? 168
Haussen, Untersuchungen am Hund über
den Einfluß infizierter Milch auf das
Bakterien Wachstum im Verdauungstrak-
tus, speziell im Magen. 89
Hauer, Albert, Untersuchungen über die
Wirkung des Mittels 606 auf die Hühner-
spirillose. 477
Huebner, Eine Trichinoseepidemie. 373
Jacque, Leon et Masay, Fernand, Le Strep-
tobacterium foetidum, agent pathog^ne
nouveau de l'homme. 180
Karwacki, Leon, Ueber die Morphologie
der Spirochaeta Obermeieri, kultiviert im
Blutegel. 250
Kayser,"Heinrieh, Die Unterscheidung von
lebenden und toten Bakterien durch die
Färbung. 174
Kliuger, R., Ueber einen neuen pathogenen
Anaüroben aus menschlichem Eiter (Cocco-
bacterium mucosum auaerobicum n. sp.).
136
— , Untersuchungen über menschliche Ak-
linomykose. 191
V. Kuaut, A., Zur Hämolyse der Cholera-
vibrionen. 475
Kodamu, H., Ueber Kapselbildung der
Milzbrandbacillen bei der Züchtung auf
Schrüfrasrar. 177
Kolli- Yakiluoff, Nina s. YakimolT, W. L.
Kramer, Georg', Beiträge znra sofortigen
Nachweis von Oxydatious- uud Reduk-
tionswirkungen der Bakterien auf Grund
der neuen Methode von W. H. Schnitze.
394
Krombhol/, E. und Kulka, W., Ueber An-
reicherung von Choleravibrionen, insbes.
über Ottolenghis Galleverfahren. Ein
Beitrag zur Methodik der Prüfung von
elektiven Nährböden. 521
Krüger, Paul s. Schöp|)ler, Uermiaun.
Kulka, W. s. Krombholz, E.
Lehmann, Eduard, Die Amöben als Krank-
heitsursachen bei den Haustieren. 589
Livierato, Spiro, Neue Untersuchungen
über die ,.Magensaftanaphylaxie". 287
Lumbau, Salvatore, Ueber Züchtung weißer
Mäuschen. 431
Marras, F. M., Sup^riorit^ du vaccin Fermi
sur le vaccin Pasteur 612
Masay, Fernand s. Jacque, Leon.
Meder, E. s. Adam, J.
Menselnkofl'. V. s. Bücher, St.
Mereshkowsky, S. S., Ueber die Anwendung
des Trautmannschen Verfahrens zur Viru-
lenzsteigerung des Bacillus Danysz. 69
8. 40
626
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Orisrinale. Bd. 62. Heft 8.
Moreshkowsky, S. S., Die Beeinflussung
der Virulenz des Bacillus Danysz durch
fortlaufende Ueberimpfungen in Bouillon.
64
— , Der Einfluß der Passagen durch graue
Hatten (Mus decumanus) auf die Virulenz
des Bacillus Danysz. 3
— , Raticide-Azoa. 72
Michailow, Sergins, Die Degenerationen im
Bereiche des Nervensystems des Menschen
bei Cholera asiatica. 545
Miessncr, H., Die Milzruptur des Rindes
bzw. perakute Form der Hämoglobinurie
des Rindes. 471
Morelli, F. s. Bruschettini, A.
Müller, Max, Der Nachweis von Fleisch-
vergiftungsbakterien in Fleisch und Or-
ganen von Schlachttieren auf Grund
systematischer Untersuchungen über den
Verlauf und den Mechanismus der In-
fektion des Tierkörpers mit Bakterien der
Enteritis- und Paratyphusgruppe, sowie
des Typhus; zugleich em Beitrag zum
Infektions- und Virulenzproblem der
Bakterien auf experimenteller Basis. 335
Miirillo, F., Ueber 3000 mit der Högyes-
schen Methode prophylaktisch behandelte
Fälle von Lyssa. 606
Mustafa s. Risa, Rescbad.
Nagy, S., Ueber das Sklerom. 235
Naniyslowski, Bolesiaw, Beitrag zur Kennt-
nis der menschlichen Hornhautbakte-
riosen. 564
Owada, M., On a safe method of practising
hanging drop examination. 537
Ozaki, Y., Zur Kenntnis der anaeroben
Bakterien der Mundhöhle. 76
Peters, Erust, Zur Pathogenität der Tu-
berkelbacillentvpen bei Mäusen. 1
Pick, R. s. Doei-r, R.
Pleliu, Mariaiuio, Eine neue Karpfenkrank-
heit und ihr Erreger: Branchiomyces
sanguinis. 129
V. Prowazek, S., Notiz zur Aetiologie der
P.soriasis vulgaris. 134
— , Studien zur Lehre vom Geschlechts-
dimorphismus der Trypanosomen. 269
Reinholdt, Wilhelm, Infektionsversuche
mit den „Fleisch vergiftern" (Bac. enteri-
tidis Gärtner und Bac. paratyphosus B)
beim Geflügel. 312
Risa, Reschad und Mustafa, Der Erreger
der Aleppobeule und seine Kultur. 126
Scheru, Kurt, Ueber das Ratten vertilgungs-
mittel Virus sanitär A. 468
Sehöbl, Otto, Weitere Versuche über Ag-
gressin i mmun isi erung geeen Rauschbrand .
296
Schöppier, Hernuanii und Krüger, Paul,
Zur Unterscheidungsfrage von Ascaris
canis und A. felis (A. canis s. mystax).
143
Sorensen, Ejnar, Eine Untersuchungsreihe
über die Veränderung einer ürinbakterie
in den menschUchen Harnwegen. 582
Stoluikoff, W. J. s. Yakimoflf, W. L.
Strand, Embrik, Eine neue Protozoen -
gattung. 471
Volpino, G. und Cler, E., Ueber das Auf-
suchen der Typhusbacillen im Wasser
nach dem Komplementbindungsverfahren.
422
Weichardt, W., Ueber die Beeinflussung
von Spaltprodukten aus Tuberkelbacillen-
eiweiß. 539
Wrublewski, K., Die Blutparasiten des
Maulwurfes. 140
Yakimoff, W. L., Stoluikoff, W. J. et Kohl-
Yakimoff, Nina, Un h4moparasite nou-
veau des chauves-souris. 283
II. SachTerzeichnis,
Achorion schönleinii, Oxydationswirkung.
403
Actinobaeillus Ligniferes, Oxydationswir-
kung. 402
Actinomyces s. a. Aktinomykose.
— de Bernardinis, Beschreibung. 566
— bovis, Oxydationswirkung. 402
— zur Neddeni, Beschreibung. 566
— roseus, Beschreibung. 567
Agglutination des Bac. enteritidis Gärtner.
323
— des Bac. paratyphi. 329
Aggressin-Immunisierung gegen Rausch-
brand. 296
— , Pneumococcus- 310
Aktinomykose s. a. Actinomyces.
- des Auges. 564
— , menschliche. 191
Aleppobeule, Erreger. 126
Amöben, Pathogenität für Haustiere. 589
— -Ruhr s. Ruhr, Amöben-
Amoebiasis des Darmes bei Schafen. .599
— des Magens bei Rindern. 594
Antikörper, Bildung spezifischer, bei mit
Nukleoproteid syphilit. Organe behan-
delten Kaninchen. 160
Arsenfestigkeit der Spirochäten. 168
Arzneifestigkeit von Mikroorganismen. 168
Ascaris canis, Unterscheidung von Asc.
felis. 143
— felis, Unterscheidung von Asc. canis. 143
— mystax s. Ascaris canis.
Aspergillus flavus, Oxydationswirkung. 402
— fumigatus, Oxydationswirkung. 403
Auge, Aktinomykose. 564
— , Hornhautaktinomvkose. 564
Register.
&21
Auge, Keratomalacie bei Dorschen. 200
Austern, Uebertragung von Infektions-
krankheiten. 213
Züchtung und Darmkrankheiteii. 212
Azoa zur Rattenbekämpfung. 72
— , Zusammensetzung. 73
Bacillus aerogenes, Verhalten im Ver-
dauungökanale. 99
— Aertryok, Nachweis in Fleisch u. Or-
ganen. 344
— acidophilus, Verhalten im Verdauungs-
kanale. 94
— anaerobicus alcaligenes n. sp., morphol.
u. kult. Eigenschaften. 232
— n. sp., Vorkommen im Darme.
232
tenuis n. sp., morphol. und kult.
Eigenschaften. 443
— angulosus u. sp., morphol. und kult.
Eigenschaften. 442
— anthracis, Kapselbildung. 177
, Oxydationswirkung. 399
— botulinus, Osydationswirkung. 400
— , ßradsot-, Oxydationswirkung. 400
— breslaviensis, Nachweis in Fleisch und
Organen. 352
— buUosus n. sp., morphol. u. kult. Eigen-
schaften. 443
— chauvoei, Oxydationswirkung. 400
— cornutus n. sp., morph. u. kult. Eigen-
schaften. 443
— Danvsz zur Rattenbekämpfung. 3. 64.
69. 73
— — , Virulenz. 3. 64. 69
— dimorphus var. longa n. sp., morph. u.
kult. Eigenschaften. 440
— diphtheriae, Oxydationswirkung. 401
vitulorum, Oxydationswirkung. 401
— dysenteriae, Oxydationswirkung. 398
— enteritidis Gärtner, Agglutination. 323
, Enteninfektion. 320
— , Gänseinfektion. 320
— , Hühnerinfektion. 317
— — — , Nachweis in Fleisch u. Organen.
341
, Oxydationswirkung. 398
, Taubeninfektion. 319
— fiesus n. sp., morph. u. kult. Eigen-
schaften. 232
— — n. sp.. Vorkommen im Darme. 232
— Flügge, Verhalten im Verdauungskanale.
106
— fusiformes im Eiter, Eigenschaften. 190
, kult. u. morph. Eigenschaften. 77
, Vorkommen neben Actinomyces. 197
, Vorkommen in der Mundhöhle. 76
— gastromycosis ovis s. Bacillus, Bradsot-
— influenzae, Oxydationswirkung. 397
— laevis n. sp., morph. u. kult. Eigen-
schaften. 444
— mallei, Oxydationswirkung. 401
— megatherium, Oxydationswirkung. 399
— mesentericus, Oxydationswirkung. 399
fuscus, Oxydationswirkung. 399
, Verhalten im Verdauungskanale.
108
Bacillus mesentericus vulgatus, Oxydations-
wirkung. * 399
— morbificans bovis, Nachweis in Fleisch
und Organen. 358
— mycoides, Oxydationswirkung. 399
, Verhalten im Verdauungskanale.
109
— oedematis maligui, Oxydationswirkung.
400
— paraenteritidis, Nachweis in Fleisch u.
Organen. 346
— Paratyphi, Agglutination. 329
, Enteninfektion. 327
, Gänseinfektion. 327
, Hühnerinfektion. 323
— — , Nachweis in Fleisch und Organen.
^ 335
— — , Oxydationswirkung. 398
, Taubeniufektion. 325
— prodigiosus, Oxydationswirkvmg. 398
— proteus, Darmeiterung, Rolle bei der-
selben. 224
— pseudoramosus n. sp., morph. u. kult.
Eigenschaften. 441
— pseudotuberculosis ovis, Oxydations-
wirkung. 401
— putrificus coaguians, Darmeiteruug,
Rolle bei derselben. 223
— — ovalaris n. sp., morphol. u. kult.
Eigenschaften. 231
— n. sp., Vorkommen im Darme.
231
— pyocyaneus, Darmeiterung, Rolle bei
derselben. 224
, Oxydationswirkung. 398
— regularis filiformis n. sp., morph. und
kult. Eigenschaften. 234
— n. sp., Vorkommen im Darme.
234
— rhusiopathiae s. Bacterium erysipelatos
suum.
— sarcophysematos bovis s. Bacillus chau-
voei.
— sporogones coaguians n. sp. morph. u.
kult. Eigenschaften. 230
n. sp.. Vorkommen im Darme.229
— subtilis, Oxydationswirkung. 399
, Verhalten im Verdauungskanale.
111
— tetani, Oxydationswirkung. 400
— thetaiotaomicron n. sp., morph. und
kult. Eigenschaften. 444
— tortuosus n. sp., morph. u. kult. Eigen-
schaften. ^233
— — n. sp.. Vorkommen im Darme. 233
— tuberculosis, Eiweißspaltprodukte, Be-
einflussung derselben. 539
— — , Färbung. 497
— —, menschliche Herkunft, Pathogenität
für Mäuse. 2
, Nachweis in Butter. 424
, Nachweis in Milch. 424
, Oxydationswirkung. 4(tl
der Rinder, Pathogenität für Mäuse. 1
— typhi, Nachweis in Fleisch u. Organen.
369
40*
628
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Orisrinale. Bd. 62. Heft 8.
Bacillus typhi, Nachweis im Wasser. 4"_'2
— — , Oxydationswirkung. 31)8
— — murium, Oxydationswirkung. 898
— variabilis n. sp., morph. u. kult. Eigen-
schaften. 441
— variegatus n. sp., inorph. u. kult. Eigen-
schaften. 445
— vulgatus, Oxydationswirkung. 399
Bacterium aceti, Oxydationswirkung. 398
— acidi lactici, Verhalten im Verdauungs-
kanale. 97
— actinomycetem comitans n. sp., morph.
und kult. Eigenschaften. 198
— avicidum, Oxydationswirkung. 397
— cholerae suum, Oxydationswirkung. 398
— coli, Oxydationswirkung. 398
, Verhalten im Verdauungskanale.
103
— — commune, Vorkommen im Vogel-
darme. 581
— erysipelatos suum, Oxydationswirkung.
— fluorescens liquefaciens, Oxydations-
wirkung. 399
non liquefaciens, Oxydationswirkung.
399
— multocidum, Oxydationswirkung. 397
Bacterium murisepticum , Oxydationswir-
kung. 399
— pneumaturiae,Veränderunginden Harn-
wegen. 582
— pneumoniae, Oxydationswirkung. 398
— pseudotuberculosis rodeutium , Oxyda-
tionswirkung. 397
— rosenhauchi, Beschreibung. 567
— scleromatis, Eigenschaften. 239
, Sklerom, Ursache desselben. 239
— suicidum, Oxydations Wirkung. 397
— syncyaneum, Oxydations Wirkung. 399
— violaceum, Oxydationswirkung. 398
— — , Verhalten im Verdauungskanale. 112
— vitulinum, Oxydationswirkung. 398
— vulgare, Oxydationswirkung. 399
Bakterien, anaerobe, des Darmes. 229
— , — , der Mundhöhle. 76
— , Darmeiterung, Rolle bei derselben. 219
— , Färbung. 174. 397. 497
— -Flora des Darmes. 433
des Darmes nach Resektion desselben.
458
— , Gasbildung. 584
— , Intoxikation, intestinale, Rolle bei der-
selben. 433
— , lebende und tote, Unterscheidung durch
Färbung. 174
— , Oxydationswirkung. 394
— zur Rattenbekämpfung. 468
— , Reduktionswirkung. 394
— , Variation. 582
. — , Virulenz. 335
— , Vorkommen im Darme. 89. 222. 229.
433. 569
— , Vorkommen im Magen. 89
— , Vorkommen in Milch. 424
Bakterien, Vorkommen im Wasser. 422
Bakteriosen der Hornhaut. 564
Bakterizidie im Darme. 114
— im Magen. 114
Blutegel, Spirochaete obermeieri-Kultur in
demselben. 250
Blutparasit der Fledermaus. 283
Brauchiomyces sanguinis n. sp., Karpfen-
schädling. 129
, Moiphologie. 132
Bubo climatico, Vorkommen in Italien. .ö87
Butter, Bac. tuberculosis-Nachweis. 424
Cholera, bakteriol. Diagnose. 521. 536
— , Rückenmarksdegeneration. 545
Coccobacterium mucosum anaerobicum
n. sp., Eitererreger. 186
, morph. u. kult. Eigenschaften.
188
Coccus lactiö viscosi, Verhalten im Ver-
dauungskanale. 1 10
Corynebacterium diphtheriae s. Bacillus
diphtheriae.
— mallei s. Bacillus mallei.
— necrophorum s. Bacillus diphtheriae
vitulorum.
— pyelonephritidis bovis, Oxydationswir-
kung. 401
Darm, Amöben in demselben bei Schafen.
599
— , Bakterien in demselben. 89. 222. 229.
433. 569
— , Bakterien-Flora. 433. 458
— , — nach Resektion desselben. 4.58
— , Bakterien Wachstum, Einfluß infizierter
Milch. 89
— , bakterizide Wirkung. 114
— , Eiterung, Bakteriologie derselben. 219
— -Krankheiten und Austernzüchtung. 212
Resektion, Bakterienflora nach der-
selben. 458
— , Ruhr s. Ruhr.
Denguefieber, Vorkommen in ItaUen. 587
Dimorphismus, Geschlechts-, der Trypano-
somen. 269
Dioxydiamidoarsenobenzol, Behandlung der
Hühnerspirillose. 477
Festigkeit der Spirochaete recurrentis.
170
— , Giftigkeit. 482
— , Wirkung auf Spirochaete gallinarum.
477
Diplobacillus acuminatus n. sp., morphol.
u. kult. Eigenschaften. 440
Dorsche, Keratomalacie. 200
Dounia statt Smithia (Gattung). 471
Dysenterie s. Ruhr.
Eiter, Bact. fusiforme in demselben. 190
— , durch Coccobacterium mucosum an-
aerobium verurs. 186
Eiterung des Darmes , Bakteriologie der-
selben. 219
Eiweiß des Bac. tuberculosis, Beeinflussung
von Spaltprodukten desselben. 539
Erapusa muscae, Oxydationswirkung. 402
Register.
629
Entamoeba tetragena, Ruhr, Ursache der-
selben. 587
Enten, Bacillus enteritidis-Infektion. 320
— , Bacillus paratyphi-Infektion. 327
Enzyme bei Ozaena. 554
Färbung des Bac. tuberculosis. 497
— der Bakterien. 174. 397
zur Unterscheidung von lebenden
und toten. 174
Fische, Keratomalacie. 200
Fledermaus, Plasmodium achromaticum im
Blute derselben. 283
Fleisch, Bac. enteritidis-Nachweis. 341
— , — paratyphi-Nachweis. 335
— Beschau, bakteriologische. 335
Fliegen, Prowazekia in denselben. 138
— , Telohania ovata in denselben. 136
Gänse, Bac. enteritidis-Infektion. 320
— , — paratyphi-Infektion. 327
Galle zur Vibrio cholerae - Anreicherung.
521
Gas, Bildung durch Bact. pneumaturiae.
584
Geschlechtsdimorphismus der Trypano-
somen. 269
Hämoglobinurie der Rinder. 471
Hämolyse durch Streptokokken. 383
— durch Vibrio cholerae. 475
Hämotoxin der Streptokokken. 392
Haut, Psoriasis vulgaris. 134. 304
Homalomyia canicularis, Prowazekia in
derselben. 138
— scalaris, Telohania ovata in derselben.
136
Hornhaut, Bakteriosen. 564
Hühner, Bac. enteritidis-Infektion. 317
— , — paratyphi-Infektion. 323
— Spirillose, Behandlung mit Dioxy-
diamidoarsenobenzol. 477
Hundswut s. Wut.
Immunisierung gegen Pneumococcus. 306
— gegen Rauschbrand. 296
— gegen Streptobacterium foetidum. 184
— gegen Typhus abdominalis. 161
— gegen Wut. 606. 612
Iramunserum, heterologes, Verhalten im
normalen und allergischen Organismus.
146
Index, opsonischer, negative Phase bei
Typhusvaccination. 161
Infektion, Theorie. 335
Infektionskrankheiten, Uebertragung durch
Austern. 213
Intoxikation, intestinale, Rolle der Bak-
terien. 433
Italien, Süd-, Tropenkrankheiten. 586
Kala-azar, Vorkommen in Italien. 586
Kanarienvögel, Paratyphus. 569
Kaninchen, Typhusvaccination. 161
Kapsel, Bildung bei Bac. anthracis. 177
Karpfen, durch Branchiomyces sanguinis
erkrankt. 129
Keratomalacie der Dorsche. 200
Keratophyton s. a. Bacterium rosenhauchi.
Körperchen, Negrische, Nachweis bei Wut.
611
Komplementbindung bei Sklerom. 242
— zum TyphusbaciUen nach weis im Wasser.
422
Krebs, Magen- s. Magen-Krebs.
Laryngosklerom s. Sklerom.
Leukocytozoon, Entwickelungskreis. 279
— , Geschiechtsdimorphismus. 269
Lecithin, Wirkung auf den Pneumococcus.
309
Lungen -Extrakt, Wirkung auf den Pneumo-
coccus. 308
Lysin, Strepto- s. Streptolysin.
Lyssa s. Wut.
Mäuse, Tuberkuloseinfektion. 1
— , weiße, Züchtung. 431
Magen, Amöben in demselben bei Rindern.
594
— , Bakterien in demselben. 89
— , Bakterien Wachstum, Einfluß infizierter
Milch. 89
— , bakterizide Wirkung. 114
— Krebs, Diagnose mittels Ueberempfind-
lichkeit. 287
— Saft, UeberempfindUchkeit gegenüber
demselben. 287
Maltafieber, Vorkommen in Italien. 586
Maulwurf, Trypanosomen in demselben.
140
Meiostagminreaktion bei Sklerom. 246
Micrococcus ascoformans, Oxydations-
wirkung. 397
— mastitidisgangraenosaeovis, Oxydations.
Wirkung. 397
— pyogenes y albus, Oxvdationswirkung.
397
a aureus, Oxydationswirkung. 397
ß citreus, Oxydations Wirkung. 397
— roseus, Oxydationswirkung. 397
Mikroorganismen, arzneifeste. 168
Milch, Bac. tuberculosis-Nachweis. 424
— , infizierte, Wirkung auf das Bakterien-
wachstum im Verdauungskanale. 89
— , sterile, Wirkung auf das Bakterien-
wachstum im Verdauungskanale. 113
Milzruptur der Rinder. 471
Monilia caudida, Oxydationswirkung. 403
Mucor mucedo, Oxydationswirkung. 402
Mundhöhle, Bakterien, anaerobe, in der-
selben. 76
Mus decumanus s. Ratten.
Mycobacterium tuberculosis s. Bac. tuber-
culosis.
Myiasis, Vorkommen in Italien. 587
Nase, Ozaena. 554
Negris Körperchen s. Körperchen, Negri-
sche.
Nervensystem, Degeneration bei Cholera.
545
Nukleoproteid syphilitischer Organe, Anti-
körperbildung bei Behandlung mit den-
selbiBD. 160
630
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. ü2. Heft 8.
Oidium lactis, Oxydationswirkung. 402
Opsonine, negative Phase bei Typhus-
vaccination. 161
Orientbeule, Erreger. 126
— , Vorkommen in Italien. 587
Oxydation durch Bakterien. 394
— durch Protozoen. 403
Ozaena, Aetiologie. 554
— , fermentative Prozesse bei derselben. 554
Pappatacifieber, Vorkommen in Italien. 587
Paratyphus bei Kanarienvögeln. 569
Penicillium glaucum, Oxydationswirkung.
403
Pepton zur Vibrio cholerae-Anreicherung.
525. 537
Pferde, Ruhr, Amöben-. 592
Pharyngosklerom s. Sklerom.
Piroplasmose der Rinder. 471
Plasmodium achromaticum n. sp., Morpho-
logie und Biologie. 283
Pneumococcus-Aggressin. 310
- — Infektionen, Behandlung mit Serum. 309
, Immunisierung. 306
— , Wirkung von Lecithin. 309
— , Wirkung von Lungenextrakt. 308
Proteus vulgaris, Oxydationswirkung. 399
Protozoen-Gattung, neue. 471
Protozoen, Oxydationswirkung. 403
Prowazekia, Beschreibung, Vorkommen. 138
Psoriasis vulgaris, durch Spirochäten ver-
ursacht. 134. 304
Raticide zur Rattenbekämpfung. 72
— , Zusammensetzung. 73
Ratten, Bekämpfung mit Azoa. 72
— , — mit Bac. Danysz. 3. 64. 69. 73
— , — mit Raticide. 72
— , — mit Virus sanitär A. 468
— , Infektion mit Bac. Danysz. 3
Rauschbrand, Immunisierung. 296
Reduktion durch Bakterien. 394
Retardin. 539
Rhinosklerom s. Sklerom.
Rinder, Amöben im Magen derselben. 594
— , Hämoglobinurie. 471
— , Milzruptur. 471
— , Piroplasmose. 471
Rückenmark, Degeneration bei Cholera. 545
Ruhr, Amöben-, beim Pferde. 592
— , — , Vorkommen in Italien. 587
Saccharomyces albicans, Oxydationswir-
kung. 403
— albus, Oxydationswirkung. 403
— farciminosus, Oxydationswirkung. 403
— cerevisiae, Oxydationswirkung. 403
— ellipsoides, Oxydationswirkung. 403
Salvarsan s. Dioxydiamidoarsenobenzol.
Sarcina aurantiaca, Oxvdationswirkung.
397
— flava, Oxydationswirkung. 397
— lutea, Oxydationswirkung. 397
— rosea, Oxydationswirkung. 397
— tetragena, Oxydationswirkung. 397
Schafe, Amöben im Darme derselben. 599
Schweine, Trichinose. 373
Serum, Immun- s. Immunserum.
— , Ueberempfindlichkeit gegenüber dem-
selben. 149
Serumbehandlung der Pneiimococcus-In-
fektionen. 309
— der Wut. 607
Serumdiagnose des Skleroms. 246
Sklerom, Aetiologie, Pathologie etc. 235
— , Diagnose mittels Meiostagminreaktion.
246
— , Koraplementbindung. 242
Smithia, Kritik. 471
SpiriUose, Hühner-, Behandlung mit Di-
oxydiamidoarsenobenzol. 477
Spirillum rubrum, Oxydations Wirkung. 400
— undula, Oxydationswirkung. 400
Spirochaete gallinarum, Wirkung von Di-
oxydiamidoarsenobenzol. 477
— obermeieri, Kultur im Blutegel. 250
, Morphologie. 250
— recurrentis, Salvarsanfestigkeit. 170
Spirochäten, Arsenfestigkeit. 168
— , Psoriasis vulgaris, Ursache derselben.
134
Spironemen s. Spirochäten.
Splenomegalie, infektiöse, Vorkommen in
Italien. 588
Staphylococcus asaccharolyticus n. sp.,
morphologische und kulturelle Eigen-
schaften. 445
Streptobacillus longus n. sp., morpholo-
gische und kulturelle Eigenschaften. 439
Streptobacterium foetidum n. sp., Immuni-
sierung gegen dasselbe. 184
, kulturelle und morphologische
Eigenschaften. 180
— — — , Pathogenität. ISI
Streptococcus acidi lactici, Oxydations-
wirkung. 397
— agalactiae, Oxydationswirkung. 397
— equi, Oxydationswirkung. 397
— lanceolatus, Oxydationswirkung. 397
— pyogenes, Oxydationswirkung. 397
Streptokokken, hämolytische Wirkung. 383
— , Hämotoxin. 392
-, Toxin. 392
Streptolysin, Eigenschaften und Darstellung
385
Syphilis, Antikörperbildung bei mitNukleo-
proteid syphilitischer Organe behandelten
Kaninchen. 160
Tauben, Bac. enteritidis-Infektion. 319
— , Bac. paratyphi-Infektion. 325
Telohania ovata, Beschreibung, Vorkommen
136
Toxin, Hämo- s. Hämotoxin.
— der Streptokokken. 392
Trichinose, Epidemie. 373
Trichophyton tonsurans, Oxydationswir-
kung 403
Tropen-Krankheiten in Süditalien. 586
Tropfen, hängender, Untersuchungsmethode
537
Register.
631
Trvpanosomen, Geschlechtadimorphismiis.
2G9
— des Maulwurfes. 140
— , Morphologie. 269
Typhus abdominalis, Vaccination. 161
Ueberempfiiidlichkeit und heterologe Im-
munsera. 146
— zur Magenkrebsdiagnose. 287
— gegenüber Magensaft. 287
— gegenüber Serum. 149
— , rheorie. 147
Ulcus tropicum, Vorkommen in Italien. 587
Vaccination gegen Pneumococcus. 306
— gegen Rauschbrand. 296
Vaccination ge^en Typhus abdominalis. 161
— gegen Wut!: 606. 612
Variation bei ßact. pneumaturiae. 582
Vibrio anguillaruni, morphologische und
kulturelle Eigenschaften. 204
Vibrio cholerae, Anreicherung mit Galle.
521
, Anreicherung mit Pepton. 525. .537
— — , hämolytische Wirkung. 475
— — , Oxydationswirkung. 400
-Träger, bakteriologische Untersuch-
ung. .536
— metschnikovii, Oxydationswirkung. 400
— proteus, Oxvdationswirkung. 400
Virulenz. " 335
Virus sanitär A zur Rattenbekämpfung.
— — — , bakteriologische Untersuchung.
469
Vögel, Paratyphus. 569
Wasser, Bac. typhi-Nachweis. 422
Wut, Immunisierung. 606. 612
— , Negrische Körperchen bei derselben. 61 L
— , Serumbehandlung. 607
— , Vaccination. 606. 612
III. Verzeichnis der AbMiduiigen.
Actinomyces, Morphologie (Taf. II). 200
Aleppobenle, Erreger (Taf.). 129
Amöben, Darm-, des Pferdes 594
— , — , des Schales. 602
Amoebiasis d. Darmes bei Schafen. 599—602
— des Magens bei Rindern. 595 — 598
Auge, Keratomalacie bei Dorschen (Taf.
1, II). 212
Bacillus anaerobicus alcaligenes, Morpho-
logie. 232
— — tenuis n. sp. Morphologie. 443
— angulosus n. sp. Morphologie. 442
— anthracis, Kapselbildung. 179
, Morphologie. 179
— buUosus n. sp. Morphologie. 444
— comutus n. sp., Morphologie. 443
— dimorphus var. longa, Morphologie. 441
— fissus, Morphologie. 232
— laevis n. sp., Morphologie. 444
— pseudoramosus n. sp., Morphologie. 442
— putrificus ovalaris, Morphologie. 231
— regularis filiformis, Morphologie. 234
— sporogenes coagulans, Älorphologie. 230
— tnetaiotaomicron n. sp., Morphologie. 444
— tortuosus, Morphologie. 233
— variabilis, Morphologie. 441
— variegatus n. sp., Morphologie. 445
Bacterium actinomycetem comitans n. sp.,
Morphologie (Taf. I, Fig. 7, 8). 200
— fusiforme, Morphologie (Taf. I, Fig.
3—6). 200
Bakterien, Darm- (Taf.) 464
Blutegel mit Spirochaete obermeieri (Taf.).
268
Branchiomyces sanguinis n. sp. Morpho-
logie (Taf.). 134
Cholera, Rücken mar ksdegeneration (Taf.).
554
Coccobacterium mucosum anaerobicum n.
sp., Morphologie (Taf. I, Fig. 1, 2). 188.
2Ü0
Darm, Amoebiasis bei Schafen. 599 — 602
Darm-Flora (Taf.) 464
Darm, Ruhr beim Pferde. 592 — 594
Dimorphismus, Geschlechts- bei Trypano-
somen (Taf. I, II). 270. 274. 277. 282
Diplobacillus acuminatus n. sp., Morpho-
logie. 440
Dorsch, Keratomalacie (Taf. I, II). 212
Falle, Ratten- (Käfigersatz). 62
Fische, Keratomalacie (Taf. I. II). 212
Geschlechtsdimorphismus bei Leukoytozoon.
(Taf. I, II). 270. 274. 277. 279. 282
— bei Trypanosomen. (Taf. I, II). 270
274. 277. 279. 282
Kapsel, Bildung bei Bac. anthracis. 179
Karpfen, durch Branchiomyces sanguinis
erkrankt. (Taf.). 134
Keratomalacie bei Dorschen. (Taf. I, II).
212
Leukocytozoon, Entwickelungskreis (Taf. I,
II). 270. 274. 277. 279. 282
— , Geschlechtsdimorphismus. (Taf. I, II).
270. 274. 277. 279. 282
Mäuse, weiße, Zuchtstall. 431
Magen, Amoebiasis bei Rindern. 595—598
Nervensystem, Degeneration bei Cholera.
(Taf.) 554
Orientbeule, Erreger. (Taf.) 129
Pferde, Amöbenruhr. 592. 593
632
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 62. Heft 8.
Plasmodium achromaticum n. sp., Morphol.
u. ßiol. (Taf.) 284
Prowazekia, Morphologie' (Tai., Fig. 3 — 13).
140
Psoriasis, durch Spirochäten verurs. 135
Eattenfalle, Käfigersatz. 62
Rinder, Amoebiaßis des Magens. 595 — 598
Rückenmark, Degeneration bei Cholera.
(Taf.) 554
Ruhr, Amöben- beim Pferde. 592—594
Schafe, Amoebiasis des Darmes. 599—602
Spirochaete obermeieri im Blutegel. (Taf.) 268
Spirochäten, Morphologie (Ursache der
Psoriasis.) 135
StaU, Zucht- für weiße Mäuse. 431
Streptobacillus longus n. sp., Morphologie.
439
Telohania ovata, Morphol., Entwickelung.
(Taf., Fig. 1—8.) 139
Trypanosomen, Geschlechtsdimorphismus.
(Taf. I, II.) 270. 274. 277. 279. 282
— des Maulwurfes, Morph. (Taf.). 140
— , Morphologie (Taf. I, II.) 270. 274.
277. 279. 282
Vibrio anguillarum, Morphologie. (Taf. II,
Fig. 5). 212
Zuchtstall für weiße Mäuse. 431
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Dieser Leitfaden ist aus dem Gedanken heraus entstanden, für Desinfektoren
und Krankenpflegepersonal ein Nachschlagebuch zu schaffen, an der Hand dessen sie
üie ini Uesinfektionswesen erworbenen Kenntnisse ergänzen und sich über zweifel-
üafteJ^ ragen der Praxis orientieren können. Durch die ausführliche Berüchsichtigung,
welche die fortlaufende Desinfektion erfahren hat, soll der Leitfaden auch besonders
Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern nützlich werden. Auch die große Zahl
der ausbildenden Aerzte werden diesem Buche gewiß gern Beachtung schenken
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die Bakterienzelle.
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der Universität Marburg.
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1912. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark.
Inhalt: I. Vorrede. — IL Die Umgreuzung' der Enbakterien und die
zu den Eubakterieu zu rechnenden Gattungen. — III. Die Stellung der Eu-
bakterien im Organismenreiche. — IV. Die Zelle der Bakterien. 1, Die Größe
der ßakterienzelle. 2. Allgemeines über den Bau der Bakterienzelle. 3. Der Zellkern.
Historisches. Eigene Beobachtungen. 4. Das Zytoplasma. 5. Die Plasmodesmen.
Allgemeines. Die Plasmodesmen der Bakterien. 6. Die Geißeln. Allgemeines. Die
Geißeln der Bakterien. 7. Die Membran der Zellfäden. Oidien und Sporangien.
Morphologie und Biologie der Membran. Die Chemie der Membran der Bakterien.
8. Die Zellsaftvakuole mit der sie umschließenden Vakuolenwand und andere Vakuolen.
9. Allgemeines über die organischen Reservestoffe. 10. Die Keservestoffkohlenhydrate
der Bakterien. Das Glykogen und das logen. Makrochemie der Kohlenhydrate. Vor-
kommen des Glykogens und logens bei den Bakterien. 11. Die Fette. Die Reserve-
fette der höheren Pflanzen und der Pilze. Das Fett der Bakterien in chemischer
Beziehung. Eigenschaften der Fettropfen der Bakterien. 12. Das Reserveeiweiß im
weitesten Sinne, besonders das Volutin. 13. Die Schwefeleinschlüsse. 14. Der im
Zytoplasma liegende Farbstoff der Purpurbakterien. Die Farbe der Bakterien. Das
spektroskopische Verhalten der Farbstoffe der Purpurbakterien. Beziehungen zwischen
dem Farbstoffe und der Reizbewegung der Purpurbakterien. Ist der Farbstoff der
Purpurbakterien ein Chromophyll?
Die Ungleichwertigkeit und das Widerspruchsvolle der über die Bakterienzelle
handelnden Arbeiten machten es nötig, daß ein Gelehrter, welcher die nötigen bota-
nischen und zoologischen Vorkenntnisse besitzt und sich selbst eingehend mit der
Morphologie der Bakterienzelle beschäftigt hat, daran ging, eine Sichtung des spröden
Materials vorzunehmen. Es ist auf diese Weise in dem vorliegenden Werk eine
grundlegende kritische Darstellung über das Wesen der Bakterienzelle entstanden,
die für die verschiedensten Kreise der Naturforscher von besonderem Werte sein wird.
Soeben erschien:
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Prof. Dr. M. Verworn,
Direktor des Physiologr Instituts der Universität Bonn.
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Die vorliegende Schrift bildet den deutschen Text des Vortrages über Narkose,
den Professor Verworn auf Einladung der ,,Harvey Society" in New York im Ok-
tober 1911 gehalten hat. Sie enthält eine Zusammenfassung der Ergebnisse, die er
seit zehn Jahren mit seinen Mitarbeitern in der Frage nach dem Mechanismus der
Narkosewirkung auf experimentellem Wege gewonnen hat. Der Wunsch, diese Er-
.gebnisse auch vor den medizinischen Kreisen Deutschlands zu behandeln, und zwar
in etwas ausführlicherer Weise, als es vor 3 Jahren in einem kurzen Referate in
.der Deutschen Med. Wochenschrift geschah, hat die Veranlassung gegeben, den Vor-
trag, durch eine Reihe von Literaturangaben und Anmerkungen erweitert, auch in
deutscher Sprache erscheinen zu lassen. In weiteren Kreisen der Aerzte und Natur-
forscher darf der Vortrag. auf Beachtung rechnen.
Diesem Heft liegt ein Prospekt bei von der Verlagsbuchhandlung B. G- Teubner
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