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Full text of "Centralblatt Für Bakteriologie, Parasitenkunde Und Infektionskrankheiten. 1. Abt. ORIGINALE. Band 38.1905"

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CENTRALBLATT 


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Bakteriologie, Parasitenkunde und Mektionskrankheiten. 


Erste Abteilung. XXXVIII. Band. 

Originale. 


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Bakteriologie, ParasitenHunffe 

UHd Infektionskrankheiten. 


In Verbindnng mit 

Geh. Med.-Rat Professor Dr. Loeffler 

in Greifswald, 

Professor Dr. R. Pfeiffer 

in Kdnigsberg 
and 

Staatsrat Professor Dr. M. Braun 

in Kdnigsberg 
heransgegeben von 

Prof. Dr. Oscar TJMworm in Berlin. 

Erste Abteilung. XXXYIII. Band. 

Mediziniscli-liygieniscbe Batteriolop mill tieMe PntenMde. 

Originale. 

Mit IS Tafeln and 161 Abbildangen im Texte. 


-o 


Jena, 

Verlag von Gustav Fischer. 
1905. 


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235931 

Centralbl. f. BikL etc. I. it Originate. IN. XXXVIII. Heft I. 


Nachdruck verboten, 

Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des 

Menscben. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien 
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).] 

III. Zur Aetiologie der Peritonitis. 

I. Mitteilung. 

Von Dr. Anton Ghon und weiland Dr. Milan Sachs. 

Mifc 1 TafeL 

DaB die Aetiologie der akuten „eiterigen u Peritonitis keine einheit- 
liche ist, weiB man seit langem. Von unseren bekannten pathogenen 
Mikroorganismen kommen viele als Erreger dieser Form der Bauch- 
fellentzQndung in Betracht, docb spielen, wenn es sich um Infektionen 
mit nur einer Bakterienart bandelt, zweifelsobne aucb hier die soge- 
nannten vulg&ren Eitererreger die Hanptrolle. Staphylococcus 
pyogenes, Streptococcus pyogenes und Diplococcus pneu¬ 
moniae sind diejenigen Bakterienarten, die als die haufigsten Erreger 
der akuten eiterigen BauchfellentzUndung Qberall genannt werden. Dazu 
gesellen sich noch Bacterium coli commune und als etwas seltener 
Erreger Micrococcus gonorrheae. Die Fortschritte in der Kenntnis 
dieser Peritonitisformen wurden wesentlich geffirdert durch die Leichtig- 
keit und Einfachheit des Nachweises der genannten Bakterienarten. 

Anders verhalt sich die Sache jedoch, wenn es sich um Mischinfek- 
tionen, um gleichzeitige Infektion mit mehreren verschiedenen Bakterien¬ 
arten handelt, wie sie haufig bei Peritonitis nach Perforation des 
Magendarmtraktes vorzukommen pflegen. Man hat sich im allgemeinen 
seit jeher keine allzu groBe Miihe gegeben, bei solchen Mischinfektionen 
der BauchhShle eine genaue bakteriologische Analyse vorzunehmen, alle 
die einzelnen Arten der im Exsudate vorhandenen Bakterien rein zu 
zQchten und zu bestimmen. Fand man nur leicht erkennbare pathogene 
Keime darunter, so gab man sich meist zufrieden und war gewillt, 
diese als die Ursache oder zumindest als die Hauptursache der Perito¬ 
nitis anzusehen. In vielen Fallen mag es ja auch wohl so sein. 

Der Grund dafflr, daB man sich vielfach so leicht zufriedenstellte — 
und es zum Teil auch heute noch tut — dflrfte darin liegen, daB in 
solchen Fallen die Versuche der Ztlchtung mit den gangbaren Methoden 
keine zufriedenstellenden Resultate ergaben, der Befund der Deckglas- 
praparate und Kulturen niemals miteinander v511ig ttbereinstiramte, die 
komplizierteren Methoden des Nachweises jedoch zum Teil nicht ge- 
kannt, zum Teil nicht durchfflhrbar waren. 

Die Erweiterung unserer Kenntnisse iiber die pathogenen Bakterien 
lieB uns solche auch unter den sogenannten Anaerobien kennen lernen 
und vielerorts ist die Bedeutung letzterer auch fur gewisse Formen der 
Peritonitis erkannt worden. 

Mit Nachdruck hat diese Bedeutung der anaeroben Bakterien flora ftlr 
die Aetiologie der Peritonitis erst uniangst wieder P. L. Friedrich 1 ) 


1) Friedrich, P. L., Zur bakteriellen Aetiologie und zur Behandlung der dif- 
fusen Peritonitis. (Arch. f. klin. Chir. Bd. LXVIII. 1902.) 

Into Abt. Ori*. Bd. XXXVIII. Heft 1. 1 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


hervorgehoben. Dieser Autor beobachtete tfidliche Anafirobeninfek- 
tionen des „para-peritonealen u Zellgewebes „mehrfach nach Mastdarm- 
resektion bei Carcinom sowie im Gefolge von ganz akuter Peri¬ 
typhlitis, wo Brand des ganzen Wurmfortsatzes vorlag*. Nach Fried¬ 
rich treffe man fibrigens bei der bakteriologischen Untersuchung 
peritonitischer Exsudate „eine groBeReihe formverschiedener, 
anafirober Bakterien u . Zumeist handle es sich dabei um „Kurz- 
oder Langstfibchen“. von denen manche dem malignen Oedembacillus, 
andere dem Tetanusbacillus ahnlich seien. Auch anaerobe Streptokokken 
lieBen sich zuweilen nachweisen. Ja, Friedrich geht so weit, zu be- 
haupten, daB fast in keinem „perityphlitisch — Oder perforativ — peri- 
tonitischen u Exsudat Anafirobien vermifit wQrden. 

Es ist zweifelsohne Friedrich zuzustimmen, daB man den An- 
afirobien bei der akuten Peritonitis grfiBere Aufmerksamkeit schenken 
soli, als es bisher geschehen war. Nur ware es unserer Meinung nacb 
wflnschenswert, daB dabei auch der Umstand Berflcksicbtigung ffinde, 
welche anaerobe Arten dabei in Betracht kamen und ob bei bestimmten 
Formen der Peritonitis immer wieder gewisse Anagrobien nachweisbar 
seien oder nicht. Friedrich beschrieb keine Arten. Die „Feststellung 
der Art und Differenzierung der einzelnen Keime“ erscheinen ihm von 
untergeordneter Bedeutung, da er eine „Spezifitat u der AnaSrobien bei 
den peritonitischen Prozessen nicht anerkennt. Diese Anschauungen 
Friedrichs dfirften nicht Qberall Zustimmung finden. 

Vor allem schon deshalb nicht, da uns heute noch jede Berechti- 
gung dazu fehlt, die Kenntnis der einzelnen Arten zu unterschfitzen. 
Brauchbare systematische Untersuchungen nach dieser Richtung hin 
liegen nicht vor, dazu sind unsere Kenntnisse fiber die anafiroben Bak- 
terien fiberhaupt noch vollstandig Ifickenhafte. Es sollte demnach unser 
Streben gerade darauf gerichtet sein, alle bei pathologischen Prozessen des 
Menschen gefundenen anafiroben Keime genauestens kennen zu lernen, 
nm sich ein Urteil fiber ihre fitiologische Bedeutung bilden zu kfinnen. 

Von dieser Anschauung lieBen sich wohl auch schon Tavel und 
Lanz 1 ) bei ihren Untersuchungen fiber die Aetiologie der Peritonitis 
leiten. Unter den Bacillen, die nach diesen Autoren bei der bakteriellen 
Peritonitis eine Rolle spielen, erwfihnten sie vor allem einen Bacillus, 
der sich fast in jedem Dickdarminhalt vorfand und in einzelnen Fallen 
im peritonitischen Eiter in groBer Anzahl anzutreffen war. Tavel und 
Lanz bezeichneten diesen Bacillus als „Actinomyces-ahnlichen“. 
Sie konnten ihn nie in Reinkultur erhalten, und da er nur selten und 
dann nur spfirlich zusammen mit anderen Bakterien wuchs, sahen sie 
ihn als ein Anaerobion an. In alien Fallen, in denen diese Bacillen 
reichlicher gefunden wurden, hatte der Eiter einen sehr penetranten, 
widerlich-sflBen Geruch. Diese Bacillen lagen im Exsudat meist in 
Gruppen, ineinander verfilzt, hatten eine Lange von ungeffihr 4—6 p 
und eine Breite von 0,3—0,5 //. In einetn Falle erlangten diese Ba- 
cillengruppen StecknadelkopfgrfiBe und bildeten dadurch Actinomyces- 
fihnliche Kdrnchen, doch fehlten Kolben. Diese Bacillen fanden Tavel 
und Lanz sowohl in akuten als auch in chronischen Fallen, da sie aber 
niemals allein zu finden waren, konnte ihre atiologische Bedeutung nicht 
naher festgestellt werden. 


1) Tavel, E. und Lanz, O., Ueber die Aetiologie der Peritonitis. (Mitteilungen 
aus Kliniken und medizinischen Instituten der Schweiz. 1893.) 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anafiroben Bakterien des Menschen. 3 

Ob der von den beiden Schweizer Autoren beschriebene Bacillus 
tats&chlich den Anafirobien angehfirt, kann unserer Meinung nach nicht 
als sicber hingestellt werden, da Kulturen nicht gelangen. Ebenso miB- 
lang ihnen die Kultivierung eines anderen, tetanusfihnlichen Bacillus, 
den sie 3raal mit noch anderen Bakterien zusammen fanden. Der Ba¬ 
cillus war dQnner als der ,,Actinomyces-&hnliche“, nach Gram 
„weniger intensiv" ffirbbar und zeigte Sporen, weniger groB und mehr 
oval als die des Tetanusbacillus. Durch Impfung einer Maus gelang es 
ihnen in einem Falle, festzustellen, daB es sich dabei nicht um den 
echten Tetanusbacillus handle. 

SchlieBlich erwShnten T a v e 1 und L a n z noch in ihrer Tabelle, die 
die bakteriologischen Resultate zusammenfaBt, den Befund von „langen 
dfinnen" Bacillen in einer Anzahl von Fallen und in einem Falle den 
Befund von „plumpen Bacillen", die nach der Methode von Gram ge- 
f&rbt blieben, w&hrend die „langen dfinnen" Bacillen bei dieser Methode 
teils geffirbt, teils nicht gefarbt waren. Es unterliegt unserer Meinung 
nach kaum einem Zweifel, daB es sich bei den „plumpen tt Formen um 
den Gasbacillus von Welch-Fraenkel oder einen diesem Shnlichen 
gehandelt batte. Auch die „langen dfinnen" und die „tetanusfihnlichen" 
Bacillen entspr&chen ihren morphologischen Charakteren nach anafiroben 
Bakterien. 

Schmale, leicht gebogene, nach Gram ffirbbare Bacillen, die niemals 
in Kulturen erhalten werden konnten, fand auch Krogius 1 ) in 16 
von 28 untersuchten Fallen von Appendicitis, einen „tetanus£hnlichen" 
Bacillus dagegen nur in einem Falle. 

Dagegen fehlen in dem zusammenfassenden Referate von M. von 
Brunn 2 3 ) „Ueber Peritonitis" aus dem Jahre 1901 Angaben tlber peri- 
toneale Infektionen mit Anafirobien so gut wie vollst&ndig. 

Eine bestimmte, gut gekannte anaerobe Art als Erreger der Peri¬ 
tonitis beschrieb erst Welch 8 ). In seiner umfassenden Zusammen- 
stellung ilber den Bacillus aerogenes capsulatus als Krankheits- 
erreger berichtete Welch flber 13 Falle diffuser „Pneumo-Peritonitis“ 
durch den genannten Bacillus. 11 dieser Falle wurden teils von Welch 
selbst, teils von Flexner obduziert und 7 davon bis zum Jahre 1896 
publiziert Was die beiden anderen betrifft, so wurde fiber den einen 
von Page 4 5 ), fiber den anderen von Pr§itt und Fulton 6 * ) berichtet 
10 von den 13 Fallen waren nach Perforation des Magendarmtraktes 
entstanden, und zwar 4 nach Perforation von Typhusgeschwflren, 4 nach 
Perforation von Magengeschwfiren, 1 nach Perforation des strangulierten 
Darmes und 1 nach Perforation eines carcinomatfisen Geschwfires im 
Duodenum. In diesem letzten Falle wurde die Autopsie 14 Stunden 
nach dem Tode gemacht und der „Gasbacillus" in Reinkultur und sehr 
reichlich in dem serfis-fibrindsen Exsudat der Bauchhfihle gefunden, 
wfihrend die fibrigen Organe und das Blut von Bacillen frei waren, 


1) Krogius, A., Om appendiciternas bakteriologi. (Finska Lakaresallskapets 
Handlingar. 1899. — Ref. in Baumgartens Jahresbencht von 1899.) 

2) v. Brunn, M., Ueber Peritonitis. Zusammenfassendes Referat fiber die Peri- 
tonitisliteratur der Jahre 1885—1900. (Centralbl. f. allgem. Palhologie u. pathol. Ana¬ 
tomic. 1901.) 

3) Welch, Morbid conditions caused by the Bacillus aerogenes capsulatus. (The 
Philadelphia med. Journ. 1900. Vol. II.) 

4i Page, zitiert nach Welch. 

5) Pratt, J. H. and Fulton, F. T., Report of cases in which the Bacillus 

aerogenes capsulatus was found. (Boston med. and surg. Journ. 1900. June.) 

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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


demnach keine „Schaumorgane“ vorhanden waren. In den Obrigen 
Fallen von Perforationsperitonitis waren neben Gasbacillen noch andere 
Bakterien vorhanden, doch dominierten erstere. In alien Fallen war 
das Abdomen mit Gas erffillt. Besonderen Wert legt Welch den 
Fallen von „Pneumo-Peritonitis u mit Gasbacillen bei, die nachweisbar 
ohne Darmperforation entstanden waren, und verweist in dieser Hin- 
sicht auf einen von ihm und Flexner veroffentlichten solchen Fall. 
Auch berichtet er fiber einen von Flexner in Manila beobachteten 
analogen Fall, in dem bei der Obduktion, 12 Stunden nach dem Tode, 
hamorrhagische Infarzierung des unteren Ileums und des anliegenden 
Dickdarms gefunden wurde nach Durchtritt dieser Darmabschnitte durch 
ein Loch im Mesenterium. Die Bauchhdhle war voll Gas und schau- 
migem, blutigem Serum mit fibrinoser Exsudation. Perforation des 
Darmes fehlte. Aus dem peritonealen Exsudat konnte der Gasbacillns 
in reichlichster Menge und in Reinkultur erhalten werden. Im Blute 
und in den fibrigen Organen war Gas nicht nachweisbar. 

Mit noch anderen Bakterien gemischt, fand Welch den Gasbacillus 
2mal in zirkumskripten, gashaltigen, intraperitonealen Abscessen nach 
Perforation des Wurmfortsatzes. 

In jfingster Zeit endlich berichtete Brunner 1 ) fiber anafirobe 
Bakterienbefunde bei Peritonitiden nach Magenperforationen, er h§.lt 
jedoch die Bedeutung der Anaerobien ffir die Peritonitis im allgemeinen 
ffir gering, da sich bei seinen Untersuchungen nur vereinzelt solche 
linden liefien. So berichtet Brunner, dafi er im Falle 5 — Ulcus- 
perforation — neben Kettenkokken noch Gram negative Kokkobacillen 
fand, welche aerob nicht weiter wuchsen, und daB er ferner im Falle 6 
— gleichfalls eine Ulcusperforation — mikroskopisch neben Ketten¬ 
kokken noch lange, dicke Bacillen, zum Teil in F&den, nachweisen 
konnte. In diesem Falle wurde kulturell von Silberschmidt eine 
anaerobe Species isoliert — neben Staphylococcus pyogenes und 
Streptococcus pyogenes — die verschieden lange, unbewegliche 
Bacillen darstellte ohne Sporenbildung. Diese Bacillen wuchsen streng 
anaerob, rasch bei 37°, langsam bei 22° und bildeten in Gelatine nach 
6 Tagen etwa stecknadelkopfgroBe Kolonieen mit Verflfissigung des 
Nfihrmediums. Charakteristisch wurden die Gelatinekulturen dadurch, 
daB die ursprfinglich runde Verflfissigungszone der Kolonieen sich unten 
zuspitzte und die Bakterienmassen am Boden des gebildeten Trichters 
sich niederlieBen. In Zuckeragar bildete der Bacillus Gas ohne Geruch. 
Einen diesem fihnlichen Bacillus will Silberschmidt aus einem 
stinkenden Eiter isoliert haben. 

Im Falle 8 endlich — wieder eine Ulcusperforation — wurden im 
Exsudat mikroskopisch reichlichst Bakterien nachgewiesen, darunter 
lSngere, nach der Methode von Gram nicht entffirbbare Bacillen. Kul¬ 
turell fand sich in diesem Falle neben Bacterium coli, Ketten- und 
Haufenkokken und Kartoffelbacillus, in den anaeroben Bouillonkulturen 
noch ein langer Bacillus, der Gramnegativ und nicht weiter zficht- 
bar war. 

Aus den im vorhergehenden wiedergegebenen Literatnrangaben er- 
sehen wir demnach, dafi unsere Kenntnisse fiber anafirobe Peritonitis- 
erreger keine sehr eingehenden sind. Wohl sind einige, morphologisch 

1) Brunner, C., Weitere kliniscbe Beobachtungen fiber Aetiologie und klinische 
Therapie der Magenperforationen und Magenperitonitiden. (Beitrage z. klin. Chirurgie. 
Bd. XL* 1903.) 


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Ghon u. Sachs, Beitrflge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 5 


sicher verschiedene Arten gefunden worden, aber ihre bakteriologische 
Identifizierung lSfit so viel zu wtinschen flbrig, daB diese Befunde kaum 
verwertet werden kflnnen. AuBerdem fanden sich die meisten der oben 
angefuhrten Arten neben anderen, als pathogen gekannten Mikroorganis- 
men, so daB ihre fltiologische Bedeutung nicht einwandfrei sichergestellt 
ist. Eine Ausnahrae macht nur der Gasbacillus von Welch-Fraen kel. 
Diese anaerobe Species ist eine wohlgekannte, ihre Stiologische Bedeu¬ 
tung fflr gewisse Krankheitsprozesse zweifellos festgestellt. Den Mit- 
teilungen von Welch zufolge wurden entzflndliche Verflnderungen des 
Peritoneums beobachtet, welche bakteriologisch reichlichst und in Rein- 
kultur den Gasbacillus nachweisen liefien. Wir batten also keinen 
Grund, die atiologische Bedeutung des Gasbacillus von Welch- 
Fraenkel fflr gewisse Formen der Peritonitis noch anzuzweifeln. 

Itn Wiener pathologisch-anatomischen Institute hatten wir bereits 
mehrfach Gelegenheit, den Bacillus von Welch-Fraenkel im Ex- 
sudat von akuten Bauchfellentzflndungen nachweisen zu kdnnen. Meist 
fand er sich dabei in Gesellschaft noch anderer Bakterien. Doch war 
in manchen der Ffllle seine Menge gegenflber den anderen Bakterien 
eine so vorherrschende, daB der Befund als ein auffallender bezeichnet 
werden mufite. In 2 Fallen jedoch konnten mikroskopisch auBer Gas- 
bacillen andere Bakterien flberhaupt nicht gefunden werden. Kulturell 
lieBen sich allerdings auch in diesen beiden Fallen neben Gasbacillen 
noch in geringerer Anzahl Bacillen der Coli-Gruppe nachweisen. doch 
war in beiden Fallen das Exsudat nicht unter sterilen Kautelen ent- 
nommen worden, da die Peritonitis klinisch nicht sicher diagnostiziert 
war. Beide Falle betrafen vaginale Totalexstirpationen des Uterus mit 
seinen Adnexen und in beiden Fallen bot anatomisch die Peritonitis nicht 
das Bild der gewdhnlichen „septischen“ Bauchfellentzflndung, das Ex¬ 
sudat war vielmehr nicht sehr reichlich, dabei seros-hainorrhagisch mit 
sparlichen Fibrinbeschiagen. 

DaB der Gasbacillus von Welch-Fraenkel aber sicher nicht den 
einzigen anaeroben Bacillus darstelle, der fflr Peritonitiden atiologisch 
in Betracht kflme, dafflr scheinen uns einerseits die oben angefflhrten, 
wenn auch nicht viel beweisenden Literaturangaben zu sprechen, anderer- 
seits unsere eigenen Untersuchungen. 

Der im nachfolgenden eingehender mitgeteilte Fall soil den Beweis 
dafflr erbringen. 

* 

* * 

Krankengeschichte (Auszug) 1 ): Joh. L., 55 Jahre alt, krank seit Dezeraber 
1902. Tagliches Erbrechen der genossenen Speieen einige Stunden nach dem Essen. 
Seit Mitte Januar 1903 schwarze Stflhle. In letzter Zeit starke Abmagerung. 

Bei der Untersuchung in der oberen Bauchgegend ein druckempfindlicner Tumor 
nachwei8bar. Starker Foetor ex ore. Zunahme aer Kachexie. 

Am 5. Februar 1903: Hochtympanitischer Schail iiber dem Tumor 
und peritoneales Reibeu an seinem medialen Rande. Abdomen aufge- 
trieben. 

Am 6. Februar 1903 starke Schmerzen im Bauche, Kollaps, Tod. 

Die Temperatur, die am Aufnahmetage — d. i. am 27. Januar 1903 — 38,3° C 
betrug, schwankte nachher zwischen 36,7 und 39,8° C, in den letzten Tagen zwischen 
363 und 37,8° C. 

Elinische Diagnose: Carcinoma ventricuii, Peritonitis perfora- 
tiva. Nephritis haemorrhagica. 

1) Anmerkung: Die Krankengeschichte wurde uns von der V. medizinischen 
Abteilung des k. k. allgemeinen Krankenhauses in liebenswiirdigster Weise zur Be- 
nutzung iberlassen. 


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Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Sektlonsdiugnose (Dr. Ghon)*: Zerfailenes Carcinom der kleinen Kur- 
vatur des Magens, ubergreifend auf die untere Flache des linken 
Leberlappens and auf das Pankreas. Sekundares Carcinom der 
Lympharusen an der kleinen und groBen Kurvatur des Magens und 
an der Leberpforte. Sekundares verjauchtes Carcinom in der Leber. 
Zirkumskripte f ibri nos-eiterige Peri to n i t is an der Vorderflache des 
Magens. Multiple Abscesse in den Lungen mit frischer fibrinoser 
Pleuritis uber dem linken Lungen unterlappen. H araorrhagis che Ne- 
phr itis. Atrophie des Herzmuskels. 

Die Obduktion war ca. 15 Stunden nach dem Tode gemacht worden. 

Deckglaspraparate (Tafel: Fig. I) vom peritonitiachen Exsudat zeigten nebon 
reichlichen Eiterkorperchen sehr reichhch ziemiich kleine Gramnegative Bad lien 
mit mehr oder weniger auffallenden GroBen unterschieden: Man fand alle GrSflen, von 
kleinsten, kaum sicEtbaren Formen bis zu solcheu, die etwas langer als Influenza- 
bacillen und etwas dicker als diese erschienen. Die Baciilen zeigten teils reinen Stab- 
chentypus, d. h. der Langsdurchmesser war groBer als der Brcitendurchmesser und die 
Langsseiten lagen zueinander parallel, teils aber waren 6ie mehr oder weniger ausge- 
baucht. Dadurch entstanden Formen, die mehr langsoval erschienen oder sich in ihrem 
Aussehen den Kokken naherten. Die Bacillen lagen haufig zu zweit oder in kiirzeren 
kettenfOrmigen Verbanden und waren verschieden stark gefarbt (Gram mit Fuchsin- 
nachfarbung), haufig deutlich bipolar. Auch sah man zwischen den beschriebenen 
Formen sehr schwach tingierte und meist unscharf kontunerte Gebilde, deren Zuge- 
hbrigkeit zu den erwahnten Bacillen formen aus den vorhandenen verschiedenen Ueber- 
gangsformen zu diesen klar erschien (geblahte, degenerierte Formen). Die Bacillen 
lagen zumeist extracellular, doch fand man sie auch euweilen in den Zellen. 

Andere Bakterien als die beschriebenen waren in den Praparaten nicht vor- 
handen. 

Agarplatten-Strichkulturen blieben steril. 

Zuckeragar-Schiittelkulturen mit Verdunnungen zeigten schon nach 
48 Stunden (37" C), deutlicher in den folgenden Tagen Wachstum zahlreicher kleiner, 
rundlicher, grauweiBlicher Kolonieen. Das Wachstum der Kolonieen, die bei Lupen- 
betrachtung anscheinend vollig gleich aussahen, begann jedoch erst ungefahr eine FingCT- 
breite unterhalb der Oberflache. Entsprechend den Verdunnungen war die GroBe der 
Kolonieen nicht in alien Zuckeragarrohrchen dieselbe, erreichte jedoch auch an den gut 
isolierten Kolonieen nicht die eines Stecknadelkopfes. 

Deckglaspraparate von den Zuckeragar-Schiittelkulturen zeigten durchwe^ 
Gram negative Bacillen formen, die im allgcmeinen dasselbe Bild gaben wie die im pert- 
tonitischen Exsudat beschriebenen. Nur fanden sich daneben noch ziemiich reichlich 
ungegliederte, verschieden dicke Faden, haufig gekriimmt oder gewunden, manchmal 
auch wie angeschwollen oder geblaht, und schwach gefarbte, fast unkenntliche Formen. 
Auch von diesen Formen fand man alle Uebergangsoilder zu jenen, die Stabchentypus 
zeigten. 

Die Untersuchung der Zuckeragar-Schiittelkulturen ergab, dafi es sich um eine 
Reinkultur einer besonderen anaeroben Bacillenart handelte, deren Eigen- 
schaften weiter unten genauer beschrieben werden. 

Zur hi8 tologisch-bak teriologischen Untersuchung gelangten Stiicke 
des Tumors aus der Uebergangsstelle desselben vom Magen auf die Leoer, Stiicke von 
einer carcinomatos entarteten Lymphdriise an der groflen Magenkurvatur und Stiicke 
von Lungenabscessen. 

Magen turn or mit Leber: Die Zellen des Tumors waren fast durchweg ne- 
krotisch und dadurch unkenntlich. G^en das Lebergewebe waren die kernlosen Tumor- 
massen abgegrenzt durch einen ziemiich breiten Wall von polynuklearen I^eukocyten, 
die an ihrer Peripherie durchweg gut gefarbte Kerne zeigten, der Tumormasse zu hin- 
gegen schlechter gefarbt und undeutlicher begrenzt erschienen. lnnerhalb dieses Leuko- 
cytenwalles fand man mehr oder weniger gut erhaltene Reste von Leberzellbalken. Das 
dem Leukocvtenwall angrenzende Lebergewebe war komprimiert und zum Teil von 
Blutungshercfen durchsetzt. 

lnnerhalb des erwahnten Eiterwalles sah man schon in den mit Hamalaun-Eosin 
gefarbten Praparaten, deutlicher aber in den mit Boraxmethylenblau tingierten ver¬ 
schieden groBe, wolkenahnliche Massen, die aus Bakterien bestanden. Diese Bakterien 
stellten meist kurze, seltener etwas langere Bacillen dar, die haufig deutlich bipolar ge¬ 
farbt erschienen oder wie gekornt aussahen, wenn solche bipolar gefarbte Formen zu 
kiirzeren oder langeren gegliederten Faden angeordnet waren. Im allgemeinen er¬ 
schienen auch in den Schnittpraparaten die Bacillen schwach gefarbt und waren etwas 
deutlicher kenntlieh nur dann, wenn sie isoliert lagen oder aber, wenn man sie in den 
Kandpartieen der oben erwahnten Haufen aufsuchte. 


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Ghon u. Sachs, BeitrSge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. ^ 


In den zentralen Partieen der Haufen oder dort, wo diese dichter gefiigt er- 
achienen, waren die Bacillen in ihren Umrissen fast unkenutlich. Die Bacillen lagen 
auch in den Schnitten meist extracellular, doch fand man nicht so selten auch Eiter- 
und Leberzellen, deren Protoplasma mehr oder weniger reichlich Bacillen enthielt (Tafel: 
Fig. II). 

Bei der Farbung nach der Methode von Grara-Weigert wurden die beschrie- 
benenen Bacillen entfarbt, wohl aber trat durch diese Methode stellenweise innerh&lb 
des Eiterwalles ein Netzwerk zarter, violett tingierter Fasern deutlich zu Tage (fibri- 
nftses Exsudat). 

Andere Bakterien als die beschriebenen konnten in den Schnitten nicht gefunden 
werden. 

Die Lymphdruse erschien vdllig substituiert durch Tumormassen, die zum 
grofieren Teile nekrosiert waren. Auch hier fand man in den nekrotischen Tumor¬ 
massen sowohl in den mit Hamalaun-Eosin als auch in den mit Boraxmethylenblau 
gefarbten Schnittpraparaten dieselben Bakterien haufen wie im Magen-Lebertumor. Sie 
setzten sich auch hier aus denselben Bacillen zusammen, die wir oben beschrieben haben. 

Andere Bakterien waren auch in der Lymphdruse nicht nachweisbar. 

Die Schnittpraparate aus den Lungenabscessen zeigten groflere oder kleinere 
Herde, die toils aus polynuklearen Leukocyten, teils aus nekrotischen Massen bestanden. 
Innerhalb dieser Herde sah man noch Reste des Lungenparenchyms, in dem diesen 
Herden angrenzenden Lungengewebe Blutungen und fibrinose Exsudation. Tumorele- 
mente waren in den Lungennerden nicht nachweisbar. Sowohl in den Rand- als auch in 
den zentralen Partieen dieser Lungenherde lagen kleinere oder grofiere Bakterienhaufen, 
manchmal auch innerhalb von Gefafien. Am reichlichsten sah man diese Bakterienhaufen 
in einem Herde nahe der Oberflache, dem entsprechend auch die Pleura fibrinos-eiterige 
Ex8udatauflagerungen zeigte. Auch die in den Lungenherden nachweisbaren Bakterien¬ 
haufen bestanden durchweg aus Gramnegativen Bacillen einer Art, die in der Form 
und Anordnung sowie hinsichtlich ihres farberischen Verhaltens mit jenen iiberein- 
stimmten, die wir im Magen-Lebertumor und in der LymphdrQse beschrieben hatten. 

Andere Bakterien waren nicht nachweisbar. 

Die den beschriebenen Lungenherden naheiiegenden kleineren Bronchien enthielten 
neben abgestofienen Epithelien ziemlich reichlich polynukleare Leukocyten und fibri- 
noses Exsudat. Baktenen konnten darin jedoch nicht gefunden werden, ebenso nicht in 
den pleuritischen Exsudatauflagerungen. 

* 

* * 

Das aus dem peritonitischen Exsudate in Reinkultur gezuchtete 
Bakterium war durch folgende Eigenschaften ausgezeichnet: 

Morphologisches und fSrberisches Verhalten. 

Der Bacillus zeigte im allgemeinen kleine Formen, etwas linger 
und dicker als Influenzabacillen (Tafel: Fig. I u. III). Daneben fanden 
sich einerseits kiirzere kokken&hnliche, andererseits lingere Formen so¬ 
wie kflrzere oder langere, ungegliederte und gegliederte F&den. Nicht 
so selten konnte man auch Formen linden, die ausgebaucht, wie aufge- 
bliht erschienen (Tafel: Fig. III). 

Alle die beschriebenen Formen fand man sowohl in den Ausstrich- 
pr&paraten aus dem peritonitischen Exsudat als auch in den Praparaten 
aus den Kulturen. In letzteren zeigten sich aber auBerdem noch hiufig 
— wenn auch nicht immer in gleicher Menge — andere Formen: 
lingere, verschieden dicke Fiden, h&ufig gekrQmmt oder vielfach ge- 
wunden (Tafel: Fig. IV), nicht selten auch knauelartig durcheinander 
geschlungen, keulen- und birnformige, rundliche oder ovale, hefezellen- 
Ahnliche sowie spindel- und tonnenformige Gebilde — alle diese Formen 
in versehiedenen GroBen, mitunter in wahren Riesenformen (Tafel: 
Fig. V). Diese so verschiedenartig aussehenden Gebilde lagen entweder 
fflr sich zwischen den anderen kleineren Formen oder aber — und das 
war hfiufiger zu linden — als Anschwellungen von kflrzeren und l&n- 
geren F&den sichtbar, entweder in der Mitte oder am Ende derselben 
gelegen. Dadurch kamen Formen zu stande, die Ganglienzellen und 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIU. Heft 1. 


Spermatozoen iahnlich saben. Diese Gebilde fan den sicb nicbt selten 
auch zu zweit und dritt im Verlaufe der Faden, oft dazu noch in ver- 
schiedenen GroBen, so daB dadurch rosenkranzahnliche oder ganz eigen- 
artig unregelrafiBige Formen sichtbar wurden (Tafel: Fig. V). 

Der F&rbung mit den gebrauchlichen Farbstoffen gegenflber ver- 
bielten sich die Bacillen nicht gleich. Wahrend sich die typiscben Ba- 
cillenformen, und zwar namentlich die kiirzeren, zumeist nicht schwer 
farberisch darstellen liefien, waren die wie geblaht aussebenden Formen 
sowie die spindel- und tonnenformigen Gebilde, die kleineren sowohl 
als auch die Riesenformen, schwer farbbar. Oft farbten sie sich flber- 
haupt nicht, andere Male wieder nahmen sie den Farbstoff nur schwacb 
an, so daB ihre Konturen undeutlich, verschwomnien aussahen. Waren 
solche schwer farbbare Formen in den Praparaten vorherrschend. so 
konnte man in denselben dann nicht viel mehr als detritusahnliche 
Massen wahrnehmeu. 

Von den verschiedenen Methoden, die zur Darstellung dieser 
Gebilde versucht wurden — verschiedene Fuchsin- und Methylenblau- 
lbsungen, Gentianaviolett, spezifische Methoden mit and ohne Beize 
etc. — ergaben manchmal noch die verschiedenen Methylenblaufar- 
bungen insofern die besten Resultate, als damit bei den erwahnten 
verschiedenartigen Formen nicht selten die beiden Polenden derselben 
als kleinste, mehr oder weniger stark gefarbte Kdrnchen sichtbar wurden. 

Der Gram schen Methode gegeniiber verhielten sich die Bacillen 
immer gleichmaBig negativ: sie entfarbten sich dabei rasch und voll- 
standig, gleichgflltig, ob es sich um jQngere oder aitere Formen han- 
delte. 

Die besten Resultate fflr die Darstellung aller Formen gab uns 
die Behandlung derselben mit Jod (Lugolsche Losung oder Jod- 
gummi). Die Konturen der verschiedenen Formen, unter welchen sich 
der Bacillus zeigte, traten bei dieser Darstellungsweise gewdhnlich deut- 
lich, ja meist recht scharf hervor. Dabei erschienen die verschiedenen 
Bakterienformen entweder gleichmaBig hellgelb bezw. gelblich oder aber 
man fand in denselben mehr oder weniger reichlich meist braunrote Ein- 
lagerungen, und zwar sowohl in den kleinen, geraden als auch in den 
eigenartig gestalteten, aufgetriebenen Formen. Die Riesenformen waren 
fast durchweg gleichmaBig rotbraun gefarbt. Faden erschienen durch 
diese Einlagerungen oft mehr oder weniger gleichmaBig oder segmen- 
tiert braunrot. Es soli hier ausdrficklich hervorgehoben werden, daB 
in 48 Stunden alten Zuckeragarkulturen mit 1 Promille 
Starke, in welchen vorwiegend kQrzere und plumpere Formen sicht¬ 
bar waren, diese Braunfarbung nicht nachweisbar war. Dagegen konnte 
sie in alteren Kulturen mit Starkezusatz gleichzeitig mit dem Auf- 
treten von geschwollenen und Riesenformen sowohl in diesen als auch 
in den Faden wieder nachgewiesen werden. 

Die oben beschriebenen gebiahten, verschieden gestalteten, schwer 
farbbaren Formen traten zahlreicher in alteren Kulturen auf, namentlich 
der spateren Generationen. Ebenso sah man die eigenartigen Riesen¬ 
formen auch vorwiegend in alteren Kulturen, am schdnsten und zahl- 
reichsten in einer 10 Tage alten Traubenzucker-Agarkultur, der Neutral- 
rot zugesetzt war. Die Bildung der Riesenformen schien uns namentlich 
durch den Traubenzuckergehalt der NahrbSden begQnstigt. In alteren 
Agar- und Gelatinekulturen mit 1—2 Proz. Traubenzucker fehlten diese 
Formen in den spateren Generationen fast nie, wahrend gleichalterige 


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Ghon u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 9 

Oelatinekulturen ohne Traubenzucker sie fast vdllig vermissen lie Ben. 
Zusatz von Milchzucker (2 Proz.) zu Agar und Bouillon begilnstigte da- 
gegen das Entstehen dieser Riesenformen nicht. Kulturen auf er- 
starrtem Loeffler-Serum und in erstarrter Hydrocelenfliissigkeit 
zeigten — auch wenn sie sehr alt waren — keine Riesenformen, son- 
dern meist nur kurze Bacillen und ldngere, dQnne Faden. 

Sporen konnten niemals nachgewiesen werden. 

Die Tatsache, dafi dem Bacillus die Fahigkeit, Sporen zu bilden, 
mangelte, daB ferner mit dem Alter der Kulturen auch die Zahl der 
geblahten und schwer sich farbenden Formen zunahm, bestimmte uns, 
diese eigentflmlichen geblahten und Riesenformen als Degenerations- 
gebilde anzusprechen. 

K apse In lieBen sich mit keiner der bekannten und gebrfiuchlich- 
sten Methoden darstellen. 

Die Bacillen waren stets unbeweglich, GeiBeln konnten nach 
der Methode von Loeffler nicht nachgewiesen werden. 

Kulturelles und biochemisches Verhalten. 

Der gezflchtete Bacillus ist ein streng anaerobes Bakterium 
und wachst ausschliefilich nur bei hdheren Tern peraturen. 

In Zuckeragar-Stichkulturen (1 Proz. Traubenzucker) zeigte 
sich oft schon nach 24 Stunden, besser und deutlicher nach 48 Stunden, 
manchmal auch erst sp&ter, Entwickelung entlang dem Impfstiche: ent- 
weder als zartes, graues, gleichraaBiges Band Oder aber in Form ein- 
zelner, mehr oder weniger dicht stehender Kolonieen. Nicht selten 
sah man auch das in den oberen Partieen des Impfstiches gleichmaBig 
bandformige Wachstum in einzelne nach unten an Grdfie zunehmende 
Kolonieen flbergehen. Die GrOBe der einzeln stehenden Kolonieen war 
verschieden und abhangig von der Dichte der Aussaat. Gut isolierte 
Kolonieen erreichten selten Stecknadelkopfgrdfie, fiir gewdhnlich waren 
sie kleiner. Ausnahmsweise sahen wir einige Male Kolonieen einen 
Dnrchmesser bis zu 3 mm erlangen. Solche gut isolierte Kolouieen 
stellten dann, dem Impfstiche entsprechend, flache, bikonvexe Scheiben 
dar mit leicht braunlichem, dichterem Kern und einem etwas helleren 
Hof, der haufig undeutlich dendritisch verastelt und unregelmaBig be* 
grenzt aussah. Manchmal hatte der Hof ein mehr wolkiges Aussehen. 

Aehnliche Kolonieen fanden sich auch in Zuckeragar-Schfittel* 
kulturen bei entsprechender Verdflnnung, sonst entstand in diesen 
Kulturen eine mehr oder minder starke wolkige Trtlbung. 

In den Zuckeragarkulturen erfolgte gewdhnlich sparliche 
Gasbildung, bei haufigem Ueberimpfen und in geeignetem Nahr- 
boden war diesel be auch manchmal reichlicher. Niemals jedoch war sie 
so stflrmisch, daB es zur ZerreiBung der Agarsaule kam. 

Kulturen in gewdhnlichemAgar (ohne Zusatz von Zucker) er- 
gaben dasselbe Bild wie Zuckeragarkulturen. 

In nicht flberschichteten Agar- oder Zuckeragarkulturen begann 
das Wachstum erst ca. 1,5—2 cm unterhalb der Oberflache. 

Oberfiachen wachstum (auf Zuckeragar bezw. Agar) war im 
allgemeinen schwer erhaitlich. Nur bei auBerst sorgfaltigem und raschem 
Arbeiten zeigten Strichkulturen auf Zuckeragarplatten unter Wasserstoff- 
atmosphare (siehe 1. Mitteilung) bei relativ reichlicher Aussaat ein 
haucbartiges Wachstum entlang den Strichen, welches sich mikroskopisch 


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]0 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVHI. Heft 1. 

bei schwacher und starker VergrOBerung als ein feingekdrnter, ver- 
schwommen aussehender, zarter Rasen repr&sentierte. 

PlattenguBkulturen in Zuckeragar unter Wasserstoffatmo- 
sph&re zeigten nach mehreren Tagen (bei 37°) ira allgemeinen kleine, 
doch verschieden groBe und verschieden geformte, lichtbr&unliche Kolo- 
nieen, unregelm&Big begrenzt. Schon bei LupenvergrOBerung konnte 
man erkennen, dafi die meisten der Kolonieen sicb aus einer Reihe 
kleinerer zusammensetzten, die nach aufien zu weniger dicht standen 
and grdBer wurden. Diese Konglomeratkolonieen sahen mikroskopiscb 
an der Peripherie oval oder rundlich aus, Parasiteneiern nicht un&hn- 
lich. Sie erscbienen dabei gekbrnt, wie glitzernd, licht gelblichbraun 
und meist scharf begrenzt. In den zentralen Partieen zeigten diese 
Konglomeratkolonieen ein brdckeliges Ausseben. 

Zusatz von 2 Proz. Robrzucker oder 2 Proz. Milchzucker 
zu Agar Snderte insofern die Wachstumsverhaltnisse, als bei Rohrzucker- 
zusatz die Entwickelung der Kulturen entschieden eine schw&chere war 
als bei Traubenzucker- oder Milchzuckerzusatz. Dagegen war in den 
Rohrzucker-Agarkulturen die Gasbildung mitunter reicblicher als in den 
Traubenzucker-Agarkulturen, w&hrend in den Milchzucker-Agarkulturen 
oft jegliche Gasbildung ausblieb. 

Zuckergelatinekulturen, mit Agar Oberschichtet und bei 
37® C gehalten, liefien spSrliches oder nur mSBig reichliches Wachstum 
erkennen in Form eines zarten, flockigen Niederschlages oder in Form 
zartester Flocken, die sich zun&chst schwebend erhielten und dann 
unter gleichzeitiger Kl&rung des N&hrbodens langsam zu Boden sanken. 

Dasselbe Wachstum zeigten auch Gelatinekulturen (ohne Zu¬ 
satz von Zucker). 

Gasbildung konnte in den Gelatine- und Zuckergelatinekulturen 
nicht immer beobachtet werden, sie erfolgte manchmal aber auch dann 
— allerdings nur sp&rlich — wenn die Ueberschichtung der Kulturen 
mit sogenanntem „Wasseragar“ (Agar in Wasser gelflst ohne weiteren 
Zusatz) gemacht worden war. 

Verflflssigung der Gelatine erfolgte nicht. Auch Kulturen, 
die bis zu 50 Tagen bei 37° gehalten wurden und dppiges Wachstum 
zeigten, erstarrten prompt, wenn sie in kaltes Wasser oder Eis ge- 
stellt wurden. Die Erstarrung der im Briitofen flflssig gewordenen 
Kulturen erfolgte allerdings nicht immer gleich rasch. Dieselbe Er- 
scheinung zeigten aber auch nicht geimpfte Gelatiner&hrchen, die zur 
Kontrolle gleich lange bei 37° gehalten wurden. Nur einmal blieb 
eine Zuckergelatinekultur, die — Oppig angegangen — langere Zeit 
(35 Tage) bei 37° gehalten wurde, flflssig. Diese Kultur reagierte 
schwach, aber deutlich sauer. Eine groBere Anzahl anderer Zucker¬ 
gelatinekulturen derselben Beobachtungsreihe, jedoch mit anderer Pro- 
venienz des NShrbodens, erstarrten rasch und prompt. 

In gewohnlicher Bouillon erfolgte nach 2—3 Tagen Trflbung, 
sp&ter Bildung eines feinflockigen Satzes, der sich bald zu Boden senkte, 
w&hrend sich gleichzeitig die Flflssigkeit vollig kl&rte. Sp&rliche Gas¬ 
bildung (bei Ueberschichtung mit „Wasseragar“). 

Traubenzucker-Bouillonkulturen zeigten im allgemeinen 
dieselben Verh&ltnisse, nur war das Wachstum etwas Qppiger. 

(Schlufi folgt) 


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Schwarz, Ueber einen neuen, fiir Kaltbluter pathogenen Mikroorganismus. \\ 


Nachdruck verboten. 

Ueber einen nenen, fiir Kaltbluter pathogenen Mikro¬ 
organismus (B. hypothermos). 

[Aus dem Institut fur allgemeine und experimentelle Pathologie der 
k. k. Universitat Innsbruck (Vorstand: Prof. Dr. M. LS w it).] 

Von Dr. Carl Schwarz, Assistenten am Institut. 

Vor einigen Monaten sind im hiesigen anatomischen Institute zwei 
Briickenechsen (Uatteria punctata) aus Neu-Seeland angelangt, von 
denen die eine einige Wochen nach ihrer Ankunft einging. Bei der 
Sektion fanden sich vor und hinter dem Brustbein AbsceBhohlen, die 
mit kSsigen, an verkaste Tuberkel erinnernde Massen erfallt waren. 
Diesen AbsceBinhalt hat Herr Prof. F. Hochstetter mir in freund- 
lichster Weise flberlassen, wofflr ihm auch an dieser Stelle mein Dank 
ausgesprochen sei. 

Die mikroskopische Untersuchung der kasigen Masse zeigte eine 
sehr groBe Menge von ungemein kleinen, oft zu zweien liegenden 
Stabchen, die sehr leicht in Reinkultur zu erhalten waren. 

Da sich diese in der Folge ausschlieBlich fur KaltblQtler pathogen 
erwiesen, so scheint es mir bei der geringen Kenntnis derartiger Mikro- 
organismen nicht fiberfliissig, ilber die Biologie dieses bisher noch un- 
bekannten Mikroorganismus etwas ausfuhrlicher zu berichten. 

Dieser Mikroorganismus ist ein kleines Stabchen von 1,0—1,4 p 
Lange, das im mikroskopischen Praparate vielfach zu zweien angeordnet, 
infolge seiner geringen Gr5Be oft den Eindruck eines Diplococcus 
hervorruft. In den verschiedenen Kulturmedien konnte niemals eine 
gruppen- oder fadenfQrmige Anordnung der Stabchen konstatiert werden. 
Es farbt sich leicht mit den gewfihnlichen Farbstoffen und wird nach 
der Gramschen Methods entfarbt. Frisch dem Tierkbrper entnommene 
Stabchen mit LSfflers Methylenblau gefarbt, lassen oft stark gefarbte 
Pole und einen fast ungefarbten Innenteil erkennen. Dieselben sind 
sehr lebhaft beweglich, und ihre nach der Peppierschen Methode dar- 
gestellten GeiBeln sehr lang und in groBer Zahl peritrich angeordnet. 
An den frisch dem Tierkdrper entnommenen Stabchen last sich auch 
mit den gewflhnlichen Methoden eine deutliche Kapsel zur Darstellung 
bringen. Eine Sporenbildung war dagegen selbst in mehrere Monate 
alten Kulturen nicht beobachtet worden. 

Das Wachstumsoptimum dieses Stabchens liegt bei 15—20° C; 
oberhalb dieser Temperatur nimmt sein Wachstum allmBhlich ab und 
erlischt bei 37 0 meist vollkommen. Ebenso bedingt auch eine Temperatur- 
erniedrigung(Eisschranktemperatur von 6—8° C) eine sehr eingeschrankte 
Entwickelung. Es gedeiht sowohl aSrob wie anaerob und zeigt unter 
anaSroben Bedingungen nur eine ganz geringe Wachstumsverminderung. 
Manche bemerkenswerte Erscheinungen, die hierbei auftreten, sollen 
spater erbrtert werden. 

Das Stabchen ist auf den gewdhnlichen Nahrboden, wie auch auf 
Serumnahrboden, leicht ziichtbar und zeigt auf beiden bereits nach 
24 Stunden ein sehr iippiges Wachstum. Eine etwas erhohte Alkalescenz 
des Nahrbodens scheint seine Wachstumsintensitat hierbei zu steigern. 
Fflr Gelatine besitzt es ein sehr bedeutendes Peptonisierungsvermogen, 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 1 . 


das unter anaeroben Bedingungen sehr stark herabgesetzt, oft sogar 
ganz aufgehoben ist, so daB nach wochenlanger anaerober Kultur die 
Menge der verfliissigten Gelatine eine ganz geringffigige ist. Im Gelatine- 
stich ist die Verflfissigungszone anfangs schalenformig, wird jedoch sehr 
rasch cylindrisch, so daB gewfihnlich bereits nach 24 Stunden eine 
mehrere Millimeter hohe Schicht des N&hrbodens in eine triibe, z&he 
Flfissigkeit umgewandelt ist. 

Auf der Gelatineplatte finden sich ca. 20 Stunden nach der Impfung 
makroskopisch kaum sichtbare, mikroskopisch rundliche, oft gelappt aus- 
sehende h&utchenartige oberflachliche Kolonieen, die in ihrem Innern oft 
eine feine Zeichnung erkennen lassen, so daft sie in ihrem Anfangsstadium 
entfernt an ebensolche Typhusbacillenkolonieen erinnern. Diese Kolonieen 
brfiunen sich allm&hlich im Zentrum, wobei zugleich die helle durch- 
scheinende Randzone sich auffasert, um sich allm&hlich in formlose triibe 
Massen aufzuldsen, die dann in der schalenfdrmigen Verflfissigungszone 
schwimmen. Die tiefen Kolonieen sind anfangs rundlich, gelblich oder 
gelblichbraun gef&rbt und glattrandig; sie fasern sich ebenfalls sehr bald 
auf und verwandeln sich hierbei sehr rasch in unregelmSBige triibe Massen. 

Die Agarstrichkultur zeigt bereits nach 24 Stunden ein sehr fippiges 
Wachstum in der Form eines grauweifien, ungemein feucht gl&nzenden, 
schleimigen Belages, der jenem von Kapselbacillen (B. pneumoniae 
Friedl&nder, B. lactis aerogenes) sehr ahnlich ist. Ebenso erinnert 
auch die Agarstichkultur mit ihrem nagelkopfartigen Oberflachenwachstum 
und seinem fadenformigen Wachstum im Stichkanal an die gleichen 
Kulturen derselben Kapselbacillen. 

Auf der Agarplatte zeigen sich bereits wenige Stunden nach ihrer 
Beschickung kleine, rundliche, hfiutchenartige, fein granulierte Kolonieen, 
die sich bald nagelkopfartig fiber die Oberflfiche des Agars erheben; im 
Zentrum braun gef&rbt, blassen sie gegen die Peripherie allm&hlich ab. 
Die tiefen Kolonieen sind rund oder wetzsteinfdrmig, glattrandig und 
gelblichbraun gef&rbt. 

Die Bouillonkultur wie die Peptonwasserkultur zeigt bereits wenige 
Stunden nach ihrer Impfung eine gleichmaBige Trfibung mit einem 
massigen und beim Schfitteln leicht gleichm&Big zu verteilenden Boden- 
satz; eine Kahmhaut wird niemals gebildet. 

Milch wird ganz konstant nach 48 Stunden zur Gerinnung gebracht, 
ohne dafi jedoch eine Sfiurebildung eintritt, so dafi wohl an die Bildung 
eines labenden Fermentes gedacht werden darf. 

Aeltere Kartoffelkulturen bieten vom 5.-6. Tage an ein bemerkens- 
wertes Aussehen. Wahrend in den ersten Tagen das Wachstum ganz 
nncharakteristisch ist in der Form eines gelblichweifien Hfiutchens, das 
sich allm&hlich zu einem sehr fippigen gelblichen Belag mit wallartigen 
R&ndern umwandelt, finden sich vom 5.-6. Tage mitten auf dem Belag 
einzelne kleine bl&schenartige Erhebungen, die langsam zu groBeren 
gashaltigen Blasen anwachsen und sp&ter vielfach platzen. Die Unter- 
suchung dieser ungemein kleinen Gasmengen war aus technischen 
Grfinden leider vollst&ndig undurchffihrbar. 

Auf erstarrtem Rinderserum findet unter rascher Verflflssigung des 
Serums ein fippiges Wachstum statt. 

Von den chemischen Leistungen dieses Mikroorganismus sei zun&chst 
auf die Bildung von Indol hingewiesen, das in Peptonwasserkultur vom 
3. Tage an mit zunehmender St&rke nachgewiesen wurde. Auch ein 
krfiftiges Reduktionsvermdgen konnte in den mit Methylenblau versetzten 


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Schwarz, Ueber einen neuen, fur Kaltblhter pathogenen Mikroorganismus. 13 


flflssigen and festen Nlhrboden festgestellt werden. Die Bildung von 
Schwefelwasserstoff bam niemals zur Beobachtung. 

Was die Zersetzung des Traubenzuckers anbelangt, so beginnt in 
Traubenzuckerbouillonknlturen gewbhnlich erst vom 2. Tage an eine 
schwache Gasbildung, die auch in den folgenden Tagen nur ganz maBig 
zunimmt Die Untersuchang des aus einer groBen Anzahl von Rdhrchen 
gesammelten Gases ergab zum grdBten Teile Kohlenslure (ca. 50 Proz.), 
dann KohlenwasserstofFe und eine kleine Menge Stickstoff. Wie die mit 
eiweiBfreien, jedoch stickstoffhaltigen NahrbSden angesteilten Versuche 
zeigten, stammt der bei der Gasanalyse gefundene Stickstoff weder von 
Nitriten noch von Nitraten, sondern darf wohl als ein Endprodokt beim 
Abbau der EiweiBkOrper angesehen werden. Mit Traubenzucker versetzte 
Agar- oder Gelatineschflttelkulturen zeigten unter anaeroben Verhait- 
nissen immer eine viel bedeutendere Gasbildung als unter aeroben. In 
Milchzuckerkulturen konnte niemals Gasbildung beobachtet werden. 

Die Untersuchung der Pathogenitat dieses Mikroorganismus er- 
streckte sich sowohl auf Warmblfiter, als auch auf Kaltbliiter. Von 
Warmblfltern kamen Eaninchen, Meerschweinchen, weiBe Mause und 
weiBe Ratten zur Untersuchung. Bei diesen konnten weder durch intra- 
peritoneale noch durch subkutane Infektion selbst mit groBen Bakterien- 
mengen (1 — 2 schrSge Agarkulturen) irgendwelche lokale oder allgemeine 
Krankheitserscheinungen hervorgerufen werden. Alle verhielten sich 
durchaus refraktSr. 

Hingegen haben sich alle von mir untersuchten Kaltbliiter mehr 
oder weniger empf&nglich fiir diesen Mikroorganismus erwiesen. Zur 
Untersuchung kamen Frosche (Rana esculenta und temporaria ), Tritonen 
(Triton alpestris ), Salamander ( Salamandra atra), Eidechsen (Lacerta 
agilis ) und Schildkrbten ( Testudo graeca). Alle diese Tiere erlagen nach 
kurzerer oder lingerer Zeit der Infektion und zwar ausnahmslos unter 
dem Bilde einer Septiklmie, ohne daB irgendwo, auch nicht an der 
Infektionsstelle, lokale Prozesse zur Beobachtung kamen. Vom Obduktions- 
befund sei nur die Anwesenheit einer kleinen Menge blutiger Flflssig- 
keit in der K5rperh0hle als konstant hervorgehoben. Das Infektions- 
material entstammte immer einer nicht mehr als 24 Stunden alten 
Agarkultur, die, in Kochsalzlosung aufgeschwemmt, zur subkutanen oder 
intraabdominalen Injektion diente. 

Tritonen, Salamander, Eidechsen und Schildkroten erwiesen sich fiir 
diesen Mikroorganismus sehr empffinglich, da dieselben nach subkutaner 
Infektion mit einer oder einer halben Oese (0,012 mg) fast regelmlBig 
nach 3—4 Tagen eingingen. Frdsche zeigten dagegen ein sehr ver- 
schiedenes Verhalten. Wahrend in den Monaten Mlrz und April slmt- 
liche Frosche nach subkutaner und intraabdominaler Infektion mit einer 
gewissen RegelmaBigkeit eingingen (bei einigen trat allerdings der Tod 
erst am 14. Tage ein), blieben dieselben in den Sommermonaten (Juni, 
Juli, August) selbst nach Infektion mit einer groBen Bakterienmenge 
vollstandig unversehrt. Da sich zu dieser Zeit jedoch dieser Mikro¬ 
organismus vdllig virulent den anderen Kaltblfitem gegeniiber erwies, 
kann diese Verschiedenheit nur in einer mit der Jahreszeit verlnderten 
Disposition der FrSsche gelegen sein, wie sie bereits Ernst 1 ) beobachtet 
und beschrieben hat. 

Da der beschriebene Mikroorganismus ein relativ niedriges Tem- 


1) Zieglers Beitrage. Bd. VIII. 1890. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


peraturoptimum (15—20° C) besitzt, so schien es nicht aussichtslos, 
einige Infektionsversuche in der Art anzustellen, daB man die infizierten 
Tiere durch mehrere Tage einer hoheren Temperatur als der normalen 
aussetzte und die Erfolge der Infektion abwartete. Derartige infizierte 
Warmfrfische, die 5—8 Tage im Thermostaten bei 25° C gehalten wurden, 
blieben vor jedweder Infektion bewahrt, w&hrend die Kontrollfrosche, 
die bei Zimmertemperatur aufbewahrt waren, der Infektion sicher nach 
wenigen Tagen erlagen. Selbst nach Infektion mit sehr grofien Dosen 
( l 2 / t — 1 Agarkultur), nach welcher die Kontrollfrfische schon wenige 
Stunden nach der Infektion gewohnlich eingingen, konnten an den Warm- 
froschen nicht die geringsten Krankheitserscheinungen beobachtet werden. 

Eine 3-tSgige Aufbewahrung der infizierten Frfische bei 25° C 
geniigte, urn sie dann bei Zimmertemperatur unversehrt am Leben zu 
erhalten. Derartige infizierte Frosche, die durch Aufbewahrung bei 
25° C vfillig intakt geblieben waren, zeigten jedoch keinerlei Erscheinungen 
von Immunit&t, sondern erlagen dann bei Zimmertemperatur selbst nach 
Impfung mit sehr kleinen Dosen regelmSBig der Infektion. Diese eben 
beschriebenen Versuche wurden ausschlieBlich an FrOschen und zwar 
an fur diese Infektion empf&nglichen Frfihjahrsfrfischen angestellt, die 
jedoch immer bereits mehrere Stunden vor der Infektion der erhohten 
Temperatur ausgesetzt gewesen waren. 

Ich hatte auch noch Gelegenheit, die zweite zur Zeit noch im ana- 
tomischen Institute lebend vorhandene Brfickenechse zu untersuchen, bei 
der sich in der Kloakengegend ein ziemlich groBer AbsceB gebildet hatte. 
In diesem konnte derselbe Mikroorganismus nachgewiesen werden. Der¬ 
artige chronische lokale Prozesse hervorzurufen, war bei den mir zur 
Verfflgung stehenden Tieren unmoglich. 

In selbst viele Monate alten Bouillonkulturen konnte eine Toxin- 
bildung nicht nachgewiesen werden. 

Von den in der Literatur beschriebenen ausschlieBlich ftir Kalt- 
blfiter 1 ) pathogenen Mikroorganismen zeigt keiner, soweit dieselben 
tiberhaupt ausfuhrlich beschrieben sind, eine Uebereinstimmung mit dem 
hier beschriebenen Mikroorganismus. Auchunter den inMatzuschitas*) 
„Bakteriologischer Diagnostic angefiihrten Mikroben war kein einziger 
mit dem hier beschriebenen zu identifizieren. Es bleibe vorlfiufig unent- 
schieden, ob der beschriebene Mikroorganismus tatsfichlich eine neue 
Species darstellt, da mir die diesbeztigliche Literatur fiber die ffir Kalt- 
blfiter pathogenen Mikroben nicht genfigend zugSnglich war. Insolange 
aber die Identitfit desselben mit einer bereits bekannten Art nicht fest- 
gestellt ist, glaube ich denselben mit einem gesonderten Namen als 
B. hypothermos belegen zu sollen, der nach seinem niedrigen Tem- 
peraturoptimum gewfihlt wurde. 


1) Matziischita, Bakteriolog. Diagnostik. 1902. — A. Weber, Zur Aetiologie 
der Krebspest.(Arb.a.d.k.Qeeundheitsamt. Bd.XV. 1899.) — Babes, V. u. Riegler, P., 
Ueber eineFiscnepidemie bei Bukarest. ^Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd.XXXIII. 1903. p. 438.) 

2) 1. c. 


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Do err, Ueber Spirillum pyogenes Mezincescu. 


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Nachdruck verboten . 

Ueber Spirillum pyogenes Mezincescu. 

[Aus dem bakteriologischen Laboratorinm des k. und k. Militar- 
sanit&tskoraitees in Wien (Vorstand: Oberstabsarzt Dr. L. Kamen).] 

Von Dr. R. Doerr, k. und k. Regimentsarzt. 

Mit 1 Tafel. 

In Bd. XXXV. Heft 2 dieses Centralbl. macht Mezincescu eine 
Mitteilung iiber ein Spirillum, welches er in Reinkultur im Eiter eines 
operierten Falles von Pyelitis calculosa fand. Deckglas-Ausstrichpr&parate 
enthielten zahlreiche rankenffirmige, dflnne und schlanke Gebilde, welche 
an beiden Enden zugespitzt waren und bei einer Lange von 3,6—8 p 
2—9 spiralffirmige Windungen aufwiesen. „Langere, 10—12 p habende 
Gebilde kommen seltener vor. — Neben diesen Formen, von welchen 
2—3 auf einem Gesichtsfelde sich befanden, erschienen auch noch mehrere 
intracelluiare Spirillen, jedoch haufig nur als fragmentare Formen, echte 
gekrflmmte Stfibchen, welche 1—2 Krfimmungen besitzen und dem Vi¬ 
brio cholerae auffallend gleichen.“ 

Diese Mikroorganismen waren schwer tingibel, nur mit verdflnntem 
Karbolfuchsin gut ffirbbar, Gram-negativ, auf den gewfihnlichen Nahr- 
bdden (Fleischwasserpepton, Ascitesflttssigkeit, Agar, Blutagar) nicht 
kultivierbar und fQr weide MSuse nicht pathogen. 

Mezincescu beansprucht ffir seinen Befund bei der Dfirftigkeit 
unserer Kenntnisse fiber pathogene Spirillen ein besonderes Interesse, 
um so mehr, da hier der erste Fall eines Eitererregers aus dieser Gruppe 
vorliege. Er bezeichnet diese neue Art nach ihrer Wirkung als Spiril¬ 
lum pyogenes. Der Umstand, dad die Beobachtung des genannten 
Autors bisher isoliert blieb und dad die Kultur des Spirillums nicht ge- 
lang, veranladt. mich, einen Fall von ausgedehnter eiteriger Entzflndung 
seroser Haute mitzuteilen, bei dem sich als einziger Mikroorganismus 
gleichfalls ein Spirillum nachweisen lied, das morphologisch dem von 
Mezincescu entdeckten so vfillig gleicht, dad fiber die Identitat beider 
kein Zweifel moglich ist. 

Ein Vergleich der Mikrophotograrame Mezincescus mit den mei- 
nigen wird diese Behauptung bestatigen. Es gelang mir, Kulturen dieser 
Mikroorganismen zu erzielen, wodurch eine genauere Bestimmung der- 
selben ffir die Folge ermQglicht ist; die Art des Wachstums und die 
Nfihrbfiden, auf welchen die Zflchtung gelang, widerlegen auch die Ver- 
mutung, die im negativen Ausfall der Eulturversuche Mezincescus 
und in seinen Bildem bei Romanowskyscher Ffirbung eine Stfitze 
findet, dad der von ihm gesehene Mikroorganismus etwa in die Gruppe 
der Trypanosomen einzureihen ist. 

Aus der Krankengeschichte seien blod folgende, ffir das Vorliegende 
wichtige Details erwfihnt: 

Patient ist 38 Jahre alt, litt aeit seiner Jugend haufig an Malaria, da er in Ma- 
lariagegenden in Siebenbiirgen lebte, acquirierte mit 27 Jahren Lues. Im Friihjahr 1901 
Ma gen beschwerden, 1902 Ikterus. Daraufhin unterzog er sich einer Karlsbader Kur, 
in aeren ersten Tagen sich ein heftiger, typischer Anfail von Gallensfceinkolik einstellte. 
Sfceine konnten im Stuhl trotz genauester Untersuchung weder nach dieser noch nach 
«iner zweiten heftigeren Attacke im November 1903 nadigewiesen werden. Schon 1902 
war «ne Vergrofierung der Leber in toto und aufierdem ein Tumor hepatis nachweis- 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


bar, der ale Gumma imponierte. Beide Veranderungen echwanden in kurzer Zeit unter 
antiluetiecher Behandlung. 

Ende 1903 Ikterus, VergroBerung der Leber und Milz, acholieclie Stiihle. Die 
Diagnose lautete: Chronischer Choledocnusverschlufi, Cirrhoeis luetica (?). 

Am 28. November 1903 Probelaparotomie. Bei dieser fand sich die Leber vergrflBert, 
griin gefarbt, ihre Oberflache ungleichmafiig und ziemlich fein granuliert und am vor- 
aeren Kande dee rechten Lappens stark narbig eingezogen (entsprechend dem Sitze dee 
oben erwahnten Gummas). Gallenblase adharent, Steme nicht fiiblbar. Die Lymph- 
knoten im Verlaufe der groBen Gallengange und an der Leberpforte geechwollen, derb. 
In der Porta hepatis oberhalb des Foramen Winslowi fand sich ein kleinapfelgroBer, 
derber Tumor. 

Diagnose: Hepatitis interetitialis luetica, Gumma hepatis. 

Die Operationswunde wurde geschloesen und der Verlauf war weiterhin normal 
und vollkommen afebril bis zum 21. Dezember 1903. Es stellte sich jetzt Seitenstechen 
im Bereiche der linken Thoraxhalfte, Dampfung, bronchiales In- und Exspirium 2 Quer- 
fingerbreit unterhalb des Angulus scapulae ein. Am 23. Dezember pleuritisches Reiben 
beiaerseits hinten unten, Hustenreiz, dyspnoische Atmung. 25. Dezember Herz- 
dampfung verbreitert, Herztbne sehr schwach (Diagnose: rleuritis bilateralis, Peri¬ 
carditis). 

Unter zunehmender Dyspnoe und nach wiederholten Kollapsanfallen erfolgte am 
31. Dezember der Exitus. 

Die Temperatur war am 23. Dezember auf 39,1 gestiegen und bestand von da an 
eine Continua mit abend lichen Steigerungen bis 39,6 und Morgenremissionen bis 38,B 
durch 5 Tage bis zum Eintritt der Kollapstemperaturen. 

Auszug aus dem Obduktionsprotokoll: 

Diagnose: Cirrhosis hepatis luetica. Gumma centrale lobi hepatis sinistri sub¬ 
sequent© cholangitide suppurativa. Tumor lienis chronicus. Pleuritis bilateralis et peri¬ 
carditis haemorrhagica. Icterus gravis. 

In beiden Pleurahohlen dunkelbrauner, roter, dickfliissiger, mit reichlichen Fibrin- 
flocken untermengter Eiter. Die Pleuren mit dicken, zottigen Fibrinauflagerungen be- 
deckt, erscheinen nach Abstreifen des stellenweise fester haftenden Belages blutreich 
und von Hamorrhagieen durchsetzt. Das Gewebe beider Lungen zeigt am Durch- 
schnitte in den Unterlappen konfluierende lobular-pneumonische Herde, ist sonst luft- 
haltig, blutreich und feucht. In den Bronchien Schaum und Schleim. Der Herzbeutel 
ist stark erweitert, enthalt ca. 300 ccm einer dunkelrotbraunen, dicklichen, mit Fibrin- 
flocken untermengten Fliissigkeit. Parietales und viscerates Blatt des Herzfelles mit 
Fibrinzotten bedeckt, erscheint nach Entfernung derselben injiziert und von Hamorrha¬ 
gieen durchsetzt. 

Die Leber ist vergroflert, derb, die Oberflache fein und ungleichmafiig granuliert, 
die Kapsel an mehreren Stellen weifilich verdickt und narbig eingezogen. fin linken 
Lappem ein nufigrofier, zentral verkaster, von Schwielengewebe umgrenzter Herd. In 
seiner Umgebung erscheinen die Gallengange erweitert und mit griin lich-gelbem Eiter 
erfiillt, der sich Dei Druck in Form von Tropfen entleert. Im iibrigen ist das Gewebe 
derb, blutreich, zeigt MuskatnuBzeichnung. 

Die bakteriologische Untersuchung des eiterigen Inhalts der Gallen- 
ggnge ergab in den Ausstrichen nur vereinzelte Gram-negative Stfib- 
chen, die sich durch das Kulturverfahren als Bacterium coli er- 
wiesen. Die pneumonischen Herde enthielten Strepto- und Pneumo- 
kokken. 

Dagegen zeigen Deckglas-Ausstrichprfiparate sowohl aus dem peri- 
cardialen wie pleuralen Eiter mit verdQnntem Karbolfuchsin (1 : 10) 
unter Erw&rmen gef&rbt, zahlreiche, 1 n lange und sehr dQnne, komma- 
forroig gekriimmte Stabchen, die haufig zu zweien derart aneinander 
gelagert sind, daB Sigmaformen von 2 /u L&nge entstehen. Etwas 
seltener, aber imraer noch reichlich, sind Spirillen mit 2—3 Schrauben- 
windungen vertreten, die wahrscheinlich aus 4—6 Individuen bestehen, 
deren gegenseitige Abgrenzung in den gef&rbten Praparaten jedoch nicht 
wahrnehmbar ist 

Alle diese Gebilde liegen zum Teil frei zwischen den Eiterzellen 
und roten Blutkorperchen, zum Teil sind sie von polynukleSren Leuko- 
cyten aufgenommen, ohne daB dabei eine Einbufie an ihrer F&rbbarkeit 


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Doerr, Ueber Spirillum pyogenes Mezincescu. 


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zu konstatieren wire. Die Zahl der in einer Eiterzelle eingeschlossenen 
Bakterien schwankt zwischen 1—12, wobei sowohl Komina- als Sigma- 
formen als auch (seltener) Spirillen intracellular auftreten und bisweilen 
in einer Zelle vereint sind. Andere Farbstoffe als verdflnntes Karbol- 
fuchsin nehmen diese Gebilde sebr scblecht auf: weder mit konzentrier- 
tem Karbolfucbsin noch mit verdflnnten alkoholischen Ldsungen von 
Methylenblau Oder Gentianaviolett Oder mit Loefflers Basischblau 
lassen sich befriedigende Resultate erzielen. Der Gramschen Farbung 
sind sie gleichfalls nicht zuganglich. 

Die ersten Kulturversuche mifilangen. Es wurden Ausstriche auf 
Agar- und Blutagarplatten angelegt und zwecks anafirober ZQchtung 
Stichkulturen in hochgeschichtetem Traubenzuckeragar. Als nach 24 
Stunden kein Wachstum zu bemerken war — das flbrigens auch bei 
langerem Aufenthalte im BrOtofen vollig ausblieb — injizierte ich eine 
grofiere Menge (2 ccm) des in steriler Eprouvette verwahrten Eiters 
einer weiBen Maus und zwar intraperitoneal. Icb nahm absichtlich eine 
grOBere Menge in der Hoffnung, daB selbst bei fehlender oder geringer 
Pathogenitat fflr diese Tierart doch eine Vermehrung in dem mitinji- 
zierten, den Vibrionen sicher zusagenden Nahrsubstrat eintreten konnte. 
Diese Voraussetzung wurde bestatigt. Nach 48 Stunden ging das Tier 
ein und in dem sparlichen Peritonealsafte fanden sich so auBerordent- 
lich zahlreiche Spirillen, daB zur Herstellung von Deckglaspraparaten 
eine Verdtlnnung des Exsudates erforderlich war. Die Mikroorganismen 
waren nach Form und tinktoriellem Verhalten mit den injizierten voll- 
kommen identisch, nur Qberwogen die Sigma- und Spirillenformen, 
welch letztere eine oft ziemlich bedeutende Lange (bis 20 ju) aufweisen. 
Auch zeigen sich in den langeren Gebilden intensiver gefarbte, fast 
schwarzrote, leicht verdickte Stellen, die an Ausdehnung ca. einer halben 
Schraubenwindung entsprechen. Die krankhaften Veranderungen bei der 
eingegangenen Maus beschrankten sich auf das Vorhandensein eines 
klebrigen, fadenziehenden, sparliche Leukocyten enthaltenden Exsudates 
in der PeritonealhOhle, das wohl infolge des aus dem hamorrhagischen 
Eiter resorbierten Blutfarbstoffes gelblich gefarbt war und auf eine ge- 
ringe Schwellung der Milz, deren Parenchym ebenfalls zahlreiche Vi¬ 
brionen enthielt Das Herzblut war steril. 

Es wurden nun neuerlich Kulturversuche mit dem Peritonealexsudat 
gemacht und zwar Ausstriche auf Agar, auf Kaninchenblutagar, Stich¬ 
kulturen in Traubenzucker und Einsaaten in Bouillon und Ascites- 
bouillon. Agar- und Blutagarkulturen sowie die Stiche in Traubenzucker 
blieben dauernd steril. In den Bouillonrbhrchen dagegen zeigte sich, 
und zwar erst nach 48 Stunden, eine leichte, beim Schiitteln der Eprou¬ 
vette deutlicher hervortretende, seidenartig gianzende Trflbung, die in 
den folgenden Tagen zunahm. Nach einer Woche war am Boden des 
ROhrchens ein grauweiBliches Sediment sichtbar, das an Menge weiter- 
hin zunahm bei fortbestehender, gleichmafiiger Triibung der FlQssigkeit; 
an den W&nden der Eprouvette bildete sich im Flflssigkeitsniveau ein 
grauweiBer, schmaler, dem Glase anhaftender Ring, von dem sich ein- 
zelne Teilchen ablSsten, urn als grdbere Brocket zu Boden zu sinken. 
Aehnlich verhielten sich die Kulturen in Ascitesbouillon und sp&ter an- 
gelegte in Traubenzuckerbouillon. Weitere Ueberimpfungen auf Bouillon 
gelangen stets, nur dauerte es, wenn man wenig Material in den neuen 
N&hrboden eins&te, bisweilen 3 X 24 Stunden bis zum Auftreten eines 
makroskopisch sichtbaren Wachstums. 

Ento Abt. On*. Bd. XXXV1I1. Heft 1. 2 


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18 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1. 

Impft man in ein G&rungskblbchen, so erfolgt im anaeroben 
Schenkel kein Wachstum, die TrObung der Bouillon hdrt am Beginne 
des aufsteigenden Schenkels mit einer scharfen Linie auf. Gas wird in 
Traubenzuckerbouillon nicht gebildet. Bei Zimmertemperatur (22° C) 
erfolgt keine Entwickelung. 

Pepton-KochsalzlQsung, Milch, Kartoffeln, Glycerinagar, Trauben- 
zuckeragar bleiben steril, desgleichen Gelatine. 

Impft man von einer Bouillonkultur auf Serumagar (menschliches 
Serum, Ascitesflflssigkeit etc.), so bilden sich nach 48 Stunden bei 37 0 C 
kleinste, kreisrunde, scharf begrenzte, homogene, unter dem Mikroskop 
wasserhelle, von Induenzakolonieen auf Pfeifferschem Blutagar nur 
durch ihre geringere Transparenz bei Lupenbetrachtung unterscheidbare 
Kolonieen, die jedoch, besonders an Stellen, wo sie mehr isoliert stehen, 
in den nfichsten Tagen an Grdfie zunehmen. Gleichzeitig gewinnen 
auch die ursprQnglich farblosen Oder hdchstens leicht gelblichen An- 
siedelungen einen gelbbraunen Farbenton, erscheinen fein granuliert und 
im Zentrum der scheibenfdrmigen, noch immer scharfrandigen, kreis- 
runden Kolonie entstehen grobere Brbckel, ahnlich wie bei Gonokokken 
Kulturen auf demselben Nahrboden. 

Die Haltbarkeit der Bouillonkulturen ist eine ziemlich betrachtliche; 
noch nach einem Monate gelangen Ueberimpfungen und hielt sich der 
Stamm bis in die 15. Generation. 

Auf schragem Serumagar dagegen Oder auf Ascitesagar ist schon 
die 2. Generation sehr kiimmerlich, die 3. Uebertragung bleibt in der 
Regel steril. Nur von Bouillonkulturen aus konnten immer wieder neue 
Kulturen auf Serumagar erzielt werden, deren Lebensdauer nur 2 bis 
3 Tage betrug und deren Ueberimpfbarkeit in der geschilderten Weise 
beschrankt blieb. 

Mit diesem differenten Verhalten auf Serumagar einerseits und in 
Bouillon andererseits stimmt auch das morphologische und tinktorielle 
Verhalten der auf diesen Nahrboden gewachsenen Spirillen. 

Aus Bouillon erhalt man vom 2. Tage ab reichliche Komraa- und 
Sigmaformen, die mit verdtinntem Karbolfuchsin gut farbbar erscheinen. 
Mit zunehmendem Alter der Kultur werden die Formen immer linger, 
es treten immer zahlreichere Spirillen auf. In 3 Wochen alten Rbhr- 
chen erscheint besonders das Sediment und der weiBliche Belag an der 
Eprouvettenwand im Flflssigkeitsniveau aus sehr langen, zahlreiche 
Schraubenwindungen aufweisenden Spirillen zusammengesetzt, w&hrend 
die ursprQnglich dominierenden, kurzen Gebilde in den Hintergrund ge- 
treten sind. 

Auf Serumagar dagegen sind die Formen dem atrophischen, hin- 
failigen Charakter der Kulturen entsprechend schmal, mehr gestreckt, 
mit Karbolfuchsin nur schwach farbbar, fast schattenartig. Es treten in 
ihnen runde, bei dieser Farbung schwarzrote Polkorner auf, und zwar in 
den kflrzeren Gebilden 2 endstandige KQrner; in den l&ngeren Spirillen 
erscheinen sie in gleichmaBigen Abstfinden ttber den ganzen Faden ver- 
teilt. Mit altem alkalischen Methylenblau sind diese Korner durch ihre 
metachromatisch-rotliche Nflance in den hellblau angedeuteten Bakterien- 
leibern sehr deutlich darstellbar. 

Der beschriebene Mikroorganismus ist vollkommen unbeweglich. 
Schon in aus dem Ausgangsmateriale angelegten h&ngenden Tropfen 
(mit Eiter geimpfte Bouillon-, Serumbouillon-, Zuckerbouillontropfen) 
zeigte sich nur eine zitternde, nicht besonders lebhafte Molekular- 


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CetUralbl. f. Baht. Abt. /. Ortg. Bd. XXX VIII. Doerr , Spirillum pyogenc ° Metincescu. 



i 



Fig. 3. 


Fig. 1. Ausstrichprftparat aua peri- 
kardialem Eiter. Vergr. 1200. 

Fig. 2. Ausstrichpriiparat aus dem 
Peritonealexsudat, der weiBen, Maus. 
Vergr. 1200. 

Fig. 3. Viertiigige Boililionkultur. 
Vergr. 1200. 





Yerlag von Gustav Fischer in Jena. 


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StrOszner, Typhusbacillen in dem Wasser eines Hausbrunnens. 


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beweguog der kurzen Gebilde, wahrend die langeren und schwereren 
Spirillen in vollkommener Euhe verharrten. Ebensowenig war selbst in 
fippig gewachsenen Bouillonkulturen Beweglicbkeit zu beobachten, selbst 
bei Zubilfenahme der Brflttemperatur. Auch miBlang vollig die Dar- 
stellung von GeiBeln. 

Fiir die Qblichen Laboratoriumstiere scheint dieser Vibrio nicht 
pathogen zu sein. Die eine scheinbare Ausnabme der mit einer grOBeren 
Eiterraenge geirapften Maus ist wohl so aufzufassen, daB das Tier in- 
folge der Resorption toxischer Substanzen aus dem Eiter verendete. 
Denn es gelang nicht, weder mit dem Peritonealsaft dieser Maus, der 
doch so kolossale Mengen des Bakteriums enthielt, noch mit grdfieren 
Quantit&ten Bouillonkulturen andere weiBe MSuse intraperitoneal zu in- 
fizieren. Ebenso blieben subkutane und intraperitoneale Injektionen bei 
Kaninchen und Meerschweinchen erfolglos. Nur ein junges Meerschwein- 
chen (120 g) ging ein, zeigte aber eine C o 1 i-Peritonitis (offenbar durch 
Verletzung des Darmes bei der Injektion zu stande gekommen); im 
Exsudat fanden sich jedoch auch vereinzelte, zu sehr bedeutender 
LSnge herangewachsene Spirillen mit schdn ausgeprBgten Windungen. 

Trotz dieser feblenden Tierpathogenitat stehe ich nicht an, das Spi¬ 
rillum als Erreger, der eiterigen Pleuropericarditis zu bezeichnen. Es 
fand sich als einziger Mikroorganismus bei dem akut verlaufenen ProzeB; 
bei mehr chronischem Verlauf hatte man an ein Zugrundegehen der 
ursprQnglichen Erreger und eine nachtragliche Ansiedelung saprophyti- 
scher Keime denken kdnnen. Dem wBrde allerdings auch das kulturelle 
Verhalten des Spirillums widersprechen, dessen Ansprflche an den Nahr- 
boden und Wachstumsoptimum bei 37 0 C vielmehr auf einen echt para- 
sitischen Keim hindeuten. 

Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Oberstabsarzt Dr. Kamen, 
bin ich fflr die Ueberlassung des Materiales und die Herstellung der 
Mikrophotogramme zu warmstem Danke verpflichtet. 


Nachdruck verboten . 

Typhusbacillen in dem Wasser eines Hausbrunnens. 

[Aus dem bakteriologischen Institut der Haupt- und Residenzstadt 
Budapest. Leiter: Doz. Dr. B. V a s.] 

Von Dr. Edmund Strdszner, I. Assistenzarzt. 

Wie die bisherigen Erfahrungen und Publikationen zeigten, ist 
der einwandsfreie Nachweis des Typhusbacillus im Wasser nur in 
wenigen Fallen gelungen, denn die zahlreichen vor dem Bekanntwerden 
der Agglutination und der Pfeifferschen Reaktion publizierten dies- 
bezOglichen positiven Befunde mflssen wir nach dem heutigen Stande 
der Diagnose des Typhusbacillus mit der grbfiten Skepsis entgegennehmen. 
LQsener 1 ) ztlchtete 1895 aus dem Berliner Lei tun gs wasser einen Mikro¬ 
organismus, der alle die damals bekannten Charakteristika des Typhus¬ 
bacillus besaB und nachtraglich mittelst der Pfeifferschen Reaktion 
als solcher bestatigt wurde. LSsener war also der erste, der im Wasser 
den Typhusbacillus, jeden Zweifel ausschlieBend, nachgewiesen hat. 


1) Arbeiten aus dem kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XI. 1895. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


E. H. Han kin 1 ) publizierte dann 1899 den Befund von typischen 
Typhusbacillen im Wasser, die die Immunitfitsreaktion gaben. 

In demselben Jahre erschien die Arbeit von Kabler und F. Neu- 
feld 2 3 ), die in einem Brunnen „das Vorhandensein von Typhuskeimen* 4 5 
nachwiesen. Der infizierte Brunnen war hier die Ursache einer Typhus- 
epidemie in einem Gehdfte. 

1901 gelang es B. Fischer und G. Flatau 8 ), aus einem Brunnen 
bei Rellingen in Schleswig-Holstein Bacillen zu zUchten, „die alien An- 
forderungen entsprachen, die man in diagnostischer Hinsicht an den 
Typhusbacillus zu stellen pflegt tt . 

Die neuesten positiven Befunde stain men von Tavel 4 ), der aus dem 
Wasserleitungswasser zu Olten, ferner von H. Bonhoff 6 ), der aus einem 
Brunnenwasser des Dorfes Calderu bei Marburg Typhusbacillen zOchtete, 
und endlich von Jaksch und Rau 6 ), die in drei Proben des Prager 
Leitungswassers virulente Typhusbacillen nachwiesen. 

Bei uns war Genersich 7 ) der erste, der anl&Blich der Typhus- 
epidemie in P£cs aus dem Leitungswasser Bakterien zOchtete, die alle 
kulturellen Eigenschaften des Typhusbacillus hatten und von dem 
Blute Typhuskranker und immunisierter Meerschweinchen agglutiniert 
wurden. 

Vor kurzem (Febr. 1904) publizierte D. Konradi (Centralblatt f. 
Bakt. etc. Bd. XXXV. 1904. No. 5) den Befund von Typhusbacillen im 
Brunnenwasser aus einer Fabrikniederlage in Nagyszeben. Sowohl 
morphologisch und biologisch als auch durch den positiven Ausfall 
der Gruber-Widalschen und Pfeifferschen Reaktion ist von ihm 
der sichere Beweis far die Authentizitat der Bacillen erbracht worden. 

AuBer diesen mir im Original zur VerfOgung stehenden Publika- 
tionen fand ich noch in einem kurzen Referat des Centralbl. f. Bakt. etc. 
(1900) die Angabe, daB M. Han riot (Annales d’hyg. publique et de 
med. legale, No. 5) im Wasser der Vanne Typhus err eger nachgewiesen 
hat; wenn Chantemesse in dem Pariser Leitungs wasser mit Regel- 
mBBigkeit Typhusbacillen nachweisen konnte, so ist dem, sagt Neufeld 8 ), 
mit einigem Zweifel zu begegnen. Noch finde ich bei Gartner 9 ) die 
Notiz, daB es Mi quel (1899) gelang, aus dem Reservoir von Montrouge 
Typhusbacillen zu zOchten, ferner wurden im Val de Grice (1899) aus 
Wasserproben zweier mit Vannewasser versorgten Easernen Typhus¬ 
bacillen gezOchtet. 

Wenn auch diese meine Angaben vielleicht nicht ganz Ansprucb 
auf Vollkommenheit haben, so kdnnen wir doch annehmen, daB der von 
jedem Einwand freie Nachweis des Typhusbacillus im Trinkwasser in 
verhBltnismBBig sehr wenigen Fallen gelang. 

Mit dem Studium des Nachweises des Typhusbacillus im Wasser 
beschaftigt, bot sich mir vor kurzem Gelegenheit, das Wasser eines 
Brunnens zu untersuchen, das zufolge der sich darbietenden VerhSltnisse, 


1) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXVI. 1899. p. 554. 

2) Zeitschrift f. Hyg. u. Jnfektionsfcrankheiten. Bd. XXXI. 1899. 

3) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXIX. No. 8. 

4) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXIII. Orig. p. 166. 

5) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXIII. Orig. 1903. p. 461. 

6) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXVI. 1904. No. 4. Juli. 

7) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXVII. 1900. p. 246. 

8) Handbuch der path. Mikroorganismen. Kolle und Wassermann. Bd. II. 

9) Quellen in Beziehung zum Grundwaseer und Typhus. 


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StrOszner, Typhusbacillen in dem Wasser eines Hausbrunnens. 


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die weiter unten n&her beschrieben sind, den Verdacht erweckte, daB 
es mit Typhusbacillen intiziert sei. 

Die Verhaitnisse waren kurz folgende: 

In einem Hause der der Hauptstadt benacbbarten Stadt Vdcz 
(Waitzen) erkrankten — ohne daB irgendwo sonst in der Stadt 
wfihrend der ganzen Zeit auch nur ein einziger Typhus- 
fall vorgekommen wfire — im Laufe von ungeffihr 5 Wochen 
s&ratliche Angehorige der daselbst wohnenden Familie P r. mit Ausnahme 
der Mutter der Kinder. Zuerst erkrankte — wie der behandelnde Arzt 
Dr. Vadas mir mitzuteilen die Gfite hatte — anfangs April die Toch- 
ter 1 ), dann Mitte April der jflngere Sohn und in den ersten Tagen des 
Monates Mai der aitere. 

Die Familie trank Wasser einzig und allein aus dem Hausbrunnen, 
der in einem gedilngten Garten liegt. Er ist ein gewdhnlicher Kessel- 
brunnen, der, wie ich beim Lokalaugenschein konstatieren konnte, keine 
wasserdielite Wandung hatte und dessen „bedeckende u Steinplatte 
ein gar seltsames Aussehen besaB. Erstens deckte der Stein nicht 
fiberall den Brunnen an dem Rande zu, indem sich zahlreiche Lflcken 
fanden, durch die Verunreinigungen von der Erdoberflache ohne weiters 
in den Brunnen gelangen konnten, zweitens zeigte die Steinplatte selbst 
m§chtige, bis auf 10—12 cm klaffende Risse, also bequeme Eingangspforten 
fflr Staub, Schmutz und sonstige Noxen. 

Der Brunnen selbst lieferte nur wenig Wasser und iiberstieg die 
Hdhe der Wassersaule im Brunnen nie 25 cm. War also dieser un- 
hygienisebe Zustand des Brunnens an sich schon geeignet, den Verdacht 
zu erregen, daB von oben und seitwarts infiziertes Material hineingelangen 
kann (und sicherlich auch gelangte), so bestarkte mich in dieser Ansicht 
noch der Umstand, daB das Nachtgeschirr der Kranken — wie ich glaube 
mit Ausnahme des Dritterkrankten — beim Brunnen ausgespfilt 
und das Spulwasser in die Umgebung des Brunnens ge- 
schuttet wurde. DaB hiebei eine direkte Einimpfung von Typhus¬ 
bacillen in das Brunnen wasser bei obigen Verhaitnissen moglich ist, 
steht auBer Zweifel. Kann doch z. B. der Urin von Typhuskranken und 
Typhusrekonvaleszenten nach Petruschky noch langere Zeit hindurch 
Typhusbacillen beherbergen. 

Des weiteren befand sich in der Nahe des Brunnens die Mistgrube 
und gleich daneben der Abort, resp. eine gewflhnliche offene Senkgrube, 
die ebenfalls nicht wasserdicht gebaut ist, so daB von hier der 
Grubeninhalt in den benachbarten Boden resp. in den tiefer gelegenen 
Brunnen gelangen kann. Unter solchen Umst&nden lag es auf der 
Hand, die Ursache der Typhuserkrankungen in diesem Brunnenwasser 
zu suchen. DaB unsere Annahme eine richtige war, hat die Unter- 
suchung des Wassers fiber jeden Zweifel klar und deutlich gezeigt 

Schon bei Entnahme einer Wasserprobe, die erst anfangs Juni ge- 
schah, zeigte sich das Wasser trttb. Die chemische Untersuchung, die 
Herr Dr. Ernyei vom hauptstfidtischen chemischen Institute auf meine 
Bitte durchffihrte, woffir ich ihm an dieser Stelle herzlichst danke, ergab 
folgendes Resultat: „Feste Bestandteile 1354,0 mg pro Liter, Chlor 
90,2 mg pro Liter (!!), Sauerstoff zur Oxydation der organischen Stoffe 
2,4 mg, Salpetersfiure 193,6 mg pro Liter, salpetrige Sfiure in Spuren 
und endlich Ammoniak 0,2 mg. 


1) Bei ihr traten meningitische Symptome auf. Exit. let. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Gutachten: Es handelt sich um ein Wasser, das mit F&ulnisprodukten 
infiziert ist.“ 

DaB aber dieses Wasser ein direkt infektidses ist, wurde durch die 
bakteriologische Untersuchung -bewiesen. Da in mir nfimlich scbon von 
Anfang an der Verdacht erweckt wurde, daB das Wasser mit typhfts in- 
fiziertem Material verunreinigt ist, ging ich sofort daran, nach dieser 
Richtdng hin meine Untersucbungen anzustellen. Die von Hoffmann 
und Ficker 1 ) erst vor kurzem verdffentlichte neue Methode des Nach- 
weises der Typhusbacillen im Wasser kam mir geradezu gelegen, im 
vorliegenden Falle sie anzuwenden. 

Sie besteht in Kiirze in folgendem: Man unfit 900 ccm von dem 
zu untersuchenden Wasser in einem Kolben ab, dann gibt man eine 
Losung von 10 g Nutrose in 80 ccm Aq. dest. steril. zu einer frisch be- 
reiteten, auf 55—60° C abgekiihlten Losung von 5 g Koffein in 20 ccm 
Aq. dest steril. Die Mischung dieser beiden LQsungen setzt man als- 
dann zur Wassermenge zu und gibt langsam 10 ccm einer soeben frisch 
bereiteten Ldsung von 0,1 g Kristallviolett Hochst auf 100 ccm destill. 
Wasser hinein. Der Kolben kommt dann auf 12—13 Stnnden in den 
Brutschrank (37° C). 

Das Wesen dieser Methode besteht eben darin, daB Koffein und 
Kristallviolett unter diesen Bedingungen die Wasserkeime in ihrer Ent- 
wickelung zurtickhalten, wfihrend Typhusbacillen sich in dieser Lftsung 
vermehren (siehe das Original). 

Genau nach diesen Vorschriften behandelte ich nun das obige 
Brunnen wasser. 

Nach 12 Stunden beschickte ich mit dem nach obiger Methode be- 
handelten Wasser mehrere Schalen von Drigalski - Conradischem 
(Milchzucker-, Nutrose-, Lackmus-, Kristallviolett) Agar, auf dem sich 
nach 24 Stunden reichliche Kulturentwickelung zeigte. 

Die mit absoluter Sicherheit nach ihrem Aussehen nicht als typhus- 
verd&chtig zu bezeichnenden Kolonieen wurden vorl&ufig des weiteren 
nicht beachtet, sondern nur jene, die eine blaue Farbe, ein glasiges und 
tautropfen&hnliches Aussehen hatten. wurden weiter untersucht und ab- 
geimpft. Dieselben zeigten, in Bouillon geimpft, in der sie eine gleich- 
m&Bige starke FSrbung hervorrufen, lebhafte Bewegung, verflflssigten 
Gelatine nicht; in Peptonwasser und Bouillon trat keine Indolbildung 
auf, in Traubenzuckerbouillon keine Gasbildung, der Rothsche Neu- 
tralrotagar zeigte keine Verfinderung, Milch wurde selbst nach mehr- 
t&giger Beobachtung nicht koaguliert, in Petruschkyscher Lackmus- 
molke bildete sich nicht mehr als 0,2 Proz. 1 / 10 Normalsfiure. 

Auch den neuestens von Endo 2 3 * * * * ) empfohlenen elektiven Milchzucker-, 
Fuchsin-, Natriumsulfit-Agar zog ich in den Bereich der Reaktionen; es 
wuchsen auf ihm nach Impfung der typhusverdachtigen Kolonieen die 
charakteristischen runden, farblosen, glasig aussehenden,. den Agar nicht 
entf&rbenden Kolonien 8 ). 


1) Hygienische Rundschau. Bd. XIV. No. 1. Archiv f. Hyg. Bd. XLIX. Heft 3. 

2) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXV. 1903. No. 1. 

3) Guido A. Ruata (Centralblatt f. Bakt. Bd. XXXVI. No. 4) schreibt wohl 

dem Endoschen Verfahren vom Gesichtspunkte der Differentialdiagnose nur einen 

sehr relativen Wert zu, wahrend es Clauditz (Hyg. Rundschau. Bd. XIV. 1904. 

No. 15) bei dem Anreicherungsverfahren mit Koffein nach Hoffmann und Ficker 

besonders empfiehlt. Uns hat der „Endo“ hier treffliche Dienste geleistet. Vereint 

mit Drigalski-Conradi halten auch wir ihn fur Behr wertvoll. 


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StrOszner, Typhusbacillen in dem Wasser ernes Hausbrunnens. 


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Bemerken mflssen wir, daB wir zum Vergleich all dieser kulturellen 
Reaktionen dieselben parallel mit typischen Typhusbacillen und Bact. 
coli commune anstellten. 

Was die F&rbbarkeit der aus dem Wasser gezflchteten Bacillen be- 
trifft, so liefien sie sich nacb Gram nicht f&rben. 

Es fehlte uns aber noch das Agglutinationsph&nomen und der 
Pfeiffersche Versucb, um die Bacillen als Typhusbacillen ansprechen 
zu kdnnen. 

Ich immunisierte zu diesem Zwecke Kaninchen mit Typhusbacillen 
(20 Minuten auf 56° C erw&rmt) und zwar, gestfltzt auf die Arbeit von 
Bruns und Kayser (Zeitschrift f. Hyg. No. 43) derart, daB ich ein 
„mittelstarkes Immunserum* (Aggl. M. 1:5000) erhielt, daB nach Bruns 
und Kayser zur raschen Bestimmung von Bakterien am geeignetsten 
ist, da hochwertige Immunsera nicht nur die Bakterien 
agglutinieren, mit welchen die Immunisierung vorge- 
nommen wurde, sondern auch die diesen nahestehenden 
Bakterien. 

Das Serum dieses Kaninchens agglutinierte die aus dem Wasser 
gezflchteten Bacillen in einem Verb&ltnis bis zu 1:4000, ebenso wie den 
in unserem Laboratorium gezflchteten Typhusstamm. 

Als Gegenprobe hiezu immunisierte ich nun, wie dies auch Jaksch 
tat, mit den aus dem Wasser gezflchteten Bacillen ein Kaninchen, 
und zwar injizierte ich subkutan je dreimal eine Agarkultur, 20 Minuten 
lang auf 56° C erwSrmt, in Bouillon aufgeschwemmt; dann nnter- 
suchte ich, wie dieses Serum gegenflber authentischen Typhusst&mmen 
sich verhielt. Es zeigte sich, daB es Typhusbacillen (Kr£l) selbst noch 
bei 1:3500 agglutiniert. Die Kontrollprobe mit Coli (Krdl) blieb negativ. 

Von der Agglutinationsprobe mit dem Blute von Typhuspatienten 
sah ich ab, da, wie dies F. Neufeld im Handbuch der pathogenen 
Mikroorganismen von Wassermann und Kolle ausfflbrt, das Blut 
von Typhuspatienten nicht selten auch gegenflber gewissen Arten von 
Bact. coli eine erhebliche Agglutinationswirkung besitzt, so daB 
eine derartig angestellte Probe, gleichviel welche Verdflnnung 
zur Anwendung kommt, niemals als einwandfrei anzu- 
sehen ist 1 ). 

Zum Schlusse stellte ich nun den Pfeifferschen Versuch an. 

Zu diesem Zwecke verwendete ich 20 mg spezifisches Immunserum 
und injizierte es vereint mit einer Oese der aus dem Wasser gezflch' 
teten Bacillen (12-stflndige Kultur), aufgeschwemmt in 1 ccm Bouillon, 
intraperitoneal einem Meerschweinchen. Mittelst Glaskapillaren ent' 
nahm ich nun Proben und es zeigten sich nach 25— 30 Minuten die 
Bacillen unbeweglich, „aufgel8st u in Kflrnchen verwandelt. Im Kontroll- 
tiere sind noch nach 1V 2 Stunden zahlreiche bewegliche Bacillen zu 
linden. Dieses Tier ging nach 32 Stunden zu Grunde, obiges blieb 
am Leben. 

Nach all dem Vorgebrachten unterliegt es also gar keinem Zweifel, daB 
die aus dem Wasser gezflchteten Bacillen wirkliche Typhusbacillen sind. 

Auf welchem Wege die Infektion des Brunnens geschah, dflrfte nicht 
schwer sein zu erkl&ren. Die Nflhe der Mistgrube, des Abtrittes, das 
Ausspfllen der Nachtgeschirre am Brunnen, all das sind Um- 
stande, die hierbei in Betracht kommen. Ich glaube, daB eine fort' 


1) Auch R. Paltauf und 0. Lentz sind dieser Ansicht. 


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24 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

w&hrende stetige Infektion des Brunnens x ) im Laufe der KrankheitsfSlle 
stattgefunden hat und zwar dttrfte sie mit dera Ham (gerade so wie in 
dem Falle von KAbler und Neufeld, und Konradi) zustande ge- 
koramen sein. 

Ob daneben nicht auch eine Infektion durch Hineinsickern infizierten 
Materials von seite des Abtrittes, der Mistgrube etc. in den Brunnen 
gescbah, dessen W&nde ja absolut nicht den Anforderungen eines hygie- 
nisch gebauten Brunnens entsprachen, ist nicht ganz von der Hand zu 
weisen, umsoweniger, als auch Bact. coli nachgewiesen werden konnte. 
Bei dem enorinen Reichtum des Wassers an Typhusbacillen mSchte ich 
eher einer Infektion durch den Ur in das Wort reden. 

Auf welche Weise nun der Ersterkrankte Typhus acquirierte, konnte 
ich trotz eingehender Suche danach nicht eruieren. Sicherlich ist es ein 
Gliick fur die Stadt gewesen, dafi einzig und allein die Bewohner des 
Hauses das Wasser des Brunnens tranken und nicht auch die Nachbars- 
leute den Brunnen benutzten; sicherlich w&re diese kleine Hausepidemie 
nicht beschr&nkt geblieben, sondern hatte ein explosionsartiges Auftreten 
des Typhus zur Folge gehabt. 

Als Tatsache mochte ich noch konstatieren, dafi die Untersuchung 
des Brunnenwassers ungefahr 4—5 Wochen nach der letzten Erkrankung 
geschah, und aus dieser Zeit der positive Befund stammt Die Ent- 
leerungen der Kranken wurden augeblich nur aniafilich der letzten 
(dritten) Typhuserkrankung in einer separaten Grube mit Kalk- 
milch desinfiziert. 


Nachdruck verboten. 

Zur diarakterisierung der Hogcholeragruppe. 

[Aus dem kgl. Institute far experimentelle Therapie zu Frankfurt a. M. 

(Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. P. Ehrlich).] 

Von Dr. Henry Smidt, Assistenten der bakteriologischen Abteilung. 

Aus der grofieu Gruppe der c o 1 i ahnlichen Bakterien ist im Laufe 
der Zeit eine Reihe von Arten abgetrennt worden, die zum Teil erheb- 
liche Bedeutung far die menschliche Pathologic beanspruchen, so vor 
allem der Shiga-Krusesche Dysenteriebacillus, ferner der Schweine- 
pestbacillus (Salmon, Th. Smith), der Bacillus enteritidis 
(Gaertner) und die diesem nahestehenden anderen bei der gastro-in- 
testinalen Form der Fleischvergiftung gefundenen Bakterien, der Loeff- 
lersche M&usetyphusbacillus und die Schottmailerscben Paratyphus- 
bacillen. Die intimen verwandtschaftlichen Beziehungen, die zwischen 
einzelnen von ihnen bestehen, und die sich nicht nur in den morpho- 
logischen und biologischen Eigenschaften, sondern auch in dem Verhalten 
einem agglutinierenden Serum gegenttber aufiern, haben in neuerer Zeit 
bereits eine Reihe von Untersuchungen veranlafit, welche die Frage der 
eventuellen Identitat mehrerer bisher als verschieden angesehener Arten 
zum Gegenstand haben. 

Auf Grund seiner Agglutinationsversuche teilt Trautmann*) die 

1) Er wurde naturlich seitdem geaperrt. 

2) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV. 1903. p. 139. 


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Smidt, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe. 


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Erreger des Paratyphus und der Fleischvergiftung in 5 Gruppen, die er 
unter dem Namen des Bacillus paratyphosus zusammengefaBt wissen 
will. Seine 5 Gruppen entsprechen den beiden von Schottmiiller 
zuerst differenzierten Typen des Paratyphusbacillns und den zwei von 
de Nobele auf Grund der Agglutination aufgestellten Arten der Fleisch- 
vergifter, die dieser als Typus I Bacillus enteritidis Gaertner und 
Typus II Bacillus Aertryck bezeichnet hat; als 5. Gruppe rechnet 
er den von Basenau gefundenen Bacillus morbificans bovis 
dazu. Ein mit einem Stamm erzeugtes Serum agglutinierte die Bak- 
terien seiner Gruppe am st&rksten, die Glieder der iibrigen Gruppen je 
nach ihrer groBeren oder geringeren Verwandtschaft mehr oder weniger 
hoch mit. Als besonders interessant fand er, daB die yerschiedenen 
Paratyphusst&mme des Typus B danach am n&chsten seiner Gruppe b 
der Fleischvergifter (de Nobeles Typus II) stehen, andererseits der 
Typus A der Paratyphusbacillen zu der anderen Gruppe, deren typischer 
Vertreter der Gaertnersche Bacillus ist, die grQBte Verwandtschaft zu 
haben seinen. 

Schottmiiller 1 ) halt den Typus B der Paratyphusbacillen oder, 
wie er ihn genannt wissen will, den Bacillus paratyphi alcali- 
faciens fflr identisch mit dem Enteritis-Bacillus sowohl auf Grund 
klinischer Erwagungen als besonders deshalb, weil er mit dem Serum 
Paratyphuskranker Enteritis- ebenso hoch wie Paratyphusbacillen 
agglutinieren konnte, bei beiden sich hitzebestandige Giftstoffe nach- 
weisen liefien, und es ihm endlich gelang, auch durch Verfutterung von 
Paratyphusbacillen weiBe Mause zu tftten. 

Von der interessanten Mitteilung Trommsdorffs 2 3 ) ausgehend, daB 
im Menschendarme Mausetyphusbacillen bei gastro-intestinalen Erschei- 
nungen gefunden wurden, hat femer Bonhoff 8 ) die agglutinative und 
bakterizide Wirkung mehrerer mit Mausetyphus- und Paratyphusbacillen 
erzeugter Sera an diesen und verwandten Stammen gepriift und kommt 
zu dem Schlusse, daB sich der Gaertnersche Enteritis-, der Para- 
typhus- und der Mausetyphusbacillus weder biologisch noch durch ag- 
glutinatorische und bakteriolytische Untersuchungsmethoden differen- 
zieren lassen, und daB alien dreien, falls sich durch weitere Unter- 
suchungen nicht noch wesentliche Unterschiede in ihrem pathogenen 
Verhalten herausstellen sollten, nach dem Gesetze der Nomenklatur der 
Name: Bacillus enteritidis (Gaertner) gebiihre. 

In den Bereich derartiger Untersuchungen ist der von Salmon 
und Smith 1885 zuerst beschriebene und von Th. Smith in einer 
Reihe weiterer Arbeiten genau untersuchte Erreger der Schweinepest, 
der Bacillus choleraesuum oder, wie er nach Kruse jetzt all- 
gemein genannt wird, der Bacillus suipestifer bisher nur verein- 
zelt gezogen worden. De Nobele 4 ) fand, daB Schweinepestbacillen 
durch ein mit dem Gaertnerschen Bacillus gewonnenes Serum gar 
nicht, durch ein solches des Bacillus Aertryck dagegen relativ hoch 
mitagglutiniert wurden. Deshalb hat er, wie van Ermengem in 
seiner Monographic Qber die Fleischvergiftung (Handbuch von Kolle 
und Wassermann) in einer Anmerkung erw&hnt, den Schweine- 
pestbacillus auch geradezu als den typischen Vertreter der nach dem 

1) Munch, med. Wochenschr. 1904. No. 7 u. 8. 

2) Munch, med. Wochenschr. 1903. p. 2092. 

3) Arch. f. Hyg. Bd. L. 1904. p. 222. 

4) Zeitachr. f. Hyg. 1902. p. 455. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Bacillus Aertryck benannten Gruppe vorgeschlagen. Die nahe 
Verwandtschaft des MSusetyphus- uud Enteritis- mit dem Schweine- 
pestbacillus geht aucb schon daraus hervor, dad Th. Smith alle drei 
unter dem Namen der Hogcholeragruppe zusammenfafit. 

Es lag demnach nahe, zu untersuchen, wie sich in Bezug auf Ag¬ 
glutination Schweinepestbacillen zu Paratyphus- und Mausetyphusbacillen 
verhalten; fiber einige diesbezfigliche, auf Anregung und mit gfitiger 
Unterstfitzung von Herrn Prof. M. Neisser angestellte Versuche mochte 
ich im folgenden berichten. 

Zur Verffigung standen mir 4 Schweinepeststamme der prdfungs- 
technischen Abteilung des Institutes, 2 Paratyphusst&mme (A und B), 
die ich der Liebenswflrdigkeit des Herrn Dr. Schottmfiller verdanke, 
«in Mfiusetyphusstamm, den mir Herr Geh. Rat Prof. Loeffler gfitigst 
ttbersandt hat, ein von Krdl bezogener Stamm des Bacillus enteri- 
tidis (Gaertner) und mehrere Stfimme der Sammlung unseres Insti¬ 
tutes, darunter je ein weiterer Paratyphusbacillus vom Typus A und B. 
Die beiden Paratyphen B, die 4 Schweinepest-, die Mfiusetyphus- und 
die Enteritidis-Kultur zeigten weder morphologisch noch kulturell 
irgendwelche qualitativen Differenzen und stimmten insbesondere in fol¬ 
genden Eigenschaften flberein: Fehlen der Indolbildung, Verg&rung des 
Traubenzuckers, wahrend Milchzucker nicht angegriffen wurde, und dem- 
entsprecheud die Milch nicht gerann und auf Dry gal ski-Agar blaue 
Kolonieen entstanden; nachtrfigliche Blfiuung der anfangs leicht ge- 
roteten Lackmusmolke und Aufhellung der Milch bei lfingerem Stehen 
durch spfitere Alkalibildung; auf Malachitgrunagar (1:4000) Qppiges 
Wachstum und deutliche Entffirbung bereits nach 24 Stunden. 

Zunfichst wurden nun mit zwei polyvalenten Schweinepestseris, 
welche die Hochster Farbwerke gfitigst zur Verffigung gestellt hatten, 
Agglutinationsversuche angestellt. 

Die dabei angewandte Methodik entsprach dem schon seit langer 
Zeit bei uns fiblichen und von Proscher 1 ) beschriebenen Verfahren, 
wobei je nach dem zu erwartenden Titer des Serums mit einer Ver- 
dfinnung des Serums von 7i«» 1 hoo Oder Viooo begonnen wurde. Zur 
orientierenden Einstellung eines Serums wurde die Agglutination makro- 
skopisch im Reagenzrdhrchen nach 24-stfindigem Stehen im Brfitschrank 
(da mit Formol abgetotete Kulturen verwandt wurden, war eine so lange 
Beobachtungsdauer mfiglich), wahrend den feineren Einstellungen meist 
die mikroskopische Untersuchung mit schwacher VergrfiBerung im Block- 
schalchen nach 2 Stunden zu Grunde gelegt wurde. (Beide Methoden 
ergaben bei Parallelversuchen fibrigens fast immer fibereinstimmende 
Resultate.) Als Agglutination im Reagenzglase gait eine deutliche Sedi- 
mentbildung unter Klfirung der darflberstehenden Flflssigkeit, im Block- 
scbfilchen unzweifelhafte Hfiufchenbildung; undeutliche und zweifelhafte 
Agglutination wurde nicht mehr gerechnet. 

Auf diese Weise untersucht und beurteilt, ergaben die beiden 
polyvalenten Sera folgende Agglutinationswerte: 



ISchw.-Peat I 

Schw.-Pestll 

Schw.-P. Ill 

Schw.-P. IV 

Parat. B I 

Parat. B II 

Serum A 

1:8000 

— 

— 

— 

1:16 000 

— 

„ B 

| 1:3200 

1:6400 

1:6400 

1:6400 

1:3200 

1:3200 


Serum A 

Bac. enteritidis 
1:40 

Parat. A I 
1:40 

Paratyph. A II 

Dysenterie 

Coli 

1:20 

„ B 

1:20 

1:40 

1:20 

1:10 

1:10 


Mausetyphus 

1:8000 

1:0400 

Typhus 

1:40 

1:10 


1) Diese Zeitschr. 1902. No. 9. 


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Smidt, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe. 


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Man sieht, daB durch beide Sera Schweinepest-, Paratyphus B- und 
M&nsetyphusbacillen sehr hoch, aber alle fast gleichm&Big, Paratyphus A-, 
Coli-, Dysenterie-, Enteritis- und Typhusbacillen nicht stfirker 
agglutiniert werden, als es schon durch normales Serum der Fall sein 
kann (anf das Verhalten des Enteritidis-Stammes werde ich weiter 
unten noch zurflckkommen). Es scheint danach polyvalentes Schweine- 
pestserum vorzQglich und, wie wir sehen werden, unter UmstSnden 
besser als monovalentes Serum geeignet zu sein, einen unbekannten, 
coliahnlichen Bacillus als zur Gruppe der von diesem Serum hoch- 
agglutinierten St&mme gehdrig zu charakterisieren; dagegen l&Bt es eine 
Unterscheidung der einzelnen Glieder dieser Gruppe nicht zu, und ist 
zur Beurteilung der Frage, inwieweit diese untereinander etwa identisch 
sind, vollends nicht zu verwenden, da es ja mit verschiedenen Schweine- 
peststammen hergestellt ist, die untereinander vielleicht nicht weniger 
verschieden waren als die, deren Agglutinationsffihigkeit geprfift 
werden soil. 

Um letzterer Frage nfiherzutreten, bedarf es monovalenter 
Sera. Zur Gewinnung dieser wurden Kaninchen in 6—8-tagigen Pausen 
mit steigenden Mengen 1 Stunde lang bei 60° C abgetoteter Bacillen- 
und Agarkulturen intravenos injiziert. Dabei zeigte sich, daB mit sehr 
geringen Mengen (* 2 ccm Bouillonkultur) angefangen werden muBte, 
sollten die Tiere nicht akut zu Grunde gehen. Besonders auf die erste 
Injektion reagierten die Kaninchen mit mehr oder weniger starkem Kol- 
laps und heftigen, aber rasch vorQbergehenden DurchfSIlen, Wirkungen, 
die wohl auf Rechnung der bei dieser Gruppe nachgewiesenen (hitze- 
best&ndigen) Giftstoffe zu setzen sind. Am empfindlichsten erwiesen 
sich die Versuchstiere gegenfiber den Paratyphusbacillen und es gelang 
erst nach mehreren miBglfickten Versuchen, damit ein hochwertiges 
Serum zu erzielen. Glficklicherweise genfigten schon 2 Injektionen 
(Vs und 1 ccm Bouillonkultur) ffir einen fast ebenso hohen Titer, wie 
er bei den mit Mfiusetyphus- und Schweinepestbacillen immunisierten 
Tieren erst nach 4 bezw. 5 Injektionen (bis V 2 bezw. 1 Agarkultur) er- 
reicht wurde. Diese Beobachtung stimmt mit den Erfahrungen von 
Th. Smith 1 ) Oberein, der fand, daB, je virulenter der injizierte 
Stamm gegen das Versuchstier war, desto hoher der Agglutinationstiter 
des Serums wurde. 

Etwa 8 Tage nach der letzten Injektion wurden die Kaninchen ent- 
blutet und das Serum mit 0,5 Proz. Karbolsfiure im Eisschrank aufbewahrt 

Die Resultate der Agglutination der mit den Stfimmen: Schweine¬ 
pest I, Paratyphus B I und M&usetyphus gewonnenen monovalenten Sera 
enth&lt die folgende Tabelle: 



Schw.-P. 

Schw.-P. 

Schw.-P. 

Schw.-P. 

Parat. 

Parat. 

Parat. B 

Parat B 

Mause- 

Schweinepeet- 

I 

II 

Ill 

IV 

A I 

A II 

1 

II 

typhus 

Berum 

ParatTphus- 

1:82000 

1:800 

1:8000 

1:16 000 

<1:20 

— 

1:16000 

1:8000 

1:8000 

serum *) 
Maoaetyphus- 

1:4000 

— 


— 

1:80 

— 

1:6000 

— 

— 

serum 

1:1300 

1:200 

1:3200 

1:3200 

<1:20 

<1:20 

| 1:8000 

1:6400 

1:8000 


1) Med. res. Vol. IX. 1903. No. 3. 

2) Aus aufieren OriiDden konnte dieses Serum leider nur auf die verzeichneten 
3 Stamme austitriert werden; es kam ja auch besonders darauf an, seine Agglutinations- 
kraft gegeniiher den Schweinepestbacillen festzustellen. Dafi sein Titer auch gegen 
Mausetyphusbacillen ein hoher gewesen sein wurde, glaube ich nach den Untersuchungen 
Bonhoifs annehmen zu konnen. 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


DaB Typhusbacillen, ein Coli-Stamm und die Shiga-Kruseschen 
Dysenteriebacillen, deren Aggutinationswerte hier nicht rait aufgeffihrt 
sind, durch die monovalenten Sera ebensowenig wie durch die poly- 
Yalenten (nSmlich hochstens Vso) agglutiniert wurden, entspricht alien 
sonstigen Erfahrungen; auffallen kann es nur, daB auch diese Sera 
gegenflber dem Gaertnerschen Bacillus keinen hflheren Titer besaBen. 
Es stimmt diese Beobacbtung zwar mit denen Trautmanns, steht 
aber im Widerspruch mit den Resultateu vou Bonhoff und Schott- 
mfiller, es sei denn, daB man annimmt, daB der Enteritidis-Stamm 
letzterer dem Typus II, der von mir verwandte dem Typus I angehflrte, 
was deshalb ja sebr leicht mfiglich wfire, weil man unter dem Namen 
des Gaertner schen Bacillus bisher meistens alle zu dieser Gruppe 
der Fleischvergifter gehfirigen Stfimme zusammenzufassen pflegte. (Ob 
man fiberbaupt berechtigt ist, allein auf Grund der Agglutination eine 
Trennung in 2 Typen vorzunehmen, scheint mir eine nocb offene 
Frage zu sein. Schottmfiller hat sich bekanntlich dagegen ausge- 
sprochen OO 

Gegenflber den von ihnen hochagglutinierten Stfimraen verhalten 
sich, wie aus der Tabelle hervorgeht, die monovalenten Sera in mehr- 
facher Beziehung anders als die polyvalenten. ZunSchst wird natfirlich 
jedesmal der „homologe“ Stamm am hbchsten, etwas weniger und nicht 
so gleichm&Big der „fremde“ Stamm agglutiniert Unter den Schweine- 
peststfimmen ffillt dabei besonders der Stamm II auf, der den auf ihn 
geprOften Seris gegenflber einen wesentlich niedrigeren Titer zeigt, nicht 
nur als die 3 anderen Schweinepest-, sondern auch als die flbrigen — 
wie man erwarten sollte — noch ferner stehenden St&mme. Eine ana- 
loge Beobachtung hat de Nobele gemacht, als er gegen drei mono- 
valente Schweinepestsera 9 verschiedene St&mme prflfte, die alle Charak- 
teristica des Sal m on -Smith schen Bacillus besaBen, aber dennoch in 
sehr verschiedener H6he agglutiniert wurden. 

(Zur Agglutination benutzte ich immer durch Formol abgetfltete 
Bakterien. Ein Parallelversuch mit Bouillonkulturen, die durch 2-stfln- 
diges Erhitzen auf 60° abgetStet waren, ergab merkwflrdigerweise, daB 
diese Bakterien ihre Agglutinierbarkeit vflllig verloren hatten, eine Tat- 
sache, die in Kontrollversuchen sich immer wieder bestatigte und um so 
auffallender ist, als z. B. Typhusbacillen erst bei hoheren Temperaturen 
ihre Agglutinierbarkeit einbflBen. Ob es sich dabei etwa um AbstoBung 
von Rezeptoren handelt, die dann in der Flflssigkeit das Agglutinin 
binden, soli hier noch weiter untersucht werden. Vielleicht haben wir 
in dieser Eigenschaft ein weiteres Charakteristikum der Hogcholeragruppe 
zu sehen.) 

Des weiteren babe ich mit meinen Seris, wie Bonhoff mit seinem 
Mflusetyphus- und Paratyphusserum, Absorptionsversuche ge¬ 
macht, bin dabei aber nicht zu eindeuligen Resultaten gelangt. Bon¬ 
hoff absorbierte sein Serum durch mehrmaliges Zusetzen von Bakterien 
vflllig und fand, daB der AbguB nun auch nicht mehr auf die andere 
Bakterienart agglutinierend wirkte; er schliefit daraus auf eine vflllige 
Rezeptorengleichheit des M&usetyphus- und Paratyphusbacillus. Ich habe 
meine Versuche derart gemacht, daB nur ein Teil der Agglutinations- 
kraft des monovalenten Schweinepestserums durch den fremden Stamm 
absorbiert, dann zentrifugiert und nun der AbguB auf den homologen 


1) 1. c. Anm. 


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Smidt, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe. 


29 


and die fremden StSmme gepruft wurde. Dabei ergab sich in der einen 
Yersuchsreibe, daB der Agglutinationstiter fur den homologen Stamm 
viel weniger stark abgenommen hatte als fur denjenigen, mit dem ab- 
sorbiert worden war. In einem anderen Versuche war dagegen fur den 
Absorptionsstamm der Titer am hdchsten geblieben. Leider konnten 
diese Versuche, deren Fortsetzung zur AufkULrung der auff&lligen Re- 
sultate notwendig erscheint, aus auBeren GrQnden bisher nicbt wieder- 
holt werden. Wenn also Qberhaupt aus diesen Resultaten ein Scblufi 
gezogen werden darf, so wflrden sie ebenso wie die Agglutinationstiter 
der polyvalenten Sera dafiir sprechen, daB Schweinepest- mit Mkuse- 
typhus- und Paratyphusbacillen eine mehr Oder weniger grofie Zahl ge- 
meinsamer „Grundrezeptoren u (Lipstein, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. 
Bd. XXXIV. 1903. No. 5) haben, jeder Stamm aber nebenher seine ihm 
aigentflmlichen „Partialrezeptoren“ besitzt. 

Heilversuche, die mit Hochster (polyvalentem) Schweinepest- 
serura an M&usen gegen subkutan injizierte Paratyphus- und Mause- 
typhusbacillen angestellt wurden, baben ebensowenig zu einem befriedi- 
genden Resultste geftlhrt wie die analogen Versuche Fischers mit 
Enteritis- und Paratyphus- und Bonhoffs mit Paratyphus- und 
M&usetyphusbacillen an Meerschweinchen. Eine gewisse Verzdgerung 
des durch M&usetyphusbacillen (‘/iooo ccm Bouillonkultur) erfolgten 
Todes lieB sich allerdings durch Schweinepestserum (0,25 ccm) erreichen 
(wobei die Kontrolltiere die gleiche Menge normalen Pferdeserums er- 
halten hatten). Nebenbei mochte ich bemerken, daB es auch mir mehr- 
fach gelungen ist, weiBe Mause durch Verffltterung von Paratyphus- 
bacillen zu to ten. 

Als weitere Stiitze fttr die enge Verwandtschaft zwischen Schweine¬ 
pest- und Paratyphusbacillen mbchte ich die Befunde an drei Para- 
iyphuskranken erwahnen, deren Serum dem Institut zur Anstellung der 
Widalschen Reaktion Qbersandt wurde. Die Untersuchung gegen 
Typhusbacillen ergab in jedem Falle, schon bei 1 :20, negative Reak- 
tion, w&hrend Paratyphus- und Schweinepestbacillen zum Teil sehr hoch 
s.gglutiniert wurden, wie aus folgender Tabelle ersichtlich ist: 



P., 34 Jahre, 
erkrankt ca. am 3. VIII. 

C., 18 Jahre, erkrankt 
am 10. VIII. 

N., 6 Jahre, erkrankt 
am 15. VIII. 


17. VIII. 

23. VIII. 

30. VIII. 

17. VIII. 

30. VIE 

20. VIII. 

30. VIII. 

P&ratyphusba- 
cillus B 
Schweinepest- 
bacillufl 

1:160 

1:160 

1:400 

1:50 

1:100 

> 1:3200 

> 1:3200 

1:320 

a 

> 1:3200 

1:800 


Auf Anraten von Herrn Prof. M. N e i s s e r erhieltefi die beiden 
ersten Patienten Injektionen von polyvalentem Schweinepestserum, nach- 
•dem dieses auf SteriliULt geprflft und durch Selbstversuch als ffir Ge- 
sunde v5llig unschadlich gefunden worden war, und zwar 5 bezw. 10 ccm 
ein- und zweimal. Eine deutliche Beeinflussung des Krankheitsverlaufs 
lieB sich nicht konstatieren. Weitere Injektionen unterblieben, weil die 
Patienten inzwischen abgefiebert hatten. Immerhin wfiren derartige In¬ 
jektionen bei geeigneten Fallen eventuell zu wiederholen, da das Serum 
im Tierversuch eine gewisse Wirkung erkennen l&Bt und fflr den 
Menschen unschadlich ist. 

Das Resultat dieser in vielfacher Beziehung nur orientierenden 


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30 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIU. Heft 1. 

Versuche kann dahin zusammengefaBt werden, daB es im Einzelfalle 
weder morphologisch noch kulturell noch durch die Agglutination Oder 
den Tierversuch bisher gelingt, sicher zu entscheiden, ob ein Stamm als 
M&usetyphus-, Paratyphus B- oder Schweinepestbacillus anzusprecben 
ist. Inwieweit hierbei erworbene spezifische Virulenzunterschiede in Be- 
tracht kommen, kann natflrlich zun&chst nicht entschieden werden, 
ebensowenig wie ein sicherer Zusammenhang zwischen der Krankheit 
Schweinepest und der Krankheit Paratyphus besteht. Jedenfalls wird 
man bei Paratyphusfailen mehr als bisher nach einem etwaigen Zu- 
sammenhange mit analogen Tierkrankheiten suchen mflssen. Die ge- 
brftuchlichen Untersuchungsmethoden einschliefilich der Agglutinations- 
prilfung lassen nur die Entscheidung zu, ob der betreffende Stamm 
Qberhaupt zu der grofien und fQr die menschliche Pathologie nicht un- 
wichtigen Gruppe der Hogcholera (Th. Smith) gehSrt. Es empfiehlt 
sich zur Feststellung dieser Zugehdrigkeit die Verwendung eines poly- 
valenten Schweinepestserums, in welchem die Partialrezeptoren der ein- 
zelnen Starnme ihre Agglutinine mit groBerer GleichmSBigkeit finden. 

Zur Namens&nderung der beiden Paratyphusbacillen und des Mftuse- 
typhusbacillus liegt solange keine Veranlassung vor, als nicht fflr die 
ganze Gruppe ein neuer Name geschaffen oder aber die Differenzierung 
der einzelnen Starnme untereinander ermOglicht wird. 


Nachdruck verboten. 

Streptothrix-Pseudotuberkulose. 

[Aus dem bygienischen Institute der kgl. Universitfit Messina.] 

Von Pro£ Francesco Sanfelice. 

Mit 1 Tafel. 

Mit dem Namen Pseudotuberkulose hat man einige durch bestimmte 
Mikroorganismen hervorgerufene Knotchenkrankheiten bezeichnet, um 
sie von der typischen Tuberkelkrankheit, erzeugt vom Bacillus Koch, 
zu unterscheiden. Die ersten Formen von Pseudotuberkulose, fiber die 
Beschreibungen vorliegen, erscheinen jedoch sehr unsicher, nicht nur 
betreffs des atiologischen Agens, sondern auch in Bezug auf die ana- 
tomisch - pathologischen Ver&nderungen. Mit der echten Tuberkulose 
haben sie nichts gemein als das makroskopische Aussehen der L&sion. 
Streng wissenschaftlich gebflhrt der Name Pseudotuberkulosis nur solchen 
Infektionen, deren Entstehen einem dem Tuberkelbacillus durch morpho- 
logische sowie durch kulturelle Eigenschaften verwandten Mikroorganis- 
mus zuzuschreiben ist, und welche andererseits ein anatomisch-patho- 
logisches Krankhejtsbild aufweisen, das dem von Kochs Bacillus 
herrtthrenden histologisch sehr ahnlich ist. Als es sich beim Studium 
ihrer morphologischen Besonderheiten herausstellte, daB die Bacillen der 
Menschentuberkulose und der Geflflgeltuberkulose — seltener die ersteren 
und desto haufiger die zweiten — echte Verzweigungen zeigen, so war 
man im klaren fiber ihre Zusammengebbrigkeit mit der Streptothricheen- 
gruppe, deren Komponenten stets als Filamentform mit echten Ver¬ 
zweigungen auftreten. 

In der Folge reihte sich der erwahnten noch eine weitere, Tuberkel- 


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Sanfelice, Streptothrix-Pseudotuberkulose. 


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bacillen und Streptothricheen gemeinschaftliche Eigentfimlichkeit an, die 
Sfturefestigkeit. Zahlreiche sfiurefeste Bacillen sind schon aus frflheren 
Forschungen und deren Beschreibung bekannt; da sie jedoch nicht ge- 
zflchtet worden waren, schwebt fiber ihre wirkliche Art und Klassen- 
angehorigkeit ein Schleier. Fundort waren das Cerumen, die Cutis, die 
Manrielkrypten, die Umgebung der natfirlichen Leibesfiffnungen, der 
Zahnstein und Zungenbescblag und endlich Faeces und Urin. Petri 
und Fr. Rabinowitscb waren die ersten, denen es gelang, aus diesen 
Pilzen Reinkulturen zu zfichten. Durch Injektion damit infizierter 
Milch und Butter in das Peritoneum von Meerschweinchen ffihrten die 
Forscher den Tod der Tiere unter pseudotuberkulfiser Krankheits- 
erscheinung herbei, und unter dem Mikroskop zeigte es sich, dad die 
pathologiscben Produkte in Gestalt und Ffirbungsmodus dem Tuberkel- 
bacillus Shnliche Parasiten enthielten; als Agarstrichkultur bildeten sie 
dicke, runzelige Belfige von orangegelber Farbe. Auch Moller legte 
Knlturen solcher Mikroorganismen an. 

So wenig es also den genannten Autoren an Gelegenheit feblte, 
sfiurefeste Pilze zu zfichten, desto auffallender ist es, dad sie dieselben 
nicht als Glieder der Streptothricheengruppe identifiziert haben, welche 
Tatsache doch aus den Beschreibungen der Untersuchenden selbst — 
so gut wie aus meinen, an den von Krdl erhaltenen Kulturen ange- 
stellten Experimenten — am klarsten hervorgeht. 

Eine frfihere Arbeit ! ) fiber diesen Gegenstand und insbesondere das 
Studium des Verhaltens der Streptothricheen in Bezug auf Sfiurefestigkeit 
gab mir die Mittel an die Hand, diese Mikroorganismen in drei Gruppen 
einzuteilen. Die erste derselben nmfadt samtliche dem Typus Strepto- 
thrix alba entsprechenden Streptothricheen, mit Einschlud von Arten 
und Varietfiten. die der EntfSrbung durch Sfiuren nicht widerstehen. 
Die Streptothrix-Arten der zweiten Gruppe dagegen, Typus 
Streptothrix flava, erleiden durchweg in Berfihrung mit Schwefel- 
oder Salpetersfiure eine partielle EntfSrbung; mit anderen Worten, in 
den nach Ziehl * Gab betschen und moditizierten Methoden geffirbten 
Prfiparaten erscheint der Bacillenfaden gewfihnlich auf lange Strecken 
blau, die Endstfickchen aber zeigen stellen- Oder punktweise ein leb- 
haftes Rot (Fig. 23). Streptothrix violacea, der typische Reprfi- 
sentant der dritten Gruppe, und Streptothrix viridis, welche ich 
derselben zugeteilt habe, sind im Besitz von Sfiurefestigkeit, gleichviel 
ob die Kulturen jung oder alt sind. 

Den Streptothricheen der ersten Gruppe, welche, gezfichtet, dem Ein- 
fluB der Sfiuren keinen Widerstand leisten, wird diese Eigenschaft durch 
den Aufenthalt im Organismus zuteil. AuBerdem hat Lombardo- 
Pellegrino nachgewiesen, daB viele, dieser Gruppe angehdrende Arten, 
auf tierische Fette, namentlich auf Butter und Schmalz gesfit, nach 
einiger Zeit der EntfSrbung durch Sfiuren widerstehen und in der Ge¬ 
stalt isolierter, von den Tuberkelbacillen nicht zu unterscheidender 
Parasiten auftreten. So erklfirt sich das hfiuiige Vorkommen sfiurefester 
Bacillen in der Butter von selbst. Nichts Leichteres in der Tat, als daB 
Streptothricheenpilzchen der Luft auf Fettsubstanzen fallen, sich anfangs 
verniehren und spfiter groBenteils ausarten, so daB nur wenige sfiure¬ 
feste Bacillenbruchstficke zurfickbleiben. Die Resultate der erwfihnten 


1) Ueber die pathogene Wirkung einiger Streptothrix- (Actinomyces-)Arten. 
(Centralbl. f. B&kt. etc. Abt. I. 1904.) 


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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Experiraente lassen auch die Ursache erkennen, warura der von Ra- 
binowitsch und anderen Beobachtern behandelte sfiurefeste Bacillus, 
wenn gezQchtet, dieser Eigenschaft bar, im Organismus dagegen ihrer 
teilhaftig ist. HOchst wahrscheinlich gehoren alle widerstandsfahigen 
Mikroorganismen, die uns im Cerumen, auf der Cutis etc. begegneu, 
der Streptothricheenfamilie an und ihr Vorkommen ergibt sich von selbst 
aus der Frequenz der Streptothrix in der uns umgebenden Luft, 
wahrend andererseits der Fettgehalt jener Fundorte als Grund der 
Saurefestigkeit erscheint. 

So ist das Gruppenbild der Pseudotuberkulose, oder, wenn man vor- 
zieht, der saurefesten Mikroorganismen fixiert. Dem Bacillus der Tu- 
berkulose ahnlich an Gestalt, an Widerstandsfahigkeit gegen Sauren und 
im Entwickelungsmodus der Aussaat auf kGnstlichem Nahrbqden — wo- 
bei sich dicke, runzelige, dem Substrat stark adharierende Beiage bilden 
— besitzen sie aufierdem pathogene Eigenschaften, indem sie als Ur- 
heber chronischer Knbtchenkrankheiten die Gewebe in ganz ahnlicher 
Weise schadigen wie der Bacillus Koch. 

In meiner zuletzt verQffentlichten Arbeit brachte ich die pathogene 
Wirksamkeit einiger aus der Luft isolierter Strep tothrix zur Kennt- 
nis. Die vorliegende liefert die Resultate der histologischen Unter- 
suchungen, aus denen die Analogie zwischen Tuberkulose und Pseudo¬ 
tuberkulose mit noch grbBerer Bestimmtheit hervorgeht. 


Von alien isolierten Streptothrix mit pathogener Wirkung auf 
Meerschweinchen, Kaninchen und Hunde gehoren, wie schon meine 
friihere Arbeit angedeutet hat, einige der ersten Gruppe, Typus 
Streptothrix alba, und eine der dritten, Typus Streptothrix 
violacea, an. Unter den ersteren befanden sich zwei, die bei ganz 
ahnlichem Aussehen, sowohl der mikroskopischen Praparate als der 
Plattenkulturen — in Agar und Gelatine und Strichkulturen auf Agar 
und Kartoffeln — im Verhalten als Krankheitserreger unter sich differ 
rieren. Auf Kaninchen und Meerschweinchen endovenbs verimpft, zeigte 
die eine nur bei den ersteren, die andere dagegen bei beiden Versuchs- 
tieren pathogene Eigenschaften. Die zweite Streptothrix alba er- 
wies sich auch ftir Hunde gesundheitsschadlich. 

Die aus der Luft isolierten Streptothricheen der dritten Gruppe, 
welche die Eigenschaft besitzen, auf Kartoffeln gesat, einen amethyst- 
violetten, in Agar dagegen einen braunen Belag zu erzeugen, verhielten 
sich, Meerschweinchen und Kaninchen eingeimpft, pathogen, ffir Hunde 
aber unschadlich. 

Angesichts der groBeren Anzahl mittels endovenoser Einspritzungen 
orzielter positiver Resultate gebe ich denselben den Vorzug vor dem 
subkutanen und Bauchbohleimpfen. 

Durch endovenbse Injektion der beschriebenen Kulturen lassen sich 
bei Kaninchen und Meerschweinchen sowohl akute als chronische Infek- 
tionen hervorrufen. Auf die akuten erfolgt der Tod nach 3—4 Tagen 
und die Sektion weist an Leber und Lungen eine solche Menge von 
Miliarkndtchen auf, dafi die Farbe der Organe vbllig verandert erscheint. 
Von grbBerer Bedeutung fttr die Analogie mit der Tuberkulose sind 
jedoch die anatomisch-pathologischen Befunde bei Tieren, die erst nach 
14—25 —30 Tagen der chronischen Infektion erlegen waren. In diesem 
Falle kommen in den Lungen, der Leber, den Nieren und in der Milz 


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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose. 


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der toten Meerschweinchen und Kaninchen Knotchen von groBerem Urn- 
fange, aber in geringerer Anzahl zura Vorschein, von Farbe gelblich- 
weiB, zeigen sie im Zentrum einen eiterartigen Kern, der auffallend 
an die kasige Substanz der von Kochs Bacillus erzeugten Tuberkel 
eriDnert. 

An Hunden bringen die Adereinspritzungen patbogener Strepto- 
thrix Krankheitserscheinungen entztindlichen Charakters hervor, genau 
so, wie man sie nach Infektion durch endovendse Verimpfung von Rein- 
kulturen der Tuberkulose beobachtet, oder es erscheinen LBsionen von 
neoplastischem Typus, wovon mir schon mehrere hochinteressante Ffille 
vorgekommen sind. Ich bebalte mir vor, in einer spateren Abhandlung 
darauf zurQckzukommen. Bei den LBsionen des Inflammationstypus 
bilden sich Knotchen von einer Tendenz zu mehr oder weniger rapider 
Degeneration der zentralen Zellelemente; dem neoplastischen dagegen 
fehlt die Knotchenforraation und Degenerationsphase, w&hrend das neu- 
gebildete Bindegewebe das Aussehen gewisser Sarkome simuliert 

Von alien Streptothrix-Arten, die auf Hunde verimpft wurden, 
erwies sich nur Streptothrix alba II pathogen, und auch diese 
nicht auf konstante Weise, da von 17 Hunden nur bei 5 der Tod ein- 
trat; dafflr brachte der anatomisch-pathologische Sektionsbefund dieser 
Falle sehr interessante Tatsachen zur Kenntnis. 

Die erwShnten Versuchstiere hatten die Injektion zum Teil in das 
subkutane Bindegewebe, zum Teil in die Venen erbalten; 4 erlagen der 
endovenosen, der 5. der subkutanen Impfung. Bei einem der 4 ersteren 
erfolgte der Tod nach 18 Tagen und die Sektion wies nur an den 
Lungen eine Veranderung auf, hervorgebracht durch zahlreiche Knotchen 
von StecknadelkopfgroBe. Der zweite Hund starb nach 20 Tagen, mit 
einem haselnuBgroBen Nodulus an der Spitze des rechten Lungenflugels 
und zahlreichen, an der Oberfl&che und im Inneren zerstreuten Knot- 
cben von Hanfkorn- bis ErbsengrdBe. Im Inneren des groBen Knotens 
befand sich eine, an den Wanden mit Eiter bekleidete Hohle. Der 
dritte Hund starb 5 Tage spSter; wie bei seinen Vorgangern waren die 
Lungen von zahlreichen Knotchen von HanfkorngroBe. gelblichweifier 
Farbe und eiteriger Substanz im Inneren durchsetzt. Der vierte end- 
lich verendete erst nach 45 Tagen; die Autopsie wies Lasionen an den 
Nieren und den Mesenteriumlymphdrflsen auf. Die Drusen waren be- 
deutend vergrdBert und zeigten drei flber die Oberflache hervor- 
ragende Kndtchen von ErbsengroBe, die, gelblichweiB von Farbe, eine 
weiche, kreideweifie, an kalkigem Detritus reiche Substanz einschlossen; 
in der Rindensubstanz der Nieren stieB man auf StecknadelkopfgroBe 
Noduli. Das letzte der 5 Versuchstiere, welchen man die Infektion 
durch subkutane Impfung des Bindegewebes beigebracht hatte, erreichte 
der Tod nach 25 Tagen. Bei der Sektion lieB sich an der Impfstelle 
keine nennenswerte Veranderung wahrnehmen, nur au der Spitze des 
rechten Lungenflttgels befand sich eine taubeneigroBe Kavitat mit von 
Eiter iiberzogenen Wanden. 

Durchweg bei alien an Infektion durch die beiden Streptothrix 
alba und Streptothrix violacea gestorbenen Tieren erregte der 
Befund der mikroskopischen Untersuchung auf Parasiten groBes In- 
teresse. 

Nach erfolgtem Tode wurden unverzilglich Praparate hergestellt, 
indem der Operierende die Objekttragergiaschen mit Eiter aus den in 
verschiedenen Organen befindlichen Kndtchen sorgfaltig bestrich und 

Ento Abt. Orig. Bd. XXXV11I. Heft 1. 3 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


das Ffirben entweder nach einer der einfachen oder nach der Ziehl- 
Gabbetscben Methode vornahra. Die nach letzterer Vorschrift behan- 
delten Pr&parate brachten stets mehr oder weniger zahlreicbe sfiurefeste 
Bacillen zum Vorschein, die hier und da etwas dicker als der Tuberku- 
losebacillus, demselben andere Male vollstfindig fihnlich waren und bald 
homogen auf die ganze FacfcenULnge, bald nur streckenweise gef&rbt — 
d. h. wie gekfirnt — erschienen. 

Das Gelingen der Kulturversuche ans den an Streptothrix-In- 
fektion gestorbenen Tieren erwies sich leider nicht konstant und l&Bt 
sich mit Sicherheit nicht behaupten, dafi solches mit den morphologi- 
schen Modifikationen, welche der Parasit in den Geweben pnisentiert, 
zusammenhange. Was ich dagegen sehr bestimmt versichern kann, ist 
die Tatsache, dafi die SSuren widerstehenden Formen hier und da 
die Fahigkeit besitzen, sich in kfinstlichen Nfihrboden zu vermehren. 
Von der Zentrumsubstanz der in den Mesenteriumlymphdrfisen der 
Hiindin IV vorgefundenen Kndtchen, in welcher Substanz ein sorgffil- 
tiges mikroskopisches Studium ausschliefilich sfiurefeste Bacillenfragmente 
nachwies, sfite ich einen Teil auf Kartoffeln und brachte sodann die 
fiber der Flamme zugeschmolzenen Rdhrchen ffir 15—20 Tage in den 
Thermostaten. Nach Ablauf dieser Frist zeigte sich eine Entwickelung 
kleiner, voneinander getrennter Kolonieen von schmutzig-weifier — statt 
kreideweiBer Farbe, wie die verimpften — somit von grfindlich verschie- 
denem Aussehen. Nachdem die Rdhrchen geoffnet und ihr Inhalt ver- 
pflanzt worden war, liefi man die Kulturen bei Zimmertemperatur 
wachsen; nun liefi die Bildung von Bel&gen, von derselben weifien Farbe 
wie die der zuerst geimpften, nicht auf sich warten. Ich dachte an die 
Mdglichkeit, das kfimmerliche Wachstum im Thermostaten zum Teil von 
der Einschr&nkung des notigen Sauerstoffvolumens, zum Teil von der 
hfiheren Temperatur herzuleiten und veranstaltete, urn mir Gewifiheit zu 
verschaffen, zahlreiche Verpflanzungsversuche mit Kulturen von Strepto- 
thrix alba, die sich in meiner Sammlung vorfanden. Man fibergab 
sie, gleichfalls in Rohrchen eingeschlossen, dera Thermostaten. Das 
gleiche kfimmerliche Wachstum, das gleiche Aussehen wie oben zeigten 
die Kulturen auch bier. Diese DiversitSt im Verhalten ist somit nicht 
spezifischen Modifikationen, die der Parasit im Organismus erlitten haben 
kdnnte, sondern besonderen aufieren Umstanden, welchen die Kulturen . 
ausgesetzt waren, zuzuschreiben. Leider gelang bei der Mehrzahl der 
fibrigen Versuchstiere, deren L&sionen unter dem Mikroskop saurefeste 
Bacillen aufgewiesen hatten, die Aussaat von Kulturen nicht. Es ist 
schwer zu sagen, ob dies der kargen Ausbeute an Parasiten oder viel- 
leicht davon abhing, dafi sie tot waren. Ganz sicher haben die Kulturen 
der saurefesten Formen monatelanges Leben. Gezfichtete Strepto- 
thrix, die teilweise in toto den Sfiuren widerstehen, zeigen, nachdem 
sie 5, 6, 7, 8 Monate hindurch auf Kartoffeln vegetiert haben, bei der 
mikroskopischen Untersuchung nach Ziehl-Gabbetscher Methode 
mehr oder weniger kurze Strecken intensiv rot, kein einziges Bacillen- 
fragment aber blau, hochstens ein winziges Endchen so schwach ge- 
ffirbt, dafi es kaum wahrzunehmen ist. Sowie man jedoch mit solchen 
Kulturen zum Verpflanzen schreitet, fallen die Resultate stets posi- 
tiv aus. 

Aus der Zentralmasse der in Mesenteriallymphdrttsen der Hfindin IV 
gefundenen Kndtchen wurden mittels sterilisierten Wassers Emulsionen 
hergestellt und sodann Kaninchen und Meerschweinchen in die Jugularis 


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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose. 


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injiziert. Die Tiere starben nach ein bis aDderthalb Monaten mit pseudo- 
tuberkulosen Krankheitserscheinungen an Lungen und Nieren, in denen 
sich eine ziemliche Anzahl s&urefester Bacillen nachweisen liefi. Doch 
blieben mit diesen Knotchen angestellte Ziichtungsversuche erfolglos. 
Unter solchen Umst&nden, d. h. wenn die anatomisch-pathologischen 
sowie die Befunde der mikroskopischen Untersuchung identisch lauten, 
jedoch kein positives Kulturresultat vorliegt, ist es moglich, dafi ein 
Strep to thrix-Pseudotuberkulosefall ftir wirkliche Tuberkulosekrank- 
heit angesehen werden kann. Da nun das Gelingen der kulturellen Ver- 
snche zu den Ausnahmen gehort, so ist auch die Annahme gestattet, 
dafi derlei Verwechselungen nichts weniger als selten stattfinden. Ge- 
lingt aber das Ziichtungsexperiment, so gibt es nichts Leichteres, als die 
Differentialdiagnose zu stellen. Die Entwickelung des Tuberkulose- 
bacillus geht aufierordentlich langsam von statten und erfordert eine 
Temperatur von 37 0 C, wfihrend die Streptotrhicheen sich durch rapides 
Wachstum auszeichnen und hierbei die Zimmertemperatur der des Ther- 
mostaten vorzuziehen scheinen. Jene bilden auf Glycerinagar und auf 
Kartoffeln einen kompakten, doch nicht zah am N&hrboden anhaftenden 
Belag; ganz im Gegensatz hierzu lassen sicb die eben so dichten Be- 
lage der Streptothricheenkulturen nur schwer mit der Nadel zerreifien 
und vom N&hrboden trennen. 

Bei Hunden pathogen wirkende Streptothricheen sind nur sehr wenige 
bekannt Rabe 1 ) beobachtete schon vor Jahren einen Fall an einem 
von purulentem Blutgeschwflr befallenen Hunde; doch erschien die 
p&thogene Wirkung in ganz anderem Lichte als bei den von mir oben 
beschriebenen Infektionen. Der unter dem Mikroskop beobachtete Pa- 
rasit hatte die Form von Rasen, dessen im Winkel gebogenen Filamente 
toils anastomosiert, teils mit endst&ndigen Anschwellungen versehen 
waren. Der Autor gab ihm den Namen Cladothrix canis; Kulturen 
erhielt er davon nicht. Auf Grund interessanter Beobachtungen, die 
nach endovenbser Injektion einiger Streptothrix auf Hunde der Sek- 
tionsbefund gestattet hatte, versuchte ich an Versuchstieren derselben 
Gattung Jugulareinspritzungen des Bacillus der Menschentuberkulose. 
Von zwei Hunden, die mit Reinkulturen der Infektion geimpft worden 
waren, starb der eine nach anderthalb, der andere nach ungef&hr drei 
Monaten. An beiden wies die Autopsie lediglich Sch&digung der Mesen- 
teriumlymphdriisen auf, genau entsprechend den oben beim Befund an 
Hflndin IV beschriebenen. Das mikroskopische Studium der aus dem 
Knbtcheninhalt hergestellten und nach Ziehl-Gabbets Methode ge- 
fSrbten Pr&paraten ergab nur eine hochst magere Ausbeute an Tuber- 
kulosebacillen; alle Kulturversuche blieben erfolglos. 


Unter den verschiedenen Eigenschaften der Streptothricheen, mit 
welchen wir uns bisher beschfiftigt haben, fiillt das Hauptgewicht auf 
ihr Vermdgen, gleich dem Tuberkelbacillus Koch eine Infektion mit 
Kndtchenbildung hervorzubringen. Die von dem Kochschen Mikroben 
erzeugte L&sion beginnt mit der Vermehrung der Bindegewebszellen, 
der Endothelial- und Epithelialzellen des Parenchyms. Dadurch ent- 
stehen polygonale Zellen mit grofiem Vesikularkern, die sogenannten 


1) Ueber einen neu entdeckten, pathogenen Mikroorganismus beim Hunde. 
tierarztl. Wochenschr. 1888.) 


3* 


(Berl. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Epithelioidzellen. W&hrend einige Forscher den Hauptanteil an der 
Tuberkelbildung den fixen Zellen zuschreiben und diese als Ursprung 
der Epithelioidzelle betrachten. leiten andere die Abstammung der letz- 
teren von den Wanderzellen her. Hat der Tuberkel eine gewisse GrbBe 
erreicht, so bleibt die Entwickelung station&r. Wenn die Epithelioid¬ 
zellen fortfabren, sich zu vermehren, ohne daB die Teilnng der Zell- 
kdrper damit Schritt halt, so bildet sich die Riesenzelle von ovaler oder 
unregelmaBiger Gestalt. In diesen Riesenzellen finden sich gewbhnlich 
an einer Stelle die Zellkerne, an einer anderen die Bacillen. Noch be- 
vor die regressive Metamorphose stattfindet, erscheinen an der Peri¬ 
pherie des Tuberkels kleine protoplasmaarme Zellen mit intensiv ge- 
farbtem Kern; es sind dies aus den Blutgefafien ausgetretene Wander¬ 
zellen, welche die Infiltrationszone bilden. Das Entarten des Tuberkels 
beginnt bei der Entstehung der Riesenzellen, ihr auf dem FuBe folgt 
das Zerbrbckeln und die Zerstbrung der Zellkerne und daran an- 
schlieBend Koagulationsnekrose. In diesem Stadium tritt die Tuberkel- 
verkasung ein, zuletzt die Schmelzung zu rahmahnlichem Eiter; Vir¬ 
chow erklart die Erscheinung fflr einen MazerationsprozeB, andere 
ziehen vor, sie der Tatigkeit der Suppurationsmikroben zuzuschreiben. 

Urn die Histogenese der von Streptothricheen an tierischen Organen 
hervorgebrachten Lasionen zu studieren, benutze man Schnitte, die Ini- 
tialknotchen aufweisen. Sowohl bei Meerschweinchen als bei Kaninchen 
zeigen die frischen Knbtchen (Fig. 1 und 5) an der Zentralstelie eine 
oder mehrere Riesenzellen mit blassen, blasenartigen Zellkernen, die 
haufig isolierte oder gruppenweise vereinigte Bacillen enthalten. Zwischen 
die Riesenzellen eingelagert, erscheinen nicht selten im Zerbrbckeln be- 
griffene Zellkerne und ein paar von der Nukleardisgregation herrQhrende 
Chromatinkbrnchen. Urn eine oder mehrere in der Mitte liegende Riesen¬ 
zellen dehnt sich eine Zone von Zellen aus, deren Kern die gleichen 
Eigentiimlichkeiten der Riesenzellenkerne vorweist. Auch in dieser aus 
Epithelioidzellen bestehenden Zone — von mehr oder weniger groBem 
Umfang, je nachdem man es mit jungen oder gereiften Tuberkeln zu tun 
hat — begegnet man zerbrbckelnden Kernen und Chromatinkbrnchen. 
Sie ist ihrerseits wieder von einer Zone aus Wanderzellen mit intensiv 
gefarbtem Kern umgeben. 

In diesem ersten Stadium der Krankheitserscheinung tritt die Ana¬ 
logic zwischen den Initialknotchen der von Streptothrix und der 
vom Bacillus Koch erzeugten Infektionen ganz auffallend hervor. 
In Lungenschnitten von Meerschweinchen, denen endovenbse Impfung 
mit Kochschen Bacillen den Tod gebracht hatte, stieB ich auf Initial- 
tuberkel, die in keiner Weise von denen zu unterscheiden waren, welche 
die Lungen an Strep tot h r i x - Infektion gestorbener Tiere enthielten. 

Zahlreiche Knotchen findet man im Perivasal- und im Peribronchial- 
Bindegewebe. 

Auch bei dem Streptothrix-Pseudotuberkel beginnt die Degene- 
rationsphase vom Zentrum aus mit Zerstbrung der Riesenzellen. Die 
entarteten Knbtchen enthalten eine Substanz, die Anilinfarben nicht auf- 
nimmt und hier und da Kerndetritus, hier und da kalkigen Detritus 
aufweist. 

Das Entstehen von Knbtchen in den Organen ist von mehr oder 
weniger diffuser Parvicellularinfiltration begleitet. Haufig treten Hbhlen 
auf, voll Zellen, die sich von den Wlinden ablosten, oder voll zerschmol- 
zener Zellkorper. 


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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose. 


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Dasselbe Strukturbild beobachtet man bei den L&sionen am Hunde. 
Bei den grofieren, in den Lungen auftretenden Kndtchen (Fig. 4) er- 
scheinen im Zentrum mehrere Gruppen von Riesenzellen mit oder ohne 
Bacillen, die eine weite Epithelioidzellenzone umgibt. Um diese breitet 
sich wieder ein ebenso ansehnlicher Gflrtel aus Wanderzellen mit lebhaft 
gef&rbtem Kern aus. 

Die kalkige Degeneration erscbeint bei den durch Streptothrix 
an Hunden erzeugten Knbtchen nicht selten. 

Zu den bis jetzt betrachteten Analogieen zwischen Tuberkulose- 
bacillen nnd Streptothricheen in Bezug auf die Form der Mikroben, 
auf S&urefestigkeit und auf die anatomisch-pathologischen Ver&nderungen, 
gesellen sich noch analoge histogenetische Eigentiimlichkeiten. Keiner 
der anderen Mikroorganismen, die granulomerzeugend auftreten, weist 
ein so vielseitiges Uebereinstimmen mit dem Kochschen Bacillus auf, 
wie die Streptothricheen der Pseudotuberkulose-Pilzgruppe. Die letztere, 
durch AffinitSt mit Bacillus Koch gekennzeichnete Abteilung darf 
ja nicht mit zwei anderen Streptothricheengruppen zusammengeworfen 
werden, welche die Eigenschaft besitzen, Actinomyces-Tumoren 
bezw. solche vom Sarcomatypus (Madurafufi) hervorzurufen; zwischen 
diesen und der ersten Gruppe ist eine scharfe Grenze zu ziehen. 


In der Fachliteratur der letzten Jahre kamen Lungenaffektionen des 
Menschen zur Sprache, die, von Streptothricheen erzeugt, Aehnlichkeit mit 
Formen der Menschentuberkulose hatten. 

Buchholtz 1 ) beschrieb einen schwierigen Fall von Lungenkrank- 
heit am Menschen, bei dem die Untersuchung des Sputums keine Tu- 
berkulosebacillen nachzuweisen im stande war. Rechts war der Patient 
von eiterig-fibrinbser Pleuritis mit diffuser Infiltration der Lungen und 
nekrotischen Kaverne affiziert, links von beschr&nkter Pleuritis, minder 
diffuser Lungeninfiltration und kleinen Nekroseherden. Die Sektion 
der Lungen und der Kavernenwandungen brachte ein Geflecht ver- 
astelter FSden zum Vorschein. Wiewohl es an Kulturen gebrach, wurde 
angenommen, es liege Streptothrix-Infektion vor. Mit Rflcksicht 
auf die Saurefestigkeit- der Parasiten bleibt uns der Autor die Antwort 
schuldig. 

Einen zweiten wichtigen Fall von Lungenstreptothrichose haben 
Scheele und Petruschky 2 ) beschrioben. Es handelte sich urn eine 
wohlgen&brte Frau, die von einem chronischen Brustleiden heimgesucht 
war, begleitet von zahlreichen subkutanen Abscessen. Noch zu Leb- 
zeiten der Kranken liefi sich auf Grund der mikroskopischen Unter¬ 
suchung und ausgefdhrter Kulturen des Sputums und des AbsceBmate- 
rials Streptothrichose diagnostizieren. Der Leichenbefund lautete auf 
linksseitige diffuse Pleuritis mit Infiltration eines grofien Teils des 
Lungenfliigels. Sein Gewebe erschien dunkelgrau gef&rbt von zahl¬ 
reichen mit Eiter geffillten Nekroseherden, die es durchzogen. Ein grofier 
Abscefi fand sich im Mediastinum und viele andere im subkutanen 
Bindegewebe. Auf Agar und in Gelatine ausgesat, gingen Kulturen auf, 
die nacbher schmolzen und den charakteristischen Schimmelgeruch 

1) Ueber menschenpathogene Streptothrix. (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXIV. 

1897.) 

2) Kulturen und Prap&rate einer menschenpathogenen Streptothrix-Art. (Verhandl. 
d. Kongr. f. inn. Med. 1897.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


zeigten. Auf Kartoffeln gedieh der Parasit nur ktkmmerlich, verglichen 
mit dem iippigen Wachstum der Streptothrix Eppingers and 
zweier Actinomyces-Kulturen. Auf Kaoinchen verimpft, brachte 
der gezflchtete Parasit Abscesse hervor, aus welchen sich neue Kulturen 
ziehen liefien. 

Auch bei diesem Falle wird von den Forschern fiber positive oder 
negative S&urefestigkeit, die der Pilz in den Geweben sich angeeignet 
haben konnte, nichts mitgeteilt. 

Petruschky 1 ) beobachtete einen Lungen-Streptothrichosefall an 
einem 12-jfihrigen Knaben, der, weil schwach von Konstitution und mit 
chronischem Husten behaftet, ffir tuberkulos gait Unter dem Mikro- 
skop erschienen im Sputum neben Influenzabacillen lange Faden, die 
sich ohne Schwierigkeiten auf Agar zfichten liefien und weifie Kulturen 
gaben. Um eine der Behandlung mit Kochs Tuberkulin analoge Kur- 
methode zu erproben, wandte man extra pr&pariertes Streptothrichin an 
und erzielte komplette Heilung. 

Berestneif 2 ) erstattet Bericht liber zwei weitere Beispiele von 
Lungenstreptothricliose. In einem Fall von Pleuropneumonitis mit Sup¬ 
puration fand er im Eiter eingenistet gelblich-weifie Kornchen von der 
Grdfie eines Stecknadelkopfes. Sie bestanden aus einem strahlig dis- 
ponierten und an den Enden in Keulen auslaufenden Fadenpilz, der in 
Kulturen von dem des Actinomyces wesentlich verschieden aussah. 
Auf Agar wuchsen milchweifie Kolonieen auf. Wie im vorhergehenden 
Falle, handelte es sich um eine Streptothrix alba. Bei dem zweiten, 
wie Lungenaktinomykose verlaufenden Fall stiefi der Autor im Eiter aufs 
neue auf gelbliche, den soeben beschriebenen ganz fihnliche Kfirnchen. 
Auch Strahlenform und Spitzenanschwellung fehlten nicht. Durch Aus- 
saat wurden weifie Kolonieen erhalten, die sp&ter zu einem milchweifien 
Belag konfluierten. Intraperitoneales Verirapfen der Kulturen auf die 
gewohnten Versuchstiere blieb resultatlos. Bei subkutaner Injektion 
erschienen Infiltrationen, verschwanden aber langsam wieder. 

Flexner 3 4 ) hat einen Pleuropneumonitisfall beschrieben, als dessen 
Erreger unter dem Mikroskop eine Streptothrix identifiziert wurde. 
Kulturversuche hatten keinen Erfolg. Als pathologische Erscheinungen 
sind zu notieren: Infiltration, Nekrose und Formation von Lungen- 
kavernen; diese an Tuberkulose mahnenden Tatsachen veranlafiten den 
Forscher, den Prozefi als Pseudotuberculosis hominis strepto- 
thrica zu bezeichnen. Die Infektion eines Meerschweinchens mittels 
der pathogenen Lungensubstanz verursachte den Tod unter Abmagern. 
Die Sektion jedoch brachte keinerlei Schadigung der Organe zur Schau. 
Was WiderstandsfShigkeit gegen SSuren betrifft, liegt keine Andeu- 
tung vor. 

Rullmann 1 ) und Perutz 5 ) fanden in den Sputa eines Lungen- 
kranken Parasiten mit echten Ver&stelungen. Auf dem Loefflerschen 
Serumprfiparat kamen sparliche gelbe Oberfl&chenkulturen zum Vor- 

1) Demonstration von Priiparaten und Kulturen von einem zweiten intra vitam 
diagnostizierten Falle von Streptothricoeis hominis. (Verhandl. d. Kongr. f. inn. Med. 

1898. ) 

2) Ueber Pseudoaktinomykose. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXIX.) 

3) Pseudotuberculosis hominis streptothrica. (Joum. of ex per. med. 1898.) 

4) Ueber eine aus Sputum isolierte pathogene Streptothrix. [I. Mitt.] (Munch, med. 
Wochenschr. 1898.) 

5) Ueber eine aus Sputum isolierte pathogene Streptothrix. [II. Mitt.] (Ibid. 

1899. ) 


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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose. 


39 


schein, wfihrend Bouillon sich anfangs nur triibte, nach 24 Stunden aber 
trat an seiner Oberflfiche ttppiges Wuchern von Kulturen ein. Die 
mikroskopische Untersuchung lieB an den Bacillen echte Verzweigungen, 
hier und da Anschwellungen der Fadenspitzen wahrnehmen, wodurch 
sie dem Mikroben der Dipbtheritis fihnelten. Von den in groBer An- 
zabl geimpften Versuchstieren starben ungefahr zwei Drittel — nament- 
lich Mause und Kaninchen und besonders schnell die ersteren — an 
allgemeiner Streptothrix-Infektion. 'Die aus dem Lasionsmaterial 
der Tiere erhaltenen Zfichtungsprodukte wiesen gewisse kulturelle Modi- 
fikationen auf. Aus dem Leberinfarkt eines ins Peritoneum geimpften 
Kaninchens entwickelte sich eine der Streptothrix odorifera — 
1895 von den genannten Forschern isoliert und mit diesem Namen be- 
zeichnet — identische Strep to thr ix-Kultur. 

Bei einem Falle von Lungenkrankheit mit darauffolgender Suppura¬ 
tion entdeckte Foulerton 1 ) im Sputum sowie im Eiter eine Strepto¬ 
thrix. Der Parasit entwickelte sich auf Glycerinagar in Form eines 
trockenen, schmutzig-weiBen Hfiutchens. Impfversuche auf die gewohn- 
ten Versuchstiere gaben keinerlei Resultat. 

Laut Referat v. Ritters 2 3 * ) fiber einen ulcerosen Pleuritisfall mit 
metastatischen Gehirnabscessen hat der Verf. im Eiter eines Parasiten 
vom Charakter der Streptothrix ausfindig gemacht, doch keine Kul¬ 
turen daraus erzielen konnen. 

Von hdchster Bedeutung und mit groBer Sorgfalt ausgearbeitet ist 
folgender von Aoyama und Miyamoto 8 ) beschriebener Fall. Bei 
Lebzeiten des Patienten wies das Sputum verfistelte Filamente auf. Die 
Autopsie ergab Doppelpleuritis mit Exsudat, kleine, auf beide Lungen- 
flfigel zerstreute, hepatisierte Stellen und im rechten einen AbsceB von 
der GrfiBe eines Hfilmereies. Auch der Eiter enthielt die Bacillenform 
mit echten Ramifikationen. Von anderen Parasiten keine Spur. Die 
Schnitte des hepatisierten Lungengewebes wiesen zwischen den runden 
Infiltrationszellen dieselben verfistelten Filamente auf. In den fibrigen 
Organen war nichts zu finden. Kulturen auf Glycerinagar lieferte der 
Lungeneiter. Der Parasit bildete an der Agaroberflache ein feuchtes, 
weiBliches Hfiutchen, das mit der Zeit gelb wurde. Auf Bouillon ent- 
standen weiBliche Schfippchen und am Boden sammelte sich ein flockiger 
Niederschlag aus verflochtenen Ffiden, wfihrend die Flflssigkeit klar blieb. 
Auch in bloB sterilisiertem Wasser gedieh der Mikrobe unter Bildung 
einer dfinnen, weiBen Oberflfichenmembran. Ein Zusatz von 5 Proz. 
Traubenzucker vermochte kein Uppigeres Vegetieren hervorzurufen als 
eben beschrieben. Auf Kartoffeln entstand ein verrunzelter Belag von 
gelbbrauner Farbe; auf Milch an der Oberflfiche ein gelbes Hfiutchen. 
Die Injektion des Lungeneiters und der Kulturmassen in Bauch- und 
Brusthohlen von Meerschweinchen erzeugte hfimorrhagische Entzfin- 
dungen mit Kndtchenbildung. Impfung von Kaninchen, Mfiusen, 
Hfihnern zeitigte keinerlei Resultate. Die Autoren sind der Ansicht, 
ihre Streptothrix weise groBe Aehnlichkeit mit der Eppinger- 
schen auf. 

Ueber zwei weitere Lungenstreptotrichose-Ffille liegen Beschrei- 


1) On Streptothrix infections. (The Lancet. ] 899.) 

2) Ueber einen Fall von durch eine Streptothrix bedingter Pleuritis ulcerosa mit 
metastatischen Gehirnabscessen. (Prag. med. Wochenschr. 1900.) 

3) Ueber die menschenpathogene Streptothrix. (Aus d. Mitteil. d. med. Fakultat 

d. kais. japan, Univ. Tokio. Bd. IV. 1900.) 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


bnngen vod Nor vis und Larkin 1 ) vor. Laut denselben enthielt der 
Lungeneiter Kdrnchen, in denen Streptokokken und verSstelte Filamente 
nebeneinander zu sehen waren. Die nfimlichen Filamente durchzogen 
auch Lungengewebe. Von den beiden Fallen lieferte der eine gar keine 
Kultnren, bei dem anderen lieBen sich solche auf Kaninchenniere- 
Schnittchen zilch ten. Spater gelang es, den Parasiten auch in Bouillon 
und auf Agar zum Wachstum zu bringen. Die fest am Nahrboden ad- 
harierenden Kolonieen zeigten*weiBe Farbe. Reinkulturen- des Mikroben, 
in das subkutane Bindegewebe eingespritzt, brachten bei Kaninchen 
Abscesse, in die Trachea geimpft, Empyem und LungenabsceB hervor. 

Der einzige Fall von Lungenstreptothrichose, bei dessen Beschrei- 
bung die Saurefestigkeit des Parasiten erwahnt wird, ist der von Birt 
und Leishman 2 ) beschriebene. Der Patient, ein 26-jahriger Soldat, 
war im Januar 1900 an Diphtheritis erkrankt und, nicht komplett her- 
gestellt, entlassen worden. Im Mai desselben Jahres stellten sich von 
neuem Fieber unter Abmagern und Kachexie ein. In der rechten 
Pleurahohle trat Exsudat auf, die Leber schwoll an; den Husten be- 
gleiteten rdtliche muco-purulente Expektorationen. Das Sputum wies 
s&urefeste, dem Tuberkulosebacillus ahnliche Parasiten auf. Nach Punktur 
ergoB sich aus der rechten Pleurahdhle geruchloser, brauner Eiter von 
schleimiger Konsistenz. Es gelang, den Parasiten daraus zu zilchten. 
11 Tage nach seinem Eintritt in das Lazarett starb der Kranke. Bei 
der Autopsie zeigte sich ein groBes Empyem auf der rechten Seite. Der 
Eiter hatte nicht das charakteristische Aussehen aktinomykotischen Eiters. 
In dem am Diaphragma adh&rierenden rechten Lungenfliigel erschienen 
weder Knbtchen noch Kavernen. Der linke war besfit mit cirrhdsen 
Knotchen, die keine Spur von Verk&sung und ein von dem der Tuber- 
keln durchaus verschiedenes Aeufiere zeigten. Die Leber war bedeu- 
tend vergroBert. Das Pericardium enthielt 625 ccm einer triiben Fltls- 
sigkeit. Das Kolon wies in der NBhe der Flexura sigmoidea 
Ulcerationen auf. Im Eiter zeigte sich unter dem Mikroskop eine Art 
Netzwerk aus ddnnen Filamenten mit rechtwinkeliger Verzweigung. Die 
LungenknQtchen enthielten Fadenbtlschel und kurze Fragmente, wie sie 
im Sputum aufgetreten waren. Agarkulturen bildeten nach 36 bis 
48 Stunden einen staubigen, schneeweiBen Belag. Gleiche Belage zeigten 
sich auch auf Gelatine, auf Kartoffeln hatten sie ein trockenes Aussehen 
und weiBe Farbe. Reinkulturen, auf Meerschweinchen iibertragen, er- 
gaben positive Resultate. Die im Peritoneum geimpften Tiere erlagen 
der Infektion nach 5—6 Wochen, wobei sich das Entstehen groBer, 
kSsiger Eitermassen zeigte. 

War aus der mikroskopischen Untersuchung der Parasiten sowie 
aus den anatomisch-pathologischen Sektionsbefunden hervorgegangen, 
daB durch Impfen mit Reinkulturen gewisser Streptotricheen an Tieren 
ganz ahnliche Krankheitserscheinungen hervorgerufen werden konnten, 
wie durch den Bacillus Koch, so ist nun auch der Nachweis ge- 
leistet, daB das Gleiche auch bei den entsprechenden Menscheninfek- 
tionen zutrifft- Diese Tatsachen in das rechte Licht zu stelien, war 
meine Absicht bei Aufzahlung samtlicher bisher im Druck erschienenen 
Beschreibungen von Lungenstreptothrichose-Krankheitsfallen. Eine stich- 

1) Two cases of microbic bronchiopneumonia with Streptothrix. (Journ. of exper. 
raed. Vol. V. 1900.) 

2) A new acid-fast Streptothrix pathogenic to man and animals. (Journ. of hyg. 

1902.) 


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CentmlblaU (' Rakteriologie Abt I Bd XUTUI 


SaufeUce. Streptothrix -Pseudotuberimk 
. Fig 2 



Saufchcc ga 

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Verl v liuslav Fischer Jen 


Litli Ansiv.-J.Arndt Jenr 


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Sanfelice, Streptothrix-Pseudotuberkulose. 


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haltige Differenzierung zwischen einem Pseudotuberkulose- und einem 
echten Lungenschwindsuchtsfall zu etablieren, ist nur dann gestattet, 
wenn Kulturversuche gelungen sind. Liegen keine solchen vor, so ist 
es erlanbt, die Diagnose als unzuverl&ssig zu betrachten; denn unter 
dem Mikroskop erscheint die Form des Parasiten in beiden Fallen ab- 
solut identisch und das anatomisch-pathologische wie das histologische 
Ergebnis liefert keine so voneinander abweichenden Daten, dafi zwischen 
dem einen und dem anderen Infektionsprozefi eine Scheidewand mit 
Sicherheit sich aufstellen lieBe. 

Keines der Experimente, die ich mit Serumimmunisierung und 
Serumtherapie anstellte, ward bis heute von positivem Erfolg gekront. 
Mittels eines von der Firma Z am belli nach meinen Angaben kon- 
struierten Spezial-Triturierapparates, der Vorziigliches leistet, stellte ich 
die Protelne des Tuberkelbacillus bezw. der Streptothrix dar. Diese 
injizierte ich mehrmals im Verlaufe von 2, 3, 4 Monaten Hunden in das 
subkutane Bindegewebe und sammelte hierauf das Serum. Meerschwein- 
chen, die mit diesem Serum subkutan in die Bauchhdhle und die Jugu- 
laris geimpft wurden. widerstanden der Infektion durch virulente Kul- 
turen nicht. Das Serum besaB somit keine immunisierende Eigen- 
schaft 

Auch der Tuberkel- wie der Streptothrix-Infektion erlagen alle 
Meerschweinchen, denen man, wShrend mehrerer Tage und in ziemlich 
starker Dose, Serum von subkutan mit den Proteinen behandelten 
Hunden in das Bindegewebe und die Bauchhdhle eingespritzt hatte. Zur 
Stunde sind weitere Experimentserien an anderen Versuchstieren im 
Gauge, um zu sehen, ob von einem derselben Antikorper von immuni- 
sierender oder den Verlauf der Streptothrichoseinfektion modifizieren- 
der Wirkungsf&higkeit erhaltbar sind. 

Messina, August 1904. 

Erklftrung der TafeL 

Fig. 1. Lunge eines an endovendser Impfung mit Streptothrix alba II ge- 
storbenen Meerschweinchens. Ok. 4, Obj. 1 / lf> Koristka. 

Fig. 2. Reinkultur vou Streptothrix flava Trockenpraparat naeh Ziehl- 
Gabbetscher Methode gefarbt lntensiv rote Bacillenstrecken als Fortsetzung mit 
saurefesten Formen. Ok. 4, Obj. l l t9 , Koristka. 

Fig. 3. Keinkultur von Streptothrix Eppinger. Trockenpraparat, gefarbt 
wie voriges. Saurefeste in Fortsetzung nicht saurefester Bacillen. Erstere treten hier 
in gr56erer Menge auf aL in der Streptothrix f 1 ava-Kultur. Ok. 4, Obj. l / iv 
Koristka. r*- 

Fig. 4. Lunge eines an endovendser Impfung mit Streptothrix alba II ge- 
storbenen Hundes. Ok. 4, Obj. V 12 , Koristka. 

Fig. 5. Kaninchenlunge; Tod erfolgt nach endovenoser Streptothrix alba 
II-Impfung. Initial-Pseudotuberkel mit 5 Riesenzellen, von Epithelioidzellen umgeben. 
Zwischen den Riesen- und Epithelioidzellen kommen zwei Gruppen saurefester Bacillen 
zum Vorschein. Ok. 4, Obj. J / llf Koristka. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Nachdruck verboten. 

Ueber eine bei Katzen aufgetretene, durcli einen besonderen 
Mikroorganismus bedingte Epizootie. 

[Aus dem hygienischen Institute der k. Universit&t in Siena. (Direktor: 

Prof. A. S cl a vo.)] 

Von Dr. Nello Mori, Tierarzt. 

Im Sommer 1903 erfuhr ich, daB in Siena in kurzer Zeit mehrere 
Katzen unter einem besonderen symptomatischen Bilde gestorben waren. 

Da ich vermutete, daB es sich um eine in epizootischer Form auf¬ 
getretene Infektion handelte, ersuchte ich mehrere Personen, rair einige 
mit dieser Krankheit behaftete Tiere oder doch wenigstens einige Tiere, 
die an derselben gestorben waren, zu verschaffen, damit ich die Krank¬ 
heit eingehend erforschen kOnnte. 

Trotz aller BemQhungen gelang es mir aber nur, eine einzige, un- 
gef&hr 3 Monate alte, dem Tode nahe Katze zu erlangen; von mehreren 
anderen konnte ich nur die Krankengeschichte erfahren, die Gbrigens 
die gleiche war, wie bei dem Tiere, das sich in meinen H&nden befand. 
Ueber dieses Tier wurde mir folgendes berichtet: 

Anamnese. Der Eigentumer hatte die Erkrankung der Katze 15 Tage vor 
Aushfindigung derselben an mich bemerkt. Das Tier, das bis dahin kein Krankheits- 
symptom gezeigt hatte, lief plOtzlich wie erschrocken, mit weit aufgerissenen Augen 
beeinnungslos hin und her, drehte sich im Kreise bald nach rechts, bald nach links, 
taumelte endlich und stiirzte in paralytischem Zustande unter unwiUkurlichem'Harn- 
abgange zusammen. Nach 15 Minuten erhob es sich mit Muhe und kehrte zu seinem 
Lager zuriick. 

An den darauffolgenden Tagen bekundete das Tier Traurigkeit und Schlafsucht, 
frafi wenig und war nicnt mehr so munter und spaBhaft, wie es junge Tiere zu sein 
pflegen. Am 7., 12. und 14. Tage folgten 3 weitere, immer heftigere und langer 
dauemde Anfalle; der letzte Anfall liefi das Tier in dem Zustande, in welchem ee mir 
iibergeben wurde. 

Status praesens. Auf den Boden gesetzt, bringt sich die Katze in die Brustbein- 
Bauchlage mit etwas ausgespreizten Gliedern und gesenktem Kopfe. Die Haare sind 
zerzaust, die Augen halb geschlossen und von Schleim triefend, die Schleimhaute blafi; 
Geifer am Munoe. 

Bei der Thermopalpation wird, besonders an den Extremit&ten, markierte Hypo- 
thermie wahrgenommen. 

Rektaltemperatur 37°. Schweres, unregelmafli ges Rippen-Bauchatmen. 

Bei der Palpation des Bauches fiihlt man, dah die Eingeweide gespannt und mit 
festen Stoffen angefiillt sind; eine Anhaufung solcher macfct sich beS)naers im grofien 
Grimmdarm bemerkbar. Der Afterschliefier ist etwas ersciiia ^ und weist unwirksame 
Kontraktionen auf. 

Da sich der Zustand des Tieres immer mehr verschlimmerte, beschlofi ich, es 
durch Injektion einer starken Dose Strychnin zu tdten. Der Tod trat nach ungefahr 
15 Minuten wahrend des ersten, sehr schweren Tetanieanfalles ein und gleich darauf 
nahra ich die Autopsie vor, bei welcher ich folgenden Befund machte: 

Pathologisch-anatomischer Befund. Allgemeinzustand sehr herab- 
gekommen, Fett fast gar nicht vorhanden. 

Bauchhohle. Beim Abhauten nahm ich schon von auBen durch die transparente 
Bauchwand in den unteren Regionen eine dunkle, langliche Masse wahr, die sicn vom 
linken Hypochondrium bis in die Vorschamgegend erstreckte und fast den Grund der 
Urocyste beriihrte. Ich hielt sie fur ein Blutgerinnsel, aber nach Erdffnung des Bauches 
sah ich zu meinem Erstaunen, daB es sich um die Milz handelte. 

Sie war sehr voluminos, von pechschwarzer Farbe, morsch, saftreich und lieB beim 
Einschneiden fliissiges, schwarzes Blut austreten. 

Die Leber, die von gelblicher Farbe war und ebenfalls leicht zerfiel, wies eine 
fettige Degeneration auf. 

Der Magen war vollstandig leer. 


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Mori, CJeber eine bei Katzen aufgetretene Epizootie. 


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Der erete Darmabschnitt enthielt nur etwas klare Flussigkeit. 

Der Die kd arm dagegen war an seinem An fang und auf einer Strecke von ungefahr 
10 cm mit zahem, gelatin6sem Scbleim angefiillt, m welchem ich nichts anderes antraf 
ah 5 oder 6 Glieder einer sehr diinnen Taenia cucumerina. 

Die Schleimhaut des ganzen Verdauungsapparatee war blafi. 

Die Nieren, die Nebennieren, das Pankreas erschienen makroekopisch normal. 

Brusthohle. Lungen etwas injiziert, Herz diastolisch, Blut fliissig und dunkeL 

Nach beendigter Autopsie legte ich vom Blute, von der Leber und 
Milz Kulturen in fldtenschnabelformig erstarrtem Agar sowie einige 
mikroskopische PrSparate an. 

Schon nach 15 Stunden nahm ich in alien Kultnren zahlreiche 
Kolonieen des Keimes, den ich sogleich beschreiben werde, im Rein- 
zustande wahr. 


Merkmale des isolierten Keimes. 

Morphologische Merkmale. Bei Prfifung junger Kulturen 
des Keimes im h&ngenden Tropfen gewahrt man zu zweien vereinigte 
oder vereinzelte St&bchen mit abgerundeten Enden, ferner einige sehr 
kurze, kokken&hnliche Formen. 

Die Bacillen haben eine verschiedene, zwischen 0,8 n und 2 ^ 
varnerende Lfinge; m alten Kulturen kommen auch sehr lange Involutions- 
formen vor. 

Die Keime besitzen sehr lebhafte Eigenbewegung und behalten diese 
zumeist auch in alten Kulturen bei. 

Es lassen sich Bewegungen in situ und Bewegungen der Ortsver- 
inderung unterscheiden: In situ bemerkt man rotierende und oscillierende 
Bewegungen, die Bewegungen der Ortsver&nderung, die rasch von statten 
gehen, geschehen in gerader, krummer, geschl&ngelter, in Zickzack- oder 
in Spirallinie. 

Der von mir isolierte Keim bildet meines Erachtens keine Sporen; 
denn obgleich ich ihn in den verschiedensten N&hrmitteln kultivierte, 
habe ich solche nie beohachtet. 

Diese Beobachtung erf&hrt eine Best&tigung durch die andere, dafi die 
verschiedenen Kulturen durch nicht sehr hohe Temperaturen (50—60°) 
abgetdtet werden. 

F&rbungsverhalten. Der Keim ffirbt sich mit den gewdhnlichen 
basischen Anilinfarben. Er widersteht weder der Gramschen noch der 
Claudius schen Methode. Die F&rbung der Kapseln in den PrSparaten, 
die ich aus Materialien aus dem K5rper der nach Impfung mit diesem 
Keime zu Grunde gegangenen Tiere und aus den verschiedensten 
Kulturen anlegte, ist mir nach den von den Autoren am meisten 
empfohlenen Methoden nie gelungen. 

Geifieln. Der Keim besitzt 6—8 an alien Seiten des KOrpers 
angeheftete GeiBelfaden; dieselben sind 2—4mal so lang als der KOrper 
und deutlich gewunden. 

Zur Ffirbung der Geifieln zog ich nach Versuchen mit anderen 
Methoden die Pitfieldsche 1 ) Methode vor, mit welcher ich geradezu 
gl&nzende Pr&parate erhielt. 

1) Die von Pitfield empfohlene Methode, die ich aus einer Arbeit Vogele 
„Die Seuche unter den Agoni dee Lago di Lugano* (Zeitechr. f. Hyg. Bd. XLIV. 
1903. p. 281) kennen lemte, ist sehr einfach. 

. Man gebrauchl dabei folgende Farbfliissigkeit: 

Gesattigte Alaunlosung 10 ccm 

Gesattigte alkoholische Gentianaviolettlosung 2 „ 

Wassenge 10-proz. Tanninsaureldsung 10 n 


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44 


Centr&lbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Verhalten gegen die Luft. Der Keira gehOrt zu den fakultativen 
Anaerobiern. 

Temperaturen, bei denen Wacbstura stattfindet. Das 
Temperaturoptimum liegt bei 30-37°. Bei einer Zimmertemperatur 
von uogef&hr 20° w&chst der Keim gut in 48 Stnnden; bei 10—15° 
w&chst er kdmmerlich und erst am 4. Oder 5. Tage gewahrt man 
Wachstum auf Agar und Gelatine. 

Auf Agar, bei einer zwischen 2° und 10° schwankenden Zimmer¬ 
temperatur, war das Wachstum viel geringer, aber nach mehreren Tagen 
doch immer wahrnehmbar. 

Widerstand gegen W&rme. Die Versuche zur Bestimmung 
der Widerstandsfahigkeit des Keimes gegen verschiedene Temperaturen 
nahm ich nach folgender Technik vor: 

Ich filllte einen groBen, hohen Becher auf etwa */ 4 mit gewdhnlichem 
Wasser und stellte ihn auf ein Drahtnetz fiber einen angezfindeten 
Bunsenbrenner; in das Wasser stellte ich ein sterilisiertes, mit sterili- 
siertem Wasser geffilltes breites Glaschen. 

Sowohl in dem Wasser des Bechers als in dem des Gl&schens 
suspendierte ich ein Thermometer; das leztere Thermometer war vorher 
mit konzentrierter Salzs&ure sterilisiert und mit reichlichem sterilisierten 
Wasser abgespfilt worden. 

Durch den Hahn am Bunsenbrenner l&fit sich mit etwas Achtsamkeit 
die Temperatur des im Glaschen enthaltenen Wassers, in welchem die 
Keime auf ihre Widerstandsf&higkeit geprfift werden, auf die gewfinschte 
Hobe bringen. 

Die Keime, die ich stets einer 48 Stunden alten in Loefflerscher 
Bouillon angelegten Kultur entnahm, wurden in Glaspipetten aspiriert, 
die an einem Ende mit einem Wattebfiuschchen versehen und am anderen 
Ende, an der Flamme, in ein dfinnwandiges kapillares Rdhrchen aus- 
gezogen worden waren. 

Ich war darauf bedacht, daB in die kapillaren ROhrchen mfiglichst 
gleich groBe Emulsionsmengen eingeffihrt wurden. 

Vor VerschlieBung des spitz zulaufenden Endes wurde die Flfissig- 
keit durch schwache Aspiration von der Stelle entfernt, die an der 
Flamme geschmolzen werden sollte. 

Diese Rdhrchen stellte ich nun in das auf einen bestimmten Grad 

Nach den Angaben Pitf ields bereitet man zunachst eine diinne Bakterienemulsion, 
indem man eine Platindse einer jungen Agarkultur in ein Leitungswasser enthaltendes 
Uhrschalchen bringt. Von dieser Emulsion brinet man dann eine Oese voll zum Trocknen 
auf Deckglaschen, die durch Kochen in mit Kaliumbichromat versetzter Schwefelsaure 
(3 g in 100 g Wasser) und nachheriges Ausspulen, zuerst mit Wasser, danu mit Alkohol, 
gut gereinigt worden sind. Die Glaschen legt man, mit dem (aber nicht an der Lampe) 
angetrockneten Material nach oben gewendet, auf ein Netz und trSufelt einige Tropien 
der FarbfHissigkeit darauf, die man bis zu leichter Dampfentwickelung erwarmt Hierauf 
spiilt man die Praparate ab und untersucht sie. 

Bei diesem Verfahren sind die Resultate unzuverlassig und die Praparate enthalten 
immer viele Prazipitate. Ich modifizierte nun die Methode, indem ich ein Uhrschalchen 
mit Farbfliissigkeit fast ganz fiillte, das Praparat in diese hineintauchte und sie an 
ganz kleiner Flamme ungefahr 10 Minuten lang erwarmte; dadurch wurde verhiitet, 
aafi sich die Fliissigkeit an der Oberflache unter der Form eines Hautchens verdickte. 
Nachdem ich die Glaschen behutsam in reichlichem Wasser abgespiilt hatte, schlofl ich 
sie in Kanadabalsam ein. 

Nach diesem Verfahren erhielt ich sehr schone Praparate voo dem von mir 
isolierten Bacillus, die auch jetzt noch, nach mehreren Monaten, das gleiche Aussehen 
haben; ebenso schdne Praparate erhielt ich vom Typhusbacillus, vom Bacterium coli, 
vom Choleravibrio, vom Proteus vulgaris unci vom Bacillus pyocyaneus. 


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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootie. 


45 


erwfirmte Wasser, zog sie nach einer gewissen Zeit wieder heraus, brach 
mit einer an der Flamme sterilisierten Schere die Spitze ab und lieB, 
an dem mit Watte versehenen Ende blasend, den Inhalt in Bouillon- 
rOhrchen flieBen. 

Aus der nachstehenden Tabelle ersieht man, daB der Keim auch 
gegen mittelm&Big hohe Temperaturen nicht sehr widerstandsf&hig ist. 
-f- zeigt an, daB der Keim widerstand, — daB er zu Grunde ging. 


Zeit 

I. Versuch 

45° 

■s 

S3 

> 

t-H 

! ^ 

III. Versuch 

I. Versuch 

II. Vereuch o 

o 

III. Versuch 

I. Versuch 

II. Versuch S 

o 

-d 

S3 

a> 

> 

•-H 

5 Minuten 


+ 

+ 

1 + 




1 


15 „ 

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— 

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Um festzustellen, ob in Slteren in verschiedenen N&hrmitteln ge- 
wachsenen Kulturen Sporen existieren, ffihrte ich nach der beschriebenen 
Technik Versuche bei 60° aus, aber stets fand ich die Keime abgetotet. 
Handelte es sich um auf festen Substraten gewachsene Kulturen, so 
schwemmte ich den Belag in destilliertem und sterilisiertem Wasser auf. 

Widerstandsfahigkeit gegen Eintrocknung. Um festzu¬ 
stellen, wie lange der Keim im Zustande der Eintrocknung lebensf&hig 
ware, legte ich Bouillonkulturen an und hielt sie 48 Stunden lang im 
Thermostaten. 

Hierauf schflttelte ich den Inhalt der Giaschen stark, um die 
Bakterienaggregate zu zerteilen. 

Doch nicht zufrieden mit dieser Zerteilung, filtrierte ich die Kulturen 
durch sterilisiertes Lbschpapier, wie es mir Prof. Ottolenghi anriet, 
der sich fflr Emulsionen des Milzbrandbacillus dieses Verfahrens schon 
seit langerer Zeit bedient. Das Filtrat sah ziemlich homogen aus und 
in der Tat erschienen mikroskopisch die Bakterien zum groBen Teil 
vereinzelt Oder zu Gruppen von wenigen Elementen vereinigt. 

Eingedenk der von Kitasato 1 2 ) konstatierten Tatsache, daB die 
Widerstandsfahigkeit der Keime auch zum Teil von der Natur des 
Materials, auf welchem sie getrocknet werden, abh&ngt, gebrauchte ich 
bei meinen Versuchen: PlatinfSden, dtlnne GlasfSden nach Art der von 
Simonetta*) empfohlenen, Lbschpapierstflckchen und Seidenf&den. 

Ich tauchte die genannten Materialien ins Filtrat und brachte sie 
in einen groBen SchwefelsSureexsikkator, wo ich sie im Dunkeln hielt. 

Der Keim erwies sich als sehr widerstandsf&hig gegen Eintrocknen, 
denn noch nach 45 Tagen fand in alien Bouillonrbhrchen, in welche ich 
die auf den verschiedenen Materialien getrockneten Keime eingefflhrt 
hatte, Wachstum statt 

Bei Kontrollversuchen, die ich mit einer Bacillus coli-Kultur 
vornahm, war dieser Keim bei Eintrocknung auf Platinf&den schon nach 


1) Kitasato, Die Widerstandsfahigkeit der Cholerabakterien gegen Eintrocknung 
und Hitze. (Zeitschr. f. Hyg. 1888.) 

2) Simonetta, Intorno alia tecnica per investigare il potere germicida dei fluidi 
coi germi che resistono all’ essiccaraento. (Rivista d’igiene e sanitk pubblica. Anno IX. 
1898. No. 1.) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


46 Tagen abgetfitet, dagegen bei Eintrocknung auf GlasfSden, Losch- 
papier Oder Seidenf&den nach 45 Tagen noch am Leben. 

Kulturelle Merkmale. 

Loefflersche Bouillon. In diesem N&hrmittel nimmt man, 
wenn man es bei 30—37 0 iin Thermostaten halt, nach ungefahr 6 Stunden 
(manchmal auch schon nach 4 Stunden) eine gleichmfiBige Trfibung wahr. 
Nach einiger Zeit bildet sich an der Oberflfiche der Flflssigkeit konstant 
ein Hautchen, das dick wird und eintrocknet und bald in Bruchstficke 
zerfailt, die zu Boden sinken; bald darauf bildet sich ein neues Hautchen, 
das das gleiche Schicksal erfahrt, so daB sich nach nicht langer Zeit 
ein reichlicher hautchenartiger Niederschlag am Boden der Rdhre an- 
gesammelt hat 

Das Mittel weist immer alkalische Reaktion auf und verbreitet bei 
alten Kulturen einen ganz leichten, nicht definierbaren, unangenehmen 
Geruch. 

Gelatine. Der Keim verflfissigt die Gelatine nicht. Bei einer 
Zimmertemperatur von 20—22° gewahrt man auf Gelatineplatten inner- 
halb 48 Stunden vollkommen scheibenfSrmige, scharf konturierte, gelb- 
liche Kolonieen von hochstens 1 mm Durchmesser, die einen blauen 
Widerschein haben. 

Unter dem Mikroskop erscheinen die Kolonieen feink5rnig, mit 
einem dichteren, exzentrisch sich verlierenden, zentralen Teil. Bei 
alten Kulturen sieht der zentrale Teil ganz wie ein Kern aus, er wOlbt 
sich vor und ist von einem transparenten, glasfarbigen Hof umgeben, 
in welchem grofle dunkle Kornchen zerstreut liegen. 

Wenn zwei Kolonieen nahe beieinander liegen, gehen sie nicht in* 
einander fiber, sondern platten sich an der betreffenden Stelle ab und 
nehmen Nierenform an. 

In Gelatinestichkulturen beobachtet man ganz kleine, vereinzelte, 
rundliche, weiBgelbe Kolonieen. 

An der Oberflache bildet sich ein nagelkopffdrmiger Belag, der sich 
langsam ausbreitet, aber nie die W r and der RChre erreicht. 

In Strichkulturen auf in Petri- Sch&lchen erstarrter Gelatine bildet 
sich dem Impfstrich entlang ein gl&nzender, gelblicher, bandfdrmiger 
Belag. 

Agar. In Agarstrichkulturen bildet der Keim einen grauen, blau 
schimmernden Belag mit scharfen eingebuchteten Randern. 

In Agarstichkulturen findet fippiges Wachstum lfings des Impfstiches 
statt; an der Oberflache bildet sich ein zuerst feuchter, sp&ter trockener, 
dunkler Rasen, der, sobald er die Wand der Rfihre erreicht hat, runzelig 
wird. 

In Agarplattenkulturen kommt es zur Bildung von verschieden grofien 
und verschieden gestalteten Kolonieen. Besonders charakteristisch sind 
die einen elliptischen Kontur und (1 -2—3) henkelformige seitliche Aus- 
laufer aufweisenden Kolonieen. 

Flfitenschnabclffirmig erstarrtes Serum. Innerhalb 
48 Stunden kommt es zur Bildung eines ausgedehnten, eingebuchteten, 
grauen Belages von gelblichem Widerschein. 

Kartoffeln. Auf Kartoffeln bildet sich ein dicker, saftreicher, 
graugelber Belag; mitunter ist der Belag fahlgrau und nimmt fast die 
Farbe der Kartoffel an, hierin an den Typhusbacillus erinnernd. 


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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic. 


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Biochemische Merkmale. 

Wirkung auf stickstoffhaltige Stoffe. 

Pepton. Prttfung auf Indolreaktion. An Kulturen, die in 
Bouillon oder in mit 1—5 Proz. Pepton versetztem Wasser angelegt 
worden waren, nahm ich, nachdem ich sie 1—15 Tage lang im Thermo- 
staten bei 35—37° gehalten hatte, nach der Kitasatoschen und der 
Crisafullischen Methode die IndolprQfung vor. 

In keinem Falle gab der Keim die Indolreaktion. 

Gekochtes Eiweifi. Aus ganz frischen, hart gesottenen Eiern 
nahm ich das Eiweifi, zerschnitt es in W flrfelchen mit scharfen Kan ten 
und Ecken und schflttete diese in Bouillon oder in mit 1 Proz. Pepton 
versetztes Wasser. Weder in dem einen noch in dem anderen Falle 
war nicht einmal nach 10 Tagen das Eiweifi durch die Produkte des 
Bacillus angegriffen worden. 

Nitrate. Grimbert 1 ), der die schon durch Untersuchungen frfiherer 
Forscher bekannte denitrifizierende Wirkung der Keime studierte, teilte 
diese in 2 Kategorieen: Die Kategorie der direkt und die der indirekt 
denitrifizierenden Keime. 

Direkt denitrifizierende Keime nannte er diejenigen, die Stickstoff 
aus Nitraten in peptonisiertem Wasser zu entbinden vermdgen, indirekte 
denitrifizierende dagegen die Keime, die nur bei Vorhandensein von 
Stfirkemehl in der Bouillon Stickstoff entbinden. 

Ich bereitete nun nach den Angaben von Grimbert zweiNfihrmittel, 


nfimlich: 

1) Heines salpetersaores Kali • 1 

Pepton • 1 

Destilliertes Wasser 100 

2) Heines salpeteraaura Kali 1 

Loefflersche Bouillon 100 


In die diese Kulturflfissigkeiten enthaltenden Gl&schen fflhrte ich 
eine kleine, am Halse abgeschnittene und genau mit der entsprechenden 
FlQssigkeit gefQllte Glasphiole 2 ) umgesttilpt ein, um in derselben das 
Gas aufzufangen, wenn sich aus dem Zerfall des Nitrates solches ent- 
wickelte. 

Durch wiederholte Versuche stellte ich fest, dafi der von mir 
isolierte Bacillus nur in nitrathaltiger Loefflerscher Bouillon G&rung 
bewirkt; er w&re also zu den indirekt denitrifizierenden Keimen zu 
z£hlen. 

Ich wollte nun feststellen, ob das Nitrat in Nitrit verwandelt wfirde 
und verwendete zu diesem Zwecke das Griesssche Reagens. das sich 
aus zwei Lfisungen zusammensetzt: 

Losung A. Chlorwasseratoffsaures Naphtylamin 0,20 g 


Salzsaure 1 ccrn 

Destilliertes Wasser 100 „ 

Losung B. Sulfanilsaure 1 g 

Destilliertes Wasser 100 ccm 


Ich setzte der Kultur 1 ccm der Losung A und 1 ccm der 
LOsung B zu. 


1) Grimbert, Diagnostic des bactlriee par leur fonctions bio-chitniques. [Thbse.] 
Paris 1903. Mars. 

2) Diese Phiolen leisten bessere Dienste als die Rbhren, deren sich Vogel (1. c.) 
znm Stadium der gasogenen Eigenschaften der Keime bediente. 


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Die Kulturen in den beiden Nitrate enthaltenden Mitteln f&rbten 
sich bei diesen Versnchen stets intensiv rot, ein Zeichen, dafi Nitrite 
vorhanden waren. 

NatQrlich raachte ich Kontrollversuche mit dem nicht infizierten 
N&hrmittel. 

Wirkung auf nicht stickstoffhaltige Kohlenstoff- 

verbindungen. 

Um die Wirkung der Mikroorganismen auf die Kohlehydrate zu 
studieren, bediente Grimbert 1 ) sich folgenden Nahrmittels: 

Beinee Kohlehydrat 2 g 

Pepton 0,50 „ 

Deetilliertee Wasser 100 „ 

Man l&Bt alles in einer Porzellankapsel kochen; nach erfolgter 
Ldsung setzt man von kohlensaurem Natron freien, reinen, kohlensauren 
Kalk in kleiner Menge zu und lafit 5 Minuten weiter kochen. Hierauf 
filtriert man und stellt mittels Lackmustinktur fest, ob die FlOssigkeit 
neutrale Reaktion gibt. 

Man giefit die Ldsung in die Proberdhren und sterilisiert sie 
15 Minuten lang bei 110°. 

Nach Erkaltung setzt man in jede Rdhre 7*—1 ccra Lackmustinktur 2 ) 
zu, die vorher sterilisiert worden ist. 

Dieses Nahrmittels bediente ich inich gleich, nachdem ich Grim- 
berts Arbeit gelesen hatte. Zu den ersten Versuchen hatte ich dagegen 
folgendes Mittel verwendet: 

Kohlehydrat 1 g 

Wittes Pepton 1 „ 

Deetilliertee Waseer 100 „ 

Ich kombinierte nun die von Vogel zum Studium der gasogenen 
Eigenschaften der Keime angewendete Methode, deren ich schon erw&hnte, 
mit dem Gebrauche des mittels Lackmustinktur gefarbten Grimbert- 
schen Nahrmittels, da nicht immer mit der Bildung saurer Substanzen 
Gasentwickelung stattfindet. 

In die die Kulturflflssigkeiten enthaltenden Rohren fGhrte ich deshalb 
vor der Sterilisation eine am Halse abgeschnittene, gut hineinpassende 
Phiole von ungefahr 5 ccm Inhalt umgestQlpt ein. Diese Phiolen 
schwimmen an der Oberflache, aber nachdem sie zur Sterilisation im 
Autoklaven einer Temperatur von 110° ausgesetzt worden sind, fallen 
sie sich beim Erkalten vollst&ndig, so dafi aufien nur wenig FlOssigkeit 
zurOckbleibt. Diese dient zur Impfung des Mittels, die mittels einer 
Platinnadel vorgenommen wird. 

Bei Beurteilung, ob in dem Mittel, das ich zuerst gebrauchte, das 
Kohlehydrat vom Keime angegriffen worden sei, stOtzte ich mich also 
auf die Gasansammlung in der Phiole und die mittels Lackmuspapiers 
vorgenommene ReaktionsprOfung des Mittels; bequemer liefi sich die 
Wirkung des Keimes bei Gebrauch der Grimbertschen FlOssigkeit 
feststellen, in welche ich die Phiolen getaucht hatte. denn man konnte 
die Gasentwickelung und das Rotwerden der FlOssigkeit zugleich be- 
obachten. 

Die Kohlehydrate, auf welche ich den Keim wirken liefi, sind: 


1) l. c. 

2) Ich verwendete nach Tiemann bereitete Lackmustinktur. 


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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic. 


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Von den Esosen: Die Glukose. 

Von den Esobiosen: Die Saccharose, die Maltose und Laktose. 

Von den Pentosen: Das Dextrin und die Reis- und Kartoffel- 
st&rke. 

Die gleichen Untersuchungen nahra ich an zwei polyatomischen, den 
Kohlehydraten in der Zusammensetzung sehr nahestehenden Alkoholen, 
n&mlich am Glycerin und Mannit, vor. 

Glukose. Die Glukose und Laktose sind die Kohlehydrate, mit 
denen ich mich am eingehendsten beschaftigte, denn ich studierte nicht 
nnr deren Zersetzung, sondern auch den Einflufi, den die Produkte, die 
in den mit diesen beiden Kohlehydraten versetzten N&hrmitteln ent- 
stehen, auf den Keim haben. 

Die Glukose wird innerhalb 24 Stunden durch die Bildung von 
Gasen und S&uren leicht angegriffen. 

Der Keim bleibt, wenn er in mit 2 Proz. Glukose versetzter Bouillon 
kultiviert wird, nur wenige Tage nach der S&ureentwickelung am Leben; 
denn impft man am 7. oder 8. Tage eine Oese Kultur in eine Bouillon- 
r$hre, so bleibt diese steril. 

Saccharose. Dieselbe gibt in dem Kulturmittel des von mir 
isolierten Mikroorganismus weder zu SSure- noch zu Gasbildung AnlaB. 

Invertierung der Saccharose. Die In vertierung der Saccharose 
durch die Keime ist besonders von Sclavo 1 ), Fermi 2 3 * ) und sp&ter von 
Fermi und Montesano 8 ) studiert worden. 

Sclavo bediente sich der Invertierung zur Differentialdiagnose 
zwischen den Choleraspirillen. 

Er nahm wahr, daB die Acidit&t, die sich in mit Zucker versetzter 
Bouillon bildet, die Reaktion des invertierten Zuckers verhindert und 
suchte nun diese Acidit&t zu neutralisieren. Zu diesem Zwecke machte 
er entweder die Bouillon vorher stark alkalisch oder setzte ihr mehr 
oder weniger unldsliche Substanzen (kohlensauren Kalk oder gebrannte 
Magnesia) zu, die die sich bildenden Sauren zu neutralisieren vermochten. 
Diese Kulturen filtrierte er durch Papier, um den kohlensauren Kalk 
oder die Magnesia auszusondern und suchte dann im Filtrat mittels 
des Nyl&nderschen Reagens den invertierten Zucker auf. 

Fermi, der das gleiche Vermogen an 62 Mikrobenarten studierte, 
fand, dafi nur der Bacillus megatherium und derKielsche Bacillus 
die Saccharose invertieren; aber er liefi die inhibitorische Wirkung der 
in der Kulturbouillon entstandenen Acidit&t au&er acht, welcher Sclavo 
hingegen eine groBe Bedeutung bei der Reaktion beigemessen hatte. 

Bei dem in Rede stehenden Keime befolgte ich die von Sclavo 
angewendete Technik. Einer nicht peptonisierten RindfleischbrGhe setzte 
ich im Augenblicke, wo ich sie verteilte, 2 Proz. ganz reine Saccharose 
zu (denn wie ich bereits sagte, erfahrt ein mit Saccharose versetztes 
N&hrmittel keine S&urung durch den Keim), sterilisierte sie 15 Minuten 
lang bei 120° und nahm die Aussaat vor. Die Prtifung auf invertierten 
Zucker nahm ich t&glich vor, indem ich zu ungef&hr 10 ccm Kultur 


1) Sclavo, Di alcune nuove propriety dello spirillo colerigeno di Koch e degli 
spinlli affmi di Metschnikoff, di Finkler e di Deneke. (Riv. d’igiene e sanita pubblica. 
1892. No. 18.) — Di alcune differenze esistenti fra gli spirilli del colera isolati in diverse 
epidemie. (Soc. I. S. P. 1892. p. 545—553.) 

2) Ferrai, Sul potere diastasico ed inversivo dei bacteri. (Ann. dell’Ist. d’igiene 
sper. d. R. Univ. di Roma. Vol. II. Nuova serie. Fasc. 2. p. 117.) 

3) Fermi e Montesano, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. I. 1895. p. 482 ff. 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 1. 4 


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Centralbl. f. Bakt etc L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


1 ccm des Nylanderschen Reagens zusetzte und den oberen Teil der 
FlfissigkeitssSule fiber einem Bunsenbrenner bis zn Siedehitze erwSrmte. 

Bei Vorhandensein von invertiertera Zucker tritt zuerst gelbe Fir- 
bung auf, die bei lingerer W&rmeeinwirkung fast ins Schwarze ilber- 
geht. Verfihrt man in der angegebenen Weise, so brancht man nnr 
den oberen Teil der Bouillonsiule mit dem unteren, nicht erwirmten zn 
vergleichen, urn den Unterschied in der Firbnng wahrzunebmen. 

In den Kulturen meines Keimes traf ich auch nicht nach 10 Tagen 
invertierten Zucker an. 

Maltose. Das mit Maltose versetzte Nihrmittel wird bald rot und 
weist Gasentwickelung auf. 

Laktose. In 1 Proz. Pepton enthaltendem, mit 1 Proz. Laktose 
versetztem Wasser findet weder Gas- noch Siurebildung statt 

In dem nach Grimberts Angaben bereiteten Nihrsubstrat (2 Proz. 
Laktose, 0,50 Proz. Pepton) dagegen kommt es bald zu Gas- und Siure¬ 
bildung. 

In mit 2 Proz. Laktose versetzter Loefflerscher Bouillon findet 
weder Gas- noch Siurebildung statt. Untersucht man die Kultur nach 

2 Monaten am hingenden Tropfen, so sieht man, dafi manche Keime 
noch sehr beweglich, andere zusammengeklumpt sind; Qbertrigt man 
eine Oese dieses Materials in neue Bouillon, so findet Qppiges Wachs- 
tum statt 

Bemerkenswert scheint mir die Tatsache, dafi in mit 2 Proz. Laktose 
versetzter Bouillon angelegte Kulturen nach wenigen (3—7) Tagen eine 
charakteristische orangegelbe Firbung annehmen, die auch nach 3 Monaten 
unverindert fortbesteht. 

Wie wir sehen, zeigt der Keim in den drei mit Laktose versetzten 
Mitteln, in denen ich ihn kultivierte, ein verschiedenes Verbal ten; wovon 
hingt dies ab? 

Eine Erklirung fir die wahrgenommenen Erscheinungen lifit sich 
meines Erachtens finden, wenn man diese verschiedene Wirkungsart 
mit der Zusammensetzung der 3 KulturbSden in Beziehung bringt. 
Girung findet nur dort statt, wo im Vergleich zur Kohlehydratmenge 
nur wenig Pepton vorhanden ist (Pepton 0,50 Proz., Laktose 2 Proz.); 
wohingegen der Keim inaktiv bleibt, wenn er in einem Nihrboden wichst, 
in welchem Pepton und Laktose in gleicher Menge sich finden (Pepton 
1 Proz., Laktose 1 Proz.) oder wenn das Kohlebydrat in Loefflerscher 
Bouillon aufgeldst wird. 

Ich m5chte deshalb annehmen, dafi der Keim stickstoffhaltige Nahrung 
vorzieht, dafi er aber, wenn er in einen des Stickstoffes ermangelnden 
N&hrboden gebracht wird, sich diesem anpafit und auch mit Kohlehydrat- 
kost vorlieb nimmt. 

Dextrin. Dem Dextrin gegenuber zeigt der Keim das gleiche 
Verhalten wie der Laktose gegenuber, d. h. das Kohlebydrat wird nur 
in einem 0,50 Proz. Pepton und 2 Proz. Dextrin enthaltenden NS.hr- 
substrat angegriffen. 

StSrke. Weder Reis- noch Kartoffelst&rke wird von dem von mir 
studierten Keime angegriffen. 

Glycerin. Durch zahlreiche Versuche stellte ich fest, dafi das 
Glycerin von meinem Keime auch dann nicht angegriffen wird, wenn 
man die Kulturen viele Tage lang im Thermostaten bei 37° hSlt 

Denn das Mittel bleibt violett gefSrbt und Gasentwickelung findet 
nicht statt. 


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Jensen, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere ArtV 


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Man nit. Der Mannit wird sehr bald zersetzt, schon nach 24 Stunden 
beobachtet man Rotwerden der FlQssigkeit und reichliche Gasansammlung. 

Kurz zusammengefafit: Der in Rede stehende Keim bringt Mannit, 
Glnkose und Maltose zur GSrung und unter gewissen Verh&ltnissen auch 
Laktose und Dextrin; dagegen bat er auf Glycerin, Saccharose, Reis- 
und Kartoffelstarke und unter gewissen Verh&ltnissen auch auf Laktose 
und Dextrin keine Wirkung. (Schlufi folgt.) 


yachdruck verboten. 

1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art? 

Antwort an Dr. Erich Cohn. 

Von Dr. Vilh. Jensen. 

In dem XXXVI. Bande dieser Zeitschr. f p. 369—379, hat Dr. Erich 
Cohn, der frflher fiber die Kleinsche Hefe geschrieben hat, versucht, 
verschiedene der Resultate urazustfirzen, zu denen ich hinsichtlich dieser 
Hefeform gekommen bin. 

Seine Beschuldigung, persOnliche Angriffe gegen ihn gerichtet zu 
haben, hoffe ich am besten dadurch zurfickweisen zu kdnnen, dafi ich 
eine Uebersetzung der betrefFenden Stelle meines Buches hier folgen 
lasse: 

*7. Kleins Hefe. Diese Hefeform ist von Klein, der in London Milch syste- 
matisch auf pathogene Mikroorganismen hin untersuchte, gefunden worden. 

Mit seinen MTtteilungen habe ich mich leider nur durcn ein unvollstandiges Referat 
von E. Cohn bekannt machen konnen; dieser hat zwei ziemlich mangelhafte Mit- 
teilungen uber seine Versuche mit diesem Hefepilze gegeben. 

Nach diesen Versuchen sind die Hefezellen rund, sie wachsen gut auf Bierwflrze- 
agar mit gelbbrauner Farbe, besser bei 37° als bei Ziramertemperatur. 

Sie bilden keine Sporen und rufen in Dextrose, Laktose, Maltose und Saccharose 
keine Garung hervor. 

Zum Unterechiede von Busses Hefe wird hervorgehoben 1) die gelbbraune Farbe 
der Kulturen im Gegensatz zur „blendend weifien tt bei Busses Hefe, 2) das Fehlen 
der Garungsfahigkeit. Wie man unten sehen wird, bedeuten diese Unterscheidungs- 
merkmale aoch nichts. 

Klein hat 2 Mause geimpft, von welchen die eine nach 48 Stunden starb. 

Meerschweinchen bekamen nach subkutaner Impfung Knotchen und Abscesse, 
nach intraperitonealer Impfung starben sie. Bei 2 Kaninchen wurden durch intravenose 
Impfung Paraplegieen hervorgerufen, und man fand die Hefezellen besondere im Rticken- 
mark. 

Im tierischen Gewebe nehmen die Hefezellen ein ahnliches Aussehen an, wie es 
bei den fruher erwahnten Formen beschrieben worden ist, und aufierdem findet man 
zahlreiche kurze Faden. 

Cohn hebt als besonderes Unterecheidungsmerkmal die Kapsel hervor, welche im 
Gewebe gebildet wird. 

Die von Cohn intraperitoneal geimpften Mause starben anfangs nach 4, 8 und 
10 Tagen, nach subkutaner Impfung leoten sie noch langere Zeit, mittels Passage wurde 
die Zeit zu 4 Tagen bei intraperitonealer und zu 7 Tagen bei subkutaner Impfung ab- 
gekiirzt. Liefi man die Kulturen langere Zeit stehen, ohne Impfungen damit vorzu- 
nehmen, so wurde die Lebenszeit wieder langer. 

Alle, „iiber vierzig tt geimpften Mause starben schon nach Vioooooo Teile einer Oese, 
welcher ungefahr 10—20 lebensfahigen Zellen entspricht. 

Bei den Mausen fand man besondere die Lungen angegriffen. Das Verhalten der 
Meerschweinchen bei Impfung ist nicht deutlich dargestellt Es scheint, da Q alle intra¬ 
peritoneal geimpften Tiere nach ungefahr 3 Wochen starben, sowie einige der subkutan 
geimpften. Diese letzteren bekamen Infiltrationen an der Impfstelle und Bubonen. 
Aufierdem trat Geschwulst der Augenlider und der Schleimhaute der Nase auf, sowie 
blutige Diarrhde. 

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Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Brachte man etwas von einer Kultur in den Konjunktivalsack hinein, bo wurden 
heftige EntzOndungen, mehrmaU sogar der Hornhaut, hervorgerufen. 

Bieweilen bildete sich die Entzflndung zuriick, bisweilen starben die Tiere an allge- 
meiner Infektion. 

Einigemale Hah man auch Lahmungen der Hinterbeine und enteprechende 
Knoten im Kiickenmark und Hirn. Dasselbe wurde bei (alien?) intravenbs geimpften 
Kaninchen gefunden. Nur bei einem wurde makroBkopisch ein Knoten im Hirn beob- 
achtet und bei einem anderen eine Blutung im Riickenmark. 

Von einigem Interesee ist, dafi Cohn angibt, dafi Hefezellen im Gewebe sich nach 
der von Russell fur fuchsinophile Korper angegebenen Methode farben lassen. Dies 
stimmt, wie Cohn selbst hervorhebt, nicht mit Sanfelices Angaben uberein, nach 
welchen sich die Hefezellen nur unter gewissen Umstanden wie Russel Is Korper ver- 
halten, und es stimmt auch nicht mit meinen Erfahrungen uberein. Bchon ehe ich 
Cohns Mitteilungen gelesen, hatte ich die erwahnte Methode an Sanfelices Hefe- 
formen versucht, hatte sie aber wieder ale unbrauchbar aufgegeben. Auch spater an 
Kleins Hefe wiederholte Versuche mifigluckten." 

Dies wird hoffentlich genfigen, um zu zeigen, dafi Dr. Cohos Be- 
schuldigung, ich sollte . personliche Angriffe“ gegen ihn gerichtet haben, 
vollst&ndig aus der Luft gegriffen ist. 

Dr. Cohn wirft mir vor, mit einer „nicht gewbhnlichen Sch&rfe 
der Kritik u geschrieben zu haben; aber auf dem Gebiete der pathogenen 
Hefeformen ist eine scharfe Kritik besonders notwendig, und gerade 
Dr. Cohns obengenannter Artikel ist ein Beweis dafiir, dafi ich nicht 
scharf genug gewesen bin. 

Er hat n&mlich ganz ubersehen, dafi ich meinen Resultaten direkte 
vergleichende Untersuchungen zu Grunde gelegt habe, wahrend er, wie 
er auch selbst an erw&hnter Stelle p. 371 einr&umt, nur „auf Grund 
seiner Kenntnisse der damals vorliegenden Literatur die Behauptung 
aufgestellt hat, dafi die von Klein entdeckte Hefe von alien bisher 
beschriebenen Arten verschieden sei u . Und nicht einmal jetzt, wo er 
meine Resultate angreift, hat er es f(ir ndtig gehalten, Nachuntersuchungen 
vorzunehmen, sondern er wiederholt ganz einfach seine frflheren Be- 
hauptungen. 

Wenn zur Feststellung der Identit&t verschiedener Hefeformen 
„eine exakt durchgefflhrte Gegenuberstellung der betreffenden Hefen 
hinsichtlich ihrer morphologischen, kulturellen, biologischen und patho¬ 
genen Eigenschaften nbtig ist“, dann erfordert dies die „Differen- 
zierung u iu noch hdherem Grade. 

Dr. Cohn unterschStzt im Gegenteil die mit der Diagnose der 
Hefeformen verbundenen Schwierigkeiten, indem er meint, sich mit den 
in der Literatur vorhandenen Beschreibungen einer Hefeform begnflgen 
zu kdnnen; aber, wie bekannt, ist die VariabilitSt gerade dieser niedrigen 
mikroskopischen Organismen innerhalb derselben Species so grofi, dafi 
es fQr den einzelnen Forscher, um mit Sicherheit arbeiten zu 
konnen, absolut notwendig wird, sich Kulturen der einander nahestehen- 
den Formen zu verschaffen, welche er zu vergleichen wfinscht. 

Dies ist, was ich an 13 pathogenen Formen durchzu- 
fiihren versucht habe, und die dabei gefundenen Resultate lassen 
sich nicht durch Dr. Cohns literarische Betrachtungen um- 
stofien. 

Durch solche vergleichende Untersuchungen konnte ich 
nachweisen, dafi Kleins Hefe auf alien den vielen verschiedenen NShr- 
boden genaue Uebereinstimmung mit mehreren der frflher gefundenen 
zeigte, dafi die Form und das mikroskopische Aussehen in Kulturen 
und im Gewebe ebenfalls dasselbe ist, und aufierdem, dafi sie, auf Tiere 
eingeimpft, Shnliche Resultate gibt. 


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Jen Ben, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art? 


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Wenn Dr. Cohn frfiher and jetzt wieder in dem genannten Artikel 
sagt, daB die Bildung von Knotchen im Zentralnervensystem und die 
dadarch in einzelnen Fallen hervorgerufenen L&hmungen fflr die Klein¬ 
sche Hefe spezifisch sind, so ist dies, wie ich frhher gezeigt habe, g a n z 
einfach nicht richtig. 

Ich habe nie bestritten, daB die Kleinsche Hefe in Him und 
Rfickenmark verschiedener Versuchstiere Knfitchen und dadurch Lfih- 
mungen hervorrufen kann; ich schrieb nur, daB ich dies bei meinen 
Versuchen nicht gefunden hatte. Aber daB es nicht moglich sein sollte, 
sie durch Anwendung anderer Dosen, als die von mir verwendeten her- 
vorzurufen, habe ich nie behauptet; im Gegenteil, es dfinkt mich wahr- 
scheinlich, weil ich ahnliche Knotchen im Him samtlicher Meerschwein- 
chen, welche nach Impfung mit Sanfelices verschiedenen Hefeformen 
starben, und auflerdem im Rfickenmark eines intravenos mit Sanfelices 
Hefe geimpften Kaninchens, welches mit Lahmung des Hinterkorpers 
starb, gefunden habe. AuBerdem habe ich bei 3 mit Busses Hefe 
geimpften Meerschweinchen Lahmungen des Hinterkfirpers gesehen und 
genau beschrieben, und Curtis, Busse, Petersen und Exner 
haben gezeigt, daB Curtis Hefen sich mit Vorliebe im Zentralnerven¬ 
system ansiedeln. 

Die Knfitchen hier und die Lahmungen sind demnach, wie ich ge¬ 
zeigt habe, nicht fflr die Kleinsche Hefe spezifisch, und es ist ganz 
unverstandlich, wie Dr. Cohn es wagt, so vielen Forschern gegenfiber 
das Gegenteil zu behaupten; und was vom Zentralnervensystem gilt, 
gilt auch von den Konjunktivalaifektionen und den Kndtchen in den 
Regenbogenhauten. Keines von diesen PhSnomenen ist fflr die Klein¬ 
sche Hefe spezifisch; sie treten das eine Mai nach dem anderen bei 
Tieren auf, welche mit Sanfelices, Plimmers und Kleins Hefe 
geimpft worden sind, und diese positiven Resultate lassen 
sich wirklich nicht durch eine einfache Verneinung um- 
stofien. 

Wenn Dr. Cohn sich darfiber verwundert, daB Busse, Stern¬ 
berg u. A. nicht die Augenbindehauterkrankungen bei den mit San¬ 
felices und anderen Hefeformen geimpften Tieren gesehen haben, ist 
es doch merkwflrdiger, daB er sich nicht darfiber wundert, daB Klein 
sie nicht bei den Tieren bemerkt hat, welche mit seiner eigenen Hefe- 
form geimpft worden sind, obgleiph doch diese Veranderungen der Con¬ 
junctiva nach Cohns Meinung ganz spezifisch sein sollen. Dagegen 
hat Klein nach subkutaner Impfung Knoten beobachtet, welche Cohn 
nicht gesehen hat, welche ich aber, im Gegensatze zu der betreffenden 
Bemerkung Dr. Cohns, gefunden und p. 73 erwahnt habe (bis zur 
GrfiBe von Datteln). Es zeigt sich gerade hier, daB man bei der Be- 
urteilung der Resultate nicht allein groBes Gewicht auf die einzelnen 
Befunde bei den geimpften Tieren legen darf, wenn nicht ganz genaue 
Angaben fiber die GrfiBe der Tiere, die eingeimpfte Menge, das Alter 
der Kulturen etc. mitfolgen. 

DaB Dr. Cohn die Kapseln als etwas besonderes ffir die Klein¬ 
sche Hefe anffihren kann, zeigt, daB er nicht einmal die Literatur fiber 
die pathogenen Hefen beherrscht, denn schon in Sanfelices ersten 
Mitteilungen fiber Saccharomyces neoformans wird darauf auf- 
merksam gemacht, daB die Hefezellen ganz verschieden in Kulturen und 
im Gewebe aussehen, und dafi sie im letzteren sehr oft mit einer Kapsel 
versehen sind. 


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54 Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

Obgleich alle von ihm als spezifisch angeffihrten Grkennuogsmerk- 
male nicht spezifisch sind, und obgleich er keine neuen Fakta meinen 
Resultaten gegenfiber verzeichnen kann, wagt er es doch, zu schreiben, 
„daB er nach wie vor seine Ansicht aufrecht erhalte, dafi die Klein- 
sche Hefe die einzige Art ist, welcher die Eigenschaft zukommt, sich 
bei verschiedenen Tierspecies mit Vorliebe im Zentralnervensystem an- 
zusiedeln und dadurch in der fiberwiegenden Mehrzahl der Ffille charak- 
teristische Erscheinungen auszulQsen“. 

Wenn Dr. Cohn ferner schreibt, dad er sich insbesondere nicht 
denken kann, „daB es Sanfelice .... entgangen sein sollte, wenn die 
verschiedenen von ihm beschriebenen Hefearten tatsfichlich miteinander 
identisch wfiren tt , ist es sehr tragisch ffir ihn, dad Sanfelice in einer 
seiner letzten Arbeiten, welche nach Beendigung der meinigen heraus- 
kam, schreibt: „Ich habe Gelegenheit gehabt, vier pathogene Blasto- 
myceten vergleichend zu studieren, und ich halte es daher ffir angezeigt, 
ihre morpbologischen und kulturellen Eigenschaften zu beschreiben, u m 
ihre Identit&t festzustellen.“ Diese vier waren Sacharo- 
myces neoformans, Saccharorayces lithogenes, eine Hefe 
von einem Adenocarcinoma ovarii (No. 3 bei mir) und Plimmers 
Hefe. Ferner schreibt Sanfelice: „Es ist sicher von Interesse, vier 
pathogene Blastomyceten g&nzlich verschiedenen Ursprunges miteinander 
zu vergleichen. Derartige Untersuchungen kdnnen alien denjenigen 
Forschern niitzlich werden, welche diese patbogenen Mikroorganismen 
in den bfisartigen Geschwiilsten und in dem umgebenden Medium auf- 
suchen" l ). 

Das einzige in Dr. Cohns- Artikel, welches mir von wirklichem 
Interesse zu sein scheint, ist seine Schludbemerkung fiber den nivellie- 
renden Einflud der Zeit. Diese Zusammenstellung der modernen demo- 
kratischen Bewegungen mit der Identifizierung gewisser pathogener Hefe- 
formen wird immer bleibenden Wert behalten! 


Nachdruck verboien. 

Blastomyceten im Urin. 

Von Dr. Tedder in Christiania. 

Mit 51 Figuren. 

Ohne Zweifel, sagt Sanfelice, wird ein Teil der Blastomyceten 
durch den Urin ausgeschieden. Klug hat seinen Meruliocyt im Urin 
nachgewiesen, die Untersuchungen mfissen jedoch als ffir Blastomyceten 
im ganzen genommen gelten. 

Um zu wissen, nach was man im Urin der Krebspatienten suchen 
soil, ist es notwendig, die Formen zu kennen, die sich in den Krebs- 
geschwfilsten vorfinden. Ueber diese herrscht nun Uneinigkeit Was 
einzelne noch Protozoen nennen, heifien andere Blastomyceten, wieder 
andere Zellendegenerationen. Der erh&rtete geffirbte Schnitt hat keine 
Einigkeit gebracht. Das Resultat der Kultur kann dies mfiglicher- 
weise tun. 

Klug empfiehlt eine Pepsinlfisung als Kulturmedium, gibt jedoch 

1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIV. p. 364-397 (p. 378). 


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Vedeler, Blastomyceten im Urin. 


55 


keine bestimmte Formel. Ich habe 3 g kristallisiertes Pepsin in 100 g 
destilliertem Wasser aufgeldst. In eine solche Portion gab ich ein 
1,5 ccm groBes Stftck eines Krebsuterus, in eine andere ein Stuck einer 
Cancerovarie, in eine dritte ein solches von einem Sarkom. Die zwei 
ersten Portionen haben in den beiden ersten Tagen in einem Thermo- 
staten, spSter in gewdhnlicher Zimmertemperatur gestanden, die dritte 
vom Beginn an nur in solcher. Nach 10—14 Tagen war in alien ein weiB- 
grauer Bodensatz. Ein wenig davon wurde mittels einer Pipette heraus- 
geholt, nicht zu diinn liber ein Objektglas in einer Ausdehnung ausge- 
breitet, die einem Deckglas von 24X31 mm entspricht, um nicht zu viele 
Prfiparate anfertigen zu mQssen, wurde sodann an der Luft getrocknet, 
darauf flambiert und dann vorsichtig mit einigen Tropfen der Lugol- 
schen Flflssigkeit flbergossen, welche, wie ich sehe, Schdll.er und 
Klug auch gebraucht haben. Nachdem die FlOssigkeit einige Minuten 
flber dem Pr&parat gestanden hatte, wurde sie abgegossen und jetzt wurde 
wieder an der Luft getrocknet, nicht an der Spirituslampe, da das Jod 
sonst verdampft. Ueber das wohlgetrocknete Pr&parat wird Kanada- 
balsam getropft und daruber kommt das Deckglas. Man untersucht bei 
3—400-facher VergrSBerung des Diameters (Zeiss D, Okular 2) und 
wird da einen Teil der auf mitfolgender Tafel gezeichneten Figuren zu 
sehen bekommen. Dieselben sind moistens ganz schwarz, seltener blau- 
schwarz oder braunschwarz, am seltensten gelbbraun oder klar und 
ohne Farbe. 

Die Figuren 1—-12 sehen wie flachgedrQckte Blasen aus mit gleich- 
m&Biger Eontur. Ihre GrOfie kann nach No. 10 beurteilt werden, welche 
die GrOBe eines roten BlutkSrperchens hat. Es sind keine Zeichnungen 
auf der Oberflfiche zu sehen, ausgenommen bei No. 7 und 8, wo man 
an Kerne denken k6nnte, wenn es nicht nur eine Einbuchtung der Ober- 
fliche ist (Klug). Die Figuren 12 sind mSglicherweise nur zuf&llige 
Formen, entstanden aus mehreren runden. Dafi diese verschiedenen 
Figuren wirklich Blastomyceten sind, sollen die Figuren 13—28 zeigen, 
in dem man Tochterzellen, zeitweise an mehreren Stellen der Peripherie 
der Mutterzelle, hervorkeimen sehen kann. 

Die Figuren 29—37 sind Zerfallsprodukte, wo im ersten Stadium 
ein kleiner Sprung in der Peripherie zu sein scheint, der schlieBlich 
durch die ganze Zelle geht und diese in zwei halbmondfftrmige Stiicke 
teilt. Oder es entstehen SprQnge an mehreren Stellen auf einmal 
(Fig. 32) und die Zelle wird in unregelm&Bige StQcke geteilt, wovon 
einzelne ganz 4-kantig und wenig den urspriinglichen runden oder l&ng- 
lichen Formen Shnlich sind. 

Bei den Figuren 38—47 sind die Blastomyceten von einer Kapsel 
umgeben. Bei den ersten 3 ist die Mittelpartie schwarz gef&rbt wie in 
alien frdheren Zeichnungen, aber in den letzten 4 ist die Farbe licht 
mahagoni. Dies beruht, glaube ich, auf einer Degeneration, denn ich 
habe in dem fertigen Pr&parat groBe, runde oder l&ngliche Formen, 
deren Platz ich am Deckglase angemerkt hatte, nach und nach ihre 
schwarze Farbe verlieren und durch Braunschwarz zu Lichtbraun ttber- 
gehen sehen. 

In Figur 48 sieht man Reste von Kapseln, zwischen diesen sehr 
kleine, runde Formen; mdglicherweise sind dies selbst endogene Sporen, 
wie besonders Bra meint. 

Die Figuren 45—47 sind die gewohnlichen runden oder ovalen 
Formen, die durch Ver&nderung der Zellmembran und des Protoplasmas 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


brftunlich gefSrbt wurden, wovon die Vakuolenbildung in Figur 47 
mdglicberweise ein Zeichen sein kann. Figur 49—51 endlich ist das 
letzte Stadium von Degeneration, bevor die Blastomyceten vollst&ndig 
verschwinden und sich als eine kleine, zusammengeschrumpfte Blase 
zeigen. 


Z. 3. 9-. 5. 6. 7 . 

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io. n. iz. 


10. ii. vi. 

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25. 26. 27. 26 


29. 



30. 31. 3Z. 33. 3 4 . 33. 36. 37. 

0 




Alle diese Formen, selbst die Zerfallsprodukte, die ich gezeichnet 
habe nach dem, was ich durch mannigfaltige Untersuchungen in Ulteren 
Kulturen gesehen habe, habe ich auch in den erh arte ten und farbigen 
Schnitten gesehen. DaB diese letzteren nur Degenerationen des Zellen- 
gewebes sein sollten, darauf kann ich deshalb durchaus nicht eingehen. 
Degenerationen gibt es wohl, aber neben diesen den fremden Gast 
Da es so leicht glflckt, denselben zu kultivieren, was bis dato, so viel 
ich weifi, nicht mit Protozoen der Fall ist, spricht wohl auch dies daftlr, 
dafi es ein pflanzlicher Parasit ist. 


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Vedeler, Blastomyceten im Urin. 


57 

Um den Urin zu untersuchen, liefi ich denselben, so weit mdglich, 
durch den Katheter in ein trichterforiniges Uringlas von 100 g Volumen 
fliefien, ihn dann 10—12 Stunden stehen, goB die obersten 75 g weg 
und zentrifugierte die zurflckgebliebenen 25 g. Vom Bodensatze machte 
ich Trockenpr&parate wie bei Kulturen und untersuchte bei derselben 
VergroBerung. Es fanden sich nicht viele Figuren in dem einzelnen 
Felde, h&ufiger Zerfallsprodukte, aber ich gab mich nie zufrieden, bevor 
ich ganze Forraen gefunden hatte. 

Um mich nicht selbst zu narren, hatte ich Kollegen um Urin 
von sicheren Krebskranken gebeten. Im bekam Urin von 13 solchen: 
4 Canceruteri, 3 Cancerventriculi, 1 Cancermammae, 1 Cancerrecti, 

1 Cancerrenis, 1 Cancroideus cruris, 1 Sarcoma humeri. Der 13. war 
ein Mann, bei dem vor 10 Jahren ein Cancer linguae exstirpiert worden 
war, jetzt war Rezidiv in 2 Drusen unter der Maxilla inferior. Bei alien 
fanden sich Parasiten im Urin. Dies zeigt wohl noch mehr, dafi 
das, was ich in den Schnitten gesehen habe, nicht alles Degenerationen 
des Zellengewebes waren, die unver&ndert Blut und Urin passiert haben 
sollten. 

Dies ist jedoch nur die positive Seite der Frage, die negative soli 
nicht Qbersprungen werden. Ich untersuchte den Urin bei 13 meiner 
eigenen, nur gyn&kologischen Patienten. Bei keinem fanden sich 
Parasiten im Urin. Die Patienten waren ausschlieBlich Frauen. 
Ich nahm mir deshalb vor, das Verh&ltnis beim Manne zu untersuchen, 
aber da ich in den letzten 25 Jahren 15 meiner mir bekannten Kollegen 
durch Krebs verloren habe, bekam ich Urin von 13 Aerzten. Bei 
zweien von diesen, welche vollst&ndig gesund waren, 
fanden sich Blastomyceten im Urin. Bei dem einen war Krebs 
in der Familie, bei dem zweiten nicht. Dies war ja iiberraschend beim 
ersten Anblick, aber selbst wenn Blastomyceten ein Krankheit bringen- 
der Faktor sind, kdnnen sie doch im Organismus vorhanden sein, ohne 
sich sofort auf deutliche Weise geltend zu machen. Der eine der Aerzte 
hatte Krebs in der Familie. Man spricht oft davon, dafi derselbe 
erblich ist, aber dieser Begriff kann nun so viel verdecken, dafi es wohl 
am richtigsten ist, nur zu sagen, daB Cancer oft vorkommt, wo er in 
der Verwandtschaft war. Ich suchte nach solchen Farailien, fand etliche, 
konnte mir jedoch nur von 4 Urin verschaffen. 

In einer Familie, bestehend aus 8 Kindern, hatten 5 Krebs. Von 
den 3 lebenden konnte ich den Urin von nur einem untersuchen. Er 
war 71 Jahre alt und litt an Dementia senilis. Parasiten gab es im Urin. 
In einer anderen Familie von 4 Kindern starben 2 an Cancer. Eines 
der noch lebenden ist 50 Jahre alt und leidet in der letzten Zeit an 
Petit mal. In seinem Urin fanden sich Parasiten. In einer dritten 
Familie ist eine Person an Cancer uteri gestorben, die andere hat jetzt 
Cancer uteri, in ihrem Urin fanden sich Parasiten. Die dritte Schwester 
ist gesund, in ihrem Urin fanden sie sich auch. Ein weiblicher Patient 
leidet an Endometritis uteri, auf eine zuf&llige Frage erztihlt er, dafi 
sein Vater vor einigen Tagen an Krebs gestorben ist. Der Urin wurde 
daher untersucht und es fanden sich Parasiten. Dies waren also 5 Per- 
sonen. in deren Familie Krebs war und wo sich Blastomyceten 
im Urin fanden. 

Doch nun war da der andere Arzt, bei dem Krebs nicht in 
der Familie war und sich doch Parasiten im Urin fanden. Das- 
selbe war bei einer 37-j&hrigen, verheirateten Frau der Fall, welche an 


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58 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

einer parenchymatosen Metritis leidet, bei der sich abor in den letzten 
4—5 Jahren eine, besonders nSchtliche, Epilepsie entwickelt hatte. 

Man kann mSglicherweise einwenden, daB dies doch ein geheim 
gehaltener Krebs gewesen sei. Dies will ich nicht bestreiten, aber es 
wurde mir Urin von einer anderen Patientin gesandt, die an Cancer 
ventriculi leiden sollte. Da gab es genug Parasiten in ibrem Urin. Sie 
starb 14 Tage sp&ter, bei der Obduktion konnte jedoch nicht Krebs 
nachgewiesen werden. Da sie stark rachitisch und im fiufiersten Grade 
abgemagert war, wurde als Todesursache Marasmus angeffihrt. 

Ich habe aber erwiesen, daB sich im Uterusmyom auch ein 
Parasit befindet, welcher dem bei Cancer tihnelt. Dieser kfinnte m5g- 
licherweise auch im Urin nachgewiesen werden. Eine 50-jahrige, un- 
verheiratete Frau hat ein Uterusmyom, welches einige Fingerbreiten 
iiber den Umbilicus reicht. Sie ist mehrmals in Kreuznach gewesen. 
Im Urin fanden sich Blastomyceten. Eine 34-j8.hrige, unverheiratete 
Frau hat ein Uterusmyom, welches bis zum Umbilicus reicht. Im Urin 
waren Parasiten. Eine 25-j£Lhrige Virgo hat ein Myom im Uterus so 
groB wie eine geballte Faust. In ihrem Urin fanden sich Blastomyceten, 
einer war sogar so groB wie in Fig. 4. 

In Lip omen babe ich auch einen fihnlichen Parasiten gefunden. 
Eine Patientin hatte ein Lipom an der obersten, inneren Fl&che des 
Schenkels so groB wie ein groBer Apfel. Im Urin waren Blastomyceten. 

Naevi und andere kongenitale Tumoren, macht ein Verf. 
aufmerksam, finden sich oft gleichzeitig bei Cancer. Ich bekam eine 
Patientin, die an einer Cystitis leidet, die mit Unterbrechungen 8—9 Jabre 
gedauert hat. Ihre Unterlippe ist auffallend. Das Prolabium ist 3mal so 
breit und dick wie es sein soli, hat eine blaurote Farbe und eine etwas 
unregelm&Bige Oberflache; es ist keine Pulsation zu fQhlen. Die Ge- 
schwulst muB wohl ein Angiom genannt werden. Dadurch angetriebcn, 
untersuchte ich den Urin nach Blastomyceten und die fanden sich auch 
unter den Bakterien. 

Zu meiner Ueberraschung wurde ihre Cystitis stets besser und nach 
Verlauf eines Monates war sie so wohl, daB sie sich nicht linger be- 
handeln lassen wollte. Ihr Urin enthielt immer noch Bakterien und 
Blastomyceten. Ich bat sie deshalb, nach einem Monat wieder zu 
kommen. Sie kam, hatte keine subjektiven Klagen. Ihr Urin war 
vollstSndig klar, selbst nachdem derselbe einen Tag gestanden hatte. 
Ich machte Trockenpr&parate aus dem im untersten Teile des Uringlases 
befindlichen Urin. Blastomyceten waren da. Bei der Cytoskopie ergab 
sich nichts Abnormes. DaB dies nicht Cancer vesicae war, der kuriert 
wurde, scheint nach unserer jetzigen Auffassung von Cancer nicht an- 
nehmbar. Aber woher kamen die Blastomyceten? 

Als einen Gegensatz will ich folgenden Fall erw&hnen, bei dem ich 
merkwtirdigerweise am selben Tag konsultiert wurde. Patientin war 30 Jahre 
alt, hat langere Zeit an Cystitis gelitten und wurde im Krankenhaus 
durch lange Zeit ohne Nutzen behandelt. Der Urin ist sauer, schleimig, 
blutig, enthalt einzelne nekrotische Gewebsstiicke, Bakterien und eine 
ganze Menge Blastomyceten. Das Cytoskop zeigte einen kleinen, papillen- 
fbrmigen Tumor. Dies war doch wohl Cancer vesicae und das Vor- 
handensein der Blastomyceten leicht verstandlich; aber man sieht, wie 
vorsichtig man darin sein muB, dieselben als diagnostisches Merkmal 
zu gebrauchen und dies urn so mehr, als sich auch bei Syphilis Parasiten 
im Urin finden kbnnen, die denen bei Krebs Bhnlich sind. 


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Original fro-m 

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Yedeler, Blastomyceten im Urin. 


59 


Wie bekannt, haben Eremer und Schfiller einen Parasiten bei 
Syphilis nachgewiesen, den beide mit jenem, der sich bei Cancer und 
Sarkom findet, zusammenstellen. In einem indurierten Cancer, welcher 
aus lebendigem Leibe geschnitten worden war, babe ich auch einen 
Parasiten gesehen, der jedoch sehr schwierig aus den unzahligen kleinen 
Zellen, die den Hauptbestandteil des indurierten Gewebes bildeten, 
herauszunehmen war. In einem anderen Falle war es dagegen sehr 
leicht, ihn zu finden. Eine Frau, die von mir friiher wegen sekundfirer 
syphilitischer Symptome uber der Vulva behandelt worden war, kommt 
mit einer Leukoplasie am rechten Zungenrand und einer an der inneren 
Flfiche der Oberlippe. Ich schabte die weiBe Masse mit einem Messer 
ab, machte ein Trockenprfiparat auf gewfihnliche Weise und farbte dieses 
mit der Lugolschen Flfissigkeit. 

Es fanden sich mehrere schwarze oder braunschwarze Figuren, 
welche vollstfindig denen, die ich gezeichnet habe, glichen, eine einzelne 
war sogar so groB wie No. 5, die fibrigen waren kleiner, es fanden sich 
verhS.ltnismS.Big wenig Zerfallsprodukte. Ich untersuchte nun ihren Urin 
und fand dieselben Parasiten. Dadurch angeleitet, untersuchte ich ihr 
Blut von den Fingerspitzen, fertigte ein Trockenprfiparat, fSrbte es mit 
Lugolscher Flfissigkeit und fand einen deutlichen Parasiten so groB 
wie in Fig. 10 und eine Anzahl kleinere, die jedoch nicht so gleichm&Big 
schwarz gefSrbt waren. Bei 8 anderen Syphiliskranken habe ich bloB 
den Urin untersucht und fand die gewfihnlichen runden, schwarzen 
Formen, bei einem 6-jShrigen Madchen, das nach der Geburt angesteckt 
worden war, fand ich auch Formen, die den Figuren 41—43 glichen, also 
wohl Schfillers Kapseln waren. 

Das Resultat dieser 60 Urinuntersuchungen ist, daB sich die Blasto- 
rayceten im Urin finden und mit Leichtigkeit nachgewiesen werden 
konnen. Da aber durch diese Untersuchung allein die verschiedenen 
Blastomyceten nicht voneinander unterschieden werden konnen, konnen 
diese nicht als diagnostisches Merkmal ffir eine bestimmte Krankheit 
dienen, moglicherweise aber als Grundlage ffir die Behandlung. Bei 
einem Syphiliskranken wfirde ich nicht mit der spezifischen Behandlung 
abbrechen, bevor die Parasiten aus dem Urin verschwunden sind. Dies 
scheint ziemlich rationell, finde ich aber Blastomyceten im Urin bei 
einem, der einer cancerfisen Familie angehort, wfirde ich wohl versucht 
werden, dieselben zu eliminieren. HStte man eine ffir Krebsparasiten 
spezifische Immunisierung, wSre kein Grund dazu vorhanden, dieselbe 
nicht zu versuchen. Bis diese gefunden ist, werde ich mit Hinsicht 
auf die Analogie zwischen Cancer und Syphilis mich nicht bedenken, 
Jod zu gebrauchen, urn so mehr, als dasselbe eine spezifische Farben- 
wirkung gegenfiber den Blastomyceten im ganzen genommen hat und 
nichts Faktisches daffir vorliegt, daB dasselbe die immunisierenden Stoffe 
des Blutes zerstfirt Wir sehen, daB unter seiner Anwendung die 
Syphilome schwinden. Die sogenannten gutartigen Tumoren konnen 
oft in Cancer fibergehen und hier herrscht wohl nur ein Grad Unter- 
schied in der Starke der Infektion. Wenn ich einen Cancer operiert 
hfitte, wfirde ich Furcht vor Rezidiven haben, bis mir die Urinunter¬ 
suchungen gezeigt hatten, daB die Blastomyceten verschwunden seien. 
In dem von einem Kollegen operierten Fall kam das Rezidiv nach Ver- 
lauf von 10 Jahren. 

Bei dem Patienten, der an Cancer vesicae litt und wo sich Blasto¬ 
myceten im Urin fanden; untersuchte ich das Blut aus den Ohriappchen, 


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60 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

indem ich ein Trockenpr&parat anfertigte und es mit dem Lugolschen 
PrSparat fSrbte. Ich fand 50 Blastomyceten. Von diesen waren 18 so 
groB wie die Figuren 7—10, 30 gehfirten zu den kleinen Formen, es 
fanden sich 2 gelbbraune mit dicker Kapsel. Finden sich aber Blasto¬ 
myceten im Blute, so kSnnen dieselben mdglicherweise auch in den 
Sekreten vorhanden sein. Ich untersuchte Sputum; hier waren sie und 
einige waren so groB wie Figur 5. Ich untersuchte den Nasenschleim, 
auch hier fanden sich solche. Ich konnte etwas Fliissigkeit aus der 
linken Mamma drflcken, Blastomyceten waren vorhanden. Endlich nahm 
ich etwas Sekret vom Collum uteri, auch hier gab es Blastomyceten. 
Inmitten des groBen Praparates lag gleichsam eine kleine Kolonie von 
groBen und kleinen mit einer Anzahl fein gezeichneter und klarer 
Kapseln wie in Figur 49 und 50. 

Summa summarum, ein weiblicher Patient mit einem sehr kleinen 
cancerQsen Tumor in der Blase kann Blastomyceten im Urin, im Blute, 
im Sputum, im Nasenschleim, in der Brustmilch, im Uterussekret auf- 
weisen. 1st es der kleine Tumor, der den ganzen Organismus infiziert. 
hat oder ist dieser selbst nur eine sekundtire lokale Infektion? Das 
letztere scheint mir am wahrscheinlichsten. 


yachdruck vcrboten. 

1st die Wut vererbbar? 

[Mitteilung aus dem Institute fflr allgemeine Pathologie und Therapie 
der kOnigl. ungar. Franz-Josef-Universit&t in Kolozsvdr. Direktor: 

Dr. J. von Lote, o. o. Professor.] 

Von Dr. Daniel Konr&di, Assistenten. 

Die Frage der erblichen Uebertragung von Infektionskrankheiten 
beschaftigt seit alters her die Aerzte. Vor der Entdeckung der patho- 
genen Mikroorganismen war man bei der Losung dieser Frage, aus 
Mangel einer geeigneteren Methode, auf statistische Daten angewiesen. 
Heutzutage kann man mit Hilfe der bakteriologischen Untersuchungs- 
methoden experimentelle Tatsachen beniitzen zur Beleuchtung dieser 
wichtigen Frage. Aber — wie dies Wassermann mit Recht sagt — 
bedarf gerade dieses Gebiet, d. h. der sichere Nachweis, daB die bei den 
Deszendenten gefundenen Infektionserreger in der Tat von den Aszen- 
denten vor der Geburt flbertragen sind, ganz besonders vorsichtiger, ge- 
iibter Untersuchung und Beurteilung. 

Eine sichere placentare Uebertragung von Mutter auf Kind wurde 
schon beobachtet bei Infektionen mit Milz brand, Pneumonie, 
Typhus, pyogencn Kokken, Febris recurrens, Variola, 
Malleus, Syphilis, Tuberkulose 1 )- 

Was die kongenitale Tuberkulose anbelangt, so sind 12 F&lle bei 
Wassermann verzeichnet, bei welchen bisher der intrauterine Ueber- 
gang von Tuberkelbacillen sicher nachgewiesen wurde. 

Neuestens hat Veszpr6mi tiber einen Fall berichtet. bei welchem 
die Zeit der tuberkulosen Infektion in das intrauterine Leben zurGck- 


1) Diesbeziigliche vollstandige Literatur bei Wassermann, Handbuch der 
pathogenen Mikroorganismen. Bd. I. p. 395 . 


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Konr&di, 1st die Wilt vererbbarV 


61 


geffihrt werden muBte, und in welchem die tuberkulosen Veranderungen 
in Anbetracht des anatomischen und histologischen Bildes keinem Zweifel 
unterliegen. 

Aucb wir konnten wfihrend unseren Untersuchungen in all den- 
jenigen Fallen, wo bei der Sektion F6ten gefunden wurden, in der Leber 
und Milz derselben sowohl kulturell als histologiscb dieselben Mikroben 
nacbweisen, welche den Tod des Muttertieres verursachten. Wir be- 
obachteten 5 solche Falie von Milzbrandinfektion bei Schafen, noch mehrere 
bei Kaninchen, aufierdem einige mit pyogenen Kokken ebenfalls bei 
Kanincben. 

Aus den angeffihrten sicheren Fallen ist zu ersehen, daB die Mog- 
lichkeit der placentaren Uebertragung sowohl akuter als chronischer In- 
fektionskrankheiten vorliegt, obzwar dies keine praktische Bedeutung hat. 

Anders steht es aber mit der placentaren Uebertragung der Wut- 
krankheit, worflber in der Literatur sparliche und sehr widersprechende 
Angaben gefunden werden. 

Die ersten Untersuchungen wurden iin Laboratorium Pasteurs 
gemacht iin Jahre 1883, und zwar wie folgt: Am 1. Juni 1883 wurde 
eine trachtige Hiindin subdural geimpft, welche nach 13 Tagen an Wut 
erkrankte. Am 2. Tage der Krankheit warf sie 5 Junge, wovon 2 den 
nachsten Tag zu Grunde gingen. Aus ihrem Mark wurden 4 Kaninchen 
subdural geimpft, welche nach 161 Tagen noch lebten. 

Am 5. August 1883 wurde ein Kaninchenweibcben infiziert, welches 
6 Tage vor dem Erscheinen der Wutsymptome 4 Junge warf; sie blieben 
am Leben. 

Am 11. Dezember 1883 wurden 6 Kaninchen infiziert mit dem Mark 
eines KaninchenfStus, welches in dem Augenblicke geboren wurde, als 
die Wut beim Muttertier erschien. Diese blieben auch am Leben. 
(Schade, daB die Dauer der Beobachtung nicht angegeben ist.) 

Im Jahre 1887 beschaftigten sich Perroncito und Carita mit 
solchen Experimentaluntersuchungen. Diese Forscher infizierten 2 Meer- 
schweinchen mit dem Mark von 2 Kaninchenfoten, die am 2. Tage der 
Wutkrankheit tot geboren wurden. Von diesen ging das eine nach 
9 Tagen an W'ut zu Grunde, das andere blieb am Leben. 

1m Jahre 1888 hat Zagari an 12 trachtigen Tieren: an 5 Kanin¬ 
chen, 6 Meerschweinchen und einer Hiindin solche Experimente gemacht. 
Die Einimpfung wurde bei einigen auf dem Wege der peripheren Nerven, 
bei anderen durch Inokulation in die Schfidelhdhle gemacht. Die Ver- 
suche wurden an 32 Fdten vorgenommen. Die Fdten wurden teils 
durch kfinstlichen Abortus ausgetrieben, teils aus dem Uterus des Tieres 
post mortem genommen. Die Inokulation geschah immer in die Schfidel- 
hdhle. Alle diese Experimente hatten bestandig negative Resultate. 

Zur selben Schlufifolgerung gelangen im selben Jahre Celli und 
de Blasi. 

De Blasi und Russo Travali vermochten mit Sperma Tiere zu 
infizieren. 

Im Jahre 1892 zieht Bombicci aus seinen Untersuchungen den 
Schlufi, daB das veriangerte Mark der Kaninchenfoten, die von wut- 
kranken Miittern stammten, nicht infektiOs ist. 

Li si berichtet im Jahre 1893 fiber 3 Falie von kongenitaler Wut 
beim Hunde. 

HOgyes sagt auf p. 61 seiner umfangreichen Monographic folgen- 
des fiber diesen Gegenstand: „Es wurde schon ofters die Frage einer 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


experimentellen Untersuchung unterworfen, ob der Infektionsstoff der 
Wut von der wutkranken Mutter durch die Placenta auf die Frucht 
fibertragen wird. Die meisten Forscher — unter ihnen auch wir — 
kamen zu dem Resultate, daB man bei Kaninchen trotz der subduralen 
Methode weder mit dem Gehirne, Oder anderen Kdrperteilen der Frucht 
wutkranker Matter, noch mit der Amniosflussigkeit derselben die Wat 
erzeugen kann. . . . Die von Lafosse und Can iliac beschriebenen 
und andere Falle, wo die w&hrend der ausgebrochenen Wut von KQhen 
geworfenen Kalber sp&ter wutkrank wurden, mOssen auf zuf&llige In- 
fektion nach der Geburt zurOckgefOhrt werden“. 

Im Jahre 1898 fand Gal tier in den FQten von 7 HQndinnen, 
8 Schafen, 3 Ziegen und mehr als 50 Kaninchen und Meerschweinchen 
kein einziges Mai den Infektionsstoff. 

Im selben Jahre impfte Abba von 7 FSten eines an Wut leidenden 
Kaninchens und aus ihrer Placenta je 4 Kaninchen subdural. Alle 
lebten noch nach einer Beobachtungsdauer von 4 Monaten. 

In diesem Jahre hatte auch v. Ratz Gelegenheit, einen solchen 
Fall zu beobachten. Bei der Sektion einer an Wut zu Grunde gegan- 
genen Kuh wurde ein ausgebildetes Kalb gefunden. Am 22. Oktober 1898 
wurden sowohl aus der Kuh als auch dem Kalbe je 2 Kaninchen infi- 
ziert. Die aus der Kuh geimpften zeigen am 10. November die typischen 
Symptome der Wut und gehen am nfichsten Tage daran zu Grunde. 
Die aus dem Kalb infizierten blieben am Leben. (Beobachtungsdauer 
nicht angegeben.) 

Im Jahre 1900 schreibt Babes in seinem Sakularartikel folgendes 
Qber diese Frage: „Die Angaben ttber die Uebertragung der Wut von 
der Mutter auf den Fdtus werden auf Grund von zahlreichen Erfahrungen 
zurOckgewiesen tt . 

Krokiewicz berichtet im Jahre 1902 aber einen Fall bei oiner 
20-jahrigen schwangeren Tagelohnerin, welche 10 Wochen nach dem Bisse 
eines tollen Hundes an Wut erkrankte und binnen 5 Tagen daran zu 
Grunde ging. Es wurde mit dem mQtterlichen und fbtalen Mark je ein 
Kaninchen geimpft. Das mit dem mQtterlichen geimpfte ging am 20. Tage 
an typischer Wut ein, dafi andere blieb am Leben. Nach 4 Wochen 
wurde es erdrosselt. Der Sektionsbefund ergab ein vollstSndig negatives 
Resultat. (Schade, daB dieses Tier nicht langer beobachtet wurde.) 

Der neueste Fall ist derjenige von Loir aus dem Jahre 1903. In 
diesem Falle warf das am 3. Tage der ausgebrochenen Krankheit sich 
befindende Kaninchen ein lebendiges Junges, das 4 Stunden spfiter zu 
Grunde ging. Von den 2 aus diesem subdural geimpften Kaninchen 
ging das eine nach 7, das andere nach 9 Tagen unter den typischen 
Erscheinungen der Wut ein. (Un nouveau fait positif constatant le 
passage du virus rabique de la m&re au foetus.) 


Die angefQhrten widersprechenden Ergebnisse gaben mir den Impuls, 
experimentelle Untersuchungen anzuordnen und diese Frage etwas n&her 
zu betrachten. Meine Untersuchungen beginnen im April 1903. 

Als Infektionsstoff diente das Virus einer 34. Kaninchen-Passage. 
Mit diesem wurden 2 trSchtige Meerschweinchen unter die harte Hirn- 
haut infiziert. Das eine warf den nfichsten Tag 2 Junge, welche nicht 
benQtzt werden konnten. Das andere Meerschweinchen erkrankte am 
6. Tage an Wut und ging nach lVx-tSgiger Krankheitsdauer daran zu 


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K o n r a d i, 1st die Wut vererbbar? 


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Grunde. Im Momente des Todes wurden 4 ganz entwickelte Junge 
herausgenommen. 

Jetzt wurde ihr verl&ngertes Mark mit, der groBten Sorgfalt heraus- 
geschnitten, mit physiologischer Koclisalzlosung eine Emulsion bereitet, 
sodann unter die harte Hirnhaut von 8 Meerschweinchen und 2 Eaninchen 
gespritzt. Es wurden selbstverstfindlich auch aus dem Muttertier Meer¬ 
schweinchen und Kaninchen infiziert und zwar je 2. Bemerken muB icb, 
daB mit separaten Instrumenten gearbeitet wurde, ja sogar die Impfung 
mit dem miitterlichen Mark mein Kollege B61a v. tithes durchfflhrte, 
um auch die Moglichkeit eines Hinzukommens des miitterlichen Markes 
zu verhindern. Die Tiere lebten von einander getrennt; von einer 
fremden Infektion kann absolut keine Rede sein. 

Die Meerschweinchen, welche mit dem miitterlichen Mark infiziert 
wurden, gingen nach 6—7-t&giger Inkubation und nach einer Krankheits- 
dauer von 1—l 1 /* Tagen, die Kaninchen nach 7-tagiger Inkubation und 
5-tSgiger Krankheit an typischer Wut ein. 

Am 91. Tage nach der Infektion erkrankten 2 mit dem 
fotalen Mark geimpfte Meerschweinchen, am 92. Tage ein 
drittes, am 96. das vierte und am 98. die flbrigen vier. 
Das Stadium morbi dauerte l l l 2 —9 1 / 1 Tage. 

Von den zwei mit dem fdtalenMark infizierten Kanin¬ 
chen erkrankte das eine nach 105, das andere nach 475 
Tagen. 

Aus den Meerschweinchen, welche mit dem fotalen Mark infiziert 
wurden und an Wut zu Grunde gingen, wurde in Meerschweinchen und 
Kaninchen weiter geimpft, um erstens die Wutdiagnose sicher bestimmen 
zu kdnnen, zweitens um zu sehen, ob das Lyssavirus keine VerSnderung 
erlitten hat. 

Die weiter geimpften Meerschweinchen gingen nach 20-, 21-, 25-, 26-, 
28- und 34-tSgiger Inkubation und 2-, 8-, 11-, 16-t&giger Krankheits- 
dauer zu Grunde, die Kaninchen blieben auBer einem, welches nach 
61 Tagen an Wut einging, am Leben. 


In der 1. Untersuchungsreihe wurde Passagevirus benutzt, es schien 
aber interessant, die Wirkung des StraBenvirus unter denselben Be- 
dingungen zu untersuchen. 

Aus diesem Grunde wurde mit dem Mark eines an StraBenwut ein- 
gegangenen Hundes ein tr&chtiges Kaninchen unter die harte Hirnhaut 
infiziert Dieses Tier ging am 13. Tage unter den typischen Erschei- 
nungen der Wut ein. Aus einem der herausgenommenen 4 Fdten wurden 
2 Meerschweinchen und ein Kaninchen subdural geimpft. Die aus dem 
Muttertiere infizierten bekamen die Wut nach 12 Tagen, die Meer¬ 
schweinchen, welche mit dem fdtalen Mark geimpft wurden, er¬ 
krankten nach 15-t&giger Inkubation und gingen nach 
einer Krankheitsdauer von 24 Stunden an typischer Wut 
ein. Das aus demselben Fotus infizierte Kaninchen hat am 12. Tage 
Fieber, welches 5 Tage lang dauert, dann wird es wutkrank, geht aber 
daran nicht zu Grunde, sondern es wird ihm besser; nach 229 Tagen 
wird das Tier wieder krank und geht nach 26 Tagen an Wut ein. 

Aus den Meerschweinchen, welche mit dem fdtalen Mark infiziert 
wurden und zu Grunde gingen, wurde auch jetzt weiter geimpft Das 
Meerschweinchen erkrankte in der II. Generation erst nach 27 Tagen 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft I. 


und ging nach 2-tagiger Krankheit ein, beim Kaninchen erschienen die 
ersten Syroptome der Wut erst nach 210 Tagen, das Stadium morbi 
dauerte in diesem Falle 2 Tage lang. In den weiteren Generationen 
war die Inkubation beim Meerschweinchen 32, das Stadium morbi 5 bis 
7 Tage lang und die Kaninchen blieben am Leben. 


Lassen wir die Ffille von Lisi und de Blasi und Russo Travali 
auBer acht, so bleiben nur zwei Falle in der Literatur, in denen es 
experimentell gelungen ist, mit dem Mark der Foten Lyssa zu erzeugen: 
Perroncito und Carita bei Meerschweinchen und Loir bei 
Kaninchen. Meine Untersuchungen beweisen, daB das 
verlangerte Mark der Foten das Lyssavirus enth&lt, weil 
die geimpften Tiere alle an Wut erkrankten, aber viel spater als die aus 
dem Muttertier infizierten. Die Ursache dieser Versp&tung kann ent- 
weder diejenige sein, daB das Mark der Ffiten eine geringere Quantitfit 
des Virus enthalt, oder aber wird das Virus abgeschwBcht. Man kfinnte 
auf die letztere Mdglichkeit denken aus dem Umstande, daB in den 
folgenden Passageimpfungen die Meerschweinchen spater und spater 
erkranken, das Stadium morbi auch immer linger wird und die Kaninchen 
am Leben bleiben. 


Von Wichtigkeit ist die Frage: Auf welchem Wege verbreitet sich 
das Lyssavirus von der Mutter auf den F5tus? Nach der Meinung der 
meisten Forscher kann dies durch das Placentablut, da dasselbe das 
Virus nicht enthalt, nicht geschehen. Es soli in dieser Beziehung nur 
auf zwei in der neuesten Zeit erschienene Monographieen hingewiesen 
werden. Casper sagt diesbezfiglich folgendes: „Da das Blut der an 
Tollwut leidenden Tiere zu keiner Zeit der Erkrankung Virus enthalt, 
so war die Vererbungsmoglichkeit von vornherein nicht wahrscheinlich. 
Die Mfiglichkeit der intrauterinen Uebertragung, der Vererbung der Wut- 
krankheit ist so gut als ausgeschlossen zu betrachten. u 

Bei E. Marx linden wir fiber diese Frage folgendes: „... daB wohl 
infolge des Fehlens des Infektionsstoffes im Blut auch bei menschlichen 
und tierischen Foten das Virus meist nicht nachweisbar ist.“ 

Was die Wege anbelangt, auf denen das Lyssavirus sich verbreitet, 
so waren noch vor Pasteur zwei Ansichten bekannt. Krfigelstein 
behauptete schon im Jahre 1826, Dubou6 im Jahre 1879, daB das 
Wutgift direkt auf die Nervenenden wirkt und auf diesem Wege sich 
fortpdanzt. Im Jahre 1837 war Lenhoss6k, 1855 Virchow, spfiter 
Bollinger der Meinung, daB das Virus durch die Gewebssfifte in den 
Lymph- und Blutstrora gelangt und auf diese Weise weiter geffihrt wird. 

Pasteur acceptierte die Ansicht D o b o u 6 s nicht unter dem Hin- 
weise, daB auch Injektionen in die GeffiBe Wut erzeuge. 

Mfiller injizierte mit positivem Erfolge einem Hunde in die Vena 
jugularis mit Blut gemischten Speichel eines wutkranken Hundes. 

Pasteur, Chamberland, Roux und Thuillier hatten mitge- 
teilt, daB die intravenose Injektion sehr oft die stille, paralytische Form 
der Wut erzeugt 

Bordoni-Uffreduzzi erwfihnt, daB er in vielen Fallen auf dem 
Wege des Experiments konstatieren konnte, daB auch das Blut von 
Tieren, die infolge der Inhzierung an Wutkrankheit starben, wirklich 
virulent ist. 


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Konridi, 1st die Wut vererbbar? 


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Nach de Blasi und Russo Travali spielt bei dem Transport 
auch der Lymphstrom eine Rolle. 

Nach E. Marx gelingt eine Infektion von der Blutbahn bei Hunden 
und Kaninchen leicht, und meint, daB eine solche Verbreitung wohl dann 
sicher eintritt, wenn es sich urn kflnstliche Infektionen handelt. Nach 
Hftgyes ist die Verbreitung durch die Nerven nicht die einzige Art, 
anf welcher das Virus in das Zentrum gelangt, da die Wut auch mittels 
intravenoser Injektion erzeugt werden kann; was aber bei kQnstlichen 
Infektionen vorkoramt, muB auch bei natfirlichen Infektionen m6g- 
lich sein. 

Auf diese Weise kSnnte man den Uebergang des Virus von der 
Mutter auf den F6tus durch das Placentablut sich vorstellen, und ich 
glaube, daB dies Sfters gelungen ware, wenn die Forscher nicht nur 
Kaninchen, sondern auch Meerschweinchen zu ihren Experimenten ge- 
braucht batten und die Beobachtungsdauer eine l&ngere gewesen wfire. 

Konklusion. 

1) Das Wutvirus geht von der Mutter auf den F6tus 
fiber, scheintaber inzwischen abgeschw&cht zu werden. 

2) Zu solchen Untersuchungen sollte man nicht nur 
Kaninchen, sondern auch Meerschweinchen benutzen, da 
diese ffir die Wut empf&nglicher sind. 

3) Die Beobachtungsdauer muB auf ungeffihr l 1 /* Jahr 
verlftngert werden. 

Kolozsvdr, am 25. November 1904. 


Literatur. 

Abba, Contribution & la question du passage du virus rabique de la mfere au foetus. 
(Annal. de l’Inst* Pasteur. T. XII. 1898.) 

Babes, Die Lehre von der Hundswut zu Ende des 19. Jahrhunderts. (BerL klin. 

Wochenschr. 1900. No. 42—43.) 

Bollinger, Wutkrankheit. (Ziemssens Handbuch. Bd. III.) 

Bombicci, Sopra la transmissione della rabbia dalla madre al feto. (Gaz. degli osp. 
Milano. VoL XIII. 1892.) 

Bordoni-JWfreduzzi, Autorreferat. (Centralbl. f. Bakt. Bd* III. 1888.) 

De Blasi u. Russo Travali, Richerche sulla rabbia. (La riforma medica. 1889 
—1890.) 

Casper, Pathologie der Tollwut. (Lubarsch-Ostertag, Ergebnisse der allg. Pathol. 
VII. Jahrg. 1900/1901. Erschienen 1902.) 

Celli u. de Blasi, Stazione municipale vaccinazione antirabiche. (BolL de soc. 
d’igiene di Palermo. Vol. III. 1888.) 

Dubou6, De la physiologie pathologique et du traitement de la rage. (Paris 1879.) 
Gal tier, Note surla rage. (Bullet, de la soc. centr. de m&l. v6t. 1898.) 

Hdgyes, Lyssa. (Nothnagel: Spez. Pathol, und Therapie. Bd. V.) 

Krokiewicz, Beitrag zur Lehre von der Lyssa humana. (Wien. klin. Wochenschr. 
1902. No. 6.) 

Krflgelstein, Geschichte der Hundswut. 1826. 

Li si, Tre casi di rabbia congenita nel cane. (Clin, veter. Vol. XVI. 1893.) 

Loir, La rage dans TAfrique du Sud. (Annal. de l’lnst. Pasteur. T. XVII. 1903.) 
Lenhoss^k, Die Wutkrankheit nach bisherigen Beobachtungen. (Pest 1837.) 

Ma rx, E., Lyssaimmunitat. (Handb. d. path. Mikroorgjanismen. Bd. IV. 1904.) 
Mdller, Uebertragung der Wutkrankheit durch Injektion von Speichel in die Blut¬ 
bahn. (Arch. f. Tierheilk. Bd. VII. 1881.) 

Pasteur, Note sur la rage. (Compt. rend. T. XCII. 1881.) 

Pasteur, Chamberland, Roux, Thuillier, Nouveaux faits pour servir k la 
connaissanse de la rage. (Compt. rend. T. XCV. 1885.) 

Perroncito u. Carita, De la transmission de la rage de la m^re au foetus. (Annal. 
de lTnst Pasteur. T. I. 1887.) 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 1. 5 


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Centralbl. f. BAkt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


y. Rdtz, A veezettsdg virup&nak &tor6kl&6rdl. (Veterinarius. Jahrg. 1891).) 

— Sur le passage du virus rabique de la mfere au foetus. (AnnaL de l’lnst. Pasteur. 
T. I. 1887.) 

Veszpr^mi, Ein Fall vou kongenitaler Tuberkulose. (Ziegler-Schmidt, CentralbL t 
allg. Patholog. u. pathol. Anatomie. Bd. XV. 1904.) 

Virchow, Zoonosen. (1855.) 

Wassermann, Erbliche Uebertragung von Infektionskrankheiten. (Handb. d. path. 
Mikroorganismen. Bd. I. 1903.) 

Zagari, Esperienze interno alia transmissione della rabbia dalla raadre al feto. (Giorn. 
internaz. de scienc. med. Napoli. Vol. X. 1888. Ref. Annal. de l’lnst. Pasteur. 
T. II. 1888.) 


Nachdruck verboten. 

Observations on some protozoa found in human faeces. 

By Prof. Aldo Castellan!, Director Bacteriol. Institute, Colombo (Ceylon). 

With 5 figures. 

Nyctotherus a/'ricanus n. sp. 

This parasite was observed by me in the faeces of a Baganda native 
affected with sleeping sickness. The general form of the parasite 
resembles in a certain way that of a sand-watch with the upper portion 


Fig. l. Fig. 2. 



Micro- Mega- Micro- Mega- Contractile 

nucleus nucleus nucleus nucleus vacuole 

much less developed than the lower. The shape was practically alike 
in all the organisms, though the dimensions might vary a little. The 
average length of the parasite is from 40 to 50 micron while the maxi¬ 
mum diameter in breadth is from 35 to 40. The endoplasm is finely 
granular and is of the same character throughout. The surface of the 
parasite is covered with very minute, in some cases almost invisible 
cilia, which become much longer and thicker on the posterior zone of 
the body, where a short peristome is present. The disposition of cilia 
is somewhat similar to what one sees in Biitschlin parva. A rather 
large contractile vacuole is situated not far from the nucleus. It is to 
be noted that in several individuals the contractile vacuole could not 


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Castellani, Observations on some protozoa found in human faeces. 


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be detected. Food vacuoles were never present. The most interesting 
feature of the parasite is given by the morphological characters of the 
nucleus. The meganucleus is rounded in shape and very large. It shows 
a remarkable structure identical to the structure Schaudinn described 
in Nyctoiherus faba viz: the chromatin is collected in four large masses 
at the periphery. This structure is well shown by the annexed illustra¬ 
tion. The micro-nucleus is very small and is situated close to the macro¬ 
nucleus. I did not see any forms showing signs of division or conjuga¬ 
tion. Encysted forms were not observed. 

Has this parasite any pathogenic properties? The patient who har¬ 
boured it presented intestinal troubles, diarrhoea, alternating with long 
periods of constipation. The patient however was affected with sleeping 
sickness in which disease intestinal troubles are not a rare feature. I 
must add also that the patient harboured in his intestine various worms: 
Ascaris lumbricoides, Trichocephalus dispar and Ankylostoma duodenale. 
The ova of all these worms and especially of Ankylostoma duodenale 
were very numerous in the stools. Therefore it is impossible to say 

wether the parasite had any part or not in the causation of the in¬ 

testinal symptoms. The patient died of sleeping sickness in a few 
months. The mucosa of coecum, colon and rectum was slightly con¬ 
gested. No ulcerations were present. The histological examination of the 
mucosa was not taken. The intestinal contents, especially those of the 
coecum. contained many specimens of the parasite. No other protozoa 
were present. 

Entamoeba undulans n. sp. 

I have observed the parasite which I am going to describe in a 
case of chronic dysentery here in Colombo. The patient was a European 
planter and had been several years in the island. The patient suffered 

from the first attack of the disease some years ago. After that an 

abscess of the liver developed which was successfully operated on. A few 
months ago another attack of dysentery set in, again an abscess of the 
liver developed and was operated. The patient died two days after the 
operation. The stools of the patient contained some faecal matter, mucus, 
pus and blood. The bacteriological investigation for Kruse’s bacillus 
was negative. Serum reaction with the Bacillus dysentericus was 
always negative either using an original strain from Germany or any 
strain isolated by me in Ceylon in cases of bacterial dysentery. — The 
microscopical examination of the faeces showed some amoebae with the 
characters of the Entamoeba histolytica Schaudinn, some trichomonata 
and several individuals of another form of protozoon. This last parasite 
is of larger dimensions than the Trichomonas intestinalis , its maximum 
diameter reaching from 25 to 30 micron. The usual shape is oval or 
roundish. There is absolute absence of flagella. The organism presents 
a continuous rapid undulating movement from one extremity to the other 
extremity of its body, this being due to the presence of an undulating 
membrane. Now and then at the interval of 15 to 20 seconds a very 
narrow long pseudopodon is shot from the body. Only one pseudopodon 
is emitted at a time. The pseudopodon is emitted very quickly and is 
very quickly retired. The pseudopodon is emitted sometimes from a 
part of the body and sometimes from another part. The organism has 
a finely granulated protoplasm, a differentation between ectoplasm and 
endoplasm apparently does not exist, the protoplasm is practically of 

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68 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

the same character throughout. Id a few individuals a very indistinct 
nucleus could be observed, but in the most of the specimens no nucleus 

at all can be seen. One 
Fig. 3. sm all vacuole is often pre¬ 

sent, seldom more than one. 
The vacuole does not possess 
the characters of a contractile 
vacuole. The position of the 
vacuole varies. The proto¬ 
plasm may contain some bac¬ 
teria and granules. In pre¬ 
parations stained with various 
methods the nucleus could not 
be stained satisfactorily. En¬ 
cysted forms or forms in divi¬ 
sion were not observed. 


Fig. 4. 


The parasite in my opinion, 
F *g- 5. can not be considered a Cerco- 

monas or a Trichomonas as there 
was always complete absence of 
flagella. That the organisms should 
be trichomonata which somehow 
had lost their flagella while re¬ 
taining their undulating membrane 
is very improbable. Besides their 
dimensions were much larger than 
the dimensions of intestinal tricho- 
raonata. It is also to be noted that 
though trichomonata may some¬ 
times present amoeboid movements 
their pseudopoda, in my experience 
at least, are not of such a shape 
and never of such a length. The 
parasite was not either one of the 
ordinary intestinal amoebae as it 
possessed an undulating membrane and the shape and mode of emis¬ 
sion of the pseudopoda were different to what one sees in the Amoeba 
coli, in which the pseudopoda are of large dimensions, blunt and are 
emitted rather slowly. In my patient Amoeba coli (var. Entamoeba 


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Markl, Mechanismus der Abwehr des Organism us bei Infektion etc. 


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histolytica Schaudinn), Trichomonas intestinalis and the parasite I have 
described were present together; therefore the comparison between all 
of them was easy. — The organism might be called Entamoeba un¬ 
ci ulans. 


References. 

Doflein, Die Protozoen als Parasiten und Krankheitserreger. Jena 1901. 
Clarke, J. Jacson, Protozoa and disease. London 1903. 

Schaudinn, CentralbL f. Bakt. etc. 1899. p. 491. 


Nachdruck verboten, 

Ueber den Mechanismus der Abwehr des Organismus bei 
Infektion mit TuberkelbaciUen. 

[Aus dem staatlichen Laboratorium far Schiffs- and Tropenhygiene 
im Seelazarett S. Bartolomeo bei Triest.] 

Von Seesanitatsinspektor Dr. Harkl. 

Mit 1 TafeL 

In der Aetiologie der Tuberkulose spielte seit nndenklicber Zeit der 
nnklare Begriff Disposition 44 die Hanptrolle. Unter diesen Begriff hat 
man die Hereditat, die ungQnstigen sozialen, klimatischen und hygieni- 
schen Verh&ltnisse und tiberhaupt alles subsummiert, was geeignet er- 
scheint, den Organismus zu schw&chen und zu schadigen und der Infektion 
zugknglicher zu machen. 

Wenn man den Begriff „Disposition“ nach heutigem Stande der 
Wissenschaft analysiert, so kann man ihn mit dem Begriffe einer rela- 
tiven Immunitat identifizieren. 

In der Tat gait die menschliche Tuberkulose bis vor kurzem fttr 
eine wenig infektiose Krankheit, zu deren Erzeugung wiederholt und in 
grdfierer Menge TuberkelbaciUen aufgenommen werden mtissen. 

Nach der Lehre von Behring, welcher die Infektion mit Tuberkel- 
bacillen in das frttheste Kindesalter versetzt wissen will, dtirfte die 
relative Immunitat an Bedeutung verlieren; ganz zurttckweisen will sie 
aber selbst v. Behring nicht. 

Nun, wenn eine relative Immunitat des Organismus gegen die 
Tuberkuloseinfektion vorhanden ist, liegt die Frage nahe, worin dieselbe 
besteht, bezw. auf welche Art und Weise die in den Korper einge- 
drungenen TuberkelbaciUen unschadlich gemacht werden. 

In der Literatur existieren mehrere Arbeiten, welche sich mit dem 
Schicksale der in den KSrper eingedrungenen TuberkelbaciUen beschaf- 
tigen. 

Metschnikoff 1 ) studierte im Jahre 1888 die phagocytare Rolle 
der RiesenzeUen an Spermophile und zeigte, dafi die TuberkelbaciUen 
im Innern der Zellen degenerieren (rosarot, farblos Oder sogar kontrast- 
gefarbt erscheinen). 

Bei der Injektion unter die Haut, in die vordere Augenkammer 
oder ins Blut konnte er beobachten, dafi die TuberkelbaciUen sofort von 


1) Ueber die phagocytare Rolle der Tuberkelrieseozelle. (Virchows Archiv. 
Bd. CXIII.) 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


den Leukocyten aufgenommen warden. SpSter erscbienen die grofien 
Mononuklefiren, welche die Bacillen und selbst die Polynuklefiren mit 
ihren Bacillen aufnahmen. 

Borrel 1 ) studierte die Pbagocytose in der Lunge und Niere von 
Kaninchen und gelangte zu demselben Ergebnisse. Zuerst erscbienen 
die Polynukle&ren mit Bacillen gefflllt. Am 3. Tage begannen sie zu 
degenerieren; ihr Kern fragmentierte sich in chromatische TrOpfchen 
und wurde trfibe. Am 5. Tage verschwanden die Polynukle&ren und 
ihre Rolle wurde von den grofien Mononukle&ren Qbernommen, die 
bereits am Ende des 2. Tages in Aktion traten. 

Zu abweichenden Resultaten gelangten Kostenitch und Wol- 
kow 2 ), welche keine Phagocytose beobachtet haben. 

B r o d e n 8 ) fand, dafi in den ersten Tagen nach der Infektion die 
Tuberkelbacillen vorwiegend von Leukocyten und nur teilweise von 
fixen Elementen aufgenommen wurden. Im sp&teren Verlaufe ver¬ 
schwanden die tuberkelbacillenhaltigen Leukocyten und man fand die 
Tuberkelbacillen nur in fixen Elementen. Diese vermehrten sich dann 
und bildeten die Tuberkel. 

Dembinski 4 ) experimentierte mit der Vogpl- und Menschen- 
tuberkulose an Tauben. Zur Anwendung kamen im ersten Falle Bouillon-, 
im zweiten Falle Glycerin-Kartoffelkulturen (3 Wochen alt). Die Tauben 
wurden in die Sternalgegend geimpft, und von Zeit zu Zeit wurden 
ExsudattrOpfchen entnommen und untersucht Bei der Infektion mit 
Vogeltuberkulose zeigten sich nun folgende Verh&ltnisse: 

»/, Std. nach der Infektion freie TB. im Exsudat; Leukocytose (Polynukleare) aber keine 

Phagocytose; 

2 „ „ „ „ schwache Phagocytose; 

5 „ „ „ „ dto. Leukocytose nimmt zu; 

24 „ „ „ „ starkere Phagocytose; 

48 „ „ „ „ mononukleare Leukocyten vermehrt und fangen an, die TB. 

aufzunehmen; 

4 Tage „ „ „ Abnahme und Degeneration der polynuklearen, ausgeepro- 

chene Phagocytose der mononuklearen Leukocyten; 

5 „ „ „ „ fast nur Mononukleare mit Bacillen im Plasma oder auch 

im Kern; die extracellular liegenden Bacillen nehmen immer 
mehr und mehr ab, verschwinden jedoch nie vollatandig 

Es trat also bei subkutaner Infektion der Tauben mit Vogel¬ 
tuberkulose Phagocytose in Aktion, die in den ersten 2 Tagen poly- 
nukle&rer, sp&ter mononukle&rer Natur war. 

Bei der Infektion der Tauben mit Menschentuberkulose konnte man 
bereits nach l /s Stunde beobachten, dafi sich mononukle&re Leukocyten 
urn die Bacillen gruppierten und Riesenzellen bildeten. In den n&ch- 
sten Tagen war schwache Phagocytose der Mono- und Polynukle&ren zu 
beobachten, aber es pr&valierte die Bildung von Riesenzellen, worin fast 
alle Bacillen eingeschlossen waren. Einige Bacillen waren allerdings 
immer extracellul&r zu sehen. 

Dembinski schliefit aus seinen Versuchen, dafi die Phagocytose 
bei Tauben verschieden ist, je nach der Wahl der Kultur; bei der Vogel- 

1) Tuberculose pulmonaire exp4rimentale. (Annales de l’Inst. Pasteur. 1893—1894.) 

2) Becherches sur le ddveloppement d. tuberculose expdrimentale, (Archives de 
m4d. exp. et d’auat path. 1892.) 

3) Keclierches sur l’histogdnfese du tubercule. (Archives de med. exp. et d’anat. 
path. 1899.) 

4) La phagocytose chez le pigeon & l’6gard du bacille tuberculeux aviaire et du 
bacille humain. (Annales de l’Inst. Pasteur. Bd. XIII.) 


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Markl, Mechanismus der Abwehr des Organism us bei Infektion etc. 


71 


taberkulose ist sie sehr aktiv, und man kann 3 Stadien unterscheiden: 
Phagocytose der Polynuklefiren, gemischte Phagocytose und Phagocytose 
der Mononuklearen. 

Bei der Infektion mit der Menschentuberkulose beobachtet man 
eine gemischte Leukocytose im Anfang; Phagocytose der freien Elemente 
ist nicht besonders ausgesprochen. 


Bei meinen Studien fiber den Mechanismus der Abwehr gegen die 
Infektion mit Tuberkelbacillen habe ich denselben Weg eingeschlagen, 
den ich seinerzeit beim Studium der kfinstlichen Imraunitfit gegen Pest 1 ) 
verfolgt habe. 

Zur Anwendung kamen mehrere virulente St&mine der menschlichen 
Tuberkulose und ein Stamm von Perlsucht, den ich der Liebenswfirdig- 
keit des Herrn Dr. Lfiwenstein in Belzig verdanke. Sfimtliche Kul- 
turen wurden auf Glycerinagar gezflchtet Nach 6—8 wfichentlichem 
Wachstum im Brutofen bei 37 0 C wurden die Kulturen in sterilisiertem 
Morser ohne Flfissigkeitszusatz auf das Feinste verrieben, sodann in 
physiologischer Kochsalzldsung aufgeschwemmt und Meerschweinchen 
intraperitonea) injiziert. Die injizierte Menge betrug */io— l /s einer 
Agarkultur (ca. 25 mg) 2 ). 

Den infizierten Tieren wurden dann von Zeit zu Zeit aus der Bauch- 
hdhle Exsudattrdpfchen mittels Glaskapillaren entnommen, auf Deck- 
glfischen mit Aetheralkoholmischung fixiert und nach der G abbetschen 
Methode (Karbolfuchsin, verdfinnte Schwefelsfiure mit Methylenblauzusatz) 
auf Tuberkelbacillen gef&rbt. 

Die mikroskopische Untersuchung der auf diese Weise gewonnenen 
Prfiparate fflhrte zu folgenden Ergebnissen: 

Bereits 3 Stunden nach der Infektion war eine lebhafte Leukocytose 
und Phagocytose der polynukle&ren Leukocyten auffallend. Einige Leuko¬ 
cyten enthielten viele, andere nur wenige Bacillen, bei alien aber war 
eine aktive chemotaktische Wirkung ausgepragt, indem die extracellular 
liegenden, intensiv rot geffirbten Bacillen in der Nahe der Leukocyten 
gruppiert erscbienen. 

6 Stunden nach der Infektion war die Phagocytose noch stSrker 
ausgeprfigt. Die extracellular liegenden Bacillen waren aber nicht 
durchweg gut geffirbt; einige erschienen wie gequollen und nahmen nur 
schwach den Farbstoff auf. 

Nach 24 Stunden war die Phagocytose nicht wesentlich verfindert; 
extracellular konnte man jedoch angeschwollene, nicht gef&rbte Bacillen 
und Granulaformen beobachten. 

Nach 2 X 24 Stunden schien die Leukocytose etwas abzunehmen. 
Nur wenige Leukocyten zeigten normales Aussehen und enthielten gut 
gefSrbte Tuberkelbacillen; die meisten fftrbten sich schwach und ent¬ 
hielten zahlreiche kleine, farblose Kdrnchen ohne deutliche Konturen 
Oder sie lieBen das Protoplasma wie eine Kappe fiber dem Kern diffus 
schwach rosarot erscheinen. Extracellular konnte man angeschwollene, 
nur im Zentrum schwach rosarot geffirbte Bacillen, dann zahlreiche 


1) Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XLI1. 

2\ Urn von der Virulenz der meistens verwendeten Kultur (Menschentuberkulose) 
eine Vorstellung zu geben, erwahne ich, dafi bereits 2 1 /, mg von derselben Meerschwein¬ 
chen bei peritonealer Infektion unter dem Bilde allgemeiner Bauchfelltuberkulose in 
17 Tagen tote ten. 


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72 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


kleine, gianzende, runde Granula mit einem roten Punkt im Zentrum 
wahrnehmen. 

Nach 3 X 24 Stunden erschienen die MononukleSren im Prftparate. 
Die Kerne der Polynuklearen f&rbten sich scblecht Intracellular nur 
sparlich gut gefarbte Bacillen, extracellular zahlreich stark angeschwollene 
Bacillen (Riesenformen) diffus rosarot Oder an der Peripherie blau Oder 
diffus schwach blau gefarbt, ferner groBe Keilen- und unregelmafiige 
Formen, dann zahlreiche runde, farblose, glanzende Granula mit einem 
roten Funkt im Zentrum oder auch diffus blau gefarbt. Bacillen von 
normaler Gestalt und Farbung kamen extracellular nur sehr sparlich vor. 

Nach weiteren 24 Stunden war eine gemischte Leukocytose mit vor- 
herrschender Zahl und ausgesprochener Phagocytose der Polynuklearen 
zu beobachten. Die Phagocyten enthielten wieder zahlreiche, gut gefarbt© 
Bacillen. Extracellular sieht man noch rosarote Granula und Palissaden- 
formen, dann aber auch, allerdings sparlich, Tuberkelbacillen von nor¬ 
maler Form und Farbung. 

Nach 5 X 24 Stunden waren die Phagocyten wieder in Abnahme 
begriffen, urn in den nBchstfolgenden Tagen vollstandig aus dem Gesichts- 
felde zu verschwinden, wahrend die extracellular liegenden Granula noch 
weiter das Bild beherrschten. 

Man sieht aus diesen Versuchen, daB die fiir Impftuberkulose so 
empfanglichen Meerschweinchen mit recht ausgesprochenen Abwehr- 
kraften gegen diese Infektion ausgerQstet sind. 

Zuerst treten die polynuklearen Leukocyten in Aktion, welche die 
Tuberkelbacillen aufnehmen und in ihrem Innern derart beeinflussen, 
daB sie die charakteristische Farbbarkeit einbQBen und in Granula zer- 
fallen. 

Durch diese Funktion werden allerdings die Phagocyten selbst in 
ihrer Vitalitat arg geschadigt; ihre Kerne farben sich schlecht, ihr 
Protoplasma sattigt sich mit Zerfallsprodukten der Tuberkelbacillen und 
zeigt die fflr diese charakteristische Farbung — mit einem Wort: die 
Phagocyten degenerieren. 

An Stelle der gefallenen Soldaten kommen dann andere: die mono- 
nuklearen und neue polynukleare Phagocyten, und der Kampf wird 
fortgesetzt, bis das Kriegsmaterial des Organismus erschSpft wird. 

AuBer der Aktion der Zellenelemente sind jedoch noch andere 
Krafte in Tatigkeit Man kann schon in den ersten Stunden nach der 
Infektion, wo die Phagocytose im vollen Gange ist, beobachten, wie die 
extracellular liegenden Tuberkelbacillen anschwellen und an Farbbarkeit 
verlieren. 

Im spateren Verlaufe kann man extracellular rosarote, farblose oder 
sogar kontrastgefarbte Riesenformen, Schattenformen und kleine Granula 
beobachten, welche in Auflosung begriffene Tuberkelbacillen darstellen. 
Hier kbnnte man also sprechen von einer Auflbsung der Tuberkel¬ 
bacillen in der Peritoneallymphe ohne Intervention der Leukocyten. 
Nun mdchte ich aber diesen Satz ganz allgemein doch nicht aussprechen, 
weil es selbst bei dieser extracellularen Auflbsung nicht ausgeschlossen 
ist, daB die Leukocyten durch ihre Zerfallsprodukte doch im Spiele sind. 

Wenn man Tuberkelbacillen in vitro mit frischem Serum zusammen- 
bringt und bei Bruttemperatur stundenlang beobachtet, kann man weder 
Auflbsung noch Formveranderung, noch Beeintrachtigung der Farbbar¬ 
keit der Tuberkelbacillen wahrnehmen. Es scheint daher das Serum 
allein ohne Leukocyten unwirksam zu sein. 


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Martel^ Tuberkelbacillen . 


Centralbl. f. Balder ioloyie . .4A/. 7. 0/7*7. 2?'/. XXX VIII. 


Fig. 1. Gemischte Phagocytose. 




Fig. 2. Extracellul&re Auflosung der Tuberkelbacillen. 
fAufgequolleno Bacillen und Granula.) 


Verlag von Gustav Fischer in Jenn. 


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Pettersson, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 73 


DaB bei der extracellularen Auflosung die Leukocyten im Spiele 
sein mflssen, geht iibrigens auch aus dem Befunde hervor, daB die 
moisten Granula erst knapp vor oder nach dem Abklingen der Phago- 
cytose zum Vorschein kommen. Es hat sogar den Anschein, daB in 
dieser Phase die Granula aus den Phagocyten austreten, welche ihre 
Aufgabe bereits vollbracht haben. Ich will auf diese Frage vorlSufig 
nicht naher eingehen und begnfige mich mit der Feststellung der Tat- 
sache, daB in vorgeschrittenen Phasen der Abwehraktion neben normal 
aussehenden in Phagocyten eingeschlossenen Tuberkelbacillen massen- 
haft in Auflfisung begriffene Formen extracellular zu finden sind. 

Diese Beobachtung dttrfte mit der Ansicht der Gegner der Phago¬ 
cyten theorie, dafi die Leukocyten nur abgetdtete oder abgeschwfichte 
Mikroben aufnehmen, kaum in Einklang zu bringen sein. 


Nachdruck verboUn. 

Ueber die Virulenz und die immunisierende Wirkung des 

Typhusbacillus. 

[Aus dem kgl. hygienischen Institute der Universitfit KSnigsberg i. Pr 
und der bakteriologischen Abteilung des Karol. Institutes in Stockholm.] 

Von Alfred Pettersson. 

Das Wesen der Virulenz und der immunisatorischen Wirkung der 
Bakterien, besonders solcher, die lytische Immunstoffe erzeugen, ist noch 
in mehreren Beziehungen recht dunkel. Eingehende Untersuchungen 
liegen eigentlich nur von Pfeiffer und Friedberger 1 2 ) fiber den 
Choleravibrio vor. Diese Forscher stellten fest, daB virulente Cholera- 
stfimme weit grofieres Bindungsvermfigen gegenfiber den zu ihnen pas- 
senden Ambozeptoren zeigen als avirulente Stamme. Die virulenten ab- 
sorbierten nfimlich aus einem Immunserum eine 5—lOmal groBere Menge 
Immunkdrper als die nicht virulenten. Daraus folgt ungezwungen, daB 
im normalen Tierkorper, wo die zum Choleravibrio passenden Ambo¬ 
zeptoren nur in beschrfinkter Menge vorhanden sind, diese schon durch 
einen Teil der injizierten Menge virulenter Vibrionen gebunden werden 
konnen. Die weitere Entwickelung der fibrigen Individuen ist also ge- 
sichert, bis die Ambozeptoren durch die Aullosung der Bakterien frei- 
gemacht werden. 

Es war zu erwarten, daB auch bei Typhus und Pest die Verhfilt- 
nisse sich fihnlich zeigen wflrden. Von Pfeiffer und Kolle war 
schon vorher in Bezug auf Typhus nachgewiesen, daB die Wirkung des 
Immunserums vom Virulenzgrade der durch das Serum zu beeinflussen- 
den Typhuskultur abhfingig war. Eine Oese des hochvirulenten Typhus 
brauchte zur AuflSsung in der Meerschweinchenbauchhdhle eine 10- bis 
mehrfach hohere Dosis von Immunserum als die gleichgroBe Menge eines 
weniger virulenten. 

Inzwischen ist von Wassermann*) hervorgehoben, daB die Viru¬ 
lenz des Typhusbacillus in keiner direkten Beziehung steht zum Bin- 


1) Pfeiffer, R. und Friedberger, G., Berl. klin. Wochenschr. 1902. 

2) Wassermann, A., Festschrift zum 60. Geburtstage von Robert Koch. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


dungsvermogen fQr die Ambozeptoren im Immunserura. Im Gegenteil 
wQrden bisweilen weniger virulente Stfimme mehr Immunkorper absor- 
bieren als hochvirulente. Dagegen besteht Uebereinstimmung zwischen 
der bindenden Kraft fflr ImmunkQrper und immunit&tsauslQsender Re- 
aktion im TierkSrper. 

Somit wGrde also die Beziehung zwischen Virulenz und immunisa- 
torischer Wirkung in Bezug auf den Typhusbacillus eine umgekehrte 
oder wenigstens ganz andere sein als fQr den Choleravibrio und den 
Pestbacillus. Den letzteren betreffend, zeigte n&mlich R. Pfeiffer, 
dafi bei Macacus radiatus der eriangte Immunitatsgrad von der 
Virulenz der geimpften Pestbacillen abhfingig ist Bei dieser Sachlage 
folgte ich gern dem Vorschlage des Herrn Prof. Pfeiffer, das Wesen 
der Virulenz des Typhusbacillus einer eingehenden Untersuchung zu 
unterziehen. 

Verschiedene Typhusstamme wurden also verschafft, auf ihre Typhus- 
natur untersucht und die Virulenz geprQft. Zur Verwendung kamen 
zuerst zwei St&mme (Kbg. und G.) aus der Institutssammlung in Kdnigs- 
berg, von welchen der eine urspriinglich aus GieBen stammte, ein aus 
Typhusstuhl mittels der Methode von Drigalsky und Con rad i (Spr.) 
und ein aus der Milz eines gestorbenen Typhuspatienten gezuchteter 
Stamm (Mlz.). SpQter wurden in Stockholm noch zwei St&mme (H. und 
St) in Arbeit genommen. Der Stamm H. war vor einiger Zeit aus 
einem posttyphdsen AbsceB bekommen, der zweite, St, war ein alter 
Laboratoriumsstamm. Typhus Kbg., G. und St. waren vbllig avirulent, 
die anderen dagegen virulent. Die tbdliche Dosis war von Typhus Spr. 
Vi*—Vi* Oese, von Typhus Mlz. 1 /, 0 und von Typhus H. l / s Oese. 
Besonders Typhus Spr. behielt seine Virulenz sehr konstant und wurde 
deshalb regelm&Big fflr die PrQfung der Sera auf Gehalt von Immun- 
kbrper verwendet. 

Nach dem heutigen Stande unseres Wissens ist eine vollige Identitfit 
der Rezeptoren der verscbiedenen Rassen einer Bakterienart einerseits, 
ebensowenig wie der zu den Bakterien passenden Ambozeptoren im Serum 
verschiedener Tierspecies andererseits anzunehmen. Um eine etwaige 
Beziehung des Bindungsvermogens der Bakterien fQr Ambozeptoren zu 
ihrer Virulenz einwandsfrei feststellen zu konnen, sollte man bei den 
AusfQllungsversuchen des ImmunkQrpers das Serum desjenigen Tieres 
benutzen, auf das die Virulenz sich bezieht. Dies scheint um so nStiger, 
als wir noch nicht wissen, wieviel von den artfremden Ambozeptoren 
im Meerschweinchenkorper komplettiert werden. Um dieser Schwierig- 
keit so weit als moglich zu entgehen, wurden die Immunsera haupt- 
sSchlich vom Meerschweinchen und zu einigen Versuchen von dem diesem 
Tiere ziemlich nahestehenden Kaninchen fQr die Untersuchung verwendet 

Zuerst wurden Versuche angestellt. um zu bestimmen, wieviel 
Ambozeptoren durch die verschiedenen St&mme ausgefallt werden (s. 
Tabelle I). 

Nach Absorption mit 1 j 2 Oese Typhus enthielt jeder Kubikcentimeter 
der verdQnnten Sera mindestens 25 I.-E. Verschiedene Stamme hatten 
etwas weniger ausgef&llt. Versuche, die Grenzen weiter einzuengen, 
fielen aber fQr die verschiedenen StQmme nicht eindeutig aus und 
werden deshalb nicht angefQhrt Jedenfalls enthielt, wie aus der Ta¬ 
belle hervorgeht, kein absorbiertes Serum mehr als 32 I.-E. oder weniger 
als 25 per Kubikcentimeter. 1 ccm des unverdQnnten Serums enthielt 
133 I.-E. Von einer Oese wurden folglich hochstens 83, mindestens 


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Pettersson, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 75 


Tabelle I. 

Typhusimmunserum eines sehr grofien Meerschweinchens. Das Serum war mit 0,5 Proz. 
Karbolsaure versetzt und 2 Monate alt. Sein Titre war 0,0075. In verschiedenen 
Rohren wurden je 1 ccm Serum und 1 ecm Kochsalzlosung, die 1 Oese abgetoteter 
Typhuskultur enthielt, gemischt, l 1 /* Stunden bei +37° belassen und danach klar 
zentrifugiert. In der Serie A war die Abtotung der Tvphusbacillen durch halbstiindiges 
Erwarmen bei + 58° 0 bewerkstelligt worden, in der Serie B durch Einwirken von 
Ohloroformdampfen 15 Minuten erreicht. Angelegte Probekulturen zeigten vollstandige 
Sterilitat. Typischer Befund — seroses Exsudat mit zahlreichen Bakterien. 


Absorption mit 


Zusammen mit einer Oese Typhus Spr. injizierte Menge des 
absorbierten, verdiinnten Serums 

0,03 ccm j 0,04 ccm j 0,05 ccm 


Typhus Spr. 
Typhus Mlz. 
Typhus Kbg. 
Typhus G. 

Typhus Spr. 

Typhus Mlz. 
Typhus H. 
Typhus Kbg. 
Typhus G. 
Typhus St. 


A 


M. 280 g. + in 24 Stunden. 
Typiscner Befund. 

M. 260 g. Lebt. 

M. 275 g. f in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 265 g. Lebt. 

M. 270 g. t > n 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 250 g. Lebt. 

M. 260 g. f in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 260 g. Lebt. 


B 



M. 260 g. t in 24 Stdn. 
Serofibrinoses Exsud. m. 
sehr wenigen Bakterien. 

M. 295 g. f in 24 Stunden. 
Typisder Befund. 

M. 260 g. 

Lebt. 

M. 260 g. f i n 24 Stunden. 
Typisder Befund. 

M. 270 g. 

Lebt. 

M. 275 g. f > n 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 255 g. 

Lebt. 

M. 260 g. f > n 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 260 g. 

Lebt. 

M. 270 g. f in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 260 g. 

Lebt. 


69 I.-E. ausgefallt. Der grofite Unterschied zwischen den verschiedenen 
Typhusstammen, 14 I.-E., betragt also hochstens 1 / ft der absorbierten 
Menge Immunkorper. DaC die lOmal hohere Virulenz gewisser Stamrae 
durch diesen kleinen Unterschied an Absorptionsvermogen erklart werden 
kann, ist nicht wahrscheinlich. 

Absorptionsversuche mit lebenden Bakterien fielen ganz in der- 
selben Weise aus (s. Tabelle II u. III). 

Aus dem Serum, das zu den in der Tabelle II wiedergegebenen Ver- 
suchen verwendet wurde, haben die verschiedenen Starnme eine fast genau 
gleichgroBe Menge Immunkorper absorbiert Von 100 I.-E. in 2 ccm 
Serum wurden durch eine Oese etwa 76 I.-E. ausgefallt. Diese Menge 
entspricht genau der Mittelzahl der aus den Versuchen der Tabelle I 
erhaltenen Maxima, 83 I.-E., und Minima, 69 I.-E. In der Tabelle III 
ist die Uebereinstimmung der verschiedenen Typhusstamme in Bezug 
auf Absorptionsvermogen fur Ambozeptoren nicht so vollstandig. AuBer- 
dem ist die absorbierte Menge, per Oese gerechnet, nicht unwesentlich 
kleiner, n&mlich etwa 18 I.-E. 


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76 


CentraJbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Tabelle II. 

Frisches Typhusimraunseruro eines Meerschwein chens, Titre 0,02. In 3 Rohren wurden 
je 2 ccm Serum mit einer Oese lebender Typhuskultur drei verechiedener St am me 
vermischt, 3 Stunden in den Eisschrank geslellt und danach zentrifugiert. 


Absorption mit 

Zusammen mit 1 Oese Typhus Spr. injizierte Menge des 
absorbierten Serums 


0,075 ccm 

0,085 ccm 

Typhus Spr. 

M. 265 g. f in der Nacht. Ty- 
pischer Belund. 

M. 255 g. Lebt. 

Typhns Kbg. 

M. 260 g. t in der Nacht. Ty- 
pischer Refund. 

M. 260 g. Lebt. 

Typhus G. 

M. 260 g. f in der Nacht. Ty- 
pischer Befund. 

M. 255 g. Lebt. 


Tabelle III. 

Frisches Typhusimmunserum eines Meerschweinchens. Titre 0,05. 4 Rohrchen mit je 
2 ccm Serum wurden mit einer Oese lebender Typhuskultur vier verschiedener Stamme 
versetzt, 2 Stunden im Eisschranke belassen und danach zentrifugiert. 



Zusammen mit 1 Oese Typhus Spr. injizierte Menge des absorbierten 

Absorption 


Serums 



mit 

0,07 ccm 

0,08 ccm 

0,09 ccm 

0,1 ccm 

Typhus Spr. 


M. 250 g. f *n der 

M. 265 g. Lebt. 

M. 255 g. 


Nacht, Typischer 
Belund. 

Lebt. 



Typhus Mlz. 


M. 260 g. f in der 

M. 255 g. Lebt. 

M. 270 g. 


Nacht. Typischer 
Befund. 

Lebt. 



Typhus Kbg. 

M. 280 g. f in der 

M. 250 g. Lebt. 

M. 260 g. Lebt. 


Nacht. Typischer 
Befund. 


M. 250 g. f in der 

M. 270 g. 

Typhus G. 



Nacht. Typischer 
Befund. 

Lebt. 



Tabelle IV. 

Frisches Typhusimmunserum eines Kaninchens. Titre 0,005. 5 Rohren mit je 0,5 ccm 
Serum wurden mit 1,5 ccm Aufschwemmung von Typhusbakterien versetzt, V/ 4 Stunden 
bei + 37° C belassen und danach zentrifugiert. L)ie Typhusaufschwemraungen ent- 
hielten je 4 Oesen Typhusbacillen in 2 ccm Kochsalzlosung und waren erwarmt 
l / f Stunde bei -► 58° C. Probekulturen zeigten vollstandige Sterilitat. 


Absorption 

mit 

Injizierte Menge des 
0,037 ccm 

absorbierten, verdiinnten Sen 
0,04 ccm 

urns 

0,045 ccm 

Typhus Spr. 

Typhus Mlz. 

Typhus H. 

Typhus Kbg. 

Typhus G. 

M. 255 g. + in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 250 g. + in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 260 g. f in 24 Stunden. 
Typiscner Befund. 

M. 250 g. f in 24 Stunden. 
Typiscner Befund. 

M. 250 g. t in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 250 g. Lebt. 

M. 250 g. Lebt. 

M. 250 g. Lebt. 

M. 260 g. 
Lebt. 

M. 250 g. 
Lebt 


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Pettersson, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 77 


Auch aus Kaninchenserum werden ungefQhr gleichgroBe Mengen Im- 
munkorper durch die virulenten Stamme wie durch die nicht virulenten 
ausgefailt. 

Es dflrfte wohl also als festgestellt betrachtet werden kQnnen, daB 
virnlente Typhusbacillen sich nicht durch grSBere Aviditat zum passen- 
den Immunkorper von avirulenten unterscheiden. Alle Versuche haben 
aamlich flbereinstimmend gezeigt, daB die von mir untersuchten Stamme, 
die mehrere Vertreter der beiden Sorten enthielten, aus demselben 
Serum von den zwei hier benutzten Tieren eine ungefahr gleichgroBe Menge 
Immunkbrper absorbieren. Nach der Ehrlichschen Anschauung wflrde 
der Typhusbacillus eine bestimmte Anzahl zu den Ambozeptoren des 
Meerschweinchens passender Rezeptoren besitzen, die durch Abnahme 
der Virulenz keine Verminderung erfahren. 

In Bezug auf die Eigenschaft, Bildung von Immunkdrpern ira Tier- 
organismus hervorzurufen, zeigten die verschiedenen Stamme bedeu- 
tende Unterschiede. In der folgenden Tabelle ist das Ergebnis einer 
Immunisierungsreihe von Kaninchen wiedergegeben. 

Tabelle V. 

Von jedem Stamme wurden zwei Kaninchen mit je */, Oese bei + 58° C abgetoteter 
Kultur intravenos injiziert. Am 9. Tage wurden Blutproben genommen und der Titre 
der Sera auf gewohnliche Weise mit Typhus Spr. bestimmt. 


Gewicht der Kaninchen 

Injizierter Typhusstamm 

Titre des Kaninchenserums am 
9. Tage nach der Injektion 

1670 g 

Typhus Spr. 

0,1 

1520 „ 


0,05 

1690 „ 

„ Mlz. 

0,09 

1515 „ 

11 11 

0,2 

1730 „ 

„ H. 

> 0,5 

1650 „ 

11 11 

> 0,5 

1590 , 

11 »» 

> 0,5 

1690 „ 

„ Kbg. 

> 0,5 

1710 , 

11 11 

> 0,5 

1480 „ 

„ G. 

> 0,5 

1900 „ 

I- ,, .. 

> 0,5 

1350 „ 

St. 

> 0,5 

1970 „ 

j 11 11 l 

> 0,5 


Die avirulenten Stamme sowie der virulente Stamm H. erzeugten 
im KaninchenkOrper kein Immunserum. Es bestatigte sich die aner- 
kannte Tatsache, daB mit vbllig avirulenten Bakterien keine bedeutende 
Bildung von Immunkdrpern zu erreichen ist. Der Injektion der beiden 
virulenten Typhusstamme Spr. und Milz. folgte dagegen eine Neubildung 
von Immunkdrpern. Das Immunserum war freilich nicht sehr hoch- 
wertig, aber der Unterschied ist jedenfalls deutlich genug. Das Absorp- 
tionsvermdgen gegenflber Ambozeptoren ist offenbar nicht die einzige 
Ursache der Immunkorperbildung. Sicherlich ist noch ein Faktor not- 
wendig, die Neubildung von Ambozeptoren hervorzurufen, und die Sache 
scheint keineswegs so einfach zu sein, wie es Wassermann behauptet, 
namlich daB die Absorptionsfahigkeit fQr Ambozeptoren in direkter Be- 
ziehung zur immunitatsausldsenden Kraft stehe, was fQr die von mir 
untersuchten Stamme gar nicht zutrifft. 

Auffallend ist, daB der Titre der Sera der mit Typhus Spr. und Mlz. 
injizierten Kaninchen sehr niedrig war, obwohl die Dosis iramunisatoria 
recbt hoch genommen wurde. Ein weit besserer Effekt der Immunisie- 


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78 


Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1. 


rungen wurde auch von vornherein erwartet und die Versuche wurden 
deshalb mit Injektion von ‘/bo Oese begonnen. Das Serum der be- 
bandelten Tiere zeigte aber keine Schutzwirkung. Erst uachdem die in- 
jizierte Menge toter Kultur bis zu */ B Oese erhbht worden war, trat 
deutliche immunisierende Wirkung zu Tage. Da diese Menge im Ver- 
gleich mit der Dosis minima immunisatoria des Choleravibrio und dem 
Effekt, welchen Injektionen lebender Bacillen hervorzurufen, sehr groB 
angesehen werden mflBte, lag die Annahme sehr nahe, daB die Erhitzung 
der Typhusbacillen die Eigenschaft, ImmunkSrperbildung auszuldsen, 
store. Zwei Kaninchen wurden deshalb mit je einer halben Oese durch 
halbstflndiges Erw&rmen bei +60° C getbtetem Typhus Spr. und zwei 
andere mit gleichgroBer Menge V* Stunde bei -f 100° C erhitzter Kultur 
injiziert. Aufierdem wurden zwei Kaninchen mit je */ 5 Oese lebender 
Kultur injiziert. 

Tabelle VI. 


Gewicht der 
Kaninchen 


1420 g 
1410 „ 
1340 „ 
1350 „ 
1410 , 
1540 , 


Injizierte Kultur 


Titre des Kauinchenserums 
am 9. Tage nach der 
Injektion_ 


V, Oese b. + 100° C Std. erhitzl. Kult. 


: 

U 

V, 

• / 


+ 100 ° 
+ 58° 
+ 58° 


v! 

7? 


ji T w v /•> n 

lebender Kultur 


> 0,5 

> 0,5 
0,15 
0,15 
0,050 
0,075 


Die Vermutung, daB das Erhitzen die immunisierende Wirkung der 
Typhusbacillen herabsetzt, hat sich also best&tigt. Der Effekt einer In¬ 
jektion lebender Bakterien ist selbstverstftndlich mit einer solchen von 
gleichgroBer Menge getoteter Keime nicht zu vergleichen, da es nicht 
ausgeschlossen ist, daB die Bacillen in irgend einem Winkel des Tier- 
korpers sich lSngere Zeit am Leben halten und in dieser Weise den 
Immunisierungseffekt erhShen konnen. Urn diesen Fehler zu vermeiden, 
wurde die Dosis der lebenden Bakterien bedeutend kleiner genommen 
als die der getoteten. Nichtsdestoweniger ist der Titre des Serums der 
mit den ersteren injizierten Kaninchen hbher als der des Serums von 
Tieren, die mit bei +58° abgetoteter Typhuskultur gespritzt wurden. 
Injektion von den bei -f- 100° C erhitzten Bakterien war von keiner 
Immunkdrperbildung gefolgt. Daraus scheint mir einwandsfrei hervor- 
zugehen, daB die Ausldsung der Immunkorperproduktion im Tierorga- 
nismus mit der Anwesenheit einer von den Bakterien gebildeten thermo- 
labilen Substanz zusammenhllngt. Der Typhusbacillus unterscheidet 
sich in dieser Hinsicht von dem Choleravibrio. Die immunisierende 
Wirkung lebender Choleravibrionen ist, wie Kolle 1 ) nachgewiesen hat, 
der der getoteten nicht wesentlich iiberlegen. 

Ueber die Natur und Wirkungsweise dieses Kbrpers wissen wir 
nichts. Es liegt recht nahe, anzunehmen, daB er mit gewissen gif- 
tigen Bestandteilen der Bakterien identisch sein kdnne. Wie allge- 
mein bekannt, gelingt es nicht, mit einem avirulenten Stamme Immun- 
serum von hoherem Titre zu bekommen. Ganz analog hat Wasser- 
mann 2 ) neulich hervorgehoben, daB es nicht gelingt, mit „ganz un- 


1) Kolle, W., Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XIX. 1896. 

2) Waesermann, A., Originalbericht iiber den Kongrefi fiir Hygiene in Brussel 
1903. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXV. Ref.) 


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Petter 880 B, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 79 


giftigen Toxoiden, also den reinen haptophoren Gruppen allein“, ein 
hochwertiges antitoxisches Immunserum hervorzubringen. Es dflrfte 
folglich nicht genflgend sein, dad die haptophoren Gruppen der Bakte- 
rienzellen mit den passenden Rezeptoren der Kdrperzellen zusammen- 
treten, um eine Produktion von ImmunkOrpern auszulosen, sondern dazu 
mud, wie R. Pfeiffer*) schon hervorgehoben hat, noch ein bestimmter 
Reiz der letzteren Zellen stattfinden, um die erforderliche Nenbildung 
und Abstodung der spezifischen Ambozeptoren hervorzubringen. Es 
kommt mir nicht unwahrscheinlich vor, dad diese thermolabile Substanz 
das reizende Moment bei der Immunkorperbildung darstellt. Ob sie 
identisch sein kdnne mit gewissen toxisch wirkenden Stoffen der Bak- 
terien, die eben nicht sehr thermostabil sind, mud vorlSufig dahingestellt 
bleiben, da eine grodere Giftigkeit der virulenten Stfimme noch nicht 
einwandsfrei nachgewiesen ist. 

Nach genugendem Erhitzen wiirden also die virulenten und immu- 
nisierenden Typhusbakterien mit nicht virulenten und nicht immunisie- 
renden zu vergleichen sein. Fiir die Berechtigung einer solchen An- 
nahme ist aber noch die Forderung notig, dad die Absorption sf&higkeit 
fflr Ambozeptoren durch das Erhitzen nicht herabgesetzt wird. Dies 
scheint in der Tat auch der Fall zu sein. 


Tabelle. VII. 

Dasselbe Kaninchenserum wie in Tabelle IV wurde in der Verdiinnung von 1 : 4 ab- 
eorbiert mit gleich groflen Mengen Typhuskultur Spr. lebend, getotet durch Erhitzen 
1 / t Stunde bex •+• 58“ und die gleiche Zeit bei + 100°. Auf 2 ccm verdiinntes Serum 

kamen S Oesen Typhus Spr. 


Absorption mit 


Injizierte Menge des absorbierten, verdunnten Serums 
0,043 ccm I 0,047 ccm 


Typhus Spr. lebend. 

Typhus Spr. getotet durch Er¬ 
hitzen */* Stunde bei + 58°. 

Typhus Spr. getdtet durch Er¬ 
hitzen l /» Stunde bei + 100°. 


M. 280 g. t > n 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 270 g. t in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 

M. 250 g. f in 24 Stunden. 
Typischer Befund. 


M. 255 g. Lebt. 
M. 260 g. Lebt. 
M. 250 g. Lebt. 


Die bei -t- 100° C erhitzten Typhusbacillen haben ebensoviel Im- 
munkorper absorbiert als die lebenden und die bei +58° getOteten, 
obwohl die ersteren einer Immunkorperbildung ausldsenden Kraft vdllig 
entbehren. 

Nach dem Gesagten wird es vielleicht verstandlich, warum der viru- 
lente Typbusstamm H. nach dem Erhitzen Vs Stunde bei + 58° C keine 
immunisierende Wirkung zeigte. Seine Virulenz war ja etwas kleiner 
als die der zwei anderen und die Menge der genannten thermolabilen 
Substanz deshalb wohl auch niedriger. Dann ist es nicht unwahrschein¬ 
lich, daB nach dem Erhitzen von dieser zu wenig fibrig geblieben war, 
um den n5tigen Reiz fiir die Immunkorperbildung auszulosen. 

Fflr die Erklflrung der Virulenz kommt offenbar noch ein Moment 
in Betracht. Schon 1896 stellten Pfeiffer und Kolle, wie erwflhnt, 
fest, daB dieselbe Menge eines hochvirulenten Stammes zur AuflOsung 
in der Meerschweinchenbauchhohle eine unter Umstflnden 10- und mehr- 
fach hOhere Dosis von Immunserum brauchte, als die eines weniger 


1) Pfeiffer, R., Rapport de XI* Congrfes international d’hygiene. Bruxelles 1903 


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80 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


virulenten. Die virulenten Typhusbacillen sind widerstandskrfiftiger 
gegen die Einwirkung der lytischen Immunstoffe als die nicht viru¬ 
lent en. Wahrscheinlich fiuBert sich diese Resistenz in der Weise, daB 
zur Aufldsung der virulenten Typhusbakterien ein Besatz weit grdBerer 
Anzahl der vorhandenen Bakterienrezeptoren mit Bakteriolysinen notig 
ist als bei den nicht virulenten 1 ). Eine Annahme, daB die Affinit&t der 
Rezeptoren der virulenten Bacillen zum Immunkorper geringer ware 
und diese deshalb erst bei UeberschuB von Immunkdrpern mit Ambo- 
zeptoren besetzt werden wurden, findet wenigstens durch die vorigen 
Absorption sversuche keine Stfltze. 

DaB diese Widerstandsfkhigkeit gegen die Bakteriolysine von Be- 
deutung ist in Bezug auf die Virulenz, beweist eben die Tatsache, daB 
die einzige zuverl&ssige Methode, die Virulenz zu erhdhen bezw. zu er- 
halten, in der Tierpassage Oder im Herausnehmen von Peritonealexsudat 
nach genflgend langer Zeit besteht Beide sind ja nichts anderes als 
eine Auslese der widerstandsfBhigeren Individuen. Meine virulenten 
St&mme, besonders Typhus Spr. t waren auch sehr widerstandsfkhig. Die 
„Reaktion“ in der Peritonealhohle nahm immer recht lange Zeit in An- 
spruch; nach 2 Stunden waren einzelne bewegliche Bakterien mehrmals 
noch zu sehen, und das Peritonealexsudat solcher Meerschweinchen, die 
sich glatt erholten, gab 5—6 Stunden nach der Injektion mehrmals flp- 
pige Kulturen. 

Wenn die Virulenz sich als eine Zusammenfassung der zwei Eigen- 
schaften, Gehalt an thermolabiler, reizender Substanz und Resistenz der 
Typhusbakterien, zeigt, so wird ein Unterschied bezflglich der immuni- 
sierenden Wirkung von lebenden Bakterien, die gleichgroBe Virulenz 
besitzen, leichter verstandlich. Die beiden Eigenschaften, die fOr die 
Immunkdrperbildung wahrscheinlich nicht von gleicher Bedeutung sind, 
dfirften innerhalb gewisser, nicht allzu enger Grenzen variieren konnen, 
ohne daB ihre Summe, die Virulenz, wesentlich geSndert wird. 


Die Resultate, die sich aus den mitgeteilten Untersuchungen er- 
geben, sind: 

Die von mir untersuchten Typhusst&mme, sowohl virulente wie 
avirulente, zeigten alle gleichgroBes Bindungsvermdgen fur die zu ihnen 
passenden Ambozeptoren im Serum. 

Beim Immunisieren von Kaninchen mit getdteten Kulturen er- 
zeugten die virulenten Stamme Bildung groBerer Menge Imnmnkdrper 
als die avirulenten und die weniger virulenten. 

Die Ausldsung der Immunkdrperbildung im Tiere wird durch Ein¬ 
wirkung einer thermolabilen Substanz veranlaBt. 


1) Die MOglichkeit eines derartigen Verhaltens war von R. Pfeiffer schon 
fruher in seiner Arbeit „Zur Theorie der Virulenz 1 ' (Festschrift zum 60. Qeburtstage 
R. Kochs, p. 41) betont worden, wo derselbe sich in folgender Weise ansspricht: „Es 
fragt sich nun, ob der Bau des Rezeptorenapparates den einzigen Unterschied zwischen 
virulenten und avirulenten Choleravibrionen darstellt. Man konnte versucht sein, bei 
den virulenten Bakterien eine erhohte Widerstandsfahigkeit gegen die bakteriolytischen 
Schutzstoffe des Organismus zu supponieren, mit anderen Worten, es ware mfiglich, 
dafi bei virulenten Vibrionen zum Zustandekommen des bakteriolytischen Phinomens 
ein Multiplum derjenigen Menge von Ambozeptoren und Komplement erforderlich ist, 
welche bei weniger virulenten Vibrionen sich als ausreichend erweist. 


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Liidke, Zur Spezifitat der Antikorper. 


81 


Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser 
Stelle Herrn Prof. Dr. R. Pfeiffer fflr sein stetiges Interesse und seine 
FOrderung der Arbeit meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 
Stockholm, 22. Oktober 1904. 


Nachdruck rerboUn . 

Zur Spezifitat der Antikorper. 

Von Dr. H. Lttdke, Barmen. 

In der zweiten Halfte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts 
stand die Frage von der Spezifit&t der pathogenen Infektionstrager im 
Vordergrund des Interesses der Bakteriologen und Kliniker. Bakterio- 
logische Befunde in W&ssern, in Dejektionen gesunder oder kranker 
Individuen, die, in unmittelbarem AnschluB an die Entdeckung des 
Kommabacillus nnternommen, Bakterien mit biologischer wie morpho- 
logischer Verwandtschaft mit dem Cholerabacillus ergaben, lieferten den 
ersten AnstoB zu Zweifdn an der Spezifitat des Infektionserregers. 
Aehnliche Befunde von einzelnen dem Bact. typhi sehr nahestehenden 
Bakterien in Wassern und Faeces erregten scheinbar berechtigte Bedenken 
an der Spezifitat des Typhusbacillus. Der spezifische Charakter der In- 
fektionserreger schien damit gebrochen und der alten Idee, daB unter 
speziellen Verhaitnissen sapropbytische und unschadliche Darmbakterien 
in pathogene Arten flbergehen kbnnten, war somit Tor und Tflr geSffnet. 

Experimentelle Tatsachen schienen zudem der Ansicht von der nicht 
spezifischen Wirkung der Bakterien eine gesicherte Basis zu geben. 
Durch wechselseitige Immunisierungsversuche mit Bact. typhi und 
Bact. coli glaubte man im tierischen Organismus die Sekretion gleicher 
Reaktionsprodukte angeregt zu haben, icdem zuerst San are Hi 1 ) fand, 
daB ein typhusimmunes Tierserum gegen die peritoneale Infektion mit 
Bact. coli schOtzte und umgekehrt. Die gleichen Versuchsresultate 
erhielten Demel*), Agro 3 ) und Orlandi 2 ). Sobernheim und 
Fraenkel 4 ) immunisierten Meerschweinchen gegen Cholerabakterien 
und sahen dieselben auch gegen andere nahestehende Arten geschtitzt. 
Die aquivalenten Produkte von Bact. coli und typhi im Immunserum 
konnten also hiernach einen ROckschlufi auf eine Nichtspezifitat der 
Infektionserreger erlauben. 

Diese scheinbar stichhaltigen Versuchsresultate wurden jedoch bald 
besonders von R. Pfeiffer, einer genauen Kritik unterworfen. Es 
stellte sich heraus, daB einmal in der Versuchsmethodik ein Fehler 
begangen war, indem die Tiere mit der einen Bakterienart zu schwach 
immunisiert und zu frith nach der Injektion der letzten Immunisierungs- 
dosis mit der zweiten Art infiziert waren. Zu einem weiteren FehlschluB 
muBte die von Sanarelli, Orlandi, Demel und Agrd angewandte 


1) Sanarelli, Etudee sur la fifcvre typhoide exp4rimentale. (Ann. de l’lnatitut 
Pasteur. T. VIII. 1894.) 

2) Demel u. Orlandi, zitiert nach Sanarelli. 

3) Agr5, zitiert nach Loeffler u. Abel, Ueber die spezifischen Eigenschaften 
der Schutzkbrper etc. 

4) Sobernheim u. Fraenkel, Beobachtungen iiber das Auftreten spezifischer 
Schutzstoffe im Blute von Cholerarekonvaleszenten. (Hyg. Rundschau. 1895.) 

Cnte Abt. On*. Bd. XXXVIII. Helt 1. 6 


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82 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

Versuchsanordnung fQhren, die einen wechselseitigen Schutz auf die 
Iujektion der einfachen letalen Dosis der Coli- und Typhuskultur 
fanden. Hier setzte eine Arbeit von E. N e i s s e r ‘) ein, der gegen die 
10—12-fache todliche Dosis von Coli-Kultur geschtitzten Mfiusen die 
3-fache tbdliche Typhusdosis mit negativem Erfolg injizierte. Der Gegen- 
satz zwischen diesen experimentellen Befunden Neissers und denen 
der vorber genannten Autoren fand seine Erkl&rung sp&ter darin, dafi 
man in den Versuchen Sanarellis nicht mit dem Prinzip der Immuuit&t 
zu tun batte, sondern lediglich, wie durch Einbringen von Bouillon, 
physiologischer Kochsalzlosung, Serum, eine Steigerung der Eesistenz 
verursacht batte. Eine Produktion spezifischer Antikorper war nicht 
erreicht; denn erfolgte die Infektion mit der zweiten Bakterienart eine 
lfingere Zeit nacb der Einfflhrung der letzten Immunisierungsdosis, so 
erlagen die Tiere der todlichen Dosis. Wir sehen hier also schon die 
Anffinge der exakten quantitativen Arbeitsmethoden, die, von v. Beh¬ 
ring und Ehrlich schon in der Toxin-Antitoxindosierung geprflft, von 
R. Pfeiffer zuerst auf die Bakteriolysine angewandt wurden. Die 
Arbeiten von R. Pfeiffer 1 2 ), Wasserraann 3 ), Loeffler und Abel 4 5 ), 
Dunbar 8 ), Funck 6 ), welche sich besonders mit dem Problem der 
Spezifit&t der Bakterien beschaftigten, lieferten den strikten Nachweis, 
dafi ein mit einer bestimmten Bakterienart hochimmunisiertes Tier nur 
gegen diese eine Art spezifisch geschQtzt ist. Aehnliche Untersuchungen 
mit gleichem Resultat existieren fiber den Diphtherie- und Pseudodiphtherie- 
bacillus. Hier sind die interessanten Untersuchungen Sproncks 7 ) zu 
erwfihnen, der nach Immunisierung von Meerschweinchen mit Diphtherie- 
serum sowohl Diphtherie- wie Pseudodiphtheriebacillen injizierte. Die 
mit Diphtheriebacillen behaudelten Tiere zeigten kein lokales Infiltrat, 
wahrend die mit Pseudodiphtheriebacillen behandelten Meerschweinchen 
Infiltrate im subkutanen Gewebe davontrugen. C. Fraenkel 8 ) und 
Steenmeyer 9 ) bestatigten diese die Spezititfit der Diphtheriebacillen 
sichernde Tatsache. 

Der direkte Schlufi von der experimentell erwiesenen Spezifitfit der 
aktiven Immunisierung mit einer Bakterienart auf die Spezifitat des 
Infektionserregers war somit gegeben. Die von R. Koch durch die 
bakteriologische Technik ausgebildete Spezifitat der Bakterien 
erhielt eine neue, sichere Stfltze in der Erkenntnis ihrer spezifischen 
Wirkungsweise im TierkOrper. 


1) Neisser, E., Untersuchungen fiber den Typhusbacillus und das Bact coli 
commune. (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. XXill. 1893.) 

2) Pfeiffer, R., Weitere Mitteilungen fiber die spezifischen Antikfirper der 
Cholera. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XX. 1895.) 

3) Wassermann, Untersuchungen fiber einige theoretische Punkte der Jrnmu- 
nitatslehre. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXII.) 

4) Loeffler u. Abel, Ueber die spezifischen Eigenschaften der Schutzkfirper im 
Blute Typhus- und Coli-immuner Tiere. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1896.) 

5) Dunbar, Zum Stande der bakteriologischen Choleradiagnose unter besonderer 
Berucksichtigung der Pfeifferschen spezifischen Cholerareaktion. (Dtsche med. Wochen- 
schr. 1895.) 

6) Funck, Etudes sur l’immuuit<5 contre la fifevre typhoide. Zitiert nach Loeffler 
und Abel. 

7) Spronck, zitiert nach Lewandowski, Die Pseudodiphtheriebacillen in ihren 
Beziehungen zu den Diphtheriebacillen. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1904. No. 3/4.) 

8) Fraenkel, C., Zur Unterscheidung der echten und falschen Diphtheriebacillen. 
(Hyg. Rundschau. 1896. No. 20 u. Berl. klin. Wochenschr. 1897.) 

9) Steenmeyer, zitiert uaeh Baumgarten. 1897. p. 316. 


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Ludke. Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


83 


War damit die Frage von der Spezifit&t der Infektions¬ 
erreger, fflr die wir im vorigen einige Belege anfflhrten, entscbieden, 
so fand die Anwendung des Gesetzes von der Spezifit&t auch auf die 
Gifte der Bakterien statt. Als Derivate der Bakterienzelle, des 
mit spezifischer Wirksamkeit begabten Plasmas, konnen die loslichen 
Toxine nur spezifischer Natnr sein. Bei ihnen ist der Grad der Spezifit&t 
ein noch deutlicher pr&zisierter als bei den Zellen. Die Spezifitat der 
Wirkungsweise im Organismus, die Spezifit&t der Immunisierung, 
stimmt mit der der Bakterienzelle iiberein; der Spezifit&tsbegriff ist hier 
sogar noch enger gezogen, indcm den Toxinen in vielen F&llen Haft- 
stellen in bestimmten Organen charakteristisch sind, die auch in vitro 
nachzuweisen waren. Diese spezifische Affinitat ist jedoch — je nach 
dem Reizgrade zwischen Organzelle und Giftbindungselement — bei 
verschiedenen, fflr das Gift empf&nglichen Tieren verschieden stark aus- 
gepr&gt. In dieser zur Bindung fUhrenden Verwandtschaft zu bestimmten 
Zellen, die das Tetanustoxin, nicht aber zugleich das Diphtherietoxin, 
zu den Zellen der grauen Substanz des Zentralnervensystems besitzt 
(Donitz), ist der Ausdruck eines spezifischen Prozesses in diesen Zellen 
infolge der Eeizwirkung des Toxins deutlich erkenntlicb. 

Diese Spezifit&t der Bakteriengifte hat fernerhin zur diagnostischen 
Verwertung gefflhrt: Ein solches „spezifisches Diagnostikum tt besitzen 
wir im Tuberkulin, das, wie Kolle 1 ) sagt, das feinste Reagens auf 
lebende Tuberkelbacillen im tierischen Gewebe ist. Haben wir so in 
der Erkenntnis der Spezifit&t der Infektionserreger ein absolutes Mittel, 
die Diagnose der Infektionskrankheit zu entscheiden und bietet sich in 
der spezifischen Wirkungsart einzelner bakterieller Produkte ein sicheres 
Reagens zur Beurteilung pathologischer Prozesse im Gewebe, so entbehrt 
im Vergleich hierzu das klinische Bild des direkten Spezifit&tsbegriffes. 
Daher kann die exakte klinische Erkenntnis erst mit dem Nachweis des 
Infektionserregers Oder seiner Reaktionsprodukte im Serum abgeschlossen 
sein. 

Wie sich nach Entdeckung der pathogenen Krankheitserreger ein 
Streit fiber ihre absolute Spezifit&t entspann, in dem die Lehre von der 
Spezifit&t den endgfiltigen Sieg errang, haben sich in den letzten Jahren 
vornehmlich Stimmen erhoben, die Zweifel an der Spezifit&t der 
bakteriellen Reaktionsprodukte im Serum fiuiierten. Diese 
Angriffe auf den Spezifitatscharakter der Reaktionsstoffe im Blute sind 
den verschiedensten Antikflrpern gegenfiber unternommen worden, und 
wenn auch nicht in jedem Falle direkte Zweifel an ihrer Spezifit&t 
ge&uBert wurden, so sind trotzdem teilweise experimentelle Tatsachen, 
teilweise klinische Untersuchungsergebnisse publiziert, die diese Qualit&t 
der Immnnstoffe in Frage stellten. 

Aufgabe dieser Arbeit soli es sein, diese, ein so eminent wichtiges 
Gesetz wie das der Spezifit&t der Antikorper, disqualifizierenden Unter- 
suchungen genauer zu prflfen, zum Teil an der Hand einschlSgiger 
Versuche. 

In den Kreis meiner Untersuchungen zog ich die n at fir lichen 
und kfinstlich erzeugten H&magglutinine, die H&molysine, 
die natfirlichen und durch Immunisierung erhaltenen 
Bakterienagglutinine und zu einem kleineren Teil die Cyto- 
lysine. 


1) Kolle, Spezifitat der Infektionserreger. 

1902.) 


(Ilandb. d. pathog. Mikroorganisnien. 

f>* 


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84 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Zunfichst erfordern die Untersuchungen und Anschauungen fiber die 
Spezifitfit der Antitoxine. Bakteriolysine und Prfizipitine 
einen kurzen Ueberblick. 

Antitoxine. In einem Tetanusserum kann man die in ihm ent- 
haltenen Antitoxine nur durch den spezifischen Bindungsversuch mit dem 
Toxin zum Nachweis bringen. Dieselbe spezifische Bindung erfolgt im 
Organismns wie im Reagenzglas, so daB wir in der spezifischen Wirknng 
des Antitoxins auf sein zugehoriges Gift die Haupteigenschaft dieser 
Antikfirper sehen. Seltener tritt — und nur bei verwandten Toxinen — 
eine wenig intensive, wechselseitige Bindung zwischen einem Antitoxin 
und einem nicht als Ausgangskbrper benutzten Toxin ein (so Schlangengift- 
antitoxin auf Skorpionentoxin). 

Die Einwande, durch die der Spezifitfitscharakter der Antitoxine in 
Zweifel gezogen werden konnte, erstreckten sich vornehmlich auf das Ver- 
haltnis der spezifischen Bindung zwischen Antitoxin und Toxin. Diese Bin¬ 
dung ist keine ganz untrennbare, wie Wassermann 1 2 3 ) und Calmette*) 
nachwiesen; es kann aus einem Toxin-Antitoxingemenge bei Vorhaudensein 
von geeigneten Rezeptoren im Organismus, deren Affinitat zum Toxin 
grfiBer ist als dessen Bindungsaffinitfit zum Antitoxin, das letztere austreten 
und freies Toxin wirken; eine solche intensive Reizwirkung zwischen 
Toxin und dazu passendem Rezeptor findet z. B. bei direkter Aufnahme 
von Tetanustoxin durch die Nervenbahnen statt [Meyer und Ransom 8 )]. 
Das im Blute des Immuntieres kreisende Antitoxin hat bier schw&chere 
Affinitat zum Toxin wie der spezifischere Rezeptor, der in diesem Falle 
die freien Seitenketten — Antitoxin — produzierende Nervenzelle ist. 
Ferner bietet das Antitoxin-Toxingemisch an und ffir sich im Beginn 
der Bindung im Organismus eine Erscheinung dar, die, oberflficblich 
betrachtet, eine Stfirung im spezifischen Bindungsvorgang erkennen lieB. 
Es ist dies das Ph&nomen der Reversibilitfit, d. h. die Bindung zwischen 
dem Gifthaptin und spezifischem AntikOrper zeigt zu Beginn das Be- 
streben, in ihre Ausgangselemente wieder zu zerfallen. Ein frisches 
Diphtherietoxin-Antitoxingemisch dem Kaninchen intravends eingeffihrt, 
ist so hochgiftig, was nach Morgenroth 4 ) auf die grfifiere Affinitat 
des nur lose gebundenen Toxins zu den im Kfirper zerstreut 
liegenden Rezeptoren zurfickzufflhren ist. Wurde, nachdem in einiger 
Zeit eine Festigung des Gemisches eingetreten war, injiziert, so war 
diese Giftigkeit verschwunden. Das Phfinomen der Reversibilitat ist 
demnach in seiner Wirkung zeitlich beschrfinkt; die Verbindung Toxin- 
Antitoxin wird endlich untrennbar [v. Dungern 5 6 * )]. 

Ein weiterer, die spezifische Affinitat der Toxine zu den Antitoxinen 
scheinbar einschrfinkender Befund war der, daB man in einem mit Anti¬ 
toxin beladenen Organismus trolzdem die Intoxikation eintreten beobachten 
kann. Wassermann 0 ) hat dies mit Recht auf eine krankhafte Steige- 
rung der Affinitat der Gewebsrezeptoren zurfickgefilhrt, welche die 

1) Wassermann, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXII. 1896. 

2) Calmette, Le venin des serpents, p. 58. 

3) Ransom, Berl. klin. Wochenschr. Bd. XXXVIII. 1901; Dtsche med. Wochen- 
schr. 1898. 

4) Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1904. No. 20. 

5) v. Dungern, Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 8/9. 

6) Wassermann, Entstehung und Wirkungsweise der aktiven Stoffe im Immuo- 

serum. Referat, gchalten auf dem internationalen KongreS fur Hygiene in Brussel. 

Sept. 1903. 


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Liidke, Zur SpezifitRt der Antikorper. 


85 


Verwandtschaft der im Serum frei kreisenden Rezeptoreu Qbersteigen 
kdnnen. 

Die Grundidee aller dieser Richtigstellungen ist demnach, daB eine 
spezifische Bindung zwischen Toxin und Antitoxin oder 
enger verwandten, nicht freien, antitoxisch wirkenden 
Korperrezeptoren besteht. Der spezifische Charakter der Ent- 
stehung und Wirkungsweise der Reaktionsprodukte konnte erst mit der 
grundlegenden Theorie P. Ehrlichs in seiner ganzen Bedeutung erkannt 
werden. Der fQr das Toxin geeignete Organismus, der in seinen diffe- 
renten Zellen ffir dasselbe passende Angriffspunkte bietet, ist die Be- 
dingung ffir das Entstehen spezifischer Antistoffe, welcbe schon in ihm 
vorgebildet (latent) sind und nur auf den ad&quaten Reiz, die Immuni- 
sierung, mit Ueberproduktion der speziellen Schutzkorper prompt ant- 
worden. Die Vorbildung derselben spricht sich schon in ihrem Vor- 
handensein im normalen Serum aus. 

Bakterlolysine. Von verschiedenen Autoren war, wie in der Ein- 
leitung bemerkt, konstatiert worden, daB ein mit Bact. typhi immuni- 
siertes Tier Schutzstoffe sowohl gegen Bact. typhi wie gegen Bact. 
coli aufwies. Das Prinzip der Spezifitat der bakteriolytischen Ambo- 
zeptoren schien damit erschuttert. Bald nach diesen Befunden wurde 
jedoch erwiesen, daB die -Annahme einer Nicbtspezifit&t dieser Immun- 
korper auf einer verfehlten Untersuchungsbasis beruhte, indem das 
Ph&nomen der Resistenz bei diesen Versuchen ausgelbst wurde, welches 
den mit Typhus infizierten Organismus bef&higte, gegen die tddliche 
Minimaldosis von Bact. coli mit Erfolg zu reagieren. Loeffler und 
Abel 1 ) konnten dagegen in grdBeren Versuchsreihen nachweisen, daB 
von einer spezifischen Wirkung der Typhussera auf Bact coli nicht 
die Rede sein kSnne. Die Immunsera von Bact. typhi wie Bact 
coli BuBerten eine ganz spezifische Wirkungsf&higkeit ausschliefilich auf 
den zur Vorbehandlung benutzten Bacillus. In der Pfeifferschen 
Reaktion war sorait ein absolut spezifisches diagnostic 
sches Mittel gegeben, den zum Immunisierungszweck 
verwandten Bacillus von anderen, auch noch so nahe- 
stehenden Arten exakt zu differenzieren. Diese spezifische 
bakterizide Wirkung konnte auch in vitro gezeigt werden, sofern nur 
frisches komplementhaltiges Serum oder Peritonealexsudat zum Immun- 
serum hinzugefiigt wurde; diese Probe mittels AuszShlung der auf Platten 
gewachsenen Kolonieen und Vergleich mit der reinen, unvermischten 
Bakterienaussaat wurde von Neisser 2 ) und Stern 3 ) in die Methodik 
der bakteriziden Reagenzglasversuche zum Ersatz des Tierexperiments 
kfirzlich erfolgreich eingefflhrt. 

Zu den Einw&nden des Pfeifferschen PhBnomens gehSrt einmal 
die vorhin erwBhnte Erscheinung der Resistenz, die unberechtigt mit 
dieser Spezifitatsreaktion xar egoxijv vermengt wurde. Weiterhin wurde 
die anscheinend verwirrende Beobachtung gemacht, daB trotz Behandlung 
mit Immunserum die Bakteriolyse versagt und das frisch infizierte Tier 
der neuen Infektion erliegt. Dieser eigentiimliche Vorgang beruht nach 
R. Pfeiffer auf der Bildung von Antiambozeptoren, die bei einer 


1) I. c. 

2 ) Neisser, Die Methoden des bakteriziden Reagenzglasvereuchee. (Gesammelte 
Arbeilen zur Immunitatoforschung von P. Ehrlich. Berlin 1904.) 

3) Stern u. Korte, Ueber den Nachweis der bakteriziden Reaktion im Blutserum 
der Typhuskranken. (BerL klin. Wochenechr. 1904. No 9.) 


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80 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

Massenwirkung die Bindung zwischen Bakterium und Immunkdrper zu 
sprengen vermogen. Auch diese durch Injektion von Immunserum 
gewonnenen Antiambozeptoren wurden von Pfeiffer und Fried- 
berger 1 ) als spezifischer Natur erkannt; Kaninchen, die mit Cholera- 
ziegenimmunserum behandelt waren, ergaben einen Antiambozeptor, der 
die bakterienzerstorende Eigenschaft des Serums choleraimmunisierter 
und normaler Ziegen hemmte, wfihrend die Cboleraambozeptoren anderer 
Tiere nicht affiziert wurden. 

Nicht allein das Immunserum vermag nun den spezifischen bakterio¬ 
lytischen ProzeB auszuldsen, auch Normalserum ist im stande, in die 
Bauchhbhle des Meerschweinchens zusammen mit virulenter Kultur 
injiziert, diese spezifische Wirkung auszufiben; allerdings in quantitatir 
weitaus geringerem Grade. Auch bier gelang mit Benutzung der 
Ehrlichschen Absorptionsmethode der Nachweis, daB es sich um ein- 
zelne, qualitativ differente Komponenten bandelte, von denen jedes nur 
auf sein bestimmtes Bakterium wirkt. Nach Ehrlichs Auifassung 
haben wir es in diesem Falle mit Partialimmunkbrpern zu tun, die 
durch Stoffwechselvorgfinge zur AbstoBung gelangt sind. Die Spezifitfit 
ist hier nur relativ, beschrfinkt fflr die einzelnen Komponenten des 
Normalserums, die ilire zugehorigen Gruppen in den differenten Bakterien 
wiederfinden. Absolute SpezifitSt wird erst durch einen spezifischen 
Reizzustand, durch Infektion mit dem Mikroorganismus, erreicht. Der 
spezifiscbe bakteriolytische ProzeB erleidet aber, wie bei ungenauer 
Betrachtung scheinen konnte, eine gewisse Einschrfinkung: Indem wir 
ein Tier mit Typhusbaktenen infizieren, hat sein Serum auch die 
Ffihigkeit, gegen eine etwas hohere Dosis von Bact. coli, das nach- 
trfiglich eingebracht wird, zu schfitzen. Dieser Schutz ist um das 
Doppelte starker als der durch Normalserum. In dieser von Loeffler 
und Abel 2 ) erkannten und experimentell begriindeten Tatsache spricht 
sich die Familienverwandtschaft beider Bakterienarten aus; die Spezifitfit 
des bakteriolytischen Prozesses erleidet dadurch nicht die geringste 
EinbuBe. 

Aehnliche Untersuchungen sind bisher nicht publiziert. 

Diese den Spezifitatscharakter der bakteriolytischen Ambozeptoren 
scheinbar negierenden Befunde verlieren jedoch an Bedeutung durch die 
Untersuchungen, welche eine eingehendere Differenzierung des Proto- 
plasmaleibes der Bakterien zum Gegenstand batten. Der Bau des 
Bact. coli bietet nur in seiner originalen Qualitfit Unterschiede vom 
Bact. typhi, einzelne gemeinsame Bestandteile des Bakterien proto- 
plasmas sind im stande, eine Beeinfiussung auch anderer Bakterien in 
geringfiigigem Grade zuzulassen. 

Jedenfalls erkennen wir auch bei den bakteriolytischen Ambozeptoren 
das Gesetz von der Spezifitfit durchgreifend ausgeprfigt; der durch 
Immunisierung erhaltene Immunkorper wirkt zerstorend 
allein auf sein reziprokes Bakterium. Quantitativ gemessen 
ist diese Spezifitfit immer deutlich prfizisiert; eine Beeinfiussung anderer 
Mikroben kann in ganz untergeordnetem Grade vorkommen. In diesen 
Fallen ist lediglich der Ausdruck des Bestehens chemisch nahestehender 
Molekiile im Bakterienprotoplasma zu erkennen, die ihrerseits eine 
gegenseitige spezifische Affinitfit besitzen. Ffir die Beurteilung des 


1) Pfeiffer u. Friedberger, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXTV. No. 1. 

2) 1. c. 


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Liidke, Zur Spezifit&t tier AntikOrper. 


87 


Chemismus der Bakterien im Organismus, die wir kiinstlich in vitro 
oder exakter im Tierperitoneum nachahman konnen, haben wir in der 
Erkenntnis der Wirkungsweise der spezifischen, im geeigneten Korper 
entstandenen Stoffe eine Arbeitsmethode, wie eine solcbe sicherer und 
vollkommener bisher nicbt existiert. Selbstverstandlich gebort hierzu 
das Arbeiten mit den ndtigen Kautelen, so die bohe Immunisierung und 
Verwendung gut pathogener Bakterien resp. die deutliche Auslbsung 
spezifischer Ambozeptoren. 

Naturliehe und ImmunhRmagglutinine. Wahrend das Studium 
der Bakterienagglutinine in lebhaftem FluB begriffen ist, hat die ein- 
gebendere Bearbeitung der HSmagglutinine mit Unrecht eine gewisse 
Vernachl&ssigung erfahren, trotzdem das Arbeitsfeld hier die gleiche 
Ausdehnung besitzt und trotz der bequemen Arbeitsmethodik. 

Die AnalogieschlQsse von hier auf das Gebiet der Bakterienagglu¬ 
tinine sind in jeder Beziehung statthaft, falls man nur den speziellen 
toxischen Effekt der Bakterienzelle unberflcksichtigt l&Bt. Der einem 
Organismus eingefiihrte fremde Erythrocyt bietet in alien wesentlichen 
Punkten ein gleiches Bild seiner Wirkungsweise im Blute; Dauer des 
Aufenthaltes im Blute bis zur Auflosung, der ProzeB des Zerfalls selbst 
und die aktive WirkungsauBerung der in Mitleidenschaft gezogenen 
Zellen, welche die ad&quaten Schutzelemente ins Serum abstoBen, die 
nun nachweisbare Schutzkraft dieses Serums, alle diese Entwickelungs- 
prozesse haben ihr Gegenstfick in der Einbringung einer Bakterienzelle 
in den TierkOrper. Jedocb sind zwei wichtige Momente beim Vergleich 
und Untersuchung tiber die Wirkungsweise beider Zellen im fremden 
Organismus nicht auBer acht zu lassen. Einmal haben wir es bei der 
Bakterienzelle mit einem lebenden Individuum zu tun, das auch 
innerhalb des Kbrpers eine gewisse Lebensz&higkeit besitzt und vor 
allem die bedeutsame Fahigkeit, sich unter giinstigen UmstSnden zu 
vermehren zeigt. Der ProzeB der Reaktion der Bakterienzelle und der 
Gegenreaktion der angegriffenen Korperzellen muB sich demnacb im 
allgemeinen infolge der grdBeren Shockwirkung mit einem grdBeren 
Intensitatsgrade, einer ausgesprocheneren Lebhaftigkeit abspielen als bei 
dem ProzeB an den injizierten Erythrocyten und der Gegenwirkung der 
betroffenen Zellkomplexe. Als wichtige, die Untersuchungen ofter be- 
nachteiligende Komplikation komrat noch das Moment der Fortpflanzungs- 
fahigkeit der Bakterienzelle hinzu. 

Die zweite Differenz beim Vergleich von Bakterienzelle und Korper- 
zelle laBt sich zwanglos aus der oben erwahnten ableiten. Die Bakterien¬ 
zelle hat ein selbst&ndiges, ihr eigenartiges physiologisches Prinzip, das 
als anatomisches Substrat in ihrem gifttragenden Protoplasmaleib aus- 
gebildet liegt. Diese SelbstSndigkeit eines Teiles seines Proto¬ 
plasmas spricht sich sehr schon in der Wirkung aus, daB durch bak- 
terielle Immunisierungen in allerminimalster Dosis prompt ein hoher 
immunisatorischer Titer des Serums ausgelbst werden kann, wahrend 
z. B. mittels Kbrpereiweifiinjektionen in bedeutend groBerer Dosis keine 
biologische Reaktion erhalten wird. In gutem Einklang mit diesem 
Faktum steht auch die Beobachtung Pfeiffers und Friedbergers*), 


1) Pfeiffer und Friedberger, Zitiert nach: Wirkung und Art der aktiven 
Snbstanzen der praventiven und antitoziachen Sera von R. Pfeiffer. Ref. auf dem 
Kongrefi fiir Hygiene in Brussel. Sept. 1903. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXV. 
1904. Heft 7/9.) 


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88 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale.Bd. XXXVIII. Heft 1. 

dafi virulentere Bakterienstamme — bei denen also die dem Bakterium 
originate Funktion deutlicher/entwickelt ist — eine st&rkere Auslfisung 
von Ambozeptoren zur Folge haben. Der Wirkungsgrad einer den 
Rezeptoren liefernden Zellen chemisch-biologisch nahestehenden EiweiB- 
art wird demnach hinter dem eines konzentrierten, selbstfindigen, scblecht 
Oder nicht assimilierbaren Protoplasmas weit zurQckstehen. Von der 
Qualit&t des Bakterienprotoplasmas zu der des natfirlichen, gewisser- 
maBen herangezQchteten Kdrperzellenprotoplasmas ist eben ein weiter 
Schritt. 

Sehen wir aber von diesen beiden, mehr graduellen Differenzierungs- 
merkmalen ah, so konnen wir alle Beziehungen, die von der Wirkungs- 
weise der Korperzellen im fremden Organismus sich ableiten, auf die 
Bakterienzelle tibertragen. 

Die ausfiihrliche Beschreibung der Wirkungsweise der natfirlichen 
Hfimagglutinine findet sich bei Malkoff 1 ). Nach Malkoff agglu- 
tiniert normales Ziegenserum Menschen-, Tauben- und Kaninchenblut- 
kfirperchen, und zwar berubt diese Agglutinationsfahigkeit auf 3 ver- 
schiedenen auf jede der genannten Erythrocytenarten passenden Agglu- 
tininen. Durch elektive Absorption, z. B. durch Bindung der Tauben- 
blutkorperchen an das Ziegenserum, gelang es Mai koff, das Verschwinden 
des Taubenblutagglutinins aus dem Ziegenserum markant nacbzuweisen; 
im AbguB fiber den zu Boden gesunkenen, agglutinierten Blutkorperchen- 
masseu waren die beiden anderen Agglutinme — fflr Menschen — und 
Kaninchenblutkfirperchen — in Ldsung geblieben und Qbten ungeschwftcht 
ibre Agglutinationskraft auf die ihnen entsprechenden Blutkdrperchen 
aus. Malkoff schlieBt seine Abbandlung damit, daB er das Vorhanden- 
sein verschiedener, spezitischer Agglutinine in einem derart wirksamen 
Serum annimmt, von denen jedes seine spezifische AffinitUt zu der 
betreffenden Blutkdrperchenart hat 

In den Kreis unserer Betrachtungen zog ich die im normalen Hunde- 
serum enthaltenen Agglutinine, die mir bei anderweitigen Untersuchungen 
fiber das Hundeserum in deutlicb ausgesprochener Weise zur Erscbeinung 
kamen. 

Bevor ich jedoch derartige natfirliche HSmagglutinine in Hundeseris 
in Betracht zog, gait es zunficbst, die etwa vorhandene hfimolytische 
Ffihigkeit des normalen Hundeserums bez. verschiedener Blutkfirperchen- 
arten auBer Rechnung zu setzen. Iu wiederholten Untersuchungen ergab 
sich folgendes, fast gleichmfifiig wiederkehrendes Bild. 


Hamolyse durch Normalhundeserum. 


Hundeserum 

Blutkorperchen von 

| Hamolyse 

3 Tropfen 

Bind 

schwache Ldsung 

3 „ 

Schwein 

— 

3 

Taube 

— 

3 „ 

Ratte 

— 

3 

Kaninchen 

— 

3 

Mans 

— 

3 

M eerech wein chen 

— 

3 „ 

Pferd 

starkste Ldsung 

3 

Mensch 

n n 

3 , 

Hamm el 

schwachere Ldsung 


1) Malkoff, Beitrage zur Frage der Agglutination von roten Blutkdrperchen 
(Dteche. med. Wochenschr. 1900. No. 14.) 


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Liidke, Zur Spezifitfit der AntikOrper. 


8 £ 


Es braucht dud durchaus nicht immer jedes Huadeseruoi Losung 
der angefflhrten Blutkorperchen herbeizufiihreo; manche Sera zeigteo 
our Spureo vod LQsung bei deutlicher Agglutinationsfahigkeit, aodere 
wieder glatte L6sung der Blutkdrperchenart. Malkoff seinerseits gibt 
ao, daB Blutserum mancher Ziegen bisweileo auch hSmolytisch wirkt; 
oiao muB daher uoter mehrereo Tiereo dasjenige aussucheu, welches am 
iDteosivsteo die Erythrocyten zur Agglutiuatiou briugt. Die Variabilitat 
dieser Erscheinungen iu verschiedeneo uormaleu Hundeseris ist bei 
dieseo UutersuchuugeD iu Betracht zu zieheu. Ob modifizierte Ernah' 
ruugsprozesse, die each Ehrlich zur Erklaruog dieser Erscheiouagen 
heraDgezogen werdeo konnen, eioe Beeioflussuog dieser variableo Pro- 
zesse ausmacheu, ist meines Wissens bisher hier oicht untersucht 
worden; uach entsprechenden Befuodeu bez. der Bakterienagglutinine 
im noeDSchlicheu Serum jedoch wohl aozuDehmeu. 

Weiter wurde die Agglutination skraft des uormaleu Hnudeserums 
auf eiue Reihe verschiedener Erythrocyteo mit Beriicksichtigung des 
Agglutinatioostiters gepriift: 


Agglutination durch Normalhundeserum. 


Verdunnung 
des Hunde- 
serums 

1 com 5-proz. Blut- 
korperchenauf- 
schweramuDg von 

Agglutination 

sofort | nach 2 Stunden 

1:1 

Taube 

Agglutination volktandig 


1:20 

>» 

i — 

Spur von Agglutination 

1:1 

Kaninchen 

Agglutination vollstandig 


1:20 


— 

— 

1:1 

Schwein 

Agglutination vollstandig 


1:20 

M 

— 

— 

1:1 

Meersch wein chen 

Agglutination vollstandig 


1:20 

yy 

— 

— 

1:1 

Batte 

Agglutination vollstandig 


1:40 

yy 

— 

Spur von Agglutination 

1:1 

Maus 

Agglutination vollstandig 


1:66 

1 


Agglutination vollstandig 


Im allgemeioeo scheiot der Agglutioatiouswert des oormaleo Hunde- 
serums deu Blutkbrpercheu aoderer WarmblQter gegeniiber our niedrig 
zu seio; eioe Verdttnnung vod 1 : 1 selten zu Qberschreiten. Allerdiugs 
koDDte ich bei eioigeo Huudeseris auch hdhere Agglutiuatiooswerte, bis 
zur VerdfluuuDg vou 1 : 100, nachweisen. 

Zur Bestimmuog der Spezifitat der Agglutioatioosfahigkeit uormaleu 
Hundeserums wurde uuu folgeude, im wesentlichen vou Malkoff an- 
gegebene einfache Methode angewandt: 

Zu 1 ccm der 5-proz. Aufschwemmuug der verschiedeueu Blut- 
kdrperchcu (in 0,875-proz. KochsalzlQsung), die vorher sorgfaltig durch 
Waschen mit physiologischer Kochsalzlosung vom anhafteuden Serum 
befreit waren, wurde eiue bestimmte, zur Agglutination ausreichende 
Menge Hundeserums zugesetzt, das Vz Stunde lang bei 56° C im Wasser- 
bad erhitzt war. Die Serum-BlutkSrperchen enthaltenden Rdhrchen kamen 
fQr 2 Stunden in den Thermostaten, danach wurde abzentrifugiert und 
der erhaltene klare AbguB zur Agglutination der einzelnen Blutkbrperchen 
benutzt. Zu dem Zwecke wurde 1 Oese des Abgusses mit 1 Oese der 
betreffenden Blutkorperchenart gut vermischt und das Resultat mikro- 
skopisch im hangenden Tropfen beobachtet. Die Agglutination wurde 
an der vollstandigen Verklumpung der Blutkdrperchen, die zu grbBeren, 


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90 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


dicken, fiber- und untereinander geschichteten Hfiufchen zusammengeballt 
sind, erkannt. 

Da alle Untersuchungen des normalen Hundeserums — im ganzea 
wurden 4 Sera in dieser Hinsicht untersucht — ein im wesentlichen 
gleicbes Resultat bezfiglich der Agglutination der differenten Blut¬ 
kdrperchen gaben, will ich nnr einen dieser F&lle durch eine genauere 
Tabelle veranscbaulichen: 


Hundeserum 

» 

wirkt ein auf Schweineblut 

yy 

yy 

yy 

Abgufi 
— ► 

auf Schweineblut 
Taubenblut 
Meerschwein¬ 
chenblut 
Kaninchenblut 

Agglutination 

vollst. AggL 

yy yy 

yy 

Hundeserum 

»> 

»» 


Taubenblut 

yy 

yy 

yy 


Taubenblut 

Schweineblut 

Kaninchenblut 

Meerschwein¬ 

chenblut 

vollst. AggL 

yy ♦> 

yy yy 

Hundeserum 

yy 

yy 

yy 


Kaninchenblut 

yy 

yy 

yy 


Kaninchenblut 

Schweineblut 

Taubenblut 

Meerschwein¬ 

chenblut 

vollst. Aggl. 

yy yy 

yy yy 

Hundeserum 

yy 

yy 

yy 


Meerschweinchen¬ 

blut 

yy 

yy 

yy 


Meerschwein¬ 

chenblut 

Kaninchenblut 

Schweineblut 

Taubenblut 

vollst. AggL 

yy yy 

yy yy 


WurdedasHundeserum zu einer 5-proz. Kaninchenblutaufschwemmung 
hinzugeffigt, so hatte der nach 2 Stunden erhaltene klare AbguB sein 
Agglutinationsvermdgen fflr Kaninchenblut verloren, agglutinierte jedoch 
noch ungeschwficht Schweine-, Tauben- und Meerschweinchenblut. Wurde 
weiter der neue nach darauffolgender Einwirkung auf Schweineblut er¬ 
haltene AbguB auf Agglutination gegenfiber Schweineblut geprfift, so 
trat keine Agglutination ffir Schweine- und Kaninchenblut inehr aufj 
wfihrend Tauben- und Meerschweinchenblut noch zusammengeballt wurde. 
Auch die noch gebliebene Agglutinationsffihigkeit ffir Taubenerythrocyten 
konnte durch Hinzuffigen des letzten Abgusses zu Taubenblut in den 
allermeisten Fallen dem Hundeserum genommen werden. 

Das Hauptergebnis aller dieser Untersuchungen ist dies: LfiBt man 
ein verschiedene Blutkdrperchen agglutinierendes natfirliches Serum auf 
eine dieser Erythrocytenarten lfingere Zeit einwirken, so erfolgt eine 
prompte Bindung des ffir diese Erythrocyten spezifischen Agglutinins, 
wfihrend die ffir die anderen Blutkdrperchen spezifischen Agglutinine 
noch im Abgufi gut nachweisbar sind. Dies eine Agglutinin ist mit 
seinen passenden Blutkdrperchen verankert und aus der verdfinnten 
Serumflfissigkeit verschwunden, auch nicht minimale Spuren sind mehr 
von ihm bei Berficksichtigung der quantitativen Bindungsverhfiltnisse zu 
entdecken. Es existieren also im Hundeserum so viele 
spezifische Agglutinine, als dies Serum verschiedene 
Species verschiedener Blutkdrperchen zu agglutinieren 
verm a g. Damit ist zu den Befunden Malkoffs fiber die Agglu¬ 
tinationsffihigkeit des Ziegenserums differenten Blutkdrperchen gegenfiber 
«in neuer Beweis ffir die Spezifitfit der Hfiraagglutinine im 
normalen Hundeserum erbracht. 


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Lfidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


91 


In einem solchen normalen Serum haben wir keine durch eine Vor- 
behandlung erzeugte Spezititat gegenflber einer Zellart gefunden, sondern 
bier ist eine variable schwankende Spezititat der Agelutinationsreaktion 
gegeben, die sich lediglich nacb der Stoifwechselbilanz und einigen 
Gesetzen der Verwandtschaft der Tierklassen regelt. Es bleibt noch 
nnentscbieden, ob ein Vorherrschen der Spezititat gegenflber einer Zellart 
haufig vorhanden, ob die Starke der Eeaktion unter gewissen Bedingungen 
(Aenderungen im Stoffwechsel) schwanken kann und ob alle Tiere der- 
selben Species gewdhnlich diese Reaktion unter gleichmaBigen Be¬ 
dingungen zeigen kflnnen. Dad verschiedene Hamagglutinine im Normal- 
serum kreisen, ist konstatiert, ebenso dad jedes dieser Agglutinine seine 
bestimmte spezifische Reaktion hat. Gerade zum Nachweis der Spezititat 
der Agglutinine eignen sich die Versuche an den Erythrocyten ihrer 
Grode und vielleicbt ihres weniger komplizierten Baues wegen besonders 
gut zur Orientierung. Die Spezifitat ist hier eine deutlich 
ausgesprochene Erschein ung; jedes Agglutinin bat seine 
Qualitat far sich gegenflber den spezifischen Zellen aus- 
g e b i 1 d e t. 

Bei den Immunhamagglutininen hat durch die Injektion einer be- 
stimmten Erythrocytenart das auf dieselben passende Agglutinin eine 
dominierende Stellung im Serum des vorbehandelten Tieres erhalten. 
Der Fahigkeit des normalen Serums, auf die roten Blutkflrperchen unter- 
schiedlicher Tiere agglutinierend zu wirken, ist damit eine bestimmte 
einseitige Direktion gegeben, indem die agglutininbildenden Zellkomplexe 
in Ueberreizung und Ueberproduktion gebracht, ihre Wirksamkeit in 
dieser einen bestimmten Richtung audern. Der Spezifitatscharakter der 
so erzeugten Agglutinine wird demnach in dem Intensitatsgrade der 
Reaktion deutlicher ausgepragt sein; ferner durfte auf eine Injektion 
einer bestimmten Blutkflrperchenart nicht nur gegen diese, sondern 
eventuell — wenn auch in weitaus geringerer Starke — gegen differente 
Blutkflrperchen Agglutinin gebildet werden. Nur bei oberfi&chlicher Be- 
trachtung mfldte man die Agglutininbildung als eine unkomplizierte ein- 
heitliche Zellreaktion auffassen, falls man in jedem Falle nur eine 
Wirkungsfahigkeit allein auf das zur Vorbehandlung dienende Material 
annahme. Wie verkehrt eine solche oberflachliche Annahme ist, geht 
aus folgendem Versuch hervor: Einem 950 g schweren, rotlich-braunen, 
weiblichen Kaninchen werden 10 ccm Hundeblutkorperchen intraperi- 
toneal injiziert. Vor der Injektion war die agglutinierende Kraft dieses 
Kaninchenserums die: 


Verdiinnung 1:1 
Hundeblutkorp. sofort aggL 
Mausblutkorp. sofort aggl. 
Hammelblutborp. nicht aggl. 


Verdiinnung 1:10 
Hundeblutkorp. Spur aggl. 
Mausblutkorp. volUt. aggl. 
Hammelblutkdrp. nicht aggl. 


Verdiinnung 1:20 
Hundeblutkbrp. nicht aggl. 
Mausblutkdrp. nicht aggl. 
Hammelblutkorp. nicht aggL 


HSmolytische Fahigkeit trat jedoch bei Zusatz von 3 Tropfen dieses 
Kaninchenserums zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung auf. 

7 Tage nach der Injektion erhielten wir bezflglich der Agglutination 
der Hunde- und MausblutkSrperchen durch dies Serum folgendes Bild: 


Verdiinnung 1:40 
Hundeblutkorp. Bofort aggl. 
Mausblutkdrp. sehr stark 

aggl* 


Verdiinnung 1:66 
Hundeblutkdrp. aggl. 
Mausblutkdrp. aggl. 


Verdiinnung 1:200 
Hundeblutkorp. Spur aggl. 
Mausblutkdrp. nicht aggl. 


Scheinbar entgegen dem Gesetz der Spezifitat war also nicht allein 
ein starkes Agglutinationsvermogen fQr Hundeblutkorperchen hervor- 


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92 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


gebracbt worden, sondern auch die vorher noch in einer Verdtlnnung 
von 1 : 10 agglutinierten Mausblutkorperchen wurden durch das Immun- 
serum starker beeinfluBt. Eine gleiche Beobachtung bezQglicb der 
kfinstlich erzeugten Hfimagglutinine existierte bisher nicht; was die 
Bakterienagglutinine betrifft, sind allerdings, wie im weiteren n&her 
ausgeffihrt werden soil, Shnliche Beobachtungen von Lubowski und 
Steinberg 1 2 ) und Vert.*) bereits publiziert. 

Den Anscbauungen fiber die Zusammensetzung der Zellen in bio- 
logischer Beziehung entsprechend, mfissen wir in diesem Falle im Hunde- 
und Mausblutkorperchen verwandte Elemente annehmen, die, ins Bint 
eines geeigneten Organismus gebracht, eine wechselseitige AbstoBung 
von passenden Rezeptoren zur Folge haben. Nicht nur der ffir den 
Hundeerythrocyten passende Rezeptor wird bei Behandlung eines 
Kaninchens mit Blutkdrpercben vom Hund abgestoBen, in relativ 
schwacberem Grade erfolgt auch eine Einwirkung und AbstoBung der 
auf Mausblut passenden Rezeptoren. Die Spezifit&t der Agglutination 
hervorrufenden Reaktionsprodukte im Serum erleidet dagegen nur eine 
scheinbare EinbuBe mit RUcksicht auf den absoluten Charakter der 
Agglutinine; spezifisch sind die ins Serum abgestofienen 
Rezeptoren ffir ibre Ausgangselemente. Mit der Bindung 
des Hundeblutagglutinins an die Hundeerythrocyten mufiten demnach 
beide Agglutinine aus dem Kaninchenserum verschwinden; w&hrend bei 
Bindung an Mausbluterythrocyten nur das auf Mausblut spezifische 
Agglutinin abges&ttigt wurde. Der entsprecbende Absorptionsversuch 
verlief so: 

Je 0,1 ccm des Immunkanincbenserums wurden zu je 1 ccm 5 Proz. 
Hunde- und Mausblutkorperchen gesetzt; die Mischung 1 Stunde bei 
37° C stehen gelassen. Danach waren die Hundeblutkorperchen voll- 
stin dig agglutiniert, die Mausblutkorperchen starker zu Haufchen geballt 
Nach sorgfaltigem Abzentrifugieren wurden die klaren Abgfisse benutzt: 

1) AbguB vom agglutinierten Hundeblut. 


Verdunnung 1 :1 

Zu Hundeblutkorperchen I keine Aggl. 
Zu Mausblutkorperchen | „ „ 


Verdunnung 
Zu Hundeblutkorperchen 
Zu Mausblutkorperchen 


1:10 

keine Aggl. 


2) AbguB vom agglutinierten Mausblut. 


Verdunnung 1:1 

Zu Mausblutkorperchen i keine Aggl. 

Zu Hundeblutkbrperchen | vollst. „ 

Verdunnung 1:40 

Zu Mausblutkdrperchen keine Aggl. 

Zu Hundeblutkorperchen | sehr starke Aggl. 


Verdunnung 1:10 

Zu Mausblutkorperchen I keine Aggl. 

Zu Hundeblutkorperchen j vollst. „ 

Verdunnung 1:66 

Zu Mausblutkdrperchen keine Aggl. 

Zu Hundeblutkorperchen starkere iiggl. 


Verdunnung 1:100. 


Zu Mausblutkorperchen 
Zu Hundeblutkorperchen 


keine Aggl. 


Andere Versuche zur Klarstellung des spezifischen Charakters der 
Einzelagglutinine in einem Immunserura wurden an zwei andereu 
Kaninchen unternommen. Einen dieser Versuche will ich n&her aus- 
fflhren: 


1) Lubowski und Steinberg, Ueber Agglutination von Typhusbaciilen bei 
Proteus- und Staphylokokkeninfektion. (Dtsches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXIX 1904. 
Heft 5/6.) 

2) Liidke, Agglutination bei Autointoxikationen, mit besonderer Beriicksichtigung 
des Ikterus. (Dtsches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXXI. 1904. Heft 1/2.) 


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Ludke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


93 


Einem mittelgroBen, grauen, weiblichen, 1455 g schweren Kaninchen 
■werden 15 ccm Hundeblut subkutan einverleibt. Vor der Injektion 
agglutinierte das Kaninchenserum HundeblutkOrperchen gar nicht, 
Hammel- wie Schweineblutkorperchen jedoch in einer Verdiinnung von 
1:1. Nach etwa 2 Wochen agglutinierte das Serum HundeblutkOrperchen 
in folgender Starke: 

5-proz. Hundeblutaufschwemmung. 

VatdunnuDg Verdiinnung Verdunnung Verdiinnung Verdunnung 

1:20 1:50 1:100 1:200 1:500 
eofort AggL nach */* Stde nach 1 Stde nach ‘/ s Stde nach 2 Stdn. 

AggL AggL AggL starkere AggL 

Zn je 2 ccm von Hunde-, Schweine- und Hammelblut wurden jetzt 
je 0,1 ccm des Immunserums zugesetzt; die Gemische blieben 1 Stunde 
bei Zimmertemperatur stehen, danach trat eine schOne Agglutination 
der HundeblutkOrperchen auf; man sah kleine rote POnktchen deutlich 
zu Boden sinken; gegenflber den Hammel* und Schweineblutkorperchen 
trat die Reaktion nur sehr unvollstfindig auf. Sodann wurde gut zentri- 
fugiert und die klaren Abgflsse, wie folgt, benutzt: 


I. Abgufi nach Bindung an Hundeblutkorperchen. 


Verdiinnung 

Zu Hundeblut 

Zu Schweineblut 

Zu Hammelblut 

1:1 

fast vollst. AggL 

— 

— 

1:10 

— 


— 


II. Abgufi nach Bindung an Hammelblutkdrperchen. 


Verdflnnung 

Zu Hammelblut 

Zu Hundeblut 

Zu Schweineblut 

1:1 

— 

vollst Aggl. 

nicht ganz vollst. Aggl. 

1:10 

— 


99 

1:50 

— 

>» 

79 

— 

1:100 

— 

i - i 

— 


III. Abgufi nach Bindung an Schweineblutkorperchen. 


Verdunnung 

Zu Schweineblut 

Zu Hundeblut 

Zu Hammelblut 

1:1 

_ 

vollst Aggl. 

nicht ganz vollst. Aggl. 

1:10 

— 

99 97 

— 

1:20 

— 

i sehr starke Aggl. 

— 

1:50 

— 


— 


Dasselbe Immunkaninchenserum wurde weiterhin zur Bestimmung 
•der elektiven Absorption der einzelnen Agglutinine auf Hunde- und 
MausblutkOrperchen geprflft. Der Agglutinationswert des Serums vor 
der Injektion auf Mausbluterythrocyten war leider nicht bestimmt worden. 
Nach der Injektion wurden MausblutkOrperchen noch in einer Verdiinnung 
■von 1 : 50 vollst&ndig agglutiniert. Der Agglutinationstiter fflr die zur 
Vorbehandlung verwandte Blutart — Hundeblut — war mittlerweile im 
Verlauf von 5 Wochen von 1:500 auf 1:100 herabgesunken. 

Zu je 0,2 ccm dieses Immunserums werden je 2 ccm 5-proz. Hunde¬ 
blutkOrperchen und 5-proz. MausblutkOrperchen zugesetzt. Nach ein- 
etflndigem Stehenlassen bei Zimmertemperatur sind beide Blutarten gut 
■agglutiniert 


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94 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


I. AbguB nach HundeblutkOrperchen. 


Verdiinnung 

Zu Hundeblut 

Zu Mau»blut 

1:1 

Spur von Agglutination 

vollstandige Agglutination 

1:10 

— 

— 


II. Abgufi nach Mausblutkdrperchen. 


Verdiinnung 

Zu Mausblut 

Zu Hundeblut 

1:1 

— 

vollstandige Agglutination 

1:10 

— 

»» >» 

1:40 

— 

starkere Agglutination 

1:66 

— 

Andeutung von Agglutination 


Die Versuchsreihen ergeben diese markanten Resultate: 

Das speziiisch auf Hundeerythrocyten wirkende Immunserum des 
Kaninchens mit dera fQr Hundeblutkdrperchen wirksamen Agglutina- 
tionstitre von 1 :500 hat nach l-st(lndiger Einwirkungszeit auf Hunde- 
blut den allergrofiten Teil seiner bindungsf&higen Substanzen an die 
Hundeblutkdrperchen abgeben mflssen. Dennoch gelang es in diesem 
Versuche nicht ganz vollst&ndig, die auf Hundeblut spezifisch einge- 
stellten Agglutinine sfimtlich nach ihrer Bindung auBer Aktion treten 
zu lassen. Der AbguB wies noch bei einer VerdQnnung von 1 : 1 H&uf- 
chenbiidung auf. Vergleichen wir diese minimale Agglutinationskraft 
des Abgusses mit dem Titre des Serums, der damals 1 :500 betrug, 
so mufl der SchluB, daB die H&magglutinine eine ganz spezi- 
fische Bindung erfahren haben, einleuchten. DaB noch Spuren 
von ihnen im AbguB sich nachweisen liefien, konnte nur darauf be- 
ruhen, daB die Menge der bindenden Agglutinine im Serum zu groB 
resp. das zur Bindung verwandte Blutkdrperchenquantum zu klein war, 
also in einer Beziehung ein gewisser Ueberschufi vorhanden war. Zu- 
gleich mit dem auBerordentlich starken Verlust an auf Hundeblut ge- 
richteten Agglutininen war auch eine vdllige Einbufie der agglutinie- 
renden Substanzen auf Hammel- und Schweineblut eingetreten. — Ein 
anderes Bild bot sich dar, wenn wir das spezifische Kaninchenserum 
auf Hammel- oder Schweineblut einwirken lieBeu. Der AbguB btiBte 
nach AbsSttigung an die einzelne Blutart seine agglutinierende Kraft 
auf dieselbe ein, behielt sie jedoch fQr andere Erytbrocyten. Aller- 
dings trat auch hier, wie der Versuch lehrt, eine Herabsetzung im Ag- 
glutinationsvermogen ein; die teilweise wohl schon der entstehenden 
VerdQnnung im AbguB auf Rechnung zu setzen ist. Immerhin war 
noch ein deutlicher EinfluB auf die anderen Blutkorperchen zu erzielen. 
Ebenso wie Hetsch und Lentz 1 ) bezQglich der Bakterienagglutinine 
nachwiesen, konnte auch ich in diesen Fallen von Hamagglutination 
keine Steigerung des Agglutinationstitres fQr die Blutkdrperchenart, 
mit der immunisiert war (Hundeblut), nach Absattigung der „Neben- 
agglutinine u entdecken: der Titre fQr Hundeblut sank nach Einwirkung 
auf Hammelblut auf 1:50; nach Einwirkung auf Schweineblut auf 
1 : 20 . 

Im Kaninchenorganismus wurde also beim Zerfall der injizierten 
Hundeblutkdrperchen die Abstofiung von auf Hundeblut spezifischer 


1) Hetsch und Lentz, Bei’rage zur Frage nach der 8pezifizitfit der im Serum 
des normalen und choleraimmunisierten Pferdes enthaltenen Agglutinine. (Festschr. z. 
60. (Jeburtetag von B. Koch. Jena 1903.) 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


95 


Hfimagglutinine und in geringerem Grade die Sekretion von Neben- 
agglutininen fQr die Erythrocyten anderer Tiere, hier fflr Mausblut aus- 
geffihrt, angeregt, ein Bewels, daB die Hundeblutzelle nicht als morpho- 
logische Einheit aufzufassen ist. Vielmehr bildet sie einen Komplex 
verschiedenartiger in ihr enthaltener Elemente, die im stande sind, ihre 
entsprechenden verwandten Reaktionsprodukte bei dem Immunisierungs- 
prozeB aus geeigneten Zellen ins Serum zu sezernieren. Nach der Ab- 
stoBung ins Serum iiudet bei passend gewShlten quantitativen Bindungs- 
verhSltnissen eine quantitative Abs&ttigung der einzelnen Agglutinine 
an ibre bestimmten Blutarten statt: die im Serum vorhandenen, 
kflnstlich erzeugten H&magglutinine sind spezifischer 
Natur. 

H&molyslne. Ehrlich und Morgenroth 1 ) zitieren in An- 
merkung in einer ihrer grundlegenden Arbeiten fiber die H&molysine, 
dafi ihnen bei Untersuchnngen fiber die Verschiedenheit der cytophilen 
Gruppen homologer Immunkfirper eine h&molytische Wirkung des Serums 
von mit Ochsenblut vorbehandelten Kaninchen sowohl auf Ocbsenblut 
wie auf Hammelblut aufgestoBen sei. In grfiBeren Versuchsreihen stu- 
dierten sie den analogen Befund, der sicb ihnen bei der Einwirkung 
von Immunserum mit Ochsenblut behandelter Kaninchen auf Ochsen- 
erythrocyten wie auf Ziegenerythrocyten darbot. Die Hfimolyse des 
Ziegenblutes trat bei Einwirkung etwas groBerer Dosen von Immun- 
korper auf. Bei der Aufstellung eines Proportionsverh&ltnisses ergibt 
sich jedoch keine konstante Zabl, sondern ein deutliches Schwanken 
der wechselseitigen ImmunkSrperdosen bei den einzelnen untersuchten 
Kaninchenseris. Schon auf Grund dieses wechselnden Verh&ltnisses der 
LfisungsfShigkeit dieses hamolytischen Immunserums auf Ochsen- und 
Ziegenblutkdrperchen konnten Ehrlich und Morgenroth eine Mehr- 
zahl von mit verschiedenen cytophilen Gruppen versehenen Immun- 
kfirpern annehmen, von denen einer auf die Ochsen erythrocyten, der 
andere auf Ziegen- und Ochsenerythrocyten einwirkt. Durch elektive 
Absorption des einzelnen Immunkdrpers an seine zugehdrigen Blut- 
kfirperchen fanden sie ihre Annahme vollauf bestfitigt, so daB sie in 
einem treffenden Schema 3 Fraktionen bindender Gruppen der Blut- 
korperchen annehmen konnten, von denen die eine nur in Ochsenblut- 
kfirperchen, die zweite nur in Ziegenblutkdrperchen und die dritte in 
beiden Blutarten vorkommt. Auch gelang es ihnen in einem fthnlichen 
Versuche nachzuweisen, daB bei Behandlung von Kaninchen mit Ziegen- 
blutkfirperchen eine Rezeptorenfraktion erhalten wurde, die gleichfalls 
auf beide Blutkorperchen wirkte. Wurden im Absorptionsversuche die 
nach der Behandlung mit Ziegenblut entstandenen Immunkdrper an 
Ziegenblut gebunden, so war ffir beide Blutarten die Ldsungsffihigkeit 
verschwunden, wfihrend nach der Behandlung mit Ochsenblutkdrperchen 
der auf Ziegenblut wirkende Anteil fast vollstfindig in der Flfissigkeit 
erhalten blieb, wie das gleiche Verh&ltnis vice versa bei dem mit 
Ochsenblut behandelten Kaninchenserum stattfand. 

In den Kreis unserer Untersuchungen wurde die wechselseitige Immu- 
nisierung von Kaninchen mit Ochsen- wie Hammelblutkdrperchen ge- 
zogen, und in der Tat erhielten wir bei geeigneter Versuchsanordnung 
die gleichen Resultate, die Ehrlich und Morgenroth in ihren F&llen 
erzielten. 


1) Ehrlich und Morgenroth, Ueber Hamolysine. VI. Mitteilung. (Gesam- 
melte Arbeiten zur lmmunit&teforschung. Berlin 1904.) 


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96 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Einem mittelkrSftigen, grauen, ra&nnlichea, 1318 g schweren Ka- 
ninchen wurden 20 ccm defibrinierten, vom Seram mdglichst befreiten 
Ochsenblutes subkutan injiziert. Vor der Behandlung ldsten 6 Tropfen 
dieses Kaninchenserums weder Ochsenblut noch Hammelblut auf. 


Am 9. Tage nach der Injektion: 

3 Tropfen Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung 
sofort keine Ldsung 

nach 2 Stunden „ „ 

3 Tropfen Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung 
sofort | keine Ldsung 

nach 2 Stunden j starkere Ldsung 

Am 14. Tage nach der Injektion: 

Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung 


3 Tropfen 

3 Tropfen Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung 


sofort 
nach 2 Stunden 


keine Ldsung 
vollstandige Ldsung 


sofort 
nach 2 Stunden 


keine Ldsung 


3 Tropfen 
3 Tropfen 

3 Tropfen 
3 Tropfen 


Am 17. Tage nach der Injektion: 


Kaninchenserum zu 
sofort 

nach 2 Stunden 
Kaninchenserum zu 1 
sofort 

nach 2 Stunden 


ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung 
keine Ldsung 

» i) 

ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung 
keine Ldsung 
vollstandige Ldsung 


Am 18. Tage nach der Injektion: 

Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung 
sofort keine Ldsung 

nach 2 Stunden vollstandige Ldsung 

Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung 


sofort 

nach 2 Stunden 


keine Ldsung 
vollstandige Ldsung 


Die Ldsung des Ochsenbluts durch das hamolysinreiche Kaninchen¬ 
serum erfolgte hier spat (am 14. Tage nach der Injektion); nach anderen 
von mir 1 ) mitgeteilten Befunden ist der durchschnittliche Termin des 
ersten deutlichen Auftretens dieser Hamolysine im Kaninchenblutserum 
der 8.—10. Tag. Auffallend war ferner, daft bereits am 9. Tage eine 
starkere Ldsung der Hammelblutkdrperchen vorhanden war. Diese 
Ldsungsfahigkeit fflr Hammelblut verlor sich jedoch spater wieder und 
liefi den Ochsenblut-Immuukdrper voll zur Geltung kommen. Erst 
relativ spat (es wurde alle 2 Tage untersucht) fand sich eine voll¬ 
standige Ldsung fQr Hammelerythrocyten — am 17. Tage nach der In¬ 
jektion. 

Auch das von Ehrlich und Morgenroth und Verf. naher be- 
schriebene Phanomen der Antiautokomplementbildung in mit Ochsenblut 
behandeltem Kaninchenserum stellte sich hier wieder ein, indem am 
17. Tage nach der Injektion bei Einwirkung von 3 Tropfen Kaninchen¬ 
serum auf Ochsenblut keine Ldsung eintrat, am folgenden Tage jedoch 
die Hamolysine in ihrer alten Starke nachgewiesen werden konnten. 

Ein Vergleich der Ldsungskraft dieses Kaninchenserums auf Ochsen- 
wie Hammelblut ergab nun folgendes Bild: 


1) Liidke, Beitrage zur Hamolyse. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXVII. 1904. 
Heft 2/3.) 


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Ltidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


97 


Zu 1 com Ochsenblut failende Mengen dee mit Ochsenblut immunisierten 

Kanincnens. 


GelQst in: 


0,5 ccm 

03 

0,1 


10 Minnten 
2 ° „ 

20 „ 


0,08 ccm 
0,05 
0,02 


Gel op t in: 


30 Minnten 
45 „ 

2 Std. Spnrchen 


Zu 1 ccm Hammelblut failende Mengen des mit Ochsenblut immunisierten 

Kan inch en?. 


GelSflt in: 


0,5 ccm 
0,3 „ 
0,1 „ 


25 Minuten 
30 „ 

40 „ 


0,08 ccm 
0,05 
0,02 


Geloet in: 


65 Minuten 

1 a /< Stunden 

2 std. keine Losg. 


Es war demnach ein in der Zeit und der Intensit&t der Wirkung 
deutlicher Unterschied in der LOsungskraft des Kaninchenserums gegen- 
Qber Ochsen- wie Hammelblut zu beobachten, indem Ochsenblut, das 
zur Vorbehandlung diente, schneller und starker geldst wurde als 
Hammelblut. Dieser Befund wies schon auf differente cytophile Gruppen 
homologer Immunkdrper hin. 

Zum Nachweis der Spezifitat dieser „Immunk5rpertypen“ gait es 
nun, mittels der Absorptionsmethode eine vOllige Absattigung der 
Ambozeptoren mit den dazn passenden Blutkorperchen zu erzielen. 
Die anf&nglichen Versuche, in denen mit einer relativ kleinen Blut- 
korperchenmenge gearbeitet wurde, fQhrten nur ein unvollstandiges, 
teilweise zu falschen SchlOssen leitendes Resultat herbei; nach der 
Bindung an Ochsenblut waren immer noch ganz ungesattigte, freie 
Ambozeptoren in der AbguBflOssigkeit nachzuweisen, und zwar die 
Ambozeptoren, die infolge ihrer geringen Affinitat zu den Ochsen- 
erythrocyten frei geblieben waren, wahrend die verwandteren, auf 
Ochsenblut eingestellten Immunkdrper samtlich an ihre Blutkdrperchen 
gefesselt waren. Die AbguBflOssigkeit bewirkte daher noch eine Ldsung 
der HammelblutkSrperchen. Im anderen Falle — der Bindung an 
Hammelblut — mufite analog der AbguB noch freie, wirksame Gruppen 
fttr Hammclbluterythrocyten enthalten, weil die Bindungsmdglichkeit 
eine geringer ausgeprSgte war; die AbguBflOssigkeit ldste daher aller- 
dings in groGer Menge und in langerer Einwirknngszeit nochmals neu 
hinzugefflgte Hammelblutkdrperchen auf. Durch Verwendung grOGerer 
Blutkdrperchen quanta und sorgfaltigste Mischung konnten diese Fehler 
vermieden werden und ahnlich den Ehrlichschen und Morgenroth- 
schen Befunden hatten wir folgende Resultate: 

Zu je 2 ccm einer 5-proz. Ochsenblut- wie Hammelblutaufschwemmung 
werden verschieden groGe Immunkdrpermengen des mit Ochsenblut vor- 
behandelten Kaninchens gesetzt. In der zweiten und dritten Zahlen- 
reihe linden sich die Ldsungsverhaitnisse des aktiven Ochsenblut- 
Kaninchenserums auf Ochsenblut- wie HammelblutkOrperchen im Verlauf 
einer Einwirkungszeit von 2 Stunden bei 37° C angegeben. In der 
vierten und funften Reihe folgt die Ldsungsfahigkeit der AbgQsse. Diese 
wurden dermaBen erhalten: Zu wechselnden Quanta des bei 58° C in- 
aktivierten Kaninchenserums werden wieder je 2 ccm Ochsen- (= Ab- 
guB A) wie HammelblutkOrperchen (= AbguB B) zugesetzt. Die Ge- 
mische, die auf 3 ccm mit physiologischer Kochsalzldsung aufgefQllt sind, 
werden 2 Stunden lang bei Zimmertemperatur gehalten, danach scharf 
zentrifugiert und die AbgQsse A (von Ochsenblut) und B (von 
Hammelblut) zu je 8 Tropfen mit Hinzufftgung der notwendigen 
Komplementmenge (2—3 Tropfen Meerschweinchenserum) weiter benutzt. 

Ento At*. Oriff. Bd. XXXVIII. Heft 1. 7 


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98 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 





Ldsungsf&higkeit der Abgusse 


Immun- 

Ochsenblut 

Hammelblut 

Abgufi A nach Bindung j 

Abgufl B nach Bindung 

kdrper- 

gelQst in 

geldst in 

an Ochsenblut 

an Hammelblut 

quanta 

2 8tunden 

2 Stunden 




zu 



zu 

Ochsenblut 

zu 

Hammelblut 

zu 

Ochsenblut 

Hammel¬ 

blut 

03 ccm 

vollstandig 

vollstandig 

_ 

_ 

vollstandige 


0,1 „ 

! 




Ldsung 


ft 

sehr starke 

Spur von 
Ldsung 

— 

— 

starkere 

Ldsung 

— 


0,08 „ 

do. 

— 

— 

Spur von 
Ldsung 

— 

0,03 „ 

Ldsung 





Spur von 
Ldsung 

keine Ldsung 

_ i 


— 

— 


Dasselbe Bild zeigt sich in gleicher Versuchsanordnung bei einem 
zweiten mit Ochsenblut behandelten Kaninchen, so dafi wohl die vor- 
stehende Tabelle zur Orientierung genflgen mag. 

In dem mit Ochsenblut vorbehandelten Kaninchen- 
blut, von dem geringere Mengen eine 5-proz. Ochsenblut- 
aufschwemmung prompt zur Ldsung brachten, mufitea 
demnach 2 Fraktionen von Immunkdrpern angenommen 
werden, von denen der eine direkt spezifisch auf den 
Rezeptor des Ochsenblutkdrperchens eingestellt war, 
der andere auch auf den Rezeptor der Hammelerythro- 
cyten. Wurde der erstere durch Abs&ttigung mit seinen spezifischen 
Blutkdrperchen dem Serum entzogen, so war er auch fflr das Hammel- 
blut verschwunden; beide Fraktionen banden sich an die zur Vorbehand- 
lung dienende Blutkdrperchenart. Wurde dagegen die Bindung des 
Serums mit den Hamm el blutkdrperchen erzielt, so war der AbguB noch 
auf Ocbsenblutkorperchen wirksam; er hatte nur die fflr Hammelblut 
passende Fraktion verloren. Es waren also nach der Injektion des 
Ochsenblutes in den Kaninchenorganismus 2 Immunkdrperfraktionen ent- 
standen, was auf verwandte Komponenten im Bau des Ochsenblut- wie 
HammelblutkSrperchens hinwies, die zur Bildung ihrer typischen 
Reaktionsprodukte gefflhrt batten. Damit ist ein weiterer Beitrag zur 
Lehre von der Pluralitfit der Ambozeptoren gegeben. Ehrlich und 
Morgenroth drflckten sich hier so aus: „Es werden daher von einem 
derartigen Immunserum alle diejenigen Elemente affiziert werden kdnnen, 
die irgend einen der Rezeptorentypen mit der ursprfinglichen Zelle a 
gemeinsam haben.“ 

Es wurden weitere Versuche unternommen, durch Injektionen von 
Hundeblut beim Kaninchen flhnliche Verhaltnisse zu finden und zn 
durchforschen. Und in der Tat ldsten die Sera derart behandelter 
Kaninchen nicht nur Hundeblutkdrperchen, sondern auch Hammelblut- 
korpercben auf. 0,05 ccm dieses Immunserums gentigte, um nach 
1 I j Stunde Einwirkungszeit prompte, vollstflndige H&molyse einer 5-proz. 
Hundeblutaufschwemmung zu veranlassen. Es mufiten also auch hier 
2 Immunkdrpertypen angenommen werden, die beim Zerfall des aus 
einzelnen, wirksamen Komponenten bestehenden Hundeblutkorperchens 
spezifische Reaktionsprodukte entstehen liefien. Die ferneren Versuche 
wurden jedoch abgebrochen, weil sich Hundeblut schlecht zu h&molytischen 
Zwecken verwerten l&Bt, indem die Hundeblutkdrperchen ofter schon 
nach kfirzester Zeit der Einwirkung des spezifischen Serums zu dicken 


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Original fro-m 

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Ludke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


99 


Klumpen am Boden des Probierrohrchena agglutiniert sind. Auch durch 
wiederholtes Schfltteln war in den einzelnen Versuchen h&ufiger keine 
deutliche, einwandsfreie Hamolyse zu erzielen. 

Eine der ersten analoge Versuchsreihe wurde endlich durch Immu- 
nisierung von Kaninchen mit Hammelblut durchgefflhrt. Ich will 
einen dieser Versuche hier ausfflhrlicher aufzeichnen: 

Einem grofien, schwarz-weiCen, weiblichen Kaninchen werden 20 ccm 
defibrinierten Hammelblntes subkutan injiziert. Vor der Injektion ldsten 
6 Tropfen dieses Kaninchenserums Hammelblutkflrperchen nicht auf. 


Zu 1 ccm Hammelblut fallende Meugen des mit Hammelblut behandelten 

Kaninchens 


Gelflet in 


03 ccm 
0,1 „ 
0,08 „ 


10 Minuten 

15 

15 


Qeldst in 

0,05 ccm I 20 Minuten 
0,02 „ | 1'/« Stunden 


Zu 1 ccm Ochsenblut fallende Menge dee mit Hammelblut behandelten 

Kaninchens 

Qeldst in Qeldst in 

45 Minuten 0,05 ccm j — 

in 2 Stdn. Spur von Ldeung 0,02 „ | — 

,, 2 ,, ,, ,, ,, 

Im allgetneinen war hier im Vergleich zu der Lbsungskraft des mit 
Ochsenblut behandelten Kaninchens auf die zur Vorbehandlung dienende 
Blutkorperchenart die Intensit&t und Schnelligkeit der Losung eine er- 
heblichere; die Ausbildung der beiden Immunkorpertypen war dagegen 
bei dem Ochsenblutkaninchen deutlicher ausgesprochen. 

Die Tabelle der Losungsf&higkeit der Abgflsse nach wechselseitiger 
Bindung an Hammelblutkbrperchen wie Ochsenerythrocyten ergab folgen- 
des Bild: 


Immun- 

kftrper- 

quanta 

Hammelblut 
geldst in 

2 Stunden 

Ochsenblut 
geldst in 

2 Stunden 

La 

Abgufi A m 
an Han 

zu 

Hammelblut 

Bungsfahigkeit 

ich Bindung 
imeiblut 

zu 

Ochsenblut 

; der Abgt 

Abgufi B i 
an 0< 

zu 

Ochsen¬ 

blut 

1886 

nach Bindung 
;hsenblut 

zu 

Hammelblut 

0,3 ccm 

0,1 „ 
0,08 „ 

0,03 „ 

Auc 

vollstandige 

Ldeung 

do. 

etarkere 
Ldeung 
Spur von 
Ldeung 

h bei diese 

fast vollst, 
Ldeung 
do. 

Spur von 
Losung 

n Untersuc 

bungen tral 

t bisweilen 

das Ph& 

vollstandige 

Losung 

do. 

starkere 

Ldeung 

□omen der 


elektiven Absorption an das spezifische Blutkbrperchen undeutlicher zu 
Tage, ohne jedoch irgendwie einen Zweifel an der direkten Spezifitat 
der beiden Immunkorpertypen zuzulassen. 

Wir kommen nun zu folgenden fflr den Spezifit&tscharakter der 
HUmolysine im Immunserum wichtigen Schltissen: Im Serum eines mit 
einer bestimmten Blutkorperchenart behandelten Kaninchens werden 
wenigstens 2 Typen von Ambozeptoren von den h&molysinproduzierenden 
Zellen sezerniert. Eine dieser Fraktionen, um mich des von Ehrlich 
gew&hlten glflcklichen Ausdruckes zu bedienen, wirkt allein auf die 
ursprfingliche zur Injektion verwandte Art von Erythrocyten, die andere 

7* 


03 ccm 
0,1 „ 
0,08 „ 


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Go^ 'gle 


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100 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


auch auf eine andere differente Blutkorperchenart Es lfifit sich hieraus 
waiter der wohlberechtigte Schlufi ziehen, dafi eventuell bei weiteren 
Untersuchungen noch lbsende Einwirkungen eines solchen Immunserums 
auf andere BlutkSrperchen als die von mir angefQhrten gefunden werden, 
dafi also eine Mehrheit von Immunkbrpertypen bei der Injektion einer 
bestiromten Erythrocytenart im Serum entsteht. Die Losungskraft eines 
solchen Immunserums ist auch in anderer Beziehung noch keine ein- 
seitig beschrfinkte; so konnte ich mich flberzeugen, dafi Serum von 
Tieren, die mit Thyreoidextrakten oder Ovarienextrakten vorbehandelt 
waren, nicht nur bestimmte cytolytische VerSnderungen an diesen Zell- 
arten hervorbrachten, sondern auch die BlutkSrperchen der Tiere, von 
denen die Organe entnommen waren, zur Aufldsung brachte. 

Analoge Verh&ltnisse wurden zuerst von v. Dungern 1 ) beschrieben, 
der eine Einwirkung von durch Injektion mit Flimmerepithel erzeugter 
Immunkorper auch auf die Blutkorperchen des betreffenden Tieres, dem 
das Flimmerepithel entnommen war, fand. 

Wir mfissen daher eine spezifische Wechselbeziehung 
zwischen den Komponenten der zur Behandlung dienen- 
den Zellart und den durch sie ausgelbsten Reaktions- 
produkten annehmen. Spezifisch sind die durch Immu- 
nisierung mit einer Zellart erhaltenen Immunkorper in 
Bezug auf die in derselben enthaltenen Komponenten. 

(Forteetzung folgt) 


JSachdruck verboten. 

Experimentelle Beitrage zur Theorie uud Praxis der 
Gruber-Widalschen Agglutmationsprobe. 

[Aus dem kgl. hygienischen Universitfitsinstitfit zu KQnigsberg i. Pr. 

(Direktor: Prof. Dr. R. Pfeiffer.)] 

Von Dr. Robert Scheller, Assistent am Institute 

In alleijfingster Zeit war ich in der Lage, in eingehenden Versuchen 
das Wesen der Agglutinine n&her zu studieren, und konnte, wie ich in 
zwei kQrzlich erschienenen Arbeiten n&her auseinandergesetzt habe, es 
erweisen, dafi die Agglutinine KOrper aufierordentlich komplexer Natur 
sind, Substanzen, die aus zahlreichen miteinander eng zusammenh&ngenden 
und miteinander nahe verwandten Komponenten bestehen. Diese Kom¬ 
ponenten haben funktionelle Beziehungen zu den einzeluen Agglutinogen- 
bestandteilen des Bakterienleibes und variieren in verschiedenen Seris 
in ihren MengenverhSltnissen, je nach der zur Immunisation verwandten 
Agglutinogensubstanz. — Es sind dies Resultate, welche teils die 
schbnen Versuche von Joos best&tigen, teils aber mit den Schlufi- 
folgerungen der Joosschen Arbeit sich in Widerspruch setzen; denn 
Joos hatte dort in, wie ich glaube, allzu schematischer Weise das 
Typhusimmunagglutinin als aus einem thermolabilen und einem thermo- 
stabilen KOrper zusammengesetzt angenommen. — Kraus und Joachim 


1) v. Dungern, Beitrage zur Immunitatelehre. (Geeammelte Arb. z. Immunitats 
forschung von r. Ehrlich. Berlin 1904.) 


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Scheller, BeitrSge zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. ^01 

halten in ihrer j Angst verOffentlichten interessanten Arbeit im wesent- 
lichen an dieser J o o s schen Annahme fest. wenn sie anch — unabh&ngig 
von meinen Versuchen — doch zu der Ansicht kommen, dafi die Ver- 
h&ltnisse bei den agglutinierenden Seris komplizierter liegen, als es sich 
Jo os vorgestellt hat — Ich glaube jedoch annehmen zu dflrfen, dafi 
nichts in den Versuchen von Joos sowohl als auch Kraus und 
Joachim gegen meine Annahme von einer ziemlich weitgehenden 
Komplexit&t der Agglutinine spricht — eine Annahme, zu der ich auf 
Grund meiner Agglutinations- und Bindungsversuche kommen muBte. 

Wie dem auch sei, nicht nur meine Versucbe, sondern auch jene 
von Kraus und Joachim ergeben es klipp und klar, wie kompliziert 
die Wirkungsweise der agglutinierenden Sera vor sich geht, und wie 
ungerechtfertigt es ist, den Vorgang und das Wesen der Agglutination, 
sowie die Bindungsvorgflnge, wie es z. B. jflngst Arrhenius tat, einzig 
und allein nach physikalisch-chemischen Prinzipien schablonenhaft mittelst 
einer mathematischen Formel erklflren zu wollen. 

Wenn der Tierversuch solche Resultate ergibt, daB auch bei gleich- 
artig vorgenommener Immunisation der gleichen Tierspecies verschiedene 
Individuen oft Sera verschiedener Struktur zeigen, so muB dies not- 
gedrungen auf dem Wege von Analogieschlflssen zu der Ansicht fflhren, 
daB auch bei der Infektion des Menschen sich wohl Immunsera linden 
lassen werden, welche, obzwar alle vom gleichen Krankheitserreger her- 
rflhrend und fflr diesen spezifisch wirksam, dennoch in ihrer Agglutinin- 
struktur und in ihrer Wirkungsweise verschiedenen Charakter zeigen. 
Das Studium der Wirkungsweise der Sera von Typhuskranken ist schon 
deshalb von Wichtigkeit, weil hierdurch mdglicherweise einerseits Fehl- 
diagnosen haufiger sich werden vermeiden lassen, andererseits es sich 
vielleicht herausstellen wird, dafi das Versagen der Serumreaktion bei 
sicheren Typhusffillen oft nur ein scheinbares ist und tats&chlich bei Ein- 
haltung gewisser VorsichtsmaBregeln und bei einer besseren Kenntnis 
der Serumeigentflmlichkeiten sich vermeiden l&fit. 

Aus diesen Grflnden hielt ich es fflr angezeigt, die Struktur und 
die Wirkungseigentflmlichkeiten menschlicher Typhusimmunsera einem 
genauen Studium zu unterziehen; fiber die einschl&gigen Untersuchungen, 
die im Gauge sind, werde ich bei einer spfiteren Gelegenheit im ein- 
zelnen berichten. 

Im folgenden seien nun Beobachtungen mitgeteilt, die ich gelegent- 
lich der Anstellung der Gruber-Widal schen Reaktion mit sehr zahl- 
reichen Serumproben gemacht habe, welch letztere dem hiesigen hygie- 
nischen Institut zum Zwecke der Typhusdiagnose eingesandt worden 
waren. 

Es war auffallend, wie verschiedenartig die Wirkungsweise ver¬ 
schiedener Sera war — ich sehe hier natflrlich von dem quantitativen 
Ausfalle der Reaktion ab, der, wie jedem bekannt, bedeutend variiert — 
und wie verschieden sich namentlich die Reaktionen in ihrem zeitlichen 
Verlaufe verhielten. Trotz der groBen Verschiedenheit der einzelnen 
Sera lassen sich hier nicht Typen aufstellen; was hier mitgeteilt werden 
soil, seien bloB Beispiele fflr den verschiedenartigen Ausfall der einzelnen 
Gruber-Widalschen Reaktionen. 

Voraussetzung ist fflr die Anstellung der Gruber-Widal schen 
Reaktion, daB ein gut erprobter Typhusstamm verwandt wird, der mit 
Typhusseris jedweder Provenienz gut agglutinabel sich erweist Deshalb 
mflchte ich bemerken, daB der Stamm, der zur Anstellung unserer Typhus- 


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102 Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

reaktionen verwandt wurde, sich stets in sehr hohem Grade agglntinabel 
erwies bei Anwendung von experimentell gewonnenen Typhusimmunseris 
jedweder Provenienz sowie bei alien klinisch sicheren, in ihrem Verlaufe 
verfolgten Typhusf&llen. 

Zur Kontrolle wurden andere Typhusstfimme benutzt, die, wenn 
unser Teststamm inagglutinabel sich erwies, auch niemals agglutiniert 
wurden. 

Dies vorauszuschicken ist deshalb wichtig, weil es bereits seit langem 
bekannt ist, dafi verschiedene Typhusst&mme eine verschiedene Ag- 
glutinabilit&t zeigen und man deshalb gut daran tut, mit einem erprobten 
Teststarame zu arbeiten. 

Ferner mull man bei der Gruber-Widalschen Reaktion stets 
darauf achten, dafi die Methodik der Probe immer dieselbe ist, dafi 
weiterhin stets gleichaltrige, unter denselben Bedingungen gezflchtete 
Kulturen des betreffenden Stammes verwandt werden. Wie sehr Aende- 
rungen in der Zllchtungsweise des Stammes zu Aenderungen in dem 
Ausfall der Reaktion ffihren, hat namentlich Kir stein eingehend studiert; 
ferner habe ich im Anschlusse an Beobachtungen, die ich gelegentlich 
meiner Agglutinationsversuche wiederholt gemacht habe, in Gemeinschaft 
mit Dr. Liedtke spezielle Studien fiber den Einflufi der Methodik auf 
den Ausfall der Gruber -Widalschen Reaktion gemacht, deren Mit- 
teilung demn&chst erfolgen dfirfte. 

Hier sei nur mitgeteilt, dafi die in unserem Institut angewandte 
Methodik wohl die grfifiten Garantien fflr eine Genauigkeit der Werte 
bietet Angewandt werden stets 18-stfindige Agarkulturen. Die An¬ 
wendung der Agarkulturen schliefit die Versuchsfehler aus, die ein 
Arbeiten mit Bouillonkulturen, deren Reaktion, Salzgehalt und Wachs- 
tumsdichte schwankt, stets aufzuweisen hat, selbstverst&ndlich voraus- 
gesetzt, dafi der Agar stets derselbe ist und dafi, wie bereits oben 
erwahnt, das Alter der Kultur stets gleich gew&hlt wird. In je 1 ccm 
der genau titrierten Serumverdfinnung (verdfinnt wird mit 0,8-proz. 
KochsalzlOsung) wird 1 Normalose dieser Typhusagarkultur aufgeschwemmt. 
Die Proben werden 2 Stunden im 37°-Brutschrank belassen, eventuell 
noch iSngere Zeit bei Zimmertemperatur. Die Reaktion wird stets 
makroskopisch — Oder fflr weitsichtige Augen mit Lupe — betrachtet. 
Urn die Agglutination in den oberen Grenzwerten sichtbar zu machen, 
wird das Probierrbhrchen fast horizontal fiber dem Beschauer bei scbrfig 
von vorn-oben einfallender Lichtquelle gehalten; es werden bei geflbtem 
Auge — bei nicht kurzsichtigem unter Anwendung der Lupe -- stets selbst 
Spuren von Agglutination mit Sicherheit diagnostiziert werden konnen. 

Als sicher positiv kfinnen wir die Probe betrachten, wenn sie zu- 
mindestens in einer Verdfinnung von 1 :40 vollstfindig, in der Ver- 
dfinnung 1 : 80 noch deutlich agglutiniert wird. 

Unter solchen Kautelen und bei genauer Beobachtung durch ISngere 
Zeit hindurch sind die Reaktionen angestellt worden, von welchen in 
folgendem die Rede sein soil. 


In einer grofien Reihe von Reaktionen mit Seris verschiedener 
Typhuskranken kann man eine gewisse GesetzmSfiigkeit im zeitlichen 
Verlauf der Reaktionen beobachten: Kurze Zeit (V 4 Std. bei Zimmer¬ 
temperatur) nach Anstellung der Reaktion sind mehr oder minder starke 
Konzentrationen agglutiniert, erst nach Ablauf von 2 Stunden Brut- 


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Scheller, Beitrfige zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. J03 

schrankaufenthalt ist der Hdhepunkt der Reaktion zuraeist g&nzlich oder 
beinahe erreicht. War die Reaktion anfangs negativ Oder nur sehr 
niederwertig, so ist die SchluBreaktion ebenfalls verhkltnism&Big nicht 
sehr hoch; war die Reaktion dagegen bereits kurz nach Beginn hoch- 
wertig, so ist sie am Schlusse zu Werten angestiegen, die mit den 
Anfangswerten in einem ahnlichen Verh&ltnisse stehen, wie die vorzitierte 
niedrige SchluBreaktion zu ihrer Anfangsreaktion (s. Tab. I und Tab. II; 
samtliche Tabellen der Arbeit zeigen beispielsweise Ausf&lle von Gruber- 
Widalscben Reaktionen mit uns eingesandten Seris von si chore n 
Typhuskranken). 

TabeUe I. 



sogleich 

v 4 8td. Zimmer- 
temperatur 

2 Std. Brut- 
Bchranktemp. 

weiter 1 Std. 
Zimmertemp. 

20 Std. Zimmer- 
temperatur 

1:10 

0 

unvollstandig 

vollstandig 

vollstandig 

vollstandig 

1:20 

0 

0 


it 

i» 

1:40 

0 

0 


Tl 

i* 

1:80 

0 

0 

unvollstandig 

unvollstandig 

unvollstandig 

1:160 

0 

0 

0 

Spuren 

Spuren 

1:320 

0 

0 

0 

0 

0 

1:640 

0 

0 

0 

0 

0 

1:1280 

0 

0 

0 

o 

0 


Tabelle II. 



aogleich 

V 4 Std. Zimmer- 

2 Std. Brut- 

weiter 1 Std. 

20 Std. Zimmer- 


temperatur 

schranktemp. 

Zimmertemp. 

temperatur 

1:10 

1:20 

unvollst. 

0 

vollstandig 

unvollstandig 

vollstandig 

l y 

vollstandig 

yy 

vollstandig 

ti 

1:40 

0 

Spuren 

II 

» 

i ii 

1:80 ' 

0 

0 

It 

99 

ti 

1:160 

0 

i o 

unvollstandig 

II 

>i 

1:320 

0 

0 

Spuren 

unvollstandig 

unvollstandig 

1:640 

0 

0 

0 

Spuren 

ti 

1:1280 

0 

1 0 

0 

0 

j 0 


Ein derartiger Verlauf der Reaktion ist, wie gesagt, ziemlich h&ufig; 
ja es kann wohl unter Urastfinden passieren, daB Untersuchern, die nicht 
gerade eine aufierordentlich groBe Zahl von Typhusuntersuchungen an- 
znstellen hatten, mOglicherweise immer oder grdBtenteils ein derartiger 
Verlauf der Gruber-Widalschen Reaktion zur Beobachtung gekommen 
sein mag, so dafi wohl hieraus der SchluB gezogen werden kdnnte, der 
Verlauf masse stets ein derartiger sein. Ebenso kdnnte man vielleicht 
infolgedessen sich veranlaBt sehen, eine Gruber-Widalsche Reaktion 
bereits nach ihrer anf&nglichen Intensity zu beurteilen, und einen 
Gruber-Widal.der anfangs oder ‘/ 4 Stunde nach Beginn (bei Zimmer- 
temperatur gehalten) sich negativ, auch in den starken Konzentrationen 
zeigt, schon im Vorhinein als hdchstens schwach positiv, und umgekehrt 
eine Reaktion, die bereits im Anfange des Verlaufes in den Werten 
1 :20 oder gar 1 :40 Agglutination zeigt, als sehr stark positiv zu 
betrachten. Doch so einfach und regelm&Big gesetzra&Big liegt die Sache 
nicht; der Verlauf der diagnostischen Agglutinationsproben bringt oft 
unvorhergesehene Ueberraschungen. ProbeD, die anfangs schwach positiv 
oder ganz negativ sich erweisen, steigen oft in ihrem Verlaufe bis zu 
hohen Agglutinationswerten, w&hrend umgekehrt Proben, die bereits 


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104 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1. 


anfangs verh&ltnism&Big hohe Werte zeigten, in ibrem Verlaufe keine 
oder our eine sehr gerioge Steigerung erf&hren (s. Tab. Ill and IV). 


Tabelle III. 

(Ein Typhuskrankenserum, das anfangiich sehr niedrig, schliefilich im Verlaufe 

sehr hoch reagierte.) 


1 

gleich 

1/ 4 Std. Zimmer¬ 
temperatur 

2 Std. Brut- 
schranktemp. 

weiter 1 Std. 
Zimmertemp. 

20 Std. Zimmer¬ 
temperatur 

1 :10 

0 

Spuren 

vollstandig 

vollstfindig 

vollBtftndig 

1:20 

0 

0 


ff 


1:40 

0 

0 



>» 

1:80 . 

0 

0 

n 

” i 


1:160 1 

0 

0 

jj 


n 

1:320 

0 

0 

tf 


tt 

1:640 

0 

0 

Spuren 

unvollstandig 

tt 

0 

1:1280 

0 

0 

0 

0 


Tabelle IV. 

(Typhuskrankenserum, dessen Anfangsreaktion ('/« Std.) sehr hochwertig war, dessen 
Endreaktion aber nur um ein geringes geetiegen war.) 



gleich 

v 4 Std. Zimmer-) 2 Std. Brut- j 
temperatur schranktemp. j 

weiter 20 Std. 
Zimmertemp. 

1:10 

deutlich 

vollstandig vollstandig 

vollstandig 

1:20 


! 

11 

n 

1:40 

0 

»i 

11 

>i 

1:80 

0 

fast vollstandig fast vollstfindig 

fast vollstandig 

1:160 

0 

Spuren „ „ 

ii i« 

1:320 

0 

0 

0 

0 

1:640 

0 

0 

0 ! 

0 

1:1280 

0 

0 

o ! 

0 


Urn dem Einwande zu begegnen, es kdnnten hier uogekanote Ab- 
&d derun gen in der Methodik der Proben fflr den verschiedenen Verlauf 
derselben die Ursacbe sein, so will ich bemerken, dad ich wiederholt in 
der Lage war — erst in der jQngsten Zeit etliche Male — einen der- 
artig verschiedenen Ablauf der Reaktion bei Proben zu studieren, die 
gleichzeitig im Institut behufs Diagnosestellung einliefen. Die 
gleichzeitige Anstellung derartiger Proben unter Anwendung der 
gleichen Methodik (gleiche Mengen derselben Typhusagarkultur, genau 
gleiche Temperaturen, gleiche Zeiten) sichert den Resultaten derartiger 
Proben die Bedeutung eines exakten Experimentes. Urn den Verlauf 
zweier gleichzeitig unter denselben Bedingungen angestellter Reaktionen 
mitzuteilen, habe ich in Tabelle V die beiden Reaktionen in ihrem Ver¬ 
laufe einander gegenflbergestellt. 

Tabelle V. 

j Agglutinationswert von 
Serum A j Ser um B 

nach a /a Std. Zimmertemperatur 1:10 1:320 

„ 2 „ Brutschranktemperatur 1:320 j 1:320 

„ 20 „ Zimmertemperatur 1:640 | 1:320 

Wie wir sehen, hat das erste Serum ans Tabelle V nach 1 / 4 Stunde 
bei Zimmertemperatur nur in der Konzentration 1:10 positiv reagiert. 


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S c h e 11 e r, Beitrttge znr Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. 105 

w&hrend das zweite Serum zu dieser Zeit bereits Agglutination bis zu 
der Verdannuug 1 :320 zeigte. Nur zu leicht h&tte man voreilig hier 
zu dem Schlusse kommen kdnuen, daB Serum B einen 32mal so hoheu 
Reaktionswert als Serum A besitze, daB, mit anderen Worten, das 
Resultat am Ende der Reaktion so sein werde, dafi Serum A als ver- 
h&ltnismSBig niederwertig, Serum B als bedeutend bochwertiger agglu- 
tiniereud sich erweisen werde. Der Verlauf zeigte einen Gberraschenden 
Gegensatz zu dieser eventuellen Voraussetzung: Serum B hatte nach 
nach */« Stunde bereits seinen hdchsten Wert 1:320 erreicht, den es auch 
20 Stunden nicht mehr (iberstieg; Serum A hingegen, dessen Reaktions¬ 
wert nach l / t Stunde nur Vs* des Reaktionswertes B erreichte, reagierte 
nach 2 Stunden Brutschranktemperatur ebenso hoch wie Serum B, nach 
weiteren 20 Stunden Zimmertemperatur doppelt so hoch wie Serum B. 
Also einanfangs bedeutend niedrigerreagierendes Serum 
kann hohere Endwerte erreichen als ein unter gleichen 
Bedingungenanfangsverh&ltnism&Bighochreagierendes 
Serum. 

DaB ein Serum nach 2 Stunden Brutschrankaufenthalt keine Agglu¬ 
tination zeigt, und dennoch bei weiterem Aufenthalte bei Zimmer¬ 
temperatur sich als verhfiltnism&Big hoch reagierend erweisen kann, 
gehdrt zwar sicherlich zu den allergrOBten Seltenheiten; aber gerade 
deswegen verdient vielleicht eine derartige langsame Reaktion Erwfibnung, 
die ich bei einer Typhusserumprobe verfolgen konnte und in Tabelle VI 
wiedergebe. 

TabeUe VI. 



sogleich 

V 4 std. 

Zimmer¬ 

temperatur 

2 Std. Brut¬ 
schrank¬ 
temperatur 

weiter 

5 Std. 
Zimraer- 
temp. 

10 Std. Zimmer¬ 
temperatur 

20 Std. 
Zimmer¬ 
temperatur 

I : 10 

0 

0 

0 od. Bpuren 

1 deutlich 

voilst&ndig 

vollstandig 

1:20 

0 

0 

0 

Spuren 

fast vollstandig 

tt 

1:40 

0 

0 

0 

0 

tt tt 

tt 

1:80 

0 

0 

0 

0 

deutlich 

tt 

1:160 

0 

0 

0 

0 

Spuren 

un vollstandig 

1:320 

0 

0 

0 

0 

0 

Spuren 

1:640 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1:1280 

0 

0 

0 

0 

0 I 

0 


AnmerkuQg. DaB Resultat nach 2 Stunden liefi es nach unsern sonstigen Er- 
fahrungen fur beinahe sicher erscheinen, dafi hier eine negative Gruber-Wiaalsche 
Probe vorliege, und da hier wegen sehr dringlicher Verhaltnisse schnellste telegraphische 
Antwort erwiinscht war, so telegraphierten wir in diesem Sinne, mufiten aber bereits 
am Abend die positive Typhusdiagnose telegraphisch feststelien. 

Davon, daB hier sichere spezifische Typhusserumreaktion vorlag, daB 
also die schlieBliche Diagnose „ Widal stark positiv 44 keine Fehldiagnose 
war, konnte ich mich dadurch uberzeugen, daB eine nach mehreren Tagen 
— auf mein Ersuchen — eingesandte nochmalige Blutprobe von dem- 
selben Patienten eine raschere und bedeutend hOhere Reaktion zeigte. 

Einen g&nzlich abweichenden Verlauf, wie ich ihn weder je bei 
meinen Experimenten mit tierischen Immunseris, noch jemals bei 
diagnostischen Serumreaktionen gesehen habe, konnte ich ein einziges 
Mai bei einer diagnostischen Serumreaktion beobachten. Innerhalb der 
ersten Viertelstunde bei Zimmertemperatur war die Reaktion ziemlich 
deutlich bis 1: 40 positiv geworden, so daB bereits zu dieser Zeit die 
Diagnose tt Widal positiv 44 so gut wie gesichert schien. Da zeigte es 


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106 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

sich wunderbarerweise, dafi mit dem Beginne des Brutschrankaufent- 
haltes die Intensitfit der Reaktionen in den einzelnen frflher deutlich 
agglutinierenden Konzentrationen sich verminderte, dafi zunfichst diese 
Konzentrationen nur spurenweise Agglutination zeigten. Wenn auch 
innerhalb des weiteren Aufentbaltes im Brutschrank Agglutination auch 
in hflheren Verdflnnungen auftrat, so blieb sie in alien diesen Rflhrchen, 
sowie in den bereits frflher erwfihnten nur spurenweise sichtbar, solange 
die Proben sich im Brutschrank befanden. Nach Entnahme der Proben 
aus dem Brutschranke wurde die Intensitfit der Reaktionen in alien 
positiven Verdflnnungsrflhrchen schnell wieder bedeutend stfirker; 
Tabelle VII zeigt den anomalen Verlauf dieser Reaktion, die, wie ich 
betonen mochte, mit dem Serum eines sicheren Typhuskranken aus- 
gefflhrt wurde. 

Tabelle VII. 



80- 

gleich 

V 4 std. 

Zimmer¬ 

temperatur 

1 Std. 
Brutschr.- 
temp. 

2 Std. 
Brutschr.- 
temp. 

1 Std. 
Zimmer¬ 
temperatur 

2 Std. 
Zimmer¬ 
temperatur 

20 Std. 
Zimmer- . 
temperatur 

1:10 

Spuren 

vollstandig 

Spuren 

Spuren 

volktandig 

vollstandig 

vollstfindig 

1:20 

0 

fast vollst. 

ii 


ii 

ii 

11 

1:40 

0 

unvollst. 

>» 

1 

>> 

fast vollst. 

it 

11 

1:80 

0 

0 

0 ; 

a 

unvollstandig 

ii 

11 

1:160 

0 i 

0 

0 

ii 

Spuren 

unvollstandigun vollstandig 

1:320 

0 1 

0 

0 

0 

0 

Spuren 

Spuren 

1:640 

o I 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1:1280 

o 1 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


Wenn auch die theoretische sowie die praktische Nutzanwendung 
all dieser Reihen spfiter ausfflhrlich behandelt werden soli, sei bier 
dennoch eine kurze Besprechung des Verlaufes der letzterwfihnten 
Reaktion eingeflochten. Die meisten einfachen biologischen Reaktionen 
verlaufen stets stfirker bei Brutschranktemperatur, und auch jede Agglu¬ 
tination geht schneller und intensiver vor sich, wenn man die Temperatur 
von 37° wfihlt Hier nun findet sich die scheinbare Gesetzwidrigkeit, dafi 
die Reaktion, die bereits bei Zimmertemperatur verhfiltnismfifiig intensiv 
aufgetreten war, bei Einwirkung von Brutschranktemperatur an Deutlich- 
keit verliert Wir mflssen annehmen, dafi gerade hier die Brutschrank¬ 
temperatur einer die Agglutination hemmenden Reaktion zur Entstehung 
geholfen hat; welcher Natur diese Hemmung war, konnte ich leider nicht 
feststellen, da nur eine ganz minimale Menge von Serum zur Diagnose 
eingesandt worden war, und die Untersuchung des spfiter eingesandten 
Serums von demselben Falle eine intensivere Reaktion ohne irgendwelche 
Hemmung zeitigte. Es kann hier zunfichst in Frage kommen eine durch 
die Brutschranktemperatur angefachte, der Agglutination entgegen- 
wirkende Bewegungsenergie der Typhusbacillen; da die Typhusbacillen 
aber dieselben waren, die wir stets angewendet hatten, und an denen 
ich niemals ein derartiges Phfinomen wahrgenomraen habe, so liefie sich 
hier ein eventueller derartig wirksamer Einflufi auf die Typhusbacillen 
nur damit erklfiren, daB hier keine intensive Bindung zwischen Bakterien- 
rezeptoren und Serumagglutinin stattgehabt hat, so daB eben die die 
Bewegung anfachende Brutschranktemperatur hierdurch die agglutinierten 
Massen lockern konnte. Nun kflnnle man einwenden, daB, wenn die 
Bindungsffibigkeit der Rezeptoren unserer Typhusbacillen mit jenem 
Serum eine so geringe gewesen ist, es unverstfindlich wfire, dafi die 
anffinglichen und schliefilichen Agglutinationswerte so hohe gewesen 


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Scheller, BeitrSge zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. 107 

sind; darauf mdchte ich bemerken, daB ich auf Grund frflher mitgeteilter 
Versuche der Meinung bin, daB die BindungsintensitSt mit der Agglu- 
tinationshohe in keiner Proportion steht — Liegt die Ursache nicht in 
den Bakterien, resp. in ihrem Rezeptorenapparate, so kdnnten hier in 
zweiter Linie hemmende Substanzen im Seram in Frage kommen, die 
durch die Brutschranktemperatur erst in Wirkung traten; ob bier be- 
sondere Agglutinoide im Serum vorgebildet waren, die erst bei Brut¬ 
schranktemperatur zur Bindung gelangten und die Bindung der Agglu- 
tinine aufhoben, oder ob andere hemmende Substanzen hier im Spiele 
gewesen sein kdnnen, mdchte ich nicht zu entscheiden wagen. Doch 
mdchte ich roich deshalb, weil diese Hemmung gleich nach dem Brut- 
schrankaufenthalte allm&hlich aufhdrte, dagegen aussprechen, daB hem¬ 
mende Substanzen, die an die Bakterien verankert worden waren, mit 
im Spiele waren und mdchte der ersten Auffassung das Wort reden, 
in welcher ich annehme, daB hier eine geringe Bindungsintensitfit der 
Bakterienrezeptoren mit den Agglutininen und eine durch die-Brut¬ 
schranktemperatur gesteigerte Bewegungsenergie der Bakterien die 
Ursache far die tempordre Hemmung abgegeben haben. Jedenfalls hatte 
eine solche Widalsche Probe in ihrem Verhalten, nur sofort nach Ent- 
nahme aus dem Brutschranke beobachtet, zu einer falschen Diagnose 
fQhren kdnnen. 

Nun mdchte ich als Beispiel dafOr, dafi ich auch dfters beim mensch- 
licbem Typhusimmunserum Hemmungszonen beobachten konnte, wie sie 
seit langem bei den Immunseris beobachtet worden waren, den Ausfall 
einer Agglutination mit einem derartigen Serum in Tabelle VIII mitteilen. 


Tabelle VIII. 



' 

sogleich 

V 4 Std. Zimmer- 
temperatur 

2 Std. Brut- 
schranktemp. 

20 Std. Zimmer- 
I temperatur 

1:10 

0 

0 

Spuren 

deutlich 

1:20 

0 

0 

»> 

*> 

1:40 

0 

0 

. 1 


1:80 

0 

Spuren 

unvollfltandig 

unvollatandig 

1:160 

0 

0 

vollstfindig 

volletandig 

1:320 

0 

0 

?> 

i) 

1:640 

0 

0 

ti 

i? 

1:1280 

0 

0 

unvollatandig 

unvollatandig 

1:2560 

0 

0 

0 I 

0 


Eine Besprechung dieser Tabelle von theoretiscben und praktischen 
Gesichtspunkten aus erfolgt im Zusammenhang mit den andern Ergeb- 
nissen dieser Arbeit weiter unten. 

Tabelle IX. 



v 4 Std. Zimmer- 
temperatur 

2 Std. Brut- 
schranktemp. 

20 Std. Zimmer- 
temperatnr 

1:10 

Spuren 

fast vollst&ndig 

fast vollstandig 

1:20 

0 

»> >» 

tt 71 

1:40 

0 

»> » ■ 

\ tt tt 

1:80 . 

0 

tf ft 

tt tt 

1:160 

0 

ft n 

It ** 

1:320 

0 

unvollstSndig 

un vollstandig 

1:640 

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Bpiirenweise 

spuren weise 

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108 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1. 

Tabelle IX zeigt den ebenfalls erst sp&ter n&her zu besprechenden 
atypischen Ausfall eines Widals, der hochwertig, aber in alien Ver- 
dfinnungen unvollst&ndig agglutinierte. 


Es sei nun gestattet, die oben angefflhrten Versuchsreihen einer 
n&heren Erorterung zu unterziehen. Wenn aucb eine ganz eingehende 
Untersuchung der Struktur und der Wirkungsweise menscblicber Typhus- 
immunsera erst im Gange ist, so dttrfte sich dennoch an der Hand der 
oben angefQbrten Versucbe — die nur als Beispiele fflr den mannigfaltig 
wechselnden Verlauf der Agglutinationsreaktion gelten sollen — mancher 
fQr Theorie und Praxis wichtige Gesicbtspunkt ergeben. 

Vor allem fallt uns, wie ich bereits oben betont habe, auf, wie ver- 
schieden der zeitliche Verlauf der einzelnen Reaktioneu sich offenbart. 
Bald haben wir ein Serum in der Hand, welches in allm&blichem An- 
steigen seinen Hdbepunkt im Verlauf von 2 Stunden Brutschranktempe- 
ratur erreicht, bald kommt ein Serum zur Diagnosestellung, das gleich 
mit Beginn der Reaktion einen hoben Oder gar seinen hbchsten Agglu- 
tinationswert in rapider Schnelligkeit erlangt bat, w&hrend andere Sera 
so tr&ge reagieren, daB sie erst im Verlaufe von sehr langer Zeit all- 
m&hlich zu positiven Agglutinationswerten gelangen. Bemerkt habe ich 
bereits oben, dad alle diese Untersuchungen mit einem und demselben 
erprobten Stamme unter Anwendung der gleichen erprobten Metbodik 
ausgeffihrt wurden. 

A priori rniiBte man nun annehmen, dad zwei Sera, die fflr eine 
und dieselbe Bakterienkultur ein und denselben Agglutinationswert haben, 
auch in ihrer Reaktionszeit gegenilber ein und derselben Bakterienauf- 
schwemmung sich gleich verhalten. Eine solche Annahme erwiese sich 
aber nur dann als sticbhaltig, wenn wir es bei der Agglutination mit 
einfacben und unkomplizierten Substanzen zu tun h&tten. So aber 
mttssen wir nach meinen Untersuchungen, denen die Versuche von 
Kraus und Joachim nicht widersprecben, die Agglutinine als fiuderst 
komplexe Substanzen auffassen; die einzelnen Komponenten variieren in 
ihrer Menge in verschiedenen Seris sowohl infolge einer verschiedenen 
Immunisation, als auch infolge der verschiedenen Reaktionsweise ver- 
schiedener Individuen (auch derselben Tierspecies) bei gleichartiger 
Immunisation. Das Gemeinsame aller dieser Komponenten, die zu ein- 
ander wohl im Verh&ltnisse von Modifikationen stehen, ist eine spezifische 
bindende Gruppe, die mit alien spezifischen Agglutinogenen des Bacillen- 
leibes eine Bindung eingehen kann; der sichtbare Effekt der Agglutinin- 
Agglutinogenreaktion — die Agglutination — h&ngt nur insofern von 
der Reaktion der bindenden Gruppen ab, als ohne Bindung keine Agglu¬ 
tination erfolgen kann; die Annahme aber, dafi Bindungsintensit&t und 
Agglutinationshohe parallel miteinander einbergehen mflssen, laCt sich 
nach dem Ausfalle meiner Bindungsversuche mit experimentell ge- 
wonnenen Typhusimmunseris nicht mehr aufrecht erhalten. Auch die 
Schnelligkeit der Agglutinationsreaktion dQrfte in keinem gesetzm&fiigen 
Parallelismus mit der BindungsaviditSt verlaufen, da ich ja bei Ver- 
suchen mit Tierseris nicht iminer eine tr&ger und weniger intensiv ver- 
laufende Agglutination mit geringerer Bindungsaviditat in Zusammenhang 
bringen konnte. Die Bindung ist nur die Grundbedingung furs Zu- 
standekommen der Agglutination flberhaupt; die Intensit&t, die Hdhe 
und der zeitliche Verlauf der Agglutination h&ngt meines Erachtens nur 


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Scheller, Beitrfige zur Kenntnis der Gruber* Widal schen Agglutinationsprobe. 109 

von der Beschaffenheit und den Mengenverhaltnissen der verschiedenen 
funktionellen Komponenten im Serum einerseits und von den Agglu- 
tinogenen des Bakterienleibes andererseits ab. Ein und dieselben Agglu- 
tinogene finden in verschiedenen Seris nicht immer gleich gut fur sie 
wirksame funktionelle Agglutiningrup))en vor. Daher diirfte es sich auch 
erkltiren, daB unser Typhusbacillenstamm, mit Seris verschiedener Typhus- 
kranker, die, sofern sie aus verschiedenen Gegenden waren, sicherlich 
verschiedenen Typhusstammen ihre Krankheit verdankten, zeitlich ver- 
schiedene Reaktionen gab. DaB es aber infolge der Verschiedenheit der 
Agglutinine und Agglutinogene soweit kommen kann, daB ein erprobter 
alter gut agglutinabler Typhusstamm bei der spezifischen Agglutination mit 
Seris, die andere Typhusstamme spezifisch agglutinieren, versagen kann, 
das mochte ich dennoch bezweifeln; soweit geht die Verschiedenheit 
der Sera doch nicht. Ich wenigstens konnte mich tiberzeugen, daB in 
Fallen, wo unser Laboratoriumsstamm die Agglutination verweigerte, 
auch andere Stamme keine spezifische Agglutination zeigten. Anders 
ist es freilich mit frisch aus dem Tierkorper oder dem Menschen ge- 
ziichteten Stammen; die diirfen wir fur die Typhusdiagnose nicht ver- 
werteu; denn erstens konnen sie tiberhaupt inagglutinabel sein oder 
aber fur gewisse Sera agglutinabel, fiir andere nicht. 

Es sind das Verhaitnisse, wie sie zuletzt Friedberger an einem 
frisch geztichteten Stamme studiert hat. Ob die absolute oder relative 
Inagglutinabilitat dieser frischen sehr virulenten Typhusstamme auf einer 
besonderen Rezeptoreubeschaffenheit beruht oder ob die Agglutinogen* 
substanz durch die Tierpassage und den EintiuB der Tieragglutinine 
innerhalb des Organism us sich geandert hat und gewissermaBen gegen 
die Agglutinine immunisiert worden ist oder ob auch eine vermehrte 
Lebensenergie der Bacillen hier mitwirkt, das sind Fragen, die zur Zeit 
trotz einschlagiger Untersuchungen zahlreicher Autoren (Ph. M tiller, 
Hamburger, Walker, Cohn etc.) noch nicht mit Sicherheit sich 
beantworten lassen. Jedenfalls ist eines durch die Erlahrung nach- 
gewiesen, daB alle diese betreffenden Stamme nach Umztichtung auf 
ktinstlicheu Nahrboden in mehr oder minder langer Zeit — manchmal 
freilich erst im Verlaufe von vielen Jahren — ihre absolute oder relative 
Inagglutinabilitat verlieren und verlaBliche spezifische Reagentien ftir 
die Diagnose der betreffenden Sera werden. So haben verschiedene 
frtiher nicht gut agglutinable Stamme, die aus Frankfurt, GieBen, Wien 
etc. stammten, nachdem sie im Laufe der Jahre durch Umztichtung gut 
agglutinabel geworden sind, sich bei spezifischen Seris stets agglutinabel 
gezeigt. 

Wenn Falta und Noeggerath, deren Mitteilung auf der Natur- 
forscherversammlung 1904 mir im Referate der Mtinchener medizinischen 
Wochenschrift vorliegt, ein Versagen der Agglutination bei gewissen 
Typhusstammen, bei gleichzeitiger Agglutination anderer Typhusstamme 
beobachtet haben, so dflrfte es sich um frischere Typhusstamme von 
nicht absolut guter Agglutinabilitat gehandelt haben oder es dtirfte bei 
den betreffenden Fallen ftberhaupt keine spezifische Agglutination, sondern 
nur eine Partialagglutination von Typhusbacillen vorgelegen haben. Diese 
Verhaitnisse werde ich spaterhin noch streifen mtissen. 

Ich mochte — zusammenfassend — sagen, daB der zeitlich so 
verschiedene Ablauf der Agglutination, wie er in den 
Versuchen dieserArbeit sich zeigt, wo 111 imwesentlichen 
von den Beziehungen der funktionellen Gruppen der 


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HO Centralbl. f. fiakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.- 

verschiedenen Sera zo unseren Typbusagglutinogenen 
abh&ngig war; dafi die Schnelligkeit der Bindung wohl 
auch bis zu einem gewissen Grade die Schnelligkeit der 
Reaktion beeinflussen mag, 1 ft & t sich nicht lengnen, 
docb ist es nicht richtig, die Bindungsavidit&t allein 
veran twortlich zu machen fflr den Ablauf der Agglutina- 
tionsreaktion. 

Dafi eine lockere Bindung zwischen Rezeptoren und Agglutininen 
auch Anlafi geben kann zu einer auff&lligen Aenderung in dem Agglu- 
tinationsverlauf, habe ich vermutungsweise in der Besprechung des atypi- 
schen Verlaufes einer Reaktion, die Tabelle VII wiedergibt, angenommen. 

Es ist noch notwendig, in kurzem den Reaktionsverlauf in Tabelle VIII 
zu besprechen, wo uns die Hemmung iu den st&rkeren Konzentrationen 
auff&llt. Solche Hemmungszonen findet man bekanntlich oft bei Immun- 
seris, und schreibt sie jetzt allgemein der Wirkung von Agglutinoiden 
zu, das sind Substanzen, die, wie haupts&chlich die Arbeiten von 
Eisenberg und Volk sowie Wassermann zeigen, nur noch die 
bindende Gruppe bei Verlust der funktionellen Gruppe erhalten haben; 
dafi es die Agglutinoide sind, die die oben erw&hnten Hemmungszonen 
bewirken, haben Wassermann sowie LipschQtz ausgesprochen; 
experimentell ein Gemisch von Agglutinoiden und Agglutininen zu er- 
zeugen, das eine Hemraungszone, analog den spontan vorkommenden, 
aufwies, und damit einen Beweis fflr die Agglutinoidnatur der hemmen- 
den Substanzen zu liefern, ist rair in meinen bereits frflher publizierten 
Agglutinationsversuchen gelungen. 

Einen Punkt mflchte ich hier noch erwfthnen, und zwar, dafi solche 
Hemmungszonen keineswegs immer von Agglutinoiden, wenn wir darunter 
nur Zerfallsprodukte von Agglutininen mit allein erhaltener haptophorer 
Gruppe verstehen, herrflhren mflssen. Wir kflnnen auf Grand theo* 
retischer Erwfigungen vielmehr annehmen, dafi hier und da auch far 
einen Bakterienstamm eine Agglutinoidwirkung, durch Agglutininkom- 
ponenten erzeugt werden kann, die fflr einen anderen Stamm agglu- 
tinierend wirken; wissen wir doch, dafi, obwohl die vorhandene funktio- 
nelle Gruppe fflr eine Agglutinogensubstanz nicht agglutinierend zu 
wirken braucht, doch die haptophore Gruppe fflr diese Agglutinogen- 
substanz bindungsfahig sein kann, also die betreffenden Agglutinin- 
komponente fur gewisse Agglutinogenmodifikationen so wirken kann, 
wie ein Agglutinoid. Wir mflssen an eine solche freilich noch nicht 
bewiesene Eventualitflt namentlich denken, wenn wir ganz frische Sera 
haben, die nur fflr gewisse Typhusst&mme — nicht fflr alle — eine 
Hemmungszone haben. 

Agglutinoiden im engeren Oder im eben beschriebenen weiteren 
Sinne des Wortes ist wohl auch die UnvollstJLndigkeit der Agglutination 
in Tabelle IX zur Last zu legen und zwar mufi hier wohl, weil die 
Agglutinationshemmung so hoch hinauf geht, eine grofie Agglutinoid- 
menge angenommen werden. Ueber die Agglutinoidwirkung auf- die 
Gruber-Widalsche Reaktion haben Falta und Noeggerath (1. c.) 
auf der Naturforscherversammlung 1904 einiges mitgeteilt, worflber ich 
mich, da die Verhandlungen der Versammlung noch nicht vorliegen, 
nicht nflher ftufiern kann. 

Betrachten wir die theoretischen Ergebnisse unserer Versuchsreihen, 
so kdnnen wir sagen, dafi sie eine Best&tigung und Erg&nzung der 
Agglutinationsversuche mit tierischen Seris liefern. 


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Schoiler, BeitrSge our Kenntnis dor Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. m 


Ich mdchte noomehr dazu fibergehen, einige Ponkte zu besprechen, 
die sich aus den bisherigen experimentellen Agglutinationsforschungen 
Oberhaupt, sowie im speziellen aus den Versuchsreihen dieser Arbeit 
fflr die praktische Verwertung der Agglutination ergeben. Fflr die 
Typhusdiagnose wird ja bekanntlich die Agglutination in zweierlei Weise 
nutzbar gemacht: 1) das Serum eines typhusverd&chtigen Patienten, das 
in seiner Spezifitfit nocb fraglich ist, wird auf seine Agglutinationsf&hig- 
keit gegenfiber einer Typhustestkultur geprfift. — 2) Ein typhusver- 
d&chtiger Bacillenbefund bei einem Typhusverd&chtigen wird auf seine 
Agglutinabilit&t mit einem hochwertigen Typhusimmuntestserum ge- 
prQft. — 

In beiden Fallen setzt uns der positive Ansfall der Agglutinations¬ 
probe innerhalb gewisser Grenzen in die Lage, mit grofier Bestimmtheit 
die Diagnose „Typhus abdominalis“ zu stellen. Ein negativer Befund 
wird die Diagnose fraglich macben, eventuell oft zur Stellung einer 
anderen Diagnose Veranlassung geben. 

Da wir uns nun im klaren sind fiber die wichtige Verantwortung, 
die dem Ausfall der Agglutinationsprobe ffir die definitive Diagnose des 
Unterleibstyphus zukommt, mfissen wir uns fragen, ob diese Probe wirk- 
lich soweit verl&filich ist, dafi man ihr eine derartige Entscheidungsbe- 
rechtigung zusprechen darf. 

Von mancher Seite sind ja oft Zweifel an dem Werte der Gruber- 
Widalschen Reaktion erhoben worden, einerseits, weil sie angeblich in 
sicheren Typhusffillen versagt, andererseits, weil aucb positive Reaktion 
bei Nicbttypbusfallen vorkomme. Und auch in jfingster Zeit hort man 
wiederholt ein Verdammungsurteil fiber die Gruber-Widalsche 
Reaktion aussprechen. Fast muB es den Anschein baben, als ob auch 
icb mich auf Grund der Versuche dieser Arbeit sowohl, als auch der 
frfiber mitgeteilten Untersuchungen an experimentell gewonnenen Seris 
gegen eine Verl&Blichkeit und Verwertbarkeit der Gruber-Widalscben 
Reaktion aussprechen mflfite; konnte ich doch — analog den Resultaten 
von Kraus und Joachim — in meinen frfiheren Arbeiten eine grofie 
Variability in Menge und Art der Agglutinine bei den experimentell 
gewonnenen Typhusseris konstatieren, konnte ich ja auch in dieser Arbeit 
den Ablauf der Gruber-Widalschen Reaktion als sehr wechselnd 
feststellen. Ja man wird sogar einwenden, dafi die von mir mitgeteilten 
Reaktionen wohl obihrer definitiven H6he einen Zweifel an ihrer Typhus- 
spezifitat nicht haben aufkommen lassen, dafi aber wohl die Entscheidung 
vielleicht sehr schwer werden dfirfte, falls diese Reaktionen nicht so hoch- 
wertig gewesen wfiren. 

Vor allem mdchte ich nach den Erfahrungen, die wir bei unseren 
diagnostischen Agglutinationsproben gemacht haben, es als erwiesen be- 
trachten, dafi die Gru ber- Widal sche Agglutinationsprobe nach wie 
vor das beste diagnostische Mittel ffir die Erkenntnis des Typhus ab- 
dominalis ist. 

Meiner Meinung nach h&ngt die grofite Zahl der beschriebenen 
Fehlerquellen, von der Art der Anstellung und Beurteilung des 
Widals ab. 

Es kann zunfichst vorkommen, dafi der Widal gfinzlich negativ ist, 
obzwar sicherer Typhus abdominalis vorliegt; doch kommt das erfahrungs- 
gemfifi, wenn es hier und da beobachtet wird, doch meistens nur in den 
ersten Tagen der Erkrankung vor; eine erneuerte Untersuchung des 
nach einigen Tagen neuerdings entnommenen Krankenblutes wird fast 


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112 Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

stets eine A ggl urination sreaktion ergeben. Ja, in einem solchen Falle 
ist dann selbst eine Agglutination, die nur in den st&rkeren Konzen- 
trationen stattfindet, fOr Typhus in hohem Malle beweiskraftig, da sie 
ja erst im Verlaufe der Erkrankung als Reaktionsergebnis der gegen- 
wflrrigen Infektion entstanden ist und, da sie anfangs negativ war, nicht 
auf einen frflher flberstandenen Typhus zurfickzuftihren ist. Man wird 
also nicht unbedingt aus einem anf&nglichen Versagen der Agglutinations- 
probe in alien Fallen auf Nichtvorhandensein eines Typhus abdominalis 
schliellen kflnnen, sondern, wenn die klinischen Erscheinungen ver- 
dachtig sind, die epidemiologische Wahrscheinlichkeit einer Typhuser- 
krankung vorliegt, die Krankheit selbst erst in den Anfangsstadien ist, 
wird man bei einem solchen — seltenen — Versagen der Widalschen 
Reaktion die Diagnose in suspenso lassen, und einen neuerlichen Serum- 
befund abwarten. In jenen sehr seltenen Fallen, wo die Widalsche 
Reaktion im ganzen Verlaufe der Krankheit negativ ist, wird eine gleich- 
zeitige Stuhluntersuchung oft die Aetiologie von Typhusbacillen feststellen 
kflnnen. 

Nun kommt es auch vor, daB bei typhusverdachtigen Personen 
die Serumprobe nur sehr niedrig agglutiniert, so daB entweder nur der 
Grenzwert zwischen „Widal positiv" und „Widal negativ" (unvollstandige 
Agglutination von 1:40) erreicht wird oder daB die Agglutination Qber- 
haupt nur bis 1:10 oder 1:20 hinaufgeht. 

Auch hier wird man sich fragen mflssen, welche Zeit seit Beginn 
der Erkrankung verstrichen sei. Handelt es sich urn Patienten, die 
bereits langere Zeit erkrankt sind, so wird ein Widal, der nur unter 
dem Grenzwert agglutiniert, mit allergrflfiter Wahrscheinlichkeit gegen 
eine Typhuserkrankung sprechen; steht der Patient am Beginne seiner 
Erkrankung, so tun wir gut, dem Arzte mitzuteilen, die Widalsche 
Reaktion spreche zwar nicht fQr Typhuserkrankung, es ware aber, falls 
das Krankheitsbild auch weiterhin verdachtig bleibe, und falls epide- 
mischer Typhus in der Gegend vorhanden sei, eine erneuerte Ein* 
sendung von Blut erwflnscht; die Untersuchung dieser Probe wird 
dann im Falle, daB Typhus abdominalis vorliegt, fast unzweifelhaft eine 
Steigerung der Agglutinationsfahigkeit des Patientenseruros erweisen. 
Ist der Ausfall sich an der Grenze zwischen „positiv“ und „negativ“ 
haltend, so werden wir auf jeden Fall auf eine erneuerte Untersuchung 
des Blutes dringen mflssen, damit auch hier ein eventuelles Steigen der 
Reaktionsfahigkeit den sicheren Beweis fflr Typhus abdominalis bringe. 
Es verdient jedoch bemerkt zu werden, daB diese Falle, wo bei sicherer 
Typhuserkrankung die Gruber-Widalsche Reaktion gflnzlich versagt, 
oder wo sie so unbestimmt verlfluft wie eben geschildert, doch nur 
flufierst selten und in sehr geringer Prozentzahl vorkommen und auch 
dann nur fast ausnahmslos zu Beginn der Erkrankung; es liegt daher 
auf der Hand, daB diese Zufailigkeiten den Wert der Gruber-Widal- 
schen Reaktion nicht zu beeintrachtigen in der Lage sind. 

Gehflrt zur Beurteilung aller dieser Fragen bereits eine gewisse 
Erfahrung auf dem Gebiete der Serumforschung, so wird es sich aus 
folgendem, wo wir fiber eine scheinbares Versagen der Agglutinations¬ 
reaktion zu sprechen haben werden, noch deutlicher ergeben, daB die 
Anstellung und Beurteilung der Widal schen Probe nur in den HBnden 
von mit Serumarbeiten spezialistisch vertrauten Leuten eine wirklich 
sichere Typhusdiagnose gewflhrleistet. Ja, ich muB soweit gehen, zu be- 
haupten, es ist besser, wenn diagnostische Agglutinationsproben gar 


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Scheller, Beitr&ge zur Eenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. JJ3 


nicht angestellt werden, als wenn sie in der Hand von Nichtfachleuten 
zu Fehlschlussen fGhren. Schon die ZGchtung der Typhuskultur erfordert 
eine Menge Sorgfalt; der N&hrboden muB verl&Blich und stets gleich 
zubereitet sein, das Alter der Kultur muB richtig gewahlt sein; auch 
muB stets. zur schnellen Diagnose, eine 18-stGndige Typhuskultur bereits 
vorratig sein und nicht erst frisch angelegt werden oder gar aus Ver- 
unreinigungen erst reingezuchtet werden. Dafi die Methodik Sorgfalt 
und Genauigkeit erfordert, ist bereits erwahnt worden. ObdasFicker- 
sche Diagnosticum dieseu Uebelstanden abhelfen kann, ist noch nicht 
absolut sicher bewiesen. 

Wie sorgfaltig die Agglutinationsprobe ausgefiihrt werden soil, zeigt 
wohl am deutlichsten der Verlauf der Reaktion in Tabelle VIII. WSren 
hier nur, wie es leider wahrscheinlich nur zu oft zu geschehen pflegt, 
nur die starksten Serumkonzentrationen bis 1:80 oder gar bis 1:40 
zur diagnostischen Agglutination verwandt worden, so ware der Widal 
notwendigerweise als negativ erklkrt worden, denn die spurenweise 
Agglutination bis zu 1:40 hatte den Widal keineswegs als positiv er- 
scheinen lassen. Paltauf konstruiert theoretisch die Moglichkeit und 
die eventuelle Bedeutung eines solchen Falles bereits in seinem Artikel 
uber ^Agglutination 14 im Kol le-Wasserinan nschen Handbuche, und 
dies mit Recht, da solche Hemmungen, wie ich aus unserer Erfahrung 
mitteilen kann, auch bei Menschenseris nicht allzuselten vorkommen. 
Man kann daher mit Recht annehmen, daB so mancher Widal, der eine 
derartige Hemmungszone aufweist in hoheren Verdflnnungen, aber gut 
agglutiniert, in den Handen von Untersuchern, die schnelligkeits- und 
bequemlichkeitshalber nur die starken Konzentrationen zur Agglutinations¬ 
probe heranziehen, negatives Resultat gegeben hat und mit Unrecht 
dazu beigetragen hat, den Wert der diagnostischen Agglutination zu 
diskreditieren und man muB sich fragen, ob nicht jene oben erwahnten 
seltenen Falle von negativem Widal wiihrend des Verlaufs eines sicheren 
Typhus nicht auf eine derartige Fehlerquelle zurQckzufuhren sind. 

Ich mochte deshalb dringend raten, die W i d alsche Agglutinations¬ 
probe stets von der Verdiinnung 1 : 10 bis hinauf zu der Verdiinnung 
1:2000 anzulegen, denn nur so sichert man sich davor, hochwertige 
Agglutinationsproben, die in den starken Konzentrationen g&nzlich negativ 
sein kbnnen, falschlich fur nicht agglutinationsfahig zu erkl&ren, und so 
die sonst sichere Diagnose „Typhus abdominalis 14 zu verfehlen. 

Auch die ubrigen Verlaufsvarietaten der diagnostischen Agglutina¬ 
tionsproben (z. B. Tabelle VII), die ich in dieser Arbeit beispielsweise 
zitiert habe, bekrfiftigen wohl in der Annahme, daB die Gruber- 
Widalsche Agglutinationsprobe nicht als schablonenhafte Reaktion, wie 
z. B. eine Eiweifiprobe, aufzufassen ist, sondern daB die Gruber- 
Widalsche Reaktion wohl nur in den Handen von sehr geiibten Unter¬ 
suchern eine wertvolle Probe sein kann, da eine ganze Reihe theoretisch 
moglicher Eventualitaten in praxi plotzlich auftreten und einem minder 
in die Serumforschung Eingeweihten scheinbar nicht zu beseitigende 
Fehlerquellen erschlieBen. 

Wir kommen nun zur Beurteilung des positiven Ausfalles der 
Gruber-Widalschen Reaktion und da konncn wir sagen, daB bei 
gleichzeitiger fieberhafter Erkrankung eine Agglutination von 1:80 an 
in der allergroBten Zahl der Falle die Diagnose Typhus abdominalis 
sichert; ja ich konnte mich iiberzeugen, daB eine vollstandige Agglu- 

Ente Abt, Ong. Bd. XXXVIII. Heft 1. 8 


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1X4 Gentndbl. {. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 

tination des Serums auch nur bis 1:40 mit allergroBter Wahrscheinlich- 
keit fflr Typhus spricht 

Nun gibt es allerdings Ffille, wo positiver Ausfall der Widalschen 
Probe auch bei Nichttyphuskranken vorkommt. 

In erster Reihe kommt in Betracbt die Agglutinationskraft, welche 
das Serum vou Personen, die den Typhus bereits iiberstanden haben, 
mehr Oder minder lange Zeit nach der Erkrankung aufweist. Nun, da 
wird wohl in den meisten Fallen — und dies namentlich, wenn die 
Krankheit lange zurtlckliegt — das Serum nur so minderwertig agglu- 
tinieren, daB man meistens daraus nicht ohne weiteres die Diagnose 
„Typhus abdominalis“ stellen wird. Man wird auch hier, falls die 
Anamnese keine sicheren AufschlQsse gibt, warten, ob das Serum — 
wie es fast ausnahmslos bei Typhus abdominalis zu sein pflegt — eine 
Steigerung seines Agglutinationswertes erlangen wird. Hohe Agglu - 
tinationswerte als Zeichen flberstandener Infektion finden sich nur, falls 
dieselbe nicht allzulange zurflckliegt; und da wird fast ausschliefilich 
die Anamnese hierflber Auskunft erteilen. 

Die Richtigkeit solcher anamnestischer Angaben wird ihren Beweis 
dadurch finden, daB die Agglutinationswerte im Verlaufe der gegen- 
w&rtigen Erkrankung nicht steigen oder gar sinken. Ein Steigen der 
Agglutinationstiter im Verlaufe solcher Erkrankungen wird hingegen 
entweder solche anamnestische Angaben als hinf&llig hinstellen mflssen, 
oder fQr den Fall, daB die fraglicbe anamnestische Erkrankung kurz 
zuvor statthatte, ein Typhusrezidiv feststellen. In den meisten Fallen, 
wo Typhus vor linger als Jahresfrist vorlag, ist die G r u b e r - W i d a 1 sche 
Reaktion negativ. 

Wenn auch die Faile, wo bei bereits frllher durchgemachter Er¬ 
krankung die Hdhe des Agglutinationswertes den Widal sicher positiv 
hinstellen kdnnte, verh&ltnism&Big selten sind, so sehen wir andererseits 
doch, wie notwendig es ist, in jedem Falle die oberen Grenzwerte jeder 
Agglutinationsprobe festzustellen, da nur so sich ein Sinken oder Steigen 
der Agglutinationskraft, das ja gegen, resp. fflr die Diagnose einer gegen- 
w&rtigen Typhuserkrankung verwertbar ist, konstatieren IflBt. Auch hier 
sind, wie wir sehen, die diagnostischen Agglutinationsproben Reaktionen, 
die nur in der Hand von Geflbten bei Aufwand von Zeit und Mflhe zu 
guten Resultaten fflbren. 

Wir mflssen nun besprechen, inwieweit das PhSnomen der Mit- 
agglutination (oder auch Partialagglutination) im stande ist, den Wert 
der Gruber-Widalschen Reaktion herabzusetzen. 

In den meisten Fallen, wo die Agglutination von Typhusbacillen 
durch Krankenserum hochwertig erfolgt und dennoch echte Typhusbacillen 
nicht als Erreger anzuschuldigen sind, sind es Paratyphusbacillen, die 
atiologisch an der Krankheit beteiligt sind und spezifisch von dem 
Krankenserum agglutiniert werden. 

Es wird sich jedoch der Verdacht, daB eine solche Paratyphus- 
erkrankung vorliegen kann, durch firtliche Verhaitnisse, durch epidemio- 
logische Eigentflmlichkeiten der Erkrankungsformen, ferner durch gleich- 
zeitig vorgenommene Stuhluntersuchungen, bald ergeben, und man wird 
wohl zu einer genauen Untersuchung des Serums schon aus wissen- 
schaftlichen Grflnden schreiten, und um den Charakter und die Aetiologie 
der Epidemic eventuell festzustellen. Bindungsversuche, nach Wasser- 
mann vorgenommen, werden eventuell feststellen, daB hier die Agglu- 


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S c h e 11 e r, Beitrftge zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. ] 15 


tination der Typhusbacillen keine spezifische war, sondern nur als Mit¬ 
agglutination durch Paratyphusserum aufzufassen ist. 

Es wird wobl sicber angezeigt seia, in jedem Falle, wo Paratypbus 
vorliegen kann, anch wenn Typhus hoch agglutiniert wird, die Aggluti- 
nationsproben, eventuell die Bindungsproben rait Paratyphus anzustellen; 
praktisch wird es aber in den meisten Fallen bei der ersten Blutentnahme 
nicht mdglich sein, weil die zur Untersuchung eingesandte Blutmenge 
meist zu goring ist, um derlei Untersuchungen zu ermdglichen. Eine 
gleichzeitige Stuhluntersucbung wird eventuell schnell ein Resultat er- 
geben. 

Paratyphus kommt jedoch nicht in alien Typhusgegenden vor, und 
im ganzen wird auch nicht allzuhaufig eine hohe Mitagglutination von 
Typhusbacillen zu der Fehldiagnose Typhus Veranlassung geben; wenn 
dies aber in Paratyphusf&llen geschehen sollte, so ist es vom Stand* 
punkte der Therapie und der Prophylaxe nicht als allzubedeutsam auf¬ 
zufassen, da deni Paratyphus dieselben klinischen und epidemiologischen 
MaBnahmen entgegenzusetzen sind, wie dem echten Typhus. 

Die anderen Falle von hocbwertiger Mitagglutination von Typhus¬ 
bacillen, wo Paratyphus atiologisch nicht beteiligt ist, kommen praktisch 
fast gar nicht in Betracht, da ihre Zahl nur auBerst gering ist. Ueber- 
dies wird fast ausnahraslos der hdchste Agglutinationswert des Serums 
die Spezifitat des' Serums sichern (Kayser, Zupnik). 

Wie wir sehen, ist die Gruber-Widalsche Reaktion trotz mancher 
Eigenttimlichkeiten und mancher Abweicbungen von der Norm diagnostisch 
unentbehrlich, da bis jetzt noch immer die bakterizide Serumreaktion 
als Typhusdiagnosticum zu kompliziert ist, um allgemeine Verbreitung 
zu linden. 

Parallel mit den Agglutinationsproben, dieselben kontrollierend und 
erganzend, mflssen die Stuhluntersuchungen einhergehen. 

Namentlich in den freilich sehr seltenen Fallen; wo die Gruber- 
Widalsche Probe versagt, wird ein positiver Bacillenbefund im Stuhle 
die Diagnose ermoglichen. 

Auch bei der Identifizierung der verdachtigen Kolonieen durch 
sicheres Typhusimmunserum (Testserum) wird man erstens an eine 
eventuelle Inagglutinabilitat sicherer frischer Typhusbacillen zu denken 
haben; diese wird aber meistens nach UmzQchtung schwinden. Ferner 
wird man bei den erapfohlenen Agglutinationsproben 1:100, 1:200, 
1:500 in Betracht ziehen mflssen, ob ein negativer Ausfall nicht auch 
hin und wieder durch Agglutinoidwirkung bedingt sein kann. Partial- 
agglutination sowie den EinfluB einer Agglutinationswirkung schlieBt 
man hier durch Anstellung von Proben mit starken Verdflnnungen aus. 

. Wir sehen, wie kompliziert die praktisch so wichtige Sernmdiagnose 
des Typhus abdominalis ist, und wir mflssen darauf bestehen, daB im 
Interesse der Bekampfung der Epidemieen diese Aufgabe nur grOBeren 
Centraluntersuchungsstationen, die zu diesem Zwecke, sowie zur Forschung 
auf diesen Gebieten einzurichten sind, Qberlassen werden darf. Denn 
nur groBe Erfahrung und grofie Sicherheit in der Methodik, sowie aus- 
reichende spezielle theoretische Kenntnisse auf dem Gebiete der Serum- 
forschung ermOglichen es, derartige (Jntersuchungen mit Erfolg anzu¬ 
stellen. Solche Untersuchungsstationen mflssen mit einer verhaitnismaBig 
groBen Zahl von geflbten Fachleuten ausgerflstet sein, denn erstens er- 
fordern diese Untersuchungen viel Zeit und groBe Sorgfalt, und zweitens 
muB arztliches Personal vorhanden sein, das an Ort und Stelle der Er- 

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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1. 


krankung Erhebungen unter Mitwirkung des Kreis&rztes pflegt and ffir 
eine zweckentsprechende Entnahme des Probenmaterials sorgt 

Die Errichtung einer groBen Zahl kleiner Laboratorien, die z. B. 
einem Kreisarzte anvertraut wflrden, ist als nicht zweckm&Big za be* 
trachten, denn erstens sind die Kosten des Betriebes im kleinen grdBer, 
zweitens ist zumeist niemand in einem derartigen Laboratorium da. der 
sich ausschliefilich mit Euhe und Sorgfalt diesen Untersnchungen widrnen 
konnte und der in alien Fallen die richtigen Schlfisse aus solcben Unter* 
suchungen zu zieben im stande ware. 

Darum ist es meines Erachtens auch noch nicht sicher, ob das 
Fickersche Typhusdiagnosticum in den Handen von Nichtbakteriologen 
nicht die Gefahr von Fehldiagnosen mehren dflrfte, da es noch nicht 
untersucht ist, ob es nicht in Fallen, wo die Bindung so langsam wie 
in von mir beschriebener Weise, bei BrutschrankeinfluB verlauft, bei 
Zimmertemperatur ganz versagt; and ob nicht die Agglutinoidhemmungs* 
wirkung auch bei dem Fickerschen Diagnosticum eine Fehldiagnose 
bewirken kann. Jedenfalls darf man noch nicht dieses Mittel als diag* 
nostisch sicher weiteren Kreisen in die Hand geben, sondern muB nach 
wie vor auf eine Untersuchung und Bekampfung der Typhuserkrankungen 
durch groBere Centralinstitute unter bew&hrter Leitung dringen. 

Meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. R. Pfeiffer 
danke ich ergebenst fflr sein gfltiges Interesse an den Ergebnissen meiner 
Versuche. 

Kdnigsberg i. Pr., 15. November 1904. 

Literatnr. 

Asakawa, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV. 

Bail, Archiv f. Hyg. 1902. 

Cohn, Erich, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV. p. 61. 

y. Drigalski, Ueber Ergebnisse bei der Bekampfung des Typhus nach Robert Koch. 

(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXV. No. 6.) 

Eisen berg u. Volk, Untersuchungen fiber die Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg. 
Bd. XL. 1902. p. 267.) 

Eisenberg, Ph., Anpassung von Bakterien an die Abwehrvorgange des Organismus, 
(Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXIV. p. 739.) 

Falta u. Noeggerath, Naturforscherversammlung 1904. (Ref. Mfinch. med. Woch. 

1904 u. Centralbl. f. Bakt etc. Bd. XXXVII.) 

Friedberger, E., Ueber die Agglutinin receptoren eines frisch aus dem Btuhl ge- 
zuchteten Typhusstammes. (Sal ko w s k i - Festschrift 1904.) 

Hamburger, Fr., Ueber spezifische Virulenzsteigerung in vitro. (Wiener klin. 
Wochenschr. No. 4.) 

Jo os, Untersuchungen fiber die verschiedenen Agglutinine etc. (Centralbl. f. Bakt. 
Bd. XXXIII. 1903.) 

Jfirgens, Deutsche med. Wochenschr. 1904. No. 34. 

Kayser, H., Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 18. 

Kirstein, Ueber die Beeinflussung der Agglutinierbarkeit von Bakterien, insbesondere 
von Typhusbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVI.) 

Kfihler, Das Agglutinationsphanomen. (KJin. Jahrb. Bd. VIII. 1902.) 

Kraus u. Joacnim, Ueber Beziehungen der prazipitogenen Bubstanz zur agglutino- 
genen Substanz der Bakterien. (Centralbl. f. Bakt Bd. XXXVI und XXXVIL 1904.) 
Lipschutz, Ueber die bakteriologische Diagnose des Typhus abdomlnalis etc. (Centralbl. 
f. Bakt. Bd. XXXV.) 

Lipstein, Deutsche med. Wochenschr. 1902. 

Muller, Mfinch. med. Wochenschr. 1903. No. 2. 

Paltauf, Die Agglutination; in Kolle-Wassermanns Handb. d. pathog. Mikroorg. 
Bd. IV. 

Scheller, R., Experimentelle Beitrage zur Theorie der Agglutination. I. Normal- 
agglutinine. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XLVI. No. 3.) 


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Heller, Die Rothbergereche Neutralrotreaktion auf Gelatine bei 37°. H7 


Scheller, R, Experimentelle Beitrage zur Theorie der Agglutinine, II. Immun- 
agglutinine. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XLVI. No. 5.) 

Walker, E. W., Immunisation against immunserum. (Journ. of path, and bacter. 
Vol. Vin. 1902.) 

Waseermann, A., Ueber Agglutinin© und Prazipitine. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII. 
1903.) 

Zupnik, Zeitschr. f. Heilk. Bd. XII. 

— —, Prag. med. Wochenschr. 1903. 

(Siehe auch Literaturverzeichnisse in meinen beiden hier zitierten Arbeiten.) 

Anm. wahrend der Korrektur: Nach Einsendung der Arbeit an den Verlag, 
kurz vor der Vornahme der Korrektur, erschien die Arbeit von H. Kayser, Deutsche 
med. Wochenschr. 1904. No. 49. p. 1803; in dieser Arbeit spricht sich H. Kayser 
ebenfalls auf Grund seiner Erfahrung fiir den diagnostischen Wert der Gruber- 
Widalschen Beaktion aus, betont es aber ebenfalls, aafi die Agglutinationsprobe Hand 
in Hand gehen mufi mit Zuchtungsversuchen etc. 


Nachdruck verboten . 

Die Rothbergersche Neutralrotreaktion auf Gelatine bei 37°. 

[Aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten: Professor 

Dr. Tavel, Bern.J 

Von Dr. Otto Heller, Chef der Pasteurabteilung und des Pestlabora- 

toriums a. Institut. 

Im Jahre 1898 teilte Rothber ger seine Resultate mit, die er beim 
Stadium des Einflusses der Bakterientfitigkeit auf Farbstoffe erbalten 
hatte. Besonderes Interesse verdiente hierbei die Wirkung von Bacteri¬ 
um typhi und Bact. coli auf Neutralrot, da sich in der Ffirbung des 
Nfihrbodens mit .Neutralrot ein neues differential-diagnostisches Hilfs- 
mittel bot. Die Tecbnik war im ganzen sehr einfach. Gewohnlicher 
Agarnfihrboden wird bei 100° verflflssigt, mit 3—4 Tropfen konzentrierter 
sterilisierter wfisseriger NeutralrotlSsung auf 10,0 ccm Nfi.hrboden versetzt, 
auf 40° abgekflhlt und mit 0,5 ccm 24-stiindiger Bouillonkultur des zu unter- 
sucbenden Bakterienstammes versetzt. Nach einem Aufenthalt von 24 bis 
48 Stunden bei 37° zeigen die Kulturen der Colistfimme eine deutliche 
Fluoreszenz, bis allmfihlich eine vOllige Aufhellung und Entffirbung ein- 
tritt. — Diese Neutralrotreaktion des Bacterium coli wurde von ver- 
schiedenen Seiten nachgeprOft und durchaus bestatigt (Scheffler, 
K8hler und Scheffler, Wolff). Von Ernest E. Iron s u. a. wurde 
versucht, sie bei der Wasseruntersuchung praktisch zu verwerten; M. 
H. Gordon prOfte sie bei Differenzierung verschiedener Streptokokken- 
stfimrae. Erneutes Interesse hatte sie bei der Differentialdiagnose von 
Typhus und Paratyphus. — Es kann nicht wundern, daB die Methode 
in den H&nden der verschiedenen Autoren geringe Modifikationen erfuhr. 
Am wichtigsten erscheint uns der Vorschlag von Oldekop, der im 
Bestreben, die Reaktionszeit zu verkflrzen, wie Gbrigens alle anderen 
Autoren, einen Nfihrboden verwendete mit nur 0,3 Proz. Agargehalt 
(1 1 Liebigs Fleischextraktbouillon, 5,0 g Kochsalz, 20,0 g Pepton, schwach 
alkalisch; auf 100,0 ccm Nfihrboden 1,0 ccm konzentrierte Neutralrot- 
15sung und 0,15 g Traubenzucker). Mit solchem Nfihrboden war die 
Reaktion deutlich nach 24 Stunden. — Die Grflnde, aus denen Roth¬ 
ber ger seinerzeit fiir den Versuch vor allem Agar empfahl, waren 
folgende: Im festen Nfihrboden ist die Einwirkung des Luftsauerstoffes 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVm. Heft 1. 


sehr vermindert; dieselbe ist dagegen bei der Anwendung flQssiger 
Nahrboden, besonders bei Bouillon oder auch bei Gebrauch von Nahr¬ 
boden mit grofier Oberfl&che (Agarplatten) meist so stark, dafi eine Ver- 
Snderung des Farbstoffes eintritt, ehe die Reaktion durch das Bakterien- 
wacbstum genflgend deutlich wird. Die Benutzung von Gelatine, die 
an sich wegen ihrer Durchsichtigkeit wohl in Betracht k&me, zeigt nach 
Rothberger eine schOne Fluoreszenz. Docb geht die Reaktion zu 
langsam vor sicb. „Entf&rbung und Auskristallisierung (durch den 
Sauerstoff der Luft) schreiten von der Oberfl&che des Nahrbodens in die 
Tiefe fort; je l&nger nun die Reaktion zu ibrer Entstebung braucbt, 
desto weiter wird die Entf&rbung vorgeschritten sein, desto weniger 
schOn wird dann die Fluoreszenz ausfallen. AuBerdem dQrfte in den 
meisten Fallen eine rascbe Entscheidung erwOnscht sein.“ (Centralbl. f. 
Bakt. Abt. I. Bd. 24. p. 516.) 

Diese Beobachtungen veranlafiten uns, eine geringe Modifikation 
des Verfahrens vorzunehmen. Nach einigen ermutigenden Vorversuchen 
erprobten wir im Verlaufe mehrerer Versuchsreihen den Nahrboden von 
Rothberger, von Scheffler, vonOldekop und auBerdera gewOhn- 
licbe Bouillon und Gelatine, die den gleichen Farbstoifzusatz erhielten 
wie der Rothbergersche Neutralrotagar. Samtliche Nahrboden wurden 
mit einer Rindfleischbouillon mit dem gleichen Alkalinitatsgrad und den- 
selben SterilisierungsmaBnahmen bergestellt. Kurz vor der Impfung 
wurde der Agar bei 100° verflOssigt, die Gelatine bei 40°; der Agar 
wurde sodann auf 40° abgekuhlt. Jede Eprouvette enthielt 10,DO ccm 
Nahrboden und erhielt 4 Tropfen steriler konzentrierter, wasseriger 
NeutralrotlOsung. (GrQbier, bezogen von Merck-Darmstadt.) Hierauf 
wurde jedes Rbhrchen mit 0,5 ccm 24-stflndiger Bouillonkultur von den 
unten naher bezeichneten 30 Bakterienstammen geimpft. Einen Teil 
derselben verdanke ich der auBerordentlichen Liebenswflrdigkeit des 
Herrn Dr. v. Freudenreich (Landwirtsch. Versuchsstation Liebefeld). 
Fast samtliche Stamme gehOren der Coligruppe an. Es ist selbstver- 
standlich, dafi die geimpften Nahrboden mit dem Impfmaterial gut ver- 
mischt wurden. Von jedem Bakterienstamm wurden also mindestens 4R0br- 
chen gleichmafiig beimpft und zwar 1) 1 Rothbergers Neutralrotagar, 
2) 1 Oldekop-Neutralrotagar, 3) 1 Laboratoriumsbouillon mit Neutral- 
rot, 4) 1 Laboratoriumsgelatine mit Neutralrot. — Samtliche ROhr- 
chen wurden gleichzeitig in den Brutschrank (37°) verbracht. 
Aufier den geimpften ROhrchen wurden zur Kontrolle von jedem Nahr¬ 
boden mit Neutralrotzusatz einige Rohrchen beigefflgt, einmal um die 
Reduktionsfahigkeit des Nahrbodens an sich festzustellen und unterein- 
ander zu vergleichen, andererseits um die Wirkung des Luftsauerstoifes 
zu kontrollieren. — Im Laufe der Beobachtung zeigte sich auf alien 
geimpften Nahrboden starkes Wachstum, abgeseben von den ROhrchen 
mit Schweinepest, die bei dieser Temperatur und dem Gehalt von 
Neutralrot nur sparlich sich entwickelten. In nachfolgender Tabelle fQhren 
wir zunachst die verimpften Bakterienstamme an, in der nachsten die 
Intensitat der Neutralrotreaktion resp. den Grad der auftretenden 
Fluoreszenz, so objektiv sich derselbe beurteilen lafit, nach gleicher 
Wachstumsdauer. Wir bezeichnen das Fehlen jeder Reaktion mit 0, 
angedeutete Fluoreszenz mit <, deutliche mit -K sehr ausgesprochene 
Fluoreszenz und hOhere Grade mit -J—und -] —I— 


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Heller, Hie Rotliber^ersche NoutrsJrotro&ktion &uf Oel&tine boi 37 °- 119 


Tabelle I. 

1) Typhus SahJi — isoliert aua einem Typhusfall in der Sahlischen Klinik in Bern. 

2) Typhus Brasilien — als Reinkultur aus Buenos Aires erhalten. 

3) Bact. coli Tomarkin — aus Urin (Cystitis) isoliert. 

4) , „ Milch — aus Milch isoliert. 

5) B „ Wasser — aus Wasser isoliert. 

6) Coliformes Bakterium einer Fleischvergiftung — wurde aus der Milz eines infolge 

einer Wurstvergiftung erkrankten und gestorbenen Mannes isoliert. Die Sektion 
ergab unter anderem eine starke Gastroenteritis. Das Bakterium wurde von 
Bekonvaleszentenserum bei 1 : 500 innerhalb einer Stunde agglutiniert Nahere 
Charakteristik in einer spateren Publikation. — (Coliform, Vakuolen, Gram- 
negativ, Fakultativ anaerob, Wachstum bei Zimmertemperatur und bei 37 
Milch nicht geronnen, Traubenzucker vergoren, Milch- und Bohrzucker nicht, 
Gelatine nicht verfliissigt, Kartoffel: deutlich sichtbares Wachstum, lebhaft 
beweglich, Indol: negativ.) 

7) Bact. typhi murium — aus der Institutssammlung. 

8) Colif. Bakt. — Meningitis — isoliert aus einer Lumbalpunktionsfliissigkeit bei einer 
epidemisch auftretenaen Meningitis. 

9) Coli — Ease — aus einem geblahten Ease isoliert 

10) Coli Escherich — aus der Hammlung des Herrn Dr. v. Freudenreich. 

11) Coli A — Labmagen. 

12) Coli B — 

13) —16) — erklfiren sich durch ihre Benennung. 

17)—19) — ein unbeweglichee coliformes Bakterium mit starker Indalbildung, aber 
ohne Gasentwickelung und ohne Milchgerinnung. 

20) Bact Schafferi — aus geblihtem Ease isoliert 

26) Bact Guillebeau A J aug fadenziehender Milch isoliert. 

Aus der Tabelle II ist ersichtlich, daB selbst bei kflnstlicher Beleuch- 
tung, bei welcher eine beginnende Fluoreszenzreaktion schwieriger zu 
erkennen ist, mit Hilfe des gewOhnlichen Gelatinen&hrbodens nach einer 
Brutdaoer von 7 Stunden ein beinahe entscheidender Scblufi fiber die 
Natur eines verd&chtigen Bakteriums gezogen werden kann. W&hrend 
auf dem von Rothberger vorgeschriebenen Agar, abgesehen von einer 
Andeutung bei Colistamm 11, durchgehends noch keine Reaktion einge- 
treten ist, zeigt sich im Agar nach Oldekop eine ausgesprochene Ueber- 
legenheit, die von der Bouillonreaktion nicht erreicht, von der Reaktion 
in der Gelatine aber deutlich fibertroffen wird. — DaB die Bouillon- 
nfihrbOden weniger brauchbar sind, ist schon von Rothberger u. a. 
festgestellt. Doch zeigen unsere Versuche deutlich, daB der Agar nach 
Oldekop bezfiglich der Schnelligkeit und Gleichm&Bigkeit der Reaktion 
weniger leistet wie die gewOhnliche Laboratoriumsgelatine bei 37 °. Die 
Resultate nach 7 Stunden Brutdauer zeigen aber noch einige weitere 
kleine Vorteile der Gelatine. Von stark gasentwickelnden Bakterien- 
stfimmen wird der gewOhnliche Agar ganz und gar zersprengt, der Agar 
nach Oldekop unterliegt dieser Wirkung in geringerem Grad; dennoch 
zeigt auch er in mehreren Fallen eine ungleichmaBige Verfinderung, die 
zum Teil auf die Retention der entwickelten Gasarten zurfickzuffihren 
sein dfirfte. So tritt bei Stamm 13, 24, 26 in der oberen Hfilfte des 
Nahrbodens eine Entf&rbung des Neutralrots ohne jede Fluoreszenz auf 
zum Teil unter Bildung zahlreicher Gasblasen, wfihrend nur die tieferen 
Schichten eine beginnende Fluoreszenzreaktion aufweisen, beim Stamm 7 
betrifft die reaktionslose Entffirbung sogar den ganzen Rdhrcheninhalt. 
Derartige Erscheinungen fehlen bei der Anwendung von Gelatine vOllig. 
Zwar zeigt die Gelatine bei einzelnen Stammen eine starke Aufhellung 
bis zur Hellgelbfarbung, dabei bleibt aber die Fluoreszenz intensiv und 
deutlich wahrnehmbar. — Fflr die Praxis bleibt natfirlich dieser Gesichts- 
punkt von Wichtigkeit; denn in Rficksicht auf eine bequeme Beobachtung 


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120 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Tabelle II. 

Reeultat 7 Stunden nach der Impfung (Beobachtung bei kiinstlichem Licht). 



Agar 

Rothberger 

Agar 

Olaekop 

Bouillon 

Gelatine 

1) Typhus Sahli 

0 ! 

0 

0 

0 

2) Typhus Brasilien 

0 

0 

0 

0 

3) Coli Tomarkin 

0 

+ 

< 

+ 

4) Coli Milch 

0 

< 

< 

-r 

5) Coli VVasser 

0 

+ 

< 

+ 4- 

6) Colif. Bakt. einer Fleischvergiftung 

0 

+ 

< 

+ 

7) Bact. typhi murium 

0 

0 1 ) 

< 

+ + 

8) Colif. — Meningitis 

0 

0 

0 

0 

9) Coli — Kase 

0 

Spur 

0 

< 

10) Coli — Escherich 

0 

<? 

0 

<? 

11) Coli A — Labmagen 

<? 

+ 

< 

+ + *) 

12) Coli B — Labmagen 

0 

? 

0 

<*) 

13) Coli — Darm 

0 

+ 4 ) 

+»} 

4* 

14) Coli — Labmagen weifilich 

0 

< 

< 

++ e ) 

15) Coli C — Labmagen 

0 

+ 

< 

++ 

16) Coli — Labmagen Rutti 

0 

+ 

< 

++ + 

17) Colif. — Leiche — Milz 

0 

0 

0 

0 

18) Colif. — desgl. — Leber 

0 

0? 

0 

< 

19) Colif. — desgl. — Herzblut 

0 

o 

0 

0 

20) Bact. Bchafferi 

0 

0—< 

+ 

+ + 

21) Schweinepest 

0 

0 

0 

0 

22) Schweineseuche 

0 

0 

0 

0 

23) Aerogenes — Liebefeld 

0*) 

<? 

< 

+ 

24) Aerogenes — Krai 

0*) 

< 3 ) 

< 

+ 

25) Aerogenes — Labmagen 

0*) 

< 

<? 

+ 

26) Bact. Guillebeau A 

0 

<*) 

< 

< 

27) Bact. Guillebeau C 

0 

< 

0 

< 

28) Bact. lactis aerogenes 

0 

0 1 ) 

0 

+ •) 

29) Aerogenes a 

0 

+ 

< 

+—+ + 

30) Kontrolle 

0 

0 

0 

0 


bleibt es wflnschenswert, dafi die Reaktion mOglichst bald auftritt, aber 
aoch moglichst lange bestehen bleibt. Dafi auch dieser Forderung der 
Gelatinenfihrboden genii gt, beweisen die Resultate der Tabelle III, auf, 
der nach 20-stiindiger Brutdauer die oben erwfihnten Nachteile der 
anderen Nahrboden deutlich bleiben Oder sich sogar vergrofiert haben, 
wfihrend die Reaktion in der Gelatine gleichmfifiig fortschreitet und trotz 
der Entffirbung bei Stamm 11, 12, 14, 28 sehr deutlich sichtbar bleibt 
(s. Tabelle III). 

Der gleiche Versuch wurde in geringer Weise modifiziert und wieder- 
holt. Er ergab im ganzen dasselbe Resultat. Als Impfmaterial waren 
dabei auf 10 ccm 0,5 ccm einer 24-stQndigen Bouillonkultur verwendet 
worden. War dae Impfmaterial filter (— 48 Stunden), so trat die Fluores- 
zenzreaktion flberaus rasch ein und zwar so, dafi sie nach 5-stGndigem 
Aufenthalt im Brutschrank fflr Gelatine schon den Hdhepunkt erreichte, 
nicht ganz so gflnstig waren die Resultate auf dem Agar nach Olde- 
kop, obwohl nicht zu leugnen ist, dafi dieser Nfihrboden sich im ganzen 
als sehr brauchbar erweist, abgesehen von den erwfihnten kleinen Nach- 


1) Ganz hell ohne Fluoreezenz. 

2) Durch Gasentwickelung ist die Agarsfiule ganz zereprengt 

3) Obere Scbicht voller Gasblasen; hellgelb ohne Fluoreezenz. 

4) In der unteren Schicht Fluoreezenz: + ; oben ganz aufgehellt, Gas. 

5) Fluoreezenz nur in der tieferen Scbicht. 

6) Nfihrboden hellgelb, Fluoreezenz dabei sehr deutlich. 


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Heller, Die Rothbergersche Neutralrotreaktion auf Gelatine bei 37°. 121 


Tabelle III. 

Resultat dee Versuchs von Tabelle II nach 20 Stunden (Beobachtung bei Tageelicht). 



Agar | 
Rothberger; 

Agar 

Oldekop 

Bouillon 

Gelatine 

1) Typhus Sfthli 

0 

0 

0 

0 

2) Typhus Brasilian 

3) Coli Tomarkin 

0 

0 

0 

0 

0 

++ 

+ + 

4- 4 * 4 - 

4) Coli Milch 

< 

*- 

4- 4- 

+ -1- 

5) Coli Wa8»er 

< 

+ 

4-4- 

4 - 4 - 

6) Colif. Bakt. einer Fleischvergiftung 

?-< 

+ 

4 4 

+ 4- 

7) Back typhi murium 

8) Colif. — Meningitis 

+ 

+ *) 

++ 

4-4-4 

0 

0 

0 

0 

9) Coli — Ease 

Sjmr 

4* 

4- 

4- 4- 

10) Coli — Escherich 

4 - 4 - 

4 - 4 - 4 - 

4-4- 

11) Coli A — Labmageu 

<— + 

+ 

4 - 4 - 

+ + + •'> 

12) Coli B — Labmagen 

+ 

4* 4 

+ 4 - 

4- + 4 : ‘) 

13) Coli — Dann 

H- 

+ •) 

4 - 4 - 

4-4- 

14) Coli — Labmagen weifilich 

< —+ 

+ *) 

+ + 

+ + 4 5 > 

15) Coli C — Labmagen 

+ i 

++*) 

+ + 

4 - 4 - 4 - 

lb) Coli — Labmagen Rutti 

< 

4 - 4 - 

i + 

4 * 4 - 4 - 

17) Colif. — Leiche — Milz 

0 

4 

! S^ur 

4 - + 

18) Colif. — desgl. — Leber 

s r r 

4 * 

4 - + 

19) Colif. — desgL — Herzblut 

20) Bact. Schafferi 

, <— 4 - 

4 - 

< 

+ 

4-4— + 4-4- 
4 -^- 4 - 

21) Schweinepest 

O') 

i 0 

0 

i o 

22) Schweineseuche 

23) Aerogenes— Liebefeld 

O 1 ) 

! 0 

0 

1 0 

0*) 


+ + 

4 - 

24) Aerogenes — Krdl 

0 l ) 

4- 

++ 

+ + 

25) Aerogenes — Labmagen 

0*) 

4 * *) 

++ 

1 + + 

26) Bact. Guillebeau A 

0 


i + 

4 - 4 - 

27) Bact. Guillebeau C 

0*) 

! +») 

1 ++ 

4 - 4 - 4 - 

28) Bact. lactis aerogenes 

0*) 

4 - 

++ 

+ 4 - 6 ) 

29) Aerogenes a 

0 

! < 4 ) 

4 - 

+ + 

30) Kontrolle 

0 

1 0 

0 

0 


teilen. — Nach unseren Beobachtungen empfiehlt es sicb, als maximale 
Impfquantit&t 0,5 ccm anzusehen; ist es aus fiuBeren Grflnden wflnschens- 
wert, die Reaktion erst nach 12 Stunden zu beobachten, so mufi man 
kleinere Quantitfiten impfen. — Der Vorteil der gewohnlichen Labora- 
toriumsgelatine fflr die Neutralrotreaktion liegt also einmal in dem 
schnellen Eintritt der Fluoreszenz, in der Zuverl&ssigkeit und Gleich- 
m&fiigkeit des Ausfalles der Reaktion, der langen Dauer derselben und 
im letzten Grande darin, daB es unndtig wird, fflr eine beschleunigte 
Reaktion einen besonderen N&hrboden vorrfitig zn halten. Zu bemerken 
bleibt, daB die Farbstofflflsung kurz vor der Impfung zugesetzt werden 
soli. — 

Schon Rothberger hat festgestellt, daB die Reaktion eine Folge 
der Leben8t&tigkeit der betreffenden Bakterien ist. Mit abgetOteten 
Koltnren erhielt er keine Erfolge. — Wir verwendeten in gleicher Ab- 
sicht Kulturfiltrate, mit Toluol abgetfltete und dnrch ^j-stflndigen Aufent- 
halt bei 62° abgetotete Kulturen und erhielten nnr dann eine Fluores¬ 
zenz, wenn die Kontrollimpfungen auf Agar bestfitigten, daB das ver- 
impfte Material nicht vollstSndig abgetfltet war. — 

1) Farbetoff zersetzt 

2) Durch GasentwickeluDg Agarsaule ganz zersprengt. 

31 Fluoreszenz nur in eimgen Partieen des Nihrbodens. 

4) Hellgelb, Fluoreszenz gering. 

5) Sehr aufgehellt, Fluoreszenz intensiv. 


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122 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


Als Resultat unserer Beobachtungen empfehlen wir, die Roth- 
bergersche Neutralrotreaktion nicht auf Agar nach Rotbberger oder 
auf Agar nach Oldekop anzustellen, sondern auf gewOhnlicher Labo- 
ratoriumsgelatine mit Zusatz von 4 Tropfen sterilisierter, ges&ttigter, 
w&sseriger LSsung von Neutralrot im Brutschrank bei 37°, denn unter 
diesen Bedingungen tritt die Reaktion schnell ein (in 6 Stunden), tritt 
gleichm&Big und zuverl&ssig auf, bleibt lange bestehen und wird weder 
durch den Nahrboden noch durch den Luftsauerstoff beeintrfichtigt. 

Ziiteratur. 

Rothberger, J., Differentialdiagnostische Untersuchungen mit gefarbten Nahrbdden. 

(Centralbl. f. Bakt. Abt I. Bd. XXIV. 1898. p. 513.) 

Ders., II. Mitteilung. (Ibid. Bd. XXV. 1899. p. 15 u. 69.) 

Wolff, A., Zur Reauktionsfahigkeit der Bakterien. (Ibid. Bd. XXVII. 1900. p. 849.) 
Ders., Die Ergebnisse der Neutralrotmethode zur Unterscheidung von Bact typhi una 
coli. (Ibid. Bd. XXXI. 1902. p. 69.) 

Scheffler, W., Das Neutralrot als Hilfsmittel zur Diagnose des Bacterium coli. (Ibid. 
Bd. XXVIII. 1900. p. 199.) 

K6hler und Scheffler, Ueber die Agglutination von Fakalbakterien bei Tophus 
abdominalis durch das Blutserum. (Miinchn. med. Wochenschr. 1900. No. 22 u. 23.) 
Kayser, H., Das Wachstum der zwischen Bacterium tvphi und coli stehenden Spalt- 
pilze auf dem v. Drigalski-Conradischen Agarboden. (Centralbl. f. Bakt Abt I. 
Bd. XXXI. 1902. p. 426.) 

Ders., Die Bakteriologie des Paratyphus. (Ibid. Bd. XXXV. 1904. p. 154.) 

Oldekop, A., Eine Modifikation des Kothberger-Schefflerschen Neutralrot- 
nahrboaens. (Ibid. Bd. XXXV. 1904. p. 120.) 

Irons, Ernest E., Neutralrot bei der Wasseruntersuchung. (Ref. ibid. Bd. XXXI. 
Referate. 1902. p. 309.) 

Gordon, M. H., Notiz iiber die Anwendung des Neutralrots (Rothberger) zur 
Differenzierung von Streptokokken. (Ibid. Bd. XXXV. 1904. p. 271.] 

Hunter, W., A method of distinguishing Bacillus coli communis from Bacillus 
Typhosus by the use of Neutral Red. (Lancet Vol. I. p. 618.) 

Ders., Neutral Red as a means of detecting the presence of the Bacillus coli communis 
in Water-Supplies. (Ibid. p. 1079.) 

Savage, W. S., Neutral Red in the Routine Bacteriological Examination of Water. 
(Journ. of Hyg. Vol. I. p. 437.) 

Makgill, R. H., The Neutral Red Reaction as a Means of Detecting Bacillus coli in 
Water Supplies. (Journ. of Hyg. Vol. I. p. 430. Vergl. Baumgartens Jahres- 
bericht 1901.) 


Nachdruck verboten . 

Das Schulersche Triumph-Isny-Filter 

[Aus dem hygienischen Universitfitsinstitut, Gottingen.] 

Von Stabsarzt Dr. Kaisaku Kokubo, Japan. 

Nach den gflnstigen Resultaten, welche mit den bekannten Berke- 
feld-Filtern im Kleinfiltrationsbetriebe erzielt werden, lag es nahe, 
Shnliche Filter, von denen eine Reihe in den letzten Jahren anf den 
Markt gekommen sind, einer vergleicbenden Untersuchung zu unter- 
ziehen. 

Solches ist von mir im vorigen Jahre mit dem von Schuler in 
Isny (Wflrttemberg) hergestellten, sogenannten Triumphfilter geschehen. 
Die Versuche konnten aber erst jetzt veroffentlicht werden, da Verf. 
plOtzlich in seine Heimat zurflckgerufen wurde, ehe dieselben ganz zum 
Abschlufi gebracht waren. Doch scheinen die gewonnenen Resultate 
immerhin derart, daB sie ein gewisses Urteil fiber den Wert des neuen 
Filters zu fallen gestatten. 


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Kokubo, Das Schulersche Triumph-Isny-Filter. 


123 


Das Filter Bhnelt in seiner auBeren Gestalt durchaus den Berke- 
feld-Filtern, es sind langliche, hoble Cylinder verschiedener Dicke mit 
einem daran gekittetem Metallkopf, der zur Befestigung des Filters in 
einer Hiilse dient, welehe ebenfalls ganz ahnlich der des Berkefeld- 
Filters ist Filtriert wird von auBen nach innen und auch die Reinigung 
ist in ahnlicher leicbter Weise auszufQhren, wie bei den Berkefeld- 
Filtern, durch AbbQrsten der ILuBeren Schlammschicht Die Filter konnen 
ferner an die Wasserleitnng angescbraubt oder anch durch eine Hand- 
flflgelpumpe von einer Leitung unabhangig geraacht werden. Die eigent- 
lichen Kerzen sind aus einem sehr harten feinporigen Kunststeinmaterial 
and zwar gibt es im Handel solcbe, die gewbhnlich verwendet werden 
sollen, und noch besonders feinporige, welehe gebraacht werden sollen, 
wenn es weniger auf eine reichliche Menge Wasser und mebr auf ein 
langeres Sterilbleiben des Filtrates ankommt. 

Mit beiden Arten von Kerzen habe ich nun Versuche angestellt und 
zum Vergleicbe die gebr&uchlicben Berkefeld-Filter herangezogen. 

Von jeder Sorte wurde ein Exemplar mit der Wasserleitung des 
Institute verbunden, nachdem dasselbe vorsichtig im Dampf sterilisiert 
worden war. In die Filterkapsel wurde sodann vor Inbetriebsetzung je 
eine Bouillonkultur von Spirillum parvum, Bac. fluorescens und 
Bac. prodigiosus hineingeschiittet, sodann die Kapsel geschlossen 
und der Leitungsbahn geoffnet. 

Die erste Probeentnahme des Filtrate geschah nach 5 Minuten, weitere 
folgten sodann an demselben Tage nach 30 Minuten, 1 Stunde, 4 Stunden, 
10 Stunden und endlich immer eine an den folgenden Tagen, bis der 
Versuch abgebrochen wurde. Das Probequantum des Filtrates betrug 
4mal 20 ccm, welehe immer in 4 Bouillonrdhrchen aufgefangen, bei ver¬ 
schiedener Temperatur aufbewahrt wurden, bis sie sich trubten. Trat 
keine TrQbung ein, so wurde nach 2 Wochen angenommen, daB das 
Filtrat steril gewesen sei. Die getrflbten Rohrchen wurden durch Gelatine- 
oder Agarplatten weiter auf die in ihnen zur Entwickelung gekommenen 
Keimarten untersucht 

Als Testbakterien waren zunfichst die kleinen Spirillen gew&hlt, weil 
diese erfahrungsgemaB besonders leicht die Filter passieren, in der Tat 
haben die Berkefeld-Filter sie nur einmal bis 24 Stunden zurflek- 
zuhalten vermocht, w&hrend bei den feineren Isnyfiltern erst erheblich 
spfiter ein Durchtreten erfolgte. Bac. fluorescens und prodigiosus 
sind viel grSBere Spaltpilze, es war nicht wunderbar und entspricht den 
frflher mit den Berkefeld-Filtern gemachten Erfahrungen, daB sie 
auch nach Tagen hBufig noch nicht im Filtrat auftreten. Die Isnyfilter 
geben ganz ahnliche Resultate, ja scheinen auch hier 5fter noch wirksamer 
die ZurQckhaltung der Keime zu bewirken, wie aus der beigefdgten 
Tabelle der Versuche deutlich zu ersehen ist Da weder Bac. flu¬ 
orescens noch prodigiosus sonst in der Gdttinger Wasserleitung 
vorkommt, mufiten die Keime im Filtrat von der Aussaat im unfiltrierten 
Wasser herrQhren. 

Auch auf andere als die absichtlich eingesaten Bakterien wurde bei 
dem Untersuchen der Filtrate geachtet; wie wiederum die Tabelle zeigt, 
traten solche Keime nach sehr verschieden langer Zeit im Filtrat auf. 
Sie sind wahrscheinlich wohl durch die Filter hindurchgewachsen, aber 
mit absoluter GewiBheit ist das nicht zu sagen, es wurde allerdings vor 
und nach jedesmaliger Wasserprobenentnahme der Auslauf besonders 
sterilisiert und war er besonders durch eine Glashfllle gegen Verun- 
reinigung von der Luft aus geschQtzt Da aber das Wasser permanent 


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124 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


lief, kann doch wohl inzwischen durch Luftwirbel einmal ein Keim an 
die Oeffnung gelangt sein, sich dort festgesetzt und vermehrt haben, 
so daB ich mit Sicherheit nicht behaupten mOchte, daB die in der Rubrik 
als „andere Bacillen“ vermerkten Keitne immer aus dem Rohwasser 
hergekommen sind. 

Ich liefi in alien Versuchen das Wasser permanent lanfen, urn derart 
vergleichende Schlfisse fiber die Ergiebigkeit der Filter nach bestimmter 
Zeit ihres Gebrauches machen zu kflnnen. Die gewonnenen Zahlen sind 
in den 4 letzten Spalten der Tabelle zu linden. Es wurde jedesmal 
5 Minuten nach Anstellen eines Versnches die pro Minute auslaufende 
Wassermenge gemessen und auf die Stunde berechnet und dieses Ver- 
fahren dann nach mehreren Tagen noch einmal wiederholt 

Die ersten mit den Isnyfiltern angestellten Versuche ergaben recht 
ungenfigende Resultate, sie sind in jeder Versuchsreihe der Tabelle zu 
Anfang angeffihrt und zeigen, daB mehrfach selbst Bac. prodigiosus 
und fluorescens in kfirzester Zeit das Filter passieren (b 1—3, d 1). 
Eine daraufhin mit dem Fabrikanten unterhaltene Korrespondenz liefi 
die Vermutung auftauchen, daB Undichtigkeiten an der Verbindungsstelle 
zwischen Filter und Metallkopf dosselben die Schuld davon sein kfinnten, 
und die weiteren Versuche, in denen nunmehr vorher diese Verbindungs¬ 
stelle mit Schellack gut gedichtet worden war, bestfitigten die Richtigkeit 
dieser Vermutung. Dieselben Filter, aufs neue sterilisiert und mit 
Schellack gedichtet gaben jetzt sehr befriedigende Resultate, wie Versuch 
b 4—5 und d 2—3 deutlich zeigen. 

Bemerkenswert ist, daB anscheinend auch die Berkefeld-Filter 
denselben locus minoris resistentiae haben kOnnen (siehe f 1—2, g 1); 
denn auch hier besserte sich der Filtrationseffekt ganz bedeutend 
nach Verkleben des Filterkopfes mit Schellack, man wird also gut tun, 
der Dichtung gerade dieser Stelle ganz besondere Aufmerksamkeit zu 
widmen. 

Im fibrigen will ich, was die Resultate meiner Versuche anbe- 
langt, auf die Tabelle verweisen, wo dieselben fibersichtlich zusammen- 
gestellt sind. 

Hervorzuheben erscheint mir dabei die groBe Zeitdifferenz, die in 
dem Durchtreten der Bakterien bei den verschiedenen sonst ganz gleich 
angestellten Versuchen sich zeigten. Es best&tigt sich dadurch wohl 
das, was von Esmarch durch seine Versuche fiber das Durchwachsen 
von Filtern *) ermittelt hat, daB unsere Kleinfilter alle mehr oder weniger 
auch grfifiere Poren haben, die, wenn sie miteinander zusammenh&ngen, 
auch ein rasches Durchwachsen bei sonst gut filtrierenden Filterkerzen 
ermoglichen. So kommt es, dafi selbst die besten Filter allm&hlich durch¬ 
wachsen werden und daB es auch bei sonst gut filtrierenden Filtern vor- 
kommen kann, daB sie recht schnell einmal Keime durchlassen konnen. 
Aus dieser Unregelm&fiigkeit in der Zusammensetzung auch unserer 
sichersten Kleinfilter, die technisch anscheinend noch nicht ganz beseitigt 
werden kann, lassen sich auch wohl die erheblichen Zeitdifferenzen er- 
klfiren, die ich ffir das Durchwachsen der Filter in meinen Versuchen 
fand; sie mahnen wiederum daran, daB man auch dem besten Filter 
nicht nnbedingt und namentlich nicht unbeschrfinkt lange Zeit trauen 
kann, namentlich wenn wirklich im Rohwasser grOfiere Mengen von 
pathogenen Keimen zu erwarten sind. 


1) Centralbl. f. Bakt. Orig. Bd. XXXII. 


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Kokubo, Das Schulersche Triumph-Isny-Filter. 


125 


Im Ubrigen unterscheiden sich nach meinen Versuchen die Isny- 
Filter von den Berkefeld-Filtern in ihrer Keime zurOckhaltenden 
Fahigkeit anscheinend nicht bedeutend, mehrfach wurden allerdings von 
ersteren die verschiedenen Keime sichtlich langer zurQckgehalten, dafQr 
war aber das filtrierte Wasserquantum bei den Berkefeld-Filtern 
wieder ein bedeutend grOfieres, wie aus den letzten 4 Spalten der Tabelle 
deutlich hervorgeht. So scheint ein Vorteil resp. Nachteil den anderen 
ziemlicb auszngleichen und man wird vielleicht fflr die Praxis empfeblen 
kdnnen, wenn man schnell viel Wasaer gebraucht, Berkefeld-Filter 
zu wShlen, die man dann etwas Sfter wird sterilisieren mflssen, w&hrend 
man Isny-Filtern etwas l&ngere Filtrationszeit bis zur erneuten Sterili¬ 
sation geben kann, dafQr aber anch weniger Wasser erwarten darf. 


Filtrierverenche mit IaDy- und Berkefeld-Filtern. 



Filterart und No. 

— 

| Es fanden sich im Filtrat nach — 

Stunden 

Es lieferte das Filter 

•s 

0 

> 

Spirillum 

parvum 

Bac. fluores- 
cens 

Prodigiosus 

andere 

Bacillen 

nach — 

' Min u ten 

A 

ii 

fl 

£ 

nach — 
Stunden 

StdLFiltr. 
in Lit«m 


( 

Ianyfilter, gewohnl. 

1 


nach 84 Std. 

nach 96 Std. 

nach 108 Std. 

5 

72 

340 

44 



yy n 

2 

nach 5 Min. 

a 96 „ 

bis 120 Std. 

n 120 „ 

5 

72 

120 

53 

a 






noch nicht 







1 

„ Kopf m. Schel- 

3 

„ 36 Std. 

bis 160 Std. noch nicht 

— 

5 

58 

168 

35 



lack gedicht. 

4 

yy 36 1 , 

120 „ 

yy yt 

— 

5 

66 

120 

30 



wie a aber feineres 

1 

„ 5 Min. 

nach 5 Min. 

nach 5 Min. 

nach 5 Min. 

5 

38 

72 

27 



„ Filter 

2 

yy ^ || 

yy b n 

yy O n 

b || 

5 

30 

36 

25 

b 


ii desgl. 

3 

yy ^ »» 

f> b n 

yy b || 

yy b n 

5 

72 

96 

33 



„ Kopf m. Schel- 

4 

„ 96 Std. 

„ 96 Std. 

bis 200 Std. 

noch nicht 

5 

36 

200 

21 



lack gedichtet 

5 

„ 96 „ 

yy 96 || 

„ 168 „ 

yy yy 

5 

42 

168 

30 


r 

wie b 

1 

i, 5 Min. 

„ 96 „ 

bis 288 Std. 

nach 96 Std. 

5 

42 

228 

4 


! 

yy 

2 

„ 5 „ 

„ 96 „ 

noch nicht 

„ 96 „ 

5 

42 

288 

25 

C 1 


yy 

3 

yy b I, 

,, 96 „ 

nach 120 Std. 

„ 96 „ 

5 

33 

240 

15 



„ Kopf m. Schel- 

4 

„ 96 Std. 

bis 168 

Stunden noch nicht 

5 

35 

168 

25 



lack gedichtet 

5 

yy 96 || 

„ 168 

yy yy 

yy 

5 

33 

168 

27 



wie b 

1 

„ 5 Min. 

nach 5 Min. 

nach 5 Min. 

nach 5 Min. 

5 

43 

24 

34 

d 


„ Kopf m. Schel- 

2 

„ 96 Std. 

bis 240 Std. 

noch nicht 

„ 144 Std. 

b 

38 

240 

10 



lack gedichtet 

3 

„192 „ 

„ 336 „ 

yy yy 

192 „ 

5 

43 

336 

24 

eJ 


wie b Kopfm. Schel- 

1 

„ 84 „ 

„ 192 „ 

yy yy 

„ 144 „ 

5 

55 

192 

25 

e l 


lack gedichtet 

2 

96 „ 



36 „ 

5 

60 

216 

36 



Berkefeldfilter, grftfi. 

1 

sofort 

sofort 

sofort 

sofort 

5 

(300 

72 

168 


1 

yy 

2 

yy 

yy 

yy 


5 

1300 

144 

72 

I 4 

1 

„ Kopf mit 

3 

nach 30 Min. 

bis 72 Std. 

noch nicht 

nach 60 Std. 

5 

1- 

_ 

— 


i 

Schell ack ged. 

4 

>i 30 n 

,, 144 „ 

yy yy 

» 60 „ 

5 

1- 

— 

— 


Berkefeldfilter, kiein. 

1 

» 6 „ 

nach 5 Min. 

nach 5 Min. 

nach 5 Min. 

5 

240 

100 

65 


- 

2 

sofort 

„ 4 Std. 

bis 100 8td. 

„ 36 Std. 

5 

240 

100 

60 







nicht 


I 






i, Kopf mit 

3 

nach 60 Min. 

» 120 „ 

bis 240 Std. 

bis 240 Std. 

5 1 

108 

240 

20 



Schellackged. 




nicht 

nicht 







„ desgl 

4 

„ 24 Std. 

» 120 „ 

nach 84 Std. 

nach 120 Std. 

5 

144 

192 

49 



wie g 1 

1 

„ 5 Min. 

„ 10 „ 

nach 10 Std. 


5 

129 

100 

48 

hi 


yy 

2 

>• 6 „ 

„ 10 „ 

yy 10 n 


1 5 

120 

100 

49 



wie g 3 

3 

„ 10 Std. 

» 96 „ 

bis 120 Std. 

nicht 

1 5 

108 

120 

15 



yy 

4 

» 10 „ 

„ 86 „ 

„ 120 „ 

yy 

5 

105 

120 

15 

ij 


wie g 3 

1 

„ 10 „ 

bis 144 Std. 

nach 144 Std. 

nach 72 Std. 

5 

126 

144 

42 



yy 

2 

„ 10 „ 

nicht 

,, 144 „ 

,, 84 „ 

5 

78 

144 

58 


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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1. 


12(i 


Naehdruck verbolen, 

Ein verbessertes Kaflgmodell fur Versuchstiere. 

[Acs dem kgl. kroat - slavon. bakteriologischen Landesinstitnt 
in Kriievci (Kroatien).] 

Von Prof. Ferdinand Kern, Vorstand des Institutes. 

Mit 1 Figur. 

Die Unterbringung der geimpften Versuchstiere verursacht oft 
Schwierigkeiten, besonders aber, wenn es sich um Tiere handelt, welche 
mit den Erregern solcher Krankheiten geimpft sind, die aucb den Men- 
schen zu infizieren im stande sind. 

Bei Cholera asiatica, Bubonenpest u. dergl. bleibt nichts anderes 
Gbrig, als die Tiere, die damit geimpft sind, in Glas-, Blech- oder Ge- 
f&Ben aus anderem undurchl&ssigen Material zu verwahren, diese aber 
auch zur Abwehr gegen Insekten, wie Fliegen, FlOhe u. a. entsprechend 
abzuschlieBen. Solche auf diese Art verscblossene KQfige sind aber fQr 
die Gesundheit der in sie gesperrten Tiere nicht ohne jeden nachteiligen 
EinfluB, erstens der vom Urin herrOhrenden AusdQnstungen halber und 
zweitens des erschwerten und verminderten Luftzutrittes wegen. 

Ich habe das Problem eines Kfifigs, welcher in jeder Hinsicht ent- 
sprflche, wohl nicht gelQst, doch einen solchen konstruiert, welcher fQr 
Tiere, die mit fQr den Menschen weniger gefahrlichem Material geimpft 
sind, besser entspricht, als die bisher gewQhnlich gebrauchten und in 
den PreisbQchern anempfohlenen es waren. 

Die Notwendigkeit eines besseren Modelles empfand ich gelegent- 
lich der Einrichtung des unter meiner Leitung stehenden Institutes. 

Bei der Konstruierung dieses neuen Modelles wurden besonders 
zwei in der Praxis bereits verwendete K&figmodelle berOcksichtigt. 

Das eine war das von der Firma F. & M. Lautenschl&ger aus 
Berlin bestellte kleinere Modell, welches im Preiskurant No. 60 dieser 
Firma unter No. 499 abgebildet und als Modell des Institutes fQr In- 
fektionskrankheiten anempfohlen ist. 

Der mir zugesandte KSfig unterscheidet sich von jenem, welchen 
das Bild im Preiskurant veranschaulicht, dadurch, daB er nicht von 
einem Stabgitter, sondern von einem solchen von Drahtgeflecht begrenzt 
ist, welches quadratische 1 cm breite MaschenlQcher besitzt. 

Vorteilhaft ist an dem Lautenschl&gerschen Modell, dafi es am 
Boden eine der GroBe des Bodens angemessene Schublade besitzt, welche 
10 cm hoch ist und zur Aufnahme der Versuchstiere dient. Diese Schub¬ 
lade verhindert das Zerstreuen der Exkremente der Tiere. 

Doch hat dieser KSfig auch seine Nachteile. So sitzen die Tiere 
in ihrem eigenen Urin und auf ihren eigenen F&kalien; die Futtern&pfe 
kSnnen nur so aus dem K&fig herausgeholt werden, wenn man die Hand 
und ein gut Teil des Armes in den KQfig um sie streckt, wobei man der 
Gefahr ausgesetzt ist, vom Tiere verletzt zu werden, sich mit Infektions- 
stoff zu beschmutzen, auch kann ein agiles Tier, wie das Meerschwein- 
chen, bei solcher Gelegenheit entwischen. Da die FutternQpfe an der 
KQfigwand h&ngen und in die Schublade bineiuragen, kann letztere nur 
dann herausgezogen werden, wenn die Futtern&pfe vorher entfernt 
wurden, was nicht praktisch ist. Die FutternQpfe nehmen beim kleineren 


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Kern, Ein verbessertes K&figmodell fiir Vereuchstiere. 


127 


Modell verhaltnismfiBig viel Raum ein, da sie an der Langsseite des 
Kafigs hangen, so daB fiir Kaninchen kaum geniigend Raum bleibt, um 
sich leicht umdrehen zu konnen. Zum Nachteil des Kafigs ist es auch, 
daB die Tiir an der Seite und nicht oben angebracht ist, da in diesem 
Falle so lebende als auch tote Tiere schwieriger in und aus dem Kafig 
gebracht werden konnen als durch Tiiren, welche an der Deckenwand 
angebracht sind. Endlich ist das schwierige Desinfizieren des Draht- 
geflechtes nicht auBer acht zu lassen. 

Das zweite als Muster benutzte Modell war jenes, welches im kgl. 
ungarischen bakteriologischen Staatsinstitute in Budapest (Prof. Preisz) 
benutzt wird. 

Dieses ist in mancher Hinsicht besserer Konstruktion als das friiher 
beschriebene. Es ist einfacher, leichter und hiibscher gebaut, hat ein 
massives Geriist von vierkantigen Eisenstangen, zwischen welchen gerade 
Drahtstfibe ein Gitter bilden. Die Tiir ist an der Deckenseite ange¬ 
bracht, und fiber dem Boden 
des Kafigs befindet sich ein 
Drahtnetz, auf welchem sich 
die Tiere befinden, so daB 
sie nicht im Urin zu sitzen 
brauchen. Die Futternapfe 
hangen auch hier an der 
Kfifigwand und werden 
ebenfalls durch die Tiir 
herausgenommen. Eine 
Schublade haben die Kafige 
dieses Modelles nicht, doch 
ist der Boden behufs Rei- 
nigung, wie dies bei Vogel- 
kafigen zu sein pflegt, her- 
ausziehbar. 

Durch die Vereinigung 
der praktischen Teile dieser 
beiden Kafigmodelle und deren teilweise Verbesserung ist das hier zu 
beschreibende neue Modell entstanden. 

Dieses Modell, welches aus der Abbildung ersichtlich ist, ist 480 mm 
lang, 400 mm breit und 360 mm hoch. Das Geriist ist aus 1 cm breiten 
und ebenso dicken vierkantigen Eisenstaben gebaut, zwischen welchen 
5 mm dicke, an den Seitenwfinden vertikal, an der Decke horizontal 
stehende, gerade Drahtstfibe das Gitter bilden. Am Boden befindet 
sich eine eben noch in den Kafig hineinpassende 100 mm hohe Schub¬ 
lade, welche vorn herausgezogen werden kann. Im Innern der Schub¬ 
lade befinden sich am Boden einige 1 cm hohe Blocke aus Blech, auf 
welchen eine dickere durchlochte Blechplatte liegt. Diese laBt alle Nasse 
durch, so daB die Tiere immer trocken sitzen. Sie ist dem Draht- 
geflecht aus dem Grunde vorzuziehen, da sie glatter als letzteres, also 
den Tieren weniger unangenehm, aber dabei auch dauerhafter ist. Diese 
Platte kann behufs Reinigung aus der Schublade genommen werden. 

Eine andere Verbesserung ist im Anbringen der Futternfipfe ver- 
wendet worden. Die Futternapfe habe ich bei dem neuen Modelle nicht 
an die Wand des Kfifigs, sondern an die Innenseite der vorderen Schub- 
ladenwand angebracht. Namentlich hat jeder Futternapf am oberen 
Rande der einen Langswand zwei nach oben sich verengernde Locher, 



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128 Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt. Original©. Bd. XXXVIIL Heft 1. 

welche mit zwei an der Innenseite der vorderen Schubladenwand sich 
befindlichen Kndpfcben korrespondieren, so daB der Futternapf an letz- 
teren aufgehangt werden kann. Will man die Tiere fflttern oder den 
Napf g&nzlich entfernen, so geniigt es, die Schublade etwas (der Breite 
des Futternapfes entsprechend) herauszuziehen, ohne mit der Hand in 
den KSfig greifen, ja ohne den Kafig Offnen zu mQssen. 

Was die weitere Adjustierung dieser Kafige anbelangt, lieB ich die- 
selben mit Emaillelack bestreichen, was sich sehr gut bewfihrte, da 
dieser Lack mit der Zeit hart wie Stein wird. Sie haben ganz niedere 
FfiBe und an den vertikalen Saulen je eine kleine Messingkugel zur 
Zierde. Die TQr hat einen einschnappenden VerschluB, sie ist ca. 20 cm 
breit, so daB dieselbe bei nicht allzu niederen Kafigstellagen geSffnet 
werden kann, ohne den Kifig von letzterer herunternehmen zu mussen. 

Ich lieB solche Kafige in der Maschinenschlosserei der hiesigen 
hdheren landwirtschaftlichen Lehranstalt anfertigen, wo das Stfick auf 
ca. 20 Kronen (=17 M.) zu stehen kam. 

Dieses Modell ist nun schon 3 Jahre hier im Gebrauch, wobei es 
sich als recht praktisch bewahrte. 


Die Redaktion des „Centralblatts fUr Bakteriologie und Parasitenkundef* 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wilnsche um 
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bei der Ein- 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben mu 
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturabsiige direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu Lassen . 


Inhalt. 


Castellan!, Aldo, Observations on some 
protozoa found in human faeces, p. 60. 
Doerr, R., Ueber Spirillum pyogenes 
Mezincescu, p. 15. 

Ghon, Anton u. Sachs, Milan, Beitr&ge 
zur Kenntnis der ana§roben Bakterien 
des Menscben. III., p. 1. 

Heller, Otto, Die Rothbergersche Neutral- 
rotreaktion auf Gelatine bei 37°, p, 117. 
Jensen, Vilh., Ist die Kleinsche Hefe 
eine besondere Art?, p. 51. 

Hem, Ferdinand, Ein verbessertes K&fig- 
modell fur Versuchstiere, p. 126. 

Hoknbo, Xaisako, Das Schulersche 
Triumph-Isny-Filter, p. 122. 

Honrddi, Daniel, Ist die Wut vererbbar?, 

p. 60. 

Dddke, H., Zur Spezifit&t der AntikOrper, 

p. 81. 

Markl, Ueber den Mechanismus der Ab- 
wehr des Organismus bei Infektion mit ‘ 
Tuberkelbacillen, p. 69. 


Mori, Hello, Ueber eine bei Katzen auf- 
getretene, durch einen besonderen Mikro- 
organiBmus bedingte Epizootie, p. 42. 

Pettersson, Alfred, Ueber die Virulenz 
und die immunisierende Wirkung des 
Typhusbacillus, p. 73. 

Sanfelice, Francesco , Streptothrix- 
Pseudotuberkulose, p. 30. 

Schwars, Carl, Ueber einen neuen, fur 
Kaltbl liter pathogenen Mikroorganismus 
(B. hypothermos), p. 11. 

Scheller, Robert, Experimented Bei- 
trftge zur Theorie und Praxis der Gru¬ 
ber - W i d a 1 schen Agglutinationsprobe, 

p. 100. 

Smidt, Henry, Zur Gharakterisierung der 
Hogcholeragruppe, p. 24. 

Strdssner, ZSdmnnd, Typhusbacillen in 
dem Wasser eines Hausbrunnens, p. 19. 

Vedeler, Blastomyceten im Urin, p. 54. 


Frommannaehe Bachdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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CntnlU. f. Iikt etc. I. Ut Original* U. XXXVIII. Heft 2. 


Nachdruck verbol&iu 

Der Bacillus jasmino-cyaneus uud der Bacillus flavo-aro- 
maticus, zwei neue, Farbstoff bildende Bakterien. 

[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Institut zu Strafiburg i. Els.] 
Von Dr. Walter Ctaehtgens. 

Die in den Faeces Typhuskranker und Typhusverd&chtiger vor- 
kommenden verschiedenen Bakterien bieten zuweilen Formen dar, die 
sich dnrch Aussehen der Kolonieen, Geruch and Farbstoffbildung von 
den in den normalen Darmentleerungen nachgewiesenen Mikroben 
wesentlich unterscheiden. Vieles spricbt daftir, daB sie vielleicht in be- 
sonderen antagonistischen Beziehungen zu den Typhusbacillen stehen, and 
ihnen in manchen Fallen das MiBlingen des Nachweises von Eberth- 
Gaffkyschen Mikroorganismen zuzuschreiben ist. In der bakterio- 
logischen Anstalt far Typbusbek&mpfung zu Strafiburg i. Els. wurden 
im Sommer 1904 zwei derartige Bakterien after beobachtet, deren n&here 
Untersuchung ich auf Herrn Prof. E. Levys Anregung vornahm. 

Der erste der erwahnten Bacillen wurde zuerst von Klinger 1 2 ) 
mebrere Male auf Platten bemerkt, welche von nach der Fickerschen 
Methode mit Koffelnbouillon behandelten Stuhlproben ausgestrichen 
waren. Er war dann stets fast in Reinkultur vorhanden, und seine 
Gegenwart bedeutete immer ein MiBlingen des Anreicherungsversuches. 
Klinger fand ihn ferner im Wasser eines Bacbes, in welchen zahl- 
reiche Abwasser mfindeten. Ich selbst hatte 2mal Gelegenheit, ihn auf 
mit MalachitgrOn beschickten Platten, auf denen sich Typhusbacillen 
gleichfalls nicht nachweisen liefien, aus den Stuhlproben Typhuskranker 
zu zfichten. 

Dieses Bakterium steht in seinen morphologischen, kulturellen und 
tierpathogenen Eigenschaften dem Bacillus pyocyaneus sehr nahe 
und unterscheidet sich von diesem lediglich durch einen intensiven 
Jasmingeruch; es wurde deshalb von Klinger Bacillus jasmino- 
cyaneus genannt. Grofie Aehnlichkeit hat es mit dem von Reimann*) 
bei Ozaena aus Nasensekret gezOchteten Bacillus smaragdino- 
foetidus, mit dem es vor alien Dingen den penetranten Geruch ge- 
meinsam hat. In einigen anderen Punkten liegen aber so auff&llige 
Unterschiede zwischen beiden vor, daB es sich nach meiner Meinung 
um einen bisher noch nicht beschriebenen Mikroorganismus handelt. 
Nach der Beschreibung Reimanns und Matzuschitas 3 ) ist die Eigen- 
bewegung des Bacillus smaragdino-foetidus in Frage gestellt, 
er wSchst ferner fakultativ aerob und farbt sich nach Gram. Der 
Bacillus jasmino-cyaneus dagegen ist ein auBerst bewegliches, 
kleines Stfibchen, welches nur aerob w&chst und sich nach der Gram- 
schen Methode nicht farben lafit. Das Wachstum erfolgt bei 24° C und 


1) Klinger, Ueber neuere Methoden zum Nacbweise dee Typhuebacillue in 
den Darmentleerungen. [Diesert.] Strafiburg i. E. 1904. 

2) Beimann, Ueber Mikroorganismen im Nasensekret bei Ozaena. [Dissert.] 
Wurzburg 1887. 

3) Matzuschita, Bakteriologische Diagnostik. 1902. 

Ente Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 2. 9 


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130 Centr&lbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

37° C gleich gut, nach 24 Stunden hat man schfln ausgewachsene Ko- 
lonieen vor sich. Eine Sporenbildung ist nicht vorhanden, desgleichen 
wird Sfiure beim Wachstum nicht gebildet Was nun das Wachstum 
auf den verschiedenen N&hrbflden angeht, so lieB sich darflber folgendes 
feststellen: 

Auf Gelatineplatten bilden sich irisierende, lappige Kolonieen, welche 
die Gelatine stark verflflssigen und intensiv grfln f&rben. Bei dem Ge- 
latinestich beginnt die VerflQssigung in Trichterform, um dann in wenigen 
Tagen die ganze Gelatinemasse aufzulOsen und grfln zu ffirben. 

Auf Agarplatten bilden sich zun&chst irisierende, lappige Kolonieen, 
welche das Agar nach kurzer Zeit smaragdgrfln fir ben. Die gleiche 
Erscheinung ist am Agarstrich sichtbar, wo sich die Kolonieen Bings 
des Impfstriches bilden. 

In Bouillon tritt eine gleichm&fiige Trflbung mit Grflnfarbung und 
Hautchenbildung auf. Milch wird koaguliert und peptonisiert. Auf 
Kartoffeln bildet sich ein dicker, braunlicher Belag und eine intensive 
Grflnfarbung der Kartoffel. Blutserum wird verflflssigt und verfarbt. 
Neutralrotagar wird nicht reduziert, Indol wird gebildet, Lackmusmolke 
intensiv blau gefarbt Gasentwickelung ist weder in Traubenzucker-, 
noch in Rohr- und Milchzuckerbouillon vorhanden. Alle Kulturen sind 
durch die Grflnfarbung des Nahrsubstrates und den starken, an Jasmin 
erinnernden Geruch charakterisiert. 

Aus dem Tierversuche ergab sich schlieBlich die Pathogenitat des 
Bacillus jasmino-cyaneus. Eine Maus, der V* ccm einer 24 
Stunden alten Bouillonkultur subkutan injiziert wurde, und ein Meer- 
schweinchen, dem 1 ccm derselben Kultur intraperitoneal injiziert wurde, 
starben nach 20 Stunden. Die Sektion ergab eine heftige Peritonitis; 
die Bacillen lieBen sich sowohl in der peritonealen Flflssigkeit als auch 
im Blute in groBer Zahl nachweisen. Durch Abimpfung von Blut und 
peritonealer Flflssigkeit auf Bouillon und Gelatine erhielt ich wieder eine 
Reinkultur mit den charakteristischen Eigenschaften des Bakteriums. 

Ferner beobachtete ich einige Male auf Drigalski-Conradi- 
schen Platten, welche mit den Faeces typhusverdachtiger Personen aus- 
gestrichen worden waren, einen Bacillus, dessen Gegenwart gleichfalls 
hemmend auf das Wachstum der Typhusbacillen zu wirken scheint. Er 
war durch das zierliche, rosettenfflrmige Aussehen der Kolonieen und 
einen intensiven obstartigen Geruch charakterisiert. Da er ferner auf 
alien Nahrbflden einen gelben Farbstoff produziert, mflchte ich ihn Ba¬ 
cillus flavo-aromaticus nennen, wodurch seine beiden charakte¬ 
ristischen Eigenschaften bezeichnet werden sollen. Ihm nahe steht der 
von Tataroff 1 ) beschriebene Bacillus crassus aromaticus, der 
zwar denselben Geruch hat, aber keinen Farbstoif produziert AuBerdem 
bestehen in der Sporenbildung, der Fflrbbarkeit nach Gram und dem 
Wachstum in Milch, auf Kartoffeln und Blutserum so bedeutende Unter- 
schiede zwischen beiden Bakterien, dafi eine Identit&t beider vollkommen 
ausgeschlossen ist. 

Der Bacillus flavo-aromaticus ist ein mittelgroBes, m&fiig 
dickes St&bchen, welches nur eine geringe Eigenbewegung zeigt und 
sich nach Gram nicht fflrbt. Sporenbildung erfolgt nicht. Er wflchst 
nur aerob, sowohl bei 24° C als auch bei 37° C, in 24 Stunden erhalt 
man gut ausgebildete Kolonieen. Auf den verschiedenen NahrbQden 
zeigt er folgendes Verhalten: 

1) Tataroff, Die Dorpater Wasserbakterien. [Dissert] Dorpat 1891. 


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Ghon u. Sachs, Beitrflge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 131 


Auf der Gelatineplatte bilden sich zunSchst rosettenffirmige, hell- 
gelbe Kolonieen mit etwas dunkler gefarbtem Zentrum; nach kurzer 
Zeit tritt Verflttssigung der Gelatine ein. Im Gelatinestich bilden sich 
gelb gef&rbte Kolonieen lings des ganzen Stiches, die flQssig gewordene 
Gelatine wird durch eine derbe, gelbe Scheidewand horizontal yon der 
noch festen Masse getrennt. Im Strich erfolgt die Verflflssigung sehr 
rasch, indem sich zun&chst ein gelblicher Belag bildet, welcher bald 
hinabrutscht und sich nnten als gelber Bodensatz sammelt. 

Auf Agarplatten bilden sich den oben beschriebenen fihnliche ro- 
settenformige Kolonieen mit gelbem Zentrum. Im Agarstrich bildet sich 
ein dicker, gelber Belag lings des Impfstriches. 

Bouillon wird gleichmiBig getrfibt. Auf der Kartoffel bildet sich 
ein dQnner, gelblicher Belag, auf dem Blutserum eine dicke, braungelbe 
Auflagerung, welche das Serum stark verflUssigt. Milch wird koaguliert 
und peptonisiert, Neutralrotagar nicht reduziert, Lackmusmolke blau ge- 
firbt. Saure, Aceton und Indol werden nicht gebildet. In Trauben- 
zucker-, Milchzucker- und Rohrzuckerbouillon findet keine Garung statt. 
Alle Kolonieen sind durch den intensiven obstartigen Geruch und die 
Produktion des gelben Farbstoffes charakterisiert. Pathogene Eigen- 
schaften lieBen sich weder fflr Kaninchen noch far Miuse und Meer- 
schweinchen nachweisen. Die mit einer 24 Stunden alten Bouillonkultur 
injizierten Tiere zeigten keinerlei Anzeichen einer Erkrankung. 

- Wenn man, abgesehen von den tierpathogenen, die morphologischen 
und kulturellen Eigenschaften des Bacillus jasmino-cyaneus und 
des Bacillus flavo-aromaticus miteinander vergleicht, so ist die 
groBe Aehnlichkeit im Wachstum auf fast alien Nihrboden auffallend. 
AuBerdem sind beide durch Farbstoffbildung und einen intensiven Ge¬ 
ruch charakterisiert. Es liegt demnach die Moglichkeit vor, daB sie zu 
einer Klasse von Bakterien geh5ren, welche fQr das Wachstum der 
Typhusbacillen in den Faeces vielleicht von Bedeutung sind. 

Zum SchluB erlaube ich mir, Herrn Prof. E. Levy fQr die freund- 
liche Hilfe, die er mir bei der vorliegenden Arbeit hat zuteil werden 
lassen, meinen ergebensten Dank auszusprechen. 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des 

Menschen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien 
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).] 

III. Zur Aetiologie der Peritonitis. 

I. Mitteilung. 

Von Dr. Anton Ghon und weiland Dr. Milan Sachs. 

Mit 1 TafeL 
(SchluB.) 

In Bouillon mit Milchzuckerzusatz (2 Proz.) war Wachstum und 
Gasbildung gleich wie in Traubenzuckerbouillon, in Bouillon mit 
Rohrzucker (2 Proz.) hingegen sp&rlicher. 

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Centmlbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


In Peptonwasser war das Wachstnm viol spflrlicher als in 
Bouillon. Gasbildung erfolgte nicht. 

In eiweiBfreien NfthrbOden, nach Uschinsky hergestellt, 
konnte Entwickelung der Bacillen nicht erzielt werden, auch dann 
nicht, wenn ihnen Traubenzucker, Rohrzucker odor Mannit 
bis zn 2 Proz. zugesetzt wurden. Dagegen erfolgte anch in N8.hrbOden 
nach Uschinsky deutliches Wacbstum, wenn diese 1 Proz. Pepton 
oder Pepton und Traubenzucker (2 Proz.) zugesetzt erhielten. Gasbildung 
kam dabei nicht zur Beobachtung. 

In Milch erfolgte sp8rliche Entwickelung der Bacillen, jedoch 
keine Gasbildung und keine Gerinnung (Beobachtung durch 55 Tage). 

In erstarrter Hydrocelenflttssigkeit entwickelten sich die 
Bacillen anfangs sp&rlich, spftter reichlicher, dabei erfolgte Gasbildung 
und langsame, aber mentals vollst&ndige Verflflssigung, jedoch nicht 
immer in gleich intensiver Weise. Manchmal war die Verflflssigung bei 
makroskopischer Betrachtung der Kulturen flberhaupt nicht erkennbar 
und ihr Vorhandensein nur dadurch nachzuweisen, daB der Impfstich, 
dem entlang deutliches Wachstum erfolgt war, eine auffallend schlQpfrige 
Beschaffenheit beira Eingehen mit der Oese zeigte. 

In Loeffler-Serumkulturen (Zflchtung in Buchnerschen 
Rdhrchen) zeigte sich Wachstum entlang dem Impfstriche in Form mehr 
oder weniger zahlreicher dellenformiger, nicht sehr tiefer Einziehungen, 
an deren Grunde je eine weiBlich aussehende, etwa 1,5 mm im Durch* 
messer haltende Kolonie mit feingez&hnelten Rfindern lag. Der die 
Eolonie umgebende Nahrboden war weich, fast flQssig. 

Auf Kartoffeln (Zflchtung unter Wasserstoffatmosphflre und im 
Buchnerschen Rdhrchen) blieb Wachstum aus, auch dann, wenn die- 
selben alkalisch reagierten. 

Lackmusbouillon zeigte kein Wachstum (55 Tage). 

In Stflrkeagarkulturen (1 Prom. Starke), die durch Zusatz 
von Normalnatronlauge verschieden stark alkalisch gemacht wurden, er¬ 
folgte Wachstum, doch nahm dasselbe bei stflrkerer Alkaleszenz ent- 
sprechend ab. 

Der Nachweis von Indol gelang leicht in Bouillonkulturen mit 
Zusatz von Trauben-, Milch- oder Rohrzucker (Kaliumnitrit und Schwefel- 
sflure oder Nitroprussidnatrium, Kalilauge und Essigsaure). 

Bildung von Schwefelwasserstoff konnte in Traubenzucker- 
Bouillonkulturen mittels Bleiacetatpapier leicht nachgewiesen werden 
(langhalsige Kolben). 

In Zuckeragar mit Zusatz von Neutralrot erfolgte Wachstum 
und Entfarbung, ebenso in Agar, dem indigoschwefelsaures Na¬ 
trium (1 Prom.) zugesetzt wurde. Die Entfflrbung trat in beiden 
Nahrbdden ziemlich rasch ein. 

Die chemische Untersuchung einer 5 Tage alten Kultur in 
Traubenzucker ergab: 

Saure Reaktion der Flflssigkeit, Anwesenheit von 
Aethylalkohol, Indol und Milchsflure, sowie Spuren von 
Essigsaure. Buttersaure war nicht nachweisbar. 

Die Kulturen, besonders die stark eiweiBhaltigen, verbreiteten einen 
nicht sehr intensiven, fauligen Geruch. 

Das Wachstum des Bacillus erfolgte nur bei hdheren Tempe- 
raturen (Brflttemperatur). Unter 22—24° C konnten wir Entwickelung 
niemals beobachten, bei Temperaturen zwischen 27—28° C trat 


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Gbon u« Sachs, Beitrftge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 133 

Wachstum ein, doch blieb es an Ueppigkeit gegen iiber dem bei Brflt- 
temperatur etwas zurflck. 

Die Empfindlichkeit des Bacillas gegentiber Sauer- 
stoffzutritt war eine groBe, ein Urostand, der der Kultivierung des 
Bakteriums viel Schwierigkeiten bereitete. 

Die Resistenz des Bacillus in den Kulturen war im allgemeinen 
eine recht geringe, namentlich in den ersten Generationen. Schon 6 bis 
8 Tage alte Kulturen erwiesen sich dann hlufig als nicht mehr Gber- 
impfbar. In den splteren Generationen hielten sich die Kulturen so- 
wohl bei Zimmertemperatur als auch im Brfltofen linger, so daB es 
manchmal noch moglich war, 4—5 Wochen alte Kulturen mit Erfolg zu 
fiberimpfen. Noch llngere Zeit hielten sich die Zuckeragarkulturen, je- 
doch nur dann, wenn sie, vor Austrocknung geschfltzt, bei 37 0 gehalten 
wurden. Auf diese Weise gelang es uns, Kulturen ca. 150 Tage und 
linger lebensflhig zu erhalten. 

Tierversuche ergaben keine Resultate. Subkutane Impfungen 
bei weiBen Mlusen und Meerschweinchen bis zu 2 ccm 48-stflndiger 
Zuckerbouillonkulturen erzeugten auBer geringen Infiltraten, die zurQck- 
gingen, keine Verlnderungen. Intraperitoneale Injektionen in denselben 
Mengen blieben gleichfalls ohne Reaktion. Fur die Versuche wurden 
im ganzen 6 weifie Mluse und 4 Meerschweinchen verwendet. 

* 

* * 

Wir konnten also in dem Exsudat einer zirkumskripten, akut eite- 
rigen Peritonitis im Anschlusse an ein zerfallenes und verjauchtes 
Magencarcinom mikroskopisch und kulturell auschliefilich und 
reichlichst eine Bakterienart nachweisen, die den anaeroben Bacillen 
zugehSrt. Der Umstand, daB andere Bakterien vollig fehlten und daB 
auch eine andere Ursache fflr die Peritonitis nicht gefunden wurde, 
scheint uns mit Bestimmtheit daftir zu sprechen, daB der gefundene Ba¬ 
cillus die Ursache der Bauchfellentztindung darstellte. Gegen diese An- 
nahme spricht auch nicht die Tatsache, daB der gezilchtete Bacillus als 
ein sicher ungewdhnlicher Erreger der akut eiterigen Peritonitis anzu- 
sehen ist, ebensowenig der Umstand, daB der Bacillus in den ausge- 
fQhrten Tierexperimenten so gut wie keine Pathogenitlt erkennen lieB. 
Die Forderung, daB ein Bakterium, soli es die Ursache einer Erkran- 
kung darstellen, die gleiche Krankheit auch bei unseren Versuchstieren 
erzeugen mGsse, ist heute in diesem Sinne nicht aufrecht zu erhalten. 
Wir kennen schon viele exquisit menschenpathogene Keime, die fflr 
unsere gebrluchlichen Versuchstiere fast gar keine oder nur geringe 
pathogene Wirkung zeigen. Auflerdem ist aber gerade fiir unseren Fall 
noch hervorzuheben, daB die Experimente nicht mit den allerersten 
Generationen ausgeftthrt werden konnten, daB also mdglicherweise eine 
stlrkere Virulenz unseren Versuchstieren gegeniiber ganz gut noch in 
den ursprunglichen Kulturen rorhanden war. 

UnterstGtzt wird die Auffassung von der Itiologischen Bedeutung 
des gezuchteten Bacillus fiir die Peritonitis aber zweifelsohne durch die 
Tatsache, daB wir in den Schnittprlparaten vom Magen-Lebertumor und 
einer krebsig entarteten regionlren Lymphdrtise der grofien Magen- 
kurvatur sowie in denen mehrerer Lungenabscesse anscheinend aus- 
schliefilich eine Bacillenart nachweisen konnten, die ihrem morpho- 
logischen nnd ftrberischen Verhalten nach vOllig mit den im peritonealen 
Exsudate gefundenen Bacillen Qbereinstimmt. Und gerade auch in den 


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134 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

Schnittpr&paraten mufiten die gefundenen Bacillen gleich denen im Peri¬ 
toneal exsudate nach ihrem Verhalten zu den Gewebselementen als im 
Zasaramenhange stehend mit den erkennbaren entzfindlichen Verinde- 
rungen angeseben werden. Leider war dieser interessante bakteriolo- 
gische Befund des Peritonealexsudates ein unerwarteter, so dafi die 
Kultivierung des Bacillus ans den Lungenabscessen nicbt mehr durch- 
geffihrt werden konnte. 

Die Peritonitis ist als eine sekund&re zu bezeichnen und als 
ihr Ausgangspunkt der zerfallene Magentumor anzusehen. DafQr 
spricht vor allem die Lokalisation der Peritonitis: ibre Ausbreitung 
fiber die vordere Magenflfiche bezw. den Bereich des auf die Leber 
fibergreifenden Magentumors. Da eine akute Perforation des ver- 
jaucbten Tumors in die freie Bauchhfihle nicht nachweisbar war, muB 
die zirkumskripte Bauchfellentzfindung als eine vom zerfallenen und in- 
fizierten Tumor aus fortgeleitete aufgefaBt werden. Es mag dabei da- 
hingestellt bleiben, an welcher Stelle der Uebertritt der Bacillen, welche 
die Peritonitis verursachten, erfolgt war. 

Die Infektion des Magentumors war endogen entstanden, also vom 
Magen selbst aus. Die Gelegenheit zu solchen Infektionen ist gerade 
bei Magencarcinomen im allgemeinen oft gegeben, da die Reaktion des 
Magensaftes bei Carcinom, ferner Gewebszerfall und Blutungen des 
Tumors der Ansiedelung und Vermehrung pathogener Keime Vorschub 
leisten. 

Die Lungenabscesse waren ihrem pathologisch-anatomiscben Bilde 
nach typische, metastatische Abscesse. Da nur die Lungen den 
Sitz dieser Abscesse bildeten, erfolgte die Verschleppung des infektidsen 
Materials wohl auf vendsem Wege. Mit dieser Annahme stehen auch 
die histologischen Bilder der Lungenabscesse in Einklang. Wahrschein- 
lich dfirfte der Einbruch in die Blutbahn in der Leber stattgefunden 
haben, weil es uns scheint, dafi gerade in der Leber infolge der zahl- 
reichen grofien, vfillig verjauchten Tumorknoten dazu am meisten Ge¬ 
legenheit gegeben war. 

Das Exsudat der Peritonitis und der Lungenabscesse wie auch das 
Sekret der zerfallenen Tumormassen verbreiteten einen stinkenden Ge- 
ruch, der — wie aus den von uns studierten Eigenschaften des ge¬ 
fundenen Bacillus hervorgeht — durch seine F&higkeit, EiweiB zu zer- 
setzen, bedingt war. 

* 

* * 

Es erfibrigt uns noch, die Stellung des gefundenen anafiroben Ba¬ 
cillus im Bakteriensystem zu erfirtern. 

In der Literatur fiber die anafiroben Bakterien fanden wir keinen 
Bacillus, mit dem der von uns gezfichtete mit Sicherheit identifiziert 
werden kann. 

Vom Bacillus ramosus [Veillon und Zuber 1 )], der gleich- 
falls ein unbewegliches, streng anafirobes, nur bei 37° C wachsendes 
Bakterium darstellt, unterscheidet sich unser Bacillus dadurch, daB er 
gleichmfifiig Gram-negativ ist, w&hrend jener nach der Methode von 
Gram geffirbt bleibt. Dazu ist der Bacillus ramosus durch grofie 


1 ) Rist, E., Nene Methoden und neue Ergebnisse im Gebiete der bakteriologi- 
schen Untersuchung g&ngrandeer und fdtider Eiterungen. (Centralblatt f. Bakt. etc. 
Bd. XXX. 1901.) 


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Ghon a. Sachs, Beitrftge zur Kenntnia der anafiroben Bakterien des Menschen. 135 


Lebensf&higkeit und durch seine Pathogenit&t fflr Meerschweinchen und 
Kaninchen ausgezeichnet. 

Der Bacillas fragilis (Veillon nnd Zuber) stellt ein un- 
bewegliches, 6 ram-negatives St&bchen dar, schwer zQchtbar und von 
geringer Lebensf&higkeit. Der Bacillus bildet sp&rlich Gas, verfldssigt 
Gelatine nicht, zeigt keine Sporen und produziert in den Kulturen 
einen stinkenden Gernch. Doch l&Bt der Bacillus fragilis Versuchs- 
tieren gegenOber ziemlich bedeutende Pathogenit&t erkennen und schein- 
bar sowohl im Eiter wie in den Kulturen einen grQBeren Formenreichtum 
vermissen. 

Der Bacillus fusiformis (Veillon und Zuber) wird als ein 
groBes, spindelfdrmiges St&bchen beschrieben, das durch die GrQBe 
seiner Formen und durch sein rasches Wachstum sich von unserem 
Bacillus leicht unterscheiden l&Bt. 

Der Bacillus furcosus (Veillon und Zuber) ist schon durch 
die EigentQmlichkeiten seiner Formen von unserem Bacillus abtrennbar 
und der Bacillus nebulosus (J. Hal 16) dadurch. daB er kein Gas 
bildet. 

Am ehesten ist unser Bacillus dem Bacillus funduliformis 
(J. Hal 16) ahnlich. Dieses Bakterium wird von Rist als ein kleines 
gekriimmtes St&bchen beschrieben, das sich durch Anilinfarben wenig 
tingieren lftBt und bei der Methode von Gram entf&rbt. In Rein- 
kulturen ist der Bacillus sehr polymorph, die „einzelnen Glieder ver- 
l&ngern und krQmmen sich, tragen an beiden Enden dicke, vielfSrmige 
Anschwellungen Oder drQcken sich zu dicken, unregelm&Bigen Kugeln u . 
Daneben findet man F&den, die sich manchmal reich verzweigen, und 
kurze „bacill&re Glieder u . Der Bacillus w&chst nicht unter 37 0 C, dabei 
langsam, bildet sehr Qbelriechendes Gas und ist fQr Meerschweinchen 
und Kaninchen nicht konstant pathogen: manchmal gelang es, Abscesse 
gangr&ndser Natur zu erzeugen, die entweder spontan ausheilten Oder 
das Tier rasch zu Fall brachten. 

Wir mQssen es dahingestellt sein lassen, ob die Identit&t unseres 
Bacillus mit dem von Hall6 gefundenen Bacillus fundiliformis 
anzuerkennen sei Oder nicht. Da dieser Bacillus bei gangr&ndsen oder 
fotiden Prozessen des Menschen allem Anscheine nach wiederholt ge- 
funden wurde, h&tte es zweifellos grofies wissenschaftliches und vielleicht 
auch praktisches Interesse, sollte es sich durch weitere Untersuchungen 
herausstellen, daB dieses Bakterium des Qfteren bei gewissen patho- 
logischen Prozessen des Menschen zu finden sei. 

Es seien deshalb die Merkmale, die den von uns gezQchteten Ba¬ 
cillus kennzeichnen, nochmals kurz hervorgehoben: 

Kleine, G ram -negative Bacillen, unbeweglich und ohne Sporen, im 
allgemeinen schlecht f&rbbar und sehr polymorph. Wachstum nur bei 
hdheren Temperaturen. Sp&rliche Gasbildung. Keine Verflussigung der 
Gelatine. Kein Wachstum in eiweiBfreien NfihrbQden. Keine Gerinnung 
der Milch. Langsame VerflOssigung erstarrten Serumeiwei&es. Bildung 
von Indol und Schwefelwasserstoff. Entfarbung von Neutralrot und 
indigoschwefelsaurem Natrium. Bildung von Aethylalkohol, Milchs&ure 
sowie geringer Mengen von Essigs&ure. Nicht sehr intensiver, stinken- 
der Geruch der Kulturen. Geringe Pathogenit&t fQr die gebr&uchlichen 
Versuchstiere. 

Der Bacillus ist im Besitze der Bakteriensammlung von F. Krdl 
in Prag. 


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136 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Tafelerkl&nmg. 

Fig. I. Deckglaspraparat vom peritonitischen Exeudat. F&rbung nach Gram mit 
Fuchsinnachfarbung. 

Fig. II. Schnittpraparat aus dem Magen-Lebertumor. Orenzpartieen mit intra- 
und extracellularen Bakterienhaufen. Farbung mit Boraxmethylenblau. 

Fig. III. Deckglaspraparat von einer Zuckeragar-Plattenkuitur (Kla tscbpr&parat ) f 
3 Tage alt (Wasserstoffatmoephare). Farbung nach Gram mit Fuchsinnachfarbung. 

Fig. IV. Deckglaspraparat von einer Kultur auf erstarrtem Loeffler-Serum 
(Buchner-Rohr), 49 Tage alt (bei 37° C), 75. Generation des Bacillus. F&rbung mit 
Boraxmethylenblau. Schmale Faden und aegenerierte Formen. 

Fig. V. Deckglaspraparat von einer 10-tagigen Kultur im Traubenzuckeragar 
mit Zusatz von Neutral rot, 7. Generation. Jodpr&parat. Degenerationsformen, teilweise 
mit intensiver Braunfarbung. 

Alle Abbildungen wurden aufgenommen mit Zeiss, homogene Immersion, 2,0 mm, 
Apert. 1,30, Komp.-Ok. 6. 


Nachdruck verboten . 

Kultur- und Tierversuche mit dem Bacillus fusiformis und 

dem Spirillum. 

[Mitteilung aus dem pathol. - an at Institute der KQnigl. Universit&t zu 
Kolozsv&r (Direktor: Prof. Dr. Buday).] 

Von Dr. D. Veszpr6ml, Privatdozent, I. Assistent. 

Prof. Buday sezierte am 3. September 1904 die Leiche eines 
53 Jahre alten Mannes von der chirurgischen Klinik, der wegen eiteriger 
Periostitis des rechten Oberkiefers aufgenommen wurde. Dieser Fall 
liefert vielen interessanten Stoff zu einer eingehenden Bearbeitung, jetzt 
wollen wir nur kurz hervorheben, dafi bei der Sektion aufier einer 
gegen die Schadelbasis hin sich ausbreitenden eiterigen Periostitis, 
eine in den rechten Musculus temporalis eindringende Phlegmone, eine 
hamorrhagisch - eiterige Entziindung der Gehirnhaute, und in der Lunge 
metastatische Abscesse zu finden waren. Wir fanden in dem Eiter der 
Mundhdhle als auch in dem der metastatischen Herde kleine k5rn- 
chenformige Gebilde, die zuin Teil aus dem Bacillus fusiformis 
und aus Spirillen bestanden. Das gleichzeitige Vorbandensein der 
Bakterien in so ungewbhnlich groBer Menge hatte uns dazu bewogen, 
etliche Kaninchen mit dem Materials zu impfen und die ReinzQchtung 
derselben auf den gebrauchlichen Nahrboden zu versuchen. Die Kultur- 
versuche blieben ohne Erfolg. Hingegen gelang es uns, bei den Ka¬ 
ninchen eine Infektion hervorzurufen. Es ging namlich eins der Ka¬ 
ninchen an eiteriger Peritonitis zu Grunde. Das Exsudat war von sehr 
unangenehmem Geruch, und enthielt aufier einer Art von ffidenfdrmigen 
Bakterien und Kokken eine grofie Anzahl fusiformer Bacillen und 
Spirillen. Bei alien subkutan geimpften Kaninchen entwickelten sich 
binnen weniger Tage gangrfinose Abscesse von penetrantem 
Geruch, die den Tod der Tiere zur Folge hatten. In dem Abscefi- 
eiter fanden sich in groBer Zahl auch fusiforme Bacillen und Spirillen 
vor. Mit dem Eiter dieser Abscesse infizierten wir eine weitere Tier- 
reihe mit ganz demselben Erfolge. 

Aus dem am 23. Oktober geOffneten gangrfinbsen Abscesse eines 
der II. Versuchsreihe angehorigen Kaninchens versuchten wir auf den 


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S) 

1 


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Centralbl. f. BaktcrioL Abt L Orig. Bd. XXX V 111. Ghon u. Sachs, Anaerobe Bakterien, 



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Verlag von Gustav Fischer in Jena. 

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Veszpr6mi, Kultur- u. Tierversuche mit dem Bac. fusiformis u. dem Spirillum. 137 


kunstlichen Nahrboden wiederholt die Zflchtung. Jetzt benntzten wir 
aber zu diesem Zwecke Nahrboden verschiedener Zusammensetzung, 
unter anderem das Gemisch von Liquor pericardii -f- Bouillon, Kaninchen¬ 
serum + Liquor pericardii, Kaninchenserum Bouillon etc. Die Kul- 
turen zeigten schon binnen 24—48 Stunden Anzeichen des Gedeihens, 
unter denen haupts&chlich der auBerordentlich unangenehme, mehr Oder 
weniger an Gangrkn Oder dysenterischen Darminhalt erinnernde Ge- 
ruch hervorzuheben ist Die Kulturen zeigen eine eigentiimliche Art 
der Entwickelung, so z. B. entstehen in den Kaninchenserum enthaltenden 
Nahrbdden am Boden oder an der Wand der Eprouvette haftende Korner, 
in anderen Nahrbdden wiederum bildete sich ein reichliches, kdrnig- 
flockiges Sediment. In den Deckglaspraparaten waren am Anfange 
grofie Mengen fusiformerBacillen zu finden, spater zeigten sich in 
grofier Zahl auch fadenformige Bakterien und Spirillen. Die 
Kulturen entwickeln sich auch jetzt noch durch mehrere Generationen. 

Um uns von der pathogenen Wirkung der Bakterien zu Qberzeugen, 
impften wir mit denselben subkutan, beziehungsweise intramuskuiar zu 
wiederholten Malen Kaninchen. Der Erfolg zeigte sich auch bei diesen 
in den binnen kurzer oder langerer Zeit entstandenen stinkenden, gan- 
grandsen Abscessen und der ProzeB fflhrte, mit einer starken Ab- 
magerung der Tiere einhergebend, zum Tode. Der Bakteriengehalt ist 
der namliche wie bei den von der Leiche infizierten Tieren. Auch von 
diesen Abscessen gelang es, dieselben Bakterien zu zflchten. 

Obzwar unsere Versuche betreffs der Tierversuche und Zflchtung 
ziemlich zahlreich sind, halten wir es trotzdem bei dieser Gelegenheit 
noch fflr verfrflht, dieselben und deren Resultate bekanntzugeben. 
Wir wollen noch darauf hinweisen, daB, soweit wir bis jetzt die Literatur 
uberblicken konnten, unseres Wissens experimentelle Versuche mit diesen 
Bakteriengattungen nur in relativ geringer Zahl stattfanden und auch 
hinsichtlich des Resultates nicht ganz befriedigend sind. Es sind namlich 
die Beziehungen der haufiger erwahnten Bakterien zu einander, deren 
Entwickelungsgang, biologische Eigenschaften, Formeigentfimlichkeiten 
u. s. w. noch in vieler Beziehung streitig. Auch bedarf deren pathogene 
Wirkung — obzwar diesbezQglich besonders im menschlichen Organismus 
eingehende Untersuchungen nicht fehlen — von einem ganz anderen 
Standpunkte aus einer Erlauterung. Auch unsere Versuche haben noch 
— bevor dieselben Gegenstand einer detaillierten Erdrterung bilden — 
von etlichen Seiten eine Erganzung ndtig; so z. B. sind dieselben noch 
mit den histologischen Untersuchungen zu vervollstandigen, aber so viel 
kann bereits aus dem Gesagten geschlossen werden, daB sowohl der 
Bac. fusiformis wie das Spirillum von Menschen auf Tiere 
zu impfen sind, in denselben den namlichen pathologischen 
ProzeB hervorrufen, auf kQnstlichen Nahrboden zQchtbar 
sind, in den Kulturen ihre Virulenz so weit behalten, daB 
es auch bei mitKulturen infizierten Tieren zurEntwicke- 
lung gangrandser Abscesse kommt. 


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138 


Centr&lbL f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Nachdruck verboten. 

Weitere Untersuriumgen liber Anaerobiose. 

[Aus dem hygienischen Institute der kgl. Universitfit zu Sass&ri.] 

II. Mitteilung. 

Von Prof. Claudio Fermi unter Mitwirkung von E. Bassu, stud. 

Mit 13 Figuren. 

In der ersten Mitteilung 1 ) haben wir die Kritik von verscbiedenen 
bekannten Methoden der Anaerobiose durchgenomtnen und auf experi- 
mentellem Wege bewiesen, wie in alien diesen, ohne Ausnahme, stets 
deutlich das O 2 nachgewiesen werden kann. Da nun besagte Methoden 
zur Losung der in Bezug auf die Anaerobiose aufgeworfenen Fragen 
untauglich waren, versuchten wir, neue Methoden auszuarbeiten, welche 
es uns moglich machen sollten, die AnaSroben in Abwesenheit des mit 
Hilfe delikater Mittel nachweisbaren O 2 zu kultivieren. 

Wir begannen daher unsere Untersuchungen mit einer Reihe prali- 
min&rer Forschungen, wie z. B.: 

1) Ueber die Entfernung des O 2 mittels Aufkochung. 

2) Ueber den verschiedenen Widerstand, den die verschiedenen Sub¬ 
strate (Agar, Gelatine, Fleischbrflhe u. s. w.) beim Ausscheiden des 
Sauerstoffs durch Aufkochen leisten. 

3) Ueber die Wirksamkeit der verschiedenen luftdichten Substanzen, 
wie z. B. Vaselin, Paraffin, Paraffindl u. s. w., zum Schutze des Sub¬ 
strates w&hrend und nach dem Aufkochen. 

4) Ueber die Wirkung des Umkehrens der Kulturen direkt in Kali 
pyrog., welches gleichzeitig als absorbierendes Mittel des O 2 als Schutz- 
schicht gegen die fiuBere Luft diente. 

5) Ueber die Wirksamkeit des dem Substrat beigefflgten Kali pyrog. 
bei der Absorbierung des O 2 . 

In dieser unserer zweiten Arbeit setzen wir ferner die Beschreibung 
verschiedener anderer neuer Methoden und Verfahren fort und werden 
zahlreiche, von uns mit denselben vorgenommene 
Versuche anfQhren. 

Um soviel wie mdglich das Durchdringen des 
Sauerstoffs in das Substrat durch die Schutzsubstanz 
hindurch zu verhindern, sind wir folgendermafien 
zu Werke gegangen: 

Methode I. Nach Vertreibung des Sauerstoffs 
aus dem Substrat mittels Aufkochens, unterstfltzt 
durch V, ccm Paraffin, gossen wir auf letzteres, so- 
bald es geronnen war, anderes Paraffin und sodann 
eine L6sung von Kali pyrog. (Fig. 1) bis 2 cm vom 
Rande der Eprouvette. Diese wurde mit Paraffin 
verschlossen und die Kulturrbhren wurden umge- 
kehrt, um das Durchdringen des Kali pyrog. durch 
das Paraffin in das Substrat zu verhindern. 

Als Anzeiger des Sauerstoffs im Substrate be- 
dienten wir uns des Kali pyrog. selbst. Kontroll- 
versuche wurden vorgenommen. 

1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXV. 1904. No. 5. 




Agar- 

Paraffin* 


Kalipyro-. 

gallicum 


Paraffin- 


Fig. 1. 


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Fermi u. B&ssu, Weitere Untersuchungen fiber Anafirobiose. 


139 


Resultat: Der Schw&rzungsgrad des Kali pyrog. im 
Substrat im Augenblick des Versuches blieb uuver- 
ftndert selbst nach einem Monat, w&hrend er in den 
Kontrollversuchen zunahm. Demnach wurde das Durch- 
dringen des Sauerstoffs verhindert 

* 

* * 

Metbode II. Um die Kultnr immer mehr gegen die Mdglicbkeit 
des Durcbdringens von Sauerstoff zn sichern, haben wir einige Versuche 
znr Vertreibung des 0 s durch Aufkochen, untersttitzt durch Paraffin, 
dnrch eine Schicht von Kali pyrogallicum and einer zweiten Paraffin¬ 
schicht dann Eintauchen der Epronvette in Paraffin- Oder Olivendl 
gemacht 

Wir experimentierten mit Wasser and mit Oel, indem wir ver- 
schiedene, eine gleicbe Menge von Kali pyrog. enthaltende Eprouvetten 
in diese Flflssigkeiten tauchten. Die Eprouvetten warden mit Gamrai- 
oder mit KorkstSpseln verschlossen, am den Unterscbied dieser beiden 
VerschluBsysteme zn beobacbten. 

Resultat: Das Kali pyrog. hatte, sogar noch nacb zwei 
Monaten, dieselbe Farbe bewahrt, die es zur Zeit des 
Versuches batte. Das beste VerschluBsystem bildeten 
die Gummistbpsel und die Immersion mit Oel. 

Aas den Resultaten der vorgenommenen Versuche haben wir fol- 
gende „neue Methode u (siehe Fig. 2) feststellen kdnnen: 

1) Aufkochen des (2-proz.) glykosierten, mit 
einer Paraffinschicht von l /s ccm bedeckten 
Substrats in Vaselin bei 105° C. 

2) Aufkochen w&hrend weiterer 5 Minuten. 

3) Schnelle AbkQhlung und Impfung durch 
das noch nicht fest gewordene Paraffin, zu wel- 
chem noch anderes Paraffin hinzugefflgt wurde, 
um eine Schutzschicht von 3 ccm zu erlangen. 

4) Kali pyrog.-Ldsung bis 2 cm vom Rande 
der Eprouvette und dem VerschluB mit Paraffin. 

5) Immersion der umgekehrten Eprouvette 
in einem mit Oel gefQllten Cylinder. 

Der folgende Versuch zeigt uns, dafi mit 
dieser neuen Methode eine gute AnaSrobiose 
erlangt wird: 

Der Versuch grfindete sich auf die Tat- 2. 

sache, daB, wenn dem glycerinierten Agar der 

verschiedenen ROhrchen 2 Proz. Traubenzucker oder ein wenig Methylen- 
blau in Substanz (Sanfelice) oder in einer konzentrierten alkoholi- 
schen Losung dieses Stoffes (Kabrhel) zugefflgt wird und die R5hr- 
chen im Ofen sterilisiert wurden, sich diese beim Herauskommen aus 
demselben ungef&rbt zeigen, weil der Agar den Sauerstoff, den er auf- 
elOst hatte, verloren hat, w&hrend sie sich an der Luft von der Ober- 
&che nach dem Boden zu, sobald neuer Sauerstoff sich I8st, wieder 
f&rben. 

Wir schfltzten einige dieser Rohrchen und lieBen andere fflr die 
Kontrolle bestimmte entweder ganz geOffnet oder schfitzten den Agar 
durch eine Paraffinschicht 

Bei den verschiedenen Beobachtungen erzielten wir folgendes Re- 


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140 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


sultat: Die unbedeckten ROhrchen begannen sich gleich 
nach Beendigung des Versuches zu f&rben, w&hrend der 
Agar in den nur durch Paraffin geschfltzten ROhrchen 
fast farblos, der nach unserer neuen Methode behandelte 
aber vollst&ndig farblos blieb, besonders wenn er urn- 
gekehrt in Oel zu stehen kam. 

Wir erzielten dasselbe Resultat, indem wir als Reaktiv des Sauer- 
stoffs das Kali pyrog. benutzten. 

Der Technik dieser neuen Methode folgend, stellten wir Versuche 
mit dem Bac. tetani, dem Bac. oedematis maligni und dem 
Bac. anthracis symptoraatici an. Diese Versuche waren natQr- 
lich immer von Kontrollversuchen begleitet Die Resultate sind aus 
folgender Tabelle ersichtlich: 


Stichkulturen fol¬ 
gender Mikroorga- 
n is men 

Agar unge- 
kocht 

Agar gekocht 

Agar gekocht, 
mit V* can 
Paraffin 
bedeckt 

Agar mit Zu- 
satz von 2 1 /,- 
prom. Kali 
pyrogall. 

Neue 

Methode 

B. tetani 

+ + 

+ 

+ 

+ 

-? 

B. oedematis maligni 

+ + 

+ 

— 

+ 

— 

B. anthracis sympto- 
matici 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 


Resultat: Aus dieser Tabelle geht hervor, dafi die 
Entwickelung derAnagroben kr&ftiger ist, sobald Spuren 
von freiem Sauerstoff sich im Substrat befinden, und dafi 
sie mit dem Abnehmen des Sauerstoffs nach und nach an 
Intensit&t abnimmt. 

* 

* * 

In der beschriebenen Methode haben wir ein gutes anaerobisches 
Mittel ffir Stichkulturen gefunden. Es war daher von hdchstem In- 
teresse, eine ftir Strichkulturen geeignete Methode zu finden 1 ), um die 
Impfung so innig wie moglich in BerUhrung mit der anaSrobischen 
Fliissigkeit zu lassen; um so mehr, da die Strichkulturen in Kapseln, 
die umgekehrt in Kali pyrog. zu stehen kommen, eine weit bessere 
Anaerobiose geben als Stichkulturen in RShrchen, die ebenfalls in Kali 
pyrog. umgekehrt sind. 


1) Um die Ziichtung der anaeroben Kulturplatten unter vdUigem Ausschlufi von 
atmosparischem Sauerstoff anzulegen, beschreibt H. Hammerl (Centralbl. f. Bakt etc. 
Abt. I. Bd. XXX. No. 17 u. Bd. XXXI. No. 12) eine eigene Methode. „Das Wesent- 
liche dieses Verfahrens besteht darin, daS man dem Nahrboden frisch bereitetes NH«HS 
in bestimmter Konzentration zusetzt und nach Ausgiefien desselben in eine Petri- 
Schale an dem Deckel einen mit starker Pyrogallussaureldsung getrankten Bierfilz 

S ub Cellulose hergestellte Bierglasunterlagen) befestigt, worauf Schale und aufgeschliffener 
eckel durch eine Wachstalgmischung nach auflen abgedichtet werden." Spater hat er 
seine gute Methode in folgender Weise verbessert: „Er gibt die Schalen in eine Glas- 
dose mit genau eingeschhffenem Deckel und absorbiert den Sauerstoff innerhalb der 
Dose durch eine stark konzentrierte Pyrogallussaureldsung. Dieselbe bereitet er in dor 
Weise, dafi er 20 g Pyrogallol in einem Becherglase abwiegt und in dasselbe hierauf 
15 ccm einer 50-proz. KOH-Ldsung einfliefien lafit. Nach wenigen Minuten ist die 
Gesamtmenge der Pyrogallussaure geldst und mit dieser Ldsung wird nun ein Bierfilz 
getrankt, derselbe auf den Boden der Dose gelegt, die beecluckten offenen Schalen 
aariiber geschichtet und sodann die Dose luftdicht verschlossen. Bei dieser Anordnung 
wird sowohl aus der Luft in der Dose als auch aus dem Nfihrboden der Sauerstoff 
vdllig entfemt und zwar bei Briittemperatur bereits innerhalb eines Tages, bei Zimmer- 
temperatur innerhalb 86—48 Stunden“. 


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Fermi n. Bassu, Weitere Untersuch ungen fiber Anaerobiose. 


141 


Methode III: Strichkulturen in Eapseln umgekehrt in Kali pyrog. 
gesetzt. 

Zu diesem Versuche kultivierten wir verschiedene Mikroorganismen 
(fakultative Anafiroben und Abroben) in Kapseln, die umgekehrt in Kali* 
pyrog. zu stehen kamen. Um zu sehen, ob ein Unterschied in der Ent- 
wickelung wahrnehmbar w&re, wurde bei etwas Luftzutritt ein Kontroll- 
versuch gemacht: 


Mikroorganismen 

Strichkulturen in 
Schalen im Kali 
pyrogalL umgekehrt 
0*-Zutntt 

Strichkulturen in 
Schalen im Kali 
pyrogalL umgekehrt 
ohne O’-Zutritt 

Staph, pyog. aureus 

++ 

0 

„ „ citreus 1 

++ 

0 

Bact. coli 

+ + 

0 

„ rubrum 

++ 

0 

„ fluorescens 

++ 

0 

„ indicue 

++ 

0 

„ pyocyaneus 

++ 

0 

„ prodigiosus 

++ 

0 . 

„ yiscosus 

+ + (Gas) 

+ + (Gas) 

B. anthracis 

+ + 

0 

„ diphtheriae columbarum 

+ + 

0 

„ megatherium 

+ + 

— 

„ radiciformis 

+ + 

— 

„ subtili8 

+ + 

0 

Pen. glaucum 

+ -F 

0 

Blastomyces 

+ + 

0 


+ + 

0 


Resultat: Wfthrend die Entwickelung stets sehr kr&f- 
tig in den Kontrollversucben war, war sie gewbhnlich 
negativ in den Strichkulturen in Kapseln. 

Nicht klein ist der Unterschied zwischen der Anaerobiose, die man 
in den Strichkulturen in Kapseln erhalt, und den Stichkulturen in Rfthren. 

In ersteren bleibt offenbar die Impfung mehr unter dem Einflusse 
des vorhandenen Kali pyrog. und empfindet um so mehr die Anwesen- 
heit des Sauerstoffs. 

* 

* * 

Methode IV: Austreibung des O 8 durch Aufkochen, 
unterstfltzt durch die Paraffinschicht. Impfung im CO 2 - 
Strom — Kali pyrog. auBerhalb des Substrats. 

Bevor wir zum Studium der reduzierenden Kraft des Kali pyrog. 
Qbergehen, wollten wir feststellen, in welcher Proportion von KOH und 
Pyrogalluss&ure der obengenannte Stoff wirksamer ist. 

Das Resultat der zu diesem Zweck angestellten Versuche zeigte 
deutlich, daB das Kali pyrog. im Verhaitnis von 10 Proz. Kali und 
10 Proz. Ac. pyrog. sehr wirksam ist. Dies geschah nicht in anderen 
Proportioned die, obgleich ebenfalls alkalisch, viel langsamer absor- 
bieren. So batten wir z. B. in dem Versuche mit den Proportionen von 
Ac. pyrog. und Aetzkali 10: 1 das Maximum der reduzierenden Kraft 
nach 48 Stunden. 

Versuch. In eine Flasche (A, Fig. 3), welche mit einem Pfropfen, 
in dem sich zwei Oeffnungen befinden, durch welche Glasrohre geleitet 
werden, versehen ist, leitet man eine halbe Stunde lang einen Strom 
mdglichst sauerstofffreien Kohlens&ureanhydrits, sodann gieBt man auf 


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142 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


den Boden eine Schicbt abgekochten und noch kochenden glykosierten 
Agars, welcher in Gegenwart des CO* erstarrt und beim Kaltwerden 

das O 2 nicht wieder aufsaugt. Die Impfung 
der dfinnen Agarschicht nimmt man stets 
in einer Kohlensfiure-Anhydritstrfiraung vor. 
Hierauf schliefit man den Pfropfen gut, in¬ 
dent man ihn mit Lanolin bedeckt; auch die 
beiden Robre a b, durch welche der Kohlen- 
s&ure-Anhydritstrom zieht, werden mit zwei 
Pinzetten gescblossen. 

Man kehrt dann das so bereitete Kultur- 
gef&B um und hdit es durch einen geeigneten 
Halter in ein mit Oel geffilltes Gef&B. 
Durcb die ROhre a gieBt man sodann eine 
konzentrierte Ldsung von Kalihydrat, welches 
den unteren Teil des Apparats einnimmt und 
das Kohlensfiure-Anhydrit aufsaugt. Endlich 
fflgt man so viel von einer 10-proz. Pyro- 
gallussSure hinzu, daB dieselbe in ein rich- 
wie es unsere Versuche lebren, und in eine 
richtige Entfernung vom Substrate kommt. 

Mittels dieser neuen Kulturmethode erlangt man: 

1) Entfernung des Sauerstoffs aus dem Substrat durch Aufkochung 
und Verhinderung der Wiederaufsaugung beim Erkalten des Substrata. 

2) Absorbierung des Sauerstoffs des Substrats durch reduzierende 
Substanzen, die im Substrat selbst aufgelQst werden. 

3) Ersetzung der Kulturatmosph&re durch anderes Gas. 

4) Absorbierung des Sauerstoffs durch Kali pyrog. in den wirksam- 
sten Proportioned 

V e r s u c b: Am Kulturapparat Fig. 3 B befestigten wir ein Queck- 
silbermanometer, welches den nach der Absorbierung des Kohlens&ure- 
anhydrits durch die Aetzkalilfisung und des fibrig gebliebenen Sauer¬ 
stoffs durch Kali pyrog. noch bleibenden Druck des Kulturraumes 
angibt. 

Resultat: Kaum gelangte die AetzkalilOsung in das 
Innere des Apparates, so zeigte das Manometer sofort 
ein bedeutendes Sinken des Druckes an, das spfiter fast 
zum vollst&ndigen Vakuum fflhrte. 

Als wir die Pyrogalluss&ure in den Apparat brachten, verrQckte sich 
das Manometer um noch einige Millimeter infolge der Absorbierung der 
noch fibrig gebliebenen Spuren von Sauerstoff. 

Die letzte, obwohl sehr geringe Verrfickung des Manometers infolge 
der Bildung des Kali pyrog. zeigte uns, daB trotz des langen Durch- 
strfimens des Kohlensfiureanhydrits durch den Apparat dennoch einige 
Spuren freien Sauerstoffs geblieben waren. 

Wir heben dies hervor, indem wir uns auf das berufen, was sich 
auf das Setzen eines Gases an die Kulturatmosphfire, als anaSrobisches 
Mittel, bezieht, und worfiber wir im ersten Teile unserer Arbeit handeln. 

* 

* * 

MetbodeV: Bereitung undWirkung des Chromchlorfir 
— Entfernung des 0* aus dem Substrat durch Aufkochen 
und durch CO 2 — Chromchlorfir auBerhalb des Substrats. 



tiges Verhfiltni8 zum Kali, 


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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose. 


143 


Das Chromchlortir, welches unter den anorganischen Verbindangen 
vielleicht der beste Sauerstoffbinder ist, hat in der Kulturtechnik der 
Anaeroben noch keine Anwendung gefunden. 

Fermi versuchte es zum ersten Male mit Ulpiani in einigen 
noch nicht verOffentlichten Versnchen. Daher haben wir diese Verbin- 
dung studieren wollen, indem wir mit derselben einige Versuche an- 
stellten. 

Wir bereiteten das Chromchlortir nach der Recouraschen Methode 
durch Rednktion des Kaliumbichromats mit Zink- und Chlorwasserstoff- 
s&ure in KohlensSureanhydrit'). Wir lieCen wShrend einer halben Stunde 
Oder etwas linger einen Strom von Koblens&ureanhydrit dorch einen gut 
mit destilliertem Wasser gewaschenen Glasballon ziehen. Dieser Strom 
ging durch den gewdhnlichen, aus zwei Mar iottischen Flaschen *) be- 
stehenden Erzeuger und strdmte durch ein Glasrohr, welches, durch 
den Gummist6psel gehend, fast den Boden des Ballons erreichte, ein 
und durch ein anderes, nur bis an die innere Oberfl&che des Stdpsels 
gehendes Glasrohr wieder aus. Sodann legten wir in den Ballon: 

300 g Zink 

50 n in fein pulverisiertes Kaliumbichromat 

300 ccm Chlorwasserstoffs&ure, in 
200 g destillierten Wassers verdfinnt, 
indem wir immer mit dem vorhandenen Kohlens&ureanhydrit arbeiteten. 
Es entstand eine ger&uschvolle Reaktion mit starker Gasentwickelung. 
Erst nach Beendigung der Reaktion bedienten wir uns des erhaltenen 
Chromchlorflrs. Leitet man nun einen Luftstrom durch zwei Spfll- 
flaschen, so hS.lt die erste den Sauerstoff vollst&ndig auf und die zweite 
kndert die Farbe nicht mehr, wfihrend die geringste Oxydierung ge- 
nflgt, um der ChromchlortlrlQsung die voile Klarheit und die schdne 
violette Farbe zu nehmen und es in eine grtlne, dunkle Fliissigkeit zu 
verwandeln. 

Die verh&ltnismfifiig lange und delikate Zubereitung, welche die 
Recourasche Methode verlangt, bewog uns, auch das sich im Handel 
befindliche Chromchlortir (Schuchardt) zu versuchen. Die reduzie- 
rende Energie dieses Pr&parats flbertrifft ohne Zweifel alle anderen. 
Auflerdem, und gerade wegen dieser Energie, ist das im Handel 
befindliche Chromchlortir immer etwas oxydiert, so dafi es, anstatt weifi 
zu sein, ein wenig ins Grtin iibergeht. Trotzdem bewahrt es immer 
seine stark reduzierenden Eigenschaften. Die Atomgewichte berechnend, 
haben wir gesehen, dafi ungefShr eine Ldsung dieses Chromchlorflrs zu 
5 Proz. dem von uns bereiteten entsprechen wflrde. 

Das von uns bereitete Chromchlortir, obwohl wir es erst nach Be¬ 
endigung der Reaktion anwandten, und als der durch das Ausgangs- 
rohr des Ballons gehende Strom von Kohlensaureanhydrit das blaue 
Papier nicht mehr rOtete, macht ohne Zweifel Chlorwasserstoff-SSure- 
dkmpfe frei. 

1) Die Einzelheitea dieser Heretellung sind in der Abhandlung Recouras selbst 
beechrieben: Recherchee sur le elorure de chrome. (Ann. de chim. et phys. 84r. VI. 
T. X. p. 1.) Fur die anderen Bereitungsmethoden des Chromchlorur siehe Wohler, 
Ann. cn. pharm. T. CXI. p. 230. — Ufer, ibid. T. CXII. p. 281. — Moberg, J. 
pr. Chem. Bd. XXIX. p. 175, 435, 125; Bd. XLIV. p. 322, 327. — Peligot, Ann. ch. 

f )bye. (3.) T. XII. p. 327; Ann. ch. pharm. T. LII. p. 244. — Loewel, Ann. ch. phys. 
3.) T. xl.- p. 42; J. pr. Chem. Bd. LXII. p. 11. 

2) Dieser Apparat und nicht jener Kipps ist anzuwenden, da, wie wir sehen 
werden, ein bedeutender Druck des KohlensSureanhydrits zum Versuche notwendig ist. 


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144 Centralbl. f. Bakt eta I. Abt Original©. Bd. XXXVI1L Heft 2. 

Indem wir eine LackmuslOsung an das Ende des Scheidestriches 
brachten, prQften wir die Sfiurereaktion der Ballonatmosphfire. 

Auf diese Weise haben wir feststellen kdnnen, daB die Atmosphfire 
des Ballons, die ChromchlorGrsublimat enthalt, keine Sfiurereaktion 
zeigte, wfihrend diese im Ballon des von nns bereiteten ChromchlorQrs 
stattfand. 

Dessenungeachtet konnten wir uns Qberzeugen, dad diese Sfture- 
reaktion die Entwickelung der Mikroorganismen nicht hindert. 

Da wir uns des im Handel befindlichen ChromchlorQrs be- 
dienen wollten, war es notwendig, festzustellen, in welchem Verhfiltnis 
dasselbe aktiv sei; und indem wir uns auf die Tatsache stQtzten, dad 
die Partialspannung des Sauerstoffs •/* des ganzen Drnckes ausmacht, 
haben wir folgenden Versuch angestellt: 

Wirkung des ChromchlorQrsnblimats in verschiedenen Konzentra- 
tionen: 

100 mg snblimierten ChromchlorQrs wurden in eine RQhre gleichen 
Volumens gebracht (Fig. 10), sodann gossen wir 30 ccm destillierten 
Wassers darauf. 

Nach krfiftigem SchQtteln der Ldsnng in Gegenwart von Kohlen- 
sfiureanhydrit brachten wir in jeder Eprouvette ein 25 cm langes, an 
dem oberen Ende geschlossenes Rohr von gleichem Kaliber an. 

NatQrlich stieg die Mischung im Rohre nicht, weil sie durch die 
Lnft daran verhindert war, aber kaum war der Sauerstoff durch das 
CbromchlorQr aufgesaugt, so begann die FixierflQssigkeit so weit aufzu- 
steigen, wie das sich gebildete Vakuum war. 

Aus der H6he der FlQssigkeitsflfiche im Rohre konnten wir mit 
Bestimmtheit auf die grfidere oder kleinere absorbierende Kraft der 
LQsung schlieBen. 

Wir stQtzten uns dabei besonders auf die nach 24 Stunden erhal- 
tenen Resultate, denn wir batten wahrgenommen, daB dieser Zeitraum 
mehr als genGgend war, urn den ganzen Sauerstoff zu fixieren. Daher 
konnten wir nach Verlauf dieser Zeit unsere Kultur in die Lage der 
Entwickelungstemperatur bringen. 

Resultat: Erst nach 2 Stunden und nach den verschiedenen 
Graden, in welchen das ChromchlorQr in den ROhrchen stieg, begann 
sich die verschiedentliche Fixierungskraft der LQsung desselben zu 
zeigen. 


Los un gen 

H6he des Chrom- 
chlorurs in dem 
Bohrchen 

Zeit der 
Beobachtung 

0,1:30 

2,5 cm 

Nach 24 Stunden 

0,2:30 

3,0 , 

,, 24 

0^:30 

/ 4,8 „ | 

15,2 , \ 

,, 24 

0,4:30 

^>2 71 

,, 48 „ 

0,5:30 

5^ , 

,, 24 „ 

0,6:30 

5^ * 

,, 24 „ 

0,7:30 

5,2 , 

,, 24 „ 

0,8:30 

5,2 „ 

„ 24 

0,9:30 

5,2 „ 

,, 24 

1,0:30 

5^ , 

„ 24 „ 


Aus dieser Tabelle erhellt, daB in unseren Verhfilt- 
nissen die wirksamste ChromchlorQrlOsung 0,4:30 ist. 


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Fermi u. B&ssu, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose. 


145 


1. Versuch: Wir lieBen einen Strom von Kohlensaureanhydrit 
durch einen Glascylinder A, Fig. 4, ziehen. Dieser Strom wurde durch 
das Glasrohr a ein- und 
durch das andere Rohr b 
hinausgeleitet. 

Die Rohre wurden in 
den Stopsel gezwangt und 
zur groBeren Sicherheit 
auf der ganzen Oberflache, 
welche mit dem Stopsel 
in Beriihrung kam, mit 
Paraffin bestrichen. AuBer- 
halb endigten dieselben in 
Gummirohre, welche mit Chrom- 

Druckpinzetten versehen chlorur 

waren. 

An der inneren Ober¬ 
flache des Stbpsels war Fl 8- 4 * 

eine kleine Glasscheibe 

angebracht, welche in den Cylinder hineinhing, und deren eine Seite 
eine leichte, durch einen Paraffinrand gehaltene Agarschicht trug. 

Auf der Agarschicht wurden Strich-, Stich- und Aussaatkulturen der 
zu untersuchenden Mikroorganismen angestellt. 

Nach Fertigstellung des Apparats wurde derselbe mittels des 
Rohres a mit einer Quelle von Kohlensaureanhydrit in Verbindung 
gesetzt, um die Luft vollstandig aus dem Cylinder zu vertreiben. 

Hierauf wurde der Cylinder A (Fig. 4) mit dem Glasballon B, in 
welchem vor’ner das Chromchloriir bereitet worden war, in Verbindung 
gesetzt. Letzteres wurde durch eine Drucksteigerung des Kohlens&ure- 
anhydrits bis zur gewiinschten Hohe in den Kulturapparat getrieben, 
ohne daB die Kulturplatten je mit der Luft in Beriihrung kamen und 
immer in Gegenwart des Kohlensaureanhydrits blieben. 

Nach geschehener Operation wurden die beiden Druckpipetten a 
und b zusammengepreBt oder die vorher in passender Weise abge- 
brochenen beiden Rohre mit der Lampe verlbtet. 

Resultat: Auf diese Weise schufen wir einen sauer- 
stofffreien Raum um die Kulturplatten herum: 

1) infolge des Ersatzes der Luft im Cylinder durch 
Kohlensaureanhydrit; 

2) durch die FShigkeit des Chromchlorfirs, das im Cy¬ 
linder gebliebene O 2 zu fixieren. 

Die so angefertigten Kulturen blieben, bevor sie in den Thermo- 
staten kamen, 2—5 Tage im Eisschranke, um nicht die Entwickelung der 
Anaeroben zu ermoglichen, bis das O 2 vollstandig absorbiert war. 

(Fortsetzung folgt.) 









146 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Nachdruck verbottn. 

Die Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkel- 
hacillus zu der des Rindertuberkelbacillus. 

Von Dr. D. A. de Jong in Leiden. 

Mit 3 Kurven und 9 Figuren. 

Die experimentelle Pathologie findet noch immer none Aufgaben auf 
dem Gebiete der Tuberkulosefitiologie. Ueber den Tnberkelbacillus sind 
die Meinungen noch immer geteilt, und namentlich wird eifrig gearbeitet 
an der Ldsung der Frage: 1st der Tnberkelbacillns des Menschen und 
der des Rindes identisch oder nicht? 

Diese Arbeit wnrde im Jahre 1901 angeregt von Koch, welcher 
auf dem Tuberkulosekongrefi in London sagte: „Human tuberculosis 
differs from bovine, and cannot be transmitted to cattle. It seems to 
me very desirable, however, that these experiments should be repeated 
elsewhere, in order that all doubt as to the correctness of my assertion 
may be removed.* 4 

Und sicher war es notwendig, die neue Meinung Kochs nfiher zu 
prflfen, denn er behauptete auch: „I should estimate the extent of in¬ 
fection by the milk and flesh of tubercular cattle, and the butter made 
of their milk, as hardly greater than that of hereditary transmision, and 
therefore I do not deem it advisable to take any measure against it.* 4 

Seit jener Zeit ist eine mannigfaltige Literatur fiber den Gegenstand 
verSffentlicht worden. Von groBer Wichtigkeit sind die Arbeiten von 
v. Behring, welcher nicht nur keinen prinzipiellen Unterschied zwischen 
dem humanen und dem bovinen Tuberkelbacillus zulfiBt, sondern gerade 
den ersteren anwendet zur Immunisierung gegen den letzteren; und 
weiter die Arbeiten, welche unter Leitung Kossels (1) auf Grund der 
Kochschen Untersuchungen am Reichsgesundheitsamt ausgeffihrt worden 
sind. 

Es lohnt sich, die Resultate der K o s s e 1 schen Untersuchungen mit 
den Aeufierungen von Koch in London zu vergleichen. Es wurden 
jetzt zweifellos aus dem menschlichen Kfirper Tuberkelbacillen isoliert, 
welche eine hohe Virulenz ffir das Rind zeigten, und diese Tatsache 
behfilt auch dann ihren Wert, wenn die Untersucher diese Bacillen als 
ursprfinglich vom Rinde herstammend ansehen. Und die Arbeit schliefit 
mit den Worten: „Vielleicht ist es aber nicht fiberflfissig, darauf hinzu- 
weisen, dafi eine Aenderung unserer Mafinahmen gegen die Tuberkulose 
zur Zeit weder in der einen noch in der anderen Richtung beffirwortet 
werden kann.** 

Man darf wohl sagen, dafi die Schlufifolgerungen Kochs in London 
zu weitgehend waren, und dafi die neueren Untersuchungen denselben 
keine Stfitze geboten haben. Auf Grund eigener Arbeit glaube ich an- 
nehmen zu kdnnen, dafi auch die Kochsche Meinung, welche ihren 
Ausdruck in der soeben genannten Abhandlung aus dem Reichsgesund- 
heitsamte findet, nicht die wahre ist Diese Meinung geht also dahin, 
dafi zwar der Mensch mit Tuberkulose des Rindes infiziert werden kann, 
jedoch nur in sehr seltenen Fallen, und dafi jedenfalls zwischen den 
Tuberkelbacillen des Menschen und denen des Rindes derartige Unter- 
schiede bestehen, dafi man hier nicht von einer, sondern von zwei ver- 
schiedenen Arten zu sprechen hat. 


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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbadllus etc. 147 

Meiner Meinung nach sind eventuelle Unterschiede zwischen mensch- 
lichen and Rindertuberkelbacillen nicht als Artunterscbiede aufzufassen, 
sondern als solche, welche zwischen den einzelnen Individuen derselben 
Art mannigfaltig vorkommen, auch dorchaus nicht konstant sind, und in 
dem Falle, worum es sich hier handelt, sich namentlich als Virulenz- 
nnterschiede zeigen, Differenzen also, welche bei den verschiedenen 
Schizomyceten keine Veranlassnng geben, von verschiedenen Arten zn 
reden. 

DaB Virnlenzunterschiede bestehen, dazu hatten mich meine ersten 
Untersuchungen (2, 3) gefuhrt, welche vor dem Londoner KongreB, als 
mir von dem neuen Eochschen Standpunkte noch nichts bekannt war, 
abgeschlossen warden, und wobei die niederl&ndische Regierung mich 
unterstfltzt hat. Mit einigen Worten will ich auf diese Untersuchungen 
zurtickkommen. 

Bei den damals verwendeten Versnchsrindern applizierte ich den 
intraven&sen Impfungsmodus. Man hat wohl behaupten wollen, daB dieser 
weniger geeignet sei. Meiner Meinung nach, mit Unrecht, denn keine 
Methode ist besser dazu geeignet, um bei richtiger Anwendung pathogene 
Eigenschaften von Tuberkelbacillen besser zu Tage zu fSrdern, als gerade 
diese. Und sie wurde genau appliziert, es wurde namlich immer sorg- 
faltig darauf geachtet, daB die Tuberkelbacillen ganz fein in der Flflssig- 
keit verteilt waren. Kein Wunder deshalb, daB auch viele andere Forscher 
diese Methode verwendet haben, wie Arloing, v. Behring und auch 
Koch und Schlltz selbst; und weiter ist es sehr merkwflrdig, daB 
Kossel und seine Mitarbeiter, welche der subkutanen Methode den 
Vorzug geben, vor der intravenbsen, weil letztere so viele Vorsichts- 
mafiregeln erfordert, und sowohl durch Giftwirkung als durch Embolieen 
in der Lunge einen fehlerhaften Versuch liefern kann, gerade in zweifel- 
haften Fallen diese intravenCse Methode verwenden, um ein sicheres 
Resultat zu bekommen (vergl. p. 30 der zitierten Abhandlung 1). 

Von mir wurde der Impfstoff immer gut in der zu injizierenden 
Flttssigkeit verteilt, und Oberdies war mir durch Experimente mit ab- 
getoteten Tuberkelbacillen und mit Vogeltuberkelbacillen der Unter- 
schied zwischen Infektion und Giftwirkung sehr gut bekannt. 

Zweifellos ist die intravendse Methode ftir ahnliche Versuche eine 
ausgezeichnete. 

Weiter hat man behauptet, daB bei den Versuchen zu viel Bacillen 
einverleibt worden seien. Eine solche Bemerkung hat jedoch keinen 
Wert mehr, wenn man die groBen Bacillenmengen, welche Koch und 
Schfitz eingespritzt haben, in Betracht zieht. 

Nach dem Jahre 1901 war es jedoch Aufgabe geworden, die Ver¬ 
suche von Koch und Schfitz zu wiederholen und zu prflfen, und es 
versteht sich also, dafi ich in sp&teren Versuchen, namentlich an Rindern, 
andere Infektionsmethoden, speziell auch die subkutane, verwendete. 

Und nun gelang es uns bald zu zeigen, daB der Mensch einen 
Tuberkelbadllus liefern kann, welcher in seiner Wirkung auf das Rind 
dem diesem Tier eigenen Mikroorganismus nicht nachsteht. Tuberkel- 
badllen n&mlich, welche aus dem Sputum eines Bauernm&dchens ge- 
zflchtet waren, verursachten einen raschen Tod bei K&lbern sowohl bei 
subkutajier als bei intravenCser und intrapulmonBrer Anwendung. 

Man kennt den Wert, welchen Koch der subkutanen Methode bei- 
miBt. Werden Tuberkelbacillen unter die Haut eines Kalbes gespritzt, 
und entwickelt sich nur ein lokaler oder wenig progressiver ProzeB, 

10 * 


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148 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


so hat man es mit einera Taberkelbacillus des Menschen zu tan. Entsteht 
jedoch eine stark progressive Tnberkulose mit bedeutender Anschwellung 
der region&ren Lymphdrflsen, dann ist es ein Rinderbacillus. 

Die obengenannten Versoche mit einem aus menschlichem Sputum 
gezQchteten Tuberkelbacillus, von Dr. Stuurman ausfQhrlich in seiner 
Probeschrift erw&hnt (4), haben einen Menschenbacillus kennen gelehrt, 
der ffir das Rind gerade so virulent ist, wie der Rinderbacillus. 

Solche Bacillen sind auch in anderen Fallen aus dem menschlichen 
Ktirper isoliert worden und, wie schon gesagt, auch im Reichsgesund- 
heitsamt in Berlin. GewOhnlich betraf dies jedoch F&Ue von Darm- oder 
MesenterialdrQsentuberkulose, welche man als von Rinderbacillen ver- 
ursacht betrachtete. In dem Stuurmanschen Falle jedoch war es 
ein S p u t u m - Bacillus, isoliert in einem Falle von primarer Lungen- 
tuberkulose, insofern die Klinik dies feststellen konnte. In dieser Hin- 
sicht bleibt der Fall immer sehr interessant, und jedenfalls wurden wir 
darin best&rkt, den Kochschen Standpunkt fttr unrichtig zu halten. 

Aber gewShnlich zeigen die Rinderbacillen doch eine mehr patbo- 
gene Wirkung als die des Menschen. Bevor ich auf weitere Unter- 
suchungen hinsichtlich dieser Wirkung eingehe, weise ich darauf hin, 
daB morphologische und Kulturunterschiede und auch anatomische 
Differenzen bei Impfungen kleiner Versuchstiere von mir ebensogut wie 
von anderen gesehen wurden. Aber — ich babe es mehrfach betont 
(vergl. 2, 3 und 5) — niemals fand ich diese Unterschiede konstant 
Und die anatomischen Unterschiede, namentlich bei Meerschweinchen, 
waren nur als Folgen der Virulenzunterschiede aufzufassen. 

Je virulenter ein Tuberkelbacillus, um so mehr nfihert sich die 
Tnberkulose eines damit geimpften Meerschweinchens der, welche man 
nach Irapfung mit Rinderbacillen in der Regel zu sehen bekommt. 

Ware unsere Auffassung, welche von verschiedenen anderen geteilt 
wird, dafi zwiscben Menschen- und Rinderbacillen hauptsfichlich nur 
Virulenzunterschiede bestehen, die richtige, dann mflfite es doch mdglich 
sein, die Virulenz des Menschenbacillus zu steigern gegenttber der des 
Rinderbacillus? 

Es sind schon mehrere Untersuchungen in dieser Richtung aus- 
gefQhrt worden. Raven el, welcher sofort auf dem Londoner KongreB 
der Meinung von Koch auf Grund eigener Untersuchungen widersprach, 
ist in dieser Hinsicht an erster Stelle zu nennen. In einer sp&teren 
Publikation (6) zeigt er, dafi es ihm gelungen ist, die Virulenz des 
menschlichen Tuberkelbacillus mittels successiver Passagen durch den 
Rinderkdrper zu steigern. W5rtlich sagt er hierfiber folgendes: 

“Increase of virulence by successive passages through calves. In 
another experiment instituted by Dr. Leonard Pearson we have 
proved that a typical tuberculosis can be produced in young cattle by 
large and repeated doses of a human culture of moderate virulence; 
and wbat is even more interesting and important, by successive passages 
through calves we have succeeded in bringing about a marked increase 
in the virulence of this culture. The culture employed was isolated from 
human sputum in September 1899, and is designated “M”. The animals 
were inoculated at intervals of a week, the amount of culture being 
divided into four equal portions which were injected into the jugular 
vein, the lung, the peritoneal cavity, and under the skin. Each week 
the dose was increased by 10 c.c. 

Two calves were infected in this manner, Nos 26 562 and 26563. 


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• do Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 149 


With the tissues of No. 26562 the serial inoculations were begun, the 
details of which is given below. The result is shown in the following 
table: 


No. 


Amount of injection 

Length of l 

1 Calf 

26 562 

925 c.c. 

106 days 

2 

A 45020 

16 „ 

48 „ 

3 

A 45 035 

13 „ 

23 „ 

4 

A 45047 

10 „ 

24 „ 

5 

A 45073 

14 „ 

24 „ 


Das Kalb 26562 war also wdchentlich auf 4 verschiedenen Wegen 
injiziert worden, bis der Tod nach 106 Tagen erfolgte. Danach bekam das 
Kalb 45 020 8 ccm in die Lunge und 8 ccm in die Bauchhdhle von einer 
aus der Bronchialdriise des Kalbes 26 562 bereiteten Suspension; das 
Tier starb nach 48 Tagen. Von einer Suspension des Omentums bekam 
das Kalb 45035 5 ccm in die Lunge und 8 ccm in die Bauchhohle; 
Tod nach 23 Tagen. Von diesem Kalbe wurde eine Suspension aus 
Lunge und Bronchialdriise hergestellt, und davon wurden 5 ccm in die 
Lunge und in die Bauchhdhle des Kalbes 45047 gespritzt; Tod nach 
24 Tagen. Kalb 45073 bekam in derselben Weise 14 ccm einer Emul¬ 
sion, bereitet aus den Organen des vorigen Kalbes; Tod nach 24 Tagen. 

Raven el schliedt aus diesen Versuchen auf eine nicht zu leugnende 
Virulenzsteigerung des verwendeten Sputumbacillus mittels der K&lber- 
passage. Eine derartige Schlufifolgerung ist wirklich moglich. Es ist 
jedoch zu bedenken 1. das EinfQhren des Impfstoffes auf verschiedenen 
Wegen zu gleicher Zeit und 2. die Verwendung der Organsuspensionen, 
wodurch die Menge der eingebrachten Impfstoffe sich nicht bemessen laBt. 

Ueber die Mdglichkeit der Virulenzsteigerung des Tuberkelbacillus 
des Menschen mittels Tierpassage &udert sich sehr bestimmt v. Behring, 
also eine Autorit&t auf diesem Gebiete. Er sagt (4), dad gegen einen 
Artunterschied zwischen Menschen- und Rindertuberkelbacillus anzu- 
fflhren ist: „die Moglichkeit, durch geeignete Tierpassage dem Menschen- 
tuberkelbacillus eine hohe Rindvirulenz zu verleihen u , und weiter (auf 
p. 15) heidt es: „Ebenso wie die vom Rinde stammenden Modifikationen 
des Tuberkulosevirus schliede ich von der Verwendung fQr praktische 
Immunisierungszwecke diejenigen vom Menschen stammenden Virus- 
modifikationen aus, welche in ihrer Rindvirulenz den ersteren nahe 
stehen. Dahin gehdren namentlich die Ziegenpassage- und Rindpassage- 
kulturen." 

Moeller (8) hat keine Virulenzsteigerung mittels Passage durch 
den Ziegenkdrper erhalten. Rdmer, der Mitarbeiter v. Behrings, 
sagt hierzu (9): „Neuerdings verdffentlichte Moeller einige Experimente 
zur Frage der (Jebertragbarkeit der Menschentuberkulose auf Rinder 
und Ziegen. Dabei erw&hnt er einen Infektionsversuch an einer Ziege, 
die durch intraperitoneale Infektion mit Menschentuberkelbacillen an einer 
ausgebreiteten Knotchenaffektion des Bauchfells erkrankte. Von den 
zahlreichen Tuberkelbacillen enthaltenden Knotchen ubertrug er 20 auf 
ein junges Rind i. p. (intraperitoneal), ohne eine Allgemeininfektion dieses 
Tieres hervorzurufen. Moeller glaubt, dad die Virulenz durch die 
Ziegenpassage nicht erhoht sei, was v. Behring von der Passage der 
Menschentuberkelbacillen durch den Ziegenkdrper behauptet habe. Meiner 
Meinung nach beweist der eine Versuch Moellers fiberhaupt nicht, was 
er soli. Wie ich schon eingangs sagte, ist fflr das tierexperimentelle 
Arbeiten mit Tuberkelbacillen speziell bei Infektionsversuchen, in denen 
es sich urn Feststellung der Virulenz handelt, eine genaue Beach tun g 


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150 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

der quantitative!! Verhfiltnisse, eine genaue Dosierung der zur 
Infektion verwendeten Tuberkelbacillen und daher selbstverst&ndlich 
Arbeiten mit Reinkulturen dringend erforderlich. In dem 
Moellerschen Versuch kann daher von quantitativem Arbeiten nicht 
die Rede sein. Ich mSchte Qbrigens hier darauf hinweisen, daB die 
Passage durch den ZiegenkOrper durchaus nicht immer die Virulenz der 
Tuberkelbacillen erhdhen muB. Wir verffigen selbst fiber mehrere der- 
artige Erfahrungen, auf die ich weiter unten bei der Besprechung der 
Kulturen 5 und 6 zurflckkoramen werde, und die uns zeigten, dafi die 
Erhdhung der Virulenz der Menschentuberkelbacillen durch den Ziegen- 
kfirper durchaus nicht eine gesetzm&Bige Erscheinung ist. tt 

Gratia (10) konstatierte keine Virulenzsteigerung des menschlichen 
Tuberkelbacillus nach Passage durch die Ziege und durch das Schwein. 

Eine groBe Autorit&t auf dem Gebieto der Tuberkulose&tiologie ist 
sicher Arloing in Lyon. Sein Urteil ist auch darum von groBer 
Wichtigkeit, weil er durch seine Studien und seine wissenschaftliche 
Stellung die Tuberkulose des Menschen ebensogut kennt wie die der 
Tiere. Als Tuberkuloseforscher nimmt er eine hervorragende Stellung 
ein, und zahlreich sind seine Untersuchungen auf diesem Gebiete und 
auf dem der Identitytsfrage. Auf dem KongreB fflr Hygiene und Demo¬ 
graphic in Brfissel (1903) wurde von ihm ein hfichst merkwQrdiger 
Bericht erstattet (11). Auffallend ist es, dort zu lesen, daB er Koch 
und Schfitz und ihren Nachfolgern den Vorwurf macht, daB ihre 
wissenschaftlichen Methoden und SchluBfolgerungen zu wfinschen flbrig 
lassen, und daB die den ihrigen entgegengesetzten Resultate Anderer 
von ihnen keine genfigende Anerkennung finden. Und weiter folgt eine 
interessante Kritik der Untersuchungen von Koch und seinen Mit- 
arbeitern und der von ihnen gemachten SchluBfolgerungen. Ffir Arloing 
sind die abweichenden Resultate bei den Impfungen mit Tuberkelbacillen 
nur die Folge von Virulenzunterschieden des Kochschen Bacillus und 
auch — von der Resistenz der Tierart und des Individuums. Kultur- 
und Formunterschiede findet er gar nicht konstant genug, urn Rinder- 
und Menschenbacillen zu trennen; und diese Meinung ist darum so 
wichtig, weil sie von dem Entdecker der homogenen Kulturen ausge- 
sprochen wird. 

Was die Virulenz weiter anbelangt. behauptet er, nicht nur Menschen-, 
sondern auch Rinderkulturen von verschiedener Virulenz isoliert zu haben. 
Er hat Rinderbacillen gezflchtet, welche, subkutan dem Rinde verimpft, 
keine allgemeine Tuberkulose verursachten; das von Koch ange- 
gebene Kriterium ist also unzuverl&ssig. Und auch hat er 
experimentell die Virulenz der Menschenbacillen gesteigert, und zwar 
schon mittels Meerschweinchenpassage. Weiter konnte er durch seine 
homogenen Kulturen die Virulenz von Menschen- und auch von Rinder- 
bacilleu abandern. 

In jfingster Zeit hat Kar lift ski (12) eine Menge von Versuchen 
an Ziegen ausgefflhrt; er konnte nach einmaliger Passage von mensch¬ 
lichen Tuberkelbacillen durch den Ziegenkorper eine deutliche Virulenz¬ 
steigerung fQr die Ziege wahrnehmen. Dasselbe meint er fQr das Kalb 
beobachtet zu haben. Letztere Meinung ist jedoch nicht einwandsfirei, 
denn das Kalb bekam keine progressive Tuberkulose. 

FaBt man alles dasjenige, was in letzterer Zeit auf dem Gebiete der 
Tuberkulose&tiologie, und speziell das, was fiber den Unterschied zwischen 


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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 151 


Menschen- und Tiertuberkelbacillen verSffentlicht worden ist, zusammen, 
dann f&llt es wirklich schwer, nicht zur SchluBfolgerung zu kommen, 
daB zwischen diesen Bacillen kein prinzipieller, bestSndiger Unterschied 
besteht, und daB die Differenz bezuglich der pathogenen Wirkung nichts 
weiter ist, als eine Virulenzdifferenz, welche bei verschiedenen patho¬ 
genen Mikroorganismen als eine gewohnliche Erscheinung gedeutet wird. 
Aber — dann mufi es doch auch gelingen, wie ich schon frfiher sagte, 
auf experimentellem Wege in irgend einer Weise eine deutliche Virulenz- 
Onderung zu stande zu bringen. Und nun hat sich hinsichtlich des dazu 
eingeschlagenen Weges v. Behring am bestimmtesten geauBert. 

Sei es nun Wahrheit oder nicht, was Arloing behauptet, daB 
Koch und seine Freunde den Resultaten ihrer Gegner keinen groBen 
wissenschaftlichen Wert beilegen, die Meinung von v. Behring hat 
jedenfalls Eindruck gemacht. Die Untersuchungen, welche im Reichs- 
gesundheitsamt unter Kossels Leitung zur Nachpriifung derjenigen 
von Koch und Schtitz ausgefiihrt werden sollen, sind nur teilweise 
abgeschlossen. Auf dem Programm ist aber erwahnt: „Ein- oder mehr- 
malige Passage schwach virulenter Kulturen von Tuberkelbacillen durch 
den Ziegenkorper (5 Ziegen) und Einspritzung der aus der Ziege ge- 
wonnenen Kulturen bei 3—6 Monate alten Kalbern.“ Die Ziegen- 
passage wird also systematisch erprobt werden. In der schon veroffent- 
lichten Arbeit (1, p. 22) wird jedoch schon etwas milgeteilt von der 
Passage durch den Rinderkorper. Die Untersucher haben bei Rindern, 
welche mit Menschenbacillen geimpft worden waren, und bei denen nach 
Ablauf von 4 Monaten die Veninderungen in der regionaren Bugdruse 
nicht beendet waren, die Bacillen aus der Bugdruse herausgezOchtet 
und auf ihre Virulenz fur das Rind gepriift. Eine Virulenzsteigerung 
war nicht zu spuren, auch nicht bei Anwendung der intravenosen 
Methode! ! 

Von der Virulenzsteigerung der Tuberkelbacillen, und speziell von 
der Moglichkeit, den Bacillus des Menschen, welcher in der Regel 
(ich spatiiere) wenig virulent fur das Rind ist, zu steigern zu der Virulenz, 
welche der Rinderbacillus in der Regel (ich spatiiere wieder) fiir das 
Rind hat, ist, wie aus dem Mitgeteilten sich ergibt, nur noch ziemlich 
wenig bekannt. DaB dasselbe jedoch bestimmt moglich ist, wird ersicht- 
lich sein aus den Versuchen, welche ich mitteilen werde. 

Zum voraus will ich jedoch daran erinnern, daB man bei alien 
Tuberkuloseinfektionsversuchen dafur zu sorgen hat: 1) daB gesunde 
Tiere verwendet werden und 2) daB die Tiere gegen zuf&llige Tuber- 
kuloseinfektion geschOtzt werden. Aus den ziemlich zahlreichen Ver¬ 
suchen, welche wir ausgefiihrt haben, sind uns die Gefahren der zu- 
falligen Infektion bekannt; wir haben also unsere MaBnahmen so getroffen, 
daB solche Infektionen nicht stattfinden konnten. Und solche Tiere, 
welche auf Grund der nach bestimmten Regeln vorgenommenen Tuber- 
kulinprufung nicht als ganz tuberkulosefrei betrachtet werden konnten, 
wurden nicht verwendet. Bei den zu erw&hnenden Versuchen wurden 
also nur gesunde Tiere genommen und ist jede zufallige Infektion aus- 
geschlossen. 

Far die Mitteilung der neuen Experimente muB ich zuruckverweisen 
auf meine vor 1901 angestellten Untersuchungen und speziell auf die 
Versuche III, V und VI (3). In diesen Versuchen wurden eine Ziege 
und zwei Rinder intravenbs mit demselben vom Menschen herruhrenden 


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152 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXYIIL Heft 2 . 


Tuberkelbacillus infiziert. Dieser Bacillus, welcher damals eine geringe 
Virulenz zeigte, ist auf einen starken Virulenzgrad gebracht worden. 

Die beiden Rinder, ein zweijfihriges weibliches Rind und ein 2 Monate 
altes Kalb, wurden nach der Impfung nur vorQbergehend krank, dann 
augenscheinlich wieder gesund und zeigten nach der Schlachtung nur 
eine sehr geringe Tuberkulose. 

Auch bei der Ziege zeigte sich die geringgradige Virulenz des 
Menschentuberkelbacillus, jedoch in anderer und hdchst interessanter 
Weise. Das Schicksal dieser Ziege wurde teilweise mitgeteilt in dem 
Bericht fiber die genannten Versucbe (3) und teilweise auf dem Kongreft 
ffir Hygiene und Demographie in Brflssel (5). Erst spfiter erfolgte der 
Tod des Tieres. Die Geschichte ist in kurzem folgende: 

Am 3. April 1900 wurde einer Ziege mit einem Lebendgewicht 
von 18,7 kg, welche vorher auf Tuberkulin nicht reagiert hatte, in die 
recbte Vena jugularis eine fein zerteilte Suspension von menschlichen 
Tuberkelbacillen gespritzt. Die Kultur der Tuberkelbacillen stammte 
aus dem Laboratorium des Herrn Prof. Spronck in Utrecht. Sie war 
von ihm am 4. Juli 1899 aus einer tuberkulosen menschlichen Niere 
isoliert worden, auf Kartoffeln gezfichtet und am 11. November 1899 
und 6. Januar 1900 auf Kartoffel fibergeimpft worden. Die Kultur wurde 
von mir am 13. M&rz 1900 auf glycerinhaltiges Rinderserum gebracht, 
und diese Serumkulturen wurden zur Infektion der Ziege benutzt 

Nach der Infektion bekam die Ziege Temperatursteigerung, wurde 
vorQbergehend ernstlich krank, nahm an Gewicht ab; der Tod erfolgte 
jedoch nicht. Nach 46 Tagen schien die Todesgefahr ganz verschwunden, 
obwohl die Temperaturen noch wahrend l&ngerer Zeit zu hoch blieben. 
Aber das Tier wurde immer munterer, der Husten nahm ab. Am 
1. September wurde das ursprfingliche Gewicht von 18,7 kg wieder er- 
reicht, und nachher wurde das Tier schwerer. 

An der Impfstelle hatte sich, weil beim Zurfickziehen der Spritzen- 
kanfile einige Tuberkelbacillen in das subkutane Gewebe gelangt waren, 
eine kleine teigige Infiltration gebildet Diese Schwellung blieb. 

Es war ffir mich von grofiem Interesse, diese Ziege auf das Ge- 
naueste weiter zu observieren und zu kontrollieren. Im Jahre 1887 
n&mlich hatte No card (12) bei einer Ziege Tuberkelbacillen des Men- 
schen in die Jugularis gespritzt, und das Tier war w&hrend drei 
Jahren am Leben geblieben; dann war es jedoch an einer h'eftigen 
Lungentuberkulose als Folge der Impfung verendet. Mir war aieser 
Versuch immer so sonderbar vorgekommen, daft ich mich entschloB, den- 
selben zu kontrollieren, sobald ich dazu in der Lage sein wfirde. Die 
Gelegenheit dazu war jetzt da, und meine Versuchsziege wurde also 
sorgffiltig beobachtet, und selbstverstindlich vor zufalliger Infektion 
geschfitzt. 

Am 31. Juli 1900 war die Temperatur genfigend gefallen, um eine 
Tuberkulination zu gestatten. Die Reaktion war heftig, nicht nur ther- 
misch, sondern auch organisch und lokal. Die Erscheinungen verschwanden 
mit dem Herabsinken der Temperatur. Nach jener Zeit wurde das Tier 
mehrmals zur Kontrolle verschiedener Tuberkuline verwendet. 

Die Schwellung an der Impfstelle blieb immer fortbestehen; im 
fibrigen zeigte das Tier keine krankhaften Symptome. Im Monat April 
1903 jedoch, also drei Jahre nach der Impfung, verfinderte sich der 
Zustand ganz, nachdem ich schon etwas frfiber wahrgenommen hatte: 
1) daB die SchwelluBg an der Impfstelle sich vergrfifiert hatte, 2) daB 


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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 153 


die rechte Bugdriise an Umfang zugenommen hatte und 3) daB das Tier 
wieder hustete. Am 20. April abscedierte die Schwellung an der Impf- 
stelle. In dem ausgestoBenen dicken Eiter wurden Tuberkelbacillen ge- 
funden. Die rechte Bugdrtise wurde immer groBer, und man konnte 
darin zwei grofie Knoten fiihlen. Die Temperatur fing wieder an zu 
steigen. Nach dem 16. Mai verlor das Tier an Gewicht, der Husten 
nahm zu und kostete immer mehr Miihe; die Atmung wurde frequent. 
Die Ziege wurde allmahlich kranker und verendete in der Nacht vom 
26. auf den 27. August 1900, also 3Jahre und 145Tage nach der 
I m p f u n g. 

Die Obduktion ergab folgendes: Aus der Maulhbhle flieBt ein wenig 
schaumige Fliissigkeit. An der Impfstelle eine taubeneigroBe Schwellung 
mit verkSstem Inhalt. Intima der rechten Jugularis normal. Zwischen 
der Anschwellung und der Jugularis war ein kleiner verkaster Herd. 



Fig. 1. Bugdrtise der am 2(i. August 1903 gestorbenen Ziege, mit zwei grofien 
tuberkulosen Herden. •/,„ Grofie. 

Beide retropharyngeale Lymphdriisen stark tuberkulbs mit verkasten 
Herden, die rechte ist mehr krank als die linke. Submaxillare Lymph- 
drusen etwas blutig. Rechte Bugdriise stark vergrbBert, besteht 
aus zwei grofien Herden, der obere verkSst und teilweise verkalkt, der 
untere nur verk&st (Fig. 1). Linke Bugdriise nur blutig geschwollen; 
dasselbe gilt von den unteren Hals-, den Axillar- und den Kniefalten- 
driisen. In der supramammaren Driise links ein verkaster Herd. Sub- 
kutan am Brustbein einige kleinere Abscesse mit kasigem Eiter. 

In der Bauchhohle war nur wenig veriindert. In Leber, Milz und 
Niere waren keine Tuberkel zu sehen. Nur in der portalen LymphdrOse 
ein verkalkter Herd. (SchluB foigt) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Nachdruck verboten. 

Zur Biologie schwachYirulenter Tuberkelbacillen 

fAus dem pathologisch-anatomischen Institute (Prof. Weichselbanm) 

in Wien.] 

Von Assistent Dr. Julius Bartel und Dr. Bobert Stein. 

Wenn ich trotz vorhandener reichlicher Arbeit auf diesem Gebiete 
es in Gemeinschaft mit Dr. Stein unternahm, einen weiteren Beitrag 
zu liefern, so veranlaBten in ich in erster Linie hierzu Beobachtungen, 
die ich gelegentlich des Stodiums der Tuberkulosefrage macbte, dies 
namentlich gelegentlich meiner Arbeit „Die Infektionswege bei der 
Ffitterungstuberkulose". Es war besonders die sichere Deutung von 
dfters gesehenen Befunden an Impftiereu, die ich anstrebte, die ich aber 
an der Hand des bislang Bekannten nicht in befriedigender Weise finden 
konnte. Diese Unklarheit der Deutung machte sich namentlich dort 
gel tend, wo es auf die Beurteilung des Virulenzgrades von 
nur eine lokalisierte Impftuberkulose hervorrufenden 
Bacillen ankam, wenn das Ausgangsmaterial zu den Ver- 
suchen nur sch wachvirulenten Tuberkelbacillenkulturen 
entnommen war. Es ist die oft erdrterte und in manchen Punk ten 
widersprechend behandelte Frage der Wirkung lebender und toter Tu- 
berkelbacillen, die mit jener zusammenffillt, die noch immer einer end- 
gfiltigen Ldsung bedarf. An K u 11 u rmaterial hoch virulenter Stfimme 
hat diese Frage schon eingehende Bearbeitung erfahren. Herrscht auch 
keine vdllige Uebereinstimmung in der Beantwortung derselben seitens 
der verschiedenen Autoren — wir weisen hier nur kurz auf die Aus- 
ffihrungen von Krompecher,Baumgarten, K el her und auf die Ab- 
handlung Sternbergs hin, welch letztere gleichzeitig ein fibersichtliches 
diesbezfigliches Literaturreferat enthfilt — so kdnnen wir doch diesen 
Angaben so viel entnehmen, daB wir daran denken mflssen, daB auch 
tote Tuberkelbacillenkultur en, hat es sich urn vorher hoch virulente 
Stfimme gehandelt, am Impftier fihnliche Bilder erzeugen kdnnen, wie 
es lebende Bacillen zu tun pflegen. Es ndtigen uns solche Beobach¬ 
tungen zu besonderer Vorsicht, wenn es sich urn Ffille von Impftuber¬ 
kulose mit nur lokalen, i. e. an die Impfstelle allein gebundene Ver- 
finderungen spezifischer Natur handelt, es also nicht zu einer alige- 
meinen Ausbreitung der Impftuberkulose gekommen ist Ob jene 
Vorsicht in der Beurteilung der Impftuberkulose bezfig- 
lich des Virulenzgrades der verursachenden Bacillen 
auch geboten ist, handelt es sich einmal um sehr schwach 
virulente Bacillen, des weiteren um Bacillen in sehr ge- 
ringerZahl, die in dem von ihnen spezifisch ver finder ten 
oder auch noch unverfinderten Gewebe in natfirlicher 
Verteilungeingeschlossen sind, darfiber kdnnen wir je- 
doch keinen sicheren AufschluB erhalten. Ob die bei hoch- 
virulenten lebenden und abgetdteten, sowie sch wachvirulenten lebenden 
und toten menschlichen Bacillenkulturen gemachten Beobachtungen sich 
auf die eben erwfihnten Verhfiltnisse ohne weiteres fibertragen lassen, 
erschien mir nach einzelnen Beobachtungen meinerseits ohne eine Prfi- 
fung des entsprechenden Verhaltens nicht angfingig. Um diesem Ziele 
nfiher zu treten, suchten wir in gemeinsamer Arbeit zunfichst zu er- 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 155 


griinden, wie sich schwach virulente Bacillen in demvonihnen 
spezifisch ver&ndertenGewebe in natiirlicherVerteilung steril 
aufbewahrt bei allm&hlicher weiterer Abschwachung der Virulenz und 
wohl auch mit der Zeit eintretenden Verminderung der Zahl in bio- 
logischer Hinsicht verhalten und welches ihr Verhalten ist, wenn man 
sie abtotet. Zugleich hatten die zu diesem Zweck unternommenen ex- 
perimentellen Studien auch den Zweck, einige Nebenfragen beziiglich 
Morphologie, F&rbbarkeit etc. im Anschlusse zu behandeln. DemgemaJB 
wurde das Arbeitsprogranun, urn den verschiedenen sich eng beriihrenden 
Fragen gerecht zu werden, folgendermaBen festgesetzt. 

„Vor allem sollte ergriindet werden, inwiefern der 
Tu berkelbacillus seine biologischen Eigenschaften an- 
dert, wenn er in dem von ihm spezifisch ver&nderten Ge- 
webe bei Abwesenheit an derweitiger Mik roorganismen 
bei Bruttemperatur in feuchter Rammer gehalten wird. u 
Die hierbei in Erwagung gezogenen Fragen waren folgende: 

„Einmal zu priifen, ob unter den genannten Verhalt- 
nissen eine Vermehrung der Tuberkelbacillen eintritt, 

ob eine solche, wenn sie stattfindet, gtinstigere Ver- 
haltnisse fiir die noch immerschwierigeKultivierungdes 
Tuberkelbacillus bietet, 

welcher Art die morphologischen V eranderun gen des 
Tuberkelbacillus sind, desgleichen wie er sich in seinem 
farberischen Verhalten an der t, endlich 

inwieweit eine Abschwachung der Virulenz der Tuber¬ 
kelbacillen eintritt, und wie sich dieselbe BuBert. u 

Im Anschlusse sollte gepriift werden 

„Ob und inwieweit abgetotete, gleicherweise nur in 
geringerZahl in dem von ihnen spezifisch ver&nderten 
Gewebe in natiirlicher Verteilung vorhandene mensch- 
liche Tuberkelbacillen — nur von solchen ist in unseren 
Zeilen die Rede — am Impftier Ver&nderungen makro- 
skopischer und mikroskopischer Natur hervorrufen und, 
wenn solches der Fall ist, welcher Art diese Verande- 
rungen sind.“ 

Technischer Vorgang. 

Zum Ausgangspunkt der Versuche wurden lebenswarme exstirpierte 
tuberkulos verSnderte Organe — Milz, Leber, Netz — von Meerschwein- 
chen gew&hlt, welche Tiere mit schwachvirulentem tuberkulbsen Material 
verschiedener Provenienz — sowohl Kulturmaterial wie auch tuber- 
kulose Organe vom Menschen — geimpft worden waren. Da die Or¬ 
gane in einzelne TeilstOckchen — Proben — zerlegt zur Verimpfung 
kamen, wurden mdglichst gleichmaBig verSnderte Organe gewahlt, um 
fQr alle Proben mOglichst gleiche Verhaltnisse zu schaffen. Durch die 
Wahl von Versuchsmaterial verschiedener Provenienz sollten Resultate 
bei einer Anzahl verschiedener Tuberkelbacillenstamme gewonnen werden, 
die dann ein mehr allgemein geltendes Urteil gestatten sollten. 

Zur Gewinnung des Ausgangsmaterials wurde in folgender Weise 
vorgegangen: Die mit tuberkulosem Material geimpften Meerschweinchen 
wurden im Stalle in einem GlasgefaBe mit Chloroform getotet. Hierauf 
wurde in dasselbe GlasgefaB eine heiBe hochprozentige Sublimatlosung 
eingegossen. Nachdem das Fell des Tieres von derselben vdllig durch* 


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156 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVUI. Heft 2. 

trfinkt war, wurde es mit dem GeffiB ins Laboratorium gebracht und 
daselbst rasch abgeh&utet. Die Gefahr einer Materialverunreinigung 
durcb umherfliegende Haare war so onmdglich gemacht, and so eine 
oberflachliche Sterilisation erreicht Der enth&utete Kadaver wurde 
weiter neuerlich desinfiziert — Sublimat 2-prom., Alkohol 95-proz., 
Bunsenflamme —, mit sterilen Instrumenten — 5 Minuten langes Aus- 
kochen derselben in Wasser mit folgendem Einlegen in Alkohol 95-proz. 
— dessen Peritonealhbhle erdflfnet und die betreifenden Organe steril 
entfernt, in eine sterile Petrischale gebracht, bei alien folgenden Mani- 
pulationen wieder steril vorgegangen. Die Organe wurden nunmehr 
in eine Reihe ann&hernd gleich groBer „Proben tt geteilt und jede der¬ 
selben gesondert in eine Glasschale mit Deckel gebracht — Probe I, 
II etc. — bis auf ein Teilstiickchen, das frisch verarbeitet wurde — 
frische Probe. — Die ersteren Proben wurden, und zwar die jeden Falles 
fiir sich, in feuchter Rammer in den Brutofen bei 38 0 gebracht (Reihe I, 
II, III, IV und V A). Einmal wurden sie daselbst bis zum 4. Tage in 
trockener Rammer belassen und erst am 4. Tage die trockene Rammer 
in eine feuchte verwandelt (Reihe V B). In ersterem Falle lagen die 
Probestuckchen schon nach 24 Stunden in einer trBben, gelblichen 
Flflssigkeit und nahmen eine gelbbraune Farbe an. Ihre Ronsistenz 
wurde mit der Zeit sehr weich, das Gewebe leicht zerreiBlich, zunder- 
artig. Im zweiten Falle waren die TeilstQckchen am 4. Tage einge- 
trocknet und am Rande splitternd. Nachdem die trockene Rammer in 
eine feuchte verwandelt wurde, glichen die ProbestQckchen in kurzer 
Zeit aufierordentlich vollkommen jenen Proben, die von Anfang an in 
feuchter Rammer gehalten waren. In zwei Fallen (Reihe VI und VII) 
wurde das Material hohen Temperaturen ausgesetzt. Einmal wurden hier- 
bei die betreifenden Organstucke in toto im Dampfsterilisator durch 
l 1 /* Stunden der Wirkung des strbmenden Dampfes ausgesetzt (Reihe VI), 
ein andermal die Organstflcke in Bouillon verrieben und dann durch 
35 Minuten gekocht (Reihe VII). Die „frische Probe“ wurde, wie be- 
reits erwahnt, sofort, die iibrigen in verschiedenen Zeitr&umen von Tagen 
bis Wochen verarbeitet. Die Verarbeitung gescbah in folgender, sich 
stets gleich bleibender Weise. 

Die Proben wurden steril in kleine Stuckchen zerlegt und dieselben 
verwendet: 

1) Zu Aufstrichpr&paraten, die auf Tuberkelbacillen nach Weichsel- 
baum gefarbt wurden, 

2) zu Schnittpraparaten — Hamalauneosin und Tuberkelbacillen- 
farbung nach Zie hi -Nielsen bei Alkoholfixierung und Parafiinein- 
bettung, 

3) zu Rulturzwecken — Bouillon, Agarplatte, Zuckeragar anagrob, 
Glycerinagar und Glycerinkartoffel, 

4) Tierversuch, und zwar teils subkutane, teils intraperitoneale Im- 
pfung an Meerschweinchen. Fflr die frische Probe bildete hier der 
Sektionsbefund des Tieres, dem das verarbeitete Organ entstammte, den 
MaBstab fflr die Virulenz der eingeschlossenen Tuberkelbacillen. 

Die Declcglaepraparate sollten Aufschlufi geben iiber Zabl, F&rbbarkeit und Form 
der TuberkelbacUlen, sowie auch durch Vergleiche der Deckglaaer verscbiedener Proben 
annahernde Schliisse gestatten iiber eine etwaige Vermehrung der BaciUen. In den 
ersten Proben waren die Deckglaspraparate, von verriebenem Material hergestellt, wegen 
der allzu groBen Verteiiung der Bacillen unbrauchbar. 

Der Hfimalauneoeinsdanitt diente zur Orientierung iiber die Ver&nderungen dea 
Gewebes unter dem Einflusse der angefiihrten Behandhing. Der Tuberkelb&ciUanachnitt 


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Bartel a. Stein, Zur Biologic schw&chvirulenter Tuberkel bacillen. 157 


gab AnfBchluS fiber das Lagerungsverbaltnis der Bacillen wie fiber deren Gruppierung 
zneinander. Auch liefi eich erwarten, daS aus dem Schnittpraparat ieichter Anhalte- 
pnnkte fiber etwaige Vermehrung von Bacillen zu gewinnen sein wfirden, als aus den 
Deckglaabetunden. Auch fiber Form und Farbung der Bacillen sollten sie ein die 
Deckcdasbefunde bestatigendes Urteil gestatten. 

Das Kulturverfahren — Bouillon, Agarplatte aerob und Zuckeragar anaerob bei 
4 —5-tagiger Beobachtung — sollte Aufschlufl fiber die Abwesenheit anaerweitiger Bak- 
terienarten geben, wahrend Glycerinagar- und Glycerinkartoffelkulturen mehrerc Wochen 
bei LuftabschluB in der Dunkelheit bei 38® beobachtet, zur Zfichtung der Tuberkel- 
bacillen bestimmt waren. Auf den letztgenannten Nahrboden aufgegangene Kulturen 
wurden zwecks Identifizierung mit dem Kochscheu Tuberkelbacillus gepruft, und zwar 
nach ihrem langsamcn Wachstum unter den genannten Bedingungen und nach ihrer 
Farbreaktion una ihrem morphologischen Verhalten. 

Der Tierversuch endlich war bestimmt, Anhaltspunkte fiber den Virulenzgrad der 
zur Verimpfung; gelangten Tuberkelbacillen zu geben. Zur Beurteilung des Tieryersuches 
wurde einmal die genaue Sektion des Impftieres, weiter der genaue histologische Be* 
fund — Hamalauneosin- und Tuberkelbacillenschnitt — herangezogen. Zur Verimpfung 
wurde das Material mit Bouillon ohne Sand oder sonstige Fremdkorper ver- 
rieben. Die injizierte Menge echwankte zwischen 2 und 3 ccm. 

Zur Untersuchung wurden Tuberkelbacillenst&mme ver- 
schiedener Herkunft herangezogen, und zwar: 

1) Von einer bronchialen Lymphdriise — schwielige Tuberkulose — 
eines Sektionsfalles vom 10. Dezember 1903 wurde ein Meerschweinchen 
subkutan geimpft. Dessen vergroBerte, von kleinsten Tuberkeln gleich- 
tnfiBig durcbsetzte Milz bildete das Ausgangsmaterial der Reihe I. 

2) Von einem Falle allgemeiner Tuberkulose, wie sie von einer Reihe 
von Autoren — es sei nur auf Grawitz, Askanazy etc. hinge- 
wiesen — beobachtet und von P alt auf und Sternberg in neuerer 
Zeit des nfiheren beschrieben und auf die Wirkung schwachvirulenter 
Bacillen zurilckgeftlhrt wurden, wurde ein Tier mit Material aus den 
HalslymphdrQsen subkutan geimpft, dessen gleichmfiBig von iniliaren 
Tuberkeln durchsetzte Milz zur Verarbeitung in Reihe II verwendet. In 
Reihe III erscheint das Netz des mit Material von der tuberkulQs ver- 
ftnderten Lunge des gleichen Falles intraperitoneal geimpften Meer- 
schweinchens verarbeitet. Znm Ausgangsobjekt der Reihe IV wurde die 
mit iniliaren Tuberkeln gleichmfiBig durchsetzte Milz des Impftieres 
herangezogen, das mit Material der III. Reihe geimpft worden war, 
welches Material 9 Tage (1. Probe) im Brutofen in feuchter Rammer 
geweilt hatte, 

3) Mit Kulturmaterial — 4. Generation eines aus einer bronchialen 
Lymphdrfise mit chronischer Tuberkulose auf Glycerinkartoffel gezflch- 
teten Stamraes — wurde ein Meerschweinchen intraperitoneal geimpft. 
Milz und Leber dieses Impftieres waren gleichmfiBig von miliaren Tu¬ 
berkeln durchsetzt und bildeten das Ausgangsmaterial in Reihe V. Zu 
Reihe VI wurden die Milzen jener Meerschweinchen benutzt, die mit 
Milzmaterial der Reihe V — vom 4. und 7. Tage resp. 1. und 2. Probe 
subkutan geimpft worden waren. 

4) Aus den Halslyraphdriisen eines mit Material von einer lange 
Jahre fortgeztlchteten Tuberkelbacillenkultur geffltterten Kaninchens 
wurde eine Tuberkelbacillenkultur gewonnen. Diese wurde an ein Meer¬ 
schweinchen verimpft, dessen Milz, verkfiste Bronchiallymphdrflsen und 
verkfister Knoten der Infektionsstelle in Reihe VII verwendet. 

Nunmehr wollen wir die ausfiihrlichen Protokolledereinzelnen 
Versuchsreihen wiedergeben. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVHI. Heft 2. 


Stamm 1. 

I. E e i h a 

(Objekte bei 38° in feuchter Kammer gehalten.) 

Die verimpfte Bronchiallymphdriise zeigte histologisch peripher fibr5se, zentral 
verkfiste Tuberkel. 

Kultur. Behind aus derselben : 

Bouillon: diffuse Trubun*, Indol positiv. 

Agarstrich: Staphyl. alb., Bacter. coli. 

Zuckeragar anaerob: Vergarung Tuberkelbacillenkulturen (Glycerinagar) erfnlglos. 

Sektionsbefund des Impftieres: getdtet 65. Tag (13. Febr. 1904, zugleich Sektions- 
befund des Impftieres der fnschen Probe): 

Kasiges Infiltrat der Injektionsstelle, Schwellung und eingesprengte kleiue K&se- 
herde in den beiderseitigen Inguinallymphdrusen, oehwellung mit einzelnen kleinen 
Kndtchen und Kaseherden der Mesenterial-, Bronchial- und Halslymphdrusen, grofies 
Netz makroskopisch frei von Veranderungen, Milz auf das Vierfacne vergrftflert, blut- 
reich, von zahllosen dichtstehenden kleinsten Kndtchen durchsetzt, Leber vergroBert mit 
zahlreichen konfluierenden Kaseherden, in den Lungen mafiig reichlich graue Kndtchen 
in unregelmafiiger Verteilung. 

Die Milz wurde in 7 annahernd gleich grofie Stiicke geteilt, eins hiervon sofort 
verarbeitet (frische Probe), die anderen 6 unter den oben angefuhrten Kautelen in den 
Brutofen gegeben. 


Frische Probe (fr. Pr.) 13. Febr. 1904. 

1) Deckglas: nichfc verwertbar. 

2) Histologischer Behind: Die Milz von zahllosen dichtstehenden Epitheloidzellen- 
tuberkeln mit einzelnen Eiesenzellen durchsetzt, die Tuberkel meist mit kleinen ver- 
k as ten Zentrum. 

Sparliche Tuberkelbacillen in den Tuberkeln einzeln und zu zweien als leuchtend 
rot gefarbte nicht segmentierte schlanke Stabchen. 

3) Kultur. Behind: steril. 

4) Tierversuch: s. o. 

1. Probe, entnommen am 4. Tag (17, Febr. 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Behind: Ziemlich reichliche, bald einzeln, haufiger zu zweien 
liegende, deutlicn rot gefarbte Bacillen, die zumeist stark segmentiert erscheinen. An 
einzelnen wenigen Stelien liegen 3—4 Paare von Bacillen ziemlich dicht beieinander in 
den Tuberkeln. 

3) Kultur. Behind: durchweg steril. 

4) Tierversuch (alteres kraftiges Tier). 

Sektionsbefund 26. Tag (24. Marz 1904): Subkutan rechte Bauchseite. Verkastes 
Infiltrat der Injektionsstelle, Verkasung der rechtsseitigen Inguinallvmphdrusen, Lymph- 
druse am rechten Muscul. psoas, sowie die Lymphdrosen des Bauchraumes ge- 
schwollen, braune Atrophie der inneren Organe, Marasmus. Deckglas aus den verkaeten 
Partien: zahlreiche leuchtend rot gefarbte unsegmentierte Stabchen. 

Kultur auf Tuberkelbacillen steril. 

Histologischer Befund: Die Milz enthalt keine auf Tuberkulose verdachtigen Herde. 
In der geschwollenen Driise von der Gegend des Muse, psoas fanden sidi an einer 
Stelle in einem Lymphsinus, der von lympnoiden Zellen dicht erfullt war, einige kleiue 
Haufchen protoplasmareicher Zellen mit blaschenfbrmigem Kern. Tuberkdbacillen 
waren hier sparlich, nicht segmentiert, deutlich rot nachweisbar. 

2. Probe, entnommen am 9. Tage (22. Febr. 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: analog 1. Probe. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch (alteres kraftiges Tier). 

Sektionsbefund 24. Tag (17. Marz 1904): Subkutan rechte Bauchseite. Braune 
Atrophie der inneren Organe, Marasmus, Inguinallymphdriisen beiderseits etwas ge- 
schwollen. 

Histologischer Befund: Die geschwollenen Inguinallymphdrusen zeigen keine Ver¬ 
anderungen, die einen Verdacht auf Tuberkulose rechtfertigen kbnnten. Follikel sind 
in den Lymphdriisen nicht zu unterscheiden. 

Tuberkelbacillen konnten nicht nachgewiesen werden. 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 159 


5. Probe, entnommen am 16. Tage (29. Febr. 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: Die Bacillen Bind vielfach blafirot gefarbt, sonst gleich 
beechaffen wie in Probe 1 u. 2. 

3) Kultur. Befund: Staphyl. albus (sparlich) auf Bouillon, Agarplatte und in 
Zuckeragar, Glycerin agar steril. 

4) Tierversuch (alteres kraftiges Tier). 

Stektionsbefund 90. Tag (28. Mai 1904): Intraperitoneal. Tier gesund und kraftig, 
im grofien Netz 2 kleine Knotchen. 

Histologischer Befund: Das eine besteht fast durchweg aus grofien protoplasma- 
reichen Zellen, die durchaus 2 und mehrere Kerne in unregelmafiiger Anordnung be- 
sitzen. Das zweifce Kn&tchen erwies sich ala ein kleines Lymphknotchen. 

Tuberkelbacillen konnten nicht nachgewiesen werden. 

4. Probe, entnommen am 23. Tage (7. Marz 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: In dieser Probe groflere Tuberkel mit Btarker Verkaaung. 

Tuberkelbacillen sind hier reichlich zu fiuden, und zwar oft zu dreien und auch 

mehreren. Auch kleinere dichtstehende Gruppen sind stellenweise zu konstatieren. 
DeutUch rot gefarbt, Bind die Bacillen durchwegs segmentiert. 

3) Kultur. Befund: steriL 

4) Tierversuch (junges Tier). 

Sektionsbefund 19. Tag (20. Marz 1904): Intraperitoneal. Diffuse, eitrig fibrindse 
Peritonitis, akuter Tumor aer Milz, grofies Netz stark verdickt, ddematos, an der In- 
jektionsstelle ausgedehnte Hamorrhagie mit Verlotung des Darmes an der Serosa der 
vorderen Bauchwand. 

Histologischer Befund: Netz und Bindegewebe der Pankreas stark ddematfts, viel- 
fach zahlreicne polyn ukleare Leukocyten enthaltend. An der Oberflache des grofien 
Netzes vielfach Fibringerinnsel mit eingelagerten polynuklearen Leukocyten. 

5. Probe, entnommen am 27. Tage (9. Marz 1904). 

1) Deckglas: Mafiig reichlich blaGrot gefarbte, zumeist segmentierte Bacillen einzeln 
und zu zweien. 

2) Histologischer Befund: analog 3. Probe. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch (junges Tier). 

Sektionsbefund 19. Tag (28. Marz 1904): Subkutan rechte Bauchseite. Tot aufge- 
funden. Braune Atrophie aer inneren Organe, leichte Schwellung der Inguinal- und 
BauchlvmphdruBen. 

Histologischer Befund: Die Lymphdriisen erweisen sich mikroskopisch unver- 
andert 

6. Probej, entnommen am 30. Tage (12. Marz 1904). 

1) Deckglas: analog 5. Probe. 

2) Histologischer Befund: analog 5. Probe. 

3) Kultur. Befund: Bouillon Staph, alb., sonst steriles Ergebnis der Kulturen. 

4) Tierversuch (junges Tier). 

Siektionsbefund 77. Tag (28. Mai 1904): Intraperitoneal. Tier in gutem Ernahrungs- 
zustand, im grofien Netz menrere feine rundliche Knotchen. 

Histologischer Befund: Die Knotchen sind aus dichtliegenden protoplasmareichen 
Zellen gebildet, die einen bis mehrere bliischenformige Kerne enthalten. Mit der Zahl 
der Kerne nimmt die Zelle an Grofie zu, und erscheinen dann die Kerne meist rand- 
standig um das mit Eosin gleichmafiig rot gefarbte Zentrum der Zellen gelagert, manch- 
mal jedoch liegen die Kerne auch zentral dicht beieinander. Im Lymphknbtchen des 
grofien Netzes waren ebenfalls gleichartige Zellen unregelmafiig verteilt 

Tuberkelbacillen lieSen sicn nicht nachweisen. 

In der frischen Probe waren die Tuberkelbacillen in den teilweise 
verk&sten Tnberkeln ziemlich gleichmaBig verteilt, nur in sp&rlicher Zahl 
nachweisbar. Die Bacillen lagen einzeln und zu zweien, waren durch¬ 
wegs unsegmentierte, schlanke St&bchen, und zeigten einen leuchtend 
roten Farbenton. Nach 4 Tagen (1. Probe) fanden sich Bacillen als 
stark segmentierte, deutlich rot gef&rbte Stabchen in weitaus reichlicherer 
Zahl als in der frischen Probe in den Tuberkeln eingeschlossen. Die 
Bacillen lagen zu zweien und mehreren dicht beieinander. In den 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII, Heft 2. 


weiteren Proben Snderten die Bacillen ihr Verhalten nur insoweit, als 
bei gleicher starker Segmentierung ihr Farbenton blasser rot wurde. 
An Zahl kamen sie ungeffihr den Bacillen der frischen Probe gleich, 
wie sie auch stets nur in den Tuberkeln zu fin den waren. 

Kulturen auf Tuberkelbacillen batten ein negatives Ergebnis. (Die 
N&hrbOden der 3. Probe durchwegs, die Bouillonkultur der 6. Probe 
waren durch Staphyl. alb. verunreinigt. Da in den entsprechenden 
Schnittpr&paraten keine Mikroorganismen aufier Tuberkelbacillen gefunden 
wurden, mflssen die Mikroorganismen erst bei der Verarbeitung der 
Proben nach Entnahme aus dem Brutofen in das Material gelangt sein. 
Die aufgegangenen Staphylokokkenkolonieen waren nur in sp&rlicher Zahl 
vorhanden.) 

Die Bacillen der frischen Proben hatten eine allgemeine Tuber- 
kulose beim Impftier hervorgerufen — Epitheloidzellentuberkel mit 
Riesenzellen nnd Verkasung, Bacillenbefund der frischen Probe. — Am 
4. Tage ergab die subkutane Verimpfung des Materials am Meerschwein- 
chen ein verkfistes Infiltrat der Injektionsstelle mit Tuberkulose der re- 
gionfiren Lymphdrusengruppe — Epitheloidzellentuberkel mit Riesen¬ 
zellen und VerkSsung, in den Tuberkeln leuchten rot geffirbte, nicht 
segmentierte Bacillen in mfifiiger Zahl — ferner aufier Marasmus des 
Impftieres keine Veranderungen. Das Impftier der Probe vom 9. Tage 
zeigte bei subkutaner Impfung aufier leichter Schwellung der regionfiren 
Lymphdrusengruppe — keine spezifisch tuberkulOsen Veranderungen — 
und Marasmus nichts Pathologisches. Die intraperitoneale Verimpfung 
der Proben vom 16. und 30. Tage ergab Kndtchenbefunde im grofien 
Netz bei sonst kraftigen, gut genahrten Tieren — epitheloide und Riesen¬ 
zellen, nirgends Verkasung, vom Rande aus eindringende Kapillargefafie, 
keine Bacillen. Die subkutane Verimpfung vom 27. Tage (5. Probe) 
ergab an dem gut genahrten Impftier keine tuberkuldsen Veranderungen. 
Ein Tier, geimpft mit Material vom 23. Tage (4. Probe) ging bei intra- 
peritonealer Injektion an eitrig fibrinQser Peritonitis (Darmverletzung) 
zu Grunde. 

Stamm 2. 

II. Reihe. 

(Objekte bei '58° in ieuchter Kammer gehalten.) 

Die verimpfte Halslymphdruse des SektionsfaUes zeigte bei starker Vergr&fierung 
zahlreich eingesprengte Kaseherde. 

Kultur. Refund aus derselben: Bouillon, Agarstrich, Zuckeragar anaerob, so wie 
Glycerinagar und Glycerinkartoffel blieben durcbweg steril. 

Sektionsbefund des Impftieres 62. Tag (17. Febr. 1904, zugleich Sektionsbefund des 
Impftieres der frischen ProDe): Kasiges infiltrat der Injektionsstelle, Schwellung und 
Verkasung der rechtsseitigen inguinalen Lymphdriisen, die Milz auf das ca. 15fache ver- 
grbfiert, weich, blutreicb, von zahllosen kleinsten Knotchen durchsetzt, in der Leber 
zahlreicbe konfluierende verkaste Herde von unregelmafiiger Gestalt, in der Lunge 
sparlich graue Knotchen, die Lymphdriisen des Bauch- una Brustraumes geschwollen, 
in denselben zahlreicbe kleinste Kndtchen, Marasmus. 

Im Tuberkelbacillenschnitt sind nur sehr sparliche, stark segmentierte und schwach 
gefarbte Bacillen nachweisbar. 

Die Milz wurde in 6 Teile zerlegt, ein Stuck sofort verarbeitet, die 5 iibrigen Teil- 
stucke in den Brutofen bei .SB" gegeben. 

Frische Probe 17. Febr. 1904. 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: Zahlreiche dichtstehendeTuberkel mit Verkasung, in den 
ineisten Tuberkeln zahlreiche Riesenzellen uud wechsclnde Zahl von Leukocyten. Tuberkel¬ 
bacillen fanden sich nur sehr sparlich — an einer Stelle ein unsegmentiertes, an einer 
weiteren ein s^mentiertee Stabchen, beide deuthch rot gefarbt in Tuberkeln. 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 161 


3) Kultur. Behind: Staphyl. albus in Bouillon, auf Agarplatte und in Zucker- 

agar sowie auf Glycerinagar. Auf Glvcerinkartoffel zeigten sich nach 4 Wochen 6—8 
Heine trockene Eolonieen aus deutlich die Farbreaktion der Tuberkelbacillen gebenden 
unsegmentierten Bacillen. * 

4) Tierversuch: 8. o. 

1. Probe, entnommen nach 48 Stunden (19. Febr. 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: In einem Gesichtsfeld fanden sich 2 segmentierte, gut 
gefarbte Bacillen in einem TuberkeL 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch: 24. Tag (14. Marz 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan, rechte Bauchseite (seit 12 Tagen deutlich fiihlbare 
Inguinaldriisen). Verkastes Infiltrat der Injektionsstelle, Verkasung der bohnengroflen 
recntsseitigen Inguinallymphdriisen, Milz geschwollen, blutreich, in Milz, Leber und 
Lungen feinste Knotchen. 

Deckglas aus verkasten Partieen: Zahlreiche leuchtend rot gefarbte, mehrfach seg¬ 
mentierte Bacillen. 

Histologischer Befund: Die inguinalen Lymphdriisen nur in ihren Randpartieen 
erhalten, sonst vollstandig von zentral erweichten Tuberkeln eingenommen. Letztere 
sind in der Peripherie stark fibros, wahrend sie zentral dichte Anhaufungen polynuklearer 
Leukocvten unci dazwischen zahlreiche Kerntriimmer enthalten. Auch sieht man zwischen 
den Zellen vielfach mit Eosin gleichmaBig gefarbte unregelmaBige Massen. 

In Schnitten fanden sich sehr sparliche, stark segmentierte Bacillen. 

Kultur. Befund: Injektionsstelle Glycerinkartof fel nach 3 Wochen zahlreiche feinste 
trockene Kolonieen, die in der Folge die ganze Kartoffel an der Impfseite iiberziehen, 
Bacillen von der Farbreaktion der Tuberkelbacillen. 

2. Probe, entnommen am 9. Tage (25. Febr. 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: Keine Bacillen aufgefunden. 

3) Kultur. Befund: Sarcine auf Agarplatte und auf Glycerinkartoffel. 

4) Tierversuch 4. Tag (1. Marz 1904): subkutan rechte Bauchseite. 

Bektionsbefund: Marasmus, Magen kontrahiert. Das sehr junge und schwachliche 

Tier war seit der Injektion frefiunlustig und ging am 5. Tage zu Grunde. 

3. Probe, entnommen am 19. Tage (7. Marz 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: Ein segmentiertes, schwach rot gefarbtes Stabchen. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 31. Tag (7. April 1904). 

Bektionsbefund: Intraperitoneale Injektion. Starker Marasmus, braune Atrophie der 
inneren Organe, Magen kontrahiert. Darmschleimhaut atrophisch, Mesenteriallymph- 
drusen etwas vergrofiert, in der Leb^r zahlreiche feinste weiBe Pflnktchen, starker Haar- 
ausfall am ganzen Korper. 

Histologischer Betund: Die Heinen Leberknotchen stellen mikroskopisch Herde in 
der Leber dar, innerhalb deren die Leberzellen nekrotisch erscheinen, wahrend zwischen 
denselben zahlreiche mono- und polynukleare Leukocyten eingestreut sind. 

Tuberkelbacillen fanden sich in diesen Herden nicht. 

4. Probe, entnommen am 21. Tag (29. April 1904). 

1) DeckHas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: Keine Bacillen auffindbar. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 48. Tag (29. April 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Marasmus, Heines griinliches Knot¬ 
chen der Injektionsstelle, Inguinaldriisen recht9 etwas grofier als links, oraune Atrophie 
der inneren Organe, Magen kontrahiert, Haarausfall am ganzen Korper, Tier gleich aera 
von Probe 3 im Wachstum zuriickgeblieben. 

Histologischer Befund: Das subkutane Infiltrat setzt sich aus analogen Zellen 
zusammen, wie das Netzknotchen I. Keihe, 6. Probe, Tierversuch. Vom Rande sieht 
man gelegentlich eine Kapillare in das Infiltrat hineinziehen. 

Tuberkelbacillen fanden sich in diesem Infiltrat nicht. 

Elite Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 2 . 11 


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Centr&lbi. f. Bakt etc. 1. Abt. Originate. Bd. XXXYIII. Heft 2. 


5. Probe, entnommen am 24. Tag (12. M&rz 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: Keine Tuberkelbacillen aufgefunden. 

# 3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tiervereuch 77. Tag (28. Mai 1904). 

fcjektionsbefund: Intraperitoneal. Im grofien Netz ein kleines rundliches Kndtchen, 
ueben zwei langlichen griinlichen Herden. 

Histologischer Behind: Ein Kndtchen erwiee sich ale ein vdllig verkaster Herd 
mit derb biodegewebiger Kapsel. 1m verkasten Gewebe sind zahlreiche Kerne und 
Kern trammer zu sehen. Anaere Kndtchen wiederum bestehen aus Zellen, die jenen 
gleichen, wie sie das Netzknotchen 1. Keihe, b. Probe, Tiervereuch aufwiee. 

Tuberkelbacillen konnten in diesen Herden nicht nachgewiesen werden. 

Die Impftiere dieeer Keihe waren durchweg eehr junge echwachliche Tiere, die alle 
eeit der Iojektion wenig fraBen, bis auf das Tier der 5. Probe, das bei der Sektion auBer 
den beschriebenen Netzherden keine Veranderungen zeigte. 

HI. Keihe. 

(Objekte bei 38° in feuchter Kammer gehalten.) 

Dieselbe umfafit Impfversuche mit 3 gleichfalls bei 38® steril in feuchter Kammer 
aufbewahrten Teilstucken des tuberkulos veranderten grofien Netzes eines Meerechwein- 
chens. Dasselbe war intraperitoneal mit verriebenen Lungenstflckchen geimpft worden, 
die dem gleichen Obduktionsfalle entstammten, dessen Halslymphdriisen zur Impfung 
des Meerechweinchens der 11. Keihe benutzt wurden. Zur Beurteilung der frischen Probe 
wurde ein Stiickchen Lunge mit eingelagerten Tuberkeln benutzt. 

Sektionsbefund des Tmpftieres 72. Tag (27. Febr. 1904, zugleich Sektionsbefund 
des Impftieres der frischen Probe): An der Injektionsstelle findet sich ein flaches, heller- 
groBes, kasiges Infiltrat. Die Inguinallvmphdrusen beiderseits sind bohnengroB und 
verkast, desgleichen die Lymphdriisen des Bauchraumes und des Brustraumes, die Hals- 
driisen sind geschwollen, jedoch ohne distinkte Herde. Die Milz enorm vergroBert, ist 
blutreich, von zahllosen bis hirsekorngroBen Tuberkeln durchsetzt, in der Leber sind 
gleichfalls zahllose verkaste, konfluierende Tuberkel vorhanden, in den Lungen sind 
zahlreiche kleinere und grbBere verkaste Tuberkel zu sehen. Das Netz, verdickt und 
verschrumpft, enthalt zahlreiche verkaste Herde. 

Histologischer Befund der Lungen tuberkel: Dichtstehende, an Kiesenzellen reiche 
Tuberkel mit teilweiser Verkasung. 

Tuberkelbacillen sind darin maBig reichlich als deutlich rot gefarbte, meist seg- 
mentierte Bacillen einzeln oder zu zweien gelagert nachzuweisen. 

Frische Probe 27. Febr. 1904 (Lunge). 

1) Deckglas: nicht verwendbar. 

2) Histologischer Befund: s. o. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tiervereuch: s. o. 

1. Probe, entnommen am 9. Tag (7. Marz 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: An Kiesenzellen reiche Tuberkel mit stellenweise aus- 
gedehnter Verkasung. Teils sind die Tuberkd fibrbs. Die Kiesenzellen sind zumeist 
aicht erfiillt von eng aneinandergelagerten, intensiv gefarbten Kernen. 

Tuberkelbacillen fanden sich sehr sparlich als einzelne stark s^mentierte und blafl- 
rot gefarbte Stabchen. 

3) Kultur. Befund: In Zuckeragar Vergarung (Coliart), sonst steril. 

4) Tiervereuch 52. Tag (28. April 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan reente Bauchseite ErbsengroBes, verkastes Infiltrat der 
Injektionsstelle, rechts in inguine, erbsengroBe, vollig verkaste Ljrmphdrusen, im groBen 
Netz 4 hirse- bis hanfkorngrofle, teilweise verkaste Kndtchen, Milz auf etwa das 4fache 
vergroBert, gleichmaBig von hirsekorngroBen Tuberkeln durchsetzt, desgleichen hireekorn- 
groBe TubeAel in den Lungen, rechts am Muscul. psoas eine erbsengroBe, zentral ver¬ 
kaste Druse. 

Milz dieses Impftieres zu Vereuchsreihe IV verwendet. 

Histologischer Befund: In den Inguinal lymphdriisen, dieselben fast vdllig ein- 
nehmend, finden sich konfluierende, peripher fibrose Tuberkel, die zentral dichte Haufen 
mono- und polynukleare Leukocyten enthalten. Zwischen denselben wie an der Peri¬ 
pherie dieser Zellen an hauf ungen sieht man unregelmaBig gestaltete, mit Eosin ^leich- 
roafiig rot gefarbte Massen, die neben einzelnen Leukocyten zahlreiche Kerntrummer 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 163 


enthalten. In die Mesenteriallymphdrusen sind zahlreiche konfluierende Herde aus 
protoplasmareichen Zellen mit blaschenformigem Kern eingelagert. 

Tuberkelbacillen fanden sich sehr sparlich. Schwach segmentiert sind sie deutlieh 
rot gefarbt. 

2. Probe, entnoromen am 11. Tag (9. M&rz 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: analog 1. Probe. 

3) Kultur. Befund: Diffuse Triibung in Bouillon, sonst steril. 

4) Tierversuch 38. Tag (16. April 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan recnte Bauchseite. Kasiges Infiltrat der Injektionsstelle, 
Verkasung der rechtsseitigen, erbsengrofien Inguinallymphdriisen, mafiige Vergrbfierung 
der Milz, mit zahllosen Tuberkeln bis Hirsetomgrofie, Tuberkel der Leber und der 
Lungen. 

Deckglas aus den verkasten Partieen: Mafiig reichlich segmentierte Bacillen von 
der Art der Tuberkelbacillen. 

Histologischer Befund: In den Inguinaldriisen dichtstehende konfluierende Herde 
protoplasmareicher Zellen mit blaschenformigem Kern. 

Tuberkelbacillen sind mafiig reichlich als gut gefarbte, segmentierte Stabchen 
zu sehen. 

3. Probe, entnommen am 14 Tage (12. Marz 1904). 

1) Deckglas: nicht verwertbar. 

2) Histologischer Befund: wie in den vorigen Proben. 

3) Kultur. Befund: Staphyloc. albus auf alien Nahrbdden. 

4) Tierversuch 77. Tag (28. Mai 1904). 

Sektionsbefund: Tntraperitoneale Injektion. Tier ohne Veranderungen. 

IV. Reihe. 

(Objekte bei 38° in feuchter Kammer gehalten.) 

Milz des Impftieres III. Beihe 1. Probe. 

Dieselbe wurae in 7 Teile geteilt, eines der Teilstiicke sofort verarbeitet, die anderen 
6 Proben bei 38° in den Brutofen gestellt. 

Frische Probe 28. April 1904, 11 Uhr Vormittags. 

1) Deckglas: Sehr sparlich einzeln liegende, leuchtend rot gefarbte, zumeist un- 
segmentierte Bacillen. 

2) Histologischer Befund: Zahlreiche kleinere und grftBere Tuberkel, die zumeist 
aus mehrkernigen Zellen bestehen, zentral in den grftfieren Tuberkeln mono- undpoly- 
nukleare Leukocyten sowie Kerntriimmer in verkastem Gewebe, nach aufien zu Zellen 
von epitheloidem Charakter und vielfach mehrkernige Zellen. 

Bacillen sind sehr sparlich, meist einzeln in der Randzone der zentralen, an 
Leukocyten reichen Partieen zu finden. Dieselben sind leuchtend rot gefarbt, einzelne 
segmentiert. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch s. III. Reihe, 1. Probe und IV. Reihe, frische Probe, histologischer 
Befund. 

1. Probe, entnommen nach 6 Stunden (28. April 1904, 5 Uhr Nachmittags.) 

1) Deckglas: Sehr sparliche, nicht segmentierte, gut gefarbte Bacillen. 

2) Histologischer Befund: Keine Bacillen nachgewiesen. 

3) Kultur. Befund: Bouillon. Agarplatte und Zuckeragarschiittelkultur steril, auf 
Glycerinkartoffel nach 3 Wochen feinste, sparliche, trockene lS)lonieen, die nach 5 Wochen 
mehr gelbbraun und deutlieh gewachsen sind. Bacillen von der Farbreaktion und dem 
Aussehen der Tuberkelbacillen. Schlanke, gut gefarbte, nicht segmentierte Stabchen 
deutlieh rot. 

4) Tierversuch 7. Tag (3. Mai 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite (Tier wahrend der Injektion sehr 
unruhig, so daB die Injektionsnadel in die Bauchhdhle eindrang. Wegen starker Hin- 
f&Uigkeit wurde das Tier am 7. Tage nach der Injektion getdtet), braune Atrophie der 
inneren Organe. Am Milzrand ein grauweifies Knotchen, zahlreiche Knotchen gleicher 
Art in der Leber, sehr sparliche Knotchen im rechten Lungenunterlappen, anscheinend 
auch solche in den Mesenteriallymphdriisen, die wie samtliche iibrigen Lymphdrusen 
leicht vergrbBert sind. Injektionsstelle unverandert, grofies Netz leicht verdickt, Magen 
kontrahiert, Marasmus. (Forts, folgt.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 2. 


Nachdruck verbotcru 

Ueber die Konservierung der Lebensfahigkeit und Virulenz 
der Mikroben im Markgewebe beim Austrocknen. 

Vorlfiufige Mitteilung. 

[Aus dem Bakteriologischen Institut in Kiew. Abteilung von Prof. 

W. Wysokowicz.] 

Von L. Czarnecka. 

Im Jahre 1902 gelang es Herrn Dr. Palmirski, aus dem Or- 
ganismus eines Kaninchens, das nach der Infektion mit dem Blnte eines 
scharlachverdachtigen Kranken zu Grunde ging, den Streptococcus 
zu zuchten. Das dem Kaninchen entnommene Rflckenmark wurde in 
einer Flascbe mit trockenem Kali caust. hSngen gelassen und auf diese 
Weise aufbewahrt. Da der genannte Forscher zu verschiedener Zeit 
Stflckchen von dem Rflckenmark auf Bouillon verimpfte, macbte er die 
Beobachtung, daB auch nach 6-monatlichem Austrocknen der Strepto¬ 
coccus seine Lebensfahigkeit noch erhalten hatte. 

Von diesem Rflckenmark wurde Herrn Prof. W. Wysoko wicz ein 
Stflckchen geschickt. und auf seine Anregung hin unternahm ich die 
Nachprflfung dieses Mittels zur Konservierung auch anderer Arten von 
Mikroben. Zu diesem Zwecke wurden mehrere Kaninchen mit ver- 
schiedenen Mikroben geimpft. Nach dem Tode der Tiere wurde ihr 
Rflckenmark in Flaschen mit trockenem Kali caustic, h&ngen gelassen 
und davon am n&chsten Tage Abimpfungen auf Bouillon gemacht; wir 
wiederholten die Entnahme von solchen Proben nach je 2 Wochen. 

Eine Reihe von Versuchen zeigte, daB der von Palmirski er- 
haltene Streptococcus auch nach 8-monatlichem Austrocknen im 
Rflckenmark die F&higkeit zum Wachstum besafi. Der Diplococcus 
Frflnkels, dessen geringe Resistenz auf verschiedenen Nflhrboden ge- 
nug bekannt ist, lieB sich aus dem ausgetrockneten Rflckenmark inner- 
halb 7 1 /* Monate leicht weiterzflchten; spfiter gelang der Nachweis des 
Mikroben nicht mehr. B. anthracis, der, wie bekannt, im Organismus 
keine Sporen bildet, behielt seine Wachstumsfflhigkeit auch nach 6 1 / a - 
monatlichem Austrocknen im Markgewebe ; spflter waren die Abimpfungen 
erfolglos. 

Wir stellten uns auch die Frage, ob ausschlieBlich die Marksubstanz 
hier von Bedeutung sei, oder ob die genannten Mikroben ihre Lebens¬ 
fahigkeit auch in anderen KOrpergeweben beizubehalten im stande seien. 
Zur Ldsung dieser Frage bewahrten wir auf dieselbe Weise die Milz 
der zu Grunde gegangenen Kaninchen auf; dabei erwies sich, dafi die 
Mikroben in der Milz ihre Lebensfahigkeit nicht so lange behielten. Der 
Diplococcus hflrte nach 1 Monat zu wachsen auf, der Strepto¬ 
coccus nach l 1 / 2 Monaten. Hieraus geht klar hervor, daB in der Mark¬ 
substanz besonders gfinstige Bedingungen zur Erhaltung der Lebens¬ 
fahigkeit der Mikroben vorhanden sind. 

Es ist von grofiem Interesse, daB auch die Virulenz der Mikroben 
nach der beschriebenen Methode sehr lange erhalten wird. Die letztere 
Eigenschaft ist aus den folgenden Beispielen ersichtlich: Der im Rflcken¬ 
mark 8 l / 2 Monat lang aufbewahrte Streptococcus besaB die Fahig- 
keit, Kaninchen innerhalb 36 Stunden zu tflten, der Diplococcus in 


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Rothberger, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 


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18Stunden nach6-monatlichem Austrocknen, B.anthracisin 24Stunden, 
auch nach 6 Monaten. 

Bemerkenswert zeigen sich auch die folgenden von uns gemachten 
Beobachtungen bezflglich des Wachstums der Mikroben. Der Diplo- 
coccus, flber den wir bei unseren Versucheij verfflgten, stammte aus 
einem Falle von Pneumonie mit letalem Ausgang. Bei sehr bedeutender 
Virulenz fflr Eaninchen wuchs er auf den gewflhnlichen N&hrbflden — 
Agar und Bouillon — sehr sp&rlich, manchmal sogar gar nicht Nach 
dem Aufbewahren im Rflckenmark nahm seine Lebensf&higkeit deutlich 
zu und auf denselben Nflhrboden war immer ein flppiges Wachstum zu 
beobachten. Von nicht lange im Markgewebe gehaltenen B. anthracis 
konnten wir Kulturen mit zahlreichen Sporen zfichten, nach 6-monat- 
lichem Austrocknen gelang die Weiterziichtung nur mit MQhe (deut- 
liches Wachstum zeigte sich auf dem Nahrboden nur nach 4—5 Tagen), 
und die auf solche Weise hergestellten Kulturen waren fast sporenlos. 

Unsere Versuche mit dem ausgetrockneten Rflckenmark sind noch 
im Gange, doch dflrften die schon erzielten Resultate fflr ausreichend 
genug gehalten werden, um die beschriebene Methode der Konservierung 
einiger wenig widerstandsfahiger Mikroben zum allgemeinen Gebrauch 
in den Laboratorien angelegentlichst zu empfehlen. 


Nachdmck verboten. 

Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 

[Aus dem Institute fflr allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien 

(Vorstand: Prof. Paltauf).] 

II. 

Experimentelle Analyse der Giftwirkung. 

Von Dr. C. Julias Rothberger, Assistenten am Institute. 

Im nachfolgenden soli flber die Wirkung eines akut wirkenden Bak- 
terientoxins berichtet werden, welches Kraus 1 ) beim Vibrio Nasik 
gefunden hatte. Ich habe mit der Kultur dieses Vibrios, welche mir 
Herr Privatdozent Kraus freundlichst flberlassen hat, einige Versuche 
gemacht, um festzustellen, welche Organe in erster Linie von der Gift¬ 
wirkung betroifen werden. 

Die experimentelle Analyse der Wirkung eines Giftes begegnet 
nun viel groBeren Schwierigkeiten, wenn dasselbe nicht einen ein- 
heitlichen Korper darstellt, sondern aus einer Reihe von Substanzen 
besteht, von welchen jede eine selbst&ndige Wirkung auf den Organis- 
mus ausflben kann, und das ist ja bei einer Bakterienkultur der Fall, 
in welcher sehr viele, ihrer Natur nach groBenteils unbekannte Sub¬ 
stanzen enthalten sind. Es wird daher nach der Einfflhrung einer 
akut wirkenden Kultur in den Tierkflrper ein sehr vielgestaltiges Ver- 
giftungsbild entstehen kSnnen und wir dflrfen von vornherein nicht er- 
warten, die Angriffspunkte der Giftwirkung so klar zu erkennen, wie 
nach der Anwendung eines chemisch einheitlichen Kdrpers. Insbeson- 
dere ist die Mflglichkeit zu erw&gen, daB bei einer schw&cher wirken- 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. 1. Bd. XXXIV. 1903. p. 488. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


den Kultur, welche erst nach Ifingerer Zeit tfitet, ganz andere Gifte zur 
Wirkung gelangen und das Vergiftungsbild bestimmen kdnnen, als 
bei den Kulturen von starker Toxizitat und kfirzester Inkubation. Tat- 
s&chlich habe ich bei iiieinen Versuchen, welche sich aus auKeren 
Grfinden fiber einen sebr langen Zeitraum erstreckten, Kulturen von sebr 
wechselnder Wirksamkeit angewendet und dementsprechend nicht unbe- 
deutende Abweichungen von dem am hfiufigsten vorkommenden Krank- 
keitsbilde beobachtet. Auf diese werde ich am Schlusse meiner Aus- 
ffihrungen noch kurz zurfickkommen. 

Ich habe die Versuche an Kaninchen und Hunden angestellt und 
ausschiieKlich die intravenfise Injektion von 10- und mehrtfigigen Bouillon- 
kulturen angewendet, da ja schon Kraus festgestellt hatte, dafi die 
bakterienfreien Filtrate ebenso wirken wie Bouillonkulturen und dafi nur 
nach intravendser Injektion der charakteristische rasche Eintritt der Gift- 
wirkung zu beobachten ist. 

Injiziert man einem kleinen Kaninchen 1 / i —1 ccm einer stark toxi- 
schen Bouillonkultur in die Ohrvene, so zeigen sich schon nach 5 bis 
10 Minuten Zeichen einer allgemeinen Hinf&lligkeit: das Tier stfitzt den 
Kopf auf die Unterlage, streckt die Extremit&ten von sich und bald 
sinkt der Kopf zur Seite, das Tier liegt wie gelfihmt da. In diesem 
Stadium ist die Atmung kaum ver&ndert. Von Zeit zu Zeit rafft sich 
das Tier pldtzlich auf, hebt den Kopf und sitzt wie vor der Injektion, 
aber sehr bald sinkt der Kopf wieder herab und es stellt sich die 
frfihere Prostration wieder ein. Jetzt ist meist auch die Atmung ver- 
langsamt, stofiweise, die erhfihte Mitbeteiligung der auxili&ren Hilfsmuskeln 
verrfit den Eintritt der Dyspnofi. Diese nimmt nun immer mehr zu, 
die Atemfrequenz und -tiefe nimmt gradatim ab und endlich erfolgt — 
3—30 Minuten nach der Injektion — der Tod, welchem manchmal sehr 
heftige, von Schreien begleitete Kr&mpfe vorhergehen; in anderen Fallen 
fehlen diese und man beobachtet nur, dafi sich das Tier kurz vor dem 
Tode noch einmal ffir kurze Zeit aufrafft. Oeffnet man sofort den 
Thorax, so findet man ein maximal dilatiertes, fast immer von flflssigem 
Blute geffilltes Herz, welches oft noch ganz oberflfichliche Pulsationen 
ausffihrt. Der Cornealreflex bleibt bis zum Tode erhalten und wird nur 
sub finero etwas trfiger. Nach dem Herzstillstande treten noch terminate 
Atemzfige auf. 

Bei der Anwendung weniger toxischer Kulturen, welche erst nach 
1—2 Stunden tfiten, beobachtet man im wesentlichen dieselben Erschei- 
nungen. Die geringere Toxizitat bedingt nur eine bedeutende Ver- 
lfingerung der Inkubation, wfihrend welcher aber eine sehr konstante, 
bei rasch wirkendem Gift nicht vorkommende Darmwirkung eintritt 
Dieselbe besteht in einer bedeutenden Steigerung der Peristaltik, welche 
am aufgebundenen Tier durch die Bauchdecken sichtbar ist, w&hrend 
sie beim nicht gefesselten Tier zur Entleerung anfangs feuchter Skybala, 
dann aber dfinnbreiiger oder flflssiger, oft sehr fibelriechender F&kal- 
massen ffihrt. Aus der Beschaffenheit der Entleerungen kann man 
schliefien, dafi dieselben zuerst aus dem Dick-, dann aus dem Dfinndarm 
stammen, wthrend das Coecum, welches beim Kaninchen bekanntlich 
stets mit breiigen Massen gefflllt ist, nicht zu erhohter Tfitigkeit an- 
geregt zu werden scheint. Manchmal tritt, besonders nach Einverleibung 
grofierer Mengen wenig toxischer Bouillonkultur, eine starke Harnent- 
leerung in den Vordergrund, und dann kann die Darmwirkung entweder 
ganz fehlen oder nur zur Ausstofiung etwas feuchterer Skybala fflhren. 


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Rothberger, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 


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Diese eben beschriebene Darmwirkung, welche in ganz ahnlicher Weise 
anch bei anderen, der Choleragruppe zugehorigen Vibrionen auftritt, 
hat jedoch mit deni Gift, welches die rapide Wirkung des Vibrio Nasik 
bedingt, nichts zu tun. Vor allem zeigt es sich, daB der Zeitpunkt 
ihres Eintrittes — 40 Minuten bis 1 Stunde nach der intravenbsen In- 
jektion unabhangig ist von der Toxizitat der angewendeten Kultur, 
indem bei wenig giftigen Kulturen ein entsprechend langerer Zeitraum 
zwischen dem Auftreten der Darmentleerungen und dein Tode verstreicht, 
wahrend es bei foudroyantem Verlauf uberhaupt nicht zur Darmwirkung 
konimt. AuBerdem zeigt sie keine wesentlichen Intensitfitsunterschiede, 
welche mit der verschiedenen Giftigkeit der angewendeten Kultur in 
Zusammenhang gebracht werden konnten. 

Die Dauer der Inkubation laBt sich durch steigende Gift- 
mengen sehr bedeutend abkiirzen; so trat bei einem 500 g schweren 
Kaninchen der Tod schon 2 Minuten nach der Injektion von 3 ccm stark 
toxischer Kultur ein, nachdem das Tier die verschiedenen Stadien der 
Vergiftung (Prostration, Dyspnoe, Krampfe) in rapider Aufeinanderfolge 
durchgemacht hatte. Die Sektion zeigte auch hier nur ein stark dila- 
tiertes, mit flQssigem Blut gefiilltes Herz, nach dessen Erbffnung noch 
die terminalen Atemziige erfolgten. 

Zur weiteren Analyse der Erscheinungen, welche schon nach ober- 
flachlicher Beobachtung auf den Respirations- oder Zirkulationsapparat 
zu beziehen waren, ging ich nun vor allem daran, den Ablauf der Ver¬ 
giftung am Kymographion zu studieren, wobei der Blutdruck und die 
spontane Atmung verzeichnet wurden. 

Was zunachst die Atmung anbelangt, so zeigt dieselbe unmittel- 
bar im Anschlusse an die Injektion keine Veranderung; wenige Minuten 
nach der Einverleibung der Kultur tritt oft eine m&Bige Beschleunigung 
der Respiration ein, welche aber bald voriibergeht und Qberdies keines- 
wegs konstant ist. Die typische Dyspnoe, welche auch am nicht ge- 
fesselten Tier stets deutlich zu sehen ist, setzt nach Ablauf der Inkuba¬ 
tion ziemlich plotzlich ein, indem zuerst eine starke, rasch fortschreitende 
Abnahme der Frequenz, dann auch der Tiefe der Atemztige auftritt, 
wahrend welcher das Tier zunachst Unruhe, dann typische Erstickungs- 
krampfe aufweist, welche in kiirzester Zeit zum Tode fiihren. 

Der Blutdruck zeigt meist bis zum Eintritt der Dyspnoe keine 
nennenswerte Veranderung; eine zeitlich mit der Beschleunigung der 
Respiration zusammenfallende Steigerung des Blutdrucks kann oft be- 
obachtet werden, ist aber ebenfalls nicht konstant und kann bei be- 
schleunigter Atmung fehlen. Mit dem Eintritt der Dyspnoe zeigt der 
Blutdruck starke Schwankungen, welche zum Teil wohl auch der Unruhe 
des Tieres zuzuschreiben sind; eine typische dyspnoische Steigerung 
des Blutdrucks tritt aber nicht ein, vielmehr beginnt derselbe stetig zu 
sinken, um kurze Zeit nach dem Aufhoren der Atmung, jedoch noch vor 
den terminalen Atemziigen, die Abscisse zu erreichen. 

Dieser Verlauf der Vergiftung schien ziemlich deutlich auf eine prim&re 
Schfidigflllg der Respiration, wahrscheinlich zentraler Natur, hinzuweisen; 
aber schon die nachsten Versuche zeigten die Irrigkeit dieser Aunahme, 
mit welcher schon der Umstand nicht in Einklang zu bringen war, daB die 
Einleitung der kdnstlichen Atmung im Stadium des fortschreitenden Blut- 
druckabfalles nur in wenigen Ausnahmefallen im stande war, den Eintritt 
des Todes hinauszuschieben. Ferner zeigte es sich, daB der Tod beim 
kuraresierten, von vornherein kiinstlich geatmeten Tier nicht spater ein- 


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163 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


trat als sonst, so daB nun an eine wesentliche Wirkung des Giftes auf 
das Atemzentrum nicht mebr zu den ken war. Am kuraresierten Tier 
trat nun die Wirkung auf die Kreislaufsorgane reiner zutage: Die 
dem stetigen Druckabfall vorangehende Steigerung gehort hier zu den 
typiscben Erscheinungen; wir mflssen sie also ftir wesentlich halten und 
annebmen, daB sie beim spontan atmenden Tier aus irgendwelchen un- 
bekannten Grunden verdeckt wird. Regelm&Big beobachtet man ferner 
am kuraresierten Tier, daB zu der Zeit, wo der Druck eben abzusinken 
beginnt, das Pulsbild sebr undeutlich wird und bald ganz verschwindet. 
Die Ursache hierfiir konnte in vielen Fallen in ausgedehnter Blutge- 
rinnung erblickt werden, welcbe oft eine auffallende Beschleunigung durch 
die Injektion der Vibrionen erffchrt. In anderen Fallen fehlte aber die 
Gerinnung und es konnte daber das Undeutlicbwerden der Pulse nur 
einer Beeintrachtigung der Herzfunktion zugeschrieben werden. 
Dieselbe wurde um so wahrscbeinlicher, als es sich zeigte, daB das bei 
beginnendem Druckabfall blofigelegte Herz fast immer stark geblabt war 
und eine ohne weiteres augenscheinlicbe Verkleinerung des Schlag- 
volumens aufwies. Zum weiteren Studium dieser Herzwirkung verwen- 
dete ich vor allem die Registrierung der vier Herzabteilungen 
nach Knoll. Die Methode^besteht darin, daB die Vorhdfe und Ven- 
trikel des blofigelegten Herzens rait je einem feinen Haken gefafit 
werden, welcher durch einen langen, ilber Rollen laufenden Faden mit 
einem Schreibhebel verbunden ist, so daB jede Herzabteilung ibre Kon- 
traktionen auf der beruBten Fiache verzeichnet; an der Kurve ist nicht 
nur die Frequenz der Herzschiage, sondern auch die GrQBe der Ex- 
kursion jedes Scblages ersichtlich. Die mit dieser Methode angestellten 
Versuche erganzen nun den scbon bei der Inspektion des blofigelegten 
Herzens erbobenen Befund dahin, daB die Verkleinerung der Ausschiage 
bei beginnender Biahung schon vor dem Abfall des Blutdrucks zuerst 
am rechten Herzen auftritt, wahrend das linke Herz zunacbst noch un- 
gescbwacht weiterarbeitet und daher den Blutdruck vorderhand noch un- 
verandert zu halten vermag. Bei zunebmender Biahung des rechten 
Ventrikels, welche zu einer Uinwaizung des Herzens von rechts nach 
links fhhrt, werden dann auch die Ausschiage des linken Herzens 
schwacher, und nun beginnt der Druck zu sinken. In anderen Fallen 
entwickelt sich die Biahung in beiden Herzhalften ziemlich gleichzeitig. 

Wenn nun auch der Umstand, daB die Biahung und das Undeut- 
lichwerden der Pulse stets vor dem Abfall des Blutdrucks auftreten, es 
sehr wahrscheinlich machte, daB diese beiden Veranderungen in kau- 
salem Zusammenhange stehen, so muBte doch zur Sicherung dieser An- 
nahme eine wesentliche Schadigung des Vasomotorenapparates 
ausgeschlossen werden. Dies gelang durch einige Versuche, in welchen 
die Injektion erst nach der Isolierung des Herz-Lungenkreis- 
laufs nach Hering vorgenommen wurde und in welchen es sich 
zeigte, daB der Verlauf der Giftwirkung stets stark beschleunigt war; 
erkiart wird dieser raschere Verlauf durch die infolge der Einschrankung 
des Strom gebiets relativ grQBere Konzentration des im Blute kreisenden 
Giftes. Da nun bei der Isolierung des Herz-Lungenkreislaufs nicht nur 
die Aorta, sondern auch alle Hirnarterien abgesperrt wurden, das Gift 
also nicht ins Zentralnervensystem gelangen konnte, so ist damit zugleich 
erwiesen, daB dieses letztere an der Vergiftung keinen wesentlichen An¬ 
ted hat. 

Die Annahme, daB die Giftwirkung unserer Vibrionenkultur in erster 


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Rothberger, Ueber ein akut wirkendea Bakterientozin. 


169 


Linie das Herz betreffe, wurde endlich dadurch zur Gewifiheit erhoben, daB 
aUe jene Eingriffe, welche bei intaktem Herzen eine Steigerung des 
stark gesunkenen Druckes zur Folge haben, bier fast wirkungslos waren. 
Die Kompression der Aorta descendens, insbesondere aber die Kontrak- 
tion der peripheren Gef&Be nach Injektion von Adrenalin ergaben nur 
scbwache, allmfihlich sich entwickelnde Drucksteigerungen, ja ich konnte 
sogar in einem Falle ein Herz durch Kompression des Unterleibes zum 
Stillstand bringen — ein Zeichen hochgradiger Sohadigung des Herzens, 
welcbes den dnrcb den vermehrten BlutzufluB erhflhten Anforderungen 
nicht mebr gewacbsen war nnd in maximaler Blahnng seine Tatigkeit 
einstellte. 

War somit die Herzwirknng des Vibrionengiftes Qber jeden Zweifel 
sichergestellt, so war doch noch die Frage zu beantworten, welcher Natur 
diese Giftwirkung sei. Hier lenkte nun vor allem die oft eintretende 
Bescblennigung der Blntgerinnung meine Anfmerksamkeit auf 
sich. Dieselbe ist in den entsprechenden Fallen so in die Augen 
springend, dafi eine Tanschung ausgeschlossen ist. Ich habe zu wieder- 
holten Malen schon wenige Minuten nach der Injektion der Knltur die 
in die Carotis eingebundene Kanflle mit einem festen Gerinnsel ausge- 
gossen gefunden und in mehreren Fallen beobachtet, daB das Herz, 
welches sofort post mortem erQffnet wnrde, in beiden Abteilungen mit 
Gerinnseln vollstandig ausgefflllt war, was besonders fflr das linke Herz 
einen ganz auffallenden Befund darstellt. Da es nun nahelag, diese 
Beschleunignng der Blutgerinnung, welche zeitlich mit dem Sinken des 
Blutdrucks zusammenfiel, mit der letalen Giftwirkung der Kultnr in 
Znsammenhang zu bringen, so habe ich auch an Hunden nach voran- 
gehender Peptoninjektion Versuche angestellt: diese letzteren sowie die 
Erfahrung, daB man in der Oberwiegenden Mehrzahl der Falle sofort post 
mortem flflssiges Blut im Herzen vorfindet, schienen nun der Beschleunigung 
der Blutgerinnung jede Bedeutung fflr den letalen Verlauf zu nehmen. 
Doch zeigte die mikroskopische Untersuchung des Blutes, 
daB auch in Fallen, wo keine Beschleunigung der Gerinnung zu beob- 
achten war, Veranderungen an den Erythrocyten auftreten kdnnen, welche 
als Vorstufen der Hamolyse aufzufassen sind. Man sieht, bei Hunde- 
hflufiger als bei Kaninchenblut, mitten im normalen Blute hyalin aus- 
sehende Schollen schwimmen, welche aus zusammengebackenen roten 
Blutkorperchen bestehen, deren Konturen meist nicht mehr deutlich 
sichtbar sind. Tatsachlich hat ja auch Kraus festgestellt, daB der Vi¬ 
brio Nasik ein Hamolysin bilde, und es ist begreiflich, daB die Pepton¬ 
injektion, welche die Gerinnung des Blutes verhindert, der Agglutination 
nicht vorbeugen konnte, da die hier in Frage kommenden Vorgange ja 
ganz anderer Art sind. AuBer diesen Beobachtungen wiesen aber auch 
andere Befunde auf die Bedeutung von Blutveranderungen hin: So 
findet man recht haufig streifenfflrmige Blutungen im Herzmuskel sowie 
unter dem Endocard, dann auch hamorrhagische Infarkte der Lunge. 
Diese offenbar sekundar durch die Veranderungen des Blutes bedingten 
Vorgange im Gewebe brauchen zu ihrer Entstehung eine gewisse Zeit 
nnd finden sich daher meist nicht in den rapid in wenigen Minuten ver- 
laufenden Fallen. Es war nun nicht unwahrscheinlich, daB das in seinen 
morphologischen Elementen geschadigte Blut die Lungenkapillaren ver- 
stopfen und so auf rein mechanische Weise durch enorme Erhflhung der 
WiderstBnde im kleinen Kreislauf eine Lahmung des Herzens herbei- 
fflhren konnte. Dafflr sprach ja auch die Beobachtung des blofiliegen- 


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170 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

den Herzens, welche zeigte, daB fast immer das rechte Herz frflher ge- 
blfiht wurde als das linke; das zu gleicher Zeit eintretende unaufhalt- 
same Sinken des Blutdrucks konnte auf den verminderten Zuflufi zum 
linken Herzen zurflckgefdhrt werden. 

Ich schritt daher zur histologischen Untersnchung der 
Langen. Dieselbe zeigte vor allem, daB in den rasch verlaufenden 
Fallen das Lungengewebe wenig ver&ndert war; die Alveolen lufthaltig, 
mancbmal nur spfirliche Gerinnsel und wenig abgesto&ene Epithelien 
enthaltend. Bei einigen Prfiparaten fiel hochgradige Hyperfimie anf, so 
dafi selbst die Kapillaren stark gefflllt erschienen, dabei waren die 
Arterien so stark kontrahiert, daB ihr Lumen fast ganz verschwunden 
war. Das in den groBeren Gef&Ben befindliche Blut zeigte stets deut- 
liche Veranderungen; dieselben betrafen hauptsfichlich die Erythrocyten, 
welche stellenweise derart zu homogenen Massen verquollen waren, dafi 
man ibre Konturen nicht unterscheiden konnte. In einem Falle sah 
man nur ganz ausnahmsweise deutlich erhaltene rote Blutkdrpercheu. 
AuBerdem finden sich in den grOBeren GefaBen neben fadigen Fibrin- 
gerinnseln fast immer kdrnig kriimelige Massen, welche einen grofien 
Teil des GefaBinhaltes bilden und oft das Erkennen der nocb erhaltenen 
roten Blutkorpercben verhindern. 

Charakteristisch ist an diesen Blut veranderungen jedoch nur die 
Verquellung der roten Blutkdrperchen zu ganz homogenen Schollen, 
welche oft den ganzen Geffifiquerschnitt ausfflllen (globulSse Thrombose). 
Die Schrumpfung der roten Blutkdrperchen sowie das Ausfallen der 
kbrnig-krflmeligen Massen neben den fadigen Fibringerinnseln findet sich 
auch nach anderen Todesarten und kann daher nicht als charakteristisch 
angesehen werden. 

Ferner habe ich die Kultur in die Carotis herzwarts in- 
jiziert, so daB sie, mit dem Aortenblute gemischt, vor allem die 
Kapillaren des grofien Kreislaufs zu passieren hatte. Ich nahm dabei 
an, dafi die im stromenden Blute gebildeten Schollen in den Kapillaren 
stecken bleiben wfirden, und dafi das Tier am Leben bleiben mttfite, 
wenn wirklich nur die Hfiufung der hyalinen Schollen in den Lungen- 
gef&Ben die Ursache des Todes wfire. Das Tier ist aber trotzdem nach 
50 Minuten gestorben; diese VerzSgerung des Todes ist wohl dem Um- 
stande zuzuschreiben, daB das Gift in gr68erer Verdunnung zur Wirkung 
kam, da es mit dem gesamten Blute gemischt war, wfihrend bei der 
Injektion in die rechte Jugularis das Gift in viel grdfierer Konzentration 
direkt in das Herz gelangt. Die histologische Untersuchuug der Lunge 
zeigt denselben Befund wie die der anderen Tiere. 

Gegen die kausale Bedeutung der Blutverfinderungen sprichl ferner 
der Umstand, daB sie bei Tieren, welche in akuter Weise dem Gifte er- 
legen sind, auch vermifit werden kbnnen. 

Urn aber die Frage von der Bedeutung der Blutverfinderungen 
sicher zu entscheiden, habe ich Versuche am Bberlebenden 
Katzenherzen gemacht, welches mit Lockescher LSsung (0,03 Proz. 
NaHC0 3 , 0,042 Proz. KC1, 0,024 Proz. CaCl„ 0,9 Proz. NaCl, 1 Proz. 
Dextrose) gespeist wurde. Trat auch hier, ohne Blut, die Giftwirkung 
zutage, so mufite wohl angenommen werden, dafi die Blutverfinderungen 
bei der letalen Wirkung der Kultur nicht die Hauptrolle spielen. 

In die Aorta wird nach Ligatur der Kopfgeffifie herzwfirts eine Ka- 
nfile eingebunden; in diese tritt unter konstantem Druck von 100 mm 
Hg die DurchspQlungsfKlssigkeit ein; dabei werden die Semilunarklappen 


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Rothberger, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 


171 


gestellt, die Fltissigkeit gelangt so nicht in den Ventrikel, sondern durch- 
strfimt die KoronargefftBe und fliefit aus dem rechten Vorhof nach auBen. 
Den konstanten Druck liefert eine mit einem Reduktionsventil versehene 
SauerstofFbombe, die Fltissigkeit wird also vor ihrem Eintritt in das 
Herz konstant von Sauerstoff durchstrdmt. Die Temperatnr wird kon- 
stant auf 37—38° gehalten. Es wird nun zuerst das Herz reichlich mit 
reiner Lockescher Losung durchspQlt und auf diese Weise grflndlich 
von den zurflckgebliebenen Blutresten befreit. Dann wird die mit der 
Bouillonkultur des Vibrio beschickte Locke-LOsung durch das Herz 
geleitet, und zwar werden 4—8 ccm einer 8—10-tSgigen Bouillonkultur 
mit 500 ccm der SalzlQsung verdQnnL Die Wirkung des Giftes 
war stets eine prompte: Schon ‘/a—1 Minute nach Beginn der 
Durchstrdmung wurden die Kontraktionen des Herzens kleiner und 
dstierten bald ganz, meist noch bevor die ganze Giftmenge das Herz 
passiert hatte. Zugleich mit der Abnahme der Schlaghohe erfolgte eine 
deutliche Tonusherabsetzung, das Herz wurde schlaff. NacbtrSgliche- 
Durchleitung reiner Locke- Ldsung vermochte im allgemeinen nicht das 
Herz wieder zum Schlagen zu bringen, dagegen konnten fast immer 
durch Si8tieren jeglichen Durchflusses krSftige und regelm&Bige, aller- 
dings nicht lange anhaltende Kontraktionen ausgelfist werden, welche bei 
neuerlicher DurchspQlung selbst mit reiner Locke-Ldsung sofort wieder 
aufhdrten. Ihr Auftreten ist wohl auf einen der An&mie analogen Reiz 
zurQckzufQhren. 

Sterile Bouillon, in derselben Menge und Verdunnung durch 
das Herz geleitet, bleibt entweder ganz wirkungslos oder ftthrt zu einer 
Herabsetzung der Schlaghdhe, welche bei nachheriger DurchspQlung mit 
reiner Locke-Losung wieder ihre frQhere H6he erreicht. Wenn das 
einmal durchgeflossene Locke-Bouillongemisch zu wiederholten Malen 
durch das Herz geleitet wird, so kann es endlich auch unter fort- 
schreitender Abnahme der SchlagintensiULt zum Herztode kommen. 

Wenn es sich somit auch zeigt, daB die sterile Bouillon nicht ganz 
ungiftig tUr das Herz ist, so ist der Unterschied gegenQber einer toxi- 
schen Kultur des Vibrio Nasik doch so auffallend, daB man an der 
spezifischen Giftigkeit dieser letzteren nicht zweifeln kann. 

Es liegt nun der Einwand nahe, daB die Wirkung der Bouillon¬ 
kultur durch ihre korpuskulQren Elemente bedingt sein kdnnte, welche 
rein mechanisch durch Verstopfung der Kapillaren der KranzgefQBe zum 
Stillstand des Herzens fQhren. Dagegen spricht jedoch der Umstand, 
daB die Kultur in einem Falle ganz wirkungslos war; die nach dem 
Versuche vorgenommene Injektion einer vorher entnommenen Probe des 
betreffenden BouillonrQhrchens ergab, daB die Kultur auch fQr Kanin- 
chen bei intravenSser Injektion unschQdlich war. Wahrscheinlich war 
diese Kultur verunreinigt Zur Verstopfung der Herzkapillaren hatte 
sie jedoch ebenso Veranlassung geben mQssen wie die wirksame Kultur. 

Aufierdem habe ich Versuche gemacht, in welchen ich 7—8-tfigige 
Coli-Bouillonkulturen durch das Herz leitete, und hier nie andere 
Folgen gesehen, als sie auch nach Verwendung steriler Bouillon zur 
Beobachtung gelangen. Wir kQnnen somit sicher sagen, daB 
das Toxin des Vibrio Nasik ein Herzgift ist. 


Ich mOchte daher das Resultat meiner Untersuchungen dahin zu- 
sammenfassen, daB das Toxin des Vibrio Nasik den Organismus des 
WarmblQter8 in verschiedener Weise schadigt: 


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172 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

1) l&hmt es das Herz and fflhrt auf diese Weise schon nach wenigen 
Minuten zam Tode; 

2) ver&ndert es das Blut, indem es 

a) (lessen Gerinnbarkeit erhdht, und 

b) zu einer hochgradigen Verio derung der roten Blutkdrperchen 
fQhrt, welche teils ibre Farbbarkeit verlieren nnd daher als Schatten 
in den Gef&fien erscheinen, teils zu homogenen Schollen verquellen, 
welche die Konturen der einzelnen Blutkdrperchen nicht mebr er- 
kennen lassen. Diese Schollen sind nicht nnr in Proben des zir- 
knlierenden Blutes, sondern auch insbesondere in Schnittpraparaten 
der Lunge nachzuweisen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen 
den Veranderungen des Blutes und dem Tode der Versuchstiere 
ist nicht immer nachweisbar; dagegen wird man wohl die Bln- 
tungen im Myocard und unter dem Endocard sowie die h&mor- 
rhagischen Infarkte der Lunge auf sie zu beziehen haben. 

3) Die dem Vibrio Nasik wie vielen anderen choleraahnlichen 
Vibrionen zukommende Darmwirkung stehtin keinem Zusammenhang 
mit der tddlichen Wirkung des Toxins. 

Von atypisch verlaufenden Fallen erwahne ich nur die folgenden: 

Kaninchen 11. 600 g. Liegt 50 Minuten nach der Injektion von 
1 ccm 12-tagiger Bouillonkultur platt auf dem Bauche mit nach hinten 
gestreckten Hinterextremitaten. Nach einer weiteren halben Stunde 
sucht das Tier auf den Vorderextremitaten fortzukriechen und zieht 
dabei den HinterkOrper nach. Nach einer weiteren halben Stunde ganz 
normal. Tod 50 1 / 2 Stunden nach der Injektion. 

Kaninchen 15. 1000 g (am Kymographion). 23 Minuten nach der 
Injektion von 2 ccm 14-tagiger Bouillonkultur wird die Atmung pldtzlich 
hdchst unregelmafiig und selten, der Blutdruck steigt bei starker Puls- 
verlangsamung, dann treten Krampfe auf, die Atmung hflrt auf und der 
Druck sinkt tief ab. Nun werden beide Vagi durchschnilten und die 
kQnstliche Atmung eingeleitet, worauf sich der Druck wieder hebt und 
die Spontanatmung wieder beginnt. Der Versuch wird nach einer Stunde 
bei ausreichender Spontanatmung abgebrochen. 

Kaninchen 22. 900 g (am Kymographion). 28 Minuten nach der 
Injektion von 1 ccm Bouillonkultur beginnt pldtzlich starke DyspnoS 
bei rasch abnehmender Tiefe der Atemzilge, der Tod erfolgt wenige 
Minuten darauf. Der Blutdruck bleibt unver&ndert bis zum Eintritt der 
Dyspnod, zeigt dann grdBere Schwankungen und sinkt erst nach 
Sistieren der Atmung zur Abscisse ab. 

Der erste der angeftihrten Ffille legt den Gedanken an eine Em¬ 
bolic ins RQckenmark nahe, in den beiden anderen besteht eine deut- 
liche prim&re Wirkung auf die Respiration, indem bei Kaninchen 15 die 
kQnstliche Atmung lebensrettend wirkte, was sonst nie zu beobachten 
war, w&hrend bei Kaninchen 22 die Herzaktion ungewdhnlich lange den 
Respirationsstillstand Qberdauerte. 


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Klein, Ueber einen neuen tierpathogenen Vibrio — Vibrio cardii. 


173 


Nachdruck verboUn. 

Ueber einen nenen tierpathogenen Vibrio — Vibrio cardii. 

Von £. Klein in London. 

W ah rend einer Reihe von Analysen fiber die Bakterien der Bivalven 
(Anstern und Muscheln) habe ich in mehreren Fallen mittels des Dri- 
galski-Conradischen Nfihragars die auf diesem Nahrboden auf- 
kommenden blauen Kolonieen als Vibrionen erkannt, und kann ich die 
Angaben von Hirschbruch nnd Schwer (dieses Centralblatt, Band 
XXXIV. No. 6. p. 589, und Band XXXVI, No. 1. p. 144) fiber den 
hoben Wert des Drigalski-Conradi-Nfihragars zur Isolierung der 
Vibrionen im allgemeinen bestfitigen. Die Vibrionen, die ich aus Muschel- 
tieren auf diese Weise isolierte — ich benutze den Nfihragar genau nach 
der Drigalski-Conradi schen Formel — gehfiren zwei verschiedenen 
Arten an: 

1) Ein die Gelatine nicht verflfissigender, nicht pathogener Vibiro: 
Deutliche Kommaformen, S-Formen und kurze Spirillen, ausgesprochen 
beweglich, 1—3 Geifieln an einem Ende. Auf der Gelatine bildet er 
eine durchscheinende Auflagerung; im Peptonsalzwasser ist das Wachstura 
beschrfinkt und langsam, nach mehreren Tagen kein Oberflfichenhautchen, 
kein Nitroso - Indol. Dieser Vibrio bildet runde kleine, himmelblaue 
Kolonieen auf dem Drigalski-Conradi-Nfihragar, und wurde der- 
selbe einmal aus einer Muschel — Mytilus myosus, mehrere Male aus 
Kloakenjauche, zweimal aus den in beschmutztem Seewasser gelegenen 
Austern isoliert. 

2) Aus einer Herzmuschel — Cardium edule , wurde ein Vibrio 
isoliert, der die Gelatine verflfissigt; in dieser Ffihigkeit halt er ungefahr 
die Mitte zwischen dem Vibrio cholerae und dem Vibrio Finkler, 
nahert sich dem ersteren mehr als dem letzteren, auch ist die verflfissigte 
Gelatine weniger trfibe als beim letzteren. Die Stichgelatine zeigt die- 
selbe trichterffirmige Einziehung wie beim Choleravibrio. Die 
Kolonieen auf dem Drigalski-Conradi-Nfihragar sind blau, rund- 
lich, im Centrum erhaben, flach am Rande also konisch; wo sie spfirlich 
gelagert sind, erreichen sie in 2—3 Tagen den Durchmesser von mehreren 
Millimetern. Die eine solche Kolonie zusammensetzenden Individuen 
sind gut kommafdrmig, manche S-Formen und kurze Spirillen, sind etwas 
kleiner als die Choleravibrionen. In den meisten anderen Nfihrmedien: 
Gelatine, gewohnlicher Nfihragar, Bouillon, Peptonsalzwasser, Blutserum 
sind die Vibrionen wfihrend der ersten Tage sehr klein, wenig gekrfimmt, 
aufierordentlicb beweglich — 1—2 kurze Flagellen an einem Ende; spfiter 
nehmen sie die typische Kommaform sowie die eines S mehr nach dem 
Muster der auf dem Drigalski-Conradi-Nfihragar gewachsenen an. 
Auf dem gewfihnlichen Nfihragar, auf der Gelatine und auf dem Blut¬ 
serum sind plankonvexe, bikonvexe und kugelige Formen reichlich vor- 
handen 1 ). 


1) Das Vorkommen von plankonvexen, bikonvexen und kugeligen Formen in 
Kuitoren der Choleravibrionen, in manchen frischen Reiswasserstiihlen der Cholera 
sowie namentlich in den auf Lein wand im feuchten Raume aufbewahrten Cholera- 
schleimflocken ist von mir mehrmals wahrend der letzten 16—18 Jahre beschrieben und 
abgebildet worden. Diese Formen wurden wegers ihrer Beweglichkeit und Teilungs- * 
famgkeit als aktive, nicht in Degeneration bepiffene Involutionsformen angesprochen 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Unser Muschelvibr.io w&chst gut in Peptonsalzwasser nod ge- 
wfihnlicher N&hrbouillon, bildet nach raehreren Tagen ein unvollkommenes 
H&utchen, das aus einer verfilzten Masse von wellenfSrraigen und spi- 
raligen F&den besteht. Nitroso-Indol wird weder in Peptonsalzwasser 
noch in N&hrbouillon gebildet. Litmusmilch wird gerdtet, doch bleibt 
die Milch 8 Tage hindurch flOssig. Spfiter tritt Gerinnung ein. Er- 
starrtes Blutsernm wird langsam zu einer syrupfisen braunen Masse 
verflflssigt. 

Subkutan ins Meerschweinchen injiziert, ruft unser Vibrio selbst 
in groBen Dosen bloB lokalen Tumor hervor; intraperitoneal wirkt er 
giftig, denn eine Oese einer 24—48 Stunden alten Agarkultur ins Peri¬ 
toneum eingespritzt, bewirkt den Tod des Tieres innerhalb 20 Stunden. 
Bei der Sektion zeigt sich das Peritoneum und der D&rm stark in¬ 
jiziert und mit Ekchymosen besetzt. Die Peritonealhdhle enthalt viscides 
trflbes Exsudat, das mit den Vibrionen dicht erfflllt ist. Der Herkunft 
wegen erlaube ich mir, ffir unseren Mikroben den Namen Vibrio 
cardii vorzuschlagen. 


Nachdruck verboUn . 

Ueber die Wirkung von Aspergillus niger und A glaucus 
auf die Larven von Culei und Anopheles. 

[Hygienisch-parasitologisches Institut der Universitfit Lausanne.] 
Vorl&ufige Mitteilung. 

Von Bruno Galli-Valerio und Jeanne Bochaz-de Jongh. 

Mit 2 Figuren. 

Im Laufe unserer Forschungen fiber die geeignetsten Mittel zur 
Vernichtung der Larven der Culiciden befaBten wir uns auch mit Ver- 
suchen mit pflanzlichen Parasiten. Indem wir aber mit B. mega¬ 
therium, B. subtilis, B. proteus, B. pneumoniae, Actino¬ 
myces chromogenes, Penicillium glaucum nur teilweise Oder 
negative Resultate erzielten, konnten wir mit Aspergillus niger 
und Aspergillus glaucus eine sonderbare Infektion hervorrufen, 
welche sich hfiufig durch eine charakteristische Verletzung kennzeichnete. 

Die Culex- und Anopheles-La.r\en wurden in kleine Wasserbehfilter 
gestellt; dem darin enthaltenen Wasser mischte man Sporen von A. 
niger oder A. glaucus bei, welche von Kulturen auf Rflbe herrfihrten. 
Schon nach einigen Stunden sah man ein durch den Leib hindurch sich 
abzeichnendes grfines oder schwarzes Band, je nachdem die gebrauchten 
Sporen A. glaucus oder A. niger waren. Nach 24—48 Stunden war 
dieses Band fiufierst augenscheinlich. Die Larven verloren ihr normales 
Aussehen, indem sie hfiufig an Lebenskraft einzubfifien schienen. Mit 
nicht infizierten Larven verglichen, sahen sie tr&ge aus, mit langsamen 


und deren Formanderuog ale durch Vakuolisierung bedingt erklart. Microorganisms 
and Disease, 2. Aufl. 1886; The Bacteria in Asiatic cholera, fp. 56—59, Fig. 15—19). 
Kurzlich hat Almquist diesel ben Formen in Kulturen der Oholeravibrionen gesehen 
* und als „neue Entwickelungsformen" beschrieben (Centralbl. f. Bakt Bd. XXXVII. 
No. 1. p. 18). 


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Galli-Valerio n. de Jongh, Wirkg. von A. niger u. A. glaucus auf Larven. 175 


Bewegnngen. Bei der Mehrzahl der Larven aber, die mit A. niger in- 
fiziert worden waren, lieB sich nach 24—48 Stunden eine eigentflmliche 
Verletznng bemerken. An ihrem hinteren Ende war eine schwarze 
fadenartige Verl&ngerung zu sehen, welche mehr nnd mebr wuchs, bis 
sie oft die Kflrperl&nge der Larve Obertraf. Diese bot dann ein sonder- 




Fig. 2. Culexlarve mit A. niger infiziert 

bares Bild dar (Fig. 1 nnd 2). Die mit dieser Verl&ngerung behafteten 
Larven schleppten sich mit Mflhe fort, blieben meistens auf dem Grunde 
des Beh&lters, schflttelten sich, urn sich von diesem Anh&ngsel zu befreien, 
nnd in der Mehrzahl der F&lle verendeten sie. In einigen F&llen hin- 
gegen rifi die Verl&ngerung ab nnd einige dieser Larven konnten sich 
noch weiter entwickeln und es bis zur Puppe und Bild bringen. 

Wnrden diejenigen Larven mikroskopisch untersucht, welche die 
fadenartige Verl&ngerung nicht aufwiesen, so wurde konstatiert, dafi das 


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176 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVUL Heft 2. 


grflnliche oder schw&rzliche, schon mit dem bloBen Auge bemerkbare, 
schmale Band durch den Verdauungsapparat gebildet war, der fdrmlich 
mit Sporen, Sporenkdpfen und auch Mycelium von Aspergillus voll- 
gestopft war. H&ufig schien der Darmtraktus durch eine Reihe je einer 
Anschwellung und einer Einschnfirung gebildet und erhielt so ein rosen- 
kranzartiges Aussehen. 

Die mikroskopische Untersuchung der mit einer Verlftngernng ver- 
sehenen Larven liefi eine noch interessantere Tatsache feststellen: Diese 
fadenartige Verl&ngerung war nichts anderes als der Darm; dieser war aus 
der Bauchh5hle getreten und war gSnzlich mit Sporen, Sporenk5pfen 
und Mycelium gefullt, welche man h&ufig aus der freien Extremit&t treten 
sah, besonders wenn man das Pr&parat leicht preBte, in der Art, daB 
diese Extremit&t oft leer erschien, wie es auf den Figuren zu sehen ist. 

Welche Ursache ist dieser Erscheinung zuzuschreiben? Sie scheint 
uns eine einfache mechanische Wirkung zu sein: Die Larven verschlucken 
eine grofie Zahl Sporen, Sporenkopfe und Mycelium von Aspergillus, 
der Darm wird davon verstopft, die Larven bemQhen sich, sie auszu- 
stoBen, und wahrscheinlich unter der Einwirkung dieser Anstrengungen 
fSngt der Darm an, hervorzustehen, um dann fast in toto herausgetrieben 
zu werden. Die Tatsache, daB die Sporen und SporenkSpfe von A. niger 
grdfier sind als diejenigen von A. glaucus, und folglich leichter eine 
Verstopfung des Darmes zu stande bringen, kann erkl&ren, warum ob- 
genannte Verletzung nur bei den mit A. niger infizierten Larven vor- 
kommt 

Es l&fit sich fragen, wie trotz dieser schweren Verletzung einige 
Larven es zur kompletten Entwickelung bringen. Wir glauben, es handelt 
sich in diesem Falle um fast vollst&ndig entwickelte Larven, welche im 
Begriff stehen, sich in Puppen umzubilden. Wir untersuchten diese, 
von infizierten Larven gebildeten Puppen und auch die aus diesen Puppen 
entwickelten Bilder, konnten aber keine Sporen von Aspergillus 
bei ihnen finden. 

Wir stellten auch einen Versuch an, um die Infizierung mit A. niger 
in einem 30 Liter haltenden WassertOmpel zu erzeugen, in welchem 
zablreiche Culez- und Anopheles - Larven vorhanden waren. Diesem 
Wasser mischten wir 2 zerstuckelte Kulturen von A. niger auf Rdbe 
bei und rilhrten es ttichtig, um die Sporen m&glichst zu zerstreuen. 

Schon 2 Tage darauf haben wir in diesem Tflmpel infizierte Larven 
gefunden; 11 Tage sp&ter waren noch welche vorhanden und meistenteils 
waren es Larven von Anopheles. Aber von der grofien Zahl Larven, 
welche in dieser PfOtze enthalten waren, hatte sich nur die Minderheit 
infiziert, und zwar hauptsachlich wenige CWear-Larven. Wir erneuten 
dieses Experiment in einem Fasse, das eine Anzahl von Culex- und An- 
opheles -Larven enthielt; wir konstatierten die Infizierung mehrerer Larven, 
aber ohne die Bildung der charakteristischen Verlkngerung. 

Zwei Ursachen k5nnen dem Fehlschlagen unserer zwei letzten Ex- 
perimente zu Grunde liegen: 1) daB im Naturzustand die Larven reich- 
liche Nahrung finden und folglich wenig geneigt sind, die Sporen von 
Aspergillus anzugreifen; 2) daB es vielleicht in den Pffltzen viel 
grOBerer Menge Asper gill us-Sporen bedilrfte, um gttnstige Resultate 
zu erzielen, als die Menge, die wir in diesem Falle brauchten. Diese 
QuantitBtsfrage f&nde ihre Bestatigung in einem von uns gemachten 
Versuche, Larven dadurch zu infizieren, daB wir im gleichen BehSlter, 
in welchem sie waren, lebende oder tote infizierte Larven hinzuffigten. 


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Bruini, Ueber die thermophiie Mikrobenflora des menachlichen Dannkanals. X77 


In den frflher nicht infizierten Larven wurden Sporen gefunden, aber 
nie eine gut charakterisierte Infizierung. Wir haben vor, diese Versuche 
nfichstes Jahr fortzusetzen. 

Wir wollten auch konstatieren, ob etwa die Sporen von A. niger 
eine schfidigende Wirkung auf Fische hat ten; zu diesem Zweck wurden 
mehrere Cyprinus prasinus in einen Behaiter gestellt, dessen Wasser 
reichlich Sporen von Aspergillus niger beigegeben wurden; die 
Fische wiesen keine Krankheitserscheinungen auf. 

Wir frugen uns auch, ob die Sporen von A. niger Oder A. glaucus 
auf die erwachsenen Culiciden einwirken konnten. Zu diesem Experiment 
strichen wir eine reichliche Menge Sporen auf Kirschen; diese Kirschen 
wurden dann in Glaskastchen gehfingt, welche zahlreiche erwachsene 
ChUex und Anopheles enthielten. Aber trotzdem diese Culiciden die 
Kirschen mit Begierde aussaugten, konnten wir doch keine Infizierung 
feststellen. 

Diesen Experimenten gemfifi ist es also mflglich, nicht nur in vitro, 
sondern auch in Pffltzen, wenngleich mit weniger Sicherheit, dnrch die 
Sporen von A. niger eine fast immer tddliche Infizierung an Larven 
von Culex und hauptsachlich der Anopheles -Larven zu erzeugen. Diese 
Infizierung kennzeichnet sich durch eine Verstopfung des Verdauungs- 
apparates mit Sporen, Sporenkdpfen, Mycelium des Aspergillus und 
sehr haufig durch Extraflexio des Darmes. In seltenen Fallen kdnnen 
die Larven trotz dieser Verletzung sich in Puppen umbilden, welche 
nicht infizierte Bilder entwickeln. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die thennophile Mikrobenflora des menschlicben 

Dannkanals. 

Von Dr. G. Bruini. 

Mit 15 Figuren. 

Fraulein Dr. Tsiklinsky hat im Marz 1903 eine sehr interessante 
Arbeit fiber die thermophiie Mikrobenflora des menschlichen Darmes 
verdffentlicht, was bis dahin noch nie ex professo geschehen war. 

Me. Faydean und Blascall, L. Rabinowitsch, Gorini, 
Schillinger, Pretti, Sames, Russell und Hastings, 
Skotschko, Oprescu, Miquel, Ketzior und Laxa hatten aller- 
dings schon frflher die Beschreibung einiger aus verschiedenen Mitteln, 
d. h. aus dem Kot, dem Boden, dem Wasser, der Milch und der Luft 
isolierten thermophilen Bakterien gegeben, doch hatte keiner von ihnen 
bei Untersuchung des Kotes den obigen Standpunkt eingenommen. 

Erst Fraulein Tsiklinsky hat diese Lficke ausgeffillt, ihr ver- 
danken wir daher einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Darmflora. 

Sie hat zu ihrem Studium 20 Sauglinge in Moskau, 18 in Paris und 
8 erwachsene Personen herangezogen und deren Darmentleerung genau 
geprfift und dabei, das Ergebnis der beiden Stadte vergleichend, eine 
bedentende Verschiedenheit festgestellt. 

Dieses sonderbare Ergebnis hat mich dazu veranlaBt, ahnlicheVer- 

Ento Abt. On*. Bd. XXXVin. Heft 2. 12 


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Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


suche auch in Turin vorzunehmen, woselbst ich 10 Kotproben von S&ug- 
lingen und 10 von Erwachsenen einer n&heren Betrachtung unterzog. 
Damit dann auch der Vergleich zwischen den Moskauer, Pariser und 
Turiner Versnchen erleichtert werde, habe ich dieselben Untersuchungs- 
verfahren angewandt wie FrSulein Tsiklinsky. 

Ich site demnach die unter den grbBtmSglichen VorsichtsmaB- 
regeln entnommenen Kotstoffe in einige verschiedenartige Nahrboden 
(einfachen Agar, glycerinierten Agar und Glukose, einfacbe Fleischbriihe 
und Laktose, Milch, Kartoffeln und geronnenes Ochsenblutserum) fassende 
Rbhrchen ein. 

Sobald in den Rdhrchen eine Entwickelung sich bemerkbar machte, 
wurden die verschiedenen Arten in Petriscbe Schalen verbracht und 
so die Reinkulturen erhalten, die ich nachstehend beschreibe. 

Ich bemerke an dieser Stelle, daB ich nur nach den im Beisein von 
Luft sich entwickelnden Mikroorganismen gesucht habe. 

Thermophile aus dem Kote der Erwachsenen isolierte 

Mikroben. 

Die zu dieser Untersuchung dienenden Kotproben wurden ein und 
derselben Person, aber zu verschiedenen Zeiten entnommen. 

Bacillus No. 1 wurde 
nur lmal isoliert Er ist ein 
gerades Stabchen mit abgerun- 
deten Enden, besteht nur selten 
aus 2 Elementen, dagegen ge- 
wdhnlich aus einem einzigen, 
unregelmBBig liegenden. Seine 
L&nge ist verschieden und 
schwankt zwischen 4 und 5 /u, 
seine Breite 0,8 /u (Fig. 1)*). 

Nicht selten besitzt er ovale 
Endsporen von 1,7 (i X 1,3 fi. 
In den alten Kulturen bilden 
sich oft lange, nicht leicht kolo- 
rierbare Filamente, zuweilen 
mit hellen, fast Oder ganz farb- 
losen R&umen. 

Er ffirbt sich mit alien 
Anilinfarben und reagiert auf 
Gram. Auf der Kartoffel bildet 
er eine dicke, zuweilen eine 
grauweiBe, an einigen Stellen auch rosarote, nicht selten auch schuppige, 
trockene, nuBfarbene Patina, die dann braun wird, sich verflQssigt und 
teilweise sich am Boden des Rohrchens ansetzt. 

Auf dem Serum bildet er kleine, runde und weifiliche Kolonieen. 
Die Milch bringt er nicht zum Gerinnen. 

In Agar erzeugt er rundliche, schmutzig - weifie Kolonieen von 
1—4 mm Durchmesser mit aufgequollenem Zentrum und durchsichtiger 
Umfassung. Die Kolonieen flieBen leicht ineinander und bilden dabei 
mit Vorliebe an nicht durchsichtigen Stellen eine ausgedehnte, unregel- 



1) Die mikroekopischen Praparate entetammen im allgemeinen Bouillonkulturen. 
— Zeiss, Ok. 3, Ob]. '/,* bomog. Immersion. 


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Briiini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 179 


mafiige, weiBliche Patina. Die Kultur gewabrt so einen marmorahnlichen 
Anblick. 

Die Bouillon wird gleichmaBig trtibe und hat nach einigen Tagen 
einen weiBlichen Bodensatz. Dieser Bacillus entwickelt sich in alien 
Medien. Bei 37° C entwickelt er sich nur mflhsam unter Form eines 
feinen Taues (in Agar). Man beobachtet da viele involutive Stabchen- 
formen, die sich gegen sich selbst zuriickbiegen und sich so zuweilen 
sogar mit den Enden berlihren. Bei 37 0 C ein anderes Mai fibertragen, 
entwickelt er sich nicht mehr. Bei 58° C nimmt er seine normalen 
Kennzeichen wieder an. 

Dabei ist er unbeweglich. Auf Lackmus-Milchserum erzeugt er 
weder Sauren noch Alkalien. Aus den Kulturen entquillt kein Gas. 
Weder dem Meerschweinchen noch der Maus gegeniiber ist er pathogen; 
Qberdies absoluter Aerobe. 

Bacillus No. 2 wurde 2mal isoliert, und zwar aus dem Kote eines 
Erwachsenen und dem eines 6 Tage alten Kindes. 

Er ist ein gerader Bacillus 
mit abgerundeten Enden, der 
zuweilen aus 2 Elementen 
zusammengesetzt ist. Lange 
2—3 j y, Breite 0,3—0,4 y (siehe 
Fig. 2). In alien Kulturen 
linden sich gesporte Bacillen, 
in einigen sind die Sporen sehr 
zahlreich. Diese Sporen sind 
oval, messen 1,3 y X 0,6 bis 
0,7 y , liegen fast immer zentral, 
zuweilen auch in der N&he 
eines Endes. Oft auch sind 
sie geradezu Endsporen. Fast 
niemals werden sie frei vor- 
gefunden. Genannter Bacillus 
f&rbt sich mit den gewohnlichen 
Anilinfarben, reagiert auf 
Gram und entwickelt sich in 
alien Mitteln. 

Auf der Kartoffel erzeugt er eine leichte blasse Ffirbung des 
Mediums. Auf Serum entwickelt er feinste und unter sich getrennte 
Kolonieen, die bis zu einem Durchmesser von 2 mm anwachsen. Die 
Milch bringt er nicht zum Gerinnen. In Agar erzeugt er kleine runde 
Kolonieen, die dann zusammenfiiefien, weiBlich werden und das ganze 
Medium tlberziehen. In Bouillon bewirkt er eine starke Trflbung nebst 
dfinnem H&utchen an der Oberflache, einem Ring langs der W&nde dee 
Rdhrchens und Bodensatz. Bei 37 0 C langsame, sparliche Entwickelung 
in Glycerinagar und Bouillon. Sparliche Erzeugung von Alkalien: 0,03 g 
auf 100 g Kultur (in Soda ausgedrflckt). Der Bacillus ist tlberdies 
immobil, absoluter Aerobe, entwickelt kein Gas und ist weder dem 
Meerschweinchen noch der Maus gegeniiber pathogen. 

Bacillus No. 3 wurde nur lmal isoliert. Er besteht aus einem 
unbeweglichen, geraden Stabchen mit abgerundeten Enden, miBt 2—3 y 
X 0,6—0,7 y, ahnelt dem Bacillus No. 1, ist jedoch etwas kiirzer und 
dflnner. Zuweilen besitzt er ovale, Clostridium -fdrmige Sporen 
von 1,4 y X 0,7 y. In alten Kulturen beobachtet man lange Filamente, 

12 * 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


die so aussehen, wie wenn sie aus mehreren einzelnen, durcb helle 
R&ume — von der GroBe des Bacillus selbst — voneinander getrennten 
Bacillen zusammengesetzt w&ren. Die F&rbung gelingt mit alien Anilin- 
farben, nicht aber mit Gram. 

Die Entwickelung ist, das Serum ausgenommen, auf alien Mitteln 
mOglich: Auf der in der Mitte ausgehdhlten und weniger konsistenten 
Kartoffel bilden sich in der Form einer feuchten und nach einigen Tagen 
flttssigen Patina weifiliche Kolonieen. Die Milch gerinnt. 

In Agar entwickeln sich weifiliche, fast farblose Kolonieen, die 
zusamraenfliefien und der Oberflache des Mediums einen besonderen 
Glanz geben und sie feucht aussehen lassen; aufierdem Niederschlag und 
Trflbung des Kondensationswassers. In Bouillon tritt eine allgemeine 
Trflbung auf, ein leichter Schleier an der Oberflache und Niederschlag. 
Bei 37 0 C keine Entwickelung. Absoluter ASrobe. Der Bacillus erzeugt 
kein Gas, aber 0,02 g Saure auf 100 g (in Schwefelsaure ausgedriickt). 

Dieser Keim ist weder dem Meerschweinchen noch der Maus gegen- 
flber pathogen. 

Bacillus No. 4 ist nur ein einziges Mai vorgefunden worden. Er 
ist gerade oder leicht gekrQmmt, isoliert und mifit 2—3 ju X 0,6 fj. 

Im Innern des Bakteriums erblickt man entweder freie, 2//Xlf< 
und selbst 2 ft X 1.3 /u, oder langliche, 2 n X 0,6 u messende Sporen. 
Oft werden auch Filamente beobachtet, dagegen keine F&rbungsbesonder- 
heit. Reagiert auf Gram. 

Das Serum ausgenommen, entwickelt sich dieser Bacillus in alien 
Mitteln. Auf der Kartoffel erzeugt er eine dichte, ausgedehnte, nicht 
unterbrochene, nufifarbene Patina, die nach einigen Tagen flQssig wird. 
Koaguliert die Milch und entwickelt sich stark im Serum. 

In einfachem Agar wachst er schlecht, in Glycerin- oder Glukose- 
agar produziert er weifiliche Patina, sowie einen leichten, reichlichen 
Schleier auf dem nicht trdben Kondensationswasser. Auf Bouillon bildet 
sich allgemeine Trflbung, kein Schleier und etwas Bodensatz. 

Bei 37° C kein Wachstum; unbeweglich. Alkalierzeugung: 0,08 g 
auf 100 g. Absoluter ASrobe; keine Gasentwickelung. Weder dem 
Meerschweinchen noch der Maus gegenllber pathogen. 

Bacillus No. 5 wurde 
2mal vorgefunden. Er ist ge¬ 
rade, dick und kurz, zuweilen 
besteht er aus 2 Elementen, 
Ofters ist er auch in der Mitte 
wie zusammengeschnQrt und 
hat dann die Form eines kurzen 
Biskuits, nicht selten sieht er 
auch wie ein Coccus aus (siehe 
Fig. 3). Der Bacillus ist 1,3 
bis 2,6 iu lang und 0,5—1 fi 
breit. In der Milch ist er 
dflnner (0,4 ju), zuweilen beob¬ 
achtet man auch eine Spore, 
aber niemals Einschnflrungen. 
Er entwickelt sich in alien 
Mitteln und besitzt keine Fflr- 
bungsbesonderheit. Auf Gram 
reagiert er. 



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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 181 

Auf der Kartoffel beobachtet man eine Vertiefung mit weiBlicher, 
deutlich sichtbarer Patina. Auf dem Serum entwickeln sich kleine, 
weiBliche Kolonieen von 2 mm Durchmesser. Die Milch gerinnt. Auf 
Agar ausgedehnte, leicht weiBliche, durchsichtige Patina, die sich mit 
besonderer Vorliebe da entwickelt, wo das Kondensationswasser mit dem 
Mittel in Beruhrung kommt. In der Bouillon triiber, leichter Schleier 
an der OberflBche und Bodensatz. 

Kein Wachstum bei 37° C. Weder Alkali- noch SSureerzeugung; 

unbeweglich. Keine Gasproduktion. Absoluter Aerobe. Weder dem 

Meerschweinchen noch der Maus gegeniiber pathogen. 

Bacillus No. 6 wurde ein 
einziges Mai isoliert, besteht oft 
aus 2—3 Elementen mit abge- 

rundeten Enden. In der Mitte 

ist er eingeschniirt und sieht wie 
eine Vereinigung von 2 Kokken 
aus. Ueberdies ist er eingekap- 
selt (siehe Fig. 4), miBt ungefiihr 
2,5 -3,5 /it X 0,4—0,5 //, besitzt 
freie, ovale, 1,3 /i X 0,8 /< mes- 
sende Sporen, fSrbt sich mit den 
gewohnlichen Anilinfarben und 
reagiert auf Gram. 

Er entwickelt sich in alien 
Mitteln. Auf der Kartoffel bildet 
sich eine farblose, fliissige Patina, 
auf dem Serum eine leichte Tru- 
bung, die Milch bringt er zum 
Gerinnen. In Agar erzeugt er 
eine diffuse weiBliche Patina, in 
der Bouillon eine Trubung und 
leichten Niederschlag. Wachstum 
ira Kondenswasser. 

Bei 37 0 C entwickelt er sich 
kraftig und gibt in Agar eine 
dichte, faltige, auf die ganze 
Oberfliiche des Mittels ausge¬ 
dehnte Patina. Der Bacillus ist 
unbeweglich, erzeugt kein Gas, 
ist ein absoluter Aerobe, erzeugt 
ein wenig Alkali (0,04 g auf 
100 g) und ist weder fiir das 
Meerschweinchen noch fiir die 
Maus pathogen. 

Bacillus No. 7 wurde 
2mal isoliert. Er ist ziemlich 
groB, gerade, oft auch gewunden 
oder gekrummt; oft finden sich 
verschiedene Elemente reihen- Fig. 5. 

weise beisammen oder in der 

Form von ununterbrochenen Faden. Seine Enden sind abgerundet. Er 

miBt 4—7 (i in der L&nge und 0,7—1 ft in der Breite (siehe Fig. 5). 

Man beobachtet freie, ovale, 1 p. X 1«5 messende und farblose 




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182 Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

Sporen. Die F&rbung gelingt mit den gewdhnlichen Anilinfarbstoffen, 
Qberdies reagiert er auch auf Gram. 

Im Serum w&chst er nicht. Auf der Kartoffel erzeugt er runde, 
weiBliche Kolonieen von 2 mm Durchmesser; zuweilen auch eine weiB- 
liche, an einigen Stellen leicht rosarote Patina. Die Milch gerinnt In 
Agar bewirkt er eine gelblich-weifie, gleichfOrmige Patina. Besonders 
stark ist die Entwickelung dort, wo das Kondensationswasser mit dem 
Mittel in Berilhrung ist. 

Die Bouillon ist gleichm&Big trflbe. Bei 37 0 C keine Entwickelung. 
Der Bacillus ist unbeweglich und absoluter Aerobe. Er entwickelt kein 
Gas, erzeugt 0,08 g Alkali auf 100 g und ist weder ftlr das Meer- 
schweinchen noch fQr die Maus pathogen. 

No. 8, Streptothrix, wurde nur lmal vorgefunden. Ihre F&den 
haben eine L&nge von ungef&hr 0,5 n und sind gewunden, besonders 
die langen. Die kilrzeren F&den weisen oft pIQtzliche Krtimmungen nach 
rQckw&rts auf; viele der F&den sind wirklich ver&stelt. Die Zweige 
laufen in fast rechtem Winkel und unregelm&fiig von dem Stamm aus, 
wonach auch die weitere Verzweigung keine regelm&Bigen Entfernungen 
einh&lt. L&ngs der Ffiden bemerkt man zuweilen von einem leicht ge- 
f&rbten Rande umgebene, helle R&ume, die an GrCBe denjenigen der 
Sporen gleichen. 

Die Dicke der F&den ist nur wenig verschieden. Es werden auch 
freie, runde, mit den gewdhnlichen F&rbemitteln leicht f&rbbare Sporen 
beobachtet. Die Streptothrix ist mit alien Anilinfarben f&rbbar und 
reagiert auf Gram. 

Auf der Kartoftel erzeugt sie eine sehr feine, gel blich-weiBe, kdrnige, 
zuweilen auch orangefarbene Punktierung, dfters sieht man auch in alten 
Kulturen einige weiBe Kornchen. Die zu- 
erst vereinzelt auftretenden Kolonieen sehen 
wie ein unregelm&Biger Haufen kleiner, im 
Durchmesser */* mm betragender, brocke- 
liger und leicht ldsbarer Kdrnchen aus; 
sind die Kolonieen aber jung, so haften sie 
dem Mittel an und sind daher vereinzelt 
und in BerQhrung mit dem Mittel (siehe 
die eine Kartoffel- und eine Agarkultur 
darstellenden Figuren). 

Besonders im einfachen Agar ent¬ 
wickelt sich diese Streptothrix nur 
mQhsam und bildet weiBliche, kdrnige, nicht 
zusammenflieBende, sondern sich Gber- 
schichtende Kolonieen von ca. 1 mm Durch¬ 
messer. In der Bouillon entwickelt sie 
sehr kleine, flockenartige, ziemlich schlecht 
entwickelte Kolonieen, die sich am Boden 
festsetzen und keine gleichartige weiBe 
Masse bilden; das Medium bleibt klar. 

Bei 37 0 C entwickelt sie sich ziemlich 
stark und mit denselben Kennzeichen, er¬ 
zeugt kein Gas, wohl aber ein wenig S&ure 
(0,04 g auf 100 g), ist unbeweglich und 
weder fQr Meerschweinchen noch fQr M&use 
Fig. 6. pathogen. Fig. 7. 


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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 183 


No. 9, Streptothrix, wurde 3mal aufgefanden. Die Kolonieen 
bestehen aus langen, verzweigten, 0,4—0,6 fx messenden F&den. Die 
Form dieser Ffiden uoterscheidet sich nicht von der bei Streptothrix 
No. 8 beobachteten. Ihre Sporen sind rund, farblos und haben einen 
Durchmesser von 0,8—1 ft. Die F&rbung gelingt mit alien Anilinfarben, 
ebenso mit Gram, wobei jedoch einige F&den die Farbe verlieren. 

Auf der Kartoffel nimmt sie eine weifiliche, blasse Farbe an, alte 
Kulturen bilden eine kastanienfarbene, dicke Patina mit unregelm&Bigen, 
mit weiBem, feinem Staube bedeckten Zonen. Die Milch gerinnt. Im 
Serum linden sich Filamente. Auf Agar erhdlt man sehr eigentiimliche 
Kolonieen. Die Entwickelung findet in konzentrischen Zonen statt und 
nach einigen Tagen bemerkt man einige Hofe, die ahwechselnd durch- 
sichtig und weiBlich sind. AuBerdem gehen 
vom Zentrum das Medium durchziehende 
Furchen aus, die sich leicht verzweigen und 
dem ganzen ein strahlenformiges Aussehen 
verleihen, was infolge der verschieden- 
artigen Durchsichtigkeit der einzelnen Zo¬ 
nen stark ins Auge fallt (siehe Fig. 8). 

Diese Kolonieen kdnnen einen Durch¬ 
messer von 3—4 cm erreichen. Dieser 
Anblick bot sich bei den ersten Ueber- | /^ \ 
tragungen, spsiter verloren die Kolonieen 
teilweise ihr charakteristisches Aussehen 
und es fand sich nur noch eine farblose 
Patina (siehe Fig. 9) mit rundlicher Ein- 
fassung und einem 1—2 mm dickeren Zen¬ 
trum vor, deren Rand mit einem weiBen 
Staube bedeckt und sehr unregelm&fiig war. 

Die Kolonieen haben einen Durchmesser 
von 1—l'/ g cm. 

In der Bouillon entstehen vereinzelte 
flockenfOrmige Kolonieen am Boden, im 
Mittel selbst suspendiert, den WAnden des 
ROhrchens entlang Oder an der Oberfl&che. 

Ebenda nehmen sie die Form von oben 
flachen und unten leicht flockenfbrmigen 
Scheiben an; beim Veralten der Kolonieen 

Fig. 8. n&hern sich die Scheiben bis zym Beruhren, Fig. 9. 
ohne ihr weiteres Wachstum einzustellen. 

So kommt es, daB ihre R&nder sich am BerQhrungspunkte in die Hbhe 
richten und sich die W&nde von so und so vielen Zellen bilden, deren 
Grund durch die ursprtingliche Scheibe gebildet wird. In diesem Falle 
sieht die Oberfliche der Fliissigkeit gerade wie eine Membran aus, in 
die kleine, wie Alveolarzellchen aussehende, teils mit weifiem Staub be- 
deckte, teils farblose Zellen (siehe Fig. 10) eingesenkt sind; die Mitte 
bleibt klar, die veralteten Grundkolonieen bieten sehr oft ein Aussehen 
wie Detritus Oder Kristallnadeln. 

Bei 37° C keine Entwickelung. Sie produziert kein Gas und ist 
unbeweglich. Die Alkalierzeugung ist = 0,12 g auf 100 g. Absoluter 
Aerobe und weder dem Meerschweinchen noch der Maus gegenfiber 
pathogen. 

Alles zosammenfassend, komme ich zu nachstehendem Ergebnis: 




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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXV ill. Heft 2. 



1) Es wurden 9 Arten thermophiler Mikroorganismen 
isoliert, 7 Bacillen und 2 Streptothricheen. 

2) 4 Bacillen und 1 Streptothrix sind absolut 
thermophil. 

3) Alle sind absolute A6robien. 

4) Alle reagieren auf Gram und sind Sporenerzeuger. 

5) Alle wachsen auf Kartoffeln gut 

6) Keiner ist pathogen. 

7) Alle Kotproben fflhrten zur Entwickelung von Mikro¬ 
organismen. 

Beschreibung der aus dem Kote Neugeborener 
isolierten thermophilen Bakterien. 

Die Kotproben wurden von gesunden, 3—8 Tage 
alten Kindern geliefert und stammen aus der Entbindungs- 
anstalt, dessen Direktor, Herrn Prof. Vicarelli, ich an 
dieser Stelle meinen besten Dank fdr die freundliche Ab- 
gabe des Materials abstatte. 

Bacillus No. 10 wurde 2mal isoliert, lmal aus 
6-tfi.gigem Kot, das andere Mai aus 5-tagigem. Er ist 
gerade, an den Enden abgerundet, zuweilen auch gekrfimmt 
und findet sich oft in Form von 5—6 Elemente enthalten- 
den Schnflren vor. Seine GrbBe betrftgt 2—3 /u X 0,6 fi. 
Nicht selten erscheint er unter Form von Filamenten. 


Fig. io. Selten beobachtet man zentrale, ovale, 1,3 /< X 0,8 n raes- 
sende Sporen, denn moistens sind sie frei. 

Die F&rbung gelingt mit den gewbhnlichen Anilinfarben. Auf Gram 
erfolgt Reaktion. Oefters bieten sich die Bacillen in der Mitte farblos 
und an den Enden mit gut gef&rbten runden Kdrnchen dar. Zuweilen 

erblickt man nur ein Ende ge- 
f&rbt und nicht selten auch ein 
Kdrnchen im Zentrum des Ba¬ 
cillen (siehe Fig. 11). Nur sehr 
selten sind diese Kdrperchen 
frei und bieten das Bild der 
Kokken. 

Er entwickelt sich auf alien 
N&hrbdden, nicht aber auf dem 
Serum. Auf der Kartoffel er- 
zeugt er ein mit einer asch- 
braunen, feuchten Patina be- 
decktes Grflbchen, in der Milch 
Koagulation, im Serum zahl- 
reiche Bacillen und viele lange 
FSden. Im Agar entsteht eine 
ausgedehnte, weifiliche, fast 
farblose Patina, im Konden- 
sationswasser beobachtet man 
11 * Entwickelung und weifilichen 

Bodensatz, in der Bouillon 
Trflbung des Mittels, einen gianzenden Schleier an der Oberflache, einen 
dem Rdhrchen anhaftenden Rand und einen weiBen Bodensatz. 



Bei 37° C entwickelt er sich und bewegt sich. Besonders die Faden 


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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlicben Darmkanals. 185 


haben rasche, schlangenahnliche Bewegungen. Die Alkalierzeugung ist 
0,04 g auf 100 g. Keine Gasentwickelung. Absoluter Aerobe; weder 
ffir Meerschweinchen noch M&use pathogen. 

Bacillus No. 11 ist aus 6 Tage altem Kote isoliert worden. Be- 
zOglich der Beschreibung sehe man den Bacillus No. 2 nach, dem er 
vollstandig gleicht. 

No. 12, Streptothrix, ist lmal aus 4 Tage altem Kot isoliert 
worden, und zwar in der Form von geraden, zuweilen aus 2 Elementen 
bestehenden Bacillen, oft auch in der Form von langen F&den. Diese 
Bacillen sind 2,6—3,8 ft lang und 0,5 ft breit. Oefters linden sich auch 
ovale, 1,3 n X 0*8 ft messende Sporen vor (siehe Fig. 12). 

Bei 20 Uebertragungen be- 
obachtete ich nur 3mal, und 
zwar lmal auf der Kartoffel, 
lmal im Agar und lmal in der 
Bouillon, die Entwickelung einer 
Streptothrix mit wirklich 
ver&stelten, 0,2—0,6 ft dicken, 
gewundenen Faden mit jungen, 
immer dQnner werdenden Ver- 
zweigungen des ursprQnglichen 
Fadens und mit runden Sporen 
von 1,3 ft Durchmesser. Die 
Farbung gelingt mit alien Ani- 
linfarben, auch mit Gram. 

Sie entwickelt sich auf alien 
Nahrbdden. 

Auf der Kartoffel erzeugt 
sie eine gelbliche, stellenweise 
gelblich-rote, feuchte Patina, auf 
dem Serum sehr kleine, farblose 
Kolonieen von 1 mm Durch¬ 
messer, die wie Tau aussehen. Die Milch gerinnt. Im Agar entstehen 
aschweiBe, runde Kolonieen mit dQnnerem, an der Peripherie durch- 
sichtigem Zentrum. Die Kolonieen haben einen Durchmesser von 
1—2 mm und fliellen dann zusammen. Zuweilen sind sie im Zentrum 
dicker und bieten ebenda das Aussehen eines braunen Punktes dar; im 
trflben Kondensationswasser ein Bodensatz. In der Bouillon zeigt sich 
eine verbreitete Trtibung; nach einigen Tagen ein leichter Schleier an 
der Oberflache und ein staubartiger Niederschlag am Boden und an den 
Wanden des Rdhrchens. 

Die Entwickelung unter Form einer Streptothrix bot dieselben 
Kulturkennzeichen. Nur die Bouillon war nicht trflbe und in ihr 
schwammen kleine, weiBe Flocken. Bei 37° 0 kein Wachstum. Die 
Streptothrix ist unbeweglich, absoluter Aerobe. Ihre Saureproduktion 
0,08 g auf 100 g. Keine Gasentwickelung. Sie ist weder fOr Meer¬ 
schweinchen noch far Mause pathogen. (Schlu£ folgt) 



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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Nachdruck verboten. 

Ueber eine bei Katzen aufgetretene, durch einen besonderen. 
Mikroorganismus bedingte Epizootia 

[Aus dem hygienischen Institute der k. Universit&t in Siena. (Direktor: 

Prof. A. Sclavo.)] 

Von Dr. Nello Mori, Tierarzt. 

(Schlufi.) 

Wirkung auf Neutralrot. 

Es ist bekannt, daB einige Mikrobenarten das Neutralrot zu ent- 
farben vermdgen, andere hingegen keine Wirkung auf dasselbe aus- 
tlben. 

Diese Eigenschaft bat man als differentialdiagnostisches Hilfsmittel 
zur Unterscheidung des Bact. coli vom Typhusbacillus verwertet, das 
in der Praxis in der Tat gute Dienste leistet. 

A. Wolff 1 ) empfiehlt, wie folgt, zu verfahren: Einer Kultur auf ein- 
fachem Oder mit Zucker versetztem Agar mischt man 1 oder 2 Tropfen 
einer 1—2-proz. Neutralrotlbsung bei und giefit dann etwas Gelatine 
oder Agar auf die Kultur, urn sie gegen den Sauerstoff der Luft zu 
schtitzen. Hat der Keim, den man studiert, Wirkung auf diese Substanz, 
so nimmt die Kultur in hdchstens 24— 48 Stunden eine charakteristische, 
gelb fluoreszierende Farbe an. 

Ich habe dieses diagnostiscbe Mittel h&ufig angewendet und kann 
nur sagen, daB es seinem Zwecke vollstandig entspricht. Doch kommt 
nach dem von Wolff angegebenen Verfahren die Entfarbung mitunter 
weniger rasch und vollstandig zu stande, denn da es sich urn Bakterien 
handelt, die, wie das Bact coli (besonders in mit Zucker versetztem 
Nahrmittel), Gas erzeugen, bekommt der Agar leicht einen RiB oder 16st 
sich von der Wand der R6hre ab, infolgedessen das Gas aus der Kultur 
entweicht und die Luft in Bertihrung mit dem Neutralrot kommt, was 
dessen Entfarbung zum Teil verhindert. 

Eine rasche und vollstandige Entfarbung erhielt ich durch folgendes 
Verfahren: Dem in der ROhre geschmolzenen Agar mischte ich 1—2 
Tropfen einer sterilisierten 2-proz. NeutralrotlQsung bei, lieB ihn erkalten 
und infizierte ihn mittels Einstiches. Hierauf goB ich 2—3 ccm sterilen 
Paraffinols in die Rdhre, urn das Neutralrot gegen den Kontakt mit der 
Luft zu schtitzen. Sobald sich Gas entwickelt, bekommt der Agar aller- 
dings einen RiB, aber dieser wird durch das Paraffindl bedeckt und das 
Gas entweicht in Blasen durch letzteres. 

Noch bessere Resultate erhielt ich, wenn ich LSfflersche Bouillon 
mit Neutralrot farbte, sie dann infizierte und Paraffindl aufgoB. 

Durch diese Modifikationen konnte ich das Bact. coli vom Eberth- 
schen Bacillus schon wenige Stunden nach Impfung der Rbhren difife- 
renzieren. 

Was den in Rede stehenden Keim anbelangt, so entfarbt er das 
Neutralrot innerhalb 24 Stunden vollstandig. 


1) Wolff, A. Die Differentialdiagnose des Typhusbacillus tod Bacterium coli, 
auf Grand der Saurebildung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903. No. 8. 
p. 645—647.) 


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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic. 


187 


Wirkung auf oxygeniertes Wasser. 

Prof. Sclavo toilte in diesem Jahre der Accademia dei Fisiocritici 
in Siena die Resultate von Experimenten mit, die Dr. Giusti 1 2 ) fiber 
die Zersetzong oxygenierten Wassers durch die Wirkung verschiedener 
Nahrungsstoffe, verschiedener tierischer und pflanzlicher Gewebe, ver¬ 
schiedener Exkrete und Sekrete des tierischen Organismus und durch 
Mikroorganismen ausgeffihrt hat, welche Experimente derselbe noch 
fortsetzt. 

Giusti hat beobachtet, dafi wenn man zu ungefS.hr 5 ccm Bouillon- 
kultur der meisten Mikroorganismen 1—2 Tropfen 30-proz. Merck schen 
oxygenierten Wassers zusetzt, dieselbe mehr oder weniger schnell eine 
Zersetzung erfShrt, die durch sp&rliche oder reichliche Gasentwickelung 
und Ansammlung der Gase in Form von Schaum an der OberflSche der 
Flfissigkeit charakterisiert ist. 

Diese Reaktion kann, wie leicht begreiflich, ein sehr wertvolles 
Mittel zur bakteriologischen Diagnose bilden, angesichts der Tatsache, 
dafi manche Keime, wie der Rotzbacillus, der Streptococcus und die 
Choleravibrionen, oxygeniertes Wasser gar nicht oder in kaum merklicher 
Weise zersetzen. 

Derartige Versuche nahm ich auch an dem von mir isolierten Keime 
vor; ich erhielt folgende Resultate: 

Mischt man einer alten oder frischen Bouillonkultur 1—2 Tropfen 
oxygenierten Wassers bei, so bildet sich gleich oder nach kurzer Zeit 
Sauerstoff, der sich, zuweilen in grofier Menge, in Blfischen an der Ober- 
flSche der Flfissigkeit ansammelt. 

Filtrate von 7-tSgigen Bouillonkulturen zersetzen oxygeniertes Wasser 
immer, wenn auch mit einiger Verzfigerung. 

Dieses Vermdgen erhalt sich in 30 Minnten lang bei 70° gehaltenen 
Filtraten unverfindert; in 30 Minuten lang bei 120° gehaltenen Filtraten 
erfolgt die Sauerstoffentwickelung langsamer, nach fast 1 Stunde. 

Aufsuchen des Protefnochroms Oder Tryptophans. 

Vor kurzem haben Erdmann und Winternitz*) zur Differential- 
diagnose einiger Bakterien eine nene Reaktion empfohlen, n&mlich die 
Protelnochrom- oder Tryptophanreaktion. 

Zum Aufsuchen dieses Kfirpers, der in Kulturen gewisser Mikro¬ 
organismen in mit 5 Proz. Pepton versetzter Bouillon mehr oder weniger 
schnell anzutreffen sei, sfiuert man nach den Verff. dieselben mit Essig- 
sfiure leicht an und ffigt unter Schfitteln der Rohre frisch bereitetes, 
mit Chlor ges&ttigtes Wasser tropfenweise hinzu. Sind wahrnehmbare 
Mengen von Protelnochrom vorhanden, so genfigen schon wenige Tropfen 
Chlorwasser zur Hervorrufung einer deutlichen Rotf&rbung. 

Nach diesem Verfahren forschte ich in jungen und alten Kulturen 
des Typhusbacillus, des Bact. coli und meines Keimes wiederholt nach 
dem Protelnochrom, erhielt aber, sowohl bei Zusatz kleiner als bei Zusatz 
bedeutender Chlorwassermengen, inkonstante Resultate; so fand die Re- 


1) Giusti, G., Sulla scompoeizione dell’acqua ossigenata. (Atti della R. Accademia 
dei Fisiocritici in Siena. Ser. IV. Vol. XV.) 

2) Erdmann u. Winternitz, Ueber das Protelnochrom, eine klinisch and bak- 
teriologisch bisher nicht verwertete Farbenreaktion. (Munch, med. Wochenschr. 1903. 
p. 982.) 


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Centr&Ibl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


aktion mitunter in Bact. coli-Kulturen statt, wahrend sie in Typhus- 
bacillenkulturen manchmal ausblieb. 

Nach meinen Erfahrungen tnt man zur Erzielung der Rotf&rbung 
besser, eine bedeutende Menge Cblorwasser auf einmal hinznzufflgen. 

Eine deutlichere und konstantere Reaktion erhielt ich, wenn ich das 
Chlorwasser in einer Menge von ungef8.hr 2 ccm an der Wand der 
Rdhre hinabfliefien liefi, ohne diese irgendwie zu schfltteln. Das Chlor¬ 
wasser bleibt dann an der Oberflache der Kulturfltlssigkeit nnd anf der 
Trennungsflache nimmt man bei Vorhandensein von Tryptophan einen 
feinen, aber ganz deutlichen violettroten Hof wahr. 

Bei diesem Verfahren gibt mein Keim schon nach 24 Stun den die 
Protelnochromreaktion; in mehrere Tage alten Kulturen tritt dieselbe 
rasch und ganz deutlich auf. 

Bei diesem Verfahren geben auch Typhusbacillenkulturen sehr hdufig 
die Farbenreaktion, die ich dagegen bei Kulturen verschiedener Bact. 
c o 1 i - Exemplare nie wahrnahm. 

Einlmpfung In Tiere. 

Der von mir isolierte Bacillus erwies sich als virulent ftir alle Tiere, 
denen ich ihn einzuimpfen Gelegenheit hatte: Meerschweinchen, 
Kaninchen, Taube, weifie Maus, Katze, Igel. 

Meerschweinchen. 1 ccm einer 24-stttndigen Bouillonkultur, 
subkutan eingeimpft, tdtet Meerschweinchen in 18—20 Stunden, Vs ccm 
in 28—48 Stunden. 

Kurze Zeit nach der Impfung gewahrt man an der Impfstelle be- 
dentendes ausgedehntes Oedem, das von einem konsistenteren Ring am- 
geben ist; das Tier frifit nicht mehr und kauert sich zusammen. 

Sp&ter hat es zerzaustes Haar, macht schwankende Bewegungen, 
und aus dem Konjunktivalsack fliefit serds-schleimiger oder eiteriger 
Katarrh. 

(Pathologisch-anatoraischer Befund.) Haut an der Oedem- 
stelle leicht zerreifibar, sero-gelatindses Exsudat mit H8morrhagieflecken 
auf dem ganzen Kdrper und besonders an den Leisten- und Axillar- 
drflsen; Muskeln blafi und zerreibbar. 

Der Darm weist hier nnd dort subserdse Ekchymosen auf; der 
Dflnndarm enthait fast nie Kot, dagegen Gas Oder fast farblose FlQssigkeit 

Der Dickdarm ist gewdhnlich, besonders auf der Strecke des grofien 
Grimmdarms, mit verdichteten Kotstoffen und zum Teil mit Schleim 
gefQllt; manchmal enthait er aber gar keinen Kot, sondern nur schaumigen 
Schleim. Die Darmschleimhaut, die blafi ist, weist keine scheinbaren 
Lasionen auf. 

Leber und Milz vergrdfiert, dunkelfarbig, mitunter mit hamorrhagischen 
Punkten besat. 

Die Niere weist makroskopisch nie Lasionen auf; die Nebennieren 
dagegen erscheinen bald fast normal, bald ein wenig oder stark gerdtet 

In der Harnblase ist mitunter dicker, weifier Schleim vorhanden. 

Die Lunge ist leicht gerdtet; bei Einschnitt tritt flflssiges Blut aus. 

Das Herz ist diastolisch und enthait ebenfalls geronnenes dunkles 
Blut 

Sowohl bei Meerschweinchen als bei den anderen Tieren wurden im 
Blute nur wenige Bacillen angetroffen, in grdfierer Zahl in der Milz, 
der Leber und den Qbrigen Organen (Lunge, Euter, Hoden), sowie in 


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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic. 139 

den Sekretions- und Exkretions- (Galle, Ham) und Exsudationsprodukten 
(Oedem). 

Kaninchen. 1 ccm einer 24-stflndigen Bouillonkultur tfltet Kanin- 
chen in ungefflhr 3 Tagen. 

Das Tier verliert bald alle FreBlust, weist Oedem, Konjunktival- 
katarrh, schaumige DiarrhOe und zuletzt bedeutende Hypothermie auf. 

Bei der Nekroskopie trifft man die gleichen anatomischen Lfisionen 
wie bei Meerschweinchen an. 

Im Mast- und Grimmdarm schaumiger, gelblicher Katarrh. 

Tauben. Eine Taube, die mit Vs ccm einer 24-stflndigen Bouillon¬ 
kultur subkutan am Schenkel geimpft wurde, starb nach 6 Tagen. 

Bei der Nekroskopie wurden beinahe die gleichen Lflsiouen wie bei 
den yorgenannten Tieren angetroffen. 

WeiBe Mfluse. Ein Tropfen einer 24-stflndigen Bouillonkultur 
tdtet weiBe Mfluse in ungefflhr 48 Stunden. Der gleiche pathologisch- 
anatomische Befund. 

Katzen. Vs ccm einer 24-stflndigen Bouillonkultur, subkutan in- 
jiziert, tfltet Katzen in 10—15 Tagen. 

Die Krankheit beginnt innerhalb 24 Stunden mit einer Temperatur- 
erhdhung von 2°, die bis zum 7. Tage anhfllt; dann nimmt die Ternpe- 
ratur ab und wird am 10. Tage wieder normal, hernach sinkt sie immer 
mehr bis zum Tode. In der Agonie konstatiert man Hypothermie von 1 °. 

Wflhrend des ersten Stadiums zeigt das Tier ziemlich groBe FreB¬ 
lust, ist aber stark styptisch. Das Thermometer ist beim Zurflckziehen 
aus dem Rectum mit dickem, flbelriechendem Schleim beschmutzt. Das 
Tier weist bedeutendes, ausgedehntes, schmerzhaftes, warmes Oedem auf, 
das aber nicht wie bei den erstgenannten Tieren von einem hflrteren 
Ring umgeben ist; doch ist die Haut am abschflssigen Teile des Oedems 
verdickt. Diese Symptome, denen sich noch Depression und Anorexic 
hinzugesellen, nehmen wflhrend des zweiten Stadiums bis zum Tode zu. 

Bei der Nekroskopie konstatiert man ausgedehntes Oedem, mit reich- 
lichem serfls-hflmorrhagischem Exsudat; an der Oedemstelle sehr ver- 
dickte harte Haut, die in ihrer Dicke seros-hflmorrhagisches Exsudat ein- 
schlieBende, miteinander kommunizierende Hohlrflume enthfllt. Die Mus- 
keln sind blafi und zerreibbar. 

In der Bauchhflhle: Milz stark hypertrophisch, bis an die Vorscham- 
gegend sich erstreckend; Leber vergrflBert, mit punktfdrmigen Hflmor- 
rhagieen, Nieren und Nebennieren fast normal. 

Der Dickdarm enthfllt, besonders auf der Strecke des groBen Grimm- 
darmes, schokoladenfarbige, bis fast zum Rectum reichende Kotballen; 
die Schleimhaut ist blafi. Das Rectum enthfllt Schleim. 

Brusthdhle: Lungen leicht gerdtet. Herz diastolisch, bei der Er- 
Offnung tritt blasses, flflssiges Blut aus. 

Eine Katze, welcher 1 ccm einer 24-stflndigen Bouillonkultur in den 
Verdauungskanal eingefflhrt worden war, wies vom 2.—6. Tage Tempe- 
raturerhdhung von ungefflhr 1° und reichliche, in Entleerung schwflrz- 
licher Massen bestehende Diarrhde auf; sie hatte dabei fast flbermflBige 
FreBlust. In der Folge trat Verstopfung auf, die Temperatur sank all- 
mflhlich bis zum Tode, der nach 17 Tagen erfolgte. 

Bei der Nekroskopie wurde nichts Bemerkenswertes angetroffen, 
aufier im Darm, der flhnliche Verflnderungen aufwies wie der Darm der 
subkutan geimpften Katzen; im Blute und in den inneren Organen 
wurden die spezifischen Bacillen nicht angetroffen. 


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190 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


I gel. 1 ccra einer 24-st0ndigen Bouillonkultur, subkutan eingeimpft, 
tdtete einen jungen Igel von 420 g Gewicht in ungeffihr 36 Stunden. 

Bei der Nekroskopie konstatierte man h&morrhagisches Exsudat, das 
sich von der Impfstelle auf die ttbrigen Teile des Bauches erstreckte. 

Der Darm wies die gewdhnlichen anatomischen Verfinderungen anf; 
Milz bypertrophisch mit hfimorrhagischen Flecken; Leber nnd Nieren 
dunkelfarbig, Nebennieren stark gerdtet. 

In alien Organen fanden sich Bacillen. 


Immnnisatlon. 

Zu den Agglntinationsversuchen, die ich vornehmen wollte, immuni- 
sierte ich, urn mir ein spezifisches Serum zu bereiten, zwei grofie Kanin- 
chen folgendermafien: 


Kaninchen No. 1 Initialgewicht 1900 g 
» . 2 - 1750 , 

Am 1. Tage injizierte ich beideD EaDinchen subkutan 1 ccm einer 24 Stunden alten, 
20 Minuten lang bei 60° C gehaltenen Bouillonkultur; am 4. Tage 1 ccm einer 24 Stunden 
alten, 20 Minuten lang bei 00° C gehaltenen Bouillonkultur; am 9. Tage 1 ccm einer 
15 Tage alten Kultur in mit Olukose versetzter Bouillon, in welcher die Bacillen vor 
einiger Zeit, infolge der Saure, die sich im Nahrmittel gebildet hatte, zu Qrunde ge- 
gangen waren. 

Kaninchen No. 1 Gewicht 1850 g 
* ,2 „ 1760 „ 

Am 24. Tage injizierte ich jedem Kaninchen 1 ccm einer 24 Tage alten, 20 Minuten 
lang bei 60° C gehaltenen Kultur in mit Laktose versetzter Bouillon. 


Kaninchen No. 1 Gewicht 1801 g 
* ,2 „ 1700 „ 

Am 28. Tage 2 ccm einer 10 Tage alten, 20 Minuten lang bei 60° C gehaltenen 
Bouillonkultur. 

Kaninchen No. 1 Gewicht 1999 g 
„ „ 2 „ 1800 „ 


4 Tage n&ch der letzten Iujektion fand ich das Kaninchen No. 2 
in der Seitenlage, mit schwerem, beschleunigtem Rippenbauchatmen. 

Das Kaninchen No. 1 war etwas deprimiert und hatte eine Con¬ 
junctivitis catarrhalis. 

Dem Kaninchen No. 2 dffnete ich unter den notwendigen Vorsichts- 
mafiregeln die rechte Carotis und entnahm so viel Blut als ich konnte, 
urn das Serum daraus zu sammelu. 

Das Tier starb nach der Blutentziehung und ich nahm sogleich die 
Nekroskopie vor. 

Bauchhohle: reichliches seroses Peritonealexsudat, Koprostase be- 
sonders im grofien Grimmdarm, subserSse ekchymotische Flecken. Magen 
durch Gas stark ausgedehnt; sonst nichts Abnormes. 

In den mikroskopischen Pr&paraten und den auf flotenschnabelfdrmig 
erstarrtem Agar angelegten Kulturen erwiesen sich das Blut, das Peri¬ 
tonealexsudat, die Leber und Milz als steril. 

Das Kaninchen No. 1 fand ich am 7. Tage nach der letzten Injektion 
tot; die Augenlider waren durch serds-schleimigen Katarrh zusammen- 
geklebt. 

Bei der Nekroskopie wurden die gleiche Koprostase, die gleichen 
subserftsen Ekchymosen im grofien Grimmdarm, das gleiche Peritoneal¬ 
exsudat und aufierdem auch etwas Exsudat in der Pleurahohle angetroffen. 

Die inneren Organe und das Blut erwiesen sich als steril. 


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Mori, (Jeber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic. 


191 


Agglutination. 

Zum Studium der Agglutinationserscheinungen bediente ich mich 
zweier spezifischer Sera: des Serums, das ich aus dem dem Kaninchen 
No. 2 entzogenen Blute gewonnen hatte und eines Antityphusserums mit 
einem Agglutinierungsvermogen bis zu 1 : 10000. 

Die Agglutinierungsversuche nahm ich ao dem von mir isolierten 
Bacillus und an ganz frischeu Kulturen verschiedener sicherer Typhus- 
bacillen- und B a c t. c o 1 i - StSmme vor, und zwar prflfte ich bei einigen 
Experimenten verschieden titulierte Mischungen von Serum und Kulturen 
am h&ngenden Tropfen, wfihrend ich bei anderen einige Tropfen Serum 
in die KulturrOhren goB und die Agglutination nach dem in ihnen er- 
folgten Niederschlag bestimmte. 

Ich glaubte, vergleichshalber Versuche am Bact. coli und am 
Typhusbacillus vornehmen zu miissen, weil der von mir isolierte Keim 
bezfiglich einiger Merkmale eine gewisse Aehnlichkeit mit jenen Mikro- 
organismen hat. 

Serum vom Kaninchen No. 2. Nach 30 Minuten agglutinierte 
es den Bacillus, der zur Immunisierung des Kaninchens verwendet wurde, 
leicht bei 1 :500, gut bei 1 : 400, krfiftig bei 1 : 300. 

Bei 1 : 100—200 erfolgte sofort Immobilisation und nach ungef&hr 
1 Minute vollst&ndige charakteristische Agglutination. 

Ein Tropfen Serum agglutinierte in 24 Stunden leicht 5 ccm einer 
Bouillonkultur, 3 Tropfen agglutinierten sie in demselben Zeitraum fast 
vollst&ndig. Zwei Bact. coli-St&mme * des Laboratoriums wurden im 
h&ngenden Tropfen nicht einmal bei Mischung von Serum und Kultur 
zu gleichen Teilen agglutiniert; 5 Tropfen Serum gaben in 5 ccm Kultur 
gar keinen Niederschlag. 

Ein anderes Bact coli des Laboratoriums wurde in Verdilnnung 
1 : 10 leicht agglutiniert, in grOBeren VerdOnnungen gar nicht, und 
Niederschlag fand selbst bei Zusatz von 5 Tropfen Serum zu 5 ccm 
Bouillonkultur nicht statt 

Zwei Typhusbacillenst&mme wurden in Verdfinnung von 1 :10 bis 
1 : 20 nicht agglutiniert; 3—5 Tropfen Serum bewirkten in einer Bouillon¬ 
kultur in 24 Stunden keine Agglutination. 

Antityphusserum. Dieses Serum bewirkte auch in Proportion 
von 1 :10000 Agglutination in den Typhusbacillenkulturen. 

Es agglutinierte meinen Bacillus leicht bei 1 :30, gut bei 1 : 10; 
3—5 Tropfen Serum riefen in einer Bouillonkultur keinen Niederschlag 
hervor. 

Hftmolysln. 

Ehrlich x ) war der erste, der die H&molyse durch die Stoffwechsel- 
produkte des Tetanusbacillus in vitro studierte; nach ihm studierten 
andere Forscher die H&molysine anderer Bakterien. 

Besredka*) verOffentlichte im September 1903 einen'Artikel, in 
welchem er alles, was bis dahin fiber die Bakterienh&molysine bekannt 
war, zusammenfafite. Er teilt sie in Bezug auf ihr Verhalten der Hitze 
gegenfiber in zwei Klassen, die thermolabilen und die thermostabilen 


1) Ehrlich, Berl. klin. Wochenschr. 1898. No. 12. p. 273. 

2) Beeredka, Lee h^molysines bact&iennes. (Bull, ae l’lnsti Pasteur. T. L No. 14 
du 15 Septembre 1903.) 


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192 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


H&molysine. Die ersteren werden durcb eine hohe Temperatur (100 bis 
120°) zerstdrt, welcher dagegen die letzteren widerstehen. 

Ich habe das H&molysin des von mir isolierten Bacillus bereitet and 
stadiert and teile hier die Resultate meiner Untersuchungen mit: 

200 ccm einer Ldfflerschen Mischung, entweder einer neutralen 
oder einer in solchem Grade gesSuerten, dab 100 ccm derselben im 
S&uregehalt 8 ccm einer lOfach normalen Oxals&ureldsung entsprachen *), 
verteilte ich in mehrere Glaskolben, die ich nach vorgenommener Infektion 
in den Brutschrank setzte; nach Verlauf einiger Zeit prflfte ich die 
mittels BerkefeId-Filters erhaltenen Filtrate nach folgendem, allgemein 
Qblichen Verfahren auf ihren H&molysingehalt: 

Ich verteilte die zu untersuchende Filtratmenge in mehrere Gl&schen 
und setzte von einer 0,85-proz. Chlornatriumldsung dem Filtrat 30 viel 
zu, bis ich mit diesem zusammen 2 ccm hatte. Hierauf defibrinierte ich 
Blot, zentrifugierte es, dekantierte dann das Serum und fflgte an dessen 
Stelle eine gleiche Menge einer 0,85-proz. NaCl-Ldsung hinzu. 

Nach wiederholter Sptilung schfittelte ich die Ablagerung in der 
NaCl-Ldsung und god einen Tropfen davon in jedes der Kulturenfiltrat 
enthaltenden Gl&schen. 

Ich verwendete Hunde-, Rinder-, Meerschweinchen-, Kaninchen- 
und Hflhnerblut. 

Das mit anf&nglich nentraler Bouillon bereitete H&molysin hat bei- 
nahe das gleiche Verm5gen wie das mit saurer Bouillon bereitete; das 
eine und das andere werden bald alkalisch. 

Die Filtrate von 2 Tage alten Kulturen haben kein h&molytisches 
Vermogen, wenigstens nicht den Erythrocyten vom Hunde, Rind, Kanin- 
chen, Meerschweinchen und Huhn gegenflber, an welchen ich sie prflfte. 

Die Filtrate von 6 Tage alten Kulturen dagegen enthalten ein H&mo¬ 
lysin, das Hundeblut gegenflber ziemlich wirksam ist, aber auf Kaninchen- 
blut nur wenig und auf Rinder- und Hflhnerblut gar keine Wirkung hat. 

In den nachstehenden Tabellen habe ich den h&molytischen Grad 
dieser Filtrate angegeben: — bedeutet, dafi H&molyse gar nicht vor- 

handen ist,-h dab nur geringe Spuren bestehen, dab das von den 

Blutkdrperchen diffundierte H&moglobin nur die unteren Schichten der 
Flflssigkeitss&ule f&rbt, 2+ bedeutet Diffusion von H&moglobin in der 
ganzen Flflssigkeit, aber mit Ansammlung der Blutkdrperchen am Boden 
der Rohre, 3 + dafi die Flflssigkeit rot ist, aber am Boden der Rdhre 
Blutkdrperchenstromata sich abgelagert haben, 4 + bedeutet vollst&ndige 
H&molyse. 


I. Defibriniertes Hundeblut. 


Filtrat von 6 Tage alter Kultur 


in neutraler Bouillon 

in saurer Bouillon 

J / 10 ccm + 

-h 


V 4 „ 2 + 

2+ 

Kontrollrohre 

V, » 4+ 

3+ 

n 

1 „ 

4+ 



1) Kayser, (Zeitachr. f. Hyg. Bd. L 1903. p. 118—138) hat beobachtet, dafi 
Cholyain our in diesen Sauregrad beeitzender Bouillon aich bildet. 


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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootie. 193 


II. Defibriniertes Kanin chenblut. 


Filtrat von 6 Tage alter Kultur 


in neutraler Bouillon 

in saurer Bouillon 

V,. ccm — 

_ 


V« „ +- 

— 

Kontrollrohre 

V* » + 

+— 

91 

1 „ 2+ 

+ 



III. Defibriniertes Uundeblut. 


Filtrat von 6 Tage alter Kultur, 

30 Minuten lang Dei 60 0 erwfirmt 


in neutraler Bouillon 

in saurer Bouillon 

‘/io ccm — 

^ . 1 


V. * +- 

+— 

Kontrollrohre 

V, .. + 

+ 

91 

1 „ 2+ 

2+ 



IV. Defibriniertes Hundeblut. 


Filtrat von 6 Tage alter Kultur, 

30 Minuten lang bei 120° gehalten 


in neutraler Bouillon 

in saurer Bouillon 

7, o ccm + 

+ 


l U » 3+ 

3+ 

Kontrollrohre 

V, „ 4+ 

1 If 

4+ 



Dieses Hftmolysin gehdrt also zur Klasse der thermostabilen, denn 
sein h&molytisches VerraOgen wird durch 30 Minuten langes Verweilen 
im Thermostat bei 120° nicht beeintrSchtigt. Aus den Tabellen geht 
jedoch etwas hervor, was paradox scheint, und was ich nicht zu erklaren 
wflCte, nSmlich dad das h&molytische Vermogen des Filtrats bei 60° eine 
AbschwSchung erf&hrt, bei 120° dagegen unver&ndert bleibt 

Toxin. 

Wie ich bereits bemerkte, gingen die Kaninchen, die ich zur Ge- 
winnung eines spezifischen Serums zwecks Studiums der Agglutinations- 
erscheinungen immunisierte, 28 Tage nach subkutaner Injektion von nur 
6 ccm abgetdteter Kulturen verschiedenen Alters zu Grunde; aucb be- 
schrieb ich bereits die bei den Kaninchen wahrend des Lebens auf- 
getretenen Symptome sowie die bei der Nekroskopie konstatierten Ver- 
ftnderungen, die in reichlichem serdsen Peritoneal- (bei einem Tiere auch 
in Pleural-) Exsudat und subserdsen ekchymotischen Flecken, besonders 
am groBen Grimmdarm, bestanden. 

In der Folge habe ich einigen Kaninchen ein Filtrat in die Venen 
injiziert, das ich aus einer 20 Tage lang im Thermostat gelassenen 
Kultur erhalten hatte: 1 ccm dieses Filtrats rief bei einem Kaninchen 
von 1500 g Gewicht nach 5—6 Tagen den Tod hervor; die Tiere, denen 
ich Vi ccm injizierte, blieben entweder am Leben oder gingen erst nach 
etwa 20 Tagen zu Grunde. 

Die Tiere wurden nach der Injektion traurig, frafien wenig, hielten 
die Augenlider halb geschlossen, die in der Folge ein serds-schleimiges 
Snte Abt. On*. Bd. xxxvm. Heft 2. 13 


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194 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Oder schleimig-eiteriges katarrhalisches Sekret absonderten; anfangs ent- 
leerten sie hellen, etwas gl&nzenden Kot, aber 1—2 Tage vor dem Tode 
hatte dieser nicht mehr Kugelform, sondern trat cylindrisch gestaltet 
aus dem Rectum. 

Bei der Nekroskopie wurdeu die gleichen Ver&n derun gen angetroffen, 
wie bei den beiden Kaninchen, die der Immunisation unterworfen worden 
waren. 

Abschw&chung. 

Vor kurzem wollte ich feststellen, ob der Keim, der ungef&hr 
5 Monate lang in Agar als Saprophyt gelebt hatte, und w&hrend dieser 
Zeit im Dunkeln bei etwa 20° gehalten worden war, nichts von seiner 
Virulenz eingebiiBt babe. 

Ich Qbertrug ihn zu diesem Zwecke in Bouillon und injizierte 
jungen Meerschweinchen 1 ccm einer 24-stQndigen Kultur. 

Das Resultat war, dafi die Meerschweinchen nicht mehr, wie es bei 
den ersten Experimenten geschah, in 18—20 Stunden, sondern erst nach 
3—5 Tagen zu Grunde gingen. 

Dies tut dar, dad der Keim durch Weiterzflchtung auf einem kflnst- 
lichen N&hrboden eine Abschwfichung in seiner Virulenz erfahren hat. 

* * 

* 

So viele Nachforschungen ich auch in Btlchern und wissenschaft- 
lichen Journalen machte, fand ich doch nichts, was auf einen Bacillus 
hindeutete, der sich mit dem hier von mir beschriebenen identifizieren 
lieBe. Ich halte ihn deshalb fflr eine neue Species und habe ihm, zu 
seiner Charakterisierung, mit Bezug auf das Tier, von welchem ich ihn 
in Reinkultur erhielt, den Namen Bacillus caticida gegeben. 

* * 

♦ 

Den Herren Proff. Sclavo und Ottolenghi, die mir bei vor- 
liegender Arbeit mit Rat und Tat an die Hand gingen, sage ich meinen 
aufrichtigsten Dank. 


Nachdruck verboten. 

Weitere Untersuchungen zur Kenntnis der Symptome und 
Prophylaxe der experimentellen Lyssa, 

[Mitteilung aus dem Institute fflr allgemeine Pathologie und Therapie 
der kdnigl. ungar. Franz -Josef-Universit&t Kolozsv&r 
(Direktor: Dr. Josef v. L6te, o. 6. Prof.)] 

Von Dr. Daniel Konr&di, Assistenten. 

In einer vorlfiufigen Mitteilung 1 ) berichtete ich flber Untersuchungen, 
die den Zweck hatten, experimented zu erforschen, ob es nicht gelingen 
wflrde, mit lokaler Behandlung, die in kurzer Zeit nach der Infektion 
folgt, den Ausbruch der Lyssa zu verhindern. 


1) Gentralbl. 1 Bakt. Abt L Orig. Bd. XXXHI. 1903. 


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Konrddi, Weitere Untersuchungen zur Kenntnis der experimentellen Lyssa. 195 


Die Untersuchungen, in denen beabsichtigt wurde, die Verhaltnisse . 
der natilrlichen Infektion experimentell nachzuahmen, wurden folgender- 
mafien geordnet: 

Es wurde die Ohrspeicheldrfkse eines an experimenteller Wut ein- 
gegangenen Hundes unter alien Kautelen zerschnitten, mit wenig 0,6-proz. 
NaCl-Losung zerrieben und dann durch ein Tuch gepreBt. Mit diesem 
Saft wurden die Versuchstiere infiziert. 

Nach Abrasieren der Haare wurde die Haut des Oberschenkels ohne 
vorlSufige Desinfektion skarifiziert, wobei dafflr gesorgt wurde, daB an 
der Skarifikationsstelle kein Blut hervorquoll. Es wurde ein in Speichel- 
drflsensaft getauchter Pinsel einmal fiber die Infektionsstelle gestrichen, 
dann nach bestimmter Zeit mit 1-prom. Sublimatldsung gut ausgewaschen, 
schliefilich nach der grflndlichen Desinfektion mit einem Verband ver- 
sehen. 

Im ganzen wurden 13 Kaninchen in der beschriebenen Weise in¬ 
fiziert, wovon 3 zur Kontrolle blieben, da sie gar nicht behandelt wurden. 

Die behandelten Tiere blieben am Leben, die nicht behandelten 
gin gen an typischer Wut ein. 

Es war bei alien 3 Kontrolltieren sowohl die Dauer der Inkubation 
als auch die des Stadium morbi auffallend lang. Das Stadium incu- 
bationis dauerte 174, 177 bezw. 289, das Stadium morbi 12, 24 resp. 
40 Tage. 

Damals zog ich den praktischen Schlufi, daB es auch beim Menschen 
gelingen wttrde, im Falle kleinerer Verletzungen mit einer innerhalb 
10 Minuten unternommenen Lokalbehandlung den Aus- 
bruch der Wutkrankheit zu verhindern, was in der Praxis, 
besonders bei Laboratoriumsinfektionen, von der grfiBten Bedeutung sein 
dflrfte. 

Aus diesem Grunde wurden die Untersuchungen in derselben Weise 
wie zuerst fortgesetzt, urn die Zeit zu erforschen, binnen welcher mit 
einer Lokalbehandlung Erfolg erreicht werden kdnnte. 

Die Versuche zerfallen in 2 Gruppen. In der I. Untersuchungs- 
reihe wurde die Haut des Oberschenkels, in der II. die Nasenspitze 
skarifiziert und nach der Infektion lokal behandelt. 

I. 

Am Oberschenkel wurden 23 Kaninchen infiziert am 25. November 
1902. Diese sind in der folgenden Tabelle angefflhrt 

Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daB die Infektionsstelle des Kanin- 
chens No. I nach 11, die des No. II, III—XX nach 12, 13—30 Minuten 
lokal behandelt wurde. Kaninchen No. XXI und XXII blieben zur 
Kontrolle, sie wurden nicht behandelt. Das Kaninchen No. XXIII wurde 
subdural geimpft und ging nach 12 Tagen an typischer Wut ein, womit 
ich mich fiber die Reinheit des Infektionsstofifes nicht nur durch Aus- 
saaten auf Agar-Agar, sondern auch durch das Tierexperiment flberzeugen 
konnte. Dieses Experiment zeigt auch die Virulenz des Virus, das zur 
Infektion diente. 

Ich muB auch zugleich bemerken, daB diese Tiere an einem sepa- 
raten Orte lebten, wo andere nicht hinkommen konnten, und daB alle 
mit einem sicher kennbaren Zeichen versehen waren. 

Die Infektionsstelle heilte bei alien Tieren ohne eine fremde In¬ 
fektion, die Haare wuchsen wieder und sie ffihlten sich so wie die ge- 
sunden. 

13* 


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196 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

TabeUe I. 


Nummer des 
Kaninchen* 

Korpergewicht 

(Gramm) 

Zeit der Lokal- 
beh&ndlung 

Besultat 

a 

i 

1900 

nach 11 Minuten 


Bleibt am Leben 

ii 

2100 

77 

12 

77 


77 

77 

77 

in 

1700 

77 

13 

77 

t an 

Wut nach 465 Tagen 

IV 

1400 

77 

14 

77 


Bleibt 

am 

Leben 

V 

2000 

U 

15 

77 


77 

>i 

77 

VI 

1600 

77 

16 



77 

77 

77 

VII 

2700 

77 

17 

77 


77 

77 

77 

VIII 

2900 

77 

18 

77 


77 

77 

7> 

IX 

2300 

77 

19 

77 


77 

77 

77 

X 

1500 

77 

20 

77 


77 

77 

77 

XI 

1900 

77 

21 

77 


77 

77 

77 

XII 

2400 

77 

22 

77 


77 

77 


XIII 

1800 

77 

23 

77 


77 

7/ 

77 

XIV 

2200 

77 

24 

77 


77 

77 

77 

XV 

1700 

77 

25 

77 


77 

77 

77 

XVI 

1400 

77 

26 

77 


77 

77 

77 

XVII 

1900 

77 

27 

77 


77 

77 

77 

XVIII 

1300 

77 

28 

77 


77 

)7 

77 

XIX 

1500 

77 

29 

77 


77 

77 

77 

XX 

1500 

77 

30 

77 


77 

77 

77 

XXI 

1600 

Kontrolltier 

t an 

Wut nach 412 Tagen 

XXII 

1700 


77 


+ » 

77 

77 

424 „ 

XXIII 

1500 

subdural geimpft 

t „ 

M 

77 

12 „ 


Das Kontrolltier No. XXI ist am 404. Tage nach der Infektion 
traurig, frifit nicht, zittert, der Hinterleib ist schwach, bald folgt eine 
L&hmung der Hinterbeine. Das Tier geht nach einer Krankheitsdauer 
von 8 Tagen zu Grunde. Gewichtsverlust um den dritten Teil des ur- 
sprflnglichen. Die Sektion zeigte au&er der groBen Magerkeit und 
Hyper am ie des Gehirns nichts Auffallendes. Die aus dem Gehirn an- 
gelegten Aussaten blieben steril. 2 mit seinem verlfingerten RQcken- 
marke unter die harte Hirnhaut geimpften Meerschweinchen gingen nach 
20-tfigiger Inkubation und 4-tagiger Krankheit an typischer Wut ein. 

Das zweite Kontrolltier, Kaninchen No. XXII zeigt 415 Tage nach 
der Infektion dasselbe Bild und geht nach einer Krankheitsdauer von 
9 Tagen an typischer Wut ein. Die von diesem Tiere subdural ge¬ 
impften Meerschweinchen erkrankten nach 21 Tagen an Wut und gingen 
binnen 5 Tagen zu Grunde. 

Die behandelten Kaninchen waren zu dieser Zeit noch alle gesund. 

Am 25. Februar 1904, also nach 456 Tagen, bricht beim Kaninchen 
No. Ill, dessen Wunde nach 13 Minuten behandelt wurde, die Wut aus 
und totet das Tier nach einer Krankheitsdauer von 9 Tagen. Die mit 
seinem Rhckenmarke geimpften Meerschweinchen bekommen die Wut 
nach 18 Tagen und gehen nach 3, resp. 2 Tagen daran zu Grunde. 

Die hbrigen behandelten Kaninchen sind nach 700 Tagen ge¬ 
sund, sie nahmen an Gewicht zu und vermehrten sich auch. 

II. 

An der Nasenspitze wurden 15 Kaninchen infiziert am 1. Dezember 
1902. Diese sind in der TabeUe II angefflhrt. 

Wie diese Tabelle beweist, wurde die Infektionsstelle des Kanin- 
chens No. I nach 3, diejenige des No. II, III—XIII nach 4, 5—15 Mi¬ 
nuten lokal behandelt. Die Kaninchen No. XIV und XV blieben zur 
Kontrolle, sie wurden nicht behandelt. 


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Konrddi, Weitere Untereuchungen zur Kenntnis der experimentellen Lyssa. 197 


Tabelle II. 


Nuramer des 
Kaninchens 

Korpergewicht 

(Gramm) 

Zeit der Lokal- 
behandlung 

Resultat 

i 

1400 

nach 3 Minuten 

Bleibt am Leben 

ii 

2000 

„ 4 „ 

f an Wut nach 382 Tagen 

in 

2300 

ft ^ ft 

Bleibt am Leben 

IV 

2500 

ft b ,y 

tt tt it 

V 

2400 

7 „ 

tt ft tt 

VI 

2100 

„ 8 

tt tt tt 

VII 

1600 

» 9 

tt tt tt 

VIII 

1500 

,» io „ 

tt tt tt 

IX 

2100 

„ 11 

tt tt tt 

X 

1600 

„ 12 „ 

tt tt tt 

XI 

2000 

„ 13 

f an Wut nach 529 Tagen 

XII 

1300 

», 14 

Bleibt am Leben 

XIII 

2100 

ft lb yy 

tt tt tt 

XIV 

1700 

Kontrolltier 

f an Wut nach 453 Tagen 

XV 

1350 

tt 

i* ft ft ft 070 yy 


Das Kontrolltier No. XIV erkrankt 446 Tage nach der Infektion 
an Wut und geht nach 7-tfigiger Krankheitsdauer daran zu Grunde. Von 
den 2 aus diesem subdural geimpften Meerschweinchen ging das eine 
nach 25, das andere nach 29 Tagen unter den typischen Erscheinungen 
der Wutkrankheit ein. 

Das zweite Kontrolltier, Kaninchen No. XV, zittert 412 Tage nach 
der Infektion; die Extremitaten, besonders das rechte Vorderbein, zeigen 
eine spastische Kontraktion. Dieser Zustand dauert weiter, das Zittern 
hingegen nur einige Tage. Am 567. Tage nach der Infektion wird das 
Tier wieder krank, zittert, frifit nicht, bald folgt eine Beckenlahmung 
und das Tier geht binnen 3 Tagen zu Grunde. Das aus demselben 
subdural geimpfte Meerschweinchen ging nach 29 Tagen unter den typi¬ 
schen Symptomen der Wut ein. 

Aus dieser Untersuchungsreihe bekamen die Wut auch zwei be- 
handelte Tiere, nSmlich Kaninchen No. II und XI. Die Wunde des 
ersten wurde nach 4, die des zweiten nach 13 Minuten behandelt. Das 
Stadium incubationis dauerte beim Kaninchen No. II 368, bei No. XI 
507 Tage, das Stadium morbi hingegen 14, resp. 22 Tage. Aus alien 
beiden wurden Meerschweinchen subdural geimpft, welche an Wut er- 
krankten, und zwar nach 26 Tagen die aus Kaninchen No. II infizierten, 
und nach 30 Tagen diejenigen, welche aus No. XI trepaniert wurden. 
Aus Kaninchen No. XI wurde auch unter die harte Hirnhaut von 
Kaninchen geimpft. Dasselbe hat am 11. Tage nach der Infektion 
Fieber, Status febrilis dauert 7 Tage lang. Am Ende desselben ist das 
Tier traurig, frifit nicht, verliert 200 g seines Korpergewichtes, aber 
nach 4-tagiger Krankheit geht es ihm wiederum besser, es frifit, die 
Temperatur ist wieder normal, es erreicht sein urspriingliches Korper- 
gewicht, wird sogar um 300 g schwerer. Am 157. Tage nach der In¬ 
fektion wird es wieder krank und geht jetzt unter den typischen Er¬ 
scheinungen der Wutkrankheit nach einer Krankheitsdauer von 9 Tagen 
zu Grunde. 

Also ein zweiter Fall, bei welchem die ausgebrochene Wut¬ 
krankheit beim Kaninchen ausheilt und sp&ter rezidi- 
viert 


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198 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2. 

Vergleichen wir diese Angaben mit den Erfahrungen, die bei der 
Lyssaforschung gemacht wurden, da wird der grofie Unterschied im 
Stadium incubatiouis und Stad. morbi sehr auffallend. Es sollen vor- 
laufig nur diejenigen Ffille in Betracht genommen werden, iu welchen 
der Iufektionsstoff unter die harte Hirnhaut, also au den empfindlichsten 
Ort, gebracht wurde. Unter solchen Bedingungen erkrankt das Kaninchen 
gewtthnlich nach 12—21 Tagen, das Meerschweinchen etwas frtther an 
Lyssa, welche das Kaninchen binnen 3—5, das Meerschweinchen in 1 
bis 2 Tagen totet. Wie lang sind diese zwei Stadien in den oben er- 
wahnten Untersuchungen. Unwillkfirlich kommt der Gedanke, daB der 
Infektionsstoff im langen Kampfe mit dem tierischen Organismus abge- 
schwScbt wird. 

Um dies zu beweisen, wurde aus dem Marke des Meerschweinchens, 
welches aus Kaninchen No. XI der II. Untersuchungsreihe subdural 
geimpft wurde und bei welchem die Inkubation 16, die ausgebrochene 
Krankheit 14 Tage lang dauerte, unter die harte Hirnhaut von Kaninchen 
und Meerschweinchen weitergeimpft. Das Meerschweinchen ging jetzt 
unter den Erscheinungen der Wut erst nach 33 Tagen zu Grunde, das 
Kaninchen hat am 11. Tage Fieber, ist dann 3 Tage hindurch fieberfrei, 
darauffolgend hat es w&hrend 4 Tage wieder Fieber, bleibt aber am 
Leben. Bei der Weiterimpfung aus dem Meerschweinchensmarke wird 
das Meerschweinchen in der 4. Generation erst nach 55 Tagen wutkrank, 
was deutlich beweist, daB der Ausbruch der Krankheit bei derselben 
Tierspecies fortwShrend immer spfiter eintritt. 

Dieser Umstand war uns nicht unbekannt. Prof. v. Ldte 1 ) hat bei 
2 Untersuchungsserien bewiesen, daB, wenn das Lyssavirus in seiner 
Virulenz derart abgeschw&cht wurde, daB es Kaninchen zu tSten nicht 
mehr im stande ist, in einigen Generationen noch Meerschweinchen 
ttttet, aber schlieBlich verankert das Virus auch in diesen Tieren. 


Nach all diesen Untersuchungen ist die Dauer der Inkubation und 
die des Stad. morbi auffallend lang. Das Stad. incubationis wechselt ja 
zwischen 174 und 570 Tagen, das Stad. morbi kann auch 40 Tage lang sein. 

Die Ursache dieses Umstandes kSnnte man in der kleineren Menge 
des Virus suchen. ErfahrungsgemaB enthalten ja die Speicheldrtlsen eine 
geringere QuantitSt des Lyssavirus als das Zentralnervensystem. Sehr 
interessant sind in dieser Beziehung die Untersuchungen von Roux und 
No card 2 ). Bei demjenigen Meerschweinchen, das mit solchem Speichel 
infiziert wurde, welcher 1 Tag vor der Erscheinung der klinischen Sym- 
tome entnommen war, dauerte die Inkubation 27 Tage, bei dem mit 
2 Tage frtther entnommenen 40, und 55, wenn der Speichel 3 Tage 
frtther entnommen wurde, zum Beweis, daB die Inkubation von der 
Quantitat des Virus abhangt. 

Die Inkubation hangt auch von der Stelle der Infektion ab. Es 
ist ja allgemein bekannt, daB bei Kopfverletzungen die Inkubation kttrzer 
ist, als bei denjenigen der ExtremitBten. 

SchlieBlich spielt bei der Beurteilung solcher Fragen auch bei den 
Versuchstieren die individuelle Empfanglichkeit eine grofie 

1) Zur Kenntnis der experimentellen Hundswut. (Sitzungsbenchte der medizin.- 
naturwisecnschaftl. Sektion dee „Elrd61yi Mdzeum Egylet". Bd. XXV. 1903.) 

2) A quel moment le virus rsbique apparalt-il dans la bave des animaux enragds ? 
(Ann. ae lTnst. Pasteur. T. IV. 1890. p. 163.) 


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Hollack, Die Hflufigkeit der Trematoden bei Rana esculenta Lin. 


199 


Rolle. Auf diese Weise raeine ich erkl&ren zu kftnnen, dafi einige 
frfiher behandelten Kaninchen erkrankten, und dafi die sp&ter behan- 
delten am Leben blieben. Es seien in dieser Beziehung aufier den schon 
in der vorlSufigen Mitteilung erw&hnten Fallen noch einige registriert. 
Bei unserer jetzigen Serie erkrankte in der 66. Generation das eine 
Kaninchen nach 12, das andere erst nach 35 Tagen, in der 71. Gene¬ 
ration derselben Serie bricht die Wut bei einem Kaninchen wieder nach 
12 und beim anderen nicht einmal nach 105 Tagen aus. 

Konklusion. 

1) Den Ausbruch der Wutkrankheit kann man mit einer Lokal- 
behandlung verhindern. 

2) Diese Lokalbehandlung mufi bei Verletzongen der Extremit&ten 
innerhalb 12, bei Gesichtswnnden binnen 3 Minuten folgen, kann aber 
auch nach 30 Minuten von Nutzen sein. 

3) Die Lyssa kann auch rezidivieren, wie die anderen Infektions- 
krankheiten. 

4) Das Lyssavirus scheiut im schweren Kampfe mit dem tierischen 
Organismus in seiner Virulenz abgeschw&cht zu werden. 

5) Die individuelle Empftnglichkeit soli auch bei Laboratoriums- 
untersuchungen in Betracht genommen werden. 

Kolozsv&r, am 28. Oktober 1904. 


Nachdruck verboten. 

Die Haufigkeit der Trematoden bei Rana esculenta Lin. 

[Aus dem zoologischen Museum zu KSnigsberg i. Pr.]. 

Von Johanna Hollack. 

Im 64. Jahrgang des Archivs for Naturgeschichte Bd. 1, p. 69 hat 
Dr. Mhhling eine Tabelle, betreffend die Hfiufigkeit der in Rana escu¬ 
lenta Lin. vorkommenden Parasiten, ver6ffentlicht. 

Im November vorigen Jahres untersuchte ich auf Veranlassung von 
Herrn Prof. Dr. Braun sowohl Rana esculenta Lin. als auch I2ana 
arvalis Nils. = Rana temporaria Lin. auf das Vorkommen von Parasiten; 
von der letztgenannten Species kann ich jedoch keinen Prozentsatz far die 
in Frage kommenden Helminthen angeben, da nur drei Exemplare zur 
VerfOgung standen. Gleich das erste Individuum dieser Art besafi zwei 
aufiergewohnlich zahlreich bevolkerte Lungensacke; in der einen Lunge 
waren n&mlich 32 und in der anderen 23 Exemplare von Haplometra 
cylindracea (Zed.). S&mtliche von mir untersuchten FrSsche waren An- 
fang November gefangen und stammten aus der Umgegend von Fisch- 
hausen (Ostpreufien). 

In 83 Exemplaren von Rana esculenta Lin. fand ich: 

Echinorhynchus ranae Schrank = 

Echinorhynchus haeruca Rad., nec. 

Lam. 54mal = 67,4 Proz., im ganzen 199 Individuen 


Pleurogenes elaviger (Rud.) 47 „ = 56,7 „ „ „ 110 

Diplodiscus subdavatus (Rud.) 44 „ =53 ,, „ „ 129 

Oorgodera cygnoidee (ZecL) 41 „ = 49,4 „ „ „ 95 

OpUtkioglyphe endoloba (Duj.) 25 „ -■ 30,1 „ „ „ 57 

Prosotocus confu&us (Lsa.) 25 „ 30,1 „ „ „ 74 


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200 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Pneumonoecet variegatus (Rud. e p.) 


Lss. em. 

20mal 

= 24 Proz., im 

ganzen 

78 

Individuen 

Halipegus ovocaudatus (Vulp.) 

17 ,, 

= 20,7 

II If 

if 

68 

» 

Pncumonoeces similis Lss. 

16 „ 

= 19,2 

If If 

n 

41 

ii 

Pleurogenes medians (Olss.) 

13 „ 

= 15,6 

If If 

if 

31 

i> 

Brandesia turgida (Brand.) 
Nematoxys omatus Duj. 

6 „ 

1 „ 

= 7 
= 1,2 

If If 

1) If 

»i 

i> 

15 

1 

>i 

»i 


Bei dieser Untersuchung fiel mir auf, daB die Darratrematoden, aus- 
genoramen Prosotocus confusus (Lss.), entgegen der Erwartung durchweg 
jflngere Exemplare waren, was wohl auf eine erst kurz vor dem Fang 
erfolgte Infektion hinweist. Bemerkenswert ist auch der groBe Unter- 
schied der Nematodenfauna der von mir und vonMflhling gegebenen 
Tabellen, wahrend Mtihling 40 Proz. Nematoden konstatierte, habe ich 
iiberhaupt nur 2 Exemplare gefunden: ein Weibchen von Nematoxys 
omatus Duj. im Enddarm und einen anderen Nematoden, anscbeinend 
eine Filaria, encystiert an der Wandung der Harnblase. Bezflglich 
anderer encystierter Parasiten kann ich Angaben nur iiber Codonocephalus 
mutabilis Dies, machen; derselbe war in Rana esculenta 44mal = 53 Proz. 
vorhanden. Ueber die Haufigkeit bezw. die Zahl der von mir gefun- 
denen Helminthen gibt folgende Tabelle AufschluB. 

Bei einem Exemplar von Rana esculenta Lin. fanden sich: 



nn 

• 00 










Name 

Durch- 

-Q - 

IStck. 

2Stck. 

3Stck. 

4Stck. 

5Stck. 

UStck. 

7Stck. 

8Stck. 

ferner noch 


schnitt 

•O w 










Echinorfiynchns ranae 

3,6 St l7St 

lOmal 18mal 

9 mal 

3 mal 

7 mal 

4 mal 


— 

2mal 9 Stck., 2mal 
10 Stck u. lmal 












17 Stck. 

Pleurogenes claviger 

2,3 „ 

7 ,, 

21 „ 

9 „ 

7 „ 

7 „ 

3 ,, 

— 

lmal 

— 


Diplodiscus subclavatus 

2,9 ,, 

10 „ 

10 „ 

12 „ 

12 „ 

5 „ 

3 „ 

— 

2 „ 

— 

lmal 10 Stck. 

Gorgodera cygnoides 

2,3 „ 

8„ 

17 „ 

12 „ 

6 „ 


3 „ 

1 „ 

1 » 

lmal 


Opisthioglyphe endoloba 

2,6 „ 

7,, 

11 „ 

7 „ 

3 „ 

1 „ 


2 „ 

1 „ 

— 


Prosotocus confusus 

2,9 „ 

8 „ 

10 „ 

2 „ 

5 „ 

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1 „ 

2 „ 


Pncumonoeces variegatus 

3,9 „ 

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9 


1 ,, 

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11 Stck. u. lmal 












20 Stck. 

Halipegus ovocaudatus 

4 „ 

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4 ,, 

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4 „ 

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lmal 16 Stck. 

Pncumonoeces similis 

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Pleurogenes medians 

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11 „ 

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lmal 11 Stck. 

Brandesia turgida 

2,5 „ 

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1 ,, 

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1 „ 

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— 



Nachdruek verboten, 

Ueber den Einfluss des Aethylalkohols auf die Bildung 
von agglutinierenden Stoffen bei Kaninchen 

nach intravenflser Impfung mit 51. pyogenes aureus Oder mit 

B. typhl. 

[Aus dem hygienischen Laboratorium des k8nigl. karol. med-chirurg. 

Institutes von Stockholm.] 

Von Germ und Wirgin, Stockholm. 

Von den Aerzten wird fast einstimmig anerkannt, daB der chronische 
Gebrauch von Alkohol auf den Lauf infektidser Krankheiten einen 
ungunstigen EinfluB ausiibt, eine AufFassung, die durch die Unter- 


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Wirgin, EinfluB des Aethylalkobols auf die Bildung von agglut Stoffen etc. 201 


sachungen von Laitinen 1 ) u. a. experimentelle Stiitzen gewonnen hat. 
Fast ebenso einig ist man in der Ansicht von einer guns ti gen Ein- 
wirkung des Alkohols, wenn derselbe als einmalige Oder wenige Mai 
wiederholte Dose bei gewissen akuten Infektionskrankheiten gegeben 
wird. Letztere Ansicht wird gestfitzt sowohl von den Beobachtungen 
vieler Aerzte als von allgemeiner Erf ah rung. Mehrmals hort man namlich 
Laien erzfihlen, wie ein anfangender Schnupfen, Influenza oder dergl. 
durch eine einmalige, ziemlich grofle Alkoholdose unterdrflckt worden sei. 

Auf dem Kongresse fflr Hygiene und Demographie in Brfissel Sept. 
1903 hat Friedberger 2 ) Qber eine vergleichende Untersuchung fiber 
die Bildung von Choleraambozeptoren bei alkoholisierten und nicht 
alkoholisierten Kaninchen berichtet. Die Versuchstiere wurden mit 
Vjoo—V coo Oese bei 60° C abgetfiteten Cholerakulturen geimpft. Der 
Alkohol wurde in 30-proz. Losung mit der Schlundsonde in den Magen 
gegeben. Die Grfifle der Alkoholdosen wird als klein bezeichnet. 
Pfeiffer 3 ), welcher diese Versuche von F. erwfihnt, spricht sich 
folgendermafien aus: „ Auffallig begfinstigt wurde die Immunkfirper- 
produktion durch einmalige Verabfolgung von zwar berauschend, aber 
noch nicht toxisch wirkenden Alkoholdosen vor oder gleich nach der 
intravendsen Injektion des Vaccins. u Am 8. Tage nach der Irapfung 
wurde der bakteriolytische Titre der Sera nach Pfeiffers Methode 
untersucht. Die einmalige Darreichung von Alkohol vor der Impfung 
erhohte das bakteriolytische Vermfigen des Serums um 2,5mal im Ver- 
gleich mit dem gleichen Vermfigen der Sera von Kontrolltieren. (Wieder¬ 
holte Alkoholgaben setzten den Ambozeptorengehalt des Serums durch- 
schnittlich bis zu Vl6 des Serums der nicht alkoholbehandelten Kontroll- 
tiere herab.) 

Durch diese Studien von Friedberger veranlaBt, habe ich mir 
folgendes Thema vorgelegt: Wird die Bildung agglutinierender 
Stoffe bei Kaninchen, die mit Micrococcus pyogenes aureus 
oder mit Typhusbakterien geimpft worden sind, voneiner 
nachfolgenden Darreichung von Alkohol beeinfluflt? Die 
Kaninchen desselben Versuches wurden von mfiglichst gleichem Gewicht, 
Alter, Geschlecht und gleicher Rasse ausgewfihlt. Die Impfungen wurden 
in einigen Versuchen mit einer Kultur von M. pyogenes aureus, 
die etwa 1 Monat vor meinem ersten Versuche aus dem Eiter eines 
Panaritium isoliert worden war, in anderen Versuchen mit Typhus¬ 
bakterien (Typhus III des hygienischen Laboratoriums) vorgenommen. 
Die 24-stfindigen Kulturen wurden in Kochsalzlosungen von 0,8 Proz. 
emulgiert, wurden nachher durch Erwfirmung im Wasserbad von 75° C 
wfihrend 20—30 Minuten abgetfitet. 1 ccm der Emulsion (etwa einer 
Oese der Kultur entsprechend) wurde dem Kaninchen in eine Ohrvene 
eingespritzt. Der Alkohol wurde in 10-proz. Mischung mit Wasser dem 
Kaninchen mit Schlundsonde in den Magen eingegossen. Dem Kontroll- 
kaninchen wurde auf dieselbe Weise die gleiche Menge von Leitungs- 
wasser gegeben. Der Alkohol wurde teils unmittelbar nach der Impfung, 


1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXXIV. 1900. p. 206. 

2) Friedberger, E., Ueber den EinfluB dee Alkohols und der Mischvaccination 
auf die Intensitat der Choleraambozeptorenbildung beim Kaninchen. (Congrbs intern, 
d’hygibne et de demographie Bruxelles. 1903, Sept.) 

3) Pfeiffer, Mode d’action et origine des substances actives dee serums prevendfs 
et des serums andtoxiques. (Rapport a Congrfes intern, d’hygiene et de demographie 
Bruxelles. 1903, 2.—8. Sept.) 


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202 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


toils nach einem Oder mehreren Tagen gereicht. Nach Baer 1 ) ruftder 
Aethylalkohol in der Dose von 2,4—4,1 g pro kg KOrpergewicht beim 
Kaninchen nur geringe LShmungssymptome und mfiBige Herabsetzung 
der Sensibilit&t hervor; erst 6,25—7,44 g pro kg verursachten grdfiere 
L&hmungen und Exitus letalis. Die Alkoholdose wurde in meinen Ver- 
suchen auf hochstens 1 g pro kg bemessen. Dieselbe Dose wfirde far 
einen Menschen von 70 kg Kbrpergewicht der Alkoholmenge in y 8 1 
scbwedischen Punsches, in einer Flasche (660 g) Bordeauxwein oder 
in etwa 6 Schnapsen entsprechen. In der erwahnten Dose warden diese 
alkoholischen Getranke — auf einmal genomraen — beim Menschen 
sicherlich eine kraftige Alkoholwirkung verursachen, wenn auch die 
Toxizitat der Dose als nicht besonders groB anzusehen ist. Von dieser 
Dose von 1 g pro kg wurde das Kaninchen etwas berauscht, wurde 
schiafrig, fraB nicht, bewegte sich wenig und trage. — In einigen Ver- 
suchen wurde mit geringeren Alkoholmengen von y 2 , y 4 und l /io g 
pro kg Kaninchengewicht probiert. — Kleine Aderiasse um etwa 1 ccm 
wurden aus einer Ohrvene zwecks Serumgewinnung teils vor der Impfung, 
toils ein oder mehrere Mai nachher gemacht. Das Serum wurde nach 
24-standiger Aufbewahrung des AderlaBblutes im Eisscbranke abpipettiert. 

Agglutinationsmethode I. Die Prafung des agglutinierenden 
VermOgens der Sera wurde mit 24-standigen Kulturen und ausschlieBlich 
makroskopisch vorgenommen. Es wurden mehrere VerdBnnungen der 
Sera gemacht und 1 ccm aller Verdannungen in schmale, etwa 3 ccm 
fassende ReagenzglSser gegossen. In jeder Probe wurde eine Oese von 
der betreffenden Kultur emulgiert. Beobachtung der im Brutschranke 
bei etwa 37° aufbewahrten Proben nach etwa 1 Stunde und nach etwa 
24 Stunden. Kontrollemulsionen in 0,8-proz. Kochsalzlosung. Agglu¬ 
tination positiv, wenn anfangende FlOckchenbildung durch Lupe nach 
1 Stunde nachweisbar war und die Probe nach 24 Stunden entweder 
ganz klar oder grSfiere, scharf begrenzte Fldckchen in klarer Flussigkeit 
enthielt. 

Agglutinationsmethode II. In anderen Versuchen wurde 
die Agglutination in Tropfchen der Serumverdannungen auf Objekt- 
giasern ausgefahrt. Es wurde eine etwas trObe Emulsion der Bakterien 
in dem Tropfen gemacht und die Agglutination als positiv betrachtet, 
wenn innerhalb 2 Minuten in der Emulsion deutliche Gerinnung — 
scharf begrenzte Flockcben in klarer Flhssigkeit — auftritt. Diese 
Methode gibt natarlich niedrigere Werte des Agglutinationsvermbgens 
der Sera als die vorher erw&hnte Methode. Der Gefahr der Verwechse- 
lung mit Pseudoagglutination war unschwer zu entgehen. 

Betrefifs der Bildung von agglutinierenden Stoffen im Blute von 
Kaninchen ist durch die Untersuchungen von Madsen und JOrgensen 2 3 * ) 
und Levin 8 ) nachgewiesen, daB nach einmaliger Impfung mit Typhus-, 
Cholera- und C o 1 i - Bakterien ihre Menge sich die ersten Tage nach 
der Impfung wenig vermehrt, sich dann steigert, um gewdhnlich den 
9.—11. Tag nach der Impfung die hochste Spitze der Kurve zu erreichen. 


1) Baer, Beitrag zur Kenntnis der akuten Vergiftung mit verschiedenen Alkoholen. 
(Arch. f. Anat. u. Physiol. Bd. XXII. 1898. p. 283.) 

2) J3rgensen, Axel and Madsen, Thorvald, The fate of typhoid and 
cholera agglutinins during active and passive immunisation. VI. (Salomonsens Festskr. 
Kopenhagen 1902.) 

3) Levin, Ernst, Coli agglutinins and their course of formation. VII. (Salo- 

monsens Festskr. Kopenhagen 1902.) 


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Wirgin, EinfluB des Aethylalkohols auf die Bildung von agglut Stoffen etc. 203 


Aehnliches habe ich fttr die Sera von Kaninchen, die mit Pyogenes 
resp. Typhus geimpft worden waren, gefunden. Als die Sache schon 
vorher fast fertig war, habe ich nur 2 Kaninchen in dieser Beziehung 
von Tag zu Tag untersucht. 


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Ohne weiteres geht aus der Tabelle I hervor, daB der Gehalt des 
Blutes an Agglntininen den 8. Tag nach der Impfnng denjenigen der 
Tage vor und nach diesem Tage bedeutend fibertrifft. Die Form der 
Kurve, welche in diesen Fallen die Steigerung der Agglutininbildung 
veranschaulichen sollte, verl&uft nicht ganz so, wie die Kurve in fruheren 
Untersnchungen anderer Forscher. Das beruht vielleicht auf UnShnlich- 
keiten der Agglutinationsmethoden. Das wichtige Detail haben meine 


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llVersuchs-No.l 


204 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Kurven mit denjenigen anderer Autoren flberein, daB sie am 8. Tage 
ihre hochste Spitze zeigen. 

In meinem ersten Versuche fiber das vorliegende Thema schien die 
einmalige Alkoholdose die Bildung von agglutinierenden Stoffen ganz 
bedeutend zu steigem. Am 8. Tage nach der Impfung war namlich der 
Wert des agglutinierenden Vermogens beim alkoholisierten Kaninchen 
1 : 1200, wfihrend das Serum des Normalkaninchens ein agglutinierendes 
Vermogen von 1 : 600 darbot. Eine derartige relative Steigerung des 
Agglutinationsvermogens nach Alkoholdarreichung hat in den folgenden 
Versuchen sich nicht wiederholt. Ich bin deshalb geneigt, dieses Ver- 
halten des Serums beim alkoholisierten Kaninchen als von individuellen 
Verhaltnissen abhangig anzusehen; das Tier litt an einer Seborrhoe- 
ahnlichen Hautkrankheit mit Schtippchenbildung und Ausfall der Haare. 
Im Versuche waren die Anordnungen fur die beiden Versuchstiere, von 
der Alkoholdose abgesehen, gleich. 

In den nachstfolgenden Versuchen scheint der Alkohol gar keine 
Oder sogar eine ungfinstige Einwirkung auf die Agglutininbildung gehabt 
zu haben, wie aus der Tabelle II ersichtlich ist. 


Tabelle II (Agglutinationsmethode I). 

Die Alkoholdose wurde unraittelbar nach der Impfung gegeben. 



+3 

a 






* 6 

rP 

V 

'% 

0 

■a 




Agglutinations vermogen 


OL 

8 

3 

Alkoholdose 

Tag der Impfung 


I 


G 

<1 




des Serums vor 

am 7. Tage nach 


der Kaninchen 




der Impfung 

der Impfung 

,10 

1450 

weifi 9 

kein Alkohol 

14. I. 04 

Pyogenes 

1:10+ 1:20 — 

1:320 + 1:640 — 

11 

1480 

>» + 

V* g P r <> k g 

14. I. 04 


1:20+ 1:40 — 

1:320 + 1:640 — 








am 8. Tage nach 








der Impfung 

12 

2550 

grau $ (belg.) 

kein Alkohol 

23. I. 04 


1:160 + 

1:1600+ 1:2560 — 

13 

3150 

weifi (J (belg.) 

7* g pro kg 

23. 1. 04 


1:80 j 

1:320 + 1:800 — 








am 6. Tage nach 

13 

2950 

wei6 (belg.) 

kein Alkohol 

2. 11. 04 

)) 

1:800 — 

der Impfung 
1:2000+ 1:3000 — 

12 

2500 ; 

grau 3 (belg.) 

1 g pro kg 

2. II. 04 


1:1000 + 

1:1000+ 1:1500 — 


Eine begiinstigende Einwirkung der einmaligen Alkoholgabe 
von V 2 g P r0 kg auf die Agglutininbildung des Blutes scheint in Ver- 
such 5 ganz ausgeschlossen. Wenn der Alkohol einen EinfluB in dieser 
Beziehung ausgefibt hat, so ist es ein ungiinstiger. Die agglutinierende 
Kraft des Normalserums des alkoholisierten Kaninchens (11) ist ur- 
sprtinglich etwas hoher als diejenige des Kontrollkaninchens (10), zeigt 
jedoch am 7. Tage nach der Impfung nur die gleiche Hohe wie diese. 
In dem folgenden Versuch 7 (Tabelle II) tritt eine deutlich ungunstige 
Einwirkung der Alkoholgabe von V 2 S P ro kg hervor. 15 Tage vor dem 
Versuch 7, den 8. Januar 1904, hatte ich beide Kaninchen No. 12 und 13 
auf die gleiche Weise mit Pyogenes geimpft; in demselben Versuch 
hatte No. 12, das jetzige Kontrollkaninchen, Alkohol nicht bekommen; 
Kaninchen No. 13 war V 2 g Alkohol pro kg gegeben worden. Leider 
hatte ich nicht Gelegenheit, die Agglutininbildung nachher zu prfifen. 
Dieses urn die nunmehr relativ hohen Werte der Sera zu erklfiren. DaB 
die Agglutininbildung beim alkoholisierten Kaninchen geschwScht ist, 
ist ganz deutlich. Man konnte vielleicht vermuten, daB Kaninchen No. 13 


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Veraucha-No. 


Wirgin, Einflufl des Aethylalkohols auf die Bildung von agglut Stoffen etc. 205 

von Natur aus ein geringeres Vermogen besaB, agglutinierende Stoffe 
im Blute zur Entwickelung kominen zu lassen. Der folgende Versuch 8 
(Tabelle II) widerspricht dieser Annahme und bringt die gleiche 
schwachende Wirkung von einer maBigen Alkoholdose noch einmal zum 
Vorschein. 10 Tage nach der im Versuch 7 (Tabelle II) erwahnten 
Irapfung wurden namlich die beiden Versuchstiere No. 12 und 13 wieder 
mit Pyogenes geimpft. Kaninchen No. 13, dem im vorigen Versuche 
Alkohol gegeben worden war, wurde nun als Kontrollkaninchen beuutzt, 
und das friihere Kontrollkaninchen wurde alkoholisiert. Die geringere 
Agglutininbildung beim alkoholisierten Kaninchen kommt deutlich zum 
Vorschein. Beide Versuchstiere No. 12 und 13 haben also ohne Alkohol 
eine viel kraftigere Anreicherung der Agglutinine als wenn Alkohol in 
der Dose von Vs und 1 g pro kg gegeben wurde, gezeigt. 

In den bisherigen Versuchen wurde der Alkohol den Tieren un- 
mittelbar nach der Impfung gegeben. Moglich ware, dafi der Alkohol 
weniger gflnstig gewirkt hat, weil er gegeben wurde, ehe sich das Tier 
von dem Schw&chezustande, der von der intravenosen Impfung wahr- 
scheinlich verursacht wird, erholt hatte. In den zwei folgenden Ver¬ 
suchen 9 und 10 (Tabelle III) wurde der Alkohol am friihesten den 
Tag nach der Impfung gegeben. Alle die in den zwei untenstehenden 
Versuchen geimpften Kaninchen waren Iriiher mit Pyogenes vacciniert 
worden und hatten alle Alkohol schou 1—3mal vorher bekomraen. Etwa 
6 Wochen waren aber vertlossen, seitdem die letzten geimpft worden 
waren und Alkohol bekommen hatten. 


Tabelle III (Agglutinationsmethode I). 


8 

55 

1 

00 

J3 

c. 

l 

« 

> 


§ 

~ 

co 

CD 

3 

< 

der Kaninchen 

Gewicht 
17. III. 04 

Gewicht 

31. III. 04 

Tag der 
Impfung 

Alkoholdose 

Tag nach 
der 

Impfung 

Agglut 

unmittelbar 
vor der 
Impfuug 

ination 

8 Tage nach 
der Impfung 

9 

13 

weifl (belg.) 

3000 

2950 

18. III. 04 

kein Alkohol 


1 :200-1 


1:1000 + 


12 

grau (belg.) 

2600 

2600 

18. III. 04 

1 g pro kg 

3. Tag 

1:200 q 

2 • 

1:1000 + 

10 

5 

weifi 

1600 

1600 

18. III. 04 

kein Alkohol 


1 :200 + 

1:1000 + 


6 

weifl mit schwar- 






“ 





zen Flecken 

1700 

1650 

18. III. 04 

1 g pro kg 

1 . „ 

1:200 + 

1: 500 + 


7 

weifi 

1800 

1600 

18. III. 04 

I >» l> M 

5. „ 

1:200 + 

1: 500 + 


8 

weifi 

1700 

1700 

18. III. 04 

1 M >1 »» 

7. „ 

1:300 J 

1:1000 + 


Aus den in der obenstehenden Tabelle angefiihrten Versuchen 
scheint mir klargelegt zu werden, daB die einmalige Alkoholgabe von 
1 g pro kg bei keinem von den Versuchstieren dieagglutininbildende 
Kraft wenigstens befordert hat. Wenn man den Versuch 10 ansieht, 
scheint sogar eine sch&digende Einwirkung der Alkoholdose nicht ab- 
gesprochen werden zu konnen. Die agglutininbildende Energie ist be- 
sonders bei den beiden Versuchstieren vermindert, welche den Alkohol 
am friihesten nach der Impfung bekommen hatten. Der Alkohol scheint 
also bei keinem von den Versuchstieren einen stimulierenden EinfluB 
auf die Agglutininbildung ausgeiibt zu haben; er scheint aber weniger 
geschadigt zu haben, je sp&ter nach der Impfung er gegeben wurde. 

Bisher habe ich nur von Versuchen berichtet, wo eine einmalige 
Alkoholdose den Versuchstieren gegeben wurde. Ich habe auch einen 
Versuch gemacht, um die Wirkung mehrerer Alkoholgaben auf die 


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206 


Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Agglutininbildung nach der Impfung mit Pyogenes-Kokken zu er- 
forschen (siehe Tabelle IV). 


Tabelle IV (Agglutinationsmethode I). 


6 

i 

a 

30 

6 

> 

1 



Tag der 
Impfung 


Agglutination 

1 No. 

! 

Farbe 

Gewicht 

Alkoholdose 

vor der 
Impfung 

am 7. Tage 
nach der 
Impfung 

6 

10 

weifi $ 

1450 

26. I. 04 

kein Alkohol 

1:200 + 

1:1280 + 






1:300 — 

1:1600 — 


11 

„ ? 

1500 

26. I. 04 

1 g pro kg unmittel- 

1:200 + 

1: 640 + 






bar nach der Im¬ 

1:300 — 

1 : 800- 

j 

i 




pfung; die gleiche 
Dose noch 5mal 








wahrend d. nachsten 








| 5 Tage 




Der erhebliche Unterschied an agglutinierender Kraft bei dem 
wiederholt alkoholisierten Kaninchen und beim Kontrollkaninchen geht 
ohne weiteres aus der Tabelle hervor. Der sch&digende Einflufi des 
Alkohols, wenn er in wiederholten Dosen gegeben wird, hat sich also 
noch einmal bestfitigt. Beide Kaninchen No. 10 und 11 wurden auch 
im Versuch 5 benutzt. Dem in Versuch 6 wiederholt alkoholisierten 
Kaninchen war in Versuch 5 eine einmalige Alkoholdosis von Vs g 
pro kg gegeben worden; wie aus Tabelle II ersichtlich ist, erreichte 
das Serum von diesem Kaninchen damals die gleiche agglutinierende 
Kraft wie das Kontrollkaninchen. Eine natQrliche Ungeneigtheit Agglu- 
tinine zu bilden, kann also das in Tabelle IV niedergelegte Resultat 
nicht verursacht haben. 

In den vorausgehenden Versuchen sind die Tiere ausschliefilich mit 
M. pyogenes geimpft worden. In einigen folgenden Versuchen habe 
ich die Einwirkung von Alkohol auf die Bildung von Agglutininen im 
Blute von Kaninchen nach Impfung mit B. typhi studieren wollen. 
Die Alkoholgaben sind in diesen Versuchen niedriger gew&hlt: x / 4 und 
Vio g pro kg. In dem ersten Versuche schien die Alkoholdose von 
x f 4 g eine schw&chende Einwirkung auf die Agglutininbildung auszu- 
ttben, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht. 


TabeUe V. 

Agglutinationsmethode II 
Kontrollkaninchen, 1650 g, $ 


Vor der Impfung 
1 . Tag nach der Impfung 
3. 

5. 

6 . 

7. 

8 . 

10 . 

14. 


Titre des Serums 
1:4 + 1:5 - 

1:4 + 1:5 — 

1:22 + 1:25 — 

1:160 + 1:175 — 

1:300+ 1:350 — 

1:400+ 1:500 — 

1:500+ 1:600 — 


B. typhi 

Alkoholisiertes Kaninchen, 

1600 g, ? 

Y« g Alkohol pro kg, un- 
mittdbar nach der Impfung 
Titre des Serums 

1:15 + 1:20 — 

1:50 + 1:60 — 

1:150 + 1:175 — 

1:175+ 1:200 — 

1:200+ 1:250 — 

1:250 + 1:275 — 

1:100+ 1:125 — 

1:100+ 1:125 — 


1:175+ 1:200 — 

1:80 + 1:160- 


Eine nachteilige Wirkung von ! / 4 g Alkohol ist, wenn man die 
Tabelle V studiert, schwer zu verneinen. Ein paar folgende Versuche, 
fiber welche in der Tabelle VI berichtet wird, deuten auf dieselbe Sache. 


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VcTrtiichtvNo. 


Wirgin, EinfluB des Aethylalkohols auf die Bildung von agglut Stoffen etc, 207 


In den Versuchen der Tabelle VI ist auch die Wirkung von Vio g Alkohol 
pro kg gepriift worden. 


Tabelle VI (Agglutinationsmethode II)* 
B. typhi. 


o 

5^ 


£ 

£ 


A 

ZJ 


bo 


der Kaninchen 


A 

o 

’E 

CD 

o 




12 16, 
Il7! 


weifi 


18 weifi mit 
| gelben 
Flecken 


23. IV. 04 
1450 

1250 

1000 


13 17 weifi 


1181 


16 


weifi mit 
gelben 
Flecken 
weifi 


4. VI. 04 
1400 

1300 


1700 


Tag der 
Alkohol- 
dose 

nach der 
Impfung 


2 . V. 04 | 

1475 24. IV. Olikein Alkoholj 7. Tag 


1200 

1085 


24. IV. 04 
24. IV. 04 


18. VI. 04 
1500 

1350 

1800 


V* g P ro k g 


*/ 


g pro kg 


4. VI. 04 
4. VI. 04 

4. VI 04 


kein Alkohol 

'U g, pro kg 
wahrend 
3 Tagen 
■/to g, pro kg| 
wahrend 
3 Tagen 


7. 

7. 


4., 5. und 
6 . Tag 

do. 


Agglutination ! AderlaS- 

T)tre des tag nach 
serums I 

nach der | impfung 
Impfung 


Titre des 
Normal- 
serums 


1:4+1:5— 
1:4+1:5— 
nicht 1:5 


Aderlafi 

3. Tag 
nach der 
Impfung 

1:120 + 
1:140 — 
1:100 + 
l:120 — 

1:100 + 
1:120 — 


1:400 + 
1:450 — 
1:350 + 
1:400 — 
1:500 + 


1:300 + 
1:325 — 
1:300 + 
1:325 — 

1:100 + 
1:150 — 


8 . Tag 
8 . „ 
8 . „ 


7. 


7. 


Im obenstehenden Versuch 12 (Tabelle VI) scheint der Alkobol 
eine weniger herabsetzende Wirkung auf die Agglutininbildung als im 
vorigen Versuch (Tabelle V) gehabt zu haben. Dort schien die Alkohol- 
dose eine Verminderung der Agglutininmenge um 50 Proz., mit dem 
Kontrollkaninchen den 8. Tag nach der Impfung verglichen, herbei- 
gefflhrt zu haben, w&hrend die Herabsetzung hier kaum mehr als 10 Proz. 
betr3gt. Im Versuch 13 (Tabelle VI), wo der Alkohol 3 Tage nach- 
einander gegeben wurde, hat dieselbe Dosis von V 4 g mOglicher- 
weise die Agglutininbildung etwas begilnstigt. Ich schreibe mSglicher- 
weise, denn, wenn man den letzterwahnten Versuch ansieht, findet man, 
dafi die begflnstigende Einwirkung von x | 4 g Alkohol pro kg nicht ganz 
klar ist. Bei dem mit dieser Alkoholdose behandelten Kaninchen hatte 
sich das Agglutinationsvermdgen zu demselben Grade gesteigert wie 
beim Kontrollkaninchen. Der Anfangstitre des Serums jenes Kaninchens 
war aber etwas niedriger als derjenige des Kontrollkaninchens. Nur 
auf dieses Verh&ltnis stfltzt sich die mOgliche Begflnstigung des 
Agglutinationsvermdgens durch den Alkohol (V* g pro kg). Unmoglich 
ist aber nicht, daB diese kleine Alkoholdosis auch in diesem Falle der 
Agglutininbildung anstatt gentitzt, sogar geschadigt hat. Dieses Kaninchen 
scheint ursprtlnglich eine grofie agglutininbildende Energie zu besitzen. 
Im Versuch 12 (Tabelle VI) zeigt namlich dasselbe Tier einen vergleichs- 
weise hohen Titre, welcher durch \ 0 g Alkohol pro kg wohl kaum ver- 
scbuldet werden kann, wenn man sieht, dafi letztere Dose im Versuch 13 
(Tabelle VI) keine Spur von stimulierendem Effekt auf die Agglutinin¬ 
bildung aufweist Nach diesem Ueberlegen scheint es nicht ausgeschlossen 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


zu sein, daB das Blut dieses Tieres im Versuch 13 (p. 206) ohne Alkohol 
ein viel betrachtlicheres Ansteigen des Agglutinationsvermogens als mit 
Alkohol gezeigt hStte. Aus der gleichen Ueberlegung neige ich der 
Ansicht zu, daB auch die Dose von VlO g Alkohol pro kg fdr die 
Agglutininbildung ohue Nutzen gewesen ist Etwas Bestimmtes darQber 
auszusagen, erlauben meine wenigen Versuche nicht. 

Wenn ich meiuen ersten, p. 203 erwahnten Versuch ausnehme, in 
welchem die Bildung agglutinierender Stoffe durch den Alkohol sehr 
begQnstigt zu werden schien, so hat der Alkohol in alien spfiteren Ver- 
suchen, in der einmaligen Dose von 0,5—1 g pro kg KQrpergewicht 
nach der Infektion gegeben, nie einen begttnstigenden EinfluB auf die 
Agglutininbildung ausgettbt. Wenn der Alkohol in Dosen von 1 g 
pro kg wahrend mehrerer Tage nach der Impfung gereicht wurde, trat 
eine deutlich herabsetzende Wirkung auf die Agglutininbildung ein. In 
derselben Beziehung scheint auch die einmalige Gabe von 1 / i —1 g pro kg 
zuweilen eine lahmende Einwirkung gehabt zu haben, besonders wenn 
der Alkohol unmittelbar nach der Impfung gegeben wurde. Je longer 
nach der Infektion die Darreichung der Alkoholdose aufgeschoben 
wurde, je weniger schien die schwOchende Wirkung hervorzutreten. 
Auch die geringe Dosis von 1 / i g Alkohol pro kg hat sich in 2 Ver- 
suchen schadigend, in einem Versuch vielleicht etwas begQnstigend auf 
die Agglutininbildung erwiesen. Die Dose von Vio g Alkohol scheint 
in derselben Beziehung das eine Mai begQnstigt, das andere Mai ge- 
schadigt zu haben. 

In solchen Versuchen wie den ineinigen hangen die Resultate in 
hohem Grade von der Individualitat der Versuchstiere ab. Das Blut 
des einen Tieres hat von Natur eine bedeutende Energie, nach Vaccinie- 
rung agglutinierende Stoffe zu bilden. Wenn ein derartiges Tier einer 
maftig schwfichenden Behandlung ausgesetzt wird, kann seine natQrliche 
Energie jedoch hinreichen, um gleiche oder sogar groBere Mengen von 
Schutzstoffen zu bilden als ein anderes Tier, dessen schutzstoffbildende 
Energie von Natur geringer ist, und umgekehrt. Durch meine Unter- 
suchungen scheint sicher klargelegt zu sein, daB der Alkohol in Dosen 
von 1 und 1 / 2 g die Agglutininbildung in der Regel nicht begQnstigte 
und dieselbe meistens schadigte. Die von den individuellen Verhaitnissen 
der Tiere kommende Fehlerquelle ist in den erwahnten Versuchen fast 
ausgeschlossen dadurch, daB die Tiere des einen Versuches in dem 
nOchsten Versuche die Rollen wechselten, so dafi das Normalkaninchen 
des ersten Versuches als „Alkoholkaninchen“ im nOchsten Versuche 
benutzt wurde und umgekehrt. Auf diesen individuellen Verhaitnissen 
beruht es aber vielleicht, daB in den Versuchen mit den kleinen Alkohol- 
dosen von 1 / i und V 10 g pro kg die Resultate der verschiedenen Versuche 
sich widersprechen, so daB dieselbe Dosis bei 2 Tieren allem Anschein nach 
schadigend, bei einem anderen Tiere mdglicherweise etwas begQnstigend 
sich erwies, und daB die Alkoholdose von VlO g pro kg das eine Mai 
die Agglutininbildung zu befQrdern, das andere Mai zu hemmen schien. 
Wie ich schon vorher p. 207 hervorgehoben habe, neige ich persdnlich 
der Ansicht zu, daB auch diese kleinen Alkoholdosen fOr die Agglutinin¬ 
bildung von keinem Nutzen gewesen sind. 

Wenn meine Untersuchungen also das Resultat gebracht haben, 
daB kleine Alhoholmengen von 1 g Alkohol pro kg und abwkrts unter 
den gegebenen Versuchsbedingungen der Agglutininbildung in der Regel 
nicht nur nicht genQtzt, sondern meistens sogar geschadigt haben, er- 


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Liidke, Zur Spezifit&t der Antikdrper. 


209 


lauben meine wenigen Versuche die SchluBfolgerung nicht, daB die er- 
wfihnten kleinen Alkoholdosen der Agglutininbildung immer unter alien 
Bedingungen schadigen sollten, noch weniger kann man aus ihnen einen 
Scblufi fiber den Wert des Alkohols als Heilmittel bei akuten Infektions- 
krankheiten ziehen. Als ein Beitrag zn unseren Eenntnissen von dem 
EinfluB des Alkohols anf den tierischen Organismus scheinen meine 
Untersuchungen vielleicht etwas Interesse zu verdienen, und habe ich 
sie deshalb ganz ohne Ansprflche veroffentlichen wollen. 

Erst nachdem der obenstehende Aufsatz schon lange zum Druck 
versandt worden war, wurde mir die Abhandlung von Paul Mfiller 1 ) 
bekannt Mfiller hat in der zitierten Schrift unter anderem auch den 
EinfluB des Alkohols auf die Produktion von Agglutininen studiert. 
Kaninchen wurden mit abgetfiteten Typhuskulturen intraperitoneal ge- 
impft und die Agglutininmengen der Sera 2—4 Tage nachher bestimmt. 
Der Alkohol wurde in 50-proz. Mischung subkutan eingespritzt. Die 
erste Alkoholdosis wurde etwa 1 Stunde vor, die zweite etwa 1 Stunde 
nach der Impfung eingespritzt. Auch die folgenden Tage erhielten die 
Tiere Alkohol, so daB jedem Tier 30—40 ccm von absolutem Alkohol 
gegeben wurde. Unter 19 Experimenten hatte die Alkoholgabe die 
Agglutininbildung 2mal befdrdert, 12mal geschadigt, 5mal zusehends 
nicht beeinfluBt. — Zu bemerken ist, daB meine Versuche mit erheblich 
kleineren Alkoholdosen etwa die gleichen Resultate betreffs der Agglu¬ 
tininbildung gegeben haben. 


Nachdruck verboten. 

Zur Spezifltat der Antikorper. 

Von Dr. H. Liidke, Barmen. 

(Fortsetzung.) 

Bakterienagglutinine. War der Streit um die Spezifit&t der 
immunisatorisch erzeugten Reaktionskorper im Blutserum bei den meisten 
erw&hnten Antistoffen lediglich auf wissenschaftlicher Basis gegrfindet, 
so entspann sich auf dem Boden der klinisch-diagnostischen Forschung 
in den letzten Jahren ein „kleiner Krieg“ um den Spezifit&ts- 
charakter der Bakterienagglutini”^ Gehen wir zun&chst die 
Ergebnisse diesbezfiglicher Untersuchungii' uei den verschiedenen, 
klinisch wichtigen Bakterien durch: 

Bei einigen akut verlaufenden Erkrankungen, wie Cholera, Pest, 
kommt die spezifische Agglutinationsreaktion klinisch weniger in Frage; 
es bandelt sich hier vielmehr um die Diagnostik des Infektions- 
erregers. Zur Erkenntnis abgelaufener Cholerafalle ist nach Ko 11 e 
und Gottschlich*) die Agglutination, mittels des Rekonvaleszenten- 
serums ausgeffihrt, auBerordentlich zuverl&ssig. Cholera&hnliche Vibrionen 
werden von einem hochwertigen choleraimmunen Tierserum so gut wie 
gar nicht beeinfluBt Bei der Pest ist die Agglutinationsreaktion infolge 


1) Muller, Paul Th., Ueber den Einflufi kunstlicher iStoffwechselalterationen 
auf die Produktion der Antikdrper. (Arch. f. Hygiene. Bd. LI. 1904. p. 365.) 

2) Kolle und Gottschlich, Untersuchungen fiber die bakteriologische Cholera- 
diagnoetik und Spezifitat des Kochschen Choleravibrio. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions- 
krankh. Bd. XLIV. 1903. Heft 1.) 

Ente Abt. Ori*. Bd. XXXVIII. Heft 2. 14 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVUI. Heft 2. 


ihres sp&ten Auftretens weniger klinisch verwendbar; sie hat sich aber 
nach den bisherigen Angaben als eine spezifische Reaktion bewahrt. 
Ein Immunpestserum von Pferden bietet ein durchaus spezifisches Hilfs- 
mittel zur Identifizierung des B. pestis [Markl, Kolle, Martini 1 )]* 
Untersuchungen fiber andere Bakterien, Pneumokokken, Meningokokken, 
Tuberkelbacillen, Rotzbacillen, Streptokokken und Staphylokokken, liegen 
bisher in zu geringem Material vor, so daB ein abschlieBendes Urteil 
noch nicht gefallt werden kann. Aus den bisherigen Untersuchungen 
geht aber hervor, daB die Agglutination mit Erfolg zur Erkennung der 
Infektion und zur Diagnose des spezifischen Krankheitserregers ver- 
wandt werden kann. 

Ueber den klinischen Wert und den damit eng verbundenen 
Spezifitatscharakter der durch bakterielle Dysenteric erzeugten 
Agglutinine existieren bis dato noch wenige sichere Resultate. Man 
nahm ein inkonstantes Vorkommen der Agglutinine im ruhrkranken 
Organismus an; es sollte die Reaktion namentlich bei schweren Fallen, 
fehlen und im allgemeinen nicht stark ausgesprochen sein. Nach meinen 
demnachst zur Publikation kommenden Untersuchungen ist jedoch diese 
Annahme dahin zu modifizieren, daB die Agglutinationsreaktion in fast 
jedem, ob leichtem, ob schwerem Dysenteriefall deutlich ausgesprochen 
ist. Vollkommen spezifisch ist ferner die Agglutinationsreaktion in 
diesem Falle zur Identifizierung des Dysenteriebacillus von verwandten 
Arten durch ein entsprechendes hochwertiges Immunserum 

Wahrend nun in letzter Zeit die Frage von der spezifischen Wirkung 
der agglutinierenden Sera etwas in den Hintergrund gedrangt ist, be- 
fassen sich die einschiagigen Arbeiten mehr mit dem Studium des 
Wesens der Agglutination. Und doch ist ffir die Verwertung des Agglu- 
tinationsphanomens zu klinisch-diagnostischen Zwecken die Spezifitats- 
frage von grfiBter Bedeutung. In den folgenden Erfirterungen will icb 
mich nur auf die Spezifitat der Agglutinationsreaktion bei B. typhi, 
die klinisch am wichtigsten ist und in den letzten Jahren am meisten 
angefeindet war, beziehen. 

In dem vorstehenden Ueberblick fiber die Agglutination bei ein- 
zelnen Infektionskrankheiten war von der fiberwiegenden Mehrheit 
der Autoren eine Spezifitat der agglutinierenden Reaktionsprodukte im 
Serum gefunden worden, die man von der Identifizierung des spezifischen 
Krankheitserregers auf die spezielle klinische Erkenntnis des Krankheits- 
bildes fibertrug, indem der positive Ausfall der Gruber-W r idalschen 
Reaktion als eins der wichtigsten Symptombilder anerkannt wurde. 
Dennoch ist in jfingster Zeit ofter die Spezifitat dieser eminent wichtigen 
Reaktion in Zweifel gezogen worden. Die ersten Zweifel tauchten bei 
vergleicheuden Messungen der Agglutinationsffihigkeit der Sera bei den 
differentesten Erkrankungen mit dem Unterleibstyphus auf. Man nahm 
schlieBlich nach Sterns Vorgang an, die Wida 1 sche Reaktion als eine 
spezifische dann zu erklSren, wenn in einer Verdfinnung der Typhus- 
bouillonkultur von 1 : 50 deutliche Haufchenbildung der Bakterien ein- 
trat. Ffir praktisch - klinische Zwecke erwies sich auch bis zur Zeit 
diese Grenzbestimmung als die geeignetste. — Weitere Bedenken ent- 
standen in dem Moment, als von verschiedensten Seiten auch hfihere 
Agglutinationswerte ffir nicht spezifische Erkrankungen 


1) Markl, Kolle und Martini, cf. Dieudonn£ im Handb. d. pathog. Mikro* 
organisraen von Kolle und Wassermann. 1902. Lief. 9. 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


211 


gefunden wurden. Griinbaum 1 ) und Stern 2 ) hoben zuerst hervor, 
daB das Serum Gesunder und Nichttyphuskranker bisweilen agglutinierende 
Wirkung SuBerte. Solche Befunde, welche gegen die Spezifit&t der 
Bakterienagglutinine zu sprechen schienen, wurden hauptsachlich 
bei mit Ikterus einhergehenden Erkrankungen gemacht. 
Bei einzelnen, besonders infektiosen, Ikterusformen schien in der Tat 
eine gesteigerte Agglutinationskraft des Serums vorzukommen, was in 
den meisten Arbeiten hieriiber auf die Gallenresorption ins Blut und da- 
durch entstehende ver&nderte BlutzusammensetzungsverhSltnisse zurfick- 
geffihrt wurde. Verf. :1 ) konnte so in 11 von 37 Ikterusfiillen eine Agglu¬ 
tinationskraft des Serums in einer VerdOnnung von 1 : 50 und daruber 
nachweisen, was einen Prozentsatz von ca. 33 ausmacht. 

Weiterhin fand Verf. bei 8 Fallen von Chlorose eine erhohte Agglu¬ 
tinationsfahigkeit des Blutserums, woriiber in noch zu publizierenden 
Untersuchungen weiter berichtet werden soli. 

Diese Falle einer erhohten Agglutinationsfahigkeit des Serums von 
nicht typhuskranken Individuen lassen sich jedoch auf unkomplizierte 
Art erklfiren. Stern 4 ) vertritt vor allem den Standpunkt, daB man den 
positiven Widal bei Fallen ikterischer Erkrankungen fast immer auf 
eine gleichzeitige Oder vorhergehende Infektion mit meist anderen 
Bakterien als B. typhi zuruckfiihren kann und in der Tat muB man 
dieser Anschauung ofter, besonders fur hohere Agglutinatiouswerte, bei- 
pHichton, wenn auch meines Erachtens nicht nur eine Infektion die 
Ursache dieser gesteigerten, nicht spezifischen Agglutinationsfahigkeit 
bei ikterischen Erkrankungen ist. Es konnen in den Stoffwechsel ge- 
brachte Substanzen — was von Kohler 5 ) nicht mit Unrecht fiir die 
Gallenresorption acceptiert wurde —, es kann auch eine bloBe Aende- 
rung in den Blutzusammensetzungsverhaltnissen (Chlorose), durch ge¬ 
steigerten Stoffwechsel (Graviditat) eine deutliche Steigerung des Agglu- 
tinationstiters veranlaBt werden. Ich muB mich hierbei ganzlich auf die 
Ehrlichsche Seite stellen und kann in der Entstehung der normalen 
wie kiinstlichen Agglutinine nur einen Ausdruck der ahnlichen Zell- 
sekretion sehen, die bei den Prozessen der Ernfihrung, der Assimilation 
und Desassimilation tatig ist. 

Auftallend erscheint mir jedoch bei der Untersuchung liber die 
Agglutinationsfahigkeit des Blutserums Ikterischer, daB von den ein¬ 
zelnen Autoren ganz differente Prozentsatze erhohter Agglutinationskraft 
hierbei zitiert werden. Steinberg 6 ) fand bei fiber 60 Proz. agglu- 
tinieremle Wirkung des Serums bei Ikterus, Eckardt 7 ) in fast alien 
Fallen Agglutination in einer Verdiinnung von 1 : 100, K am merer 8 ) 
nur bei etwas fiber 10 Proz., Lfidke bei 30 Proz. in einer Verdiinnung 
von 1 : 50 und daruber. Die Ursache dieser differenten Angaben liegt 
sehr wahrscheinlich, wie auch Kam merer angibt, an der Dignitiit des 
jeweilig benutzten Typhusstammes fiir die Reaktion. Stets werden aber 
altere Laboratoriumsstamme nach alien Urteilen besser agglutiniert als 

1) Griinbaum, The Lancet. 1896. 19. Sept. u. Munch, naed. Wochennchr. 1897. 
No. 13. 

2) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 12. 

3) Liidke, 1. c. 

4) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1903. No. 30. 

5) Kohler, Klin. Jahrb. Bd. VIII. 1902. 

6) Steinberg, Munch, med. Wochenschr. 1904. No. 11. 

7) Eckardt, Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 27. 

8) Kammerer, Berl. klin. Wochenschr. 1904. No. 26. 

14* 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


frisch gezfichtete und wenn auch unter den ersteren geringere Differenzen 
bezfiglich ihrer Agglutinierbarkeit bestehen mfigen, so ergibt sich daraus 
noch durchaus nicht die absolute Notwendigkeit im Ficker schen Typhus- 
diagnostikum ein allein sicheres Mittel fflr die typische Serumdiagnostik 
zu erkennen. 

Jedenfalls mflssen wir bei ikterischen Erkrankungen, speziell 
katarrhalischem Ikterus, eine hohe Agglutinationsfihigkeit des Serums 
gerade dem Bact. typhi gegenfiber annehmen; denn es wird, wie Verf. 
beschrieb, gerade das Bact. typhi intensiver und schneller hier agglu- 
tiniert als andere in die Untersuchung gezogene Bakterien (Bact para¬ 
typhi A und B, Bact. coli, Vibrio cholerae, Bact. vulgare). 
Das Typhusbakterium scheint mir in diesen Fallen einer nicht spezifischen 
Agglutination die wirksamsten Agglutininrezeptoren zu besitzen, die ihr 
haptophores Glied am stfirksten und h&ufigsten in solchen Fallen zu 
verankern vermfigen. Voraussetzung ist dabei immer die Verwendung 
eines filteren Stammes, um gleichm&Bige, zu Vergleichen dienende Re- 
sultate zu erlangen. Ich kann demnach in keiner Weise der Ansicht 
Kfimmerers zustimmen, der bei Ikterus nur sehr selten Agglutination 
annimmt. Allerdings ist auch die Meinung Kfihlers, der eine Herab- 
setzung des Wertes der Gruber-Widalschen Reaktion infolge des 
hfiufigen Auftretens derselben bei Erkrankungen der Leber und seltener 
des Blutes annahm, nicht berechtigt. Wir mflssen — und das Gros 
der Untersucher fiber die Agglutinationskraft ikterischen Blutserums 
gibt mir recht — eine gesteigerte Agglutinationsfahigkeit hier annehmen, 
die teilweise durch eine begleitende Oder vorausgegangene Infektion mit 
differenten Bakterien Oder durch Stoffwechselvorgfinge veranlafit werden 
kann. Keinesfalls kann jedoch diese nicht spezifische 
und auch nicht in der Starke und Schnelligkeit der 
Reaktion wie bei Typhus auftretende Agglutination bei 
Ikterischen in Konkurrenz mit der durchaus spezifischen 
Reaktion beim Unterleibstyphus treten. 

Der grofite Teil dieser nicht spezifischen Sera findet seine Deutung 
in dem Phanomen der Gruppenagglutination Pfaundlers 1 2 ). 
Unter Gruppenagglutination versteht man nach der ursprfinglichen 
Pfaundlerschen Ansicht die nicht spezifische Beeinflussung anderer 
Mikroben durch ein Immun- Oder Rekonvaleszentenserum, das durch 
die Einwirkung einer ganz bestimmten Bakterienart entstanden ist. 
Pfaundler war der Ansicht, dafi der Agglutinationswert in dem Ver- 
hfiltnis sinke, wie sich der bezfigliche Mikroorganismus in der Arten- 
reihe vom infizierenden entferne. Zahlreiche Untersuchungen fiber die 
Gruppenagglutination ergaben aber, dafi diese chemische Bindungs- 
reaktion nichts mit der Verwandtschaft der Arten, die in morphologischen 
und biologischen Unterschieden besteht, zu tun hat. Stern*) ging, auf 
Dunbarschen Anschauungen fufiend, dieser Pfaundlerschen Annahme 
zu Leibe, indem er im Protoplasma zweier Bakterien, die 
durch ein gleiches Serum zur Agglutination gebracht 
werden, gemeinsame Agglutininrezeptoren annahm, die 
im infizierten Organismus ihre passenden haptophoren 
Gruppen finden. So wirkt spezifisch jedes Einzelagglutinin, wShrend 


1) Pfaundler, Ueber Gruppenagglutination und das Verhalten des Bact. coli 
bei Typhus. (Miinch. med. Wochenschr. 1892. No. 15.) 

2 ) Stern, 1. c. 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


213 


im allgemeinen als nicht streng spezifisch die agglutinierende Wirkung 
eines Serums gegenQber dem infizierenden Bacillus angenommen werden 
muB. 

Die in Ehrlich-Pfeifferschen Bahnen gewounenen Vorstellungen 
vom chemischen Aufbau und chemischer Wirkungsweise der Bakterien- 
zelle und ibrer Produkte gewinnen also auch hier ein freies Feld und 
verdrfingen die alten Anschauungen von den morphologischen, mecha- 
niscben Gesetzen unterworfenen Formen. 

Die Gruppenagglutination in diesern Sinne aufgefafit, erleichtert uns 
wesentlich die Frage von der Spezifit&t der Bakterienagglutinine, so 
daB wir von einer Spezifit&t eines Serums nur reden kfinnen, wenn wir 
darunter die spezifische Einwirkung der einzelnen Agglutinintypen auf 
ihre verwandten Gruppen im Protoplasma der Bakterien verstehen. 

Ein zweites Faktum, das bei der Betrachtung des Spezifitfitsbegriflfes 
der Agglutinine auszuschlieBen ist, gehort unter das Kapitel der nicht 
spezifischen Abwehrvorrichtungen, der Alexine des Serums. Es 
gibt Tiersera, so speziell das Ochsen- und Pferdeserum, die verschiedenen 
Bakterien gegenfiber eine erhfihte Agglutinationskraft zeigen, ohne daB 
eine entsprecbende Infektion stattgefunden hfitte. Analoge Beobachtungen 
finden wir in dem Vorkommen von Antitoxinen im normalen Pferde¬ 
serum. Eine Mobilmachung dieser auch im menschlichen Serum haufiger 
anzutreffenden, schwach ausgebildeten Agglutinine kann unter den ver- 
schiedensten Verhfiltnissen geschehen; schon ein gesteigerter Stoffwechsel 
genfigt, urn die Agglutinationsffihigkeit eines Serums zu steigern. Stfiubli 1 2 3 * ) 
konnte so bei graviden Meerschweinchen einen hfiheren Agglutinations- 
titer nachweisen als bei nicht tragenden Tieren. P. Th. Mailer*) fand 
bei hungernden Tieren (Tauben) ein einer bestimmten Bakterienart gegen- 
fiber verschiedenes Verhalten der Agglutinine, indem die Hungertiere 
nach Injektion von Bact. typhi und Bact. pyocyaneus stets einen 
hdheren Agglutiningehalt aufwiesen als die Kontrolltiere, wfihrend mit 
Bact. dysenteriae, Vibrio Metschnikoff und Bact. proteus 
geimpfte Hungertiere einen niedrigeren Agglutinationstiter den Normal- 
tauben gegenQber zeigten. 

Es sind lediglich Schwankungen im Agglutiningehalt 
eines Serums bei besonders disponierten Tieren Oder 
Menschen, die bisweilen mit Steigerung, aber auch mit Herabsetzung 
der ursprfinglichen, meist schwachen Agglutinationsffihigkeit des Serums 
einhergehen konnen. Die Ffille von Ikterus, in denen eine Gruppen¬ 
agglutination nicht als bedingendes Moment angesehen werden kann, 
ergeben wohl infolge einer mfifiigen Resorption von Galle ins Blut eine 
befriedigende Erklarung. 

Endlich kann, abgesehen von einem passiven Uebertreten mfltter- 
licher Agglutinine ins kindliche Blut, den Agglutinin sezernierenden 
Zellen ffir lange Zeit eine latente Energie innewohnen. Wenn auch in 
den ersten Wochen des extrauterinen Lebens die passiv fibertragenen 
Agglutinine ffir die fiufiere Beobachtung wieder verschwinden, so ist 
doch nach diesbezfiglichen Untersuchungen Coles 8 ) den Agglutinin 


1) Staubli, Ueber die Bildung der Typhusagglutmine und den Uebergang von 
der Mntter auf die Deszendenten. (Centralbl. f. Bait. etc. 1904. No. 2/3.) 

2 ) Muller, P. Th., Zur Theorie der mutterlichen und antibakteriellen Immunitat. 
(Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXVI. 1903. No. 5.) 

3) Cole, Ex penmen teller Beitrag zur Typhusimmunitat. (Zeitechr. f. Hygiene. 

Bd. XLVL Heft 3.) 


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214 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


sezernierenden Zellen die latente F&higkeit geblieben, unter gewissen 
Reizzustanden mehr Oder weniger reicblich Agglutinin rasch zu pro- 
duzieren. 

Von dieser natfirlich vorhandenen Agglutinationsmfiglichkeit im 
Blutserum muB also bei einer Beurteilung der Frage von der Spezifit&t 
abgesehen werden. Eine schon vorbandene Qualitat der sezernierenden 
Zellen wird hierbei — wie es scheint, wahllos — in Schwankungen, 
die h&ufiger zu Steigerungen der Agglutinationskraft fflhren, gesetzt. 
Bei der spezifischen Produktion durcb Immunisierung oder Infektion 
haben wir es dagegen immer mit dem Uebergewicht eines spezifiscben 
Agglutinins zu tun. 

Ganz aus dem Rahmen der Spezifit&t endlich fallen die Versuche, 
die sich mit der Agglutination verschiedener Bakterien durch differenteste 
chemiscbe Substanzen befassen. So agglutiniert nach Blachstein 1 2 ) 
Chrysoidin den Cholerabacillus, Bossaert und Larabotte*) agglu- 
tinierten den Typhusbacillus durch Formaldehyd; Safranin, Fuchsin und 
Vesuvin sollte nach Malvoz 3 ) das Bact. typhi agglutinieren, ebenso 
10-proz. Taurochols&ure nach KShier 4 ) den Typhusbacillus. Abgesehen 
von dem niedrigen Agglutinationswerte handelt es sich hier, wie ich 
mich besonders bei der Taurochols&ure fiberzeugen konnte, nicht nur 
um eine durchaus inkonstante Erscheinung, sondern auch um 
eine g&nzlich unspezifische Qualit&t, indem verschiedene Bakterien 
in geringem Mafie in gleicher Weise durch dieselbe Drogue beeinflufit 
werden. Analoge Versuche linden wir tlbrigens bezfiglich der spezifischen 
Bindung des Tetanustoxins an bestimmte Organzellen angestellt. Stou- 
densky 5 ) erbrachte den Nachweis, daB Karmin, mit Tetanustoxin ver- 
mischt, eine Bindung des Toxins veranlaBte und glaubte diesen Befund 
zu einer Deutung der spezifischen Bindung des Toxins an bestimmte 
Organemulsionen als einer Art von Fl&chenadsorption benutzen zn 
kOnnen, worin ihm jedoch von Wassermann 6 ) erfolgreich widersprochen 
wurde. 

Fur die Agglutination bei Erkrankungen nicht typhdser Natur geben 
also das Ph&nomen der Gruppenagglutination wie die Erscheinung der 
natiirlichen Resistenz, die auBer bakteriolytischen Antikorpern auch 
Agglutinine zu produzieren vermag, befriedigenden AufschluB. Von 
einer absoluten, qualitativen Spezifit&t der Agglutinine kann nicht die 
Rede sein; doch mfissen wir, ebenso wie bei den natfirlich vorkommen- 
den H&magglutininen, auch hier eine relative Spezifit&t der einzelnen, 
differenten Agglutinine gegenfiber der entsprechenden Bakterienart 
acceptieren, was im weiteren experiraentell festgelegt werden soli. 

Eine absolute quantitative Spezifit&t linden wir dagegen bei der 
kfinstlichen Immunisierung mit Typhusbakterien und in der fiberwiegen- 
den Mehrzahl der F&lle bei der Typbusinfektion, und so handelt es sich 
ferner darum, die Verh&ltnisse der spezifischen Agglutination des 
Bact. typhi durch das entsprechende Immun- oder Rekonvaleszenten- 
serum zu prfifen. 


1) Blachstein, Munch, med. Wochenschr. 1896. No. 44/45. 

2) Bossaert u. Lambotte, Bull, de l'acad. rovale de m4d. Belgique. 1897. 

3) Malvoz, Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XI. 1897. 

4) Kohler, 1. c. 

5) Stoudensky, Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899. 

6) Wassermann, Entstehung und Wirkungsweise der aktiven Stoffe im Immun 
serum. (Ref. auf dem internet. Kongrefi f. Hyg. m Brussel. 1903. 8ept.) 


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Liidke, Zur Spezifit&t der Antikorper. 


215 


Das nicht allzu seltene Fehlen der Gruber-Widalschen Reaktion 
bei Typhus abdomiualis scheint nun dera Gegner der Spezifitatsfrage 
einen willkommenen Anbaltspunkt zu bieten. Noch haufiger sind die 
FSlle eines aufierst spSten Eintretens der Reaktion zu einer Zeit, in 
der die Diagnose schon auf Grund anderer Symptome gesichert ist 
{v. Leu be 1 ), Rumpf 2 )]. Verf. verfflgt flber einen Fall schwerer 
Typhusinfektion, in dera bei wiederholter Untersuchung bis zum Exitus 
(Ende der 2. Woche) keine Reaktion, weder auf Paratyphus- noch auf 
Typhusbacillen eintrat. Ein spates Auftreten typischer Agglutinine bei 
einer Infektionskrankheit, die im allgemeinen leicht zur Bildung dieser 
Reaktionsstoife fflhrt, der Dysenterie, konnte Verf. in mehreren Fallen 
beobachten, ohne dafi aber die Reaktion bei spateren Untersuchungen 
ganzlich im Stiche liefi. In solchen Fallen, in denen zun&chst ein 
negativer Ausfall der Reaktion stattfindet, kommt die weitere klinische 
Diagnostik zu ihrem Recht. Ich glaube das Fehlen der Agglutinations- 
reaktion so erklaren zu konnen, dad in der betreffenden infizierenden 
Bakterienart die spezifische Komponente so toxisch ausgepragt war, dafi 
sie die znr Abstofiung von Rezeptoren zugehdrigen Zellen lahmlegt, 
entweder die agglutininbildende Fahigkeit nur fiir eine gewisse Zeit 
paralysiert als gar ihr Verraogen, Rezeptoren zu sezernieren, vernichtet. 
Um Antikorper und Reaktionsstoffe aus den bildungsfahigen Zellen 
sezernieren zu lassen, bedarf es einer gewissen, mittleren Intensitat der 
Bindungsreizung. 

Ira^ allgemeinen wird man stets im Verlaufe der typhbsen Erkrankung 
die spezifische Reaktion vorfinden; nur das nicht so seltene spate Auf¬ 
treten der Agglutination hat den Wert dieser Probe fflr den Kliniker 
herabgesetzt. In der zweiten Woche oder schon am Ende der ersten 
Woche pflegt jedoch allermeist die Prflfung des Serums auf Agglutinations- 
fahigkeit positiv auszufallen. Aehnliche Verhaitnisse beobachtete ich bei 
der Dysenterie, wo ich die Angaben frflherer Autoreu, dafi die Agglu¬ 
tination sehr selten vor dem 7. Tage auftritt, bestatigen konnte. Um 
diese Zeit sind jedoch schon andere klinische Symptome in Erscheinung, 
so dafi der positive Ausfall der Gruber-Widalschen Probe nur als 
ein wertvolles Bestatigungssymptom zum Krankheits- 
bilde hinzutritt In dem frfihen Auftreten (1. Woche) der Reaktion 
bei hdheren Verdtinnungsgraden des Serums oder der Bouillonkultur 
aber kflnnen wir, da sie spezifischer Natur ist, die Diagnose Typhus 
abdominalis mit absoluter Sicherheit stellen, ohne dafi wir weiter auf 
andere klinische Symptome grOBeren Wert zu legen brauchen. Die 
Gruber-Widalsche Reaktion ist in solchen Fallen mehr 
wie ein blofies Symptom. Der spezifische Charakter der Agglu¬ 
tinine erspart uns ferner hierbei den mtihsamen Nachweis der Bakterien 
im Stuhl. Unter den Symptomen des Unterleibstyphus mufi die Reaktion 
den ersten Platz einnehmen; daran mufi unter alien Urastanden fest- 
gehalten werden. Nut bei einem Vergleich der Leukocyten- und Agglu- 
tinationsbefunde fflr die Frflhdiagnose des Abdominaltyphus ist das 
Symptom der Leukopenie, wie in jungster Zeit Kast und Giitig 3 ) in 
ihrer wertvollen Arbeit flber Hypoleukocytose bei Typhus angeben, von 
hflherem, diagnostischem Wert. 

1) v. Leube, Mflnch. med. Wochenschr. 1898. No. 8. 

2) Rumpf, BerL klin. Wochenschr. 1900. No. 24. 

8) Kast u. Giitig, Ueber Hypoleukocytose beim Abdominaltyphus und anderen 
Erkranknngen. (Dteches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXX. 1904. Heit 1/2.) 


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216 


Centralbl. f. BakL etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Em weiteres, storendes Moment fflr den Spezifitfitscharakter der 
Agglutinine scheint in dero bisweilen anzutreffenden Vorkomranis zu 
liegen, daB frisch aus dem erkrankten Organismus gezfichtete Bakterien 
nicht von spezifischem Serum agglutiniert werden, wfihrend bei aiteren 
Stfimmen in hohen Verdtinnungsgraden eines passenden Immunserums 
Agglutination eintritt. Stern 1 ) teilt die interessante Beobachtung mit, 
daB aus dem Blute eines Typhuskrauken mebrere unter sich ganz gleiche 
Typhuskolonieen gezOchtet wurden, von denen jedoch nur einige durch 
das Serum des Patienten beeinfluBbar waren. Es ist nun denkbar, daB 
der in den Organismus eingedrungene Mikroorganismus im Kfirper einen 
ModifikationsprozeB durchmacht, der ihn in der Entwickelung seiner 
ihm originalen Funktion zeitweise hemmt. In solchen negativen Agglu- 
tinationsbefunden mit einem frisch gezQchteten Stamm ein Versagen der 
Serodiagnostik zu erkennen, erscheint aber vollig unberechtigt. Die 
verloren gegangene Agglutinationsfahigkeit des infizierenden, eben ge- 
ztlchteten Mikroben l&Bt sich bequem durch Ueberimpfen auf die ge- 
wfihnlichen Nfihrboden wieder herstellen. P. Th. Mfiller 2 3 ) konnte, nach- 
dem von Walker 8 ) fihnliche Verh&ltnisse beschrieben waren, experimentell 
feststellen, daB die ZQchtung der Typhusbacillen in einer Mischung von 
spezifischem Immunserum und Bouillon die Entstehung einer Basse zur 
Folge hatte, die sich durch weit geringere Agglutinierbarkeit gegenfiber 
einer aiteren Laboratoriumskultur auszeichnete. Wir mfissen demnach 
hier nach Mtiller eine Hemmung resp. Abschw&chung der Rezep- 
toren des Bakteriums durch den Kontakt mit den spezifischen Agglu- 
tininen, wie er auch bisweilen im Serum eines mit Typhus infizierten 
Kranken zum Ausdruck kommt. annehmen, ohne daB darin ein Fehler 
in der spezifischen Reaktion vorlfige. 

Verschieden von dieser Verminderung der Agglutinierbarkeit frisch 
geztichteter oder im Immunserum gewachsener Typhusbakterien ist das 
von Bail 4 ) beschriebene Phfinomen der Unempfindlichkeit der ins 
Peritoneum eingeffihrten Typhusbakterien gegenfiber den Agglutininen. 
Hier handelt es sich nicht urn die Entstehung einer inagglutinablen 
Basse, sondern um eine Verankerung der agglutininbindenden Rezeptoren 
durch Abbauprodukte der Agglutinine, die Bail als Agglutinophore be- 
zeichnet Auch diese Unempfindlichkeit der Bakterien gegenfiber den 
spezifischen Agglutininen geht bei der ersten Ueberimpfung in gewfihnliche 
Nihrbfiden verloren. DieErzielung einer dauernd agglutininunempfind- 
lichen Rasse gelang bisher, wie Kir stein 5 * ) ausfuhrt, nicht; dagegen 
erhielt Kirstein eine fiber mehrere Generationen sich erstreckende 
Agglutininresistenz, doch auch nur bei einzelnen Stfimmen. „Es ist 
demnach nur die labile, agglutinophore Gruppe des Agglutininmolekfils 
in Verlust gekommen und dadurch der dem Auge deutliche Agglutinations- 
vorgang zerstfirt. Damit kdnnen natfirlich pathogene Mikroorganismen 
der Diagnose durch die Agglutinationsreaktion entgehen, ohne daB die- 
selbe damit aufgehoben ist“ (Kirstein). 

Aehnliche Verhfiltnisse liegen auch in dem von Fait a und Nfigge- 


1) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1903. No. 30. 

2) Muller, P. Th., Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 2. 

3) Walker, Zit. nach P. Th. Muller. 

4) Bail, Versuche fiber Typhusagglutinine und -prazipitine. (Arch. f. Hygiene. 
Bd. XLII. 1902.) 

5) Kirstein. Ueber Beeinflussung der Agglutinierbarkeit von Bakterien, ins- 

besondere von Typhusbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVI. Heft 2.) 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


217 


rath 1 ) ktlrzlich erwahnten Bericht vor. Diese Autoren fanden bei einer 
Typhusendemie im Serum der Patienten ein auffalliges Verhalten in der 
Agglutination mit verschiedenen Stammen und suchten dies durch Ver- 
schiedenheiten im Rezeptorenapparat der jeweilig krankmachenden Spiel- 
arten des Bact. typhizu erklaren. Andererseits konnten sie in frischera 
menschlichen wie tierischen Typhusserum haufiger Proagglutinoide nach- 
weisen, die infolge groBerer Aviditat zu den Rezeptoren eine Einwirkung 
der Agglutinine verdeckten. Wir sehen also hier wieder, daB ein Fehlen 
der Reaktion auch in klinisch Oder bakteriologisch sichergestellten Fallen 
den Wert der spezifischen Bindung nicht herabsetzen kaun. 

Ein groBerer Teil der Typhusfalle mit negativer Agglutination ist 
ferner auf ein Uebersehen der in letzter Zeit mehrfach zitierten Para- 
typhusstamme zuriickzufiihren, so daB man in alien typhussuspekten 
Fallen zur Sicherung der Diagnose nicht nur mit einer Agglutination 
gegenuber dem Bact. typhi, sondern auch gegenuber den beiden, bis 
jetzt bekannten Paratyphusstammen zu rechnen hat. 

Es wurden nun in jfingster Zeit verschiedene brauchbare Methoden 
zur Anstellung der G ruber-Widalschen Reaktion vorgeschlagen. So 
die Verwendung abgetoteter Kulturen nach dem ersten diesbeziiglichen 
Vorschlag von Widal und Si card 2 ) [Proscher 3 ), Roily 4 ), Lion 5 ]. 
Mit Formalin (40 Proz.) abgetotete Bouillonkulturen haben jedoch nach 
meinen Erfahrungen den Nachteil, daB die spezifische Reaktion nicht 
mehr in der Starke der Haufchenbildung, der Schnelligkeit des Eintritts 
und dem Verdunnungsgrade eintritt, wie bei der Verwendung guter, 
lebender Laboratoriumskulturen. Am besten scheint sich nach den bis- 
herigen Angaben das Fickersche Diagnostikum zur Anstellung der 
Reaktion zu eignen. Von Meyer 6 ), Ehrsam 7 ), Radzikowski 8 ) 
wurden recht befriedigende Resultate fiber die Verwendung dieses 
Diagnostikums, das meines Erachtens aus mechanisch zerriebenen und 
zertrfimmerten Bakterienleibern besteht, mitgeteilt. Schwankungen der 
Agglutination, durch das Alter, die Virulenz, die individuelle Agglu- 
tinationsffihigkeit des Stammes veranlaBt, scheinen hier weniger in Be- 
tracht zu kommcn. Wertvoll erscheint auch der Vorschlag Faltas 
und Noggeraths 9 ), ein gewissermaBen „polyvalentes Diagnostikum“, 
aus verschiedenen Typhusstammen bestehend, zu verwenden. 

Im allgemeinen genflgt jedoch die Ausffihrung der Reaktion mit 
einer gut agglutinierbaren, aiteren, lebenden Kultur vollkommen, wenn 
auch geringere Differenzen in der Titerhohe bei einzelnen Stammen 
bisweilen zu beobachten sind. Der Wert der spezifischen 
Agglutinations probe ftir die Klinik besteht allerdings 
nicht in der Anerkennung der bloBen Agglutinierbarkeit 

1) Falta u. Noggerath, Zur Bedeutung der Proagglutinoide fur die Gruber- 
Widalsche Reaktion. (Ref. a. d. 76. Vers. Dtscner Naturf. u. Aerzte.) 

2) Widal u. Sicard, Etude stir le s^rodiagnostic. (Ann. de l’Inst. Pasteur. 
1897. No. 5.) 

3) Pr6scher, Zur Anstellung der Widalschen Reaktion. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Bd. XXXI. 1902.) 

4) Rollv, Zur Diagnose des Typhus abdominalis. (Miinch. med. Wochenschr. 
1902. No. 24.) 

5) Lion, Die Methoden zur Ausfiihrung der Gruber-Widalschen Reaktion. (Miinch. 
med. Wochenschr. 1904. No. 21.) 

6) Meyer, J., Berk klin. Wochenschr. 1902. No. 45. 

7) Ehrsam, Miinch. med. Wochenschr. 1904. No. 15. 

8) Radzikowski, Wien. klin. Wochenschr. 1904. No. 10. 

9) 1. c. 


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218 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 2. 


durch das Serum, vielmehr liegt in der Steigerung der 
Agglu tinationsffihigkeit des wirksamen Blutserums die 
d iagnostische Bedeutung des Gruber-Widal. Die Agglu- 
tinationskraft ist eine schon natfirlicherweise dfter vorhandene (wenn 
auch meist nur bei einer Verdfinnung von 1 : 1) Qualitfit, die auch in 
nicht spezifischen Erkrankungen eine geringffigige Steigerung ihres 
Wertes erhalten kann. 

Wir mflssen uns bei der Frage der Spezifitat der Agglutinations- 
reaktion immer bewufit bleiben, daB wir bei der Typhusinfektion, eine 
einwandsfreie Technik vorausgesetzt, in den allermeisten Fallen mit einer 
absoluten quantitativeu Spezifitat zu rechnen haben, daB jedoch in 
qualitativer Beziehung infolge des Entstebens differenter Partialagglutinine 
zusammen mit dem dem infizierenden Bacillus entsprechenden Haupt- 
agglutinin in einzelnen Fallen eine nicht strenge, absolute Spezifitat 
aucb bestehen kann, die sich den Partialagglutininen gegen fiber aller- 
dings nur in niedrigen Verdfinnungen geltend macbt. 

Der spezifische Charakter der Agglutinine kann aber 
am sicbersten und reinsten in einem hochwertigen 
Immunserum erkannt werden, das far die Diagnostik 
des infizierenden Mikroorganism us die absoluteste 
Dignitat besitzt. Aehnlich verhalt es sich mit Rekon- 
valeszentenserum, das fast immer, bei richtiger Versuchsmethodik 
in hfiheren VerdOnnungsgraden verwandt, die Diagnose der spezifischen 
Krankheit mit absoluter Sicherheit teils bestfitigt, teilweise sogar allein 
zur Erkenntnis des Krankheitsbildes fflhren kann. Nur eine ganz ober- 
fiachlicbe Anscbauung und mangelbafte Uebung konnte den spezifischen 
Charakter dieser Reaktionsprodukte im Serum in Abrede stellen. 

Es sind jedoch in den letzten Jahren, in denen der Spezifitats- 
charakter der Agglutinine dfter in Zweifel gezogen wurde, verschiedene 
Befunde mitgeteilt, die auf Grund von experimentellen Untersuchungen 
diese Spezifitat des Immunserums und Rekonvaleszentenserums in Mifi- 
kredit brachten. Ich will mich hier nur auf wenige Zitate beschrfinken, 
indem ich die Ergebnisse und Ansichten einiger Untersucher fiber die 
Differenzierung einzelner Agglutinine in Immunseris anffihre. So be- 
richten Arloing und Courmont 1 ) fiber die Eigenschaft von Typhus- 
immunseris, hfiufiger auBer dem Eberthschen Bacillus auch den Koch- 
schen Bacillus zu agglutinieren. Beide Autoren kommen hierbei zu 
dem richtigen SchluB, daB man die Erklfirung dieser zweifach wirksamen 
Agglutinationsffihigkeit nicht in einer Identifizierung der beiden Agglu¬ 
tinine oder in einer einander parallelen Entwickelung zu suchen habe. 
Nach ihren Tierversuchen ist es nicht dieselbe Substanz, die im Serum 
der Typhuskranken den Kochschen wie den Eberthschen Bacillus 
zur Agglutination bringt Im Gegensatz zu Beobachtungen von Schott- 
mflller 2 3 ), Kurth 8 ), de Feyfer und Kayser 4 ) fand Jfirgens 6 ) wie 
Conradi und v. Drigalski 5 ) in Fallen von Paratyphusinfektion einen 
positiven Widal in hdheren Verdfinnungen auch ffir den Typhusbacillus 
und umgekehrt in einer Typhusendemie in vielen Fallen auch eine Mit- 


1) Arloing und Courmont, Ref. im CentralbL f. Bakt. etc. 1904. Heft 3/4. 

2) Schottmiiller, Dteche med. Wochenschr. 1900. No. 32. 

3) Kurth, Dteche med. Wochenschr. 1901. No. 30. 

4) de Feyfer und Kayser, MQnch. med. Wochenschr. 1902. No. 41/42. 

5) Conradi, v. Drigalski u. Jurgens, Zeitschr. 1 Hyg. u. Infektionskrankh. 

Bd. XLIL 1902. 


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Liidke, Zur SpezifiUU der AntikOrper. 


219 


agglutination der Typhoidbacillen. Jurgens kommt daher zu dern 
SchluB, dafi nicht allein das Agglutinationsphtnomen zur Klaruug der 
Aetiologie verhelfen konne, sondern, wie uubedingt zugegeben werden 
muB, in erster Linie die bakteriologische Untersuchung der Faeces. 
Auch Immunisierungen von Ziegen und Kaninchen bewiesen nach vor- 
stehendem Autor keine streng spezifische Beeinflussung der zur Infektion 
verwandten Bakterien, indern bei Typhusinfizierung z. B. auch die Typhoid- 
bakterien mitagglutiniert wurden. Analoge Untersuchungen liegen be- 
zflglich einer Mitagglutination von Coli-Bacillen durch Typhusimmun- 
serum und umgekehrt vor; jedoch scheint bier nur eine unbedeutendere 
Beeinflussung der nicht zur Immunisierung verwendeten Bakterienart 
vorzukommen [Kiihnau 1 ), Jatta 2 ), Pfaundler 8 ), Stern 4 ), Biber- 
stein 5 ), Fodor und Riegler 8 ), Castellani 7 )]. Fiir eine Ab- 
leugnung der Spezifit&t der Agglutinationsreaktion konnen diese nur zum 
kleineren Teil abweichenden Befunde nicht verwertet werden, denD es 
kann, wie schon ausgefiihrt, neben dem spezifischen Agglutinin sehr 
wohl noch, der differenten Zusammensetzung des zur Immunisierung 
verwandten Bakterium entsprechend, eine Mitagglutination anderer Arten 
durch Partialagglutinine eintreten. AuBerdem muB stets eine Misch- 
infektion mit anderen Arten, speziell mit Paratyphusbakterien, woruber 
in einigen Arbeiten berichtet wurde, ausgeschlossen werden. Bei einer 
derartigen Bakterienassociation werden natiirlich differente Rezeptoren 
ins Serum abgestoBen und konnen die diagnostische Erkenntnis stark 
beeinflussen. Wie nun aber die bakteriziden Schutzkbrper bei der 
Tatigkeit eines zweiten oder mehrerer Organismen im Kbrper eine 
Herabsetzung ihrer Wirksamkeit erfahren, konnen auch die Agglutinine 
in ihrer Entstehung und Wirkungsweise sich gegenseitig beeinflussen. 
So wird man hierbei geringere Titrewerte und besonders gleichm&Bigere 
Agglutinationswerte (was bei der bloBen Mitagglutination nicht der Fall 
ist) der einzelnen Stamme linden. Weiter miissen wir in gewissen 
Grenzen sich bewegende individuelle Schwankungen bei der Bildung 
und Entwickelung der einzelnen Agglutinintypen annehmen, die von 
mehr oder weniger stark ausgepragten Komponenten des Bakterienleibes 
sowie von der Reaktionsf&higkeit, d. h. der AffinitSt der agglutinin- 
produzierenden Zellen, abh&ngen. 


1) Kiihnau, Berl. klin. Wochenschr. 1897. 

2) Jatta, Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXXIII. 1900. 

3) Pfaundler, Miinch. med. Wochenschr. 1899. 

4) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1897. 

5) Biberstein, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 1898. 

b) Fodor und Riegler, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXIII. 1898. 
7) Castellani, Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XL. 1902. 

(Fortsetzung folgt«) 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate* Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Nachdruck verboten. 

Ueber den Einfluss erhohter Temperatur auf die bakterizide 
Wirkung des normalen Serums. 

[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universit&t Prag 
(Vorstand: Prof. H u e p p e).] 

Von Dr. Yonetaro Kikuchl. 

Man hat bisher ohne besonders auf diesen Punkt gerichtete Unter- 
suchungen gewissermafien als selbstverst&ndlich angenommen, daB die 
verschiedenen Wirkungen, die das Serum auf Bakterien austlbt, ihr 
Temperaturoptimum ungef&hr bei der Bluttemperatur haben, wAhrend 
es feststand, daB unterhalb derselben ein weit langsamerer Verlauf 
konstatiert wurde. Die Annahme war ganz natflrlich, sobald man den 
bakteriziden, agglutinierenden und pr&zipitierenden Eigenschaften des 
Serums eine wesentliche Bedeutung fflr den TierkOrper zuschrieb und 
die Ergebnisse des Reagenzglasversuches auf die Verh&ltnisse im lebenden 
Organism us flbertrug. 

Nun hat aber Weil 1 2 3 ) fflr die Bakterienaggludnation festgestellt, 
daB ihr Optimum weit hdher als die jemals mdgliche KOrpertemperatur, 
bei etwa 50—55° C liegt. 

Man braucht nur einen Versuch anzustellen, um sich zu flberzeugen, 
wie unvergleichlich schneller und vollstfindiger der Verlauf der Agglu¬ 
tination bei 50° C im Vergleich zu dem bei 37° C erfolgt. 

Was die bakterizide Seite der Serumwirkung betrifft, so wurden 
fast alle Versuche bisher bei 37° C angestellt Nur ab und zu und 
zu ganz besonderen Zwecken arbeitete man auch bei hdherer Tempe¬ 
ratur. So lieB Buchner*) in Anlehnung an Versuche von Pekel- 
haring Serum auf Bakteriensporen bei 42° C einwirken, nur zu dem 
Zwecke, um die Auskeimung der Sporen zu verhindern. 

Es erfolgt Serumbakterizidie auch bei dieser Temperatur. 

Die Feststellung eines hoheren Temperaturoptimums fflr die Bak- 
terienabtfltung als es die KOrpertemperatur ist, hat ein ganz besonderes 
Interesse. Denn auf den ersten Blick erscheint die bakterizide Kraft 
des Blutes als eine so Qberaus zweckmflfiige Einrichtung, daB man trotz 
vereinzelter Widersprflche kein Bedenken getragen hat, sie als das 
wichtigste, wenn nicht einzige Schutzmittel des Organismus gegen Bak¬ 
terien zu betrachten. Von dieser scheinbaren Zweckm&Bigkeit geht viel 
verloren, sobald sich zeigen lflBt, daB der Vorgang der Keimvernichtung 
am besten erfolgt, wenn er unter Bedingungen verl&uft, die im lebenden 
TierkOrper gar nicht vorhanden sind. 

Temperaturen von 44 und 45° C, die in den folgenden Versuchen 
angewendet wurden, erreicht der Kaninchenk5rper wohl niemals. Dabei 
wird ganz abgesehen davon, daB im Organismus ja kein Serum, sondern 
nur Blut vorhanden ist. Wenn man aber die Ergebnisse der Reagenz- 
glasversuche auf den Tierkflrper flbertr&gt, so ist zu berflcksichtigen, 
daB bei 45 0 C schon eine sehr betr&chtliche Losung von roten Blutkflr- 
perchen erfolgt, die ihrerseits wieder nach Buchners 8 ) Ermittelung 
die Bakterizidie herabsetzt. 


1) Weil, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXVI. No. 5. Bd. XXXVII. No. 1. 

2) Buchner, Archiv fiir Hygiene. Bd. XVII. p. 115. 

3) Buchner, Archiv fiir Hygiene. Bd. X. 


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Kikuchi, Einflufi erhohter Temperatur auf die bakt Wirkg. norm. Serums. 221 


Id jfingster Zeit, als die nachstehenden Versuche bereits dem Ab- 
schlufi nahe waren, teilten Detre and S el lei 1 ) mit, dafi auch fflr Hfi- 
molyse das Optimum hOher als bei 37° C liege. In einer kurzen Be- 
merkung weisen sie, ohne eigene Versuche mitzuteilen, darauf hin, dafi 
dasselbe auch fflr die Bakteriolyse gelte. 

Die Temperatur yon 44 und 45° C wurde in den folgenden Ver- 
suchen gewfihlt, urn den sp&ter zu besprechenden Einwand, dafi hohe 
Temperaturen an sich schon Bakterien schadigen, von Anfang an zu 
berflcksichtigen. Gearbeitet wurde haupts&chlich mit Kaninchenserum 
und den for bakteriolytische Versuche besonders geeigneten Typhus- 
bacillen und Choleravibrionen. 


Tabelie I. 

Schafserum. Die Proben standen in Waseerbadern, die durch Thermoregulator 
(Ostwaldschee Wasserbad) genau auf 37 und 44° C gehalten waren. 

Zur Einsaat dient 12-stundige Bouillonkultur von Typhusbacillen. 

Eineaat nach '/j Std. nach l 1 /, Std. nach4 , / 1 Std. 


1) 2 ccm aktivee Serum 

2) 2 „ Serum, V, Std. auf 60° 

3) wie 1 

4) wie 2 


44° 1 
37° | 


oo 


oo 

3136 


0 

oo 

152 

oo 


0 

oo 

0 

oo 


Tabelie II. 

Schafeerum. Anordnung wie in Tab. I. 

Einsaat von 12 Std. alter, gat durchgeschuttelter Cholerabouillonkultar. 

Einsaat nach 7* Std. nach 1 Std. nach 4 Std. 

1) 2 ccm aktivee Serum \ / 2 720 120 0 

2) 2 „ Serum, 7» Std. auf 60 °j J no 00 00 oo 

3) wie 1 1 o 7 o I ca. 20000 3200 0 

4) wie 2 / l 00 00 00 


Tabelie III. 

Kaninchenserum* Die Proben standen im Wasserbad von 37 und 45° C. 
Bouillonkultur von Typhusbacillen. 

Einsaat nach l L Std. nach 1 Std. nach 4 Std. 

1) 1 ccm aktivee Serum \ afx 0 / 1824 1000 0 

2) 1 „ Serum, V s 8td.auf 60°/ 0 I _ 00 00 00 

3) wie 1 | 37 ol -5440 2170 640 


4) wie 2 


oo 


oo 


oo 


Tabelie IV. 

Dasselbe Serum wie in Tab. III. Gleiche Anordnung mit Staphylococcus. 


1) 1 ccm aktivee Serum 1 

2) 1 „ Serum, V, Std. auf 60°/ 

3) wie 1 | 

4) wie 2 j 


45 ‘ 
37 • 


Einsaat nach 1 L Std. 
r 9 600 

ca. 10000 
ca. 20000 
ca. 20000 


ca. 15000 


nach 1 Std. 

4 800 
ca. 10000 
4480 
ca. 10000 


Kaninchenserum. 


1) 1 ccm aktivee Serum 

2) 1 „ Serum, 1 /, Std. auf 60° 

3) wie 1 

4) wie 2 


Tabelie V. 

Gleiche Anordnung mit Staphylococcus. 
Einsaat nach V, Std. nach 1 Std. 

3040 168 

4640 1280 

1440 704 

4400 1952 


j 

,} 45 °| 

> 37°| 


7000 


nach 2 Std. 
2240 
5440 
3520 
ca. 10000 


nach 2 Std. 
6 
384 
296 
1248 


1) Detre und Sellei, Wiener klin. Wochenschrift. 1904. No. 45. 


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222 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Tabelle VI. 

Dasselbe Serum und dieedbe Anordnung wie Tab. V. 
Einsaat von Cholerabouilionkultur. 





Einsaat 

nach V. Std. 
20a0 

nach 1 Std. 

nach 2 Std. 

1) 1 ccm 

aktives Serum 1 

[ 45° 

r 

320 

16 

2) 1 „ 

Serum, ‘/ t Std. auf 60 # j 

00 

OO 

OO 

oo 

3) wie 1 

37° 

3680 

1408 

672 

4) wie 2 

J 

l 

OO 

OO 

oo 




Tabelle VII. 




Kaninchenserum. 

Dieeelbe Anordnunir wie Tab. VI. 



Bouillon kultur von Typhusbacillen. 





Einsaat 

nach Vi Std. 
5760 

nach 1 Std. 

nach 2 Std. 

1) 1 ccm aktives Serum ] 

45*1 

f 

1568 

448 

2) 1 „ 

Serum, */» Std. auf 60 °j 

°° 

OO 

OO 

oo 

3) wie 1 


37° | 

ca. 10000 

ca. 10000 

2160 

4) wie 2 


l 

OO 

OO 

oo 



Tabelle VIII. 




Dasselbe Serum und diesel be Anordnunir wie Tab. VII. 




Cholerabouillonkultur. 






Einsaat 

nach V, Std. 

nach 1 Std. 

nach 2 Std. 

1) 1 ccm aktives Serum 1 

I 46 ’! 

f 

1152 

1920 

1780 

2) 1 „ 

Serum, '/, Std. auf 60°J 

1 

OO 

1 

OO 

OO 

oo 

3) wie 1 

|37°| 

ca. 10000 

ca. 10000 

ca. 10000 

4) wie 2 

J 

l 

OO 

OO 

oo 


Aus den raitgeteilten Versuchen gebt ohne weiteres die st&rkere 
und schnellere Bakterizidie bei 44 und 45° C hervor. Schwankungen 
in einzelnen fin den dabei wie bei jeder grOfleren bakteriziden Versuchs- 
reihe statt und Mngen offenbar mit der schwankenden, absoluten, keim- 
tOtenden Kraft der Normalsera zusammen. 

Es ist nur noch des obenerwfihnten Einwandes zu gedenken. Dafi 
eine Temperatnr von 44° Bakterien schadigt, lftBt sich annehmen, anch 
wenn das in der Platte nicht deutlich zum Ausdruck kommt, wie es 
hier in der Mehrzahl der Falle zutraf. Es ist sofort zuzugeben, daB 
Bakterien, die gleicbzeitig zwei verschiedenen Schadigungen ausgesetzt 
sind, der hohen Temperatur einerseits, der Serumbakterizidie anderer- 
seits, schneller verschwinden werden, als wenn nur eine einzige wirken 
wflrde. Es wurde dieser Einwand zunachst so zu vermeiden gesucht, 
dafi die zur Einsaat in die Proben bestiinmten Bakterien 2—3 Stunden 
vorher bei 44° gehalten wurden, ohne dafi dies etwas am bisherigen 
Resultate anderte. Docb ware auch damit der erwahnte Einwand nicht 
vollstAndig beseitigt Dies mufi aber der Fall sein, wenn sich zeigen 
lafit, dafi dort, wo bei 37° infolge des Fehlens oder mangelhafter Aus- 
bildung der bakteriziden Kraft (Fehlen von ImmunkOrpern Oder Komple- 
ment oder beider) keine Keimtdtung stattfindet, eine solche auch bei 
45° unterbleibt. Etwas Derartiges zeigt sich bereits bei den Staphylo- 
kokkenversuchen in Kaninchenserum. Bekanntlich ist der Staphylo¬ 
coccus in diesem Serum sehr Vviderstandsf&hig und wird nur verhaitnis- 
mafiig wenig geschadigt. Tatsachlich kann hieran auch die hdhere Tempe¬ 
ratur nicht viel andern und bisweilen fehlte bei grofien Aussaaten, 
sowohl bei 37° wie bei 44°, jede Bakterizidie oder kam nur angedeutet 
zum Ausdruck. 


Tabelle IX. 

Kaninchenserum. Reichliche Einsaat von Staphylokokkenbouillonkultur. 


1) 1 ccm aktives Serum 1 

2) 1 „ Serum, l / ? Std. auf 60 # j 

3) wie 1 ' 

4) wie 2 


Einsaat 



nach 1 Std. 
vermindert 

30 

OO 

OO 


nach 2 Std. 

OO 

OO 

OO 

oc 


nach 5 Std. 

OO 

OO 

OO 

OO 


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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 223 


Koch klarer l&ftt sich dieser wichtige Befuud bei Verwendung von 
Milzbrand und Schafserum erheben, welch letzteres nach den Unter- 
suchungen von Bail und Pettersson niemals {Complement und oft 
auch keinen Immunkfirper zur Milzbrandabtdtung besitzt 


8 

3) 

4) 


Tabelle X. 

Schafserum. Diesel be VersuchsanordnuDg wie vorher. 

Einsaat von 12 8td. alter, gut durchgeachfittelter Milzbrandbouillontultur. 

Einsaat nach */, Std. nach l 1 /. Std. nach4‘/. Std. 
2 ccm aktives Serum 1 ..o/ 3840 2560 2 800 

2 „ Serum, 7, Std. auf 60 # J 44 1 7360 3520 3 840 

wie 1 ta7*1 7360 3500 ca. 15000 

wie 2 f 3 ' l 6400 3840 ca. 20000 


Tabelle XI. 

Dasselbe Serum und dieeelbe Anordnung wie Tab. X. 

Einsaat von Milzbrandbacillen. 

Einsaat nach X L Std. nach 1 Std. nach 4 Std. 

1) 2 ccm aktives Serum \ 0 / 576 704 384 

2) 2 „ Serum,»/, Std. auf 60°/ 44 I 7<u 800 960 1600 

3) wie 1 I ., 7 o I 576 860 2200 

4) wie 2 /[ 1120 1024 4160 

Eine Vermehrung der Milzbrandbacillen konnte natfirlich bei 44° 
nicht mehr erfolgen, aber auch von Bakterizidie ist nichts Deutliches zu 
sehen. Es beruht also tatsfichlich die bessere Wirkung des Serums 
nur auf einer Begfinstigung der bakteriziden Eigenschaften, der Bakterio- 
lysine, und sie wird nicht durch eine Bakterienschfidigung infolge der 
hSheren Temperatur vorgetauscht. 

Prag, 1. Dezember 1904. 


Nachdruek verboten . 

Experimenteller Beitrag zur Hamolyse und zur Agglutination 

der Streptokokken. 

[Aus der bakteriologischen Abteilung des Hygiene-Instituts der Univer- 
sitat Zflrich. Abteilungsvorstand: Privatdozent Dr. W. S i 1 b e r s c h m i d t] 

Von Julius Kerner, cand. med. 

Zu denjenigen Fragen, welche dank der neueren Forschungen auf 
dem Gebiete der Immunitat in ein neues Licht gebracht wurden, geh6rt 
die wichtige Frage der Identifizierung bezw. Trennung von pathogenen 
Mikroorganismen. Wahrenddem frflher die kulturellen Merkmale allein 
ausschlaggebend waren, ist es heutzutage nicht mehr statthaft, auf Grund 
der kulturellen Untersuchungen Mikroorganismen zu trennen oder zu 
identifizieren. Es ist vielmehr erforderlich, auch die Immunitatsreaktion 
zu berflcksichtigen. Die grundlegenden Arbeiten von Pfeiffer fiber 
die Typhus- und Cholerafrage haben den ersten AnstoB gegeben zu 
dieser neuen Phase im Studium der Krankheitserreger. Zu denjenigen 
Mikroorganismen, welche in dieser Hinsicbt noch nicht genfigend unter- 
sucht sind, gehfirt der Streptococcus pyogenes. Ist es mdglich, 
pathogene und nichtpathogene Streptokokken zu unterscheiden ? Giebt 
es mehrere Arten des Streptococcus pyogenes? Diese Fragen 
sind noch nicht endgfiltig beantwortet worden. Ich will hier nur an- 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


fQhren, dafi die verschiedenen Forscher auf dem Gebiete der Strepto- 
kokkenfrage, wieMarmorek, Besredka, Aronson, Moser, Mayer, 
SchottmQller u. a. nicht zu flbereinstimmenden Resultaten ge- 
kommen sind. 

Auf Anregung von Herrn Dr. Silberschmidt habe ich es daher 
Obernommen, das Verhalten verschiedener Streptokokken in Bezug auf 
hfimolytische und auf agglutinierende Eigenschaften zu untersuchen und 
will die erhaltenen Resultate hier in Kflrze mitteilen. 

A. H&molysc der Streptokokken. 

Die erste Aufgabe, die ich mir bei Beginn der diesbezOglichen Unter- 
suchungen gestellt habe, war, mich zu aberzeugen, dafi die zu unter- 
suchenden Streptokokken wirklich hfimolytische Eigen¬ 
schaften besitzen, wie es von vielen Autoren ffir Streptokokken-, 
Staphylokokken-, Tetanus-, Typhus-, Pyocyaneus- und Coli-Stfimme 
beschrieben worden ist. Der erste orientierende Versuch bestand darin, 
dafi zu der gewbhnlichen, schwach alkalischen Bouillon steriles defibriniertes 
Kaninchenblut zugefflgt, Streptokokken von verschiedener Herkunft reich- 
lich geimpft, und das Ganze in den Brutschrank eingestellt wurde. Nach 
24 Stunden zeigte es sich, dafi das Blut in vielen Rbhrchen deutlich 
aufgelost worden war. Die Methode, die ich fQr den ersten Orientierungs- 
versuch verwendet habe, ist schon lfingst bekannt und ist vor kurzer 
Zeit eingehend von Riecke beschrieben worden. Es werden Bouillon- 
rShrchen verwendet, der betreffende Streptococcus geimpft, wenige 
Tropfen steriles defibriniertes Blut hinzugeffigt, und die RShrchen ;in 
den Brutschrank eingestellt. Nach 1—2 Stunden sind die Blutkdrper- 
chen am Boden des Rdhrchens, nach ungeffihr 6—8 Stunden beginnt 
die Hfimolyse, indem der unterste Teil der Bouillon eine mehr oder 
weniger ausgeprfigte Burgunderrotfarbe annimmt, welche allmfihlich auch 
in den oberen Schichten der Flfissigkeit sichtbar wird. Nach 24 Stunden 
werden die Rdhrchen geschQttelt, und dann ist die Bouillon diffus lack- 
farben. Nach 3—4 Tagen wandelt sich hfiufig die Farbe in eine braun- 
rote um, nach 6—7 Tagen tritt eine Aenderung der Farbe nicht mehr 
ein. Zu den eigenen Versuchen wurde diese Methode angewandt, mit 
dem Unterschiede, dafi das Schfitteln der Bouillonrfihrchen 
vermieden wurde, da die H5he der burgunderrot geffirbten Sfiule 
als gutes Kriterium ffir die Bestimmung der Jntensitfit des hfimolytischen 
Prozesses dienen konnte, vorausgesetzt, dafi die Zusammensetzung und 
die Menge der Bouillon bei alien analog angestellten Versuchen immer 
konstant bleibt. Ich verwendete gewOhnliche, schwach alkalische Fleisch- 
wasserpeptonbouillon in der Menge von je 10,0 ccm. Ffir die vorliegen- 
den Untersuchungen benfitzte ich meistens Kaninchenblut, daneben 
Menschen-, Meerschweinchen-, Hunde-, Ochsen- und Froschblut. Das 
Blut wurde defibriniert und tfichtig mit physiologischer 0,8-proz. Koch- 
salzldsung ausgewaschen, um die eventuelle Wirkung des Blutserums 
auf das Wachstum der Streptokokken einerseits und auf die roten Blut- 
kdrperchen andererseits auszuschliefien. Die Autolyse der roten Blut- 
kSrperchen im homogenen Serum war besonders stark far Menschen- 
und Hundeblut ausgepr&gt, am wenigsten far Kaninchenblut. Nach der 
wiederholten Auswaschung mit 0,8-proz. NaCl-Lfisung blieb das Blut im 
Eisschranke 1 — 2 Wochen unverfindert. Bei jeder PrOfung der HSmo- 
lyse wurde ein Kontrollversuch angestellt, indem zu der Bouillon die- 
selbe Blutart zugefUgt wurde, aber keine Streptokokken. Trat die Hfimo- 


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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse and zur Agglatinat der Streptokokken. 225 


lyse im Kontrollrflhrchen ein, so schlofi ich den betreffenden Versuch 
aus. Von den 16 untersuchten Streptokokkenst&mmen wurden 2 tier- 
pathogene St&mme B nnd P vor 5—6 Jabren aus dem Paltaufschen 
Institut in Wien bezogen und seitdem sehr h&ufig weiter geimpft und 
durch Tierpassage virulent erhalten; ein tierpathogener Stamm M wurde 
aus einem Falle von Mastitis beim Menschen isoliert und ebenfalls 
einige Jahre lang weiter gezQchtet; die tibrigen Streptokokken wurden 
alle von Krankheitsf&llen des Menschen gewonnen, rait Ausnahme der 
Stfimme Rach I. und Each. II, welche ich aus dem normalen Rachen 
isoliert hatte. 

Es wurde zun&chst die h&molytische Wirkung von Strep¬ 
tokokken verschiedener Herkunft in vitro geprflft. Schon 
1895 SuBerte sich Marmorek dahin, daB bei der H&molyse der 
Streptokokken in vitro es sich nur urn leichte Abweichungen je nach 
der Art der Abstammung handelt, wobei die Abweichungen nur im 
Uebergange von einer Form zur anderen bestehen. Schott mailer 
nimmt an, daB alle Streptokokken unter gewissen Bedingungen eine 
h&molytische Eigenschaft zeigen kdnnen, nur in verschiedener Intensit&t 
und unter verschiedenen Farbnuancen, was auch Riecke auf Grund 
seiner spektroskopischen Untersuchungen in neuerer Zeit best&tigt hat. 
Entgegengesetzte Behauptungen fand ich in den Arbeiten von Bes- 
redka, Schlesinger, v. Lingelsheim, Lubenau u. a. Diese 
Autoren schreiben das h&molytische Vermogen nur den Streptokokken¬ 
st&mmen zu, die sich als fflr Tiere pathogen erweisen. In der folgenden 
Tabelle No. 1 wird die Intensit&t der H&molyse verschiedener Strepto- 
kokkenst&mme angegeben nach den mit der oben beschriebenen Methode 
erhaltenen Resultaten. Hier ist zu bemerken, daft in alien meinen 
Untersuchungen die Hdhe der burgunderrot verf&rbten S&ule auffallend 
genau mit der Intensit&t der Lackfarbe Qbereinstimmte. Eine Ausnahme 
machte nur das Menscheublut, dessen Farbnuancen ohne nachweisbare 
Ursachen sich hie und da &nderten. 

Das Alter der fflr diesen Versuch verwendeten Kulturen war an- 
n&hernd das gleiche (s. Tabelle 1). 

Diese mehrmals wiederholten Versuche ergaben, dad ein und derselbe 
Streptococcus auf Blutkflrperchen verschiedenerTierarten verschieden 
wirken kann. Am st&rksten war n&mlich die H&molyse mit Hundeblut, 
am schw&chsten mit Menschen- und Froschblut. Es muB hier hervor- 
gehoben werden, dafi die Resultate fflr eine Blutart und fflr ein und 
denselben Streptococcus-Stamm ziemlich konstant blieben. 

Ferner geht es aus der Tabelle No. 1 hervor, daB die h&molytische 
Wirkung der einzelnen Streptokokken gegenflber den geprflften Blut- 
arten &ufierst verschieden war. Einige St&mme h&molysierten sehr in- 
tensiv, andere gar nicht. 3 fflr Tiere hochpathogene St&mme B, P und M 
wirkten alle energisch und konstant h&molytisch. Die burgunderrote 
Verf&rbung der Bouillon war sehr stark ausgepr&gt. Von den 7 fflr 
Versuchstiere nichtpathogenen St&mmen hamolysierten mit einer gewissen 
Konstanz nur die 2 Scharlacbst&mme, die anderen 5 nicht. 5 St&mme, 
welche von verschieden schweren Krankheitsf&llen des Menschen ge¬ 
wonnen worden waren, deren Tierpathogenit&t aber nicht genau geprflft 
wurde, h&molysierten verschieden stark. Von den 16 untersuchten 
St&mmen zeigten sich somit 11 als deutlich h&molysierend, 5 als nicht 
h&molysierend. Die mehrmals wiederholten Versuche fielen stets flber- 
einstimmend aus. 

E nte Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 2. 15 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Tabelle No. 1. 

Hamolyse der S tr epto ko k k en. 


Bezeich- 


Pathogen i tat 

• 

c 

0> 

9 

3 

a 

'3 

*3 

+3 

3 

3 

43 

3 

nung 

des 

8 tarn mes 

Herkunft 

fur 

a J2 

a .q 

CJ 

s 

6 

-a jq 

O c 

c 

a> 

1 


Versuchstiere 

c-° 

oj 

a 

a 

w 

£ I 

| 

O 

— 

B 

? (Wien) 

hoch pathogen 

+ 

+ 

IT 

+ 

+ 

< 

P 

? (Wien) 

hoch pathogen 

II 

n 

+ 

II 


< 

M 

Phi. 

Mastitis 

Phlegmone 

hoch pathogen 
patnogen 

II 

ii 

< 

+ 

ii 

II 

II 

<4 

< 

< 

A 

Sch. I 

tSeptische Endocarditis 
Scnarlachblut 

nicht pathogen 

< 


n 

% 

< 

0 


Sch. 11 

Scharlaehabscefi 

nicht pathogen 

<4 

< 

<4 

< 



Jon. 

Miliartu berk u lose 

h 

0 


0 



W 

Strumitis 


< 






Me. 

Ohreiter 


< 






Er. 

Erysipelas 


< 

0 

<4 

0 



C 

Cholecystitis 

nicht pathogen 

0 

0 

0 




K 

Septische Endocarditis 

nicht pathogen 

0 

0 

0 

0 


0 

In. 

Intestinal is 

nicht pathogen 

0 

0 

0 




Rach. I 

norm. Rachen 

nicht pathogen 

0 

0 

0 




ftach. II 

norm. Rachen 

nicht pathogen 

0 

0 

0 





Erk la rung der Zeichen, die fur alle Tabellen beniitzt werden: 
vollstandige Hamolyse. Burgunderrote Farbung des ganzen Bouillonrohrchens 
-|- fast vollstandige Hamolyse. Das Rohrchen ist bis zu 5 /s burgunderrot ge- 
farbt. 

|| sehrdeutliche Hamolyse. Das Rohrchen ist bis zur Halfte burgunderrot ge- 
farbt. 

deutliche Hamolyse. Das Rohrchen ist %—1 cm hoch burgunderrot gefarbt. 
< kaum angedeutete Hamolyse. Die Bouillon zeigt oberhalo des Bodensatzes 
leichte burgunderrot verfarbte Wolken. 

0 keine Hamolyse. 

Neben den Versuchen mit gewbhnlicher 1 / s Proz. NaCl haltiger 
Bouillon stellte ich gleichzeitig Versuche an, mit Kulturen in Bouillon, 
welche 2 Proz. NaCl enthielt, urn den EinfluB des Kochsalzge- 
haltes auf die Hamolyse zu priifen. Die Resultate dieser Unter- 
suchung sind auf der Tabelle No. 2 angegeben. 


Tabelle No. 2. 

Hamolyse der Streptokokken in Bouillon mit 0,5 und mit 2 Proz. 

K o c h s a 1 z. 


Bezeich- 

Hundeblut 

Kaninchenblut 

Meerschweinchenblut 

nung 













des 

Gewonnl. 

Bouillon mit 

Gewohnl. 

Bouillon mit 

Gewohnl. 

Bouillon mit 

Stammes 

Bouillon 

2 Proz. NaCl 

Bouillon 

1 _ _ 

2 Proz. NaCl 

Bouillon 

2 Proz. NaCl 

B 

# 

ii 

+ 

0 

-f" 

0 

P 

+ 

<4 

ii 

0 

ii 

0 

M 

+ 

0 

ii 

0 



Phi. 


0 

<4 

< 

< 4 

< 

Sch. II 

<4 

< 

< 

0 

< 

0 

Er. 

<4 

0 

< 

0 

0 

0 

Rach. I 

0 

0 

0 

0 



K 

0 

u 

0 

0 



A 

ll 

< 


0 



Jon. 

0 

0 

1 

0 

0 

0 


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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 227 


Das Ergebnis des hier aufgefflhrten Versuches lautet somit in der 
Weise, daB der Zusatz von 2 Proz. NaCl zur Bouillon die 
H&molyse betr&chtlich abschw&cht. Auf die Wachstumshem- 
mung konnte ich den Unterschied in der St&rke der H&molyse nicht 
zurflckfflhren, weil die makroskopiscbe und mikroskopische Untersuchung 
eine sehr deutliche Vermehrung der Streptokokken ergab. 

Um die Frage zu prflfen, in welcher Weise sich die H&mo- 
lysinbildung &ndert infolge der Passage durch den Tier- 
kdrper und nach der Ueberimpfung aufkflnstliche N&hr- 
bftden, wurden Versucbe mit dem tierpathogenen Streptococcus M 
(Mastitis) angestellt Von verschiedenen Autoren ist die H&molyse als 
Masstab fttr die Pathogenit&t der Streptokokken angegeben worden. Auch 
meine Versuche scbeinen fflr diese Annahme zu sprechen, da diejenigen 
Kulturen, welche am virulentesten fflr Kaninchen waren, auch am 
st&rksten b&molytisch wirkten. Schlesinger, Besredka, Marmo- 
rek haben schon die Steigerung der H&molyse in vivo im Laufe der 
Tierpassagen konstatiert. Um dieselbe Frage fflr die H&molyse in vitro 
zu beantworten, habe icb Versuche mit dem bochpathogenen Stamm M 
vorgenommen; die Steigerung der Virulenz eines avirulenten und nicht 
h&molysierenden Streptococcus mittels Tierpassage ist mir nicht ge- 
lungen. Die Virulenz der nichtpathogenen St&mme K, Racb. I und 
Racb. II wurde durch einige Injektionen auf M&use und auf Kaninchen 
nicht erhdht. Die Versuche mit Streptococcus M wurden in folgender 
Weise angestellt. Es wurde ein Kaninchen No. 1 mit einer lebenden 
24-stflndigen Bouillonkultur von Streptococcus M subkutan geimpft 
(0,25 ccm). Das Tier starb nach 19 Stunden. Herzblut deutlich lackiert. 
Direkt mit dem Herzblut No. 1 wurde ein anderes Kaninchen subkutan 
geimpft (0,25 ccm). Tod nach 12 Stunden, Herzblut hochgradig lackiert. 
Mit dem Herzblute beider Tiere wurden Kulturen angelegt, und diese 
t&glich wieder auf kflnstliche N&hrbdden flberimpft. Jede Kultur kam 
nach 24-stflndigem Aufenthalt bei 37 0 C in den Eisschrank. Am Ende 
der ersten Woche wurde die Prflfung der H&molyse in Kulturen von 
verschiedenen Generationen vorgenommen. 


Tabelle No. 3. 

Hamolyse der Streptokokken in Kulturen verschiedener Generation. 


Ausgangsmaterial 

Kaninchen- 

blut 

Stamm kultur (3 Monate alt) 

II 

Herzblut No. 1 

# 

1. Generation (Agarkultur) 

ii 

2. Generation (Agarkulter) 

ii 

3. Generation (Agarkultur) 

II 

4. Generation (Agarkultur) 

Herzblut No. 2 

ii 

# 

1. Generation (Zuckeragarkultur) 

1. Generation (Zuckerbouillonkultur) 

ii 

< 

2. Generation (Zuckeragarkultur) 

2. Generation (Zuckerbouillonkultur) 

ii 

< 

3. Generation (Zuckeragarkultur) 

3. Generation (Zuckerbouillonkultur) 

Ii 

< 


Bemerkungen 


Sehr deutliche Hamolyse schon nach 
2 Stunden 


Sehr deutliche Hamolyse schon nach 
2 Stunden 




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228 


Centralbl. f. Baku etc. I. Aht. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Die drei Versuchsreihen lieferten flbereinstimmende Resultate: Der 
direkt aus dem Tierkorper stammende Streptococcus wirkte besonders 
stark hamolytisch, womit die bedeutende Zunahme des hamo- 
lytischen Vermogens nach derTierpassage in vitro kon- 
statiert wurde; nach einmaliger Ueberimpfung des Streptococcus 
auf kiinstliche Nfihrboden wurde das erhaltene Vermbgen bis zum ur- 
sprtinglichen Grade der Stammkultur herabgesetzt; die raehrfache Passage 
durch kiinstliche N&hrbbden hat aber keine weitere Herabsetzung der 
Hamolyse zur Folge gehabt. Passage durch Zuckerbouillon scheint be¬ 
sonders stark herabsetzend auf die Hamolysinbildung zu wirken. 

Im ferneren wurde gepriift, wie lange verschieden alte, bei 
Zimmertemp eratur aufbewahrte Bouillonkulturen von 
Streptokokken hamolytisch wirken. Hier war ich genbtigt, 
diese Methode etwas umzuandern, ahnlich, wie dieselbe von Neisser 
und Wechsberg bei Priifung der StaphylokokkenhSmolyse, von 
Schlesinger fur die Untersuchung der Hamolysinbildung der Strepto¬ 
kokken angewandt worden ist. Im Laufe eines Monats legte ich jeden 
Tag eine Kultur in gewohnlicher Bouillon an, stellte dieselbe auf 24 
Stunden in den Brutschrank, dann bewahrte ich sie im Dunkeln bei 
Zimmertemperatur auf bis zu dem Momente der Verwendung fiir die Pru- 
fung der Hamolyse. Es wurden dann in einer Reihe diesen Bouillon- 
kulturrbhrchen je 3 Tropfen defibriniertes, ausgewaschenes Kaninchenblut 
zugefiigt und nach 2-stiindigem Aufenthalt im Brutschrank in den Eis- 
schrank gestellt. Die Hamolyse tritt dann nach 1—3 Tagen ein, selten 
nach 5 Tagen, spater aber nicht mehr, im Gegensatz zu dem Befunde 
mit Staphylokokken. In der folgenden Tabelle sind die erhaltenen Re¬ 
sultate zusammengestellt. 

Tabelle No. 4. 

Hamolyse mit verschieden lang bei Zimmertemperatur aufbewahrten 
Bouillonkulturen von Streptokokken. 


Alter 

der 

Bouillon¬ 

kulturen 

Str. B. 

Str. P. 

Str. A. 

Str. 

K. 

Str. 

Rach.I 

nach 

24 

Std. 

nach 

48 

Std. 

nach 

5 Tg. 

nach 

24 

Std. 

nach 

48 

Std. 

nach 

5 Tg. 

nach 

24 

Std. 

nach 

48 

Std. 

nach 

5 Tg. 

nach 

5 Tg. 

nach 

5 Tg. 

1 Tag 

II 

+ 


n 

II 

II 

II 

II 

II 

0 

0 

3 lage 

II 

+ 

+ 

ii 

II 

II 

< 

<4 

<4 

0 

0 

5 

II 

+ 

+ 

n 

II 

II 

0 

0 

< 

0 

0 

7 n 

II 

+ 

+ 

ii 

II 

II 

< 

< 

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0 

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II 

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II 

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II 

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24 .. 

0 

< 

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28 „ 

0 

0 

< 









2 '/, Mon. 

0 

0 

0 










Wie aus dieser Tabelle ersichtlich ist, bleibt der Hamolysingehalt 
der pathogenen Stamme in Bouillonkulturen in den ersten 7—14 Tagen 
ziemlich konstant, dann scheint er allmahlich abzunehmen, wobei nach 
ungefahr 28 Tagen nur leichte Hamolyse, und zwar sehr trage, eintritt; 
beide fiir Tiere nichtpathogene Stamme wirkten auch in ihren alten 
Kulturen nicht hamolytisch. 


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Original fro-m 

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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 229 

Weitere Versuche betrafen die Frage derWiderstandsfahig- 
keit der Streptokokken ham oly sine gegen Erhitzung. Fur 
jede Versuchsreihe wurde dieselbe Bouillonkultur aus einem Kolben be- 
nutzt, urn jeglichen Fehler auszuschalten. Auch diese Versuche wurden 
vielfach wiederholt, und zwar mit iibereinstimmenden Resultaten. 


Tabelle No. 5. 

Hamolyse mit erwarmten Kulturen von Streptokokken. 


Angewandte Temperatur 

Herzblut No. 2 


Str. B. 

Harao- 

lytische 

Filtrate 

Kanin¬ 

chenblut 

Meer- 

schwein- 

chenblut 

Ochsen- 

blut 

Hunde¬ 

blut 

Kanin¬ 

chenblut 

nicht erhitzt 

# 

# 

# 

# 

ii 

15 Minuten lang auf 55° C 


0 

0 

< 

0 

on **° 

OV yy tj *JO 1) 

0 

0 

0 

0 

0 

1 Stunde lang auf 55° C 

0 

0 

0 

0 


15 Minuten lang auf 65° C 

0 

0 

0 

0 


30 yy yy yy 65 0 ,, 

0 

0 

0 

0 


10 * „ „ 72° „ 

0 

0 

0 

0 


15 yy yy yy i 2 ° „ 

0 

0 

0 

0 


30 „ „ „ 72° „ 

0 

0 

0 

0 


5 „ „ gekocht 

0 

0 

0 

0 



Aus diesen Versuchen geht hervor, daB die Streptokokkenhamoly- 
sine sich gegeniiber Erhitzung ziemlich labil erweisen. Eine 30 Mi- 
nuten lang dauernde Erwarmung auf 55° C hebt die Ha- 
molyse vollstandig auf; nach 15 Minuten auf 55° C wird die 
Hamolyse schon deutlich abgeschwScht. Die Staphylolysine zeigen nach 
Angaben der Autoren ein ahnliches Verhalten. Die hamolytischen 
Filtrate, von denen ich noch zu sprechen habe, haben dieselbe geringe 
Widerstandsfahigkeit gegeniiber Erhitzung gezeigt. 

Von den anderen Methoden, die ich fiir meine Untersuchungen ver- 
wendet habe, erwahne ich hier die Hamolyse auf dem Blutagar. 
Er wurden frische Agarrohrchen verfliissigt, bis auf 45° C abgekflhlt, 
je 3—4 Tropfen defibriniertes Kaninchenblut zugefiigt und rasch Platten 
gegossen; dann wurden oberflachliche Kulturen mit wenig Material an- 
gelegt. Nach ungefahr 18—24 Stunden merkt man um jede einzelne 
Kolonie herum einen kleinen (2—3 mm im Durchmesser) hellen Hof, 
was auf die Resorption des Hamoglobins der roten Blutkorperchen hin- 
deutet. Die Reaktion ist sehr empfindlich und elegant, scheint aber fur 
quantitative Bestimmungen nicht geeignet zu sein, weil der Durchmesser 
des Hofes neben der Intensit&t der Hamolyse auch von der GroBe der 
Kolonieen abhangig zu sein scheint. Werden die Streptokokken in den 
fliissigen Agar geimpft, so ist die Hamolyse an den einzelnen Kolonieen 
nicht so leicht zu konstatieren, dagegen tritt schon nach 12—24 Stuuden 
eine Umwandlung der hellroten Farbe des Blutagars in eine deutlich 
braunrote ein. Die Prufung der St&mme mit Kaninchen-, Meerschwein- 
chen- und Hundeblut ergab, daB bei den Stammen, die in den Bouillon- 
kulturen nicht hSmolysierend wirkten, auch auf den Blutagar keine Be- 
einflussung auftrat. Hochpathogene Stamme haben die schdnste Reaktion 
gegeben. 

Weiter befaBte ich mich mit der Frage, ob dieStreptokokken- 
hamolysine durch Bakterienfilter filtrierbar sind. Ver- 
schieden alte Bouillonkulturen von Streptokokken, welche sich als hamo- 


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230 Centr&lbl. f. Bakt etc. 1. Abt Originale. Bd. XXXYIII. Heft 2. 

lytisch erwiesen hatten, wurden durch kleine Porzellanfilter filtriert uod 
mit Blut vermengt. Eine H&molyse in den Filtraten konnte 
nicht nachgewiesen werden. Nun fQhrte ich den Versuch unge- 
f&hr in der Weise aus, wie es Besredka 1901 beschrieben hat. Es 
wurden folgende 4 NfihrbSden benutzt; 

a) normales Kaninchenserum 1 Teil + Hundeblutserum 2 Teile, 

b) normales Kaninchenserum 1 Teil -f- Ochsenblutserum 2 Teile, 

c) Kaninchenimmunserum P, 

d) Kaninchenimmunserum B. 

Hier sei bemerkt, dafi Kaninchen P und B im Laufe von 8 Monaten 
wiederholt mit 30 Minuten lang auf 65° C erhitzten Kulturen von den 
betreffenden Streptokokken immunisiert wurden. Agglutinationswertig- 
keit fflr Serum P = l:25000, diejenige fflr Serum B= 1:3200. 

Alle diese 4 N&hrb6den wurden V* Stunde auf 55° C erhitzt, um 
die bakterizide und die makrocytische Wirkung der Sera zu vermeiden. 
Dann wurden alle 4 ROhrchen mit Strepto coccus M (Herzblut No. 2) 
reichlich geimpft und fflr Anregung der H&molysinbildung je 2 Tropfen 
Blut verschiedener Art in folgender Reihe zugefflgt: in Serumgemisch a 

— Hundeblut, in Serumgemisch b — normales Kaninchenblut, im Serum P 

— normales Kaninchenblut, im Serum B — Blut von deraselben Tier B. 
Nach 24-stflndigem Aufenthalte im Brutschranke wurden die R5hrchen 
zu gleichen Teilen mit 0,8-proz. NaCl-LOsung vermengt und durch Por¬ 
zellanfilter vorsichtig filtriert. Nach der PrOfung der SterilitSt der Fil¬ 
trate wurden ihre h&molytischen Eigenschaften in folgender Weise ge- 
prfift. Es wurden zu je 10,0 ccm physiologischer KochsalzlOsung 
3—4 Tropfen defibriniertes Blut und 1,0 ccm Filtrat zugegossen und in 
den Brutschrank gestellt. Die H&molyse trat nach 24 Stunden ein. 
Nach der 15 Minuten lang dauernden Erhitzung auf 55° C trat keine 
H&molyse ein. Als Kontrollversuch dienten eine Reihe von filtrierten 
gewOlmlichen Bouillonkulturen von verschiedenem Alter, daneben auch 
das filtrierte sterile Blutserum und filtrierte sterile Bouillon, wobei ich 
keine Spur von H&molyse konstatieren konnte. Die Resultate sind in 
folgender Tabelle No. 6 veranschaulicht. 


Tabelle No. 6. 

Hamolyse der Filtrate von Streptokokkenkulturen im Blutserum. 


Art der Kultur 

Norm. 

Kanin¬ 

chenblut 

Immun- 

blut 

B 

immun- 

blut 

P 

Hunde¬ 

blut 

Norm. Kaninchenserum + Hundeblutserum 

ii 

B 

ii 

+ 

Norm. Kaninchenserum + Ochsenblutserum 

ii 

II 

ii 

+ 

Kaninchenimmunserum P 

ii 

II 

ii 

+ 

Kaninchenimmunserum B 

ii 

II 

ii 

4- 


(Schlufi folgt.) 


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Delfino, Immunis. des Kaninchens gegen dag Bakt der Geflugelcholera. 231 


Nachdruck verboten . 

Immunisienuig des Kaninchens gegen das Bakterium der 
Genugelcholera (Yaccin Lignites). 

Von Dr. Juan Carlos Delfino, 

Direktor des bakteriologischen Institutes des nationalen Gesundheitsamtes Buenos Aires. 

Sehr bekannt sind die Arbeiten Pasteurs fiber die Abschw&chung 
der Virulenz des Erregers der ansteckenden, Geflflgelcholera genannten 
Krankheit und fortwfihrend ffihrt man die Immunisierung der V5gel 
gegen diese Infektion anf als ein, man kann sagen, klassisches Beispiel 
der kfinstlichen Immunitfit. 

Bei dem eingebenderen Studium der ansteckenden Krankheiten der 
Tiere wurden bekanntlich von Hueppe unter dem Namen Septicaemia 
haemorrhagica alle die von oviformen Bakterien verursachten Krank¬ 
heiten zusammengefafit, unter welchen die Septikfimie der Hfihner die 
erste Stelle einnimmt, indem er zeigte, daB diese Bakterien sowobl 
morphologisch wie biologisch eine ganze Anzahl gemeinsamer Merkmale 
darbieten. 

Mit Hilfe der Agglutination lernte man Bakterien voneinander unter- 
scheiden, welche frflher irrtfimlicherweise zu ein und derselben Art zu 
gehdren schienen. 

Zur Zeit kennen wir genau unter diesen verwandten Bakterien aufier 
dem Bacillus ovisepticus den der Schweineseuche, den der 
Schweinepest, der Pasteurellosis ovis (Ligniferes) etc. 

Unter den fflr diese Bakterien zugfinglichen Tieren besitzt das 
Kaninchen eine fiuBerst starke Empfindlichkeit, weshalb es auch so 
schwer war, fflr dieses Tier einen schfltzenden Impfstoff herzustellen. 
Wassermann und Ostertag betonen dies auch mit Bezug auf die 
Schweineseuche und Kitt spricht in seiner Abhandlung fiber Septi¬ 
kfimie der Vdgel in dem Handbuch der pathogenen Mikroorganismen 
nur von der Preservation des Kaninchens gegen diesen Keim durch 
Anwendung des Pferdeimmunserums. Jedoch ist der hierdurch ent- 
standene Schutz nicht absolut und vermag den Tod nur um 4—25 Tage 
zu verzflgern. 

Prof. Ligniferes, der Arbeiten fiber die hfimorrhagischen Septi- 
kfimieen verdffentlichte, hat im Institute von Palermo (Buenos Aires) 
einen Impfstoff gegen die virulente Inokulation der Hfihnercholera im 
Kaninchen hergestellt mit einer tatsfichlich immunisierenden Wirkung, 
welche, unseres Wissens, bis jetzt noch kein einziges Vaccin auf- 
gewiesen hat. 

Wir haben diese Ueberzeugung durch eine Reihe von Untersuchungen 
gewonnen, welche wir auf Veranlassung des Herrn Prof. Ligniferes 
— der uns mit der Prflfung seiner wichtigen Entdeckung beehrte — 
angestellt haben. 

Untenstehend wollen wir die genannten Untersuchungen und ihre 
Ergebnisse mitteilen. 

Die Schutzimpfung umfafit 2 Inokulationen mit einer Frist von 
10 Tagen zwischen der ersten und der zweiten Einspritzung. 10 Tage 
nach der zweiten Impfung bleibt das Tier dauernd immun. 

An der Impfstelle zeigen sich einzelne lokale Reaktionen (Ver- 
hfirtungen, kleine Geschwflre). 


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232 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2 . 


Die Menge des eingespritzten Impfstoffes braucht, wie wir sehen 
werden, nicht sehr groB zu sein, da eine Dosis von 1 ccm fflr die 
Immunisierung sch&dlich sein wflrde. 

Versuche. 

4 Kaninchen, jedes ungef&hr l 1 /* kg schwer, erhalten die erste 
Impfung, 2 injiziert man mit Vs ccm und die beiden anderen mit 1 ccm. 
Nach 10 Tagen empfangen sie die zweite Impfung in derselben Quantitfit 
wie das erste Mai. 10 Tage sp&ter zeigen sich nur einfache lokale Er- 
scheinungen, die st&rker ausgepr&gt sind bei den Tieren, welche jedes- 
mal 1 ccm empfangen batten. Nun spritzt man jedem der 4 Kaninchen 
1 Tropfen einer virulenten Kultur unter die Haut ein und eine gleiche 
Quantit&t einem 5. Kaninchen (Kontrolle), das nicht vorbehandelt wurde. 

Das Kontrolltier starb nach 16 Stunden. Von den 4 Geimpften 
starben die 2, welche jedesmal 1 ccm Vaccin empfangen batten, 15 Stunden 
nach dem Kontrolltier. 

Die 2, welche jedesmal */» ccm bekommen hatten, blieben am Leben, 
ohne die geringste Verftnderung zu zeigen, und heute, 1V* Monate nach 
dem Versuche, befinden sie sich vollkommen wohl und haben 1 / 3 an 
Gewicht zugenommen. 

Um festzustellen, ob die Immunisierung gegen grdfiere Dosen 
virulenter Kulturen schtitzt, wurden 2 Kaninchen zu diesem Zwecke 
vacciniert 10 Tage nach der letzten Impfung wurde einem der Tiere 
1 / 4 ccm virulenter Kultur unter die Haut gespritzt und dem anderen 
1 / 1 ccm derselben Kultur intravends einverleibt. Beide Kaninchen sind 
am Leben geblieben, befinden sich in einem ausgezeichneten Gesundheits- 
zustande und haben an Gewicht zugenommen. 

Aus diesen Versuchen gehen die folgenden SchlQsse hervor: 

1) Die Schutzimpfung Ligniferes gegen die Septik&mie der VOgel 
im Kaninchen verleiht demselben eine kr&ftige Immunit&t, welche im 
stande ist, der Wirkung von verhfiltnism&Big enormen Quantit&ten 
virulenter Kulturen zu widerstehen. 

2) Die Quantit&t des Impfstoffes kann nicht willkfirlich erhdht 
werden, da die Kaninchen, welche 2mal 1 ccm erhielten, nicht zur 
selben Zeit immunisiert waren wie diejenigen, welche jedesmal nur 
1 1 3 ccm Vaccin erhielten. 

Nach den Untersuchungen Prof. Ligni&res ist dieser Impfstoff 
ein gegen die Hiihnercholera spezifischer, d. h. er hat keine Wirkung 
gegen andere Pasteurellosen. 


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Miller, On the keeping qualities of antidiphtheritic serum. 


233 


Nachdruck verboten. 

On the keeping qualities of antidiphtheritic serum. 

By Dr. E. C. L. Hiller, Detroit, Mich. 

It is generally understood that antidiphtheritic serum gradually 
loses its potency, but no very definite information seems to exist as to 
the rate or conditions of this deterioration. In “Medicine” for January 
1902, the French Minister of the Interior is quoted as saying that “the 
serum (antidiphtheritic) loses none its curative qualities by being kept 
even for a year”. In the Journal of the Royal Army Medical Corps for 
May 1904, is an editorial in which the results of some tests, made to 
determine the relative keeping qualities of diphtheria antitoxin, when 
kept in hospitals at home (England) and when sent in transports to 
India, are given. These tests show that some deterioration occurred 
in both instances, but not so much as to seriously impair the useful¬ 
ness of the serum. A period of rather more than a year elapsed be¬ 
tween these tests. 

Because of this tendency to deteriorate, the manufacturers of anti¬ 
toxin stamp each package with a date after which they offer to take it 
back and supply fresh serum in exchange. It occurred to me that 
retesting these returned serums would demonstrate the keeping qualities 
of antidiphtheritic serum, under the conditions met with in the ordinary 
drug store, better than any other means. The firm of Messrs. Parke, 
Davis & C o. kindly placed at my disposal a quantity of their returned 
serums as well as their laboratory records from which the history of 
each lot of serum could be traced. Most of these goods were more or 
less shop-worn, many bore the retailer’s mark and some the druggist’s 
name and address. As judged by these marks the goods came from 
all parts of the United States, and had probably been kept under all 
sorts of conditions — some good, some bad. A half dozen packages had 
evidently been exposed to considerable heat as the serum in them was 
firmly coagulated. 

As a rule most of the returned goods come back soon after the 
expiration of the time limit, but for the rest there is great irregularity — 
some coming back before the time limit has expired, some long after¬ 
wards. Many packages were found which had been out from eighteen 
months to three years and a few even longer. This firm makes a prac¬ 
tice of destroying these returned serum as fast as they come back, so 
the ones here reported on came back within a short time of each other 
most of them during June 1904. From these returned goods samples 
were chosen, representing lots which had been on the market for vari¬ 
ous periods of time, and their tests with the history of each lot are 
given in the accompanying table. The lots are arranged according to 
the length of time which elapsed between the regular laboratory test, 
before the serum was sent out, and my re-test. This time varies from 
seven months to more than six years. 

During the spring of 1901, the method of testing the potency of 
antidiphtheritic serum in the laboratory was changed, the Ehrlich 
standard test antitoxin being substituted for the one hundred lethal 
doses of diphtheria toxin previously used as a standard, consequently 
the tests made before that time cannot be accurately compared with the 


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234 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


present tests, but from lot 2005 onward the serum was all tested ac¬ 
cording to the Ehrlich standard. 

From lot 2005 onward there are in the table 82 lots of serum re¬ 
presented, and, of these, 25 lots or 30% show deterioration. The ori¬ 
ginal potency of the serum varied from 125 to 750 units per ccm, and 
the different strengths of serum showed deterioration as follows: 


7 7. 
26°/. 
26% 
31°/, 
50% 
28% 
100 % 


of the lots testing 200 units per ccm showed deterioration 

250 „ ,i >> 

300 „ „ „ 

400 ,, „ 

500 „ „ „ 

600 „ „ „ 

750 „ „ „ 


This would seem to indicate that the high potency serums undergo 
more deterioration than those of low potency. 

As will be seen from the table these serums were held in the labo¬ 
ratory from 15 to 306 days before being sent out. It has been claimed 
that serums held in the laboratory for some time show less deteriora¬ 
tion when sent out, but when the lots are rearranged according to the 
length of time held in the laboratory, the first 41, containing serums 
held from 15 to 66 days, show 14 cases of deterioration, while the se¬ 
cond 41, containing serums held from 66 to 306 days, show 11 cases 
of deterioration. Emphasis should not be laid on either of these results 
as the intervals at which the serums are tested are too large to make 
them accurate. The serums are tested at 250, 300, (333), 400, 500, 600 
and 750 units per ccm If a lot tests 400, but fails to test 500, it is 
rated as 400, whereas it may test anywhere between 400 and 500, say 
475. Should this deteriorate 50 units, bringing it down to 425, it 
would be marked in the chart as showing no deterioration, as it still 
tests 400. But, had it at first only tested 425, then 50 units deterio¬ 
ration would have brought it to 375, and it would be marked as show¬ 
ing 16% or 25% deterioration, depending on whether the next test 
was made at 333 or at 300 units. From this it will be seen that the 
twenty-five lots showing loss of potency are probably not the only ones 
which deteriorated, but rather are the ones in which the loss showed 
in the tests. 

The most remarkable showing in the table is that from the time 
of the adoption of the Ehrlich Standard every one of the eighty-two 
packages examined contained at least as many units as were claimed 
for it on the label, and (as will be seen from the last columm) most of 
them contained from 6% to 25°/ 0 excess. Many of these serums had 
been on the market two and three years, and hence it is clearly shown 
that, with the excess usually allowed by manufacturers, antidiphtheritic 
serum retains its therapeutic activity for a much longer period than is 
commonly supposed. 

The lessons learned from these tests may be stated as follows: 

1) Antidiphtheritic serum undergoes gradual deterioration, the high 
potency serums changing more rapidly than the weaker serums, but in 
neither case is the loss of potency as rapid as is usually supposed. 

2) The ordinary packages of serum, containing as they do the ex¬ 
cess allowed by the manufacturers, retain their full therapeutic value 
for months or even years after their time limit, as stamped on the 
label, has expired. 


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Miller, On the keeping qualities of antddiphtheritic serum. 


235 


Operation 

No. 

Date of 
bleeding 

Date of test 

Date of 
issue from 
Laboratory 

No. davs held 
in Lab. 

No. days between 
test and issue 

No. months 
between tests 

Original potency 
per ccm 

Present potency! 
per ccm 

Deterioration % 

Total units in 
original pkg. 

Labeled j 

Total units in 
returned pkg. 

Ol 

£ 

*4—< 

O 

230 

Oct 28 

'97 

Nov. 10 '97 

Nov. 23 

’97 

26 

13 

81 

125 

100 

20 

500 

500 

400 

80 

250 

Nov. 9 

’97 

„ 11 '97 

Dec. 9 

'97 

30 

28 

80 

166 

166 

0 

1162 

1500 

1162 

77 V, 

252 

„ 9 

'97 

„ 11 '97 

Nov. 26 

*97 

15 

15 

80 

333 

250 

25 

2331 

2000 

1750 

V 2 

272 

23 

'97 

„ 27 '97 

Dec. 10 

'97 

18 

13 

80 

200 

100 

50 

1200 1000 

600 

60 

917 

May 2 

'99 

May 26 '99 

Aug. 29 

'99 

119 

95 

62 

250 

166 

33 

1750 1500 

1162 

77 V, 

919 

„ 2 

’99 

June 29 *99 

„ 10 

'99 

100 

42 

61 

166 

111 

33 

664 

500 

444 

89 

976 

June 6 

'99 

„ 29 '99 

Sept. 25 

'99 

111 

88 

61 

236 

222 

6 

21242000 

2000 

100 

977 

6 

'99 

„ 29 '99 

„ 13 

'99 

99 

76 

61 

188 

188 

0 

11284000 

1128 

113 

1062 

Aug. 23 

'99 

Sept. 8 ’99 

„ 20 

'99 

28 

12 

58 

500 

400 

20 

10004000 

800 

80 

1091 

Sept. 6 

'99 

„ 8 '99 

Nov. 1 

'99 

56 

54 

58 

236 

125 

47 

2124 2000 

1125 

56 

1095 

„ 9 

'99 

„ 11 '99 

Oct. 16 

'99 

37 

35 

57 

333 

250 

25 

666 

500 

500 

100 

1431 

April 18 

’00 

April 20 ’00 

June 27 

'00 

70 

68 

51 

200 

143 

28V, 

600 

500 

429 

86 

1681 

Sept 28 

'00 

Oct. 9 '00 

Oct 24 

'00 

26 

15 

45 

333 

300 

10 

2331,2000 

2100 

105 

2005 

Mar. 12 

'01 

Mar. 21 '01 

May 20 

'01 

69 

60 

39 

250 

250 

0 

12504000 

1250 

125 

2029 

„ 20 

’01 

June 12 ’01 

July 3 

'01 

105 

21 

37 

400 

333 

16V, 

24002000 

2000 

100 

2048 

25 

'01 

„ 26 '01 

Aug. 1 

'01 

129 

36 

37 

200 

166 

16V, 

16004000 

1333 

133 

2213 

June 12 

'01 

„ 26 '01 

,, 9 

'01 

58 

44 

37 

300 

300 

0 

1800 1500 

1800 

120 

2057 

April 1 

'01 

July 17 '01 

„ 16 

'01 

137 

30 

36 

250 

250 

0 

12504000 

1250 

125 

2332 

July 29 

'Ol 

Aug. 14 ’01 

Sept. 16 

'01 

49 

41 

35 

250 

250 

0 

1250 1000 

1250 

125 

2339 

Aug. 3 

'01 

„ 21 '01 

Aug. 30 

'01 

27 

9 

35 

500 

400 

20 

2500,2000 

2000 

100 

2436 

Sept. 9 

'01 

Sept 11 '01 

Sept. 24 

*01 

15 

15 

34 

500 

400 

20 

20004500 

1600406V, 

2508 

Oct 7 

'01 

Oct 17 '01 

Nov. 4 

'01 

28 

18 

33 

200 

200 

0 

600 

500 

600420 

2511 

„ 7 

'01 

„ 15 '01 

„ 13 

'01 

37 

29 

33 

200 

200 

0 

600 

500 

600420 

2557 

Nov. 2 

'01 

Nov. 7 '01 

„ 21 

'01 

19 

14 

32 

250 

250 

0 

1750 

1500 

1750 

116V, 

2694 

Dec. 16 

'01 

Dec. 19 '01 

Jan. 6 

'02 

21 

18 

31 

300 

300 

0 

2400,2000 

2400 

120 

2607 

Nov. 26 

'01 

„ 4 '01 

Dec. 11 

'01 

15 

7 

30 

400 

400 

0 

3600|3000 

3600 

120 

2612 

„ 27 

'01 

„ 4 '01 

„ 12 

'01 

15 

8 

30 

200 

200 

0 

12004000 

1200 

120 

2635 

Dec. 3 

'01 

„ 10 '01 

„ 20 

'01 

17 

10 

30 

500 

400 

20 

25002000 

2000 

100 

2752 

„ 31 

'01 

Jan. 22 '02 

Mar. 7 

'02 

66 

34 

30 

500 

500 

0 

35003000 

3500 

!167, 

2786 

Jan. 15 

'02 

„ 22 '02 

Febr. 5 

'02 

21 

14 

30 

600 

600 

0 

24002000 

2400 

120 

03148 

Mar. 8 

'02 

July 18 '02 

Aug. 8 

'02 

153 

21 

23 

200 

200 

0 

600 

500 

600 

120 

03158A 

„ io 

'02 

Aug. 28 '02 

Sept 6 

'02 

180 

9 

23 

200 

200 

0 

600 

500 

600 

120 

03210 

April 1 

'02 

„ 8 ’02 

Aug. 18 

'02 

139 

10 

23 

250 

250 

0 

12504000 

1250 

120 

03429 

June 12 

'02 

July 11 '02 

„ 1 

'02 

50 

21 

23 

400 

400 

0 

800 

500 

800 

160 

03218 

April 4 

'02 

Aug, 25 '02 

Sept 3 

'02 

152 

9 

22 

300 

300 

0 

2400|2000 

24001120 

03454 

June 13 

'02 

„ 20 '02 

„ 2 

'02 

81 

5 

22 

250 

250 

0 

12504000 

1250425 

03195 

Mar. 28 

'02 

Sept. 29 *02 

Oct. 4 

'02 

190 

5 

21 

200 

|200 

0 

600 

500 

600420 

03207A ) 

April 1 

'02 

„ 11 '02 

Sept. 18 

'02 

170 

7 

21 

400 

400 

0 

12004000 

120012O 

03325 

„ 19 

'02 

„ 5 '02 

„ 12 

'02 

146 

7 

21 

250 

2501 

0 

1250 1000 

1250,125 

03618 

July 29 

'02 

„ 25 '02 

Oct. 6 

'02 

69 

11 

21 

300 

250 

16V, 

1800 

1500 

1500400 

03720 

Aug. 27 

'02 

„ 30 '02 

„ 6 

'02 

40 

6 

21 

500 

400 

20 

2000 

150011600:1067, 

03432 

June 12 

'02 

Oct 24 *02 

„ 31 

'02 

141 

7 

20 

250 

250 

0 

1250 

1000; 1250 125 

03440A 

„ 12 

'02 

„ 31 '02 

Nov. 10 

'02 

151 

10 

20 

200 

200 

0 

600 

500 

600,120 

03748 

Aug. 28 

•02 

„ 21 '02 

„ 3 

'02 

66 

13 

20 

300 

250 

16*/, 

1800 

1500:15001100 

03772 

Sept. 10 

'02 

„ 24 '02 

„ 5 

'02 

55 

11 

20 

300 

300 

0 

2400 

2000F400420 

03840 

„ 27 

'02 

„ 28 '02 

„ 4 

'02 

37 

7 

20 

500 

400 

20 

2000 

1500 1600 106V, 

03584B 

July 26 

'02 

Nov. 24 '02 

Dec. 6 

'02 

133 

12 

19 

200 

200 

! 0 

600 

500 

600 120 

03844 

Sept. 27 

'02 

„ 11 '02 

Nov. 24 

'02 

58 

13 

19 

300 

300 

0 

2400 

2000,2400120 

33863 

Sept 30 

'02 

Nov. 26 '02 

Dec. 5 

'02 

66 

10 

19 

250 

200 116V. 

1250 

10004000 100 

33971 

Oct. 22 

'02 

„ 26 '02 

Jan. 15 

'02 

85 

51 

19 

300 

300 

0 

1800 

15004800420 

33972 

„ 22 

'02 

„ 13 '02 

Dec. 1 

'02 

40 

50 

19 

250 

200 16V, 

1250 lOOOl 1000 100 

33973 

„ 22 

'02 

„ 7 '02 

Nov. 14 

'02 

22 

7 

19 

600 

600 

0 

1800 15004800 120 

33980 

„ 24 

'02 

„ 7 '02 

„ 13 

'02 

19 

6 

19 

300 

300 

0 

2400 

2000 

2400120 

33982 

„ 24 

'02 

„ 4 '02 

„ 10 

'02 

17 

6 

19 

750 

600 

20 

2250 

1500 

1800120 

33996B 

„ 27 

’02 

„ 26 '02 

Dec. 5 

'02 

39 

1 

1 9 

19 

400 

400 

0 

1200 

1000 

1200 120 


Digitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CHICAGO 





236 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


6 

© 

i 

O 

Date of 
bleeding 

Date of test 

Date of 
issue from 
Laboratory 

No. days held 
in Lab. 

No. days between 
test and issue 

No. months 
between teste 

Original potency 
per ccm 

Present potency 
per ccm 

Deterioration °/ 0 

Total units in 
original pkg. 

Labeled 

Total units in 
returned pkg. 

% of 
label 

04000 

Oct. 28 '02 

Nov. 29 ’02 

Jan. 16 ’03 

80 

49 

19 

200 

200 

0 

600 

500 

600 

120 

04022A 

Nov. 4 ’02 

„ 13 ’02 

Nov. 24 *02 

20 

11 

19 

500 

500 

0 

2500 

2000 

2500 

125 

04023 

„ 4 ’02 

„ 24 ’02 

Dec. 1 ’02 

28 

8 

19 

600 

500 

16*/, 

3000 

2000 

2500 

125 

04027 

„ 4 ’02 

„ 19 ’02 

Jan. 15 ’03 

42 

57 

19 

300 

300 

0 

2400 

2000 

2400 

120 

04029 

„ 4 ’02 

„ 13 ’02 

Dec. 6 ’02 

33 

24 

19 

400 

300 

25 

800 

500 

600 

120 

04063 

„ 17 ’02 

„ 26 ’02 

., 22 ’02 

36 

27 

19 

500 

500 

0 

3500 

3000 

3500 

116 r 

03864B 

Sept. 30 ’02 

Dec. 3 ’02 

Jan. 15 *03 

107 

43 

18 

250 

250 

0 

12501000 

1250 

125 

03994 

Oct. 26 ’02 

„ 8 ’02 

„ 13 ’03 

79 

5 

18 

300 

300 

0 

1800 1500 

1800 

120 

04054 

Nov. 17 ’02 

„ 11 ’02 

Dec. 23 ’02 

37 

12 

18 

500 

400 

20 

25002000 

2000 

100 

04055 

„ 17 ’02 

„ 17 ’02 

Jan. 17 ’03 

(52 

31 

18 

400 

333 

1«7, 

12001000 

1000 

100 

04058 

„ 17 ’02 

„ 31 ’02 

Febr. 10 ’03 

86 

41 

18 

300 

250 

167. 

1800,1500 

1500 

100 

04059 

Nov. 18 ’02 

Dec. 31 ’02 

Jan. 31 ’03 

74 

31 

18 

400 

333 

16V« 

120011000 

1000 

100 

04064 

„ 18 ’02 

„ 8 ’02 

„ 17 ’03 

60 

40 

18 

500 

500 

0 

3500 

3000 

3500 

116*; 

04079 

„ 25 ’02 

„ 8 02 

„ 16 ’03 

53 

39 

18 

500 

500 

0 

2000 

1500 

2000 

133*'. 

04081C 

„ 25 ’02 

„ 12 ’02 

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105 

87 

18 

200 

200 

0 

600 

500 

600 

120 

04083 

„ 24 '02 

„ 11 ’02 

Jan. 19 '03 

57 

39 

18 

300 

300 

0 

2400 

2000 

2400 

120 

04087 

„ 25 ’02 

„ 21 ’02 

„ 14 ’03 

50 

24 

18 

500 

500 

0 

2500 

2000 

2500 

125 

04177 

Dec. 16 ’02 

Jan. 14 ’03 

Mar. 9 ’03 

83 

54 

18 

500 

400 

20 

2000 

1500 

16a) 

106*/, 

04024 

Nov. 4 ’02 

„ 7 ’03 

Jan. 26 ’03 

53 

19 

17 

250 

200 

167, 

1250 

1000 

1000 

100 

04056A 

„ 17 ’02 

„ 7 ’03 

„ 19 ’03 

63 

43 

17 

400 

400 

0 

800 

500 

800 

160 

04077 

„ 25 ’02 

„ 17 ’03 

Febr. 10 ’03 

78 

24 

17 

400 

400 

0 

1200 

1000 

1200 

120 

04086 

„ 24 ’02 

„ 10 ’03 

Mar. 26 ’03 

123 

75 

17 

500 

400 

20 

2000 

1500 

1600 

1067, 

Otl 51A 

Dec. 6 ’02 

„ 30 ’03 

Febr. 23 ’03 

79 

24 

17 

200 

200 

0 

1200 

1000,1200 

120 

04179 

„ 16 ’02 

„ 31 ’03 

„ 13 ’03 

59 

13 

17 

500 

500 

0 

2000 

15002000 

1337, 

04180 

„ 15 ’02 

„ 24 ’03 

Mar. 19 ’03 

94 

54 

i 17 

(500 

500 

167. 

2400 

20002000 

100 

011.32 

„ 2 ’02 

Febr. 13 ’03 

„ 23 ’03 

111 

38 

16 

750 

500 

337, 

3000 

2000 

2000 

100 

04240 

Dec. 30 ’02 

April 20 ’03 

April 30 ’03 

131 

10 

16 

300 

250 

167, 

1800 

1500 

1500 

100 

03427 

June 12 ’02 

Mar. 10 ’03 

„ 14 ’03 

306 

35 

15 

200 

200 

0 

600 

500 

600 

120 

04201 

Dec. 22 ’02 

„ 23 ’03 

„ 28 ’03 

127 

36 

15 

400 

400 

0 

1200 

10001200 

120 

04049 

Nov. 17 ’02 

April 7 '03 

June 6 ’03 

202 

60 

14 

250 

200 

167. 

1250 

10001000 100 

04739 

April 21 ’03 

May 28 ’03 

22 ’03 

62 

25 

13 

300 

300 

0 

2400 

20002400 120 

04245 

Dec. 29 ’02 

Juno 11 ’03 

July 13 ’03 

196 

32 

12 

600 

600 

0 

2400 

20002400 120 

04262 

Jan. 5 ’03 

„ 5 ’03 

„ 23 ’03 

199 

48 

12 

400 

400 

0 

1200 

10001200120 

04307D 

„ 20 ’03 

„ 16 ’03 

„ 15 ’03 

176 

29 

1 12 

600 

(500 

0 

1800 

15001800120 

04308 

„ 20 ’03 

July 3 ’03 

Sept. 11 ’03 

234 

70 

11 

500 

500 

0 

3500 

3000,35a) 1167. 

04537 

Mar. 13 ’03 

„ 31 ’03 

„ 2 ’03 

173 

! 33 

11 

400 

400 

0 

800 

500 

800 160 

04562C 

„ 17 ’03 

„ 31 ’03 

Oct. 6 ’03 

203 

! 67 

11 

500 

500 

0 

2000 

15002000 133V, 

04684C 

April 14 ’03 

Aug. 12 ’03 

Sept. 28 ’03 

167 

47 

10 

600 

600 

0 

3600 

3000 

3600120 

05036 

July 22 ’03 

Nov. 3 ’03 

Nov. 28 ’03 

129 

! 25 

7 

250 

250 

0 

1875 

1500 

1875 125 

05173 

Aug. 22 ’03 

„ 6 ’03 

„ 11 ’03 

81 

5 

7 

250 

250 

0 

1250 

io 0 o 

1250125 


3) The demand frequently made for fresh antitoxin is therefore not 
justified nor is it advisable, because the serum at hand may have passed 
its time limit, to postpone the treatment of a case until the receipt of 
fresh serum. 


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German, Ueber „Cyllin“. 


237 


Nachdrtick verboitn . 

TJeber „Cyllin“. 

Von Dr. German, Assistenten an der med. Poliklinik, Gottingen. 

Mit 1 Figur. 

Auf Anregung des Herrn Prof. v. Esmarch unternahm ich es, die 
Wirkung eines seit neuerer Zeit mehr und mehr bekannt gewordenen 
Desinfektionsmittels in einer fortlaufenden Versuchsreihe zu prtifen. 
Von England aus unter dem Namen „Cyllin tt in den Handel gebracht, 
ist es bereits von einer Reihe namhafter Autoren empfohlen worden. 
Das Resultat unserer Untersuchungen war, um das gleich vorauszu- 
schicken, ebenfalls ein auBerordentlich gflnstiges, wenn sich auch die 
hier gewonnenen Resultate nicht immer mit den von den erw&hnten 
Forschern mitgeteilten deckten. 

Ein von Prof. Dr. S c h a 11 e n f r o h -Wien dem „Cyllin“ mitgegebener 
Geleitsbrief stimmt in seinen Angaben durchaus mit unserem Befunde 
Qberein. Es heiBt, da daB 1 / 4 -proz. VerdQnnungen von „Cyllin“ Qhnlich 
wirkten wie 8 / 4 ‘P roz * LOsungen von Lysol und gQnstiger als 1-proz. 
Karbols&ure. Und ferner „ergab sich, daB ‘/ 2 -proz. VerdQnnungen von 
,Cyllin‘ in 5 Minuten einen Staphylococcus abtoteten tt . 

Dasselbe konnen wir auf Grund unserer Beobachtung bestltigen, 
wie aus der am Schlusse aufgefQhrten Tabelle zu ersehen ist. Ein- 
schrknkend verdient wohl aber hervorgehoben zu werden, daB unter 
sonst gleichen Bedingungen bei dem Versuche mit dem Typhusbacillus 
die Grenze etwas hoher hinaufgerQckt war. Hier konnte wiederholt 
noch nach einer zeitlichen Einwirkung von 8 Minuten mit 1 / 2 -proz. 
CyllinlQsung deutliches Wachstum beobachtet werden. 10 Minuten 
Einwirkungszeit brachte den Typhusbacillus zum Absterben. 

Abweichend von dem Berichte des Herrn Prof. Schattenfroh 
war unser Resultat mit der 1-proz. Kontroll-KarbolsaurelSsung. Auch 
wir bedienten uns des Staphylococcus pyogenes aureus als 
Testobjekt und der Karbolsfiure als Kontrolldsung. Als oberste Grenze 
der zeitlichen Einwirkung seiner 1-proz. KarbolsQure gibt Prof. Schat¬ 
tenfroh 40 Minuten an, w&hrend wir noch nach 60 Minuten ein 
weiteres Wachstum des Staphylococcus beobachteten. Bei dem 
Typhusbacillus ferner bewegte sich die oberste Grenze sogar zwischen 
65 und 70 Minuten, w&hrend 1 / 2 -proz. KarbolsSure selbst nach 3-stun- 
diger Einwirkung kein Absterben des Typhusbacillus herbeizufQhren ver- 
mochte. 

Mehr Details seiner Versuche und Erlauterung des Verfahrens bei 
den angestellten Untersuchungen gibt Prof. Dr. Klein-London. (The 
Lancet. 1903. March 21.) 

Er gebrauchte VerdQnnungen des „Cyllins“, wie folgt: 

1 : 1500 
1 : 1000 
1: 500 
1 : 2400 
1 : 2200 

Die zeitliche Einwirkung dieser LQsungen bewegte sich zwischen 5 
bis 15 Minuten. Als Testobjekt kam der B. pestis zur Anwendung, 


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238 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


gewonnen von einer 48 - sttindigen Kultur. Seine Versuche ergaben 
durchweg ein positives Resultat Nur in einem Falle wurde bei einer 
Losung von 1 : 2400 nach 5 Minuten noch weiteres Wachstum des Pest- 
bacillus erzielt. 

Zu fast denselben Resultaten gelangten wir schliefilich bei unseren 
Versuchen mit dem Diphtherie- und besonders mit dem Cholerabacillus. 
So fanden wir als unterste Grenze der Wirksamkeit des Cyllins gegen 
den Diphtheriebacillus eine LSsung von 1 : 1600 bei 5—10 Minuten Ein- 
wirkungsdauer und fiir den Cholerabacillus Verdflnnungen von 1 : 2000 
bei einer Einwirkungszeit von 15—20 Minuten. Vergleicht man in der 
Tabelle die ffir den Typhusbacillus gefundene Zeitdauer, die erforderlich 
war, um ihn mittels 1 / a - resp. 1 | 4 -proz. Cyllinlfisung zum Absterben zu 
bringen, mit der bei dem Staphylococcus gefundenen, so zeigt sich 
ein Unterschied in dem ersten Falle von 5, im anderen von 10 Minuten. 
Die Grenze ist also hier in die Hohe gerflckt. Zieht man dagegen die 
Resultate mit der 1- bezw. '/j-proz. Karbols&ure bei eben denselben 
Bakterien in Betracht, so liegt der Unterschied zu Gunsten des „Cyllins tt 
deutlich zutage. 

Aehnliche Resultate, wie die bereits erwfihnten, erzielte auch Herr 
Prof. Fraenkel -Halle. (Literatur fiber „Cyllin“ Carl Derbsch -Koln.) 
Er brachte bei seinen Versuchen ein Verfahren zur Anwendung, wie es 
auch in der im Mfirz 1904 erschienenen Dissertation von H. No then 


aus Kdln „Beitrfige zur bakteriologischen Prfifung von Desinfektions- 

mitteln tt angeffihrt ist Auch unsere Versuche be- 



Desinfekt- 

flQssigkeit 

Bouillonkult 

Steriles 

Wasser 


ruhen auf diesem Verdflnnungsverfahren. 

Verfahren: 4 ccm sterilen Wassers wurden im 
sterilen Reagenzglase mit 1 ccm in Bouillon geloster 
Pilzkultur versetzt. Dazu wurde die gleiche Menge 
(also 5 ccm) Desinfektionslfisung gegeben und davon 
nach bestimmten Zeitabschnitten in Bouillon und 
auf Gelatine abgeimpft. Und zwar wurden jedes- 
mal 2—3 Proben mit der ausgeglfihten Platindse 
davon entnommen. 

Die Gelatin eplatten blieben eine Woche unter 
Beobachtung. Die Bouillon blieb 24 Stunden im 
Brfitschranke und wurde danach auf Agar weiter 
verimpft, sobald sich eine Trfibung derselben wfih- 
rend der Bebrfltung eingestellt hatte. Nach weiteren 
12—24 Stunden konnte so der Nachweis erbracht 
werden, ob und was daselbst gewachsen war. 


Tabelle I. 

Staphylococcus pyogenes aureus. 24 Stdn. alt. 

Minuten: 

Karbolsaure 1 Proz. 60 — 65 — 70 — 75 


. V, 

Cyllin '/j Proz. 


120 — 145 — 160 — 180 
+ + + + 

2 — 5 — 8 — 10 — 15 

5 - 8- 10 — 15 — 20 - 22 - 25 — 30 

+ ++ + + (+—) — — 


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German, Ueber „Cyllin“. 


239 


Tabelle II. 


Karbolsaure 1 Proz. 


B. typhosus. 24 Stein. alt 
Minuten: 

60 — 65 — 70 — 75 
+ + — — 


K V* 

Cyllin V* Proz. 

« V« .. 


160 - 180 
+ + 

5 — 8—10 — 15 
+ +- — 

25 — 30 — 35 — 40 — 45 
+ + — - — 


Cyllin 1:800 
„ 1:1600 


Cyllin 1:1600 
„ 1 :2000 


Tabelle III. 
a) Diphtheriebacillus. 
Minuten: 

2 — 4 — 5 

+ — — 

5 — 10 — 15 
+ — — 

b) Cholerabacillus. 

| Minuten: 

I 2 - 3 — 4 — 5 
! + + + — 

1 3 — 5 — 10 — 15 

i + + + + 


Aus dem Gesagten geht hervor, dafi wir in dem „ Cyllin “ einen sehr 
dch&tzenswerten Desinfektionskorper gewonnen haben. Man hat deshalb 
auch schon daran gedacht, das Mittel therapeutischen Zwecken dienst- 
bar zu machen. So hat man es mit gutem Erfolge bei lokalen Erkran- 
kungen des Mnndes und des Rachens, bei Diphtherie und Shnlichen 
SchleimhautaflFektionen als Desinficienz angewendet und mittels eines 
Zerstaubers direkt auf den Ort der Erkrankung einwirken lassen. Aber 
auch bei tieferen Erkrankungen der Luftwege, bei Bronchitis und selbst 
bei tuberkulOsen Lungenerkrankungen hat man „Cyllin“ einatmen lassen 
und bereits recht gtlnstige Resultate damit erzielt. (Report Brit. Congr. 
on Tuberculosis. London 1901.) 

Wenn sich auch die Versuche bis jetzt nur in bescheidenen Grenzen 
gehalten haben, so ermuntern sie doch nach der Richtung hin damit 
fortzufahren. 

Erst l&ngere praktische, besonders auch klinische Beobachtung, zu- 
mal riicksichtlich der Intoxikationsgefahr, wird ein abschliefiendes Urteil 
fiber den therapeutischen Wert des Mittels ermdglichen. 


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240 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2. 


Inhalt. 


Bartel, Julius und Stein, Robert, Zur 
Biologie schwachvirulenter Tuberkel- 
bacillen, p. 154. 

Brnini, G., Ueber die thermophile Mi- 
krobenflora des menschlichen Darm- 
kanab, p. 177. 

Csarnecka, L., Ueber die Konservierung 
der Lebensf&higkeit und Virulenz der 
Mikroben im Markgewebe beim Aus- 
trocknen, p. 164. 

Delfino, Juan Carloe, Immunisierung des 
Kaninchen8 gegen das Bakterium der 
Geflfigelcholera (Vaccin L i g n i 6 r e s), 
p. 231. 

Permi, Claudio und Bassu, E., Weitere 
Untersuchungen fiber Anafirobiose, p. 138. 

Gaehtgens, Walter, Der Bacillus jasmino- 
cyaneus und der Bacillus flavo-aromati- 
cus, zwei neue Farbstoff bildende Bak- 
terien, p. 129. 

Galli -Valerio, Bruno und Rochas - de 
Jongh, Jeanne, Ueber die Wirkung 
von Aspergillus niger und A. glaucus auf 
die Larven von Culex und Anopheles, 
p. 174. 

German, Ueber „Cyllin“, p 237. 

Ghon, Anton u. Sachs, Milan, Beitrfige 
zur Kenntnis der anafiroben Bakterien 
des Menschen. III. [Schlufl.], p. 131. 

Hollack, Johanna, Die H&ufigkeit der 
Trematoden bei Rana esculents Lin., 
p. 199. 


de Jong, D. A., Die Steigerung der Viru- 
lenz des menschlichen Tuberkelbacillus 
zu der des Rindertuberkelbacillus, p. 146. 

Berner, Julius, Experimenteller Beitrag 
zur H&molyse und zur Agglutination der 
Streptokokken, p. 223. 

Kikuohi, Tone taro, Ueber den Einflufi 
erhfihter Temperatur auf die bakterizide 
Wirkung des normalen Serums, p. 220. 

Klein, E., Ueber einen neuen tierpatho- 
genen Vibrio — Vibrio cardii, p. 173. 

Konr&di, Daniel, Weitere Untersuchungen 
zur Kenntnis der Symptome und Pro- 
phylaxe der experimentellen Lyssa, p. 194. 

Lhdke, H., Zur Spezifitfit der AntikOrper. 
[Forts.], p. 209. 

Miller, E. C. L., On the keeping qualities 
of antidiphtheritic serum, p. 233. 

Mori, Bello, Ueber eine bei Katzen auf- 
getretene, durch einen besonderen Mikro- 
organismus bedingte Epizootic. [SchluB.], 

p. 186. 

Rothberger, C. Julius, Ueber ein akut 
wirkendes Bakterientoxin. II., p. 165. 

Vessprdmi, D., Kultur- und Tierversuche 
mit dem Bacillus fuBiformis und dem 
Spirillum, p. 136. 

Wirgin, Germ und , Ueber den Einflufi 
des Aethylalkohols auf die Bildung von 
agglutinierenden Stoffen bei Kaninchen 
nach intravenfiser Impfung mit M. pyo¬ 
genes aureus oder mit B. typhi, p. 200. 


Die Redaktion des „CentrcUblatts fiir Bakteriologie und Parasitenkunde' 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um 
Lie/erung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein - 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben *u 
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturabxdge direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fiscner in Jena y gelangen %u lassen . 


Fmmmiinasehfl Baohdrackerad (Hennaan Pohle) In Jena. 


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CntralM. f. Bakt etc. I. ML Qriginale. Bi. XXXVIII. Brit 3. 

Nachdruck verboten. 

Weitere Untersuclmiigen liber Anaerobiose. 

[Aus dem hygienischen Institute der kgl. Universit&t zu Sassari.] 

II. Mitteilung. 

Von Prof. Claudio Fermi, unter Mitwirkung von E. Bassu, stud. 

Mit 13 Figuren. 

(Fortsetzung.) 

Jeder einzelne Versuch wurde stets von einem Kontrollversuche 
begleitet, n&mlich mittels gleicher Kulturarten, indent wir das Chrom- 
chlorflr durch Wasser ersetzten, um die Austrocknung der dflnnen 
Agarschicht zu verhindern. Andere Cylinder liefien wir halb geflffnet, 
um zu entscheiden, ob das Chromchlorflr der Entwickelung der An- 
aflroben nur infolge seines Vorhandenseins, und abgesehen von seiner 
reduzierenden Eigenscbaft, schadlich war. Diese Kontrollen zeigten 
uns, dafi das Chromchlorflr auBer seiner reduzierenden Kraft keinen 
anderen EinfluB auf die Anaflroben ausflbte, da wir immer Entwicke- 
lungen von Schizomyceten, Hyphomyceten und Blastomyceten erzielten, 
wenn wir erlaubten, daB nun auch in sehr geringer Quantit&t die atmo- 
sph&rische Luft bis zu denselben gelangen konnte. 

2. Versuch. Um eine grflfiere Anzahl von Kul- 
turen nach der angegebenen Weise herstellen zu kdnnen 
und um dieselbe zu vereinfachen, haben wir die Cylinder 
durch die gewShnlichen Eprouvetten ersetzt (Fig. 5). 

Dieselben wurden zu drei Vierteln mit Chromchlorflr 
gefflllt, sodann luftdicht mit Korken, welche vorher in 
Paraffin gekocht waren und auf der inneren Oberflflche 
die Kulturplatte trugen, geschlossen. Der Kork wurde 
dann an der flufieren Seite paraffiniert und mit Lanolin 
bedeckt. Die auf diese Weise bereiteten Eprouvetten 
wurden dann in Oel enthaltende Cylinder gesenkt. 

Wir bedienten uns auch der Gummistflpsel, durch 
welche wir ein kleines Glasstfibchen fflhrten, an welches 
wir mittels Kitt die Impfglasplatte anbrachten. 

Der Unterschied zwischen dem einen Oder dem anderen VerschluB- 
system war unbedeutend. 

Wie gewflhnlich, vergaBen wir auch in diesem Falle die Kontroll¬ 
versuche nicht, in denen wir immer eine Entwickelung wahrnahmen. 

Resultat: Diese Methode ist sehr gut, verlangtjedoch 
eine groBe Genauigkeit in der Bereitung, da sehr leicht 
neue Luft, ja sogar reduziertes Chromchlorflr in die 
Eprouvette gebracht werden kann. 

In der Tat bemerkten wir mancbmal, wie das Chromchlorflr sich in 
einigen Eprouvetten schneller oxydierte als in anderen desselben Ver- 
suches, und dafi die Eprouvetten, welche ein wenig oxydiertes Chrom- 
chlorflr enthielten, immer eine, wenn auch sparsame Entwickelung zeigten, 
als andere, in denen das Chromchlorflr sich blau erhalten hatte. 

3. Versuch. Um auf die Impfung einen stftrkeren EinfluB des 
Chromchlorflrs wirken zu lassen, haben wir versucht, die freie Ober- 

Ento Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 8. 16 

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242 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVill. Heft 3. 


flftche desselben fast mit dem Substrat in Berflhrung zu bringen. Za 
diesem Zwecke bedienten wir uns gewflhnlicher Glasrflhren 
(Fig. 6), welche wir fast bis an den Hals mit Chrom- 
chlorflrlflsung fflllten. Diese Arbeit fand natQrlich in 
Gegenwart von Kohlens&ureanhydrit statt Die R6h- 
ren warden mit GummistSpseln verscblossen, an deren 
innerer Oberfl&che die Kulturplatte, welche ans einem 
runden, mit einer leichten Agarschicht bedeckten Ob- 
jekttrSger bestand, angebracht wurde. 

Resultat: Dieses System entsprach unse- 
ren Bemflhungen, da das Chromchlorflr sicb 
verbflltnism&fiig langsam oxydierte. 

Wir entscblossen uns daher, diese Technik noch zu 
verbessern, und zwar auf folgende Weise: 

4. Versuch. Auf der inneren Oberfl&che des 

Bodens gewdhnlicher kleinerer Kristallisatoren, in CO* 
gelegen, breiteten wir eine dflnne Agarschicht aus 
Nach der Impfung kehrten wir die Kristallisatoren in einer 


Objekt- 
deckel 
• tr&gende 
Strich- 
kultur 


Chrom- 

’‘chloriir 




Fig. 6. 


(Fig. 7 A). 

mit Chromchlorflrlflsung sp&ter zu fflllenden und mit hohen Seiten und 
einem geschmirgelten Glasdeckel versehenen Kapsel urn. Wir befestigten 


Strichkultur - 
Im Chromchlorflr umgekehrte Schale- 


Chromchlorflr* 
Fig. 7. 


dann den Boden des Kristallisators A an dem inneren Teil des Deckels 
der Kapsel B, so dafl er in die FlGssigkeit zu stehen kam, ohne daft 
dieselbe mit der Kultur in Berflhrung kommen konnte und damit leicht 
herauszuziehen war. 

Resultat: Da bei diesem guten System die Kultur- 
kapsel sehr schnell in die andere gesenkt we^den muflte, 
war die zwischen dem Chromchlorflr und der Kultur be- 
findliche Gasschicht etwas grofi. 


Im Chromchlorflr 
umgekehrte Schale' 

Chromchlorflr 



Fig. 8. 


5. Versuch. In Hinsicht 
auf den in der vorigen Methode 
wahrgenommenen Uebelstand er- 
setzten wir die Krisallisatoren 
durch den Petrischen Kapsel- 
deckel (Fig. 8 A), auf dessen 
innerem Boden wir das Substrat 
ausbreiteten. Die Kapsel wurde 
sodann an der inneren Ober- 
flfiche des geschmirgelten Deckels der anderen, grdfleren Kapsel B be- 
festigt. Auf diese Weise erreichten wir, daB die Chromchlorflrlflsung 
fast das Substrat berflhrte. 

Resultat: Bei dieser Methode behielt das Chrom¬ 
chlorflr seine blaue Farbe noch besser als im vorigen 
Versuche, auch entspricht sie besser dem biologischen 
Versuche, da der Entwickelungsunterschied der vorge- 
nommenen Kontrollen sehr bedeutend war. 


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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose. 


243 


6. Versuch. Wir bereiten Plattenkulturen, indem wir uns anstatt 
der Eapsel der inneren Oberflache von WSgeglfischendeckeln bedienten 
(Fig. 9). 

Der Versuch wurde in einem Raume von KohlensSureanhydrit and 
auf folgende Weise vorgenommen: 

Mittels zweier Rippscher Apparate (Fig. 9 K K‘) ftlhrten wir einen 
Strom von KohlensSureanhydrit in zwei sehr tiefe und weite Kristall- 
glocken C G, auf deren Boden wir auf einer Schicht von zusammen- 
gemischtem Paraffin und Vaselin V V' sowohl die Cylinder a o' als auch 
die Stdpsel b b' der WSgegl&schen befestigten. 



Nachdem wir die ganze Luft aus den Cylindern G C‘ getrieben 
batten (wovon wir uns versicherten, indem wir eine Eprouvette mit ab- 
gekochtem Ac. pyrog., in das wir ein Stuck Aetzkali warfen, auf dem 
Boden derselben anbrachten), und nachdem wir noch einmal w&hrend 
einer guten halben Stunde den Strom von Kohlensaureanhydrit batten 
durcbziehen lassen, wobei wir besonders darauf acbteten, denselben in 
die einzelnen Cylinder der Wageglaschen zu treiben, wie man bei a 
siebt; gossen wir auf den Boden der Deckel der Wageglaschen eine 
leichte Schicht von Agar, welchen wir vorber abgekocht hatten und 
durch welchen wir lkngere Zeit hindurch einen Kohlensaureanhydrit- 
strom hatten gehen lassen. Sobald der Agar dicht geworden war, nahmen 
wir die Impfung der zu untersucheuden Mikroorganismen vor. 

16 * 


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244 


Centndbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Nachdem wir sodann die St&rke des Kohlensfiureanhydrits, welches 
dnrch das Rohr e des Chromchlorflr enthaltenden Apparats A herausstrflmte, 
untersucht hatteo, leiteten wir mittels eines Glasrohres J, indem wir 
den Drock des Apparats B steigerten, die gewflnschte Menge Chrom¬ 
chlorflr in die Cylinder der Wfigeglfischen. Die Druckpinzette F regu- 
lierte den Durchzug. 

Sobald jedes einzelne Wfigeglfischen geffillt war, wnrde es sofort 
yerschlossen und der Deckel mit dem nntenstehenden Vaselinparaffin 
bestrichen. Diese Methode ergibt folgende Vorteile: 

1) Man arbeitet immer in einem Raume von Kohlensfiureanhydrit. 

2) Das Gasvolumen, welches sich zwischen der freien Oberflfiche des 
Chromchlorflrs und der Impfung befindet, ist von einem sehr starken 
Himmelblau. 

Resultat: Mit dieser Methode erlangten wir verschie- 
dene Vorteile der vorhergehenden Methode gegenfiber; 
sie entspricht folgenden Eigenschaften: 

1) Entfernung des Sauerstoffs der Luft, indem dieser 
dnrch Kohlensfiureanhydrit ersetzt wird. 

2) Absorbierung des Sauerstoffs mittels Chromchlo¬ 
rflrs. 

3) Reduktion des sich zwischen dem Chromchlorflr 
und der Impfung befindenden Gasvolumens. 

4) Entfernung des freien Sauerstoffs aus dem Sub- 
strat mittels Aufkochens, indem wir einen Strom von 
Kohlensfiureanhydrit hindurchziehen und dann das Sub* 
strat in Gegenwart desselben gerinnen lieBen und ttber- 
dies dasselbe verdtinnten. 

5) Verhinderung des Eindringens des Sauerstoffs. 

Nachdem dies geschehen war, stellten wir Versuche mit den ver- 

schiedenen AnaSroben an. 

Resultat: Wir bemerkten Spuren von Entwickelung 
nur in den Kulturen, deren Chromchlorflr grfln geworden 
war, was beweist, daB die Entwickelung in direkter Ver- 
bindung mit den vorhandenen Spuren von Sauerstoff in 
den Kulturen stand. 

Die Entwickelung zeigte sich nie lfings der Impflinie 
durch Bestreichung, seltener in denen durch Stich, als 
in jenen durch Aussaat. 

In alien Kontrollversuchen, in welche wir Luft 
dringen lieBen, war die Entwickelung eine reichliche. 

* 

* * 

Methode VI. Vorversuch fiber die reduzierende Kraft 
des Phosphors — Vertreibung des O t durch Aufkochen 
und CO,-Strom — Fixierung des 0 2 durch Phosphor und 
Kali pyrogallicum. 

Bekanntlich ist der beste Fixator des Sauerstoffs der atmosphfiri* 
schen Luft der Phosphor, und ganz besonders der angezflndete. Die 
schfidliche Wirkung aber, die er auf die Entwickelung der Mikroorga* 
nismen ausflbt, macht ihn zu unserem Zwecke nicht sehr geeignet. 


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Fermi u. Basso, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose. 


245 


1. Versoch. Phosphor bei gewOhnlicher Temperatur. 

Wir bereiteten Strichkulturen verschiedener Mikroorganismen (Fig. 10) 
und verschlossen dieselben luftdicht mittels ernes mit Paraffin bestrichenen 
StOpsels (a), an welchem wir ein Stfick Phosphor (b) 
vom Gewicht eines Gramms anbrachten. Sechs andere 
ROhrchen, die zur Kontrolle dienten, verschlossen wir 
einfach. Bevor wir die Enlturen in den Thermostaten 
brachten, hielten wir sie einige Tage hindurch bei 
niedriger Temperatur, um dem Phosphor Zeit zn lassen, 
den Sauerston zu fixieren, ehe die Keime sich ent- 
wickeln konnten. 

Die Kontrollen machten wir in halb geOffneten, 
ebenfalls Phosphor enthaltenden ROhrchen. 

Resnltat: In den Phosphor enthalten* 
den Rdhrchen fanden wir eine spfirlichere 
Entwickelnng als in den KontrollrOhrchen, 
in welchen sich sehr zahlreiche Kolonieen 
zeigten. 

Versuch. Ein Glasballon B (Fig. 11), welcher zuvor mit pyro- 
gallussanrem Kali gewaschen wurde und in welchem sich eine LOsung 


U~.b 

Phosphor 


.Btrich- 

koltor 


Fig. 10. 



von Pyrogalluss&ure befand, wurde in eine weite Glocke A gesetzt, 
durch welche bestfindig ein Strom von Kohlens&ureanhydrit geleitet 
wurde. 

Mittels eines Amianthfadens wurde ein Stfick Phosphor F am StOpsel 
befestigt. Letzteres wurde angezfindet, indem wir es mit dem Ende 
eines erhitzten Glasstfibchens berfihrten, und der Ballon wurde ge- 
schlossen. Auf diese Weise wird der Sauerstoff im Ballon aufgesaugt 
und die den Mikroorganismen sch&dlichen Pentoxydd&mpfe werden mittels 
der unterstehenden LOsung von Pyrogalluss&ure fixiert. 

Nachdem die weifien D&mpfe aufgehOrt haben, entfernt man den 
StOpsel C vom Ballon und ersetzt ihn durch einen anderen C 1 , an 


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246 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


welchem eine kleine Scheibe B mit der Agarschicht, die man in Gegen- 
wart von Kohlensfiureanhydrit in derselben Glocke geimpft hat, ange- 
bracbt wird. Bevor man den Ballon mit dem Kulturstopsel schliefit, 
bringt man ein Stack Aetzkali in die LOsung von Pyrogallussfiure, urn 
mit dem sich bildenden Kali pyrog. die letzten Spuren von Sauerstoff, 
die mdglicherweise im Ballon zurflckgeblieben sind, zu fixieren. 

Der Stdpsel wird ringsherum mit Paraffin oder Lanolin bedeckt, 
und die Kultur in den Thermostaten gesetzt. 

Diese Methode versetzt uns in die Lage, gleichzeitig folgende an- 
aerobische Mittel zu benutzen: 

1) Absorbierung des Sauerstoffs durch den angezfin- 
deten Phosphor. 

2) Absorbierung des Sauerstoffs durch das Kali pyrog. 

3) Ausscheidung des Sauerstoffs aus dem Substrat 
durch Aufkochen. 

4) Absorbierung des Sauerstoffs des Substrats durch 
einen darin aufgelfisten reduzierenden Stoff. 

5) Reduktion bis zum Minimum des im Substrat sich 
befindenden Restes von Sauer stoff, indem man denselben 
in einer sehr dfinnen Schicht ausbreitet 

6) In einem Raume von Kohlens&ureanhydrit zu ar- 
beiten. 

* 

* * 

Methode VII. Ftxierende Kraft der Blastomyceten. 

In dieser Reihe von Versuchen haben wir versucht, die Gier, mit 
welcher die Blastomyceten den Sauerstoff fixieren, auszunutzen. Vor 
allem wollten wir uns fiberzeugen, ob die Blastomyceten die Entwicke- 
lung der Anaerobien nicht verhindern. In der Tat haben wir infolge 
besonderer Versuche feststellen konnen, dafi die Mikroorganismen sich 
ebenso gut in lebenden als in toten Blastomycetenkulturen entwickeln. 
Um uns zu fiberzeugen, ob die Blastomyceten wirklich eine grofie sauer- 
stoffbindende Kraft besitzen, so dafi wir sie als Fixatoren des freien 
Sauerstoffs im Substrat hfitten anwenden konnen, stellten wir folgende 
Versuche an: Wir bereiteten Emulsionen (Kulturen) von reiner geprefiter 
Hefe zu 2—5—10 Proz. in Fleischbrflhe, verteilten dieselben in Eprou- 
vetten im Verhaltnis von 5 ccm und gossen, wie gewohnlich, 2 ccm 
Paraffin darauf. Dieses wurde nachher durch Paraffin61 ersetzt, weil die 
Gase, die sich infolge der Gfining der Blastomyceten bildeten, die auf der 
Kultur ruhende Paraffin schicht Ifisten. Es war klar, dafi unter diesen 
Bedingungen die Blastomyceten nur den im Substrat gel6sten Sauer¬ 
stoff ausnutzen konnten, und ihn daher nach und nach verzehren 
mufiten. 

Beim Giefien eines Sauerstoffanzeigers in das Substrat mufiten wir 
uns von der mehr oder minder grofien Menge desselben im Substrat 
fiberzeugen, und indem wir den Versuch in verschiedenen Rfihren und 
Zeitrfiumen wiederholten, die allmfihliche Absorbierung des Sauerstoffs 
durch einen Teil der Blastomyceten sehen. 

Als Sauerstoffmdikator benutzten wir das gewohnliche Kali pyrog. 
Wir gossen in die in gleicher Weise zubereiteten verschiedenen Rohre 
eine gleiche Quantitfit einer gekochten L6sung von Ac. pyrog. und Aetz¬ 
kali, so oft wir den im Substrat sich befindlichen Sauerstoff untersuchen 
wollten. Diese Untersuchung stellten wir im Augenblick des Versuchs, 


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Original fro-m 

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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber Anaerobiose. 


247 


nach 2, 4, 10, 24 Standen, nach 2, 3, 4 Tagen an. Aus der mehr Oder 
minder starken Schw&rzung des Substrate schlossen wir auf die mehr 
oder weniger starke Quantit&t von freiem Sauerstoff in demselben. 

Resultat: Wir haben feststellen kbnnen, dafi in den 
Kulturen, die 2—5—10 Proz. Blastomyceten enthielten, 
der freie Sauerstoff des Substrats sofort fast ganzlich 
fixiert wurde. 

In der Tat zeigte sich keine SchwSrzung des Kali pyrog., welches 
wir ins Substrat gegossen hatten, wahrend es genflgte, mittels eines 
RChrchens durch die Paraffindlschicht in die Kultur hineinzublasen, um 
eine schnelle und starke Schwarzung zu erhalten. 

Die reduzierenden Eigenschaften der Blastomyceten nutzten wir auf 
folgende Weise aus: In den vorhergehenden Methoden der Kulturen 
durch Bestreichung brachten wir eine Schicht Blastomyceten zwischen 
das Substrat und die Scheibe, auf welches das Substrat gegossen wurde. 

Um diese Methode zu kontrollieren, breiteten wir die Schicht Blasto¬ 
myceten nur auf einer Halfte der anaeroben Kulturkapsel aus; und 
erst nachdem die Blastomyceten Zeit gehabt hatten, sich des Sauer- 
stoffs des Substrats zu bedienen, nahmen wir die Impfung vor. 

In folgender Tabelle zeigen wir die durch diese Methode erlangten 
Resultate: 


Mikroorganismen 

Ohne Blasto¬ 
myceten 

Mit Blasto¬ 
myceten 

B. tetani 

+ 


B. oedem. maligni 

+ 

— 

B. anthracis symptomatici 

+ 

+ ? 

Anaerob aus Kase No. 1 

+ 

— 

7» V V « " 

+ 

— 

Anaeroben aus Faeces No. 1 

+ 

— — 

o 

n v v w u 

— 

0 

Anaeroben aus faulen Flutgraben No. 1 

-f 

+ 


+ 

— 


Resultat: In Korrespondenz der Blastomycetenschicht 
war die Entwickelung sparsamer Oder ganz aufgehoben. 

Methode VIII. Vertreibung der Luft mittels eines 
Stromes von CO, und der Quecksilberluftpumpe; Fixie- 
rung des 0, mittels glflhenden Kupfers. 

Wir erreichten das uns gesteckte Ziel auf folgende Weise (siehe 
Fig. 12): 

1) Man nahm ein langes Rohr (A) mit starker Wand in Gebrauch 
beim Verbrennen organischer Substanzen und fiillte den Boden mit 
einer gegebenen Menge Manganchlortir (a). 

2) In eine gewisse Entfernung davon brachten wir eine gegebene 
Menge KupferspSne (6). 

3) Legten wir das Rohr horizontal und versahen es am Ende mit 
einem Kflhler (B). 

4) Fflhrten wir eine kleine Scheibe (e), auf der wir eine dfinne 
Agarschicht mit den Stich- und Strichkulturen der zu studierenden An- 
aSrobien mittels eines C0 2 -Stromes hatten verdichten lassen, in das 
Rohr ein. 


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248 


CentralbL f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


5) Schlossen wir das Rohr mit einem guten Gummistbpsel, in 
welchem sich ein Loch befand, durch welches ein kurzes Glasrohr (d) 
fflhrte. 

6) Beim Erw&rmen mittels einer Flamme entwickelte das Mangan- 
chlorflr einen remen CO,-Strom nnd vertrieb die Luft 

7) Als wir glaubten, daB die Luft fast g&nzlich vertrieben sein 
konnte, fixierten wir die Spuren des Sauerstoffs, indem wir das Kupfer 
mittels einer anderen Flamme zum Glflhen brachten. 



8) Der Kflhler diente zur Verhinderung der allzn groBen Erhitzung 
der Kulturscheibe. 

9) Endlich, wShrend die Produktion des Kohlensfiureanhydrits unter- 
brochen wurde, wurde das Vakuum ira Inn era des Rohres hergestellt, 
indem man letzteres mit der Qnecksilberluftpumpe (c) in Verbindung 
setzte. 

10) Hierauf wurde das Rohr luftdicht verschlossen und in eine 
Temperatur gebracht, welche die Entwickelung der Impfungen erlaubte. 

Resultate: Mit dieser komplizierten Methode erlangten wir noch kein 
sicheres Resultat. 

Unter den verschiedenen Schwierigkeiten, auf die man stieB, ist 
besonders das leichte Austrocknen der dQnnen Agarschicht hervorzu- 
heben. (SchiuB foigt) 


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Maid ague, Bacilles cTEberth dans un kyste de l’ovaire etc. 


249 


Nachdruek verbot&n, 

Bacilles d’Eberth dans un kyste de l’ovaire apres la 
guerison d’une flevre typhoide. 

Par le Dr. L. Maldague, 

Assistant 1.l’lnstitut bact4riologique de Louvain (Directeur: J. Denys). 

A plusieurs reprises le bacille d’Eberth fat signal^ comme agent 
causal de suppurations survenues plus ou moins longtemps aprbs la 
gu6rison d’une fihvre typhoide. Parmi les localisations des affections 
eberthiennes posttyphiques, on a rapports quatre fois seulement, k notre 
connaissance, un kyste de l’ovaire pr^existant. 

Le premier cas de ce genre fut relate par Worth en 1893 1 ). Or 
A cette Ipoque, l’identification du bacille typhique 6tait encore extr^me- 
ment difficile. On ne connaissait que ses caractbres culturaux, et l’on 
sait combien il est douteux que Ton puisse d’aprfes les seuls caractbres 
culturaux, 6tablir avec certitude l’identit6 du bacille typhique. Le coli- 
bacille, en effet, et surtout toute la s6rie chaque jour plus nombreuse 
des coliformes et des 6berthiformes ou paratyphiques, pr6sentent des 
caracthres culturaux si serablables a ceux du veritable bacille typhique, 
que Ton n’attribue plus aujourd’hui de valeur r6elle qu’h la reaction 
d’agglutination du bacille k identifier par du s6rum de malade atteint de 
fibvre typhoide, ou par du s£rum d’un animal fortement vaccin6 au 
moyen d’un bacille typhique authentique. 

Nous ne voulons pas mettre en doute que dans le cas rapports par 
Worth, il s’agissait bien de bacilles typhiques; nous voulons seulement 
faire ressortir combien ce fait serait douteux, si de nouvelles contri¬ 
butions, dans lesquelles la presence du bacille typhique est compl&tement 
■dtablie, ne venaient l’affermir. 

Le second cas, rapports par Sudeck en 1896 2 3 ), n’est pas plus 
probant. Il Test plutot moins; car k c6t6 des bacilles typhiques, Sudeck 
trouva dans la paroi du kyste d’abord, et plus tard dans le pus qui 
s’6coulait de la plaie op6ratoire, un microcoque. Or on sait avec quelle 
facilite le colibacille s’associe au streptocoque et au staphylocoque dans 
les suppurations des organes pelviens chez la femme. Dans le cas de 
Sudeck des colibacilles ou des coliformes, prSsentant les caract&res 
culturaux du bacille d’Eberth, auraient done pu venir se localiser dans 
le kyste ovarique en mgme temps que les coques. 

Encore une fois nous ne voulons pas nier la presence de r6els 
bacilles typhiques dans ce cas, mais simplement montrer l’insuffisance 
de preuves, qu’il ne faut nullement imputer aux auteurs, mais k l’6poque 
oh la reaction de Pfeiffer n’6tait pas encore en pratique courante. 

Le troisihme cas est plus probant. Il fut publife par Pit’ha en 1897 8 ). 
Cette fois l’agglutination fut essay6e au moyen du s4rum d’un sujet 
typhisd, et reconnue positive. Mais l’auteur ne nous renseigne pas sur 
le degr6 de l’agglutination. Or on sait que le s6rum de sujets atteints 
de fihvre typhoide agglutine souvent en proportion radme notable les 
colibacilles: parce que sans doute le colibacille s’associe dans un grand 
nombre des cas au bacille d’Eberth. 


1) Deutsche med. Wochenschr. 1893. p. 489. 

2) Munch, med. Wochenschr. 1896. p. 498. 

3) CentralbL f. Gynakol. 1897. No. 37. p. 1109. 


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250 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Le quatri&me cas, rapports par Wallgreen en 1899 1 ), est toot i 
fait d£monstratif. La nature des bacilles y est dtablie: 1° par les caract&res 
cnlturanx; 2° par la reaction d’agglutination an moyen da s£rum d’pn 
malade atteint de fifevre typholde; 3° par la reaction d’agglutination an 
moyen du s£rum de cobayes pr£alablement vaccines avec le bacille dn 
kyste. L’auteur s’est servi comme t6moin, dans ces trois ordres de preuves, 
d’nn bacille typhique authentique qui pr£sentait les mgmes caract&res 
culturaux et s’agglutinait dans les m§mes conditions et sensiblement 
dans les mgmes proportions que le bacille du kyste. 

A ces quatre cas de localisation du bacille d’Eberth dans un kyste 
de l’ovaire nous pouvons en ajouter un cinquibme. II s’agit d’une femme 
op£r£e par Monsieur le Professeur Debaisieux de Louvain, auquel 
nous t£moignons nos remerdements pour la bienveillance avec laquelle 
il nous a abandonn£ la relation de ce cas. 

Cette femme, Madame A., est prise le 13 septembre 1904 de 
douleurs abdominales. II y a de l’inapp£tence et de la constipation. Cet 
6tat perdure quelques jours en s’aggravant et la malade se met au lit. 
Le 20 septembre, Monsieur le Docteur Dieudonn£ de Louvain, auquel 
nous sommes redevable de l’histoire de la malade avant son entree k 
l’hopital, est appel£ auprfcs d’elle. Le Docteur Dieudonnd diagnostique 
une fifcvre typholde, et son diagnostic est confirm^ le lendemain par 
la reaction de Widal positive k II constate aussi la presence d’un 
kyste de l’ovaire droit, gros comme une t§te d’enfant, mais ne pr£sen- 
tant aucun signe inflammatoire. Jusqu’au 24 l’allure de la maladie est 
b£nigne; la temperature ne d£passe pas 38,2° etle sensorium reste bon. 

„Le 24 octobre u , 6crit le Docteur Dieudonnd, „apparaissent de 
vives douleurs abdominales localises dans le flanc droit. Le pouls s’acc£lfere: 
90; la temperature monte k 39°. Le ventre grossit; la palpation de 
la turaeur est douloureuse. Jusqu’au 1« novembre le pouls oscille 
entre 90 et 100; la temperature entre 38° et 39°. Le ventre augmente 
de plus en plus de volume: matit£ partout, sauf dans le flanc gauche. 
La tumeur a d£pass£ l’ombilic et atteint presque les fausses c6tes 
droites. Les douleurs abdominales continues et souvent vives tourmen- 
tent la malade. A partir du commencement de novembre les tempera¬ 
tures tombent Elies ne d£passent plus 37° vers le 19 Novembre. Le 
ventre n’est plus douloureux, mais encore sensible. Les selles sont 
devenues normales. La malade s’alimente avec plaisir et se lfeve. Elle 
a beaucoup maigri; mais elle reprend k vue d’ceil. Elle parait gu£rie 
le 19. Le 22 la fifcvre se rallume; la sensibilit£ abdominale est extreme 
au moindre attouchement; les douleurs spontan£es sont plus aigues que 
jamais. Le visage est tir£; le pouls est 4 100; la temperature & 38,7°. 
La situation s’aggrave le 23. Craignant une rupture du kyste j’envoie 
la malade k l’hopital. J’expose la situation k Monsieur le Professeur 
Debaisieux et celui-ci decide d’intervenir imm£diatement u 

La veille de l’op£ration la temperature etait le matin k 38,1° et 
le soir k 38,8°. Le jour de l’op£ration il y avait 38 le matin et 37,8° 
le soir. Le lendemain 37° le matin et 37,2° le soir. Depuis lors la 
temperature n’a plus d6pass£ 37°. 

L’op£ration fut classique, nous a dit Monsieur le Professeur De¬ 
baisieux. Le kyste etait gros comme une matrice k 9 mois. La poche 
kystique etait constitu£e par une grande poche principale et par plusieurs 

1) Archiv f. Gynakol. 1899. p. 15. 


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Maidngue, Bacilles d’Eberth dans nn kyste de l’ovaire etc. 


251 


petites poches accessoires. Elle ne ressemblait en rien aux kystes der- 
moldes. Ce kyste renfermait 6 litres \ d’un liquide inodore, blanc crS- 
meux, tout-4-fait comme du pus. L’examen microscopique fut fait im- 
mediatement: on ne trouva pas de bacilles; il n’y avait que quelqnes 
rares noyaux de globules blancs, des debris cellulaires et des gouttelettes 
de graisse. 

Trois tubes d’agar non sucre ensemenc6s avec le liquide du kyste 
et portes 4 la couveuse pr6sentaient tous trois, le lendemain, une abon- 
dante culture continue et blanche, absolument pure, de b&tonnets cylin- 
driques, 4 extremit6s arrondies, isol6s et quelquefois group4s deux 
par deux. 

R6ensemenc6s sur des agars sucres ces bacilles ne produisirent pas 
de gaz. 

Le lait ne fut pas coaguie par eux aprfcs six semaines de couveuse. 

La recherche de l’indol dans les cultures de ce bacille, faites dans 
de 1’eau additionn£e de peptones Witte 4 l°/ 0 , donna des resultats 
n6gatifs. 

Les cultures sur pommes de terre restfcrent complfetement invisibles. 

Snr gelatine se d6velopp4rent des colonies en forme de petits disques 
arrondis, transparents et leg&rement jaunitres. 

Dans les preparations examinees 4 frais, les b4tonnets etaient animes 
de mouvements vifs. 

Les caract4res culturanx que 1’on assigne au bacille typhique ap- 

S artenaient done au bacille du kyste. II ne nous restait plus pour con- 
rmer son identite, que de le soumettre 4 Taction d’un serum agglu- 
tinant le bacille typhique. 

Nous possedons 4 l’institut bact6riologique de Louvain un serum 
antityphique provenant d’un cheval fortement vaccine. Ce serum, ad¬ 
dition^ de |°/ 0 d’acide phenique. a conserve depuis plusieurs ann6es 
nn pouvoir agglntinant considerable. 

C’est d’abord avec ce serum que nous avons fait des essais d’agglu- 
tination de notre bacille. Le resultat de ces essais apparait nettement 
dans le tableau ci-contre. Pour mieux faire ressortir la valeur de l’ag- 
glutination, nous n’avons pas seulement pris comme temoin un bacille 
typhiqne authentique qui nous vient du laboratoire de Widal, mais 
encore deux colibacilles d’origines differentes. 

Agglutination du bacille du kyste compar4e 4 celle d’un bacille 
typhique et de deux colibacilles. 


Dilutions 

Bacille 

typhique 

Bacille 
du kyste 

Colibacille A 

Colibacille B 

T 0*0 0 

+ + + 

+ + + 

— 

— 

yoW 

+ + + 

+ + + 

— 

— 


+ + + 

+ + + 

— 

— 


+ + + 

+ + + 

— 

— 

40 h 0 O' 

+ + + 

+ + + 

— 

! 


Tandis que le bacille du kyste et le bacille typhique etaient agglu- 
tin6s par les quantity infiniment petites de et cela en tr&s pen 

de temps et d’une fagon tr4s complete, les colibacilles aux mtimes dilu¬ 
tions ne pr6sentaient pas trace d’agglutination. Pour mieux marquer 
encore la difference entre les colibacilles et les bacilles du kyste, nous 
avons recherche la limite d’inactivite de notre serum sur les colibacilles, 
et nous sommes arrives aux resultats suivants. 


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252 Centralbl. f. Bakt etc. I. AbL Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

Essais d’agglutination dedeux colibacilles par un sdrum antityphique. 


Dilutions 

Colibacille A 

Colibacille B 

T J 6 

+ 

! + 

i Jo 

+ 

: + 

uto 

+ 

+ 

4 Jo 

— 

— 

bio 


i 


L’agglutination des colibacilles ne se faisait done qu’au s$ 0 \ et 
encore faut-il faire remarquer que cette agglutination 6tait incomplete. 
La partie supdrieure des tubes it reaction dtait claire; mais plus de la 
moitie inf6rieure 6tait trouble, et au fond du tube il n’y avait qu’un 
petit depot. 

Ce r£sultat ne pouvait nous laisser aucun doute sur la nature du 
bacille du kyste qui devait bien Stre consider^ comme un bacille typhi- 
que. II nous a cependant paru intdressant de rechercher le pouvoir 
agglutinant du sang de la malade vis-e-vis du bacille d’Eberth, des 
colibacilles et de son propre bacille. Les rdsultats de ces recherches 
sont consignee dans le tableau ci-dessous. 

Agglutination du bacilie d’Eberth, du bacille du kyste et des coli- 
bacilles A et B au moyen du s4rum de la malade. 


Dilutions 

Bacille 

d’Eberth 

Bacille 
du kyste 

Colibacille A 

Colibacille B 

i 

1 o 

4- 4-4 

, 

■ 

_ 

2 l O 

+++ 

4-4-4- 

— 

— 

A 

4- 4- + 

-^++ 

- 

— 

. 1 

<; o 

444 

4-4-4- 

— 

— 

8 0 

4- 4-4 

+ 4-4- 

— 

— 

1 

1 O 0 

+ + + 

4 4 4 

— 

— 

2 o o 

+ -f 4 

+ 44 


' — 

a Jo 

44 + 

4 4- 4 

— 

, — 

To o 

444 

444 

— 

i — 

f» l o 

+ 4 

4- 4- 4 

— 

i 

1 

t> 0 0 

44 

44 

— 

1 

-Ao 

4 

44 

— 

— 

H 0 <1 

1 

i 

i 

4 

— 

— 

» 0 0 


— 


— 


Ainsi done le serum de la malade ne prdsentait aucun pouvoir ag¬ 
glutinant vis-a-vis de deux formes de colibacilles, tandis que son pouvoir 
agglutinant vis-a-vis du bacille d’Eberth et du bacille du kyste 6tait 
exceptionnellement intense. Si l’on songe que les infections colibacil- 
laires developpent chez les sujets infectes un pouvoir agglutinant notable, 
il apparaitra a l’evidence que les bacilles du kyste ne pouvaient pas £tre 
des colibacilles. 

Il rSsulte done des caractferes culturaux de notre bacille ainsi que 
des r6sultats des agglutinations auxquelles il a 6t6 soumis, que e’est 
bien un bacille typhique. 

Il ne sera pas sans int6r§t de revenir un instant k l’histoire de la 
maladie. 

La convalescence de la fi&vre typhoide fut lente bien que la ma¬ 
ladie ait 6t6 b6nigne. Nous en trouvons l’explication dans la persistance 
des bacilles typhiques dans le kyste. L’infection du kyste s’dtait faite 
en effet pendant la maladie; et s’il fallait assignor une date k cette in- 


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Maid ague, Bacilles d’Eberth dans un kyste de l’ovaire etc. 


253 


fection, il faudrait la faire coincider avec l’dpoque oil s’dveilldrent dans 
le kyste des douleurs violentes, oh il devint plus volumiueux et od la 
fidvre s’dleva nettement. Les bacilles d’Eberth trouvdrent dans le 
liquide kystique un milieu 6minemment favorable k leur ddveloppement 
et durent se multiplier en grand nombre. Ainsi s’expliquent les phdno- 
mdnes franchement inflammatoires que prdsenta le kyste pendant le cours 
de la maladie. L’effort de l’organisme vers la gudrison parvint k ddtruire 
tous les bacilles typhiques qui circulaient dans le sang ou qui s’dtaient 
arrdtds dans les organes od ils se rencontrent le plus habituelleraent, 
comme les follicules clos de l’intestin, les plaques de Peyer et la rate. 
Mais k cette lutte 1’organisme avait dd ddpenser une dnorme quantity 
de phagocytes. Restaient encore l’dnorme quantity de bacilles retranches 
dans le kyste. L’organisme envoya Id aussi ses forces defensives; mais 
l’armde leucocytaire ne fut pas assez nombreuse pour remporter. un 
triomphe complet. Les bacilles furent ddtruits en grand nombre: l’apyrexie 
passagdre que prdsenta la malade ne s’explique que par l’absence de 
ddversement de toxines dans le sang, c’est-d-dire par la destruction 
presque compldte done des organismes dberthiens. Ce fut la pdriode de 
convalescence et d’apparente gudrison. Mais les bacilles n’avaient pas 
tous dtd ddtruits; et lorsque l’organisme eut dpuisd ses ressources ils 
reprirent le dessus et l’auraient probablement conserve sans l’intervention 
opdratoire. La fidvre s’dtait rallumde; la tension douloureuse du kyste 
annongait le retour offensif des bacilles; tout cela fut coupd par le 
couteau du chirurgien. Le lendemain de l’opdration la iidvre dtait pres¬ 
que totalement tombde et ne devait plus reparaltre. 

De la relation de ce cas nous paraissent ddcouler plusieurs enseigne- 
ments: 

1° C’est un fait de plus en faveur de Taction pyogdne du bacille 
d’Eberth. 

2° C’est un remarquable exemple d’un sujet vaccine et chez lequel 
des bacilles subsistent cependant k l’dtat latent, capables de ddvelopper 
k un moment donnd une infection locale. (Il n’est pas possible dans 
l’etat actuel de nos connaissances sur l’immunite, d’interprdter ce fait 
bizarre qui se prdsente d’ailleurs encore pour d’autres bacilles et tout 
particulidrement pour celui de la tuberculose.) 

3° Au point de vue clinique, ce cas montre qu’il faut porter toute 
son attention vers les lesions organiques prdexistantes k la fidvre typhoide 
et susceptibles de devenir, dans le cours de celle-ci, un retranchement 
pour les bacilles d’Eberth; et qu’enfin une intervention chirurgicale 
rapidement et sagement deiiberee peut gudrir radicalement ces facheuses 
complications. 

Qu’il nous soit permis, en terminant, de tdmoigner k notre excellent 
maitre, Monsieur le Professeur Denys, toute notre reconnaissance pour 
les conseils edairds par lesquels il dirige nos travaux. 


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254 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIIL Heft 3. 


Nachdruck vcrboten. 

Die Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkel- 
bacillus zu der des Rindertuberkelbacillus. 

Von Dr. D. A. de Jong in Leiden. 

Mit 3 Kurven und 9 Figuren. 

(Schlufl.) 

In der Brusthohle keine FlQssigkeit. Die (Lungen sind nickt zu- 
sammengefallen. An der rechten Seite riickenw&rts schwer zu zerreiBende 
Adhasionen. Links ist die ganze Lunge mittels Bindegewebe und Fibrin 
fest mit der Thoraxwandung verbunden. 

Die Lungen sind stark vergroBert, 
zumal die rechte, und liaben eine hocke- 
rige Oberfl&che; sie zeigen viele Kaver- 
nen (Fig. 2). Die rechte hat noch eine 
ziemliche Respirationsoberflache. Die 
linke ist. was den hinteren Lappen be- 
trifft, ganz kavernos. Die vorderen 
Lappen zeigen eine kasige Pneumonie. 
Bronchial - und Mediastinaldriisen sind 
stark tuberkulos mit ziemlich viel Kalk. 
Die Trachea zeigt in der Lange der 
ganzen Schleimhaut eine Menge tuber- 
kuloser Geschwiire. In der Larynx befand 
sich unter der Schleimhaut des linken 
GieBkannenknorpels ein kleiner Tuberkel. 

In der schaumigen Fliissigkeit der 
Maulhohle (Lungenodem), in der rechten 
Bugdriise, in dem AbsceB an der Impf- 
stelle und in den Lungen wurden Tu- 
berkelbacillen gefuuden. 

Ein Meerschweinchen mit einem 
Gewicht von 559 g wurde von der 
rechten Bugdriise subkutan ge- 
impft. Tod nach 86 Tagen mit einem 
Gewichtsverlust von 44 g an heftiger 
allgemeiner Impfungstuberkulose. 

Die mikroskopische Untersuchung 
Fig. 2. Schnittfiache des hinte- der Lunge, vorderen Mediastinaldriise, 
ren Lappens der rechten Lunge der- rechten retropharyngealen Driise und 
eelben Ziege. GrnBe. Schleimhaut der Trachea der Ziege lieB 

starke tuberkulose Veranderungen er- 
kennen. In Lungen und Mediastinaldriise waren verkfiste und verkalkte 
Herde nebeneinander anwesend. 

Der Verlauf dieses Versuches hatte also eine erstaunliche Ueberein- 
stimmung mit dem von Nocard, welchen ich immer etwas bezweifelt 
hatte. Damals starb das Tier auch erst nach 3 Jahren. 

Auffallend ist weiter, daB unsere Ziege eine doppelte Infektion zeigte, 
namlich eine subkutane, verursacht durch Bacillen, welche bei der 



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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 255 


Einspritzung unter die Haut gelangt waren, und wodurch auch die 
rechte Bugdriise angesteckt wurde, und eine pulmon&re als Folge der 
intravenosen Injektion. 

Vergleicht man weiter das Resultat des erwahnten Versuches mit 
den von mir bei Ziegen mit andereu vom Menschen herriihrenden 
Tuberkelbacillen erhaltenen (3), und zieht man dabei die geringgradige 
Tuberkulose, welche der verwendete Bacillus bei Rindern verursachte, 
in Betracht, dann muB sicher angenommen werden, daB dieser 
Tuberkelbacillus des Menschen eine aufierst geringe 
Virulenz besaB. 

Nun war es aber interessant zu untersuchen, ob der dreijahrige 
Aufenthalt in dem Ziegenkorper vielleicht seine Eigenschaften abge- 
andert hatte. 

Zu diesem Zwecke wurden Kulturen angelegt aus dem Meerschwein- 
chen, welches nach Impfung mit Material aus der Bugdriise an Tuber¬ 
kulose gestorben war. Diese Kulturen, angelegt auf glycerinhaltigem 
Rinderblutserum, zeigten bald Wachstum, und mit diesen Kulturen wurden 
am 16. Januar 1904 neue Impfungen angestellt, welche den Anfang 
einer doppelten Serie von Versuchen bildeten. 

Von den aus dem Meerschweinchen erhaltenen Kulturen wurde 
eine fein zerteilte Suspension gemacht, welche 0,150 g Bacillen auf 
20 ccm sterilem Wasser enthielt, also weniger stark war als die, welche 
von Koch und Schiitz in der Regel verwendet wurde. Eine Ziege 
mit einem Gewicht von 13 kg, welche auf Tuberkulin nicht reagiert 
hatte, erhielt davon 1,5 ccm an der rechten Halsflache subkutan. Das 
Tierstarb nach 34 Tagen an heftiger 
allgemeiner Impfungstuberkulose 
mit einem Gewichtsverlust von 6 kg. 

Der Bacillus hatte also fur die Ziege 
stark an Virulenz zugenommen. 

Am 20. Januar war die Impfstelle ange- 
schwollen, und diese Anschwellung wurde lang- 
sam groBer. Am 25. Januar folgte Vergrofie- 
rung der region&ren Bugdriise, am 28. stieg 
die Temperatur, welche nachher ein wenig 
wechselte, urn nach dem 4. Februar iiber 40 0 C 
zu steigen, und erst 2 Tage vor dem Tode 
wieder herabzusinken. Am 5. Februar fing das 
Tier an zu husten, nach dem 6 . verlor es an 
Gewicht. Der Zustand verschlimmerte sich 
dann immer mehr, und die Ziege starb am 
19. Februar. Die Anschwellung der Impfstelle 
und der Bugdriise hatten fortw&hrend an Um- 
fang zugenommen. 

Obduktion: HiihnereigroBe Geschwulst 
an der Impfstelle (Fig. 3) mittels eines Stranges 
mit der stark vergroBerten Bugdriise, welche 
2 1 / i cm breit, 5 1 /* cm lang und 2 cm dick 
war (Fig. 4), verbunden. Tuberkulose der 
rechten Submaxillardriise, der rechten retro- Fig- 3. Scbnittflache der 
pharyngealen Driise, der rechten unteren Hals- tul) erkuloeen Anschwellung 

driise, der Leistendriisen, der rechten Kniekehl- *9 Februar 1904 ^eretorb™ 
driise, der MesenterialdrQsen, der portalen nen Ziege. 9 / 10 GroBe. 



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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3, 


Schnittfliiche der rechten Bugdriise derselben Ziege. 
Schnittflache eines Lungenlappens derselben Ziege. 


j Grofie. 
Grofle 


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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 257 


DrQsen, der Leber, der Milz und der Nieren; heftige Miliartoberkulose 
der Lungen (Fig. 5) und der Bronchial- und Mediastinaldrflsen. 

Das Temperaturverh&ltnis zeigt die Kurve No. 1. 

Zn jener Zeit (am 19. Februar) war ich nicht im Besitz eines be- 
sonders dazn geeigneten Kalbcs zur direkten Impfung mit den Organen 
der Ziege. Ich mufite mich znfriedenstellen mit einem Qbrigens aus- 
gezeichneten und sehr gesunden Kalbe von 2 Tagen (nflchternes Kalb), 
mit einem Gewichte von 32 kg. 

Von einer mediastinalen Drflse der Ziege wurde ein Teil mit 
sterilem Wasser so fein wie moglich verrieben. In der in dieser Weise 
erhaltenen Flflssigkeit waren viele Tnberkelbacillen anwesend. Davon 
bekam das Kalb 5 ccm subkntan an der rechten Halsseite und neben- 
bei wurde ein Meerschweinchen von 380 g subkutan mit 1 ccm derselben 
Flflssigkeit geimpft. Die Impfungen fanden am 19. Februar 1904 statt. 
Das Meerschweinchen starb am 21. Mflrz an allgemeiner Impfungstuber- 
kulose, im Gewicht zurflckgegangen bis 282 g. 

Das Kalb zeigte alsbald eine ziemlich grofie Anschwellung an der 
Impfstelle und von der linken Bugdrflse, welche beiden Anschwellungen 
durch einen schmerzhaften Lymphstrang verbunden waren. Nach einigen 
Tagen jedoch wurde der Versuch gestflrt, indem das Tier Diarrhfle bekam 
und an K&lberdiphtheritis erkrankte. Der Tod lied nicht lange auf sich 
warten und das Tier verendete am 9. Mflrz. Die Obduktion zeigte ein 
interessantes Bild der Mischinfektion mit Tuberkel- und Nekrose- 
bacillen. Von rein tuberkulflser Natur war die Anschwellung an der 
Impfstelle, eine tuberkulflse Infiltration des subkutanen Gewebes, worin sich 
sehr viele Bacillen befanden. Die rechte retropharyngeale Lymphdrflse war 
nahezu gfinzlich verkflst, enthielt viele Tuberkelbacillen, aber auch einige 
Nekrosebacillen. Die rechte Bugdrflse, welche stark vergrSBert war, enthielt 
einen grofien k&sigen Herd mit vielen Tuberkel-, jedoch keinen Nekrose¬ 
bacillen. Tuberkulos waren weiter die Darmbeindrflsen, die Nierendrflsen, 
die Nieren, die Leber, die Milz und die Mesenterialdrflsen. In den 
Lungen viele Tuberkel, aber daneben eine groBe Zahl von durch Nekrose¬ 
bacillen verursachten Herden; die bronchialen und mediastinalen Drflsen 
waren tuberkulfls. 

Es war klar, dafi faktisch die Infektion durch Nekrosebacillen starker 
war als die durch Tuberkelbacillen. Fflr die Kenutnis der Infektion durch 
Tuberkelbacillen hatte der Versuch also keinen Wert. Aber die Bacillen 
hatten wflhrend 19 Tage in dem Korper des Kalbes verweilt 

Geimpft wurden 1 Meerschweinchen von 548 g mit Material von der 
rechten retropharyngealen Drflse und ein zweites von 601 g mit solchem 
der rechten Bugdrflse, beide subkutan. Das erste starb nach 83, das 
zweite nach 46 Tagen an allgemeiner Impfungstuberkulose. Aus den 
Organen des zweiten wurden Kulturen angelegt; diese waren nach 
etwa 4 Wochen flppig gewachsen. 

Diese Kulturen sollten dazu dienen, aufs neue ein Kalb zu impfen 
und zu sehen, ob die Virulenz eine derartige war, dafi bei dem Kalbe 
eine progressive Impfungstuberkulose zum Vorscbein gerufen werden 
konnte. Und ich wollte dabei genau den Weg befolgen, welchen Kossel 
und seine Mitarbeiter bei ihren neuen Untersuchungen am Gesundbeits- 
amt (1) eingeschlagen haben. 

Es mufite also ein Kalb von 3—6 Monaten genommen werden. Am 
9. Juli 1904, dem Tage der Impfung, verfflgten wir fiber ein Kalb, 
welches am 12. M&rz geboren, und also gut 3 Monate alt war. Am 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 3. 17 


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258 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


13. Juni hatte es auf eine Tuberkulineinspritzung nicht reagiert. Das 
Tier war munter and lebhaft, und wog 89,5 kg. 

Von einer Kultur aus der Milz des obengenannten Meerschweinchens 
wurden 35 mg abgewogen und mit 5 ccm sterilem Wasser verrieben; 
diese Flflssigkeit wurde subkutan an der rechten Halsseite des Kalbes 
eingespritzt. 

Ich hebe hervor 1) dafi der verwendete Bacillus derselbe war, welcher 
ursprunglich im Laboratoriura von Prof. Spronck aus einem Menschen 
isoliert worden wor, und welcher keine genQgende Virulenz hatte, am 
zwei Rinder nach intravendser Infektion zu tdten; welcher 37i Jahr 
brauchte, um nach intravendser Infektion einer Ziege dieselbe zu 
tdten, und welcher nachher successive den KOrper eines Meerschweinchens, 
einer Ziege, eines Kalbes und eines Meerschweinchens passiert hatte; 
2) dafi jetzt weniger Bacillen einverleibt wurden als bei den Kossel- 
schen Versuchen. 

Das Resultat des Versuches lieB an Deutlichkeit nichts zu wUnschen 
fibrig. Das Kalb starb am 3. August, also nach 25 Tagen, an allge- 
meiner Impfungstuberkulose, sowohl w&hrend des Versuches als bei der 
Obduktion die Erscheinungen zeigend, welche nach Koch und SchQtz 
und ihren Nachfolgern nur von Rinderbacillen verursacht werden kdnnen. 



Kurve 2. 


Schon am 11. Juli war die Impfstelle angeschwollen, und diese An- 
schwellung hatte am 16. betr&chtlich zugenommen. Dann hatte sich auch 
die rechte Bugdrflse vergrofiert; und beide Schwellungen nahmen fort- 
wahrend an Umfang zu. 

Am Abend der Infektion stieg die Temperatur bis 39,7 0 C, sank 
danach wieder herab, stieg am 17. Juli bis 40° C und blieb nun fort- 
w&hrend sehr hoch, um einige Tage vor dem Tode wieder zu sinken. 
Der Fieberzustand ist aus der Kurve No. 2 ersichtlich. Nach dem 
23. Juli fing das Tier an abzumagern; beim Tode war das Gewicht 
72,5 kg. Am 27. Juli wurde Husten wahrgenommen und es entwickelte 
sich eine schwere tuberkuldse Pneumonie. Wahrend der letzten Tage 
war das Kalb so schwach, dafi es sich nicht ohne Hilfe erheben konnte. 

Die Obduktion ergab folgendes: 

Fast alle LymphdrQsen, sowohl oberflachliche als tiefe, sind tuber- 
kulos. An der Impfstelle subkutan eine ausgebreitete tuberkuldse, ziem- 
lich feste, kasige Anschwellung, 25 cm lang, 12 cm breit und 7 cm dick 
(Fig. 6). Die rechte Bugdriise stark vergrdBert, 10 cm lang, 5 cm breit 
und dick, aus festem, verkastem Gewebe bestehend (Fig. 7). In Leber 
(Fig. 8), Milz und Nieren eine groBe Zahl von kleinen Tuberkeln. Die 
Lungen von Miliartuberkeln flbersat (Fig. 9); die dazugehdrigen Lymph¬ 
drQsen, zumal rechts, in eine feste kasige Masse umgewandelt. An dem 
Rippenbrustfell eine beginnende Perlsucht. 


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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 259 

Nach der Kochschen Auffassung war das Tier an einer Infektion 
mit Rinderbacillen gestorben, und doch hatte die Infektion stattgefunden 
mit einem M en sc hen bacillns, welcher ursprunglich ein 2-jahriges Rind 
und ein 2 l / 2 Monate altes Kalb auch nach intravenoser Infektion nicht 
toten konnte. 

Die Virulenz hatte also nach der Tierpassage zugenoimnen. Das 
war schon ersichtlich gewesen aus der Infektion der zweiten Ziege, 
welche gleichfalls nach der subkutanen Impfung in kurzer Zeit ge¬ 
storben war. 


Fig. 6. Fig. 7. 

Fig. 6. Schnittflache der Anschwellung an der Impfstelle de* am 3. August 1004 
verendeten Kalbes. GrbBe. 

Fig. 7. Rechte Bugdriise dcsselben Kalbes. "/to drofie. 




Man konnte behaupten, daB wir zufallig mit wenig resistenten Tieren 
gearbeitet hatten. Dieses wird durch die zweite zu erw&hnende Ver- 
suchsreihe widerlegt. 

Eine Uebersicht der stattgefundenen Virulenzsteigerung gibt fol- 
gendes Schema (s. p. 260). 

Die Virulenz des Rindertuberkelbacillus wurde also 
vom Menschenbacillus erreicht nach Passage durch zwei 
Ziegen und ein Kalb, liber dies hatte das Virus noch zwei 
Meerschweinchen passiert. 

17* 


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260 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Bacillus tuberculosis homin is 
Reinkultur aus Niere 
womit geimpft: 

2-jahriges Rind intra- Ziege 2'/. Monate altes Kalb 

vends: 8. Mai 19U0, stirbt intravenos: 3. April 1900 intravenos: 8. Mai 1900, 
nicbt; bekommt geringe tot: 26. August 1903 stirbt nicht; leichte Tuber- 

Tuberkulose mit Neigung j kulose mit Neigung zur 

zur Heilung. 1 Heilung. 

mit rechter Bugdriise geimpft: 

Meerschweinchen (tot 21. Nov. 1903. Kulturen) 


mit Kultur Meerschweinchen geimpft: 

Ziege 

subkutan: 16. Januar 1904 
tot: 19. Februar 1904 

mit Mediastinaldriise geimpft : 

Kalb 

subkutan: 19 Februar 1904 
tot: 9. Miirz 1904 (Mischinfektion von Nekrose- 
| und Tuberkelbacillen) 

mit rechtcr Bugdriise geimpft : 

Meerschweinchen (tot 24. April 1904. Kulturen) 
I 


mit Kultur Meerschweinchen geimpft: 

Kalb 


subkutan: 9. Juli 1904 

tot: 3. August 1904 (allgemeine Impftnberkulose). 



Die zweite Serie von 
Versuchen hat nicht weni- 
ger deutliche Resultate er- 
geben als die erste. 

Wieder wurde Aus- 
gang genommen von einer 
Kultur, welche wir ge- 
zuchtet hatten aus einem 
Meerschweinchen, welches 
aus der Bugdriise der am 
26. August 1903 gestorbe- 
nen Ziege geimpft worden 
war. Diese Ziege war also 
diesel be, welche nach intra- 
venoser Impfung mit einem 
menschlichen Tuberkel- 
bacillus noch 3 1 /* Jahre 
gelebt hatte. 

Zur Impfung mit der 
genannten Kultur war dis- 
ponibel ein Kalb von 
163 kg, welches nach einer 
Einspritzung von 3 ccm 
Tuberculine dilute nicht 
reagiert hatte. Am 16. Ja¬ 
nuar 1904, d. h. am selben 

Fig. 8. Leberschnittflache 
desselben Kalbes. ,l /, 8 Grofle. 


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Original fro-m 

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de Jong, Steigemng der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 261 


Tage, worauf die Ziege der ersten Serie geimpft wurde, erhielt das Kalb 
10 ccm der auch fur die Ziege verwendeten Injektionsfliissigkeit sub- 
kutan an der rechten Halsflache. In den 10 ccm waren also 7,5 eg 
Tuberkelbacillen suspendiert. 

Am 18. Januar Schwellung der Impfstelle, am 20. der Bugdriise, 
welche Anschwellungen immer groBer wurden bis zum 26. Januar, um 
dann etwas zuriickzugehen. Die Temperaturen waren nur wenig erhoht, 



Fig. 9. Lungenschnittflache desselben Kalbes. u /, 6 Grblic. 

blieben unter 40° C. Nacli dem 6. M&rz fing das Tier an, etwas diirr 
auszusehen. Das Gewicht blieb ziemlich stationSr, verminderte sich etwas 
nach dem 16. Marz. Am 6. April wurde tuberkuliniert mit folgendem 
Resultat (s. p. 262). 

Die Reaktion betrug 2,3° C und war auch organisch. 

Die Schwellungen an der Impfstelle und der Bugdriise blieben 
bestehen. Am 13. Mai, also 116 Tage nach der Impfung, wurde das 
Tier getotet. Die Obduktion ergab das folgende: 

An der Impfstelle an der rechten Halsseite ein groBer tuberkuloser 
AbsceB mit rahmigem Eiter, worin sich viele Bacillen befinden. In der 


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Kurve 3. 


262 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


5. IV. 

5. IV. 

G. IV. 

G. IV. 

7. IV. 

7. IV. 

7. IV. 

7. IV. 

7. IV. 

7. IV. 

Vorm. 

Abds. 

Vorm. 

Abds. 

Vorm. 

Vorm. 

Vorm. 

Vorm. 

Abds. 

Abds. 

7 

9 

7 

7 

(Infektion) 

5 

7 

9 

11 

1 

3 

38,15 

37,9 

38 

394 

40,4 

41,4 

41,4 

41,2 

41 

40,5 


7. IV. 7. IV. 8. IV. 8. IV. 

Abde. Abds. Vorm. Abds. 

5 7 7 9 

40,6 40,1 39,5 38,5 

rechten unteren HalsdrOse eine ziemlich groBe Zahl von Tuberkeln, 

wovon einige verkalkt sind. Bacillen warden gefunden. Die recbte Bug- 

drftse stark vergrbBert, mit vielen tuberkulosen 
Herden, wovon einige verkalkt sind. In der 
vorderen MediastinaldrOse zwei Tuberkel, in der 
hinteren 10 kleine Tuberkel. In beiden DrOsen 
wurden Bacillen gefunden. Die Herde in den 
vorerw&hnten DrOsen waren jUnger als die in 
Halsund BugdrOse. In den Lungen und den 
broncbialen DrOsen wurde nichts gefunden, und 
auch in anderen Organen wurde keine Tuberku- 
lose entdeckt. 

Die Impfung hatte also eine progressive 
Tuberkulose erzeugt, denn selbst die mediastinalen 
DrOsen waren infiziert. Von spontaner Erkrankung 
kann hier nicht die Rede sein. Der Zusammen- 
hang zwischen Impfstelle, unterer HalsdrOse und 
BugdrOse, alles rechts, war deutlich. Eine hef- 
tige Tuberkulose war jedoch nicht entstanden. 

Man kann hier fragen: Welche Infektion 
nehmen hier Koch und SchOtz an, eine mit 
Menschen- oder eine mit Rinderbacillen ? 

FOr die WeiterzOchtung der verwendeten 
Bacillen konnte natOrlich nur die BugdrOse in 
Betracht kommen. Aus dieser DrOse wurden 
direkt Kulturen auf glycerinhaltigem Rin der serum 
angelegt. Ueberdies wurde damit ein Meerschwein- 
chen von 247 g geimpft. Dieses junge Tier starb 
erst nach 120 Tagen, und doch haben die Kul¬ 
turen aus der BugdrOse ein Kalb in kurzer Zeit 
getotet. Ich mache auf .diesen Unterschied auf- 
merksam. 

Nach 4 Wochen waren die Kulturen aus der 
DrOse deutlich und am 9. Juli Qppig gewachsen. 

Es wurde ein Kalb genommen, welches am 
10. M&rz geboren war und also am 9. Juli ein 
Alter von 121 Tagen hatte. Das Gewicht betrug 
8,75 kg. Am 3. Juni hatte es auf Tuberkulin- 
einspritzung keine Spur von Reaktion gezeigt. 
Von einer Kultur der BugdrOse wurden 35 mg 
abgewogen und gemischt mit 5 ccm sterilem 
Wasser. Diese FlOssigkeit wurde am 9. Juli sub- 
kutan an der rechten Halsseite eingespritzt Die 
Menge war also wieder geringer als die, welche 
Kossel u. a. angaben. 


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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbadllus etc. 263 


Ueber den Verlauf des Versaches kann ich mich kurz fassen, weil er 
vollkommen flbereinstimmt mit dem des letzten Kalbes in der anderen 
Serie. 

Am 11. Juli Anschwellung an der Impfstelle, welche immer grSBer 
wurde. Am 16. Anschwellung der rechten Bugdrflse. Am 18. wurde 
Husten gehSrt. Schon am 15. stieg die Temperatnr fiber 40° (vergl. die 
Knrve No. 3). Nach dem 23. frag das Tier an abzumagern. Der Zu- 
stand verschlimmerte sich fortwfihrend, und am 8. August trat der Tod 
era, also 30 Tage nach der Impfung. Das Gewicht war bis 72,5 kg 
zurfickgegangen. 

Die Obduktion ergab nahezu dieselben Verfinderungen wie bei dem 
am 3. August verendeten Kalbe, so dafi eine nfillere Umschreibung Ober- 
flfissig ist Die Abmessungen der Anschwellung an der Impfstelle be- 
trugen: Lfinge 19, Breite 18 und Dicke 6 cm; in der Mitte befand sich 
eine gelblich feste Masse. Die rechte Bugdrflse war 13 cm lang, 6 cm 
breit und 6 cm dick, nahezu gfinzlich verkfist Die meisten Lymph- 
drfisen waren tuberkulos, sowie Leber, Milz und Niere, wfihrend die 
Lungen wieder eine schOne Miliartuberkulose zeigten. An der rechten 
Pleura costalis eine beginnende Perlsucht. (Man vergl. mit den Ab- 
bildungen der Organe des letzten Kalbes aus der anderen Serie.) 

Also dasselbe Resultat wie bei dem anderen am 9. Juli geimpften 
Kalbe; die subkutan eingespritzten Bacillen hatten eine Wirkung gehabt 
welche nach der Kochschen Schule nur einem Rinderbacillus zukommt 
Und doch waren es ursprfinglich sehr wenig virulente Menschenbacillen. 

Folgendes Schema veranschaulicht die Virulenzsteigerung: 


2-jahr. Bind intravends: 
8. Mai 1900, stirbt nicht; 
bekommt geringe Tuberkulose 
mit Neigung zur Heilung. 


Bacillus tuberculosis ho minis 
Reinkultur aus Niere 
womit geimpft: 

Ziege 

intravends: 3.April 1900 
tot: 26. August 1904 


2 1 /, Mon. altes Kalb intra- 
vends: 8. Mai 1900, stirbt 
nicht; bekommt leichte 
Tuberkulose mit Neigung 
zur Heilung. 


mit rechter Bugdriise geimpft: 

Meersehwelnehen (tot 21. Nov. 1903. Kulturen). 


mit Kultur Meerschweinchen geimpft: 

Kalb 

subkutan* 16. Januar 1904 

g e 161 e t: 13. Mai 1904 (progressive langs. verl. Tuberkulose; 

| Kulturen aus r. B u gd r fi s e) 

mit Kultur Bugdriise geimpft: 

Kalb 

subkutan: 9. Juli 1904 

tot: 8. August 1904 (allgemeine Impftuberkulose). 

Der Menschenbacillus hatte also den Kdrper einer Ziege und eines 
Kalbes und fiberdies eines Meerschweinchens passiert. 

Wie bereits gesagt, widerlegt die zweite Versuchsreihe die eventuelle 
Behauptung, dafi das letzte Kalb der ersten Reihe eine geringe indi- 
viduelle Resistenz gehabt haben sollte. In zwei verschiedenen Fallen 
haben die ursprfinglich wenig virulenten Menschenbacillen ffir das Kalb 
eine dem Rinderbacillus ahnliche Virulenz gezeigt. Und bei diesen 
Kfilberversuchen haben wir die am Gesundheitsamt von Kossel u. a. 
befolgten Versuchsverfahren berflcksichtigt. 

Aus den erwfihnten Untersuchungen glaube ich aufs neue folgern 
zu kOnnen, dafi kein prinzipieller, kein Artunterschied zwischen Tuberkel- 


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264 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


bacillen des Menschen und des Rindes existiert, daB also die neue 
Meinung der Kochschen Schule unrichtig ist. Ein schwach viru- 
lenter Menschenbacillus lBfit sich mittels Tierpassage 
steigern zu der Virulenz, welche der Rinderbacillus in 
der Regel besitzt. 

Leiden, den 21. September 1904. 

Literatnr. 

1) Kossel s Weber und H euss, Vergleichende Untersuchungen uber Tuberkelbacillen 
verschiedener Herkunft. I. (Tuberkulose-Arbeiten a. d. kaiserl. Gesundheitsamte. 
Berlin 1904.) 

2) de Jong, D. A., Experiences comparatives but Faction pathogfene pour les animaux, 
notamments pour ceux de l’espfcce bovine, des bacilles tubercuieux provenant du 
boeuf et de lmomme. (Semaine mddicale. 1902. 15 janvier.) 

3) --, De Eenheid der Zoogdiertuberculose. Leiden 1902. 

4) Stuurman, W., Zur I den ti tat der Menschen- und Rindertuberkulose. Leiden 1903. 

5) de Jong, D. A., La tuberculose humaine et ceJle des animaux domestiques sont- 
elles dues k la m£me espfcce microbienne: le bacille de Koch? (XIII* Congrfes 
international d’hygfene et de d6mographie. Bruxelles 1903.) 

6) Raven cl, Mazyek P., The intercommunicability of human and bovine tubercu¬ 
losis. 1902. 

7) v. Behring, Beitrage zur experimentellen Therapie, Heft 5. 

8) Moeller, Zur Frage der Uebertragbarkeit der Menschentuberkulose auf Kinder 
und Ziegeu. (Dtsche med. Wochenschr. 1902. No. 40. p. 718.) 

9) Rdmer, Tuberkelbacillenstamme. (v. Behrings Beitrage zur experimentellen 
Therapie. Heft 6.) 

10) Gratia, La tuberculose humaine et ceile des animaux domestiques sont-elles dues 
k la m&me espfcce microbienne: le bacille de Koch? (XIII* Congrfes international 
d’hygifcne et ae d<$mographie. Bruxelles 1903.) 

11) Arloing, XIII e Congrfcs international d’hygifcne et de demographic. Bruxelles 1903. 

12) Karlinski, Zur Frage der Uebertragbarkeit des menschlichen Tuberkuloseerregers 
auf Tiere. (Zeitschr. f. Tiermedizin. Bd. VIII. Heft 6.) 


Aachdmck verboten. 

Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute (Prof. Weichselbaum) 

in Wien.] 

Von Assistent Dr. Julius Bartel und Dr. Robert Stein. 

(Fortsetzung.) 

Histologischer Befund: 

1) Leberherde: Dieselben zeigen in den zentralen Partieen Leberzellenbalken, die 
vielfach in Auflosung begriffene Leberzellen aufweisen, die gegeniiber den Leberzellen der 
Umgebung einen mehr hellroten Farbenton im Haraalauneosinschnitt aufweisen. Die 
Kerne sind vielfach undeutlich, vielfach weisen sie keine spezifische Kernfarbung mehr 
auf. Zwischen den Leberzellen liegen dicht gehauft mono- und polynukleare Leuko- 
cyten. Diese zentralen Partieen erscheinen von einer Kapsel umgeben, scharf von der 
umgebenden Leber abgegrenzt. Diese Kapsel ist gebildet aus spindeligen Zellen mit 
kurzspindeligem Kern und enthalt stellenweise reichlich mononukleare Leukocyten. 

In Schmtten konnten keine Tuberkelbacillen nachgewiesen werden. 

2) Lvmphdruse: In derselben finden sich zahlreiche Herde, die zentral zumeist 
dichte Anhaufungen mono- und polynuklearer Leukocyten zeigen, peripher gleich den 
Leberherden kapselartig durch eine Zone anscheinend fibrosen Gewebes von der Um¬ 
gebung abgegrenzt sind. Die Zellen der letztgenannten Grenzzone sind spindelig mit 
spindeligem Kern. Neben einzelnen mononuklearen Leukocyten liegen in dieser Zone 
auch einzelne Riesenzellen, deren Kerne teils peripher, teils mehr gleichmafiig im Ptoto- 
plasma verteilt angeordnet sind. 

Tuberkelbacillen fanden sich nicht. 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 265 


2. Probe, entnommen nacb 22 Stonden (29. April 1904, 9 Uhr Morgens). 

1) Deckglas: Segmentierte, deutlich rot gefarbte Bacillen einzeln und zu zweien in 
mafiiger Zahl, einzelne Bacillen unsegmentiert. 

2) Histologischer Befund: analog fr. Probe. Eeine Bacillen gefunden. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 34. Tag (1. Juni 1904): Am 13. Mai 1904 machte sich ein kleines 
Infiltrat der Injektionsstelle bemerkbar. 

Sektionabefund: Kasiges Infiltrat der Injektionsstelle, verkaste, fast erbsengroBe, 
inguinale Lymphdriisen der rechten Seite, desgleichen eine verk&ste, vergrofierte Druse 
rechts am Muse, psoas, Milz vergroflert, gleichmafiig von iiber hirsekorngrofien Kndtchen 
durchsetzt, in der Leber sparliche kleinste Kndtchen, braune Atrophie der inneren Organe, 
Marasmus. 

Histologischer Befund (durch den etwas faulen Zustand der Organe wurde bier 
die Untersucnung einigermafien erschwert): 

Leberknotchen: Diesel ben, etwa V 10 der Grdfie der Leberherde in Probe 1 dieser 
Reihe, erwiesen sich als kleine Herde nekrotischen Gewebes, das eine mafiige Zahl er- 
haltener Kerne sowie Kerntriimmer enthalt Eine Art fibidser Kapsel ist hier nicht 
vorbanden. 

Tuberkelbacillen konnten in diesen Herden nicht nachgewiesen werden. 

Die Milzknbtchen zeigen ebenfalls ein nekrotisches Zentrum mit in mafiiger Zahl 
eingestreuten Kernen und Kerntriimmern, in den Randpartieen oft eine breitere Zone 
yon mono- und polynuklearen Leukocyten und auch eine mafiige Zahl oft ziemlich 
grofier Riesenzellen mit zumeist randstandig angeordneten Kernen. 

Tuberkelbacillen fanden sich hier in sehr sparlicher Zahl als zumeist blafirot 
gefarbte, stark pigmentierte Stabchen. 

3. Probe, entnommen am 4. Tag (1. Mai 1904). 

1) Deckglas: negativ. 

2) Histologischer Befund: An einer Stelle 2 segmentierte, deutlich rot gefarbte 
Bacillen. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 30. Tag (30. Mai 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. An der Injektionsstelle kleines flaches 
Infiltrat, von denselben nach abwarts sich erstreckend verkfiste bis erbsengrofie Lymph- 
drfisen, braune Atrophie der inneren Organe, Marasmus. 

Histologischer Befund: Das Infiltrat zeigt hier lediglich eine Anhaufung poly- 
nuklearer Leukocyten nach Art eines Abscesses. 

Tuberkelbacillen fanden sich in denselben sehr spfirlich in Form schwach rot ge- 
farbter, stark segmentierter Stabchen, die stets einzeln lagen. 

In den Lymphdriisen zeigen die Herde zentral zwischen nekrotischen Partieen 
dichte Anhaufungen polvnuflearer Leukocyten, wahrend peripher ein breiter 
2Saum protoplasmareicher Zellen mit meist einem, seltener 2 und 3 blaschenfdrmigen 
Kernen zu sehen ist. 

Tuberkelbacillen sind in diesen Herden von gleicher Art und Zahl wie im Infiltrat. 

4 Probe, entnommen am 6. Tag (3. Mai 1904). 

1) Deckglas: 2 segmentierte, gut gefarbte Bacillen. 

2) Histologischer Befund: An 2 Stellen mehrere teilweise segmentierte, gut ge¬ 
farbte Bacillen. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 60. Tag (2. Juli 1904). 

Sektionsbefund: iSubkutan rechte Bauchseite. Tier kraftig ohne Veranderungen. 

5. Probe, entnommen am 12. Tag (9. Mai 1904). 

1) Deckglas: Mehrfach bald deutlich, bald blaBrot gefarbte, zum Teil segmentierte 
Bacillen einzeln und zu zweien. 

2) Histologischer Befund: An zwei Stellen deutlich rot gefarbte, segmentierte 
Bacillen. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 20. Tag (29. Mai 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Kleines brdckliges Infiltrat an der 
Injektionsstelle, kleiner rundlicher Herd in der Leber, Marasmus, braune Atrophie der 
Organe. 

Histologischer Befund: Das Infiltrat zeigt in gleichformig nekrotisiertes Gewebe 
eingelagerte mononukleare, seltener polynukleare Leukocyten in mafiiger Zahl. Hier 
und da ist eine protoplasmareiche Zell© mit 2 Kernen zu sehen. An einzelnen rund- 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Original®. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


lichen Stellen ist das Gewebe im Hamalauneoeinechnitt starker rot gefarbt, und ent- 
halt dann auch zahlreiche Kerntriimmer. 

Tuberkelbacillen fanden sich in diesem Infiltrate auflerordentlich sparlich (1 Bacillus 
von mehr braunlich-roter Farbe). 

Der Leberherd besteht aus prutoplasmareichen Zellen, darunter mafiig reichliche 
Zellen mit 2 und mehreren in dem Zellprotoplasma gleichmafiig verteilten Kernen. An 
einer kleinen zirkumskripten Stelle sind in nekrotischee Gewebe polynukleare Leuko- 
cyten und Kerntriimmer eingelagert. 

Tuberkelbacillen fanden sich in diesem Leberherd nicht. 

6. Probe, entnommen am lt>. Tag (13. Mai 1901). 

1) Deckglas: Keine Bacillen gefunden 

2) Histologischer Befund: An einer Stelle 2 segmentierte, gut gefarbte Bacillen. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 50. Tag (2. Juli 1904). 

Sektionsbef und: Subkutan rechte Bauchseite. Keine Veranderungen. 

Samtliche Impftiere dieser Reihe waren ca. 3 Wochen alt 

II. Reihe. 

Tuberkelbacillen waren in der frischen Probe als sehr sp&rliche 
segmentierte Stabchen von deutlicher Rotfarbung in den tuberkulbsen 
Herden nachweisbar. Die Bacillen lagen zumeist einzeln. In den 
spateren Proben nahmen die Bacillen an Zahl rasch ab, so dafi trotz 
eifrigen Suchens in Schnitten vom 2. Tage (1. Probe) nur 2 stark 
segmentierte Bacillen, in Schnitten vom 19. Tage (3. Probe) nur ein 
einziger braunrot gefhrbter, ebenfalls stark segmentierter Bacillus ge¬ 
funden wurde. In den Schnitten vom 9. Tage (2. Probe), ferner vom 
21. Tage (4. Probe) und vom 24. Tage (5. Probe) konnten Qberhaupt. 
keine Bacillen nachgewiesen werden. 

Aus der frischen Probe gelang es, in Kultur Tuberkelbacillen zu 
erhalten — 8 feinste Kolonieen etwas plumper Bacillen vom morpho- 
logischen und tinktoriellen Verhalten der Tuberkelbacillen — ferner ge¬ 
lang die Kultivierung von Tuberkelbacillen auch aus der verkasten In- 
guinallymphdrflse des Impfderes vom 2. Tage (1. Probe). Die Kulturen 
waren hier ziemlich reichlich aufgegangen und zeigten leuchtend rot ge¬ 
farbte, etwas plumpe Stabchen. 

(Als Verunreinigung gingen aus dem Material von der frischen 
Probe sparliche Kolonieen des Staphylococcus albus auf, wahrend 
solche in Schnitten nicht nachgewiesen werden konnten.) 

Die Bacillen der frischen Probe hatten beim Impftier bei subkutauer 
Injektion allgemeine Tuberkulose hervorgerufen — Epitheloidzellen- 
tuberkel mit Riesenzellen und Verkasung, sehr sparlich segmentierte 
Bacillen von deutlicher Rotfarbung. — Bei subkutaner Impfung vom 2. Tage 
(1. Probe) ergab sich als Resultat Tuberkulose mit Verkasung der In- 
jektionsstelle sowie der regionaren Lymphdrflsengruppe, ferner Miliar- 
tuberkulose in Leber, Milz und Lunge — in den Lymphdrusen peripher 
fibrOse Epitheloidzellentuberkel mit roichlichen polynuklearen Leukocyten 
und Kerntrflmmern in den zentral erweichten Partien, Bacillen auBerst 
sparlich segmentiert und deutlich rot gefarbt. — Subkutane Verimpfung 
vom 21. Tage (4. Probe) ergab ein kleines Intiltrat der Injektionsstelle 
bei leichter Schwellung der regionaren LymphdrQsen — im Infiltrat 
epitheloide und Riesenzellen mit oft randstandigen Kernen sowie mit 
sparlichen, vom Rande eindringenden Kapillargefafien, keine Bacillen, 
in den Lymphdriisen keine spezifischen Veranderungen. Bei intraperi- 
tonealer Impfung vom 19. Tage (3. Probe) fanden sich in der Leber des 
Impftieres feinste, gelblichweiBe Pflnktchen in groBer Zahl — zwischen 


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Bartel a. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 267 


nekrotischea Leberzellbalken eingelagerte zahlreiche mono- und polynuk- 
lefire Leukocyten, keine Bacillen —, w&hrend das Tier sonst aufier 
Marasmus keine Veranderungen zeigte. Bei intraperitonealer Verimpfung 
vom 24. Tage (5. Probe) fand sich bei dem gut gen&hrten Tiere im Netz 
ein kleines weifiliches Knotchen — verkaster, bindegewebig abgekapselter 
Herd, in den verk&sten Massen zahlreiche Kerntrflmmer, keine Bacillen. 
— Ein Impftier war bei subkutaner Impfung vom 9. Tage (2. Probe) 
am 3. Tage nach der Injektion eingegangen. Als Sektionsbefund fand 
sich lediglich ein hochgradiger Marasmus. 

III. Reihe. 

Die Bacillen sind im Schnittpr&parat der frischen Probe maflig 
reichlich vorhanden, stark segmentiert und deutlich rot gefarbt. Gleicher- 
weise verhalten sie sich weiterhin in der Probe vom 9. und 11. Tage 
(1. u. 2. Probe). In der Probe vom 14. Tage gelang es nicht mehr, 
Bacillen nachzuweisen. 

Kulturen auf Tuberkelbacillen hatten ein negatives Ergebnis. (Als 
Verunreinigung gingen aus dem Material der 3. Probe auf alien Nfihr- 
boden sp&rliche Kolonieen des Staphyloc. pyog. alb. auf, w&hrend 
im Schnitt Kokken dieser Art nicht aufgefunden wurden.) 

Die Bacillen der frischen Probe hatten bei intraperitonealer Impfung 
eines Meerschweinchens allgemeine Tuberkulose mit Verkasung — Epi- 
theloidzellentuberkel mit Riesenzellen und Verkasung, maBig reichliche, 
segmentierte und deutlich rot gefarbte Bacillen — hervorgerufen. 

Das subkutan injizierte Impftier vom 9. Tage (1. Probe) zeigte ein 
verk&stes Infiltrat der Injektionsstelle und kleinste Tuberkel im Netz, 
Milz, Lunge — in den Inguinallymphdrflsen zahlreiche konfluierende, 
peripher fibrOse Tuberkel, zentral dichte Haufen mono- und polynuklearer 
Leukocyten; in den Mesenteriallymphdrflsen konfluierende Herde epi- 
theloider Zellen, Bacillen sp&rlich segmentiert, deutlich rot gefflrbt —; 
das Impftier vom 11. Tage (2. Probe) zeigte bei subkutaner Injektion 
Verkasung der Injektionsstelle und der region Sr en Lymphdrflsen, Tuberkel 
in der Milz, Leber und Lunge — in den Inguinallymphdrflsen konflu¬ 
ierende Herde epitheloider Zellen, maflig reichlich segmentierte, deutlich 
rot gefarbte Bacillen. — Der Obduktionsbefund des Meerschweinchens 
vom 14. Tage (3. Probe) war negativ. 

IV. Reihe. 

Die Bacillen, anfangs unsegmentierte, deutlich rot gefarbte Stabchen, 
werden nach 22 Stunden (2. Probe) segmentiert. Die stets nur in sehr 
spariicher Zahl nachweisbaren Bacillen sind im Deckglas vom 19. Tage 
(6. Probe) nicht mehr nachweisbar, dagegen konnten solche an einer 
Stelle in der Zweizahl im Schnitt vom 19. Tage gefunden werden. 

Aus der Probe von 7 Stunden (1. Probe) gelang die Reinzflchtung 
von Tuberkelbacillen. Dieselben prasentierten sich als schlanke, deutlich 
rot gefarbte Stabchen. Alle tibrigen Kulturen blieben steril. 

Die Bacillen der frischen Probe hatten bei subkutaner Injektion ein 
verkastes Infiltrat der Injektionsstelle, Tuberkulose mit Verkasung der 
regionaren Lymphdrflsen und miliare Tuberkel in Netz, Milz und Lunge 
erzeugt (s. III. Tv. vom 9. Tage 1. Probe) — peripher fibrflse Tuberkel, 
die zentral zahlreiche mono- und polynukleare Leukocyten enthalten in 
den regionflren Lymphdrflsen, in den Mesenterialen diffuse Anhaufung 
epitheloider Zellen, Bacillen in spariicher Zahl als segmentierte Stabchen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


— Bei Verimpfung des Materials nach 6 (1. Probe) resp. 22 (2. Probe) 
Stunden zeigte sich bei subkutaoer Injektion bei den Impftieren allgemeine 
Tuberkulose mit Verk&sung — in den Leberherden von der 1. Probe nekro- 
tische Leberzellbalken mit eingestreuten mono- und polynukle&ren Leuko¬ 
cyten bei fibrOser Abkapselung gegen die Umgebung in den Lymphdrflsen, 
ebenfalls fibrfls abgekapselte Epitheloidzellentuberkel mit sparlichen 
Riesenzellen und zentraler Anh&ufung von mono- nnd polynukle&ren 
Leukocyten, keine Bacillen nachweisbar, in den Leberherden der 2. Probe 
ebenfalls nekrotische Leberzellenbalken mit zwischen dieselben einge- 
lagerten mono- und polynukle&ren Leukocyten, jedoch ohne periphere 
Bindegewebswucherung, in den Milzherden (verk&ste Tuberkel) sparlich 
stark segmentierte, gut rot gef&rbte Bacillen. — W&hrend das Impftier 
vom 4. Tage (3. Probe) bei subkutaner Impfung neben verk&stem Infil- 
trat Tuberkulose mit Verk&sung der region&ren Lymphdrflsen zeigte — 
im Infiltrat neben nekrotischen Massen dichte Haufen mono- und poly- 
nuklearer Leukocyten, peripher von gewuchertem Bindegewebe umgeben, 
Bacillen in den dichten Zellenherdcn als sp&rliche segmentierte Stabchen 
nachgewiesen, in den Lymphdrflsen Epitheloidzellentuberkel mit einzelnen 
Riesenzellen mit gleichm&Biger Anordnung der Kerne und zentraler An- 
h&ufung mono- und polynukle&rer Leukocyten — blieb das mit Material 
vom 7. Tage (4. Probe) subkutan geimpfte Tier gesund. Dagegen fand 
sich beim Impftier vom 13. Tage (5. Probe) bei subkutaner Injektion 
ein Infiltrat der Injektionsstelle und ein Leberherd — im Infiltrat ne¬ 
krotische Massen mit sparlichen mono- und polynukle&ren Leukocyten, 
Riesenzellen mit randstflndigen Kernen nnd sparlichen Bacillen, im Leber¬ 
herd Epitheloidzellentuberkel mit kleiner verkaster Stelle nnd daselbst 
eingelagerten mono- und polynuklearen Leukocyten. Der Tierversuch 
vom 19. Tage (6. Probe) blieb negativ. 


Stamm 3. 

V. R e i h e. 

A. Milz eines mit Kulturmaterial (IV. general. 5 Wochen alt auf Ulycerinkar- 
toffel gezuchtet, auf Glyceginagar fortgeimpft, aus einer tuberkuldsen BroucnialdruaeV 
mtraperitoneal geimpften Meerochweincnens (22. April 1904), das am 21. Tage nach der 
Injektion (13. Mai 1904) getotet wurde. 

B. Leber desselben Meerschweinchens. 

Sektionsbefund: GroBes Netz iD einen verechrumpften, von Easeherden durchsetzten 
rundlichen derben Strang umgewandelt, die mesenterialen Lymphdriisen geschwollen, 
Milz machtig vergrofiert, von zahlrachen kleinen Tuberkeln durchsetzt, in der stark 
vergroBerten Leber zahlreiche konfluierende Kaseherde, Tuberkel in maBiger Zahl in 
der Lunge. 



6 Proben wie bislang samtliche Objekte in feuchter Kammer bei 38° im Brutnfen auf- 

Frische Probe 13, Mai 1904, 

1) Deckglas: MaSig reichliche Bacillen einzein, seltener zu 3 und 4, mit und 
ohne Segraentierung deutlich rot gefarbt. 

2) Histologiscner Befund: Zahlreiche konfluierende Herde grofier protoplasma- 
reicher Zellen mit blaschenformigem Kern neben Epitheloidzellentuberkeln mit Kiesen- 
zelien und Verka8ung. Tuberkelbacillen fanden sich einzeln, zu 3 und 4 beieinander, 
oft stark segmentiert, deutlich rot gefarbt. 

3) Kultur. Befund: Zarte Triibung der Bouillon (Staphyloc. pyog. alb.), 
sonst steril. 

4) Tierversuch: s. o. Sektionsbefund histologischer Befund, s. fr. Probe 2. 

1. Probe, entnommen am 4. Tage (16. Mai 1904). 

1) Deckglas: Beichlich Bacillen, oft zu 6 und 10 in einer Gruppe, mit und ohne 
Segmentierung, verschieden stark gefarbt 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwach viral enter Tuberkelbacillen. 269 


2) Histologischer Befund: Bacillen meist schwachrot geffirbt, vielfach segmentdert. 

3) Kultur. Befund: steriL 

4) Tiervereuch 57. Tag (12. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutane rechte Bauchseite verkastes Infiltrat der Injektionstelle, 
verkaste Inguinallymphdrusen der gleichen Seite, verkfiste erbsengroBe Driise am Psoas 
der rechten Seite, Milz wenig vergrbfiert, in dereelben vereinzelte Tuberkel, die bronchialen 
Lymphdriisen vergroBert mit verkasten Herden, sparliche Tuberkel der Lungen, braune 
Atrophie der Organe, Marasmus. 

Histologischer Befund: Die Lymphdriisentuberkel sind stark fibrdser Natur und 
konfluieren die ganze Lymphdruse fast erfiillend zu grofieren Herden. Riesenzellen 
sind zahlreich und in alien Grofien in den Tuberkeln verstreut. Teilweise zeigen sie 
den Langhansschen Typus, teds prasentieren sie sich als grdfiere Zellen mit zwei und 
mehreren dichtetehenden Kernen. Verkasung ist in mehreren Stellen in Form unregel- 
m&fiiger Herde vorhanden. 

Tuberkelbacillen fanden sich sparlich in Form stark segmentierter Stabchen von 
guter Farbbarkeit. 

2. Probe, entnommen am 7. Tage (19. Mai 1904;. 

1) Deckglas: analog 1. Probe. 

2) Histologischer Refund: analog 1. Probe. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 54 Tag. (12. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutane rechte Bauchseite kasiges Infiltrat der Injektionsstelle, 
verkaste vergrofierte Inguinallymphdrusen rechts, verkaste Driise am Muse, psoas der 

f leichen Seite, Milz etwas vergroBert von an Zahl reichlicheren Tuberkeln wie beim 
mpftier der 1. Probe durchsetzt, in den Lungen sparlichere Tuberkel, Tier verhaltnis- 
mafiig gut ernahrt. 

Histologischer Befund: Die Tuberkel der Lymphdriisen sind analog gebaut wie die 
Tuberkel der Lymphdriisen der vorigen Probe (V. A. 1. Pr., 4. Tv., hist Bfd.). In 
den verkasten Partieen sind jedoch hier eine grofle Menge polynuklearer Leukocyten und 
Kern trammer eingestreut, so dafi bei schwacher VergroBerung das Bild der Nekrose 
stark gegen die zahllosen eingestreuten polynuklearen Leukocyten und Kerntriimmer 
zuriicktritt Tuberkelbacillen mnden sich sehr sparlich in Form stark segmentierter, 
etwas braunlichrot gefarbter Stabchen. 

3. Probe, entnommen am 9. Tage (21. Mai 1904). 

1) Deckglas: analog den vorigen Proben 1 u. 2. 

2) Histologischer Befund: analog den vorigen Proben 1 u. 2. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tiervereuch unterlassen. 

4. Probe, entnommen am 12. Tage (24. Mai 1904). 

1) Deckglas: starke Segmentierung an alien Bacillen, sonst Beiund wie vorher. 

2) Histologischer Befund: analog aen friiheren Befunden. 

3) Kultur. Befund: auf Agarplatte 1 Kolonie Staphyl. alb., sonst steriL 

4) Tiervereuch 52. Tag (15. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite, verkastes, flaches, linsengroBes Infil¬ 
trat der Injektionsstelle, die gleichseitigen Inguinallymphdrusen erbsen^rofi, verkast, am 
Muse, psoas rechts eine vergrofierte zentral verkaste Driise, gleicherweise die Bronchial- 
lymphdrusen beschaffen, Milz mafiig vergrofiert, von iiber hireekorngroBen Tuberkeln 
durchsetzt, in den Lungen 4 graue Tuberkel, Tier verhaltnismafiig gut genMirt. 

Histologischer Betund: Analog 2. Pr., Tv. Auch hier liegen in den verkasten 
Partieen der Tuberkel aufierordentlich zahlreiche polynukleare Leukocyten und Kern- 
trammer. 

Tuberkelbacillen nicht auffindbar. 

5. Probe, entnommen am 16. Tage (28. Mai 1904). 

1) Deckglas: analog den vorhergehenden. 

2) Histologischer Befund: spfirliche Bacillen, analog den vorhergehenden Proben. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 48. Tag (15. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite, Tier in gutem Ernahrungszustand, 
ohne Veranderungen, 

Der Leber wurden 7 gleich groBe Stiicke wie die Teilstdcke der Milz entnommen, 
eines hiervon sofort verarbeitet, die iibn^en 6 Teile kamen in den Brutofen bei 38°, 
wo sie ohne feuchte Kammer bis zur Entnahme der 1. Probe eintrockneten. Nach 


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Centralbl. f. Bakt. etc, I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Entnahme der 1. Probe (4. Tag) kamen die Objekte in eine feuchte Kammer. Die vorher 
ganz getrockneten Stiicke wurden nunmehr wieder weich und lagen dann in einer 
braun lichen, triiben Fliissigkeit, sowie die in feuchter Kammer von An fang an behan- 
delten Objekte. Die Verarbeitung der einzelnen Proben geschah zu gleicner Zeit wie 
die Milzproben der gleichen Reihe. 

Frische Probe 13. Mai 1904. 

1) Deckglas: maflig reichlich gut gefarbte Bacillen einzeln, seltener zu zweien. 

2) Histmogischer Refund: In der Leber sind zahlreiche unregelmafiige Herde 
nekrotischer Leberzellen balken vorhanden, in denselben stellen weise rundliche nekrotische 
schollige Massen mit eingelagerten Leukocyten und Kerntrummern sichtbar. Daheben 
finden sich mehrfach kleine rundliche Herde aus protoplasmareichen Zellen mit 
blaschenformigen Kernen, sowie Leukocyten und zentraier Nekrose. 

Tuberkelbacillen sind stellenweise segmentiert, auch zu mehr als 2 und 3 Exem- 
plaren zu finden. 

3) Kultur. Refund: auf Agarplatte 1 Kolonie StaphyL alb., sonst steriL 

A) Tierversuch s. o., Sektionsbefund und histoL Befund siehe unter fr. Probe 2. 

1. Probe, entnommen am 4. Tage (16. Mai 1904). 

1) Deckglas: analog frische Probe. 

2) Histologischer Befund: analog frische Probe. 

3) Kultur. Befund: steriL 

4) Tierversuch 21. Tag (5. Juni 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite, kleines kasiges Iufiltrat der Injektions- 
stelle, Inguinaldrusen rechts etwas uber hanfkorngrofi mit kasigen Herden, die stellen¬ 
weise einen mehr kreidigen Eindruck machen, braune Atrophie der inneren Organ e. 
Marasmus. 

Histologischer Befund: Das InHltrat besteht aus dichtstehenden grofien Zellen, 
die zumeist einen blaschenformigen Kern, mehrfach auch 2 und mehrere Kerne ent- 
halten. Vom Rande aus dringen zahlreiche GefaBe, von Bindegewebsziigen bcgldtet, 
in das Infiltrat ein. An einer Stelle ist eine dichte Anhaufung polynuklearer Leuko¬ 
cyten und zwischen denselben zahlreiche Kerntriimmer zu sehen. Sonst sind Leukocyten 
in mafliger Zahl zwischen die grofien oben beschriebenen Zellen eingestreut 

Tuberkelbacillen fanden sich in dem erwahnten Herde aus polynuklearen Leuko¬ 
cyten sehr sparlich als gut rot gefarbte, sark segmentierte Stabchen. 

Die LymDhdriisen der rechten Inguinalgegend enthalten konfluierende Herd© 
protoplasmareicher Zellen mit blaschenformigem Kern, die ihrerseits mehrfach Stellen 
mit aichten Anhaufungen polynuklearer Leukocyten aufweisen, wie auch sonst solche 
in reicher Zahl zwischen den oben beschriebenen Zellen vorhanden sind. 

Tuberkelbacillen fanden sich sehr sparlich zu zweien als gut gefarbte, stark 
segmentierte Stabchen (an 2 Stellen je 2 Bacillen) in dem dichten Leukocytenhaufen. 

2. Probe entnommen am 7. Tage (19. Mai 1904. 

1) Deckglas: sparliche Bacillen wie bei Probe 1. 

2) Histologischer Befund: analog 1. Probe. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 44. Tag (2. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Ernahrungszustand, 
ohne Veranderungen. 

3. Probe entnommen am 9. Tage (21. Mai 1904). 

1) Deckglas: An einer Stelle 15—20 Bacillen dicht beieinander, schwach gefarbt, 
segmentiert. 

2) Histologischer Befund: analog der vorigen Probe. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch unterlassen. 

4. Probe entnommen am 12. Tage (24. Mai 1904). 

1) Deckglas: Sparliche Bacillen zu zweien, seltener in der Einzahl, schlecht ge¬ 
farbt, segmentiert. 

2) Histologischer Befund: analog dem Deckglas. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 39. Tag (2. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Emahrungszustand, 
ohne Veranderungen. 


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Breit, Znr Tuberkulosefrage der Kuhpockenlymphe. 


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5. Probe entnommen am 16. Tage (28. Mai 1904). 

1) Deckglas: reichlich kornig zerfaiiene, oft rotbraune oder blafi gefarbte Bacillen. 

2) Histologischer Befund : analog dem Deckglas. 

3) Kultur. Befund: steril: 

4) Tierversuch 35. Tag (2. Juli 1904). 

Sektionebefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Ernahrungszustand, 
ohne Veranderungen. 

6. Probe entnommen am 20. Tage (2. Juni 1904). 

1) Deckglas: nur sparliche, brbcklige Bacillen von schwachroter Farbe. 

2) Histologischer Befund: analog 5. Probe. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch 33. Tag (2. Juli 1904). 

Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Ernahrungszustand, 
ohne Veranderungen. (Schluff folgt.) 


Nachdmck verboten. 

Zur Tuberkulosefrage der Kuhpockenlymphe. 

Mitteilungen aus der Zentralimpfanstalt in Stuttgart 

Verdffentlicht von Medizinalrat Dr. Breit, 

standigem Verfcreter des Zentralimpfarztee. 

Durch Car in is Arbeit Qber „Kuhpockenlymphe und Tuberkulose“ 
in Bd. XXXVII. Heft 2 dieser Zeitschrift veranlafit, erlaube ich mir, 
mit Zustimmung des KSnigl. Medizinalkollegiums, ebenfalls eine kleine 
Reihe ahnlicher Versuche zu publizieren. — Um mich dabei mSglichst 
kurz fassen zu kbnnen, darf ich wohl auf die dort angefilhrte Literatur 
hinweisen und mochte ich meinerseits nur noch folgendes hinzufdgen: 
In den Jahresberichten grofier Impfinstitute, wie in Wien, Hamburg und 
MQnchen, ist es mir nicht gelungen, irgend einen Fall von Impftuber- 
kulose, durch tuberkulosen Stoff hervorgerufen, aufzufinden. Voigt, 
der bekannte Vorstand der Hamburger Anstalt, sagt vielmehr in seinen 
Beobachtungen liber Impfschaden und vaccinale Mischerkrankungen 
(V olkmannsche Sammlung klinischer Vortrage vom Jahr 1903, No. 355) 
ausdrhcklich, dafi ihm wahrend seiner 30-jahrigen amtlichen Tatigkeit in 
Hamburg nichts derartiges vorgekommen sei, obwohl er zugibt, dafi eine 
schon vorhandene Tuberkulose von der Impfung an und fiir sich un- 
gflnstig beeinfluBt, oder, wie Pfeiffer sich ausdrtlckt, evoziert werden 
kdnne. — Auch der hiesige erfahrene Zentralimpfarzt, Sanitatsrat Dr. 
Widenmann, sowie ich selbst, bei einer nunmehr 25-jahrigen Tatig¬ 
keit als Oflfentlicher Impfarzt, vermogen uns keines einzigen Falles zu 
erinnern, wo die irnpfgegoerische Anklage, daB durch tierischen Impfstoff 
Tuberkulose entstanden sei, sich bewahrheitet hatte. Die groBe Sorgfalt, 
die man in Wiirttemberg, wie anderswo, auf die Auswahl der Impftiere 
vor wie nach der Schlachtung verwendet, schliefit jede derartige Ver- 
dachtigung von Anfang an aus. Und obwohl man vom wirtschaftlichen 
Standpunkte aus eine Erleichterung in dieser Hinsicht wQnschen mOchte, 
so bleibt doch bei grfindlicher Ueberlegung der ganzen Angelegenheit vor- 
laufig nichts anderes flbrig, als in Carinis SchluBfolgerung einzu- 
stimmen, dafi es zur Zeit noch nicht ratsam sei, von dem bewahrten 
System in der Auswahl der Impftiere abzugehen, sofern man hier in- 
dessen noch der bffentlichen Meinung im Interesse der friedlichen Durch- 
fflhrung des Impfgeschaftes ein Zugestandnis machen mlisse. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3, 


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Breit, Zur Tuberkulosefrage der Kuhpockenlymphe. 


273 


Der Uebersichtlichkeit wegen habe ich das ganze Material (nach 
Car in is Vorgang) in mehrere Tabellen eingereiht und hoffe, dafi die- 
selben leicht verstfindlich sind. Bemerken mull ich noch, dafi in WQrt- 
temberg Qberhaupt nor Bullen im Alter von ‘/s Jahr und darllber zur 
Stoffzucht verwendet werden. 

Zu diesen Versuchen wurden im ganzen 17 Tiere verwendet, von 
denen schon 10 nach 2—20 Tagen, eines aber erst nach 42 Tagen ein- 
ging (s. Impftier 44, Meerschweinchen No. 4). Dasselbe wies jedoch bei 
der Sektion am 30. VIII. keine Tuberkulose auf, so dafi man mit den 
6 gesund gebliebenen im ganzen wenigstens bei 7 Versuchstieren keine 
Impftuberkulose nachgewiesen hat. Auch die Gbrigen 10 Meerscbwein- 
chen wurden seziert und nattirlich ohne Tuberkulose befunden, da sie 
den Impfstoff Qberhaupt zu kurz beherbergt hatten, urn angesteckt zu 
werden; sie kQnnen daher nicht als beweisend gelten. Der Impfstoff 
selbst war allerdings nur bei Impftier 62 ganz frisch und war bei No. 38, 
Meerschweinchen 3, bereits 66 Tage alt. Dies mdchte ich aber nach 
Carinis Erfahrungen nicht ffir bedenklich halten, da der Impfstoff 
hiernach, wenn er, wie im hiesigen Impfinstitut, kQhl aufbewahrt wird, 
ziemlich lange, jedenfalls bis zu 3 Monaten, lebensfShige Tuberkelbacillen 
beherbergen kann. Uebrigens hat gerade der frischeste Stoff, derjenige 
vom Impftier 62, der nur 1 Tag alt war, noch nach 55 Tagen ein ge- 
sundes Meerschweinchen leben lassen, obwohl der betreffende Bulle nach 
dem tier&rztlichen Attest nicht nur verd&chtig auf Tuberkulose, sondern 
tats&chlich tuberkulQs war. 

Tabelle IL 

Der von dem Euter einer Kuh, das stark tuberkultts war, bezogene Impfstoff wurde 
2 Versuchstieren in die Bauchhdhle eingespritzt, in Portionen von */. ccm Lymphe auf 
4 ccm Bouillon. — (Die Kuh stand durch giitigst gewahrtem Anschlnfi an die konigL 
tierarztliche Hochschule zur Verfiigung.) 


Meer 

Zahl 

schweinchen- 

impfnng 

Datum 

ReBultate 

Sektionsergebnis 

1 . 

2. 

30. VII. 04 

30. VII. 04 

t 31. VIII. 04 

bleibt gesund 

jauchige Peritonitis; es war kein Tuberkelbacillen- 
nachweis mbglich 

nach Totung am 1. IX, fanden sich keine Tu¬ 
berkelbacillen vor 


Hiernach ist es nicht wahrscheinlich, dafi der von einem eutertuber- 
kuldsen Tiere gewonnene Impfstoff Tuberkelbacillen enthfilt. 

Aus dem Versuch (Tab. Ill) geht hervor, dafi es den Alexinen des 
Impfstoffs keineswegs mOglich ist, etwa vorhandene Tuberkelbacillen in 
einem Zeitraum von 4 Wochen mit einiger Sicherheit abzutSten. Man 
wird daher einen Impfstoff, der auf Tuberkelbacillen verdftchtig wire, 
auch nach dieser Zeit nicht ohne vorherige Untersuchung freigeben 
kOnnen (Tab. IV). 

Als Resultat dieser Untersuchung kann jedenfalls gelten, dafi Tu¬ 
berkelbacillen auch noch nach einer 4-wflchigen Einwirkung des Gly¬ 
cerins virulent bleiben kOnnen, mithin ein auf Tuberkelbacillen verd&ch- 
tiger Stoff vor dieser Zeit jedenfalls nicht zu verwenden sein dGrfte, trotz 
der Qblichen Behandlung mit Glycerin. 

Hier sei noch erwfihnt, dafi, urn die Einwirkung des Glycerins auf 
die Versuchstiere Qberhaupt kennen zu lernen, einem Meerschweinchen 

Ento Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 8. 18 


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274 


Centrmlbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


1 ccm Glycerin, pur. in die BauchhOhle eingespritzt wurde, jedoch ohne 
ersichtlichen nachteiligen Erfolg fflr das Tier. 

Tabelle III. 

2 ccm Vaccine von dem ganz gesunden Impftier No. 52, ca. 12 Monate alter Limpurger 
Bulle, der am 8. Juni 1904 abgeimpft worden war, warden am 14. Juli mit 1 Oese 
virulenter Tuberkelbacillenkultur vermischt und dann in Portionen von 0,5 ccm Stoff 
auf 4 ccm Bouillon tails noch am gleicben Tage, tails erst nach 4 Wochen auf je 

2 Meerscbweinchen durch Einspritzung m die Baucbbohle ubertragen. 

Meerschweinchen- ! 

impfung Resultate Sektioneergebnis 

Zahl | Da tum 

a) 1. 14. VII. 04 bleibt lebend 1 wird am 29. VIII. seziert; am Netz feine, hirse- 

i | korngrofie Kndtchen, im Ausstrich sparliche 

l I Tuberkelbacillen 

2. 14. VII. 04 I do. wird am 29. VIII. seziert; aufier einem tuber- 

| i kulosen AbsceO am Netz nichts besonderes; 

| ! zahllose Tuberkelbacillen im Ausstrich 

b) 1. 15. VIII. 04 do. wird am 25. X. seziert; im Netz einige opake 

feinste Knotchen; im Ausstrich sparliche, aber 
j deutliche Tuberkelbacillen 

2.' 15. VIII. 04 do. wird am 25. X. seziert; Lymphdriisen intakt, 

ebenso serdse Haute; im Ausstrich der Mesen- 
terialdriisen und einiger Driisen des Netzes 
j kein positiver Befund 

Tabelle IV. 

Um die Einwirkung des Glycerins auf die Tuberkelbacillen kennen zu lernen, wurden 
virulente Kulturen dereelben in Glycerin, pur. eingelegt und in sich verlangernden Zeit- 
abschnitten unter entsprechendem Zusatz von Bouillon den Versuchstieren m die Bauch- 

h5hle eingespritzt. 


Meerschweinchen- 

impfung 

Zahl | Datum 

Dauer der 
Einwirkung 
des Glycerins 
auf die Kult. 

1 

Reeultat 

Sektionsergebn is 

1 . 

30. VII. 04 

3 Tage 

lebt 

2. IX. getdtet: stark abgemagert, am 
Dickdarm tuberkulftser Abscefi; massen- 
hafte Tuberkelbacillen 

2. 

4. VIII. 04 

6 „ 

t 5. VIII. 04 

i 

i 

in den Organen nichts besonderes nach- 
zuweisen. Milz und Leber leicht ge- 
schwollen 

3. 

10. VIII. 04 

10 „ 

lebt 

2. IX. getotet: das Ergebnis der Unter- 
suchung ist nicht einwandfrei 

4. 

15. VIII. 04 

15 B 

lebt 

25. X. getotet: am Netzansatz feinste 
Kndtchen; deutliche, wenn auch sp&r- 
liche Tuberkelbacillen 

5. 

21. VIII. 04 

21 „ 

lebt 

25. X. getdtet: am Netzansatz feinste 
Knotchen; im Ausstrich aus den Ge- 
krosedrusen sparliche aber gut gefkrbte 
Tuberkelbacillen 

6. 

28. VIII. 04 

28 , 

lebt 

25. X. getdtet: feinste Kndtchen an Pe¬ 
ritoneum u. Pleura; maseenhafte Tu¬ 
berkelbacillen 


Schliefilich spreche ich noch Herrn Professor Dr. Zwick an der 
hiesigen tier&rztlichen Hochschule, sowie dessen Assistent Herrn Dr. 
Do bier meinen besten Dank fflr die vielf&ltige UnterstQtzung bei 
meinen Versuchen aus. 


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Pfaff, Eine infektittse Erkr&nkung der K&narienvttgel. 


275 


Nachdruek verboten. 

Eine infektiose Erkrankung der KanarienvogeL 

[Aus dem k. k. Universitfltsinstitute fflr Seuchenlehre in Prag (Vorstand: 

Prof. Dr. Theodor Kasparek).] 

Von Tierarzt Franz Pfaff. 

Neben den alien Vdgeln eigenen infektiosen Erkrankungen, wie 
Cholera des ponies und Tuberkulose, wurden bei den Kanarienvdgeln 
noch eigene seuchenartige Erkrankungen von Rieck, Kern und Zflrn 
beobachtet. Was die Empfindlichkeit fflr die Vogelpest und die Diph¬ 
theric dieser VQgel betrifft, so wurde sie zwar bei vielen Singvflgeln 
nachgewiesen, bei den KanarienvQgeln sind jedoch in der mir zugflng- 
lichen Literatur speziell keine F&lle weder von experimentellen noch von 
natflrlichen Erkrankungen dieser Art verzeichnet. 

AuBerdem wurde noch von Klee eine Bronchopneumomykose der 
Kanarienvflgel beschrieben. 

Die von Rieck, Kern und Zflrn beobachteten Erkrankungen 
wurden von No card und anderen gleich der Geflflgelcholera in die 
Gruppe der h&morrhagischen Septik&mieen eingereiht, hochstwahrschein- 
lich infolge der Aehnlichkeit ihrer Erreger in der Morphologic und 
Pathogenitflt. 

Die von Rieck im Jahre 1889 in Dresden eingehend studierte 
Kanarienvogelseuche flufierte sich als echte Enteritis, war jedoch von 
der Geflflgelcholera durch viele andere Merkmale verschieden. Aufier 
den Ver&nderungen im Darmtrakte wurde in alien F&llen „eine rufi- 
artige Verfarbung der Haut“ am Hals, an der Brust und am Bauch, 
sowie Lebernekrosen gefunden. Die im Blute zahlreich vorgefundenen, 
1,5—2,5 n langen, ovalen, lebhafte Eigenbewegung zeigenden Bakterien 
lieBen sich mit alien gewflhnlichen Farbstoffen leicht fflr ben, die Gram- 
sche Fflrbung behielten sie nicht. Auf Agar entwickelten sich scharf 
konturierte, fein gekdrnte Kolonieen. Auf Kartoffel flppiger, graugelber 
Belag; im Gelatinestich zusammenhflngender Faden. Die Bouillon wird 
in 24 Stunden gleichm&Big getrflbt. „Bei den der Impfung erlegenen 
Versuchstieren“ findet Rieck „eine eigentflmliche, partielle Leber- 
nekrose. In rotbrauner Lebersubstanz sind zahlreiche, nicht scharf um- 
schriebene, gelbgraue Herde eingesprengt, welche sich nicht tief in das 
Parenchym erstrecken. In Vesuvinschnitten ist hier das Gewebe in eine 
gleichm&Big gefarbte, vollstflndig kernlose Masse umgewandelt, in welcher 
einzelne schwach gef&rbte Rundzellen auftreten; die Querschnitte der 
stark erweiterten BlutgeffiBe sind mit Bakterienhaufen ausgefflllt, daher 
intensiv braun gefarbt. In manchen Fallen war die ganze Leberoberflfiche 
nekrotisch. Niemals Milzverflnderung. u Subkutan geimpft verendeten 
Sperlinge in 24 Stunden, Tauben in 3 Tagen, weifie Mfiuse in 4 Tagen. 
Im Herzblute, sowie in der Leber dieser Tiere konnte das oben be- 
schriebene Bakterium mikroskopisch und kulturell nachgewiesen werden. 
„An der Impfstelle, flhnlich wie bei Typhoid, im subkutanen und intra- 
muskulflren Gewebe schwefelgelbe, derbsulzige Masse. Im Gewebssaft 
zahlreiche Bakterien. tt Die bei Hunden und M&usen vorgenommenen 
Ffltterungsversuche waren nur bei Mflusen von Erfolg. 

Die Kernscbe Kanarienseuche wird als eine der Cholera des ponies 
flhnliche Erkr&nkung und ihr Erreger als ein unbewegliches, Gram- 

18 * 

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276 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

negatives Bakterium, welches sowohl morphologisch als auch in seiner 
Pathogenit&t von der Gefliigelcholera verschieden ist, geschildert Auf 
Agarplatten aus dem Herzblute geimpft, w&chst dieses Bakterium in 
erhabenen, weiBlichen, durchdringenden Geruch verbreitenden Kolo- 
nieen. Die Kartoffelkultur erscheint als schmutzigweiBer Rasen. Im 
Gelatinestich feine Knotchen. In Zuckeragar GSrung und Gasbildung; 
in der Bouillon entsteht eine Trflbung mit leicht verteilbarem Boden- 
satz. Mit Reinkulturen gefQtterte Sperlinge, H&nflinge, Distelfinken und 
Kananen starben in 6—7 Tagen. Subkutan geimpfte Sperlinge gingen 
in 3—6 Tagen ein. Tauben und Hiihner erwiesen sich unempfindlich. 

Auch von ZGrn wird in der Literatur eine Infektionskrankheit bei 
Kanarien unter dem Namen Kanarienseucbe angefflhrt, soli jedoch nach 
Nocard der Kernschen Kanarienseucbe analog sein. 

Eine den angefiihrten Kanarienseuchen klinisch ahnliche Infektion 
hatte ich Gelegenheit, vor einem Jahre bei mehreren Kanarien vSgeln 
zu untersuchen. 

Da sich diese Erkrankung bakteriologisch und auch in ihrem patho- 
logisch-anatomischen Bilde von den erw&hnten Krankheiten auffallend 
verschieden erwies, sah ich mich veranlaBt, weitere Untersuchungen liber 
diese Seuche vorzunehmen. 

Anamnestisch wurde festgestellt, daB der Eigentflmer — ein Vogel- 
h&ndler — schon viele Stflcke von Kanarien unter denselben Er- 
scheinungen, d. i. Abnahme und schliefilich g&nzliches Aufhoren der 
FreBlust, Durchfall und Schlafrigkeit, verloren hatte. Und zwar hatte 
er die Krankheit zuerst bei den „Harzern u , welche er vor kurzem 
kaufte, beobachtet. Von diesen verbreitete sich alsbald die Seuche auf 
seine eigene Zucht. 

Die pathologisch-anatomischen Ver&nderungen der Organe der er- 
krankten Kanarien boten folgendes Bild dar: 

Die Milz und die Leber war von zahlreichen gelblich-weiBen Herden 
durchsetzt. Entzundung der Darmschleimhaut; an den Lungen, im 
Herzen und in den ubrigen Organen keine Verfinderungen. 

Im Herzblute, besonders aber in der Milz und Leber waren zahl- 
reiche Bakterien von gleichem Aussehen zu finden. 

Die erwBhnten L&sionen konnten bei 4 Kanarienvftgein, die mir zur 
Untersuchung flberbracht wurden, beobachtet werden. In einem dieser 
Ealle waren auBerdem in der Darmschleimhaut stecknadelkopfgrofie, 
gelblich-graue Knbtchen zu sehen. 

Die histologische Untersuchung der verBnderten Organe fQhrte zu 
folgendem Resultate: 

In den mit Hamalauneosin gefarbten Schnitten der Leber sieht man 
bei schwacher VergroBerung zahlreiche, sich deutlich von dem Gbrigen 
Gewebe abhebende, verschieden groBe, unregelmaBig gestaltete, dunkler 
gefiirbte Partieen, welche keine bestimmte Struktur — bei st&rkerer 
VergrbBerung feine Granulierung — erkennen lassen und den frGher 
beschriebenen, makroskopisch sichtbaren, gelblich-weiBen Herden ent- 
sprechen. Das flbrige Gewebe der Leber ist sehr blutreich, die grbBeren 
Pfortaderkste, sowie auch die interlobulSren BlutgefaBe sind stark mit 
Blut gefullt. Hie und da sind kleine H&morrhagieen zu sehen. In den 
noch erhaltenen Partieen macht sich schwache Verfettung bemerkbar. 

Auch die Milz bietet ein Shnliches Bild dar. In dieser sind ebenfalls 
solcbe fast strukturlose, dunkler gef&rbte, unregelm&Bige Inseln in groBer 
Menge zu finden. Die noch erhaltenen Teile sind stark hyper&misch. 


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Pfaff, Eine infektiOso Erkrankung der Kanarien vOgel. 


277 


In den durch die im Darm vorgefundenen KnQtchen gefOhrten 
Schnitten sieht man die oberflachlichen Epithelien desquamiert; die 
tiefer liegenden, welche teils verschwommene Konturen zeigen, nebmen 
die Kernfarbung nicht an. Kleinere Teile der Drfisenschl&uche sind 
noch erhalten. Das Kndtchen, ein patbologisch verfinderter Lymph- 
follikel, zeigt an der Peripherie noch deutliche Struktur. Die Mitte ist 
fast homogen, mit einigen etwas dunkler gef&rbten, leicht granulierten 
Stellen, welche bei st&rkerer VergroBerung zu sehen sind. 

Nach Unna mit Polychrommethylenblau geffirbte Prfiparate zeigen, 
daB die in der Leber und in der Milz vorgefundenen nekrotischen Herde 
fSrmlich aus Anh&ufungen gleichartiger Bakterien zusammengesetzt sind. 
Derselbe Befund wurde auch an den dunkleren Stellen der nekrotischen 
Partieen des Darmfollikels konstatiert. 

Der aus dem Blute in alien Fallen reingezQcbtete Mikroorganismus 
war ein 0,5 \i breites und 1—2 /u langes, keine Verbande bildendes, 
unbewegliches Bakterium. Bei der GeiBelfarbung nach Ldffler konnten 
weder anhaftende noch abgerissene GeiBeln konstatiert werden. Sporen- 
bildung keine. Alle gewobnlichen Anilinfarben wurden bei der Farbung 
gut angenommen, nach Gram jedesmal Entfarbung. Nach Ziehl- 
Gabbet nicht farbbar. Sein Temperaturoptimum die Warme des Korpers. 

Aus dem Herzblute auf Agarplatten gezflchtet bildete das Bak¬ 
terium nach 24 Stunden durchscheinende, gelblich-graue, nicht kon- 
fluierende, scharf abgegrenzte, bei schwacher VergrdBerung grob granu- 
lierte, koherente, ziemlich trockene Kolonieen. Dasselbe Bild, nur be- 
deutend zahlreichere Menge der Kolonieen in den aus der Milz und aus 
der Leber angelegten Plattenkulturen. 

In der Bouillon nach 24 Stunden Bildung von feinen Flocken, die 
allmahlich zu Boden sanken, wodurch nach einigen Tagen die Bouillon 
wieder klar wurde. GleichmaBige Trflbung wurde nie beobachtet. 

Auf schragem Agar ein gelblich-weiBer Belag. In der Gelatine 
biaulich-weiBer Ueberzug. Im Zuckeragar entwickelte sich die Schflttel- 
kultur in den oberen zwei Dritteln in Form von flockenfdrmigen 
Kolonieen ohne Blasenbildung. Die Reaktion des Zuckeragars wird in 
48—36 Stunden sauer. Im Stich sowohl im Agar als auch in der 
Gelatine bildet sich ein zarter, in der Tiefe verlierender Faden. Die 
Milch wird nicht vergoren, ibre Reaktion bleibt auch in gut wachsenden 
Kulturen alkalisch. In Bouillonrohrcben konnte nach 6—7 Tagen keine 
Indol- und auch keine SH 2 -Bildung nachgewiesen werden. Mit Neutral- 
rot gefarbte Bouillon verandert nicht ihre Farbung. Auch in Kulturen 
bildet das Bakterium keine Verbande. Was die Bildung der Toxine 
dieses Bakteriums betrifft, so konnten diese aus 48 Stunden alten Kul¬ 
turen durch Erwarmen und Filtrieren isoliert werden, und es konnte 
mit 0,25 ccm des Toxins ein Kanarienvogel getbtet werden. 

Diese charakteristischen Bakterien konnten in alien Fallen morpho- 
logisch und kulturell nachgewiesen werden und es gelang jedesmal, sie 
aus dem kranken Materiale in Reinkulturen herauszuzuchten. 

Die Pathogenitat dieses Bakteriums wurde an Kanarien, Sperlingen, 
Zeisigen, Hflhnern, Tauben, weiBen Mausen, Meerschweinchen und Ka- 
ninchen geprfift. 

Langere Zeit mit Kulturen gefiitterte Kanarien reagierten nicht. 
Es wurde noch die Empfindlichkeit von Individuen mit affizierter Schleim- 
haut gegen diese Seuche geprtift, aus welchem Grunde ihre Darm- 
schleimhaut vorher mit Ricinusol Oder mit Senfsamen gereizt wurde. 


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278 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

Nachdem den Vfigeln mit anf diese Art gereizter Darmschleimhaut ver- 
dflnnte Bouillonkultur als Getrknk vorgelegt worde, zeigten diese 5 Tage 
sp&ter Abgeschlagenheit, verminderte FreBlust und DurchfSlle. Nach 
2-tagiger Krankheitsdauer gingen dieselben zu Grunde, wahrend zur 
Kontrolle beobachtete, nicbt infizierte Vogel diese Darmreizung gut ver- 
trugen. Der Sektionsbefund ergab: Multiple nekrotische Herde in der 
Leber und in der Milz, die Darmschleimhaut geschwellt, mit kleinen 
gelblichen Knotchen. Aus dem Herzblute, aus der Leber und aus der 
Milz konnten kulturell die typischen Bakterien, welche auch mikro- 
skopisch flberall zu finden waren, herausgezflchtet werden. 

Ein subkutan geimpfter Kanarienvogel ging in 3 Tagen unter ahn- 
lichen Erscheinungen ein; die Sektion, wie auch die mikroskopische und 
bakteriologische Untersuchung boten dasselbe Bild wie bei den ge- 
ffltterten Versuchsvdgeln dar. 

Subkutan infizierte Sperlinge erlagen in 4 Tagen der Infektion. 
Futterungsversuche ohne und mit gereizter Schleimhaut waren bei ihnen 
ohne Erfolg. 

Dagegen reagierten Zeisige sowohl auf die Fiitterung wie auch auf 
die subkutane Einverleibung der Kultur. Ein gefiitterter Zeisig er- 
krankte ahnlich wie die Kanarienvdgel nur nach vorhergegangener 
Reizung der Darmschleimhaut und ging in 10 Tagen unter den typischen 
Symptomen zu Grunde. Auch was die pathologisch-anatomischen Ver- 
knderungen, den mikroskopischen und bakteriologischen Befund betrifft, 
konnten dieselben Wahrnehmungen gemacht werden. Die Ergebnisse 
der subkutanen Impfung beim Zeisig, welcher 3 Tage nach der Infektion 
verendete, waren ebenfalls mit den geschilderten Erscheinungen konform, 
nur waren die pathologisch-anatomischen Ver&n der ungen makroskopisch 
nicht so ausgepragt, und im Blute sehr wenig Bakterien zu finden. 

Eine mit 5 ccm frischer Kultur subkutan geimpfte Henne erwies 
sich diesem Krankheitserreger gegentiber unempfindlich. 

Tauben erlagen der subkutanen Infektion nach 2-tagiger Krank¬ 
heitsdauer (Mattigkeit, DiarrhOe) bereits nach 5 Tagen. Bei der Sektion 
wurden hirsekorngroBe, gelbliche Kndtchen in der Milz und in der Leber 
gefunden. Aus dem Herzblute, sowie aus der Leber und der Milz liefi 
sich ebenfalls sowohl mikroskopisch als auch kulturell unser Bakterium 
nachweisen. Durch die Fiitterung konnte bei 3 Tauben selbst mit ge¬ 
reizter Darmschleimhaut die Krankheit nicht hervorgerufen werden. 

0,2 ccm ca. 24 Stunden alter Bouillonkultur subkutan geimpft 
toteten weiBe M&use in 4 Tagen. Die Milz und die Leber zeigten mul¬ 
tiple nekrotische Herde. Diese und auch das Herzblut enthielten die 
beschriebenen Bakterien, welche auch reingeziichtet werden konnten. 

GrbBere Versuchstiere, wie Kaninchen und Meerschweinchen, er¬ 
lagen der intraperitonealen Infektion, und zwar Meerschweinchen in 6, 
Kaninchen in 11 Tagen. Bei beiden Versuchstieren rief die Infektion 
eine Peritonitis, miliare, nekrotische Herde in der Lunge, in der Leber, 
Milz, in den Nieren und in dem Darme hervor. Im Peritonealexsudate, 
im Blute und in den verfinderten Organen zahlreiche, die vorher be¬ 
schriebenen , fur unsere Kanarienseuche charakteristischen Bakterien. 
Subkutane Infektion war nur beim Meerschweinchen von letaler Er- 
krankung mit chronischem Verlauf begleitet, wahrend das Kaninchen 
am Leben blieb. Bei dem erst nach 4 Wochen umgestandenen Meer¬ 
schweinchen konnten bei der Sektion dieselben Verknderungen wie nach 
der intraperitonealen Infektion beobachtet werden. 


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Pfaff, Eine infektiOoe Erkrankung dor KanarienvOgel. 


279' 


Die histologisch nntersuchten Organe der verendeten Versuchstiere 
waren in derselben Weise ver&ndert wie bei der natfirlichen Infektion. 

Tabelle I. 

Uebersichfc der Pathogenitat unseres Bakteriums gegenuber einzelnen 

Versuchstieren. 


Kanarien 

Sperlinge 

Zeisige 

Hiihner 

Tauben 

Weifie 

Manse 

Meer¬ 

schweinchen 

Kaninchen 

4- 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 


Was die weiteren biologischen Eigenschaften un seres Bakteriums 
anbelangt, konnte ferner konstatiert werden, daB die Tenazit&t seiner 
Virulenz ziemlich stark ist. Eine 2 Monate alte Agarkultur war noch 
fttr weifie MSuse und Tauben pathogen. 60° W&rme t6ten das Bakterium 
nach 5 Minuten ab. Den gebr&uchlichen Desinfektionsmitteln gegentiber 
erwies sich das Bakterium im Vergleiche mit anderen etwas resistenter. 
Mit 1-prom. Sublimatl5sung und 2-proz. Karbols&ureldsung durchge- 
ffihrte Untersuchungen nach Sternberg-Miquel-Yersinscher Me- 
thode ergaben, daB die bezeichneten L5sungen von den zwei Desinfek¬ 
tionsmitteln bereits in einer Minute dieses Bakterium vernichten. 

Die Ergebnisse der angefuhrten Untersuchungen, mit den Angaben 
fiber die anderen, bei den Kanarienvogeln beobachteten seuchenartigen 
Erkrankungen — soweit dies durchffihrbar — verglichen (Tabelle II), 
weisen deutlich darauf hin, daB es sich in unserem Falle urn eine be- 
sondere Infektion, welche (lurch einen eigenartigen, von den der anderen 
erwfihnten Seuchen verschiedenen Krankheitserreger hervorgerufen wird, 
handelt. Unser Bakterium zeigt deutliche, sowohl morphologische wie 
kulturelle und pathogenetische Unterschiede. Was die Form anbelangt, 
fibertrifft unser Bakterium sowohl das ovoide Bakterium wie auch das 
Kernsche an Grfifie; kulturell unterscheidet es sich in der Bouillon 
durch Bildung von feinen Flocken, auf der gewfihnlichen Kartoffel wie 
auch auf der Glycerin kartoffel durch das Ausbleiben des Wachstums. 
Hfihner konnen nicht mit ihm infiziert werden. Bei den der Infektion 
erlegenen Tieren findet man nekrotische Herde, welche in alien Fallen 
auch in der Milz vorkommen. 

Von der Kernschen Kanariencholera, soweit wir die Angaben von 
Kern fiber dieselbe mit unseren Untersuchungen vergleichen konnten, 
unterscheidet sich unsere Kanarienseuche dadurch, daB die Bouillon- 
kulturen nicht wie die der Kernschen Kanariencholera gleichm&fiig ge- 
trfibt sind, auf der Kartoffel kein Wachstum wahrzunehmen ist, im 
Zuckeragar keine Gasblasen entstehen. Auch der von Kern beobachtete 
durchdringende Geruch seiner Kulturen fehlt. Wfihrend mit unserem 
Bakterium Tauben, Meerschweinchen und Kaninchen letal infiziert 
werden kfinnen, sind Tauben gegen die Kernsche Kanariencholera 
immun, Meerschweinchen gehen erst in 50 Tagen an der Infektion zu 
Grunde. 

Was die Angaben fiber die Eiecksche Kanarienseuche anbelangt, 
so differieren sie mit den typischen Eigenschaften unserer Infektion 
darin, dafi unser Bakterium kfirzer ist, keine Eigenbewegung zeigt, in 
der Bouillon keine gleichmfiBige Trttbung hervorruft und auf der Kar¬ 
toffel nicht w&chst. Auch die von R i e c k beschriebene charakteristische 
„ruBartige Verf&rbung der Haut u wurde bei unserer Infektion nie be- 
obachtet. Wfihrend Rieck die Milz stets unverfindert sah, war sie in 


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*280 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

Uebersich ts tabelle II. 


Form- 
anordnung] 


Beweglich - 
keit 

Waehstum 

Platten 

(Agar) 


Bouillon 

Schrager 

Agar 


Kartoffel 


Hiihnercholera 1 ) 


Kurze Stabchen, 1 jx, 
lang, 0,25 [x breit, an 
den Enden etwas ab- 
gerundet. Fiirben sich 
charakteristisch, wach- 
sen zu Schein faden aus 
Nicht beweglich 

Kleine, runde, weiBliche, 
durchscheinende, we- 
nig erhabene Kolonieen 


Diffuse Triibung 


Kernsche Kanarien - 
seuche 


Riecksche Kanarien- 
seuche 


1 


Kurze Stabchen 


Nicht beweglich 

MohngroBe, deutlich 
markierte, erhabene 
Kol. Durchdringender 
Geruch 


1,2—2,5 fi lange Bak- 
terien 


Lebhaft beweglich 


0,5 n breites und 1— 
2 jx langes Bakterium. 
Bildet keine Ver- 
bande 


Nicht beweglich 


Triibung, verteilbarer 
I Bodensatz 

Weifllicher, glanzender WeiBer Streifen mitge- 
Ueberzug , zacktem weiflen Rande 


Bei gewohnl. Tempe- 
ratur kein Wachstuin. 
Bei Briittemperatur in 
einigen Tagen gelblich- 
grauer, durchscheinen- 
aer Rasen 

Nichtverfliissigt. Zarter 
Faden 

Keine Garung, keine 
Gasbildung 
Gerinnt nicht 
Langsam 


Gelatine 
(Stich) 

Zucker- 
agar 
Milch 
Schnellig- 
keit des 
Wachst. 

Sporenbil- |Keine 
clung 

Tempera- Gedeiht bei gewbhn- 
turverhalt- hcher Temperatur und 
nisse bei Korpertemperaturj 

Luftbe- Aerob 
diirfnis 

Verhalten Polfarbung. 
zu Anilin- gativ 
farbstoffen 


Gram-ne- 


Pathogeni- 

tat 


Sektions- 

befund 


Hiihner, Tauben, Sper- 
linge, Fasanen und an- 
dere Vogel sterben in 
1—2 Tagen. Mausel 
und Kaninchen auch 
empfanglich 

Hamorrhagische Ente¬ 
ritis. Hamorrhagieen 
in der Lunge, oft Pneu¬ 
monic. Hamorrhagieen 
unterdera Epi-u.Endo- 
cardium. Im Blute 
zahlreiche Bakterien 


Scharf konturierte,lGelblieh-graue,durch- 
fein gekornte Kolo- scheinende, nicht 
nieen. AeltereKolo- konfluierende, scharf 
nieen zeigen Ringe abgegrenzte,grobgra- 
nulierte, zieml. erha¬ 
bene, koherente Kol. 
Verbr. keinen Geruch 
Gleichmafi. Triibung Bildung von feinen 
Flocken 

Gelbl.-weiBer Belag, 
im Kondenswasser 
kleine Flocken, spa- 
ter Bodensatz 


Ueppiger, schmutzig- 
weiBer, gelbl. Rasen 


Gelbgrauer Belag 


Nicht verfliissigt. Im 
Stich weiBePiinktchen 
Vergoren mit Gasbil¬ 
dung 

? 

Schnell Schnell 


Keine 


Zusammenhangender 

Faden 


Gram-negativ 


Gram-negativ 


Kanarien , Sperlinge, Kanarien , Tauben, 
Distelfinken,Hanflinge Sperlinge, weiBe 
sterben in 3—6 Tagen, Mause empfindlich 
Meerschweinchen in 50 
Tagen. Tauben und 
Hiihner unempfindlich 


Darmwandverdickt(Ge- 
schwiir). Subrnucosa 

f elbsulzig infiltriert, 
auptsachl. im Duode- 
naltrakte. Auch Ha¬ 
morrhagieen. Hamor¬ 
rhagieen in der Lunge 
und am Herzmuskel 


RuBartige Verfarbung 
der Haut, akute En¬ 
teritis. Nekrosen in 
der Leber. Niemals 
Milzveranderung. 
Zalilreiche Bakterien 
im Blute 


Kein Waehstum 


Nichtverfliissigt. Zar¬ 
ter Faden 

Keine Gasblasenbil- 
dung 

Gerinnt nicht 
Schnell 


Keine 

Bei gewohnlicherTem- 
peratur und bei K5r- 
pertemperatur 

Aerob 

Gleiclimafiig mit alien 
Anilinfarbstoffen. 
Gram-negativ 

Kanarien, Sperlinge, 
Zeisige,Tau ben, weiBe 
Mause, Meerschwein¬ 
chen und Kaninchen 
empfindlich. Hiihner 
reagieren nicht 

Nekrotische Enteritis. 
Nekrotische Herde 
in der Leber und in 
der Milz. Wenig Bak¬ 
terien im Blute 


1) Nach James Eisenberg, Bakt. Diagnostik. 

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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 281 


alien unseren Fallen von natflrlicher Erkrankung und auch bei den 
Versuchstieren von nekrotischen miliaren Herden durchsetzt. In den 
Eieckschen Fallen waren zahlreiche Krankheitskeime im Blnte zu 
finden, in unseren Fallen waren sie dagegen entweder schwer Oder nur 
sparlich mikroskopisch nachweisbar. 

Aus diesen Grfinden sehen wir uns veranlaBt, die von uns be- 
obachtete und nntersuchte Infektion von den bisher be- 
schriebenen, oben angeffihrten infektiosen Krankheiten 
der Kanarienvogel als eine selbstandige, typische, durch 
ein besonderes eigenartiges Bakterium hervorgernfene 
senchenartige Erkrankung zu trennen. 

Am Schlusse erlaube ich mir, hiermit Herrn Dozenten Dr. Rud. 
Hartl fflr die liebenswflrdige Ueberlassung des ursprfinglichen Materials 
und f(ir seine Ratschiage bei der Untersuchung desselben im bakterio- 
logischen Laboratorium an der tierarztlichen Hochschule in Wien und 
Herrn Prof. Dr. Theodor Kasparek fflr seine Unterstiitzung und 
Hilfe bei der Ausarbeitung des bakteriologischen und experimentellen 
Teiles, welche ich nach meiner Uebersiedelung nach Prag in seinem 
Institute durchffihrte, meinen warmsten Dank abzustatten. 

Literatur. 

1) Friedberger und Fr5hner, Lehrbuch d. speziellen Pathol. u. Therapie. Bd. II. 
p. 464 u. 577. 

2) Kern, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. XXII. 1896. p. 171. 

3) Klee, Baumgartens Jahresbericht. Bd. IX. 1893. p. 447. 

4) Nocard et Leclainche, Les maladies microbiennes des animaux. 2. Edition, 
p. 12, 33, 34. 

5) Rieck, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. XV. 1889. p. 69. 


Nachdruek verboten. 

Ueber den Transport des Tetanusgiftes zu den Kiicken- 
markszentren durcb die Nervenfasem. 

[Institut fflr allgemeine Pathologie zu Florenz (Direktor: 

Prof. A. Lustig).] 

Von Dr. N. Tiberti, 

Privatdozent fur Bakteriologie an der k. Universitat Florenz. 

Mit 1 TafeL 

I. Das Tetanustoxin. 

Bekanntlich erzeugen die Tetanusbacillen ein spezifisches Gift, das 
im stande ist, beim Menschen und bei einigen Tieren ein Krankheitsbild 
hervorzurufen, welches durch schmerzhafte tonische Krampfe charak- 
terisiert wird; letztere beginnen in einzelnen Muskelgruppen und gehen 
allmfihlich in fortschreitendem Mafie auf den ganzen Kfirper fiber. 

Dieses, auch unter dem Namen Tetanospasmin bekannte Gift 
ist ein wahres Toxin im Sinne Ehrlichs, d. h. ein Gift, das zwei Atom- 
gruppen besitzt, eine haptophore Gruppe, vermittelst welcher es sich 
auf dem Protoplasma der Zellenelemente festsetzt, und eine toxophore 
Gruppe, vermittelst welcher es seine zerstfirende Wirkung entfaltet. 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVUL Heft 3. 


Dieses ist aber nicht das einzige Toxin, das der Tetannsbacillus er- 
zeugt; es existiert noch ein anderes, das eine dentlich ausgesprochene 
aufldsende Wirkung anf die Erythrocyten austlbt und den Namen Tetano- 
lysin hat 

Das Tetanospasmin oder das eigentliche Tetanustoxin wird 
dnrch die Tetanusbacillen entweder an der Einimpfungsstelle im lebenden 
Organismus erzeugt oder auf kttnstlichen Nahrboden, von denen es zu- 
erst Knud-Faber im Jahre 1890 erhielt. Er filtrierte durch Porzellan- 
filter Bouillonkulturen von Tetanusbacillen und erhielt eine vollkommen 
atnikrobische Fliissigkeit, die in kleiuen Dosen im stande war, bei den 
fttr Tetanus empfanglichen Tieren dieselben Erscheinungen hervorzurufen 
wie die Inokulation einer vollstandigen Kultur des Nicolaierschen 
Bacillus. Knud-Faber best&tigte also die vorher durch Nicolai er 
aufgestellte Hypothese, dafi der Tetanusbacillus in situ ein ldsliches 
Gift erzeugen mfisse, dessen Verbreitung die fur den Tetanus charak- 
teristischen Erscheinungen hervorriefe. 

In demselben Jahre isolierten Kitasato undWeyl, Brieger 
und Frank el fast gleichzeitig ans Kulturen des Tetanusbacillus ein 
Toxalbumin, das sie als ein in Wasser ldsliches Gift erkannten. Die 
Arbeiten von Tizzoni und Cattani, Vaillard, Vincent und 
Ron get, die nacheinander veroffentlicht wurden, trugen viel zur Er- 
kenntnis der Eigenschaften und der chemischen Natur dieses Toxins bei. 

Vaillard und Vincent erhielten ein mit sehr grofier Wirksamkeit 
ausgestattetes Toxin, indem sie eine 18 Tage alte Bouillonkultur von 
Tetanus filtrierten und eine neue Aussaat auf diesem Nahrboden machten, 
nachdem sie zuvor weitere Nahrflussigkeit hinzugefugt hat ten. — Fermi 
und Pernossi sahen, dafi Kulturen auf Agar in einer Stickstoff- 
atmospbfire den hdchsten Grad von Giftigkeit besitzen. — Brieger 
und Cohn erhielten ein aufierst wirksames Toxin, als sie dem Nahr¬ 
boden den alkoholischen Niederschlag einer alten Typhuskultur oder 
verfaulten Fleisches hinzusetzten. 

Desbrand erzielte dieselbe Wirkung dadurch, dafi er den Tetanus¬ 
bacillus zugleich mit dem Bacillus subtilis ztichtete. 

Das Tetanustoxin ist aufierordentlich empfindlich 
gegen physische und chemische Agentien und verliert beim 
Aufbewahren sehr schnell einen grofien Teil seiner ursprflnglichen 
Giftigkeit. 

Das diffuse Licht ist an und ffir sich fflr das Tetanusgift von 
geringer Schadlichkeit; sehr schadlich gestaltet sich seine Einwirkung 
in Gegen wart des Sauerstoffes der Luft, der das Gift in kurzer Zeit 
bedeutend abschwacht; letzteres wird nach Kitasato durch das Sonnen- 
licht in 15—18 Stunden vernichtet. Die filtrierten Kulturen mfissen des- 
halb im Dunkeln und unter Luftabschlufi aufbewahrt werden; dafflr 
sorgt man gewbhnlich dadurch, dafi man vor der Sterilisierung in die 
Rezipienten eine dOnne Oelscbicht hineinbringt; diese schwimmt auf der 
Oberflache der Fliissigkeit und schtltzt das Toxin sehr gut. 

Das Tetanustoxin ist ferner sehr empfindlich gegen die Einwirkung 
der Warme (Vaillard, Kitasato, Marie), der Elektrizitat (Fermi 
und Pernossi), des Alkohols (Tizzoni und Cattani), der oxy- 
dierenden Substanzen (auch sehr verdiinnte Kaliumpermanganatlosung). 
der unter Druck befindlichen Kohlensfiure (Roux und Vaillard), der 
meisten Sfiuren und des Jodtrichlortirs. — Eine Vsoo Jodlosung wirkt 
auf eine ganz eigentiimliche Weise, indem sie die immunisierenden Eigen- 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rtickenmarkszentren etc. 283 


schaften des Toxins dnrcbaus nicht verandert. Hier handelt es sich ohne 
Zweifel um eine schnelle ZerstOrung der toxophoren Gruppe des Giftes, 
mithin nm die Bildung von Toxoid. 

II. Empf&nglichkeit der Tiergattungen gegentiber dem 

Tetanustoxin. 

Die Toxizitat des Tetanusgiftes schwankt sehr je nach den ver- 
schiedenen Tiergattungen, namentlich wenn es subkutan injiziert wird. 
Die Versucbstiere konnen auf folgende Weise in Klassen eingeteilt 
werden hinsichtlich ihrer Empfanglichkeit fflr das Tetanustoxin, wenn 
man die Menge Toxin in Betracbt ziebt, die zur Totung des Tieres er- 
forderlich ist, obne die Gewichtsunterschiede zu berQcksichtigen: weifie 
Maus, Meerscbweinchen, Kaninchen, Frosch (unter besonderen Umstanden), 
Einhufer, Hund, Taube, Hubn. — Zieht man dagegen, statt die Dosis 
zu berQcksichtigen, welche im stande ist, ein Tier zu tdten, diejenige in 
Betracht, welche erforderlich ist, um 1 g des Tieres zu tQten, so Qndert 
sicb die Reihenfolge der Empfanglichkeit. So bemerkt Knorr, indem 
er von der Dosis spricht, die 1 g Pferd tbtet, dieses Tier sei das 
empfanglichste von alien. Nimmt man die Dosis, welche 1 g Pferd 
totet, als Einheit an, so siebt man, dafi um 1 g Meerschweinchen zu 
tdten, die doppeltc Menge Toxin erforderlich ist, 1 g Ziege die 4fache, 
1 g Maus eine 13mal grdfiere Quantitat Toxin, 1 g Kaninchen eine 
2000mal grQBere Menge Toxin. 

III. Wirksamkeit des Tetanustoxins mit RQcksicht auf 

die Inokulationsstelle. 

Die Wirksamkeit des Tetanustoxins ist eine sehr verschiedene mit 
RQcksicht auf die Inokulationsstelle. So zeigt nach Tizzoni und 
Collin a die subkutane Injektion beim Kaninchen eine viel grSfiere 
Wirkung als die im Kreislauf Oder unter der Dura ausgefQhrte. Dieselben 
Dosen Gift, welche die Kaninchen in 3—5 Tagen tdten, wenn sie sub¬ 
kutan injiziert werden, zeigen sich unzuianglich Oder fQhren den Tod 
einige Tage spater herbei, wenn sie zur Injektion ins Gehirn verwendet 
werden. Um dieselben Wirkungen durch Injektionen in den Kreislauf 
zu erzielen, sind 2—3mal grQBere Dosen erforderlich als diejenigen, 
welche hinreichen, um das akute Krankheitsbild des Tetanus und den 
Tod nach 4 Tagen herbeizufQhren, wenn man sie unter die Haut injiziert. 
Im allgemeinen jedoch erhdht sich die Wirksamkeit des Toxins ganz 
betrdchtlich, wenn es in das Spatium subdurale oder in das Gehirn 
injiziert wird. Beim Huhn z. B., das ziemlich unempfQnglich gegen den 
Tetanus ist, gelingt es ganz leicht, Tetanuserscheinungen vermittelst 
intracerebraler Injektionen von Toxin hervorzurufen. 

Das auf gastrischem Wege auch den fOr dasselbe empfanglichen 
Tieren beigebrachte Tetanustoxin bleibt ohne irgendwelche Wirkung. — 
Ransom nahm an, dafi es unverQndert durch den Darm hindurchgehe 
und glaubte es in den Faeces wiedergefunden zu haben, was aber von 
Carrifcre nicht bestatigt wurde, auch nicht nach Darreichung starker 
Dosen von Toxin auf dem Verdauungswege. Im Gegenteil, er wies nach, 
dafi das auf diesem Wege beigebrachte Toxin durch die Speicheldiastase 
unwirksam gemacht wird; eine geringere Wirkung auf das Toxin Qbt 
das Pepsin aus, eine etwas betrSchtlichere das Trypsin. Die Verdauungs- 
sQfte (Galle, Pankreassaft) zeigen eine bemerkenswerte neutralisierende 
Wirkung und eine besondere das Gift zerstQrende besitzt nach Vin- 
cenzi die Galle der vom Tetanus befallenen Tiere. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


IV. Vorhandensein des Tetanustoxins im Blute. 

Wenn man einem Tiere subkutan Tetanustoxin einimpft, so geht 
letzteres schnell in den Kreislauf fiber, verschwindet jedoch daraus 
wieder in verhaitnismaBig kurzer Zeit, namentlich bei den fdr Tetanus 
empfanglichen Tieren. Marie behanptet, das Tetanustoxin sei im Blute 
des Kaninchens 18 Stunden nach der Inokulation nicht mehr nachweisbar, 
und Blumenthal bemerkte, es sei nicht mehr moglich, es deutlich 
nachzuweisen beim ersten Auftreten der Tetanuserscheinungen, selbst 
dann nicht, wenn man betrachtliche Dosen von Toxin verwendet habe. 
2 ccm Blut von einem schwere Tetanuserscheinungen zeigenden Kaninchen 
riefen, als sie einer Maus unter die Haut inokuliert wurden, keine 
Krankheitserscheinung hervor. Bruschettini traf Tetanustoxin an im 
Blute von an Tetanus gestorbenen Menschen wie auch in den inneren 
Organen (Leber, Milz, Nieren). In diesen n&mlichen Organen wurde von 
Immerwahr konstant bei den von Tetanus ergriffenen Kaninchen das 
Tetanustoxin angetroffen. 

Camara Pestana traf das Tetanustoxin an im Blute der an 
Tetanus leidenden Kaninchen; vom Blute aus wird es dann auf die 
Lungen, Nieren, die Milz und namentlich die Leber Qbertragen und setzt 
sich in ihnen fest. 

Behring, Kitasato und Brunner sahen, daB das Blut sowie 
das serdse Transsudat der Brusthdhle der mit Tetanustoxin geimpften 
Tiere sich konstant als toxisch erwiesen. 

Stern fand das Blut giftig in 2 Fallen von Tetanus puerperalis 
und N is sen erhielt ebenfalls positive Resultate mit dera Blute von 
Tieren, die vom Tetanus befallen waren; dagegen erhielt Kohlmeyer 
stets negative Resultate. 

Stintzing beobachtete, daB, wEhrend bei Mausen die Inokulation 
des Blutes von an Tetanus leidenden Tieren konstant wieder Tetanus 
hervorrief, das Blut der an Tetanus leidenden Menschen niemals irgend 
eine Erscheinung von Tetanus erregte. Das namliche Resultat erhielten 
Moritz, Engelmann, Henoch und Tauber. Nur Blumenthal 
gelang es, Tetanus hervorzurufen, indem er Blut eines an Tetanus 
leidenden Menschen injizierte. Nach der Ansicht dieses Autors findet 
man das Tetanustoxin im Blute der an Tetanus leidenden Menschen 
stets in sehr geringer Menge. Die oft erhaltenen negativen Resultate 
hangen von den geringen Mengen von Blutserum ab, die man verwendet 
hat Um ein positives Resultat zu erhalten, muB man bei der Maus 
2—6 ccm Blutserum vom Menschen injizieren. 

Im Laufe dieses Studienjahres wurde in die medizinische Klinik zu 
Florenz ein an traumatischem Tetanus leidender Mann aufgenommen; 
der Fall war kein schwerer und endete mit der Genesung des Patienten. 
Das Blutserum dieses Kranken inokulierte ich 3 Mausen und 2 Meer- 
schweinchen, aber ich konnte bei keinem der geimpften Tiere die ge- 
ringste Erscheinung von Tetanus wahrnehmen. 

V. Vorhandensein des Tetanustoxins im Zentral- 

nervensystem. 

Das Tetanustoxin wurde von zahlreichen Forschern mit verschie- 
denem Erfolg beharrlich in den zentralen Nervenorganen gesucht. Von 
den alten fruchtlosen Inokulationsversuchen des Zentralnervensystems 
bei den mit Tetanus behafteten Tieren sind zu erwahnen die von 
Nocard, Kirmisson, Scamel und Pollaillon. Von den in 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den RQckenmarkszentren etc. 285 

neuerer Zeit mit negativem Erfolg angestellten Untersuchungen wollen 
wir an die von Kitasato und Camera Pestana erinnern. 

Positive Resultate infolge Inokulation von Substanz aus zentralen 
Nervenorganen von mit Tetanus behafteten Tieren erhielten Verhoogen 
und Baert, Eduardo F. PIS, Lingard, Shakspeare, Sanchez- 
Toledo und Veillon (nur in einigen F&llen), Immerwahr, Brun¬ 
ner und Bruschettini; der letztere brachte die sichersten Beweise 
herbei fflr die Giftigkeit der zentralen Nervenorgane. 

Dafi die Versuche, vermittelst Inokulationen vonTeilchen des Nerven- 
systems den Tetanus zu erregen, bald gelungen sind und bald nicht, 
erklSrt sich vielleicht durch die von Wassermann gefundene Tat- 
sache, dafi das normale Gehirn und das Riickenmark antitoxische Eigen- 
schaften besitzen. Aufierdem mufi man bedenken, dafi die zur Inokulation 
dienende Nervensubstanz nicht immer von einer gewissen Menge Flussig- 
keit der Gewebe frei ist. Es unterliegt keinem Zweifel, dafi das Tetanus- 
gift auch im Riickenmark vorhanden ist, wenn es sich in genfigender 
Menge im Organismus befindet. So fand Blumenthal es im Rficken- 
mark von Meerschweinchen, wenn er das 200fache der tddlichen Dosis 
des Giftes injizierte; bei geringeren Dosen fand er es nie. 

In der cerebrospinalen Flfissigkeit, die er vermittelst 
Lendenpunktion in 2 Fallen von schwerem Tetanus beim Menschen er- 
halten hatte, konnte Stintzing das Vorhandensein des Tetanustoxins 
nachweisen. Die Injektion dieser Fliissigkeit bei Mfiusen erzeugte wieder 
das Krankheitsbild des Tetanus. Da es dem Autor nicht gelungen ist, 
bei den Mfiusen vermittelst Injektion des Blutes derselben Kranken 
Tetanuserscheinungen zu erregen, wie oben angedeutet wurde, so nimmt 
er an, die cerebrospinale Fliissigkeit enthalte das Tetanustoxin in wirk- 
samerer Form und verhfiltnism&Big in stfirkerer Konzentration als das 
Blut. Er meint, es sei beim Toxin eine grofiere Affinit&t vorhanden zu 
der Fliissigkeit, welche die Nerven und das Riickenmark bespfilt als 
zum Blute. Bei einem dritten klinischen Fall von Tetanus, den der- 
selbe Forscher mitteilt, ergab die Injektion von cerebrospinaler Fliissig¬ 
keit bei MSusen ein negatives Resultat. Aber der Fall war ein sehr 
leichter und die bakteriologische Diagnose zu stellen war nicht mfiglich 
gewesen. 

Blumenthal fand das Tetanustoxin nicht in der Cerebrospinal- 
flflssigkeit bei einem Falle von Tetanus puerperalis und bei der Ziege. 
— Ransom fiihrte intravendse Injektionen von Tetanustoxin beim 
Hunde aus und suchte danach in der cerebrospinalen Flfissigkeit. Die 
mit der letzteren geimpften Mfiuse zeigten nur Spuren von Tetanus, 
vielleicht weil bei der Entnahme der cerebrospinalen Flfissigkeit sich 
etwas Blut darunter gemischt hatte. Aus diesen Experimenten schliefit 
Ransom, dafi nach intravenoser oder subkutaner Injektion wenig oder 
gar kein Gift in der cerebrospinalen Flfissigkeit erscheint, auch wenn 
die Dosis des injizierten Giftes sehr stark war: „mithinkann man 
nicht annehmen, dafi das Tetanustoxin den Weg der 
Cerebrospinalflttssigkeit nimmt, um zu den Zellen des 
Nervensystems zu gelangen.“ 

VI. Vorhandensein des Tetanustoxins im Ham. 

Die Frage des Vorhandenseins des Tetanustoxins im Harn ist eine 
sehr strittige. — Bruschettini gelang es, durch den Harn eines an 
Tetanus leidenden Mannes Tetanus zu erregen. Kartulis, Jacob, 


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286 Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3* 

Knorr, Marie, Courmont und Doyon u. a. sahen nie im Harn 
bei natQrlichem Tetanus das Toxin erscheinen. Kartulis jedoch be- 
obachtete das Vorhandensein des Tetanustoxins im Harn bei experi- 
mentellem Tetanus nur bei Anwendung starker Dosen von Toxin (20 ccm 
filtrierter Bouillon). — Auch C h a r r i n konnte einige Male das Tetanus- 
toxin nachweisen im Harn von Kaninchen, denen auf experimentellem 
Wege Tetanus eingeimpft war. 

Goldberg stellt das Vorhandensein von Tetanustoxin im Harn der 
Kaninchen in Abrede, wenn man auch 40 ccm filtrierter Bouillonkultur 
von N icolaierschen Bacillen injiziere. 

In letzter Zeit nahm Blumenthal das Thema wieder auf und wies 
nach, daB bei Tieren, denen man Tetanustoxin injiziert hat, das letztere 
sehr schnell aus dem Blute verschwindet, aber nicht mit dem Harn aus- 
geschieden wird. Das Gift setzt sich in den Organen fest, die nach der 
Besredkaschen Methode behandelt (d. h. mit physiologischer NaCl- 
LSsung emulsioniert), das Vorhandensein von Tetanustoxin in ihnen zu 
erkennen geben. Die meisten anderen Organe zeigen sich in schwScherer 
Weise toxisch als das Nervensystem; nur die Milz besitzt eine grSBere 
toxische Kraft. 

Im Verlauf meiner Experimente inokulierte ich Offers normalen 
Mkusen und Meerschweinchen den Harn von tetanischen Meerschweinchen 
und Kaninchen, ohne jemals irgend eine Erscheinung von Tetanus zu 
beobachten. Auch der Harn des oben erwkhnten Patienten, bei M&usen 
in einer Dosis von 2 ccm, bei Meerschweinchen in einer solchen von 
4—6 ccm eingeimpft, ergab mir stets negative Resultate. 

In der Milch von tetanischen Ziegen konnte das Tetanustoxin nach- 
gewiesen werden. 

In der Galle wurde es von Vincenzi gefunden, 

VII. Beziehung des Tetanustoxins zum Zentral- 

nerven sy stem. 

Das Tetanospasmin flbt eine elektive Wirkung auf die Zellen des 
Zentralnervensystems, namentlich des Rflckenmarkes aus und alle funk- 
tionellen Erscheinungen der Vergiftung, die Zunahme der Reflexe und 
die tonischen Kontraktionen der Muskeln sind abhSngig von dieser Ver¬ 
giftung des Rflckenmarkes. 

Die direkten Beziehungen des Tetanustoxins zu den Zellen des Zentral¬ 
nervensystems wurden zum ersten Male beobachtet von Shakspeare, 
Verhoogen und Be art, welche Tiere vermittelst subduraler Injektion 
von Substanz aus dem Zentralnervensystem tetanischer Tiere vergifteten. 

Besredka liefi eine lange Zeit hindurch Gehirn vom normalen 
Meerschweinchen in Bertihrung mit einer grofien Menge Toxin im Eis- 
schranke stehen und entfernte den UeberschuB von freiem Toxin ver¬ 
mittelst sorgfaltiger Waschung. Mit diesem Brei konnte er Tetanus auf 
Mfiuse fibertragen. 

Goldscheider, Flatau, Joukowsky u. a. konnten die Wir¬ 
kung des Tetanustoxins auf die Ganglienzellen, namentlich des Vorder- 
hirnes, direkt unter dem Mikroskope nachweisen. 

Wassermann undTakaky sahen, als sie sehr kleine Bruchstflcke 
von Zentralnervenorganen von Meerschweinchen, Kaninchen und Pferden 
in Tetanustoxin enthaltende Flflssigkeiten eingetaucht aufbewahrten, daB 
die letzteren ihren ganzen Gehalt an Toxin verloren und vollst&ndig 
unwirksam blieben. 


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Tiberti, Transport dee Tetanusgiftes zu don Ruckenmarkszentren etc. 267 


Ransom injizierte einigen Tauben betrfichtliche Mengen Tetanus- 
toxin und suchte dann nach dem Toxin selbst in verschiedenen Organen; 
er beobachtete, dafi Emulsionen von Gehirn und RQckenmark kein 
toxisches Vermogen besafien, weil das Toxin, mit dem sie in Berfthrung 
gekommen waren, durch die Zellenelemente, aus welchen diese Organe 
bestehen, festgehalten und neutralisiert worden war. Aufierdem be¬ 
obachtete er, dafi keine Intoxikation stattfand, wenn er fiir Tetanus 
empfSnglichen Tieren Mischungen von Tetanustoxin und Emulsion aus 
Nervenorganen normaler Tiere injizierte. 

Wassermann erklfirte diese Resultate als eine experimentelle 
Bestfitigung der Seitenkettentheorie. Dieselben Rezeptoren, welche im 
Gehirnbrei und im lebenden Gehirn im stande sind, das Gift zu fixieren, 
sind auch diejenigen, welche als freie Rezeptoren im Blute zirkulieren. 

Aus der aufierordentlich grofien Affinitat des Tetanustoxins zum 
Nervensystem ergeben sich sehr wichtige Folgerungen, unter denen die 
hauptsSchlichste in der Schwierigkeit besteht, die Verbindung des Toxins 
mit den betreffenden Rezeptoren, wenn sie einmal zustande gekommen 
ist, zu zerstdren, d. h. in der Schwierigkeit, den Tetanus zu heilen. Mit 
jeder Stunde, die seit dem Beginn der Vergiftung vergeht, wird die 
Fixierung des Toxins eine bestfindigere und die Einwirkung des Serums 
eine geringere. In der Tat wurde bei Heilversuchen am Menschen 
mehrmals nachgewiesen, dafi nach Auftreten der Tetanuserscheinungen, 
resp. nach Ablauf des Inkubationsstadiums auch kolossale Dosen von 
Antitoxin im allgemeinen nichts mehr helfen. 

Wir kSnnen nicht mit Bestimmtheit sagen, welches in den fflr das 
Gift erapffinglichen Zellen die Teile sind, welche die Molekiile des 
Tetanustoxins anziehen. Behring glaubt jedoch, dafi diese Teile so- 
wohl im Kern als im Cytoplasma zu suchen sind und dafi in letzterem 
auch gewisse granulfise Teile, die wahrscheinlich das Aequivalent der 
Trophoplasten (Arthur Meyer) der Pflanzenzellen sind, das Gift 
fixieren kdnnen. 

Uebrigens kann man, wenn man auch annimmt, dafi die Ganglien- 
zellen des Rflckenmarkes es sind, die direkt von dem Tetanustoxin er- 
griffen werden, den Fall nicht ausschliefien, dafi auch andere Nerven- 
elemente haptophore Gruppen darbieten, die fflr dieses Toxin geeignet 
sind. So sahen Roux und Borrel, als sie Tetanustoxin unter der 
Dura mater des Gehirns injizierten, wie es ausschliefilich auf den Ge- 
hirnzellen fixiert wurde und sich so das Bild des sogenannten Tetanu s 
cerebralis darbot. 

Bei Kaninchen ist es leichter, Erscheinungen tetanischer Intoxikation 
durch intercerebrale Injektion als auf subkutanem Wege hervorzurufen. 
Bekanntlich lfifit sich ebenfalls das Huhn, das gewohnlich so wenig 
empfanglich ffir das Tetanustoxin ist, leicht durch intercerebrale Injektion 
vergiften. 

Dafi aufier den im Zentralnervensystem gelegenen Ganglienzellen 
noch andere Elemente existieren, die im stande sind, die Einwirkung 
des Tetanustoxins zu erleiden, ist auf verschiedene Arten nachgewiesen 
worden. Donitz und Mjyamoto beobachteten, dafi bei Kaninchen 
das Tetanustoxin unter gewissen Umst&nden so eifrig von anderen hapto- 
phoren Gruppen fixiert werden kann, die nicht diejenigen der Zellen des 
Zentralnervensystems sind, dafi das Tier erliegt, ohne Kontrakturen zu 
zeigen (Tetanus ohne Tetanus). 

Behring nimmt als notwendig die Hypothese an von dem Vor- 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


handensein anderer Zellenkorper, die aufier den Ganglienzellen des 
Zentralnervensystems Objekt der Reizung seitens des Tetanustoxins sein 
kSnnten, wenn man bedenke, dafi letzteres in relativ hoher Dosis im 
stande sei, Exsudate zu erzeugen. In der Tat bemerkt man das Auf- 
treten reicblicher Exsudate unter der Haut und zuweilen in KOrperhbhlen, 
wenn dem Toxin der Weg zum Zentralnervensystem durch das zir- 
kulierende Antitoxin verschlossen ist und dem Tiere Dosen eingeimpft 
werden, die im stande sind, die Krankheit hervorzurufen, aber nicbt 
den Tod. 

Aus dieser Tatsache schliefit Behring, das Tetanustoxin greife 
auch andere Zellen an, namentlich die zum vasomotorischen Apparat 
gehorigen. Er beobachtete, dafi ganz besonders bei erwachsenen Kanin- 
chen baptophore Gruppen fflr das Tetanustoxin vorhanden sind in den 
Zellen der W&nde kleiner Geffifie; damit mufi in Zusammenhang stehen 
das Vorhandensein einer Diastase, die eine spezifische Wirkung auf das 
Tetanustoxin austtbt und die man in der Extraktflflssigkeit der fein zer- 
riebenen Lungen von Kaninchen findet. 

VIII. Wege, auf denen das Tetanustoxin zu den Nerven- 

zentren gelangt. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dafi die Stelle, an der das Tetanus¬ 
toxin sich mit Vorliebe festsetzt, die Zellen des Zentralnervensystems 
sind, namentlich aber die motorischen Zellen des RQckenmarkes, auf 
die es seine Wirkung ausflbt Auf welchem Wege aber gelangt 
das Tetanustoxin von seiner Entstehungsstelle aus, resp. von der 
Stelle aus, wo es injiziert wurde, zu den Nervenzentren? Diese 
Frage war es, deren L6sung zahlreiche Forscher erstrebten, aber die 
ersten in dieser Hinsicht bemerkenswerten Untersucbungen waren die 
von Bruschettini, der durch eine Reihe von Experimenten nacbwies, 
dafi das Tetanustoxin sich nicht nur durch das Blut, sondern auch durch 
die Nervenbahnen verbreitet. Die Lendenschwellung erwies sich in der 
Tat als toxisch in einigen Fallen nach Injektion von Toxin unter die 
Haut eines Gliedes und erwies sich stets als toxisch, wenn das Toxin 
in den Nervus ischiadicus injiziert wurde. 

Bruschettini folgert aus seinen Experimenten, dafi das Tetanus¬ 
toxin ahnlich dem Virus der Tollwut sich dem Nervensystem entlang, 
nicht nur durch das Blut verbreite, und zwar sowohl bei direkter Ein- 
impfung des Toxins in die Nerven als auch unter die Haut 

Camara Pestana nimmt an, der Uebergang des Tetanustoxins 
ins Zentralnervensystem geschehe einzig und allein durch das Blut 
Tizzoni und Cattani sahen, als sie das Tetanustoxin direkt einem 
Nervenstamm einimpften, dafi klassische Tetanuserscheinungen hervor- 
gerufen wurden; logischerweise folgerten sie daraus, dafi das Tetanus¬ 
toxin vermittelst der Nervenst&mme in die entsprechenden Ab- 
schnitte des RQckenmarkes geleitet werden mflsse. Wie jedoch bekannt- 
lich das Toxin durch subkutane Injektion zu den Nerven gelangt so 
kann es auch bei intraneuraler Injektion wieder zurtickfliefien und auf 
anderem Wege zu den Nervenzentren gelangen. Mithin ware nach 
Gumprecht der positive Erfolg der Inokulation in die Nerven kein 
entscheidender Beweis fOr die Fortleitung des Toxins lfings der Nerven 
selbst. (Forts, folgt) 


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Ludke, Untersuchungen uber die bacill&re Dysenterie. 


289 


Nachdruck verboten. 

[Jntersiiclmiigeii liber die baciUare Dysenterie. 

I. Ueber das Dysenteriegift. 

Von Dr. H. Lttdke. 

Um den Organismus gegen die Mikroorganismen wie gegen die 
Gifte derselben zu schfitzen, sind mannigfache Versuche unternommen, 
die im wesentlichen die Ausqrbeitung der wirksamen Komponenten des 
Bakterienleibes einerseits, andererseits die Erzeugnng hochgiftiger extra- 
cellulfirer Toxine im Auge hatten. 

Zur Erwerbung aktiver Immunitat snchte man mdglichst virulente 
Bakterienkulturen heranzuzfichten, wobei man als natfirlichen MaBstab 
die Tiervirulenz in Betracbt zog. So — um nur ein Beispiel anzufflhren 
— hebt Wright bei seinen im stidafrikanischen Feldzug erworbenen 
Erfahrungen fiber aktive Immunisierung gegen Typhus den Wert viru- 
lenter Kulturen hervor, verhehlt jedoch die unangenehmen Nebenwir- 
kungen nicht, die nach Einverleibung geringer Dosen lebender Kulturen 
eintraten, wie Kopfschmerzen, Uebelkeit, GliederreiBen, Temperatur- 
steigerungen, Infiltrate an der Injektionsstelle. 

Diese stfirenden Nebenerscheinungen anderten sich nur wenig, als 
man nach den Vorschlfigen Wassermanns, Kitasatos und Briegers 
statt lebender abgetdtete Kulturen verwandte, von denen eine einmalige 
Injektion zur Erzeugung eines Immunserums genfigte und die bei ihrer 
praktischen Verwendung grofieren Schutz ffir den immunisierenden Arzt 
boten. 

Erst in jfingster Zeit erkannte man, daB nicht dieVirulenz das 
ausschlieBlich MaBgebende bei der Ausldsung der immunisierenden 
Wirkung sei. 

Es brach sich die Erkenntnis Bahn, daB nicht in dem infizierenden 
Agens lediglich die Ursache der Immunit&t auslosenden Ffihigkeit ge- 
geben sei, in Wirklichkeit spezifischen Zellen die Produk- 
tion der Immunkfirper obliege. 

Die Natur dieses spezifischen Zellsekretionsprozesses ist uns bislang 
dunkel geblieben; durch den Nachweis der Produkte der Zelltfitigkeit 
im Serum konnte man zu neuen Erkenntnissen und Gesetzen gelangen, 
welche einen intimeren Einblick in den biologisch-chemischen ProzeB 
der Immunitat gewfihrten und der, wie nochmals betont werden rauB, 
sein Hauptcharakteristikum in der spezifischen Tfitigkeit bestimmter Zellen 
hat, so beim Typhus abdominalis besonders in der Tatigkeit der blut- 
bildenden Organe. 

Ein neues Gesetz daher war es, als von Wassermann 1 ) beim 
Typhus nicht die Virulenz als maBgebender Faktor ffir die Immunitat 
hervorbringende Kraft nachgewiesen wurde, vielmehr sich zeigte, daB 
in der quantitativen Feststellung des Bindungsvermogens der Bakterien- 
art ffir die Ambozeptoren ein weit ausschlaggebenderes Moment beruhte. 
Wassermann stellte sich hierbei auf den Boden Ehrlichscher An- 
schauungen, die in den abgestoBenen Reaktionskorpern die freien, mit 
spezifischer Wirkungssphare begabten Rezeptoren der spezifischen Zellen 

1) Wassermann, Experimen telle Beitrage zur Frage der aktiven Immunisierung 
des Menschen. (Festschnft fur Koch. Jena [G. Fischer] 1903.) 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 3. 19 


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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


annehmen. Es war also eine notwendige Konsequenz, daB diese spezi- 
fische Produktion von Immunkbrpern im Blutserum quantitativ durch 
Bindung an bestimmte Stamme von grOBerer Oder geringerer Virulenz 
gemessen wurde. Jedoch erscheint es mir noch zweifelhaft, bierher ge- 
hdrige Befunde Strongs, der unter Wassermann arbeitete, zu ver- 
allgemeinern. Strong will keinen Unterschied in der Bindungsfahigkeit 
der empfindlichen Zellen irgend einer Tierart gesehen haben, sondern 
in proportionalem Verhaitnis wurde die gleiche QuantitSt Ambozeptoren 
aus dem Serum unterschiedlicher Tiere absorbiert. Der adequate Reiz 
kann aber selbst bei der gleichen Art auf differenzierte, individuell 
schwankende Verhaltnisse in den sezernterenden Zellbezirken s to Ben; 
vielmehr noch ist dies bei differenten Arten der Fall, so daB ich die 
Resultate Strongs nicht als allgemeingiiltige auffassen kann. 

Wir mflssen uns des Grundsatzes, daB nur den spezifischen Zellen 
des Organismus eine fflr adequate Reize eingestellte Sekretionsfunktion 
gegeben ist, auch bei den Antitoxinen bewuBt bleiben. 

Auch bei der Antitoxinproduktion haben wir es mit einer spezifi¬ 
schen Qualitat des Protoplasmas zu tun, die je nach der Tierrasse, den 
allgemeinen Ern&hrungsverh&ltnissen, der Empfindlichkeit der sezernie- 
renden Zellen und der Ausbildung der Toxizitat der Bakterien variiert 
werden kann. 

Anf&nglich sah man nun darauf, ein mdglichst krfiftiges und reich- 
liches Toxin zu erhalten, was bei den beiden Infektionskrankheiten, 
bei denen es gelang, ein besonders wirksames Toxin zu produzieren — 
Diphtherie und Tetanus — der Fall war. Bei der bacillaren Dysen¬ 
teric, die das Thema dieser Mitteilung bilden soil, sind bisher nur 
wenige Versuche zweeks einer Toxingewinnung angestellt worden. 

Beginnen wir mit Untersuchungen des Entdeckers des Bacillus 
dysenteriaein Deutschland, Kruse 1 ), so finden wir in einer seiner Ar- 
beiten die Behauptung aufgestellt, daB von dem Dysenteriebacillus keine 
besonders kraftigen Toxine gebildet wflrden. Ihm stimmt Conradi 2 3 * ) 
zu, der weder bei subkutaner, noch intraperitonealer, noch intravenoser 
Injektion groBerer Mengen von 8, 14 oder 30 Tage alten Bouillonkultur- 
filtraten den Tod der behandelten Meerschweinchen oder Kaninchen 
eintreten sah. Zu gleichen Resultaten kamen Vaillard und D op ter 8 ). 
Grofie Mengen von Bouillonkulturfiltraten tdteten nach ihren Angaben 
Kaninchen bei intraperitonealer Injektion nicht. Auf dem natfirlichen, 
bisher gebrauchlichen Wege der Toxingewinnung war demnach eine 
Ausbeute nicht zu erwarten. Verf., der verschiedene Tage alte Kulturen 
weificn Mausen und Kaninchen injizierte, konnte sich von der Richtig- 
keit der vorigen Angaben iiberzeugen. 

Es wurde nun ein weiterer Weg eingeschlagen, das Toxin dieses 
Bacillus darzustellen; Conradi gab hier als erster das Verfahren der 
aseptischen Autolyse an. Etwa 20 Stunden alte Dysenteriekulturen 
werden von der Agaroberfiache abgekratzt, mit physiologischer Kochsalz- 
lOsung versetzt und 1—2 Tage bei 37° C gehalten. In die LOsung 
gehen dabei die wirksamen Substanzen iiber, und nach der Filtration 


1) Kruse, Die Blutserumtherapie bei der Dysenterie. (Deutsche med. Wochenschr. 
1903. No. 1.) 

2) Conradi, Ueber ldsliche, durch aseptische Autolyse erhaltene Giftstoffe von 
Typhus- und Dysenteriebacillen. (Ibid. No. 2.) 

3) Vaillard et Dopter, La dysenterie 4pid4miqu& (AnnaL de l’Inst. Pasteur. 

1903. No. 7.) 


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Ludke, Untersuchungen liber die bacill&re Dysenterie. 


291 


durch Tonkerzen und Einengen im Vakuumapparat erb9.lt man das in 
Wasser losliche Gift, das zu 0,1 ccm ein Kaninchen in etwa 24 Stunden 
totete. 

Shiga undNeisser 1 ) verfolgten das gleiche Prinzip, nur mit der 
praktischen Verbesserong, daB sie filtrierte Hitzeextrakte benutzten. 
0,5—0.2 ccm dieser filtrierten Aufschwemmung tdteten Kaninchen inner- 
halb 2 Tagen. 

Rosenthal 2 3 * * ) in Moskau schlug noch einmal den alten Weg der 
natfirlichen Gewinnnng von Toxinen ein. In schwach alkalischer, bei 
37° C gehaltener, ca. 3 Wochen alter Martinscher Bouillon erzielte 
er ein Toxin, von dem 0,2—0,1 ccm filtrierter Kultur genilgte, um ein 
2 kg schweres Kaninchen bei subkntaner Injektion in 24—48 Stunden 
zu tdten. Das klinische Bild entspricht hierbei der Infektion mit Bak- 
terien: Parese der Hinter- und Vorderbeine, haufige Stuhlentleerungen, 
starkes und rasches Sinken der Korpertemperatur, rapide Gewichtsab- 
nahme. Kollaps. — Unter den pathologischen Erscheinungen heben wir 
besonders, in Uebereinstimmung mit unseren Befunden, dies hervor: 
BlShung des Dickdarmes, stellenweise hamorrhagische Infiltrationen und 
oberflachliche Nekrose desselben. Starke Blasendehnung. Rosenthal 
gibt noch eine Hyperfimie des Duodenum und Ffillung desselben mit 
schleimigen, mitunter blutig-schleimigen Massen an. Ffir eventuelle 
therapeutische Zwecke wichtig ist das Resultat Rosenthals, daB er 
mit dem Serum dieser mit seinem Toxin behandelten Tiere einen Schutz 
gegen die Infektion mit Bacillen erreichte. 

Wir stoBen nach diesen Darstellungsweisen des Dysenteriegiftes also 
auf die beiden, bisher geltenden Anschauungen fiber die Gewinnung 
loslicher Toxine aus Bakterien, die in weiteren Grenzen dem Prototyp 
des Bact. typhi zugehfiren. Nach den erwfihnten Befunden 'scheint 
hier beim Bact. dysenteriae die schroffe Gegenfiberstellung von 
Endotoxin und lQslichem Sekretionsprodukt nicht am Platze zu sein. 
Wir haben scheinbar die Mdglichkeit, das Dysenterietoxin als bloBes 
Sekretionsprodukt und als Endotoxin zu erhalten, w&hrend wir nach der 
allgemeinen Anschauung bisher nur von einer Darstellung der Endo- 
toxine hier reden dfirfen. 

Rodet, Lagriffoul und Wahby 8 ) scheint es nach einer kfirz- 
lich mitgeteilten Nachricht gelungen zu sein, mittelst recht junger, gut 
alkalischer Bouillonkulturen eine Toxizitat der Kulturfiltrate auch von 
Bact. typhi in allerdings relativ grofien Dosen zu erzielen. Nach dem 
erscheint es — bei oberflSchlicher Betrachtung wenigstens — nicht mehr 
zweifelhaft, daB es auch bei Bact. typhi gelingt, ein Toxin als Sekre¬ 
tionsprodukt in die Bouillon zu erhalten, falls man junge Kulturen und 
genfigenden Luftzutritt verwendet. Die auf dem Filter gesammelten 
Bakterien waren n&mlich nach obigen Autoren nicht giftiger als das 
Filtrat, so daB sie von der Ansicht, das Bact typhi besitze nur in 
seinem an dem Protoplasma haftenden intracellulSren Endotoxin seine 
Giftigkeit, abkommen muBten. Jedenfalls bleibt bisher immer noch die 
Schwierigkeit bestehen, den dem Bact. typhi inkorporierten betrScht- 


1) Shiga und Neisser, Ueber freie Rezeptoren von Typhus- und Dysenterie- 
bacillen und iiber das Dysenterietoxin. (Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 4.) 

2) Rosenthal, Das Dysenterietoxin (auf natfirlichem Wege gewonnen). (Deutsche 
med. Wochenschr. 1904. No. 7.) 

3) Rodet, Lagriffoul et Wahby, La toxine soluble de bacille d’Eberth. 

(Centralbl. fur Bakt eta Bd. XXXVI. 1904. No. 5.) 

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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. AbL Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


lichen Toxinanteil in die Bouillon sezernieren zu lassen, ohne dafi im 
Prinzip die MQglichkeit einer vQlligen Ausbeute dieses Toxins ausge- 
schlossen wire. 

Eine grQndliche Erweiterung der Methodik zur Gewinnung von giftig 
wirkenden Substanzen aus Bakterienleibern geschah in mehrfachen Publi- 
kationen von Macfadyen und Rowland 1 ). Mittelst eines kompli- 
zierten, sinnreichen Apparates und bei Verwendung tiefer Temperaturen 
gelang es diesen Autoren, giftige Extrakte aus dem Protoplasma einzelner 
Bakterien zu erhalten. In KQrze ausgefQhrt gingen beide so vor: Die 
Typhusbacillen wurden in gefrorenem Zustande — durch Eintauchen in 
ein GefaB mit flQssiger Luft — vermittelst eines elektrisch getriebenen 
Zertriimmerungsapparates zerkleinert, die Zelltriimmer in Kochsalzlosung 
aufgeschwemmt und von der anhaftenden Materie durch sorgfaltiges 
Zentrifugieren befreit. Mittelst dieser Zellextrakte erhielten Macfadyen 
und Rowland eine Giftwirkung auf den tierischen Organismus, der den 
der virulentesten Kultur noch Qbertraf. AuBer Bact. typhi wurden 
noch aus Streptococcus pyogenes, Staphylococcus aureus, 
B. enteritidis (GSrtner), B. tuberculosis und B. diphtheriae 
gleiche toxische ZellflGssigkeiten gewonnen. 

Meine bisherigen Versuche Gber die Gewinnung solcher toxischen 
Produkte aus Bakterienleibern erstreckten sich auf den Dysenterie- 
bacillus Kruse. 

Da mir ein derart komplizierter Apparat, wie ihn Macfadyen und 
Rowland benutzten, leider nicht zur Verfiigung stand, versuchte ich 
mittelst manueller Zerreibung von mit flQssiger Luft flbergossenen Bak¬ 
terien eine moglichste ZertrQmmerung derselben herbeizufuhren. In 
jQngster Zeit wurden, nachdem ich meine Versuche bereits begonnen 
hatte. von Bassenge und Mayer im Centralbl. fflr Bakteriol. etc. 
Bd. XXXVI. 1904. No. 3 Qhnliche Versuche zur Gewinnung eines 
Typhustoxins angestellt; diese Versuche verliefen jedoch ohne grQBeren 
Erfolg: weder die Giftigkeit der so gewonnenen Zells&fte war eine der 
Angabe Macfadyens entsprechende, auch die antitoxische und bakteri- 
zide Kraft des Serums der mit diesem Gift behandelten Kaninchen 
war eine ganz unerhebliche. 

Ich fQhre die von mir angewandte Methodik hier etwas ausfflhrlicher 
an: Versuche, die ich zunQchst in den Farbenfabriken zu Elberfeld, 
vorm. Fr. Bayer & Co. mit der dankenswerten Unterstfltzung Herrn 
Chemikers Wesenberg ausfuhrte und die eine Zerreibung der Bak¬ 
terien in einer durch flQssige Luft gefUhrten KugelmQhle bezweckten, 
schlugen fehl. 

Darauf wurden zu verschiedenen Malen Versuche unternommen, 
durch manuelle ZertrQmmerung der Ruhrbakterien im Morser das Ruhr- 
endotoxin zu erhalten. Diese Versuche muBten mit der grQBten Vor- 
sicht unternommen werden, da ich zum Teil lebende Bakterien verwandte; 
es blieb dabei nicht aus, daB Verf. sich infizieren muBte und etwa 10 
Tage lang die unangenehmen Symptome einer leichteren Ruhrerkrankung 
zeigte. 

Agarkulturen in kleinen und groBen Petri-Schalen, Kolleschen 


1) Macfadyen and Rowland, Upon the intracellular constituents of die 
typhoid bacillus. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXIV. 1903.) — Ueber das Vorkommen 
und den Nachweis von intracellularen Toxinen. [Eigenbericht uber den der 75. Ver- 
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte gchmtenen Vortrag.] (Deutsche med. 
Wochenschr. 1903. No. 40.) 


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Ludke, Untersuchungen fiber die bacill&re Dysenteric. 


293 


Flascben (in einer Flache von ca. 100—250 qcra) wurden mit einem von 
Herrn Prof. Kruse-Bonn freundlichst flberlassenen Ruhrstamm, von 
dem */*o Agarkultur ein mittelschweres Kaninchen in 48 Stunden tfltete, 
geimpft und etwa 24 Stunden im Brutschrank bei 37° C gelassen. 
Danach wurde der Rasen mit moglichst wenig steriler physiologischer 
Kochsalzlflsung abgeschwemmt und die Aufschwemmung im Vakuum- 
exsikkator bei Zimmertemperatur getrocknet; es resultierte eine blatterige, 
splitterige, graugelbliche Masse. Die Quantitaten derart getrockneter, 
vorher noch durch langes, sorgfaitiges Zentrifugieren von beigemischten 
Agarpartikelchen befreiten Bakterienmasse waren stets auBerordentlich 
gering, meist etwas mehr als 0,1 g. Diese getrockneten Bakterien 
wurden After mit flflssiger Luft flbergossen und mit dem Pistill mit An- 
wendung starksten manuellen Druckes zerrieben, so lange, bis im mikro- 
skopischen Praparat nur noch ganz vereinzelte intakte Ruhrbacillen 
sichtbar waren. Die so erhaltene Bakterienmasse wurde danach mit 
etwa 20—40 ccm steriler Kochsalzldsung aufgeschwemmt und zur Be- 
freiung von bei diesen Prozeduren etwa hineingelangten Keimen durch 
die Pukallzelle filtriert SchlieBlich wurde eine wasserhelle, sterile 
Flflssigkeit erhalten, die zur Injektion tauglich schien. 

In meinen bisherigen Versuchen wurde eine grflBere Anzahl von 
Tieren, meist Kaninchen, mit diesen sterilen Zellfliissigkeiten injiziert 
und zwar in der Regel intravenfls. Dabei erhielt ich im wesentlichen 
stets dieselben Resultate. 

0,5—0,2 ccm dieser gifthaltigen Flflssigkeit genflgten, urn 1500 g 
schwere Kaninchen in etwa 18—24 Stunden zu tflten; 0,1 ccm verur- 
sachte in einigen Fallen innerhalb 48 Stunden den Tod der Versuchs- 
tiere, in anderen Fallen rief diese Injektion ein auBerordentlich charak- 
teristisches Symptomenbild hervor, das dem Krankheitszustand nach 
Injektionen lebender Oder abgetdteter Ruhrbacillen analog war. Das 
beste Resultat erhielt ich bei einer intravenflsen Injektion von 0,05 ccm 
Zellflflssigkeit, die den Tod des Tieres in 36 Stunden nach sich zog. 
Einige Meerschweinchen, die 0,5—0,1 ccm intraperitoneal erhielten, 
starben ebenfalls in einem Zeitraum von 1 bis hflchstens 2 Tagen. 
Ratten von etwa 175—200 g Gewicht starben nach noch kflrzerer Zeit. 

Im allgemeinen schien nach meinen Befunden eine zwischen 0,1 bis 
0,05 ccm liegende Dosis geeignet, ein krflftig entwickeltes Kaninchen 
mit allerdings sehr schweren Gesundheitsschadigungen am Leben zu er¬ 
halten. Die klinischen Erscheinungen vor dem Exitus und nach sub- 
letalen Dosen waren diese: Konstant war eine intensive Abmagerung 
der Versuchstiere, die bei Tieren von ca. 1200 g bisweilen innerhalb 
2—3 Tagen bis zu 200 g betrug. Ebenso regelmaBig trat ein starker 
Temperaturabfall ein, der auf meist 2—3° C kam. Durchfalle waren 
nur bei einer kleinen Anzahl von Tieren zu konstatieren. Lahmungen 
der Extremitaten, zunfichst der hinteren, traten nach ca. 18—24 Stunden auf. 

Wir sehen also, daB die klinischen Erscheinungen genau den Sym- 
ptomen entsprechen, die bei Injektionen lebender oder abgetdteter Bak¬ 
terien eintreten. Die Sektionen ergeben dieses Bild: An den serosen 
Hfiuten wurden im groBen und ganzen wenig Veranderungen bemerkt, 
seltener einzelne hyperamische Stellen. Ein getrflbtes oder blutiges Ex- 
sudat in der Bauchhflhle konnte ich nach meinen bisherigen Beobach- 
tungen nicht linden. Die Hohlenflflssigkeiten erwiesen sich in jedem 
Fall als steril. Leber, Milz, Niere, Herz und die weiteren Organe wiesen 
makroskopisch keine Lflsionen auf. Auffallender war die Starke Fflllung 


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294 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

des Dflnndarmes im Vergleich zu der des Dickdarmes. Hyper&mie der Darm- 
schleimhaut, in der Dickdarmschleimhaut bisweilen Blutextravasate, wurde 
in wenigen Fallen beobachtet, Geschwflrsbildung an der Bauhinschen 
Klappe oder im Dickdarm selbst niemals bisher gefunden. Bei subkutanen 
Injektionen trat lediglich ein weicbes Oedem an der Injektionsstelle auf. 

Die Wirkungsfahigkeit dieser sterilen Zellfliissigkeit schien zeitlich 
stark begrenzt zu sein; es bedurfte nach 8-tSgigem Aufbewahren der 
Fliissigkeiten im Eisschrank einer weit groBeren Dosis zur Totung des 
Tieres. Eine weitere, weit wichtigere Tatsache fflr eventuelle praktische 
Verwertung dieser gifthaltigen Zellfliissigkeiten zur Erzeugung von Im* 
munitat scbeint mir aber — und darin liegt der Gegensatz zwiscben 
meinen Resultaten und denen Macfadyens und Rowlands — darin 
zu liegen, daB es nacb der Injektion einer subletalen, mit ausgesprocbenen 
Krankheitssymptomen verlaufenden Dosis der gleichen Menge bedurfte, 
urn die Versuchstiere in kflrzerer Zeit zu toten. Bakterizide, wie anti- 
toxische Qualitaten des Blutserums der bebandelten Tiere konnte icb 
demnacb nicbt beobacbten. 

Icb will nur einige eklatante Beispiele der Toxinwirkung anfflhren: 
(Die einzelnen Injektionen wurden gleich nach der Filtration durch die 
Tonzelle oder gewohnlich einen Tag spater gemacht.) 

Einem weiBgrauen, weiblichen Kaninchen von 1150 g Gewicht, 
38,4° C Temperatur, wurden intravenbs 0,03 ccm GiftlSsung injiziert 
2 Tage nach der Injektion betrug das Gewicht 970 g, die Temperatur 
36,3° C; also eine Gewichtsabnahme um etwa 200 g, ein Temperatur- 
abfall um ca. 2 0 1 AuBerdem war eine deutliche Parese der hinteren 
Extremitaten zu bemerken. Am 4. Tag war die alte Temperatur wieder 
erreicht, wflhrend die Gewichtszunabme nur minimal war. Nach 6 Tagen 
war die Parese so gut wie verschwunden. — 6 Wochen spater wurden 
demselben Tier, das jetzt 1500 g wog und sich vollstandig erholt batte, 
0,1 ccm eines neu hergestellten Giftes, dessen Toxizitat dem frflheren 
gleich kam, intravenos injiziert Am folgenden Morgen, nach 15 Stunden, 
stirbt das Kaninchen, das, in Agone gewogen, ein Gewicht von 1290 g 
und eine Temperatur von 36,5° C aufwies (Normaltemperatur 39,2° C). 

Andere Kaninchen, die mit 0,3 und 0,1 ccm einer Giftlflsung intra- 
vends behandelt wurden, starben innerhalb 24, hSchstens 48 Stunden 
unter den Erscheinungen des Kollapses, Paresen der Hinter- und Vorder- 
beine, starker Temperatursenkungen, Gewichtsabnahme, heftiger Dyspnoe. 

Subkutan gegeben, mufite die letale Giftdosis um ein betrachtliches 
erhSht werden. Bei geringeren Dosen — so 0,5—1,5 ccm — traten 
deutliche Symptome in Erscheinung: konstant war hier aber wieder eine 
starkere Abmagerung in kflrzester Frist, wahrend die Temperaturkurven 
im allgemeinen nicht als charakteristisch angesehen werden konnten. 
MaBgebend konnten nur Temperatursenkungen sein, die in der grSBten 
Mehrzahl der beobachteten Faile auftraten. Diese Temperatursenkungen 
sind demnach, wie fflr andere Bakteriengifte, auch fflr das Dysenterie- 
gift charakteristisch, und ich ware geneigt, in den von mir beobachteten 
Ruhrfailen bei Menschen die relativ niedrige Temperatur (im Durchschnitt 
36,0—36,3° bei einer Pulsfrequenz von durchschnittlich 90—110 Schlflgen 
in 1 Minute) auf eine Einwirkung des Toxins zurflckzufflhren. Bei 
kleinen Injektionsdosen traten meist geringereTemperatursteigerungenauf. 

Ein erheblich wichtigeres Kennzeichen der Intoxikation bietet das 
Verhalten der Leukocyten. Ich will hier einen Versuch, der die Tempe¬ 
ratur-, Gewichts- und Leukocytenkurve veranschaulicht, anfflhren: 


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Liidke, Untersuchungen fiber die badll&re Dysenterie. 


295 


Einem schwarzen, maunlichen, kraftigen Kaninchen wurden am 5. Dez. 1904 1 ccm 
einer Loeung, die 0,05 ecm Toxin entbielt, intravenoe injiziert. 


5. Dez, 1904 Gewicht \ 2300 g 

Temperatur 39,2 0 C 
Leukocyten 10000 

6. Dez. 1904 Gewicht 2240 g 

Temperatur 38,3 0 C 
Leukocyten 12 000 

7. Dez. 1904 Gewicht 2200 g 

Temperatur 38,1 0 C 
Leukocyten 14 000 


8. Dez. 1904 Gewicht 2080 g 

Temperatur 38,9 0 C 
Leukocyten 12 400 

9. Dez. 1904 Gewicht 2140 g 

Temperatur 39,3° C 
Leukocyten 20 800 

10. Dez. 1904 Gewicht 2060 g 
Temperatur 39,3° C 
Leukocyten 12 000 


Am 10. Dez. 1904 intravenoe 1 ccm dereelben Toxinloeung. 

11. Dez. 1904 Gewicht 2130 g 13. Dez. 1904 Gewicht 2100 g 

Temperatur 39,1° C Temperatur 39,3° C 

Leukocyten 20 000 Leukocyten 16 000 

12. Dez. 1904 Gewicht 2080 g 17. Dez. 1904 Gewicht 2230 g 

Temperatur 39A 0 C Temperatur 39,4° C 

Leukocyten 16 000 Leukocyten 13 000 


Am 17. Dez. 1904 1 ccm Toxinloeung intravends injiziert. 

18. Dez. 1904 nicht untereucht 

19. Dez. 1904 Gewicht 2200 g 

Temperatur 39,4° C 
Leukocyten 14 000 


Am 19. Dez. 1904 dieeelbe Dosie wie am 17. Dez. injiziert. 

20. Dez. 1904 Gewicht 2280 g 21. Dez. 1904 Gewicht 2260 g 

Temperatur 39,6° C Temperatur 39,1° 0 

Leukocyten 13 200 Leukocyten 14 400 

23. Dez. 1904 Gewicht 2240 g 
Temperatur 39,3° C 
Leukocyten 9200 


Die Temperaturkurve bietet in diesem Falle keine besondere Ab- 
weicbung. Interessanter ist die Beobachtung der Schwankungen in den 
Leukocytenwerten. Am 3.-4. Tage pflegte nach meinen Beobachtungen 
eine Starke Erhbhung der Leukocyten werte einzutreten, und zwar waren 
dieselben in der Regel um das Doppelte, h&ufig auch um das Dreifache 
vermehrt, um in den n&chsten Tagen wieder zur Norm zurilckzukehren. 
Nach einer neuen Injektion — der angefiihrte Fall erscheint weniger 
charakteristisch, weil stets dieselbe Giftlbsung benutzt wurde — trat 
gewohnlich am nfichsten Tage die starke Erhbhung wieder auf, und bei wei- 
teren Injektionen erfolgte eine nur geringfQgige Vermehrung. Demnach 
war die neutralisierende Fahigkeit des Blutserums an Stelle der phago- 
cytaren Reaktion getreten. Im gefarbten Prfiparat — genauere Z&hlungen 
wurden erst in einer fur eine giiltige Erklarung zu geringen Anzahl 
bisher ausgefQhrt — fiel die starke Vermehrung der eosinophilen Formen 
auf, die den polynukle&ren neutrophilen beim Menschen entsprechen. 
In wenigen Fallen gelang es, Leukocytenzahlungen wahrend der Agone 
zu veranstalten. Hier erfolgte, was von anderen Autoren speziell bei 
Pneumonie ausgefflhrt wurde (Limbeck und A. Frankel) eine inten- 
sivste Herabsetzung der Leukocyten werte, eine deutliche Hypoleukocytose. 
Jedenfalls konnen solche Leukocytenbefunde niemals schematisiert werden; 
ich fQhrte deshalb nicht das pragnanteste Beispiel einer sehr starken 
Hyperleukocytose an; in der allergrdfiten Mehrzahl von mittelstarken 
Injektionsdosen pflegte jedoch der erwahnte Befund in Erscheinung zu 
treten. 

Man st6Bt zuweilen auch auf Falle, in denen das Leukocytenzahlbild 
nur wenig verschoben, wo die Reaktion nur eine geringfiigige ist 
Andererseits stehen mir zwei extreme Blutbilder zur Verfflgung, wo 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


nach Injektion einer subletalen Dosis eine rapide Herabsetzung der 
Leukocyten schon nach 6 Stunden eintrat, nach 3 Tagen nur noch 240 
weiBe Blutscheiben ira Kubikmilliraeter gezahlt wurden. Zugleich war 
damit eine starke Temperatursenkung, Parese der Hinterbeine und — 
was seltener zu Gesicht kam — Darmkatarrh aufgetreten. In den 
nachstfolgenden 3 Tagen erfolgte ein allm&hliches Steigen der Leuko¬ 
cyten werte, urn am 4. Tage nach dem starken Abfali einer auBerordent- 
lichen Hyperleukocytose Platz zu machen. 

Von einem charakteristischen Leukocytenzahlblutbild konnte nur, 
ganz allgemein betrachtet, die Rede sein: indem bei stark wirkenden 
Dosen zunhchst eine Herabsetzung, danach eine Steigerung der Zahlen- 
werte, bei mittleren bis geringen Dosen gleich eine weniger pr&gnante 
Steigerung eintrat. 

Demnach erscheint es fiir eine eingehendere Erkenntnis der hama- 
tologischen Verhaitnisse geboten, weniger auf die Zahl und Mischungs- 
verhaltnisse der einzelnen Leukocytenformen Gewicht zu legen, als viel- 
mehr auf morphologische Veranderungen in ihrer Struktur, speziell ihrer 
Kernformen, wie dies zuerst durch die interessanten Untersuchungen 
J. Arneths 1 ) an den neutrophilen Leukocyten bei Infektionskrankheiten 
geschehen ist. 

AuBer den reaktiven Prozessen an den Leukocyten untersuchte ich 
in der Mehrzahl der Falle des AgglutinationsvermSgen des Blutserums 
der bebandelten Tiere. Vielleicht treten hier meine Beobachtungen in 
Kontrast mit den von Macfadyen und Rowland gemachten Befunden. 
In fast alien Fallen erbielt ich, im Gegensatz zu Macfadyen und 
Rowland, in den ersten Tagen nach erfolgter Einspritzung keine Er- 
hohung des Agglutinationstiters des Serums der Kaninchen und Meer- 
schweinchen. Wahrscheinlich beruhte dieses Fehlen der Agglutination 
hier darauf, daB von mir nicht ganz frische Losungen injiziert wurden, 
ferner, daB es nur relativ schwer gelingt, gerade Kaninchen eine hdhere 
Agglutinationsfahigkeit des Serums gegenflber dem Bact. dysenteriae 
zu verleihen. Aehnliche Beobachtungen machte P. Th. Mil Her 2 ) bei 
Injektionen lebender und abgetbteter Dysenteriekulturen. Nur in zwei 
Fallen gelang es, nach 2 Wochen ein maBig stark es Agglutinationsver- 
mOgen zu erzielen. Untersuchungen fiber die bakterizide Schutzwirkung 
des Serums von mit Ruhrgift behandelten Tieren stehen noch aus, werden 
aber in Baide folgen. In Analogie mit den Untersuchungen Macfadyens 
und Rowlands ist aber auch bei dieser Bakterienart eine Bildung von 
spezifischen Ambozeptoren anzunehmen. 

Anders scheint es sich mit der Bildung von Antitoxinen zu 
verhalten: 

Experiment I. 

Einem grauen, weiblichen, 1050 g schweren, gutgenahrten Kaninchen 
werden 0,1 ccm einer Toxinlosung intravenos injiziert. Das Tier bleibt 
nach schwerer Erkrankung, die sich wieder in Temperaturabfall, Abma- 
gerung, Paresen der Hinteriaufe auBerte, am Leben. Nach etwa 
2 1 /* Wochen, nachdem vblliges Wohlbefinden, normale Temperatur, Ge- 
wichtszunahme eingetreten war, wurden wieder 0,1 ccm einer frischen 
Giftlosung eingespritzt. Nach etwa 20 Stunden starb das Tier unter 


1) Arneth, Die neutrophilen weiflen Blutkfirperchen bei Infektionakrankheiten. 
Jena (G. Fischer) 1904. 

2) Muller, P. Th., s. Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 12. 


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Lfidke, Untersuchungen fiber die bacillftre Dysenteric. 


297 


den Erscheinnngen des Kollapses, tiefer Ternperatur, rapiden Gewichts- 
verlustes, Lfihmungen, st&rkster Dyspnoe. 

Experiment II. 

Ein silbergraues, weibliches, 2300 g schweres Kaninchen erhfilt 
0,05 ccm einer frischen Giftlosung intravends. Das Tier ertragt obne 
allzu starke Krankheitserscheinungen den Eingriff gnt and wird rait der- 
selben Giftlosung 3 Tage darauf wieder eingespritzt. Nach ca. 16 Stunden 
liegt das Tier in Agonie. 

In anderen Experimenten erhielten wir fihnliche Resultate. Ich muB 
jedoch von vornherein betonen, daB nur mittelst frischen Giftldsungen 
der Exitus der Versuchskaninchen bei einer zweiten Injektion, die der 
ersten an Giftkonzentration entsprach, herbeigefflhrt werden konnte. 
Wie Experiment I zeigt, war zwischen beiden Injektionen ein relativ 
groBer Zwischenraum, so daB eine vollst&ndige Wiederherstellung des 
Kaninchens vorausgesetzt werden konnte. Die Untersuchung der Ge- 
wichtsverh&ltnisse, Ternperatur, Leukocyten ergab auch einen entsprechen- 
den Befund. Trotzdem ging das Tier an der gleichstarken, zweiten 
Giftldsung innerhalb 24 Stunden zu Grunde. Ich muB demnach den 
Satz aufstellen, daB eine Antitoxin pro duktion in diesen 
Fallen von Injektion der Giftldsungen des Bact dysen- 
teriae Kruse bei Kaninchen, sofern diese Giftldsungen 
bei jedem Injektionstermin frisch verwandt werden, nicht 
zu stande kommt. 

In letzter Zeit, wahrend ich meine Untersuchungen vollendete, er- 
schienen die interessanten Mitteilungen A. Wolffs 1 ) fiber Endotoxine, 
die ahnliche Resultate nicht allein ffir Bakteriengifte, sondern auch jedes 
kdrperfremde EiweiBgift angeben. 

Wir mfissen, nach unseren bisherigen Erfahrungen wenigstens, einen 
prinzipiellen Unterschied zwischen den von einzelnen Bakterien sezer- 
nierten Stoffwechselprodukten, den echten Toxinen, und den am 
Protoplasma haftenden, wahrscheinlich die Individualitfit des Bakterium 
ausmachenden Giften, den Endotoxinen, machen. 

Gemeinsam ist beiden Giften die Ldslichkeit und Durclfgfingigkeit 
durch Filterkerzen. — Der Vorgang des Freiwerdens beider Gifte ist 
grundverschieden: Toxine werden einfach in die Bouillon sezerniert, 
Endotoxine konnten bisher lediglich nur durch kfinstliche Autolyse ge- 
wonnen werden, Oder sie werden in der Peritonealhfihle auf Einwirkung 
von Normal- Oder Immunserum frei. 

Zur Autolyse ist jedenfalls auch, wie W'olff meint, das Vorkommen 
von giftig wirkenden Bouillonkulturfiltraten von B. typhi, B. dysen¬ 
ter iae zu rechnen. 

Die Angaben Rodets, Lagriffouls und Wahbys fiber ein in 
die Nahrflfissigkeit sezerniertes Typhustoxin und die Rosenthals fiber 
das Dysenterietoxin sind also meines Erachtens in dera Sinne zu er- 
gfinzen, daB wir es hier nicht mit reinen Toxinen, sondern mit Endo¬ 
toxinen zu tun haben. 

Fassen wir am Ende unsere bisherigen Erkenntnisse fiber die Bak- 
terienendotoxine zusammen: Zunfichst liegt in der verbesserten Methodik 
der Giftdarstellung, die von Macfadyen und Rowland angegeben 


1) Wolff, A., Untersuchungen fiber einige Immunitatsfragen. (Berl. klin. 
Wochenschr. 1904. No. 42/43.) 


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298 Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVUI. Heft 3. 

wurde, ein wesentlicber Vorteil, indem es gelingt, mdglichst reine, ldsliche 
Giftextrakte zu erzielen. 

Von weiterem Nutzen erscheint auch der Umstand, daB derartige, 
ldsliche Bakterienextrakte schneller tddlich wirken als die viralenteste 
Bakterieninfektion, so dafi deren toxisches Prinzip damit zum vollen 
Ausdruck kommt. Die bisherigen Methoden, den Prefisaft der Bakterien 
in genOgender Konzentration und Wirkungsf&higkeit zu gewinnen, sind 
so ilbertroffen. Die Wirkung auf die Immunkftrper produzierenden Or- 
gane ist hier eine weit schnellere und intensivere, als bei Anwendung 
ganzer Zellen, so daB hier durch den spezifischen Reiz dem Zellproto- 
plasma die spezifische Direktion erteilt, eine exzessive Zellt&tigkeit ange- 
regt wird, d. h. eine erfolgreiche AbstoBung von Rezeptoren erfolgen kann. 

Im Grunde genoramen ist in den Versuchen Macfadyens und 
Rowlands, wie denen von Conradi, Neisser und Shiga eine ge- 
wisse Uebereinstimmung gegeben, indem beide Parteien das physiolo- 
giscbe Vorbild, die Aufldsung der ganzen Zellen innerhalb des Orga- 
nismus und das Freiwerden des gifttragenden, ldslichen, den Zellen 
charakteristischen Substrats, auBerhalb des Tierkbrpers imitierten. 

Diskutabel erscheint mir vorerst noch die Frage, ob es unmdglich 
ist, ein antitoxisches Serum gegenflber den Endotoxinen zu gewinnen. 
Es w&re immerhin denkbar, mittelst mdglichst kleiner Dosen oder mit 
abgeschw&chten endotoxinhaltigen Ldsungen doch vielleicht ein Anti- 
endotoxinprodukt zu erhalten. 

Von Wolff ist allerdings in jttngster Zeit darauf hingewiesen, daB 
wir mittelst der Endotoxine nicht dem Organismus ein Blutserum schaffen 
kSnnen, das imstande ist, bei der Injektion von Bakterien losgeldste 
Endotoxine zu neutralisieren. Der Haupteifekt der Einverleibung von 
endotoxinhaltigen FlOssigkeiten besteht nach Wolff lediglich in der 
Ausldsung von Ambozeptoren, die ihrerseits bei einer neuen Infektion 
mit Bakterien neue Endotoxine aus diesen Bakterien frei werden lassen. 

Nach den Befunden Macfadyens und Rowlands wie Rosen¬ 
thals scheint jedoch die Mdglichkeit, ein Serum mit bakteriziden und 
antitoxischen Eigenschaften zu erzielen, nicht g&nzlich ausgeschlossen; 
es scheinen daher jedenfalls dahingehende Versuche am Platze zu sein. 

Herrn Dr. med. Markwald, Leiter der bakteriologischen Untersuch- 
ungsstation der Stadt Barmen, danke ich ergebenst fflr die freundlichst 
gewShrte Ueberlassung der Hilfsmittel des Instituts. 


Nachdruek v&rboten. 

Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen 

Daimkanals. 

Von Dr. G. Brulni. 

Mit 15 Figuren. 

(Schlufl.) 

Bacillus No. 13 wurde nur lmal aus 6-t£gigem Kot isoliert, ist 
unbeweglich, gerade, miBt 2—3 /u X 0*5 ^ un d besteht nicht selten aus 
2 Elementen oder FSden. An den Enden ist er abgerundet. Die F£r- 
bung geschieht mit den gewbhnlichen Anilinfarben und auch mit Gram. 


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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora.des menschlicben Darmkanals. 299 


Zuweilen finden sich jedoch auch Bacillen, die sich schlecht f&rben. 
Sporen habe icb nie beobachtet. 

Er entwickelt sich auf alien Nfihrbbden, nur nicht im Serum. Auf 
der Kartoffel bildet sich eine Einhdhlung mit weiBlicher Patina, die 
nachher gelbbraun und zuweilen in der Mitte goldgelb wird. Die Milch 
gerinnt. Auf dem Agar entsteht eine ausgedehnte, diinne, weiBlicbe 
Patina. In der sehr getrubten Bouillon ein leichter Schleier an der 
Oberfl&che und nach einiger Zeit ein Bodensatz. 

Bei 37° C w&chst der Bacillus stark, ist absoluter A&robe, entwickelt 
kein Gas und nur wenig Alkali (0,06 g auf 100 g) und ist weder fflr 
Meerschweinchen noch fiir M&use pathogen. 

No. 14, Streptothrix, wurde 2mal isoliert, das erste Mai aus 
dem Kote eines 8-tSgigen Kindes, das andere Mai aus dem eines 
6-tSgigen. 

Sie zeigt in der Bouillon 
wellenfdrmige, glatte, lange Ffi- 
den, im Agar dagegen viel hau- 
figer gewundene. Die Dicke der 
F&den ist je nach dem Alter 
derselben verschieden, die neuen 
Verzweigungen sind immer dfln- 
ner als der Ast, von dem sie 
ausgehen, ihre Dicke schwankt 
zwischen 0,1—0.5 u (s. Fig. 13). 

Viele Aeste gehen von den Haupt- 
f&den aus und verzweigen sich 
nicht selten von neuem. 

Zuweilen gehen von den 
F&den andere am Ende keulen- 
artig verdickte F&den aus und 
nicht selten sind diese keulen- 
fOrraigen Gebilde derart grup- 
piert, daB sie dann den ge- 
keulten Entartungsformen der 
Tuberkulose stark &hneln. Diese Gebilde wurden in den Kulturen der 
gewbhnlichen NahrbSden ohne Anwendung jedes besonderen Zilch tun gs- 
mittels beobachtet. 

Die F&rbung gelingt mit alien Anilinfarben gut, ebenso mit Gram. 
Einige Faden bleiben zuweilen fast farblos, an ihrer Dicke erkennt man 
sie als auf dem Wege der Involution begriffene Filamente, mehrmals 
dagegen bleiben nur ganz kurze Strecken farblos und nicht selten er- 
blickt man im Innern des Fadens Serien von runden Piinktchen, die 
viel mehr gef&rbt sind als die F&den und vielleicht das erste Anzeichen 
einer Sporenbildung darstellen. Sporen sind wahrscheinlich auch die 
in den F&den beobachteten Unterbrechungen, wenngleich diese letzteren 
l&nger und nicht so groB und so gl&nzend sind, wie die sonst frei be¬ 
obachteten Sporen. Die freien Sporen sind rund, farblos Oder leicht 
koloriert und haben ca. 0,8 /u im Durchmesser. Wahrscheinlich hat man 
da eine Gliedersporenbildung und eine Endsporenbildung. 

Die Streptothrix w&chst auf alien N&hrbOden, nur nicht auf dem 
Serum. Sie koaguliert die Milch nicht. Auf der Kartoffel erzeugt sie 
runde Kolonieen mit einem ca. x / 8 cm grofien, erhabenen und von einem 
aschgrauen, glatten Hof umgebenen weifilichen Zentrum. Die alten 



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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Kolonieen nehmen eine braune Farbe an und zeigen nur da vollst&ndig 
weiBe Stellen, wo sich die von den hochst&ndigen F&den gebrachten 
Sporen angeh&uft haben. 

Auf Agar finden sich runde, gelbliche Kolonieen, 
von denen einzelne vollst&ndig mit weifiem Staube be- 
deckt sind, und so den Glauben erwecken, daB sie von 
einem weiBen, strahlenartig gefurcbten HSutchen flber- 
zogen seien; um dieses herum findet sich ein kleiner 
farbloser Hof (s. Fig. 14). Betrachtet man die Kolonie 
bei schwacher VergrSBerung, so erkennt man deren 
strahligen Bau leicht, denn man erblickt da viele von 
der Mitte nach der Peripherie laufende und sich dabei 
ver&stelnde Faden. Zweimal wurden gerade Strahlen 
wahrgenommen, die vom Rande aus wie feinste Kan&l- 
chen in das Zentrum eindrangen. 

In der Bouillon beobacbtet man sehr deutliche, im 
hellen Medium unter Form von kleinen Flocken schwim- 
mende Kolonieen, die dann niederstQrzen und eine weifie 
nebelhafte Masse bilden. Nach ungef&hr 12 Ueber- 
tragungen ist das Wachstum der Streptothrix ver- 
ringert; sie entwickelt sich dann unter Form von Bacillen 
weiter ohne die Strep tothrix-Form wieder anzu- 
nehmen; diese Bacillen haben keine besondere Form, 
messen 2—4 X 0,5 n und haben ovale Sporen. 

Die Strep tothrix ist ein absoluter Aftrobe, er- 
zeugt weder Gas noch Alkali Oder S&ure, ist unbeweg- 
lich, entwickelt sich bei 37° nicht und ist weder fflr 
Meerschweinchen noch fflr MSuse pathogen. 

No. 15. Streptothrix wurde zweimal isoliert, 
einmal aus dem Kote eines 4-tfigigen Kindes, ein anderes 

Mai aus 5-tagigem Kote. Sie 
ist aus ver&stelten 0,2—0,5 n 
messenden F&den zusammen- 
gesetzt, die sich mit den Anilin- 
farben gut f&rben (s. Fig. 15) 
und auch auf Gram reagieren. 
Freie, runde Sporen von ca. 1 ft 
Durchmesser finden sich vor. 

Bei Innesten in Bouillon 
bei 37 0 entwickelte sie sich 
aber unter Form eines geraden, 
wellen- oder zickzackformigen 
2,5—5 X 0,3— 0,5 messenden 
BacilleD, nicht selten auch unter 
Form von FSden. In l-t&giger 
Bouillonkultur fanden sich 
lange, farblose (wahrscheinlich 
von der Uebertragung bei 58 °) 
Filamente, in deren Innerm 
die vorbeschriebenen Bacillen 
reihenweise vorhanden sind. 

Auf der Kartoffel entwickelt sie eine feine, gelblich-weifie Patina, 
die fast der Farbe des Mediums gleichkommt und sich nur durch eine 



Fig. 14. 



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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 301 


etwas blassere Farbe unterscheidet; auch fehlen einige weiCe Punkte 
nicht. 

In Glycerinagar wachst eine sehr feine, farblose, dem Mittel an- 
haftende Patina hervor; weder in einfacbem Agar nocb in Serum wurde 
Wacbstum beobachtet. In Fleischbrflhe entstehen flockenfihnliche, ira 
Mittel schwimmende Kolonieen, die sich dann als weiBe, nebelhafte 
Masse am Boden ansammeln. Die Milch gerinnt nicht. Die Strepto- 
thrix entwickelt kein Gas, ist unbeweglich, erzeugt aber S&ure, und zwar 
0,09 g auf 100 und ist absoluter Agrobe. 

Alles zusammenfassend, gelangt man zu folgendem Grgebnis: 

1. Es wurden 6 Arten thermophiler Mikroorganismen, 3 Strepto- 
tricheen und 3 Sorten Bacillen isoliert, von denen nur einer mit einem 
anderen aus dem Kote Erwachsener isolierten flbereinstimmt. 

2. Nur einer der Bacillen zeigte sich nicht sporenerzeugend. 

3. Bei 37 0 entwickelten sich 3 Bacillenarten und 2 Streptothricheen 
unter Form von Bacillen. 


4. Alle reagieren auf Gram. 

5. Alle sind absolute Aerobien. 

6. Keiner ist pathogen. 

7. 4 Kotproben gaben nicht die geringste Entwickelung. 

Vergleicht man nun die Resultate mit denen Tsiklinskys, so er- 

geben sich nicht unbedeutende Unterschiede. 


In Paris und Moskau: 

1. 48 Prflfungen gaben 20 Sorten isolierter 
Mikroorganismen: 18 Bacillen, 2 Strepto- 
tricheen. 

2. Es wurden 12 absolute und 9 fakulta- 
tive thermophile Bakterien isoliert. 

3. Alle Arten der absoluten thermophilen 
Bakterien (mit Ausnahrae von einem 
einzigen) sind absolute Aerobien und die 
fakultativen thermophilen sind fakul- 
tative Aerobien. 

4. Die Mikroorganismen wachsen auf Kar- 
toffeln nicht. 

5. 11 Arten wurden ein einziges Mai, 6 
‘ zweimal, 1 dreimal, 1 viermal und 1 

andere fiinfmal vorgefunden. 


In Turin. 

Auf 20 Priifungen kommen 15 Arten iso¬ 
lierter Mikroorganismeu: 10 Bacillen 
und 5 Streptothricheen. 

Dagegen 6 absolute und 9 fakultative 
thermophile Bakterien. 

Sowohl die absoluten wie die fakulta¬ 
tiven thermophilen Bakterien sind ab¬ 
solute Aerobien. 


Sie wachsen darauf so gut, dafi man 
die Kartoffel fur ihr bestee Ziich- 
tungsmittel erklaren mufi. 

9 Arten wurden ein einzigen Mai, 5 
zweimal, keine dreimal ermittelt 

Koines der isolierten Bakterien gleicht 
den in Moskau und Paris isolierten. 


Die thermophilen Bacillen in der Natur. 

Wie kann es Bakterien gebeo, die sich bei 58 0 C und dar fiber ent- 
wickeln, w&hrend doch solche Temperaturen in der Natur guBerst selten 
und nur vorQbergehend vorkommen? 

Gerbig vermutet, dafi sich diese Mikroorganismen in den oberen 
Schichten des Bodens aufhalten, woselbst die Sonne durch ihre Wgrme 
die zu ihrem Wachstum notwendige Temperatur erzeuge. 

Gegen diese Vermutung kdnnen jedoch verschiedene Einwendungen 
gemacht werden. 

1. Es ist nicht zu leugnen, dafi die Sonne zu diesem Wachstum der 
thermophilen Bakterien genilgen kann (Same s), doch kann die erforder- 
liche Temperatur nur in einer sehr kurzen Periode des Jahres herrschen. 

2. Es mttBten somit die Sporenformen diejenigen sein, die die 
Arten erhalten, doch sind die Sporen der thermophilen Bacillen nicht 


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302 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

so widerstandsf&hig wie die der anderen Bakterien, und sterben leicht, 
besonders aber bei Temperaturfall (Sanies), somit konnen sie also doch 
schwerlich der ziemlich lange anhaltenden Kfilte unseres Klimas wider- 
stehen. 

3. Es ist nicht erwiesen, dafi alle thermophilen Bakterien Sporen 
treiben. Cohn halt es ftir mdglich, dafi diese Bacillen dank der Selbst- 
erhitzung der Baumwolle, des Dangers, des Heues, Strohes, Weizens 
und Tabaks existieren kbnnen. 

Die Temperatur jedoch, die in trockenen Heu-, Stroh- und Weizen- 
haufen erreicht werden kann, h&ngt immer von den Schwankungen der 
Aufientemperatur ab, deren hbchste beim Heu nach Bonelli 23° erreicht, 
beim Stroh weniger. Nur wenn GSrung oder F&ulnis eintritt, kbnnen 
hohe Temperaturen obwalten. 

In den gesunden Silos steigt die Temperatur bis auf 70°, in den 
Dflngerhaufen einige Tage nach der Anhfiufung bis auf 70° und 80° C, 
bei der GSrung der TabakblStter bis zum Maximum von 55° C 1 ). 

In den Baumwollenballen herrscht, solange keine F&ulniserschei- 
nungen eintreten, keine erhbhte Temperatur. 

Hohe Temperaturen linden sich also in diesen Materialien nur dann 
vor, wenn ein GSrungs- oder F&ulnisprozefi stattfindet. In diesen Fallen 
glaube ich an das Vorbandensein von thermophilen Bakterien. 

Schillinger glaubt, dafi sie sich bei normaler Temperatur gut 
entwickeln, und dafi ihre Widerstandsfahigkeit sie dazu bef&higt, sich 
bei hoher Temperatur einige Generationen hindurch zu vermehren, da- 
gegen spricht jedoch die Tatsache, dafi viele dieser Bakterien, in nor- 
male Temperatur versetzt, nicht wachsen, wfihrend sie doch, eben weil 
sie ihre normalen Lebensbedingungen wiedergefunden haben, noch viel 
krSftiger wachsen mlifiten. 

FrSulein Tsiklinsky ist der Ansicht; dafi es sich hier um weiter 
nichts als Variet&ten der gewdhnlichen, nicht thermophilen Mikroben 
handle, die alle von demselben Stamme ausgegangen sind, der entweder 
nicht thermophil oder, was wahrscheinlicher, thermophil war und sich 
somit dann entweder die thermophilen Bakterien langsam an die hohen 
Temperaturen oder aber die gewohnlichen Mikroben sich an die niederen 
Temperaturen gewdhnt hat ten. 

McFadyean, Blaxall und L. Rabinowitsch glauben, dafi 
diese Bakterien bei eintretender Fermentation, die in der Natur oft mit 
hoher Temperaturentwicklung vor sich geht, sehr wohl geignete Lebens¬ 
bedingungen vorfinden kftnnen, dafi diese Fermentation dann von den 
gewflhnlichen Mikroorganismen der F&ulnis hervorgerufen werde und 
dafi diese sekund&r bei den Fermentationen einwirken, eine Ansicht, der 
ich mich vollstSndig anschliefie. 

Hinsicbtlich ihres Ursprungs sind meiner Meinung nach die ther¬ 
mophilen Mikroben Bakterien, die sich nur der normalen Temperatur 
angepafit haben, aber nicht ftir so kurze Zeit, dafi man dies fflr eine 
Generationen hindurch andauernde Widerstandsfahigkeit gegenflber hohen 
Temperaturen erklkren kbnnte, und auch nicht derart, dafi sie, wie 
Tsiklinsky glaubt, als stabile und ausschliefilich thermophile Arten 
angesehen werden kdnnen. Die mehr oder weniger lange Dauer dieses 
Anpassungsvermogens liefie sie als fakultativ oder absolut thermophile 
Bakterien erscheinen. Ich stehe nicht an, dieses anzunehmen. 


1) R. Istituto Sperimentale per la cultivazione dei tabacchti in Scafati. 


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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora dee menschlichen Darmkanals. 303 


1. Wegen der thermophilen Eigenschaften, die viele nicht thermo¬ 
phile Bacillen aufweisen. 

a) in den RShrchen, in die ich die Kotsorten einsfite, entwickelten 
sich viele Bacillen und Kokken, die nach den Innesten kein weiteres 
Wachstum zeigten. Eine Streptothrix 1 ), die ich aus der Vaccine iso- 
lierte, entwickelte sich im ersten Rohrchen (in Agar) kr&ftig; in Agar 
oder anderen N&hrboden bei 58° weiter Qbertragen, wuchs sie Oberhaupt 
nicht mehr. 

b) Der Bacillus subtilis des Laboratoriums und ein anderer aus 
dem Kr&lschen Laboratorium kommender wuchsen bei 58° nach der 
ersten und den folgenden Uebertragungen sehr gut, eine Tatsache, die 
flbrigens schon von Dr. Tsiklinsky beobachtet worden war; ebenso 
der Bacillus mesentericus fuscus et vulgatus, und wahr- 
scheinlich wird dies auch bei vielen anderen Bacillen der Fall sein. 

2. Wegen der Aehnlichkeit vieler dieser thermophilen Bacillen mit- 
einander und mit anderen nicht thermophilen. 

Es wurden schon viele thermophile Bakterien beschrieben, doch 
glaube ich, daft man in jedem zu prflfenden Medium deren viele neue 
linden kann, was auch aus der Verschiedenheit der von Tsiklinsky 
in Paris und Moskau und von mir in Turin gefundenen hervorgeht. 

Viele dieser Arten haben jedoch eine grofie Aehnlichkeit und nur 
wenige nicht gemeinsame Kennzeichen (Tsiklinsky hat 5 sich fast voll- 
st&ndig gleichende Arten beschrieben) und fiihren leicht zu der Ver- 
mutung, daft alle diese von einem nicht sehr entfernten gemeinsamen 
Stamme herrflhren und es sich hier um eine Anpassung an besondere 
Verhaltnisse des Milieus handle. 

Zu diesem Gedanken fQhrt auch die Tatsache, daft diese Bakterien 
nach vielen Uebertragungen und in verschiedenen Medien nicht allein 
die ZQchtungskennzeichen, sondern besonders auch die Form ganz be- 
deutend ftndern. Einige Arten, die ich zuerst vom Standpunkte der 
Morphologic und der ZQchtungskennzeichen aus fiir verschieden hielt, 
haben zuletzt vollst&ndig dieselbe Form angenommen. 

Die T&tigkeit der thermophilen Bacillen im Darme. 

Von den von Tsiklinsky nach 46 Kotpriifungen isolierten Bakterien 
ist nur einer 5mal, ein anderer 4mal, einer 3mal vorgekommen, wfthrend 
alle Qbrigen nur 1- Oder 2mal vorgefunden worden sind. 

Bei meinen 20 Kotprtlfungen wurde keiner der vorgefundenen Mikro- 
organismen mehr als 3mal konstatiert 

Von den zu Moskau isolierten Bakterien gleicht nur einer den zu 
Paris isolierten. Von den meinen stimmt keiner mit denen von Paris 
nnd Moskau (therein. 

Es tritt somit die Verschiedenheit und Unbest&ndigkeit der einzelnen 
Arten in dieser Darmflora besonders im Vergleich mit der gewdhnlichen, 
normalen und sehr gleichm&ftigen Flora beim Kinde und dem Erwachsenen 
klar zu Tage. 

Diese voile Unbestfindigkeit der Darmflora und der Umstand, daft 
die KOrpertemperatur des Menschen in keiner Weise den Temperatur- 
anforderungen dieser thermophilen Bakterien entspricht, l&fit den Weg 
zu zwei Vermutungen offen: 

1) In Agar bot sie sich dem Auge des JBeobachters wie eine Patina mit gefurchter, 
hellbranner OberflSche; mikroekopisch unterechied sie sich nicht von den anderen 
Streptothricheen. 


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304 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

1. Dafi namlich diese thermophilen Bakterien nur vorflbergehende 
Gfiste des Darms seien, daB die Verschiedenheit der daselbst \forhan- 
denen Arten direkt von den in der Luft 1 2 ) und den Nahrungsmitteln *) 
lebenden Arten abhangen und dafi sie schliefilich bei den Gfirungs- und 
Faulnisprozessen des Darmes nicht im geringsten mitwirken. Tsik- 
1 in sky neigt zu dieser Auffassung bin, die ibre Rechtfertigung anch 
darin tindet, dafi, wenngleicb sich viele Arten dieser Bakterien in den 
D&rmen vorfinden, sie numerisch doch schwach vertreten sind. Gez&hlt 
habe ich sie allerdings nicht, wohl aber wahrgenommen, dafi die Ent- 
wickelung nach Aussaat in die Rdhrchen nur langsam vor sich ging, 
und es nur selten gelang, auf den festen Medien mehr als 2 Oder 3 
Kolonieen zu erblicken, obschon das Prilfungsraaterial sebr reichlich ein- 
gesat worden war. 

2. Dafi sie bei Kommensalismus mit anderen Mikroorganismen 
passende Lebensbedingungen vorfinden kOnnen, die es ihnen erlauben, 
auch bei niedrigerer Temperatur als der gewohnlichen zu leben. In 
diesem Falle kfinnte ihnen eine mehr oder minder wichtige Teilnahme 
an den Ffiulnis- oder Garungsprozessen des Darminhaltes wohl nicht 
abgesprochen werden. 

Welches kfinnte nun diese Einwirkung sein? Wahrscheinlich eine 
dem Organism us schadenbringende. 

Denn injiziert man dem Meerschweinchen Starke Dosen 3-tfigiger 
Kulturen dieser Bacillen (1 ccm), so tritt der Tod nach einiger Zeit ein 
und zwar in 6—18 Tagen, je nach der inokulierten Kultur. Die Organe 
dieser Tiere zeigten dabei keine besonderen Verfinderungen; nur bei 
dreien wurde je eine Hyperamie des Darmes, des Peritoneums und der 
Leber festgestellt. Diese Todesfaile mfissen also toxischen Erzeugnissen 
zugeschrieben werden, die in den Kulturen existieren und von den Bak¬ 
terien ausgearbeitet wurden. 

Diese Mikroorganismen kbnnten somit als Giftstoffe ausarbeitende 
Bakterien im menschlichen Darm eine nicht zu gering zu schfitzende 
Bedeutung gewinnen. 

Die thermophilen Streptothricheen. 

Bis heute sind verschiedene Arten von thermophilen Streptothricheen 
beschrieben worden. Tsiklinsky kennt deren 4, von welchen 2 dem 
Kote und andere 2 dem Boden entstammen. Ketzior beschreibt eine 
in Kloakenwasser aufgefundene. Globig eine aus dem Boden. Pretti 
eine ebenfalls dem Boden entstammende, Sames eine aus der Milch 
isolierte. Andere sind meines Wissens noch nicht aufgefunden worden. 

Alle diese bieten mikroskopisch fast dasselbe Aussehen; die Dicke 
der Faden schwankt zwischen 0,3—0,8 , u, doch ist auch in ein und der- 
selben Streptothrix diese Dicke innerhalb der gegebenen Grenzen ver- 
schieden. Dagegen sind sie alle verastelt und mehr oder weniger ein- 
gebuchtet. 


1) Es wurden die Agarplatten einige Zeit in dem Ranine belassen, in dem sich die 
den Kot liefernden Kinder aufhielten, wonach ich 2 Arten sich gleichender oder wahr¬ 
scheinlich gieicher thermophiler Bacillen isolierte, von denen der eine dem Bacillus 
No. 4 und der andere dem Bacillus No. 13 ahnelte. 

2) Garini fand in der Milch einen thermophilen Mikroben, Russel u. Hastings 
einen thermophilen Micrococcus in sterilisierter Milch. Trotz verschiedener Pro ben mit 
gekochter Milch, wie solche den Kindern der Turiner Entbindungsanstalt dargereicht 
wird, habe ich nie ein Wachstum thermophiler Bakterien entdeckt. 


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Bruini, Deber die thermophile Mikrobenflora dee mensehlichen Darmkanals. 305 


Die ZQchtungsmerkmale sind nicht ganz dieselben and ebensowenig 
ihre vitale Widerstan dsf&higkeit dem Sauerstoff, den verschiedenen Tem- 
peraturen etc. gegendber. 

Ich selbst habe 5 Arten vorgefunden. Anch diese gleichen sich 
unter dem Mikroskop fast vollst&ndig, so dafi es schwer halt, sie tlber- 
haupt voneinander gut zu unterscbeiden. Die Dicke der F&den und 
der Durchraesser der Sporen schwankt bei jeder Art, da die jungen 
Filamente weit dflnner als die alten sind. 

Die Kulturen dagegen sind fast immer charakteristisch, wenngleich 
sie kein feststehendes unver&nderliches Aussehen haben. 

Streptothrix No. 8 entwickelt sich unter Form von feinsten 
gelblichen Wucherungen, die zuweilen angeh&uft sind und wie Warzen 
aussehen. 

Streptothrix No. 9 hat in den Agarkulturen etwas Aehnlichkeit 
mit der Streptothrix No. 14, docb besitzt diese die klaren konzen- 
triscben Kreise nicht und erzeugt auch in Bouillon niemals das zellen- 
f&rmige H&utchen an der Oberfl&che. 

Streptothrix No. 16 erzeugt in der Bouillon reichliche Flocken 
und w&chst in Agar schlecht und unter der Form von gleichm&fiiger 
Patina. 

Streptothrix No. 12 wies bei ihrer Entwickelung keine beson- 
deren Merkmale auf; es fanden sich da in der Bouillon die gewOhnlichen 
Flbckchen und die runden Kolonieen vor, die in Agar klein blieben und 
nach einigen Tagen zusammenflossen, sowie TrObung der Bouillon, wo 
es sich um Bacillenformen handelte. 

Ungleich sind sie nun gerade der vorgenannten Merkmale wegen. 
Alle haben Kennzeichen, die von anderen nie beschrieben worden sind. 
Bei einigen habe ich eine sonderbare Tatsache notiert und zwar, dafi 
sie unter dem Einflusse besonderer Umst&nde auch als Bacillen auftreten 
kdnnen. 

Bezflglich der Streptothricheen hat man auch von Pleomorphismus 
gesprochen; dann sind die Autoren zu dem Schlusse gekommen, dafi dieser 
Pleomorphismus nur scheinbar existiert, und man zu dem Glauben an 
seine Existenz gelangte, weil man hie und da in diesen Streptothricheen 
Ketten von Kokken erblickte, die Streptokokken vort&uschten, und kleine 
bacillenfihnliche F&den, die demnach nichts als aus den Sporen hervor- 
gegangene und in Umwandlung begriffene F&den w&ren. 

1. Nun hat sich aber die auf 37° Qbertragene Streptothrix immer 
unter Form eines Bacillus entwickelt und nicht nur vorflbergehend, 
denn sie behielt diese Form bei. Nach Uebertragung auf 58° kehrte 
die Streptothrix-Form zurtlck. 

Streptothrix No. 14 hat sich nach vielen Uebertragungen unter 
Form von Bacillen entwickelt, ohne sp&ter diese Form zu verlieren. 

Streptothrix No. 12 entwickelte sich gewOhnlich unter Form 
von Bacillen, zuweilen auch von verzweigten Filamenten. 

2. ist eine Streptothrix alba beschrieben worden, die in Bacillen- 
form wuchs und zu dem Bacillus Zopfi eine gewisse Beziehung zu 
haben schien. 

3. ist es sehr selten, in den Kulturen mit Streptothricheen wahre 
Bacillenformen vorzufinden. 

4. sind diese Bacillen fast immer dicker als die F&den der Strepto¬ 
thricheen oder wenigstens dicker als die jungen F&den derselben. 

5. W&hrend ich in den Streptothricheen immer runde Sporenformen 

Erato At*. Ori*. Bd. XXXVIII Heft 8, 20 

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306 Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

sah, habe ich in den von diesen herrflhrenden Bacillen nur ovale Sporen 
beobacbtet. 

Alter Wahrscheinlichkeit nach haben diese Streptothricheen zwei Arten 
von Sporenbildung; so ist denn nicht ausgeschlossen, dafi sie verschieden- 
fdrmige Sporen erzeugen (wie dies far eine Streptothrix von Sames 
beschrieben wurde). In diesem Falle wQrden sich die einige Male in 
den Filainenten beobachteten runden Punkte also in die hellen R&ume 
verwandeln und auf diese Weise die Bildung der ovalen Sporen vor sich 
gehen, die in fihnlicher Weise auch bei den Bacillen auftritt, die runden 
Sporen warden sich nar an dem Ende der hochst&ndigen Filamente 
bilden. 

Wenngleich nun vorbesagte helle R&ume h&ufig sind, so habe ich 
in den von mir isolierten Streptothrix-Kulturen niemals freie ovale 
Sporen beobachtet 

Ich behalte es mir vor, diese Formver&nderung und ihre Ursache, 
die wahrscheinlich aufier der Temperatur auch vom Kulturmittel und 
anderen Ursachen abhSngt, sp&ter noch eingehender zu studieren. Ueber- 
dies bin ich nicht abgeneigt zu glauben, dafi diese Streptothricheen hohen 
Temperaturen gegenflber starker sind als die Bacillen und ihrer Form 
wegen geeigneter sind, sich auch unter nicht sehr gflnstigen Ern&hrungs- 
verhfiltnissen ernfthren zu kdnnen, sowie dafi einige Baeillen unter be- 
stimmten Umstfinden sich in ver&stelte Filamente umwandeln kdnnen. 

Tatsfichlich veranlassen uns: 

1) das Auffinden von Streptothricheen, die zuweilen durch viele Gene- 
rationen hindurch, ohne bei irgend einer Uebertragung die ver- 
fistelte Form zurQckzuerhalten (Streptothrix No. 14), zu¬ 
weilen sprungweise und ohne zu entdeckende Ursache — wenn¬ 
gleich es mir schien, als ob der Wechsel in den Streptothricheen 
leichter auf der Kartoffel als auf anderen N&hrbdden statthabe 
(Streptothrix No. 12) — nicht selten auch unter dem direkten 
Einflufi der Temperatur, das Aussehen wirklicher Bacillen haben, 

2) die Fadenformen, die sich so h&ufig als besonderes Bild vieler, 
gewohnlicher Bacillen vorfinden, 

3) die bei einigen Streptothricheenkulturen ohne jede kfinstliche Bei- 
hilfe (Streptothrix No. 14) angetroffene Keulenform, auf die 
man viel leichter nach besonderen Ver&nderungen der Nihrbdden 
stCfit, und die den Actinomyces bovis in den Dfirmen eigen 
ist, eine Form, die mit den von Casagrandi und anderen 
beschriebenen degenerativen Formen der Tuberkulose, und den 
vom Diphtheriebacillus gebotenen Formen — nach Berichten und 
Zeichnungen von Prof. Concetti — eine grofie Aehnlichkeit hat, 
daran zu glauben und zu der Ansicht hinzuneigen, dafi die Be- 
ziehungen, die zwischen Streptothricheen und Bacillen bestehen, 
sehr eng sind. 


Litemtur. 

Globi^, Ueber Bakterienwachstum bei 50—70°. (Zeitechr. f. Hygiene. Bd. IH. 1888. 

—, Ueber einen Kartoffel bacillus mit ungewdhnlich wideretandsfahigen Sporen. (Zeit- 
schr. f. Hyg. Bd. III. 1888. p. 332.) 

McFadye&n ABlaiall, Thermophilic bacteria. (Brit Med. Journal 1894. Vol. II. 
p. 644.) 

-, Journ. of Pathol, and Bacteriol. Vol III. 1894. 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 307 


Rabinowitech, Lydia, Ueber die thermophilen Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd.XX. 
p. 154.) 

Garini, Studi critici speriment. sulla sterilizzazione d. latte. (Giorn. d. Soc. Igiene. 
No. 1.) 

Schillinger, Ueber thermophile Bakterien. (Hyg. Rundschau. Bd. VIII.) 

Sames, Zur Kenntnis der bei hdherer Temperatur wachsenden Bakterien. (Zeitechr. 
f. Hyg. Bd. XXXIII. p. 13.) 

Skotscnko, Ueber thermophile Bakterien. (Berichte der kaukas. mediz. Gesellsch. 
No 7.) 

Oprescu, Studien iiber thermophile Bakterien. (Arch. f. Hyg. Bd. XXXIII. 1898. 
p. 164.) 

Miquel, Monogr. d’un bacille vivant au-del& de 70°. (Annales de microgr. T. I. 1888. 
p. 4-10.) 

Ketzior, Ueber eine thermophile Cladothrix. (Arch. f. Hyg. Bd. XXVII. p. 328.) 
Tsiklinsky, Sur la flore microb. thermoph. du canal intestinal de Phomme. (Annales 
Pasteur. Vol. 27. 1903.) 

—, O mikrobach jinwuschich pri wisokdch temperaturach. (Russ. Arch. f. Path. etc. 
Bd. V. 1898. 

Rossi-Doria, Bu di alcune specie di Btreptothrix trovate nelT aria. (Annali d’lgiene 
speriment. 1891). 

Gasperini, Ricerche morfolog. e biolog. etc. (Annali d’lgiene speriment. 1892.) 

C asagran di, Sulle relazioni tra batten proto-, meta- e paratrofi etc. (Annali d’lgiene 
speriment. 1901.) 

Concetti, Forma actinomicotica del bac. d. difter. (Annali d’lgiene speriment. 1901.) 
Russel A Hastings, A micrococcus, the thermal dead limit, of which is 76° C. 
(Centralbl. f. Bakt Abt. H. Bd. VIII. p. 339.) 


Nachdruck verbolen 

Beitrag zur Trypanosomenfrage. 

Von Dr. Hans Ziemann, 

Marineoberetabsarzt und RegierungBarzt in Kamerun. 

Im Anschlufi an die wicbtigen Mitteilungen von Herrn Geheimrat 
Koch „Ueber die Trypanosomenkrankheiten" in No. 47 (1904) der Dtsch. 
med. Wochenschr. seien mir bei dem hohen praktischen Interesse der Sache 
einige kurz orientierende Bemerkungen gestattet fiber Trypanosomen- 
krankbeiten der Tiere in Kamernn. Die eigenartigen Verhaltnisse der 
westafrikanischen Kflste dfirften eine besondere Besprechung des Materials 
rechtfertigen, soweit dasselbe infolge starker Inanspruchnahme und bei 
der Ffille der herantretenden anderweitigen Aufgaben bis jetzt gesammelt 
nnd bearbeitet werden konnte. Wo nocb keine Beweise zu erbringen 
sind, sollen in bescbeidenster Weise wenigstens die Bedenken gegen 
andersartige Ansichten erfirtert werden, zum Teil unter Verwendung 
einiger neuer Gesichtspunkte. 

Einige Notizen betreffend frfihere Untersucbungen fiber diesen 
Gegenstand finden sich bereits an anderer Stelle l-i ). 

1898 1 * * * 5 6 ) hatte Verf. zum ersten Male die feinere Btruktur der Trypanosomen mit 
Hilfe der von ihm bei den Hamosporidien zur allgemeinen Anwendung gebrachten 

1) Ziemann, Tse-tse-Krankheit in Togo, Westafrika. (Berl. klin. Wochenschr. 

1902. 2STo. 40.) — 2) Vorlaufiger Bericht uber das Vorkommen aer Tse-tse-Krankheit im 
Kustengebiet Kameruns. (D. med. Woch. 1903. No. 15.) — 3) Vorlaufiger Bericht iiber das 

Vorkommen des Texasfiebers der Kinder und weiteres iiber die Tse-tse-Krankheit und 
Tiermalaria. (D. med. Woch. 1903. No. 16.) — 4) Zur Bevolkerungs- und Viehfrage in 

Kamerun. (D. KolonialbL 1904. 1. Juli) und Danckelmans Mitteilungen von For- 
schungsreisenden in deutschen Schutzgebieten. 1904. September. 

5) Ziemann, Eine Methode der Doppelfarbung bei Flagellaten, Pilzen, Spiriilen 
und Bakterien, sowie bei einigen Amdben. (Centralbl. f. Bakt. 1898. No. 25.) 

20 * 


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308 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


8ogenannten Romano wskiacheo Farbemethode darzusteUen gesucht, insbeeondere bei 
Trypanosoma rotatorium das verschiedene farbensche Verbal ten der Geifielwurzel (Blepharo- 
plaet, Centrosoma) und dee Kernes, damals noch als Makro- und Mikronucleus auf- 
gefaflt, schon angedeutet. 

Zur allgemeinen Orientierang fiber die Trypanosomenfrage flber- 
haupt verweise ich auch auf die Arbeiten von Kempner und Rabino- 
witsch 1 ), Salmon und Stiles 2 ), Musgrave 3 ) und vor allem 
Laver an 4 5 ) und Mesnil. 

Doch sehen wir jetzt ab von den nichtpathogenen Trypanosomen, 
wie man sie auch bei verscbiedenen Fiscben und bei Vfigeln findet, 
z. B. in Kamerun zuweilen bei Eisvbgeln ( Alcyon ). 

Wir teilen die mehr oder veniger pathogenen Trypanosomen im An- 
schlufi an Koch ein in Gruppe A der wohlcbarakterisierten 
Trypanosomen, Gruppe B der voneinander schwieriger, 
bez. nach Koch flberhaupt nicht deutlich zu trennenden 
Trypanosomen. 

Unter A sei erw&bnt: 

1) Trypanosoma Theileri. 

2—3mal so grog wie die anderen unter B erwahnten. Bisher in Sudafrika, Ost- 
afrika und Togo gefunden. 

2) r Rattentrypanosoma. 

Von den den Ratten trypanosomen nahe verwandten Hamstertrypanosomen konnen 
wir hier ebeDfalls absehen. 

Geheimrat Koch trennt 1 und 2 scharf von den Para- 
siten unter Gruppe B, da sie in ihren wichtigsten Eigen- 
schaften konstant erscheinen, und zwar hinsichtlich des 
morphologischen Verhaltens, der Virulenz und ihres 
Verhaltens zum Wirtstier, indem sich die Theilerschen nur auf 
die Rinder, die Rattentrypanosomen, wie Koch durch seine bekannten 
Versuche erwiesen, nur auf Ratten Qbertragen lassen. Letzteres konnte 
auch in Kamerun bestatigt werden. Zur Gruppe B gehoren die Trypano¬ 
somen, welche bedingen: 

1) Die Tse-tse-Krankheit der Haustiere in Afrika. 
Mause, Ratten, Kaninchen sind bei ktinstlicher Infektion sehr empf&ng- 
lich. 2) Die Surrakrankheit der Haustiere in Asien, Mauritius, 
Philippinen und Abessinien, besonders gefahrlich Pferden und Kamelen. 

3) Mai de caderas, den Pferden in SQdamerika gefahrlich. 4) Die 
Dourine in Marocco, Algier, Sildfrankreich und Spanien, besonders 
bei den Pferden vorkommend. 5) Die Trypanosomiasis des 
Menschen, welche von Dutton und Forde am Gambia gefunden 
ist, und deren Infektionskeime eventuell auch als Erreger der Schlaf- 
krankheit dienen kdnnen. Die letztere ist bekanntlich nach den schdnen 
Untersuchungen Castellanis und Bruces ebenfalls als eine Trypano¬ 
somiasis zu betrachten. 

Es wiirde femer dazu eventuell gehdren das Trypanotoma Congolente *), welches nach 
Broden sich durch QeiSellosigkeit auszeichnen soil. Dasselbe scheint, auf andere 


1) Kempner und Rabinowitsch, Die Trypanosomen in der Menschen- und 
Tierpathologie, so wie vergleichende Trypanosomenuntersuchungen. (CentralbL f. Bakt. 
1903. p. 804). 

2) Salmon and Stiles, Emergency on surra. Washington 1902. 

3) Musgrave and Clegg, Trypanosoma and Trypanosomiasis. Manila 1903. 

4) Laveran et Mesnil, Trypanosomes et Trypanosomiases. Paris 1904. 

5) Broden, Les infections & Trypanosomes au Congo chez l’homme et les ani- 
maux. (BulL de la soci^td d’dtudes colonial es. 1904. F6vner.). 


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Zi emann, Beitrag zur Trypanosomenfmge. 


309 


Wirtstiere iiberpflanzt, sich morphologisch leicht zu verandern, indem wieder Geifiel- 
bildung auftritt. Die betreffenden Untersuchungen bedurfen noch weiterer Erganzung 
und Bestatigung. Sodann ware eventuell die Infektion durch den unten 
zu besprechenden, vorlaufig von mir Trypanosoma vivax genannten 
Parasiten in Kamerun hier anzufiihren. 

Ein Trypanosoma bei Dromedaren x ), von Cazalbou gefunden, hat 
sich mittlerweile schon durch Untersuchungen in Alfort als Surraparasit 
herausgestellt. Wahrend nun einige Forscher die unter B genannten 
Parasiten samtlich, bez. zum Teil als besondere Species auffassen, fassen 
Koch und Musgrave dieselben als voneinander nicht abgrenzbare 
Parasiten auf. Dieselben waren nach Koch in den gesamten Haupt- 
eigenschaften schwankend, indem sie 1) sich morphologisch nicht 
abgrenzen lassen, 2) ihre Virulenz eine in weitem Grade 
schwankende sei und 3) sie nicht auf einen bestimmten 
Wirt angewiesen seien. 

In der Tat sind im gefarbten Praparat die genannten Parasiten, wie schon 
Kempner und Babinowitsch dargetan, nicht oder nicht mit Sicherheit zu unter- 
scheiden. Wir werden indes sehen, aafl bei haufiger verglei chen der Unter- 
suchung im lebenden Praparat sich weitere biologische Unterschiede 
erkennbar machen, jedenfalls bei Trypanosoma vivax gegeniiber den Tse-tse- oder 
Naganaparasiten. Man kann nicht ausschliefilich oder fast ausschliefilich das gefarbte 
Praparat zum Mafistabe der Beurteilung machen. Wir haben aufierdem bei den Trypano¬ 
somen mit einer mehr oder weniger angedeuteten Differenzierung in indifferente, mann- 
liche und weibliche Trypanosomen zu rechnen, was raorphologische Differenzen innerhalb 
einer Trypanosomenspecies rechtfertigen wiirde. Cfr. meine Betunde beim Tse-tse-Parasiten 
weiter unten. Geheimrat Koch zieht ausseinen Forschungen den Schlufi, dafi die Trypano- 
somen von Gruppe B erst eine kurze Zeit in ihren Wirten lebten und daher sich noch 
nicht zu festen Arten entwickelt hatten. Auch die Trypanosomen der Menschen, bez. die 
Erreger der Schlafkrankheit liefien sich von denjenigen der Tse-tse und Surra nicht 
unterscheiden, weder morphologisch noch beziiglich ihrer pathogenen Eigenschaft gegen- 
iiber den Haus- und Versuchstieren. Auch in Bezug auf die allgeraeinen Krankheits- 
symptome verhielte sich die menschlicheTrvpanosomenkrankheit ebenso wie die bei Tieren 
beobachtete, wegen der relativ iangen, unbemerkt bleibenden Latenzperiode der Infek¬ 
tion, des unregelmalBigen Fiebers, der Anamie, Abmagerung, Oedeme, Schwellung der 
Lymphdriisen und der Milz. 

Wir kttnnen bekanntlich auch bei der Malaria beobachten, dafi sowohl der wohl- 
charakterisierte und artverschiedene Tertian, wie der Quartan, wie auch der halbmond- 
bildende Parasit eine Beihe pathologischer V eranderungen schafft, wie Anamie, Melan- 
amie etc., die alien Malariainfektionen gemeinsam sind. 

Geheimrat Koch macht ferner gegen Laveran und Mesnil, welche sich darauf 
berufen, Tiere, welche gegen Tse-tse immunisiert wurden, nachtraglich mit Surra infiziert 
zu haben, Bedenken geltend und erkennt ihre Versuche als nicht beweiskraftig an. Die 
Versuche seien an Ziegen angestellt, welche fur beide Krankheiten fast unempfanglich 
und deswegen fur Infizierung mit Surra und Tse-tse ungeeignet seien. Auch Musgrave 
lafit Ziegen und Schafe relativ immun sein gegen Surra (^apparently not susceptible 
to natural infection**). Das Experiment hatte aann auch einen Verlauf gehabt, wie er 
nicht anders zu erwarten gewesen ware. Die mit Surra infizierten Tiere waren nicht 
krank geworden und ware nur durch den Tierversuch festgestellt, dafi sie einige sparliche 
Trypanosomen hatten. Es sei ferner nicht ermittelt, ob dieae Trypanosomen von der 
Vor- oder Nachimpfung herruhrten, was geschehen hatte mussen, da auch immunisierte 
Tiere noch lange Zeit Trypanosomen in ihrein Blute haben konnen. Es wird an Laveran 
und Mesnil sein, auf diese Einwurfe zu antworten. 

Ich m6chte hier nur kurz bemerken, dafi bei meinen Untersuch¬ 
ungen in Kamerun sich die Schafe und Ziegen, wie wir sehen 
werden, als durchaus nicht unempfftnglich gegen die Try- 
panosomeninfektion verhielten, sondern in einem erheb- 
lichen Prozentsatze sich spontan infiziert zeigten, und 


1) Vall6e et Panisset, Sur les rapports du Surra et de la Mbori. (Extrait des 
comptes rendus des Acad&nie des sciences. 1904. stance du 21. Nov.) 


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310 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

auch durchaus nicht selten starben an spontaner In- 
fektion. 

Zur Illustrierung der Unbest&ndigkeit, insbesondere der Virulenz, der Parasiten 
von Gruppe B fiihrt Herr Geheimrat Koch folgenden Versuch an: Ein schwerkranker 
Hengst, stammend aus Togo in Westafrika, zeigte Trypanosomen, welche auf Pferde, Esel, 
Hunae, Ratten und Mause iiberimpft, diese Tiere tse-tsekrank machten und in kurzer 
Zeit eingehen liefien. Die Trypanosomen im Blute dieses Hengstes hatten also eine 
sehr hohe Virulenz besessen. Das zweite Pferd, eine Togostute, liefi nicht das geringste 
Zeichen von Tse-tee-Krankheit erkennen. Erst nach Ueoerimpfung von 20 ccm Blut in 
die Bauchhohle von jungen Hunden wurden Trypanosomen nacngewiesen. Wahrend 
nun die mit dem Hengstblut geirapften Hunde imraer in kurzer Zeit eine schwere 
Tse-tse-Krankheit bekamen, waren aie von der Stute geimpften nur leicht krank ge- 
worden, ja geimpfte Pferde, Ratten und Mause wurden ebenfalls nur leicht oder gar 
nicht krank. Schliefilich erlag die Stute einer kiinstlichen Infektion mit dem Hengst- 
blute in kurzer Zeit. Wir hatten also in derselben Gegend, nebeneinander vorkommend, 
hochvirulente und fast avirulente Trypanosomen. Der avirulente Stamm der Togostute 
hatte durch Verimpfung auf Pferde und dann fortlaufend auf Hunde eine erhebliche 
Zunahme erhalten. Andererseits ware ihm in Dar-es-Salam die Herabsetzung der 
Virulenz durch Passagen von Trypanosomen, welche fiir Kinder sehr virulent waren, 
durch Ratten und dann durch ilunde gelungen. Durch alle diese Versuche sei die 
Unbestandigkeit der Virulenz der Tse-tse-Parasiten bewiesen. Bei der Malaria hatte 
man ahnlicne Zustande der Verwirrung durch Aufstellen zu vieler Parasitengruppen 
erlebt. Meines Wissens haben aber von namhaften Malariaforschern, die nicht an die 
Einheit samtlicher Malariaparasiten glaubten, nur Mann a berg und einige Italiener 
wie Gras si und Feletti etc. fruher drei Species der Malariaparasiten angenommen. 
Die verschiedenen Malariaparasiten werden aufierdem von Moskitos, und zwar samtlich 
nur von der einen Gattung Anopheles, in der die geschlechtliche Entwickelung 
vor sich geht, ubertragen, wahrend die von Koch als gewisse Einheit aufgefafiten 
Trypanosomen des Typus B von stechenden Insekten verschiedener Gattung ubertragen 
werden konnen. Die Moglichkeit aber, dafi auch die Trypanosomen in 
den stechenden Insekten eine weitere Entwickelung durchmachen, 
ist nicht von der Hand zu weisen. Wir werden diese Annahme weiter unten 
durch Beobachtungen zu stiitzen suchen. Dann aber ware es nicht gezwungen, an- 
zunehmen, dafi in diesen ganz verschiedenen Gattungen von stechenden 
Insekten sich auch die Entwickelung der einzelnen Trypanosomen 
verschieden abspielt. Mit anderen Worten, die Trypanosomen des Typus B kdnnten 
trotz der vielen Aehnlichkeiten, die sie miteinander wahrend der Entwickelung im Blute 
der infizierten Saugetiere haben, doch artverschieden sein. Bekanntlich zeigen 
die artverschiedenen Tertian- Quartan- und halbmondbildenaen 
Parasiten umgekehrt wahrend ihrer geschlechtlichen Entwickelung 
im Anopheles kaum oder wenig Differenzen. 

Ich wurde jede Diskussion, ob einzelne oder alle Trypanosomen 
des Typus B verschiedene Species darstellen, fiir unwichtig halten, 
wenn die Uebertragung der Trypanosomen durch die stechenden In¬ 
sekten von einem Tier auf das andere ausschliefilich direkt und rein 
mechanisch mit dem Stechriissel ohne Vermehrung im Fliegenkdrper 
erfolgte. Dem scheinen aber meine epidemiologischen Erfahrungen 
in Suellaba (cfr. unten) zu widersprechen. Wiirde die Uebertragung rein 
mechanisch erfolgen, ware es gleichgultig, od die Trypanosomen durch Glossinen oder 
Tabaniden ubertragen werden. Dieselben Trypanosomen kdnnten dann bald durch den 
Stich der infizierten Glossiim vwrsiians die Tse-tse-Krankheit, bald durch den der in¬ 
fizierten Tabanide etc, die Surra bedingen. 

Wir werden ferner bei Besprechung des Immunisierungsprinzipes sehen, dafi die 
eventuelle Trennung einzelner oaer aller Trypanosomen des Typus B in verschiedene 
Species eventuell auch praktische Vorteile bieten konnte. Doch kehren wir zu Kochs 
Versuch zuruck. 

Schilling hat in Togo, also der Kolonie, wo Kochs 2 Versuchspferde mit den 
so verschieden virulenten Trypanosomen herstammten, neben dem gewhhnlichen Tse-tse- 
Parasiten auch den Parasiten wiedergefunden, den ich bereits fruher in Kamcrun An- 
fang des Jahres 1903, gefunden, una bereits als TV. vivax vom Tse-tse-Parasiten ge- 
trennt hatte. Derselbe ist, wie wir sehen werden, oft aufierordentlich virulent. Die, wenn 
auch entfernte Moglichkeit, dafi es sich bei dem Togohengst und der Togostute Kochs 
von vornherein um zwei, wohl aufierst nahe verwandte aber doch verschiedene, im gefarbten 
Praparat nicht oder kaum unterscheidbare Parasiten gehandelt hat, ist also nicht ganz- 
lich abzuweisen. (Indes sei immerhin erwahnt, dafi ich bisher diesen Parasiten in 
Kamerun noch nicht bei spontan infizierten Pferden gefunden habe.) 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 


311 


Ich m5chte in diesem Zusammenhange noch betonen, daB in Eamerun selbst die 
Ratten trypanosomen etwas verschiedene Virulenz zu zeigen schienen, indera infizierte, 
augenscheinlieh kranke Tiere gefangen warden, wahrena andere Ratten mit geradezu 
ungeheueren Mengen Tr. sich scheinbar vollig wohl fiihlten. Wohlverstanden waren 
Verletzungen infolge des Fanges oder sonstige krankheitserregende Ursachen, soweit 
ich erkennen konnte, bei den scheinbar krankenTieren ausgeechlossen. Ein Sch wanken 
in der Virulenz findet man auch bei anderen Parasiten, die einer ganz 
bestimmten Species angehoren. Ich erinnere nur an die kolossale Difterenz 
in der Virulenz aer einzelnen Malariaparasiten, je nach Ort und Zeit des Auftretens. 
Die Malaria, bedingt durch den halbmondbildenden Malariaparasiten, den ich zum 
ere ten Mai in der lombardischen Ebene 1897 festgestellt 1 ), ist himmelweit verschieden in 
ihrer Wirkung von der unseres Kameruner Parasiten. 

Die bisher bekannt gewordenen Beobacbtungen lassen jedenfalls 
schliefien, 1) daB die Trypanosomen der Gruppe B schon prim&r eine 
verschiedene Virulenz zeigen kOnnen, was sie mit anderen Para¬ 
siten gemeinschaftlich haben, 2) daB ihre Virulenz bei artifi- 
ziellen Passagen durch andere Tiere je nach Wahl der letzteren gesteigert 
Oder geschwHcht werden kann. 

Schwerer wiegt der Einwurf, daB die Parasiten der Gruppe B, fiber- 
impft auf andere Tiere, morphologisch sich andern kSnnen, wodurch ihre 
Mutabilitat sich erweist. 

So wird z. B. von den Tse-tse-Parasiten berichtet, daB sie verhaltnismafiig klein 
sind und ein stumpfes hinteres Ende im Blute der Ratten, Rinder und Hunde haben, 
dagegen grofi sind mit spitzem lang ausgezogenem Ende im Blute der Pferde, im Kanin- 
chen- und Hundeblute auffallend lange, im Schweineblut auff&llend kurze Geifieln 
haben. Ich habe beilaufig bei Trypanosoma vivax diese morphologi- 
sche Mutabilitat bei Ueberimpfungen bis jetzt nicht gefunden, wohl 
aber Mutabilitat in der Beweglichkeit bei Eintritt des Immunisierungsprozesses. Der 
oben gemachte Einwurf wurde meines Erachtens noch an Kraft gewinnen, wenn dieselbe 
starke Mutabilitat im morphologischen Verhalten, z. B. der Geifiellange, Korperlange 
etc. nicht bloB bei den artverschiedenen Tieren sich fande, sondern in den primar, d. n. 
natiirlich infizierten Tieren; wenn also z. B. die mannlichen erwachsenen Tse-tse-Parasiten 
eines Rindes bald mehr plump mit stumpfem Ende, bald mehr schlank und spitz 
ausgezogen wie Ratten trypanosomen erschienen. Das aber scheint nicht der Fall zu 
sein. Man konnte einwerfen, daB die betreffenden Trypanosomen durch Anpassung an 
den betreffenden Wirt gerade in diesem sich zur konstanten Form in morphologischer 
Beziehung herangeziichtet hatten. 

Es wiirde aber ferner die Wahrscheinlichkeit, daB die Parasiten der Gruppe B 
eine Einheit darstellen, verstarken helfen, wenn die Parasiten, z. B. der Tse-tse-Krank- 
heit, wenigstens bei dem primar und spontan erkrankten Wirtstier, sagen wir einem 
Rinde, sich morphologisch und biologisch genau so verhielten, wie die Surraparasiten 
bei einem ebenfaUs primar und spontan erkrankten Rinde derBelben Rasse. welches 
unter denselben aufieren Bedingungen sich befindet. Ich werde aber zu zeigen ver- 
suchen, daB wenigstens Trypanosoma vivax gegeniiber dem Tse-tse- oder 
Naganaparasiten in demselben primar und spontan erkrankten Wirts¬ 
tier trotz Gleichheit samtlicher aufieren Lebensbedingungen etwas 
verschieden sich zu verhalten scheint, in Beweglichkeit, Gestalt, Virulenz, 
pathologisch-anatomischer Wirkung, und von diesen weniger schwer wiegenden Momenten 
abgesehen, vor allem, weil Ueberstehen der Tse-tse-Krankheit keinen Schutz gegen 
Trypanosoma vivax gewahrt, und im Gegensatz zum Tse-tse- oder N agana-Parasiten a as 
Trypanosoma vivax wenig oder kaum sexuale Differenzen aufweist. 

Die Ergebnisse, gewonnen durch kiinstliche Ueberimpfung auf Versuchstiere, die 
der betreffenden natiirlichen Infektion sonst nicht unterliegen, m&ssen bei 
Erdrterung und Verfolgen prinzipieller morphologischer und biologischer Fragen etwas 
mit Reserve betrachtet werden. Diese Tiere stellen c.granosalis eben keinen 

f anz natiirlichen Nahrboden dar, und ist eventuell dieses Moment zur Er- 
larung mit heranzuziehen, wenn in morphologischer und biologischer Beziehung bei den 
geimpften Versuchstieren Veranderungen der Trypanosomen auftreten. Uebrigens soil 
ja durchaus nicht geleugnet werden, dafi die Trypanosomen auch bei naturhcher In- 


1) Ziemann, Neue Untersuchungen iiber die Malaria und den Malariaerregern 
nahestehende Blutparasiten. (Dtsche med. Wochenschr. 1898. No. 8.) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


friction je nach den verechiedenen wannblutigen Wirten rin verechiedenes morphologischee 
Verbal ten zeigen. Das hat schon Bruce in seinen klassischen Untereuch ungeo Wont. 

Diese Mutabilit&t der Trypanosomen ist durch Kochs geistvolle Aus- 
fflhrung aufs neue demonstriert Ich mOchte aber empfehlen, beiVer- 
gleich der Tse-tse-, Surra-, Mai de Caderas-, Dourine- 
Krankheit etc. nur die primflr and spontan infizierten Wirtstiere je 
derselben Rasse hinsichtlich der Infektion und der infizierenden Trypano- 
somen miteinander in Beziehung zu bringen, bezw. mit dem Blute jener 
geimpfte Tiere derselben Rasse und jedes Moment, das modifizierend 
wirken kdnnte, wie eventuell verschiedenes Klima, Nahrung, verschiedene 
Rasse, Immunisierang, auszuschalten. 

Nur wenige Untersucher durften die prim&ren und spontanen 
Infektionen durch Trypanosomen des Typus B in verscliiedenen 
Landern bei denselben Tierrassen unter denselben aufieren Bedin- 
gungen verfolgt haben. 

Mit unseren letzten Ausfflhrungen berflhren wir bereits den 
dritten Einwurf, dafi die Parasiten desTypusB nicht auf 
einen bestimmtenWirtangewiesen seien. Wir mttssen unter- 
scheiden zwischen natflrlicher und kflnstlicher Infektion; nur die erstere 
kommt fOr uns in epidemiologischer und praktischer Beziehung zun&chst 
in Frage. 

Wir wissen, dafi die Trypanosomen des Typus B sich auf Versuchs- 
tiere Qbertragen lassen, wir wissen aber auch, dafi z. B. der Mensch, 
der der natflrlichen Infektion durch die Trypanosomen 
der menschlichen Trypanosomiasis unterworfen ist, der 
natflrlichen Infektion durch den Tse-tse-Parasiten nicht 
ausgesetzt ist Mit anderen Worten, die Krankheitserreger, d. h. die 
betreffenden Trypanosomen des Typus B sind wfthrend ihrer Entwickelung 
im Blute der Warmblflter sicherlich wenigstens sehr fihnlich, die Krank- 
heiten selbst aber sind verschieden. 

Bleiben wir bei dem wichtigen, oben schon erw&hnten Faktum 
stehen, dafi die zweiten Wirte der Trypanosomen des Typus B, die 
verschiedenen stechendenlnsekten, durchaus verschieden 
sind. Der Tse-tse-Parasit z. B. wird durch Olossina morsitans oder 
longipalpis Wied. flbertragen, der Surraparasit voraussichtlich durch 
Stomoxys oder Tabaniden, der Parasit der Schlafkrankheit durch Glossina 
palpalis Rob.-Desv. Die Rolle der Culiciden bei Uebertragung der Try¬ 
panosomen ist noch nicht gendgend geklfirt 

Ich will hier von Dourine, Mai de Caderas und den von Broden be- 
schriebenen Infektionen absehen, und wollen wir bei Besprechung 
der Kameruner Befunde zu vergleichenden Zwecken nur 
folgende Parasiten des Typus B berflcksichtigen. 

1) Die Parasiten der menschlichen Trypanosomen- 
krankheit sind auch bereits aus dem Hinterlande Kameruns fest- 
gestellt 1 ), nachdem ich bereits frflher das Vorkommen der Schlafkrank¬ 
heit daselbst erwiesen. 

Im Kflstengebiet habe ich trotz sehr vieler Untersuchungen Try¬ 
panosomen bei dortigen Eingeborenen noch nicht gefunden. Auch 
neuere Untersuchungen bei anthropoiden Affen, d. h. bei 2 Schimpansen 
und 1 kleinen Gorilla, waren negativ. 


1) Gunther u. Weber, Ein Fall von Trypanosomenkrankheit beim Menschen. 
(Munch, med. Woch. 1904. No. 24.) 


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Ziemailn, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 


313 


Indessen gelang es mir auf der Heimreise 1900 bei 1 Schimpansen ') 
aus dem Kongogebiet an Bord des Dampfers Trypanosomen zu finden, 
welche ich damals in ihrem morphologischen Verhalten im unge- 
f&rbten Prfiparat mit dem Rattentrypanosoma (Trypanosoma Lewisi) ver- 
glich, nur daB die GeiBel betrachtlich ktlrzer war. Als Rattentrypano- 
somen konnten sie schon deswegen nicht aufgefaBt werden, da ja diese, 
wie sehon lfingst bekannt, nor in Rattenblut sich finden. 

Der Affe zeigte ein etwas teilnahmloses Verhalten. Leider wurden von dem Besitzer 
weitere Untersucnungen nicht gestattefc. ~ ~ ‘ 

-dafl der betreffende Parasit zur 
welche die Trypanosomenk rankl 
Surra etc. bedingen. 

Man weifi, dafi die Trypanosomen des Menschen, auf Affen kiinstlich iiberimpft, 
bei den Tieren ebenfalls sen were Schfidigungen verureachen kdnnen. Da nun nach 
meinen Erhebungen auch i^/aria-Embryonen, welche sich morphoiogisch in nichts von 
denen der Filaria perstan* des Menschen unterschieden, von mir schon zweimat bei 
natiirlich infizierten Schimpansen gefunden wurden (von Man son bestatigt), durfte 
diesem Trypanosomenbefunde von 1900 bei natiirlich infizierten Affen eine gewisse prak- 
tische Bedeutung innewohnen, nach dem sp&ter auch beim Menschen pathogene Try¬ 
panosomen gefunden wurden. Der einzige, der noch vor meinem Befunde bei Schim¬ 
pansen, bei Menschen Trypanosomen gesehen hat, scheint Nepveu gewesen zu 
aein (1898) *). 

Es ist dieser Fall von Infektion bei einem anthropoiden Affen aus dem Kongo- 
staat auch schon deswegen interessant, weil gerade vom Kongo eine auBerst h&unge 
Infektion des Menschen aurch den Erreger der Schlafkrankheit gemeldet ist. 

An der Kiiste Kameruns sind von mir im ganzen bisher nur 2 sporadische, ein- 
geechleppte Falle beobachtet 1 2 3 ) 4 ). 

Glossina palpalu findet sich an verschiedenen Stellen, auch im Kustengebiet, z. B. 
in Victoria, Buea, Barombi etc. Die Bedingungen zu einer weiteren Verbreitung der 
Schlafkrankheit wflrden also immerhin gegeben sein. 

Betrachten wir 2) die Tse-tse-Krankheit in Kamerun. 
Historisch sei hierzu folgendes erwfihnt: 

im Jahre 1900 gelang es, an der westafrikanischen Kiiste, und zwar in Togo, die 
Tse-tse-Krankheit festzustellen, was dutch Schilling spater bestatigt wurde. Schon 
damals machte ichauf das f&rberisch differente Verhalten der Tse-tse- 
Parasiten aufmerksam, indem ich unter den betreffenden Trypano¬ 
somen mannliche und weibliche Formen absonderte (L c.). Aucn eine 
Konjugation der Parasiten wurde behauptet Die weiblichen Formen unter- 
scheiden sich durch ihr tief er blau gefarbtes Protoplasms, und, wieich 
hinzufiigen mochte, durch die grbBere Anhaufung von Beservestoffen, 
von den mannlichen, die ein mehr homogenes zartes, mehr lichtblau gefarbtes Proto¬ 
plasms aufweisen. Die weiblichen Formen unterscheiden sich ferner durch ihre etwas 
plumpere Form und schwachere GeiBel von den gewohnlichen Parasiten, auch durch 
geringere Beweglichkeit, wahrend die mannlichen, blafi gefarbten Formen eine langere 
GeiBel zeigten. Auch w r urde bei den Togopraparaten bereits eine starkere Verteilung 
des Chromatins in dem Plasma der mannlichen Parasiten erwahnt (Lc.). Es scheint 
die damalige Deutung von sexuellen Formen, welche zweifellos ge¬ 
wisse Analogien mit den M al ar i a paras i ten schafft, und von prinzipieiler 
Bedeutung ist, wenig Beachtung gefunden zu haben. 

v. Prowazek bestatigt im Prinzip meine Befunde in bezug auf Tryp. Brucei oder 
Tse-tse-Parasiten in seiner Publikation iiber Herpetomonas 5 ). Die Togo-Tse-tse-Parasiten 


1) Ziemanu, Ueber das Vorkommen von Filaria perstans und von Trypanosomen 
beim Schimpansen. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Ba. VI. 1902.) 

2) Nepveu, Sur un trypanosome dans le sang de Ihomme. (Compt. rend, de la 
soc. de biol. 1898. p. 1172.) 

3) Ziemann, Ist die Schlafkrankheit der Neger eine Intoxikations- oder In- 
fektionskrankheit ? (CentralbL f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXII. 1902. No. 6.) 

4) Ziemann, ueber das Vorkommen der Lepra, der Schlafkrankheit, Beri-beri in 
Kamerun. (Deutsche med. Woch. 1903. No. 11.) 

5) v. Prowazek, Die Entwickelung von Herpetomonas. (Arb. a. d. kais. Gesund- 
heitsamte. Bd. XX. 1904. Heft 3.) 


iti s ist mit oicnerneit anzunenmen, 
Gruppe der Trypanosomen gehbrte. 
ieit des Menscnen, die Tse-tse und 


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314 


Centralbl. f. Baku etc. 1. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


entsprachen ganz der von Bruce gegebenen Beechreibung. Ich kannte also die leben- 
den Tse-tee-Farasiten bereite gut genug, um nunmehr Vergleiche anstellen zu kbnnen 
mit anderen Trypanosomen. 

November 1902 wurde nach meiner Ankunft in Kamerun die Untersuchung wieder 
aufgenommen, und zeigten sich dort bei zahlreichen Untersuchungen der Haiie tiere 
zwei scheinbar verschieaene Trypanosomeninfektionen: 1) Die Tse-tse-Krankheit, wie wir 
sie aus Siidafrika, Ostafrika und Togo bereite kannten; 2) eine davon scheinbar ver- 
schiedene Infektion, bedingt durch einen Paraeiten, welcher speziell im lebenden Praparat 
eich deutlich von dem Tee-tee-Parasiten unterscheiden liefi. Dieeer Parasit, der morpho- 
logisch den Beschreibungen nach, an den eog. Surraparsiten erinnern 
konnte, erhielt von mir provieoriech den Namen Trypanosoma vivax. Von einem 
eventuellen Vorkommen dee Surraparasiten in Weetafrika war damals jedenfalls noch 
nichts bekannt. Es steilte sich nun das intereseante Faktum heraus: 

a) Dafi der sog. Tee-tee-Parasit bie jetzt von mir mit Sicherheit nur bei 2 Pferden, 
(1 aus Jaunde, 1 aue Tinto), 1 Maultier und 2 Buckelrindern gefunden wurde, welche 
aus dem Innern etammten, und sofort nach Ankunft an der Kiiste untersucht 
wurden, femer bei 1 Eeel. Deseen Tee-tee-infektion wurde aber erst einige Wochen nach 
Ankunft an der Kiiste festgestellt. Die Moglichkeit, dafi eie eventuell auch im Kiisten- 

E '' vorkommt, will ich nicht im geringsten bestreiten. Wurden doch einige Male 
e bezw. Ziegen beobachtet, deren Herkunft, ob aus dem Inneren stammend, min- 
deetene zweifelhaft war, und welche mdglicherweise eine Miechinfektion von Tee-tse- 
Paraeiten und von Trypanosoma vivax aufwiesen (bez. Uebergangeformen zwischen diesen 
Paraeiten ?). Der Tee-tse-Parasit diirfte aber sicher im allgemeinen im Kiietengebiet viel 
eeltener sein, ale Trypanosoma vivax. 

b) Dafi die Glossina morsitans bezw. longipalpis im Kiietengebiet fehlte, wahrend 
im Hinterlande nach den freundlichet mir gemachten m und lichen Angaben des Zoologen 
Dr. Grunberg in Berlin die der Glossina lonaipalpis nahestehende, aber kleinere Species 
Glossina tachinoides Weetw. eich findet, welche also im Hinterlande moglicherweiee die 
Tse-tse-Krankheit iibertragt. 

Von eonetigen Gloeeinen ist nach Dr. Grunberg bis jetzt nur noch Glossina 
fusea Walk, veremzelt, bei Joh. Albrechts-Hohe, festgestellt. 

c) Dafi die Tse-tee-Infektion der genannten Tiere, die mit anderen Tieren zu- 
sammenetanden und zusammen weideten, nicht auf dieee letzteren, wenigstens nicht in 
dem Hauptorte Kamerune in Duala, iiberging, dies zu einer Zeit, ale frisdie Infektionen 
durch Trypanosoma vivax daeelbet bei dort geborenen Schafen beobachtet wurden. Der 
entsprechende Uebertrager schien also zu fehlen. 

d) Dafi von Haustieren die Pferde und Maultiere, welche in der Kfisten- 
gegend geboren waren, bis jetzt sich noch nicht infiziert zeigten. 
Allerding8 war die Zahl dieeer an der Kiiste zur Blutuntereuchung gelangten Pferde 
nicht gro6 (18 im ganzen). Herr Gouverneur v. Puttkamer, dem ich meine ersten 
Befunde mitteilte, aafi wir eine Art aufierst verbreiteter Tse-tse-Krankheit in der Kolonie 
hatten, schuttelte anfangs sogar unglaubig den Kopf, »ja, aber unsere Pferde gedeihen 
doch hier ausgezeichnet und erkranken nicht wie in Togo und Lagos u . 

Uebertragungen von grofieren Mengen Blutes dieeer Tiere auf Versuchstiere, um 
latent© Infektionen auszuschliefien, eina allerdings noch nicht vorgenommen infolge 
bereite erwahnter Griinde, auch vor allem aus Mangel an disponiblen Fonds. 

Wenn man aber bedenkt, dafi in der nahen engliechen Kolonie Lagos, in der ich 
1903 ebenfalls die Trypanosomenkrankheit (Tse-tse) aer Haustiere als erster feststellte 
(1. c.), die Pferde oft an Tse-tse erkranken und sterben, in der Kiistengegend Kamerune 
aber sich die Pferde scheinbar gut halten, wahrend Kinder, Schafe und Ziegen oft 
erkranken, wird man ziemlich sicher auf Abwesenheit der naturlichen Trypanosomen¬ 
krankheit bei den Pferden des Kustenstriche von Kamerun rechnen konnen. 

Die Befunde an Trypanosoma Brucei konnen hier iibergangen werden, da sie sonst 
nichts Neues boten. Da Glossina morsitans nicht zu erhalten war, auch nicht genugend 
andere Gloeeinen, konnten auch Infektionsvereuche mit ihnen nicht stattfinden. 

Es gelang leicht, eine Katze mit Trypanosoma Brucei von einem chronisch tee-tse- 
kranken Pferde am 24. Nov. 1902 todlich zu infizieren. Die Krankheitsdauer betrug 
30 Tage, das Inkubationsstadium bis zum ersten, mikroskopisch festgee tell ten Auftreten 
des Trypanosoma Brucei 5 Tage. (Schlufl folgt.) 


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StebbinB. Occurrence of a large sized parasite of the Karyolysus order etc. 315 


Nachdruck verboten . 

On the occurrence of a large sized parasite of the Karyolysus 
order, in the blood of Rana clamata. 

By Dr. James Stebblns jr., New York. 

With 2 plates. 

In a previous paper entitled „upon the occurrence of Haemosporidia 
in the blood of Rana catesbiana , with an account of their probable life 
history a (Transactions American Microscopical Soc. Vol. XXV. 1904. 
p. 55). I hinted at the presence of certain large, and peculiar parasites 
which differed so radically from those then under observation, that I 
was led to infer that they represented a new species, distinct from 
Haemogregarina catesbianae. Further investigation has fully confirmed 
this surmise, and it was therefore thought that a more detailed de¬ 
scription of the peculiarities and morphology of this interesting parasite, 
would not be out of place. 

This parasite which for want of a better name, I have called Karyoly¬ 
sus clamatae, was originally observed in thee blood of Rana catesbiana , 
but, since then I have found it in large numbers in the blood of Rana 
clamata , both in the extra-corpuscular, intra-corpuscular, and encysted 
states. 

Extra-corpuscular parasite. 

Karyolysus clamatae in the free state, somewhat resembles Haemo¬ 
gregarina catesbianae , but, is considerably longer, and broader, and has 
a much blunter head. 

When fully extended, this parasite has a length of 22,8 microns, with 
extremes of 16,66, to 23,8 microns. The diameter of its head is on an 
average 4,23, while that of the body at its widest part is 2,38, to 
3,72 microns. 

It will thus be seen that we here have a vermicular or worm- 
shaped parasite with a large round anterior end, or head, which 
gradually tapers from there to a sharply pointed posterior end, or tail. 

It swims with its large rounded end, head-first 

It is provided with a large nucleus centrally located. The Latter 
may be either round, or elongate, and stains of a purplish, to carmine 
color with the Goldhorn, or methylene-azur, and eosin stains. 

The body cytoplasm stains light bluish; contains numerous fine 
granulations, and may, or may not be provided with one, or more 
vacuoles. 

It is able to enter and leave the blood corpuscles with the greatest 
ease, and rapidity, and always, mutilates the corpuscles badly in so doing. 
It seems to attack both the leucocytes, and erythrocytes, but shows a 
marked preference for the red cells. 

Wat I have said in my previous paper (l° c - cit) concerning the 
ease with which the microgametocyte of Haemogregarina catesbianae is 
able to enter and leave the blood corpuscles, applies equally as well to 
this organism. 

When about to penetrate an erythrocyte, this parasite will glide up 
to the same with its blunt rounded end, first, and when in contact with 
the corpuscle, a marked change in the anterior portion of the bod will 


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316 Centralbl. f. Bakt ptc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

be seen to take place. This change consists in the formation of an 
annular swelling, or bulging out of the anterior portion of the body, 
extending from the nucleus close up to the head of the organism. This 
hnnul&r swelling of the body is caused by a hyaline, protoplasm-like 
substance, clearly defined against the dark background of the main 
portion of the body (PI. I, tig. 1). While in this condition the parasite 
easily penetrates the corpuscle which it attacks. In so doing all that 
can be observed is a slight indentation of the cell protoplasm at the 
point of contact (PI. I, fig. 2), when the latter will be seen to yield to 
the pressure exerted from without by the organism, and before one can 
realize it, the vermicule has completely hurried itself within the cor¬ 
puscle (PI. I, fig. 3), and leaving as a rule no other evidence of its 
presence within than a slight distortion and wrinkling of the cell pro¬ 
toplasm. At other times however its movements may be easily followed 
as it explores all parts of the corpuscle, not even respecting the nucleus 
which it frequently pierces, and mutilates. 

In a short while the organism will leave the corpuscle which it 
has invaded, and usually when this is about to occur, a protuberance 
will be formed upon the side of the corpuscle from which the parasite 
is about to emerge. The bulging out of the cell protoplasm gradually 
increases in unison with the progress of the vermicule, until just before 
it leaves the corpuscle, the latter is drawn out pear-shaped (PI. I, fig. 4). 
By this time the parasite has practically emerged from the cell, but is 
still connected with the latter by a very fine hyaline gelatinous thread, 
nealy invisible in the unstained condition, and with which it tows the 
vacated corpuscle around for some distance before the thread is even¬ 
tually ruptured. 

It frequently happens that the parasite when leaving a corpuscle 
may tear away a portion of the cell protoplasm, which it will carry 
around for some time attached to the before - mentioned gelatinous 
thread. 

As already stated, Karyolysus clamatae has the property of greatly 
mutilating the erythrocytes which it has invaded. This state of affairs 
is particularly well shown up in the stained specimens. In these the 
position of the parasite may be easily demonstrated by the presence of 
furrows, single in some corpuscles, and in others so numerous as to com¬ 
pletely honeycomb the cell protoplasm, and nuclei (PI. I, fig. 5). 

An other common occurrence is to see a parasite emerge from a 
mutilated erythrocyte towing the cell nucleus after it, attached to the 
same by the before-mentioned fine gelatinous thread, which after a while 
is ruptured, thus leaving the nucleus in a free state in the blood plasma, 
and if a sample of this blood is examined under the microscope, large 
numbers of free cell nuclei will be found. 

It has been stated elsewhere in this paper that an annular swelling 
is formed at the anterior end of the body, when a parasite is about to 
enter a blood corpuscle! I have however since discovered that such 
annular swellings are to be found at times in almost anypart of the 
body, thus giving the latter a beaded appearance. 

Intra-corpuscular parasite. 

The extra-corpuscular parasite, after a life in the free state of 
unknown duration, finally enters a red blood corpuscle and becomes so 
to say dormant, or encysted without however surrounding itsself with 


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CcntralbL f. Baht. Abt. 1. Oriy. Bd. XXX VIII. Plate I. Stebbins , Extra-corpuscular 

form of Karyolysus ciamatae . x 1000. 



Fig. 1. Fig. 2. 



Fig. 5. 



Fig. 3. Fig. 4. 



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Vcrlair 


von <*ustnv Fischer in Jena. 


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Stebbins, Occurrence of a large sized parasite of the K&ryolysus order etc. 317 

a membrane, or capsule. As some of the parasites are considerably 
longer than the blood corpuscles, they are obliged in order to acommo- 
date themselves to the dimensions of their habitat, to sometimes curl 
up, and fold over on themselves U-fashion (PI. II, fig. 1). 

No sooner has a red blood corpuscle become invaded by a so to 
say resting parasite, than its nucleus becomes greatly enlarged (PI. II, 
fig. 2), and a the same time the cell cytoplasm begins to show signs of 
granular degeneration. 

Occasionally too the corpuscles become hypertrophied, but, this is 
not the rule. After a while the cell nuclei which at first were simply 
en larged, now begin to show signs of division (PI. II, fig. 3), first 
splitting up into two (PI. II, fig. 4), then into four (PI. II, fig. 5), and 
finally into numerous parts (PI. II, fig. 6). 

An other peculiarity of the red corpuscles in this stage of the para¬ 
site’s life history, is the peculiar manner in which they stain. 

The uninfected erythrocytes, and even those which have been muti¬ 
lated by the extra-corpuscular parasite, assume as a rule a light blue 
to purplish cytoplasm stain, while their nuclei stain purplish, or fiery-: 
red with the Goldhorn polychrom methylene blue, and eosin, or methylen- 
azur, and eosin stains, while on the other hand both the cytoplasm, 
and nuclei of the erythrocytes infected with the resting .or encysted 
parasite, stain of a peculiar, and characteristic purplish-red, almost carmine 
shade. 

In its peculiar behavior towards the red corpuscles, this organism 
therefore diners from any with which I am acquainted. 

Langmann 1 ), it is true refers to an organism which has some 
analogy to the one above described, but, he states „the body of the 
large intra-cellar organism, sometimes, but seldom, shows a nucleus 14 , 
whereas the intra-cellar form of Karyolysus clamatae on the contrary, 
is characterised by a pronounced nucleus. Therefore the only points in 
common between the two organisms, are their large size, and their 
karyolytic action upon the nuclei of the red blood corpuscles. 

The next stage in the parasite’s life history is the formation of 
cysts. The exact manner in which these cysts are formed, I am at 
present unable to state. At all events the organism gradually becomes 
more ovoid in shape (PI. II, fig. 7), possibly due to an over-folding, and 
coalescing of the two U-shaped loops of the same, in some such manner 
as was shown to occur in the asexual cycle of Haemogregarina catesbianae. 
At the same time the nucleus splits up into several fair sized chromatin 
particles, which become scattered over the body of the parasite, and 
whose cytoplasm at the same time assumes a more granular appear¬ 
ance, 

The ovoid shape finally goes over into a spherical shape, or true 
cyst without apparently being surrounded by a capsule (PI. II, fig. 8), 
and having all the appearances of being a cytocyst. By carefully 
examining the figures, it will be noticed that this cyst contains a number 
of small ovoid bodies containing nuclei, which in turn surround two 
masses of residual protoplasm. These small bodies have the appearance 
of being schizonts or merozoites, but, of this I at present have no de¬ 
finite proof. 


1) Studies from the Department of Pathology of the College of Phys. and Surg. 
Columbia University. Vol. VI. 1898—1899. p. 12. 


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318 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 3. 


Id this absence of capsule, the above described cysts differ very 
markedly from the cyto- and sporocysts of Haemogregarina catesbianae , 
which on the contrary have well-defined capsules. 

I am still in the dark as to the life history of this interesting 
parasite, but, am gradually gathering more data together relating to the 
same, and hope to be able at some future time to throw more light 
upon the subject. 


Nachdruck verboten. 

Eine zweite Rattenlaus aus Abessinien. 

Von Dr. med. P. Speiser, Bischofsburg (OstpreuBen). 

Mit 1 Figur. 

G. Neumann hat vor 2 Jahren 1 2 3 * ) eine Laus beschrieben, die von 
den Reisenden Frhr. v. Erl anger und Hilpert auf Ratten in 
Abessinien gesammelt worden war. Die Art, welche er Haematopinus 
praecitus nennt, wurde kiirzlich von G. Enderlein*) als vermutlich 
zu seiner fiir die Lause der kleinen Nagetiere [eine Art, die auBer auf 
Spitz miusen auch auf verschiedenen echten MSusen lebt, bildet eine 
nahe verwandte eigene Gattung 8 ), die Lause des Hasen und des Kanin- 
chens zusammen eine zweite] neu geschaffenen Gattung Polyplax ge- 
hflrig bezeichnet (irrtflralich als H. praecisus Neum. angefuhrt). 

Vor mehreren Jahren fand ich nun auf einer kleinen Ratte mit 
sehr dicken stachelartigen Haaren in der Sammlung des Zoologischen 
Museums zu K5nigsberg i. Pr., die nebst 2 anderen Jfus-Arten in dem- 
selben Glase als aus Salomons in Abessinien stammend bezeichnet war, 
2 weibliche Lause, die offenbar zu Enderleins Gattung gehdren, aber 
von Neumanns Beschreibung so weit abweichen, daB ich sie als neue 
Art betrachten muB. Es iuuB- sogar dieser Art wegen die Kennzeich- 
nung der Gattung insofern geSndert werden, als der Satz Jede Pleura 
hinten mit 2 (selten 1) kraftigen, meist kurzen Stacheln“ auf sie nicht 
zutrifft. Er mufi die Fassung erhalten: „Die Mehrzahl der Pleuren mit 
mindestens einem, meist sogar zwei kraftigen kurzen Stacheln. u Ich 
gebe im folgenden die Beschreibung der neuen Art unter dem Namen 
(pelov weniger): 

Polyplax miaccmtha non. spec. $. 

Lange 1,5—1,75 mm. Schmutzig weifigelb. Kopf gut l7*mal so 
lang als breit; vor den FQhlern bogenformig vorgezogen, so dafi die 
Ftlhler gar nicht so sehr weit vorn, sondern erst etwa hinter den vorder- 
sten */ 5 der Kopfiange eingelenkt sind. Am Vorderende mehrere feine 
Harchen, Hinterkopf jederseits mit 2 feinen Borsten vor den Hinter- 
winkeln. Ftlhler 7s 80 lang als der Kopf, erstes Glied verdickt wie bei 

1) Neumann, G., Deux nouvellee P4diculines. (Arch, de Paraaitologie. VoL V. 
1902. p. 600—601.) 

2) Enderlein, G., Lause-Studien. Ueber die Morphologie, Klassifikation und 
systematiache Stellung der Anopluren etc. (Zool. Anzeiger. Bd. XXVIII. 1904. No. 4. 
p. 121—147.) 

3) Enderlein, G., Lauae-Studien. Nachtrag. (Zool. Anzeiger. Bd. XXVIII. 

No. 6. p. 220-223.) 


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Speiser, Eine zweite Rattenlaus aus Abessinien. 


319 


den verwandten Arten, kflrzer (bei einem Stflck) Oder doch nicht lfinger 
(beim anderen) als das zweite, 3 und 4 gleich lang und gleich breit, 
kflrzer als 2, das Endglied wenig mehr als halb so dick als das vor- 
letzte, welches an seinem hinteren unteren Rande stumpf dornartig ver- 
lflngert ist. Thorax vorn schmfller als der Hinterkopf, nach hinten etwas 
breiter werdend, 1 Anger als hinten breit, dorsal ohne Beborstung. Ventral 
bleibt zwischen den Hflften ein wappenschildfflrmiges Sternum frei, das 
jedoch nicht dunkler ist als die Umgebung, und dicht hinter seinem 
Vorderrande, vor den Mittelhflften, durch eine helle Linie geteilt wird 
(? entsprechend der „tache sternale u bei Neumann?). Vorderbeine 
ganz dfinn und zart, mit starkem Daumenhocker an der Tibia und 
winzigem Tarsenglied, mit zarter aber langer Kralle. Mittelbeine krAf- 
tiger, mit krAftigen, zwar ziemlich dicken, aber doch schlanken braunen 
Krallen, die etwa noch 4mal so lang als breit sind; der Daumenhdcker 
der Tibia ist kurz und stumpf. Die Hinterbeiue sehr krAftig, kurz 
und gedrungen, wenn auch noch immer lAnger als die 
Mittelbeine; der Daumenhflcker der Tibien sehr breit und 
groB, die stumpfe Spitze ist durch eine Einkerbung, in 
welche die Kralle hineinpafit, in 2 Hocker geteilt; die 
Kralle ist sehr auffallend braun, sehr dick und kurz, kaum 
doppelt so lang als an der Wurzel breit und ziemlich 
stumpf. Das Abdomen weicht' nur, wie schon oben be- 
merkt, insofern von den allgemeinen Gattungskennzeichen 
ab, als es nur an 4 Pleuren je 1 Dorn trAgt, sie ent- 
sprechen den Segmenten 4—7; sonst ist zur Beschreibung 
des Abdomens nichts zu bemerken. 

Did Art weicht also von Haematopinus (oder Polyplax?) praecitus 
G. Neumann vor allem ab in der Gestaltung der Fflhler, insbesondere 
von deren Endgliede, sowie anscheinend auch im UmriB des Kopfes. 
Der Sternalfleck bei der genannten Art ist nicht genau genug, und das 
Abdomen in seinen wichtigsten Merkmalen so gar nicht beschrieben, 
daB ein Vergleich da schwierig ist. Bemerkt sei noch, daB Neumann 
offenbar irrtflmlich den Daumenhflcker auf das Femur verlegt, wAhrend 
er wohl auch bei seiner Art auf der Tibia sitzen dflrfte. — Die einzige 
sonst aus Nordafrika bekannte Laus endlich, Polyplax spiculifer (Gerv.) 
von Mus barbarus (nicht barbatus , wie beiEnderlein irrtflmlich steht) 
aus Algier, ist nicht ausfuhrlich genug beschrieben, urn ein vflllig 
sicheres Urteil zuzulassen, doch scheinen auch ihre Fflhler, und wiederum 
namentlich das Endglied, anders als bei meiner Art gestaltet zu sein. 



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320 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Nachdruck verboUn . 

Zur Spezifitat der Antikorper. 

Von Dr. H. Lfidke, Barmen. 

(Fortsetzung.) 

Eine fernere Arbeit, die sich mit der Spezifitat der Agglutinations- 
reaktion besch&ftigt, ist die von Posse It und v. Sagasser 1 2 ). Hieran 
schliefien sich erst kfirzlich veroffentlichte Untersuchungen von Hetsch 
nnd Lentz 3 ) ans dem kgl. Institute fiir Infektionskrankheiten an. 
Beiden Arbeiten lag, wie es scheint, das praktische Bediirfnis zu Grande, 
die von Castellani angegebene Absorptionsmethode ffir die ver- 
schiedenen, im normalen wie anch I m man serum vorkommenden Agglu- 
tinine nachzuprfifen. Castellani 8 ) hatte die Frage von der Misch- 
infektion und ihren Agglutinationsverh&ltnissen mit glficklichstem Erfolge 
aufgenommen und war zu folgenden Schlfissen gelangt: Eine spezifische 
Absorption der einzelnen durch kflnstliche Infektion mit mehreren 
Bakterienarten hervorgerufenen Agglutinine ist gegeben, wenn bei 
totaler AbsSttigung mit einem Stamme die Agglutinationsffihigkeit aus 
dem Serum ffir diesen vollst&ndig verschwindet, wfibrend alle anderen 
Bakterienagglutinine in ihrem Agglutinationswert unbeeinfiufit bleiben. 
Bei der Mitagglutination dagegen verschwinden zugleich mit dem ab- 
gesfittigten Agglutinin auch die fibrigen Agglutinine. Erkl&rlich wird 
die letztere Tatsache dadurch, dafi wir hier eine Entstehung von Partial- 
agglutininen neben dem Hauptagglutinin annehmen mfissen, deren Ab¬ 
sorption leicht mit dem Hauptagglutinin erfolgt. 

Posse It und v. Sagasser kamen auf Grund ihrer Untersuchungen 
zu dem Resultat, dafi man in einem Normaltierserum, wie Immun- Oder 
Rekonvaleszentensernm noch eine andere Gruppe von Agglutininen 
differeuzieren mfisse, die eine gewisse Selbstfindigkeit den Absorptions- 
versuchen gegenfiber bewahrte und die man daher in eine Stufe mit 
den sogenannten Partialagglutininen bei Mischinfektion zu stellen hat. 
Sie bezeichnen diese selbstandigen Agglutinine als „Nebenagglutinine“. 
Allerdings nehmen sie im allgemeinen eine, wenn auch nicht rein ab¬ 
solute, Spezifitat eines Immun- oder Krankenserums an, indem sie auf 
den stets die Nebenagglutinine weit fibersteigenden Titrewert des Haupt- 
agglutinins hinweisen. Jedenfalls mufi man wenigstens dem Postulat 
beider Autoren zustimmen, in zweifelhaften Fallen jedesmal zur exaktesten 
Diagnose die Endgrenzen der Agglutinationsffihigkeit des betreffenden 
1 Serums ffir die einzelnen agglutinierten Stfimme festzustellen. Eine 
Rechtfertigung ffir die Bezeichnung „Nebenagglutinine“ mfifite in dem 
Umstande zu erkennen sein, dafi Posselt und v. Sagasser nach der 
Absorption eines Agglutinins ein Erhaltenbleiben resp. ein Ansteigen 
im Werte der anderen Agglutinine konstatieren konnten. Damit steht 
ihr Befund im strikten Gegensatz zu den Castellanischen Unter- 


1) Posselt u. t. Sagasser, Ueber Beeinflussung der Agglutinine durch spezifische 
Abeorptionen, nebst Bemerkungen fiber den Wert der Serodiagnostik bei Typhus und 
Dysenteric. (Wien. klin. Wochenschr. 1903. No. 24.) 

2) Hetsch u. Lentz, Beitrag zur Frage nach der Spezifitat der im Serum des 
normalen und choleraimmunisierten Pferdes enthaltenen Agglutinine. (Festschr. f. 
R. Koch. 1903.) 

3) Castellani, 1. c. 


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Ludke, Zur Spezifitit der AmikOrper. 


321 


suchungen. Hetsch und Lentz dagegen konnten ein Ansteigen der 
iibrigen Agglutinine nach Absorption eines Agglutinins nicht linden. 
Allerdings geben sie den selbst&ndigen Charakter der Nebenagglutinine 
unumwunden zu, wenngleich auch bisweilen eine Mitausfallung derselben 
stattfinden kann. Aber der niedrige Titrewert dieser Nebenagglutinine 
zwingt sie zu der richtigen Erkenntnis, dafi diese in keiner Weise den 
Wert der spezifischen Reaktion beeintrSchtigen kOnnten. 

Schon vor der Publikation von Hetsch und Lentz hatte ich fihn- 
liche Untersuchungen unternommen, die im wesentlichen zu den gleichen 
Ergebnissen fflhrten. Zunfichst untersuchte ich das spezifische Verhalten 
der im normalen Rinderserum vorkommenden differenten Agglu¬ 
tinine mittels der Absorptionsmethode. Dafi in einem normalen Rinder¬ 
serum ziemlich hohe Agglutinationswerte fttr verschiedene Bakterien, 
speziell far Bact. typhi, sich vorfinden, war bekannt [G. Mailer 1 2 3 ), 
Verf. *)]. 

Ira folgenden will ich nur einige Untersuchungen aber die Spezifitat 
dieser Norraalagglutinine anftihren. 

Die Methodik war hier, wie bei den mit Immunserum angestellten 
Versuchen, die: In eine bestimmte, gut agglutinierend wirkende Ver- 
dOnnung des betreffenden Serums wurden die einzelnen Stamme ein- 
getragen, indem entweder auf Schrfigagar gewachsene Bakterienmassen, 
haufiger wiederholt, in das Serum eingebracht wurden Oder eine Ab- 
schwemmung der auf Agarplatten gewachsenen Bakterien mit dem Serum 
vermischt wurde. Nach 2—6-stOndiger Einwirkungszeit bei Zimmer- 
temperatur wurde die SerumflOssigkeit durch energisches Zentrifugieren 
von den agglutinierten Bakterien vbllig getrennt, so dafi die Uber- 
stehende klare Flfissigkeit zu den weiteren Agglutinationen benutzt 
werden konnte. Diese Agglutinationen wurden im hangenden Tropfen 
mit Oelimmersion vorgenommen; Kontrollpraparate wurden in jedem 
Falle zum Vergleiche herangezogen. 


Normales Rinderserum I 8 ). 


Stamm 

1:20 

1:50 

1:100 

1:200 Stamm 

1:20 

1—• J 

o ; 

_i 

1:100 

1:200 

B. vulgare 

+ 

+ 

+ ! 

— B. dysenteriae 





B. dysenteriae 
(Flexner) 

+ 

+ ! 

_ 

(Kruse) 

- V. cholerae 

+ 

+: 

— 

— 

B. dysenteriae 




B. coli 

+! 

— 

— 

— 

(Shiga) 

+! 

— 

— 

— B. paratyphi A 


— 

-- 

— 

B. dysenteriae 




B. paratyphi B 

— . 

— 

— 


(MiUler) 

+ 

-H 

— 

— B. typhi 

+! 

— 

— 

— 


Dieses Rinderserum wurde in der ffir die meisten oben zitierten 
Stfimme gut wirksamen Verdhnnung von 1 :20 zu je 1 ccm in kleine 
Reagenzrohrchen gefailt und von Schragagar abgeschabte Bakterien- 
massen eingetragen und nach ca. 6 Stunden scharf zentrifhgiert. Verwandt 
wurden die vom Normalserum stark agglutinierten Stamme: B. vulgare, 
B. dysenteriae Flexner, Stamm Mailer und Kruse. Nach dem 
Zentrifugieren war die aberstehende Serumflttssigkeit nur nach der 
Absorption von B. vulgare vollstandig klar. 


1) Muller, G., Die Agglutinine normaJer Tiersera. [Diss.] Bern 1901, 

2) Ludke, 1. c. 

3) Positive Agglutination = 4-; negative Agglutination = —; Grenzwert = -f!. 

Ercte Abt. Orig. Bd. XXXVin. Heft 3. 21 


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322 


Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


b) Nach Absorption von B. dysenteriae 
a) Nach Absorption von B. vulgare. Flexner. 


Stamm 

1:1 

1:10 

1:20 

1:40 

Stamm 

1:1 

1:10 

1:20 

1:40 

B. vulgare 

B. dyaenteriae 
(Flexner) 

B. dyaenteriae 

+! 

— 

— 


B. vulgare 

B. dyaenteriae 

+ 

+ 

+ 

+! 

+ 

+ 

+ 

+! 

(Flexner) 

B. dyaenteriae 

+ ! 

— 

— 

— 

(Muller) 

B. dyaenteriae 
(Kruae^ 

+ 

+! 

— 

— 

(Miiller) 

B. dyaenteriae 

+ 

+! 

— 

— 

+ 

+ 

+! 1 


(Kruae) 

+! 

— 

— 

_ 


c) Nach Absorption von B. dyaenteriae Muller. 


Stamm 

1:1 

1:10 

1 1:20 

1:40 

| 1:66 

B. vulgare 

+ 

i 

+ 

+ 

+ 

+ ! 

B. dyaenteriae (Flexner) 

+ 

+ ! 

— 

— 

— 

B. dyaenteriae (Muller) 

— 

— 

— 

i 

— 

B. dyaenteriae (Kruae) 

+! 

— 

— 


— 


d) Nach Absorption von B. dyaenteriae Kruse. 


Stamm 

1:1 

1:10 

. 

1:20 

1:40 

1:66 

B. vulgare 

+ ! 

+ 

+ i 

+ 

+! 

B. dyaenteriae (Flexner) 

B. dyaenteriae (Miiller) 

+ 

+ ! 

+ 

+! ; 


— 

B. dyaenteriae (Kruae) 

+ ! 

— 

— | 

— 

— 


Normales Binderserum II. 


Stamm 

1:20 

1:40 

1:66 

| 1:100 

1:200 

1:333 

B. dyaenteriae (Shiga) 

+ 

+ 

+ 

+ 

+! 

_ 

B. dyaenteriae (Flexner) 

+ 

+ 

+ 

+ 

4- 

+! 

B. dysenteriae (Muller) 

+ 

+ 

+ 

+ 

+! 

— 

B. dyaenteriae (Kruse) 

+ 

+ 

+! 

— 

— 

— 

B. vulgare 

+ ! 

— 

— 

— 

— 

— 

B. coli 

+ 

+ ! 

— 

— 

— 

— 

B. typhi 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

V. cholera© 

i 

— 1 

— 

— 

— 

— 

B. paratyphi A 

i 

— ' 

— 

— 

— 

— 

B. paratyphi B 


— 1 

— 

— 

— 

— 


Eine Agarplatte der Stamme Shiga, Flexner, Miiller und B. coli 
wurde mit 5 ccm 0,875-proz. Kochsalzldsnng abgeschwemmt und zu 
dieser in Kochsalzwasser fein suspendierten Bakterienaufschwemmung 
je 0,5 ccm — also in Verdfinnung von 1:10 — des Normalserums hinzu- 
gefiigt. Nach 6-stflndigem Stehen bei Zimmertemperatur wurde energisch 
zentrifugiert Die Abgflsse nach Absorption von Stamm Shiga nnd 
Flexner waren vollstfindig klar, nur geringe Trflbung ergaben die Ab¬ 
gflsse nach Absorption von Stamm Mflller und B. coli. 


a) Nach Absorption von B. dyaenteriae Shiga. 


Stamm 

1:1 

1:10 

1:20 

1:40 

| 1:68 

B. dysenteriae (Shiga) 

— 

— 

— 

— 

+! 

B. dyaenteriae (Flexner) 

+ 

+ 

4- 

4- 

B. dyaenteriae (Muller) 

+ 

+ 

+■ 

— 

— 

B. coli 

+ 

+: 

— 

— 

— 


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Liidke, Zur Spezifitftt der AntikOrper. 


323 


b) Nach Absorption von B. dysenteriae 
Flexner. 

1:1 I 1:10 I 1:20 I 1:40 


Stamm 

dy sente] 
(Shiga) 


c) Nach Absorption von B. dysenteriae 
Muller. 


B. dysenteriae 
(Shiga) 

B. dysenteriae 
(Flexner) 

B. dysenteriae 
(Muller) 

B. coli 


Stamm 

1:1 

1:10 

1:20 

1:40 

B. dysenteriae 





(Shiga) 

+ 

+ 

+! 

— 

B. dysenteriae 
(Flexner) 

+ 

+ 

+! 


B. dysenteriae 
(Muller) 

+ ! 




B. coli 

+ 

+! 

— 

— 


d) Nach Absorption von B. coli. 


Stamm 

1:1 

1:10 1:20 

1:40 

B. dysenteriae (Shiga) 

+ 

+! 1 - 

__ 

B. dysenteriae (Flexner) 

+ 

+ + 

+ ! 

B. dysenteriae (Muller) 

+ ! 

— ; — 

— 

B. coli 

+! 

— 1 — 

— 


Normales Binderserum III. 


Stamm j 

B. dysenteriae 
(Shiga) 

B. dysenteriae 
(Flexner) 

B. dysenteriae 
(Kruse) 

B. dysenteriae 
(Muller) 


1:20 I 1: 40 I 1:66 I 1:100 


+ ! - 


Stamm 1:20 I 1:40 1:66 1:100 

. _ t___ _ 

B. vulgare -f! — — — 

B. coli - — — - 

B. paratyphi A +1 — — — 

B. paratyphi B + — — — 

B. typhi 

Stamm 89 + + +! — 

B. typhi 

Stamm 184 + + -f! — 


Eine Agarplatte der St&mme B. dysenteriae Shiga, B. typhi 
Stamm 89 und Stamm 184 wurde mit 5 ccm steriler physiologischer 
Kochsalzlosung sorgfaltig abgeschwemmt und zu den 5 ccm Aufschwem- 
inung je 0,5 ccm des Normalserums gebracht; das Gemisch tflchtig 
durchgeschflttelt und ca. 6 Stunden bei Zimmertemperatur stehen ge- 
lassen. Nach dem Zentrifugieren verhielt sich die Agglutinationsf&hig- 
keit der AbgQsse folgendermaBen: 


a) Nach Absorption von B. dysenteriae 
Shiga. 


b) Nach Absorption von B. typhi 
Stamm 89. 


Stamm 

B. dysenteriae 
(Shiga) 

B. typhi 89 
B. typhi 184 


1:1 1:10 1:201:40 


+ ! - 


Stamm 

1:1 

Is 10 

1:20 

| 1:40 

B. dysenteriae 
(Shiga) 

B. typhi 89 

B. typhi 184 

1 1 + 

| + 1 1 

1 

— 

— 


c) Nach Absorption von B. typhi Stamm 184. 
Stamm i lTl I 1:10 I 1:20 j 


B. dysenteriae (Shiga) + + +! — 

B. typhi 89 + +! — — 

B. typhi 184 +! — — — 

Aufier diesen 3 in Tabellen angeftihrten Untersuchungen normalen 
Rinderserums wurde noch eine weitere Anzahl in Shnlicher Weise anf 
die spezifischen Absorptionsverbftltnisse geprilft; in alien Fallen ergab 
sich ein durchaus gleicbes Resultat. 

21 * 


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324 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYUI. Heft 3. 

Einmal mUssen wir bei diesen Agglutinationsprobeu durch norraales 
Rinderserum eine erhebliche agglutinierende Kraft auf ver- 
schiedene Bakterienarten konstatieren. Im Gegensatz zu 
den Befunden mit Kaninchen- und Meerschweinchen serum, desseu agglu¬ 
tinierende Kraft auf Dysenteriebacillen nach P. Th. M tiller 1 2 3 ) und 
Posselt und v. Sagasser*) eine sehr geringftigige ist, fand ich beim 
Rinderserum bfiufiger hdhere Werte (bis 1 : 200) ftir einzelne Ruhr- 
stfimme. 

Wir kdnnen far diese erheblich hohen Agglutinationswerte bislang 
keine gentigende Erklarung abgeben; am ehesten mtissen wir sie als bei 
Stoffwechselprozessen nebenher abgestoBene Zellrezeptoren auffassen. 
Erklfirlicb erscheint bei diesen hohen Werten auch die Forderung 
K o 11 e s s ), zur Erhaltung eines absolut spezifischen hochwertigen Immun- 
serums solche Tiere zu benutzen, deren Agglutinationskraft im normalen 
Zustand nur minimal ist resp. bei denen dieselbe g&nzlich fehlt. In- 
wieweit solche normalen Agglutinine bei Herstellung von Immunseris 
die Ausbildung der spezifischen Agglutinine beeinflussen kdnnen, werden 
wir weiter sehen. 

Ein Vorherrschen einer Bakterienart im Agglutinationscharakter des 
normalen Serums konnte ich in zahlreichen Untersuchungen nicht er- 
kennen; vielmehr ergab sich eine — vielleicht scheinbar nur — wahl- 
lose Einstellung auf verschiedene Arten. 

Es gelang nun durchaus nicht in jedem Falle, eine vdllige Absorption 
der einzelnen Agglutinine ftir ihre Bakterienart zu erzielen; h&ufig 
genug war die tiberstehende Serumfltissigkeit noch mehr oder weniger 
stark getrtibt; die mikroskopische Beobachtung im h&ngenden Tropfen' 
ergab in gleicher Weise ofter eine nur schwache Absorption des be- 
treffenden Stammes durch sein spezifisches Agglutinin. 

Mit Hetsch und Lentz tibereinstimmend, konnten wir nach Ab¬ 
sorption einer bestimmten Bakterienart eine Mitausffillung anderer Arten 
wahrnehmen; niemals trat, was Posselt und v. Sagasser behaupten, 
ein Steigen im Agglutinationswert der nicht beeinfluBten Agglutinine 
ein; in der weitaus groBten Zahl der Untersuchungen fand ein stfirkeres 
Abnehmen des Agglutinationswertes ftir nicht zur Absorption gebrachte 
Bakterien statt. 

In anderen Versuchsreihen wurde die Beeinfiussung eines Immun- 
serums auf nicht zur Vorbehandlung verwandte, jedoch mit verwandtem 
Rezeptorenapparat versehene Bakterien und die spezifische Absorption 
der einzelnen Komponenten des Bakterienleibes geprtift. Dabei kntipfte 
ich an einen bereits frtiher von mir publizierten Fall einer Mitagglutination 
von Bact. typhi durch ein mit Proteus-Bacillen infiziertes Kaninchen- 
blutserum an 4 ). 

Agglutination von Bact. proteus durch Typhusimmunserum wurde 
in mehreren Fallen von verschiedenen Autoren gefunden, w&hrend das 
umgekehrte Verhaitnis bisher in nur 2 Fallen erwfihnt wurde. Lubowski 
und Steinberg 5 ) berichten fiber 2 Falle von Otitis media, in denen 

1) Muller, Th. P., Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 12. 

2) Posselt u. v. Sagasser, 1. c. 

3) Kolle, Die Spezifitit der Infektionserreger. (Handb. d. pathog. Mikroorga- 
aismen. 1902. 2. Lief.) 

4) Lijdke, l. c. 

5) Lubowski und Steinberg, Ueber Agglutination von Typhusbacillen bd 
Proteus- und Staphylokokkeninfektion. (Dteches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXTX. 
Heft 5/6.) 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


325 


das Seram Bact. typhi wie Proteas -Bacillen in hOheren Verdflnnungs- 
graden agglutinierte und fanden in diesbezQglichen Tierversuchen, dafi 
eine Agglutination des Bact. typhi bisweilen nach einer Infektion mit 
Bact. proteus stattfinden kann. Einen ahnlichen experimentellen Be- 
weis fflr eine st&rkere Agglutination des Typhusbakterium infolge einer 
Proteus-Infektion konnte auch Verf. erbringen. In neuerlichen Unter- 
suchungen fand ich diesen Befund vollauf bestatigt. 

Ganz besonders will ich jedoch hier hervorheben, dafi es weder 
Lubowski und Steinberg noch mir bei wiederholten Versuchen 
gelang, Proteus-Bacillen durch hochwertiges Typhusimmunserum zur 
stfirkeren Agglutination zu bringen; wflhrend ein sehr hoher Agglutinations- 
titre fflr Bact. typhi erreicht wurde, agglutinierte das Immunserum 
Bact. proteus hflchstens in einer Verdflnnung von 1 :20. 

Wir mflssen uns daher auf Grund dieser Erfahrungen in striktesten 
Gegensatz zu den Befunden anderer Autoren setzen, die eine st&rkere 
Mitbeeinflussung von Proteus-Bacillen durch Typhusimmunserum an- 
nehmen. Lubowski und Steinberg machten die damit uberein- 
stimmende Beobachtung, dafi gegen Cholera hochimmunisierte Kaninchen- 
sera zu keinem Zeitpunkt der Behandlung einen Bacillus der Typhus- 
gruppe agglutinierten. 

Es folgen die Versuche einer Immunisation mit Proteus-Bacillen. 

Experiment I. 

Einem krfiftigen, grauen, weiblichen Kaninchen von 1970 g Gewicht 
warden am 29. Juli 1904 5 ccm einer bei 60° abgetbteten Proteus- 
Bouillonkultur subkutan injiziert. Vor den Injektionen agglutinierte das 
Serum dieses Kaninchens in einer Verdflnnung von 1 : 20 weder Bact. 
proteus noch B. typhi, B. paratyphi A, B. paratyphi B, 
B. dysenteriae, Stamm Shiga, Stamm Kruse, Stamm Mflller, B. coli, 
V. cholerae; in der Verdflnnung 1 : 20 nur andeutungsweise B. dys¬ 
enteriae, Stamm Flexner. 

Am 3. August 1904 wurde 1 / s Oese lebender Kultur intravends in¬ 
jiziert; Gewicht 1970 g. 

Am 20. August 1904 wurde 1 Oese lebender 24-stflndiger Agarkultur 
injiziert; Gewicht 1800 g. 

Am 12. September 1904 wurde l 1 /* Oese lebender 24-stflndiger Agar¬ 
kultur injiziert; Gewicht 1895 g. 

Am 21. September 1904 wurde das Tier getdtet; das Blut zur Serum- 
gewinnung aufgefangen. 

Das Serum dieses Proteus-immunen Kaninchens zeigte erst nach 
der 2. Injektion (lebende Kultur) eine erhflhte Agglutinationsf&higkeit 
gegen Proteus-Bacillen; Bact. typhi wurde erst nach der 3. In¬ 
jektion in hflherer Verdflnnung, bei 1 :50, gut agglutiniert. Nach der 
5. Injektion waren die Agglutinationsverhfiltnisse diese: Bact. proteus 
bei einer Verdflnnung von 1 : 8000 noch gut agglutiniert, Bact. typhi 
bei 1:66 vollst&ndig, bei 1:100 noch andeutungsweise zusammengeballt 
Aufier dem Bact. typhi wurde am letzten Terrain der Blutentnahme 
noch B. dysenteriae Kruse in einer Verdflnnung von 1 : 66 wirksam 
agglutiniert, desgleichen Bact coli, letzteres ergab bei Verdflnnung 
1 :100 hur Spur von Hfiufchenbildung. Die flbrigen vor den Injektionen 
auf Agglutination geprflften Stfimme, B. cholerae, B. dysenteriae 
Shiga, B. dysenteriae Mflller, wurden nicht weiter beeinflufit. Auch 
auf Paratyphusbacillen konnte keine hdhere Agglutinationsf&higkeit dieses 
Immunserums erkannt werden. Der bequemeren Uebersicht wegen will 


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326 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


ich die Agglutinationsverh&ltnisse dieses Kaninchenserums vor und nach 
den Injektionen tabellarisch veranschaulichen: 


I. Vor den Injektionen. 


Stamm 

1:10 

1:20 | 

1:40 

Stamm 

1:10 

1:20 

1:40 

B. proteus 

B. coh 

f- " 

1 +! 

— 

— 

B. dysenteriae 
(Flexner) 

+ 

+ ! 


B. typhi 

— 

— 

— 

B. aysenteriae (Kruse) 

— 

— 

— 

B. paratyphi A 

— 

— 

— 

B. dysenteriae 




B. paratyphi B 

B. dysenteriae (Shiga)j 

i +I 

— 

— 

(Muller) 

V. cholerae 

— 

— 

— 


II. Nach den Injektionen. 


Stamm 

1:20 

1:40 

1:66 

1:100 

1:8000 

B. proteus 

+ 

+ 

+ 

+ 

+! 

B. coli 

+ 

+ 

+ 

+! 

— 

B. typhi 

+ 

+ 

+ 

+ ! 

— 

B. paratyphi A 

— 

— 

— 


— 

B. paratyphi B 

B. dysenteriae (Shiga) 

+! 

— 

— 


— 

B. dysenteriae (Flexner) 

+! 

— 

— 

— 

— 

B. dysenteriae (Kruse) 

+ 

+ 

+! 

— 

— 

B. dysenteriae (Muller) 

V. cholerae 

— 


— 

— 

— 


Die Absorptionsversuche wurden in der gleichen Weise, wie bei 
den Normalseris beschrieben, angestellt. 


III. Absorptionsversuche. 
a) Nach Bindung an B. proteus. 


Stamm 

1:20 

1:40 

* 1:06 

1:100 

1:2000 

1:5000 

1:8000 

B. proteus 

+ 

+ 

+ 

+ 

+! 

_ 

_ 

B. typhi 

+1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

B. coli 

+ 

+! 

— 

— 

— 

— 

— 

B. dysenteriae (Kruse) 

b) Nac! 

h Bindi 

i 

ling an 

1 

B. typ 

hi 



Stamm 

1:20 

1:40 

1:66j 

1:100 

1:2000 

1:5000 

1:8000 

B. proteus 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+! 

_ 

B. typhi 

+! 

— 

*— 

— 

— 

— 

— 

B. coli 

+! 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

B. dysenteriae (Kruse) 

+! 

— | 

— 

— 

— 

— 

— 


c) Nach Bindung an B. coli. 


Stamm 

1:20 

1:40 

1:100 

1:2000 

1:5000 

1:8000 

B. proteus 

+ 

+ 

+ 

+ ! 

— 

— 

B. typhi 

+ 

+ ! 

— 

— 

— 

— 

B. coli 

+! 

— 

— 

— 

— 

— 

B. dysenteriae (Kruse) 

+ ! 

— 

— 

— 

— 

— 


d) Nach Bindung an B. dysenteriae Kruse. 


Stamm 

1:20 

1:40 

1:100 

1:2000 

1:5000 

1:8000 

B. proteus 

+ 

+ 

+ 

+! 

_ 

' _ 

B. typhi 

+ 

+! 

— 

— 

— 

— 

B. coli 

+! 

— 

— 

_ 

_ 

— 

B. dysenteriae (Kruse) 

+ ! 

— 

— 

— 

— 

— 


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Liidke, Zur Spezifitfit der AntikOrper. 


327 


Schon der niedrige Agglutinationstitre ftir die mitagglntinierten 
Bacillen — in Verdiinnung 1 : 100 wurden B. typhi und B. coli noch 
in Spuren agglutiniert — gegenflber dem hohen Wert (1 : 8000) fflr den 
zur Immunisation verwandten Stamm spricht entschieden gegen die Auf- 
fassung, daB ein hochwertiges Immunserum ftir die diagnostische Er- 
kenntnis des infizierenden Mikroorganismus nicht genugend spezifisch 
sei. In dem gleichzeitigen Ansteigen des Agglutinationswertes fflr 
Bact. typhi, B. coli und Stamm Kruse erkennen wir lediglich wieder 
den Ausdruck einer Gruppenverwandtschaft des Mikroorganismus; im 
Protoplasmaleib der zur Verwendung gelangten Bakterien miissen wir 
verwandte Agglutininrezeptoren annehmen. Diese im chemischen Auf- 
bau des Bakterienleibes gegebene Affinitat braucht, wie bei den benutzten 
St&mmen ersichtlich, durchaus nicht mit der systematischen Familien- 
verwandtschaft zusammenzufallen. 

Es erscheint erklarlich, wenn einzelne Komponenten des Bakteriums, 
die beim Zerfall desselben in der Blutbahn zur freieren Wirksamkeit 
gelangen, kraft ihres starker ausgepragten individuellen Charakters eine 
starkere AbstoBung von dazu passenden Rezeptoren veranlassen. Viel- 
leicht werden auch in der grdfieren Mehrzahl der Faile schon in minimaler 
Intensitat im Blute kreisende Normalagglutinine durch den spezifischen 
Reiz in ihrer Wirksamkeit verstarkt. 

Wie ferner Lubowski und Steinberg berichten, findet haufiger 
bei fortgesetzten Immunisierungen ein Absinken des Agglutinationswertes 
der mitagglutinierten Bakterien statt, was auf Schwankungen im Agglu¬ 
tinationstitre solcher normalen, labilen Agglutinine zurflckzufflhren ist. 
Nach allem liegt demnach nicht der geringste Grund vor, 
an einer direktenabsolutenSpezifitateineshochwertigen 
Immunserums zu zweifeln. 

Die Absorptionsversuche boten ein den spezifischen Absorptions- 
versuchen der frflher erwahnten Immunkdrper ahnliches Bild. Nach der 
Absorption des zur Immunisation benutzten Proteus-Stammes war 
der Agglutinationswert ffir samtliche mitagglutinierte Bakterien stark 
gesunken; ein Beweis ffir die Anschauung Castellan is. Es erscheint 
bei der schwierigen Versuchsmethodik selbstverstandlich, daB keine 
vOlllge Ausfailung der spezifischen Agglutinine erreicht werden konnte. 
Aus den ttbrigen Absorptionsversuchen geht weiterhin deutlich hervor, 
daB eine, wenn auch nicht vollkommene, spezifische Bindung der ein- 
zelnen Agglutininfraktionen an ihre spezifischen Bakterien stattfand. 
Danach scheint mir mit Hetsch und Lentz die spezifische Ausfailungs- 
methode fflr die praktische Verwertung der Identifizierung einer be- 
stimmten Bakterienart von nur geringem Nutzen. 

(Schluft folgt) 


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328 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Nachdruck verboten. 

Berichtigung. 

Von M. LOwlt, Innsbruck. 

M. A. Rodet 1 2 ) hat vor kurzera Einwendungen gegen jenen Toil 
meiner Beobachtnngen fiber Niederschlagsbildung bei der Agglutination 
erhoben *), der sich auf die Desagglutination bezieht. Ich kann die- 
selben hier in Kfirze berichtigen, da Rodet mir Behauptungen zu- 
schreibt, die ich niemals gemacht habe. 

Rodet ffihrt die von mir angegebene Beobachtung an, dafi die im 
Normalserum von Kaninchen agglutinierten Typhusbacillen durch kurzes 
Erw&rmen (2—5 Minuten) anf 55—60° C wieder desagglutiniert werden, 
eine Erscheinung, die ich am Normalsernm von Meerschweinchen nicht 
beobachtet habe. Rodet ffihrt dann wSrtlich an (p. 715): „L. explique 
cette desagglutination par la chaleur moddree, en supposant que la 
chaleur a pour effet dans ce cas de d£truire la combinaison de l’agglu- 
tinine avec la substance bacillaire, de s4parer l’agglutinine des bacilles; 
d’ou il conclut que, dans 1’agglutination par les scrums normaux, par 
certains sdrums du moins, l’union entre la substance bacillaire et l’agglu- 
tinine est moins intime, moins solide, quelle ne Test dans les cas des 
agglutinines sp6cifiques.“ Aber eine so scharfe Unterscheidung zwischen 
der Agglutination im Normal- und im Immunserum habe ich nie ge¬ 
macht, und ich kann mir nur vorstellen, dafi Rodet auf Grand einer 
mangelhaften Uebersetzung meiner Mitteilung zu einem derartigen Mifi- 
verstfindnisse geffihrt wurde. 

Meine Angaben fiber die verschiedene Desagglutinierbarkeit aggln- 
tinierter Mikroben durch War me, Sfluren und Alkali (p. 162, 163) be- 
ziehen sich vorwiegend auf Normalsera verschiedener Tiere (Kaninchen, 
Meerschweinchen, Katzen). Der von mir dort angeffihrte Satz, der 
wahrscheinlich die Grandlage des Mifiverstfindnisses bildet (p. 163): 
„Hier scheint also die Bindung zwischen Agglutinin und agglutinabler 
Substanz eine festere und die Desagglutination der agglutinierten Mi¬ 
kroben eine schwerere als im Normalserum zu sein“, bezieht sich aus- 
schliefilich, wie dort ganz klar ausgeffihrt ist, auf die differenten Ver- 
hfiltnisse im Normalserum von Kaninchen und Meerschweinchen. Auf 
die chemischen Differenzen der agglutinierten Mikroben im Normalserum 
und im Immunsernm der gleichen Tierart bin ich dort n&her nicht ein- 
gegangen und mOchte das auch heute nicht tun, da ich diese Frage 
noch nicht ffir spruchreif halte. 

Auch bezfiglich der Deutung der Desagglutination habe ich mir die 
grdfite Reserve auferlegt und habe von einer Trennung des Agglutinins 
von den Bacillen bei der Desagglutination (s6parer l’agglutinine des 
bacilles) nirgends gesprochen. Ich habe vielmehr die Desagglutination 
nur ganz im allgemeinen anf eine Aufhebung der Bindung zwischen 
Agglutinin und agglutinabler Substanz zurfickgeffihrt, wobei ich aber 
auf die Moglichkeit einer anderen, von anderen Autoren bereits vor- 
genommenen Deutung hingewiesen habe (p. 163). Selbst der von mir 


1) Rodet, M. A., A propos de la propri6t£ agglutinative de certains s4rums 
normaux pour le bacille d’EbertL (CentralbL r. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVII. 
1904. p. 714.) 

2 ) Ebendaselbst. Bd. XXXIV. 1903. p. 156 u. 251. 


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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 329 


nachgewiesene Umstand, dafi man nach erfolgter Desagglutination der 
Mikroben (im Normal- and Immanserum) die Niederschlagsbildungen 
urn die Mikroben and die sogenannten „Anh&ngsel u derselben nicht 
mehr nachweisen kann, wurde nicht ausschliefilich als der Ausdruck 
einer durch die Desagglutination erfolgten Ldsung der Zwischensubstanz 
in den agglutinierten Haufen und der sogenannten „Anh&ngsel tt an den 
freien Mikroben gedeutet (p. 253). 

Weiterhin wendet Rodet gegen die mir zugeschriebene Deutung 
der Desagglutination ein, dafi vorher auf 55—60° erw&rmtes Normal- 
serum vom Kaninchen Typhusbacillen nicht mehr zu agglutinieren ver- 
mag, woraus er auf eine Destruktion Oder Alteration des Agglutinins 
schliefit. Rodet meint daher, daB auch bei der Desagglutination bereits 
agglutinierter Mikroben durch Wftrme eine analoge Ver&nderung Platz 
greifen muB. Demgegenllber sei aber doch bemerkt, dafi die beiden 
Beobachtungen direkt miteinander nicht identifiziert werden kOnnen, 
denn es ist ja leicht, sich davon zu tiberzeugen, dafi nach erfolgter 
Agglutination in der Regel freies Agglutinin nicht mehr vorbanden, 
dasselbe vielmehr von den Mikroben gebunden ist und auch nach er¬ 
folgter Desagglutination als freies Agglutinin in der Regel nicht mehr 
nachweisbar ist. Deshalb entspricht auch die von Rodet gemachte 
Voraussetzung, dafi die durch W&rme desagglutinierten Bacillen bei Ab- 
kflhlung des Serums wieder agglutiniert werden milfiten, den tatsfichlichen 
Verh&ltnissen nicht, ohne eine bestimmte Entscheidung bezflglich der 
Frage nach der ZerstOrung oder Alteration des Agglutinins infolge des 
gelinden Erw&rmens wegen differenter Bedingungen in den beiden Be¬ 
obachtungen zu ermdglichen, denn nach erfolgter Desagglutination im 
Serum ist eben freies Agglutinin in der Regel nicht mehr vorhanden. 
Es bedarf aber die Frage, ob das im Serum freie, nicht an die Mikroben 
gebundene Agglutinin durch desagglutinierende Mittel in der gleichen 
Weise wie das nach der Agglutination an die Mikroben gebundene be- 
einflufit wird, wohl einer gesonderten Prtifung, selbst wenn man die 
Annahme einer Ldsung der agglutinierten Substanz als Ursache der 
Desagglutination vollst&ndig vernachl&ssigen wollte, was gewifi gleichfalls 
nicht als zul&ssig bezeichnet werden kdnnte. 

So viel glaubte ich zur Richtigstellung der von Rodet erhobenen 
Einwendungen anfflhren zu sollen. 


NachdrucJc verbot&n. 

Experimenteller Beitrag zur Hamolyse und zur Agglutination 

der Streptokokken. 

[Aus der bakteriologischen Abteilung des Hygiene-Instituts der Univer- 
sit&t ZQrich. Abteilungsvorstand: Privatdozent Dr. W. S i 1 b e r s c h m i d t] 

Von Julius Kerner, cand. med. 

(SchluB.) 

Damit wurde die Existenz der h&molytischen Eigenschaften in den 
Filtraten nachgewiesen, obschon die Menge der H&molysine in den Fil- 
traten im Vergleich zu den nicht filtrierten Kulturen bedeutend abge- 
nommen hat. Einen deutlichen Unterschied in der Wirkung einzelner 


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330 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Filtrate auf verschiedene Blutarten konnte ich nicht konstatieren. In 
flhnlicher Weise konnte ich h&molytische Filtrate von Streptococcus B 
erhalten, deren Eigenschaften mit denjenigen von Streptococcus M 
flbereinstimmend sind: m&fiige Intensit&t, labile Konstitu- 
tion, keine mit Deutlichkeit nachweisbare Spezifizitat 
fflr bestimmte Blutarten. Die Filtrate der virulenten Strepto- 
kokkenkulturen waren in Menge von 0,5 ccm fflr kleine Versuchstiere 
nicht schadlich. 


B. Agglutination der Streptokokken. 

Der eigentlichen Schilderung der Resultate, die ich bei der Prflfung 
der agglutinierenden Eigenschaften einzelner Streptokokkensera erhalten 
habe, mochte ich einige Bemerkungen Qber die Methoden, die ich fflr 
die Herstellung der agglutinierenden Sera und fflr die Prflfung der 
Wertigkeit derselben verwendet habe, vorausschicken. 

Fur die Immunisierung der Kaninchen B I und B II benutzte ich 
die halbstundig auf 65° C erhitzten l-t&gigen Zuckerbouillonkulturen 
des hochpathogenen Stammes B; die erhitzten Kulturen waren auf Steri- 
litat geprflft worden. Das erste Tier (B I) wurde intravenfls, das zweite 
(BII) intraperitoneal injiziert, wobei die Einzeldosis im Laufe von 
3 Monaten allmahlich von 0,5 auf 10,0 ccm gesteigert wurde. Beide 
Kaninchen reagierten nach der Injektion, und es war fast regelm&fiig 
eine Gewichtsabnahme von 50—200 g zu beobachten; die n&chste In¬ 
jektion wurde ungef&hr nach 10 Tagen ausgefflhrt, nachdem das ur- 
sprflngliche Kflrpergewicht wiedererlangt worden war. Die Wertigkeit 
des Serums des ersten, intravenfls injizierten Tieres war bedeutend 
hdher als diejenige des zweiten, mit intraperitonealen Injektionen be- 
handelten Kaninchens (1:3200 gegenflber 1:400). Den Unterschied 
konnte ich aber kaum auf die Verschiedenheit der Injektionsstellen zu- 
rflckfflhren, da die Wertigkeit des zweiten Serums doch nicht gestiegen 
war, nachdem ich das zweite Tier gleich dem ersten auch mit intra- 
venflsen Injektionen zu behandeln begonnen hatte. Bei der Immuni¬ 
sierung des dritten Kaninchens (P) mit dem ebenfalls hochpathogenen 
Stamm P verwendete ich 3 Monate alte, nicht erhitzte, bei Zimmertemperatur 
im Dunkeln autbewahrte Zuckerbouillonkulturen, die sich auch als steril 
gezeigt hatten. Die Injektionen wurden intravenfls vorgenommen, die 
Dosierung war ann&hernd die gleiche, wie in den ersten 2 Fallen. Die 
Agglutinationswertigkeit dieses Serums war viel hflher (1:25000) als 
diejenige der beiden ersten Sera; die Reaktion des Kaninchens war ge- 
ring. Das vierte Tier (K) wurde mit dem Streptokokkenstamm K be- 
handelt; die Kultur, welche aus dem Blute eines an Endocarditis 
septica leidenden Kindes gewonnen worden war, erwies sich als nicht- 
pathogen fflr die Versuchstiere. Es wurden daher von Anfang an groBe 
Dosen (10,0 ccm auf einmal) intraperitoneal Oder intravenfls injiziert 
Eine Reaktion (Gewichtsabnahme) war nicht zu beobachten. Im Gegen- 
satz zu den anderen mit virulenten St&mmen vorbehandelten Tieren 
zeigte das Serum des Kaninchens K auch nach wiederholten (7) Injek¬ 
tionen nur geringe agglutinierende Eigenschaften (1 :200). Es wurde 
versucht die Agglutininbildung mittelst gleichzeitiger Injektionen von 
Proteus vulgaris zu steigern. Gleichzeitig mit den Strepto¬ 
coccus-Kulturen wurden l-t&gige x /* Stunde lang auf 65° C erhitzte, 
sterile Bouillonkulturen von Proteus vulgaris in Dosen von 0,5 bis 
5,0 ccm injiziert. Das Tier reagierte sehr deutlich, die Agglutinations- 


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Kerner, Exp. Beitrag zur Hfimolyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 331 

wertigkeit des Serums ist sofort gestiegen und erreichte bis 1:3200. 
Leider fehlt es mir hier an Versuchen, um diesen scheinbaren Zusammen- 
hang weiter zu verfolgen. 

Was die Steigerung der Agglutinations wertigkeit im 
Laufe der Immunisierung anbetrifft, so zeigtc es sich, dafi der 
Hflhepunkt zwischen dem 2. und 4. Monate der Immunisation liegt; die 
Kurve bleibt eine Zeitlang auf derselben H6he, fallt dann etwas ab 
und steigt trotz weiteren Injektionen nicbt mebr. Sechs Monate nach 
der letzten Injektion sind keine Spuren von Agglutininen mehr vor- 
handen. Aus auBeren Grflnden konnte ich das Verlorengehen der 
Agglutinine w&hrend der Ferien nicbt genau verfolgen. Wie aus folgen- 
der Tabelle ersicbtlich ist, verhait sich die Agglutininbildung nicht direkt 
proportional der Zahl der Injektionen Oder der injizierten Menge von 
Streptokokkenkulturen. Dieselbe Beobachtung wurde von St&ubli und 
in neuester Zeit von Nicolie bei der Bildung der Typhusagglutinine 
gemacbt 

Tabelle No. 7. 

Eildung von Streptokokken-Agglutininen im Serum vorbehandelter 

Kaoinchen. 


Bezeichnung | 
dee Tieree | 

i 

Aggluti- 
natione- 
werdgkeit 
mit aem 
homologen 
Stamm 

Maximum 
der Aggluti- 
nine im 
Serum nach 

1 

Gesamt¬ 
menge der 
injizierten 
Kulturen 

Zahl der 
Injektionen 

Injizierte Kulturen 

B I 

B II 
P 

K 

1:3200 

1:400 

1:25000 

1:3200 

37* Mon. 

3 „ 

2 „ 

4 „ 

70 ccm 
40 „ 

20 „ 
1130 d 
\ 30 „ 

14 

10 

7 

I 13 

Erhitzte Kulturen von Str. B 
« i, Str. B 

Alte Kulturen von Str. P 

Lebende, 1-tag. Kulturen von Str. K 
Erhitzte Kulturen von Prot vulg. 

Die PrQfung der Agglutination 

wurc 

e mikroskopisch und makro- 


skopisch vorgenommen. Fflr die Herstellung der Verdflnnungen ver- 
wendete ich mit geringen Modifikationen die von Prflscher angegebene 
Methode. Dieselbe Methode diente mir auch fflr makroskopische Unter- 
suchungen, mit dem Unterschiede, daB ich bei der Herstellung der 
Pr&parate im h&ngenden Tropfen Aufschwemmungen der l-t&gigen Agar- 
kulturen in Bouillon -|- 0,8-proz. NaOl-Losung, fflr die Agglutination im 
Reaganzglase hingegen Bouillonkulturen + 0,8-proz. NaCl-L6sung ver- 
wendet habe. In alien Fallen betrug die Menge der physiologischen 
Kochsalzldsung Vio der Gesamtmenge. Bekanntlich tritt die Agglutination 
mit unbeweglichen Bakterien spflter ein, als mit beweglichen Mikroorga- 
nismen. In meinen Versuchen war die H&ufchenbildung der Strepto¬ 
kokken mit wirksamen Seren hflufig schon nach einigen Minuten sichtbar, 
in starkeren Verdflnnungen erst nach Stunden. Als langste Beobach- 
tungsdauer fflr die Feststellung der Agglutination im hangenden Tropfen 
und im Reagenzglas wurde die Zeit von 18 Stunden angenommen. Fflr 
die Prflfung der Agglutination im Reagenzglase wurden die von F i c k e r 
fflr die makroskopische Typhusagglutination angegebenen Rflhrchen ver- 
wendet 

Den grflfiten Wert legte ich auf das Verhalten der Kontrollpraparate, 
da viele Streptokokken eine grofie Neigung haben, Pseudoh&ufchen 
zu bilden, die die Agglutination vortauschen kflnnen. Es zeigen zwar 
die Pseudohaufchen nur selten die fflr die agglutinierten Streptokokken 
charakteristische zweigartige Anordnung der Ketten; vielmehr sind die 


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332 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIEL Heft 3. 


Pseudohfiufchen im hfingenden Tropfen von kompakterem, dichterem 
Aussehen; ferner beginnt die Pseudohfiufchenbildung nicht in der 
charakteristiscben Weise wie die Agglutination, indem im letzteren Falle 
zuerst die Diplokokkenformen sich allmfihlich an die 
lfingeren Ketten seitlich anschraiegen, dann ziehen sich 
alle diese zweigartigen Ketten fiber das Gesichtsfeld zu- 
8ammen. Und doch sehen hier und da die Pseudohfiufchen der Agglu¬ 
tination so fihnlich, daB nnr die Besichtigung des Kontrollprfiparates, 
wo kein Serum zugeffigt wurde, die Entscheidung geben kann. Auch 
bei der makroskopischen Reaktion ist das Verhalten des Kontrollrfihr- 
chens von grofier Wichtigkeit und ist sogar einzig und allein mafigebend. 
Um die Pseudohfiufchenbildung zu vermeiden, verfuhr ich in der Weise, 
daB ich durch die Aufschwemmungen der Agarkulturen oder durch die 
Bouillonkulturen etwa 5—10 Minuten lang die Luft durchstrdmen lieB. 
Das Resultat dieses Verfahrens war im allgemeinen sehr gfinstig, nur 
in 2 Kulturen (Er. und Rach. I) trat die Pseudohfiufchenbildung stets 
auf, und zwar sofort nach der Herstellung der Prftparate, so daB diese 
Slfimme nicht genau untersucht werden konnten. 

In der folgenden Tabelle No. 8 stelle ich die Resultate zusammen, 
die ich bei der wiederholten Prflfung der Streptokokken von verschie- 
dener Herkunft mit 3 Serumarten erhalten habe. Es sind dieselben 
16 Stfimme, deren hfimolytische Eigenschaften ich oben geschildert habe. 
Vergleichende Untersuchungen mit Serum B II wurden wegen der ge- 
ringen Wertigkeit desselben nicht ausgeffihrt. 

Tabelle No. 8. 

Agglutination der Streptokokken mit homologem und heterologein 

Serum. 


Strepto¬ 

kokken- 

Serum B I 

i 

Serum P 

Serum K 

stamm 

mikr.Agg. 

makr. Agg. 

mikr. Agg. 

makr. Agg. 

mikr. Agg. 

makr. Agg. 

B 

1:3200 

1:3200 

1:400 

1:100 


! 

P 

1:800 

1:800 

1:25000 

1:12 800 

— 

— 

M 

1:800 

1:1600 

1:800 

1:800 

— 

— 

A 

1:800 

1:800 

1:200 

1:100 

1:50 

— 

K 

— 

— 



1:3200 

1:800 

Sch. I 

— 

— 

— 

— 

1:100 

1:50 

Sch. II 

'1:200 

1 :50 

1:200 

1:50 

1:100 

1:50 

Er. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

W. 

1:100 

1:50 

1:50 

— 

. — 

— 

Me. 

1:50 

— 

1:50 

1:30 

— 

— 

In. 

— 

_ 

— 

— 

1:50 

— 

C 

1:200 

— 

1:200 

1:100 

1:50 


Roch. I 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Pseudo. 

Roch. II 

1:50 

_ 

1:50 ! 

_ 

— 

— 

Jon. 

1:100 

1:30 

— 

— 

— - 

— 

Phi. 

1:50 

— 

1:50 

1:30 

— 

— 

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i Betrachtu 

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ng dieser 1 

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ich einige Ansichten der Autoren fiber die Spezifizitfit der Streptokokken- 
agglutination in Kfirze anffihren. Die erste Publikation fiber die 
Agglutination der Streptokokken lieferte 1897 Van de Velde; die 
Streptokokkenagglutination wurde nur mit dem homologen Serum er¬ 
halten. In spfiteren Untersuchungen von Marmorek, Aronson, 
Neufeld ist aber festgestellt worden, daB die Streptokokken auch in 


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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zor Agglutinat der Streptokokken. 333 


heterologen Streptokokkenseren agglutiniert warden kOnnen; dagegen 
wurde die Frage fiber die Differenzierang von pathogenen und nicht 
pathogenen Streptokokken nicht fibereinstimmend beantwortet. In nenerer 
Zeit ist hauptsfichlich die Frage fiber die Spezifizitfit der Scharlachstrep- 
tokokken zahlreichen Untersuchungen unterworfen worden; es gehen aber 
die Ansicbten der Autoren weit auseinander; die meisten Forscber 
neigen aber dazu, keine Spezifizitfit der aus Scharlachffillen ge- 
wonnenen Streptokokken anzunehmen, und zwar auf Grund der Agglu- 
tinationsreaktion. So konnten z. B. Besredka und Dopter keinen 
Unterschied in der Agglutination der Scharlach- and der gewdhnlicben 
Streptokokken konstatiereu. Jogischess hat keine Spezifizitfit der 
Sera der scharlachkranken Menschen gegenfiber den verschiedenen Strepto- 
kokkenstfimmen in Bezug auf die Agglutination gesehen. Neufeld 
leugnet die Spezifizitfit der Scharlachstreptokokken ebenfalls, iudem er 
bei der Agglutination nicht die Spezifizitfit, sondern die Virulenz der 
Streptokokken ffir maBgebend halt. 

Kehren wir zu der Tabelle No. 8 zurfick, so mull konstatiert werden, 
dafi die erhaltenen Resultate ein allgemein gfiltiges Gesetz in Bezug auf 
die Agglutination der Streptokokken nicht aufzustellen gestatten. Ich 
will nicht die Frage beantworten, ob die Agglutination eine Identi- 
fizierung bezw. Differenzierung der untersuchten Streptokokken gestattet. 
Es genfigt hervorzuheben, dad die 3 ffir Kaninchen hoch pathogenen 
Streptokokken verschiedener Herkunft sich in Bezug auf die Agglutination 
fihnlich verhielten, urn die Vermutung auszusprechen, daB bei der Agglu¬ 
tination der Streptokokken die Anpassung eine groBe Rolle spielt. 
Es gelingt durch Injektionen virulenter Stfimme (die Tiere wurden mit 
erhitzten jungen Kulturen oder mit filteren, mehrere Monate alten Kul- 
turen vorbehandelt) ein Serum zu erhalten, welches den betreffenden 
Streptococcus deutlich agglutiniert. Diese Agglutination ist nach- 
weisbar im hfingenden Tropfen sowohl wie im Reagenzglas; letztere 
Methode lieferte in der Regel etwas niedrigere Werte. Am stfirksten 
wurde der homologe Stamm agglutiniert; von den fibrigen vergleichs- 
weise geprfiften Kulturen lieBen sich diejenigen Streptokokken am deut- 
lichsten agglutinieren, welche ffir Kaninchen pathogen waren. Die nicht 
pathogenen oder auf Pathogenitfit nicht genau geprfiften Streptokokken 
wurden nicht Oder nur in geringerem Grade agglutiniert. Scharfe 
•Grenzen lassen sich aber in Bezug auf das Agglutinationsvermdgen 
nicht ziehen, und eine Einteilung der Streptokokken je nach ihrem Ver¬ 
halten gegenfiber den agglutinierenden Eigenschaften des Immunserums 
ist nicht mfiglich. 

Eine besondere Besprechung erheischt das Kaninchen K. Wie 
weiter oben angefflhrt, stammt der Streptococcus K aus dem Blute 
eines an septischer Endocarditis erkrankten Kindes. Dieser Strepto¬ 
coccus wurde auch in hohen Dosen reaktionslos ertragen, und das 
Serum lieferte geringe Werte, bis gleichzeitig eine abgetbtete Proteus- 
Kultur zusammen mit dem Streptococcus injiziert wurde. Es ge- 
lang dann, ein bis auf 3200 agglutinierendes Serum zu erhalten, welches 
die pathogenen Stfimme nicht agglutinierte (B, P und M), wfihrenddem 
5 von den fibrigen Kulturen eine geringe Agglutination (bis 1 : 100) 
zeigten. 

Was die 2 Scharlach stfimme anbelangt, so wurde einer von derselben 
(Scharlachabscefi) von alien 3 Serumarten bis 1:200 agglutiniert, der 
andere (Scharlachblut) wurde nur von Serum K bis 1 : 100 agglutiniert 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Erwahnt sei, dafi Streptokokken, mit Immunserum vermengt, in 
Pr&paraten im hangenden Tropfen hftufig lange Ketten bilden, viel langer, 
als in gewdhnlichen Kulturen. Diese „Kettenreaktion u war bei den 
meisten Stammen zu beobachten. Ein Parallelismus zwischen derselben 
und der Agglutinationsreaktion laBt sich aber nicht aufstellen. 

Nacbdem die vorliegenden Untersuchungen abgeschlossen waren, 
erschien aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten in 
Bern eine Arbeit von Fischer Qber die Beobachtung der Agglutination 
zur Diagnose der pathogenen und saprophytischen Streptokokken. Die 
in dieser Arbeit mitgeteilten Resultate stimmen im allgemeinen mit den 
unserigen tiberein. 

Streptokokkenprazipitation. Die Prazipitation der Strepto¬ 
kokken wurde mit 3—4 Monate lang bei Zimmertemperatur im Dunkeln 
aufbewahrten Bouillonkulturen vorgenommen. Es wurde die obere klare 
Schicht sorgfaitig entnommen und ahnlich wie bei Untersuchungen auf 
Agglutination mit bestimmten Mengen Serum vermengt. In der Tabelle 
No. 9 sind die Resultate dieser Versuche zusammengestellt. 

Tabelle No. 9. 

Prazipitine in alteren Bouillonkulturen von Streptokokken. 


Serum 

Strepto¬ 

coccus 

Prazipitationswerte 

1:10 | 

1:30 

1:100 

1:200 

B 1 

B 

deutlich 

I 



B I 

K 

! — 

— 

_ 

— 

B II 

B 

— 

— 

— 

— 

P 

P 

sehrdeutl. 

deutlich 

deutlich 

— 

P 

B 

deutlich 

— 

— 

— 

P 

K 

— 

— 

— 

— 

K 

K 

— 

— 


— 


Wie dies von anderen Autoren angegeben worden ist, sind die 
Prazipitinwerte viel kleiner, als die bei der Agglutinationsreaktion er- 
haltenen. 

SchluBfolgerungen. 

A. Hamolyse der Streptokokken. 

1) Von den 16 untersuchten StreptokokkenstAmmen verschiedener 
Herkunft und verschiedener Virulenz fflr Versuchstiere zeigten 11 deut- 
lich hamolytische Eigenschaften. Bei den 3 hochpathogenen Stammen 
war die Hamolyse besonders stark; von den 7 fflr Tiere nicht patho¬ 
genen Stammen hamolysierten nur 2 aus Fallen von Scharlach gewonnenen 
Streptokokken. 

2) Die H5he der burgunderroten Verfarbung des BouillonrQhrchens 
ist unter gleichen Versuchsanordnungen ziemlich konstant und gestattet 
eine Messung des hamolytischen Vermdgens. 

3) Auf Agar mit Blutzusatz bildet sich ein heller Hof rings um die 
Streptokokkenkolonie herum. Die Reaktion ist sehr empfindlich, scheint 
aber fflr quantative Bestimmungen nicht geeignet. 

4) Der direkt aus dem Tierkflrper stammende Streptococcus 
wirkt besonders stark hamolytisch; die Ueberimpfung auf kQnstliche 
Nahrbflden, insbesondere auf Zuckerbouillon, setzt das hamolytische Ver- 
mogen bedeutend herab. 


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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 335 

5) Bei Aufbewahrung der Bouillonkulturen bei Ziramertemperatur 
bleiben die h&molytischen Eigenschaften in den ersten 7—14 Tagen ziem- 
lich konstant, dann nehraen sie allm&hlich ab. 

6) Ein Zusatz von 2 Proz. Kochsalz zn der Bouillon wirkt hemmend 
auf die H&molyse. 

7) Eine 30 Minuten lang dauernde Erhitzung der Streptokokken- 
kulturen auf 55 0 C genflgt, um die H&molyse vollst&ndig aufzubeben; 
nach 15 Minuten lang dauernder Erhitzung auf 55° C wird die H&mo- 
lyse schon bedeutend abgeschw&cht Aehnlich verhalten sich die h&mo- 
lytischen Filtrate. 

8) Filtrate von Bouillonkulturen von Streptokokken zeigten keine 
h&molytische Wirkung; hingegen gelang es, h&molytisch wirkende Filtrate 
zu erhalten aus Kulturen in flflssigem Blutserum. Die h&molytische 
Wirkung dieser Filtrate war schw&cher als diejenige der nicht filtrierten 
Kulturen und nicht spezifisch gegenflber der einzelner Blutarten. 

B. Agglutination der Streptokokken. 

9) Mittelst wiederholter Injektionen von erhitzten oder klteren Kul¬ 
turen eines hoch pathogenen Streptococcus gelingt es, ein Serum 
zu erhalten, welches gegenflber dem betreffenden Streptococcus deut- 
lich agglutinierende Eigenschaften aufweist. 

10) Der Titer des Serums ist nicht proportional der injizierten 
Menge und der Zahl der Injektionen. 

11) In meinen Versuchen stieg der Agglutinationswert etwa 2 bis 
4 Monate lang, blieb dann ungef&hr station&r trotz weiterer Injektionen. 
Nach Sistierung der Injektionen nimmt der Agglutinationswert allm&h¬ 
lich ab. 6 Monate nach der letzten Injektion konnten im Blutserum 
keine Agglutinine mehr nachgewiesen werden. 

12) Die Streptokokken werden vom homologen Stamm am st&rksten 
agglutiniert. 

13) Bei vergleichenden Untersuchungen konnte festgestellt werden, 
daft das homologe Serum den eigenen Stamm am st&rksten agglutiniert; 
die anderen hochvirulenten St&mme wurden auch, allerdings schw&cher, 
beeinfluflt. Von den geprflften nicht tierpathogenen Streptokokken waren 
einige agglutiniert, andere nicht. Von den 2 aus Scharlachf&llen ge- 
wonnenen Streptokokken wurde der eine (ScharlachabsceC) mit alien 
Serumarten, der andere (Scharlachblut) nur mit einem Serum aggluti¬ 
niert. Eine Gesetzm&Qigkeit war nicht nachweisbar. 

14) Das Serum K, das von einem Kaninchen stammt, welches mit 
lebenden Kulturen eines fflr Tiere nicht pathogenen Streptococcus 
(zusammen mit abgetdteten Pr oteus-Kulturen) vorbehandelt worden war, 
agglutinierte den eigenen Stamm bis auf 1:3200, die hoch pathogenen 
St&mme hingegen nicht. 

15) Die stark agglutinierend wirkenden Sera haben auch die Pr&zi- 
pitationsreaktion ergeben, allerdings in viel schw&cherem Grade. 

16) Im Urin der vorbehandelten Kaninchen konnten keine Agglu¬ 
tinine nachgewiesen werden. 

17) Meine Untersuchungen flber die h&molytischen und agglutinieren- 
den Eigenschaften der 16 Streptokokken verschiedener Herkunft und 
verschiedener Virulenz gestatten keine Entscheidung der Frage flber 
Arteinheit bezw. Artvielheit der Streptokokken. Es lieSen sich keine 
scharfen Grenzen zwischen den Eigenschaften einzelner Streptokokken- 
st&mme aufstellen. Die fflr Kaninchen hoch pathogenen Streptokokken 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


wirkten auf BlutkSrperchen verschiedener Blutarten am starksten hfimo- 
lytisch und zeigten mit Kaninchenimmunserum die hftchsten Aggluti- 
nationswerte. Die fGr Versuchstiere nicht patbogenen, meist von Krank- 
heitsfallen bei Menschen stammenden Streptokokken verbielten sich ver- 
schieden in Bezug auf H&molyse und auf Agglutination. Dieser Befund 
spricht far die Bedeutung der Anpassung der pathogenen Mikro- 
organismen. _ 


Zum Schlnsse ist es mir eine angenehme Pflicht, aucb an dieser 
Stelle Herrn Privatdozent Dr. Silberschmidt, durch dessen An- 
regung und unter dessen kundiger Leitung es mir vergSnnt war, meine 
Untersuchungen auszufflhren, meinen innigsten Dank anssprecben zu 
dbrfen. 

Herrn Dr. Simon danke ich ebenfalls far die liebenswbrdige Er- 
laubnis, seine zahlreichen Streptokokkenst&mme zu benatzen. 

Literatur. 

1) Aronson, Untersuchungen iiber Streptokokken- und Antistreptokokkensera. (BerL 
klin. Wochenschr. 1902.) 

2) Asakawa, Ueber das Wesen der Agglutination und eine neue Methode, die Ag¬ 
glutination schnell zu beobachten (Gemermethode). (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV. 
1903.) 

3) Baumgarten, Mikroskopische Untersuchungen iiber Hamolyse im heterogenen 
Serum. (Berl. klin. Wochenschr. 1901.) 

4) Ders., Weitere Untersuchungen iiber Hamolyse im heterogenen Serum. (BerL klin. 
Wochenschr. 1902.) 

5) Besredka, De Ph&nolysine streptococcique. (Annales de I’lnst Pasteur. T. XV. 
1901.) 

6) Ders., Le s£rum antistreptococcique et son mode d’action. (Annales de l’lnst 
Pasteur. Vol. XVIII. 1904.) 

7) Besredka et Dopter, Contribution & l’4tude du r61e des streptocoques au cours 
de la scarlatine. (Annales de Tlnst. Pasteur. T. XVIII. 1904.) 

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9) Bordet, Contribution A l'Stude du s£rum antistreptococcique. (Annales de l'Inst 
Pasteur. T. XI. 1897A 

10) Cas tell an i, Die Agglutination bei gemischter Infektion. (Zeitschr. f. Hyg. 
Bd. XL. 1902.) 

11) Ei sen berg, Beitrage zur Kenntnis der spezifischen Prazipitationsvorgange. (Cra- 
covie. 1902.) 

12) Ehrlich u. Sachs, Ueber die Einheit der Komplemente des Serums. (Berl. klin. 
Wochenschr. 1902.) 

13) Ehrlich u. Morgenroth, Ueber Hamolysine. (Berl. klin. Wochenschr. 1901.) 

14) Grimbert, Les scrums th^rapeutiques. (Paris 1899.) 

15) Gromakowsky, Immunisation des lapins contre le streptocoque de l'erysipfele et 
traitement des affections ^rysipelateux par le s£rum du sang d’animal vaccinA 
(Annales de Tlnst. Pasteur. T. IX. 1895.) 

16) Jaeger, Die spezifische Agglutination aer Meningokokken als Hilfsmittel zu ihrer 
Artbestimmung und zur bakteriologischen Diagnose der epidemischen Genickstarre. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIV. 1903.) 

17) Joos, Untersuchungen iiber den Mechanismus der Agglutination. (Zeitschr. f.Hyg. 
Bd. XL. 1902.) 

18) JogUchess, Zur Frage iiber die Agglutination der Streptokokken durch Serum 
Scharlachkranker. (Centralbl. i Bakt Bd. XXXVI. 1904). 

19) Kayser, Ueber Bakterienhamolysine, im besonderen das Colilysin. (Zeitschr. f. 
Hyg. Bd. XLII. 1903.) 

20) Kolle u. Otto, Die Differenzierung der Staphylokokken mittelst der Aggluti¬ 
nation. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XL1. 1902.) 

21) Kraus u. Pirquet, Weitere Untersuchungen iiber spezifische Niederschlage. 
(CentralbL f. Bakt. Bd. XXXII. 1902.) 

22) Kraus u. Sternberg, Ueber Wirkung der H&molysine im Organismus. (CentralbL 
f. Bakt XXXII. 1902!) 


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Kerner, Exp. Beitrag zur Hftmolyse und zur Agglutinat der Streptokokken. 337 


23) Koch u. Petruschky, Beobachtungen iibcr Erysipelimpfung am Menschen. (Zeit- 
(schr. f. Hyg. Bd. XXIII. 1896.) 

24) v. Lingelsheim, Aetiologie und Therapie der Streptokokkeninfektion. 1900. 

25) Ders., Streptokokken. (Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 1903.) 

26) Landau, Etudes sur Th&noiyse. (Annales ae Tlnst. Pasteur. T. XVII. 1903.) 

27) Lubenau, Hamolytische Tatigkeit einzelner pathogenen Schizomyceten. (Centralbl. 
f. Bakt. Bd. XXX. 1901.) 

28) London, Der gegenwartige Stand der Lehre von den Cytolysinen nnd die cyto- 
litischen Theorien der Immunitat (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXII. 1902.) 

29) Marmorek, Traitement de la scarlatine par le s£rum antistreptococcique. (Annales 
de Tlnst. Pasteur. T. X. 1896.) 

30) Ders., Le streptocoque et le s4rum antistreptococcique. (Annales de Tlnst. Pasteur. 
T. IX 1895.) 

31) Ders., Das Streptokokkengift. (Berl. klin. Wochenschr. 1902.) 

32) Ders., Die Arteinheit der fur aen Menschen pathogenen Streptokokken. (Berl. 
klin. Wochenschr. 1902.) 

33) Michaelis, Ueber Inaktivierungsversuche mit Prazipitinen. (Centralbl. f. Bakt. 
Bd. XXXII. 1902.) 

34) Meyer, Zur Einheit der Streptokokken. (Berl. klin. Wochenschr. 1902.) 

35) Moser u. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. (Centralbl. f. Bakt. 
Bd. XXXIV. 1903.) 

36) Neufeld, Ueber die Agglutination der Pneumokokken und uber die Theorien der 
Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XL. 1902.) 

37) Ders. f Ueber Immunitat und Agglutination der Streptokokken. (Zeitschr. f. Hyg. 
Bd. XLIV. 1903.) 

38) Neisseru. Wechsberg, Ueber das Staphylotoxin. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 
1901.) 

39) Nicolie, Suite d’exp£riences relatives au ph&iomen de Tagglutination de microbes. 
(Annales de 1’Inst Pasteur. T. XVHI. 1904.) 

40) Otto. Weitere Beilrage zur Agglutination der Staphylokokken. (Centralbl t Bakt. 
Bd. XXXII. 1903.) 

41) Petrusch ky, Entscheidungs^ersuche zur Frage der Spezifizitat der Erysipel- 
Streptokokken. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXIII. 1896.) 

42) Proscher, Zur Anstellung der Widalschen Reaktion. (Centralbl. f. Bakt 1902.) 

43) Piorkowski, Ueber Streptokokkensera. (BerL klin. Wochenschr. 1902.) 

44) Raskin, Klin isch-expen men telle Untersuchungen iiber Sekundarinfektion bei 
Scharlach. (Centralbl. 1 . Bakt. Bd. V. 1889.) 

45) Ri ecke, Beitrage zur Frage der Arteinheit der Streptokokken. (CentralbL f. Bakt 
Bd. XXXIV. im.). 

46) Simon, Untersuchungen iiber die Gifte der Streptokokken. (Centralbl. f. Bakt. 
Bd. XXXV. 1903—1904.) 

47) Schlesinger, Experimentelle Untersuchungen uber das Hamolysin der Strepto¬ 
kokken. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIV. 1903.) 

48) Staheli, Zur Biologie des Streptococcus mastitidis contagiosae. (Inaug.-Dissert. 
Berlin 1904.) 

49) Staubli, Experimenteller Beitrag zur Kenntnis der Bildung, der Ausscheidung und 
der Vererbung der Typhusagglutmine. (Inaug.-Dissert. Zurich 1904). 

50) Schottmiilier, Die Artunterscheidung der fur den Menschen pathogenen Strepto¬ 
kokken durch Blutagar. (Munch, raed. Wochenschr. 1903.) 

51) Van de Welde, Sur la ndcessit£ d’un s^rum antistreptococcique polyvalent (Arch, 
de m&i. exper. 1897. Zit. nach Moser u. Pirquet.) 

52) Wassermann, Ueber Agglutinine und Prazipitine. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII. 
1903.) 

53) Widal et Si card, Etude sur la s£rodiagno&tic et sur la reaction agglutinante 
chez les typhiques. (Annales de Tlnst Pasteur. T. XI. 1897.) 

54) Fischer, Die Bedeutung der Agglutination zur Diagnose der pathogenen und 
saprophytischen Streptokokken. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXVIL) 




338 


Centralbl. f. Bakt. etc, I. Abt Original©. Bd. XXXYIII, Heft 3. 


Nachdruck verboteru 

Die Wirkung des Aetfliylathers auf die hamolytischen und 

bakteriziden Sera. 

[Aus dem Hygienischen Institut der k. Universit&t in Siena 
(Direktor: Prof. A. Sclavo).] 

Experimentelle Untersncbungen von Dr. D. Ottolenght nnd Dr. N. Mori. 

Bei einigen an Hirschknhblutserum vorgenommenen Untersuchnngen 
bemerkte Prof. Sclavo 1 2 ), daB der Aethyl&ther, wenn er eine ge- 
■wisse Zeit lang mit diesem Seram in Kontakt gehalten wird, demselben 
das h&molysierende VermSgen, das er normalerweise besitzt, zu ent- 
zieben vermag. 

Es scbien nns nan von einigem Interesse, zun&chst festzustellen, 
ob diese Eigenschaft des Aethers sich nur dem Hirschkuhserum oder 
anch anderen Sera gegentiber entfaltet, and dann den Mechanismus dieser 
Wirkang za studieren. 

Unsere ersten Versache nahmen wir in der Weise vor, daB wir 
einige normalerweise h&molytische Sera in einem gewOhnlichen Schflttel- 
trichter mit einem UebermaB von ganz reinem, auf Natrium destilliertem 
Aetber schuttelten, das Gemisch einige Stunden stehen lieBen, die Sera 
dann vom Aether abschieden und sie an roten Blutkdrperchen, fflr die 
sie ursprflnglich aktiv waren, prflften. Die Resultate, die wir erhielten, 
nnd die in Tabelle I zusammengestellt sind, tun deutlich dar, daB der 
Aether das h&molytische VermSgen, das die von uns geprttften normalen 
Sera besitzen, wirklich immer entweder ganz aufbebt oder bedeutend 
herabmindert *). Wenn jedoch einige von diesen Sera durch den Aether 
leicht inaktiviert werden, wozu gewohnlich schon ein 2—3-stflndiger 
Kontakt zwischen Aether und Serum gendgt, so erheischen andere, und 
zwar die am st&rksten h&molytisch wirkenden, wie das Rinderserum den 
roten Blutkdrpercben des Meerschweinchens und Kaninchens, und das 
Hundeserum den roten Blutkorperchen des Meerschweinchens und Kanin¬ 
chens gegenuber, eine viel l&nger fortgesetzte Behandlung mit Aether. 
Das schon erw&hnte Rinderserum z. B., das in einer Dose von 0,1 ccm 
die roten Blutkdrperchen sowohl des Kaninchen als des Meerschwein¬ 
chens (bei Verwendung der gewdhnlichen Menge von 1 ccm einer Blut- 
kdrperchenaufschwemmung in 5 Proz. einer 0,85-proz. Kochsalzldsung) 
vollst&ndig h&molysiert, verliert bei der gleichen Dose von 0,1 ccm seine 
Wirksamkeit nach 6-stflndigem Kontakt mit Aether; aber bei grdBeren 
Dosen, z. B. einer solchen von 1 ccm, verliert es seine Wirksamkeit 


1) Sclavo, A., Contribute alio studio del potere toesico del siero di sangue. 
(Rivista d’igiene e sanit& pubblica. Anno XU. 1903.) 

2) Dem nach scheinen in manchen Fallen die mit Aether behandelten Sera ihr 
hamolytisches Vermogen, wenigstens zum groflen Teile, zu bewahren. Dies geschieht 
namentlich, wenn man bedeutende Serumdosen (1 ccm oder mehr) zu den Vereuchen 
verwendet; aber wenn man dann den Aether aus den Sera sorgfaltigst vertreibt, erbennt 
man durch das nunmehrige ganzliche Ausbleiben der hamolytischen Wirkung leicht, 
daB die vorher erhaltenen Resultate nur davon abhingen, daB im Serum noch eine 
Menge Aether enthalten war, die fur sich allein zur Hervorrufung der Hamolyse hin- 
rachte. Gewohnlich jedoch, und dies kann man direkt nachweisen, reicht die Aether- 
menge, die, auch nach mehrstiindiger Behandlung, den fcera beigemengt bleibt, be- 
sonders wenn man nicht groBere Serumdosen als I ccm verwendet, zur llervomifung 
der Hamolyse nicht aus, oder sie bewirkt doch nur ganz geringe Spuren einer solchen. 


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Ottolenghi a. Mori, Wirkg. des Aethyl&thers auf hftmolyt u. bakt Sera. 339 

Tabelle 1. 


Serumart 

Behandlung des 
Serums 

Menge 
des Serums 
ccm 

Blutart 

Ausfall 

der HamolyBe 


_ 

0,1 


Spuren 


— 

0,25 


fast komplett 


— 

0,50 


komplett 

Kaninchen - 

Aether w&hrend 3 Std. 

1 

0,1 

» Huhn 

komj>lett 


do. 

0,25 


0 


do. 

0,50 


0 

( 

do. 

1 


0 


— 

0,1 


minimale Spuren 


— 

0,25 


Spuren 


— 

0,50 


stark 

Kaninchen < 

Aether wahrend 3 Std. 

1 

0,1 

> Tanbe 

fast komplett 

0 

I 

do. 

0,25 


0 

I 

do. 

0,50 


0 

l 

do. 

1 

) 

0 


— 

0,1 


minimale Spuren 


— 

0,25 


maflig 


— 

0,50 


stark 

Esel ] ) . 

Aether wahrend 3 Std. 

1 

0,1 

> Kaninchen 

fast komplett 

0 


do. 

0,25 


i 0 


do. 

0,50 


0 

1 

do. 

1 


0 


— 

0,1 


stark 


— 

0,25 


fast komplett 


— 

0,50 


komplett 

Bind < 

Aether wShrend 6 Std. 

1 

0,1 

> Kaninchen 

komplett 
minimale Spuren 


do. 

0,25 


stark 


do. 

0,50 


fast komplett 


do. 

1 


komplett 


— 

0,1 


komplett 


— 

0,25 


komplett 


— 

0,50 


komplett 

Bind 

Aether w&hrend 6 Std. 

1 

0,1 

* Meerschweinchen 

komplett 


do. 

0,25 


minimale Spuren 


do. 

0,50 


fast komplett 


do. 

1 


komplett 


— 

0,1 


stark 


— 

0,25 


fast komplett 


— 

0,50 


komplett 

Hund 

Aether wahrend 6 Std. 

l 

Kaninchen 

komplett 


do. 

0,25 


0 


do. 

0,50 


minimale Spuren 


do. 

1 

* 

Spur 


' — 

0,1 


fast komplett 


— 

0,25 


komplett 


— 

0,50 


komplett 

Htznd 

Aether wahrend 6 Std. 

1 

0,1 

> Meerschweinchen 

komplett 


do. 

0,25 


0 


do. 

0,50 


0 


do. 

1 


minimale Spuren 


Die zur Verwendung gekommene Blutmenge war 1 ccm einer 5-proz. Blutkbrperchen- 
aufschwemmung in 0,85-proz. Kochsalzltfsung. Die Blutkbrperchen wurden vorner stets 
mit Kochsalzldsung mehrraals ausgewaschen. 

Die Bohrchen wurdeo mit Kochsalzldsung auf gleichee Volumen (2 ccm) aufgefiillt, 
2 Stunden im Thermostaten bei 37°, dann 20 Stunden bei 0° gehalten. 


1) Nicht alle Em 

Kamncherfsr Jfoteijjlk 


dsera besitzen ein Hamolysin gegen die Blutkdrperchen des 
raktiven bemerkt man aucn Unterschiede in der Kraft. 

^ UNIVERSITY OF CHICAGO 












340 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

nur, wenn es 24—48 Stunden mit dem Aether in Kontakt geblieben 
ist J ). Und bemerkenswert ist die Tatsacbe, auf die wir weiter unten 
noch zurflckkoramen werden, daB nach 24-stundigem Kontakt mit Aether 
die h&molytische Wirksamkeit den roten BlutkSrperchen des Kaninchens 
gegenflber aufhort, wShrend die hamolytische Wirksamkeit den roten 
Blutkdrperchen des Meerschweinchens gegenflber noch bestehen bleibt, 
die erst nach 48 Stunden verscbwindet. 

Bei diesen ersten Versuchen sowohl als bei den in der Folge vor- 
genommenen, behandelten wir die Sera mit einem starken Uebermafi 
von Aether. Das Gemisch teilte sich nach dem Schfltteln in eine untere, 
aus klarem Serum bestehende, und eine obere, vom Aether gebildete 
Schicht, und diese beiden Schichten waren mitunter durch eine dritte 
trflbe Schicht voneinander getrennt, die aus einer Emulsion von Serum 
und Aether bestand, welche Emulsion erst nach einem ziemlich langen 
Zeitraum — oft erst nach einigen Tagen — spontan verschwand. Im 
Serum blieb natflrlich eine gewisse Menge Aether aufgelOst zurflck, die 
wir in einigen Fallen in der gleichen Weise bestimmten wie es Sclavo 2 ) 
bei seinen Untersuchungen an Hirschkuhserum getan hatte, indem wir 
namlich bestimmte Volumina Serum und Aether in einem Rdseschen 
Apparat schflttelten, den wir dann so lange stehen lieBen, als notwendig 
war, urn dem zu untersuchenden Serum durch den Aether das h&mo- 
lytische Vermflgen zu entziehen. Nach der HOhe der fiber dem Serum 
gelegenen Aetherschicht lieB sich nun, Unter Berflcksichtigung der bei 
solchen Gemischen stattfindenden geringen Kontraktion, leicht sehr an- 
nahernd der Prozentsatz des aufgeldsten Aethers berechnen. Auf diese 
Weise konstatierten wir, daB z. B. Hundeserum bei 16° nach 6 Stunden 
10,5 Proz. Aether, Rinderserum bei 24° nach 6 Stunden 12 Proz. Aether 
last. Auch bemerkten wir, daB mit der Dauer des Kontakts zwischen 
Serum und Aether auch die im ersten aufgelflste Menge Aether zu- 
nimmt; so stieg beim Rinderserum das Volumen aufgeldsten Aethers, 
das nach der ersten Stunde und bei der gew5hnlichen Zimmertemperatur 
(24— 26° C) = 11 Proz. des Serums war, nach 3—6 Stunden auf 12 Proz., 
nach 12—24 Stunden auf 13 Proz., bei weiterer Steigerung der Kontakt- 
dauer nahm es nur noch sehr schwach zu. 

Wir fragten uns nun natflrlich, ob es, um einem Serum das h&mo- 
lytische Vermdgen zu entziehen, wirklich notwendig w&re, daB man das- 
selbe mit einem starken UebermaB von Aether behandelte, d. h. daB 
sich in ihm Aether bis zur S&ttigung aufloste, Oder ob zu dem Zwecke 
auch geringere Mengen Aether gentigten. Zahlreiche Versuche, die wir 
zur Losung dieser Frage mit Rinderserum, den roten Blutkdrperchen 
des Meerschweinchens gegenflber, ausfflhrten, taten dar, daB die Aether- 
menge, die als Minimum erforderlich ist, um bei 6*stflndigem Kontakt 
0,1 ccm dieses .Serums das h&molytische Vermdgen zu entziehen, sehr 


1) Um genauer festzustellen, in welchem Grade der Aether inhibitorisch wirkt, 
haben wir jedes der von uns studierten Sera, nach der Behandlung mit Aether, bei 
grofleren Dosen als den gewohnlich verwendeten, namlich bei Dosen von 2 ccm oder 
mehr, auf seine hiimolytische Wirksamkeit gepriift; nunwohl, nach einer angemessenen 
Einwirkungsdauer, die ungefahr die in Tabelle I angegebene ist (das Binderserum aus- 
genommen, das, wie erwiihnt wurde, eine 24—48-stiindige Behandlung erheischt), konnte 
auch bei diesen groCeren Dosen die hamolytische Wirksamkeit als vollstandig crloschen 
angesehen werden. Naturllch wurde bei diesen Versuchen der in den Sera zuriickge- 
bliebene Aether vorher vertrieben, um das ihm eigene hamolytische Vermogen auszu- 
schlieflen. 

2) S. 1. c. 


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Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethylfithers auf Mmolyt u. bakt Sera. 341 

ann&hernd gerade durch die Menge dargestellt wird, die sich bei der 
gleichen Einwirkungsdauer im Serum 16st uud die ungefShr 12 Proz. 
Serum gleichkommt. 


Nachdem im allgem einen festgestellt worden war, dafi der Zusatz 
von Aether den h&molytischeu Sera diese ihre Wirkung entzieht, mufite 
erforscht werden, wodurch dies bedingt ist. Die erste Vermutung, die 
sich aufdr&ngte, war, dafi die Erscheinung von dem in den Sera gelOsten 
Aether abh&nge, der bei Vermischung der Sera mit den roten Blut- 
kbrperchen diesen letzteren irgend eine Substanz entziehe Oder in ihnen 
eine Substanz ver&ndere, mit welcher die Ambozeptoren sich verbinden 
oder mit der sie reagieren miissen, urn die Hamolyse zu stande kommen 
zu lassen, oder in irgend einer anderen Weise die roten Blutkdrperchen 
den spezifischen Sera gegentiber unangreifbar mache. 

Gegen diese Annahme konnten wir bald einige Tatsachen erheben, 
die wir hier kurz aufzShlen wollen: 

1) Versetzt man einen Bruchteil der in 5-proz. Kochsalzlbsung ge- 
machten Blutkdrperchenaufschwemmung mit einem Prozentsatz Aether 
gleich demjenigen, der in einem bestimmten, gegen jene roten Blut¬ 
kdrperchen aktiven Serum nach der zur Inaktivierung erforderlichen 
Zeitspanne aufgeldst bleibt, und bereitet dann rasch das Gemisch: Blut- 
kdrperchenaufschwemmung mit Aether + Serum, sowie 
vergleichshalber das Gemisch: Blutkdrperchenaufschw.emmung 
ohne Aether + Serum — in beiden Fallen Blutkdrperchen und 
Serum von der gleichen Qualitat und in der gleichen Quantitat ver- 
wendend — und bringt diese verschiedenartigen Geraische mittelst Koch- 
salzldsung auf das gleiche Volumen, so erfolgt in beiden Hamolyse von 
dem gleichen Grade. 

2) Versetzt man die Sera mit so vielem Aether als hinreicht, um 
ihnen das hamolytische Vermdgen zu entziehen, und bringt sie dann 
gleich mit den roten Blutkdrperchen in Kontakt, so bemerkt man, dafi 
die Sera aktiv geblieben sind; ihre Aktivitfit erlischt aber, wenn man 
den Aether eine gewisse Zeitlang auf sie einwirken lafit. 

3) Wenn man durch Verdampfung bei nicht hdherer Temperatur 
als 40°, 45® C 1 ), oder mittelst des durch eine gute Wasserpumpe er- 
zeugten Vakuums den Aether bis auf die letzten Spuren aus den Sera 
vertreibt, so dafi man auch beim Schdtteln keinen Aethergeruch mehr 
wahrnimmt, bleiben die Sera ebenso inaktiv wie sie es vor dieser Ope¬ 
ration waren. Da sich jedoch vermuten liefi, dafi bei diesem Verfahren 
noch einige, durch den Geruch nicht mehr wahrnehmbare Spuren Aether 
in den Sera zurflckgeblieben sein kdnnten und die Hfimolyse zu stdren 


1) In den Fallen, in denen wir die Verdampfung durch Hitze vomahmen, stellten 
wir neben das Behaltnis, in welchem sich das mit Aether behandelte Serum befand, 
stets ein ganz ahnliches, eine gleiche Dose einfachen Serums enthaltendes Behaltnis auf 
das Wasserbad. Sobald das erstgenannte Serum genug erhitzt war, priiften wir das 
hamolytische Vermdgen des letztgenannten, um festzustellen, ob es durch die Erhitzung 
modifiziert worden ware. Natiirlich tat der Versuch stets dar, dafi eine, auch 1—2- 
stundige Erhitzung bei 40—45° C durchaus unschadlich ist; wir hatten also, zur Ver- 
treibung des Aethers die Verdampfung durch Hitze anwendend, nicht zu furchten, dafi 
sich daaurch Fehlerquellen in unsere Versuche einschlichen. Uebrigens sei bemerkt, 
dafi wir bei fast alien Versuchen, zur grOfieren Sicherheit, gleichzeitig Bruchteile von 
mit Aether behandelten Sera verwendeten, denen der Aether mittelst der Pumpe, auf 
kaltem Wege, entzogen worden war, und Bruchteile, bei denen wir den Aether durch 
Erhitzung verdampft hatten, und dafi die Resultate stets vollkommen iibereinstimmten. 


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342 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


vermochten, setzten wir in einen Exsikkator, der Schwefels&nre und eine 
groBe Anzahl mit Paraffin durchtr&nkter Papierstreifen enthielt, neben 
eine gegebene Menge eines mit Aether behandelten Serums, die gleiche 
Menge einfachen Serums. Der Exsikkator wnrde im Thermostaten bei 
37 0 gehalten, bis die Sera vollst&ndig eingetrocknet waren (48 Stunden); 
hierauf brachten wir die Sera durch Zusatz von destilliertem Wasser 
auf gleiches Volumen und prOften sie zum Vergleich von nenem auf 
ihr hamolytisches Vermogen. Nunwohl, nach diesem Verfahren, durch 
welehes der Aether offenbar vollsUlndig vertrieben sein mufite, war. das 
mit Aether behandelte Serum ebenso inaktiv wie eine andere Serum- 
probe, die wir w&hrend dieser Zeit auBerhalb des Exsikkator, im 
Dunklen, gehalten hatten, w&hrend das einfache Serum ganz deutlich 
h&molytisch geblieben war, wenn sich auch diese Kraft in etwas ge- 
ringerem Grade auBerte als ursprOnglich. 

Die bisher erw&hnten Tatsachen scheinen also einstimmig darzutun, 
daB das Aufhdren des h&molytischen Vermogens in den mit Aether 
geschfittelten Sera nicht einfach dem Vorhandensein von Aether in 
den Sera, als einer die H&molyse st5renden Substanz, und auch nicht 
einer Veranderung der roten Blutkflrperchen zuzuschreiben ist, sondern 
einer direkten Einwirkung des Aethers auf die Sera, die zu ihrer Ent- 
faltung einer bestimmten Zeitspanne und auch einer gewissen Reagenz- 
menge bedarf. 

Es war deshalb von Interesse, zu erforschen, ob der Aether den Sera 
irgend eine zum Zustandekommen der H&molyse notwendige Substanz 
zu entziehen vermbge. Unsere diesbezuglichen Versuche nahmen wir 
an Rinder- und Hundeserum vor, weil sich von diesen Tieren leicht an- 
sehnliche Mengen Serum erhalten liefien. Diese Sera nun mit starkem 
UebermaB von Aether schflttelnd und dann den in klarer Schicht sich 
absondernden Aether mittelst der Pumpe im Vakuum eindunstend, er- 
hielten wir nur eine weiBe (Hund) oder gelbgef&rbte (Rind), in abso- 
lutem Alkohol, in Aether, Chloroform leicht g&nzlich sich losende, in 
Wasser Oder Kochsalzlosung, in verdiinnten Alkalien und S&uren unl6s- 
liche Substanz, die Kohlenstoff, aber weder Stickstoff noch Phosphor, 
noch Schwefel enth&lt, die die Akrolelnreaktion und die Salkowski- 
sche Cholestearinreaktion gibt, die sich leicht verseifen l&Bt und unter 
dem Mikroskop als aus ganz feinen olartigen, mit wenigen Cholestearin- 
krystallen vermischten Trfipfchen bestehend erscheint. 

Die sp&rliche Menge, die sich von dieser Substanz, selbst aus be- 
deutenden Serumdosen erhalten lSJlt, gestattete keine genauere Unter- 
suchung; aber die gesammelten Daten lassen es far sehr wahrscheinlich 
halten, daB sie, auBer aus Spuren von Cholestearin, wesentlich aus Fett 
besteht und beim Rinde vielleicht auch eine gewisse Menge eines Lipo- 
chroms enth&lt, denn in Aether gelbst, zeigt sie im Spektroskop zwei 
Absorptionsstreifen in F und zwischen F und G. 

(Schlufl folgt) 


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Sudmersen, Ueber eine infektiose Pneumonie der Kaninchen etc. 


343 


Nachdruck verboteru 

Ueber eine infektiose Pneumonie der Kaninchen und 
deren Bekampfung mit Antiserum. 

[Aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten, Universitfit 
Bern (Direktor: Prof. Dr. Tavel).] 

VorlSufige Mitteilung. 

Von Dr. H. J. Sfidmersen. 

Da Kaninchen und Meerschweinchen besonders haufig als Versuchs- 
tiere in der Bakteriologie gebraucht werden, so ist die Kenntnis der 
Epidemieen von grofiem Wert, denen diese Tiere bisweilen unterworfen 
sind. Aus der Erkenntnis der Ursache ergeben sich dann manchmal 
brauchbare Mittel, diese Krankheiten zu bek&mpfen. Bis jetzt sind nur 
wenige Forschungen auf diesem Gebiet gemacht worden. In der Zeit- 
schrift ffir Hygiene und Infektionskrankheiten (1882) liegt eine Arbeit 
vor von Beck und im gleichen Journal (1897) eine solche von Kraus 
fiber eine infektifise Pneumonie bei Kaninchen. Spfiter erschien eine 
Arbeit in russischer Sprache von Tartakowsky, von welcher mir ein 
Beferat im Centralblatt ffir Bakteriologie (1899) zur Verfflgung stand, 
fiber eine fihnliche Pneumonie bei Meerschweinchen. SchlieBlich hat 
Schwer fiber denselben Gegenstand eine Publikation im Centralblatt 
ffir Bakteriologie (1902) veroffentlicht. 

Es ist von Interesse zu bemerken, dafi der Bacillus, den Tarta¬ 
kowsky aus den Lungen erkrankter Meerschweinchen isolierte, wenn 
nicht identisch, so doch demjenigen sehr fihnlich ist, den Kraus in 
den Lungen erkrankter Kaninchen fand. Dagegen sind diese beiden 
sicher verschieden von dem Bacillus, den Beck in den Lungen von 
Kaninchen nachwies, die von einer fthnlichen Epidemic befallen waren. 

Seit l 1 /, Jahren bin ich mit dem Studium pneumonischer Erkran- 
kungen bei Kaninchen beschfiftigt Die Versuche sind im Institut zur 
Erforschung der Infektionskrankheiten, Bern, gemacht worden. Es zeigte 
sich, dafi die meisten Pneumonieepidemien, welche ich beobachten konnte, 
durch einen Bacillus verursacht sind, der mit dem schon von Kraus 
und Tartakowsky beschriebenen in den Haupteigenschaften Qberein- 
stimmt. Der Bacillus von Schwer gehfirt fibrigens auch zu derselben 
Gruppe. Den gleichen Bacillus fand ich in den Lungen von Meer¬ 
schweinchen wie von Kaninchen, die an einer epidemisch auftretenden 
Pneumonie zu Grunde gingen. Der Bacillus hat folgende Eigenschaften: 
Er ist ein sehr kurzes und dfinnes Stfibchen, oft zu zweien gelagert; 
nach Gram entffirbbar; er ist beweglich. Auf Agar und Gelatine er- 
zeugt er einen dicken, scbleimigen, matt-grauen Belag; Gelatine wird 
nicht verflfissigt; Milch nicht koaguliert; in Zuckerbouillon wird kein 
Gas entwickelt und in Peptonbouillon kein Indol gebildet. Auf Kar- 
toffeln&hrbfiden ist ein rfitlich-gelb-wachsartiges Wachstum charakteri- 
stisch. Er gehdrt also zu der Coli-Gruppe. In einer Temperatur von 
60° C wird er nach 10 Minuten getfitet. In der Bouillonkultur ent¬ 
wickelt sich ein Toxin, welches bei intravendser Injektion eine starke 
Wirkung auf Kaninchen ausfibt. Im Gegensatz zu dem gewdhnlichen 
Darmcolitoxin bleibt es ohne Wirkung, wenn es einem Frosche injiziert wird. 

Kulturen, welche durch 20 Minuten langes Erhitzen 


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344 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


auf 60—62° C abgetfltet wurden, hatten bei intraperi- 
tonealer Injektion auf Kauincheu eine vaccinierende Wir¬ 
kung. Nach wiederhol ten Inj ektionen zeigt dasBlut vom 
Kaninchen ausgesprochene agglutinierende und bakteri- 
zide Eigen schaften und besitzt die F&higkeit, erkrankte 
Tiere zu schfltzen. 

Diese Versuche und Resultate sollen in einer sp&teren Arbeit aus- 
fflhrlich besprochen werden. 


Naehdruek verboten. 

TJeber die Unterscheidung von Fermenten mit Hilfe von 

Seramreaktionen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institut in Wien 
(Vorstand: Prof. W eichselbaum).] 

Von Dr. Karl Landsteiner. 

In diesen Zeilen wird kurz flber einige die ArtspezifiziUit von 
Verdauungsfermenten betreffende Erfahrungen berichtet 1 2 3 ). 

Als durch eine Reihe von Untersuchungen flber Immunisierungs- 
prozesse die Kenntnis erworben war, daB viele sebr nahe verwandte 
Substanzen, die verschiedenen Pflanzen- oder Tierarten entstammen, 
zwar nicht durch die flblichen chemischen Reaktionen, wohl aber durch 
Serumreaktionen zu diiferenzieren sind, habe ich auf die MOglichkeit 
hingewiesen, auch die scheinbar gleichartigen Fermente verschiedener 
Tierspecies auf diese Weise zu unterscheiden *). Es war mir damals 
nicht gelungen, wie ich wflnschte, spezifische Antifermente zu erzeugen, 
doch lieBen Versuche flber die hemmende Wirkung verschiedener Nor- 
malsera auf die Trypsine einiger S&ugetierarten wegen der dabei be- 
obachteten Differenzen der Hemmungswirkung mit einer gewissen Wahr- 
scheinlichkeit den SchluB ziehen, daB die untersuchten Trypsine ver- 
schieden seien. 

Alsbald wurde von mehreren Autoren die Herstellung von anti- 
fermentativem Serum mit gesteigerter Wirkung erzielt, und solche durch 
Fermentinjektionen modifizierte Sera lieBen sich zur Differenzierung 
der Fermente benfltzen. Allerdings wurde dieser Erfolg nicht leicht er- 
reicht und die Antifermente hatten im Vergleich zum normalen Serum 
bei weitem nicht jene hohe Wirksamkeit, die sich bei vielen anderen 
Immunisierungsvorgflngen einstellt. 

Auf diese Weise unterschied Morgenroth 8 ) Cynarase und tieri- 
sches Lab. Auch in diesem Falle konnte das Verhalten normaler Sera 
gegenflber den beiden Fermenten mit Wahrscheinlichkeit fflr die An- 
nahme ihrer ungleichen Beschaffenheit verwertet werden. Bordet und 


1) Eine geoauere Mitteilung beabsichtigt Dr. M. v. Eisler, der die Versuche 
ausfiihrte, in den Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. in Wien zu geben. Dort 
soli auch die Fallbarkeit der Antifermente des Serums durch Ammonsulfat besprochen 
werden. 

2) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXVII. p. 357. Ein ahnlicher Verauch war durch 
v. Dungern fur Bakterienfermente schon gemacht worden. (Ref. Munch, med. 
Wochenschr. 1898. p. 1040.) 

3) CentralbL f. Bakt. etc. Bd. XXVII. p. 721. 


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Lan detainer, Unterecheidg. von Fermenten mit Hilfe von Serumreaktionen. .345 


Gengou 1 ) fanden so Unterschiede zwischen den Fibrinfermenten ver- 
scbiedener Tiere auf und zu Ahnlichen Folgerungen kamen Muraschew 2 3 4 5 ) 
und Loeb 8 ) mit Hilfe der Untersuchung normaler gerinnungsbeschleu- 
nigender Stoffe. Moro 1 ) konnte jAngst das Serum mit Rinderlab behan- 
delter Kaninchen zur Unterscheidung von menschlichem und tierischem 
Lab benAtzen. 

Unsere eigenen Versuche wurden an Pepsin, Trypsin und Lab an- 
gestellt und zwar nach dem Vorschlage von Sachs 6 ) mit Verwendung 
lies Serums von GSnsen, denen kAufliche Pr Spa rate dieser Fermente durch 
lAngere Zeit in grofien Mengen injiziert worden waren. Zur Injektion 
wurde Pepsin (und Lab) vom Schwein, Trypsin vom Rind genommen 
und die Sera wurden, wenn sich eine namhafte Steigerung der anti- 
fermentativen Wirkung im Vergleich zu normalem Serum erkennen liefi 
gegenAber Pepsin vom Schwein und Hund, Lab vom Schwein, Rind 
und Huhn und Trypsin vom Menschen, Schwein, Rind und Huhn ge- 
prAft. Bei diesen Versuchen ergab es sich, dafi eine Steigerung der 
Hemmungswirkung in irgendwie erheblichem Made nur in Bezug auf 
die zur Injektion verwendete Fermentart eingetreten war. 

Als Beispiele fAr eine grdfiere Anzahl von Versuchen, die mit 
variierten Mengen der Stoffe an gestellt wurden, sollen hier die folgenden 
zwei dienen. 

Es wurden in mehreren Rdhrchen zu je 1 ccm 10-proz. verflAssigter 
Gelatine 10 Tropfen (= 0,25 ccm) Trypsinldsung von Rind, Schwein, 
Huhn und Mensch, die mit Gelatine auf ann&hernd gleiche tryptische 
Wirkung eingestelit waren, hinzugefAgt. In andere Rdhrchen kamen 
dieselben Mischungen aber mit ZusAtzen von 1 Tropfen eines normalen 
Gansserums einerseits (NS.), des Serums einer mit Rindertrypsin vorbe- 
handelten Gans (IS.) andererseits. 

Die Rdhrchen wurden nach dem Mischen des Inhaltes 2 Stunden 
bei 38° C gehalten, dann zur Erstarrung in kaltes Wasser gebracht. 
Nun wurde durch laugsames in bestimmter Weise vorgenommenes ge- 
meinsames ErwArmen der Rdhrchen im Wasserbad die VerflAssigungs- 
temperatur der Gelatine bestimmt 

Es wurde gefunden: 


10-proz. Gelatine ohne Zusatz 


VerfluseigUDgs- 

temperatur 

29-30° 

10 

11 

II 

+ Rindertrypsin 


11—12° 

10 

1* 

II 

+ ii 

+ NS. 

22—23° 

10 

» 

II 

+ ii 

+ IS. 

26—27° 

10 

*> 

II 

+ Schweinetrypein 

+ NS. 

8-9° 

10 

II 

II 

4* ii 

21° 

10 

)t 

II 

4 n 

+ IS. 

20° 

10 

II 

II 

+ Hiihnertrypsin 

+ NS. 

8-9° 

10 

II 

II 

4 n 

20° 

10 

II 

1} 

4 ii 

+ IS. 

18-19° 

10 

II 

II 

4- Menschentrypein 

+ NS. 

8° 

10 

II 

11 

4 n 

20—21° 

10 

II 

II 

4 ii 

+ IS. 

20° 


In Ahnlicher Weise wurde 1 ccm 10-proz. Gelatine mit 0,5 ccm 
1-proz. HC1 versetzt, ferner mit 0,1 ccm von Ldsungen von Schweine- 


1) Annal. de l’Inst. Pasteur. T. XV. p. 129. 

2) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. LXXX. 

3) Hofmeisters Beitr. Bd. V. p. 534. Virchows Arch. Bd. CLXXVI. 

4) CentralbL f. Bakt etc. Bd. XXXVII. 1904. p. 485. 

5) Fortschr. der Med. Bd. XX. 1902. p. 425. 


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346- Centralbl. f. Bakt etc. 1. Abt Originale. Bd. XXXYIIL Heft 3. 

und Hundepepsin and in anderen ROhrchen noch mit 0,1 und 0,2 ccm 
normalem Gansserum (NS.) Oder ebensoviel Serum einer mit Pepsin des 
Schweines behandelten Gans (IS.). 

Ergebnis: 

VerfluasigungB- 

temperatur 


10-proz. Gelatine nur mit HC1 versetzt 

27—28° 

10 

n 

„ + Schweinepepein 

22° 

10 

»> 

„ + „ + 0,1 NS. 

e 

CO 

10 


„ + ii 4* o,i is. 

24—25° 

10 

i> 

„ 4* » 4- o^ ns. 

23—24° 

10 

99 

n + i» + 0,2 IS. 

27—28° 

10 

»> 

„ -f Hundepepsin 

22—23° 

10 

n 

n 4“ n + 0,1 NS. 

24° 

10 

» 

7} 4- 77 + 0,1 IS. 

24° 

10 

n 

79 + 99 4" 0,2 NS. 

24—25° 

10 

99 

„ + „ o^ IS. 

24—25® 


(In den Versuchen wurde in den Kontrollrbhrchen ohne Ferment- 
bezw. Serumzusatz das Volumen mit dem der Obrigen dnrch Zufflgen 
von Kochsalzldsung gleich gemacht.) 

Die Versuche deuten demnach auf eine verschiedene Beschaffenheit 
des Trypsins, Pepsins und Labs der verschiedenen Tierarten. Allerdings 
ist sowohl hier als bei alien anderen vorliegenden ahnlichen Ergebnissen 
nicht zu ttbersehen, daft die verwendeten Fermentlosungen aufter den 
wirksamen Substanzen noch viele andere entbalteu und demgemSft die 
Resultate nicbt absolut eindeutig sind, wenn auch die daraus abgeleitete 
Folgerung wahrscheinlich ist. 

In einer Reihe von Versuchen wurde ferner die Wirkung der nor- 
malen Sera mehrerer Tierspecies gegenOber verschiedenen Trypsinen ganz 
entsprechend der von mir schon einmal benutzten Versuchsanordnung 
geprflft. 

Die gleiche Anordnung hat spater Glaessner 1 ) verwendet 

Glaessner gibt auf Grund seiner Experimente an, daft das Serum 
einer Tierart betr&chtlich starker auf deren Trypsin als auf das anderer 
Arten hemmend wirke. 

Bei unseren Versuchen verglichen wir die normalen Sera und Tryp- 
sine immer von je zwei Tierspecies in ihrer wechselseitigen Einwirkung 
und fanden einige Male, aber durchaus nicht immer, das von G. angege- 
bene Verhaitnis. Wir fanden auch Falle, wo Trypsin durch artfremde 
Sera starker beeinfluftt wurde, als durch das zugehdrige Serum. 

Unsere Versuche unterscheiden sich nun insofern von denen von 
G., als wir nicht koaguliertes Eiweift, sondern Gelatine verdauen lieften, 
und dadurch eine Differenz des Ergebnisses bedingt sein kOnnte, anderer- 
seits aber wOrden die wenigen von G. mitgeteilten Versuchsdaten keines- 
wegs far die Aufstellung einer so allgemeinen Schluftfolgerung genQgen. 

Auch die hier erhaltenen Resultate aber die trypsinhemmende 
Wirkung der normalen Sera sprechen konform mit meinen frttheren 
wieder far das Bestehen von Unterschieden zwischen den nahe ver- 
wandten Fermenten der verschiedenen Tierarten. Es hemmte z. B. 
normales Gansserum starker das Trypsin des Huhnes als das des Rindes, 
normales Rinderserum starker das Rinder- als das Hahnertrypsin. 


1) Hofmeisters Beitr. Bd. IV. p. 79. 


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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nfihrbodens fur die bakt. Typhusdiagnose. 347 


Nachdruck verboten . 

Die Bedeutung des Endoschen Nahrbodens fiir die 
bakteriologische Typhusdiagnose. 

[Aus dem hygienischen Institute der Universitat Heidelberg. 

(Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Knauff.)] 

Von Dr. F. Marschall, Privatdozent an der Universitat. 

In jiingster Zeit sind in dieser Zeitschrift*) zwei Arbeiten erscbienen, 
welche sich — und zwar die eine ausschlieftlich — mit der Brauchbarkeit 
der von Endo 1 2 ) vor etwa Jahresfrist zur DifFerenzierung von Typhus 
und Coli angegebenen Verfahren beschaftigen. Verff. gelangen dabei 
zu einem wesentlich voneinander abweichenden Urteil. Wahrend Petko- 
witsch auf Grund zahlreicher und verschiedener Versuche den Endo¬ 
schen Nahrboden als einen recht brauchbaren bezeichnet, spricht Ruata 
demselben in Anbetracht seiner Herstellung bezw. Zusammensetzung 
und der UngewiBheit des Farbenumschlages nur einen sehr bedingten 
Wert zu. 

Da bei der W'ichtigkeit, welche die Frage einer mdglichst schnellen 
und sicheren Typhusdiagnose besitzt, jedes eine Erleichterung in dieser 
Hinsicht bietende Verfahren, sofern es wirklich diesem Postulat ent- 
spricht, als eine wertvolle Bereicherung unseres bakteriologischen dia- 
gnostischen Hilfsmaterials zu begriiften ist, glaube ich Veranlassung 
nehmen zu sollen, zur weiteren Kiarung der in Rede stehenden Frage 
die von mir mit dem Endoschen Nahrboden gemachten Erfahrungen 
an dieser Stelle in knapper Form wiederzugeben. 

Ehe ich auf die Einzelheiten eingehe, mbchte ich, wie das ja auch 
Petkowitsch betont, vorweg bemerken, daft dieser Nahrboden selbst- 
verstandlich ebensowenig wie alle anderen, aus ahnlichen Erwagungen 
hervorgegangenen, fur sich allein im stande ist, ohne weiteres die bakterio¬ 
logische Diagnose eines echten Typhus zu gewahrleisten. 

I. Herstellung. Dieselbe ist einfach und wenig zeitraubend, be¬ 
sitzt somit vor dem sonst vielfach gebrauchten und gewifi nicht zu 
unterschatzenden D rigalski- Con radi-Nahrboden einen grofien Vor- 
zug. Daft die Bereitung des letzteren recht viel Zeit und Sorgfalt 
erfordert, namentlich die zu demselben erforderliche Herstellung der 
Lackmustinktur nach Kubel-Tiemann, da die kaufliche Lackmus- 
tinktur fflr die feinen Farbenumschlage vOllig unzuianglich ist, wird 
jeder bestatigen, der denselben anzufertigen gendtigt ist. 

Indem ich bezflglich der Einzelheiten der Herstellung des Endo¬ 
schen Nahrbodens auf die eben zitierte Originalarbeit verweise, mbchte 
ich, in Uebereinstimmung mit Petkowitsch, bemerken, daft der genau 
nach der Vorschrift hergestellte Nahrboden so gut wie farblos ist. Un- 
erlaftlich hierfflr aber ist die Verwendung einer jedesmal frisch bereiteten 
Ldsung von ganzlich unverwitterten Natriumsulfitkristallen. 


1) Petkowitsch, Drag. S., Beitrag zur Frage des diagnoetiflchen Wertes einiger 
Nahrboden fur die Typhusdiagnose. (Ceotralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVI. 
p. 304. — Ruata, Guido Q., Das Verfahren von Endo zur Differenzierung des 
Bacillus von Eberth vom Colibacillus. (Ibid. p. 576.) 

2) Endo, 8., Ueber ein Verfahren zum Nachweis des TyphusbacUlus. (CentralbL 
t Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXV. p. 109.) 


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348 


Centralbl. f. fiakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


DaB eine Rotfarbung dieses durch Natriumsulfit zur Farblosigkeit 
reduzierteD Fuchsin-Milchsaure-Nahrbodens aufier durch skurebildende 
Bakterien auch durch den Sauerstoff der Luft, namentlich bei gleich- 
zeitiger Einwirkung erhbhter Temperatur — also beim Verweilen im 
Thermostaten — eintreten kann und da in der Tat auch gelegentlich 
in niafiiger Weise eintritt, ist bei der leichten Zersetzlichkeit des Natrium- 
sulfits erklkrlich. Indem nun Ruata diesen vermeintlichen Uebelstand 
— daB derselbe wirklich ein verraeintlicher ist, soil weiter unten dar- 
gelegt werden — durch eine weit flber die von Endo gegebene Vor- 
schrift hinausgehende Vermehrung des Natriumsulfits zu beheben ver- 
sucht, ohne indessen nach seinen eigenen Angaben ein wesentlich besseres 
Resultat zu erzielen, schafft er einen viel grSBeren Uebelstand, er be- 
eintrfichtigt dadurch die Farbenempfindlichkeit des Endoschen N&hr- 
bodens in der bedenklichsten Weise. Derselbe vermag, ganz analog dem 
Drigalski-Conradischen LackmusnShrboden, die feinen Farben- 
umschlSge mit Sicherheit nur zu gewkhrleisteu, wenn die hierbei aus- 
schlaggebende Substanz sozusagen sich im labilen Gleichgewicht befindet. 
Es ist daher leicht erkl&rlich, daB das B. coli, welches das in eine 
Leukobase flbergefflhrte Rosanilin durch seine Skureproduktion wieder 
in rotes Fuchsin umwandeln soil, diese Aufgabe nicht erfflllen kann, 
wenn ein gewaltiger UeberschuB von reduzierendem Natriumsulfit in 
dem Nahrboden seine Arbeit im Keime erstickt. Vornehmlich auf 
diesen Umstand ist meines Erachtens das ungflnstige Ergebnis der von 
Ruata mit dem Endoschen Nahrboden angestellten Versuche und 
sein demzufolge abfalliges Urteil flber den letzteren zurflckzufflhren. 
Dazu kommt, als weiteres zu dem unbefriedigenden Resultate bei- 
tragendes Moment, daB Ruata gleichzeitig wiederholt den Fuchsinzusatz 
reduzierte, sowie schlieBlich die Art der Beschickung des Nahrbodens 
mittels paralleler Striche. Dieselbe muB, um gute Erfolge zu verbflrgen, 
d. h. eine genflgende Isolierung der Kolonieen zu erreichen, nach der 
von Drjgalski-Conradi zuerst in Vorschlag gebrachten Methode 
mittels | — -Glasstaben geschehen, wie dies auch von Endo selbst an- 
gegeben ist. 

II. Haltbarkeit. Im Dunkeln und kfihl aufbewahrt, halt sich 
der Endo-Boden unverflndert etwa 2 Wochen. Spflter nimmt er auch 
unter diesen Kautelen in den oberfiachlichen Schichten infolge Luft- 
oxydation eine rfltliche Fflrbung an. Im Hinblick auf die Gefahr einer 
Zersetzung des Milchzuckers durch lflngeres Kochen empfiehlt es sich, 
analog wie beim Drigalski-Conradi -Lackmusnflhrboden, den Endo- 
schen in kleineren Portionen abgeteilt vorrfltig zu halten, wie sie der 
jedesmaligen Anlage einer Plattenserie entsprechen. 

III. Aussaat des zu untersuchenden Materials. Es ist 
unbedingt notig, dieselbe so zu bewerkstelligen, daB mdglichst samt- 
liche Kolonieen isoliert zur Entwickelung kommen. Dies kann, wie 
schon erwflhnt, in befriedigender Weise nur erreicht werden durch die 
peinlichste Befolgung der von Drigalski-Conradi angegebenen Vor- 
schriften, bezflglich deren Einzelheiten ich demnach auf die Original- 
arbeit dieser Autoren *) verweise. 

Nun wissen wir in der Regel nichts flber die Keimzahl eines zu 
untersuchenden typhusverdachtigen Materials und stehen somit einem 


l) v. Drigalski-Conradi, Ueber ein Verfahren zum Nachweis der Typhus- 
bacillen. (Zeitschr. t Hyg. Bd. X X X I X. 1902. p. 283 ff.) 


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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nftbrbodens fttr die bakt. Typhusdiagnose. 349 

unbekannten Faktor gegeniiber. In diesem Punkte befinden wir uns 
also bezfiglich der zu bewerkstelligenden Aussaat in einem gewissen 
Dilemma und zwar gilt dies in erhtthtem Made bei der Benutznng des 
Endoschen Bodens, welcher ein wesentlich leichteres und weiteres 
Diffundieren der durch B. coli-Kolonieen erzeugten Verfttrbung als der 
Drigalski-Conradi-Boden ermOglicht. Gehen wir beispielsweise 
bei der Verarbeitung eines Typhusstuhles, um ja isolierte Kolonieen zu 
erhalten, mit der Verdtinnung desselben zu weit, so kann es sich er- 
eignen, dad bei einem an Typhuskeimen armen Stuhl ttberhaupt keine 
Typhuskeime ausgesfit werden und somit die in ersterem tatsfichlich 
vorhandenen Typhusbacillen der Untersuchung entgehen. Treiben wir 
andererseits, in Befttrchtung eben dieses Umstandes, die VerdQnnung 
nicht weit genug, so erleben wir es wohl, dad die Platten von B. coli 
ttberwuchert werden und die vielleicht nur fiufierst spfirlich vorhandenen 
zarten Typhuskolonieen durch die von den ersteren ausstrahlende inten¬ 
sive RStung gewissermaden zugedeckt werden. 

Dieser Gefahr lfifit sich dadurch begegnen, dad man eben eine 
grbdere Anzahl Platten anlegt. Analog dem Verfahren von Drigalski- 
Conradi stellt man sich 2 Verdttnnungen her, und zwar etwas weiter- 
gehend, als es von diesen Autoren fttr ihren Nfihrboden empfohlen wird, 
eine im Verhfiltnis 1:50 und eine zweite 1:100. Hiermit beschickt 
man 2 Serien von etwa 4—5 groden Schalen. Der geringe Mehr- 
aufwand an JZeit und Mtthe fSllt hierbei nicht ins Gewicht, und die 
Scheu vor einem allzu reichlichen Verbrauch des ohnedies billigen und 
relativ leicht herzustellenden Nfihrbodens ware eine falsch angebrachte 
Sparsamkeit. 

Die erste Platte ist, wie dies auch Drigalski-Conradi angeben, 
mit verschwindenden Ausnahmen fibers at und fttr die Untersuchung 
nicht zu gebrauchen; man verwendet daher fttr dieselbe zweckmfidig 
eine kleine, gewohnliche Petri-Schale. 

IV. Zeitdauer, innerhalb welcher zuverlfissige Re- 
sultate erreichbar sind. Manchmal gelingt es schon, wie es Endo 
angibt, nach 15 Stunden bei 37° verdfichtige Kolonieen zu erkennen. 
Es kommt aber nicht so selten vor, dad Kolonieen, welche um diesen 
Zeitpunkt als Typhus Oder Paratyphus angesprochen werden kdnnten, 
innerhalb weniger Stunden bei weiterem Aufenthalte im Thermostaten 
doch, von einem oft winzigen roten Punkte im Zentrum beginnend, tlef- 
rot werden und somit fttr die Diagnose auszuschalten sind. Es empfiehlt 
sich daher, die Prttfung der verdfichtigen Kolonieen und deren Abimpfung 
nicht vor der 20. Stunde, am besten etwa nach 22 Stunden Auf- 
enthalt im Thermostaten vorzunehmen, um vor Enttauschungen sicher 
zu sein und unntttze Materialverschwendung sowie flberflttssige Mtthe zu 
vermeiden. 

Vor diesem Zeitpunkt ist auch auf Drigalski-Conradi-Boden 
im allgemeinen eine sichere Abschfitzung der in Frage kommenden 
Kolonieen nicht moglich, somit steht der Endosche Nfihrboden hinter 
demselben in dieser Hinsicht keineswegs zurttck. 

V. Wachstum und Aussehen der verschiedenen Kolo¬ 
nieen. Die an dieser Stelle niedergelegten Beobachtungen sind in 
erster Linie die Resultate einer Reihe von Versuchen mit 

a) Reinkulturen und deren Mischungen; 

b) kttnstlichem Typhusstuhl; 
sodann von 


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350 


Centr&lbl. f. fiakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


c) Untersuchungen eingesandter typhusverdfichtiger 
Stable; 

wobei ich bemerke, dad dieselben gleichzeitig auf auf Drigalski- 
Conradi-Boden angestellt wurden. 

Was die sub a) angefflhrten Versucbe anlangt, so wurden bezflglich 
ihres Verhaltens auf Endo-Boden folgeude Arten geprdft: 

1) B. coli commune, aus normalem menscblichen Stuhl ge- 
zflchtet. 

2) Typhus No. 3, Institutssammlung. 

3) Typhus No. 5, ebenfalls. 

4) Typhus W, aus der Milz eines an Typhus Verstorbenen ge- 
ziichtet 

5) Typhus K, aus dem Stuhl eines typhuskranken Kindes geziichtet. 

6) B. typholdesliquefaciens. Dieser Bacillus wurde aus einem 
verdSchtigen Brunnenwasser in H. geziichtet, gleicht in seinem morpho- 
logischen sowie biologischen Verhalten im allgemeinen durchaus dem 
echten B. typhi, unterscheidet sich jedoch von demselben durch eine 
geringere Beweglichkeit und die Neigung, gelegentlich — aber nicht 
regelmSdig — die Gelatine duderst langsam zu verfldssigen. Ich glaube 
daher, dad er identisch ist mit dem von Petruschky und Pusch 1 ) 
in mehreren WSssern gesehenen und zuerst unter diesem Namen be- 
schriebenen Bacillus. 

7) Paratyphus „A“ Freiburg. 

8) Paratyphus „B“ Freiburg. 

Beide aus dem hygienischen Institute der UniversitSt Freiburg. 

9) Paratyphus „A tt Miinchen. 

10) Paratyphus „B“ Miinchen. 

Beide durch Vermittelung der hiesigen medizinischen Klinik. 

11) Paratyphus „A tt Berlin. 

12) Paratyphus „B“ Berlin. 

Beide aus dem kgl. Institute filr Infektionskrankheiten in Berlin. 

13) B. enteritidis Gartner. 

Aus dem hygienischen Institute der Universitfit Jena. 

Die vorstehenden Arten wurden wiederholt in Eeinkulturen aut 
Endo-Boden ausgesdt und, wie schon oben erwfihnt, zum Zwecke der 
Kontrolle auch eine Aussaat auf Drigalski-Conradi-Boden be- 
werkstelligt, auf welchem dieselben — abgesehen von B. c o 1 i natflrlich — 
ausnahmslos blau wuchsen. 

Ausgangsmaterial waren durchwegs 24 Stunden bei 37° gehaltene 
Bouillonkulturen in entsprechender Verdflnnung 2 ). 

In gleicher Weise wurden Mischungen von B. coli mit Typhus, 
Paratyphus sowie B. enteritidis zur Aussaat gebracht. 

Nach 20—22 Stunden bei 37° war das Bild dann folgendes: 

Der Ndhrboden war, mit Ausnahme einer einige wenige Male 
aufgetretenen mSdigen Rotung, nahezu oder ganz farblos. 

Auf demselben pr&sentieren sich die Kolonieen der einzelnen Arten 
in nachstehend beschriebener Weise. 

1) Petruschky u. Pusch, Bacterium coli als Indikator fur Fakalverunremigung 
von Wassem. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIII. 1903. p. 306.) 

2) Fur Zwecke des Kolonieenstudiums bezw. der Demonstration kommt man mit 
3 Endo-Platten aus, wenn man zur Beschickung derselben von einer Verdiinnung aus- 
geht, welche auf 5 ccm Aq. steril. 1 Oese der entsprechenden Bouillonreinkulturen ent- 
nalt. Man erhalt dann auf der letzten Platte nur noch ganz wenige, ganzlich isoliate 
Kolonieen. 

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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nfthrbodens filr die bakt Typhusdiagnose. 351 


1) B. coll Tiefrote, nahezu runde und am Rande deutlich er- 
habene, ziemlich grofie Kolonieen. Intensive Rfitung des N&hr- 
bodens rings urn dieselben, welche von Stunde zu Stunde zu- 
nimmt and sich weiter ausbreitet Gegen die 24. Stunde, Ofters auch 
schon frfiher, schillert die Oberfl&che der Kolonieen in dem grfinen 
Metallglanze, wie ihn die Fuchsinkristalle besitzen. 

2) B. typhi. Alle 4 St&mme wachsen nahezu gleich als farblose 
bezw. blasse, m&fiig grofie, kreisrunde Kolonieen, welche von der 
Mitte aus deutlich gegen die dtlnneren R fin der abfallen. Glatte 
Oberfl&che, keine Nabelbildung. 

Falls der N&hrboden rbtlich gef&rbt ist, sind die Typhuskolonieen 
von einera lichten, farblosen Hofe umgeben. 

3) B. typholdes liquefaciens. Ziemlich kleine, farblose, 
kreisrunde Kolonieen, im fibrigen Verhalten durchaus den echten Typhus¬ 
kolonieen gleichend. 

4) B. paratyphi Typ. „A“. Die 3 St&mme verhalten sich unter- 
einander vdllig fibereinstimmend. Die Kolonieen gleichen durchaus 
denen des echten Typhus, nur sind sie nicht ganz so blafi wie 
diese. 

5) B. paratyphi Typ. „B U . Die 3 St&mme „Berlin tt , „Freiburg“ 
und „Mfinchen“ wachsen tibereinstimmend farblos, verhalten 
sich indessen nicht gleich beztlglich der Form sowie Grdfie ihrer Kolo¬ 
nieen und zwar w&chst: 

Paratyphus „B“ Berlin in runden Kolonieen mit glatter Ober- 
fl&che, die denen des echten Typhus sehr fihnlich aber grdfier sind und 
entschieden tippiger entwickelt. 

Paratyphus „B“ Mfinchen gleichfalls in runden, typhus&hnlichen 
Kolonieen, aber kleiner als die eben beschriebenen. 

Paratyphus „B U Freiburg in flachen, nicht glattrandigen, son- 
dern mit gelappten R&ndern versehenen Kolonieen, welche grdfier als 
die beiden vorstehend geschilderten sind und tiberdies eine fein gekdrnte 
Oberfl&che besitzen. Keine Nabelbildung. 

Falls der N&hrboden rdtlich verf&rbt ist, sind die Kolonieen alter 
3 St&mme, und zwar des zuletzt erw&hnten in exquisitem Mafie, von 
einem farblosen Hofe umgeben. 

6) B. enteritidis G&rtner. Grofie, farblose Kolonieen wie 
Paratyphus „B“ Freiburg, aber nicht ganz so flach wie diese. Ebenfalls 
in verf&rbtem N&hrboden von einer lichten Zone umgeben und hier 
aufierdem eine deutliche Andeutung eines Nabels. 

Kurz zusammengefafit wachsen also auf Endo-N&hrbOden: 

Rot: B. coli. 

Blafi bis farblos: Echter Typhus, Typholdes liquef., 
Paratyphus Typ. „A U und „B“, B. enteritidis G&rtner. 

Erhdht man den Natriumsulfitzusatz fiber die von Endo 
angegebene Menge und setzt beispielsweise statt der vorgeschriebenen 
25 ccm 10-proz. NatriumsulfitlOsung 33 ccm hinzu, so erhSlt man unter 
alien Umst&nden einen auch bei noch so langem Verweilen im Thermo- 
staten absolut farblos bleibenden N&hrboden. Allerdings wird 
dann die soeben beschriebene Differenz in der Gestaltung der Kolonieen 
wesentlich beeinflufit. Es w&chst nun z. B. der B. enteritidis G&rtner 
glattrandig und ohne Nabelbildung, ebenso B. paratyphi „B“ Freiburg 
nahezu rundlich, w&hrend die Kolonieen des B. coli die von Endo als 
charakteristisch hervorgehobene Aufwulstung der R&nder zun&chst nicht 


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352 


Gentralbl. f. Bakt. etc I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Reft 3. 


zeigen, an GrOBe erheblich zurflckbleiben und das Auftreten des Metall- 
glanzes in reflektiertem Lichte verzdgert wird. Der Farbenunter- 
schied, also die Hauptsache, bleibt indessen bestehen und zwar in 
noch eklatanterem MaBe. B. co 1 i wflchst in tief dunkelroten kleinen 
Kolonieen mit rot ausstrahlendem Hofe auf dem v&llig farb- 
losen Nflhrboden, alle anderen genannten Arten als zarte, 
gfinzlich farblose, runde Kolonieen. 

Hiernacb erscheint es mir unverst&ndlich, wie Ruata am Schlusse 
seiner Abhandlung den Beweis dafflr erbracht zu haben glaubt, „daB 
sowobl der Bacillus von Eberth als der Colibacillus mehr Oder 
weniger den Nahrboden rbten Oder daB sie ihn gar nicht rdten etc.“ 
Die Erkiarung hierfttr vermag ich nur in den schon eingangs erwahnten 
durch Ruata selbst herbeigefflhrten Abweichungen bezflglich der Zu- 
sammensetzung und der Beschickung des Endoschen Nahrbodens zu 
sehen. Ob nicht vielleicht auch eine zu reichliche Sterilisierung des 
Nahrbodens stattgefunden hat und damit ein weiteres ungunstiges 
Moment hinzugekommen ist, entzieht sich meiner Beurteilung, und 
mflchte ich diesen Punkt nur als eine immerhin denkbare Mbglichkeit 
nicht unerwahnt lassen. 

Ebensowenig vermag ich es zu verstehen, wenn Petkowitsch, 
der im flbrigen dem E n d o schen Boden voile Gerechtigkeit widerfahren 
lafit, zu dem Satze gelangen kann, daB die sogenannten Paratypben bezw. 
Fleischvergifter zum Teil nach einiger Zeit den Fuchsinagar nach Art 
der Coli-Bakterien verandern. Demgegenuber mOchte ich feststellen, 
dafi samtliche von mir untersuchten Paratyphusst&mme und der B. en¬ 
ter itidis Gartner auch nach 5-tagiger Beobachtung hierzu absolut 
nicht im stande sind. 

Es nehmen wohl einzelne derselben innerhalb dieses Zeitraumes, 
welcher fflr die Diagnose von einer praktischen Bedeutung ja nicht 
mehr ist, eine gewisse fleischfarbene Rfltung an, aber nie die typische, 
in die Umgebung ausstrablende tiefe Fuchsinrotfarbe 
und den grQnlich schillernden Metallglanz, welche beide fflr das 
B. coli so charakteristisch sind. 

Ich sehe in dem, so wohl gegenflber dem echten Typhus wie den 
Paratyphen beider Typen, was die Farbe anlangt, flbereinstimmenden 
Verhalten des Endoschen Nahrbodens einen groBen Vorzugdesletzteren, 
da meines Erachtens die Erkrankungen an Paratyphus vom sanitaren wie 
prophylaktischen Standpunkte genau ebenso zu beurteilen sind, wie echte 
Typhuserkrankungen, und befinde mich in diesem Punkte in voller 
Uebereinstimmung mit der von Kayser 1 ) im gleichen Sinne ausge- 
. sprochenen Forderung. 

a) Mischungen von B. coli mit B. typhi, paratyphi und 
enteritidis. 

Von denselben gilt durchwegs das oben Gesagte bezflglich des 
Verhaltens der Kolonieen der verschiedenen Arten, wofern man nur 
dafflr Sorge tragt, das auszusflende Material hinlflnglich zu verdflnnen, 
so daB wenigstens auf der letzten Platte alle Kolonieen sich frei ent- 
wickeln kdnnen. Das Bild ist bei diesen Mischungen eigentlich noch 
charakteristischer als bei den nur mit Reinkulturen beschickten Platten: 
Die dunkelroten, fast undurchsichtigen B. coli-Kolonieen stechen in 


1) Kayeer, Heinrich, Die Bakteriologie des Paratyphus. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Abt. I. Orig. Bd. XXXV. p. 154.) 


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Marschall, Bedeutg. des Endoschen N&hrbodens fur die bakt Typhusdiagnose. 353 


der markantesten Weise von alien Typhus-, Paratyphus-, sowie den 
B. enteritidis-Kolonieen ab und die von den ersteren ausstrahlende, 
intensive Verf&rbung des Nahrbodens macht, wie von einer unsichtbaren 
Hand gehindert, in der N&he der anderen Kolonieen Halt, die ihrerseits 
in einer farblosen Zone eingebettet liegen, welche bei l&ngerer Be- 
obachtung an Ansdehnung noch zunimmt. 

Dieser durchaus charakteristische Befund erf&hrt auch inner- 
halb der n&chsten 24 Stunden im groBen und ganzen keine wesent- 
liche Verfin derung. Es sei daher nur kurz erwShnt, daB die 
Kolonieen s&mtlicher untersuchten Arten -an GrOBe zunehmen, wobei 
die Typen Paratyphus „B“ sowie B. enteritidis alien anderen flber- 
flflgeln. Wahrend die Paratyphen „A“ und „B“ auch weiterhin nahezu 
vOllig farblos bleiben, stellt sich bei den Kolonieen des echten Typhus 
und des B. enteritidis manchmal *— in der Aufsicht betrachtet — 
eine zarte Rosaffirbung ein, und auBerdeui kommt es bei der Gruppe 
der Paratyphen „B tt zur Bildung eines blassen Randwulstes, so daB die 
letzteren in der Durchsicht nun deutlich doppelt konturiert erscheinen. 

A lie diese eben genannten VerBnderungen indessen kon- 
trastieren in der sch&rfsten Weise rait den B. coli-K-olonieen, 
die um diese Zeit im reflektierten Lichte intensiven metallischen 
Fuchsinglanz zeigen, vbllig undurchsichtig sind und ihre Um- 
gebung weithin intensiv gerStet haben. 

b) Kttnstlicher Stuhl. 

Analog den Ergebnissen bei Gemengen von Reinkulturen gelang 
die Erkennung der jeweils zugesetzten Typhus- bezw. Paratyphusbacillen 
zu normalem Stuhl stets ohne besondere Schwierigkeit, sofern das 
Mischungsverhaitnis zwischen den ersteren und Stuhl in runder Zahl 
1 :4000 nicht unterschritt. Dieses Ergebnis ist zwar kein ideales, in¬ 
dessen mit Rflcksicht auf die geringe Menge Material, welche bei einer 
inittels | — -Glasstaben zu bewerkstelligenden Beschickung — gleichviel 
ob Endo- oder Drigalski-Conradi-Boden —zur Aussaat gelangen 
kann, t auch nicht als ungflnstiges zu betrachten, wie folgende kurze Er- 
w&gung illustrieren m5ge. Wird 1 ccm Stuhl mit Vio Oese Typhus- 
bouillonkultur versetzt und das Ganze zwecks Erreichung hinreichend 
isolierter Kolonieen im Verhaitnis 1 : 100 yerdttnnt, so mtiBten, da an 
einem in eine Suspension eingetauchten | -Glasstab im Durchschnitt 
freiwillig nicht mehr als 0,05 ccm = 1 gtt hangen bleibt, theoretisch — 
gleichmafiige ideale durch Schfltteln bewirkte Verteilung vorausgesetzt 
— bei dem angegebenen Mischungsverhaitnis insgesamt rund 
200000 B. coli- und 50 Typhuskeime auf samtlichen Platten zur Aus¬ 
saat gelangen. 

Durch die von Roth 1 2 ) entdeckte wichtige Tatsache, daB K off ein 
fQr Typhusbacillen elektiv entwickelungshemmend wirkt, indem es, aller- 
dings nur innerhalb einer gewissen Breite, gleichzeitig anwesende Coli- 
Bakterien am Auskeimen verhindert, ist die Mbglichkeit gegeben, in der 
Form einer Vorkultur erheblich gOnstigere Resultate zu erzielen, wie 
es auBer Roths eigenen Versuchen die Arbeiten von Hoffmann und 
Ficker*) beziiglich des Nachweises von Typhusbacillen im Wasser und 
StOhlen, ferner unter anderem eine nach der Methode dieser Autoren 

1) Hyg. Rundsch. Bd. XIII. 1903. p. 489 sowie Arch. f. Hyg. Bd. XLIX. 1904. 
p. 199. 

2) Hyg. Rundsch. Bd. XIV. 1904. Heft 1 sowie Arch. f. Hyg. Bd. XLIX. 1904. 
Heft 3. 

Erete Abt. Orig. Bd. xxxviii. Heft 3. 23 


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354 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIIL Heft 3. 

erfolgreiche Untersuchung der Moldau sowie des Prager Leitungswassers 
durch v. Jaksch und Rau 1 2 ) und die Untersuchung von Kloumann*) 
beweisen. Eine gewisse Gefahr indessen wfirde in der prinzipiellen 
Verallgemeinerung einer Koffei'nvorkultur bei Untersuchung verdfichtigen 
Materials insofern liegen, als nach der Angabe des zuletzt genannten 
Autors Paratyphus Typ. „Schottmfiller A“ durch Koffeln noch starker 
als B. coli gescbadigt wird. 

c) Typhusverdfichtige Stfihle. 

Das Material war einmal der Zahl nach ein beschrfinktes, und dann 
in noch hoherem MaBe der Unostand erschwerend, daB es in der Mehr- 
zahl klinisch meist unklare Faile waren, fiber deren spfiteren Verlauf 
leider nichts in Erfahrung gebracht werden konnte. 

Gleichwohl glaube ich aber auch an der Hand dieser wenigen Daten 
die Brauchbarkeit des E n d o -Bodens zeigen zu konnen. Im ganzen kli¬ 
nisch sichergestellt waren 5 Ffille. In 2 davon, welche das Bild eines 
echten Abdominaltyphus boten, gelang es beidemal ohne weiteres, auf 
den Endoplatten die typhusverdfichtigen Kolonieen zu erkennen und die- 
selben durch die weiteren fiblichen Methoden als echte Typhusbacillen 
zu identifizieren. In dem ersten dieser Ffille stammte das Material aus 
der 3. Woche, zu welcher Zeit ein Zweifel fiber die Art der Erkrankung 
nicht mehr bestand; im zweiten Faile handelte es sich urn den Verdacht 
eines beginnenden Typhus. In diesem letzteren Faile konnte auf den 
Drigalski-Conradi-Platten zwischen den zahlreichen B. coli- 
Kolonieen nach angestrengtestem Suchen nur eine blaue Kolonie kon- 
statiert werden, wfihrend das Auffinden diverser Typhuskolonieen 
auf den entsprechenden Endo-Platten sofort gelang. 

In den 3 anderen Fallen ergab die bakteriologische Untersuchung 
auch nicht eine einzige verdfichtige Kolonie, und die weitere klinische 
Beobachtung bestfitigte dann diesen negativen Befund. 

In den fibrigen Fallen, welche sfimtlich von auswfirts, meist mit der 
lakonischen Bemerkung „Stuhl eines Typhusverdfichtigen 44 zur Unter¬ 
suchung eingesandt waren, konnte 2mal Paratyphus, sowie je lmal 
B. enteritidis und B. faecalis alcaligenes nachgewiesen werden. 

Leider waren, wie schon erwfihnt, Berichte fiber den weiteren klini- 
schen Verlauf nicht erhfiltlich, und somit entziehen sich diese Ffille einer 
kritischen Besprechung. 

Auch 3 vorher mittels Desinfizientien behandelte Stfihle gelangten 
zur Untersuchung. Ich wfirde diese Tatsache nicht erwfihnen, wenn 
nicht einer derselben — zwei erwiesen sich als absolut keimfrei! — in¬ 
sofern ein gewisses Interesse besitzt, als bei dessen Verarbeitung auf 
Drigalski-Conradi-Boden eine Anzahl Kolonieen besonders wider- 
standsffihiger Kokken sich entwickelte, wfihrend die gleichzeitig be- 
schickten Endo-Platten vfillig steril blieben. 

Diese Beobachtung, daB die Kokken des Stuhls auf Drigalski- 
Conradi-Platten noch zum Auskeimen gelangten, wfihrend dieselben 
auf den korrespondierenden Endo-Platten sich fiberhaupt nicht mehr ent- 
wickelten, konnte ich wiederholt machen. 

Bei einem Vergleiche von En do-Stuhlplatten mit solchen von Dri- 
galski-Conradi mfichte ich im wesentlichen folgende Punkte hervor- 
heben: 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVI. 1904. Heft 4. p. 584. 

2) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVI. 1904. Heft 2. p. 312. 


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Marschall, Bedeutg. des Endoschen N&hrbodens flir die bakt Typhusdiagnose. 355 


1) Die Kokken des Stahles, deren Entwickelung auch durch das 
zu diesem Zwecke dem Drigalski-Conradi-Boden zugesetzte Kri- 
stallviolett durchaus nicht immer zurflckgehalten wird, sind der flber- 
wiegenden Mehrzahl nach ausgesprochene S&urebildner und wachsen 
dementsprechend auf diesem N&brboden rot, manchmal den ganzen N&hr- 
boden total verfSrbend, so daB andersfarbige Kolonieen in demselben 
nicht mehr zu erkennen sind, falls die ersteren, wie nicht selten, in 
grofien Mengen vorhanden sind. Daneben kommt bisweilen eine nicht 
s&urebildende Kokkenart vor, welche auf Drigalski-Conradi-Boden 
in kleinen blauen Kolonieen w&chst. Beide Gruppen, die saurebilden- 
den und die letzteren, gelangen auf dem Endoschen Boden, welcher 
fflr dieselben offenbar sehr ungunstige Lebensbedingungen bietet, im 
allgemeinen viel seltener und sp&rlicher bezw. gar nicht 
zum Wachstum; namentlich die ersteren werden in exquisitem MaBe 
in der Entwickelung behindert und fast immer g&nzlich zurflckgehalten. 
Die nicht s&urebildende Gruppe w&chst, falls es flberhaupt zum Aus- 
keimen kommt, in sehr kleinen, nahezu farblosen Kolonieen, welche 
schon wegen ihrer auffallenden Kleinheit bei dem Suchen nach verdUch- 
tigen Kolonieen ohne weiteres auszuschalten sind. 

2) Verd&chtige Kolonieen sind entschieden leichter auf 
Endo-Boden zu erkennen als auf Drigalski-Conradi-Boden. Das 
Gesamtbild ist nicht ein so buntes wie beim letzteren, auf dem 
sehr oft alle moglichen Ueberg&nge von blau bis rot herrschen und 
namentlich, wenn die Kolonieen dicht gedr&ngt stehen, das Material arm 
an Typhus- bezw. verwandten Keimen ist und infolge einer nicht immer 
absolut gleichm&Big ausfallenden Beschaffenheit der Lackmustinktur die 
Pr&gnanz der Farbenunterschiede EinbuBe erleidet, die Erkennung der 
fraglichen Kolonieen mitunter recht mflhsam und zeitraubend ist 

3) Eine Anzabl anderer, auf Stuhlplatten Afters wachsender Kolo¬ 
nieen gehAren der Mehrzahl nach der Gruppe des B. sub til is sowie 
des B. proteus an, gelegentlich zeigt sich auch B. flu ore see ns. 
Dieselben wachsen — wie es schon von Dr i gal ski und Con rad i in 
ihrer eingangs zitierten Originalarbeit angegeben ist — auf Lackmus- 
boden mehr Oder weniger blau. Auf Endo-Boden verhalten sie 
sich nicht ganz flbereinstiramend, indem die Vertreter der beiden 
erstgenannten Gruppen bereits nach 22 Stunden bei37° den 
in der unbeschickten Kontrollplatte g&nzlich farblos bleibenden N&hr- 
boden in toto rAtlich verf&rben und in der Form von rosa bis 
fleischfarbenen Kolonieen wachsen, die weder mit B. coli 
noch mit Typhus die geringste Aehnlichkeit haben. B. fluo- # 
rescens liquefaciens dagegen w&chst, ohne den N&hrboden im* 
geringsten zu beeinflussen, in farblosen, dem Typhus an 
GrABe sehr &hnlichen Kolonieen mit leicht gezahneltem Rande. 
Die Ueberimpfung auf eine Reihe weiterer NahrbAden, hier in erster 
Linie Gelatine, eventuell in Verbindung mit der spezifischen Serum- 
reaktion, gibt sehr bald den wflnschenswerten AufschluB. 

VI. RAtung des N&hrbodens. Eine gewisse, mauchmal beim 
Aufenthalt im Thermostaten sich einstellende Rotfarbung, welche, 
wie eingangs erw&hnt, in erster Linie, wenn nicht ausschlieBlich, auf die 
Verwendung nicht g&nzlich unverwitterten Natriumsulfits zurflckzufflhren 
ist, schadet in keiner Weise. Icb mAchte im Gegenteil be- 
haupten, daB, sofern die RAtung keinen sehr erheblichen Grad erreicht, 
dadurch die Auffindung verd&chtiger Kolonien erleichtert 

23* 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


wird, da dieselben durch einen von ihnen ausstrahlenden lichten Hof, 
welcher sehr scbnell vOUig farblos wird, sofort in dem rdtlich ver- 
fflrbten Nflhrboden auffallen. 

VILVerhalten bei kflnstlicbem Licht. 1st man gezwnngen, 
bei kflnstlichem Lichte zu arbeiten, wie es im Winter zwecks 
Untersuchung eintreffender Stflhle oft unvermeidlich ist, so gelingt die 
Erkennung verdflchtiger Kolonieen auf Endo-Boden viel 
leichter als auf Drigalski-Conradi, bei welchem die oft nur 
zarten Farbendifferenzen, namentlich bei Auerlicht, so verftndert 
bezw. geradezu ausgeloscht sind, daB eine sicbere Beurteilung einfacb 
nicbt mebr mCglich und Trugschlfls.se unvermeidlich sind. • 

VIII. Definitive Identifizierung der als verdfichtig 
angesprochenen Kolonieen. Dieselbe hat naturgemflB analog der 
Benutzung von Drigalski-Conradi-Boden in der heute wohl allge- 
mein Qblichen Methode einer gleichzeitigen Impfung der verschiedenen 
hierfflr in Betracht kommenden Nflhrsubstrate zu erfolgen, also Bouillon, 
Gelatine, Traubenzuckeragar, Neutralrot, Lackmusmolke und Milch. Das 
entscheidende Wort hat schlieBlich die spezifische Serum- 
reaktion zu sprechen. — Bezflglich des Rothber ger-Scheffler- 
schen Neutralrots mochte ich bemerken, daB dasselbe in der von Olde- 
kop 1 ) angegebenen Modifikation — Zusatz von nur 0,3 Proz. Agar — 
weitaus die besten Resultate ergibt. Die Konsistenz des Neutralrots 
wird dadurch zwar zu einer gallertigen und die Erkennung von Gas- 
bildung, sofern dieselbe nicht fluBerst energisch erfolgt, illusorisch, da 
die Gasblasen aus dem fast halbflflssigen Nflhrboden, ohne erheblichen 
Widerstand zu linden, entweichen. Dafflr tritt aber die Fluoreszenz 
und die beginnende Entffirbung des Neutralrots sicher innerhalb 
16 bis lflngstens 20 Stunden bei 37° ein, wflhrend bei hflherem 
Agargehalt das oft erst nach 48 Stunden und noch spflter der Fall ist. 
Da nun die Schnelligkeit des Eintrittes der charakteristischen 
Verflnderung des Neutralrots jedenfalls die Hauptsache ist, 
so ist die Oldekopsche Modifikation als eine sehr glflckliche zu be* 
trachten. Zur Erkennung der Gasbildung dient dann eben das 
gleichzeitig zu impfende Traubenzucker-Agarrdhrchen. 

Was die Anstellung der spezifischen Serumreaktion in der Form der 
Agglutination anlangt, so sei es mir gestattet, an dieser Stelle auf einige 
Punkte in mSglichster Kflrze hinzuweisen. 

In sttirmischen Epidemiezeiten, wenn Gefahr im Verzuge, mag man 
wohl getrost direkt von einer verdachtigen Kolonie eine Agglutinations- 
j)robe anstellen, und bei zweifelhaftem bezw. fraglich erscheinendem 
Befund lieber einen Fall als suspekt anmelden, der sich spflter nicht 
als ein solcher erweist Innerhalb lflngstens 20 Stunden weiterer Beob- 
achtung ist man in der Lage, die abgegebene Diagnose definitiv zu be- 
stfltigen oder entsprechend zu berichtigen. Der entgegengesetzte Fall 
wtirde verhflngnisvolle Konsequenzen nach sich ziehen, und ich schlieBe 
mich,.unter der eben gemachten Einschr&nkung, der Ansicht Dri* 
gal skis und Conradis, welche sich in diesem Sinne aussprechen, 
durchaus an. 

Im allgemeinen aber halte ich es fflr richtiger, die Aggluti- 
nationsprobe nicht direkt von der Platte weg anzustellen. 

Denn einmal ist die Menge Bakterien, die bei einer Entnahme 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt L Orig. Bd. XXXV. 1904. p. 120. 


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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nfthrbodens fiir die bakt. Typhusdiagnose. 357 

mittels der Nadel an dieser baften bleibt, eine sehr schwankende, und 
bekanntermaBen die Anzahl der bei der Agglutination beteiligten Bak- 
terien von erheblicbem EinfluB auf die Art sowie den Verlaut des Zu- 
standekommens derselben. 

Sodann zeigen die direkt von einer Kolonie entnommenen Bakterien 
gar nicht selten eine auffallend geringe Beweglichkeit, welche die Er- 
kennung des Eintritts der Agglutination, sofern sicb dieselbe (iberhaupt 
in maBigen Grenzen halt, zum mindesten verzdgert Diese unliebsamen 
Erscheinungen erfahren dann noch eine erhebliche Verstarkung, wenn 
die betreffenden Stamme ohnedies die Neigung baben, sich im hangen- 
den Tropfen am Deckglas zu kleinen Kliimpchen auch im Kontrollpr&pa- 
rate zusammenzuschlieBen. SchlieBlich ist, vorausgesetzt, daB zu Zwecken 
der AgglutinationsprQfung lediglich Typhusserum zur VerfQgung stehen 
sollte, aucb damit zu rechnen, daB manche Paratyphen im Verhaltnis 
von 1 :500 und dardber — so z. B. der in vorliegenden Versuchen be- 
nutzte Stamm Paratyphus B „Freiburg tt — eine deutliche Agglutination 
mit echtem Typhusserum liefern. Wenngleich ich nun dem zuletzt be* 
tonten Punkte aus dem friiher erwahnten Grunde nur eine relative 
Bedeutung zuerkennen, so ist derselbe doch nicht ganzlich unberQck- 
sichtigt zu lassen, da nach den bisher vorliegenden Literaturangaben die 
Erkrankungen an Paratyphus im allgemeinen leicbter verlaufen und so- 
mit bezuglich der Prognose die bakteriologische Diagnose immerhin 
ihren Wert beh&lt. 

Alle diese eben aufgefiihrten MiBstande vermeidet man, wenn man 
von einer jungen Bouillonkultur bebufs Anstellung der Agglutinations- 
probe ausgeht. Hier vermag man genau zu dosieren und kann mit 
ruhigem Gewissen ein positives Gutacbten abgeben, wenn die mikrosko- 
pische Agglutination — vorgenommen mittels spezifischer Tiersera von 
Typhus Oder Paratyphus „A U und „B U von einem Titre von 1 : 10000 
— sofort das typische Bild der echten Agglutination bietet: ausge- 
dehnte Schollenbildung und Immobilisierung der liberwiegenden Mehr- 
zahl der freien Bakterien in einer Konzentration von 1 : 1000. 

Gleichzeitig haben sich dann auch die auf den anderen N&hrbOden an- 
gelegten Kulturen — l&ngstens nach weiteren 20 Stunden — so weit 
entwickelt, daB dieselben zur Stfltzung bezw. Entscheidung der bakterio- 
logischen Diagnose beizutragen im stande sind. 

Feblt jede Spur einer Gasbildung im Traubenzuckeragar, jede Spur 
einer Fluoreszenz im Neutralrot, ist Milch nicht geronnen, Lackmus- 
molke fast unverindert oder deren Farbenton nur leicht gegen Rot ver- 
schoben, gleichzeitig dabei klar geblieben, und erfolgt prompte, typische 
Agglutination gegenilber Typhusserum unter den angegebenen Bedin* 
gungen, so ist an der Identifizierung eines echten Typhus kein Zweifel, 
da B. typhoides liquefaciens, der auf den betreffenden N&hr- 
bdden genau so w&chst, durch Typhusserum in dem angezogenen Ver- 
haitnis nicht beeinfluBt wird, B. faecalis alcaligenes urn diese Zeit 
die Lackmusmolke gebl&ut haben muB, und der Shiga-Krusesche 
Dysenteriebacillus schon durch seine Unbeweglichkeit von vornherein 
auszuschalten ist. 

Ist dagegen auf Traubenzuckeragar Gasbildung eingetreten, Neutral- 
rot fluoreszierend oder bereits im Stadium der Entf&rbung, Milch nicht 
geronnen, Lackmusmolke leicht bis deutlich rot bei gleichzeitiger Klar- 
heit oder hdchstens zarter Trfibung, so wird es sich im wesentlichen 
nur um Paratyphus oder Bacillen aus der Gruppe der Fleischvergifter 


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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


handeln. Die Entscheidung liefert auch hier die Agglutinationsprobe mit 
Paratyphusserum beider Typen. 

Sollte endlich, infolge einer vielleicht bei sich drSngender Arbeit vor 
der 20. Stunde vorgenommenen Abimpfung versehentlich eine B. coli- 
Kolonie Qbertragen worden sein, welche samtliche soeben aufgefflhrten 
Veranderungen in den bescbickten Nahrbfiden in exquisitein MaBe ver- 
ursacht — wobei neben der ausgesprochenen Rotung der Lackmusmolke 
eine deutliche Trfibung Hand in Hand geht — und sollte fiberdies der 
betreffende B. col i - Stamm die Eigenschaft einiger Vertreter dieser 
Gruppe teilen. Milch erst nach lfingerer Zeit, nach etwa 30—40 Stunden, 
zur Gerinnung zu bringen, so genfigt schon die Revision der abgeimpften 
Kolonie auf der Endo-Platte nach weiteren wenigen Stunden, welche 
dann sicher fuchsinrot geworden ist, urn den Irrtum aufzuklfiren, so d&fi 
jede Agglutinationsprobe flberflflssig wird. 

Znm SchluB mfichte ich mein Urteil fiber den Wert des 
Endoschen Nfihrbodens folgendermaBen kurz zusammenfassen: 

1) Derselbe ist einfach und schnell herstellbar, dabei 
billig bezfiglich der zu seiner Bereitung notigen Mate- 
rialien. 

2) Er ermfiglicht, richtig zubereitet, die mfihelose 
Unterscheidung derB. coli-Arten vonTyphus, Paratyphus 
„A“ und „B“ sowie von B. enteritidis Gartner innerhalb 
lfingstens 24 Stunden bei 37°, indem B. coli fuchsinrot, 
alle anderen genannten nahezu Oder g&nzlich farblos 
wachsen. 

3) Er ist in dieser Hinsicht dem Drigalski-Conradi- 
schen Nfihrboden nicht nur ebenbtirtig, sondern dem- 
selben, namentlich beim Arbeiten mit kflnstlichem Lichte, 
entschieden fiberlegen. 

4) Er halt die Entwickelung der Kokken des Stuhles 
weit mehr, als dies der Lackmusboden trotz Kristall- 
violettzusatz vermag, zurfick bezw. verhindert dieselben 
Qberhaupt am Auskeimen. 

5) Vertreter der Subtilis- sowie der Proteus-Gruppe, 
welche im Stuhl nicht so selten vorkommen und auf 
Lackmusboden blauwachsen, lassen sich aufEndo-Boden 
gegen die 20. Stunde sowohl von den Typhus- sowiePara- 
typhus- und Enteritidis-Bacillen einerseits wie von B. 
coli andererseits ohne weiteres unterscheiden. 

6) Eine gewisse Rotfarbung des Endoschen Nahr- 
bodens schadet nichts, ist im Gegenteil ffir die leichte 
Erkennung verdachtiger Kolonieen eher von Vorteil. 

Heidelberg, Dezember 1904. 

Nachschrift. 

Nach AbschluB vorstehender Abhandlung gelangt eine Arbeit von 
Klinger 1 ) zu meiner Kenntnis, welcher an der Hand eines auBer- 
ordentlich reichen Materials — dem Verf. s tan den 355 Typhus- bezw. 
typhusverdachtige Stfihle zur Verffigung — die neuesten Verfahren zum 


1) Klinger, P., Ueber neuere Methoden zum Nachweie dee Typhuebacillus in 
den Darmentleernngen. [Inaug.-Oiss.] 8tra6burg 1904. (Ref. im Centralbl. f. Bakt. 
etc. Bd. XXXV. 1904. Heft 19/21. p. 655.) 


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Blumenthal u. Lipskerow, Bewertg. different Meth. z. Diphtheriebacillenf&rbg. 359 


Nachweis der Typhusbacillen sowohl auf ihren absoluten Wert wie anf 
ihr diesbezflgliches Verhalten zueinander untersuchte. Es wurden ein- 
mal Drigalski-Conradi- sowie Endo-Boden in gleichzeitigen Ver- 
suchen geprflft, aufierdem die Anreicherungsverfahren mittels Malachit- 
grfln und Koffeln. Klinger gelangt dabei zu dem Urteil, daB der 
Endo-Boden aus verschiedenen Griinden — es sind dies zum groBen 
Teil dieselben, welche ich oben eingebend geschildert habe — dem 
Lackmnsboden bei gleichen Vorteilen Qberlegen ist, und 
beweist dies durch entsprechendes Zahlenmaterial. Durch Anwendung 
von Vorkulturen mittels Malachitgriinagar nach Lentz und Tietz so¬ 
wie der Koffelnbouillon nach Ficker und Hoffmann konnten die 
Kesultate wesentlich verbessert werden, wobei Verf. dem Malachit- 
grQn den Vorzug erteilen zu sollen glaubt. Lediglich durch 
letzteres Verfahren gelang ihm in 3 Fallen der Nachweis von 
Para typhus — tiber das Wachstum des letzteren auf Endo-Boden 
ist allerdings nichts mitgeteilt — wodurch die von Kloumann ge- 
machte Beobachtung einer direkten Schadigung des Paratyphus „A U 
durch Koffeln, auf deren Bedeutung ich im vorstehenden hingewiesen 
habe, eine Bestatigung erfahren durfte. 


Nackdruck verboten . 

Vergleichende Bewertung der diferentiellen Methodeu zur 
Farbung des Dipbtheriebacilliis. 

[Aus dem chemisch-bakteriologischen Institut des Dr. Ph. Blumenthal 

in Moskau.] 

Von Dr. J. M. Blumenthal und Dr. 91. Lipskerow, Moskau. 

Der Diphtheriebacillus nimmt jeden beliebigen Farbstoff auf und 
bietet infolge seines Polymorphismus erhebliche Schwierigkeiten fiir eine 
exakte und schnelle mikroskopische Diagnose dar. Eben deswegen waren 
die Bestrebungen samtlicher Forscher darauf gerichtet, eine differentielle 
Methode zur Farbung der Diphtheriebacillen zu finden. Zu diesem Zwecke 
benutzte Hunt eine aus Methylenblau, Gentianorange und Gerbsaure 
bestehende L5sung, Crouch hingegen eine L6sung von Metbylgrfln und 
Dahlia (1-proz. Methylgriin 5 Teile, 1-proz. Dahlia 1 Teil und destill. 
Wasser 4 Teile). Bei diesem Verfahren waren die Diphtheriebacillen 
schwach grffn, die beiden Polkbrner dagegen rStlich gefarbt. Seine Farbe- 
methode bezeichnete Crouch als „Reaktion auf die Ldfflerschen 
Stabchen“. Es folgte bis auf Neisser eine ganze Reihe von anderen 
Forschern (Gossage, Kanthack, Gross u. a.), welche ebenfalls ihre 
Farbemethoden empfahlen, aber diese erwiesen sich als praktisch nicht 
recht brauchbar. Im Jahre 1897 trat Neisser mit seinem Verfahren 
hervor, welches im folgenden besteht: 

Auf das fixierte Praparat wird fflr V*—1 Minute eine LOsung von 
Methylenblau 1,0 

Alkohol (95-proz.) 20,0 

Acid, acetic, glacial. 50,0 

gegossen; sodann wird das Praparat unbedingt mit destilliertem Wasser 
(Kurth) abgespQlt, wonach auf dasselbe eine halbe Minute lang mit einer 


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Centralbl. f. Baku etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


1-prom. w&sserigen Ldsung von Bismarckbraun *) eingewirkt wird. Bei 
der mikroskopischen Betrachtung der so geffirbten Prfiparate stellen die 
Diphtheriebacillen blaBgelbe Stabchen mit dunkelblauen KSrnern an den 
beiden Enden und in der Mitte, Oder nur an den Enden, dar. Das 
Frinzip dieses Verfahrens besteht in dem Verdrangen eines schwachen 
FarbstofFes seitens eines starkeren. Die Kdrner, welcbe den intensiven 
blauen Farbstoff aufgenommen haben, farben sich nicbt mehr mit dem 
scbwScberen geiben. Das Neisserscbe Verfahren gewann allgemeine 
Beacbtung und verdrangte bald alle Qbrigen bis dahin gebrauchlicben 
Methoden. 

In der Tat kann dieses Verfahren als eine differentielle F&rbe- 
methode for Diphtheriebacillen bezeichnet werden, und gegenw&rtig 
tragt jedes Verfahren zur differentiellen (Pol-)Farbung der Diphtherie¬ 
bacillen die Bezeichnung „Neisserf&rbung“. Die Pseudodiphtheriebacillen 
weisen bei seiner Anwendung keine Kdrner auf; die intensiv blau ge- 
fkrbten Kdrner der Diphtheriebacillen heben sich scharf vom hellgelben 
Hintergrunde ab, was eine exakte Diphtheriediagnose bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung gestattet. Als aus den in der Folge erschienenen 
Arbeiten verschiedener Forscher (Bronstein, sodann Neisser selbst) 
ersichtlich wurde, daB mit diesem Verfahren auch in den unmittelbar 
aus den Rachenbelagen gefertigten StrichprSparaten noch vor der Ge- 
winnung von Kulturen vortreffliche Resultate erzielt werden kdnnen, 
was die Mdglichkeit verlieh, die bakterioskopische Diagnose am 16Stunden 
frflher zu stellen, trat die Neisser sche Methode vollends an die erste 
Stelle. Nichtsdestoweniger sind seit der Zeit, wo Neisser sein Ver¬ 
fahren verdffentlicht hat, bis zur Gegenwart 13 verschiedene Modifi- 
kationen seiner Methode in Vorschlag gebracht worden. Dieser Um- 
stand weist unzweifelhaft darauf hin, daB die Neisser sche Methode 
demnach nicht alien Anforderungen entspricht, welche an eine ideale 
F&rbungsmethode zu stellen sind. Ausgehend von diesem Gesichtspunkte 
und vor die Notwendigkeit gestellt, bei der Untersuchung des enormen 
Diphtheriematerials unseres Laboratoriums uns an irgend ein bestes 
und zweckmaBigstes Verfahren zu halten, machten wir es uns zur Auf- 
gabe, zu prflfen, inwiefern jede der bis jetzt empfohlenen Methoden fQr 
Laboratoriumszwecke anwendbar ist. Die Anforderungen, welche unseres 
Erachtens an eine ideale differentielle F&rbungsmethode zu stellen sind, 
sind folgende: 

1) Die F&rbung darf keine Kdrnungen in Pseudodiphtheriebacillen 
erkennen lassen. 

2) Die Kdrner in den Diphtheriebacillen mQssen scharf hervortreten 
und womdglich in s&mtlichen St&bchen vorhanden sein. 

3) Die St&bchen selbst mQssen deutlicbe Konturen und Zeichnung 
aufweisen. 

4) Die das empfohlene Gemisch zusammensetzenden Farbstoffe mQssen 
Kontrastfarben sein. 

5) Das F&rbungsmittel muB zufriedenstellende Resultate in Strich- 
pr&paraten aus Kulturen und, was noch wichtiger ist, in solchen aus 
Bel&gen liefern. 

Untergeordnete Anforderungen: 

1) Die AusfQhrung der F&rbung muB in dem kQrzesten Zeitraum 
vor sich gehen. 


1) Der Farbstoff muB in heiiJem Wasser gelost werden. 


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Blumenthal u. Lipskerow, Bewertg. different Meth. z. Diphtheriebacillenf&rbg. 361 


2) Die Einwirkung des Leitungswassers beim Abspfllen des Pr&- 
parates muB behoben werden. 

3) Es ist ein solches Farbengemisch herzustellen, dessen Bestand- 
teile die St&bchen in die eine, die Kdrner in die andere, und zwar in 
die Kontrastfarbe zu tingieren h&tten. 

Nachdem wir uns zur Aufgabe gestellt hatten, die bis jetzt empfoh- 
lenen Methoden einer kritischen Prflfung zu unterziehen, und die an 
ein ideales Verfabren zu richtenden Ansprflche stipuliert waren, schritten 
wir an die Arbeit. 

Als Material far nnsere Untersuchungen dienten 60 von uns ge- 
zflchtete Reinkulturen von Diphtheriebacillen, 10 Reinkulturen von Pseudo- 
diphtheriebacillen und an die 3000 Diphtheriemembranen. 

Die Gewinnung von Reinkulturen wurde von uns auf die allgemein 
flbliche Weise vorgenommen. Eine Oese Material wurde auf eine Petri- 
Schale rait geronnenem Serum verimpft und diese fflr 16 Stunden in 
den Brutschrank bei 37° gestellt; hierauf machten wir mit der Nadel 
aus einer Kolonie eine Ueberiinpfung in ein Rohrchen mit erstarrtem 
Blutserum, aus welchem wir nach Verlauf von 16 Stunden behufs Kontrolle 
der Reinheit der Kultur auf Glycerinagar Qberimpften. Anfangs ver- 
suchten wir Reinkulturen nacb der Methode von Banti-Schabad zu 
gewinnen (eine Oese des Impfmaterials wird in ein Rdhrchen mit Gelatine 
flbertragen, das in den Brutschrank bis zur Verfliissigung der Gelatine 
gestellt wird, aus welcher erst eine Oese zur Verimpfung auf erstarrtes 
Serum genommen wird). Bald jedoch gaben wir dieses Verfahren wegen 
seiner Kompliziertheit auf. Recht gute Resultate erzielten wir auch mit 
der Methode von Drigalski, welche gewdhnlich zur Reinzflchtung 
von Typhuskulturen angewendet zu werden pflegt (eine Oese des Impf¬ 
materials wird in ein Rdhrchen mit steriler Bouillon oder Wasser flber¬ 
tragen, sodann wird ein Teil der geimpften Flflssigkeit in eine Petri- 
Schale mit erstarrtem Serum gegossen und mit einem besondern Glas- 
stfibchen gleichm&Big flber die ganze Oberfl&che des Serums verteilt). 

Methode von Crouch. 

Auf das fixierte Pr&parat wird fflr 1—2 Sekunden eine Mischung 
von folgender Zusammensetzung gegossen: 

1-proz. Ldsung von Methylgrfln 5 Teile 

1-proz. Ldsung von Dahlia 1 Teil 

Wasser 4 Teile. 

Mit dem Verfahren von Crouch haben wir in vielen Fallen keine 
befriedigenden Ergebnisse zu verzeichnen gehabt. Nach Crouch wird 
keine Kontrastf&rbung erzielt, so dafi die Diphtheriebacillen in verun- 
reinigten Kulturen oder Rachenbel&gen nur mit Mflhe aufgefunden werden 
kdnnen; aufierdem ist es uns trotz alien Bemflhens nicht gelungen, rdt- 
lich gef&rbte Kdrner, wie sie Crouch beschreibt, in den St&bchen 
sichtbar zu machen: St&bchen wie Kdrner waren gleichm&Big violett 
gef&rbt, wobei die letzteren nicht deutlich wahrzunehmen waren. 

Methode von Neisser. 

Diese Methode ist bereits oben beschrieben worden. DaB sie nicht 
alien Anforderungen entspricht, die an eine ideale F&rbungsmethode zu 
stellen sind, erhellt schon daraus, daB gegenw&rtig N e i s s e r selbst eine 
neue Modifikation seines Verfahrens empfohlen hat (s. u.). In der Tat 
re8ultieren bei Anwendung dieser Methode solch zarte Bilder, die Kon- 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


turen der Stfibchen sind derartig undeutlich, daB ein ungettbter Unter- 
sucher die Kdrner der Diphtheriebacillen als Kokken ansprecheo kann, 
besonders wenn in dem Strichprfiparate aufier den Diphtheriebacillen 
noch zahlreiche andere Mikroorganismen vorhanden sind, was auch der 
Fall zu sein pflegt. 

Zu den weniger erheblichen Mfingeln dieses Verfahrens gehdrt das 
unbedingte Erfordernis, sich zum Abspfilen des Prfiparates destillierten 
Wassers zu bedienen, da sonst die F&rbung hfiufig nicht gelingU 

Modifikation von Bronstein. 

Im Jahre 1899 erschien eine Arbeit von Bronstein fiber die 
bakterioskopische Diagnose der Diphtheriebacillen, in welcher er als 
erster empfahl, die Neissersche Ffirbung ffir die Bakterioskopie von 
Strichprfiparaten aus Belfigen zu benutzen, und unter anderem eine 
Modifikation des Neisserschen Verfahrens beschreibt, die darin be- 
steht, daB das Methylenblau durch den Farbstoff Dahlia ersetzt wird, 
welcher, worauf Roux hinweist, gewissermaBen eine grdBere Affinitfit 
zu den Kdrnern der Diphtheriebacillen besitzt als das Methylenblau. 

I. Dahlia 1,0 

Alkohol (95-proz.) 20,0 
Acid, acetic, glacial. 50,0 

ffir */ 2 —1 Minute, sodann Abspfilung des Prfiparates mit destilliertem 
Wasser. Darauf 

II. Bismarckbraun 1,0 
Aq. destill. 100,0 

ffir Vs Minute. 

Bei der Ffirbung mit Dahlia treten die Polkfirner viel inteusiver 
hervor als bei der mit Methylenblau, aber daffir kommt mitunter keine 
Doppelffirbung zu stande, wfihrend nach Neisser die Kdrner stets 
deutlich sichtbar sind. Alles in allem haben wir mit diesem Verfahren 
keine besseren Resultate erzielt als mit der Neisserschen Methode; 
fiberdies ist aus den Ausffihrungen des Autors selbst zu ersehen, daB 
er seinem Verfahren keine besonderen Vorzfige zuerkennt 

Modifikation von Coles. 

Im selben Jahre empfahl Coles, zwischen die erste und zweite 
Neissersche Farbstofflosung die Lugolsche Lfisung einzuschalten. 

1) I. Neissersche Ldsung (10—30 Sek., mit "Wasser abspfilen). 

2) J+JK-hH 2 0 (1:2:300) (10—30 Sek., mit Wasser abspfilen). 

3) II. Neissersche Ldsung (10—30 Sek.). 

Die Einschaltung der Lugolschen Ldsung ist unstreitig von Be- 
deutung. Bei unseren Nachprfifungen waren die Kdrner in einer grdfieren 
Anzahl von Diphtheriebacillen sichtbar, die Stfibchen selbst waren recht 
scharf konturiert. Die diesem Verfahren anhaftenden Mfingel bestehen 
darin, daB es komplizierter ist als die Neissersche Methode, wfihrend 
die mikroskopischen Bilder nur wenig deutlicher sind als die mit der 
letzteren Methode erzielten. 

Methode von Piorkowsky. 

Im Jahre 1900 empfahl Piorkowsky seine Methode, welche in 
folgendem besteht. Auf das Prfiparat wird Ldfflersches Blau gegossen 
und 1—2 Minuten lang 1 ) stark erhitzt; hierauf wirkt man auf das Prfi¬ 
parat 1 Sekunde lang mit 3-proz. Salzsfiurealkohol ein, spfilt mit Wasser 


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ab und giefit fflr 10 Sekunden eine 1-proz. wfisserige Eosinlflsung auf. Die 
Kflrner sollen dabei eine intensiv blaue F&rbung annehmen, wShrend 
die Stabchen sich rosig fflrben. Trotz alien Bemflhens ist es uns jedoch 
nicht gelungen, solch deutliche Bilder zu erzielen. Die Stabchen f&rben 
sich allerdings schfln rosig, aber ibre Konturen sind undeutlich, die Pol- 
kOrner klein und nicht scharf umgrenzt. Die Methode ist kompliziert: 
3 verschiedene Gemische, die Notwendigkeit, das Praparat zn erwarmen 
— alles dies erschwert die Verwendung dieses Verfahren fflr Labora- 
toriumszwecke. 


Methode von Pitfield. 

Im Jahre 1901 empfahl Pitfield seine Farbungsmethode: 


A) 


B) 


C) 


5,0 
5,0 

3 ccm 

1,0 

5 ccm 
10 ccm 
10 Tropfen 
10 ccm 

Farbstofflosung A 


ge- 


Argent. nitric. 

Aq. destill. 

Gesfittigte alkohol. Fuchsinlflsung 
Acid, pyrogallic. 

10-proz. Natronlauge 
Aq. destill. 

Earbol-Fuchsin 
Aq. destill. 

1) Auf das fixierte Strichprflparat wird die 
gossen und bis zum Kochen erhitzt. 

2) Abspfllen mit Wasser. 

3) AufgieBen der Ldsung B und abermaliges Erhitzen bis zum Kochen. 

4) AufgieBen der Lflsung C und 2 Min. lang einwirken lassen. 

5) Abspfllen mit Wasser, Trocknen u. s. w. 

Dieses Verfahren lieferte mitunter prachtige Bilder. Die Diphtherie- 
bacillen farbten sich schOn rot, die Polkflrner schwarz und traten scharf 
hervor. Die Ausfflhrung dieser Methode ist jedoch so sehr kompliziert, 
erfordert so groBe Sorgfalt und nimmt so viel Zeit in Anspruch, daB sie 
in der taglichen Praxis wohl kaum ausgedehnte Anwendung linden kann. 


Methode von De Rovaart 

De Rovaart (1903) erkiart sich mit dem ersten Teil der Methode 
von Piorkowsky (L5fflersches Blau fflr 1—l l / 3 Min.) einverstanden, 
halt jedoch die Behandlung mit salzsaurem Alkohol fflr flberflflssig und 
empfiehlt auBerdem anstatt der Eosinldsung eine Vesuvinldsung. 

Ausfflhrung: 1) Lofflersches Blau (erwarmen 1—l 1 /* Min. lang); 

2) Abspfllen mit Wasser; 

3) 1—l 1 /* Min. lange. Behandlung mit Vesuvin 1-prom. 
Bei diesem Verfahren sind die Polkflrner grOBer und scharfer kon- 

tnriert. 

Nach unseren Beobachtungen besitzt diese Methode, was die Deut- 
lichkeit des Bildes anlangt, keine besonderen Vorzflge vor dem Neisser- 
schen Verfahren und ist flberdies bei weitem komplizierter. 

Methode von Falifcres. 

Im Jahre 1902 empfahl Falibres eine Modification der Neisser- 
schen Methode, welche darin besteht, daB anstatt des Acid, acetic, glacial. 
Borax benutzt wird. 


1) Wir benutzten die uns vom Herrn Verfasser liebenswurdigst iibereandte Original- 
arbeit, in welcher die enteprechenden Zahlen von ihm selbst abgeandert waren. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Methylenblau 2,0 

Boracis 0,5 

Aq. destil]. 100,0 

Alcohol, absol. gtts. VIII 

Mit Leitungswasser abspiilen; hierauf eine halbe Minute lang 
eine 1-prom. wAsserige VesuvinlAsung einwirken lassen. 

Mit die8em Verfahren erzielten wir vorzAgliche Resultate; die Pol- 
korner waren grABer als bei der Neisserschen Methode, fArbten sich 
dunkelblau und traten scharf aus dem hellbraunen Grunde hervor; Pol- 
kArner wurden in einer grAfiern Anzahl von Bacillen wahrgenommen, 
die Umrisse der StAbchen waren deutlich sichtbar. Das PrAparat kann 
mit Leitungswasser abgespiilt werden, worunter die Deutlichkeit des 
Bildes nicbt im geringsten leidet 

Methode von Schaufler. 

Fast gleichzeitig mit Fali&res verAffentlichte Schaufler seine 
Methode, welche darin besteht, dafi das fixierte PrAparat 1 Minute lang 
mit einer LAsung von LAfflerschem Blau, Pyronin und 3-proz. Salz- 
sAure-Alkohol behandelt wird. 

Filtrierte LAsung von LAfflerschem Blau 10,0 ccm 

„ „ „ PyroDin GrAbler (5-proz.) 1,5 „ 

3-proz. SalzsAure- (25 Proz.) Alkohol 0,5 „ 

(Die genaue Vorschrift entnehmen wir der uns von Herrn Pior- 
kowsky liebenswQrdig Abersandten Schauflerschen OriginalarbeiL) 

DiePolkArner sollen sich dabei intensiv rot, die Bacillenleiber blau ffirben. 

Schon a priori ist es wohl kaum anzunehmen, dafi LAfflers Me¬ 
thylenblau als Kernfarbe dem Pyronin den Platz einrAumen wird, und 
in der Tat haben wir auch bei sorgfAltigster Herstellung der Farbstoff- 
lAsung und der PrAparate keine solchen mikroskopischen Bilder erzielen 
kAnnen, wie sie der Autor beschreibt. In der Mehrzahl der FAlle war 
das ganze StAbchen mitsamt den in ihm eingeschlossenen KArnchen gleich- 
mafiig rot gefArbt, wobei die Granula sich nur undeutlich abheben. Falls 
die Farbe derartige Resultate liefern wArde, wie der Verfasser angibt, 
so wAre sie ein ideales FArbungsmittel, da in dem Gemisch die eine 
Komponente dem Bacillenkorper, die andere den Granula verschiedene 
Kontrastfarben mitteilen wArde. 

Methode von Ficker. 

Im Jahre 1902 empfahl Ficker fAr die FArbung der Diphtherie- 
bacillen eine 1-prom. Losung von Methylenblau, zu welcher 2 ccm von 
Acid, lactic, puriss. zugesetzt werden. Mit dieser LAsung wird auf ein 
DeckglasprAparat eine Minute lang eingewirkt. Durch diese Diphtherie- 
bacillen fAr bung sollen sehr schone Bilder zu stande kommen: in jedem 
Individuum werden 2—3 dunkelblau gefArbte Kornchen wahrgenommen, 
wAhrend der ubrige Teil des Bacillenleibes ungefArbt bleibt. Durch das 
angegebene Verfahren wird erreicht, dafi der Farbstoff nur in der gra- 
nulAren Substanz abgelagert wird. 

Mit dieser Methode haben wir jedoch keine befriedigenden Ergebnisse 
erzielt. Schon der Umstand, dafi bei dem bezeichneten Verfahren auch 
die KOrnchen der Pseudodiphtheriebacillen zum Vorschein treten, macht 
es zu einem praktisch unbrauchbaren. Dieser Uebelstand ist auch Ficker 
nicht entgangen, welcher in seiner Arbeit mitteilt, dafi von 11 Pseudo- 
diphtheriekulturen 9 nach 20-stAndigem Verweilen im Brutschrank KArn- 
chen aufwiesen, und 2 Kulturen nach 12-stAndigem Verweilen ira Thermo- 


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Staten solche Kdrnchen erkennen lieBen, so daft die Knlturen mit echten 
Diphtheriebacillenkulturen verwechselt werden konnten. Infolgedessen 
rat Ficker, nicbt auf die Neissersche Methode zu verzichten. Im 
Qbrigen verdient die Fickersche Arbeit alle Beachtung, da der Autor 
in ibr bis zu einem gewissen Grade die Natur der Diphtheriebacillen- 
kdrnung klarlegt Leider gestattet es uns der Raum nicbt, bier anf 
diese wichtige und bis jetzt nocb nicbt v511ig aufgekiarte Frage nSher 
einzugehen. 

Metbode von Peck. 

Zu Beginn des Jahres 1903 verdffentlichte Wicliff Peck sein 
Verfahren, welches darin besteht, dafl auf das PrSparat 3—4 Sekunden 
lang mit Lofflers Methylenblau eingewirkt, das PrSparat abgespfllt und 
fflr V* Minute eine 2-prom. Vesuvinldsung aufgegossen wird (Ldffler- 
Neissersche Methode). 

Dieses Yerfabren soil auch in AusstricbprSparaten aus BelSgen gute 
Resultate liefern und auch dort befriedigende Ergebnisse aufweisen, wo 
die Neissersche Methode versagt. Wir jedocn konnten bei unseren 
Versuchen nicht konstatieren, dafl die Pecksche Methode vor der 
Neisserschen irgend welche Vorzflge besSBe. 

Neue Methode von Neisser. 

Mitte 1903 empfahl Max Neisser selbst eine Modifikation seines 
frflher von ihm verOffentlichten Verfahrens. 


a) Methylenblau 

1,0 

Alkohol 

20,0 

Aq. destill. 

100,0 

Acid, acetic, glac. 

50,0 

b) Kristallviolett (Hdchst) 

1,0 

Alkohol 

10,0 

Aq. destill. 

300,0 


Yon der Ldsung a werden 2 Teile, von der Ldsung b ein Teil ge- 
nommen und darait eine Sekunde lang gefSrbt, sodann das PrSparat mit 
Wasser abgespfllt und fflr 3 Sekunden eine Chrysoidinldsung (1,0 Cbry- 
soidin auf 300 ccm heifies Wasser) auf dasselbe gegossen; hierauf aber- 
mals Wasserspfllung. Mit dieser Methode erzielten wir mitunter hervor- 
ragend deutliche Bilder, in der Mebrzahl der FSlle jedoch war sie minder 
leistungsf&hig als die alte Neisser-Ffirbung. 

Methode von Ljubinsky. 

Vor einigen Monaten, als unsere Arbeit bereits im Gange war, de- 
roonstrierte uns Dr. Ljubinsky (Kiew) seine noch unveroffentlichte 
Methode und gestattete uns in liebenswflrdigster Weise, uns ihrer zu 
bedienen. Sie besteht darin, daB auf das fixierte PrSparat fflr l / t —2 Min. 
folgende Losung appliziert wird: 

Pyoktanin „Merck“ 0,25 

Acid, acetic. (5-proz.) 100,0 

Abspfllen mit einfachem Wasser und hierauf Nachf&rbung mit einer 
1-prom. Ldsung von Vesuvin (V* Min.). 

Diese Methode lieferte uns vorzflgliche Resultate. Die schwarzblau 
gefSrbten Kdrnchen der Diphtheriebacillen sind voluminds und in fast 
sSmtlicheD StSbchen zu sehen. Die Eonturen der dunkelviolett gefSrbten 
StSbchen sind scharf umgrenzt. Offenbar ist das Pyoktanin das beste 
KernfSrbungsmittel. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


Da wir nach einer noch grfifieren Deutlichkeit des mikroskopischen 
Bildes strebten, so modifizierten wir dieses Verfahren in der Weise, 
dafi wir in dem ersten Teil der Vorschrift die Ljub in sky sche Farb- 
lOsung beliefien, in dem zweiten Teile hingegen das Vesuvin dnrch das 
Chrysoidin substituierten, nur dafi wir eine dreimal so starke LOsung 
nahmen. Die Deutlichkeit des Bildes gewann dadnrch noch um ein Be- 
deutendes, und gegenwfirtig wird in unserem Laboratorium nnr diese 
Metbode angewendet 

Wenn wir zum Schlufi s&mtliche bis jetzt empfohlene Methoden mit- 
einander vergleichen, so mtissen wir konstatieren, dafi als die besten 
von ihnen uns die Methoden von Fali&res und Ljub in sky erschienen 
sind. Bei der Wahl dieser Oder jener geeigneten Methode spielt der 
Subjektivismus eine sehr grofie Rolle. Uns z. B. schienen die mit dem 
Ljubinskyschen Verfahren erzielten Bilder die vortrefflichsten zn 
sein. Bei dieser Ffirbungsraethode sind die Diphtheriebacillen so scharf 
konturiert und so sehr typisch, dafi sie sofort in die Augen fallen und 
sie sogar ein wenig geflbter Untersucher von den fibrigen im Ausstrich- 
pr&parat enthaltenen Mikroorganismen leicht unterscheiden kann. 

Zum Schlufi ist es uns eine angenehme Pflicht, Herrn Dr. J. Bron- 
stein ftir seine Anregung zu dieser Arbeit und fflr seine freundliche 
Anleitung bei der Ausftihrung derselben unseren besten Dank auszn- 
sprechen. 

Literatur. 

1) Neisser, Max, Zur Differentialdiagnose des Diphtheriebacillus. (Zeitschr. f. Hyg. 
Bd. XIV. p. 443.) 

2) Erast, Ueber Kern- und Sporenbildung in Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. V. 
1889. p. 428.) 

3) Bronstein, Ueber die bakterioskopische Diagnose der Diphtheria. (1899.) 

4) De Nigris, Sui metodi per la ricerca dei granuli polari nell bacillo della difteria. 
(Centralbl. f. Bakt Bd. XXXI. 1902. No. 15. Referate.) 

5) Erbrich, Neuere Untersuchungsmethoden der Diphtheriebacillen. (Centralbl. f. 
Bakt. Bd. XXXII. 1902. No. 3. p. 83.) 

6) Peck, Wicliff, A new differential Stain for the Klebs-Ldffler-Bacillus of Diph¬ 
theria. (The Lancet 1903, 10./I. p. 92.) 

7) Golowkoff, J. A. I., Ueber die Differentialdiagnose der Diphtheriebacillen und 
der Pseudodyphteriebacillen nach der Methode von Neisser. (Wojenno-medizinsky 
Shurnal. 1899. No. 1. p. 187.) 

8) Piorkowsky, Ueber eine Modifikation der Diphtheriebacillenfarbung. (Sitzung 
der Berliner med. Gesellschaft vom 19. Dez. 1900.) 

9) Pit field, I. On the Diagnosis of Diphtheria. II. A double Stain for the Bacillus 
of Diphtheria. (The University of Pennsylvania medical Bulletin. September 1900. 
P. 177.) 

10) Kitai, Ueber die Differentialfarbung der Diphtheriebacillen. (Jeschenedelnik. 1900. 
No. 42. p. 177.) 

11) De Rovaart, Zur Neisserschen Farbung der Diphtheriebacillen. (Centralbl. f. 
Bakt Bd. XXIX. No. 13. p. 575.) 

12) Ficker, Martin, Eine neue Methode der Farbung von Bakterienkdmchen. (Hyg. 
Rundschau. 1902. 12. Jahrgang. p. 1131.) 

13) Schauffler, W. G., A new Stain for Diphtheria Bacilli. (Medical Record. 1902. 
6. Dezbr.) — Zur Farbung von Diphtheriebacillen und Choleravibrionen. (CentralbL 
f. Bakt Bd. XXXII. p. 212.) 

14) Faliferes, E., Dee granulations polaires du bacille diphtherique. (Dissertation). 

15) Bosse, Bruno, Der Deyckesche Pepsin-Trypsin-Agar, ein Nahrboden fur Diph¬ 
theriebacillen. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXIII. 1903. No. 6.) 

16) Coles, The British Medical Journal, 1899. (Zit im Handbuch der pathogenen 
Mikroorganismen. Bd. I. p. 827.) 

17) Sahli, Methoden der klinischen Diagnostik. 

18) Predteczensky, Lehrbuch der klinischen Mikroskopie (russisch). 

19) Schabad, Die klinische Bakteriologie der Diphtherie. 

20) Neisser, M., Hygienische Rundschau, 13. Jahrgang. 1903. No. 14. 


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Dschunkowsky u. Luhs, Apparat zum sterilen Blutentnehmen etc. 367 


Nachdmck verboten . 

Apparat zum sterilen Blutentnehmen zwecks Unter- 

suchungen. 

[Aus der Antirinderpeststation Surnabat.] 

Von £. Dschunkowsky und S. Luhs. 

Mit 1 Figur. 

Die Notwendigkeit einer vielseitigen Untersuchung sterilen undefi- 
brinierten Blutes zur Feststellung von Parasiten hat uns veranlaBt, die 
einfachste Verfahrungsart zur Gewinnung des betreffenden Materials zu 
suchen. 

Ein Apparat zur sterilen Blutentnahme ist schon vor einiger Zeit 
von einem von uns beschrieben '), man kann ihn jedoch nur bei Ge¬ 
winnung groBer Mengen defibrinierten Blutes verwenden, welches dann 
entweder zur Hyperimmunisation oder zu einfacher Vaccination gebraucht 
wird. Zur Untersuchung des Blutes von einer grSBeren Anzahl von 
Tieren sind diese Apparate infolge ihrer GroBe jedoch unbequem, auBer- 
dem werden bei der Defibrinierung des Blutes solche zarte Parasiten, 
wie z. B. Trypanosomen, welche im Blutplasma leben, mit dem geron- 
nenen Fibrin entfernt, und das defibrinierte Blut erscheint in diesem 
Fall steril, trotzdem es eine groBe Anzahl Parasiten enthalten hat. 

Wir nehmen eine gewohnliche Ampulle (sie 
sind verschiedener GroBe, von 3—100 ccm Inhalt) 
von der Art, wie sie in einigen Laboratorien zum 
Ausftillen von Heilseris verwendet werden. Solche 
Ampullen, mit ausgezogenem, langem Halse sind 
sehr bequem zum Aufbewahren steril gewonnenen 
Serums, da die Glash&lse sehr gut zu verschmelzen 
sind, sogar auf einer gewohnlichen Spirituslampe. 

Auf den Hals ziehen wir (siehe unsere Zeich- 
nung) ein gleich weites, ca. 10 cm langes Gummi- 
rohr. 

Vorher wird die Ampulle mit einer 5-proz. 
zitronsauren Natronlosung bis zu */ t0 des Volumens 
gefullt. Natrium citricum hindert, wie be- 
kannt, das Gerinnen des Blutes, wobei sich alle 
seine morphologischen Bestandteile, sowie etwaige 
Parasiten sehr gut erhalten. Auf das Gummirohr 
wird ein Quetschhahn gesetzt und das offene Ende 
wird mit einer groBen Spritze von 50—100 ccm ver- 
bunden. Durch einige Bewegungen des Kolbens 
entfernen wir aus der Ampulle einen bedeutenden Teil der Luft, so daB 
das Gummirohr flach wird. Jetzt entfewen wir die Spritze und verbinden 
das Rohr mit einer Hohlnadel. Die Nadel setzen wir in ein Probier- 
glas von entsprechender Gr6Be. In solcher Gestalt wird der Apparat 
wie gewohnlich im Autoklaven sterilisiert. 

Die Benutzung des Apparates ist sehr einfach. Die Nadel wird aus 


1) Dschunkowsky, E., Apparat zur Bterilen Defibrinierung des Blutes. (Cen- 
tralbl. f. Bakt. Bd. XXXII. 1904.) 



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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 


dem Probierglas in die Vene gesetzt (Vena jugnlaris), wobei das 
Glas entweder mit den unbesch&ftigten Fingern der rechten Hand ge- 
halten wird Oder frei auf derselben steht Nacb der EinfGhrung der 
Nadel in die Vene wird der Quetschhahn gedffnet, das Blut flieBt schnell 
in das Glas und fflllt es in einigen Sekunden. Dann wird der Quetsch- 
hahn geschlossen und die Nadel wieder in das Probierglas gesteckt. 
1st es wiinschenswert, so kann man nach der FQllnng des Ampullen- 
halses denselben verschmelzen. 

Solche kleine. sehr portative Apparate konnen einen grofien Dienst 
bei speziellen Expeditionen erweisen, wenn man das Blut nicht an Ort 
und Stelle genau untersuchen kann. Dank ihrer geringen Grofie, kann 
man eine genGgende Anzahl der Ampullen mit sich fQhren, ohne sein 
Gep&ck zu belasten. 


: . — ■ - -■ 1 -?■— ■ — —.. 't sjssi-. : .. -M 

Die Redaktion des „Centralblatts /Ur Bakteriologie und Parasitenkunde ? c 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn 
Lieferung von besonderen AbdrUcken ihrer Aufsdtxe entweder bei der Ein* 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u 
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturaoxiige direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fiscner tn Jena , gelangen %u lassen. 


Inhalt. 


Bartel, Julius und Stein, Robert, Zur 

Biologie schwachvirulenter Tuberkel- 
bacillen. (Forts.), p. 264, 

Blumenthal, J. M. und Upskerow, M., 
Vergleichende Bewertung der differen- 
tiellen Methoden zur Fftrbung des Diph- 
theriebacilluR, p. 359. 

Breit, Zur Tuberkulosefrage der Kuh- 
pockenlymphe, p. 271. 

Bruini, O., (Jeber die thermophile Mi- 
krobenflora des menschlichen Darm- 
kanals. (SchluB.), p. 298. 

Dscbunkowsky, E. und Luka, S., Appa- 
rat zum sterilen Blutentnehmen zwecks 
Untersuchungen, p. 367. 

Fermi, Claudio und Bassu, E., Weitere 
Untersuchungen iiber Ana6robiose. 
(Forts.), p. 241. 

de Jong, D. Die Steigerung der Yiru- 
lenz des menschlichen Tuberkelbacillus zu 
der des Rindertuberkelbacillus. (Schlufi.), 
p. 254. 

Berner, Julius, Experimenteller Beitrag 
zur H&molyse und zur Agglutination der 
Streptokokken. (Schlufi.), p. 329. 

Landsteiner, Karl, Ueber die Unter- 
scheidung von Fermenten mit Hilfe von 
Serumreaktionen, p. 344. 

Ldwit, M., Berichtigung, p. 328. 


Lftdke, H., Untersuchungen fiber die ba- 
cillkre Dysenterie, p. 289. 

—. —, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 
(Forts.), p. 320. 

M aldague, L., Bacilles d’Eberth dans un 
kyste de Tovaire apr&s la gudrison d'une 
fidvre typhoSde, p. 249. 

Marscball, F„ Die Bedeutung des Endo- 
schen N^hrbodens fiir die bakteriologi- 
sche Typhusdiagnose, p. 347. 

Ottolenghi, D. und Mori, B., Die Wir- 
kung des Aethyliithers auf die h&mo- 
lytischen und bakteriziden Sera, p. 338. 

Pfaff, Frans, Eine infekddse Erkrankung 
der Kanarienvflgel, p. 275. 

Speiser, F., Eine zweite Rattenlaus aus 
Abessinien, p. 318. 

Stebbins jr., James, On the occurrence 
of a large sized parasite of the Raryo- 
lysus order, in the blood of Rana cla- 
mata, p. 315. 

Sftdmersen, H. J., Ueber eine infektiOse 
Pneumonic der Kaninchen und deren 
Bekfempfung mit Antiserum, p. 343. 

Tiberti, N., Ueber den Transport des Te- 
tanusgiftes zu den Riickenmarkszentren 
durch die Nervenfasem, p. 281. 

Ziemann, Hans, Beitrag zur Trypano- 
somenfrage, p. 307. 


Fromm&nnsche Bochdruckerd (Hermaao Pohle) In Jena. 


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Centnlbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Nackdruck verboten . 

Weitere Untersuchungen liber Anaerobiose. 

[Aus dem hygienischen Institute der kgl. Universit&t zu Sassari.] 

II. Mitteilung. 

Von Prof. Claudio Fermi, unter Mitwirkung von E. Bassu, stud. 

Mit 13 Figuren. 

(SchluB.) 

Entwickelung von auf Strichkulturen kultivierten 

Anaerobe n. 

Da die neuen Kulturmethoden einmal festgestellt waren, blieb uns 
nicbts anderes mehr tibrig, als zu sehen, wie die genannten Anaeroben sich 
in denselben verhielten. Da wir aufierdem zu unserem Studium Kul- 
turen auf Oberfl&chen brauchten, wie jene, in denen sich besonders die 
Wirkung der reduzierenden Mittel auf die Mikroorganismen zeigt, so 
haben wir uns mit dieser Frage besch&ftigen mflssen. Die taglichen 
Beobachtungen hatten uns gezeigt, dafi die Anaeroben sich selbst unter 
den besten Bedingungen der Anaerobiose nur schwer auf der Oberfl&che 
entwickeln. Dies liefi uns vermuten, dafi die AnaSroben aufier der Ab- 
wesenheit des Sauerstoffs auch in das Substrat gesenkt und weit von der 
freien Oberfl&che und somit unter einem hohen Druck sich befinden sollen. 

Diese Hypothese, weiche tibrigens dem entspricht, was sich im 
Tiere zeigt, in welchem die Anaeroben sich mit Vorliebe in die Tiefe 
der Gewebe versenken, mufite besonders fQr uns sehr wertvoll werden. 

* 

* * 


Versuch. Die Technik dieses Versuchs war folgende: 

Mittels Paraffin befestigten wir an der Oberfl&che des Deckels eines 
Kristallisators (Fig. 13) den Boden einer Petrischen Schale, weiche, 
auf diese Weise zube- 


reitet, nattirlich umge- 
kehrt in den Kristalli- Glasplatte 
sator kam, wenn dieser 
zugedeckt wurde. Kali 

Durch Aufstrei- pyrogail. 
chen impften wir wie 
gewdhnlich den gan- 
zen Durchmesser der 



Schale, nur den mittleren Teil der Impflinie bedeckten wir mit einer 
kleinen Glasscheibe a , die mit Paraffin befestigt wurde, w&hrend wir an 
beiden Enden der Scheibe die Impfungen frei an der Oberfl&che liefien. 
Wir kehrten den Kulturapparat im Kristallisator, in dem sich Kali 
pyrog. befand, urn, bis derselbe den freien Rand der Kapsel berfihrte, 
und brachten ihn in den Thermostaten. 


Mit diesem Versuche erzielten wir, dafi die Mikroorganismen einer 
und derselben Impfung sich gleichzeitig unter ein und derselben an- 
a&robischen Bedingung und unter verschiedenen Druckverh&ltnissen be- 
fanden. 


Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle sichtbar: 


Ento Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


24 



Original from 

UNIVERSITY OF CHICAGO 





370 


Contralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 



Entwickelung auf 
freier Oberflache 

Versuch 

Entwickelg. unter 
der Glasplatte 

Versuch 

1 

2 

3 

4J 

5 

1 

1 2 

1 3 

4 

lA 

B. tetani 

+ 

+ 

4- 

4- 

+ 

4- 

4- 

+ 

_ 

_ 

B. anthracis symptomatici 

+ 

+ 

— 

4- 

— 

+ 

— 

— 

4- 

— 

B. oedemat. maligni 

4- 

4- 

4- 

— 

— 

+ 

— 

+ 

— 

— 

Kiiseanaeroben No. 1 

+ 

— 

— 

4- 

4- 

+ 

— 

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+ 

4- 

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4- 

4- 

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+ 

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— 

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4- 

+ 

+ 

— 

— 

Faecesanaeroben No. 1 

— 


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4- 

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+ 

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— 

Anaeroben aus faulen Flutgraben No. 1 

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4 . 

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+ 



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+ 

+ 

1 4- 


Resultat. Die Entwickelung zeigte unter tier Glasplatte wie auf der 
freien Oberflache keinen groBen Unterschied. 

Auch aus diesem Versuche konnte man sehen, daB Stichkulturen 
stets iippiger waren als Strichkulturen. 

Resultat: Die im allgemeinen sp&rliche Entwickelung 
der Strichkultur war ungefahr gleich sowohl unter der 
Glasscheibe als auch auBerhalb derselben. Auch bei 
diesem Versuche best&tigte sich die Tatsache, daB die 
Entwickelung sich besonders bei den Impfungen ent- 
weder durch Aussaen vor dem Erstarren des Agars Oder 
bei Stichkulturen zwischen Glas und Agar zeigte, spar- 
lich und mangelhaft aber in jenen bei Strichkulturen. 


Entwickelung der Anaeroben 


Mikroorganismen 

I. Methode 

II. Methode 

<D 

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Kon troll versuche 

Methode 

Kontr.- 

Versuch 

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Ungekochter Agar 

Gekochter Agar 

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Gekochter Agar und 
Paraffinschicht 

Agarkultur. in Rea- 
genzglasern in Kali 
! pyrog. umgekehrt 

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1 *1 

B. tetani 


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4 


+ 

+ 


+ + 

B. anthracis symptomatici 

— 

+ + 

4 


+ 

+ 

— 

+ + 

B. oedemat. maligni 

— 

+ 

+ 


+ 

+ 

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Anaeroben aus Kase No. 1 

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— 

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Anaeroben aus faulen Fliissigkeit. No. 1 

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— 

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— 

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4 


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+ 


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Anaeroben aus Faeces No. 1 

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4 


+ 

+ 

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4 


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— 

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— 

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Anaeroben aus Boden No. 1 

— 

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4 


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Original from 

UNIVERSITY OF CHICAGO 



Fermi u. Bassn, Weitere Untersuchungen tiber Anaerobiose. 


371 


Versuche mit neuen, oben beschriebenen Kultur- 
m etho de n. 

Die hier mitgeteilten Versuche batten uns in die Lage versetzt, 
sehr erfolgreiche Methoden bei der Zubereitung anaerobiseher Kulturen 
zur Verfiigung zu haben. Wir benutzten dieselben nun, um die uns 
gesetzten Probleme zu studieren. 

Die Technik der einzelnen Methoden befolgend, impften wir den 
Tetanusbacillus, den Bacillus des malignen Oedems, Bac. anthracis 
symptomatici sowie andere aus Kase, aus fauligen Fliissigkeiten, aus 
Kot von Sauglingen isolierte Anaeroben und einige andere aus dem 
Boden, ohne jedoch die Kontrollproben zu vergessen. Letztere bestanden 
teilweise in gewohnlichen anaeroben Kulturen derselben Mikroorganis- 
men, bei welchen Kulturen 0 2 , wie wir bewiesen haben, stets zuriick- 
bleibt, teilweise in gleichen von uns angewandten Kulturen, zu welchen 
man jedoch die Luft dringen lieB. 

Wir werden die Ergebnisse in folgenderTabplle (p.370 u.371) sammeln. 

Resultat: Aus den Tabellen geht hervor: 

1) Dafi die Anaeroben sich in Gegenwart des vorhan- 
denen freien Sauerstoffs entwickeln. 

2) Dafi ihre Entwickelung mit dem Verschwinden des 
letzteren nachlaBt. 

* 

* * 


Sauerstoffbinden de Wirkung des Kali pyrogallicum 
im Substrat. 

In der Voraussetzung, dafi die Mikroorganismen sich der geringsten 
Spuren des trotz der zur Entfernung desselben angewandten Methoden 


nach den neuen Ku It ur methoden. 



24* 


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UNIVERSITY OF CHICAGO 








372 


Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


im Substrat zurflckgebliebenen freien oder im Augenblick der Impfung 
tibertragenen Sauerstoffs bedienen konnen, kamen wir auf den Gedanken, 
dem Substrat Kali pyrog. beizumischen. 

Doch war es vor allem notwendig, festzustellen, in welchen Pro- 
portionen letzteres noch unschadlich fflr die Mikroorganismen war. 

Wir studierten daher zuerst einzeln die entwickelungshemmende 
Wirkung des Ac. pyrog. und des Aetzkali in verscbiedenen Proportionen 
und dann des Kali pyrogallicum. 

1) In welchen Verhaltnissen hemmt Pyrogallussftnre 
die Entwickelung der Mikroorganismen? 

Um festzustellen, in welchen Proportionen die dem Substrat beige- 
fflgte PyrogallussSure nicht antiseptisch wirkt, bereiteten wir ein Sub¬ 
strat mit Va—1 —2 1 l 3 —5 Promill, und 1 Proz. Ac. pyrog. und impften 
verschiedene Mikroorganismen sowohl in Kapseln durch Aufstreichung 
als auch in Rohren durch Stich. 

Resultat: Die Pyrogallussfture start selbst im Ver- 
haitnis von 2 1 / g Promille gewflhnlich die Entwickelung 
nicht. 

2) In welchen Verhaltnissen hemmt Kalihydrat die 
Entwickelung der Mikroorganismen? 

Dieser Versuch ist in Bezug auf die Technik dem vorhergehenden 
gleich. Der Zweck desselben war, die den Mikroorganismen unter den 
gegebenen Bedingungen ertraglichen Proportionen von Kalihydrat fest¬ 
zustellen. 

Resultat: Das Kalihydrat beginnt in den Proportionen 
von 5 Promille die Entwickelung der Mikroorganismen 
zu verhindern. 

3) In welchen Verhaltnissen hemmt Natriumkarbonat 
die Entwickelung der Mikroorganismen? 

Wir machten mit diesem Stoffe, wie mit den beiden vorigen, Ver- 
suche und erhielten folgendes 

Resultat: Das Natriumkarbonat hindert nicht einmal 
im Verhaltnis von 1 Proz. die Entwickelung der beobach- 
teten Mikroorganismen. 

4) In welchen Verhaltnissen hemmt Kali pyrogalli¬ 
cum die Entwickelung der Mikroben? 

Nachdem wir die hemmende Wirkung von Ac. pyrog. und Aetzkali 
festgestellt hatten, versuchten wir in derselben Weise die hemmende 
Wirkung des Kali pyrogallicum festzustellen. 

Resultat: Das Kali pyrogallicum stort in den Verhaltnissen von 
2 1 / g Promille die Entwickelung nicht. 

Die Ergebnisse dieser letzten Reihe von Versuchen sind in folgender 
Tabelle (p. 373) angegeben 

Resultat: Auf Kulturen nach den Methoden 1, 2, 3, 4 bei Zu- 
fligung von Kali pyrogallicum fehlte, wie aus der Tabelle zu ersehen 
ist, die Entwickelung oft vollstandig. 

Da das dem Substrat beigemischte 2 1 /j-promill. Kali pyrog. die 
Entwickelung der zu studierenden Anaeroben noch erlaubt, wiederholten 
wir die Methoden 1, 2, 3, 4 bei Zufiigung von Kali pyrogallicum zu dem 
Kulturboden (p. 373). 

Resultat: Die mit dieser Methode erhaltene vollkom- 
mene AnaSrobiose hemmt, anstattsie zu begflnstigen, die 
Entwickelung der echten Anaeroben. 


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UNIVERSITY OF CHICAGO 



373 


Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen iiber Anaerobiose. 


Wirkung des Kali pyrogallicum im Substrat auf die Mikroorganismen. 


Mikroorganismen 

Pyrogallussiiure 

KOH 


Natrium 
carbon at. 

Kali pyrog. 

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Mischkulturen aus dem 





















Boden 

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Bac. prodigiosus 

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4- 

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4- 

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4- 

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4 

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„ coli communis 

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Vibrio cholerae 

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„ Finkler et Prior 

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„ Metschnikoff 

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4 

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Blastomycetes A 

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4 

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4 

— 

Stichkulturen in Eprou- 





















vetten : 





















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„ anthracis symptomatici 

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4 

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0 

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Die neuen Methoden bei Zufiigung von Kali pyrogallicum im Substrat. 



do h.ali 
ltkalt. 




1 

Methoden 





Mikroorganismen 

Agar 2,5°/ 
pyrog. er 

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sigkeiten No. 1 

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Original from 

UNIVERSITY OF CHICAGO 



374 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Allgemeiner Ueberblick auf die erhaltenen Resultate. 

1) Aus der kritisch-experimentellen Arbeit ergibt sich, daB in den 
nach den alten bekannten Methoden angestellten AnaSrobenkulturen stets 
freier Sauerstoff vorhanden ist 

2) Wir haben dagegen verschiedene neue Anaerobiosenmethoden 
bescbrieben, in welchen 0 2 mit den gewdhnlichen Mitteln nicht nach- 
weisbar ist. 

3) Man erh&lt eine vollstSndigere Anaerobiose, wenn man den 
Kultursauerstoff mittels einer reduzierenden Substanz aufsaugen lafit, 
als wenn man die Kulturatmosphare durch ein anderes Gas ersetzt. 

4) Mittels Aufkochens entfernt man leichter den Sauerstoff aus der 
Gelatine als aus der Fleischbriihe, und noch viel leichter aus dem 
Agar. 

5) Die Substanzen, die am geeignetsten sind, das Substrat wahrend 
des Abkochens gegen das Eindringen von 0 2 zu schfltzen, sind Paraffin, 
Vaselin oder Paraffinol — Vaselin steht etwas den zwei anderen nach. 

6) Betreffs der in Kali pyrog. umgekehrten Kulturen sind die 
Strichkulturen in Kapseln den Stichkulturen in Rdhren vorzuziehen. 

7) Das durch die Mischung von 10 g Aetzkali, 10 g Pyrogallussaure 
und 100 g Wasser erhaltene Kali pyrog. ist am aktivsten, denn wir er- 
zielten mit demselben das Maximum der Absorption in 2 Stunden, wSh- 
rend wir bei anderer Zusammensetzung dasselbe nach 48 Stunden er- 
langten. 

8) Das sublimierte Chromchloriir ist ohne Zweifel aktiver und 
weniger schadlich als das nach der Recouraschen Methode zubereitete 
Chromchloriir. 

9) Das sublimierte Chromchloriir ist schon sehr wirksam in den 
Verhaltnissen von 0,4 : 30. In 24 Stunden saugt es den ganzen Sauer¬ 
stoff in der Atmosph&re eines gewdhnlichen, von uns gebrauchten Ge- 
fafies auf. 

10) Der Phosphor hindert in Hinsicht auf unsere Versuchsbedin- 
gungen, abgesehen von seiner reduzierenden Wirkung, nicht die Ent- 
wickelung der Keime. 

11) Die Anaeroben entwickeln sich sehr gut sowohl in Symbiose mit 
den lebenden Blastomyceten als auch in toten Kulturen und Produkten 
des Stoffwechsels derselben. 

12) Die Blastomyceten besitzen eine stark reduzierende Wirkung, 
die jeDer vieler chemischen Substanzen nicht nachsteht. 

13) Die Anaeroben entwickeln sich besser in Stich- als in Strich¬ 
kulturen. 

14) Samtliche bekannten absoluten Anaeroben entwickeln sich in 
Gegenwart des freien Sauerstoffs und sind somit im engeren Sinne des 
Wortes keine obligaten Anaerobien. 

15) Die Entwickelung der Anaeroben ist kr&ftiger, wenn sich im 
Substrat Spuren von freiem Sauerstoff vorfinden, als wenn dieselben fast 
verschwunden sind. 

16) Die PyrogallussSure im Verhaitnis von 2 1 /* Promille stdrt ge- 
wohnlich die Entwickelung der von uns studierten AnaSroben nicht. 

17) Kalihydrat ertragen die von uns studierten Mikroorganismen 
auch im Verhaitnis von 5 Promille, das kohlensaure Natron zu 1 Proz. 

18) Die absoluten Anaeroben entwickeln sich sehr gut in einem 
mit 2 1 /, Promille Kali pyrog. versetzten Nahrboden. 


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19) Folglich kbnnen wir den Schlufi ziehen, dafi es keine wirklich 
absoluten Anaeroben gibt, da sich alle in Gegenwart von Sauerstoff ent¬ 
wickeln. Wir haben in der Tat im ersten Teile unserer Arbeit ge- 
zeigt, dafi in alien in der Bakteriologie bekannten Anaerobenkultur- 
methoden sich freier Sauerstoff befindet, und im zweiten Teile, dafi die 
Entwickelung der Anaeroben immer mehr nachlafit, je mehr die Spuren 
des freien Sauerstoffs aus der Kultur entfernt werden. 

20) Dafi es auch keine wirklich fakultativen Anaeroben gibt, inso- 
fern, dafi keines derselben sich auf strengen Anaerobenkulturen nach den 
besten von uns beschriebenen Methoden entwickelt. 

* 

* * 

Schlufibetjrachtungen. 

In unserer Arbeit haben wir bewiesen, dafi die bishenge Enteilung 
in Aeroben und obligate und fakultative Anaeroben nicht vollstfindig 
richtig ist. Wir halten es jedoch ffir angemessen, uns noch mit dieser 
raerkwflrdigen Grnppe von Mikroorganismen, die bisher als vom allge- 
meinen Gesetze der Biologie ausgeschlossen galten, jetzt aber, unserer 
Meinung nach, sich demselben anschliefien, zu beschaftigen. 

Gibt es in der Natur den Fall eines vollstandigen Mangels des 
Sauerstoffs, dieses so allgemein verbreiteten Gases? 

Untersuchen wir ein wenig die natfirlichen Lebensbedingungen der 
Anaeroben. Wir finden dieselben sowohl in den lebenden Organismen 
als auch in der aufieren Welt. 

In den Infektionen, z. B. beim Tetanus, dringen sie ein mittels 
tiefer Wunden, besonders Stichwunden, wo der Sauerstoff der Luft nicht 
hingelangen kann, und kbnnen sich infolgedessen ungestort entwickeln. 
Ebenso finden wir sie in den Zersetzungen der Flfissigkeiten, wo ihr 
Leben durch die Symbiose mit anderen Arten von aeroben Mikroorga¬ 
nismen begflnstigt wird. 

Die Tatsache aber, dafi dies der Entwickelung der sogenannten An¬ 
aeroben gQnstige Bedingungen sind, sagt uns nicht, dafi sie sich ohne 
den Sauerstoff entwickeln; man mfifite beweisen, dafi dieses Gas an den 
Lieblingsaufenthaltsorten dieser Gruppe von Mikroorganismen absolut 
fehlt. 

Wenn Pasteur die Tatsache hervorhebt, dafi an der Oberflfiche 
einer stinkenden Flfissigkeit sich ein H&utchen von sich entwickelnden 
anaeroben Mikroorganismen bildet, welche den Sauerstoff der Flfissig- 
keit verzebren, das fernere Eindringen dieses Gases verhindern und auf 
diese Weise erlauben, dafi in der Tiefe die AnaSroben ihr Werk be- 
ginnen, so beweist dies noch nicht den vollstandigen Mangel des Sauer¬ 
stoffs am Entwickelungsorte der Anaeroben; und wenn Bienstock 1 ) 
mittels genauer Versuche mit reinen Kulturen diese Tatsache behauptet, 
so beweist er die wirkliche Existenz des anaeroben Lebens nicht; denn 
er glaubte, nicht beweisen zu mflssen, ob in der Entwickelungsfliissigkeit 
Sauerstoff vorhanden war. Dies ware notwendig gewesen, um den Ver- 
such erschdpfend durchzufflhren. 

Kedro wski 2 3 ) und Scholtz 8 ) geben uns in diesem Punkte recht, 
denn sie saben, indem sie bewiesen, dafi auch die strikten Anaeroben 


1) Bienstock, Arch. f. Hye. Bd. XXXVI. Heft 5. p. 335. 

2) Kedroweki, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XX. 1895. 

3) Scholtz, Zeitschr. f. Hyg. Ba. XXVII. 1898. p. 132. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4. 


sich in Flflssigkeiten und in offenen Gef&Ben ohne AusschluB des Sauer- 
stoffs knltivieren lassen, wenn sie nur agrobische Saprophyten mit ibnen 
zusammen wachsen lieBen, daB die Luft die Entwickelung der Anaeroben 
nicht verhindert. Diese wird nur durcb einen starken Sauerstoffstrom 
(5 1 stflndlich in 5—10 can N&hrflGssigkeit) gehemmt. 

Diese Versnche zeigen uns, daB, wenn die AnaSroben natflrlicher- 
weise des Zusamenlebens mit den Agroben bedflrfen, urn sich in faulen 
Flflssigkeiten entwickeln zu kdnnen, die vollstandige Abwesenheit des 
Sauerstoffs nicht absolut notwendig ist. 

Dies haben flbrigens Kitt 1 2 3 ) fflr den B. anthracis symptoma- 
tici, Braatz*), Belfanti und Pescarolo 8 ), Sanchez Toledo 
und Veillon 4 5 ), Vaillard und Vincent 6 ), Grisconi 6 ), Ferran, 
Sanfelice, Valagussa 7 ) und Tarozzi 7 ) in Bezug auf Tetanus- 
bacillus, und Beijerinck 8 ) in Bezug auf das Granulobacterium 
gezeigt. 

Aus dem, was wir gesagt haben, geht hervor, daB, wie fflr die ver- 
schiedenen Arten der obligaten Agroben, der zur Entwickelung not- 
wendige Spannungsgrad des freien Sauerstofts verschieden ist, wie dies 
Engelmann 9 ) und Beijerinck 10 ) beweisen, so auch fflr die An- 
agroben ein Optimum der Spannung besteht, in welchem sie sich vor- 
zugsweise entwickeln, wie dies in Bezug auf die Temperatur, das Licht, 
die Konzentration der N&hrsubstrate, die Menge der Salze, des Wassers 
u. s. w. der Fall ist. Auch fflr diese besteht in der Tat, wie wir in 
unseren Versuchen gesehen haben, eine Partialspannung des Luftsauer- 
stoffs, flber welche hinaus eine Entwickelung nicht mehr mSglich ist. 

Es ist dies dieselbe Tatsache, welche die beiden genannten Autoren 
in Bezug auf die obligaten Aeroben bemerkten, welche, mikroskopisch 
in flflssigen Kulturen gesehen oder mit dem Mikroskop im h&ngenden 
Tropfen betrachtet, sich je nach dem grgfieren oder geringeren Bedflrf- 
nisse von Sauerstofif und im Verh&ltnis zu der Entfernung von der 
Quelle des letzteren verhielten, indem sie geometrische Figuren an- 
nahmen, stets den Punkt des Optimums der Sauerstoffspannung inne- 
haltend; dieselbe Tatsache, sage ich, zeigt sich bei den Anagroben. 
Auch diese suchen den* Punkt des Optimums der Spannung des Sauer- 
stoffs und entwickeln sich dort mit Vorliebe, wie dies Sanfelice be- 
merkte und wie dies beim Vergleichen der peripheren Kolonieen mit 
den zentralen bei den bedeckten Scheibenkulturen leicht zu sehen ist. 

Die Mikroorganismen verhalten sich also dem Sauerstoff gegenflber 
verschiedentlich, je nach ihrem Optimum der teilweisen Spannung in 
Bezug auf dieses Gas. 

Sinkt das Verh&ltnis des Sauerstoffs in der Tat unter das Opti¬ 
mum der Spannung, so gewahrt man in gewissen Mikroorganismen ein 
Nachlassen gewisser Funktionen (Pigmentbewegung, G&rung u. s. w.). 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. p. 168. 

2) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. p. 168. 

3) Giorn. della r. accad. med. di Torino. Turin 1898. Mai. 

4) Arch, de m4d. expdr. 1890. p. 709. 

5) Ann. d’igiene sperim. della r. univ. di Roma. Vol. VIII. p. 406. 

6) Ann. d’igiene eperim. della r. univ. di Roma. VoL VIII. p. 406. 

7) Ann. d’igiene sperim. della r. univ. di Roma. Vol. VIII. p. 406. — Atti della 

R. accademia dei fisicritici Serie IV. Vol. XV. 

8) Arch. Norland. T. II. S4r. 2. 1899. p. 397. 

9) Engelmann, Botan. Ztg. 1881. p. 441; 1882. p. 338; 1888. p. 626. 

10) Beijerinck, Centralbl. i. Bakt. etc. Bd. XIV. 1893. p. 837. 


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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen uber Anaerobiose. 


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und wenn man eine Steigerung der Spannung hat, so kann die Ent- 
wickelung g&nzlich fehlen, wie Sanfelice 1 ) in Bezug auf den Pro¬ 
teus vulgaris, den Bacillus subtilis indes; Obici*) in Hin- 
sicbt auf den Tuberkelbacillus; Engelmann*) in Bezug auf die 
Spirillen und Chudiakow 4 ) in Hinsicht auf den Bac. subtilis be- 
merkten. 

Andere Anaeroben entwickeln sich hingegen mit Vorliebe nur in 
Spuren von freiera Sauerstoff. Unsere Versuche fiber die Symbiose als 
Mittel anaerober Kultur haben uns auBerdem gezeigt, dafi die Anaeroben 
sich nicht nur mit den Blastomyceten zusammen kultivieren lassen, son- 
dern sich auch mit den Produkten des Stoffwechsels derselben ent¬ 
wickeln. Diese Tatsache bringt uns auf den Gedanken, dafi die An- 
afiroben sich von selbst den Weg zur Entwickelung mit den Produkten 
ihres Stoffwechsels bahnen, indem sie sich so eine der ibrem Leben not- 
wendigen Bedingungen schaffen. 

Trenkmann 6 ) bemerkte in der Tat, dafi Schwefelwasserstoff die 
Entwickelung der Anaeroben in Gegenwart des freien Sauerstoffs be- 
gfinstigt. Wir wissen auBerdem, dafi der N&hrboden, auf welchem die 
Anafiroben sich entwickeln, immer von Schwefelwasserstoff durchdrungen 
ist, und dafi die Entwickelung besonders auf sauerlichem, von Gehirn 
gebildetem Boden krfiftig ist. 

An diese Tatsache schliefien sich die Versuche Kedrowskis 6 ), 
Novys 7 ), Kitts 8 ), Braatz’ 9 ) und Hiblers 10 ) fiber die Entwicke¬ 
lung der Anafiroben in reinen Kulturen, in flfissigem Boden und in 
Gegenwart der Luft an. Uns erscheint daher die Erkl&rung, welche 
Scholtz ll ) in dieser Hinsicht gibt, wahrscheinlich. Letzterer sagt, 
dafi die Anafiroben im Innern der Kulturteilchen oder auch auf dem 
Boden der Kulturgef&Be einen vollstfindig aeroben Raum linden, und 
dafi sie selbst daran denken, denselben anaerobisch zu machen, indem 
sie den Nfihrboden mit den Produkten ihres Stoffwechsels fallen. Sie 
wfiren also ffihig, sich selbst die notigen Lebensbedingungen zu schaffen. 

Dafi der Sauerstoff wirklich, selbst bei geringen Spuren, zum Stoff- 
wechsel der Anaeroben notwendig ist, beweist Beijerinck 12 ), welcher 
beobachten konnte, dafi der vollstandige Mangel an Sauerstoff nicht das 
zu ihrer Entwickelung gfinstige Optimum der Verh&ltnisse darstellte, 
da sie sich in Gegenwart der geringsten Spuren von Sauerstoff meist 
krfiftiger entwickeln. Auch Chudiakow 13 ) zeigte durch erschfipfende 
Versuche, dafi die kleine Menge von Sauerstoff (0,5 Proz.), welche der 
Entwickelung des Bacillus des malignen Oedems und dem des Tetanus 
gfinstig ist, sich nicht wie ein gleichgfiltiges Gas verhfilt, sondern tat- 
s&chlich im Stoffwechsel verzehrt wird. 


1) Sanfelice, Ann. d’igiene sperim. della r. univ. di Roma. Vol. 1892. p. 348. 

2) Obici, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XIX. 1896. No. 9/10. 

3) Loc. cit. 

4) Chudiakow, Ref. Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. IV. 1898. p. 389. 

5) Trenkmann, Centralbl. f. Bakt etc. Abt. I. Bd. XXI 11. 1898. p. 1030, 

1087. 

6) Kedroweki, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankheiten. Bd. XX. 1895. 

7) Novy, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XIV. 1893. p. 581. 

8) Kitt, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. 1895. p. 168. 

9) Braatz, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. 1895. p. 737. 

10) Hibler, Centralbl. f. Bakt. etc. 1899. p. 517. 

11) Scholtz, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 1898. p. 132. 

12) Beijerinck, Ref. Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. VL 1900. p. 341. 

13) Chudiakow, Ref. Zeitschr. f. Hyg. Abt II. Bd. IV. 1898. p. 389. 


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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Gunning 1 2 3 ) und Beijerinck*) bewiesen ebenfalls, dafi sich die 
AnaSroben besser in Gegenwart geringer Spuren von Sauerstoff ent- 
wickeln. 

Man wfirde aber nicht begreifen kfinnen, wie diese Anaferoben sich 
so riesig vermehren kfinnen, da sie ja nur die geringsten Spuren von 
Sauerstoff zur VerfQgung haben, wie dies natflrlicherweise in den Ein- 
geweiden der Fall ist, w&hrend wir durch Lfibbert 8 ), der zuerst die 
Atmung der Bakterien, und durch Hesse 4 5 ), welcher dieselbe ein- 
gehender studierte, wissen, dad die Entwickelung im Verh&ltnis zu dem 
Gaswechsel steht 

Es bleibt daher keine andere Hypothese als die, dafi sie die Eigen- 
schaft besitzen, den fehlenden Sauerstoff aus den Substanzen zu ziehen, 
welche das Substrat bilden. 

Beijerinck bemerkte in der Tat, dafi die AnaSroben einer leicbt 
umwandelbaren Substanz bedQrfen, gerade weil sie den Sauerstoff aus 
dem Substrat ziehen, wodurch sich der Zweck ihrer bedeutenden G&rungs- 
f&higkeit erkl&rt. 

Die gleiche Tatsache beobachtete auch Hesse. Er bemerkte, dafi 
die Entwickelung der Anafiroben durch die Amidosfiuren, Naphthole u. s. w. 
begfinstigt wird, w&hrend die oxydierenden Substanzen, wie z. B. 
Chromkali, Jods&ure, ihr sch&dlich sind. 

Aufierdem wissen wir, dafi aus dem Stoffwechsel sich freier, aktiver 
Sauerstoff entwickeln kann, wie es Wurster 6 ) bewiesen hat, indem 
er Tetramethylparaphenylendiaminpapier als Reaktiv benutzte. 

Da wir nun gesehen haben, dafi die Anafiroben weniger gut in 
einem g&nzlich an Sauerstoff freien Mittel gedeihen, so folgt, dafi 
sie zu ihrer Entwickelung immer einer gewissen Menge freien Sauer- 
stoffs bedfirfen, welche sie in die Lage versetzt, sich dieses Gas selbst 
verschaffen zu kfinnen, indem sie dasselbe aus dem Substrat ziehen. 
Wir sagen: Zu ihrer Entwickelung, denn da sie, wie die anderen 
Bakterien, auch die Eigenschaft besitzen, im latenten Leben zu existieren, 
so kdnnen sie natOrlicherweise in diesem Zustande mehr oder weniger 
auf den Sauerstoff verzichten. 

Auch B o m y bewahrte verschiedene luftdicht verschlossene Kulturen 
von Mikroorganismen 4—5 Jahre lang im Zustande des latenten Lebens. 
Die oben angeffihrte Hypothese wfirde eine Analogie mit der Tat¬ 
sache haben, die man in Zellen aller vertebralen Gewebe wahrnimmt, 
welche nicht mit dem freien Sauerstoff in Beriihrung kommen, sondern 
den Sauerstoff infolge ihrer chemischen Oxydierung dem Oxyhfimoglobin 
entziehen, und w&re somit unbedingterweise dem Gesetze der allge- 
meinen Physiologie unterworfen, wdlches Verworn®) infolge der Er- 
kl&rung der von Hermann 7 ) beobachteten Tatsachen fiber die erhaltene 
Reizbarkeit des Musculus gastrocnemius eines Frosches, der in einen mit 


1) Gunning, Journ. f. prakt Chemie. N. F. Bd. XVI. No. 17. p. 20. 

2) Beijerinck, Centralbl. f. Bakt etc. Bd. XI. 1892. p. 73. 

3) Lubbert, Biolog. Spaltpilzuntereuchung dee Staphyl. pyog. aur. 1886. p. 5, 

38 ff. 

4) Hesse, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskr. Bd. XVII. p. 17, 183; Bd. XXV. 
1897. p. 477. 

5) Wurster, Anwendung des Tetramethylparapbenylendiamins fiir quantitative 
Schatzung aktiven Sauerstoffs. 

6) Verworn, Max, Fisiologia generate. Saggio sulla teoria della vita. 

7) Hermann, Untersuchungen zur Physiolone der Muakeln und Nerven. Bd. III. 

Berlin 1868. 


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Fermi u. Bassu, Waiter© Untereuchungen fiber Anaerobiose. 


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Stickstoff gefQllten Cylinder gelegt war, feststellte. Hermann bediente 
sich dieser Tatsache, um zu beweisen, dafi, wenn der an Sauerstoff 
Mangel leidende Muskel noch Kontraktionen zeigt, derselbe auf Kosten 
der Scheidungsprozesse arbeiten mull; denn nach dem Zerstflckeln und 
dem Ansbluten desselben konnte mit der Pumpe kein Sauerstoff mehr 
entzogen werden. 

Verworn fand die Erklfirung nicht entsprechend und unwahr- 
scheinlicb, denn aus der Tatsache, dafi man dem Muskel keinen freien 
Sauerstoff mehr entziehen kann, darf man nicht schliefien, dafi sich im 
Muskel kein ffir die Oxydierungsprozesse brauchbarer Sauerstoff mehr 
befindet, und er halt es ffir wahrscheinlicher, dafi im Muskel und beson-. 
ders im Sarkoplasma der Fibrillenbfischel kombinierter Sauerstoff vor- 
handen ist, der bestfindig von den dehnbaren Teilchen infolge ihrer 
Oxydierung verzehrt wird. 

Von dieser Hypothese geht Verworn zu dem Schlusse fiber, dafi 
in den Zellen, die noch eine gewisse Zeit ohne Sauerstoff leben, noch 
Oxydierungsprozesse vor sich gehen, denn gewisse Atomkomplexe der 
lebenden Substanzen, welche Sauerstoff enthalten, entziehen den Sauer¬ 
stoff infolge eigener Oxydation anderen Atomkomplexen, in denen der 
Sauerstoff feiner kombiniert ist, bis der Sauerstoff endlich vollstfindig auf- 
gezehrt und mit den Trennungsprodukten kombiniert ist. Doch wie dies 
auch sei, Verworn schliefit daraus, dafi, sobald der Sauerstoff nach 
einer lSngeren Oder kfirzeren Zeit zu fehlen beginnt, alle anderen Orga- 
nismen zu Grunde gehen; also ohne Sauerstoff gibt es kein Leben. 

Dieses Gesetz, von welchem genannter Autor die Anafiroben aus- 
schlofi, ist ffir uns ein allgemeines physiologisches Gesetz, dem auch 
diese unterworfen sind. 

Diese Ausnahme in der genialen Hypothese Mayers fiber das 
Atmen des freien Sauerstoffs besteht also nicht, und wenn die Oxyda- 
tionsprozesse in der Keihe der Stoffwechselprozesse einen wesentlichen 
Prozefi bilden, ist es klar, dafi die Gegenwart des Sauerstoffs zum 
Leben der Anafiroben notwendig und dafi die Anaerobiose nur eine 
scheinbare Ausnahme im Gesetze der Natur ist 

Die Anaeroben sind daher unserer Meinung nach Mikroorganismen, 
deren Leben im VerhSltnis zu einem Optimum der Minimalspannung 
des Sauerstoffs sich befindet, und welche aufierdem die Eigenscbaft be- 
sitzen, dieses Gas infolge ihrer Entwickelung den Stoffen zu entziehen, 
mit denen sie sich in Berfihrung befinden. 

Dafi diese Eigenschaft in Verbindung steht mit dem Vorhanden- 
sein eines besonderen Enzyms, welches die Zersetzung der schw&cheren 
Kombinationen des Sauerstoffs leitet, kfinnte den Gegenstand weiterer 
Forschungen bilden. 

Die erwfihnte Eigenschaft und die Tatsache, dafi es mdglich ist, 
die Anafiroben daran zu gewfihnen, unter einem, selbst lOmal grfifieren 
Sauerstoffdruck zu wacbsen, als der ist, den sie gewfihnlich ertragen, 
und der ihr Optimum darstellt, bringt uns auf den Gedanken, dafi fihn- 
liche Ueberg&nge und das Sichanpassen in ihrem Leben von grofier 
Wichtigkeit in der Natur sind. 

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Nachdruck verboten. 

Ueber das Verbalten des in Erdboden eingesaten 

Typhusbacillus. 

[Aus dem hygienischen Universit&tsinstitute in Mflnchen.] 

Von Dr. W. Kallmann. 

Bezugnehmend anf die unter obigem Titel 1901 von mir verOffent- 
lichte Arbeit 1 ), kann ich jetzt deren Fortsetzung bringen. 

Die damals erhaltenen Resultate zeitigten die Absicht, den Typhus- 
bacillus nach Einsaat in sterile Erden, deren absolute Keimfreiheit 

1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXX. 1901. No. 8. 


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Rullmann, Verhalten des in Erdboden einges&ten Typhusbacillus. 


381 


und Reinhaltung von anderen Bakterien wahrend einer Zeitdauer von 
mindestens einem Jahre mit aller Sorgfalt herbeizufiihren sei, in mor- 
phol ogischer und biologischer Hinsicht zu studieren. DaB erst 
jetzt diese Fortsetzung erscheinen kann, ist dadurch begriindet, daB 
mehrfach angestellte Versuche die groBe Schwierigkeit ergaben, Erde in 
Mengen von 0,5—1 kg uberhaupt vollkommen keimfrei zu machen und 
fflr lfingere Zeit steril zu erhalten. So kam es, daB zwei grofiere Ver- 
suchsreiheu trotz aller verwendeten Mfihe schlieBlich als miBlungen an- 
gesehen werden muBten. 

Infolgedesseu wurden dann sogenannte Saftflaschen gewflhlt, die 
zu '/» gefflllt jedesmal nur 50 g Erdmaterial entbielten; je 6 solcher 
Flaschen wurden mitgewaschenem roten FluBsand,durchgesiebtem 
Humus und Bauschutt beschickt. Nach wiederholten Sterilisations- 
versuchen zeigte sich in den mit Humus beschickten Gl&sern immer 
noch ein sporenbildender Bacillus, dessen Kolonieen sehr typhusahnlich 
wachsen und wohl mit dem von mir seiner Zeit 1 ) beschriebenen identisch 
waren. Endlich aber war vollkommene Abtfltung erreicht und im Gegen- 
satze zu den frfiheren Versuchen erhielt jede Flasche nur ein zum 
Durchfeuchten notwendiges Quantum sterileu Wassers. Abermaliges 
Einstellen in den Briitschrank und 48-stQndiges Belassen daselbst brachte 
dann nach Einsaat geringer Mengen aus jeder Flasche in ein Bouillon- 
rShrchen den Beweis, daB endlich vollkommene Keimfreiheit erzielt war; 
hierauf erhielt dann jede Flasche e i n e n ccm einer 48-stflndigen Typhus- 
bouillonkultur (Stamm Mesenterialdriise) zugesetzt. S&mtliche Flaschen 
wurden dann noch leicht mit Papierbogen flberdeckt, um hierdurch 
schwebende und sp&ter sich senkende Luftkeime von dem Auffallen und 
Durchdringen der Wattestopfen abzuhalten und so eine nachtragliche 
Verunreinigung zu vermeiden; so vorbereitet, wurden diese Kulturen am 
20. Dezember 1902 in einen selten geflffneten Schrank des Laboratoriums- 
saales gestellt. 

Die Darstellung von Typhusbouillonkultur fflr obigen Zusatz gab 
Veranlassung, vergleichende Untersuchungen fiber das Eintreten der 
Nitrosoindolreaktion anzustellen und wurden zu diesem Zweck vou 
unseren s&mtlichen zehn St&mmen Gelatineplatten angelegt und von jeder 
3. Platte eine isoliert liegende charakteristische Kolonie abgestochen 
und in Bouillon bei 37 0 gezflchtet. Es zeigte sich, daB von den 24- 
stflndigen Bouillonkulturen nur der Stamm Indien sofort eine leichte 
Reaktion ergab. Diese Kulturen nach 20-tSgigem Stehen abermals unter- 
sucht, ergaben fflr folgende Stfimme innerhalb einer Stunde leichte Reak¬ 
tion: Krdl, Mesenterialdrflse, Chiari, Martius, 96, Maurer, 
Milz-Berlin. Keine Reaktion ergaben in dieser Zeit: Halle, 
Indien und Alt. Demnach war nur in der frischen Bouillonkultur 
vom Stamm Indien die F&higkeit der die Nitrosoindolreaktion herbei- 
fflhrenden Peptonzersetzung vorhanden und die 20-tflgige Kultur hatte 
sie eingebflfit. Durch Kitasato 2 ) ist bekannt, daB manche Coli- 
Stflmme entgegen dem Verhalten der meisten flbrigen kein Indol bilden; 
so ware es auch moglich, daB hier einige ausnahmsweise Indol bildende 
Typhusbacillenstamme vorlagen. — 

Im Mai 1903, also im 6. Monat nach der Einsaat, kam je eine 
Kultur zur Untersuchung; die Erden waren noch gleichm&fiig feucht und 


1) CentralbL f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXIX. No. 25. p. 969. 

2) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. VII. 1889. p. 515. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


mit sterilem 0,2 g fassenden Ldffel wurden Proben entnommen ond m 
Bouillon bei 37 0 gegeben. Bei alien drei Proben hatte sich die Bouil¬ 
lon nach 24 Stunden ohne H&utchenbildung getrflbt, gleichfalls 
bei alien dreien war lebhafte, gerade fflr den Typhusbacillus so charak- 
teristische Eigenbewegung im hflngenden Tropfen nachzuweisen und 
Einstiche in Zuckeragar riefen keine Gftrung hervor. 

Die Agglutination trat ein bei: 

Humus in 10240-facher Verdtinnung 
Sand „ 40 960 „ „ 

Bauschutt „ 40 960 „ „ 

Nach diesen befriedigenden Resultaten verblieben die flbrigen Kul- 
turen am bisherigen Aufbewahrungsorte und wurden erst ein Jahr spfiter 
— Mitte Juni 1904 — wieder untersucht. 

Bei fluBerer Besichtigung zeigte sich, daft w&hrend Jahresfrist alle 
Kulturen staubtrocken geworden waren. 

Zun&chst gelangten nur geringe Erdmengen zur Einsaat in Bouillon; 
nachdem solche aber nach 24-stflndigem Belassen bei 37 0 kein Wachs- 
tum ergeben hatten, wurde entsprechend frflherer Erfahrung jedesmal 
der ganze (ibrige Inhalt einer Saftflasche mit steriler Bouillon durch- 
feuchtet und in den Brfltschrank gesetzt. Nach 48 Stunden gelangte 
dann je 1 Oese auf 3 Gelatineplatten zur Aussaat. Die Platten von 
Sand gaben kein Ergebnis; der eingesfite Typhusbacillus war voll- 
st&ndig zu Grunde gegangen. Die Humusplatten dagegen zeigten 
vereinzelte und die Bauschuttplatten zahlreiche typhusbacillen- 
Shnliche Kolonieen. Auffallend war bei den Humusplatten die Ent- 
wickelung abnormer Kolonieen, wie sie von Lehmann und 
Neumann aufTafel 19 fflr Colonbacillen angegeben sind; solche geben 
jedoch abgestochen und abermals zur Plattenkultur verwendet das zweifel- 
los reine Bild von Typhusbacillenkolonieen. 

Isoliert liegende Kolonieen dieser beiden Plattenarten dienten dann 
nach 24-stflndigem Wachstum in Bouillon zum Nachweise der Eigen¬ 
bewegung, NichtvergSren von Traubenzuckeragar, Nitrosoindolreaktion, 
Aussaat auf Kartoifeln u. s. w. und dann haupts&chlich zur Bestimmung 
der Agglutinationsf&higkeit. 

Hierbei ergab sich fflr beide das gleiche Resultat, indem Humus 
in 2500-facher Verdflnnung noch sehr deutlich, bei 5000-facher Ver- 
dflnnung aber schwach agglutinierte und Bauschutt sich genan 
ebenso verhielt. 

Nach dieser Zeit angestellte Versuche mit den noch flbrigen Erd- 
kulturen blieben jedoch ergebnislos, da in keinem Falle eine Entwicke- 
lung von Keimen nachzuweisen war. Somit war bei diesen Versuchs- 
reihen nur bei Humus und Bauschutt eine Lebensdauer der Typhus- 
bacillen in zuletzt vollkommen staubtrockner Masse festzustellen, wfihrend 
er in der Sandkultur schon frflher vernichtet war. 

Diese Resultate ergaben somit, daB 

1) die Lebensfahigkeit des eingesflten Typhusbacillus in sterilen 
Erden, welche zuletzt staubtrocken waren, fflr 18 Monate nachgewiesen ist; 

2) daB biologische Ver&nderungen nach dieser Frist nur bezflglich 
der Agglutination zu bemerken sind, indem solche . von 10 000- und 
40000-facher Verdflnnung auf 2500 zurflckging; 

3) die bei Humus platten nachgewiesenen abnormen Kolonieen- 
wohl als belanglos zu bezeichnen sind, da solche abgeimpft und wieder 
zu Plattenkulturen verwendet, die regelm&fiige Typhuskolonieform mit 


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Ellermann* Einige F&ile von bakterieller Nekrose beim Menschen. 383 

alien notwen digen Eigenschaften ergaben und sonstige morphologische 
UnregelmfiBigkeiten nicbt beobachtet wurden. 

Die in meiner eingangs angefuhrten Arbeit niedergelegte Anschauung, 
daC die chemische Beschaffenheit der Erde wesentlichen Einflufi auf 
die Lebensffihigkeit des eingesaten Typhusbacillus ausfibe, wird aufier 
von Martin 1 2 ) anch von Levy und Kayser*) geteilt; auch die vor- 
liegenden Resultate diirften wobl aufs neue diese Anschauung verstfirken, 
da in dem an organischer Substanz firmeren und ilberdies noch besonders 
ausgewaschenen Flufisande der eingesfite Typhusbacillus unter sonst 
ganz gleichen Umstfinden eher als in dem Humus und Bauschutte 
abgestorben ist. 

MQnchen, den 31. Januar 1905. 


Nachdruck verboten. 

Einige Falle von bakterieller Nekrose beim Menscben 3 ). 

[Mitteilung aus dem Blegdamshospital zu Kopenhagen.] 

Von V. Ellermann, 1. Assistenten. 

Mit 1 Tafel. 

Bevor ich zu meinen eigenen Fallen iibergehe, muB icb in aller 
Kfirze einige der Mikroben besprechen, welche bei nekrotischen Pro- 
zessen der Tiere und des Menschen gefunden worden sind. Der best- 
bekannte derselben ist der Nekrosebacillus. Dieser Bacillus wurde von 
Loeffler bei der Kaiberdipbtherie gefunden. Spfiter wies Bang seine 

S rofie Bedeutung in der Tierpathologie nach. Es gelang ibm auch, den 
acillus in Reinkultur zu gewinnen. Im nekrotischen Gewebe liegen 
die Bacillen in groBer Menge dicht an der Grenze des lebenden Gewebes, 
in dem vereinzelte Bacillen eine Strecke weit ins lebende Gewebe ein- 
dringen. Die Bacillen wachsen anaerob, und zwar nur auf serumhaltigen 
Nfihrbfiden. 

Der Nekrosebacillus wurde bei einer ganzen Reihe verschiedener 
Tiere nachgewiesen. Beim Menschen wurde er aber bis jetzt nicht ge¬ 
funden. Nur Schmorl berichtet fiber unbedeutende Laboratoriums- 
infektionen, nfimlich kleine Abscesse mit Nekrosebacillen im Eiter. Die 
Vermutung, es handle sich bei der Noma urn eine Nekrosebacillen- 
infektion, ist mehrfach aufgestellt, aber niemals bewiesen worden. 

Bei den menschlichen Nekrosen hat man gewohnlich zwei andere 
Mikroben, nfimlich einen spindelformigen Bacillus, Bacillus fusi¬ 
form is, sowie eine feine Spirochfite gefunden. Dieselben sind neulich 
von Beitzke 4 ) in einer zusammenfassenden Uebersicht beschrieben 
worden, weshalb ich nicht nfiher auf sie einzugehen brauche. 

Es kfinnte also aussehen, als gehfirte der Nekrosebacillus ausschliefi- 
lich den Tieren, und dafi der Fusiformis und die Spirochfite den 
menschlichen Nekrosen eigentfimlich wfire. Die Ursache hiervon kdnnte 


1) British Medical Journ. 1898. Jan. 8. 

2) Centralbl. t Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903. No. 7. 

3) Nach einem Vortrag, gehalten in der biologischen Qesellschaft zu Kopenhagen 
am 27. Oktober 1904. 

4) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXV. 1904. No. 1 u. 2. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


in besonderen Immunit&tsverhaitnissen gesucht werden, derart, daB z. B. 
der Nekrosebacillus fflr den Menschen avirulent sei. Man kdnnte an- 
nehmen, daB die reinlichere Lebensweise des Menschen einen Unterschied 
bewirkte. Scbliefilich sei die Moglichkeit erw&hnt, daB diejenigen, welche 
die Nekrosen der Tiere untersucht haben, wesentlich die Nekrosebacillen 
berflcksichtigt, w&hrend umgekehrt die Mediziner die Fusiformes ge¬ 
sucht und gefunden haben. 

Fail I. 

9-monatlicher Knabe. Aufoenommen am 11. Novbr. 1903 wegen Krup. Heine 
Infektionekrankheiten friiher. Von Aneteckung ist keine Bede. In den letzten drei 
Tagen Heiserkeit, wozu sich spftter Husten und Atembeschwerden hinzugeeellten. Bei 
der Aufnabme beetand etwae Heiserkeit und leichte Btenose. Respiration 36. Puls 128. 
Temperatur 39,9. Nichts Besonderes bei der Brustuutersucbung. Kein Exanthem. 

Dampfzimmer. Mixt. camphorat. Serum 4000 I.E. 

12. November. 40,9/40,5. Benommen und kurzatmig. Kein Schlaf. Bei der 
Morgenvisite cvanotisch und kalt. Um 9 Uhr gestorben. 

Serumkultur: Keine Diphtheriebacillen. 

Klinische Diagnose: Laryngitis. Pneumonie. 

Die Sektion ergab folgendes: Diphtheritis faucium, Diphth. naao - pharyngealis, 
Diphtb. laryngis, Adenitis colli. Pneumonia 1. inf. utriusque. 

Die Belage waren gelb, fest, nicht abide bar, sahen aus wie die nekrotischen Scar- 
latinabelage. Eine neue Serumkultur zeigte ebenfalls keine Diphtheriebacillen. In Leber 
und Milz wurde nichts gefunden. 

Schnitte der Uvula 

zeigen im Innern die normalen Gewebsbestandteile, lymphoides Gewebe, 
quergestreifte Muskelfasern, Schleimdrflsen. Das Epithel fehlt im ganzen 
Umkreise; an seiner Stelle findet man eine teilweise ziemlich dicke Schicht 
nekrotischen Gewebes, das durch seine Bl&sse sich gegen das lebende 
Gewebe stark abhebt. DaB es sich um eine Nekrose und nicht etwa 
um eine diphtheritische Membran handelt, ist daraus zu ersehen, daB 
die Weigertsche Fibrinf&rbung ein negatives Resultat gibt; ferner 
daraus, daB man ini blassen, kernlosen Gebiete thrombosierte Gef&Be 
voll Kokken sieht. In Schnitten, die nach Claudius gef&rbt sind, 
sieht man unter der Oberflfiche verschiedene Bakterien, besonders Kokken 
in grofier Menge. Darauf folgt eine Schicht mit sp&rlichen Kokken und 
Bacillen. Endlich begegnet man ganz in der Tiefe der Nekrose, an der 
Grenze des lebenden Gewebes, einem dicbten Filz langer Bacillen, ge- 
wdhnlich ohne Beimischung von anderen Mikroben (Fig. 1). Sie sind 
palissadenfdrmig angeordnet derart, dafi sie senkrecht zur Grenzlinie 
zwischen lebendem und totem Gewebe stehen. Diese groBe Anh&ufung 
von Bacillen liegt also im nekrotischen Gewebe, aber vereinzelte Bacillen 
gehen auch eine Strecke weit ins lebende Gewebe hinein (Fig. 2). Das 
lebende Gewebe ist an dieser Stelle etwas mit Leukocyten infiltriert. 
Die Bacillen f&rben sich mit gewOhnlichem Methylenblau schwach, besser 
mit dem Loefflersehen Methylenblau. Sie enthalten oft stark gef&rbte 
Babes-Ernstsche Kbrnchen (Fig. 3). Sie f&rben sich nicht nach 
Gram, dagegen nach Claudius und nach Weigert Es zeigt sich, 
dafi es nicht die Pikrins&ure oder das Jod-Jodkali ist, worauf es an- 
kommt. Es ist die Entf&rbung, die entscheidend ist, und zwar derart, 
daB Nelkenfll und Anilin die F&rbung bewahren, w&hrend Alkohol ent- 
f&rbend wirkt — SpindelfCrmige St&bchen oder Spiroch&ten wurden 
nirgends gefunden. 


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Ellermann, Einige Falle von bakterieller Nekrose beim Menschen. 385 


Schnitte des pneum onischen Lungenstiickes 
zeigten starke Erweiterungen der Alveolenkapillaren; in den Alveolen- 
hdhlen lagen teils kornige Massen, teils Leukocyten, teils Fibrinfasern, 
ferner an den meisten Stellen zahlreiche Erythrocyten. Bacillen wurden 
nicht gefunden, dagegen ziemlich haufig Haufen von Kokken. 

Dieser Fall scheint mir eine groBe Aehnlichkeit mit einer Nekrose- 
bacilleninfektion darzubieten. Es ist natflrlich eine gef&hrliche Sache, 
einen Bacillus ohne Kultur, bloB mittels morphologiscber Kennzeicben 
bestimmen zu wollen. Es ist indes nicht allein die Form der Bacillen, 
die tlhnelt Auch die Ffirbungen stimmen: Sie enthalten Kbrnchen, 
die mit Methylenblau metachromatisch gefSrbt werden. Sie far ben sich 
nach Claudius, entfarben sich nach Gram. Hierzu kommt die 
typische Lagerung der Bacillen dicht an der Grenze; endlich die biologische 
Wirkung — die Nekrose. 

Wenn man bedenkt, daB die Krankheit mit Kehlkopfsymptomen an- 
gefangen hat, wozu spater Zeichen einer Lungenaffektion kamen, so ist 
es nicht unwahrscheinlich, daB es sich um eine prim&re Nekrose- 
bacilleninfektion handelt. 

' Fall II. 

23-jahriges Madchen, am 28. Novbr. 1903 wegen Scharlach aufgenommen. Es war 
kein besonders schwerer Fall. Die Zunge war zuerst belegt, spater frei. Im Bachen 
zerstreute Belage; das Exanthem schwach; Temperatur ca. 39®. In der Folge leichte 
Gelenkaffektionen und deutliche Abschuppung. Die ganze Zeit waren Zeichen einer 
Anamie vorhanden. Pat. fuhlte sich miide, hatte Ohrensausen, Schwindelempfindung. 
Erster Herzton ausgezogen, das Aussehen anamisch. Nachdem sie 17 Tage im kranken- 
haus gewesen war, entwickelte sich eine Gingivitis, von cariosen Zahnen ausgehend. 
Die Entziindung verbreitete sich inimer niehr, bekam bald ein ausgesprochen nekrotisches 
Aussehen. Starker Foetor ex ore, die Temperatur stieg wieder. Trotz der Behandlung 
wanderte die Nekrose bestandig weiter. Die Schleimhaut der Backen und Lippen wurde 
mitergriffen. Allgemeinzustand immer schlechter. Die Nekrose war eben im Begriff, 
die Oberiippe zu aurchbrechen, als Pat. 27 Tage nach dem Anfang der Stomatitis ver- 
endete. 

Diagnose: Scarlatina, Diphtherit. fauc. D. B., Rheumatismus, Stomatitis gangrae- 
nosa, Anaemia. 

Die Sektion zeigte folgendes : Stomatitis gangraenosa, Adenitis colli, Ulcera laryngis, 
Ekchymosis pleurae, pericardii et endocardii, Pleuritis adhaesiva dextra, Bronchitis puru- 
lenta, Broncnopneumoniae L inf. dext., Perisplenitis fibrosa, Infarctus lienis, magno 
gradu, Anaemia et Deg. parench. organor. 

Um zu erl&utern, ob es sich auch in diesem Falle um eine Nekrose- 
bacilleninfektion handelte, wurden kleine StQckchen des nekrotischen Ge- 
webes Kaninchen und Mftusen subkutan eingeimpft. Ferner wurden 
Stttckchen fflr die Mikroskopie fixiert, indem einige derselben schon 11 Stun- 
den, andere erst 36 Stunden nach dem Tode der Leiche entnommen 
wurden. Auch Kulturversuche mit Serumagar wurden gemacht. 

Einimpfung des nekrotischen Gewebes auf Tiere. 

Im ganzen wurden 3 Kaninchen und 9 M&use subkutan geimpft. 
Das Resultat war stets dasselbe, n&mlich Abscesse mit dickem, etwas 
flbelriechendem Eiter. Bei den Kaninchen wurden lange, nekrotische 
Bindegewebsfetzen ausgestoBen. Im Eiter fanden sich spSrliche Bacillen 
mit blassen K6rnchen. Bei einem Kaninchen wurde ein StQck exzidiert. 
Die mikroskopische Untersuchung zeigte folgendes: In den tieferen 
Teilen der Haut sieht man viele polynukle&re Leukocyten; ganz unten 
im Schnitte teils AbsceBbildung, teils schdne Fibrinnetze. Ferner in 
einem kleinen Gebiete typische Nekrose. Man sieht n&mlich hier deut- 

Errte Abt. Orig. Bd. XXXVIIl. Heft 4. 25 


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386 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4 

liche Gewebsstruktur, die Kernf&rbung fehlt aber ganz. Nach F&rbung 
mit dem Loefflerschen Methylenblau sind in dem nekrotischen Gewebe 
toils Kokken, teils zerstreute, oft bflschelfflrmig geordnete, schlanke, 
gerade Bacillen zu sehen. Sie enthalten keine Babes-Ernstschen 
KQrnchen. Oft sind ihre Enden zugespitzt. Offenbar handelt es sich 
hier urn spindelfbrmige Bacillen. Spiroch&ten wurden nirgends gesehen. 

Die Abscesse verliefen bei alien Tieren ohne KompUkationen, und 
die Tiere genasen. 

Kulturversuche. 

Mit Material aus der Tiefe der Nekrose warden hochgeschichtete 
Serum-Agarrbhrchen geimpft. Unter anderen Bakterien karaen auch 
Eolonieen von scblanken St&bchen zum Yorschein. Es gelang aber 
nicht, trotz vieler Mflhe, dieselben reinzuzflchten. Das lag wesentlich 
daran, daB ich einen anderen, sebr schnell wachsenden Bacillus nicht 
eliminieren konnte. Dieses Stflbchen wuchs sowobl aerob wie anaSrob; 
es entwickelte reichlich Gas und verflflssigte den Nahrboden. Dieser 
Versuch miBglflckte also, dagegen gelang es auf andere Weise, eine Rein- 
kultur zu gewinnen, indem ich einigen Kaninchen die unreinen Kulturen 
einimpfte. Bei einem derselben entstand ein AbsceB, in dessen Eiter 
nur spindelformige Bacillen, keine anderen Mikroben, vorhanden waren. 
Es war nun ein leichtes, den Bacillus fusiformis reinzuzflchten. 
Die Kultur soil spflter bespr.ochen werden. 

Mit ein wenig Eiter aus dem erwflhnten Fusifor mis-Abscefi impfte 
ich ein Kaninchen. Nach einigen Tagen entwickelte sich ein AbsceB 
mit spindelfflrmigen Bacillen. Mit dem Eiter wurde ein neues Kaninchen 
geimpft u. s. w., im ganzen 7mal. Im Eiter wurden stets nur Fusi¬ 
form es gefunden. Dann wurde der Versuch nicht weitergefflhrt Es 
zeigt sich also, daB die spindelformigen Bacillen allein, ohne 
Beihilfe anderer Bakterien, pathogen wirken konnen. 

Untersuchung der Schnitte. 

Im ganzen wurden 8 Stflcke untersucht, n&mlich aus dem Backen, 
der Lippe, der Gingiva, der Zunge, des Larynx. Sie wurden in Alkohol, 
Formol Oder Mflllerscher Flflssigkeit fixiert. Es wurde Celloidin- 
einbettung und darauf F&rbung mit H&matoxylin - Eosin, w&Brigem 
Methylenblau, Loefflers Methylenblau, Karbolfuchsin, ferner F&rbung 
nach Gram, Claudius und Weigert angewandt. 

Fast alle Stflcke boten genau dasselbe Bild dar. Nach Alkohol- 
fixierung und F&rbung mit Loefflerschem Methylenblau sieht man fol- 
gendes: Im lebenden Gewebe findet sich ein wenig Infiltration mit 
Leukocyten. In der N&he der Nekrose bieten die Leukocytenkerne eine 
eigentflmliche Degenerationsform dar, da sie mit zahlreichen ver- 
zweigten Ausl&ufern versehen sind. Diese Erscheinung ist auch von 
Ranke beschrieben worden. Auch die Bindegewebskerne zeigen ver- 
schiedene Degenerationserscheinungen. Die kleinen Venen sind mit 
Leukocyten vollgestopft. Die Grenze zwischen lebendem und nekro- 
tischem Gewebe ist oft ziemlich scharf, bald geradlinig, bald zackig. 
Das nekrotische Gewebe hat seine ursprflngliche Struktur grflBtenteils 
beibehalten; Kernf&rbung fehlt ganz. Bei der Weigertschen Fibrin- 
f&rbung werden keine Fibrinfasern nachgewiesen. Im nekrotischen Ge¬ 
webe farben sich nur die Bakterien, die MastzellenkOrnchen sowie un- 
regelm&Big geformte KSrnchen und Klumpen, die eine Strecke weit von 
der Nekrosegrenze entfernt liegen. Die Bakterien sind folgenderm&Ben 


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Ellarmann, Einige Fftlle you bakterieller Nekrose beim Menschen. 387 


verteilt: Unter der Oberflache liegt eine dicke Schicht von Kokken. 
Hierauf folgt eine Schicht mit fadenformigen Bacillen, die oft Schlingen 
Oder Ringe bilden. Ferner eine Schicht mit groBen Massen von schlanken, 
spindelformigen Bacillen, welche mit feinen Spirochaten und plumpen, 
kommaformigen Stabchen vermischt sind. Die letzten behalten nach 
Gram die Farbung, wahrend die spindelfdrmigen Bacillen und die 
Spirochaten sich entfarben. Die Lagerung der spindelfdrmigen Bacillen 
ist durch die Struktur des Gewebes bestimmt, indem sie z. B. in den 
Zwischenraumen der Bindegewebsfasern gelegen sind. Am zahlreichsten 
sind sie eine kleine Strecke von der Nekrosegrenze entfernt zu finden; 
hier sind sie in fast reinem Zustande vorhanden. Zwischen dieser 
„Fusiformis-Zon6 tt und der Nekrosegrenze sieht man einen helleren 
Raum, der sparliche Fusiformis enthait, aber hauptsachlich aus 
einem dichten Filz der feinen Spirochaten besteht. Bei 
Farbung mit gewohnlichem Methylenblau entgehen sie leicht der Auf- 
merksamkeit; sie entfarben sich ebenfalls nach Gram und Claudius. 
Einigermafien kraftig werden sie von dem Loeffler schen Methylenblau 
gefarbt. Sie sind erst mit Immersion deutlich zu sehen 1 ). Die Spiro¬ 
chaten dringen nun, von sparlicheren Fusiformes begleitet, eine Strecke 
weit ins lebende Gewebe hinein (Fig. 4). In der Fig. 5 sieht man die 
Spirochaten allein, in die Bindegewebsraume vordringend. — In den 
formolfixierten Stiicken sind die Spirochaten nur sehr schlecht farbbar. 

Wie gesagt, fixierte ich 2 Stiicke in Kalium bichromicum in der 
Absicht, die von C. 0. Jensen angegebene spezifische Nekrosebacillen- 
farbung anzuwenden (Toluidinsaffranin, alkoholische Saffraninlosung, 
Fluorescin-Nelken6l, Methylgrfln). Das Resultat war ein vollig negatives. 
Bei Methylenblaufarbung wurden hauptsachlich Kokken gesehen, auBer- 
dem sparliche Bacillen. Verrautlich ist die Fixierung nicht zweckmafiig 
gewesen. 

Ein etwas abweichendes Bild wurde in einem einzelnen Stuck 
(Gingiva) gefunden. In der schmalen nekrotischen Schicht lagen namlich 
aufler Kokken ziemlich zahlreiche, schlanke, etwas gekrflmmte Bacillen 
mit metachromatischen Kornchen. Diese Bacillen glichen etwas den 
Nekrosebacillen, sie waren jedoch nicht so massenhaft vorhanden und 
so typisch gelagert, wie in dem Fall I. An anderen Stellen fehlten sie, 
und an ihrer Stelle fanden sich die Fusiformes. 

Sieht man von diesem letzten Falle weg, so hat man Oberhaupt keinen 
Grund, eine Nekrosebacilleninfektion anzunehmen. Bei den geimpften 
Tieren entwickelte sich keine fortschreitende Nekrose. Die spezifische 
Nekrosebacillenfarbung gab ein negatives Resultat. Die histologische Unter- 
suchung zeigte, daB man in den tiefen Teilen der Nekrose und in den 
angrenzenden Teilen des lebenden Gewebes spindelformige Bacillen und 
Spirochaten nachweisen konnte. Diese Bakterien spielten hier augen- 
scheinlich dieselbe Rolle wie die Nekrosebacillen in dem Fall I. Ich 
mdchte glauben, daB die Spirochaten ein wichtiger Faktor bei der Nekrose 
seien; mit Bezng auf diesen Punkt kann aber voriaufig nichts Sicheres 
gesagt werden. 

Eine andere Frage ist die: „Findet man bei der Noma imraer 

1) Dm die Spirochaten got sehen UDd sie von den Gewebsteilen bequem unter- 
scheiden zu konnen, wandte ich mit Vorteil gelbes Licht an. Eine Losung von Kalium 
bichromicum wurde als Filter benutzt. An Stelle eines durchweg blauen Praparats 
erhidt ich dunkdbraune Bakterien auf hellgrunem Untergrunde. Bindegewebs- und 
elastische Fasern sahen grun aus. 

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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


die beiden genannten Mikroben als Ursache?“ Nach den Angaben in 
der Literatur kdnnte es ausseben, als ob verschiedene Bakterien dabei 
wirksam wSren. Ein Teil der FSJle ist aber hbchstwahrscheinlich mit 
dem meinen Obereinstimmend, so die FOlle von Bartels, Perthes, 
Seiffert, Ranke, Bernheim, Popischil, Hofmann, Kfister. 
Mehrere dieser Forscher erw&hnen, wie ich oben hervorgehoben, daB 
der Nachweis der Spirochfiten schwierig ist Es ist deshalb sehr wahr- 
scheinlich, dad sie in anderen Fallen wegen unzweckmaBiger Technik 
ubersehen worden sind. Perthes wandte Karbolfuchsinfarbung wahrend 
24 Stunden an und erhielt dadurch eine kraftige F&rbung der Spirochaten. 
Er meinte, dentliche Uebergauge von spindelfbrmigen Bacillen in Spiro¬ 
chaten gesehen zu haben. Solche Bilder habe ich mentals gefunden; 
im Gegenteil ist es mir fast immer mOglich gewesen, die beiden Arten 
in den Schnitten unterscheiden zu kbnnen. Der eine Fall Perthes 
hat eine besondere Bedeutung dadurch, dad das nomatdse Stack exzidiert 
und im frischen Zustande fixiert wurde. Die Moglichkeit einer post- 
mortellen Bakterieninvasion ist also ausgeschlossen. Ueberhaupt haben 
die frQheren Untersucher nur sehr dttrftige Beschreibungen gegeben, 
Oder wie Perthes, ihre Befunde anders, als ich es getan, gedeutet. 

Freymuth, Petruschky, Passini, Leiner fanden bei Noma 
Diphtheriebacillen und betrachteten dieselben als Ursache der Krankheit. 
Ich finde diese Annahme etwas gewagt, ich wOrde vielmehr glauben, die 
Diphtheriebacillen w&ren in diesen Fallen lediglich als Komplikation vor- 
handen. 

In den anderen Organen lieBen sich beim Fall II keine Bakterien 
nachweisen. Untersucht wurden Schnitte der Leber, der Niere, der Milz 
und einer HalslymphdrOse. 

Kultur und Biologie der spindelfdrntigen Bacillen 1 ). 

Aufier dem oben erw&hnten Stamm gelang es, einen spindelformigen 
Bacillus aus einem Anginafall reinzuzUchten. Ein wenig des Belages wurde 
in sterile Bouillon verrieben und Serumagarrohrchen in 3 Verdunnungen 
damit beschickt. In dem Rohrchen I und II wurden nur Kokken- 
kolonieen gefunden. Im Gl&schen III waren nur ganz vereinzelte Kolo- 
nieen, unter denen eine von Fusiformis und eine andere mit kleinen 
kurzen Spirillen. Die beiden Fusiformis-St8mme verhielten sich ganz 
gleich, weshalb ich sie auf einmal beschreiben kann. 

In hochgeschichtetem Serumagar (2 Teile Agar, 1 Teil flussiges 
Pferdesernm, bei 52° gemischt) erscheinen die Kolonieen ca. 36 Stunden 
nach der Aussaat. Die kleinsten Kolonieen sehen aus wie Basche, die 
von den EiweiBklampchen des N&hrbodens auswachsen (Fig. 6). Sie 
kdnnen bis 2 mm groB werden. Die Form ist prismatisch, die Farbe 
leicht gelblich. Die Kulturen riechen etwas unangenehm; gewdhnlich 
werden keine LuftblSschen gebildet; bei dichter Aussaat wird zuweilen 
ein vereinzeltes gesehen. Die Kolonieen entwickeln sich nur anaerob, 
in den obersten 2—3 Centimetern des Substrates findet gar kein Wachs- 
tum statt. Der N&hrboden wird getrhbt; nicht verflOssigt. In Serum- 
bouillon, unter Stribolts PyrogallussaureverschluB, bilden sich nach 
24 Stunden weifie Flocken, die sp&ter zu Boden sinken, wShrend die 
FlOssigkeit selber klar bleibt. An der Oberflkche von Serumagar, auf 


1) Eine vorlaufige Mitteilung iiber die Kultur der fusiformen Bacillen wurde in 
dieser Zeitschrift, Bd. XXXVII, 1904, verOffentlicht 


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Ellermann, Einige Fftlle von bakterieller Nekrose beim Menschen. 389 


ahnlicbe Weise gegen den Sauerstoff geschfltzt, bilden sich nach 2 bis 
3 Tagen kleine, durchsichtige, streptokokken&hnliche Kolonieen oder ein 
zusammenhangender, feinkorniger Belag. In gewShnlicherBouillon 
oder Agar bekam ich kein Wachstum, ebensowenig in Hesses 
Agar. Traubenzuckeragar oder erstarrtem Serum. 

Die Fusiformes sind schlanke, ziemlich gerade Stabchen, deren 
Enden oft zugespitzt sind. Die Lange betragt 5—12 u ; bisweilen werden 
sebr lange F&den gebildet. Oft hangen sie zu zweien mit den Enden 
znsammen, seltener sieht man Ketten von 3—4 Individuen. In Serum- 
bouillon werden nicht langere Formen als auf festem Nahrboden ge¬ 
bildet. 

Der Bacillus ist unbeweglicb. 

Er farbt sich unregelmaBig; gewohnlich schwacher als diejenigen, 
die dem menschlichen Organismus entnommen sind. Nach Claudius 
entfarbt er sich sehr scbnell. Nach Gram oder Weigert behalt er 
die Farbung bei kurzer Entfarbung. Er enthait keine Babes-Ernst- 
scben Kornchen. 

Abweichende Formen habe ich ein paarmal beobachtet. Das eine 
Mai fand ich auBer den normalen viele langere Individuen, die an der 
Mitte eine spindel- oder kugelfdrmige Aufschwellung hatten. Diese 
Formen, die vOllig identisch mit den von Perthes in seiner Fig. 8 ab- 
gebildeten sind, habe ich nur ein einziges Mai gefunden, ohne daB ich 
die Ursache ihrer Entstehung erkiaren kann. Die Kultur war nicht 
verunreinigt. Das Bild erinnert ein wenig an die Erscheinung, die als 
Plasmoptyse bekannt ist. Mdglicherweise kdnnte es sich auch urn eine 
Dauerform handeln. — Die andere ungewbhnliche Form entstand, nach- 
dem langere Zeit als gewbhnlich zwischen zwei Weiterimpfungen ver- 
gangen war. Die Bacillen waren in diesem Falle blaB und geschwollen, 
aber mit stark gefarbten Einschnflrungen versehen. Viele Bacillen boten 
das Aussehen ungefarbter Faden mit 5—6 gefkrbten KSrnchen dar. 
Diese EinschnOrungen oder Kbrnchen farbten sich nicht wie die meta- 
chromatischen Kdrnchen, dagegen kraftig mit verdOnntem Karbolfuchsin 
in feuchtem Praparate, genau wie die analogen Bildungen bei den Diph- 
theriebacillen. 

Mit der Reinkultur wurden zwei Kaninchen subkutan, zwei intra- 
peritoneal geimpft. Bei einem der ersten entwickelte sich ein AbsceB, 
in dessen Eiter sparliche Fusiformes gefunden wurden. Die Obrigen 
Tiere blieben gesund. 

Die hier geschilderten Kulturverhaltnisse weichen in mehreren Be- 
ziehungen von den bisher beschriebenen ab. Die meisten Untersucher 
haben unreine Knlturen gehabt, weshalb auf ihre Angaben nicht zu 
viel Gewicht gelegt zu werden braucht. Nur die Kultur Veil Ions und 
Zubers kann mit der meinigen verglichen werden. Ihre fusiformen 
Stabchen stammten aus Appendicitisfallen. Sie wuchsen anaerob in 
Traubenzuckeragar und hatten Oberhaupt mit meinen Stammen eine ge- 
wisse Aehnlichkeit. Ein Unterschied ist der, daB V. und Z. die Kolonieen 
als braunlich beschreiben, wahrend meine nur gelblich sind. Ein weiterer 
Unterschied besteht darin, daB ihre Kulturen nur 4—5 Tage lebensfahig 
waren, wahrend meine Kulturen 2—3 Wochen haltbar waren. Die Ur¬ 
sache hiervon ist vielleicht darin zu suchen, daB V. und Z. Trauben- 
zuckerzusatz anwendeten. Der Hauptunterschied ist indessen, daB meine 
Fusiformes nur auf serumhaltigem Nahrboden wachsen kSnnen. Die 
vielen miBlungenen oder nur halbwegs gelungenen Kulturversuche 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4 . 


kdnnten sebr wohl darauf deuten, daB die Fusiformes gewdhnlich an- 
spruchsvoll seien und nur beim Serumzusatz gut gedeihen. Was die 
gelungenen Kulturversuche Veillons uud Zubers betrifft, so l&Bt sich 
denken, daB sie zuf&llig mit weniger anspruchsvollen Stammen zu tun ge- 
babt haben. Die Ursache davon, daB die Kultur gewdhnlich miBlungen 
ist, raufi also teilweise darin gesucht werden, daB die Bacillen serophil 
sind; weiter darin, daB sie sich langsamer als die Kokken entwickeln. 
Die Kokken vergiften den N&hrboden, der also fflr die Fusiformes 
unbrauchbar wird. Endlich sind vielleicht die meisten Bacillen im Aus- 
saatmaterial schon tot Oder geschw&cht. 

Die oben beschriebenen Fusiformes entsprechen der langen Form 
der Vincentschen Bacillen. Die Kulturen haben niemals Spiroch&ten- 
formen enthalten, woraus zu schlieBen ist, daB Fusiformes und Spiro- 
ehaten zwei verschiedene Arten sind. 

Es ist ferner fraglich, ob die kurzen, stark gekrfimmten und ge- 
bogenen Formen den Fusiformes zugehdren. In dem Falle von Angina, 
den ich untersuchte, waren die kurzen, dicken Formen mit einem kleinen 
Spirillum identisch. 

Dieses Spirillum, dessen Reinztichtung auch glflckte, ist, wie der F u si - 
f or m i s, anaerob und serophil. Die Kolonieen erscheinen erst nach 3 Tagen, 
bleiben klein, ca. */ 2 mm im Diameter. Sie sind sehr fest zusammen- 
hangend, lassen sich als kleine Kliimpchen aus dem Serumagar heraus- 
holen. Die jungen Individuen haben eine lebhafte, schraubenartige oder 
wirbelnde Bewegung. Ihre Lange betragt 2—5 /a. Sie entfarben sich 
nach Gram und Claudius. Vielleicht sind sie mit den Spirillen 
identisch, welche Salomon bei ulcerosen Anginen gefunden hat. 

Was die Frage der Beweglichkeit der spindelf5rmigen Bacillen be- 
trifft, so haben die meisten Untersucher gefunden, daB sie unbeweglich 
sind. Einige haben aber langsame, wackelnde Bewegungen gesehen, und 
Graupner bildet sogar geiBeltragende Fusiformes ab. Meine Fusi¬ 
formes waren immer unbeweglich, und ich bin deshalb geneigt, zu glauben, 
daB Graupner eine ganz andere Art vor sich gehabt hat Vielleicht 
konnte es Spirillum serpens gewesen sein; dasselbe lebt in faulenden 
Flflssigkeiten und hat eine derart flache Schraube, daB es tats&chlich 
dem Fusiform is Shneln kann. 

Da die spindelf&rmigen Bacillen den Nekrosebacillen in mehreren 
Beziehungen ahnlich sein konnen, ist es vielleicht niitzlich, die beiden 
Bacillen nBher zu vergleichen. 

Beide sind sie schlanke St&bchen, die oft kornig sind, die anaSrob 
auf serumhaltigen N&hrboden wachsen und bei nekrotischen Prozessen 
zu linden sind. 

Sie unterscheiden sich in folgenden Punkten: 


Form 

Farbung 

Ernstsche Kornchen 
Lagerung im Gewebe 
Metastasen 

Einimpfung auf Tiere 
Form der Kolonieen 
Gasbildung 
Serumboufllonkultur 

Fusiformis 

Oft zugespitzte Enden 
beeeer nacn Gram als nach 
Claudius 

atypisch 

Abecefi 

wohlbegrenzt, eckig 

kurze Formen 

Nekros ebacillus 
Abgerundete End«i 
besser nach Claudius als 
nach Gram 

+ 

typisch 

+ 

Nekroee 

buschig 

+ 

lange Faden 

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Ellermann, Einige Fftlle von bakterieller Nekrose beim Menschen. 391 


Zum Schlnsse sei es mir erlaubt, dem Vorsteher des Krankenhauses, 
Herrn Prof. Dr. med. SQrensen, raeinen herzlichsten Dank auszn- 
sprechen sowohl fGr die Erlaobnis, die Journale zu benutzen, sowie fflr 
die Liebenswdrdigkeit, womit er seine Sammlung makro- und mikro- 
skopischer Pr&parate mir zur Verfiigung stellte. 

Iiitaratur. 

Bang, Om Aarsagen til lokal Nekrose. (Maanedsskrift for Dyrlaeger. 1890.) 
Bartel*, Ueber Noma. Inaug.-Diss. Gottingen 1892. 

Beitzke, Ueber die fusiformen Bacillen. [Uebersichtsartikel.] (Centralbl. f. Bakteriol. 
Abt. I. Referate. Bd. XXXV. 1904.) 

Bernheim und Popischil, Zur Klinik und Bakteriologie der Stomatitis ulcerosa. 

(Jahrb. f. Kinderheilkunde. Bd. XLVI. 1898. p. 434.) 

Ellermann, Ueber die Kultur der fusiformen Bacillen. (Centralbl. f. Bakt. Abt I. 
Orig. Bd. XXXVII. 1904.) 

Freymuth und Petruschky, Ein Fall von Vulvitis gangraenosa. (Dtsche med. 
Wochenschr. 1898.) 

Graupner, Ueber Angina diphtberoides. Sitz. (Munch, med. Wochenschr. 1902.) 
Hofmann und Kiister, Ein Beitrag zur Bakteriologie der Noma. (Munch, med. 
Wochenschr. 1904. p. 1907.) 

Jensen, Der Nekrosebacillus. (Kolle und Wassermanns Handbuch.) 

Loeffler, Mitteilungen aus dem kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. II. 1884. 

Passini und Leiner, Ueber einen Fall von Noma faciei. (Wiener klin. Wochenschr. 
1899. p. 743.) 

Perthes, Ueber Noma und ihren Erreger. (Arch. f. klin. Ohirurgie. 1899. p. 111.) 

—, Erfahrungen aus der arztlichen Praxis bei Chinesen. (Munch, med. Wochenschr. 
1902. p. 1968.) 

Ranke, Altes und Neues zur pathologischen Anatomie des nomatdsen Brandes. (Munch, 
med. Wochenschr. 1903. p. 13.) 

Salomon, Bakteriologische Befunde bei Stomatitis und Tonsillitis ulcerosa. (Dtsche 
med. Wochenschr. 1&&9. p. 297.) 

Schmorl, Deutsche Zeitschrift fur Tiermedizin. Bd. XVII. 1891.) 

Seiffert, Aetiologie der Noma. Sitz. (Munch, med. Wochenschr. 1901. p. 1988.) 
Veil Ion und Zuber, Recherches sur quelques microbes strictement anaerobies. (Arch, 
de m6d. exp^rimen tale. 1898. p. 517.) 


Erkl&nmg der Abbildungen. 

Fig. 1. Fall I. Schnitt der Uvula. Farbunjg nach Claudius. Obj. 3, Ok. I. 
Mikrophotographie. Oberflachlich die Kokken, nach unten die Nekrosebacillenzone. 

Fig. 2. Fall I. Dasselbe Praparat. Obj. 7, Ok. I. Zeichnung. Dichte Anhau- 
fung von Nekrosebacillen an der Grenze des lebenden Gewcbes. 

Fig. 3. Fall I. Schnitt der Uvula. Methylenblaufarbung. Imm. 2 mm. Komp.- 
Ok. IV. Zeichnung. Nekrosebacillen mit metachromatischen Kornchen. 

Fig. 4. Fall. II. Schnitt der Lippe. Farbung mit Loef f lerschem Methylenblau. 
Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 8. Zeichnung. Lebendes Gewebe dicht an der Grenze der 
Nekrose. Zwischen den Zellen Fusiformes und Spirochaten. 

Fig. 5. Fall. II. Dasselbe Praparat. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 4. Zeichnung. 
Bindegewebe mit Spirochaten in Langs- und Querschnitt 

Fig. 6. Rein kultur des B. fusiformis. 4 Tage alt. Serumagar. Photographic. 
Fig. 7. Stichkultur des B. fusiformis. Serumagar. Photographic. 

Fig. 8. Kleinste Fusiformis-Kolonie. Serumagar. Obj. 5, Ok. II. Zeichnung. 
Fig. 9. B. fusiform is aus Kultur. Karbolfuchsmfarbung. Imm. 2 mm, Komp.- 
Ok. 8. Mikrophotographie. 


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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Nachdruek verboUn. 

TJeber die Verbreitung des Bacillus enteritidis Gaertner 

in der Kubmilcb. 

Von E. Klein in London. 

Von 39 Milchproben, die verscbiedenen Farmen einer Anzahl von 
englischen Landbezirken entstammen und die auf Tuberkelbacillen ge- 
prflft worden, zeigte sich, daB 10 Proben Oder 25,5 Proz. nach Injektion 
des Miichabsatzes (von je 300 ccm gesammelt) subkutan in die Leiste 
oder peritoneal bei Meerschweinchen eine chronische Krankheit der Milz 
hervorriefen, welche Krankheit in der VergrSBerung der Milz und der 
Anwesenheit in derselben miliarer Knotchen mit eiterigem Zentrum be- 
steht. Die Gr8Be der Knfitchen variiert zwischen der eines Stecknadel- 
kopfes und einer kleinen Erbse. Die Meerschweinchen, die mit dem 
Milchabsatze injiziert wurden, scheinen bei der TStung — 4 Wochen 
nach der Injektion — normal zu sein, bei der Obduktion zeigten alle 
[14 Tiere X )J die Milz in dem eben beschriebenen Zustande. Die subku¬ 
tan injizierten hatten keine vergroBerten Inguinaldriisen und waren auch 
alle iibrigen Organe, mit Ausnahme der Milz, anscheinend normal. 

Ausstrichpr&parate der Milzknfitchen zeigten keine Tuberkelbacillen, 
auch keine anderen sfiurefesten Mikroben, doch enthielten sie sehr 
reichlich ovale bis cylindrische bewegliche Bacillen, die, wie das Kultur- 
verfahren lehrte, einer und derselben Species angehdren, n&mlich der des 
Bacillus enteritidis Gaertner 1 2 ). Von alien Tieren wurden von 
den Milzkn5tchen ohne weiteres Reinkulturen gewonnen, die unter- 
einander so wie mit dem typischen B. Gaertner durch Abimpfung in 
die verschiedensten N&hrbOden verglichen wurden. 

Unser aus der Milz gewonnener Mikrobe zeigte sich hochvirulent, 
indem die subkutane Injektion von Vso—V200 eines Kubikcentimeters 
einer einen Tag alten Bouillonkultur Meerschweinchen von 300 g mit 
Sicherheit akut tOtete, mit den bekannten Erscheinungen der lokalen 
h&morrhagischen Infiltration, der dunkeln, vergroBerten, erweichten Milz; 
das subkutane, blutige Exsudat, das Herzblut sowie die Milz enthielten 
die Mikroben in groBer Zahl. 

Nach Fiitterung von Meerschweinchen und M&usen mit Milchkultur 
oder Milch, der Bouillonkultur zugeffigt wurde, geht die H&lfte der 
Tiere am 5. Tage ein, das Ileum fiber der Ileocokalklappe zeigt ausge- 
breitete H&morrhagieen, der untere Teil des Ileum mit blutigem Schleim 
erffillt 

Was die kulturellen Charaktere unseres Mikroben in den verschie- 
denen Nfihrboden anlangt, so sind sie in aller und jeder Hinsicht die 
des Bacillus enteritidis Gaertner, die nicht einzeln aufgezfihlt zu 
werden brauchen, da sie in dem van Ermengemschem Artikel in 
Kolle und Wassermann zur Genfige bekannt sind. Entscheidend 
fflr die Diagnose unseres Milchmikroben sind: 

a) blaue Kolonieen auf Drigalski, 

b) Bl&uung der Litmusmilch, 


1) 4 Proben riefen in beiden Tieren, die iibrigen 6 Proben nur in dem peritoneal 
oder nur in dem subkutan injizierten Meerschweinchen die Krankheit hervor. 

2) Schnitte durch die Milz zeigten in dem nekrotischen Zentrum grofie und kleine 
dichte Gruppen der Bacillen, sowie auch vereinzelt das Zentrum durchsetzend. 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 


393 


c) reichliche lange, dtlnne, wellige Flagellen wie bei Typhus, 

d) entschiedene und rasche Agglutination durch Blutserum eines 
mit dem typischen B. Gaertner immunisierten Kaninchens. 

Dafi unser Mikrobe in den Milchproben (zehn verschiedenen Farmen 
entstammend) nur in sehr beschr&nkter Zabl vorhanden sein konnte, be- 
weist einmal der Umstand, dafi keines der mit dem Milchabsatze inji- 
zierten Meerschweinchen (10 subkutan, 10 peritoneal) akut eingegangen, 
zweitens von den 10 Proben nur 4 in beiden Meerschweinchen, 6 jedoch 
nur in einem der beiden Tiere die Milzkrankheit bedingte. Experimented 
liefi sich ferner nachweisen, dafi bei ganz kleinen Dosen (7 1000 , Vsooot 
Vtooo ccm einer einen Tag alten Bouillonkultur) die Tiere nicht akut 
eingehen, und vom 9. Oder 10. Tage an bei der Sektion die allmahliche 
Entwickelung der eiterigen Milzkndtchen aufweisen. 

Die flblichen Erkundigungen, die in den betrefTenden Farmen ange- 
stellt wurden, liefien von erkennbaren Erkrankungen der KOhe nichts 
eruieren, nur waren Qberall die Zustande betreffs der Abmilchung der 
Kflhe hochst unrein. 

Die Proben wurden durch einen erfahrenen Sanitatsinspektor bei 
ihrem Anlangen in grofien Kfibeln in den verschiedenen Bahnstationen 
in sterile Flaschen gefflllt und direkt ins Laboratorium gebracht. Dafi 
solche Milch, wenn an einem warmen Orte stehen gelassen, Oder in der 
heifien Jahreszeit im rohen, ungekochten Zustande genossen, nicht ohne 
Gefahr ist, darf als wahrscheinlich angenommen werden. 


Nachdruck verboten. 

Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute (Prof. Weichselbaum) 

in Wien.] 

Von Assistent Dr. Julius Bartel und Dr. Bobert Stein. 

(ScbluB.) 

V. Reihe. A. W ah rend in Deckglaspr&paraten der frischen Probe 
Bacillen nur in m&fiig reichlicher Zahl als deutlich rot gef&rbte, bald 
segmentierte, bald unsegmentierte Stabchen zu 3 und 4 beieinander 
vorhanden waren, linden sich in den Deckgiasern vom 4. Tage (1. Probe) 
und auch weiterhin Bacillen in grdfierer Zahl und Gruppen bis 6 und 10 
Bacillen mit und ohne Segmentation. Am 20. Tage (6. Probe) ist ein 
starker Zerfall und braunrote Farbung wahrzunehmen. Diese Befunde 
haben sich auch in Schnitten bestatigt. 

Kulturen auf Tuberkelbacillen waren ergebnislos (das Bouillon- 
rbhrchen der frischen Probe und die Agarplatte vom 12. Tage (4. Probe) 
waren durch Staphyl. alb. verunreinigt). 

Die Bacillen der frischen Probe hatten bei intraperitonealer Injektion 
am Impftier eine allgemeine Tuberkulose mit Verkasung — Epitheloid- 
zellentuberkel mit Riesenzellen und Verkasung, Bacillen einzeln oder zu 
3 und 4 in sparlicher Zahl als gewohnlich segmentierte, deutlich rot 
gefarbte Stabchen — erzeugt, bei subkutaner Impfung vom 4. Tage 
resultierte gleicherweise beim Impftier eine allgemeine Tuberkulose die 
verimpfte Probe vom 7. Tage (2. Probe) und vom 12. Tage (4. Probe) 
hatten ein gleiches Ergebnis. Das histologische Bild der Tuberkel 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


anderte sich bei diesen letzten Impftieren vom 7. Tage und vom 12. Tage 
nur insofern, als sich eine reichlichere Anh&ufung mono- und poly- 
nukleSrer Leukocyten, sowie von Kerntrflmmern in den zentral verk&sten 
Tuberkeln bemerkbar machte. Die daselbst in den Tuberkeln des Tieres 
vom 7. Tage sp&rlich vorhandenen Bacillen zeigten bei starker Segmen- 
tierung einen mehr br&unlichroten Farbenton. Weiterhin konnten beim 
Impftier vom 12. Tage keine Bacillen mehr gefunden werden. Subkutane 
Verimpfung vom 16. Tage (5. Probe) und vom 20. Tage (6. Probe) 
blieben ergebnislos. 

V. Reihe. B. Auch hier waren die Bacillen in der frischen Probe 
m&Big reichlich vorhanden und deutlich, sowie vollstandig rot gefarbt. 
Die Zahl blieb weiterhin sparlich bis auf den Befund eines kleinen 
Haufchens von 15—20 Bacillen im Deckglas vom 9. Tage (3. Probe). 
Mit der Zeit wurden die Bacillen stark segmentiert, farbten sich blafirot, 
gelegentlich auch rotbraun und zeigten vom 16. Tage (5. Probe) an einen 
brockligen Zerfall. Die Schnitte bestatigten die Deckglasbefunde, doch 
gelang es hier nicht, Bacillen an einer Stelle in gr6Berer Zahl zu linden. 

Mit Ausnahme einer Kolonie des Staphylococcus pyogenes 
a 1 b u s auf der Agarplatte der frischen Probe blieben samtliche Kulturen 
steril. 

Die Bacillen der frischen Probe hatten in der Leber teilweise Nekrose 
der Leberzellenbalken, teilweise Epitheloidzellentuberkel mit Verkasung 
erzeugt, als Teilbefund einer Allgemeintuberkulose. Die Verimpfung 
eingetrockneten Materials vom 4. Tage (1. Probe) ergab bei subkutaner 
Inokulation ein kasiges Infiltrat der Injektionsstelle und Tuberkulose mit 
Verkasung der regionaren Lympbdrusen, an der Injektionsstelle Riesen- 
zellentuberkel mit stellenweise dichter Anh&ufung polynuklearer Leuko¬ 
cyten und beginnender Organisation in den erweichten Herden sehr 
sparlich segmentierte Bacillen, in den Lymphdrflsen gleichfalls in eitriger 
Einschmelzung begriffene konfluierende Herde, die in den nicht erweichten, 
peripheren Partieen mit mono- und polynuklearen Leukocyten unter- 
mischte epitheloide Zellen zeigen. Alle weiteren Tierversuche blieben 
ergebnislos. 

VI. Reihe. 

A. Milz des Impftieres V. Reihe, A, 1. Probe. 

B. Milz des Impftieres V. Reihe, A. 2. Probe. 

Von beiden Impftieren wurde die Milz in eine Petrischale gegeben und durch 
eine Stunde der Wirkung stromenden Dampfes im Sterilisator ausgesetzt. Die Organe 
blieben ungeteilt. Nach Entnahme aus dem Dampfapparat wurden die Organe in Teil- 
stiicke zerlegt und dieselben analog den bisher behandelten Proben verarbeitet. 

A. 

Frische Probe (vor der Behandlung im Dampfapparat) s. Befund bei V. Reihe, 
A, 1. Probe. 

Probe nach Behandlung mit strdmendem Wasserdampf 12. Juli 1904. 

1) Deckglas: sparlich braunrote, stark segmentierte Tuberkelbacillen. 

Histologischer Befund: In der Milz erscneinen die Kerne noch intensiv mit Ham- 
alaun gefarbt. Einzelne Zellen sind jedoch nicht mehr unterscheidbar. 

In einem Tuberkel fanden sich maBig reichlich zu zweien gelagerte, stark segmen- 
tierte, etwas rotlichbrau gefarbte Tuberkelbacillen. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch. 

a) Scktionsbefund: Subkutane Injektion rechte Bauchseite, 55. Tag (5. Septbr. 1904). 
Tier in gutem Erniihrungszustand. 

b) Scktionsbefund: Intraperitoneal 55. Tag (5. Septbr. 1904). Tier im Wachstum 
zuriickgeblieben. Am Lungenhilus befindet sich ein bohnengroBer derber Knoten. 
Histologisch zeigt derselbe eine fibrose Beschaffenheit. An einzelnen Stellen enthalt er 
Herde aicht angehaufter polynuklearer Leukocyten. Einzelne Knorpelstiicke erscheinen 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 


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frei in solche Eiterherde eingelagert. Riesenzellen finden sich im fibrinosen Gewebe 
in mafiig reichlicher Zahl eingelagert. 

B. 

Frische Probe (vor der Behandlung im Dampfapp&rat) 8. Behind bei V. Reike, 
A, 2. Probe. 

Probe nach Behandlung mit strfimendem Wasserdampf 12. Juli 1904. 

1) Deckglas: keine Tuberkelbacillen nachweisbar. 

2) Histmogischer Befund: Gewebe analog beschaffen wie VI. Reihe, A, nach der 
Behandlung im stromenden Wasserdampf. 

In einem Tuberkel fand sich ein stark segmentierter braunrot gefarbter Tuberkel - 
bacillus. 

3) Kultur. Befund: steril. 

4) Tierversuch. 

aj Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite 55. Tag (5. Septbr. 1904). Tier in 
gutem Ernahrungszustand. 

b) Sektionsbefund: Intraperitoneal 55. Tag (5. Septbr. 1904). Tier in gutem Er¬ 
nahrungszustand . 

VI. Reihe. Die im tuberkulos veranderten Gewebe durch Ein- 
wirkung strfimenden Dampfes durch eine Stunde abgetoteten Tuberkel¬ 
bacillen haben weder bei subkutaner noch auch bei intraperitonealer 
Injektion Veranderungen hervorgerufen. Die Impftiere befanden sich 
dabei in gutem Ernahrungszustande. Der Knoten am Lungenhilus des 
Impftieres kann nach dem Sektionsbefund nicht auf die Impfung zurflck- 
geffihrt werden, muB vielmehr als ein zufalliger Befund betrachtet werden, 
der die eindeutige Entscheidung fiber den Sektionsbefund nicht beein- 
flussen kann. 

Stamm 4. 

VII. Reihe. 

Die tuberkulosen Orgjane, die den Ausgangspunkt dieser Reihe bildeten, ent- 
stammten einem Meerschweinchen, das folgenden Obduktionsbefund bot: 

Bei intraperitonealer Injektion von Kulturmaterial aus den Halslymphdrusen eines 
mit Tuberkelbacillen von sehr schwacher Virulenz gcfiitterten Kaninchens zeigte das 
Meerschweinchen am 99. Tage folgende Veranderungen. 

Verkasung in den vergrofierten rechtsseitigen Inguinallymphdrusen, desgleichen 
der bronchialen Lymphdriisen, in der stark vergroBerten Milz zanlreiche bis hanfkorn- 
grofle verkaste Herde, in Lunge und Leber zahlreiche kleine griine Tuberkel, Tier in 
verhaltnismaBig gutem Ernahrungszustand. 

Die tuberkulos veranderten Organe dieses Tieres wurden verrieben und teils sofort 
an ein Meerschweinchen subkutan, zura anderen Teil nach 7 4 -stiindigem Kochen — 
Einstellen des mit Bouillon vernebenen Materials in einer Eprouvette in kochendes 
Wasser — an zwei Meerschweinchen verimpft. 16. Septbr. 1904. 

1. Sektionsbefund des mit virulentem Material geimpften Meerschweinchens; 
subkutane Impfung 39. Tag (25. Oktober 1904). 

Tier in gutem Ernahrungszustande, rechts in inguine ein fiber haselnuSgrofler 
Tumor, bestehend aus mehreren fast vollig verkiisten Lymphdriisen, am rechten Muscul. 
psoas eine erbsengrofie verkaste Lymphdriise, die Milz auf das Vielfache vergrofiert, von 
zahlreichen kleineren und groBeren verkasten Herden durchsetzt, zahlreiche gleichfalls 
verkaste Knotchen der Leber und griine Tuberkel beider Lungen, die Bronchiallymph- 
driisen vergroBert, derb, mit verkasten Herden, die MesenteriaJlymphdriisen vergroBert, 
ohne deutliche Zeichen von Tuberkulose. 

2. Sektionsbefund der mit abgetotetem Material geimpften Meerschweinchen: 
intraperitoneale Impfung 38. Tag (24. Oktober 1904). Tier in gutem Ernahrungszustand, 
keinerlei Veranderungen. 

Subkutane Impfung 38. Tag (24. Oktober 1904). Tier in gutem Ernahrungs¬ 
zustand, keinerlei Veranderungen. 

VII. Reihe. Abtfitung von in tuberkulos verfinderten Organen 
eingeschlossenen Tuberkelbacillen durch 3 / 4 -stfindiges Kochen in sieden- 
dem Wasser bewirkte, daB Impfversuche mit dem so behandelten Material 
durchweg negative Resultate ergaben. Die Impftiere blieben stets ge- 
sund und befanden sich in gutem Ernahrungszustand. Demgegenfiber 
zeigte das Kontrolltier, geimpft mit nicht abgetfitetem Material gleicher 
Herkunft, ausgedehnte tuberkulSse Veranderungen. 


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396 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

Ueberblicken wir nunmehr unsere Ergebnisse, so kommen wir zu 
folgenden Resultaten: 

Was zunfichst die Frage einer Vermehrung von Tuberkelbacillen 
unter den zu Grunde gelegten Verhfiltnissen betrifft, so kdnnen wir 
hier keine sichere Entscheidung treffen. In mehreren Fallen — 
I. Reihe, 1. Probe vom 4. Tage, V. Reibe, A, 1. Probe vom 4. Tage, 
und auch die weiteren Proben, endlich V. Reihe, B, 3. Probe vom 9. Tage 
— machten wir Beobachtungen toils in Deckglas-, teils in Schnittprapa- 
raten, die den Gedanken einer stattgefundenen Vermehrung nahelegen 
kdnnen. Andererseits sahen wir, wie Bacillen allm&hlich sich dem Nach- 
weise entzogen — II. Reihe vom 9. Tage an, III. Reihe vom 14. Tage 
an. — Allerdings war letzteres der Fall bei Objekten, die Yon vorn- 
herein sehr bacillenarm waren. Beobachtungen tlber eine etwaige Ver¬ 
mehrung von Tuberkelbacillen post mortem in dem von ihnen spezifisch 
veranderten Gewebe liegen unseres Wissens nicht vor. Versuche einer 
Anreicherung von Tuberkelbacillen wurden bereits mehrfach angestellt. 
Wir verweisen hier nur auf Jochmann und Beizke. Doch kdnnen 
wir, da es sich bei diesen Versuchen um eine Anreicherung in Sputis 
handelt, hier nicht des naheren auf jene Angaben eingehen. Im allge- 
meinen wird eine postmortale Vermehrung in Sputis behauptet. Wohl 
fanden wir Angaben fiber die Dauer der Erhaltung der Virulenz von 
Tuberkelbacillen in tuberkuldsen Organen post mortem, mit welcher 
Frage wohl auch jene der erhaltenen Vermehrungsffihigkeit zusammen- 
tailt, doch handelt es sich um Versuche an tuberkuldsen Organen, die, 
eingegraben, der Verwesung ausgesetzt waren. So will Schottelius 
unter so bewandten Umstfinden in den eingegrabenen tuberkuldsen 
Organstucken noch nach 2 1 / 2 Jahren (!) virulente Bacillen gefunden 
haben. Petri gelangte bei gleichen Bedingungen zu wesentlich anderen 
Resultaten, indem er nur bis nach 3 Monaten und 6 Tagen Virulenz der 
Tuberkelbacillen fand. Ldsener fand unter fihnlichen Versuchsbedin- 
gungen virulente und lebensf&hige Bacillen bis zu 60 Tagen sicher, nach 
95 Tagen nicht mehr mit voller Bestimmtheit, nach 123 Tagen dagegen 
nicht mehr vorhanden. Klein fand, daB nach 7—10 Wochen bei gleicher 
Versuchsanordnung die Virulenz verloren gegangen war. In getrockneten 
und zerkleinerten tuberkuldsen Organen fand Cadeac und Malet so- 
wie Galtier die Virulenz 38—42 Tage erhalten. Das Verhalten unter 
den von uns geschaffenen Bedingungen erscheint jedoch nirgends be- 
rflhrt, die Frage einer nachweisbaren Vermehrung wird gleichfalls von 
den genannten Autoren nicht erortert. Bei unseren Versuchsbedingungen 
wfirde eine Vermehrung ganz gut denkbar sein, da ja ein entsprechendes 
N&hrsubstrat bei einer der Tuberkelbacillenentwickelung zusagenden 
Temperatur in Dunkelheit und bei Abwesenheit anderweitiger Mikro- 
organismen vorhanden war; doch wollen wir mit einem sicheren Urteile 
bei der Inkonstantheit der Befunde zurfickhalten. 

Ffir die leichtere Kultivierung scheinen die von uns geschaffenen 
Verhfiltnisse keine gflnstigeren Vorbedingungen ergeben zu haben. 
Es gelang die Kultur in einem Falle aus dem tuberkuldsen Gewebe un- 
mittelbar post mortem — 2. frische Probe. Ferner gelang sie im gleichen 
Falle aus den tuberkuldsen Organen des Impftieres von der 1. Probe 
vom 2. Tage der gleichen Reihe und endlich von der 1. Probe nach 
7 Stunden der IV. Reihe, welche Reihe eine Fortsetzung der II. Reihe 
bildete. Die Tuberkelbacillen gingen dabei reichlich auf und lieBen sich 
auch leicht weiterzfichten. Der Umstand. daB hier bei sehr schwach 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 


397 


virulentem Ausgangsmaterial die Kulturen grofie Wachstumsenergie 
zeigten, mag eine weitere Bestfitigung bilden dafiir, dafi Saprophytis- 
mus und Parasitismus in umgekehrtem Verh&ltnis zueinander stehen. 
So sagt R6mer in seiner Arbeit: „Wir haben fifters die Beobachtung 
machen kOnnen, dafi die FShigkeit, unter gfinstigen Kulturbedingungen 
fortzukommen, im umgekehrten Verhfiltnis zur krankmachenden Energie 
der Bacillen stand, dafi also Saprophytismus und Parasitismus einen ge- 
wissen Gegensatz bildeten. 14 

Morphologisch und tinktoriell finderten sich die Tuberkelbacillen in 
unseren Versuchen insoweit, dafi sie mit der Zeit stark segmentiert 
wurden, bald mehr etwas blafirot, bald mehr braunrot bei gleichen F&rbe- 
bedingungen sich tingierten. In den bei Bruttemperatur eingetrockneten 
Proben zeigten die Bacillen schliefilich einen kornigen Zerfall — V B 
5. Probe vom 16. und 6. Probe vom 20. Tage. — Gleiche Beobachtungen 
liegen auch sonst vor, und wir verweisen diesbeziiglich auf die bereits 
oben erw&hnte Arbeit von ROmer. Die Bacillen der einen Kultur 
— IV. fr. Probe — zeigten im Deckglas zahlreiche Y-Formen, die den 
Eindruck echter Verzweigungen machten. Gelegentlich war der eine 
der Schenkel der Y-Form kfirzer, gelegentlich zeigte ein Schenkel der 
Y-form eine weitere Verzweigung. Segmentierung fand sich an den 
Bacillen nicht. Gleiche Beobachtungen von Verzweigungen liegen von 
mehreren Autoren vor. So ffihrt Koppen Jones auf Grund seiner 
diesbezfiglichen Untersuchungen aus: „Mitunter in den Sekreten und 
immer in filteren Agarkulturen erscheinen fadenfihnliche Formen, welche 
a) nicht septiert sind und zugleich b) mehrere Verzweigungen zeigen.“ 
Fischel gelangt bei dem Studium schwachvirulenter Bacillen seiner- 
seits zu folgenden Resultaten: „1) Der Kochsche Tuberkelbacillus ist 
die parasitische Form eines ursprfinglich saprophytisch vorkommenden, 
verzweigte Faden bildenden Mikroorganismus. Die in geffirbten Prapa- 
raten hfiufig beobachteten, unter einem Winkel voneinander abgehenden 
Bacillen dfirften oft noch Andeutungen der urspriinglichen Zweigbildung 
sein. 2) Die Artbestimmung ist noch nicht mfiglich, doch besteht eine Ver- 
wandtschaft zwischen dem Actinomyces-Pilz und dem Tuberkelbacillus. 
3) Die parasitische Form variiert in dem Sinne, dafi die segmentierten 
Bacillen bald l&nger, bald kfirzer, bald schm&ler, bald breiter erscheinen. 
.... 5) Der Erreger der Tuberkulose ist ein pleomorpher und variabler 
Mikroorganismus. 14 Die unter Punkt 3 von Fischel angeffihrten Be¬ 
obachtungen fanden auch wir best&tigt. Beobachtungen fiber echte Ver¬ 
zweigungen machten Hayo Bruns, Mafucci, Nocard und Roux. 

Um weiterhin auf die bei den Impftieren gemachten Erfahrungen 
einzugehen, so ergibt sich aus denselben, dafi die Tuberkelbacillen unter 
den geschaffenen Bedingungen eine Abschwfichung ihrer Virulenz er- 
fahren haben. Einige Zeit hindurch haben die Tuberkelbacillen die 
Fahigkeit, eine fiber die Injektionsstelle hinausgehende, i. e. zur Propa¬ 
gation ffihrende Impftuberkulose zu erzeugen, bewahrt. So hat Stamm 1 
(I) diese Eigenschaft noch nach 4 Tagen (am 9. Tage nicht mehr), 
Stamm 2, Milzmaterial (II) bis zum 2. Tage (am 9. Tage ebenfalls nicht 
mehr). Stamm 2, Netzmaterial (III) bis zum 11. Tage (am 14. Tage 
nicht mehr). Stamm 3, Milzmaterial V A bis zum 7. Tage bewahrt, 
wfihrend hier gleichfalls nach 9 Tagen keine Allgemeininfektion konsta- 
tiert werden konnte. Die Bacillen der Reihe IV — stammend aus der 
tuberkuldsen Milz eines mit Netzmaterial der Reihe III (Stamm 2) vom 
9. Tage (I. Probe) infizierten Meerschweinchens — waren so weit abge- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


schw&cht, daB sie nur bis zum 4. Tage fiber die Impfstelle hinaus- 
gehende Infektion bewirkten. Bei dem Umstande, daB das Impftier 
Stamm 2 II (2. Probe vom 9. Tage) bei subkutaner Impfung schon am 
4. Tage danach an Marasmus einging, daher ffiglich nicht zur Beurtei- 
lung des Abschw&chungsgrades berangezogen werden kann, ergibt sich, 
daB schwachviru lente Bacillen unter den obwaltenden 
Verhaltn issen im allgemeinen ungeffihr eine Woche die 
FShigkeit, eine fiber die Impfstelle hinausgehende Tuber- 
kulose zu erzeugen, bewahren. 

Von den genannten Zeiten an hatten die Bacillen der 
verschiedenenStfimmesoweiteineVirulenzabschw&chung 
erfahren, daB nunmehr bei den Verimpfungen gelegent- 
lich nur eine an die Impfstelle gebundene, also lokali- 
sierte Tuberkulose sich ergab, sei es in Form eines subkutanen 
Infiltrates Oder eines Netzknotchens, je nach der Art der Einverleibung 
des infektifisen Materiales. Auch bei subkutaner Impfung sich er- 
gebende isolierte Herde der Leber konnten wir bei der bereits mehrfach 
beobachteten direkten Infektion derselben durch angestochene Venen nur 
als lokalisierte Tuberkulose betrachten. Bei Stamm 1 fand sich eine lokali- 
sierte Tuberkulose noch nach 30 Tagen (I 6. Probe), bei Stamm 2 nach 
24 Tagen (II, 5. Probe) resp. nach 12 Tagen (IV, 5. Probe). Ueber die 
Zeit von 30 Tagen hinaus haben wir keine Versuche angestellt. Wenn 
wir unter dieser Zeit an Impftieren negative Befunde erhoben haben, 
so ist es ebensogut mSglich, dafi in einzelnen Proben .die Bacillen be¬ 
reits abgestorben sein konnten, oder die tuberkulosen Produkte wegen 
ihrer Kleinheit Qbersehen wurden; es ist auch nicht auszuschliefien, daB 
entstandene tuberkulose Bildungen abgeheilt sein konnten oder auch die 
Zeit von der Impfung bis zur Obduktion zu kurz war, um augenf&llige 
Verfinderungen zu erzeugen. Demgemfifi schalten wir auch diese Ffille 
bei unseren Schlufifolgerungen aus. 

Des weiteren zeigte sich, sofern nicht sehr junge 
Meerschweinchen (3 Wochen alte Tiere, Stamm 2 (IV) sfimtliche 
Proben) zur Verwendung kamen, oder ein zuffilliges Acci- 
denz (Peritonitis) eintrat, daB die Impftiere fast durchweg 
sich in gutem Ern&hrungszustande befanden undklinisch 
nicht den Eindruck infizierter Tiere machten. 

Besonders wichtig erscheint uns die bistologische Beschaffenheit der 
durch die a priori schon schwachviruleuten und durch die eingeschlagene 
Versuchsanordnung bis an die Grenze der Virulenz abgeschwfichten 
Bacillen hervorgerufenen spezifischen Verfinderungen. Baumgarten, 
Orth und andere Autoren haben aus der Wirkung des Tuberkelbacillus 
auf das lebende Gewebe geschlossen, daB demselben eine Einflufinahme 
nach verschiedenen Richtungen zukomme. Sie unterschieden einmal 
eine nekrotisierende, des weiteren eine exsudative und endlich 
eine produktive Komponente. 

Nach Baumgarten fiberwiegen bei Tuberkelbacillen von geringer 
Menge und Virulenz die Proliferationsprozesse, wahrend bei grofien 
Mengen stark virulenter Bacillen mehr die Exsudationsprozesse in den 
Vordergrund treten. Er erwfihnt hierbei, daB im letzteren Falle der 
ProliferationsprozeB geradezu umgangen werden kann, der Tuberkel mehr 
einem Abscesse fihnlich wird. Bei unseren untersuchten Bacillenstfimmen 
zeigten sfimtliche tuberkulose Produkte des Ausgangsmaterials mikro- 
skopisch die Zeichen der Gewebssch&digung nach den genannten drei 


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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 399 


Richtungen, indem wir fiberall neben verkaste Stellen enthaltenden, teil- 
weise peripher fibrosen Epitbeloidzellentuberkeln eine wechselnde Zahl 
von mono- and polynuklearen Leukocyten fanden. Bei der durch unsere 
Versuchsbedingungen hervorgerufenen Abschwachung der Bacillen zeigte 
sich, dafi diese Trias der genannten Eigenschaften nicbt in gleichem 
Verhaitnisse erhalten blieb; Stamm 1 zeigte namlich in der Folge ein 
Ueberwiegen der produktiven Tendenz, wahrend bei Stamm 2 (Reihe II, 
III, IV) neben der produktiven die exsudative Komponente stark 
hervortrat Stamm 3 nahert sich in seinem Verhalten mehr dem 
Stamme 2. 

Solange die Tuberkelbacillen ihre Eigenschaft, eine 
fiber die Impfstelle hinausgehende Tuberkulose zu er- 
zeugen, bewahrt hatten, war keine dor drei Wirkungs- 
weisen vollstandig verloren gegangen. War jedoch die 
Abschwachung der Tuberkelbacillen soweit fortge- 
schritten, dafi sich am Irapftier nur mehr eine lokali- 
sierte Tuberkulose als Resultat ergab, so zeigte es sich, 
dafi dann eine der genannten Komponenten vollig ge- 
schwunden war. Zugleich liefien solche Falle lokalisier- 
ter Tuberkulose deutliche Organisationsvorgange er- 
kennen. 

Die Kndtchenbildungen bei diesen an die Injektionsstelle allein ge- 
bundenen Verfinderungen zeigten fast durchweg eine grofie Zahl mehr- 
kerniger Zellen, indem in einer oft sehr breiten Protoplasmamasse zwei 
und mehrere Kerne, manchmal randstandig oder unregelmfifiig verteilt, 
eingelagert waren. Diese vorwiegende Bildung von Riesenzellen durch 
Einwirkung schwachvirulenter Bacillen findet auch anderweitig Bestati- 
gung; so konnte Krompecher durch Injektion einer 6 Jahre auf 
kfinstlichen Nahrboden gewachsenen Kultur Tuberkel erzeugen, die blofi 
aus 1—2 Riesenzellen und wenigen Leukocyten bestanden. 

Die bei unseren Versuchen entstandenen L e b e r tuberkel weisen 
ahnliche Bilder auf, wie sie Miller auf hamatogenem Wege bei Kanin- 
chen erzeugte. 

Bacillen, die wir bei zur Propagation ffihrender Tuberkulose stets, 
wenn auch manchmal in geringer Zahl, nachweisen konnten, waren bei 
den blofi auf die Impfstelle beschrankten Prozessen nur einmal zu finden. 
Das bacillenarme Ausgangsmaterial des 2. Starames — Reihe II, III, IV 
— erzeugte auch weiterhin bei den Impftieren bacillenarme Tuberkel- 
bildung. 

Ueberblicken wir endlich die Obduktionsergebnisse bei Verirapfung 
schwachvirulenten lebenden Materials einerseits und von durch Hitze 
abgetoteten Materials gleicher Provenienz andererseits, so finden wir, 
dafi gegenfiber der Tuberkulose erzeugenden Fahigkeit des ersteren, 
letzteres diese Eigenschaft vollstandig eingebfifit hatte. Es zeigten 
die mit abgetfiteten tuberkulfis veranderten Gewebs- 
stfickchen geimpften Meerschweinchen keine auf Grund 
der Impfung entstandenen spezifischen Verfinderungen 
nund blieben in gutem Ernfihrungszustande; sie verhielte 
sich also vollstandig normal. 

Handelt es sich urn vor der AbtOtung hochvirulentes Kultur- 
material, so kdnnen wir die Frage nach der Wirkungsweise toter Tu¬ 
berkelbacillen , wie wir schon ausffihrten, auf Grund der Arbeiten 
Masurs,Krompechers, Sternbergs und Engelhardts als nahe- 


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400 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

zu entschieden betrachten. Krompecher spricht sich dahin aus, daB 
hochvirulente tote Bacillen Tuberkulose erzeugen konnen, die er im 
Gegensatze znr I n fe k t i o n s tuberkulose, hervorgerufen durch lebende 
Bacillen als Intoxikationstuberkulose auffaflt. Es wird zwar durch 
die Einwirkung der Hitze die Lebensf&higkeit der Bacillen zerstdrt, je- 
doch bleiben dessen am Bacillenleibe haftenden Gifte erhalten. 

„Es ist also, ebenso wie Buchner Garung ohne Hefezellen erzeugte, 
mbglich, auch tuberkuldse Ver&nderungen ohne lebende Bacillen hervor- 
zurufen. Diese beiden Prozesse unterscheiden sich jedoch, abgesehen 
davon, daB die Zymase ihre Eigenschaften bei 120° verliert, auch darin 
voneinander, daB es nicht gelingt, das toxische Tuberkulose erzeugende 
Element vom Bacillenleibe zu isolieren. Die Analogic besteht bloB in der 
UnabhSngigkeit der beiden Prozesse vom Leben der Mikroorganismen.“ 

Versuche, die Krompecher mit einer jahrelang auf kQnstlichen 
N&hrbdden fortgeziichteten und vor der Verimpfung abgetoteten Kultur 
anstellte, ergaben durchweg negative Obduktionsbefunde. Krom¬ 
pecher bezeichnet diesen 6 Jahre lang auf kiinstlichem N&hrboden ge- 
wachsenen Stamm als a virulent. Auf Grund seiner Beobachtungen 
an Kulturmaterial filhlt sich der genannte Autor zu dem Schlusse be- 
rechtigt, daB der durch tote Bacillen hervorgerufeneEffekt 
verschieden ist, je nach ihrem Virulenzgrad. In einer 
spateren Arbeit konstatiert Sternberg bei Verwendung hochvirulenten 
Kulturmateriales, daB durch Hitze abgetdtete Bacillen im Tierkdrper 
dieselben Ver&nderungen hervorrufen kbnnen wie lebende. 

Einige Differenzen in den Angaben verschiedener Autoren beztiglich 
der VerkSsung durch hochvirulentes abgetbtetes Kulturmaterial erkl&rt 
Sternberg aus der groBeren oder geringeren Dichtigkeit der ver- 
impften Aufschwemmungen. Des weiteren schlieBt er, daB die patho- 
gene Wirkung geknflpft ist an eine im Bacillenleibe enthaltene Substanz; 
dieselbe wird durch hohe Temperatur nicht gesch&digt, wohl aber extra- 
hiert Oder vernichtet durch Alkohol oder Aether. Es ergibt sich also 
aus dem vorher Gesagten beztiglich der Verimpfung von Kul¬ 
turmaterial, daB hochvirulente abgetbtete Bacillen In¬ 
toxikationstuberkulose erzeugen kdnnen, schwachvirulente 
tote ein vollst&ndig negatives Resultat liefern. Ein Hauptzweck 
nun unserer Versuche war es, zu prtifen, ob beztiglich der Wirkungs- 
weise nur schwachvirulenter Bacillen, gelangen sie in dem von ihnen 
spezifisch ver&nderten Gewebe in natiirlicher Verteilung eingeschlossen, 
zur Verimpfung, das Gleiche gilt, was nach den Untersuchungen Krom- 
pechers an lebendem und totem schwachvirulentem Kulturmaterial 
beobachtet wurde. Es erschien uns eine KISrung dieser Frage insofern 
von Bedeutung, als es dann mbglich w&re, aus positiven Impfbefunden 
— in erster Linie lokalisierten Tuberkelbildungen — nach Inokulation 
von Organteilen, stammend aus mit schwachvirulenten Bacillen infizierten 
Versuchstieren, die Anwesenheit lebender Erreger mit Bestimmtheit zu 
erschlieBen zu kbnnen. 

Unsere SchluBfolgerungen lassen sich in folgende S&tze zusammen- 
fassen: 

„Eine Vermehrung von Tuberkelbacillen post mortem 
in dem von ihnen spezifisch ver&nderten Gewebe bei Ab- 
wesenheit anderer Mikroorganismen unter den gtinstigen 
Temperaturbedingungen von 37° und in feuchter Kammer 
erscheint uns nur wahrscheinlich. 


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Bartel n. Stein, Znr Biologie schwachvirolenter Tuberkelbacillen. 401 


Die weitere Frage, ob durch die in unseren Versuchen 
gesetzten Verh&ltnisse gflnstigere Kultnrbedingungen 
geschaffenwerdenk6nnen,konntenwirnichtinpositivem 
Sinne entscheiden, wiewohl nns die Kultivierung ge- 
legentlich leicht gelang. 

Morphologische Ver&nderungen, wie Segmentierung, 
korniger Zerfall, Verzweigung, bald mehr plumpe, bald 
schlanke Bacillenformen, sowie Aendernngen des f&rbe- 
rischen Verhaltens — blafiroter oder mehr brannroter 
Farbenton — waren wir gleichfalls in der Lage zu kon- 
statieren. 

Ferner glanben wir nns dahin aussprechen zukOnnen, 
dafi bezfiglich der Wirkungsweise schwachvirulenter 
lebender and toter Tuberkelbacillen, sind dieselben in 
dem von ihnen spezifisch ver&nderten Gewebe in natttr- 
licber Verteilung eingescblossen, das Gleiche gilt, was 
Krompecher bezQglich scbwachvirulenten lebenden und 
toten Kulturmateriales gefunden hat, namlich: 

Scbwachvirulente abeetOtete Tuberkelbacillen in den von ihnen 
spezifisch verfinderten Organen in natttrllcher Verteilung einge- 
schlossen, sind nicht im stande, am Impftiere Ver&nderungen spe- 
zlfiseher Natur Oder auch nur Marasmus zu erzeugen. 

Findet man infolgedessen bei Impftieren, die ledig- 
lich mit sicber schwachvirulenten Bacillen infiziert 
wurden, Tuberkelbildungen, so kann man aus denselben, 
auch wenn es sich nur um lokalisierte Tuberkulose han- 
delt, auf die Anwesenbeit lebender Erreger schliefien, 
wenn auch von sehr herabgesetzter Virulenz und von ge- 
ringer Zahl. Durch fortgesetzte Abschw&chung gelang es 
uns, Tuberkel zu erzeugen, die fast ausschliefilich aus 
Riesenzellenbe8tanden;ausge8procheneVerkasungsaben 
wir dann nur ausnahmsweise; auch Bacillen waren nur ge- 
legentlich noch nachzuweisen. 

Zugleicb konstatierten wir an lokalen tuberkulosen Produkten Aus- 
heilunsprozesse. _ 


Ueber die histologischen Ver&nderungen in den bei 37° und der 
Einwirkung der feuchten W&rme, sowie der eingeschlossenen Tuberkel¬ 
bacillen ausgesetzten tuberkulds ver&nderten Gewebsstiickchen wollen 
wir bier nur so weit uns aussprechen,- daG wir die charakteristische Struktur 
der Gewebe noch nach 31 Tagen — unsere ISngste Beobachtung — er- 
halteu fanden. Wohl trat mit der Zeit ein Kernzerfall ein und es fanden 
sich dann im Gewebe verteilt zahlreiche intensiv mit Kernfarbstoffen 
f&rbbare Kerntrflmmer; hochgradigere Ver&nderungen des Gewebes 
machten sich mit der Zeit in einer schmalen Eandzone des Organ- 
stflckchens bemerkbar, indem daselbst die Kerne ihre F&rbbarkeit ver- 
loren und das Gewebe dann einen mehr gleichm&fiigen Eosin-Farbenton 
annahm. Diese Erscheinung in den Randpartieen ist wohl auf den Ein- 
flufi der Flflssigkeit, in der die Stfickchen nach einiger Zeit schwimmend 
vorgefunden wurden, zurQckzufflhren, und nicht auf Rechnung der 
Tuberkelbacillen zu setzen. 

Eine Zunahme des verk&senden Prozesses in den Tu- 
berkeln konnten wir nicht sehen. Auch in jenem Falle, wo wir 

Bnte Abt. Ori*. Bd. XXXVm. Heft 4. 26 


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402 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4 


das Gewebe bei 37 0 der Austrocknung aussetzten, blieb die Kemf&rbnng 
und Struktur leidlicb erhalten. Der postmortale Einflufi der 
sp&rlich vorhandenen Tuberkelbacillen auf das Gewebe 
scheint demnach ein auBerorden tlich geringer zu sein. 
Es stimmen unsere Beobachtungen mit deneu Goldmauns Oberein, 
welche der genannte Autor an aseptisch aufbewahrten GewebsstQckchen 
anstellte. 

Ancb von Ed lbs, der Tuberkelbacillenaufschwemmungen in die 
Venen steril herauspr&parierter Kaninchennieren injizierte, wurde diese 
Tatsache best&tigt. 


Idteratur. 

Bartel, Die Infektionswege bei der FutterungBtuberknlose. (Wiener klin. Wochenschr. 
1904. No. 15.) 

Baumgarten, Ueber die patbologisch-histologische Wirkung und Wirksamkeit dee 
Tuberkel bacillus. (Berl. klin. Wochenschr. 1901. No. 44, 45, 46.) 

— Centralbl. f. klin. Med. 1881. 

Beitzke, H., Die Anreicherungsverfahren zum Nachweis der Tuberkelbacillen im 
Sputum. (Hyg. Rundech. Bd. XII. 1902.) 

Bruns, H., Ein Beitrag zur Pleomorphie dee Tuberkelbacillus. (Centralbl. f. Bakt. 
Bd. XVII. No. 23.) 

Cadeac et Malet, Sur differents modes de transmission de la tuberculose. (Congrfee 
pour I’dtude de la tuberculose. 1888. p. 310.) 

Coppen Jones, A., Centralbl. f. Bakt. Bd. XVII. 1895. 

Engelhardt, Histologische Veranderungen nach Einspritzung abgetoteter Tuberkel¬ 
bacillen. (Zeitschr, f. Hyg. 1902.) 

Fischel,Fr. f Zur Morphologie und Biologie des Tuberkuloseerregers. (Berl. klin. 
Wochenschr. 1893. No. 41. 

Gal tier, Dangers des matures tuberculeuses, qui ont subi la dissecation, le contact 
prolong^ de l*eau etc. (Compte rendu de l’Acad&nie des sciences. 1887.) 

Goldmann, Ueber die morphologischen Veranderungen aseptisch aufbewahrter Ge- 
websstiicke. (Fortschritte der Medizin. 1888.) 

Jochraann, G., Das biologische Anreicherungsverfahren bei der Untersuchung auf 
Tuberkelbacillen. (Hyg. Rundschau. 1902. No. 11.) 

Kelber, E., Wirkung toter Tuberkelbacillen. (Arbeiten aus dem patholog. Inst zu 
Tubingen.) 

Krompecner, Recherches sur le traitement des animaux tuberculeux par la methods 
de Landerer et sur la virulence des bacilles tuberculeux. (Annales de l’Institut 
Pasteur. 1900.) 

Klein, E., Zur Kenntnis des Schicksals pathogener Bakterien in der beerdigten Tier- 
leiche. (Centralbl. f. Bakt Bd. XXV. 1899.) 

Kiilbs, eingesendet der Zeitschr. f. Heilkunde. 

Loesener, Arbeiten aus dem kais. Ges.-Amt Bd. XII. 1896. 

Mafucci, Die Hiihnertuberkulose. (Ztschr. f. Hyg. Bd. XI.) 

Masur, Zur Kenntnis von der Wirkung toter Tuberkelbacillen. (Zieglers Beitr. Bd. XVI. 
1894.) 

Miller, Zur Histogenese des hamatogenen Tuberkels in der Kaninchenleber. (Zieglers 
Beitr. 1902.) 

No card und Roux, Annales de l’Institut Pasteur. 1887. 

Orth, Welche morphologischen Veranderungen kdnnen durch Tuberkelbacillen erzeugt 
werden? (Verhandl. d. deutschen pathol. Gesellsch. Hamburg 1901.) 

Petri, Versuche uber das Verhalten der Bakterien der Tuberkulose in Tierleichen. 
(Arb. a. d. kais. Ges.-Amt. Bd. VII. 1894.) 

Roemer, Tuberkelbacillenstamrae. (Beitr. z. experim. Therapie. Bd. VI. 1903.) 

Schottelius, Ueber das Verhalten der Tuberkelbacillen im Erdboden. (62. Versamm- 
lung deutscher Naturf. u. Aerzte. Heidelberg 1890.) 

Sternberg, C., Wirkung toter Tuberkelbacillen. (Centralbl. Bd. XIII. 1902.) 


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Bert&relli, Einige Untersuchungen iiber die Tuberkulose der Reptilien. 403 


Nachdruck verboten . 

Einige Untersuchungen iiber die Tuberkulose der Reptilien. 

[Aus dem hygienischen Institut der KOnigl. Universitfit Turin (Direktor: 

Prof. Dr. L. Paglioni).] 

Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozenten und Assistenten. 

Mit 1 Tafel und 1 Figur. 

Die Tuberkulose der Reptilien ist nur sehr selten beobachtet worden, 
und was die spontane Tuberkulose anbetrifft, so liegt da meines Wissens 
nur der Fall Friedmanns 1 ) vor. Dieser Forscher beobachtete, wie 
bekannt, bei 2 Schildkroten einen tuberkulOsen ProzeB, welcher von 
einem von ihm ausftihrlich beschriebenen Keim bervorgerufen worden 
war, welch letzterer in verscbiedener Hinsicht an den Tuberkelbacillus 
der Sfiugetiere erinnert. 

Auch bezfiglich der experimentellen Tuberkulose der Reptilien ist 
mir auBer den Versuchen Friedmanns mit der SchildkrOte keine 
andere Uebertragung eines solchen Infektionsprozesses bekannt geworden. 

Ebensowenig finden sich in der kQrzlich erschienenen, synthetischen 
und experimentellen Studie Herzogs 2 ) Gber die Tuberkulose der Kalt- 
blGter Andeutungen Qber kQnstliche oder natQrliche Tuberkulose der 
Reptilien. 

Eine derartige Nachforschung entspricht heute aber keiner einfachen, 
biologischen Neugierde mehr, sondern hat eine weit Qber diese Grenzen 
hinausgehende Bedeutung erworben. 

Sehen wir auch von dem Interesse ab, das die Frage bietet, ob 
nfimlich die Reptilien fQr eine Tuberkuloseinfektion empfindlich sind, 
ob die tuberkulOsen Formen dieser Wirbeltiere an die der Sfiugetiere 
erinnern, und lassen wir dann auch all das beiseite, was bei diesen 
Fragen ausscbliefilich an die Biologie geknfipft ist, so hat die Tuber¬ 
kulose der Reptilien nach den kfirzlichen Mitteilungen Friedmanns 
und MOilers doch ein unserer vollsten Beachtung wQrdiges Bild an- 
genommen. 

Allgemein ist bekannt, wie es Friedmann 3 ) gelungen ist, Meer- 
schweinchen und, wie es scheint, auch andere Tiere mit Hilfe des bei 
Schildkrdtentuberkulose isolierten Bacillus gegen die Tuberkulose der 
Sfiugetiere aktiv zu immuuisiereren. MO Her 4 ) dagegen behauptet, 
das Meerschweinchen erfolgreich gegen Sfiugetiertuberkulose geimpft und 
zur aktiven Immunisation die ersten der von ihm gefundenen, zuerst 
aber durch die Blindschleiche passierten sfiurefesten Bacillen verwandt 
zu haben. 

Auf das von diesen beiden Forschern verfolgte Verfahren, auf die 
Ergebnisse ihrer Immunisationsversuche und auf die dadurch hervor- 
gerufenen ErOrterungen nfiher einzugehen, ist mir hier nicht gestattet. 

1) Friedmann, F. F., Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXIV, so wie 
Zeitschr. f. Tuberk. a. Heilstattenw. Bd. IV. 

2) Herzog, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXI. 1902, sowie Bd. XXXIV. 
1903. Ebenda findet sich die bedentendste Literaturzusammenstellung iiber die Tuber¬ 
kulose der Kaltbliiter. 

3) Friedmann, F. F., Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 50, sowie 1904. 
No. 5. 

4) Moller, Zeitschr. f. Tuberk. u. Heilstattenw. Bd. V. 

26* 


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404 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Es genfigt, an dieser Stelle zu bemerken, daB die von Friedmann 
erhaltenen Ergebnisse derart zufriedenstellend waren, daB seine Methode 
im Begriffe steht, im Handel weitgehende Verwendung zu finden, was 
anch zuverlSssige Kritiker nicht abzuraten scbeinen. Die neuesten Mit- 
teilungen Friedmanns’) bestatigen die gehegten Erwartungen voll- 
stfindig und erwecken den Glauben, daB die Immunisation gegen die 
Tuberkulose damit in eine neue Periode eingetreten ist *). 

Das Studium der biologischen und praktischen, mit dem Problem 
der Reptilientuberkulose zusammenhangenden Seiten wird somit aufierst 
bedeutungsreich. 

Abgesehen von wenigen Varietaten von Schildkrdten und Eidechsen, 
sind nun in unseren Gegenden die Reptilien so sparlich vertreten, so 
klein und von so beschrankter Lebensfahigkeit, daB die betreffenden 
Nachforschungen wegen Materialmangels nur schwer durchgefiihrt werden 
konnten. Ein glflcklicher Zufall aber setzte mich in die Lage. fiber ein 
auBerst reiches Studienmaterial zu verffigen, denn, dank dem freund- 
licben Entgegenkommen und der wissenscbaftlicben Einsicbt des Herrn 
Prof. Grafen Peracca, welcher in Turin des Studiums und Vergnflgens 
halber eine unfibertroffene Sammlung lebender Reptilien aus warmen 
Landern besitzt, war es mir mfiglich, mich eben dieses Materials be- 
dienen zu kdnnen. Ich hatte so auch die Gelegenheit, mit verschiedenen 
groBen Reptilien Versuche anzustellen und verschiedene andere zu se- 
zieren. Und die ersten damit erhaltenen und im nachstehenden kurz 
zusammengefaBten Ergebnisse legen uns ohne weiteres den Gedanken 
nahe, daB auf diesem Gebiete der Pathologie der Tuberkulose noch in- 
teressante Tatsachen und Beobachtungen angesammelt werden kdnnen. 


Vor allem war es mir darum zu tun, die Infizierung der Rep¬ 
tilien mit Menschen- und Hfihnertuberkulose zu studieren. 

Wer sich die Formen und die Zfichtungseigentfimlichkeiten des 
von Friedmann aus der Schildkrdte isolierten Tuberkulosekeims ver- 
gegenwartigt, wird sehr leicht dahin gebracht werden, anzuerkennen, daB 
die Form der Schildkrdtentuberkulose der des Menschen auBergewdhn- 
lich nahe und vielleicht auch gleichkommt. Die Unterschiede in der 
Leichtigkeit, mit der bei relativ niedereren Temperaturen Zfichtungen 
vorgenommen werden kdnnen, kdnnten logischerweise eventuell auch als 
eine Veranderung des Anpassungsvermdgens aufgefaBt werden, die der 
Keim wfihrend seines Aufenthaltes im Tierorganismus erfahrt. Und 
daran kann um so leichter gedacht werden, als der Friedmannsche 
Tuberkulosebacillus auch bei 37° gut gedeiht. 

Meine ersten Versuche wurden an 2 prfichtigen Exemplaren von 
Varanus varius (Shaw) vorgenommen. Es waren dies 2 ca. 1,15 m lange, 
aus Sfidost-Australien gekommene Tiere, die seit mehreren Jahren in 
Gefangenschaft gelebt und sich dem Leben im Kafig ziemlich gut ange- 
paBt batten. Sie waren zumeist Fleischfresser und befanden sich in guten 


1) Friedmann, F. F., Deutsche med. Wochenschr. 1904. No. 46. 

2) Meine Arbeit war schon in Druck gegeben, als die Veroffentlichung von Bi 1- 
bert und R u p p e 1 erschien (Deutsche med. Wochenschr. 1904. No. 4 u. 5), in der die 
Ergebnisse Friedmanns heftig angegriffen werden und behauptet wird, dafi der 
TuberkelbacilluB der Schildkrdte die Saugetiere nicht griindlich immunisiert, und bei 
Injektion von groBen Quantitaten einer pathogenen Wirkung nicht entbehrt. Fried¬ 
mann hat auf diese Kritik geantwortet und wird auch weiterhin auf diese Angriffe 
antworten. 


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Bertarelli, Einige Untersuchungen fiber die Tuberkulose der Reptilien. 405 

Gesundheitsverhflltnissen. Sehen wir dann ab von der Notwendig- 
keit, den Boden des von ihnen bewohnten Kflfigs stets auf ca. 20° 
halten zu miissen, so verlangten sie weiterhin keine besonderen Rflck- 
sichten. 

Im Mflrz 1904 wurde je einem Varanus eine Hflhnertuberkulose- 
und eine Menschentuberkulosekultur injiziert, und zwar subkutan. Die 
Menschentuberkulosekultur war sehr wenig aktiv, obgleich der betreffende 
Keim aus dem Sputum eines 
Schwindsflchtigen isoliert wor- 
den war. Die Hflhnertuberku- 
lose kam von Kr&l. 

Die Dosen des verwandten 
Kulturmaterials waren ziemlich 
stark, aber trotzdem war das 
Ergebnis negativ. Nach langer 
als einem Monat wurde die In- 
okulation wiederholt, wiederum 
aber zeigten sich auch bei Be- 
tastung nicbt die geringsten 
Krankheitserscheinungen. 

Im Juni 1904 nahm icb 
ohne weiteres an einem der 
Varani die Injektion einer klei- 
nen Quantitat eines von einem 
Schwindsflchtigen herrtihrenden 
Sputums vor. Zu dieser sub- 
kutanen Inokulation dienten 
0,2 ccm einer bacillenreichen 
Sputum-Bouillonemulsion. Nach 
ca. einem Monate zeigte sich 
an der Inneststelle ein deut- 
liches, maiskorngroBes Knot- 
chen, das allmahlich bis zur 
GroBe einer kleinen Kirsche 
anwuchs. Das umliegende Ge- 
webe sah wie infiltriert aus und 
fuhlte sich hart an. Im August 
begann das Tier jede Speise- 
aufnahme zu verweigern und 
blieb trotz der hohen Tem- 
peratur niedergeschlagen im 
Kflfig, ohne die gewohnte 
Lebhaftigkeit an den Tag ZU Varanus rarius. 

legen. 

Im September kommt der Krflfteverfall noch deutlicher zum Aus- 
druck, das Tier sieht stark abgemagert aus. Gegen Ende September 
bewegt es sich flberhaupt nicht mehr, so daB man es ohne Vorsichts- 
maBregeln beruhren und stechen kann. 

Das Hautknotchen erschien wie vergroBert und ringsherum dehnte 
die sich bei Druck hart anfflhlende Infiltrationszone stets weiter aus. 
In den ersten Oktobertagen wurde das Tier getfltet. 

Bei der Autopsie ergab sich der nachfolgende interessante Befund: 
Herz und Lungen gesund. In der Bauchhflhle beobachtete man ver- 



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406 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


grofierte, gl&nzende, perlige GekrSseganglien. Einige davon sind dent- 
lich verkSst, andere aber zeigen sich gerade so schnittresistent, wie wenn 
sie fibrSs w&ren. Auch einige wenige pr&vertebrale Ganglien sind ver- 
grSCert und grau. Die Nieren, die Milz und die Eileiter sind normal. 
Die Leber weist hie und da einige kleine, rundliche, nicht genau abge- 
grenzte, weiflliche Flecken auf. 

Anf der Haut, und zwar nahe bei der EinfQhrungsstelle, beobachtet 
man das Vorhandensein nicht genau abgegrenzter nnd untereinander 
zusammenflieBender KnStchen. Einige befinden sich allem Anschein 
nach auf dem Wege der Verk&sung, andere dagegen sind widerstands- 
fahig und graulich. Dem Zentrum der Kndtchenmasse zu bemerkt man 
eine kleine, mit aufien nicht in Verbindung stehende, aber ein kleines 
Stflckchen nekrotischer Masse enthaltende HOhlung. Die Kndtcheninfil- 
tration erstreckt sich 5 cm weiter vom Sitz des Innestes. 

Es werden nun Stticke in Alkohol und Sublimat fixiert und mit 
wenigen nicht verk&sten Abdominalganglien dann nach vorhergegangener 
Feinzerknetung Kulturen auf Glycerinagar und Blutagar hergestellt. 
Die Kulturen werden auf 37° belassen; aus von mir unabh&ngigen 
Grflnden werden keine anderen Kulturen in anderer Temperatur be¬ 
lassen. 

Einige andere Ganglien werden subkutan und in verschiedenen 
Dosen 6 Meerschweinchen inokuliert 

Die histologische Prflfung der Stiicke hat zu interessanten Be- 
stfitigungen gefiihrt. Mehr oder weniger boten alle Ganglien einen 
typischen tuberkulosen AbsceB dar, der zuweilen das Ergebnis der Ver- 
schmelzung mehrerer Tuberkel war. 

In Fig. 1 habe ich einen Teil eines dieser Ganglien dargestellt Im 
Zentrum sieht man die nekrotische, verkSste Masse und ringsherum einen 
wahren Zaun von umfangreichen, vielkernigen Zellen. Einige derselben 
zeigen zahlreiche dicht aneinander liegende Kerne, die Qberdies an der 
Peripherie nicht reihenweise angeordnet sind. Diese Zellen erinnern 
nun ziemlich stark an die Riesenzellen der tuberkuldsen Prozesse bei 
S&ugetieren. Andere Zellen wiederum sind zwar vielkernig, doch haben 
sie nur wenig zahlreiche kleine Kerne und scheinen zuweilen von der 
Verschmelzung von 2 oder mehr epithelioiden Zellen herzurQhren. 
Einige dieser Zellen haben weniger Aehnlichkeit mit den tuberkuldsen 
Riesenzellen der S&ugetiere (und dieses ist gerade bei Fig. 1 der Fall). 
Alle diese Zellen weichen dann uberdies von den unter denselben Ver- 
h&ltnissen bei S&ugetieren angetroffenen hinsichtlich ihrer allgemeinen 
Form etwas ab, sind im allgemeinen mehr l&nglich und fallen ihrer 
Form nach oft mit einer dreieckigen Figur zusammen; die Kerne sind 
zahlreich, relativ groB, in einigen Ausnahmefallen fallen sie auch den 
Zentralteil des Zellkorpers aus. Inmitten der Riesenzellen und um die 
von ihnen besetzten Zonen herum beobachtet man lymphoide Zellen, 
die sich nach auBen hin anhaufen und so die Tuberkel genau abgrenzen. 
Die epithelioiden Zellen sind dagegen weniger zahlreich und fehlen zu¬ 
weilen fast vollst&ndig. Um die Tuberkel herum und auch in ihrem 
peripherischen Teile konnen mit dem Pappenheimschen Verfahren 
Plasmazellen in m&Biger Zahl sichtbar gemacht werden. 

Ich habe an den Schnitten zwecks Auffindung von Tuberkelbacillen 
alle Kunstmittel in Anwendung gebracht, trotzdem aber war es mir nicht 
mdglich, in den Tuberkeln oder um dieselben herum irgendwelche Art 
von Bacillenformen wahrzunehmen. S&urefeste Bacillenformen fehlten 


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Bertarelli, Einige Untersuchungen fiber die Tuberkulose der Reptilien. 407 


ebenso ganz und gar in alien geprflften Ganglienscbnitten, und es ware 
aberflflssig, hinzazufOgen, dafi schliefilich ebenso aoch jede andere Bak- 
terienform fehlte. Es darf jedoch dabei nicht vergessen werden, dafi 
die zur mikroskopischen Prflfung herangezogenen Ganglien gerade die 
am meisten in Verkfisung befindlichen waren, w&hrend die sehr wenigen 
nicht verkfisten Ganglien zur Herstellung der Kulturen und Inokulation 
der Meerschweinchen dienten. 

In den anderen der Untersuchung unterworfenen Organen werden 
keine bemerkenswerten Verletzungen angetroffen, wenn wir absehen von 
der Leber, in der wir eine beschr&nkte Zone in Nekrobiose befindlicher 
Leberzellen antreffen. In der Milz feblen die Tuberkel, dagegen finden 
sich da ttberaus zablreicbe eosinophile Leukocyten vor, die weite Milz- 
zonen vollauf ausfQllen. In der Haut sind die tuberkulSsen Verletzungen 
starker hervorgetreten, was aucb noch ziemlich weit von der Inneststelle 
entfernt deutlich der Fall ist. 

Man sieht da wirkliche Tuberkel mit verkfisten Zonen im Zentrum 
und sparlichen Riesenzellen an der Peripherie, wfihrend ringsherum eine 
von kleinzelligen Elementen infiltrierte Zone znm Vorschein kommt 
Dabei fehlen diesen Tuberkeln jedoch immer genaue Abgrenzungen. 
Die Riesenzellen werden dann in geringer Anzahl flberall in den tiefen 
und Oberflachenschichten angetroffen. Sie erinnern in jeder Hinsicht 
an die von Friedmann bei der Schildkr5te beobachteten, haben zwar 
verschiedene Formen und Durchmesser, neigen aber im allgemeinen zur 
fast ovalen, unregelmfifiigen Form hin. 

Farbt man die Schnitte mit Ziehlscher Ldsung, so werden in fast 
alien Riesenzellen saurefeste Bacillenformen sichtbar, die in jeder Hin¬ 
sicht an den Tuberkelbacillus erinnern. Uebrigens kann betreffs dieser 
Reptilien nicht der Zweifel bestehen, der gelegentlich der Tuberkulose 
des Frosches 1 ) zum Ausdruck gebracht wurde, dafi namlich die in der 
Milz und in anderen Organen angetroffenen saurefesten Bakterienformen 
Formen von gewbhnlichen, mit den Nahrungsmitteln dem Kdrper ein- 
verleibten und dann zufailig in den Organismus eingetretenen saure¬ 
festen Substanzen darstellen, denn die Kulturen haben, wie wir weiter 
unten sehen, jeden diesbezflglichen Zweifel gehoben. 

Einige Keime werden auch frei zwischen den Elementen angetroffen. 
Was dabei aber am meisten interessiert, ist der Umstand, dafi man ganz be- 
sonders in den Riesenzellen zuweilen das gewtthnliche Mafi an Lange weit 
flberschreitende, etwas gewundene oder gebogene Bacillenformen zu sehen 
bekommt, welche von der Form, die der Bacillus in dem zur Inokulation 
des Varanus verwandten Sputum innegehabt hatte, bedeutend abstechen. 

Fig. 2 stellt eine dieser Riesenzellen mit langlichen Keimformen dar. 

Verzweigte Formen habe ich nicht beobachtet. Hie und da aber 
traten sehr dichte Massen Tuberkelbacillen zu Tage, die verschieden- 
artig untereinander vermengt sind und zuweilen den Bacillenkdrper an 
Dicke flbertreffende Enden besitzen. 

Mit anderen Worten gesagt, lassen die durch den Bacillus bei diesen 
kutanen Lokalisationen gegebenen Bilder den Gedanken an eventuelle 
involutive, ganz besonders durch die Verlfingerung der typischen Ba- 
cillenforro gekennzeichnete Formen nahe treten. 

1) Dieser Zweifel ist schon von verschiedenen Verfassent erhoben worden und findet 
eine indirekte fiestatigung auch in der kiirzlich erschienenen Arbeit von A. Weber 
und Tsute: Zur Frage der Umwandlung der Tuberkelbacillen im Kaltbluterorga- 
n ism us. (Deutsche mea. Wochenschr. 1904. No. 28.) 


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408 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

Die mit den wenigen, nicht verkfisten Ganglion angefertigten Kul- 
tnren warden auf 37 0 gehalten. In einigen Kulturen fassenden Rflhrchen 
beobachtete man 10 Tage nach dem Innest kleine, trockene, krusten- 
artige Kolonieen, die in den folgenden Tagen indes nnr wenig Neignng 
zeigten, sich ansznbreiten. Es ergab sich, dafi die Kolonieen selbst aus 
sfiurefesten, vollaaf an den Tuberkelbacillns erinnernden Bacillen be- 
standen (siehe Fig. 3), die jedoch bedeutend kflrzer waren als die in 
der Haut angetroffenen. Die nachfolgenden Uebertragungen bei 37° 
und 27° waren nicht im geringsten lebensf&hig. Es kam eine Ent- 
wickelung sehr kleiner Kolonieen zustande, welche nach der dritten 
Uebertragung ihre VitalitSLt vollst&ndig verloren. 

Von den mit Ganglion material inokulierten Meerschweinchen ver- 
endeten 2 am 3. Tage ohne dem Tuberkelbacillns zuschreibbare Pro- 
zesse, die anderen 4 blieben am Leben. 

Im November wurde eines derselben getbtet, wies aber nur ein 
sehr kleines Kndtchen an der Inneststelle auf. Den anderen 3 fflr ge- 
sund erkannten Meerschweinchen wurden im November kleine Quanti- 
tftten tuberkulQsen Auswnrfs inokuliert, und es sei schon hier gesagt, 
dafi bei alien eine Tuberkuloseinfektion eintrat, an deren Folgen sie zu 
Grunde gingen. 

Eben diese Kulturen wurden, wenn auch in geringer Quantit&t, und 
dies eben, weil das Wachstum der Kulturen sehr schwach war, anderen 
4 Meerschweinchen injiziert, doch war der Erfolg negativ. Keines der 
inokulierten Meerschweinchen erkrankte an Tuberkulose, wie auch keines 
derselben nach dem darauffolgenden Inneste Zeugnis von einer beson- 
deren Widerstandsf&higkeit ablegte. 


Der zweite mit HQhnertuberkulose injizierte Varanus ertrug aufier- 
ordentlich grofie Keimquantit&ten, ohne irgend ein Zeichen von Krank- 
heit oder Unwohlsein abzugeben. 

In den letzten Septembertagen des Jahres 1904 wurde ihm an 
einer der Stelle der ersten Injektionen entgegengesetzten Seite tuber- 
kuloses Sputum inokuliert Einen Monat nachher treten an der Innest¬ 
stelle und urn dieselbe herum einige grofie Knoten hervor. Gleichzeitig 
beginnt das Tier leicht abzumagern, doch scheint es nicht lange unter 
dem Einflufi des eingefQhrten Materials zu stehen. 

Auch der am Inokulationspunkt aufgetretene Knoten verschwand 
nach kurzem und das Tier hielt sich in leidlichem Zustande, die frQhere 
Lebhaftigkeit freilich kehrte nicht wieder zurflck. Ende Oktober wurde 
es ein zweites Mai, und zwar immer an einer anderen Stelle, die der 
mit Hflhnertuberkulose injizierten entgegengesetzt war, mit einem ba- 
cillenreichen und nur wenig andere Keime enthaltenden Sputum inji¬ 
ziert. Die Reaktion war tatsfichlich leichter Art, das Tier magerte 
etwas ab, gab aber keine Zeichen von wirklichem Marasmus. 

Auch die an der Inneststelle aufgetretenen Erscheinungen zeigten 
keine Neigung, weiter um sich zu greifen. 

Am 12. Dezember wurde das Tier getOtet. Bemerkenswerte L&sionen 
traten nicht zu Tage. Nur im Gekrdse fanden sich einige etwas ange- 
schwollene, aber nicht verkfiste Ganglien, in der Leber stiefi ich auf 
2 kleine, ziemlich gut umschriebene Knoten. Da, wo das tuberkuldse 
Sputum eingeffihrt worden war, nahmen wir 2 kleine, nekrotische Fetzen 
enthaltende Hohlr&ume wahr. 


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Berta re Hi, Einige Unterauch ungen uber die Tuberkulose der Reptiiien. 409 

Ringsherum war die Unterhautschicht infiltriert und schnittresistent; 
es fehlte jedoch an typischen Knotchen, wie solche beim 1. Varanus be- 
obachtet worden waren. 

Angesicbts der Geringfiigigkeit der Verletzungen verzichtete ich auf 
die Anfertigung von Kulturen und fixierte nur einige StQcke in Alkohol 
und Sublimat. 

Die mikroskopische PrGfung der verschiedenen Organe und Ge- 
kroseganglien ergab keine tuberknlOsen Lasionen. Dagegen lieferte 
die Prflfung der Unterhautschicht der um die Inneststelle herumliegen- 
den Zone einen unerwarteten Befund. Die L&sionen beschrankten sich 
auf nachfolgendes: MaBige Einwanderung kleinzelliger Elemente, Vor- 
handensein einiger Riesenzellen und weniger Plasmazellen. Hie und da 
bestand ein Anzeichen von Tuberkulose, d. h. Tuberkelbacillen mit einem 
mit den gewohnlichen Verfahren schlecht f&rbbaren Zentrum, das man 
auf den ersten Anblick hin mit einer in Verk&sung befindlichen Zone 
verwechseln konnte. Mit der F&rbung nach Ziehl-Neelsen (siehe 
Fig. 5) erkannte man, daB die ganze Zone mit Myriaden von Tuberkel¬ 
bacillen angefiillt war. Diese fast normalformigen, haufenweise 
herumlagernden, runden und annahernd runden Bacillen hielten alle 
Rauine zwischen Zelle und Zelle besetzt. Die Zentren der Kndtchen 
oder der histologischen Tuberkeln ahnelnden Bildungen, die nach Fkr- 
bung mit Hamatoxylineosin aus verkasten Zonen zu bestehen schienen, 
waren dagegen nichts anderes als verwirrte Eeimhaufen. Auch 6—7 cm 
von der Injektionsstelle entfernt fanden sich diese wirklichen Bacillen- 
kolonieen. Einigen nicht stark veranderten Keimen begegnete ich auch 
im Innern der wenigen Riesenzellen. 

Der Befund war in Anbetraclit der Fiille der vorhandenen Keime 
auBergewOhnlich und legte den Gedanken an eine in einem Kaltbliiter 
erfolgte Lebensanpassung des Tuberkelbacillen des Menschen nahe. 

In dieser Richtung erinnert der Befund an den von einigen anderen 
Autoren mit Tuberkelkulturen in der Milz der Frosche erhaltenen. 

War nun dieser Keim, der sich dem Organismus angepafit und sich 
in situ, ohne schwere Lasionen zu erzeugen, so ungemein vermehrt hat, 
wirklich auch den S&ugetieren gegenuber abgeschw&cht? 

Diese Frage war von groBtem Interesse. Leider war es aber bei 
der geringfdgigen und unbedeutenden Grofie der Lksionen unterlassen 
worden, Kulturen anzufertigen, und so ist es mir also unmbglich, auf 
diese Frage zu antworten. 


Es lieB sich also aus den vorbeschriebenen Fallen folgern, daB man 
zuweilen im Varanus eine Tuberkulose erzeugen kann, und zwar wenn 
man dem Reptil dem Sputum des Menschen entstammende Tuberkel¬ 
bacillen inokuliert, daB die Ansteckung jedoch bisweilen mit Schwierig- 
keiten verbunden ist und nur langsam vor sich geht, daB die hauptsach- 
lichen Lasionen in Oberhaut- und Unterhautgewebetuberkeln in der 
Nahe des Innestortes, so wie in maBigen tuberkulosen Veranderungen des 
Brustfells bestehen konnen, obgleich das Tier deutliche Zeichen von 
Marasmus und Kachexie abgiebt. Es liefi sich aus vorstehendem Ver- 
such weiterhin ableiten, daB der Bacillus der Menschentuberkulose im 
Organismus des Varanus abgeschwacht wird und somit nicht mehr fahig 
ist, die Meerschweinchen zu infizieren, daB er fernerhin auch vom 
morphologischen Standpunkte aus verschiedene Veranderungen erfahrt, 


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410 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXX VIII. Heft 4. 

die wahrscheinlich von einem involutiven ProzeB des Keimes selbst be- 
dingt sind. 

Diese Versuche fflhren also aufierdem den Beweis, daB in einigen 
Fallen die Gewflhnung des (direkt dem Sputum entstammenden) Tu- 
berkelbacillus des Menschen an eine Art saprophytischen oder fast sapro- 
phytischen Lebens in der Unterhautschicht der Kaltblflter im Bereiche 
der Mflglichkeit liegt, und liefern uns eine wertvolle Probe fflr die 
Tbeorie des Anpassungsvermdgens des Tuberkelbacillus, dessen kflnst- 
liche Zflchtung so grofie Umst&ndlichkeiten bereitete. 

Wenngleich nun diese Versuche auch dargetan haben, daB der Keim 
stark abgeschw&cht werden kann, so gestatten sie doch nicht, daran zu 
denken, dafi der Keim wenigstens die Meerschweinchen gegen mensch- 
liche Tuberkulose schiitzen konne. 

Fiihrte also auch die Untersuchung zu biologisch interessanten 
Ergebnissen, so hat doch der praktische Versuch, der darauf hinaus- 
ging, durch Passage des menschlichen Tuberkulosebacillus durch diese 
Varietat von Tropenreptilien einen Schutzstoff zu schaffen, fehlge- 
schlagen. 

Es tritt nun an uns die Frage heran: Stellt der Friedmannsche 
Bacillus wirklich eine sehr seltene oder durchaus zuf&llige Varietat eines 
Tuberkelbacillus dar, oder sind seine Eigenschaften alien oder vielen 
Tuberkelbacillen der Reptilien gemein? 

Wie ich bereits erwahnt habe, besitzen wir keine Angaben flber 
die natflrliche Tuberkulose der Reptilien, somit ist es auch nicht m6g- 
lich, mit Bestimmtheit zu sagen, ob die tuberkulose Infektion dieser 
Wirbeltiere eine seltene oder entsprechend h&ufige Krankheitsform ist. 

Wenn die Friedmannschen F&lle best&tigt werden, so kflnnen 
die F&lle von natflrlicher Tuberkulose bei den Reptilien fflr die Zu- 
bereitung der Schutzstoffe die Bedeutung der F&lle von cow-pox bei den 
Kflhen gewinnen. 

Die Notwendigkeit, nachzuforschen, ob die Tuberkuloseinfektion bei 
diesen Tieren 5fters vorkommt, lag also auf der Hand. 

Die betreffende, aus den bis heute von mir vorgenommenen Ver- 
suchen hervorgehende Antwort kann nicht erschflpfend sein, immerhin 
aber ist es schon jetzt m&glich, zu antworten, dad man zuweilen bei 
den Reptilien einen ProzeB beobachtet, der dem tuberkuldsen ProzeC 
bei S&ugetieren wahrscheinlich analog ist. 

Es sei hier erw&hnt, dafi Graf Peracca, der Gelegenheit hatte, 
zahlreiche Reptilien zu sezieren, zuweilen Lungenver&nderungen und 
Krankheitserscheinungen in den serosen H&uten wahrgenommen hat, 
die im groBen und ganzen wie eine Anh&ufung von verschieden groBen, 
grauen oder gelblich-grauen Knotchen aussahen, die in der Tat au einige 
tuberkulose Verletzungen bei S&ugetieren erinnerten. Bei einer Schild- 
krflte, deren Stflcke ich, trotzdem sie im Museum fflr vergleichende 
Anatomie aufgehoben worden sind, bis jetzt nicht aufhnden konnte, 
schien die tuberkulose L&sion der Lunge und der Milz unzweifelhaft, 
und all dies schon bei makroskopischer Prflfung. 

Ganz hiervon absehend, habe ich aber auch einige viel bestimmtere 
Tatsachen ansammeln konnen. 

In den ersten Novembertagen sandte mir Prof. Peracca einen 
pr&chtigen Macroscincus Coctaei (Dum et Bibr.) aus der Gruppe der 
Scinddi von zwei Inseln der Kap Verdeschen Inselgruppe. 

Das Tier magerte seit l 1 /* Monaten zusehends ab und lieferte An- 


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Bertarelli, Einige Untersuchungen iiber die Tuberkulose der Reptilien. 411 


zeichen von starkem Marasmus. 2 Tage nach Uebergabe des Tieres in 
meine H&nde verendete es. 

Der Autopsiebefund ergab folgendes: Der linke Lungenlappen hing 
mit der Pleura zusammen und die ganze umliegende Zone befand sich 
in starkem kflsigen Zerfall. Die Lasion war vollstandig auf die Pleura- 
hflhle beschrUnkt, zog kleine OberflSchenschichten in Mitleidenschaft und 
bot das Bild einer wahrscheinlich alten kasigen Pleuritis. In der Milz 
waren 2 oder 3 kleine, hirsekorngroBe und gelblich-grau aussehende 
Tuberkel zu erblicken. Einige GekrQseganglien waren vergroBert und 
auf dem Wege der Verkasung. In der Leber waren einige blasse, schlecht 
abgegrenzte Flecken sichtbar und im Herzen in der Spitzengegend ein 
graues, subepicardisches Tuberkel, wahrend ein ahnlicher Tuberkel sich 
in der Nahe der rechten Herzvorkammer abhob. 

Es wurden nun Ausstrichpraparate und Kulturen hergestellt und Stflcke 
in Alkohol und Sublimat fixiert. In den Ausstrichpraparaten von Ganglien 
und Milz konnten mit dem flblichen Farbeverfahren oder nach Gram 
keine gewQhnlichen Keime, noch saurefeste Bacillen aufgefunden werden. 

Die mit einigen zu Brei verriebenen Ganglien und einer der Herz- 
tuberkel hergestellten und auf 27 0 und 37 0 gehaltenen Kulturen blieben 
bis zum 5. Tage, an dem sie durch Unachtsamkeit anderer zerstflrt 
wurden, steril. Sie konnten also nichts weiter besagen, als daB aus 
diesen Verletzungen keine gewflhnlichen Keime auf den flblichen NShr- 
bflden (Glycerinagar, Glycerin serum, Blutagar) isoliert werden konnten. 

Der histologische Befund der Stflcke war sehr belehrend, die Pleura- 
lasion zeigte klar, daB es sich da urn einen Lunge und Pleura in Mit¬ 
leidenschaft ziehenden EntzflndungsprozeB mit kleinzelliger Infiltration, 
Zerstorung der Gewebe, und Verkasungszonen handelte. Darum herum 
bemerkte man an einigen Stellen Riesenzellen, die den bei der Tuber- 
knlose der Sflugetiere angetroffenen stark ahnelten. Gebilde aber, die 
geradezu mit dem Tuberkel verglichen werden kflnnten, waren nicht 
vorzufinden. 

Die Knfltchen der Milz und des Herzens dagegen, sowie die 
Ganglien hatten das Aussehen typischer Tuberkel, d. h. kasige Entartung 
des Innenraumes, Vorhandensein zahlreicher lymphoider Elemente, so¬ 
wie eine bedeutende Anzahl Riesenzellen, die mit den bei Sflugetier- 
tuberkulose angetroffenen identisch waren, und schlieBlich sparliche 
epitheloide Zellen. 

Fig. 4 gibt eines der grofien Milzknfltchen wieder. 

Die auf das Hervorbringen saurefester Keime bedachte FSrbung 
blieb durchaus ergebnislos. Auch mit anderen Verfahren gelang es 
nicht, in den Verletzungen die Gegenwart irgendwelchen Keimes nach- 
zuweisen. Das gilt flbrigens fflr die Schnitte aller geprflften Stflcke. 

Fehlt nun also auch der direkte bakteriologische Nachweis, so 
machen doch die histologische Natur der Verletzungen, die auch mit 
Kulturen dargelegte Abwesenheit anderer Keime, sowie der makro- 
skopische Charakter der pleuropulmonaren Lflsionen die Diagnose von 
Tuberkulose zu einer stark wahrscheinlichen, wenn nicht absoluten. 

Aus diesem Falle will ich nun noch nicht ableiten, daB man die 
Tuberkulose nicht fluBerst selten bei den Reptilien der warmen Lander 
antreffen kann. Gewifi aber besagt er, daB die Wahrscheinlichkeit besteht, 
daB die Friedmannschen Ffllle keine sonderbaren Ausnahmen sind, 
und drflngt uns, in dieses neue Kapitel der Pathologie der Tuberkulose 
einzudringen, das reiche, praktische Erfolge zu versprechen scheint. 


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412 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Man fibersehe dabei jedocb nicht, dafi nicht alle makroskopisch als 
sichere tuberkulflse Verletzungen erscheinende L&sionen der Reptilien 
wirklich auch solche sind. VergrflBerte Ganglien findet man in den 
Reptilien und besonders in deren prflvertebralen Gegenden und im Ge- 
krose nicht selten. Bei zahlreichen von mir an einheimischen Reptilien 
und denen warmer Lander ausgefflhrten Untersuchnngen erlaubte das 
GrOBerwerden der Ganglien es weder bei der Prflfung mit Knlturen 
noch beim histologischen Examen und noch weniger nach den Innesten, 
mit einer tuberkulflsen L&sion in Beziehung gebracht zu werden. 

Zuweilen bieten sich umfangreiche Lungenveranderungen, die makro¬ 
skopisch an eine wahre Lungentuberkulose glauben lassen, fftr die aber 
auf keinem Wege die tuberkulflse Natur nachweisbar ist. 

So hatte ich im November 2 schone Iguanae tuberculatae aus Zentral- 
amerika, von denen eine seit einem Monate Zeichen von schwerem 
Marasmus nebst Atmnngsbeschwerden, FreBunlust an den Tag legte, 
erhalten. 

Die Autopsie wies eine schwere Lungenver&nderung auf. Die Lunge 
war ganz gelblich-grau und schnittresistent. Auf der auBeren und der 
SchnittoberMche traten kleine, graue oder gelbliche Knoten hervor, von 
denen einige verk&st zu sein schienen. Der Zentralraum der Lunge 
war in eine wahre Hohle umgewandelt. 

Die Prflfung der Kulturen lieferte einen dem B. coli ahnelnden 
Keim in der Lunge. Das Keimmaterial der Tiere bewirkte das Verenden 
einiger Meerschweinchen an Peritonitis oder infolge eines sonderbaren 
hepatischen Abscesses, lieferte aber niemals — trotz Heranziehung zahl- 
reicher Tiere — einen der Tuberkulose auch nur verd&chtigen Befund. 
Von diesem Gesichtspunkte aus war auch das histologische Examen aller 
Organe negativ. 

Man beachte, daB auch hier bedeutende VergrftBerung der Ganglien 
und das Vorhandensein von Nierenknotchen verzeichnet werden konnte, 
trotzdem aber war es nicht moglich, eine zur Tuberkulose hinneigende 
Form der Elemente ausfindig zu machen, noch fanden sich Riesenzellen 
und viel weniger noch waren sfiurefeste Keime nachzuweisen. 


Alles Vorhergesagte zusammenfassend, ergibt sich somit, daB man 
bei Verwendung aktiven Tuberkelsputums die menschliche Tuberkulose 
auf den Varanus flbertragen kann, er allem Anscheine nach jedoch der 
Tuberkulose nicht leicht erliegt. Wenn sich diese aber weiter entwickelt, 
so sind die mit Vorliebe auf die Injektionsstelle und auf die serdsen 
Haute des Abdomens beschr&nkten Veranderungen nicht sehr ausgedehnt 

Beim Durchgang durch dieses Reptil wird der Keim bedeutend ab- 
geschwacht, ohne jedoch dem Meerschweinchen gegenflber besondere 
Schutzeigenschaften an den Tag zu legen. Auch die Lebensfflhigkeit des 
Keimes scheint stark herabgesetzt zu sein, so daB er nach dem Durch¬ 
gang durch den Varanus bei Serienflbertragungen nur schlecht wfichst. 

Zusammen mit dieser Tatsache wird im Organismus des geimpften 
Tieres flberdies eine morphologische Ver&nderung des menschlichen Tu- 
berkelbacillus wahrgenommen. Es neigt dieser n&mlich dazu hin, evo¬ 
lutive, lflngliche Formen mit leicht abgerundeten Enden anzunehmen, 
die sich sehr leicht untereinander verschlingen. Aufierdem vermehrt 
sich zuweilen der im menschlichen Sputum enthaltene und dem Varanus 
subkutan injizierte Tuberkelbacillus in situ auBergewohnlich stark und 


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(hitralbhilt f. BakUriologie Aht.I.Bd.XXXVI/f. BcrtaniH Tnbcrkulose dvrHvjjtilivn . 

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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rtickenmarkszentren etc. 41i3 

dies, ohne auffallende Verletzungen zu verursachen, wobei er also ein 
Anpassnngsvermdgen verrfit, das man dem neuen Medium gegenfiber 
fast saprophytisch nennen konnte. 

Andererseits lassen die wenigen bis jetzt gemachten Nachforschungen 
zum mindesten darfiber Zweifel aufkommen, ob die Tuberkulose bei den 
Reptilien eine auBergewdhnliche Krankheitsform ist oder nicht Zweifel- 
los aber besagen sie, dafi bei den Reptilien der warmen Zonen zuweilen 
stark an tuberkulose Verletzungen erinnernde Lfisionen beobachtet werden. 
Dagegen war es nicht mdglich, bei den in grofier Anzahl untersucbten 
Reptilien unserer Gegenden fihnliche Veranderungen vorzufinden. 

Wfihrend nun diese Bestatigungen einerseits uns vergewissern, dafi 
im Organismus dieser Klasse von kaltes Blut ffihrenden Wirbeltieren auch 
der Tuberkelbacillus des Meuschen abgeschwficht wird, ohne jedoch einen 
Impfstoff abzugeben, und wahrend sie zu Gunsten einer saprophytischen 
Anpassung des Keimes sprechen, lassen sie uns gleichzeitig der Hoff- 
nung leben, dafi in den Reptilien der warmen Lander tuberkuldse Ver¬ 
letzungen angetroffen werden kdnnen, die sich zur Isolierung des Keimes 
und Anfertigung von Kulturen eignen. Sie laden uns also dazu ein, 
diesem neuen Kapitel der Pathologie der Tuberkulose unsere vollen 
Krafte zu widmen. 


Tafelsrkl&rung. 

Fig. 1. Teil eines Abdominal ganglions eines Varanus in Verkasung. Hamatoxylin- 
Eos in. Koritska, Obj. 5, Ok. 3. 

Fig. 2. Riesenzelle einee Hautknbtchens des Varanus mit langlichen Formed des 
Tuberkelbacillus. Zieh 1-Neelsen. Apochrom. Zeiss, 2 mm. Komp.-Ok. 8. 

Fig. 3. Aus dem Varanus isolierte Tuberkelbacillen. Aus Blutagarkultur. Ko- 
ristka, J /it> Ok. 3. 

Fig. 4. Tuberkelknotchen der Milz des Macroscincus. Hamatoxylin-Eosin. Ko- 
ristka, Obj. b, Ok. 3. 

Fig. 5. Tuberkelbacillus in der Unterhautschicht des 2. Varauns. Ziehl- 
Neelsen. Zeiss’ Apochrom., 2 mm. Komp.-Ok. 8. 


Nachdruck verboten. 

TJeber den Transport des Tetanusgiftes zu den Riicken- 
markszentren durch die Nervenfasem. 

flnstitut ffir allgemeine Pathologie zu Florenz (Direktor: 

Prof. A. Lustig).] 

Von Dr. N. Tiberti, 

Privatdozent fur B&kteriologie an der k. Universitat Florenz. 

Mit 1 TafeL 
(Fortsetzung.) 

Man hatte aber die Tatsache nicht in Zweifel ziehen kdnnen, wenn 
man im Nerven entweder den Bacillus des Tetanus oder sein Toxin hatte 
nachweisen kdnnen. 

Die Bacillen des Tetanus hat man selten in den Nerven gefunden. 
Nor Nicolaier fand sie einmal im N. ischiadicus. 

Genauer sind die Angaben fiber die Toxizitfit der Nerven. 

Kitasato fand, dafi die Nerven tetanischer Tiere keine Toxizitfit 
besafien; dasselbe fanden Fermi, Celli und Camara Pestana 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4. 


Leider mifilingt oft nach Gumprecht der Nachweis des Tetanustoxins 
im N. ischiadicus in Fallen von lokaletn Tetanus, welch letzterer noch 
sehr der Aufkl&rung bedarf. Es l&fit sich indessen nicht ausschliefien, 
dafi bisweilen, auch wenn die peripherischen Nerven tetanischer Tiere 
Toxin enthalten, das letztere wegen der geringfflgigen Dosis nicht nach- 
gewiesen werden kann. 

Dafi das Tetanusgift einfach vom Blute aus zu den 
Nervenzentren hintibergeleitet werde, war a priori nicht 
anzunehmen angesichts der Vorliebe, welche das Toxin fur die 
Nervenzentren des Inokulationsgebietes zeigt, was man als lokalen 
Tetanus bezeichnet. Zur Erkl&rung des letzteren nahm man an, dafi 
die Uebertragung des Tetanustoxins im Anfangsstadium den Nerven ent- 
lang erfolge und dafi nach und nach, wenn ein l&ngeres Inkubations- 
stadium vergangen sei, durch Vermittelung des Blutes der allgemeine 
Tetanus eintrete. 

Stint zing fand, wie wir schon andeuteten, in 2 Fallen von schwerem 
Tetanus beim Menschen die cerebrospinale Fliissigkeit in hohem Grade 
toxisch fttr M&use; dies wiirde zu Gunsten des Transportes des 
Tetanustoxins den Nervenscheiden entlang sprechen. Es 
scheint, wenigstens nach Stintzing, dafi eine grofiere Affinitat des 
Toxins fiir die die Nerven umspOlende Fliissigkeit als filr das Blut vor- 
handen ist. Daraus folgerte er, das durch den N i c o 1 a i e r schen Bacillus 
an der Stelle, wo er sich festgesetzt hat, erzeugte Toxin gelange zum 
Teil. in die Blutbahn und kdnne von dieser aus seine Wirkungen ent- 
falten, zum grbfiten Teil jedoch werde eszumRiickenmarkgeleitet, 
den Nerven der Umgebung entlang, wahrscheinlich in die 
Maschen des Perineuriums, da dieser Fliissigkeit eine besondere 
Anziehungskraft eigen zu sein scheine. 

Hat das Toxin die subarachnoidale Fliissigkeit und unmittelbar 
darauf das ROckenmark erreicht, so wirkt es auf die Zellenelemente ein, 
an denen es sich zuerst festsetzt, und es zeigt sich der lokale Tetanus; 
wird das Toxin in hinreichender Menge erzeugt und greift es andere 
Nervenzentren an, so tritt allgemeinerTetanus auf. Dies geschieht 
beim experimentellen Tetanus; aber auch beim Menschen kann nach 
Stintzing der Vorgang der n&mliche sein, nur treten die tetanischen 
Kontraktionen nicht mit der Regelmafiigkeit auf, die man bei den 
Versuchstieren wahrnimmt, wahrscheinlich weil das Toxin sich in der 
die Lymphspalten ausfiillenden Fliissigkeit schneller ausbreitet 

Moschowitz ist der Ansicht, dafi die Auslegung Stintzings die 
annehmbarste sei, d. h. dafi ein kleiner Teil des Toxins seinen Weg zu 
den Nervenzentren auf den Blutbahnen finde, dafi aber der grdfite Teil 
den Nervenscheiden entlang weiter geleitet werde. 

Nach Goldscheider findet die Beriihrung des Tetanustoxins mit 
den Zentralnervenorganen vermittelst des Kreislaufes statt 

Courmont und Doyon neigen zu der Hypothese von der Ueber¬ 
tragung des Tetanustoxins auf dem Nervenwege, verfolgen 
aber diese Auffassung nicht weiter. 

Brunner beobachtete bei seinen Untersuchungen iiber den Kopf- 
tetanus, dafi nach der Resektion des N. facialis das Tetanustoxin keine 
Kontrakturen des Gesichtes bewirken kann. Das Toxin, welches nur auf 
die Nervenst&mme der Inokulationsstelle eine Wirkung ausQbt, wird auf 
den N. facialis ilbertragen und steigt in dessen Innern empor bis 
zu den Zentralnervenorganen, indem es nur auf die mit den kleinen 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rfickenmarkszentren etc. 415 


Aesten des N. facialis selbst in Verbindung stehenden Ganglienzellen 
einen Reiz ausQbt 

Nach Gumprecht erklfirt sich der lokale Tetanus leicht, wenn 
man annimmt, daB die Verbreitung des Giftes weniger auf dem 
Wege durch die Lymph- und Blutgeffifie als den Nerven 
entlang stattfindet. 

Marie und Morax wiesen nach, daB die Uebertragung des 
Tetanustoxins auf die Nervenzentren durch die moto- 
rischen und vasomotorischen Nerven geschieht, die es aus 
den organischen Flfissigkeiten, die damit Qberladen sind und mit denen 
sie in Berfihrung stehen, vermittelst ihrer letzten Auslfiufer absorbieren. 
Nach diesen Autoren findet ein wahrer Kreislauf des Toxins in dem 
Achsencylinder statt; es breitet sich lfings des letzteren aus und schiagt 
eine zentripetale Richtung ein. Der Transport des Toxins langs der 
Nerven ist gebunden an die Integritat der Achsencylinder, so daB, wenn 
letzterer z. B. infolge Nervendurchtrennung degeneriert ist, der Transport 
langs des letzteren vollstandig aufhdrt. 

Meyer und Ransom behaupten auf Grund einer Reihe von zahl- 
reichen und gut durchgefiihrten Experimenten, das Tetanustoxin gelange 
nicht direkt zum Zentralnervensystem durch die Blut- und Lymphbahnen, 
sondern es werde von den Nervenendigungen in der Peripherie auf- 
genommen und zu den Markzentren elnzig und allein auf dem 
Wege der Nerven geleitet. 

Auch Behring nimmt in einer jiingst verSffentlichten Arbeit an, 
das Tetanustoxin erreiche die Nervenzentren, dem Achsen¬ 
cylinder entlang sich weiter bewegend, und wenn letzterer degeneriert 
sei, so sei er nicht mehr im stande, das Gift weiterzubeffirdern. Ist 
das Toxin an der Stelle, wo es erzeugt oder injiziert worden ist, von den 
innerhalb der Muskeln liegenden Nervenenden absorbiert worden, so 
geht es weiter bis zum Nervenstamm und zu den Ganglienzellen des 
Rfickenmarkes in der Weise, daB die im Boden aufgeldsten Substanzen 
vermittelst der Wurzeln in den Stamm des Baumes und von dort aus 
in die Endorgane des Baumes selbst gelangen. Zuerst werden einzelne 
Ganglien ergriffen und es zeigt sich lokalerTetanus; nach und nach 
gelangt das Toxin zu anderen Ganglien, breitet sich aus und es zeigt 
sich allgemeiner Tetanus. 

IX. Eigene Untersuchungen. 

Nach dieser kurzen Darlegung dessen, was sich auf das Tetanustoxin 
und die Bahnen bezieht, auf denen es zu den Nervenzentren gelangt, 
gehe ich zur Beschreibung meiner eigenen Untersuchungen fiber, die, wie 
man nach dem bis jetzt Gesagten begreiflich finden wird, namentlich zu 
dem Zwecke angestellt wurden, die Behauptungen anderer Forscher zu 
kontrollieren, sei es nun, indem ich schon gemachte Experimente wieder- 
holte und dabei die Bedingungen fin der te oder nicht, oder indem ich 
neue Experimente durchfflhrte. 

Als Versuchstiere dienten mir Mfiuse, Meerschweinchen, Kaninchen 
und Hunde. Das Tetanustoxin wurde mir freundlichst durch das Institut 
Pasteur in Paris geliefert; sogleich nach der Prfiparation totete dieses 
Toxin Meerschweinchen mit ^oo ccm und Mfiuse mit Vioooo ccm. 

Bei einer ersten Reihe von Experimenten beabsichtigte ich, zu 
untersuchen, ob nach Injektion von Tetanustoxin unter die Haut der 
Hinterbeine von Meerschweinchen das Toxin in den Nervenstfimmen 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original *eBd. XXXVIII. Heft 4. 


nachgewiesen werden konne, welche die Injektionsstelle mit dem Zentral- 
nervensystem in Verbindung setzen. 

Meerschweinchen I. Gewicht 440 g. 

25. Jan. 1904, 9 Uhr vonn. Injektion von l / 4 ccm Tetanustoxin unter die Haut 
der linken Wade. 

26. Jan. 1904, 3 Uhr nachm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von all¬ 
gemeinem Tetanus; es wird getotet. Ich entnehrae dem Herzen 2 ccm Blut und lasse 
das Serum sich ausscheiden; ccm von diesem Serum inokuliere ich subkutan einer 
kleinen weifien Maus, die am folgenden Tage Tetanuserscheinungen zeigt und 3 Tage 
nach der Inokulation an Tetanus verendet. — Ich bereite eine Emulsion aus 3 g Gehirn- 
substanz und 3 ccm steriler Bouillon. Von dieser Emulsion mache ich bei einer Maus 
eine subkutane Injektion von 3 / 4 ccm; das Tier zeigt wahrend der folgenden Tage keine 
Tetanuserscheinung und bleibt am Leben. 

Ich verreibe 2 g Ruckenmark in 2 ccm steriler Bouillon und inokuliere ccm 
dieser Emulsion unter die Haut einer Maus. Keine Tetanuserscheinung wahrzunehmen. 

Ich impfte unter die Haut der linken Weiche einer Maus den N. ischiadicus des 
Meerschweinchens, der der Seite entspricht, auf welcher die Injektion vorgenommen 
wurde (linker N. ischiadicus). Nach ca. 36 Stunden zeigt die Maus eine deutnche Kon- 
traktur des linken Hinterbeines (lokaler Tetanus); der Schwanz ist starr. Nach 4 Tagen 
verendet sie unter Erscheinungen von allgemeinem Tetanus. 

Meerschweinchen II. Gewicht 395 g. 

27. Jan. 1904, 5 Uhr nachm. Injektion von V 4 ccm Tetanustoxin unter die Haut 
der linken Wade. 

29. Jan. 1904, 9 Uhr morgens. Ich finde das Meerschweinchen verendet. Am 
vorhergehenden Tage hat es Erscheinungen von allgemeinem Tetanus dargeboten. 

Mit Herzblut^ Emulsion von Gehirn und Ruckenmark in denselben Dosen, wie 
beim vorigen Meerschweinchen angegeben, inokuliere ich 3 Mause. Nur die mit dem 
Blutserura, das dem Herzen des tetanischen Meerschweinchens entnommen war, geimpfte 
Maus zeigte deutliche Erscheinungen von Tetanus und uberlebte; die beiden anderen 
Mause boten kein Anzeichen von Tetanus. 

Einer anderen Maus wurde unter der Haut der linke N. ischiadicus des Meer¬ 
schweinchens eingepflanzt; diese Maus zeigte wahrend der folgenden Tage eine starke 
Kontraktur des rechten Beines, unter dessen Haut der Nerv inokuliert worden war; 
diese Kontraktur verschwand langsam nach 7—8 Tagen und die Maus uberlebte. 

Aus diesen beiden Experimenten ergibt sich, daC das Blut 
tetanischer Meerschweinchen und der N. ischiadicus der 
Seite, auf welcher die Injektion von Tetanustoxin ausge- 
ftihrtwurde, toxische Wirkungen entfalten, diebeiM&usen 
bisweilen todlich sind, bisweilen wieder nicht tbdlich; das Gehirn und 
das Rflckenmark derselben Meerschweinchen zeigen sich nicht im stande, 
auf Mfluse die geringste Tetanuserscheinung zu erzeugen. 

Folglich: Nach Injektion von Tetanustoxin unter die Haut eines 
Gliedes bei einem fflr Tetanus empf&nglichen Tiere findet man eine 
gewisse Menge dieses Toxins in den Nervenst&mmen des 
Gliedes selbst. 

Diese Experimente best&tigen nur das, was Marie und Morax, 
Meyer, Ransom u. a. nachgewiesen haben. 

X. Das Tetanustoxin dringt in die Nerven ein durch ihre 
peripherischen Auslfiufer. 

Nachdem die Anwesenheit des Tetanustoxins im Umfang der peri- 
pherischen Nerven als Tatsache angenommen worden war, mufit ich 
untersuchen, auf welchem Wege es hineingelange, ob durch die peri- 
pherischen Ausl&ufer oder durch die Kapillaren des Nerven. Um diese 
Frage aufzukl&ren, durchschnitt ich bei 3 Meerschweinchen den N. ischia¬ 
dicus einer Seite in der H6he der Incisura ischiadica und injizierte un- 
mittelbar nachher in die Muskeln der entsprechenden Wade eine mehrfach 
tddliche Dosis von Tetanustoxin. Bei 3 anderen Meerschweinchen durch¬ 
schnitt ich den N. ischiadicus in der H&he der Kniekehlengrube und 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenm&rkszentren etc. 417 


injizierte gleichfalls unmittelbar nachher Tetanustoxin in die Wade der- 
selben Seite. Nach 24 Stunden, als die Tetanuserscheinungen allgemein 
eingetreten waren, tfltete ich die Meerschweinchen, entnahm ihnen den 
der Injektionsseite entsprechenden N. ischiadicus und pflanzte ihn bei 
M&usen ein, um seine ToxizitSt zu erproben. 

Meerschweinchen III. Gewicht 390 g. 

29. Januar 1904, 4 Uhr nachm. Recision des linken N. ischiadicus in der Hohe 
der Incisura ischiadica. Unmittelbar nachher injiziere ich in die Muskeln der ent¬ 
sprechenden Wade l / 4 ccm Tetanustoxin. 

30. Januar 1904, 4 Uhr 30 Min. nachm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen 
von allgeraeinem Tetanus. Heftige Kontraktur des linken Bernes. Ich entnehme aen 
N. ischiadicus dieser Seite und pflanze ihn ein unter die Haut einer Maus, die am 
folgenden Tage Zeichen von Tetanus darbietet und nach 2 Tagen verendet. 

Meerschweinchen IV. Gewicht 15 g. 

30. Januar 1904. Dieselbe Behandlung wie beim vorigen. Der N. ischiadicus der 
mit Tetanustoxin injizierton Seite, den ich entnahm, als die Tetanuserscheinungen deut- 
lich ausgepragt waren, erwies sich als toxisch fur eine Maus, die nach Einpflanzung 
des Nerven dem Tetanus erlag. 

Meerschweinchen V. Gewicht 390 g. 

4. Februar 1904. Dieselbe Behandlung wie bei den 2 vorigen. Nachdem ich den 
N. ischiadicus der mit Tetanustoxin injizierten Seite wie bei Meerschweinchen IV ent- 
nommen und ihn unter der Haut einer Maus eingepflanzt habe, zeigt letztere wahrend 
der folgenden Tage deutliche Anzeichen von lokalem Tetanus, uberlebt jedoch. 

Meerschweinchen VI. Gewicht 510 g. 

29. Janur 1904. Recision des linken N. ischiadicus in der H5he der Kniekehlen¬ 
grube. Unmittelbar nachher injizierte ich in die Muskeln der Wade derselben Seite 
V 4 ccm Tetanustoxin. 

Am Vormittag des 30. Januar, als die Erscheinungen des allgemeinen Tetanus 
ausgepragt sind, entnehme ich den N. ischiadicus und impfe ihn unter die Haut einer 
Maus ein, die wahrend der folgenden Tage ganz leichte Erscheinungen von lokalem 
Tetanus darbietet und iiberlcbt. 

Meerschweinchen VII. Gewicht 425 g. 

31. Januar 1904. Recision des linken N. ischiadicus in der Hdhe der Kniekehlen- 
grube. Injektion von Tetanustoxin wie oben. 

Nach 24 Stunden entnehme ich den linken N. ischiadicus und impfe ihn unter 
die Haut einer Maus ein, die iiberhaupt keine Erscheinungen von Tetanus wahrend der 
folgenden Tage darbietet 

Meerschweinchen VIII. Gewicht 475 g. 

4. Februar 1904. Dieselbe Behandlung wie bei den 2 vorigen. 

5. Februar 1904. Ich tdte das Meerschweinchen, das Erscheinungen yon Tetanus 
darbietet, entnehme den linken N. ischiadicus und verpflanze ihn unter die Haut der 
linken Weiche einer Maus. Letztere zeigt wahrend der folgenden Tage deutliche An¬ 
zeichen von lokalem Tetanus, uberlebt jedoch. 

Aus diesen Experimental) ergibt sich, daB der an der Incisura ischia¬ 
dica durchschnittene, d. h. von seinem Ganglienzentrum getrennte, aber 
immer noch mit den mit Tetanustoxin injizierten Muskeln in Verbindung 
stehende N. ischiadicus des Meerschweinchens sich stets stark toxisch 
fiir MOuse erweist, wfthrend der in der H6he der Kniekehlengrube, 
d. h. von den Muskeln, in weiche das Tetanustoxin injiziert wird, 
durchschnittene N. ischiadicus im stande ist, bei M&usen leichte Er¬ 
scheinungen von lokalem Tetanus hervorzurufen, die sehr bald ver- 
schwinden und daB das Tier Uberlebt. 

Marie und Morax beobachteten bei Ohnlichen Untersuchungen 
niemals die geringste Erscheinung von Tetanus, wenn sie unter die 
Haut von M&usen den N. ischiadicus eines tetanischen Meerschweinchens 
einimpften, der von den Muskeln* getrennt war, die er innerviert und in 
weiche das Toxin inokuliert worden war. 

Ich glaube, daB dieser Unterschied in den Resultaten dem Umstande 
zuzuschreiben ist, daB man bei Durchschneidung des N. ischiadicus in 
der H6he der Kniekehlengrube in Wirklichkeit nicht jede Verbindung 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 27 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


des Hauptstammes mit den Muskeln der Wade aufhebt; denn ich konnte 
bei sorgfaltiger Ausfdhrung des Schnittes manchmal kleine kollaterale 
Nervenkste wahrnehmen, die, vom Hauptstamme des N. ischiadicus aus- 
gehend, sich in den Muskeln des Beines verlieren. Aller Wahrschein- 
lichkeit nach kann durch die Aeste eine gewisse Menge Tetanustoxin 
von der Injektionsstelle aus zum Hauptnervenstamm gelangen, die in 
der Kniekehlengrube durchschnitten wurde. 

Aus den vorausgehenden Experimenten ergibt sich, daB das 
Tetanustoxin in die Nerven eindringt durch ihre peri- 
pherischen Ausl&ufer, insofern, als die mit den Muskeln, in welche 
das Toxin injiziert wurde, in Verbindung stehenden Nerven sich immer 
als in hohera Grade giftig fflr M&use erweisen im Gegensatz zu den- 
jenigen, welche von den Muskeln getrennt sind, und deren leichter Grad 
von Giftigkeit sich durch das Vorhandensein von kollateralen Aesten er- 
kl&ren l&Bt, die von der Peripherie aus eine kleine Qu anti tat Toxin zum 
zentralen Stumpf des durchschnittenen Nerven hinfQhren. 


XI. Beziehung des Tetanustoxins zur Cylinderachse des 

peripherischen Nerven. 

Nachdem nachgewiesen war, daB das Tetanustoxin in die Nerven 
eindringt durch die peripherischen Ausl&ufer der letzteren, war zu unter- 
suchen, auf welche Weise es im Nerven selbst vordringt, bis es die 
Nervenzentren erreicht Und angesichts der besonderen Bedeutung, 
welche die Autoren dem Achsencylinder bei dem Transport des Toxins 
beilegen, handelte es sich darum, zu untersuchen, ob der Transport des 
Toxins in den degenerierten Nerven erfolge. Zu diesem Zweck ftthrte 
ich, indem ich die von Marie und Morax gemachten Experimente 
modifizierte, bei 4 Meerschweinchen und 3 Eaninchen die Durchschnei- 
dung des N. ischiadicus in der HShe der Incisura ischiadica aus und 
inokulierte dann nach verschiedener Zeit von dieser Operation das Te¬ 
tanustoxin in beide Waden; hierauf, wenn die Tiere deutliche Erschei- 
nungen von Tetanus zeigten, exstirpierte ich den durchschnittenen sowie 
den unverletzten N. ischiadicus und stellte vergleichende Versuche hin- 
sichtlich der Toxizitat der beiden Nerven an, indem ich sie bei Mausen 
unter die Haut einimpfte. 


Meerschweinchen IX, Gewicht 395 g. 

19. Februar 1904, 10 Uhr vorm. Durchschneidung des linken N. ischiadicus in 
der Hohe der Incisura ischiadica. 

21. Februar, 11 Uhr vorm. Injektion von */« 00111 Tetanustoxin in die Wade auf 
beiden Seiten. 

22. Februar, 4 Uhr nachm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von hefti- 
gem Tetanus. Es wird getotet. Zwei Bruchstucke von gleicher Lange (ca. 2 cm) ernes 
jeden N. ischiadicus weraen entnommen und zwei Mausen unter die Haut geimpft. 


Die mit dem unverletzten N. ischia¬ 
dicus geimpfte Maus bietet wahrend der 
folgenden Tage sehr ausgepragte Erschei¬ 
nungen von Tetanus und verendet. 


Die mit dem durchschnittenen N. 
ischiadicus geimpfte Maus verendet nach 
3 Tagen unter Erscheinungen von Tetanus. 


Jewicht 480 g. 

Uhr vorm. Durchschneidung des linken N. ischiadicus 


in 


19. Februar 1904, 10*/, 
der Hohe des Incisura ischiadica. 

28. Februar. Injektion von */* ccm in jede Wade. 

29. Februar, vorm. Das rechte Hinterbein zeigt starke Kontrakturen. 

29. Februar, 2 Uhr nachm. Das Meerschweinchen zeigt heftige Starrkrampfe, die 
besonders bei Reizung des Tieres hervortreten. Es wird um 5 Uhr nachmittags getdtet. 
Zwei Mause weraen geimpft wie oben. 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 419 


Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N. ischia- 

gdmpfte Maus verendet unter Erscheinun- dicus geimpfte Maus zeigt nach 4 Tagen 
gen von Tetanus. eehr leichte Erscheinungen von lokalem 

Tetanus, die nach und nach verschwinden 
und die Maus fiberlebt. 

Meerschweinchen XI. Gewicht 462 g. 

19. Februar 1904, 10 Uhr 45 Min. vorm. Durchschneidung dee linken N. ischiadicus 
in der Hohe der Incisura ischiadica. 

4. Marz, 9 Uhr vorm. Injektion von V 4 ccm Tetanus toxin in die Wade. 

5. Marz, vorm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von Tetanus, die sich 
wahrend des Tages deutlich auspragen. 

5. Marz, 5 Uhr nachm. wird es getotet. Die N. ischiadici werden zwei Mausen 
eingeimpft, wie oben. 

Die mit dem unverletzten N. ischiadicus : Die mit dem durchschnittenen N. 

geimpfte Maus zeigt wahrend der folgen- ischiadicus geimpfte Maus zeigt wahrend 
aen Tage Erscheinungen von Tetanus, der 3 ersten auf die Impfung folgenden 
Wird tot aufgefunden am Vormittag des Tage gar keine Erscheinungen von Tetanus. 
9. Marz. Am 4. Tage zeigt sie eine ganz leichte Kon- 

traktur des rechten Hinterbeines, die immer 
mehr verschwindet und die Maus uberlebt. 

Meerschweinchen XII. Gewicht 420 g. 

19. Februar 1904, 11 Uhr 15 Min. vorm. Durchschneidung des linken N. isehia- 
dicus in der Hohe der Incisura ischiadica. 

19. Marz 1904. Injektion von Tetanustoxin, wie oben. Verendet in der Nacht 
vom 21. zum 22. Marz. 

22. Marz, 9 Uhr vorm. Wie gewdhnlich, werden die N. ischiadici zwei Mausen 
eingeimpft 

Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N. 

geimpfte Maus verendet an Tetanus. ischiadicus geimpfte Maus zeigt gar keine 

Erscheinung von Tetanus. 

Kaninchen I. Gewicht 2,400 kg. 

23. Januar 1904. Durchneidung des N. ischiadicus in der Hohe der Incisura 
ischiadica. 

24. Januar 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Injektion von 9 L ccm Tetanustoxin in jede 
Wade. 

27. Januar 1904. Das Kaninchen zeigt einen gewissen Grad von Starrheit in den 
Hinterbeinen. Es wird getdtet. Von jedem N. iscniadicus wird ein Stuck genommen 
und zwei Mausen eingeimpft, wie oben. 

Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N. 

geimpfte Maus zeigt Erscheinungen von ischiadicus geimpfte Maus verendet unter 
Tetanus und verendet. Erscheinungen von Tetanus. 

Kaninchen II. Gewicht 2,175 kg. 

23. Januar 1904. Durchschneidung des linken N. ischiadicus in der Hohe der 
Incisura ischiadica. 

3. Februar 1904. Injektion von Tetanustoxin, wie oben. 

4. Februar. Ich entnehme die N. ischiadici und impfe 2 Mause. 

Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N. 

O fte Maus zeigt deutlich ausgesprochene ischiadicus geimpfte Maus zeigt gar keine 

einungen von Tetanus, uberlebt aber. Erscheinungen von Tetanus. 

Kaninchen III. Gewicht 2,110 kg. 

23. Januar 1904. Resektion des N. ischiadicus in der Hohe der Incisura ischiadica. 
23. Februar, 9 Uhr 30 Min. vorm. Gewicht 2,340 kg. Injektion von 3 / 4 ccm 
Tetanustoxin in jede Wade. 

24. Februar. Ich entnehme jedem N. ischiadicus ein Stuck und impfe es zwei 
Mausen ein. 

Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N. 

geimpfte Maus beginnt am 3. Tage deut- ischiadicus geimpfte Maus beginnt am 5. 

Eche Anzeichen von Tetanus zu zeigen. Tage ganz leichte Erscheinungen von Te- 

Die Erscheinungen vermehren sich wahrend tanus lm linken Hinterbein zu zeigen (lo- 

der folgenden Tage noch starker. Verendet kaler Tetanus). Sckwanz etwas starr. Es 

am 5. Tage. treten keine Erscheinungen von allge- 

meinem Tetanus ein und die Maus iiberleDt. 
(Fortsetzung folgt.) 

27* 


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420 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Nachdruck vcrboten. 

Beobachtungen iiber bacillare Dysenterie *). 

[Aus dem Laboratorium des k. und k. Milit&rsanitfitskomitees in Wien 
(Vorstand: Oberstabsarzt Dr. L. Kamen).] 

Von Dr. R. Doerr, k. und k. Regimentsarzt in Wien. 

Im Jahre 1904 brachen unter den in Krakau und Wien stationierten 
Truppenkfirpern Dysenterieepidemieen aus, bei welchen ich mit der 
Durchffihrung bakteriologischer Untersuchungen, sowie serotherapeutischer 
Versuche betraut wurde. 

In Krakau wiesen die Erkrankungen einen ziemlich schweren Cha- 
rakter auf und ein wenn auch kleiner Bruchteil derselben verlief letal; 
in den Entleerungen fand sich in alien untersuchten Fallen der Shiga- 
sche Bacillus. Das Serum der Kranken agglutinierte von der 2. Krank- 
heitswoche an diesen Bacillus und alle mit ihm identischen Stamme; 
Flexnersche Stfibchen wurden zwar auch nicht selten beeinfluBt, aber 
doch in niedrigeren Verdiinnungen (Tabelle V). Die Erfolge der Be- 
handlung mit einem antitoxischen, im Wiener serotherapeutischen In¬ 
stitute (Prof. Paltauf) hergestellten Serum, das bei einer allerdings 
kleinen Zahl von Fallen zur Verwendung kam, sollen an anderer Stelle 
kritisch besprochen werden. Die morphologischen, kulturellen und bio- 
logischen Eigenschaften der gezfichteten Ruhrstabchen wichen in keiner 
Richtung von dem Kruse-Shigaschen Tvpus ab, der ja in den vielen 
Mitteilungen fiber bacillare Ruhr eine eingehende und erschopfende 
Besprechung erfahren hat. 

Anders verhielt sich die Epidemie in Wien, bei der es gelang, in 
zablreichen Fallen Stabchen nachzuweisen, die mit den von Flexner 
zuerst beschriebenen identifiziert werden konnten. Die Seltenheit der- 
artiger Beobachtungen rechtfertigt gewiB eine Mitteilung der erhobenen 
Befunde; auBer englischen und amerikanischen Autoren [Flexner 1 2 3 ), 
Strong 8 ), Vedder und Duval 4 )] hat nur Jflrgens eine Flexner- 
Epidemie (in Gruppe) studiert; seine fleifiigen und umfangreichen Unter¬ 
suchungen sind in Bd. LI der Zeitschr. f. klin. Med. verfiffentlicht. Die 
von Leiner 5 ) bei Kinderdysenterie gefundenen Mikroorganismen sind 
mit dem Flexnerschen Bacillus nur nahe verwandt, aber nicht art- 
gleich, wie spater noch genauer erfirtert werden soli. 

Der Nachweis aber, daB dieser Ruhrerreger auch in unseren Gegen- 
den haufiger auftritt, als es bisher den Anschein haben kfinnte, hat nicht 
nur einen theoretischen Wert, sondern muB auch bei alien Bestrebungen 
einer atiologischen Ruhrtherapie und Prophylaxe in Hinkunft berfick- 
sichtigt werden. 

Die folgenden Details fiber die Art der Verbreitung der Epidemie 
und den klinischen Verlauf der Erkrankungen verdanke ich Herrn Stabs- 
arzt Dr. Franz (Chef der Infektionsabteilung des Garnisonsspitals No. 1 


1) Nach einem Vortrage, gehalten in der Sitzung dee wiseenschaftlichen Vereinee 
der MiJitararzte in Wien am 14. Januar 1905. 

2) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXVIII. 1900, Bd. XXX. 1901.' 

3) Journ. Amer. med. assoc. Vol. XXXV. 1900. p. 498 and Report of the sur¬ 
geon general of the army. Washington 1900. 

4} Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. 

5) Wiener klin. Wochenschr. 1904. 


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Do err, Beobachtungen ilber bacillftre Dysenterie. 


421 


in Wien), dem ich auch sonst fOr die liebenswtirdige Forderung meiner 
Arbeit zn grofiem Danke verpflichtet bin. 

Die Epidemie betraf die in der Rudolfskaserne in Wien dislozierte 
Mannschaft des Infanterieregimentes No. 60, des 2. bosnischen und 
21. Feldjagerbataillons, ferner des Ulanenregimentes No. 3. Der erste 
Ruhrkranke wurde anfangs Juni dem Spital iibergeben. Derselbe war 
wenige Tage zuvor aus Bosnien nach Wien eingeriickt, hatte also die 
Infektion in seiner Heimat oder zumindest am Wege acquiriert. Zwischen 
diesem und dem nachsten Falle lag aber ein Intervall von 6 Wochen, 
so daB ein ursachlicher Zusamraenhang dieser eingeschleppten Er- 
kranknng mit den folgenden Fallen von vornherein unwahrscheinlich war. 

Die bakteriologische Untersuchung der Faeces ergab in der Tat bei 
diesem ersten Patienten Kruse-Shigain Reinkultur, bei alien spateren, 
wie scbon erwahnt, immer nur Flexnersche Stabchen. Demnach mull, 
da eine Einscbleppung von anderer Seite nicht eruierbar war, die Epi¬ 
demie, die sich im ganzen auf 51 Soldaten erstreckte, als eine autoch- 
thone bezeichnet werden. 

Die Verbreitung des Ansteckungsstoifes geschab, wie mit Sicherheit 
festgestellt wurde, durch die mit der Defakation verbundene Verun- 
reinigung der Aborte. Die Durchftthrung energischer Mallnahmen, die 
dem ungleichen Bilduugsgrade der Soldaten angepaiit waren und haupt- 
sachlich darin bestanden, daB die Aborte mit Kalkmilch desinfiziert, die 
Wande, Sitzbretter, Tflren, besonders die Klinken mit demselben Des- 
infektionsmittel mehrmals taglich uberttincht wurden, ferner darin, daB 
eine sorgfaitige Reinigung der Hande vor den Mahlzeiten und nach 
jedem Stuhlgange angeordnet und strenge iiberwacht wurde, fiihrte tat- 
sachlich ein baldiges Erloschen der Seuche herbei. 

Der klinische Verlauf der einzelnen Falle konnte im allgemeinen 
als ein milder bezeichnet werden. Der Symptomenkomplex war stets 
charakteristisch: Entweder keine oder nur kurz andauernde Prodromal- 
erscheinungen, bestehend in Mattigkeit, unbestimmten leichten Schmerzen 
im Abdomen; dann traten plbtzlich unter Temperatursteigerung diar- 
rhoische Entleerungen auf, welche anfangs meist nur wasserig und braun 
gefarbt waren, bald aber schleimige, von blutigen Streifen durchsetzte 
Massen enthielten und endlich nur mehr aus Blut und Schleim be¬ 
standen. 'Die Kranken klagten liber hochgradigen Tenesmus und 
Schmerzen im Unterleibe, welche bei Palpation immer am intensivsten 
in der Gegend des Colon descendens und der Flexura sigmoidea 
empfunden wurden; nur selten war die Druckempfindlichkeit auch auf 
den Blinddarm und den absteigenden oder queren Colonanteil ausge- 
dehnt. Die Temperatur, die am 1. Tage zuweilen 40 0 erreichte, begann 
gewohnlich schon nach 24 Stunden zu sinken und erreichte am 3. oder 
4. Krankheitstage normale Werte. Die Zahl der Entleerungen ver- 
ringerte sich jedoch mit dem Temperaturabfalle nicht, sondern ging erst 
nach mehreren Tagen herunter. Dann n&herte sich auch das Aussehen 
der Faeces allmahUch dem normalen, doch blieb selbst der geformte 
Stuhl noch l&ngere Zeit hindurch in blutigen Schleim eingehiillt Von 
Begleiterscheinungen waren im allgemeinen hervorzuheben: Einge- 
nommensein des Kopfes, Geftlhl von hochgradiger Schwache, in schweren 
Fallen Somnolenz. Das Verhalten des Herzens und Pulses war in den 
ersten Tagen der Erkrankung der H5he des Fiebers entsprechend; im 
spateren Stadium nach dem Temperaturabfalle und wahrend der Re- 
konvaleszentenperiode zeigte sich die Herzaktion vielfach grofien Schwan- 


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422 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 4. 


kungen unterworfen. Etwa in einem Drittel aller Falle bestand nament- 
lich bei horizontaler Lage Bradykardie; Pulsfrequenzen von 48 und 
auch weniger PulsschlSgen von mehrt&giger Dauer gehQrte nicht zu den 
Seltenheiten. Nach der geringsten korperlichen Anstrengung, oft schon 
durch bloBe VerSnderung der Korperlage, stieg die Frequenz unverhait- 
nismaBig hoch, manchmal auf 120—132, wobei zuweilen auch leichte 
Stdrungen in der rhythmischen Folge zu verzeichnen waren. Von 
sonstigen Komplikationen ist einmal aufgetretene, bei Dysenterie schon 
mehrfach beschriebene starke Conjunctivitis hervorzuheben. In einem 
anderen Falle kam w&hrend der Rekonvaleszenz Appendicitis zur Ent- 
wickelung, von der schwer zu entscheiden war, ob sie im unmittelbaren 
Zusammenhange mit der Ruhrerkrankung oder auf anderer Grundlage 
entstanden war. Dasselbe gilt auch von einem weiteren Falle, wo sich 
kurze Zeit nach iiberstandener Dysenterie typische Erscheinungen eines 
ZwSlffingerdarmgeschwflres einstellten. 

Alle 51 Fklle endeten mit Genesung, und zwar durchschnittlich nach 
28 Tagen. Die bakteriologische Untersuchung der Ruhrsttihle wurde 
in Wien in 29 Fallen durchgefGhrt und konnte der dem Typus Flex- 
ner zuzurechnende Bacillus bei 12 Kranken nachgewiesen werden. Von 
den 17 negativen Resultaten entfallen 7 auf die ersten Mitte Juli auf- 
getretenen Erkrankungen, die nicht das typische klinische Verhalten 
echter Dysenterie zeigten, sondern unter dem Bilde eines heftigen Entero- 
katarrhs verliefen. Die Stflhle waren nicht schleimig-blutig, sondern 
wasserig, rochen schwach f&kulent, waren gallig gefarbt; auf Drigalski- 
Platten entwickelten sich ausschlieBlich Coli-Kolonieen, und zwar bei 
approximativ gleicher Menge der Aussaat in viel grSBerer Anzahl als 
Ruhrkolonieen aus den dysenterischen Sttihlen dieser Epidemie, so daB 
die 3.—4. Verdttnnung noch immer sehr dichte Platten ergab, wahrend 
bei typischen Ruhrfallen die 2. Platte nur wenige, die 3. in der Regel 
keine Keime mehr aufwies. ZahlenmaBig wurden diese Verhaitnisse 
allerdings nicht bestimmt; doch war das Ztlchtungsverfahren in alien 
Fallen das gleiche, insbesondere wurden, wie betont, die Platten immer 
mit mdglichst gleichgroBen Stuhlmengen beschickt, und die Differenz 
war eine so bedeutende, daB man auch bei der F1 e x n e r - Dysenterie 
eine auffallige Keimarmut der Entleerungen gegenflber den Faeces bei 
Enterokatarrhen und im Verhaltnis zu CholerastGhlen konstatieren muB. 
Ueber die Kruse-Ruhr ist Aehnliches von vielen Seiten (Kruse, 
Drigalski, Doerr etc.) berichtet worden. 8 andere Falle mit nega- 
tivem Ausfall der Stuhluntersuchung waren solche, bei denen die Ent¬ 
leerungen erst zu einer Zeit zur Untersuchung gelangten, wo die Aus- 
leerungen das charakteristische Aussehen bereits verloren hatten, kotig 
waren und nur wenige oder gar keine schleimig-eiterigen Partieen mehr 
enthielten. Ueber die restlichen 2 Falle soil spater berichtet werden. 

Zur Zfichtung wurde ausschlieBlich Drigalskisches Agar ver- 
wendet. Die blauen, durchsichtigen Kolonieen wurden nach 24 Stunden 
in Traubenzuckeragar abgeimpft; trat nach weiteren 24 Stunden keine 
Gasbildung ein, so wurden sie auf die Barsiekowschen Nahrbdden 
flbertragen. Die Stamme, die hier das fUr Flexner-Bacillen typische 
Verhalten zeigten (Mannit- und TraubenzuckerrShrchen rotlich, schwach 
opalisierend, Milchzuckerrohrchen blau), wurden dann der weiteren 
PrGfung mit einem hochwertigen Flexner-Immunserum unterzogen 
und schliefilich ihr Verhalten auf Kartoffeln, im Garungskdlbchen, in 


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Do err, Beobachtungen iiber bacillftre Dysenteric. 


42a 


Bouillon, auf Gelatine, in Peptonwasser (Indolbildung) und in Lackmus- 
molke (SSurebildung) festgestellt 


Tabelle I. 


No. 

Krank- 

heitstag 

Beschaffenheit der Stuhle 

Zuchtungsresultat auf Drigalski- 
Agar 

1 

3. 

diffus hellrot gefarbter Schleim (him- 
beergeleeartig) mit eingesprengten, 
gelbweiBen, eiterigen IStreifen, 
Spermageruch. 

Ruhrbacillen in vollstandiger Rein- 
kultur. 

2 

5. 

rotlich-braun, spermaahnl. riechend, 
reichl. eitrig, wenige Schleimflocken. 

Ruhrbacillen, nur vereinzelte Coli. 


8. 

do., fade riechend. 

Ruhr- und Colibacillen zu gleichen 
Teilen. 


11. 

do. 

do. 


13. 

do. 

iiberwiegend Coli, vereinz. Ruhrbac. 


16. 

kotig, fakulent riechend. 

nur Coli, Ruhrb. nicht nachweisbar. 

3 

2. 

waaserig, braun, reichlich Schleim- 
und Eiterflocken, nicht fakulent 
riechend. 

mafiig reichlich Ruhrbacillen, zahl- 
reiche Coli. 

4 

3. 

so wie 3. 

iiberwiegend Ruhrbac., daneben Coli. 

5 

4 

so wie 1. 

uberwiegend Coli, daneben mafiig 
reichliche Ruhrbacillen. 

6 

5. 

blutig, mit Schleim- u. Eiterflocken. 

so wie 5. 

7 

5. 

do. 

do. 

8 

3. 

blutiger Schleim mit eitrigen Streifen. 

Ruhrbacillen in Reinkultur. 

9 

3. 

wa8serig, galliggefarbt, fade riechend, 
mit groBen Schleimflocken. 

uberwiegend Ruhrbacillen, daneben 
mafiig reichlich Coli. 

10 

3. 

so wie 1, Spermageruch. 

Ruhrbacillen in Reinkultur. 

11 

3. 

do. 

Ruhrbacillen faat in Reinkultur, ver¬ 
einzelte Coli. 

12 

4. 

do. 

do. 


Die gezflchteten 12 St&mme verhalten sich morphologissh und kul- 
turell vollkommen gleich. 

Es bandelt sich um plumpe, kurze, dicke St&bchen, die sich mit 
Anilinfarben leichttingieren lassen, Gram-negativ sind, Polkorner zeigen 
und vollkommen unbeweglich sind. Nur beobachtet man im hangenden 
Tropfen mit der Immersionslinse h&ufig lebhaftes molekulares Zittern. 
Die Darstellung von GeiBeln glQckte weder nach Loeffler noch nach 
van Ermenghem, wobei KontrollprSparate von Coli-, Typhus-, Para- 
typhusst&mmen, unter denselben Bedingungen hergestellt, stets gelangen. 

Bouillon wird gleichmSfiig getriibt und bleibt trube, ein Oberflachen- 
hSutchen gelangt nicht zur Entwickelung. Desgleichen bleibt wenigstens 
bis zu 30 Stunden die Bildung von mikroskopischen H&ufchen aus, so 
daB die Bouillonkulturen sich gut zu mikroskopischen Agglutinationen 
mit Patientenseris eignen. Der Krusesche Bacillus verhalt sich in 
dieser Hinsicht etwas abweichend; 2 von Kruse herriihrende Stamme 
lassen die Bouillon klar und bilden ein Sediment, zeigen also eine Ten- 
denz zur Spontanagglutination, die ich allerdings bei anderen Stammen 
der Kruse-Shiga-Gruppe nicht wieder antraf. 


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424 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Tabelle II. 




12. Stamme 

Flexner 

JOrgens 

Kruse-Shiga- 


Leiner 




aus Wien 1904 

(Krai) 

(Gruppe) 

Stamme 

Gretlinger 

Brunner 

Hammer 

Bouillon 

diffus, ge- 
triibt, keine 
Oberflachen- 
haut, klart 
i sich nicht | 

do. 

' do. 

1 

do. (nur Ori¬ 
ginal -Kruae- 
Starame las- 
sen die Bouil¬ 
lon klar, bil-! 
denbediment) 

! wie Flexner 

Gelatine 

weinblattartig, zarter als gleichaltriges 
iColi aus normalem Stuhl, diktyodrome 
Zeichnung undeutlich 

do., diktyo¬ 
drome Zeich¬ 
nung deutl. 

wie Flexner 

Agar 

weiBer, iippi- 
ger Rasen, 

; Sperm ager. 

do. 

do. 

do. 

i 

do. 

do. 

do. 

Drigalski-Agar 

blau, tau tropfenahnlich, 
nach 24 Stunden diktyo¬ 
drome Zeichnung 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

i 

Milchzucker 

blau, wenigl 
getriibt 1 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

a 

g 

Traubenzucker 

rot, opalisie 
rend 

do. 

do. 

do. 

do. 

do., stark 
opalisier. 

rot, opali- 
sierend 


Man nit 

rot, leicht ge- 
triibt 

do. 

do. 

blau 

rot 

rot, opaii- 
sierend 

rot 


Petruschkysche 

Lackmusmolke 


|anfanglich Saurebildung, s pater Umschlagen der Reaktion ins Alkalische; das 
Aciditatemaximum bei Smgaschen Stammen etwas geringer als bei Flexner 


Kartoffel 

Traubenzucker- 

stich 


Peptonwasser 

Neutralrot 

Milch 

Wird agglutiniert 
durch Flexner- 
I mm un serum 

Durch Kruse-Im- 
munserum 

Durch Patienten- 
sera der Wiener 
Epidemic 


typhusahnlich, gelblich-weifier Rasen 


kein Gas, 
Wachst.langs 
d.Stichkanals 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

— 

Indol 

Indol 


Indol 

Indol 

Indol 

nicht redu- 
ziert 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

nicht koagu- 
liert 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

1:2000 

1:2000 

1:2000 

e 

1:400 

1:800 

1:100 

0 

0 

O 

1:2000 

0 


0 

1:400 

1:400 

1 

1:400 

0 

nicht ge- 
priift 

1: 100 

nicht ge- 
pruft 


(SchluB folgt.) 


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van Loghem, B&kt Behind bei spontaner vesikaler Pneumaturie etc. 425 


Naehdruck verboten. 

Bakteriologischer Befiind M spontaner vesikaler Pneumat- 
urie eines diabetischen Kranken. 

fAus dem pathologischen Laboratorium (Prof. Ruitin ga) der Universi¬ 
ty in Amsterdam.J 

Von Dr. J. J. ran Loghem, Assistenten. 

Spontane Pneumatnrie ist ein relativ seltenes Symptom, fiber 
welches in bakteriologischer Hinsicht nur ganz unvollst&ndige Daten 
vorliegen; es sei also gestattet, fiber einen Fall, der einer genaueren 
Untersuchung unterzogen worden ist, an dieser Stelle zu berichten. 

Der 65-jfihrige J. H. wurde am 2. Nov. 1904 auf die chirnrgische 
Abteilung des Herrn Dr. D. Mac Gillavry im hiesigen Krankenhanse 
der „Gereformeerde Vereeniging voor Ziekenverpleging“ mit Harn- 
beschwerden aufgenommen. Der Kranke gab an, stets gesund gewesen 
zu sein — eine Bandwurrakrankheit vor 26 Jahren ausgenommen — 
bis er am 28. Okt 1904 plfitzlich nicht urinieren konnte; am Abend 
desselben Tages wurde diese Retention von wiederholten Entleerungen 
kleiner Portionen Harnes gefolgt. Groller Schmerz und Neigung zur 
Def&kation begleiteten diese Pollakurie. Nach einigen Tagen kam eine 
Hfimaturie dazu. Dann wurde Patient aufgenommen und sofort bei 
seiner Aufnahme katheterisiert (1200 ccm). 

Aus dem Status praesens, am n&chsten Tage (3. Nov.) erhoben, 
fflhre ich nur an, daB bei dem seiner Schmerzen wegen sehr unruhigen 
Kranken ein fortw&hrendes Harntrfiufeln bestand, indem die Blasen- 
dfimpfung bis zum Nabel reicbte. Mittels Katheterisierung wurden etwa 
1000 ccm trfiben, nur wenig alkalisch riechenden Harnes entleert. 
Die Flfissigkeit war stark blutig tingiert und cnthielt Koagula. Bei 
rektaler Untersuchung fand man eine m&fiige VergrfiBerung der Prostata 
und eine hfirtere, etwas hdckerige Stelle der hinteren Blasenwand, ins- 
besondere nach links; letztere war beweglich in Beziehung zur Prostata. 

Temperatur normal, Respiration frequent. Herztone nicht ganz rein. 
Defakation normal. Bronchitis catarrhalis. 

Der Kranke wurde wfihrend seines Aufenthaltes im Spital t&glich 
katheterisiert, die Blase darauf anfangs mit Salicylsfiureldsung '/eoo* 
spfiter mit 1-prom. Silbernitrat ausgespfllt. Die Harnmenge betrug etwa 
I 1 /* -2 1, wovon zwei Drittel bis die Hfilfte spontan entleert wurden. 

Am 6. Nov. (4 Tage nach der Aufnahme), als der Kranke 
katheterisiert wurde, spritzteder Ham stark sch&umend 
aus dem Instrumente heraus, sobald dieses in die Blase 
gelangte. Auch am n&chsten Tage entleerte sich gashaltiger Urin; 
dann verminderte sich die Pneumaturie aUmfihlich und war am 14. Nov. 
ganz verschwunden. Vom 9. Nov. an war die Blase anstatt mit Salicyl 
mit Silbernitrat gespfilt worden. 

Die Harnuntersuchung, von Dr. Steensma vorgenommen, ergab: 
saure Reaktion; sp. G. 1026; Geruch nach flfichtigen Fetts&uren: 
viel EiweiB; Glykose (9. Nov 2,5 Proz., 12. Nov. 0,8 Proz., 14. Nov. 
0,2 Proz. [seit 12. Nov. antidiabetische Difit]). Reaktion auf Aceton und 
Diacets&ure negativ. Spur Alkohol. 

Reichlicbes Sediment, bestehend aus roten und weifien Blutzellen. 
Keine Hefezellen. Viele Stfibchen, teils beweglich. 


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426 


Centr&lbl. f. Baku etc. 1. Abt. Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4. 


Bei der Analyse des Gases (am 8. Nov. waren 360 ccm zu diesem 
Zwecke wfihrend der Katbeterisation aufgefangen) wurde die Hfilfte als 
Kohlensfiure bestimmt; die andere H&lfte, ohne Geruch, brannte mit 
blauer Flam me. 

Nachdem die Pneumaturie ganz verschwunden war, stellten sich im 
weiteren Verlauf Remissionen ein, die erbeblich geringeren Grades waren. 
Der Harnbefund blieb fibrigens im allgemeinen derselbe, nur war die 
TrObung etwas gebessert. 

Am 16. Nov. fing der Kranke an zu fiebern, die lokalen Symptome 
einer katarrhalischen Pneumonie traten hinzu. Der Exitus letalis er- 
folgte am 30. Nov. 

Aus einer Portion Harn, von Dr. Mac Gillavry unter asepti- 
schen Kautelen der Blase entnommen und behufs bakteriologiscber 
Untersuchung mir flbersandt, gelang es, zwei Mikroorganismen — einen 
Coccus und einen Bacillus — reinzuziichten, welche beide sQwohl 
in den anafirob (Metbode Roux unter Wasserstoff) als in den afirob 
angelegten Kulturen gewachsen waren. 

Den Coccus, der sicb nicht nach Gram entf&rbte, die Gelatine 
nicht verflQssigte, keine Eigenbewegungen zeigte, auf Agar als grau- 
weifie, wenig prominente, isolierte Kolonieen wuchs, und im normalen 
sowie im diabetiscben Harne ohne Gasbildung einen ammoniakalischen 
Geruch herbeifflhrte, habe ich nicht weiter verfolgt. 

Ueber den Bacillus aber, der aucb schon bei der mikroskopiscben 
Untersuchung des Harnes konstatiert worden war, fast alle Kolonieen 
der Gelatineplatten gebildet hatte und unter gewissen Bedingungen 
Kohlens&ure und brennbares Gas zu bilden sich im stande zeigte, kann 
ich die Resultate einer genaueren Untersuchung mitteilen. 

Der Bacillus ist ein an beiden Enden abgerundetes St&bchen von 
inkonstanter L&nge und Breite. 

In den jQngeren Kulturen flberwiegen die l&ngeron Formen, in den 
Slteren die kQrzeren. Der Organismus ist stark eigenbeweglich; die 
Bewegungen sind wackelnd und erinnern an jene des Bacillus sub¬ 
til is. Er f&rbt sich mit den gewohnlichen F&rbemitteln, am schdnsten 
mit Karbolthionin nach N i c o 11 e, durch welches sehr deutlich zu Tage 
tritt, dafi die beiden Pole sich bedeutend intensiver f&rben als der 
mittlere Teil des Korpers. In jflngeren Kulturen linden sich viele Indi- 
viduen, welche sich nach Gram nicht entf&rben, in Kulturen, die filter 
als 24 Stunden sind, zeigen sich solche nur sporadisch. 

Im allgemeinen sind die Stfibchen voneinander isoliert, in den Kul¬ 
turen findet man Formen, die aus zwei, selten aus drei Individuen bestehen. 

Cilienffirbung nach Ldffler, ohne Modifikation, gelingt am schOnsten 
mit auf Glykose gewachsenen Bacillen; die L&nge der Cilien ist 
2—3mal so groB wie jene des BakterienkOrpers. Sporenbildung wurde 
nicht beobachtet. 

Gewbhnliche Nfihrbouillon wird durch das Wachstum dieser Stfib¬ 
chen in 24 Stunden bei Zimmertemperatur getrtibt; bei 24° und auch 
bei 37° bildet sich in derselben Zeit aufierdem ein Bodensatz und ein 
weiBer Ring an der Wand des Glases in der H5he der Oberflfiche der 
N fibril Ossigkeit. Die Kultur klarifiziert sich nicht. 

Auf Agar-Agar bilden die Organisraen in 24 Stunden einen grau- 
weiBen, schleimigen Belag; dieser ist durchscheinend, etwas unregelmfifiig 
fleckig. Auf der Oberflfiche von Glykoseagar hat der Belag eine etwas 
hellere Farbe. 


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van Logham, Baku Befund bei sppntaner vesikaler Pneumaturie etc. 427 


In Glykose enthaltenden Nahrboden tritt starke Gasbildung auf; 
die GlykoseagarsBule wird gespalten and mit linsenfbrmigen Blasen 
durchsetzt 

In Gelatineplatten erscheinen nach 48 Stunden bei 24° C kleine, 
gelbweiBe Kolonieen, die am nhchsten Tage einen deutlichen Ver- 
fliissigungshof aufweisen. Die jQngeren Kolonieen sind mikroskopisch 
homogen und scharf konturiert; die aiteren sind granuliert und es 
treten von diesen einzelne Partikel in den VerflQssigungshof hinein. 

In der Gelatinestichkultur ist der Stichkanal nach 24 Stunden weiB- 
lich getrflbt und von kleinen weiBen Kolonieen wie von einem Spitzen- 
schleier umgeben. Der Anfang der Verflflssigung ist an der Oeffnung 
des Kanales schon sichtbar. Nach 48 Stunden ist der Kanal in einer 
Verflflssigungstasche aufgenommen, die wieder von kleinen weiBen Kolo¬ 
nieen umgeben ist. Keine Gasbildung. 

In 2 Proz. Peptonwasser konstatiert man nach einigen Tagen eine 
starke Indolbildung. 

In normalem Ham veranlassen die Organismen ammoniakalische 
Gftrung; auch auf Schwefelwasserstoff kann nach geringem Schwefelzusatz 
leicht reagiert werden. 

Im diabetischen Harne (5,8 Proz. Glykose) tritt nach 12—24 Stunden 
(bei 37° C) starke Gasbildung bei schwachsaurer Reaktion auf; brenn- 
bare Gase wurden nicht nachgewiesen, nur Kohlens&ure. 

In gewdhnlicher Nahrbouillon, mit etwa 1 Proz. sterilen HQhner- 
eiweifies gemischt, fand bei 37 0 auch Gasbildung statt. Dieses Gas war 
brennbar. 

Eine 5 Tage alte, lebendige Bouillonkultur wurde durch eine 
25 Minuten dauernde Erhitzung auf 58—60° C getotet. 

Die Pathogenit&t konnte fiir Kaninchen und Cavia festgestellt 
werden; 2 ccm einer Bouillonkultur, unter die Haut einverleibt, fiihrten 
innerhalb 18 Stunden den Tod herbei. Die Bacillen konnten in groBen 
Mengen in der Milz und der PeritonealflQssigkeit wiedergefunden und 
aus dem Blute des rechten Herzventrikels und aus der Milz des 
Kaninchens wieder gezQchtet werden. Eine cellul&re Reaktion an der 
Injektionsstelle fehlte. 

Charakteristisch war der Unterschied zwischen den bacill&ren Formen 
in der Milz des Kaninchens und in demselben Organ der Cavia; beim 
Kaninchen erreichten die Individuen eine entschieden gr5Bere L&nge. 

Die genannten Eigenschaften des Bacillus — d. h. die fakultative 
Anabrobie, der Pleomorphismus, die Eigenbeweglichkeit, das Verhalten 
gegenflber Farbemitteln, die Fahigkeit, Gelatine zu verfltlssigen, Indol, 
Schwefelwasserstoff und brennbares Gas zu bilden, Glykose und Ureum 
zu vergfiren und die Pathogenitat fflr Kaninchen und Caviae — besitzt 
der Proteus vulgaris (Hauser). 

Proteus vulgaris ist kein seltener Befund in der Hampathologie. 
Zuerst wurde dieser Mikroorganismus von Krogius im patholo- 
gischen Ham nachgewiesen und beschrieben als Urobacillus lique- 
faciens septicus. Schnitzler ztichtete ihn 16mal in 25 Fallen 
von Cystitis. 

Als Erreger der Pneumaturie wurde Proteus vulgaris bis jetzt 
nie genannt 

Im Jahre 1883 hat Guiard 7 Falle von Pneumaturie aus der 
Literatur und aus eigener Erfahrung zusammengestellt; seitdem ver- 
offentlichten Dum4n il (1883), Senator (1888), Miiller (1889), Heyse 


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428 Gentralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3. 

(1894), Schnitzler (1894) und Naunyn (1898) jeder einen einzelnen. 
In den meisten Fallen handelte es sicb, wie in unserem, am di&betische 
Patienten. In zwei von Guiard und in den beiden von Heyse und 
Schnitzler beschriebenen Fallen soil keine Glykosurie im Spiele ge- 
wesen sein. 

In den alteren Fallen, sowie aucb in denjenigen Senators und 
Naunyn8 wurden Hefepilze als Ursacbe der Pneumaturie angenommen 
oder gefunden. Im Falle Mailers, in welchem das Gas aus Wasser- 
stoff, Kohlensaure, Stickstoff und geringen Mengen Methan und Sauer- 
stoff bestand, gelang es nicht, den Erreger zu bestimmen. 

Heyse fand bei seinem nicht diabetischen Kranken den Bacillus 
lactis agrogenes; Schnitzler isolierte den Bacillus coli com¬ 
munis; es bleibt indessen unklar, aus welchen Substanzen, falls Glykose 
nicht zugegen war, der Coli Gas gebildet hat. 

Weil der Tod bei dem Patienten von Dr. Mac Gillavry eintrat, an 
demselben Tage, als die Reinzachtung der Harnorganismen eben beendet 
war und die weitere Charakterisierung anfangen sollte, war es mir 
unmdglich, den gasbildenden Bacillus auf seinem urspranglichen Nfihr- 
boden (welcher EiweiB und andere Blutbestandteile enthielt) zu zachten, 
urn auf diese Weise eine Gasbildung bervorzurufen, welche auch quanti- 
tativ jener, w&brend des Lebens beobachteten entsprach. 

GewiB gehen wir aber nicht fehl, wenn wir den Mikroorganismus 
der in einer betr&chtlichen Menge im Harne des Kranken vorhanden 
war und in glykose- und eiweiBhaltigen FlOssigkeiten Kohlensaure 
und brennbares Gas zu bilden im stande war, als den Erreger der 
von uns beobachteten Pneumaturie betrachten. 

An diese Mitteilung mOchte ich die Bemerkung anschlieBen, dafi ich 
zum Indolnachweis mit Erfolg die Methode benutzte, welche mein 
Kollege Dr. Steensma zur Isolierung einiger Farbstoffe im Harne 
ausgearbeitet hat (Ned. Tijdschr. v. Geneeskunde. Bd. II. 1904. p. 425). 

Man gibt zu 100 ccm einer Peptonwasserkultur 10 ccm einer Ldsung 
basischen Bleiacetates (nach der Pharm. Nederl. Ed. Ill hergestellt). 
Nach Filtration setze man zu dem Filtrate ein wenig Essigs&ure hinzu bis 
zur saueren Reaktion und schattle zweimal mit einer gleichen Menge 
Aether aceticus in einem Scheidetrichter aus. Der Aether aceticus wird 
mit einer 1 / i seines Volumens betragenden Menge 10-proz. KOH-LQsung 
ausgeschQttelt. Ein Tropfen einer 0,5-proz. NaN0 2 -L5sung genflgt — 
nachdem etwas konzentrierte Salzs&ure hinzugefQgt worden ist — um 
die violette Farbe, viel schdner als in der trOben Kulturflttssigkeit, her- 
vorzubringen. 

Dr. S. wird Ober die Anpassung seiner Methode an bakteriologische 
Zwecke spftter ausfQhrlicher berichten. 

Februar 1905. 


Benutste Literatur. 

Guy on, F., Lemons cliniques sur lee maladies dee voice urinairee. T. I. 1894. p. 608. 
Heyse, Zeitschrift f. klin. Med. Bd. XXIV. 1894. p. 130. 

Kraus, R., Handbuch der Urologie (v. Frisch und Zuckerkandl). 1903. 
Krogius, A., M&noiree de la Soci6t6 de biologie. 1890. p. 65. 

Mac4, E., Traits de bact^riologie. 1904. p. 1062. 

Muller, F., fieri, klin. Wochenschr. Bd. XXVI. 1889. p. 889. 

Naunyn, B., Der Diabetes mellitus (Nothnagel). 1898. p. 203. 

Schnitzler. Refer. Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. XV1I1. p. 230. 
Zuckerkandl, 0., Handbuch der Urologie Bd. I. p. 773. 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 


429 


Nachdruck verboten. 

Beitrag zur Trypanosomenfrage. 

Vod Dr. Hans Ziemann, 

Marin eoberatabaarzt und Regierungaarzt in Kamerun. 

(SchluB.) 

Wenden wir uns nun zu dem Trypanosoma vivax in Kamerun. Dasselbe 
fand sich bei Rindern, Schafen und Ziehen b ehr haufig und in dem ganzen 
Urwaldgebiet der Kiiste, besonders in den Flufimederungen (cfr. meinen Bericht iiber 
die Expedition zur Erforachung der Bevdlkerungs- und Viehfrage). 3 einheimische 
Hunde, 2 europaische Terrier, 6 Katzen, 23 Schweine zeigten sich 
bisher uberhaupt niemals natiirlich infiziert, indes sei bemerkt, dafi aua den achon 
erwahnten Griinden Uebertragungsverauche grofierer Mengen vom Blute dieaer scheinbar 
gegen die natiirliehe Infektion mit Trypanosoma vivax immunen Tiere auf andere Ver- 
auchatiere etc. nicht stattfanden. Unterauchungen bei 2 Seekiihen ( Manatus ), 1 wilden 
Buffel (Bos brachyceros) , 1 Leoparden, 7 Zwergantilopen ( Cephalolophus melanorrheus 
Gray), 7 grauen Meerkatzen, 1 Gorilla, 2 Schimpanaen blieben ebenfalls negativ. 

Nur bei einer Zwergantilope gelang ea, in Suellaba 23. Okt. 1903 im Herzblute 
und im Blute der inneren Organe eine halbe Stunde nach eingetretenem Tode zahlreiche 
kleine, ca. 3—8 u lange, apindelformige, !2 ji breite, ziemlich acharf konturierte, 

achwach granulierte Paraaiten mit atarrem Plaaraaleibe zu finden, welche meist an dem 
einen Ende mit einer feinen, 2—4 jjl langen GeiBel versehen schienen und mit wackelnder 
Bewegung, welche haufig etwaa Rotierendea hatte, sich durch das Geaichtafeld bewegten, 
daa Geifielende voran. 

Leider konnte der intereaaante Organiamua, da weitere Hilfamiltel wegen Ent- 
fernung von Duala nicht zur Stelle waren, nicht weiter verfolgt werden (cfr. untenk 
Sofort vorgenommene Ueberimpfung des Herzblutea auf 2 geaunde Schafe, die ich nacn 
Duala mitnahm. Blutunter8uchung dea einen am 26. Okt., 29. Okt., 3. Nov., 7. Nov., 
11. Nov. 1903 negativ. Das zweite Schaf 26. Okt., 29. Okt., 3. Nov., 5. Nov. negativer 
Refund. Am 8. Nov. tot im Stalle gcfunden vom Lazarettgehilfen. Leber hatte aus- 
gesehen wie getiipfelt von kleinen, stecknadelkopfgroBen, weiBgelb lichen Herden. Organe 
leider in meiner Abweaenheit fortgeworfen. 

Trypanosoma vivax zeichnet aich in akuten und friachen Fallen 
zunachat durch aeine oft ungeheure Beweglichkeit aua. Dieselbe laftt ihn 
wie einen Hecht von einem Ende dea Geaichtafeldes quer zum anderen in einer einzigen 
mehr oder weniger geraden Linie achieBen, so dafi eine Beobachtung vollig unmoglich 
ist. Daa Voltenschlagen der Tae-lae-Paraaiten, deren Beweglichkeit ja aucn aehr groB 
aein kann, die aber auf einen raumlich beachrankten Platz meist beachrankt bleibt, 
wurde fast niemala featgeatellt. 

Der im Gegensatz zu Trypanosoma Brucet auch am hinteren Ende meist zuge- 
apitzte, schlanke, mit GeiBelu veraehene, 18—26 jjl, ja zuweilen bis 30 p. lange, durch- 
achnittlich 2—2 A / a n breite Parasit erinnerte durch seine schlanke Figur sehr an Ratten- 
bezw. Surratrypanoaomen, nur daB seine Beweglichkeit in den ganz akuten Fallen fast 
noch grofier zu Bein achien ala die der Rattentrypanoaomen. 8tets geht daa GeiBelende 
voran. 

Die Rattentrypanoaomen machen im Durchachnitt mehr unregelmaBige Vorwarta- 
bewegungen, indem aie Kurven beschreiben, bezw. plotzlich ruckweiae nach anderer 
Richtung aich vorwarta achnellen. Mit giitiger Erlaubnis von Prof. Oatertag und 
Mitwirkung seines Asaiatenten Dr. Krautatrunk wurde daa Ultramikroakop benutzt, 
um bei nur 200-facher VergroBerung eine m6glichat groBe Blutmenge durchmuatern 
und bei nur sparlicher Infektion die lebhaft beweglichen Paraaiten 
auffinden zu konnen. 

Die Resultate waren nicht unbefriedigend bei 3-facher Verdunnung dea betreffenden 
Blutea. Wahrend man bei Ratten, natiirlich infiziert durch Rattentrypanoaomen und 
kun8tlich durch Tae-tae oder Nagana, die beiden Paraaiten species ziemlich gut achon im 
lebenden Blute unteracheiden kann, war dieses bei durch Rattentrypanoaomen infizierten 
Ratten, die mit Trypanosoma vivax: noch kunatlich geimpft waren, unmoglich. Im ge- 
farbten Praparat traten aber die Unterschiede deutlidi hervor, indem die Ratten try pano- 
somen sich durch die charakteriatische Lage des Blepharoplast (Centrosoma, GeiBel- 
wurzel) auszeichneten. Trypanosoma vivax erinnerte gefarbt an den Surraparasiten hin- 
sichtlich des Blepharoplaaten, Kerns, undulierender Membran und GeiBel. 

Der Blepharoplast (GeiBelwurzel) lie^t also nicht, wie beim Ratten trypanosoma, 
an der Greuze zwischen mittlerem und ninterem Korperdrittel, sondern mehr oder 
weniger ziemlich unmittelbar in der Nahe des hinteren Korperendes. 


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430 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Professor Laveran, dem ich eine grbflere Reihe von Praparaten 
sandte, konnte in diesen morphologisch nicht den geringsten Unter- 
schied gegeniiber den Sti rraparas 1 ten bemerken. Die Teilung erfolgt 
durch Langsteilung nach dem Schema, wie es bereits fur den Tse-tse-Parasiten beschrieben 
ist. Details betreffs Teilung des Blepharoplasten, des Kerns, der GeiBel etc. eriibrigen 
sich an dieser mehr der epidemiologischen Betrachtung gewidmeten Stelle, Ueber ein 
etwaiges Auftreten von gescnlechtlichen Parasiten, wie ich sie beim 
Tse-tse-Parasi ten gefunden, sowie eventuelle Konjugation will ich mich erst 
nach AbschluB der Untersuchungen auBern. Auch bei ihnen haben wir, selbst in 
frischen Infektionen, neben den sehr beweglichen weniger bewegliche Formen zu unter- 
scheiden. Mindestens ist bei Trypanosoma vivax eine geschlechtliche Differenzierung 
viel schwieriger wie beim Nagana- oder Tse-tse*Parasiten ( Trypanosoma Brucei). 

Eine Mutabilitat bei den kunstlich geimpften Tieren hinsichtlich der Form, 
lieB sich, wie erwahnt, nicht feststellen, nur schien die Beweglichkeit 
allmahlich nachlassen zu konnen, und bemerkte ich dies besonders bei Try - 
pano8oma vivax in chronischen Fallen und wahrend der Heimreise, indem, in je kalteres 
Klima wir kamen, die Be weglichkeit immer geringer wurde, speziell bei einem deutschen 
Schafe, welches von einem immunisierten, aber noch zeitweise Trypanosomen im Blute 
aufweisenden Schaflamm geimpft wurde. Klimaveranderung wirkt bekanntlich bei 
Malariakranken meist sehr giinstig. 

Verbreitung des Trypanosoma vivax. 

Dasselbe fand ich auBer in Kamerun bisher noch bei Schafen aus 
der spanischen Kolonie Batta im Siiden Kameruns. Wieweit Trypano¬ 
soma vivax im Innern Kameruns vorkommt, mdgen weitere Unter¬ 
suchungen lehren. In Jaunde kommt Trypanosomeninfektion vor, auch 
in der Landschaft Tinto, hOchstwahrscheinlich auch in den Niederungen 
von Adamaua. Die von mir wahrend der Expedition im gebirgigen 
Hinterlande (Bakossi, Manenguba) und im Kamerungebirge unter- 
suchten Rinder waren bis jetzt tiberhaupt frei von Trypano¬ 
someninfektion. In den ungeheuren Urwaldgebieten Kameruns sind, 
wie schon erwahnt, von den Haustieren die Rinder, Schafe und Ziegen 
Trager der Infektion. 

Ich kann hier unmoglich die recht komplizierte Viehfrage Kameruns erortern, 
verweise daher auf den Expeditionsbericht (1. c.), woselbst sich auch Hinweise auf andere 
Tierkrankheiten finden. 

Die Vieharmut, speziell an Rindern, ist im Kustengebiet eine grofie. Es spielen 
dabei eine Rolle nicht nur Trypanosomen und Piroplasmen [letztere trotz ihrer Ver¬ 
breitung bei dem einheimischen Vieh im allgemeinen von geringerer pathologischer Be- 
deutung, mit Ausnahme der scheinbar ziemlich pathogenen Esel- und Katzen piroplasmen 
(1. c.)|. Auch eine Fiille anderer Faktoren, wie Mangel an Weide, MiBorauche im 
Weidegange etc. kommen in Betracht. Die Verbreitung des Trypanosoma vivax 
ist jedenfalls nach Ort, Zeit und Art der gehaltenen Haustiere ver¬ 
se hied en. In Kribi fand ich z. B. am 30. Dezember 1902 unter 8 Ziegen keine, unter 
8 Schafen nur 1 Infektion mit Trypanosoma vivax . 

Rinder. 

Die einzelnen Rinder, die, aus dem Gebirge zur Kiiste getrieben, zur Beobachtung 
gelangen, geben keinen MaBstab fur die Verbreitung der Infektion, da dieselben als 
schon mehr oiler weniger immun gewordener Rest zu betraehten sind. Trotzdem fand 
ich bei den regelmaBigen Untersuchungen der jeden Dienstag und Freitag geschlachteten 
Rinder noch 3 von 40 = 0,75 Proz. infiziert. Rindertuberkulose habe ich, bei- 
laufig gesagt, bei im ganzen untersuchten 133 Rindern in Duala, soweit 
es sich um einheimische Rasse handelte, noch nie gefunden, wohl aber 2mal bei 
aus Deutschland (Allgau) nach Bula im Kamerungebirge importierten Rindern, ebenso bis 
jetzt noch nie Lungentuberkulose bei Negern, die mit Sicherheit noch nie den Kusten- 
8trich verlassen hatten. Mindestens 80 Proz. der Gebirgsrinder, welche nach der K listen- 
gegend zur iSchlachtung kommen, sterben vorher, auf Grund vergleichender Unter¬ 
suchungen unzweifelhaft nauptsachlich an Trypanosomeninfektion, nachdbereinstimmenden 
Mitteilungen der Neger oft. schon 4—5 Tage, nachdem sie in der Ebene an gel an gt. 6 nach 
Jabassi bei Duala geschaffte, auBerst kraftige Rinder aus Madeira starben dort in der 
W5rmannfaktorei innerhalb 2 Monaten. In Duala war eine kleine Herde Gebirgsvieh von 
21 Kdpfen, von dem Hauptling Manga Bell gehalten. Von dieser fielen im Jmi, August 


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Ziem&nn, Beitrag zur Tryp&nosomenfrage. 


431 


1908 aonahernd 50 Proz. einera epidemieartigen Ausbruch einer Krankheit, die mit Sicher- 
heit als Tryp&nosomeninfektion wegen der klinischen Symptome zu bezeichnen ist, zum 
Opfer, trotzdem die Tiere schon Monate, zum Teii Jahre dort waren. Nachdem die 
Herde in einer neuen trockneren Fenz sich acclimatisiert hatte, fand ich bei mikro- 
skopischen Untersuchungen im November 1902, soweit solche bei der Wildheit der Tiere 
m5glich, 20 Proz. noch im Zustande der chronischen Infektion; doch waren die von 
Natur kleiuen Tiere im beaten Ernahrungszustande. Auf dem Weideplatze der katho- 
lischen Mission gediehen die Rinder ebenfalls bis jetzt gut. In einer kleinen Herde von 
22 Kopfen aus GroB-Batanga im Siidbezirk fand ich Januar 1903 bei 9 untersuchten 
Kalbern 3 = 33'/ s Proz. cnronisch infiziert. Daselbst hatte sich bei relativ gutem 
Futter und frischer Seebrise erne junge Zucht gebildet. Im Mungothal in Bombe waren 
Dezember 1903 die wenigen Tiere des Dorfes, 9 Stuck, sehr elend, eins zeigte Trypanosoma 
vivax im peripheren Blute. Die 16 Rinder der Station Johann Albrechts-Hohe schienen 
samtlich der chronischen Intektion verdachtig (Dezember 1903). Das Tal des Mungo 
bringt fur gesundes Rindvieh, welches, von dem Manengubagebirge hindurch kommend, 
nach den Pflanzungen des Kamerungebirges getrieben wurde, fast sicheres Verderben. 
Bei wiederholten Versuchen mit kleineren Transporten aus dem Bakossigebirge gingen 
stets 80—90 Proz. ein. In Nyanga am Dibombe waren 3 von 6 Rindern = 50 Proz. 
infiziert (November 1903). (cfr. Bericht.) Die Infektion schien im Bereiche der SuB- 
wasserzone etwas starker als im Bereiche der Brackwasserzone. 


Schafe und Ziegen. 

Einen besseren MaBstab fflr die Verteilung des Trypanosoma vivax gibt die Infektion 
der in den Negerdorfern des Urwaldgebietes verstreut sich findenden Scnafe und Ziegen. 
Die letzteren werden im Gegensatz zu den Rindern, die meist vom Gebirge gehanaelt 
werden, an Ort und Stelle geboren, scheinen also immerhin eine gewisse Resistenz 
gewinnen zu konnen. Die aus dem Hochlande des Innern angetriebenen Schafe und 
Ziegen gehen auch zu durchschnittlich 40—8^ Proz. nach Passieren der trypanosomen- 
verseuchten Niederungen ein (cfr. Expeditionsbericht). Schafe und Ziegen waren ziem- 
lich in gleicher Weise betroffen, Schafe vielleicht durchschnittlich noch etwas mehr als 
die Ziegen. In Duala fand ich Januar 1903 die Infektion mit Trypanosoma vivax bei 4 
von 24 Kopfen = lb,6 Proz., in Suellaba Dezember 1902 bei 9 von 41 Kopfen = 
22,0 Proz., ebenfto im Oktober 1903 in Jabassi am Wuristrora bei 6 von 12 = 50 Proz. 
und dito in Mundame am Mungo Dezember 1903 bei 4 von 8, im Vorgelande des Ma- 
nengubagebirges, in Lum, in 220 m Hohe November 1903 nur noch bei 1 von 21 Kopfen 
= 4,8 Proz., in Nyanga beim Dibombeflusse bei 2 von 12 Schafen = 16,6 Proz. u. s. w. 

Die Zahl der gelegentlich untersuchten Schafe und Ziegen, die zur Schlachtung 
kamen, ist noch grbBer. 

AeuBerst wichtig ist ffir Nachuntersuchungen, dafi zeitlich je nach 
der Jahreszeit die Infektion eine sehr verschiedene war. Ich habe auf- 
fallenderweise bei Beginn der Regenzeit und zwar Ende April, Mai, 
Juni, Juli 1903, also fiber 3 Monate lang keine frische Infektion in Duala 
feststellen konnen, konnte aus diesem Grunde auch keine Versuchstiere, 
wie.verlangt war, nach Togo schicken. 

Auf der Hdhe und am Ende der Regenzeit, Ende Juli, August und 
an fangs September 1903 kam es zu einem starken Ausbruch der Epidemie, 
die auch einheimisches, bezw. schon bis dahin acclimatisiertes 
Vi eh ergriff und zum Teil dahinraffte, darunter selbst Schafe und 
Ziegen. Wir mfissen uns vorstellen, daB die Infektion an 
sich wfihrend des ganzen Jahres durch die chronischen 
Ffille unterhalten wird, wie ich durch die stftndigen Blutunter- 
suchungen erweisen konnte, daBaberdieNeuinfektionen in eine 
bestimmte Periode des Jahres fallen, oder noch pr&ziser, 
daB sie in gewissen Monaten desJahres mindestens recht 
selten werden. 

Ich glaube daher, ganz fihnlich wie bei der Malaria, 
das Vorhandensein einer nach der Jahreszeit wechseln- 
den Kurve bezfiglichHfiufigkeit der frischen Trypanosoma 
rit;aa;-Infektion behaupten zu dflrfen. Diese ffir die Epi- 
demiologie und Prophylaxe so wichtige Annahme bedarf 


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432 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIH. Heft 4. 


natflrlich ‘noch weiterer Untersuchungen, um so mehr als die Regenzeit 
und Trockenzeit 1903 raanches Absonderliche boten. 

Es wird also unsere Aufgabe sein mflssen, die Epidemiologie der 
Trypanosomeninfektion in mehij&hriger Beobachtung genau so in &hn- 
liche Beziehung zur Biologic der die Infektion flbermittelnden stechenden 
Insekten zu bringen, wie wir es bei der Malaria getan haben. 

Die Morbiditat und Mortalitat der nicht im Kflstengebiet oder 
in angrenzenden Gebirgsgegenden geborenen Hinder 
und Schafe bezw. Ziegen ist im Kttstengebiet eine geradezu un- 
geheure. 

Ich will absehen von einem Transport von im ganzen 160 Rindern, Pferden, 
Eeeln aus dem hochgelegenen Adamaua im Hinterlande, von denen 33 Hinder, 4 Pferde, 
6 Esel als eventuell resistenter (imrnun gewordener) Best in jammerlichem Zustande die 
Kiiste am 14. Februar 1903 erreichten, und die gleich nach ihrer Ankunft von mir unter- 
sucht wurden. Unter wiederholt untersuchten 23 Buckelrindern dieses Transports fanden sich 
nur 2 infiziert durch sparliche Tse-tse-Parasiten. Dieselben kamen mit 3 anderen Buckel¬ 
rindern Mitte Mai nach Duala. Die Tse-tse-Parasiten schwanden aus dem peripheral 
Blute allmahlich bei gleichzeitiger Arseniktherapie. Im Juli und August starben 4 Bucket- 
rinder plotzlich an akuter neuer Infektion durch Trypanosoma vivax. Von 5 weiteren 
Buckelochsen, die zum Teil aus Lagos in Ober-Guinea etamraten, wurden 2 im gesunden 
Zustande geschlachtet, 1 alter Stier blieb gesund, wahrscheinlich immun, 1 starb im 
August an akuter, 1 im Dezember an chronischer Infektion durch Trypanosoma vivax . 
£)ie Piroplasmose betraf hauptsachlich die Esel. Die schreckliche Dezimierung dee 
Viehtransportes war in diesem Falle aufier durch die Krankheiten auch bedingt durch 
sinnloses Treiben durch den Urwald und Mangel an Futter. 

Um der Fleischnot in Duala abzuhelfen, liefi ich Anfang August 1903 in Verbin- 
dung mit dem Bezirksamtmann aus St. Paul de Loanda, Portugiesisch-Westafrika, 5 er- 
wachsene Rinder von dem groflen romanischen Schlage kommen. Trypanosomeninfektion 
der Rinder in Loanda scheint den Gewahrsleuten nach nicht vorzukommen. Die Tiere 
wurden sofort mit Ausnahme von einem sehr wilden, taglich untersucht, anfangs ganzlich 
negativ. Am 7. Tage waren noch samtliche Tiere worn und bei mikroskopischer Unter- 
suchung ohne Parasiten, am 8. Tage war eins schwerkrank mit ungeheuren Mengen von 
Trypanosoma vivax im Blute und starb in der Nacht (Notschlachtung), am 9. dito zwoi 
weitere. Bei alien dauerte die Krankheit nur 1, hochstens 2 Tage. Eine 
einzige Kuh zeigte sich auch in den folgenden Monaten nicht infiziert und bekam auch 
ein lebendes Junges. Dasselbe wurde dem Hauptling Manga Bell fur seine neue Vieh- 
fenz, in der keine neuen Infektionen aufgetreten waren, ubergeben, soil spater auch 
gestorben sein. Der letzte Loandaochse wurde, noch bevor die mitroskopisch am 14. Tage 
festgestellte Infektion todlich endete, geschlachtet. 

Der Importversuch zeigte also ein sehr trauriges Resultat. Von 20 langbeinigen 
Haussaschafen, die der Bezirksamtmann aus Lagos zu Zuchtversuchen aus Versenen 
statt des von mir empfohlenen stain mi gen Lagosschlages erhalten, gingen im Laufe 
weniger Monate alle ein durch Infektion mit Trypanosoma vivax . 

Kiinstliche Infektionen mit Trypanosoma vivax wurden bei subkutaner 
Impfung, meist unter prinzipieller Verwendung von nur stark virulentem Blut von impor- 
tierten Rindern oder akut erkrankten Schafen erzielt bezw. zu erzielen versucht, Dei: 

1) 8 grauen Ratten, nachdem sie an Rattentrypanosomen gelitten. Tod bei alien 
nach 8, 9 und 11 Tagen. WeiSe Ratten und Meerscnweinchen standen leider nicht zur 
Verfiigung; 

2) eiDer weifien Ratte von Dr. Schilling erhalten, negativ (zweite Ratte starb vor- 
zeitig); 

3) einem seit Jahren hier befindlichen deutschen Hunde, welcher leichte Parese 
der Hinterbeine infolge von Piroplasmose hatte. Nach 10 Tagen sparliche Trypano- 
somen, nach 3 Tagen verschwindend, bei wiederholten Untersuchungen stets negativ. 
Spater angeblich Exitus unter plotzlichen heftigen Krampfen (Piroplasmose?). Ein- 
heimische Hunde waren leider fur Impfzwecke nicht zu haben, da die Duala wegen 
Hundesteuer fast alle Hunde getotet haben; 

4) 2 Gansen und 3 Enten, Resultat negativ. Schilling ubertrug Tse-tse-Para¬ 
siten auf Ganse mit Erfolg; 

5) 6 einheiraischen liuhnern, 3 jungen, 3 alten n^ativ. Voges fand Huhner ffir 
Mai de Caderas empfanglich. Die Versuche mit Geflugel waren daner zu wiederholen, 
da die iiberimpften Trypanosoma vivax von einem chronisch erkrankten Schafe Stamm ten; 

6) 2 Truthuhnem, jiingeren, negativ (cfr. ad 5); 


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Ziemann, Beit rag zur Try panosomenf rage. 


433 


7) einer gesunden einheimischen Katze, geimpft 8. August 1903 mit dem sehr viru- 
leuteu Blut einer Loandakuh (efr. oben). Impfung noch 2mal in 3 Wochen wiederhoit 
mit virulentem Trypanosoma vtvajr-Blut. Nach 2-monatlicher Beobachtung stets negativ. 
Die durch Tse-tse-Parasiten infizierte Katze starb nach 30 Tagen; 

8) 2 einheimischen Schweinen, 1 jiingerem und 1 alterem, letzteree negativ, bei 
ersterem leichte Infektion nach 7 Tagen, nur 2 Tage dauernd; 

9) 4 von den 6 kleinen Haussaeseln, stammend aus dem erwahnten Viehtransport, 
14. Februar 1903 an der Kiiste angelangt, sehr abgemagert, aber spater in etwas besserem 
Ernahrungszustande. Die Esei hatten die Anstrengungen des Transportes aus dem 
Hinterlande am’ besten iiberstanden. Unter ihnen aneeblich nur 25 Proz. Verluste, 
genaue Zahlen nicht zu erhalten. 9. April 1904 nach Duala. Bei 1 Esel erst dort voriiber- 

f ehend sehr sparliche Tse-tse-Infektion im Blute. Samtliche 6 Esel Piroplasmose zeigend, 
ziemlich reichlich; nie die typischen Doppelbirnformen des Pirosoma bigeminum , Para- 
siten mehr semmel-, ei-, ring- oder stabchenformig, grofite Diameter 2 ,u, die kleinsten 
als feinste, stark lichtbrechende Piinktchen im roten Blutkorper, aufierst beweglich 1 2 3 !. 
Charakteristisch war starke Vermehrung der eosinophilen Zellen. Chinin 14 Tage taglicn 
2 g intravenos ohne Resultat. 15. Mai 1903 Impfung von 4 bis d&hin trypanosomenfrei 
befundenen Eseln mit Trypanosoma vivax von chronisch krankem Schaf. Infektion spar- 
lich und selten. Dauer der Infektion bis zum Tode 52, 168, 245, 290 Tage. (Bei einem 
schon friiher, 4. Januar 1903, mit Trypanosoma vivax geimpften Esel aus Adamaua be- 
trug die Infektionsdauer 63 Tage.) 

Wahrend der Infektion der Esel erneute 14-tagige Chininkur, taglich 2 g intra- 
muskular, ohne Resultat. Exitus durch allmahlich zunehmende Entkraftung (Piro- 
plasm a wirkung?), niemals Oedeme. 2 nicht mit Trypanosoma vivax geimpfte Esel, 
deren Piroplasmose zuriickging, stets ohne Trypanosomen. Gegeniiber den Rindern 
haben also die Esel eine sehr erhebliche Resistenz bewiesen gegen die natiirliche und 
kiinstliche Infektion (cfr. auch die lange Krankheitsdauer). Im Gegensatz dazu be- 
richten Bruce und Schilling von aufierst akutera Verlauf der Tse-tse-Krankheit 
beim Esel. In Schillings 5 Fallen, *Ueber die Tse-tse-Krankheit tt , Arbeiten a. d. 
Kaie. Gesundheitsamte. Ba. XXVI. Heft 3, werden als Krankheitsdauer 10, 12, 18, 14, 
12 Tage angegeben. (Nach Koch waren die Massai-Esel immun gegen Tse-tse.) 

Verlauf der Trypanosoma v*vax-Infektion. 

Dieser kann sowohl bei Rindern als auch bei Schafen und Ziegen 
ein enorm akuter sein, wie wir bei den importierten Loandaochsen und 
auch den Buckelochsen und bei dem einheimischen Gebirgsvieh gesehen. 
Ein khnlich rapider Verlauf dilrfte bei den ilbrigen 

1) Anm. Mehrfach kam 2-, seltener 3-, 4—5-fache Infektion eines roten Blutkdrpers 
durch Piroplasmen von oft ungleicher Grofie zur Beobachtung (Diplococcus-Formen). 
Die grofieren Parasiten lebhaft ambboid beweglich. Die ziemlich plumpen Stabchenformen 
mit abgerundeten Ecken konnten auch lokomotorische Beweglichkeit zeigen, indem.sie 
sich um ihre Langsachse drehten. Die kleinsten Formen zogen in irregularen Bahnen 
durch das ganze rote Blutkorperchen. Die Piroplasmen der Kinder, Schafe und Ziegen 
ganz ahnlich den oben erwahnten Formen. Nur schienen sie nicht ganz die Grbfie aer 
ersichtlich sehr pathogenen Esel piroplasmen zu erreichen. Cfr. Dtsche med. Wochen- 
schrift 1903. No. 15 u. 16. Die kleinsten Formen schienen im gefarbten Praparat 
fast nur aus Chromatin zu bestehen. Cfr. Dschunkowsky u. Luhs, J., Die Piro- 
plasmosen der Binder. fCentralbl. f. Bakt etc. Bd. XXXV. 1904. p. 486. Fig. 3 der 
Abbildungen.) Nur ein Fall von schwererer, chronischer Rindermalaria (Piroplasmoee) 
kam bei einem kleinen Ochsen aus Joh. Albrechts-Hohe 21. Januar 1903 zur Beobach¬ 
tung. Notschlachtung. 

Soweit ich entnehmen kann, glaube ich zum ersten Male auf- 
merksam gemacht zu haben auf: 

1) die allgemeine Infektion der Haustiere durch Piroplasmen in 
Westafrika; 

2) die vorzugsweise Infektion der jungen Tiere, welche dadurch 
spater immun (resistent) werden gegen die im allgemeinen gutartige 
Erkrankung; 

3) den Unterschied der westafrikanischen Rinderpiroplasmose 

f egeniiber dem echten Texasfieber infolge Mangels der dem echten 
exasfieber eigen tu ralichen Birnformen der Parasiten und Nicht- 
bezw. seltenen Auf tr etc ns von Hamoglobinurie (1. c.). R. Koch fand be- 
kanntlich in Siidafrika auch Unterschiede zwischen seinem Kustenfieber der Binder und 
dem echten Texasfieber. 


Erste Abt. Orig. Bd. XXXVIII. 


Heft 4. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Trypanosomeninfektionen zu den Ausnahmen gehoren 1 ). 
Der Verlauf kann aber auch ein sehr chronischer werden und sich auf 
Monate bis zu 1 Jahr und eventuell darflber ausdehnen. In letzterem 
Falle kann es scheinbar bei Schafen und Ziegen zur Heilung kommen, 
indem, wenigstens bei mikroskopischer Untersuchung der auBerlich sehr 
oft vollig gesund erscheinenden Tiere, schlieBlich keine Parasiten mehr 
nachweisbar sind. Es kann aber auch zu erneutem, mehr oder weniger 
akutem Auftreten der Infektion beim Zutritt auBerer Schadlichkeiten, 
wie Durchnassung, Darmkatarrh etc., kommen. Auf diese Weise konnen 
wiederholt Rezidive, unterbrochen durch langere Perioden scheinbaren 
Wohlseins, auftreten. Auch hier kann es schlieBlich zur Genesung im 
klinischen Sinne kommen, oder aber die auBerlich gesund erscheinenden 
Tiere werden eines Morgens tot im Stalle gefunden. Ich hatte mehrfach 
Gelegenheit, in solchen Fallen zuweilen enorifle Mengen von Trypano- 
somen bei der Sektion zu linden. In anderen Fallen stand die geringe 
Zahl im Herzblut, ja auch im Knochenmark in auffallendem Widerspruch 
zur Schnelligkeit des Todes. Es konnten aber auch bei den zur Zeit der 
ersten Untersuchung gesund erscheinenden und auch bleibenden Schafen 
und Ziegen groBe Mengen Parasiten im Blute auftreten bei gleichzeitiger 
Temperatursteigerung, urn nach wenigen Tagen zu verschwinden. Die 
Infektion war dann von Anfang an eine leichte. Bei Rindern habe ich 
ahnliches bis jetzt noch nicht gesehen. Bei ihnen scheint die Neu- 
infektion immer nur akut einzusetzen, um entweder todlich zu verlaufen 
oder chronisch. Im letzteren Falle kann es nach scheinbarer Heilung 
nach einem oder mehreren Rezidiven zum Exitus kommen. Falle von 
sicherer Heilung habe ich jedenfalls bis jetzt bei Rindern noch nicht ge¬ 
sehen. Das eventuelle Verschwinden der Parasiten aus der Zirkulation 
erfolgte nie ganz plotzlich, sondern meist im Verlaufe von einigen Tagen. 
Die sehr ausgedehnten Fieberkurven der zum Teil viele Monate lang be- 
obachteten Tiere konnen hier aus auBeren Griinden nicht gegeben werden. 
Es bestand bei den infizierten Tieren ein ganz unregelmafiiges Fieber, 
unterbrochen durch tagelange Remissionen. Auch hier zeigte sich, daB 
Trypanosoma vivax unter erneuten Fiebersteigerungen im Blute auftrat. 
In den ganz akuten Fallen, die blitzahnlich in ein bis zwei Tagen ver- 
liefen, traten bei Schafen und Ziegen haufig tonisch klonische Zuckungen 
auf, bei Rindern nur ausnah ms weise. In den ganz akuten Fallen trat 
oft sehr schneller, vblliger Appetitverlust auf. Etwaige erhebliche Darm- 
stbrungen traten gar nicht bei dem rapiden Verlaufe in Erscheinung. 
In zwei akuten Fallen bei Rindern bemerkte ich leichte Albuminurie. 
In chronischen Fallen konnte die FreBlust, wie das auch bei der 
Tse-tse-Krankheit beobachtet ist, ungestdrt sein. Bei den Rindern 
wie auch bei den ktinstlich infizierten Eseln war das Fell struppig 
bezw. rauh. Die Haussahirten kannten dies Symptom wohl. In 
akuten Fallen lagen die Rinder, am Tage vorher noch ganz wohl, am 
Boden, einen schwerkranken Eindruck machend, Augen trfibe, glasig. 
leichte Conjunctivitis. Aus dem Maule oft etwas glasiger Schleim. Puls 
und Atmung beschleunigt. Vor dem Exitus oft terminale Temperatur- 
erniedrigung. Oedeme und Petechien der Haut auch in chronischen 
Fallen bisher nicht gesehen, im Gegensatz zur Naganakrankheit. 

1) Cfr. Sander, L., Bericht liber eine im Auftrage des Kaiserl. Gouvernements 
von Ostafrika untemommene Reise von Tanga nach Moshi, um das Voi kommen der 
Tse-tse-Fliege festzustellen. (Beit rage z. Kolonialpolitik u. Kolonialwirtschaft. Jahrg. V.) 
S. beobachtete in ganz akuten Fallen auch nur 1—4-tagigen Verlauf. 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 


435 


In alien Fallen war mehr oder weniger Anamie zu bemerken, in 
den akuten ganz kolossale, und zwar sank der Hamoglobingehalt schneller 
als die Zahl der roten Blutzellen; oft sah das Blut direkt wie hellrotes 
Wasser aus. Die Zahl der roten Blutkorper konnte sinken bis anf 
2130000, Hg bis auf 22 Proz. (Fleischl). Basophile Kornung wurde 
mehrfach gesehen. 

PustulOse Ekzeme kamen nur einmal zur Beobachtung bei einem 
chronisch tse-tsekranken Pferde. 

Von weiteren Resultaten sei, kurz resumierend bez. Tryp. vivax 
noch erwahnt: 

1) Dad die Infektion oft nicht hinderte an der Austragnng eines 
lebenden Jungen; bei 2 Rindern, 1 Ziege, 4 Schafen gesehen; Verwerfen 
wie bei Blutharnen relativ selten; 

2) dad im Fruchtwasser eines infizierten Rindes und im Herzblut 
der Frucht keine Parasiten gefunden wurden, dito nicht bei 3 Schafen, 
dad also die Infektion nicht vererbt zu werden scheint; 

3) dad die Nachkommen infizierter Muttertiere nicht iinmun sind, 
weder gegen natflrliche noch kfinstlicbe Infektion, wie das in 6 Fallen, 
bei 4 Schafen, 1 Ziege, 1 Rind zu verfolgen war. Cfr. dagegen den 
Bericht fiber die Jagdhtindinnen der Barotseneger in Sfidafrika, die, 
selber an der Infektion eingehend, vorher immune Junge gebfiren sollen; 

4) dad die Inkubationszeit bei natfirlicher Infektion und subkutaner 
Impfung annfihernd dieselbe zu sein schien, 5—8 Tage. Bei Impfen 
groder Blutmengen Inkubation scheinbar durchschnittlich 1 Tag kfirzer; 

5) dad Tiere mit heller Haut in derselben Zahl infiziert schienen 
wie dunkle. 

Pathologisch anatomischer Befund wird an der Hand der 
mitgenommenen Pr&parate noch des n&heren bearbeitet Daher erfibrigt 
sich hier Wiedergabe der Protokolle. In den akuten Fallen kam es nie 
zn Milz- und Lebertumor. Auffallend wenig Parasiten in den Aus- 
strichen der inneren Organe, auch der Milz, mehr im Knochenmark. 
SerQse Ergfisse gering, meist nur im Pericard. In dem Nierenkelch 
meist deutlich gelblich sulzige Massen, ebenso auf dem Pericard. Zu- 
weilen, besonders bei Schafen, ziemlich festhaftende, flockige, streifige, 
fibrinose Auflagerungen auf Leber und Pericard. D fir me meist anfimisch. 

Differentialdiagnose zwischen Trypanosoma vivax and 

Trypanosoma Brucei. 

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich Manches, welches ein von der 
echten Tse-tse-Krankheit etwas abweichendes Verhalten erkennen lfidt: 

1) hinsichtlich Gestalt des Trypanosoma vivax ; 

2) grfiderer Beweglichkeit desselben; 

3) grQderer Virulenz; 

4) Schwierigkeit einer sexualen Diiferenzierung im Gegensatz zu 
Tryp. Brucei ; 

5) Art der natflrlich infizierbaren Tiere, indem scheinbar nur Rinder, 
Schafe, Ziegen von den Haustieren betroffen werden. 

Trotzdem wttrden die angegebenen Momente nicht hin- 
reichen,die Trypanosoma t>*»aa;-In fek tion von derTse-tse- 
Krankheitzutrennen, wenn nicht auch noch folgende Beobachtnngen 
ffir eine Trennung sprfichen. 

Ich bekam auf mein Ersuchen aus Togo am 30. August 1903, also 
zur Zeit der erwfihnten Trypanosomen-Epidemie in Duala 2 Togoschafe 

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436 Centralbl. f. fiakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

und 2 Togoziegen, welche mit dem Tse-tse-Parasiten in Togo kfinstlich 
geimpft waren. Die Tiere zeigten bei wiederholten Untersuchungen die 
mir schon wohlbekannten Tse-tse-Parasiten nur zeitweise und in einer 
fiuBerst spSrlichen Zabl. Die Tiere kamen in elendem Zustande an, er- 
holten sich aber und waren nacbber s&mtlich recht munter. SchlieBlich 
verschwanden mit Ausnahme eines Schafes (Togobock No. II) innerhalb 

8 Tagen die Trypanosomen aus dem peripheren Blute g&nzlich, soweit 
man nach wiederholter mikroskopiscber Untersuchung beurteilen konnte. 
Bei den 2 Ziegen und dem scheinbar immun gewordenen Schafe (Togo¬ 
bock No. I) erfolgte am 10. September neue Impfung mit 5 ccm Impf- 
einheiten (cfr. unten) von tse - tseparasitenhaltigem Blut, stammend 
von Schaflamm, welches von einer Buckelkuh mit Tse-tse abgeimpft 
war. Alle 3 Tiere reagierten nach 6—7 Tagen durch eine leichte 
T.-Steigerung. Aber nur bei einem (Togobock I) lieBen sich vorfiber- 
gehend wieder sehr spfirliche Tse-tse-Parasiten feststellen. Sie waren 
also gegen die Wirkung der Tse-tse-Parasiten immun geworden. 

Verimpfung von Blut einer dieser Ziegen erfolgte auf zwei graue 
Ratten. Leider entliefen dieselben, und stand damals kein weiteres Impf- 
material zur VerfQgung. Die 2 Togoziegen und das eine Togoschaf 
(Togobock I), die scheinbar immun geworden gegen Tse-tse, wurden der 
kleinen Herde des Bez.-Amtes (iberwiesen, um dort besser Gelegenheit 
zur naturlichen Infektion durch Trypanosoma vivax zu bekommen. 

Dort erkrankte der Togoschaf-Bock No. I an Trypanosoma vivax und 
starb nach 43, dito die beiden Togoziegen nach 60 bezw. 109 Tagen 
nach der Ankunft. Togobock No. II blieb in dem Tierstall des Hospitals 
und verlor allm&hlich die Tse-tse-Parasiten aus dem peripheren Blute. 
Kfinstliche Infektion desselben mit ca. zwei Impfeinheiten von sehr viru- 
lentem, Trypanosoma viwur-haltigem Blut eines einheimischen, in 1 Tage 
eingebenden Dualarindes vom Aboflusse. Danach leichte Infektion des 
Togobock No. II durch Trypanosoma vivax. Erneute Impfung mit viru- 
lentem Trypanosoma vivax resultatlos. An Bord mitgenommen nach 
Deutschland am 17. April 1904. Dritte Impfung dito ohne Resultat. 

9 Tage nach dritter Impfung des Togobocks No. II Verimpfung seines 
Blutes auf weiBe Ratte ohne Resultat. Bock No. II also scheinbar gegen 
Tse-tse-Parasiten und Trypanosoma vivax immum geworden. 

Der Unterschied im Blut desselben Tieres zwischen dem neuauf- 
tretenden, ungeheuer beweglichen Trypanosoma vivax und dem viel 
tr&geren, anfangs beobachteten Tse-tse-Parasiten in demselben Tiere, 
welches die Tse-tse-Krankheit so gut Qberstanden hatte, war ein BuBerst 
charakteristischer. Man kann hQchstens einwerfen, diese Togotiere waren 
in Togo kQnstlich geimpft, infolge des eintretenden Immunisierungs- 
prozesses die Beweglichkeit der Parasiten daher geringer geworden, so 
dafi der Unterschied zwischen den weniger beweglich gewordenen frflheren 
Tse-tse-Trypanosomen und den neuen undeutlicher wurde. Indes konnte 
man bei Tieren derselben Rasse bisher nicht von Unterschieden 
in der Virulenz zwischen natQrlich und kilnstlich flberimpften Trypano¬ 
somen sprechen. Ein zweiter Versuch ist folgender: 

2 abgemagerte Buckelochsen, welche ich aus Kribi von dem schon 
erwBbnten Viehtransport aus dem Innern am 20. Mai 1903 in Duala 
zur Untersuchung erhalten hatte, zeigten, wie ebenfalls schon erw&hnt, 
eine natflrliche Tse-tse-lnfektion, die allmahlich immer geringer wurde. 
Der Ern&hrungszustand der Tiere nahm zu. Ich bemerke gleichzeitig, 
daB bei diesen beiden die sp&tere kurz zu besprechende Arseniktherapie 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 


437 


zar Anwendung gelangte. Auch diese beiden Tiere erkrankten 
gleichzeitig mit den Loandaochsen 9. August 1903, also 
w&hrend einer damals grassierenden Epidemie, nachdem 
die Arsenikkur schon ausgesetzt war, und erlagen der n e u e n Epidemie, 
mit den so charakteristischen, enorm beweglichen Para- 
si ten innerhalb weniger Tage. Versuche, wie bei den Togoschafen, 
den eventuell stattgehabten Eintritt der Immunitat gegen die Tse- 
tse-Infektion zu prtifen durch neue Injektionen tse-tseparasitenhaltigen 
Blutes wurden bei ibnen nicht gemacbt, da bei der Vieharmut in Duala 
die Tiere als Schlachttiere dienen sollten. Man kfinnte hier einwerfen, 
daB das Aussetzen der Arseniktherapie in diesem Falle ein neues Auf- 
flackern der nur latent gebliebenen Tse-tse-Infektion bedingthatte. Indes, 
selbst bei der akutesten, spontanen, primaren Tse-tse-Infektion, die ich 
gesehen, bei einem deutschen Terrier in Togo, der innerhalb eines Tages 
einging, waren die Trypanosomen nicht entfernt so lokomotorisch be- 
weglich wie in diesem Falle das Trypanosoma vivax. Selbstverstfindlich 
sind trotzdem weitere Versuche notig. 

Am 17. August 1903 starb auch eine bis dahin scheinbar ganz ge- 
sunde, einheimische Kuh eines Negers, die schon seit Monaten in Duala 
war, an akut in 1 Tage tfidlich verlaufender Infektion durch Trypano¬ 
soma vivax , am 21. August 1903 dito in 1 Tage eine erst kfirzlich an- 
getriebene, im besten Ernfihrungszustande befindliche Kuh des Bezirks- 
amtes Duala. 

Urn, wie auch gegenfiber den Tse-tse-Parasiten, Trypanosoma vivax 
gegen den Surraparasiten durch Immunisierungsversuche abzugrenzen, 
wurden aufier einem mit Piroplasmose infizierten Lamrae 5 Schafe, durch 
Trypanosoma vivax infiziert (darunter Togobock No. II), nach Deutschland 
mitgenommen. Leider starben die Tiere infolge mangelnder Ernfihrung 
in Hamburg, ehe die Schwierigkeiten betreffs Einfuhr beseitigt waren 
(cfr. spater). Es lfifit sich also bis jetzt nicht mit Sicherheit sagen, daB 
das Trypanosoma vivax nicht der Surraparasit ist. Ich lege nicht 
den geringsten Wert darauf, einen neuen Parasiten gefunden zu haben. 
Nurdasglaube ich behaupten zu dfirfen, daB der vorlfiufig 
von mir Trypanosoma vivax genannte Parasit sich bei Sum- 
mierung aller erwfihnten Momente unterscheiden 1HBt 
von dem Tse-tse-Parasiten. Wenn er wirklich, entgegen meiner 
Annahme, keine besondere Art darstellt, so reprfisentiert er doch min- 
destens eine Varietfit mit bereits erheblich konstant gewordenen Eigen- 
schaften. 

Versuche fiber die agglutinierende und parasiticide Wirkung des 
Serums von Tieren, welche an Trypanosoma Brucei bezw. vivax litten 
Oder gelitten hatten, sind noch zu vervollstSndigen 1 ). 

Uebertragungsmodus des Trypanosoma vivax. 

Zur Untersuchung fiber diesen Punkt eignete sich vorzfiglich die 
sandige Landzunge Suellaba, auf der das schfine Kfistensanatorium 
Kameruns sich befindet. Suellaba ist durch ein weites Seebecken von 
dem fibrigen Lande getrennt und steht mit der fibrigen Kfiste nur durch 
einen schmalen, vdllig unbewohnten Waldgtirtel in Verbindung. 

1) Die wichtigen Versuche Me Neals und Novys fiber kiinstliche Kultivierung 
der Trypanosomen auf Blutserum-Agar-Agar gelangten erst nach Fertigstellung der 
Arbeiten zu meiner Kenntnis: „On me cultivation of Trypanosoma Lewisi.“ (Contri- 
butation to medical research, dedicated to Victor Clarence Vaughan. Michigan Univ. 
1903. June.) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Nach Suellaba war vor meiner Ankunft Vieh (Schafe und Ziegen) 
hingeschafft wurden, das zweifellos nach den Mitteilungen Trypanosomen 
gehabt hatte und zu fiber 50 Proz. eingegangen war. Dort geborenes 
Vieh war auch spontan erkrankt. Bei dem in dem benachbarten Ur- 
wald befindlichen Wilde waren Trypanosomen bisher nicht gefunden 
worden, wenigstens nicht bei einem dort geschossenen untersuchten 
wilden Bflffel Bos brachyceros, 7 Zwergantilopen Cephalophus melanorheus 
Gray, 5 grauen Meerkatzen Cercocebus collaris Gray. Ein alter, spfiter 
getoteter wilder Bfiffel bildete einen ganz sporadischen Befund, wie sorg- 
ffiltige Erhebungen ergaben, ebenso 2 vor meiner Ankunft getotete 
Leoparden. Elefanten treten ebenfalls nur sporadisch in der Nahe eines 
gut 2 Stunden entfernten Sumpfes auf. Ein altes FluBpferd, Hippo¬ 
potamus , das frflher mehrfach Visiten in der Nfihe des Sanatoriums machte, 
wurde seit fiber 3 / t Jahr nicht mehr gesehen. Der Kreislauf der Infektion 
muBte sich also voraussichtlich in erster Linie zwischen den dort vor- 
handenen Haustieren des Sanatoriums und den vorhandenen stechenden 
Insekten abspielen. Bemerkt sei noch, dafi die farbigen Arbeiter da- 
selbst bei mehreren Untersuchungen sich als durchaus gesund erwiesen. 

Ala die Rrankheit ubertragende Tiere batten in Frage kommen konnen: 

1) Anopheles, in Suellaba aber nicht vorhanden. 

2) Cut ices, sparlich, Species in Suellaba noch nicht samtlich festgestellt. 

In dem nahen Duala kommen nach Bestimmung meiner Sammlungen durch 
Dr. G run berg in Betracht: a) Co lex fatigans Nieden, b) Cid. dissimilis Theobald, 
c) Gul. mountlus Theobald, d) Mansonia africana Theobald, e) Eretmapodites qurnque costatus 
Theobald. 

3) Stegnmyia fasciata, erst einmal gesehen, moglicherweise eventuell bei dem hau- 
figen Bootsverkehr dorthin nur gelegentlich verschleppt, also wohl als causa nocens 
auszuschlieBen. Nach brieflicher Mitteilung von Dr. Eysell (Cassel) scheinbar ver- 
schieden von Stcgomyia fas data aus Habana. 

4) GIo8situi-Anen y dieselben wurden aber in Suellaba bisher nicht gefunden. 

5) Sandflohc, sehr haufig, unter den Saugetieren aber bisher von mir nur bei 
Katzen in den Ohren gefunden, aber wohl auszuschliefien als Uebertrager der Trypano¬ 
somen, da Sandflohe auch vorkommen in Gegenden, wo kein Trypanosoma. 

6) Zecken, gefunden Jlaemophysalis pannata n. sp., in Togo scheinbar noch nicht 

f efunden, ferner Rhipicephalus annulalus (Say) und Rhipicephalus Ziemanni n. sp. von 
‘rof. Neumann (Toulouse) bestimmt. lxodidae finden sich auch im Gebirge, wo kerne 
Trypanosomen vorkommen. 

7) Lause, wie z. B. der Schafharling, Trichodectes sphaerocephalus Nietzsch, in der 
Kiistengegend haufiger. In Suellaba erkrankten aber auch Schafe, die wegen einer in- 
fektiosen Hufkrankheit taglich mit Lysol gebiirstet wurden. 

8) Stomoxys-Arteu, gesammelt in Duala, Barombi, Buea, noch nicht bestimmt. 
Ueber das eventuelle Vorkommen von Tibuliden, Mycetophiliden, Chironomiden, ferner 
von Raubfliegen, wie z. B. von der Gattung Asilvs, Dasypogon und Laphria , ist noch 
nichts sichcres bekannt (Dr. Griinberg). 

9) Tabaniden, in Suellaba ziemlich haufig, mittelgrofie und grofie Ftf&am/*-Arten, 
die noch nicht bestimmt sind, sog. Mangofliegen, die aufierst schmerzhafte Stiche auch 
den Menschen versetzen. Unter innen wurde bereits bestimmt Chrysops dimidiatus v. d. 
Wulp, den ich auch in dem beriichtigten Mungolhal besonders bei Bombe gefunden. 
Tabaniden erscheinen besonders verdachtig als Uebertrager der Trypanosomeninfektion. 

Ich machte nun in Suellaba deD V ersuch, die Herde 
dort vollig von Trypanosomen dadurch zu befreien, daB 
ich systematisch durch immer wiederholte Blutunter- 
suchungen die sfimtlichen erkrankten Tiere schlachten 
bezw. nach Duala fortschaffen lieB, im ganzen 9, und sie 
durch L&mmer, derenBlut in Duala von Geburt an unter- 
sucht war, ersetzte. (Cfr. Kamerun. Gesundheitsverh&ltnisse. Ber. 
d. Verf. Arbeiten aus d. kais. Gesundh.-Amt. Bd. XXL 1904. Heft. 3.) 
Ein ahnlicher Versuch ist mir aus der Literatur noch nicht bekannt 
geworden. In der Tat war auch in Suellaba Monate hindurch, wie in 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 


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Duala im April, Mai, Juni, Juli 1903, keine neue Infektion zu bemerken, 
auch nicht im August 1903; da zeigten sich plotzlich am 23. Oktober 
1903 bei neueren Untersuchungen von einer Herde von zuletzt unter- 
sucbten 23 Kopfen 9 Tiere durch Trypanosoma vivax infiziert, 4 jflngere 
und 5 aitere Tiere, die bis dahin als noch nicht infiziert befunden 
waren. Es handelte sich also sicher um neue Infektionen und eine Art 
Epidemie wie in Duala. Wo hatten nun die betreffenden stechenden 
Insekten die Infektionskeime herbekommen? Es ware ja moglich ge- 
wesen, daB trotz aller Sorgfalt in dem Blute der frfiher mit negativem 
Erfolge und dort noch nicht durch neue ersetzten Tiere doch Trypano- 
somen der Beobachtung entgangen waren; dann aber konnte die Menge 
der Trypanosomen im peripheren Blute jener Tiere nur eine auBer- 
ordentlich geringe gewesen sein. Es hatten also schon die Stiche recht 
vieler Insekten dazu gehort, aus dem Blute jener Tiere die Infektion rein 
mechanisch durch den Stechrflssel auf andere zu iibertragen. 

In der Tat waren Juli und August 1903 in Suellaba in der Regen- 
zeit, damals etwas abnormal verlaufend, Tabaniden scheinbar in etwas 
vermehrter Zahl zu entdecken. 

Wir wissen nun, daB im Blute chronisch trypanosomiasiskranker 
Tiere sich die Trypanosomen fiber 1 Jahr erhalten kdnnen. 

Wir wissen ferner durch Bruce, daB wenigstens Glossina morsitans 
im stande ist, noch nach 48 Stunden, nachdem sie Blut eines tse-tse- 
kranken Tieres gesogen, die Tse-tse-Parasiten durch den Stechrflssel auf 
andere bis dahin gesunde Tiere zu iibertragen. 

Ftir das nach lfingerer Pause explosionsartige Auf- 
treten der kleinen Epidemie in Suellaba (gleichzeitig in 
Duala [Buckelrinder, Loandarinder etc.]) gab es nun 2Er- 
klarungen. Entweder die jungen stechenden Insekten (Fliegen) 
hatten trypanosomeninfizierte Tiere gestochen, und deren infektioses 
Blut rein mechanisch auf andere bis dahin gesunde Tiere iibertragen. 
Wir sahen aber, daB ich mit Sorgfalt aus dem frfiher erw&hnten Grunde 
alle infiziert gewesenen Tiere entfernt und ersetzt hatte durch zweifel- 
los gesunde Lfimmer (vom Reg.-Hospital Duala) und daB die nicht ge- 
wechselten Tiere bei mehrfachen mikroskopischen Untersuchungen sich 
vdllig frei von Parasiten gezeigt hatten. 

Diese Erkl&rung hatte also wenig ffir sich. Aber gesetzt auch, 
in dem Blute eines oder zweier Tiere w&ren trotzdem zeitweise frfiher 
fibersehene, wenige Trypanosomen gewesen, so hfitte die Infektion bei 
rein mechanischer Uebertragung durch die Stechrflssel doch immer nur 
allmahlich von Tier zu Tier iibertragen werden kdnnen. Wir wfirden 
dann nicht von einem explosiven, epidemischen Charakter der Infektion 
sprechen kdnnen, die bei mehreren Individuen gleichzeitig die Krankheit 
ausbrechen lfiBt, sondern die Infektion wiirde so lange ununterbrochen 
gedauert haben, als die betreffenden stechenden Insekten und infizierte 
und noch nicht infizierte Schafe und Ziegen vorhanden waren. 

Ein zweiter Grund gegen die alleinige Gfiltigkeit der rein me- 
chanischen Uebertragung der Trypanosomen von Sfiugetier zu Saugetier 
durch die Stechrflssel der Insekten ist folgender. Wir wissen und ich 
glaube, das aus Kamerun durchaus beziiglich des Trypanosoma vivax 
bestatigen zu kdnnen, daB, je mehr Trypanosomen kfinstlich iibertragen 
werden, desto schneller und schwerer die Infektion verlSuft, wenigstens 
im allgemeinen. Man wird sich vorstellen, daB bei spflrlicher Uebertragung 
die Schutzstoffe des Organismus leichter den Kampf gegen das Virus 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


aufnehmen kdnnen. (Die Neuinfektionen im August und September 1903 
verliefen aber, wie wir in Duala sahen, recht schwer). 

Nun kdnnen zweifellos Stechrussel, Pharynx und Hypopharynx der 
Stechfliege, wenn von einem trypanosomenreichen Blute ge- 
sogen ist, genilgend Trypanosomen fflr eine neue Infektion aufnehmen. 

Unsere in Frage kommenden Tiere in Suellaba, deren Infektion 
eventuell doch flbersehen war, hatten aber, wenn Oberhaupt, 
sicherlich nur AuBerst wenige Trypanosomen in zirkulieren- 
dem Blute. Ich kann mir kaum denken, daB eine stechende Fliege mit 
dem von letzteren Tieren aufgenommenen, so &ufierst wenig Parasiten 
baltenden Blut durch Hilfe des Stechrtissels mehr als allerhochstens 
ein einziges anderes Tier infizieren kdnnte. 

Alles dr&ngt vielmehr zwingend zu dem Schlusse, daB 
die Infektionskeime nicht als einziger Trypanosome die 
Proboscis des stechenden Insektes wieder verlieBen, 
sondern sich stark schon im Insektenkftrper in einem ge- 
wissen Zeitraum vermehrten, wie auch die Malariaparasiten sich 
in Anopheles stark durch die dann erst einsetzende geschlechtliche Teilung 
(Sporogonie) vermehren. Die geradezu ungeheure Menge der Trypano¬ 
somen in den von mir erwihnten, blitz&hnlich schnell verlaufenden 
Fallen lafit ebenso darauf schlieBen, daB dielnfektionskeime vor- 
aussichtlich nicht von einem einzigen Keime herstammen, 
sondern dafi mit dem einzigen Stich des betreffenden in- 
fizierten Insektes gleich eine groBe Menge Infektions¬ 
keime inokuliert wurden. 

Die lange Zeitdauer zwischen den letzten positiven 
Beobachtungen im Blute der dort infiziert geweseneu und 
von dort entfernten Tiere und dem neuen Auftreten der 
Infektion lafit abervor allemauchan eine Wanderung der 
eventuell sich umwandelnden und in dem betreffenden 
In sektvermehrenden Trypanosomen auf die Nachkom men- 
schaft der betreffenden Insekten schlieBen. Wir kennen be- 
reits auf Grund der klassischen Untersuchungen von Theobald Smith 
das Ueberwandern der Erreger des Texasfiebers (ft rosoma bigeninum) 
auf die Nachkommen der infizierten Zecken. Koch konnte das in Afrika, 
Verf. in Venezuela einwandsfrei experimentell nachprflfen und be- 
statigen 1 ). In den betreffenden Zeckeneiern selbst konnte ich bisher 
aber keine Parasiten entdecken. Leider erhielt ich erst in der allerletzten 
Zeit meines Aufenthaltes trotz fleifiiger Bestrebungen in Duala mehrfach 
Mengen von Chrysops und Stomoxys durch Neger zur Untersuchung, 
und untersuchte ich nun mehrfach deren Eierstocke. 

Mit auBerster Reserve sei folgender Befund mitgeteilt, den ich ge- 
legentlich eines Aufenthaltes in Suellaba am 23. Oktober 1903, zur selben 
Zeit machte, als die interessanten flagellatenartigen Gebilde bei der 
Zwergantilope gefunden wurden. Es wurden mir mehrere Stechfliegen auf 
mein Ersuchen von den Negern gefangen, angeblich und auch augen- 
scheinlich frisch gefangen. Nach nachtr&glichen Vergleichen mitExemplaren 
von Chrysops dimidiatus , die Dr. GrQnberg mir als solche bezeichnete, 
glaube ich die betreffenden Insekten als Chrysops dimidiatus ansprechen 
zu kOnnen. Bereits bei dreien hatte ich Magen, Eierstocke und Malpighi- 


1) Ziemann, Ueber Lomadera, eine Art auBerst verbreiteten Texasfiebers in 
Venezuela. (D. med. Wochenschr. 1902. No. 20. p. 385.) 


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Ziemann, Beitrag zur Trypan osomenfrage. 


441 


sche Gefafie durchraustert, ohne Resultat. Da fand ich im Zupfpraparate 
der Eierstdcke des vierten Exemplars, dem physiologische Kochsalzlosung 
zugesetzt war, aufterhalb der Eier eine betrSchtliche Anzahl kleinster flagel- 
latenartiger Organismen, spindelfSrmig, deutlich konturiert, abnlich den 
schon im Bint der Zwergantilope gefundenen Flagellaten, nur viel kleiner 
and zierlicher als jene, ca. — Durchmesser eines menschlichen roten 
Blutkdrpers lang; die groftte Breite betrug durchschnittlich etwa 1 /% — 1 li 0 
der Lange. Die Beweglichkeit war verschieden. Einige waren mehr Oder 
weniger bewegungslos, andere zeigten die lebhafte, wackelnde, rotierende 
Beweglichkeit der Antilopenflagellaten, wobei auch ihr KSrperplasma 
eine ahnliche gewisse Starre zeigte wie die Antilopenflagellaten, also 
sehr verschieden von der Schmiegsamkeit des Tse-tse-Trypanosoma. 
Uebrigens ist auch schon das Plasma von Trypanosoma vivax nicht so 
schlangengleich verschieblich wie das der Tse-tse-Parasiten. Das sehr 
zierliche Flagellum der kleinen Flagellaten betrug ca. */* der Kbrperiange. 
Bei den unbeweglichen Formen war ein Flagellum im ungefarbten Prkpa- 
rate nicht mit Sicherheit zu entdecken. Im Innern des Plasmas waren 
wenige, meist 1—3, feinste, lichtbrechendo Kornchen zu entdecken. Die Be- 
wegung erfolgte mit dem Geiftelende scheinbar stets voran. Leider unter- 
brach eins der Haustiere, das von einem Neger zur Untersuchung neben 
dem Mikroskoptisch gehalten wurde, viel zu vorzeitig die auch sonst unter 
schwierigen Verh&ltnissen stattfindende Untersuchung, indem es Mikroskop, 
Tisch etc. in den Sand stiefi. Ob die kleinen Flagellaten aus dem Eier- 
stock des Chrysops in Beziehung stehen zu den grdfieren, ahnlichen Flagel¬ 
laten der Antilope, oder gar, was recht unwahrscheinlich, zu dem 
Trypanosoma vivax der Schafe etc., ist nicht zu sagen. Jedenfalls teilte 
ich die Beobachtung betreffend die Flagellaten der Antilope und des 
Chrysops gleich meinen Freunde Oberstabsarzt Heuermann in Duala mit. 
Da sp&tere Untersuchungen bei 22 Chrysops in Duala bis jetzt noch kein 
fihnliches Resultat gaben, mflssen Versuche mit selbstgezflchteten Chrysops, 
die trypanosomenhaltiges Blut sogen, baldigst wieder aufgenommen werden. 
Vor allem mfifiten auch die die abgelegten Eier umhttllenden Massen auf 
verdfichtige Parasiten untersucht werden. 

Zu bemerken ist noch, daft die Schafe und Ziegen in Suellaba 
auch Piroplasmose, oder richtiger gesagt, Tiermalaria zeigen konnten. 
Von Piroplasmen kann man kaum sprechen, da die betreffenden Para¬ 
siten keine Birnformen zeigen. Es waren also auch noch die eventuellen 
Beziebungen der Eierstocksflagellaten des Chrysops mit den Erregern 
der Tiermalaria (1. c.) zu erbrtern. 

Therapeutisch kam bei den zwei durch Tse-tse infizierten Buckel- 
ochsen, wie schon erwahnt, Arsenik zur Anwendung, derart, daft be- 
gonnen wurde mit Injektion von Solutio Fowleri 1,0 taglich, steigend urn 
0,1 bis 2,0 taglich, und dann zurtickgehend bis 1,0. Bei den Buckelochsen, 
welche eine scheinbar milde Tse-tse-Infektion hatten und wahrend der 
Verabfolgung von Arsenik in dem Ernahrungszustande zunahmen, konnte 
Arsenik das Neuauftreten von todlichen Infektionen durch Trypanosoma 
vivax nicht hindern. Bei zwei chronisch an Tiermalaria (Piroplasmose) 
erkrankten Haussaeseln, die mit noch zwei anderen Eseln trotz Im- 
pfung mit Trypanosoma vivax nur eine sehr chronische Trypanosomen- 
infektion davontrugen, blieb Chininbimuriat. taglich 2,0, 14 Tage hin- 
durch intramuskuiar, ohne Wirkung, sowohl auf die Tiermalariaparasiten 
(Piroplasmen) als auf die Trypanosomen. Von den Versuchen, durch 


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442 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIIL Heft 4. 

MalachitgrQn und Trypanrot die Trypanosomen im Blnte abzutbten, wufite 
ich noch nichts 1 2 ). 

Prophylaxe. 

Schon Herr Geheimrat Koch hatte gezeigt, dafi es im Prinzip gelang, 
Tse-tse-Trypanosomen durch Passagen durch and ere TierkOrper in der Vi* 
rulenz abzuschw&chen, so dafi die mit den abgeschwfichten Trypanosomen 
geimpften Tiere immun erschienen gegen sp&tere Infektionen. Schilling 
hat diese Versuche in grdfierem Mafistabe wieder aufgenommen. Neuer- 
dings verwirft Koch diesen Modus der Immunisierung, indem er nach- 
wies, dafi die geimpften Tiere trotz ihrer scheinbaren Immunit&t docb 
die Krankheitskeime in ihrem KOrper behielten; es hiefie also kdnstlicb 
die Infektion durch die Verimpfung auf bis dahin gesunde Tiere immer 
weiter Qbertragen. Aeufierst wertvoll erscheint die Angabe Herrn 
Geh.-Rat Kochs, dafi ganz im Gegensatz zu seiner frflhe- 
ren Annahme bei scheinbar immun gewordenen Tieren 
sich die Krankheitskeime im infektionsf&higen Zustande 
noch weiter erhalten. Verf. hat in Bezug auf die Ma¬ 
laria schon von Anfang an betont, dafi, im Gegensatz zu 
den Befunden in Neu-Guinea, bei den Eingeborenen 
Westafrikas keine Immunit&t in dem Sinne auftr&te, daft 
mit zunehmendem Alter die Malariaparasiten mitSicher- 
heit g&nzlich aus dem Kdrper verschw&nden. Daher wSren 
also auch die Kinder im Alter von 1—6 Jahren durchaus nicht allein 
die Trfiger der Infektion. Verf. hat sich daher so ausgedrftckt, 
dafi die Neger mit zunehmenden Jahren eine zunehmende 
Resistenz gegen die Malaria gewinnen. Da ich die oben- 
erw&hnte Immunisierungsmethode seinerzeit von Koch und Schilling 
weiter verfolgt wufite, auch abwarten wollte, ob die Tierpassagen bei den 
eigenartigen und schwierigen Verh&ltnissen Westafrikas, speziell Kame- 
runs, sich wfirden durchfQhren lassen, sah ich von der Verfolgung jener 
Methode ab, und ging von anderen Erw&gungen bei den Immunisierungs- 
versuchen aus*). 

Geheimrat Koch empfiehlt, urn die Trypanosomen zn vernichten, 
ein Vorgehen in der Weise, dafi alle infektiOsen Tiere aufgesucht werden r 
welche entweder durch Vernichten Oder Abschlachten sofort unschfidlich 
gemacht werden sollten, oder zu isolieren wftren, so dafi sie andere 
Tiere nicht mehr infizieren kOnnen. Er beruft sich auf die Inseln Java 
und Mauritius. Auf Mauritius, wo man die eingeschleppte Surra nicht 
zeitig genug erkannt hatte, seien innerhalb zweier Jahre fast s&mtliche 
Pferde und Maultiere und der grOfite Teil der Rinder vernichtet worden. 
Auf Java dagegen hatte man durch Vernichtung bezw. Isolierung der 
infizierten Tiere die Senche zum Stehen gebracht 

Ich bemerke dazu, dafi 1) Java und Mauritius Inseln sind, durch 
das Meer abgeschlossen, wo sich erforderliche Mafinahmen dieser Art 
radikal durchffihren liefien im Gegensatz zu Kamerun, wo die ganz& 
mfichtige Kolonie durch Urw&lder, bewohnt von wenigen Wilden, mit 
den benachbarten Kolonieen, in denen fihnliche Verhfiltnisse herrschen. 


1) Wendeletadt, H., Ueber die Wirkong von Malachitgr&n und auderen ver- 
schiedenartigen Stoffen gegen Naganatrypanoeomen bd wdfieu Batten. (Deutech. med. 
Wochenschr. 1904. No. 47. p. 1711.1 

2) Theoretisch miiBten auch Me Neals und Novys Versuche mit kUnstlich ge- 
ziichteten Trypanosomen zur Zuchtung schwach virulenter St&mme fflhren kdnnen. 


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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfragtt. 


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im Zusammenhange steht; 2) daB Java und Mauri tins alte wohlentwickelte 
Kolonieen sind, deren BevOlkerung auf einer uneudlich viel hOheren und 
disziplinierteren Stufe stehen, wie die Buschneger Westafrikas, daB in 
jedem Dorfe eine wohlgeordnete Verwaltung besteht, und beide Inseln 
von einem Netz von beaten Wegen durchschnitten werden. 

Herr Geh.-Bat Koch bringt ferner das Schwinden der Tse-tse mit dem 
Schwinden der Mheren Massen des grofien Wildes in SQdafrika zusammen, 
welches der mordenden Bflchse des Boeren erlag. Wir haben in den 
riesigen Urwfildern Westafrikas, wie ganz allgemein bekannt, relativ 
fiuBerst wenigWild. Auch der Bfiffel, FluBpferd und Elefant wird 
langsam mehr und mehr dahinschwinden. Trotzdem aber wird in den 
undurchdringlichen Waidern sich noch auf Hunderte von Jahren hinaur 
eine Anzahl von kleinerem Wild aller Art halten, welches mdglicher- 
weise ebenfalls der Trfiger der Trypanosomeninfektionen ist (cfr. meine 
Beobachtungen beim Schimpansen). Es ist ganz unmfiglich, dieses Wild 
an8zurotten. Wir haben aber ferner gesehen, daB ein enorm hoher 
Prozentsatz des ganzen einheimischen Viehstandes durch Trypanosomen 
infiziert ist Wenn 50 Proz., wie in Mundame und Jabassi, sich stellen- 
weise schon bei einfacher mikroskopischer Untersuchung infiziert zeigten, 
wenn ferner auch scheinbar gesundes Vieh bei Uebertragung von 
Blut desselben in gesunde Versuchstiere sich infiziert zeigt, werden 
die gegen die Trypanosomeninfektion zu ergreifenden 
Mafinahmen de facto sich auf alle Tiere erstrecken 
mfissen. Mit anderen Worten, wir mfifiten das ganze Vieh der 
KQste aufessen, vernichten Oder isolieren. Das aber wtlrde sofort zu 
Aufst&nden der Eingeborenen an alien Orten fflhren, wo mfihsam eine 
Beruhigung eingetreten ist, da es unmoglich ist, dem Neger den Grund 
eines solchen Vorgehens klar zu machen. Es sind noch andere Grfinde, 
die gegen ein solches Vorgehen sprechen. Selbst wenn, was ausge- 
schlossen ist, die europ&ische Bevdlkerung sich selbst das Opfer auf- 
erlegte, bis zur Schaffung eines neuen Viehstandes kein frisches 
Fleisch zu essen, und wenn die Neger durch Gewalt in ihrem Wider- 
stande geb&ndigt wflrden, wSre ein Erfolg nur dann zu hoffen, wenn 
die benachbarten Kolonieen in derselben radikalen Weise vorgingen. 
Das aber ist bei der schon enden, meist vorbildlichen Eingeborenen- 
politik Englands gegen die Eingeborenen seiner Kolonieen und bei 
den Verhfiltnissen in der Kolonie Batta unmdglich, selbst wenn 
die enormen Schwierigkeiten, die die Urwfilder und die 
Erschwerung der WegeverhSltnisse durch Strbme und 
Gebirge darbieten, nicht vorhanden wfiren. Man muB es, wie 
Verf. auf seiner Expedition selbst, erlebt haben, wie ein einziges tro- 
pisches Gewitter in wenigen Stunden eine ganze Landschaft unpassierbar 
machen kann. 

Die Forderung, nach erfolgter Blutuntersuchung jedes infizierte Tier 
unsch&dlich zu machen, ist, da auch die SBugetiere des Urwaldes unsch&d- 
lich zu machen wftren, nicht durchfiihrbar. Ich habe bereits 1902—1904, vor, 
w&hrend und nach der Expedition alles Vieh, dessen nur irgend habhaft 
zu werden war, untersucht Die unglaubliche TOlpelhaftigkeit der Neger, 
die nicht mit dem Vieh umzugehen wissen, die Wildheit der Binder 
lieBen nicht eine Untersuchung s&mtlicher Binder zu (cfr. Zahlenangaben 
im Expeditionsbericht 1. c.). An manchen Stellen flohen aus den bei 
meiner Expedition berQhrten Ddrfern die Neger mit ihrem Vieh in die 
Urw&lder, sobald sie von meinen Blutuntersuchungen Kenntnis bekamen, 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4 


dieses trotz durch Dolmetscher etc. allgemein verbreiteter ZusicheraQg 
meiner friedlichsten Absichten. 

Herrn Geheim rat Kochs Vorschlag also, der ffir alte wohlentwickelte 
Kolonieen, speziell auch Inseln, seine Berechtigung hat, wfirde in Ka- 
merun nicht verwendbar sein. 

Wenn, wie wir oben als mOglich angenommen, die Tlypanosomen 
auf die Nachkommenschaft der stechenden Insekten fibergehen sollten, 
w&re anch der Kampf gegen die betreffenden stechenden Insekten zn 
erdffnen. Wir wissen fiber die Entwickelungsbedingungen derselben 
noch wenig, soweit Stomoxys und Tabaniden in Frage kommen. Da die 
letzteren, die mir am meisten verd&chtig erschienen, ihre Eier in Wasser 
ablegen, wfirde die Bodenassaniernng von bestem Resultat sein mfissen, 
und hoffe ich, fiber diesen Punkt speziell in Duala nach Durchftthrung 
weiterer Assaniernng berichten zn kfinnen. Gleichzeitig wfirde damit 
anch gegen die Moskitos, falls diese bei Verbreitung der Trypanosomen 
beteiligt sein sollten, vorgegangen werden. K&me Stomoxys in Frage, 
welche sich im Dong entwickelt, so wfirde ffir peinlichste Beseitignng 
des Dunges in der Nfihe der Tierst&lle zu sorgen sein und durch helle 
luftige Stalle den Fliegen der Aufeuthalt mdglichst unbehaglich gemacht 
werden mfissen. In Suellaba ist bereits in diesem Sinne vorgegangen. 

Unter diesen Umst&nden halte ich es ffir das praktischste, wenn, 
wie es mir in Kamerun geglfickt ist, eine der Kfiste mdglichst nahe, 
leicht zug&ngliche, znr Viehzucht geeignete Gegend erkundet wird, in der 
durch systematische Blutuntersuchung der Haustiere, speziell auch des 
Klein- und Jungviehes die Trypanosomenkrankheit aus- 
geschlossen werden kann. Dort mufi man rationelle Viehzucht 
beginnen, und das Vieh durch gefibte Treiber in einer Jahreszeit, wo 
die stechenden Insekten am wenigsten schw&rmen, auf mdglichst kurzem 
Wege zu den Orten des Konsums bringen. W&hrend des Marsches ist 
ffir ausgiebigen mechanischen Schutz gegen stechende Insekten zu sorgen. 
L&ngs des Weges sind in geeigneten Zwischenstfinden Weidepl&tze mit 
Wasser zu errichten und mit Unterst&nden ffir das Vieh, in denen w&hrend 
der Anwesenheit von Vieh Feuer zum Vertreiben der Insekten unter- 
halten wird. 

Ich entdeckte eine solche wunderbar fruchtbare, noch dazu g&nzlich 
malariafreie Gegend in den Hochl&ndern vor und am Manenguba, von 
wo das Vieh bequem in 3V 2 —4 Tagen zur Kfiste gelangen kann. In- 
telligenten Landwirten erdffnen sich dort sp&ter gute Aussichten. Hat 
Kamerun erst eine Bahn, welche die Hochl&nder des Innern mit der 
Kfiste verbindet, so kann sehr wohl aus dem viehreichen Hinterlande 
sogar ein Export nach anderen Teilen der Kfiste stattfinden, falls man 
das Vieh w&hrend des Bahntransports durch Drahtgaze gegen Insekten- 
stiche schfitzt. 

Selbstverst&ndlich mufi man trotzdem nach einer wirksamen, selbst 
afrikanischen Verh&ltnissen angepafiten Methode suchen. Dahin geht ja 
das Streben aller beteiligten Nationen. Ich will hier, absehend von 
einigen nicht ermutigenden Versuchen passiver Immunisierung (D. Ko- 
lonialbl. 1904. Juli) mit Serum von Tieren, die die Infektion fiberstanden 
hatten, das Prinzip einer aktiven Immunisierungsmethode 
erw&hnen, die, wenn sie von mir auch nur bei Schafen 
und Ziegen wegen Mangels an K&lbern erprobt wurde, 
wegen ihrer leichten Ausffihrbarkeit weiter verfolgt 
werden mufi. Ich benutzte die Beobachtung, dafi in Kamerun so- 


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Ziemann, Beitrag zur Trypan oeomenfrage. 


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wohl bei den Ratten wie ancb bei den eingeborenen Hans* 
tieren nur die jflngeren Tiere hauptsfichlich und schwerer 
erkrankten, wfthrend die ftlteren im Verhftltnis zu den 
jOngeren seltener nnd leichtere Infektionen aufweisen. 
Die ftlteren Tiere gewannen also, ohne iramer die Krankheitskeime 
gftnzlich bezw. mit Sicherheit zu verlieren, durch das Ueberstehen frflherer 
Infektionen eine vermehrte Resistenz 1 ). 

Da nun, wie wir sahen, das ganze Vieh in einem erheblichen Pro* 
zentsatze, zum Teil bis zu 50 Proz., mehr oder weniger gleich mikro- 
skopisch nachweisbare Oder latente Trypanosomeninfektion aufwies und 
daher mindestens hochverdftchtig blieb, konnte man von einer kflnst- 
lichen Verbreitung der Trypanosomen durch ktlnstliche Impfung kaum 
noch sprechen in einer Gegend, wo fast mit Sicherheit jedes Tier fiber 
kurz oder lang auf natfirlichem Wege von Trypanosomen infiziert wird. 
Genau so, wie es dort fast alien Menschen mit den Malariaparasiten 
ergeht Warum also nicht das Werk der Natur durch die mftfiigende 
Hand des Menschen dirigieren? 

Im AnschluB an meine Immunisierungsversuche gegen das „Blutharnen 
der Rinder u in Oldenburg 2 ), wo ich die jungen Milchkftlber absichtlich 
mit dem Blute chronisch kranker, ftlterer Tiere infizierte, urn eine 
leichte kflnstliche Infektion, zu erzielen und damit Schutz gegen eine 
schwerere spfttere natOrliche Infektion, impfte ich in Kamerun junge 
Saugl&mmer der Schafe und Ziegen mit dem Blute chronisch trypano- 
somenkranker Tiere, deren Trypanosomen augenscheinlich relativ geringe 
Virulenz zeigten. Die Versuche fanden also nicht statt bei erwachsenen 
Rindern etc., deren etwaige frflhere Infektionen zu irrefQhrenden 
Resultaten fflhren konnten, sondern bei bis dahin gesunden 
Lftmmern 8 —10 Tage nach der Geburt, deren ktlnstliche 
Infektion spftter unter stftndiger mikroskopischer Kon- 
trolle war. 

Um mit einigermaBen konstanten Verhftltnissen rechnen zu kdnnen 
binsichtlich der Trypanosomenmenge in dem subkutan zu flberimpfenden 
Blute, wfthlte ich m&glichst Blut, welches im Deckglasprftparat im Ge- 
sichtsfelde 1—2 Trypanosomen aufwies. 1 Tropfen dieses Blutes wShite 
ich als Einheit und verdtlnnte bei stftrkerem Trypanosomenbefunde das 
Blut in entsprechendem Grade im Verhftltnis zur Zahl der Trypano¬ 
somen. 

Da hier nur das Prinzip der Impfnng mitgeteilt werden soil, sei 
kurz erwfthnt, daB wie bei den erwachsenen, so auch bei den jungen 
Tieren die Impfung anfangs zu widersprechenden Resultaten fQhrte, 
indem grofie Verschiedenheiten in der Empfftnglichkeit ffir die kflnst¬ 
liche Infektion sich ebenso wie bei der natOrlichen Infektion bemerk- 
bar machten. Bald starben die Tiere infolge der Impfung, bald ertrugen 
sie die Infektion gut Bald verschwanden die Parasiten spftter scheinbar 
g&nzlich aus dem Blute, und reagierten die Tiere dann auch nicht auf 
erneute Infektion durch stark virulente Trypanosomen, bald blieben die 
Parasiten mit Unterbrechungen im peripheren Blute sichtbar, wenn auch 
nur in geringen Mengen, und ertrugen die Tiere ohne Reaktion, eventuell 
abgesehen von leichten T.-Steigerungen, erneute Impfungen mit stark 

1J Wenn Mub grave auf den Philippinen altere und jungere Tiere in gleichem 
Mafle infiziert eah, kann das daran li^en, daB die Seuche eret vor kurzem dort einge- 
SColcOOt y Bf , 

2) Z., 1. c. (D. med. Wochenschr. 1903. No. 16.) 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


virulenten Trypanosomen. Wir sahen bereits, dafi der eine nach Deutsch¬ 
land mitgenommene Togo-Schafbock sowohl gegen Tse-tse als gegen 
Tr. vivax scheinbar immunisiert worden war. Impfung seines Blutes 
auf eine weiBe Ratte war, wie wir sahen, negativ. ScblieBlich stellte 
sich heraus, daB einmalige Injektionen grQBerer Mengen virulenten 
Blntes durchschnittlich schlechter vertragen wurden als die mehrfach 
wiederholten Injektionen kleiner Mengen far die Versuche ausgew&hlten, 
schwach virulenten Blutes in vorsichtig gesteigerter Dosis. Zuletzt 
wurde derart vorgegangen, daB 

am 8. Tage nach der Gebnrt dee Schaflammes 101 Impfeinheiten von Bhit chroniach 
„ 18. „ „ „ „ „ „ 20 i innzierter, scheinbar sonst gee under 

„ 28 . „ „ „ „ „ ,, 40 j Schafe injiziert wurden. 

Unter den 5 nach Deutschland mitgenommenen, mit Trypanosomen 
infizierten Schafen waren 3 nach dieser Methode behandelt; 2 derselben 
zeigten vor und wfihrend der Reise nur sehr spBrlich und tageweise 
Trypanosomen, ziemlich trkge im Verh&ltnis znr sonstigen Beweglichkeit 
des Tr. vivax und reagierten auf eine neue Impfung mit dem Blute 
eines nicht vorbehandelten, ziemlich stark durch Tr. vivax infizierten, 
abgemagerten Schafes nicht. 

Impfung mit Blut dieser 2 Schafe auf ein deutsches Schaf an Bord 
des Dampfers infizierte dieses zwar. Indes, trotz zeitweise ziemlich 
reichen Auftretens von Trypanosoma vivax und der T.-Steigerung schien 
das dentsche Schaf nicht im geringsten krank zu sein. Die Parasiten 
des letzteren wurden auch dem Schiffsarzte demonstriert 

Das dritte der 3 vorbehandelten Schafe war, wie der Togo-Schafbock, 
immun geworden, reagierte auch nicht auf neue Impfung mit Trypanos. 
viwiz-Blut und schien sein Blut auch nicht infektiOs mehr fflr die weiBe 
Ratte. 

Bei sfimtlichen subkutan geimpften Schafen kam es zu Drflsen* 
schwellungen in Vorder- und Hinterschenkelbeuge. 

Leider machte das Eingehen der Tiere in Hamburg durch Nach- 
lSssigkeit des Wftrters nach meiner Abreise die Fortsetzung de# Ver¬ 
suche unmdglich. GewiB, die Versuche waren aus Mangel an Mitteln 
und Material nur sehr sp&rlich und mfissen daher wiederholt werden. Vor 
allem mttfite auch bei Rindern in Duala experimentiert werden kOnnen, 
und whrde ich empfehlen, eventuell die erwBhnte Methode 
mit einer ftufierst vorsichtigen Arsenikkur zu kombi- 
nieren. 

Wenn es dahin kommen sollte, daB bei den nach dieser Methode 
immunisierten Oder anders ausgedrflckt, resistant gemachten Tieren die 
Zahl der Parasiten im peripheren Blute immer geringer wird bezw. ganz 
verschwindet, wird auch fflr die stechenden Insekten die Mbglichkeit 
immer geringer, die Krahkheitskeime auf andere Tiere zu Qbertragen. 
Mit anderen Worten, theoretisch bestftnde die MOglichkeit, die Krank- 
heit allmhhlich auszurotten, auch wenn zwei verschiedene Trypanosomen- 
infektionen in einem Lande sich finden. 

Wir sehen, welche Ffllle von Aufgaben unserer noch harrt Ins- 
besondere wird auch noch auf das schwierige Kapitel der Tiermalaria 
(Piroplasmose) der Haustiere zurflckzukommen sein 1 ), sowie auf die 


1) Z., L c. (D. med. Wochenacbr. 1903. Ho. 16) u. /. em ann, Ueber die Kiefer- 
krankheit der Pferde und Maultiere Kamemna. (Aren. f. >v iasei ntcbaftliche n. praktiache 
TierheUkunde. 1905. Heft 1.) 


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Widakowichy Ueber Nematoden an der Hypophysis cerebri etc. 


447 


eventuelle Piroplasmose des Menschen (cfr. vorlaufige Mitteilung in 
meinem Bericht „Kamerun, Gesundheitsverhfiltnisse im Jahre 1902/03.“ 
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XXL p. 581). 

Auch die ungemein intereesante Spirochateninfektion eines kleinen Kalbee aus Grofi- 
Bat&uga, Siidkamerun, 1. Januar 1903, welches neben Tiermalariaparasiten (Piroplasmen) 
eine schnell voriibergehende Infektion durch Spirochaten von aer durchschnittlich 5- 
fachen Lange des Diameter eines roten Blutkorperchens aufwies, wird weiter untersucht 
werden mQssen. In der betreffenden Herde herrschte auch Infektion durch Trypanosoma 
vivax. 

Von dem Befunde wurde La reran baldigst Kenntnie gegeben, der mir eine fast 
gleichzeitig gemachte, ihm ubermittelte Beobachtung Theilers aus Sudafrika mit- 
teilte 1 ). Die Spirochaten hatten in meinem Falle im Gegensatz zu denen Theilers 
xiemlich alle die gletche Lange. Dieselben zeigten lebhafte schlSngelnde, auch loko- 
motorische Beweglichkeit. 

Das Kalb wurde mit dem Dampfer nach Duala mitgenommen. Nach der zwei- 
tagigen Seefahrt waren die Spirochaten fdr immer aus dem Blute verschwunden. 

Impfung vom Blute des Kalbes auf ein ebenfalls Tiermalariaparasiten (Piroplasmen) 
aufweisendes Schaflamm, da ein Kalb nicht zur Verfiigung stand. Impiung negativ. 

Es ist zu erwarten, dafi die genialen Un tersuch ungen 
Sehaudinns 2 ) 3 ), des unbestrittenen FQhrers derraodernen 
Protozoenforschung, far alle diese Untersuchungen in 
den Tropen reichste FOrderung bringen werden. 


Naohdruck verdoten . 

Ueber Nematoden an der Hypophysis cerebri von Felis 

domestica. 

Von cand. med. Victor Wldakowleh, 

Aseietenten am embryolog. Institute der Univereitat m Wien. 

Mit 8 Figuren. 

In dem 1904 erscbienenen Bande der „Arbeiten aus dem neurologi- 
schen Institute der Wiener UniversitUt" beschreibt V. Bnnzl in einem 
fl Zur Parasitologie des Gehirnes tt betitelten Anfsatze einen trichinen- 
artigen Parasiten im Hirne des Maulwurfes und gibt im Anschlnsse 
daran einen Ueberblick fiber die in diesem Organe bereits beobachteten 
Parasiten. Diese erste Zusammenstellung der im Gehirn des Menschen 
and der Tiere vorkommenden Parasiten nennt die Hypophysis nicht als 
von Parasiten befallenen Hirnteil. Wegen der Seltenheit von Angaben 
fiber Parasiten im Hirne von Tieren and als Ergfinzung zur Arbeit von 
V. Bnnzl sei folgender merkwfirdige Befund an der Hypophysis der 
Katze kurz besprochen. 

Bei der Durchsicht einer von mir im Institute des Herrn Prof, 
v. Apdthy verfertigten Schnittserie durch die Hypophysis cerebri einer 
aasgewachsenen Katze zeigte es sich, dafi das die Hypophysis umgebende, 
sie mit der Duralauskleidung der Sella turica verbindende Gewebe an 
mehreren Stellen gewnchert and stark pigmentiert war and zahlreiche 
Qnerschnitte dnrch Wnrmleiber barg (bis 18 Querschnitte pro Schnitt). 


1) La reran, Sur la epirilloee des bovidds. [Separatabdr.] 

2) Bchaudinn, Stodien fiber krankheitserregenae Protozoen (Plasmodium vivax). 
(Arbeiten aus d. Kais. Ges.-Amt. Bd. XVIII. 1902. Heft 3.) 

3) Bchaudinn, Generations- und Wirtswechsel bei Trypanosomen und Spiro- 
chaete. (Arbeiten ans d. Kais. Gee.-Amt. Bd. XX. 1904.) 


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Cb.T 









Fig. 7. 



Bd.G 

Fig. 8. 


(Samtliche Figuren sind mit Hilfe der Oberhauserschen Camera gezeichnet.) 

Fig. 1 gibt ein Uebersichtsbild von der Hypophysis und zeigt die £age der Quer- 
schnitte dimm die Wurmleiber. Dr.T drusiger, G.T Gefiifi-, Cb.T cerebraler Teil der 
Hypophysis. Inf Infundibulum, L.R Lymphraum, Qu.Schn Querschnitt durch die 
Parasiten. Vergr. ca. 1: 16. 

Fig. 2—5. Querschnitt durch die Parasiten. H Hoden, Sp. a, b, c Sperma- 
tozoen auf verschiedenen Entwickelungsstufen, a am wenigsten, c am weitesten in 
der Entwickelung vorgeschritten. Vergr. ca. 1:186 fur die Querschnitte durch die Para¬ 
siten, ca. 1 :1100 fur die Spermatozoon. 

Fig. 6 ist ein Bild von einem Querschnitte durch ein von Bindegewebe einge- 
kapseltes Ei, dessen Inhalt zerfallen ist Vergr. ca. 1 :280. 

Fig. 7 zeigt zwei Querschnitte durch Eier, deren Einkapselung weit vorgeschritten 
ist. Vom Ei selbst scheint nichts mehr vorhanden zu sein, das Bindegewebe, das die 
Kapsel lieferte und den Eiinhalt ersetzte, ist eine eigentumliche Degeneration einge- 
gangen. Vergr. ca. 1: 280. 

Fig. 8. Querschnitt durch ein in Furchung befindliches Ei, um dessen Chitinschale 
sich Bindegewcbszellen legen. Ch.Sch Chitinschale, Bd.G Bindegewebe. Vergr. ca. 1 :400. 


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Widakowich, Ueber Nematoden an der Hypophysis cerebri etc. 


449 


Fig. 1 gibt eine Uebersicht dieser Verh&ltnisse. Man sieht links den 
drflsigen „thyreoiden“ Teil der Hypophysis, der nach rechts in den Ge- 
f&Bteil Qbergeht, welcher seinerseits den cerebralen Teil der Hypophysis, 
der an der Stelle der Schnittfflhrung noch vom Infundibulum durch- 
bohrt ist, umgibt. Zwischen Drflsenteil und GeffiBteil einerseits, Gef&fi- 
teil und Hirnteil andererseits ist je ein Lymphraum. Im Bindegewebe 
sieht man eine Anzahl von Querscbnitten dnrch die Parasiten teils vom 
Bindegewebe eingescblossen, teils frei zwischen einzelnen Bindegewebs- 
zflgen liegen. Die erste Frage, die sich aufwirft, ist wohl die nach dem 
Wege, den die Parasiten genommen haben, um an diesen scheinbar un- 
zug&nglichen Ort zu gelangen. Bei der Enge der hier vorhandenen Ge- 
fS.Be ist ein Weg via Blut- Oder Lymphbahn nicht anznnehmen und der 
Weg von den Hirnkammern her durch das Infundibulum mit Durch- 
brechung der Hypophysis wahrscheinlicher. Die Durcbsicht der Serien- 
schnitte bestfitigt nun letztere Annahme. An mehreren aufeinander- 
folgenden Schnitten ist der nervflse Teil der Hypophysis so zerstOrt, daB 
bei Rekonstruktion ein cylindrischer Kanal zn stande kommt. Nach 
diesen Schnitten folgt eine Reihe unverletzter, auf diese eine Reihe, in 
der die GefSBschicht und der drflsige Teil etwa in den in Fig. 1 mit X 
bezeichneten Steilen durcbbrochen ist. Die Zerstflrung der GefSBschicht 
ist derart, daB einzelne mit der Hauptmasse derselben zusammen- 
hSngende Fetzen in den perforierten drflsigen Teil hineingezogen er- 
scheinen. Interessant ist, daB diese mit der Hauptmasse im Zusammen- 
hange gebliebenen Teile keinerlei Degeneration erkennen lassen, wSh- 
rend der durchbohrte drflsige Teil von einem feinen Detritus erfQllt ist, 
der sich auch in den Sufieren Lymphraum ergossen hat 

Offenbar sind die Schmarotzer vom Him in einen Ventrikel durch* 
gebrochen, von wo sie in das Infundibulum gelangten. Von hier ans 
erfolgte die Dnrchbohrung des Hirnteiles der Hypophysis, worauf die 
Parasiten zwischen diesem nnd der GefSBschicht ein StQck weiter wan* 
derten. um dann nach Durchbrecbung dieser und des drflsigen Teiles in 
das die Hypophysis umgebende Bindegewebe zu gelangen. 

Leider war es nicht mdglich. die Art der Parasiten zu bestimmen. 
Sicher ist daB dieselben zu den Nematoden gehflren. Cuticula, Muskel* 
schlanch mit der typischen Muskulatur, Seitenfelder, ein mit zelligen 
Wandnngen versehenes, muskelloses Darmrohr sind deutlich zu er* 
kennen. Der Wurm ist getrenntgeschlechtlicb. Fig. 2—5 zeigen unter 
anderem Querschnitte durch verschiedene Hflhen des Hodens, in denen 
die Spermatozoon auf verschiedenen Entwickelungsstufen stehen (Sp. a, 
b, e ). Aufier den leicht kenntlichen Querschnitten durch die Nematoden- 
leiber fanden sich in groBer Zahl ca. 100 p im Durchmesser zShlende 
Querschnitte von wabigem Ban, die durch radial verlaufende Septen 
in Sektoren geteilt sind. In einer gewissen Zahl von Maschen liegt je 
ein kugeliger KOrper von ca. 6 Durchmesser. Die Bedeutung dieser 
Gebilde war zunSchst unklar. Bei der Durchsicht der Leuckartschen 
Arbeit 1 ) Qber Sphaerularia bomb* und Allantonema gibbosum , Wflrmer, 
bei denen eine Art Prolapsus uteri in der Art zu stande kommt, daB 
der vorgestfllpte Uterus so zu wachsen beginnt, daB er schliefilich den 
Wurm an GrflBe bedentend flbertrifft und nach AbstoBung seines TrSgers 
gleichsam als selbstSndiges Wesen sich noch eine Zeitlang weiter ent- 


1) Leuckart, R, Nene Beitrage zur Kenntnis des Bauee und der Entwickelung 
der Nematoden. Leipzig 1887. 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 29 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate; Bd. XXX VIII. Heft 4. 


wickelt, kam ich auf den Gedanken, dafi es sich auch in diesem Falle 
um freie Uteri handeln konnte. Herr Prof. Hatschek, dem ffir die 
Dnrchsicht meiner Prfiparate herzlichst zu danken ich mir hier erlaube, 
hatte ebenfalls den Eindrnck, freie Uteri vor sich zu haben. Die Re- 
konstruktion einer Anzahl von Querschnitten ergab nan den bemerkens- 
werten Befund, dafi es sich tats&chlich um einen ringfdrmig prola- 
bierten Uterus handelte, dessen Volumen das des Qbrigen Wurmkorpers 
fibertraf. Leuckart berechnete, dafi das Volumen des Uterus den 
Qbrigen Leib der Sphaerularia um das 16—20000-fache Qbertreffen kann. 
Bei unserem Parasiten betrug das Volumen des Uterus schfttzungsweise 
das Doppelte des ubrigen Tieres. 

Aufier diesen besprochenen Querschnitten, aus denen sich die An- 
wesenheit von mindestens einem mannlichen und einem weiblichen Tiere 
beweisen liefi, fanden sich noch zahlreiche Durchschnitte von Gebilden, 
die in Fig. 6 und 7 abgebildet sind. Sie machten den Eindruck von 
kleinen, von Bindegewebe eingekapselten Fremdkorpern. Ihre Bedeutung 
wurde vQllig klar, als sich ein wohlerhaltenes, in Furchung begriffenes 
Nematodenei fand, um dessen Chitinschale sich sp&rliche Bindegewebs- 
zellen legen. Fig. 8 zeigt das Ei, an dem die Furchung deutlich zu er- 
kennen ist. Zur Zeit der Fixierung in Sublimatalkohol war also dieses 
Ei noch nicht abgestorben. Ein Bild von einem bereits abgestorbenen 
Ei, bei dem die Einkapselung weiter vorgeschritten ist, gibt Fig. 6. 
Hier sieht man, dafi der Inhalt des Eies bereits zerfallen ist und die 
Kapsel eine relative Dicke erlangt hat Fig. 7 zeigt ein vollkommen 
eingekapseltes Ei, dessen Kapsel eine Art hyaliner Degeneration ein- 
gegangen ist. Zu der bemerkenswerten Tatsache, dafi im Gewebe eines 
Tieres, zumal an einem anscheinend so unzug&nglichen Orte, Nematoden- 
eier bis zur Furchung gelangen, konnte ich in der Literatur kein Ana- 
logon finden. Auf diesen Befund soli hier speziell hingewiesen werdeni 
Es ist schwer, auf die Frage, wie diese Eier in das die Hypophysis 
umgebende Gewebe kamen, richtig zu antworten. Keinesfalls stammen 
sie aus den freiliegenden Uteri, da die in diesen enthaltenen unreifen 
Eier keinen grQfieren Durchmesser als 6 ft haben, das abgebildete Ei 
aber einen solchen von ca. 50 n besitzt. Die eine MOglichkeit ist, dafi 
Eier auf demselben Wege wie die Warmer, vielleicht ohne intimen Zu- 
sammenhang mit diesen, an die in Frage stehende Oertlichkeit ge- 
langten, die andere, dafi sich ein reifer, freier Uterus in einem Teile 
des lockeren Bindegewebes befand, der bei der Pr&paration verloren ging. 

BezQglich der Literatur fiber Parasiten im Gehirn verweise ich auf 
V. Bunzels Arbeit 


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Lddice, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


451 


Nachdruck verboten. 

Zur Spezifitat der Antikorper. 

Von Dr. H. Lfldke, Barmen. 

(Fortsetzung.) 

Zwei weitere Vera ache, die ich in alter Kflrze erwahnen will, wurden 
mit Staphylokokkenimmunserum gemacht Lubo wski und Steinberg 
gaben zuerst eine bisweilen auftretende MitagcUtiuation yon anderen 
Bakterienarten als Staphylokokken an. Es gelang rair von 5 Tieren 
2 Kaninchen nach monatelangem Immunisieren zu einer erheblichen 
Agglutinationsfahigkeit ihres Serums gegenflber zwei differenten Staphylo¬ 
kokken stHm men und einer geringeren Agglutinationskraft des Bact. typhi, 
B. paratyphi A und B zu bringen. Jedoch war auch hier das Ver- 
h&ltnis in der HShe des Agglutinationswertes ein auBerordentlich un- 
gleiches; die mitagglntinierten Bakterien wurden (B. typhi in Ver- 
dflnnung 1:66, B. paratyphi A und B in Verdflnnung 1 : 40) gegen¬ 
flber Staphylococcus pyogenes aureus (in Verdflnnung etwa 
1 :2000) in weitaus geringerem Grade als der zur Immunisierung ver- 
wandte Stamm agglutiniert. Die Absorptionsverh&ltnisse boten im wesent- 
lichen kein von den bei B. proteus gemachten An gaben abweichendes 
Verbal ten. 

Wollen wir zum Schlufl die Frage von der Spezifitat der Bakterien- 
agglutinine entscheiden, so mflssen wir vornehmlich diese beiden Ge- 
sichtspunkte erwflgen: Einmal, ist der Organismus resp. die Agglutinin 
sezemierenden Zellen im stande, die Eeaktionskflrper grflndlich auszu- 
bilden und besitzt weiter der Mikroorganismus die Agglutinin verankernde, 
ihm nur spezifische Komponente. 

Die Eigenscbaft, spezifische Agglutinine zu produzieren, ist nicht 
direkt dem infizierenden Bakterium zu vindizieren; durcb dasselbe wird 
nur der raaximalste, adequate Reiz auf bestimmte Zellkomplexe aus- 
gefibt, der die Ausldsung spezifiscber Stoffe zur Folge bat. 

Eine nur relativ spezifische, d. h. auf einzelne Bakterienarten wahllos 
beschrankte, qualitativ differenzierte Agglutininproduktion tritt bei einer 
Aenderung der normalen Zellsekretion auf; bei einer gesteigerten Zell- 
tfitigkeit, bei der Einwirkung von die Zellleistungen in bestimmter Weise 
anregenden Stoffwechselprodukten (Ikterus) tritt eine geringfflgigere 
Agglutininbildung auf. Stoffwechselvorgange beherrschen die Entwicke- 
lung und Ausbildung solcber Reaktionskflrper, rufen unter ver&nderten 
Bedingungen Schwankungen, Steigerungen wie Abnahme hervor und 
sind auch bei der unter normalen physiologischen Verhaltnissen ent- 
stebenden Agglutininsekretion wirksam. 

Den adflquaten Reiz erhalten wir erst bei der Produktion der spezi- 
fischen Agglutinine durch einen infizierenden Mikroorganismus; absolute 
Spezifitat tritt endlich auf den Angriff des jeweilig spezifischen Bakterium 
ein; denn eine erhdhte Agglutinationsffihigkeit wird auch durch nahe- 
stehende Arten mit verwandtem Rezeptorenapparat erreicbt (Gruppen- 
agglutination). Solche Agglutinationsformen bei infektiflsen Erkrankungen 
kflnnen jedoch keineswegs in Konkurrenz mit der Gruber-Widalschen 
Reaktion bei Typhus abdominalis infolge des geringen Prozentsatzes der 
zu beobachtenden Faile und des geringen Intensitatsgrades der Reaktion 
treten. Am Krankenbett des Typhuskranken bietet der Gruber-Widal, 

29* 


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452 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


wenn fClr die FrQhdiagnose positiv, mehr wie ein bloBes Symptom, in 
spfiteren Stadien der Krankheit ein hfichst wertvolles Bestfitigungs- 
symptom. Seine Dignitfit besteht nicht in dem positiven Ausfall der 
Probe, vielmehr liegt in der Steigerung der Agglutinationsf&higkeit des 
wirksamen Blntserums die diagnostische Bedeutung dieser Reaktion. 

Aufier auf die Agglutinin bildenden Zellen kommt es auf die Aus- 
bildung der spezifischen, Agglutinin verankernden Komponente im Bak- 
terium selbst an. Hier kann eine Abschwfichung (in Bouillonimmun- 
serum gezfichtete oder ganz frisch aus dem infizierten Organismus ent- 
nommene Stfimme) dieser spezifischen Eigenschaft besteben. Weiterhin 
kfinnen entstandene Proagglutinoide im Serum eine grdfiere Aviditfit 
zum Rezeptor ausfiben. So kann der spezifische, fflr den fiuBeren Nach- 
weis unsicbtbare BindungsprozeB, durch das Fehlen der ffillenden Gruppe 
gehemmt werden. Jedoch konnte bisher dieser BindungsprozeB nicht 
gfinzlich aufgehoben werden. 

Wir gel an gen so von der praktischen Seite der Anwendung des 
Agglutinationsphfinomens auf die wissenschaftlichen Untersuchungen fiber 
den Wert der Agglutination als einer spezifischen Reaktion und haben 
in einigen Versuchsreihen fiber natfirlicbe wie Immunagglutinine folgende 
Resultate verzeicbnet: In Normalseris sind mebrere Agglutinine anzu- 
treffen. Eine vOllige spezifische Absorption jedes einzelnen Agglutinins 
lftfit sich schon infolge der schwierigen Versuchsmethodik bis jetzt nicht 
erreichen. Bei diesen natfirlichen Agglutininen hat meist keins derselben 
eine vorherrschende Stellung; es kann demnach auch eine gegenseitige 
Vertretung der einzelnen Teilagglutinine stattfinden; nur wo in einzelnen 
Ffillen ein Agglutinin starker hervortritt, kann man ein starkeres Sinken 
im Agglutinationswert nach elektiver Absorption dieses Agglutinintypus 
finden. 

Bei Immunisierungen mit Proteus-Bacillen und Staphylokokken 
tritt, wie auch Lubowski und Steinberg nachwiesen, eine Mit- 
agglutination anderer Bakterienarten auf (Bact. typhi, B. coli, 
B. dysenteriae), der niedrige Titre dieser Teilagglutinine aber be- 
einflufit in keiner Weise den Wert der spezifisch wirksamen Iramun- 
sera. Meist beruht das Auftreten solcher nebenher entstehenden Agglu¬ 
tinine lediglich auf einer Steigerung normal vorhandener Agglutinations- 
verbaitnisse ffir einzelne Bakterien, eine Anschauung, die durch den 
tatsachlichen Nachweis solcher Normalagglutinine und die Schwankungen 
in ihrem Agglutinationstitre wfihrend der Immunisierung gestfitzt wird. 

Bezfiglich der allgemeinen Bewertung des Agglutinationsphanomens 
muB ich auf Grund meiner Untersuchungen die Ansicht aussprechen, 
daB wir in der Agglutination mit einer sekundfiren Qualit&t eines Bak- 
terium zu rechnen haben, indem unter gewissen Bedingungen, die haupt- 
sachlich in der Ausprfigung der individuellen Eigenart, der Virulenz, 
der Resistenz des befallenen Organismus bestehen, mit einer Variability 
in der Ausbildung des Sekretionsprozesses der Agglutinine zu rechnen 
ist, so daB einmal eine sehr starke agglutinierende Wirkung, das andere 
Mai nur eine schwache, sehr selten gar keine von demselben Bakterium 
produziert wird. Das Agglutinin ausldsende Prinzip kann meines 
Erachtens zu einer variablen, sekundfiren Eigenschaft des Bakterium 
werden. 

Wie wir gewisse morphologische Modifikationen einer Art zu er- 
zeugen im stande sind, gelingt es auch, Aenderungen in den biologischen 
LebensfiuBerungen der Bakterien auf die Reaktion der befallenen Zellen 


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Lfidke, Znr Spezifitat der AndkOrper. 


453 


hervorznbringen nod so agglutinablere and mehr oder minder inagglu- 
tinable Stfimme zn differenzieren. Unter diesen teils natflrlichen, toils 
kQnstlich gesetzten Modifikationen erkennen wirjedoch immer das Grund- 
gesetz der Spezifitat, des spezifischen, einseitigen, konstanten Wirkungs- 
▼organges. 

Wir stellen endlich diese Leitsatze anf: 

Der spezifiscbe Charakter der Agglutinine kann am 
deutlichsten and reinsten in einem hochwertigen Immun- 
serura erkannt werden, das fflr die Diagnostik des In- 
fektionserregers die absoluteste Dignitfit besitzt 

Das Rekonvaleszentenserum ist, auch bei hohem 
Agglatinationstitre, nicht absolut zuveriassig fflr die 
Diagnostik des infizierenden Mikroorganismus; es bietet 
nur eine wahrscheinliche Sicherheit im Symptomen- 
komplex; unter den Symptomen des Abdominaltyphus 
nimmt die Agglutinationsreaktion jedoch den hervor- 
ragendsten Platz ein. 

Die Gruber-Widalsche Reaktion hat somit bisher in 
keiner Weise eine Einbufie ihres Wertes erlitten. 

PrAztpltine. Scbwieriger als die bisber behandelten Kapitel erwies 
sich die Bearbeitung und Beurteilung des Spezifitatsbegriffes bei den 
beiden zuletzt zu erwahnenden immunisatorisch erzeugten Reaktions- 
kdrpern, den Prazipitinen und Cytolysinen. 

Bei beiden liegt die Schwierigkeit der Erkennung der Spezifitat in 
der mannigfachen Affinitat, die diese Antikdrper zu den Zellen resp. den 
differenten Eiweifiarten des behandelten Organismus zeigen. 

Bei den Prazipitinen — ich will mich nur auf die kQnstlich erzeugten 
beziehen — mflssen wir 2 Gruppen bei der Frage nach ihrem Spezifitats- 
charakter unterscheiden: Einmal die Spezifitat in der Unterscheidung 
von Eiweifiarten unterscbiedlicher Tiere, andererseits die Spezifitat der 
einzelnen, chemisch verschieden charakterisierten Eiweifikflrper. 

Was die Unterscheidung der Eiweifiarten der verschiedensten Tiere 
anlangt, so steht nach den bisherigen Untersuchungen fest, dafi wir in 
qualitativer und quantitativer Beziehung eine Spezifitat der durch In- 
jektion der Eiweifiart eines Tieres erhaltenen Prazipitine ftir samtliche 
EiweifikSrper derselben Tierart annehmen mflssen. So ist den in 
forensischer Beziehung wichtigen Unterscheidungsmerkmalen von Blut- 
arten, der Milch, des Fleisches, des Sperma etc. verschiedener Tierspecies 
durch die Spezifitat der Prazipitinreaktion eine eingehende Ausarbeitung 
angediehen. Nuttall 1 ) konnte allerdings auch hier geringfflgige Diffe- 
renzen nachweisen, indem er bei einer sehr grofien Untersuchungsreihe 
verschiedener Tierarten Prazipitine fand, die auch auf die Eiweifikdrper 
nicht desselben Tieres, sondern auch auf die verwandter Tiere ein- 
wirkten. So z. B. prflzipitierte Menschenblutprazipitin auch das Serum 
anthropoider Affen. Hier treten jedoch bedeutendere Unterschiede in 
der Wirkungsintensitat zu Tage, so dafi auf Grund dieser Befunde von 
einer Ableugnung der spezifischen Wirkung der Prazipitine nicht die 
Rede sein kann. 

Mit grOBerer Schwierigkeit waren die Untersuchungen verbunden, 
die eine Spezifitat der Eiweifiarten desselben Tieres zum Nachweis 


1) Nuttall, zitiert nach Uhlenhuth, Unterecheidung verschiedener Eiweifiarten 
mit Hilfe spezifiacher Sera. (Festachr. f. Rob. Koch. 1903.) 


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454 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

bringen wollten. Auch hier gelang es nach allerdings bis jetzt spfirlicher 
vorliegenden Mitteilungen in einzelnen Fallen, dem Spezifitatscharakter 
solcher arteigener Eiweifikdrper znr Anerkennung zu verhelfen. 

Die Spezifitat der Antikdrperbildung ist gerade bei den Prazipitinen 
der am feinsten differenzierteste Vorgang, da wir mit den einzelnen 
Komponenten der Zellen zu rechnen haben, aber auch andererseits 
wieder am kompliziertesten, da in den verschiedensten Zellarten homologe 
Eiweifikdrper existieren, die ihrerseits zur Absattigung der erzeugten 
Prazipitine fflhren und dadurch eine Nichtspezifitat vortauschen kdnnen. 
Je weiter sich eine Zellgruppe durch eine nur ihr eigene 
Ausbildung von den flbrigen zum Verband des Organis- 
mus gehdrenden Zellen entfernt, desto deutlicher wird 
die individuelle Ausbildung des Spezifitatscharakters 
der Reaktionsprodukte dieser Zellen ausgearbeitet sein. 

So wird gerade bei den Prazipitinen die Ausbildung auch wcniger 
spezifischer Reaktionsprodukte neben dem vOllig spezifischen Haupt- 
prazipitin in Erscheinung treten mtissen. Bei der Entstehung spezifischer 
Produkte im Serum durch abgeschlossene, einheitliche Zellen, die zum 
Zerfall kommen (Bakterien, Erythrocyten), wird die „ Gruppenreaktion* 
nicht so ausgesprochen sein wie bei den geldsten einzelnen Eiweifikdrpern. 
In einem Eiweifimolekfil haben wir eben auch verschiedene Substanzen, 
die, analog den bakteriellen Prozessen, ins Blut eines geeigneten Orga- 
nismus ihnen entsprechende Gegengruppen sezernieren lassen, die eines- 
teils strong spezifisch auf die zur Vorbehandlung dienende Eiweifiart, 
andererseits auch eine Reihe von ahnlichen Nebenantikdrpern entstehen 
lassen, die zur Erkenntnis der Spezifitat des gewollten Prfizipitins aus- 
zuscheiden sind. 

Das Hauptmoment bei der Entstehung spezifischer Prazipitine muB 
jedenfalls, wie v. Dungern 1 ) experimentell bewiesen hat, den prazipitin- 
liefernden Zellen zukommen. Es ist den einmal nach Einfflhrung einer 
bestimmten Eiweifiart zur Mehrproduktion von typischen Rezeptoren 
angeregten Zellen eine bestimmte, spezifische Direction erteilt worden, 
die sich vielleicht in Modifikationen der Protoplasmastruktur anatomisch 
ausdrucken kdnnte, und die bei einem neuen Reiz die spezifischen Pra¬ 
zipitine schneller ins Blut abstofien lafit als bei Normaltieren. v. Dun¬ 
gern suchte nun nachzuweisen, ob die Eigenschaft, dafi aktiv immuni- 
sierte Kaninchen eine vermehrte Bindungsfahigkeit gegenflber dem 
prazipitablen, zur Vorbehandlung dienenden Eiweifikdrper zeigen, eine 
spezifische ist Oder ob sich dieselbe auch auf andere Eiweifikdrper er- 
streckt In fast alien Fallen ergab sich hierbei, dafi eine Beschleunigung 
der Antikdrperbildung fflr den einen Eiweifikdrper durch Vorbehandlung 
mit dem anderen, fremdartigen nicht eintrat, lediglicb bei verwandten 
Eiweifiarten trat zu Beginn eine verfrflhte, ffir beide Eiweifie gemein- 
same Prazipitation auf. 

Wir milssen also eine Spezifitat der Prazipitine der Eiweifikdrper 
verschiedenen Tieren gegenflber annehmen und haben es mit einer 
„Artreaktion“ zu tun, bei der das Antiserum nur auf natflrliche wie 
denaturierte Eiweifie derselben Art ohne jeglichen Unterschied ein- 
wirkt. 

Die Methodik der Prfizipitinuntersuchung war bislang noch nicht 
differenziert genug, urn die verschiedenen Eiweifikdrper ein und des- 


1) v. Dungern, Spezifitat der Antikdrperbildung. (Feetechr. 1 Bob. Koch. 1903.) 


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Lfidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


455 


selben Organism as genau unterscheiden zn kdnnen. Allerdings behaup- 
teten Leblanc 1 ) and Ide*) anfangs, fflr das Albumen und Globulin 
des Blutserums in der Prizipitation eine strong spezifische Reaktion 
gefunden zu haben; ihre Angaben wurden jedoch durch die nachfolgenden 
Untersuchungen von Obermeier und Pick 3 ), Rostoski 4 ), Umber 5 ) 
etc. widerlegt Erst in letzter Zeit wurde die Frage von den spezifischen 
Differenzen verschiedener EiweiBarten durch den Pr&zipitationsvorgang 
wieder mit glflcklichem Erfolge aufgenommen. Schlossmann und 
Moro 8 ), Hamburger 7 ), Uhlenhuth 8 ) vermocbten Kaseln und Al¬ 
bumin der Milch derselben Tierart deutlich zu differenzieren. Fflr die 
Linsensubstanz des Auges gab Uhlenhuth 9 ) ein durchaus spezifisches 
Pr&zipitin an, das mit dem Blutserum derselben Tierspecies und anderen 
EiweiBlOsungen keine Reaktion gab. Ascoli 10 ) will mittels der Ab- 
sorptionsmethode die einzelnen Eiweiflfraktionen in gewissem Grade 
spezifisch nachweisen kflnnen. Kluck und Inada 11 ) konnten in einer 
unter Rostoskis Leitung verfaBten Arbeit Eiklarlflsungen von Eigelb- 
lfisungen durch die Prflzipitationsreaktion absolut scharf unterscheiden. 
Dabei trat jedoch nicbt nur in der Eigelb- (resp. Eiklar-)16sung des- 
selben Vogels eine deutliche F&llung auf, sondern auch in denen anderer 
untersuchten Tiere ohne bemerkenswerte quantitative Unterschiede. 

Den bislang besten Beweis fflr die spezifische Natur der Pr&zipitine 
lieferte Weichardt 1 *), indem er den Ehr 1 ichschen Absorptionsversuch 
hier zur Anwendung brachte. Durch mehrfaches Zufflgen von Affen- 
serum zu einem an pr&zipitabler Substanz fflr Menschen- wie Affenblut 
reichen Kaninchenserum waren nur die fflr Menschenblutserum spezi¬ 
fischen PrSzipitine nachzuweisen und umgekehrt. In gleicher Versuchs- 
anordnung konnte Weichardt einen deutlichen Unterschied zwischen 
den Reaktionen mit 2 Leichenblutsorten erkennen. K is ter und Wei¬ 
chardt 13 ) konnten ebenso fflr Pferdeblutserum nach elektiver Absorption 
die heterologe Reaktion auf Menschenblutserum g&nzlich ausschalten und 
so eine absolut spezifische Reaktion erzielen. 


1) Leblanc, La cellule T. I. 1901. No. 18. 

2) Ide, Fortschr. d. Med. 1901. p. 234. 

3) Obermeier und Pick, Wien. klin. Rundschau. 1902. No. 13. 

4) Rostoski, Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 18. 

5) Umber, Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 28. 

6) Schlossmann und Moro, Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 14. 

7) Hamburger, Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 49. 

8) Uhlenhuth, Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 4. 

9) Uhlenhuth, Festschr. f. Koch. 1903. 

10) Ascoli, Nach Autorreferat im Biochem. Centralbl. 1903. No. 19. 

11) Kluck und Inada, Dtschs Arch. f. klin. Med. Bd. LXXXI. 1904. Heft 3/4. 

12) Weichardt, Hyg. Rundschau. 1903. No. 15. 

13) Kister und Weichardt, Zeitschr. f. Medizinalbeamte. 1902. No. 20. 

(Sehlufi folgt) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Naehdruek verboten. 

Ueber hamolytische und hamotrope Sera. 

[Aas dem Institute filr Infektionskrankheiten zu Berlin.] 

Von Dr. F. Neufeld und Dr. H. TOpfer. 

Die vorliegenden Versuche fiber spezifische, gegen BlutkOrperchen 
fremder Species gerichtete Substanzen, die wir im Blutserum vor- 
behandelter Tiere neben den Hfimolysinen auftreten sahen, knfipfen an 
die Untersuchungen von Neufeld und Rimpau 1 2 3 ) fiber die Antikfirper 
der Streptokokken- und Pneumokokkenimmunsera an. Diese Unter¬ 
suchungen batten zu dem Ergebnis geffihrt, dad die Wirkung der genannten 
Sera auf einem spezifischen Stoffe beruht, welcher die Aufnahme der 
hochvirulenten Kokken durcb die Leukocyten vermittelt, in deren Innern 
sie alsdann mehr Oder weniger schnell der Aufldsung unterliegen. Diese 
Vorgan ge liefien sich in durchaus analoger Weise in der BauchhOhle 
von Mfiusen wie im Reagenzglase beobachten, sobald die Kokken, mit 
flberlebenden Kaninchen- oder Meerschweinchenleukocyten und einer 
kleinen Menge spezifischen Serums gemischt, eine Zeitlang bei 37° ge- 
halten wurden. 

In beiden Fallen, sowohl im Tierkdrper wie in vitro, liefien sich 
neben diesen neuartigen Stoffen keine Bakteriolysine nachweisen, auch 
nicht bei Zusatz von frischem, normalem Serum als Komplement. 
Metschnikoff vertritt bekanntlich die Annahme, dafi die intracellulfire 
AuflOsung von Bakterien (resp. von Zellen) durch 2 Substanzen, nfimlich 
Makro- und Mikrocytase, die er mit dem Buchnerschen „Alexin u 
identifiziert, vermittelt wird, und dafi diese selben Substanzen bei der 
Gerinnung des Blutes in das Serum fibergehen. Der soeben erwfihnte 
Befund beweist, dafi eine solche Annahme zum mindesten in der All- 
gemeinheit, wie Metschnikoff sie ausspricht, nicht haltbar ist; denn 
wfihrend die Leukocyten im stande waren, verhaitnismafiig sehr grofie 
Mengen von virulenten Kokken zu verdauen, liefi sich irgend eine Ab- 
gabe dieser wirksamen Stoffe in das Serum nicht nachweisen. 

Durch die Anwendung des Biudungsversuches nach Ehrlich und 
Morgenroth gelang es Neufeld und Rimpau festzustellen, dafi die 
von ihnen gefundenen Stoffe nicht, wie Metschnikoff angenommen 
hat, stimulierend auf die Phagocyten, sondern ausschliefilich direkt ver- 
findernd auf die Bakterien einwirken; diese werden nunmehr sekundftr 
yon den Zellen aufgenommen. Metschnikoff und seine Schule hatten 
ihrer Auffassung entsprechend die von ihnen supponierten Stoffe als 
„Stimuline“ bezeichnet und glaubten sogar „Antistimuline“ nachweisen 
zu kdnnen, welche eine spezifische Hemmung der „Stimuline“ bewirken 
sollten [Besredka*), Metschnikoff 8 )]. Diese Bezeichnungen sind 
nicht mehr aufrecht zu erhalten und Neufeld und Rimpau haben 
daher in einer zweiten, im Druck befindlichen Arbeit die von ihnen 
studierten Substanzen im Gegensatz zu den bakteriolytischen als 
bakteriotrope bezeichnet Diese allgemein gehaltene Bezeichnung 
sagt nur aus, dafi die Wirkung des Serums in einer Art „Umstimmung u 


1) Dtache med. Wochenschr. 1904. 

2) Ann. de L’Inst. Pasteur. T. XV. 

3) Metschnikoff, Die immunitat bei Infektionskrankheiten. 


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Neufeld und Tftpfer, Ueber h&molytische and h&motrope Sera. 


457 


der Bakterien besteht, und es diirfte sich wohl empfeblen, dieselbe vor- 
lfiufig zu acceptieren, bis wir etwa fiber die Art dieser Verfinderung 
etwas Bestimmteres aussagen kfinnen 1 ). Im AnschluB an diese Be- 
nennung werden wir im folgenden die Ausdrficke „cytotrop tt und 
„hfimotrop u ffir die entsprechenden spezifischen Substanzen eines 
Serums gebrauchen, welche auf Zellen resp. Blutkdrperchen derart ver- 
findernd einwirken, daB sie von Phagocyten aufgenommen werden kfinnen. 

Wie erwfihnt, konnten Neufeld und Rimpau wenigstens in den 
von ihnen untersuchten Serumproben neben diesen „bakteriotropen“ 
keine bakteriolytischen Substanzen nachweisen und sie halten auch eine 
Angabe von Denys und Leclef 2 ), die eine direkte Abtfitung von 
Streptokokken durch Immunserum obne Vermittelung von Zellen so wohl 
im Tierkorper wie im Reagenzglase beobachtet zu haben glaubten, nicht 
ffir erwiesen. Wenn es hiernach wahrscheinlich ist, daB das gegen 
Streptokokken und Pneumokokken gerichtete Serum den Typus eines 
rein bakteriotropen darbietet, so ist damit natfirlich die Mfig- 
lichkeit, daB beide Arten spezifischer Substanzen zu- 
gleicb in einem Serum vorkomraen, nicht ausgeschlossen; 
es wfire das ein analoges Vorkommnis, wie das von Wasserinann 3 ) 
festgestellte gleichzeitige Auftreten von Antitoxinen und bakteriziden 
Antikfirpern bei der Immunisierung gegen den B. pyocyaneus. 

Durch die Annahme, daB sich bei der Immunisierung gegen manche 
Krankheitserreger gleichzeitig bakteriolytische und bakteriotrope Stoffe 
bilden, wfirden manche Differenzen zwischen der Metschnikoffschen 
und der Pfeifferschen Schule ihre Erledigung linden, und es schien 
uns daher von Interesse, nach den neu gewonnenen Gesichtspunkten 
die Untersuchung eines spezifischen Serums vorzunehmen, in dem wir 
beide Arten von Stoffen vermuten durften. Nach einigen orientierenden 
Versuchen entschlossen wir uns jedoch, zunfichst ein gegen Blut¬ 
kdrperchen gerichtetes Serum zu untersuchen; hat doch das Studium 
solcher Sera bereits die wichtigsten Anregungen ffir die ganze Immu- 
nitfitslehre gegeben. Nach den frfiheren Beobachtungen von Metsch- 
nikoff fiber die Aufhahme von fremden Blutkdrperchen durch die 
Phagocyten im Peritonealraume von Tieren durften wir erwarten, das- 
selbe Phfinomen auch im Reagenzglase erzielen zu kdnnen. Nach Ab- 
schluB unserer Versuche fanden wir bei Durchsicht der Literatur, daB 
gerade bei roten Blutkdrperchen bereits Savtchenko 4 ) und Taras - 
sewitsch 5 ) derartige Versuche in vitro vorgenommen haben. Wir 
kommen auf die Resultate dieser Autoren, die in dem ffir uns wichtig¬ 
sten Punkte mit den unserigen nicht fibereinstimmen, alsbald zurfick. 

Wir stellten uns zunfichst ein spezifisches Serum her, indem wir 
einem Kaninchen 3mal je 30—50 ccm Ziegenblut intraperitoneal inji- 
zierten. Wir erhielten ein hfimolytisches Serum, das, inaktiviert, bei ge- 
eignetem Komplementzusatz (frisches Ziegenserum) in der Dosis von 
0,01 noch gerade 1,0 Ziegenblut komplett ldste. Wie Ehrlich und 

1) Wright hat die die Phagocytose befordemden Substanzen als opsonische be- 
zeichnet. Diese Beuennung mochten wir deshalb nicht fiir die hier beschriebenen Stoffe 
annehmen, da die Wrightschen sich im wesentlichen von diesen dadurch unterscheiden, 
daB sie thermolabil und von ihm nur im normalen Menschenserum gefunden sind 
(vergl. Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 52. p. 1929). 

2) La cellule. 1895. 

3) Zeitechr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXII. 

4) Ann. de Pinst. Pasteur. 1902. 

5) Ibid. p. 150-152. 


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458 Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVU1. Heft 4. 

Morgenroth, verwandten wir stets eine 5-proz. Aufschwemmung 
der Blutkorperchen und fiillten alle ROhrchen mit Kochsalzlosung auf 
2,0 auf. Nebenher sei bemerkt, dafi dasselbe Serum auBerdem die 
Ziegeu blutkdrperchen kraftig agglutinierte. 

Dieses Kaninchenserum untersuchten wir nunmehr auf den Gehalt 
an „hamotropen“ Substanzen. Um dabei eine AuflOsung der Blutkorper¬ 
chen zu vermeiden, wurde es stets durch halbstiindiges Erhitzen auf 
56—60° inaktiviert. Im iibrigen war unsere Technik folgende: Die 
Ziegenblutkorperchen verwandten wir wiederum meist im Verhaitnis 
von 1 : 20 mit 0,85-proz. Kochsalzlosung aufgeschwemmt, jedoch mit 
dem Unterschiede, dafi sie zuvor sorgfaltig 2—3mal mit Kochsalzlosung 
gewaschen und abzentrifugiert wurden. Die Leukocyten gewannen wir 
entweder von Kaninchen durch intrapleurale oder von Meerschweinchen 
durch intraperitoneale Injektion einer dicken Aleuronataufschwemmung. 
Ein sehr wesentlicher Punkt ist es, dafi man nur gut be- 
wegliche und lebenskrSftige Leukocyten zum Versuche 
verwendet;.bei einiger Uebung kann man meist schon am hangen- 
den Tropfen beurteilen, ob die Leukocyten von geeigneter Beschaffenheit 
sind oder nicht. Nicht jedes Exsudat liefert gentigend bewegliche Leuko¬ 
cyten, und zwar hatten wir in dieser Beziehung bei Kaninchen viel 
h&ufiger MiBerfolge als bei Meerschweinchen. Meist benutzten wir 24- 
stiindige Exsudate, in anderen Fallen 2- und 3-tagige, ohne einen prin- 
zipiellen Unterschied zu konstatieren. Durch schnelle und ausgiebige 
Verdiinnung gelingt es meistens, die nachtraglishe Gerinnung der Ex¬ 
sudate zu verhindern. Nachdem die ROhrchen zentrifugiert waren, wurde 
die tiberstehende Fliissigkeit abgegossen, die Reste derselben mit Fil- 
trierpapier mOglichst vollstandig abgesogen und darauf der Bodensatz 
vor dem abermaligen Zentrifugieren sorgfaltig in neuer Kochsalzlosung 
verrieben. Durch derart 3mal wiederholtes, ausgiebiges Waschen mit 
groBen Mengen physiologischer Kochsalzlosung wurden die Leukocyten 
nach MOglichkeit von anhaftenden Exsudatresten befreit. Auf die Wich- 
tigkeit des grfindlichen Auswaschens der Leukocyten kommen wir noch 
zurQck. 

Zu den Versuchen nahmen wir meist 0,2 einer recht konzentrierten 
Leukocytenaufschwemmung; dieselbe mufi bei PrOfung im hangenden 
Tropfen mit Immersion etwa 20—30 Zellen im Gesichtsfelde enthalten, 
die zum Teil einzeln, zum Teil in kleinen Gruppen liegen. Dazu setzten 
wir im Reagenzglase 0,2 der BlutkOrperchenaufschwemmung und 0,2 des 
zu prufenden Serums, bezw. eine entsprechende Verdiinnung des Serums. 
Die ROhrchen wurden durchgeschiittelt und in den Briltschrank gestellt, 
von Zeit zu Zeit entnahmen wir Proben zur Untersuchung im hangen¬ 
den Tropfen. Die suspendierten Zellen sinken schnell zu Boden und 
kleben ziemlich fest an der Kuppe des Reagenzglases an; es ist des- 
halb nOtig, die ROhrchen vor der Entnahme stark zu schiitteln oder mit 
der Platinnadel die Zellschicht vom Glase abzukratzen. 

Mischten wir nun in der beschriebenen Weise das spezifische, 
gegen Ziegenblutkorperchen gerichtete Serum unseres Kaninchens (das 
natiirlich stets inaktiviert wurde, um die Hamolyse zu vermeiden) mit 
Ziegenblutkorperchen und mit Leukocyten, so sahen wir eine auBerst 
lebhafte Phagocytose eintreten, die meist in etwa 1V 2 Stunden ihren 
HOhepunkt erreichte. Bisweilen waren um diese Zeit annahernd samt- 
liche Leukocyten mit roten BlutkOrperchen vollgestopft, in einzelnen 
Leukocyten vermochten wir 6—8 davon zu zahlen. Die aufgenommenen 


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Neufeld und Tflpfer, Ueber hilmolytiache und h<iinotrope Sera. 


459 


BlutkSrperchen werden im Innern der Phagocyten aufgelSst; soweit 
unsere Beobachtungen darOber reichen, erfolgt die AuflSsung ziemlich 
langsam und ungleichmfiBig. 

An der Phagocytose beteiligen sich sowohl die einkernigen wie die 
polynukleSren Leukocyten; wenn auch die Aufnahme durch die ersteren 
etwas schneller und ausgiebiger geschieht (im Gegensatz zu dem umge- 
kehrten Verhalten bei der Phagocytose der Streptokokken), so konnten 
wir doch einen prinzipiellen Unterschied zwischen den „Makro“- und 
„Mikrophagen u nicht linden. 

Kontrollen wurden sowohl mit normalem (inaktiviertem) Kaninchen- 
serum als auch mit KochsalzlSsung angestellt. 

Urn die Befunde in diesen KontrollrShrchen zu beurteilen, muB man 
sich daran erinnern, daB sich schon in den meisten Aleuronatexsudaten 
vereinzelte Leukocyten finden, die ein oder ein paar BlutkSrperchen 
des eigenen Tieres aufgenommen haben; so darf man sich naturlich 
nicht wundern, daB man in jeder Kontrolle ab und zu ein BlutkSrper¬ 
chen im Innern eines Leukocyten sieht. Anfangs begegnet es uns je- 
doch Sfter, daB in denjenigen Kontrollen, die anstatt des spezifischen 
Serums nur Kochsalzlosung enthielten, eine etwas reichlichere Phago¬ 
cytose auftrat, wenn auch niemals in ahnlichem Grade wie bei Zusatz 
des spezifischen Serums. Je mehr wir uns jedoch Miihe geben, in der 
oben beschriebenen Weise die Leukocyten von den letzten Resten des 
Exsudates zu befreien, um so reiner fielen die Kontrollen aus, und 
schlieBlich erhielten wir in der Regel Kontrollen, die nur ganz ver¬ 
einzelte Phagocytose zeigten. Wir mochten daher annehmen, daB in 
den Exsudatfliissigkeitcn Stoffe enthalten sein kSnnen, welche fremde 
BlutkSrperchen zur Aufnahme in einen Leukocyten geeignet machen. 

DaB das normale Kaninchenserum ebenfalls derartige hfimotrope 
Substanzen enthalten kanu, schlieBen wir aus denjenigen Kontroll- 
rShrchen, bei denen das spezifische Serum nicht durch KochsalzlSsung, 
sondern durch normales Kaninchenserum ersetzt wurde. Hier sahen 
wir bei Zusatz von 0,2 Serum nicht ganz selten Phagocytose auftreten. 
Diese Phagocytose war jedoch an Intensitat nicht mit der durch spezi- 
fisches Serum erzeugten zu vergleichen und blieb ganz aus, sobald wir 
das normale Serum auf 1:10 mit KochsalzlSsung verdflnnten, wahrend 
das spezifische Serum in dieser Verdfinnung noch seine voile Wirksam- 
keit behielt. Die untere Grenze der Wirksamkeit haben wir nicht fest- 
gelegt. 

Um die Spezifitfit unseres durch Injektion von Ziegenblut gewonnenen 
Serums weiterhin zu prflfen, nahmen wir statt der ZiegenblutkSrperchen 
solche von Kaninchen, Meerschweinchen und Tauben. Es zeigte sich, 
daB das Serum die Phagocytose bei diesen Blutarten nicht beforderte 
oder doch nicht in hSherem Grade als ein normales Kaninchenserum. 
Andererseits zeigt unser Serum bei der Verwendung von Ziegenblut seine 
hamotrope Kraft jedesmal, gleichviel ob wir dieselbe an Kaninchen- oder 
an Meerschweinchenleukocyten erprobten. 

Das Serum verhalt sich also elektiv gegen BlutkSr¬ 
perchen, aber nicht elektiv gegen Leukocyten, unddieses 
Verhalten spricht deutlich dafflr, daB es nicht „stimu- 
lierend“ auf die Phagocyten, sondern verfindernd auf die 
BlutkSrperchen einwirkt: die Phagocyten nehmen nun- 
mehr sekundiir die „sensibilisierten“ BlutkSrperchen auf. 

Bewiesen wird diese Auffassung des weiteren durch den Bindungs- 


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460 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


versuch, den wir in derselben Weise und mit demselben Resnltat an- 
stellten, wie er in der Arbeit von Neufeld und Rimpau fttr das 
Strepto- und Pneumokokkenimmunserum angegeben ist. Wir versetzten 
0,1 des (inaktivierten) spezifischen Serums einmal mit 1,0 der 5-proz. 
Suspension von Ziegenblutkbrperchen, andererseits 0,1 desselben Serums 
mit 0,5 einer Leukocytenaufschwemmung; die RQhrchen liefien wir 
1 / 2 Stunde teils bei 37°, teils bei 0° stehen, zentrifugierten dann nach 
reichlichen Zusatz von Kochsalzlosung ab und wuschen noch zwei- 
mal auf das sorgf&ltigste in der oben geschilderten Weise. 
Setzten wir zu den abzentrifugierten und gewaschenen Blutkorperchen 
frische Leukocyten zu, so trat lebhafte Phagocytose ein; dieselbe blieb 
dagegen aus, wenn wir zu den abzentrifugierten Leukocyten Blutkdr- 
perchen zusetzten. DaB die Leukocyten nicht etwa durch die Prozedur 
des wiederholten Waschens an sich die F&higkeit zur Phagocytose ein- 
gebiiBt hatten, wurde durch Kontrollversuche festgestellt Also nicht 
die Leukocyten, sondern die roten Blutkorperchen gehen 
mit dem spezifischen Bestandteil des Serums eine Bin- 
dung ein. 

Wir haben diese bereits abgeschlossenen Versuche nochmals wieder- 
holt, nachdem wir bei Durchsicht der Literatur gefunden hatten, daB 
frtthere Autoren, Savtchenko 1 2 ) und Tarassevitch*), zu dem Er- 
gebnis gekommen sind, daB der spezifische Bestandteil des gegen Blut¬ 
korperchen einer fremden Species gerichteten Serums nicht nur von 
diesen Blutkorperchen, sondern auch von den Leukocyten der anderen 
Tierart gebunden wird. Savtchenko arbeitete mit dem Serum von 
Kaninchen, die mit Meerschweinchenblutkorperchen vorbehandelt waren, 
und konstatierte, daB die roten Blutkorperchen, wenn sie 1 / 2 Stunde bei 
Zimmertemperatur in Kontakt mit dem (inaktivierten) Serum gelassen 
werden, den „Fixator“ binden; wurden sie einem Meerschweinchen in 
das Peritoneum injiziert, so trat eine lebhafte Phagocytose auf. Sav¬ 
tchenko hat auch bereits im Reagenzglase die „sensibilisierten“ Blut¬ 
korperchen mit Meerschweinchenleukocyten, die er durch Injektion von 
Bouillon in die Bauchhbhle erhielt, zusammengebracht und auch unter 
diesen Bedingungen die Phagocytose eintreten sehen. Er schlieBt hier- 
aus, daB die Blutkorperchen in der Tat den „Fixator“ des fremden 
Serums binden konnen; bis hierher decken sich also seine Befunde mit 
den unserigen. 

Aber auch die Phagocyten konnen nach Savtchenkos Ansicht 
den Fixator an sich reiBen. Hier ist die Versuchsanordnung des Autors 
allerdings eine andere als die unserige, die, wie berichtet, zu dem ent- 
gegengesetzten Resultat fiihrte. S. hat die Bindung des spezifischen 
Serumbestandteiles durch die Leukocyten nicht im Reagenzglase, son¬ 
dern im TierkSrper beobachtet. Er injizierte Meerschweinchen intra- 
peritoneal das spezifische Serum mit Bouillon versetzt, um durch letztere 
zugleich ein leukocytenhaltiges Exsudat hervorzurufen. Am n&chsten 
Tage wurde den Tieren zur Verdflnnung dieses Exsudates 2,0 auf 37° 
erwarmte Kochsalzlosung injiziert; unmittelbar danach wurden sie ge- 
totet, das Exsudat zentrifugiert, der Bodensatz mit 10,0 Kochsalzldsung 
unter sorgfaltigem Schiitteln aufgeschwemmt und nochmals zentrifugiert. 
Nach AbgieBen der Fliissigkeit wurde der Bodensatz nunmehr in 1,0 


1) Ann. de PInstitufc Pasteur. 1902. 

2) Ebenda, p. 150—152. 


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Neufeld und TOpfer, Ueber h&molytische nnd h&motrope Sera. 


461 


Kochsalzlosung aufgeschwemmt und mit (mehrfach gewaschenen, eben- 
falls in physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmten) Meerschwein- 
chenblutkorperchen versetzt: darauf sah der Autor Phagocytose ein¬ 
treten, die er auf das von den Leukocyten gebundene „Stimulin“ zuriick- 
fflhrt. 

Einen weiteren Beweis dafflr, dafi die Leukocyten den „ Fixator" 
absorbieren, sieht Savtchenkoin folgendem. Injizierte er Meerschwein- 
chen, bei denen er ein leukocytenhaltiges Exsudat in der Bauchhohle 
hervorgerufen hatte, zuerst das spezifische Serum und danach Blutkor- 
perchen, so sah er, daB diese Blutkdrperchen ausschlieBlich durch Phago¬ 
cytose, nicht durch Hamolyse zu Grunde gingen; auch wenn er eine 
betrachtliche Dosis von frischem Serum als Komplement mit einspritzte, 
blieb die Hamolyse aus. Hieraus schlieBt der Autor, daB in diesem 
Falle die Erythrocyten bei ihrer Aufnahme durch die Exsudatzellen nicht 
mit Fixator beladen waren, denn sonst hatte bei Gegenwart von Komple¬ 
ment Hamolyse eintreten milssen: also muBten Leukocyten den 
Fixator an sich gerissen haben, „ce qui determine le changement de 
leur sensibility. u 

Tarassevitch wiederholte die Versuche Savtchenkos in der- 
selben Anordnung, indem auch er die Bindung des Fixators durch die 
Erythrocyten im Reagenzglase, durch die Leukocyten dagegen nur im 
Tierkdrper erfolgen lieB. In beiden Fallen sah er Phagocytose eintreten, 
die in letzterem Falle allerdings schwacher als in dem 
ersteren war. Er glaubt sich zu dem Schlusse berechtigt: „L’influence 
stimulante des fixateurs sur la fonction phagocytaire est done bien 4vi- 
dente.“ 

Unsere Versuche haben uns, wie erwahnt, zu dem entgegengesetzten 
Ergebnis gefiihrt, daB namlich die spezifische hamatrope Substanz des 
Serums nur von den Blutkdrperchen, auf die sie eingestellt ist, nicht 
aber von den Leukocyten fixiert wird, ganz in derselben Weise, wie es 
sich in der Arbeit von Neufeld und Rimpau fflr die bakterio- 
tropen Antikorper ergeben hatte. Die Ursache fflr das entgegengesetzte 
Resultat der beiden angeffihrten Untersucher mdchten wir in Mangeln 
ihrer Versuchsanordnung suchen. Die Angabe von Tarassevitch, 
daB die Phagocytose bei der Bindung durch die Leukocyten deutlich 
schwacher gewesen sei, als bei der Bindung durch die Blutkdrperchen, 
laBt die Mdglichkeit nicht von der Hand weisen, daB sie bei sorgfaitigerem 
Waschen der Leukocyten noch geringer geworden ware, daB es sich 
also urn mechanisches Anhaften des Serums gehandelt hat. Nach 
unseren Erfahrungen halten wir es ftir moglich, daB bei ungenugendem 
Waschen der Leukocyten durch das mechanische Anhaften hamotroper 
Substanz eine spezifische Bindung vorgetauscht sein dtirfte. Anderer- 
seits scheint uns aber nur eine Bindung in vitro, insbesondere eine 
solche bei niederer Temperatur, absolut beweisend zu sein; demgegen- 
ttber mochten wir bei den komplizierten Verhaltnissen am lebenden Tiere 
die entfernte Moglichkeit, daB bei dem Stoffwechsel der lebenden Zellen 
etwa zugleich mit anderen Bestandteilen eines fremden Serums auch 
spezifische Immunkorper aufgenommen werden, die spater wieder aus- 
geschieden werden konnten, nicht fQr ganz ausgeschlossen erklaren. 

In jedem Falle sehen wir unsere Versuchsanordnung 
als die einfachere und als eine absolut eindeutige an, 
und das Resultat, zu dem sie uns gefiihrt hat, als das ein- 
zige, das sich mit den festen Grundlagen, auf denen das 


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462 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

von Ehrlich und seinen Mitarbeitern errichtete System 
beruht, in Einklang bringen lfiBt. Trotz der AusfQhrungen, in 
denen Metschnikoff 1 ) seine Annahme der „Stimuline“ mit der Seiten- 
kettentheorie als wohl vereinbar erklfirt, vermfigen wir uns die Bildung 
der die Phagocytose auslfisenden bakteriotropen resp. cytotropen Sub- 
stanzen nur so vorzustellen, daB bei Vorbehandlung eines Tieres mit 
fremden Blutkdrperchen Stoffe entstehen, die eben zu diesen Blutkorper- 
chen oder bei Vorbehandlung mit Streptokokken Stoffe, die wiederum 
zu diesen Streptokokken eine spezifische Verwandtschaft haben. Die 
Annahme dagegen, daB gleichviel, ob wir einem Kaninchen die Blut- 
kbrperchen eines Meerschweinchens, oder einem Pferde, einem Kanin¬ 
chen, einer Ziege Streptokokken oder Pneumokokken einspritzen, daB in 
alien diesen Fallen Substanzen sich bilden sollten, die sfimtlich ihren 
Angriffspunkt in den Leukocyten der verschiedensten Tierarten haben — 
diese Annahme scheint uns mit der tirundidee der Ehrlichschen 
Theorieen vfillig unvereinbar. 

Natfirlich haben wir uns die Frage vorgelegt, ob die Serumbestand- 
teile, deren Wirkungen wir geschildert haben, etwa mit anderen bereits 
bekannten Stoffen identisch sind. Eine Identitat mit den Agglutininen 
erschien uns von vornherein sehr wenig wahrscheinlich, und wir balten 
diese Frage durch die Beobachtung von Neufeld und Rimpau, die 
unter ihren stark bakteriotropen Serumproben auch eine solche hatten, 
die gar nicht agglutinierte, sowie durch unseren unten nfiher mitge- 
teilten Versuch fur erledigt, in welchem umgekehrt ein Serum starken 
Gehalt an Hamagglutininen, aber gar keine Mmatrope Wirkung zeigte. 

Dagegen muBte bei* der Untersuchung des Streptokokken- und 
Pneumokokkenimmunserums die Frage offen bleiben, welche Beziehungen 
zwischen den bakteriotropen und den bakteriolytischen Antikfirpern be- 
stehen. Moglicherweise konnten beide Stoffe im Grunde identisch sein 
und die extracelluiare Aufldsung bei diesen Mikroorganismen nur des- 
wegen ausbleiben, weil der Ambozeptor wenigstens in dem Serum der 
von uns untersuchten Tierarten kein passendes Komplement findet. Bei 
der Immunisierung mit anderen Bakterien dagegen, gegen die sich ein 
immunisiertes Tier sowohl durch extracelluiare Auflosung der Bakterien 
als auch durch Phagocytose schfitzt, durften wir hoffen, die Frage zu 
entscheiden, ob beide Vorgange durch denselben spezifischen Stoff oder 
durch zwei verschiedene Stoffe ausgelfist werden. Wir haben auch hier 
zunachst die Verhaltnisse bei der Immunisierung mit Blutkbrperchen 
untersucht, glauben aber, mit Sicherheit ein analogesVer- 
haltenbeiderbakteriellenlmmunitatannehmenzukdnnen. 
Savtchenko sowohl wie Tarassevitch gehen, wie die obigen Zitate 
ergeben, iramer von der Ansicht aus, daB die Phagocytose befordernde 
Substanz des Serums mit dem „Fixator“, d. h. dem Hamo- bezw. Bakterio- 
lysin identisch sei. Wenn sich nun im Gegenteil erweisen 
lafit, daB beide Stoffe v611ig voneinander verschieden 
sind, so erscheinen uns viele strittige Fragen fiber das 
Zustandekommen und die Bedeutung der Phagocytose in 
einem ganz anderen Lichte. 

Unsere bisher mitgeteilten Beobachtungen bezogen sich auf das 
Serum von Kaninchen, die mit Ziegenblut vorbehandelt waren; dieses 
Serum hatte sich zugleich als stark hfimolytisch und hfimotrop erwiesen. 


1) Immunitfit bei Infektionskrankheiten. 


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Forssman, Antitoxinbildung bei aktiver Immunisierung gegen Botulismus. 463 


Wir behandelten dud einige Kaninchen rait Meerschweinchenblut und 
erhielten nach mehreren Injektionen ein Serum, von dem (bei Ver- 
wendung iuaktivierten Serums und geeignetem Komplementzusatz) 0,01 
bis 0,02 in der eingangs angegebenen Versuchsanordnung 1,0 einer 
5*proz, Aufschwemmung von Meerschweinchenblut noch stark, bezw. fast 
komplett 18ste; in Bezug auf h&molytisches Vermogen entsprach es also 
ungefEhr dem oben beschriebenen gegen Ziegenblut gerichteten Serum, 
daneben war auch die Agglutination stark ausgesprochen. Dieses Serum 
nun befSrderte in keiner Weise die Phagocytose: wir haben es mehrfach 
wiederholt mit Meerschweinchen-BlutkSrperchen und gut beweglichen 
Leukocyten von Meerschweinchen Oder Kaninchen im Reagenzglase zu- 
sammengebracht und stets negativen Erfolg gehabt. Nun hat Sav- 
tchenko 1 ) bei Benutzung derselben Tierarten und sonst entsprechender 
Versuchsanordnung starke Phagocytose auftreten sehen. Wir mSchten 
diese Beobachtung in keiner Weise anzweifeln, sondern ein individuell 
verschiedenes Verhalten, wie es sich vielfach bei der Bildung von Anti- 
korpern findet, annehmen. 

Wir haben also einen Fall vor uns, in welchem nur 
hEmolytische.aberkeinehEraotropenAntistoffeauftreten, 
und schlieden daraus, da8 beide Arten von Stoffen nicht 
identisch sind. Nebenher sehen wir die frfihere Feststellung be- 
statigt, dad auch die Agglutinin e nichts mit den hEmo- resp. bakterio- 
tropen Substanzen zu tun haben. 

Wir glauben diese Schludfolgerung (ohne dad wir damit die weiteren 
Details unserer Versuche iiber hEmotrope Sera schematisch auf die noch 
nicht erforschten VerhEltnisse bei bakteriotropen Seris anwenden wollen) 
auch auf die Immunity gegen Bakterien iibertragen zu dfirfen und 
nehmen also an, dad es sich in denjenigen Seris, von denen man nach 
den bisher vorliegenden Beobachtungen vermuten mud, dad sie zu gleicher 
Zeit bakteriolytisch und bakteriotrop wirken, um zwei vollig verschiedene 
Substanzen und nicht etwa um einen Stoif handelt, der zwei verschiedene 
Wirkungen auszulosen im stande ist. Aus Euderen Griinden konnten 
wir selbst unsere Versuche nach dieser Richtung nicht fortsetzen. 


Nachdruejc verboten. 

Studien iiber die Antitoxinbildung bei aktiver 
Immunisierung gegen Botulismus. 

[Aus dem bakteriologischen Institut der UniversitEt Lund.] 

Von Prof. Dr. J. Forssman, Lund. 

Mit 2 Kurven. 

Vor einigen Jahren verfiffentlichten Dr. E. Lundstr6m und Verf. 
dieses 2 ) Angaben iiber den Verlauf der Antitoxinkurve beim Botulismus. 
Ich habe mich seitdem von Zeit zu Zeit mit Untersuchungen fiber die 
ImmunitEt gegen dieses Gift besch&ftigt und werde im folgenden einige 
der hierbei erhaltenen Resultate mitteilen. 


1) a. a. O. 

2) Forssman et LundstrSm, Annales de l’lnstitut Pasteur. 1902. 


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464 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

Im Verlaufe der regen, nach der Behringscben Entdeckung des 
Tetanusantitoxins erfolgten Versuche, Antitoxine (Sera) darzustellen, 
machte man bald die Erfahrung, daft die Serumfabrikation mit viel 
groBeren Schwierigkeiten, als man anfangs vermntete, verbunden war. 
Es stellte sich insbesondere als absolut unmoglich heraus, die quantita¬ 
tive Antitoxinausbeute einer Immunisierung im voraus zu berechnen. 
Nicht nur verscbiedene Tiere einer und derselben Art erwiesen sich als 
sehr ungleicbwertige Antitoxinproduzenten, auch bei einem und demselben 
Tiere rufen ganz gleicbe Toxindosen bei verscbiedenen Gelegenheiten, 
obgleich an derselben Stelle des Tieres injiziert, das eine Mai eine sehr 
starke, das andere Mai nur eine fast belanglose Antitoxinproduktion 
hervor. Eine Gesetzmafiigkeit in diesen Verh&ltnissen herauszufinden, 
ist auch bis jetzt nicht gelungen. 

Man hat jedoch bei den seitdem ausgefuhrten, flberaus zahlreichen 
Immunisierungen selbstverst&ndlich viele diesbezugliche, fiir die Serum¬ 
fabrikation maBgebende Beobachtungen verzeichnen konnen. Unter an- 
derem fiel es bald auf, daB es bei der Immunisierung gegen Diphtheric- 
toxin sehr unzweckm&Big war, das Toxin intravenos einzuspritzen. In 
letzterem Falle bekam man n&mlich entweder fast gar kein Antitoxin oder 
bestenfalls nur sehr wenig im Verh&ltnis zu der durch eine ebenso 
groBe subkutan injizierte Toxindose hervorgerufenen Menge. 

Auf diese Beobachtungen gestQtzt, hat Dzierzgowski 1 ), der auf 
diesem Gebiete eine sehr groBe Erfahrung besitzt, die Meinung ausge- 
sprochen, dafi ,,1’injection de la toxine dans le torrent circulatoire ne 
contribue pas k la production d’antitoxine u , und fiir diese Auffassung 
viele Anh&nger gewonnen. Er findet tibrigens, daB sie mit unseren 
theoretischen Anschauungen sehr gut ubereinstimmt: „Ce fait devient 
comprehensible si Ton se souvient que le melange de toxine et d’anti- 
toxine in vitro n’est gufere capable k produire dans l’organisme d’anti- 
toxine et que par l’injection de toxine dans la veine on realise les 
conditions comparables 4 celles que l’on observe dans un tube & essai tt . 
Nach Dzierzgowski sollte also das Toxin, das in die Blutbahn 
hineingelangt, sogleich vom zirkulierenden Antitoxin neutralisiert und 
ihm in dieser Weise jeder EinfluB auf die Antitoxinbildung entzogen 
werden. Und dasselbe gilt natfirlich nicht nur vom intravasal inji¬ 
ziert en Toxin, sondern auch ebenfalls von dem Toxin, das bei subku- 
taner Injektion nach erfolgter Resorption in das Gef&fisystem eindringt. 
DaB subkutane Toxininjektionen nichtsdestoweniger bei einem immuni- 
sierten Tiere die Bildung von oft sehr grofien Antitoxinmengen hervor- 
rufen konnen, wiirde nach Dzierzgowski da von abh&ngen, daB der 
Antitoxingehalt in der Subcutis im Verhaltnis zu dem des Blutes sehr 
gering ist, und daB aus diesem Grunde nur sehr wenig des subkutan 
injizierten Toxins an der Injektionsstelle neutralisiert werden kann, 
dagegen der grbBte Teil auf die dortigen Zellen fixiert wird und diese 
nachtr&glich zur Antitoxinbildung anregt. 

Nach dieser Auffassung w&re die Antitoxinbildung als ein ProzeB 
nur lokaler Art zu betrachten. 

Die hier besprochene Deutung ist ursprhnglich nur fiir die Ver- 
haltnisse bei der Diphtherieimmunisierung ausgesprochen worden. Aller 
Wahrscheinlichkeit nach sind aber die Prozesse, die sich bei den Im¬ 
munisierungen gegen die verscbiedenen Toxine im Organismus abspielen, 


1) Dzierzgowski, Arch, dee sciences biolog. de St. P&ersbourg. T. V et IX. 


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Forssman, Antitoxinbildung bei aktiver Immunisierung gegen Botulismus. 465 


prinzipiell dieselben. Es wSre ja auch nach unserem jetzigen Wissen 
schwer zu verstehen, warum z. B. das fintravasale Tetanus- oder Botu- 
lismusantitoxin das in die Gef&Be eingedrungene entsprechende Toxin 
nicht ebensogut zu neutralisicren im stande sein sollte, als es bei der 
Diphtherie der Fall ist. 

DaB das Gewebe auf der Injektionsstelle yon Bedeutung fflr die 
Antitoxinbildung des Organismus ist, zeigen mehrere Tatsachen; und 
dies nicht nur bei der Diphtherieimmunisierung, sondern auch bei 
anderen Toxinimmunisierungen. So zeigt z. B. RSmer in seinen be- 
kannten Versuchen fiber Abrinimmunisierung, daB auf einer bestimmten 
frflhen Stufe der Immunit&t diejenige Conjunctiva, von welcher aus 
die Immunisierung vorgenommen wird, eine gegebene Giftdosis neutrali- 
siert, wfihrend die andere Conjunctiva gar keine neutralisierende Ein- 
wirkung auf das Gift ausfibt, was ja nicht anders gedeutet werden kann, 
als daB bier eine lokale Antitoxinbildung in der erstgenannten Conjunc¬ 
tiva stattgefunden hat. 

DaB aber das in die Zirkulation eingedrungene Toxin ohne jede 
Bedeutung fflr die Antitoxinbildung war, scheint uns andererseits keines- 
wegs sichergestellt, ebensowenig als die oben erwfihnte Anschauung 
Dzierzgowskis fiber die Neutralisationsverhfiltnisse des Toxins und 
des Antitoxins innerhalb der GefflBe. Denn es ist gar nicht bewiesen 
worden, daB die Neutralisation zwischen Toxin und Antitoxin hier auf 
dieselbe Weise wie in vitro verl&uft. Man weiB sogar nicht, ob im 
immunisierten Tiere das Antitoxin als solches oder vielleicht als ein 
Vorstadium desselben vorkommt, das erst beim Auslaufen des Blutes 
oder beim Tode des Tieres in Antitoxin flbergeht*). Eben in Bezug auf 
die Frage fiber die intravasale Neutralisation bin ich durch einige Be- 
obachtungen zu einer Ueberzeugung gekommen, die derjenigen Dzierz¬ 
gowskis ganz entgegengesetzt ist; ich meine n&mlich, daB die Neu¬ 
tralisation zwischen Toxin und Antitoxin (oder deren Vorstufen) inner¬ 
halb und auBerhalb des Organismus in verschiedener Weise verl&uft. • 
Aus diesem Grunde glaubte ich auch, daB das Toxin, in die Zirkulation 
eingespritzt, zur Antitoxinbildung Veranlassung geben kOnnte; und 
wenn dies wirklich der Fall wfire, hatte man zu erwarten, daB die Anti¬ 
toxinbildung nicht nur quantitativ verschieden, sondern geradezu nach 
einem ganz anderen Schema als bei der subkutanen Toxininjektion ver- 
laufen sollte, weil dann in den beiden Fallen wahrscheinlich verschiedene 
Zellengruppen die Antitoxinproduktion fibernehmen werden. 

Urn diese Frage zu eruieren, habe ich folgende Versuche mit einer 
gegen Botulisraustoxin immunisierten Ziege gemacht, welches Tier schon 
frfiher angewandt worden ist, um die Botulismusantitoxinkurven nach 
subkutanen Toxininjektionen zu bestimmen. 

Beim betreffenden Tiere wurde nun, nachdem ihm zuerst eine kleine 
Blutprobe (20 ccm) entnoramen worden war, in die Vena jugularis 100000 
Testdosen 1 2 ) des Botulismustoxins injiziert. Die injizierte Toxinlosung, 
die 87 ccm betrug, wurde sehr langsam, es dauerte 5 Minuten, in die 
Vene eingespritzt, damit sie sogleich mit grfifieren Blutmengen in Be- 
rfihrung kommen sollte, teils darum, weil das Tier bei schnellerer In- 
jektion sehr kurzatmig wurde. 

1) Dafl ee gelungen ist, Antitoxin in Citrat- and Oxalatplasma nachzuweisen, be- 
weist hierbei nicht viel, weil das Blut durch solche Zusatze erheblich verandert wird. 

2) Eine Teetdosis = eine Toxindosis, die in 48 Stunden ein Meerschweinchen ron 
• 250 g tiJtet. 

Ente AbU Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 30 


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466 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

Jeden oder jeden 2. Tag wurden dann Blutproben entnommen und 
die hieraus gewonnenen Sera au£ ihren Antitoxingehalt geeicht. Bei dieser 
Eichung wurde zu einem bestimmten Serumquantum so viel Toxin ge- 
setzt, bis die Mischung ein Meerschweinchen von 250 g in 4—5 Tagen 
t6tete; die Zahl der hierfiir pro Kubikzentimeter Serum notigen Testdosen 
wurde als die Wertigkeit des Serums bezeichnet. In den friiheren von 
Lundstrom und mir publizierten Kurven bezeichnen die Serumwerte 
die Zahl von Testdosen pro Kubikzentimeter Serum, die hinzugefugt 
werden muBten, um ein Meerschweinchen in 48 Stunden zu tSten. 

Die Todeszeit der Meerschweinchen von 48 Stunden auf 4—5 Tage 
zu verlangern, bedeutet, daB im letzten Falle genau nur eine todliche 
Dosis in der Mischung frei enthalten ist: denn die Tiere, die nicht in 
dieser Zeit nach der Injektion sterben, uberleben. Durch vergleichende 
Versuche, um die grSBere Scharfe der einen oder anderen Technik klar- 
zulegen, habe ich gefunden, daB die jetzige die bessere ist. Jetzt, eben- 
sowohl als frtiher, haben die Injektionen der Mischungen von Toxin und 
Antitoxin immer bei bis 100000-wertigen Sera 200 Testdosen, bei noch 
hoherwertigen Seren 500 Testdosen enthalten. DaB die Sera einer 
Kurve immer mit derselben Toxinlosung, die wahrend der ganzen Zeit 
der Bestimmung samtlicher Sera konstante Giftigkeit beibehalten muBte, 
geeicht sind, ist ganz klar. Die ToxinlOsung (d. h. die filtrierte Kultur- 
flQssigkeit) ist immer ohne weitere Verdiinnung angewandt worden. 

Nach diesen Bemer- 
kungen lasse ich jetzt die 
nach der intravasalen 
Toxininjektion gefundene 
Antitoxinkurve (Kurve I) 
folgen. Die Ordinaten 
bedeuten wie gewohnlich 
die Serumwerte, die Ab- 
scissen die Zahl der Tage 
nach der Injektion. 

Nachdem ich diese 
Kurve gefunden hatte, 
habe ich, ohne die gan¬ 
zen Kurven aufzuzeich- 
nen, noch 2mal nach 
erneuerten intravasalen 
Toxininjektionen das 
Verh&ltnis der Serum¬ 
werte am 10. bezw. 
15. Tage nach den Injek¬ 
tionen kontrolliert und 
dabei folgende Werte der 
gepriiften Sera erhalten; 
in einem Falle 72000 
bezw. 50000, im anderen 125000 bezw. 115000. RegelmSBig sind also 
hier die Serumwerte entschieden hoher am 10. als am 15. Tage, was 
eben das Gegenteil zu dem bildet, das man nach einer subkutanen 
Toxininjektion beobachtet. Auf den nach diesen letztgenannten Injek¬ 
tionen gewonnenen Antitoxinkurven, von denen ich zum Vergleich die 
eine (Kurve 2) wiedergebe, befindet sich immer der Scheitelpunkt auf 
dem 15. Tage. 



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Forssman, Antitoxinbildung bei aktiver Immunisierung gegen Botulismus. 467 


Dies bildet tibrigens nicht den einzigen Unterschied zwischen den 
nach den intravenosen und den subkutanen Toxininjektionen erhaltenen 
Enrven. Aber die Kurven nach der subkutanen Injektion stammten 
aus dem Jabre 1900, und ich konnte die Moglichkeit nicht verneinen, 
daB vielleicht die Form ebensowohl als die Hohe der Antitoxinkurven 
von Zeit zu Zeit wechseln konnten, daft mit anderen Worten die Kurve 
nach einer subkutanen Injektion vielleicht jetzt von den friiher ge- 
zeichneten Kurven nach subkutanen Einspritzungen abweichen und 
moglicherweise mit denjenigen nach den intravenosen Injektionen uber- 
einstimmen wQrde. Urn zu prflfen, wie sich dies in der Wirklichkeit 
verhalt, spritzte ich jetzt eine ToxinlOsung der Ziege subkutan ein. In 
den hiernach gewonnenen Sera fand ich aber die alte Antitoxinkurve 
wieder, wie ich sie zusammen mit Lundstrom 1900 ermittelt hatte. 
Ihr hOchster Punkt lag auf dem 15. Tage; die Serumwerte des 10. und 
des 15. waren resp. 305000 und 355000. 

Durch diese Versuche ist es also klar bewiesen worden, daB beim 
Botulismus auch durch das intravends eingespritzte Toxin eine Antitoxin- 
bildung hervorgerufen wird. Der Serumwert stieg in den drei unter- 
suchten Fallen, im ersten Fall von 10000 auf 75000, im zweiten von 
10000 auf 70000 und im dritten 13000 auf 125000. 

Die Kurven erheben sich jedoch nach den intravenosen Injektionen 
niemals zu einer solchen Hdhe, wie nach den subkutanen; die Antitoxin- 
produktion ist in jenem Falle bedeutend kleiner als in diesem; wie es 
fflr die Bildung der Diphtherieantitoxine der Fall ist, so hat augen- 
scheinlich auch hier das subkutane Gewebe eine grofie Bedeutung fur 
die Antitoxinproduktion. 

Wie ersichtlich, enthielt das unmittelbar vor den Toxininjektionen 
gewonnene Serum so erhebliche Mengen Antitoxin, daft nach Berechnung 
einige Zehntel Kubikzentimeter ausreichend waren, um das injizierte 
Toxin zu neutralisieren. Da dessenungeachtet nach den intravasalen 
Injektionen eine reichliche Antitoxinbildung zu stande kam, die ja nicht 
von einer neutralen Mischung von Toxin und Antitoxin ausgeldst wird, so 
scheint mir dies anzudeuten, daB die Neutralisation zwischen Toxin und 
Antitoxin im Organismus und in vitro nicht in derselben Weise verlauft 

Die SchluBfolgerungen, die ich hier vorgetragen habe, gelten, strong 
genommen, nur fiir das Toxin und Antitoxin des Botulismus, aber wahr- 
scheinlich treffen sie auch fflr andere Toxine und Antitoxine zu. In 
Bezug auf die Verh&ltnisse bei der Diphtherie ersieht man auch aus 
den Versuchstabellen Dzierzgowski, daB die einzigen mit intra¬ 
vasalen Toxininjektionen behandelten Pferde, die er erw&hnt (Pferde 
No. 163 und 158) in Wirklichkeit Antitoxin produziert haben. Da die 
Menge aber relativ klein war, so nimmt Dzierzgowski hierauf keine 
Rflcksicht, sondern spricht sich, wie oben angefflhrt wurde, dahin aus, 
daB so gemachte Injektionen ohne Bedeutung fflr die Antitoxinbildung 
sein sollten. Beim Dzierzgowskischen Pferde 163 stieg doch der 
Antitoxingehalt bis zu 20 I.-E.; wie die Antitoxinkurve hier aussah, ist 
unbekannt; mOglich ist, daB Dzierzgowski hdhere Werte bekommen 
hatte, wenn er das Aderlassen zu anderen Zeitpunkten gemacht hatte, 
denn es ist nicht wahrscheinlich, daB er zufillligerweise gerade auf den 
Gipfelpunkt der unbekannten Antitoxinkurve nach intravasalen Toxin¬ 
injektionen gefallen ist 

Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, haben alle diejenigen 
Kurven, die nach subkutanen Toxininjektionen erhalten werden, unter 

30* 


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468 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

sich die gemeinsame Eigenschaft, dafi ihr Maximum auf dem 15. Tage 
nach den Injektionen liegt, ebenso wie andererseits der 10. Tag den 
hdchsten Punkten der Antitoxinkurven nach intravenosen Injektionen 
entspricht. 

Dies scheint sehr konstant zu sein, wie viel die Kurven auch sonst 
untereinander variieren mOgen. 

Diese durchgehende Verschiedenheit zwischen den Antitoxinkurven 
der subkutanen und den der intravasalen Injektionen rflhrt wahrschein- 
lich daher, dafi verscbiedene Zellengruppen mit verschiedenem Sekretions- 
vermbgen in Wirksarakeit treten, oder dafi wenigstens die Antitoxin- 
beitr&ge der Zellen in den beiden Fallen verschieden ausgiebig werden. 
Wenn man voraussetzt, dafi Rezeptoren fflr ein bestimmtes Gift in 
mehreren ungleichwertigen Geweben des Organismus zu finden sind, so 
ist es auch sehr plausibel, dafi man ebensoviele verschiedene Antitoxin¬ 
kurven bekommt, wie solche rezeptorenhaltige Gewebe existieren. 

Auf dieselbe Weise, wie ich jetzt durch mtravasale Injektion eine 
von den nach subkutanen Toxininjektionen verschiedene Antitoxinkurven 
gefunden habe, gelingt es vielleicht, eine spezielle renale, intracerebrale 
etc. Antitoxinkurve nach Injektionen des Toxins in die Niere, ins Gehirn 
u. s. w. zu erhalten; nachdem das eine oder andere Gewebe durch die 
Injektionen haupts&chlich interessiert wird. 

Doch geht ja immer ein wenig Toxin durch Resorption ins Blut 
hinfiber und dadurch wird immer die intravasale Kurve sich zu den 
flbrigen addieren. 

Es ist klar, dafi man durch ein systematisches Studium der diesbe- 
zfiglichen Verhflltnisse eine genauere Kenntnis der Bildungsst&tten des 
Antitoxins erhalten wird, wie es auch von praktischer Bedeutung fflr 
die Antitoxinfabrikation ist, nach Aufsuchen desjenigen Gewebes, das 
der kr&ftigste Antitoxinproduzent des Organismus ist, in grofiter Aus- 
dehnung dasselbe auszunfltzen. Beim Botulismus wird es z. B. sehr 
zweckm&Big sein, um eine grofie Antitoxinausbeute zu bekommen, das 
subkutane Gewebe durch eine Menge kleinerer Toxininjektionen zu in- 
filtrieren anstatt alles Toxin an einer und derselbe Stelle einzuspritzen, 
da in jenem Falle das subkutane Gewebe, das sich als ein hervor- 
ragender Antitoxinproduzent dokumentiert hat, in grofierem Umfange zur 
Antitoxinbildung angeregt wird. Auf diese Frage werde ich spfiter zu- 
rflckkommen. 


Nachdruch verboten. 

Die Wirkung des Aethylathers auf die hamolytisehen und 

bakteriziden Sera. 

[Aus dem Hygienischen Institut der k. Universitflt in Siena 
(Direktor: Prof. A. Sclavo).] 

Experimentelle Untersuchungen von Dr. D. Ottolenghi und Dr. N. Mori. 

(Schlufi.) 

Ob jedoch in der mit Aether extrahierten Substanz, aufier diesem 
Fett, in minimaler Menge noch ein anderer Kflrper vorhanden ist, kflnnen 
wir nicht mit Sicherheit sagen, wie es uns andererseits nicht mdglich 
ist, anzugeben, welcbe Bedeutung die Substanz fflr die H&molyse hat. 


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Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethyl&thers auf h&molyt. u. bakt. Sera. 469 


Denn diese Sera werden durch Zusatz der besagten, in etwas Kochsalz- 
lOsung emulsionierten Substanz nicht reaktiviert, und ferner, wenn man 
einem rait Aether versetzten Serum den Aether vollstandig entzieht, so 
dafi alles, was von ihm gelost wurde, im Schofie des Serums bleibt; 
bleibt doch jede hSmolytische Wirkung aus. 

Wie bereits erw&hnt wurde, beobachtet man bei einigen Sera nach 
dem Schfltteln mit Aether zwischen den beiden gewOhnlichen Schichten, 
in die sich das Gemisch trennt, eine dritte, Emulsionsschicht. Auch 
diese prQften wir auf das hamolytische VermOgen, und auch sie besafi 
keines, ganz wenige Faile ausgenommen, in denen jedoch die Hamolyse 
offenbar durch die bedeutende Menge Aether, die in der Emulsion vor- 
handen war, bedingt wurde; denn sie hOrte nach Vertreibung des Aethers 
gleich auf. 


Da diese und andere Versuche zur chemischen Erkiarung der vom 
Aether auf die Hamolyse ausgeflbten Wirkung keinen Erfolg hatten, 
suchten wir zu erforschen, ob diese sich auch mit irgend einer merk- 
lichen Modifikation der beiden fiestandteile der Hamolysine: — Ambo- 
zeptoren, Komplemente — offenbare. 

Zu diesem Zwecke bedienten wir uns folgender Kombinationen von 
hamolytischen Sera und roten Blutkorperchen: 

1) Hundeserum — rote Blutkorperchen des Meerschweinchens; 

2) Rinderserum — rote Blutkorperchen des Kaninchens; 

3) Kaninchenserum — rote Blutkorperchen des Huhns; 

4) Kaninchenserum — rote Blutkorperchen der Taube; 

5) Eselserum — rote Blutkorperchen des Kaninchens. 

Von der Annahme ausgehend, dafi in den mit Aether behandelten 
Sera Vernichtung entweder der Ambozeptoren Oder der Komplemente 
vorliege, studierten wir zunfichst das Verhalten der Sera den roten 
Blutkorperchen gegenflber bei 0°; denn wenn unter dieseu Verhfiltnissen 
die roten Blutkorperchen sensibilisiert wQrden, mufite man schliefien, 
dafi die Ambozeptoren intakt waren, wenn dagegen keine Sensibilisation 
erfolgte, konnte das Fehlen der Hamolyse entweder einer Vernichtung 
der Ambozeptoren allein oder einer Verfinderung beider Bestandteile 
des Hfimolysins beigemessen werden; und so war gleich der Weg fdr 
weitere Untersuchungen vorgezeichnet. 

Beim Hunde- und Rinderserum befolgten wir, da man im Meer- 
schweinchenserum eine gute Quelle von den Ambozeptoren jener beiden 
Sera sich anpassenden Komplementen hat, folgendes Verfahren: Nach- 
dem man die zur Hervorrufung einer vollstandigen Hamolyse in 1 ccra 
der gewOhnlichen BlutkOrperchenaufschwemmung erforderliche Minimal- 
dose frischen Serums bestimmt hat, bereitet man folgende Gemische: 

5 ccm BlutkOrperchenaufschwemmung + 5 Minimaldosen einfachen 
Serums; 

5 ccm BlutkOrperchenaufschwemmung -f- 5 Minimaldosen mit Aether 
behandelten Serums (dabei die aufgelOste Aethermenge berflcksichtigend, 
am das richtige Volumen dieses Serums zuzusetzen); 

5 ccm Blutkorperchenaufschwemmung + 5 Minimaldosen mit Aether 
behandelten Serums, dem aber der Aether mittelst der Pumpe entzogen 
worden ist. 

Durch Zusatz von Kochsalzl&sung bringt man die drei Gemische 
auf das gleiche Volumen von 10 ccm. Ein viertes, zur Kontrolle dienen- 
des Giaschen, enthfilt einfach Blutkorperchenaufschwemmung. 


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470 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 4. 


Die Gemische werden einige Stunden lang in Eis gehalten, dann 
zentrifugiert und auf das Sediment, das man in 5 ccm Kochsalzlosung 
suspendiert und in 5 Teile von je 1 ccm teilt, l&Bt man das reaktivierende 
Serum einwirken 1 2 3 ). 


Tabelle II. 


Seram vom Hunde*) — Bote BlutkSrperchen des Meerschweinchens. 

Aufsch wemmung A = Seram 0,5 ccm + 5 % Blutk5rp.-Aufsch wemmung in 0,85 % NaCl-Lsg. 

. B -= 6 Std. 1 r. m. Aether 


behandeltes Seram 
0,55 ccm s ) +5 % 

C = Serum wie bei B, 

Aether mittelet der 
Pumpe entzogen, 

0,5 ccm + 5 °/ 0 

D- - +5°/. 


„ 0,85 7. 


» 0,85 7. 
„ 0,85 7. 


9*1 
\l% a 

2*6 


Diese Aufschwemmungen bleiben 4 Stunden bei 0°, dann werden sie zentrifugiert; 
jedes Sediment wird mehrmals mit Kochsalzldsung ausgewaschen, hierauf in 5 ccm der- 
selben Losung suspendiert. 1 ccm jeder so erhalteuen Fliissigkeit behandelt man, wie 
folgt: 

Ausfall der 
Hamolyse 


o < — > _ 


Blutkorp.aus d.Aufschwemmung A .. 

A + frisches Meerschweinchenserum 0,5 ccm I o 

g la ® Kru 

B + do. 

C. 

C + do. 

D. 

D+ do. 


0 

fast kompL 

0 

kompi. 


“a^-g 

g O 2 QQ 




fast kompL 
0 
0 


In Tabelle II sind die Resultate zusammengestellt, die wir bei der 
Kombination: Hundeserum — rote BlutkSrperchen des Meer¬ 
schweinchens erhielten; die bei der Kombination: Rinderserum 
— rote BlutkSrperchen des Kaninchens erhaltenen Resultate 
sind gl&nzlich die gleichen. 

Bei den anderen Kombinationen: Kaninchenserum — rote 
Blutkorperchen der Taube oder des Huhns dagegen, wendeten 
wir kein fflr die Komplemente fremdartiges Serum an, sondern verfuhren, 
wie folgt: 

Nachdem wir die beiden Gemische: rote Blutkorperchen + 
mit Aether behandeltes Serum und rote B1 utkSrperchen 


1) Wir machten vergleichehalber auch andere Versuche, bei denen wir das kom- 
plettierende Serum, statt es den bei 0° mit hamolytischem Serum behandelten und dann 
gespiilten roten BlutkSrperchen zuzusetzen, direkt dem Geraisch: Blutkorperchen + zu 
untersuchendes inaktives Serum beimischten; aber dieses einfachere und schnellere Ver- 
fahren hat uns keine so deutlichen Resultate gegeben wie das oben beschriebene; die 
Reaktivierung machte sich immer nur wenig bemerkbar. Dies hangt vielleicht davon 
ab, dafi in den mit Aether behandelten Sera die Komplemente in Komplementoide um- 

f ewandelt worden sind, sich jedoch ohne Hamolyse hervorrafen zu aonnen, mit der 
omplementophilen Gruppe der Ambozeptoren zu verbinden vermogen, aber verhindemd, 
dafi die durch Zusatz des komplettierenden Serums in das Gemisch eingefiihrten aktiven 
Komplemente sich mit ihnen verbinden. Ob jedoch der Aether wirklioi nur die Eigen- 
Bchait hat, die Komplemente innerhalb des angegebenen Zeitraums in Komplementoide 
umzuwandeln, oder ob er sie auch vollstandig vernichtet, dies lafit sich vielleicht wohl 
besser dadurch feststellen, dafi man den Tieren durch Aether inaktive Sera injiziert und 
dann untersucht, ob ihr Serum dadurch antikomplementare Eigenschaften erlangt hat 
oder nicht. 

2) 0,1 ccm Hundeserum = minimale Dosis zur vollstan digen Hamolyse von 1 ccm 
einer 5-proz. Meerechweinchenblutkorperchen-Emulsion in 0,85-proz. Kochsalzlosung. 

3) Da das Hundeserum ca. 10 Proz. des Aethers ldst, wurde die Menge desselben 
entprechend erhoht. 


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Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethyl&there auf hamolyt. u. bakt. Sera. 471 


-f- einfaches Serum hergestellt und sie geniigend lange Zeit in Eis 
gehalten hatten, zentrifugierten wir sie, gossen die zentrifugierte Flussig¬ 
keit ab und prfiften dann an den gut ausgespfilten und in Kochsalz¬ 
losung aufgeschwemmten Sedimenten die Wirkung der abgegossenen 
Flussigkeit. 

Enthielt das mit Aether behandelte Serum Ambozeptoren und Kom- 
plemente, so muBte Sensibilisation der Blutkorperchen erfolgen und dann 
bei Zusatz der eigenen zentrifugierten oder der durch Zentrifugierung 
des Gemisches: rote Blutkorperchen + einfaches Serum er- 
haltenen Flussigkeit Hamolyse stattfinden; fehlten die Komplemente, 
aber waren die Ambozeptoren vorhanden, so konnte nur Sterilisation 
der Blutkbrperchen erfolgen, erkennbar durch die Hamolyse bei Zusatz 
der aus dem Gemisch: Blutkorperchen 4- einfaches Serum 
zentrifugierten Flussigkeit; waren nur die Komplemente vorhanden, dann 
muBte die Sensibilisation der roten Blutkorperchen ausbleiben, aber die 
zentrifugierte Fliissigkeit muBte beim Sediment des Gemisches: Blut¬ 
korperchen + einfaches Serum Hamolyse hervorrufen; waren 
endlich sowohl Komplemente als Ambozeptoren vernichtet, dann muBte 
die Sensibilisation der Blutkorperchen ausbleiben und die zentrifugierte 
Flussigkeit muBte sich zur Reaktivierung der sensibilisierten roten Blut¬ 
korperchen als unfahig erweisen. 

Die Versuche, die wir nach dieser Methode unter Vornahme von 
Kontrollversuchen an den roten Blutkorperchen der Taube ausfuhrten, 


Tabelle III. 

Serum von Kaninchen. — Rote Blutkorperchen der Taube. 

Serum a = Serum von Kaninchen *)• 

Serum b = 3 Stunden Iang mit Aether behandeltes Serum von demselben Kanin¬ 
chen wie Serum a: vor dem Versuch wurde der Aether durch die Erhitzung des Serums 
auf dem Wasserbad ausgetrieben. 

Serum c = Serum von demselben Kaninchen wie Serum a, ohne Aether, gleich- 
zeitig mit Serum b auf dem Wasserbad erhitzt. 

Aufechwemmung Serum a + Blutkorp. \ 1 5 ccm Serum a + 0,25 ccm gewasch. Taubenblutkorp. 

Ip,, „ b + 0,25 


0,85 -/« 
NaCl-Li 


b + 
c + 


»g- + 


d. h. 5 


0,85 »/c 


NaCl- 


c + 0,25 


Esg. 4" 0,25 ,, ,, ., 

Die Rohrchen mit diesen Aufechwemmungen werden 4 1 /, Stunden bei 0“ gehalten, 
dann schnell zentrifugiert: so erhalt man ein Sediment und einen Abgu6; dad gut aus- 
gewaschene Sediment wird in 5 ccm Kochsalzlosung aufgeschwemmt, und 1 ccm jeder 
dieser Fliissigkeiten wird mit je 0,5 ccm der verschiedenen Abgiisse versetzt, unter Zu¬ 
satz von Kochsalzlosung auf gleiches Volumen (2 ccm) gebracht, sodann 2 Stunden bei 
37° und 20 Stunden bei 0° gehalten. 


Blutkorperchen wahrend 
4 l /-» Stunden bei 0° in 

Nachdem man zentrifugiert und ausgewaschen hat, setzt 
man 0,5 ccm des Abgusses zu, welcher nach Zentri¬ 
fugierung jeder folgenden Aufschwemmung entsteht 

Beruhrung mit 

Serum a 

Serum b 

Serum c 

0,85 % Nad- 


-f Blut- 

+ Blut- 

■f Blut- 

Lsg. -f Blut- 


korperchen 

korperchen 

korperchen 

korperchen 

a) Serum a 

sehr stark 

0 

stark 

0 

(5) Serum b 

stark 

0 

stark 

0 

y) Serum c 

sehr stark 

0 

stark 

0 

i) 0,85-proz. KochsalzloBung 

Spuren 

0 

minimale Spuren 

0 


Ausfall der Hamolyse 


D 1 ccm Serum a = minimale Dosis zur fast vollstandigen Hamolyse 0,05 ccm 
Blutkorperchen oder 1 ccm einer 5-proz. Blutkorperchenaufschwemmung in 0,85-proz. 
Kochsalzlosung. 


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472 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


gaben, wie aus Tabelle III ersichtlich, ganz deutliche Resultate. Da- 
gegen gaben die an den roten Blutkorperchen des Huhns ausgefiihrten 
Versuche ein weniger klares Resultat; weil es bei 0° nicht gelang, in 
deni Gemisch: rote Blutkorperchen — einfaches Serum, die 
Ambozeptoren von den Komplementen gut zu trennen; in der zentri- 
fugierten Fliissigkeit war deshalb noch eine bedeutende Dose von den 
ersteren vorhanden und die Fliissigkeit selbst war auch fur die mit 
keinem Serum behandelten, sondern zur Kontrolle in Kochsalzlbsung ge- 
haltenen Blutkorperchen hamolytisch. 

Durch ahnliches technisches Verfahren konnten wir endlich fest- 
stellen, daB auch das Eselserum, durch Behandlung mit Aether, wegen 
Inaktivierung der Komplemente, das hamolytische Vermogen verliert. 

Da die beschriebenen Versuche dartaten, daB binnen gewisser Zeit- 
grenzen die Wirkung des Aethers auf die hamolytischen Sera sich darauf 
beschrankt, deren Komplemente anzugreifen, schien es uns interessant, 
zu erforschen, ob bei langerer Aetherbehandlung auch die Ambozeptoren 
beeintrachtigt wiirden. Von den diesbeziiglichen Versuchen, die wir 
bisher ausschlieBlich an Rinderserum vornahmen, geben wir ein Beispiel 
in Tabelle IV, das deutlich dartut, daB dieses Serum, nach 48-stundiger 


Tabelle IV. 


Rinderserum. — Rote Blutkorperchen von Kaninchen. 

Serum a = Rinderserum *). 

Serum b = 48 Stunden lang mit Aether behandeltes Serum von demselben Rinde 
wie Serum a. 

Serum c — wie Serum b, aber vor dem Versuch wurde der Aether durch Er- 
hitzung des Serums auf dem Waeserbad ausgetrieben. 

Serum d = wie Serum a, gleichzeitig mit dem Serum c auf dem Wasserbad 
erhitzt. 


Aufschwemmung Serum a -f Blutkorp. 

» n b 4- » 

» yj ® “I - n 

»» n ^ 4* ii 

* „ 0,85 °/o 

NaCl-Lsg. -f „ 


1 2 ccm Serum a 4- 0,40 ccm Kaninchenblutkorp/ 
2 n n b -f- 0,40 „ „ 


>d. h. 


I 6 - ii 
2 „ 
0,85 
Lei 


ii c + 0,40 „ „ 

ii d + 0,40 ,, ,t 

Vo NaCl- 

Leg. + 0,40 „ „ 

Diese Aufschwemmungen werden 3 Stunden bei 0° gehalten, sodann zentrifugiert: 
so erhalt man ein Sediment und einen Abgufi. Das gut ausgewaschene Sediment wird 
in 8 ccm Kochsalzlbsung aufgeschwemmt: 1 ccm jeder dieser Fliissi^keiten wird je mit 
0,5 ccm der verschiedenen Abgiisse versetzt, unter Zusatz von Kochsalzlbsung auf 
gleiches Volumen (2 ccm) gebracht, hierauf 2 Stunden bei 37° und 20 Stunden bei 0° 
gehalten. Der Ausgang des Versuches ist folgender: 


Blutkorperchen wahrend 

3 Stunden bei 0° in Be- 

Nachdem man zentrifugiert und ausgewaschen hat, setzt man 
0,5 ccm des Abgusses zu, welcher nach Zentrifugierung jeder 
folgenden Aufschwemmung entsteht 

riihrung mit 

Serum a 
+ Blut- 
korperchen 

Serum b 
+ Blut¬ 
korperchen 

Serum c 
+ Blut¬ 
korperchen 

Serum d 
+ Blut¬ 
korperchen 

0,85 % NaCl- 
Lsg. + Blut¬ 
korperchen 

at) Serum a 
(S) Serum b 
y) Serum c 
fi) Serum d 

e) 0,85-proz. Kochsalzlosg. 

sehr stark 
sehr stark 
sehr stark 
sehr stark 
Spuren 

0 

Spuren 

0 

0 

0 

0 

Spuren 

0 

0 

0 

sehr stark 
sehr stark 
sehr stark 
sehr stark 
Spuren 

0 

Spuren 

0 

0 

0 


Ausfall der Hamolyse 


1) 0,25 ccm Serum a = minimale Dosis zur vollstandigen Hiimolyse 0,05 ccm 
Kaninchenblutkorperchen oder 1 ccm einer 5-proz. Kaninchenblutkorperchenaufschwem- 
mung in 0,85-proz. Kochsalzlbsung. 


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(8 ccm) mit 
0,85 °/ 0 NaCl- 
Ixg, gebracht 



Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethyl&thers auf hftmolyt u. bakt Sera. 473 

Behandlung mit Aether die roten BlutkQrperchen des Kaninchens noch 
gut zu sensibilisieren vermochte. 

Und hier ist es angebracht, zweier bemerkenswerter Eigentflmlich- 
keiten Erwflhnung zu tun. Wie schon gesagt wurde, ist eine 24-stflndige 
Behandlung mit Aether erforderlich, um dem Rinderserum das hflmo- 
lytiscbe Verm5gen den roten Blutkdrperchen des Kaninchens gegenflber 
zu entziehen und eine ungef&hr 48-stflndige, um es gegen die roten 
Blutkdrperchen des Meerschweinchens unwirksam zu machen. Da je- 
doch nach 48-stflndiger Behandlung mit Aether die spezifischen Ambo- 
zeptoren fflr Kaninchenblut noch intakt sind, l&Bt sich mit aller Wahr- 
scheinlichkeit schlieBen, dafi im Rinderserum zwei verschiedene hflmo- 
lytische Komplemente vorhanden sind, von denen das eine auf die roten 
Blutkdrperchen des Kaninchens wirkt und durch den Aether leichter 
angegriffen wird, wahrend das andere, gegen den Aether resistentere, 
auf die roten Blutkdrperchen des Meerschweinchens wirkt. 

Die andere Eigentumlichkeit, auf die wir hinweisen mdchten, ist 
folgende. Das Rinderserum hat die Eigenschaft, dafi es die roten Blut¬ 
kdrperchen des Kaninchens sehr stark agglutiniert, und eine ahnliche 
Eigenschaft haben das Kaninchenserum den roten Blutkdrperchen der 
Taube und das Eselserum denen des Kaninchens gegenflber. Nunwohl, 
wahrend der Aether nach einer gewissen Einwirkungsdauer die h&mo- 
lytische Wirksamkeit bei diesen Sera aufzuheben vermag, vermag er jedoch 
innerhalb des gleichen Zeitraumes durchaus nicht das Agglutinierungs- 
vermdgen, das sie besitzen, zu modifizieren. 


Die beschriebenen Experimente, die dartaten, dafi der Aether auf einen 
der beiden Bestandteile des Hamolysins, auf das Komplement, vorzugs- 
weise wirkt — mag diese Wirkung nun in einer Veranderung seiner 
toxophoren Gruppe, Oder in Herabminderung seiner Affinitat fttr den 
Ambozeptor, oder in ganzlicher Vernichtung des Komplements, oder in 
irgend einer anderen, vor der Hand noch nicht prazisierbaren Modi¬ 
fication bestehen — liefien natflrlich die Frage aufkommen, ob der Aether 
das Vermdgen habe, alle Komplemente des Serums anzugreifen, oder 
ob sich dieses Verm5gen nur den hamolytischen Komplementen gegen¬ 
fiber entfalte. 

In der That haben Kyes und Sachs 1 ) neuerdings behauptet, dafi 
frisches Meerschweinchenserum, wenn man es mit Aether schfittelt, aufier 
der aktivierenden Wirkung fflr das Cobragift (welche aktivierende Wir¬ 
kung doch durch Komplement bedingt sein mull), auch die anderen 
komplettierenden Funktionen verliert 

Zur Ldsung der Frage wahlten wir, als fflr unseren Fall geeigneter, 
Kaninchenserum, dessen Verbalten gegen Aether wir schon studiert 
batten und dessen hervortretende komplettierende Eigenschaften fflr das 
Hunde-, Rinder- und Eselserum dem Milzbrandbacillus (der vegetativen 
Form) gegenflber ebenso bekannt sind wie sein bedeutendes bakterizides 
Vermdgen gegen diesen Keim. 

Die Versuche nahmen wir an Bruchteilen des gleichen Serums vor, 
das wir, nachdem es 6 Stunden lang mit Aether behandelt worden war, 
auf seine Wirksamkeit den roten Blutkdrperchen der Taube gegenflber 
geprfift hatten, mit ganz den gleichen Resultaten, wie die schon mitge- 
teilten. 


1) Berlin, klin. Wochenschr. 1903. No. 2—4. 


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474 


Gentralbl. f. fiakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVHI. Heft 4. 


Zum Studium des bakteriziden Vermogens bedienten wir uns des 
technischen Verfahrens, das eioer von uns 1 2 ) neuerdings als geeignet fflr 
solcbe Zwecke angegeben hat. 

Nunwohl, wenn wir Portionen von 1 Stands lang bei 55° erhitztem 
Hunde- oder Rinderserum oder von 1 Stunde lang bei 58° erhitztem 
Eselserum, Portionen, die an und fflr sich den Milzbrandbacillus nicht 
zu schadigen vermochten, kleine Mengen von mit Aether behandelten 
and dann von diesem befreiten Kaninchenserum beimischten, erlangte 
das betreffende Serum eine fast ebenso starke bakterizide Wirkung gegen 
den Milzbrandbacillus wie bei Zusatz von gleichen Dosen einfachen Serums 
(8. Tabelle IV und V). 

Tabelle V. 


Einsaat = 4240 Eolonieen. 

(Die Ausdrucke Serum a, Serum b, Serum c haben dieeelbe Bedeutung wie in 

Tabelle III.) 

nach 3 Stunden bei 37° 
Eolonieen 


1) Hundeserum 1 

2 ) 

3) 


ccm 


6) Serum a 

7) „ b 

8) „ c 


1 

1 

1 

1 

0,05 

0,05 

0,05 


+ Serum a 0,05 ccm 

+ „ b 0,05 „ 

+ ,, c 0,05 „ 

+ Aether 0,05 „ 


1380*) 

1 

25 

0 

1023*) 

6893 

5300 

5325 


Mit 0,85-proz. Eochsalzldeung alle BOhrchen auf gleichee Volumen aufgefullt, zu 
jedem Rdhrchen 3 Tropfen Bouillon zugeeetzt. 


(Die Ausdrucke Serum a, 


1) 

2 ) 

3) 

4) 

5) 

6 ) 
7) 


Tabelle VI. 

Einsaat = 12964 Eolonien. 

Serum b. Serum c haben dieselbe Bedeutung wie in 
Tabelle III.) 

nach 3 8td. 

bei 37° 
Eolonieen 

> 0 erhitztes Rinderserum 1 ccm 16 399 


8) Serum 

9) „ 
10 ) ,, 

11) 1 Stun 

12 ) 1 „ 


— - c 

ft 

„ 55* 

ft 

tt 

1 

tt 

+ Serum b 0,05 

ccm 

1099 

tf 

„ 55* 

ft 

it 

1 

it 

+ 

» 

c 0,05 

tt 

1188 

ft 

„ 58° 

>> 

Eselserum 

1 

>> 





8993 

ft 

„ 58° 

ft 


1 

ii 

+ 

11 

a 0,05 

it 

2645 

ft 

„ 58" 

ft 

tt 

1 

n 

+ 

11 

b 0,05 

tt 

4202 

ft 

„ 58® 

11 

ii 

1 

t> 

+ 

11 

c 0,05 

tt 

6 406 

a 0,05 

ccm 









14283 

b 0,05 

ft 









15935 

c 0,05 

ft 









13 539 

de lane auf 55° 

erhitztes Rinderserum 1 

ccm 

+ Aether 0,05 

tt 

15 729 

tt 

.. 58° 

if 

Eselserum 

i 

tt 

+ 

tt 

0,05 

r 

8 464 


Mit 0,85-proz. Eochsalzldeung alle Rdhrchen auf gleichee Volumen angefflllt, zu 
jedem Rdhrchen 3 Tropfen Bouillon zugeeetzt. 


Und diese Wirkung konnte nicht dem Vorhandensein von Spuren 
von Aether (dessen bakterizides Vermflgen bekannt ist) in dem mit 
Aether behandelten Serum beigemessen werden; denn wenn wir dem 
Hunde-, Rinder- oder Eselserum Aetherdosen zusetzten, die im Volumen 
der bei diesen Versuchen von uns angewendeten Menge mit Aether be¬ 
handelten Serums gleichkamen — also Aethermengen, die sicherlich viel 
groBer waren als die nach Verdampfung im Serum zurflckgebliebenen — 


1) Ottolenghi, D., Ueber das Vorhandenseio von Eomplement im Fibrin. 
(Centrab). f. Bakt. II. Abt. 1904.) 

2) Viele Eolonieen sind sehr grofi. 


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Jorgensen, Schwankungea des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 475 


erlangten die besagten Sera doch keine ebenso deutliche bakterizide 
Eigenschaft. 

Man ist also zn dem Schlnsse gezwungen, daft — wenigstens beim 
Kaninchenserum und in der angegebenen Zeitdauer der Aetherein- 
wirkung — zwar die hamolytischen Komplemente vernichtet oder in 
ibrer Wirkung beeintrfichtigt wurden, aber keine merkliche Modifikation 
der bakteriziden Komplemente stattgefunden hat. Also auch anf diesem 
Wege kame man zu der Annahme, daft zwei verschiedene Klassen von 
Komplementen bestehen: bakterizide Komplemente, die der 
Aetherwirkung widerslehen, und hamolytische Komplemente, die 
empf&nglich fflr dieselbe sind. 


Aus der Gesamtheit unserer Untersnchungen, scheint uns nnn, lassen 
sich betreffs der von uns studierten Sera folgende SchlQsse ziehen: 

1) Der Aethyiather bat die Eigenschaft, daft er normalen Sera, die 
normalerweise hamolytisches VermSgen besitzen, dasselbe entzieht. 

2) Zur Aufhebung des hamolytischen Vermdgens durch den Aethyi¬ 
ather bedarf es einer bestimmten Menge dieses Mittels und einer be- 
stimmten Zeitdauer der Einwirkung. 

3) Die Aufhebung des hamolytischen Vermdgens ist, aller Wahr- 
scheinlichkeit nach, ausschlieftlich durch eine Veranderung der hamo¬ 
lytischen Komplemente bedingt 

4) Der Aether Qbt, wenigstens beim Kaninchenserum und in dem 
Zeitraum der zur Vernichtung seines hamolytischen Vermdgens genflgt, 
keine merkliche Wirkung auf die bakteriziden Komplemente aus. 

5) In dem zur Aufhebung des hamolytischen Vermdgens erforder- 
lichen Zeitraum entzieht der Aether den Sera nicht die Eigenschaft, die 
roten Blutkdrperchen zu agglutinieren. 


Nachdruck vcrboten . 

Schwankungen des Agglutinationsvennogens des Blutes 
im Verlaufe des Typhus abdominalis. 

[Aus dem Statens Seruminstitut in Kopenhagen.] 
Klinische und experimentelle Untersnchungen 1 ). 

Von Axel Jdrgensen. 

Mit 44 Figuren.i 
Ein leitung. 

In „Festskrift ved Indvielsen af Statens Seruminstitut u , Kopenhagen 
1902, habe ich zusammen mit Dr. Th. Madsen die Ergebnisse eines 
recht umfassenden Studiums der Agglutininschwingungen bei aktiver 
und passiver Immunisierung gegen Typhus und Cholera dargestellt Die 
nachsteheuden Untersuchungen bilden zum grofien Teil eine Fortsetzung 
jener Arbeit, und einzelne in derselben angegebene Kurven finden sich 
im 3. Kapitel des vorliegenden wieder. 


1) „Svingninger i Blodete agglutinerende Evne ved febris typhoidea.* Kliniske og 
experimentelle Unaerefigelser. [Habilitationsechrift] Kopenhagen 1904. April. 


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476 


Centralbl. f. Bakt etc. I. AbL Originale. Bd. XXXV III. Heft 4 . 


Bei der Aufstellung dieser Untersuchungen babe icb meinen Stoff 
in der Weise geordnet, daB ich zuerst die Technik bespreche und zwar 
besonders die MeBmethode erklSre. 

Im 2. Kapitel wird eine Anzahl von Untersuchungen fiber die 
Agglutininschwingungen bei Typhuspatienten, und im 3. Kapitel eine 
Reihe von Versuchen an Tieren mitgeteilt. Es sind einzelne von diesen 
Versuchen schon frfiher in der obengenannten Festschrift verOffentlicht 
worden. 

SchlieBlich werde ich in einem SchluBabscbnitt versuchen, die Re* 
sultate zusammenzufassen, die sich mir aus dem vorliegenden Material 
zu ergeben scheinen. 

Kapitel I. 

Zu den Versuchen wurde ausschlieBlich die makroskopische Bestim- 
mung benutzt, weil sie vor der mikroskopischen den Vorteil hat, den 
schnellen und genauen Vergleich zwischen einer groBeren Reihe von Sera 
zu gestatten. 

Im folgenden wird eine kurze Beschreibung der angewandten Me- 
thoden gegeben, die von Jdrgensen und Madsen x ) frfiher dargestellt 
wurde und die sich auf das gleiche Prinzip stfitzt, wie die von Mad¬ 
sen *) beniitzte kolorimetrische Methode zur Messung von Hfimolysin; 
vorher jedoch sollen die einzelnen benutzten Faktoren erw&bnt werden. 

Der Typhusbacillus, der bei alien Versuchen benutzt wurde, rflhrt 
von einem Stamme her, der mehrere Jahre hindurch auf kfinstlichem 
NShrsubstrate gezogen wurde und der nur schwach virulent war, indem 
5 ccm 24 Stunden alter Kulturen nur in einzelnen Fallen Kaninchen 
von 2000 g tdteten. Die angewandten Coli- und Cholerakulturen 
kamen ebenfalls aus alten Laboratoriumsstammen, waren aber etwas 
starker virulent als der benutzte Typhusbacillus. 

Die Kulturen waren in einer gewfihnlichen Fleischpeptonbouillon 
(0,5 Proz. NaCl, 1 Proz. Pepton) angelegt, die schwach alkalisch auf 
Lackmuspapier reagierte, aber mit Phenolphthalein keine Rotfarbung 
zeigte. 

Schon bei friiher verSffentlichten Versuchen wurde ein recht be- 
deutender Unterschied der Agglutination in verschiedenartigen Bouillons 
beobachtet, wesentlich wohl in der Starke, aber auch in anderen Be- 
ziehungen (dem Zeitpunkt des Eintretens der Reaktion und in der Farbe, 
Form und Gr6Be der Flocken). Es wurden deshalb stets so groBe 
Mengen auf einmal zubereitet, daB alle die zu vergleichenden Versuche 
mit derselben Bouillon (aufbewahrt im Dunkeln und auf Eis) ausgeffihrt 
werden konnten. 

Inzwischen muB bei der Bestimmung der Agglutininschwingungen 
das Hauptgewicht auf das gegenseitige Verhaitnis der einzelnen Sera von 
demselben Patienten zueinander gelegt werden, und die Bestimmung dieser 
Sera wurde deshalb gleichzeitig und in der gleichen Kultur ausgeffihrt. 

Zu einem grofien Teil der in Kapitel III erwfihnten Versuche sind 
gekochte Kulturen benutzt worden, die sich langere Zeit unverfindert 
halten kfinnen. Ein grdBeres Quantum derselben Bouillon wurde gleich¬ 
zeitig gesfit und die 24 Stunden alte Kultur wurde nach der Verteilung 

1) Jorgensen og Madsen, The fate of typhoid and cholera agglutinins during 
active and passive immunisation. (Festskrift vea Indvielsen af Statens Seruminstitut. 
Kopenhagen 1902.) 

2) Madsen, Th., Ueber Tetanolysin. (Zeitschr. f. Hygiene etc. Bd. XXXII. 
1899.) 


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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 477 


in kleinere sterile Gefafie anf 115° C erwSrmt und dann in Eiskammern 
bei 2—4° C aufbewahrt. 

Es warden stets 24 Stunden alte Kulturen benutzt, und unmittelbar 
vor den Versuchen wurde ‘/a-promill. Formaldehyd zugesetzt, um die 
Infektion der Kulturen wihrend der Versuche in den offenen Glasern, 
sowie das Wachsen der Bacillen, wenn lebende Kulturen benutzt wurden, 
zu vermeiden. 

Die Blutproben wurden bei Patienten durch Stiche in den fiufieren 
Ohrrand und bei Ziegen und Kanincben von der Hals- bezw. Ohrvene 
gewonnen. Das Blut wurde in sterilen Glasern gesammelt und das nach 
34—36 Stunden ausgeschiedene Serum in andere sterile Glaser (Widal- 
Glaser) Obergefflhrt und in der Eiskammer zu gleicbzeitiger Untersuchung 
aufbewahrt 

Da es sich gezeigt hat, dafi die Schwingungen im Blute oft mit grofier 
Schnelligkeit vor sich gehen, so dafi ihre Starke sich schon im Laufe 
weniger Stunden bedeutend verandern kann, wurden die Blutproben an 
den verschiedenen Tagen, soweit mbglich, um dieselbe Stunde genommen. 

Die Messung wird auf folgende Weise ausgeifihrt: 

Eine groCe Anzahl, soweit mdglich einheitlicher Reagenzgiaser 1 ), 
angebracht in langen Metallstandern, werden mit genau der gleichen 
Menge der betreffenden Kultur gefflllt. Zu einzelnen Versuchen an 
Ziegen wurden grbfiere Reagenzgiaser mit 10 ccm Kultur in jedem be¬ 
nutzt, aber da die bei den oft wiederholten Aderlassen an Menschen 
und Kaninchen gewonnene Serummenge verhaitnismafiig nur gering war, 
wurden zur Messung dieser Sera ausschliefilich mit 1,5 ccm Kultur ge- 
ffillte kleine Reagenzgiaser (11 X 70 mm), die sogenannten Widal- 
Glaser, benntzt. 

Zu diesen gleichgrofien Kulturmengen wurden die verschiedenen 
Sera dann so abgemessen, dafi man von jedem eine ganze Reihe von 
Glasern mit nach einer bestimmten Skala, mit dicht nebeneinander 
liegenden Dosen abnehmende Serummenge erhielt. Um inzwischen die 
zum Abmessen von Serum ndtige Zeit mSglichst zu verkQrzen, wurde 
stets vorher — durch einen orientierenden grbberen Versuch — der 
Agglutinationswert der einzelnen Sera annfiherungsweise bestimmt, so 
dafi man sich im Hauptversuche mit einer verhaitnismafiig kleinen An¬ 
zahl von Glasern (8—12) ftlr jede Serumprobe begntigen konnte. 

Die Serummenge wurde mittels 1 ccm-Pipetten mit Vioo-Einteilung 
abgemessen und zur Verdfinnung wurde steriles 0,85-NaCl benutzt. 

Nach der Abmessung wurden Serum und Kultur durch Schiitteln 
sorgfaltig gemischt und die Stander 2 Stunden in Ostwalds Wasser- 
thermostaten (37° C) niedergelassen. 

Bei den Versuchen, zu denen frische Kulturen angewandt wurden, 
jedoch nur l 1 /* Stunden, da die Agglutination schon nach dieser Zeit 
so weit vorgeschritten war, dafi sie sich zur Ablesung eignete, wurden 
nach Ablauf der genannten Zeit die Stander mit den Glasern aus dem 
Thermostaten entfernt und jede Serie von Glasern enthielt dann eine 
fortlaufende Skala von Agglutination, von einer fast vollstandigen 
Klarung der Flttssigkeit in den Glasern mit den grofiten Seruramengen 
durch eine immer feinere und dichtere Flockung bis zu einer nicht 
mehr wahrnehmbaren Agglutination in den Glasern mit den geringsten 


1) Die Gl&ser wurden vor jedem Versuche bei 160° C trocken sterilisiert, um die 
geringen Mengen von Agglutinin, die mOglicherweise — trotz sorgfaltiger Reinigung — 
in einzelnen zuriickgeblieben sein konnten, sicher zu destruieren. 


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478 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Serummengen. Jedes dieser Glaser mit nicht allzu vorgescbrittener 
Agglutination l&Gt sich dann mit genflgender Leichtigkeit und Sicher- 
heit durch die Feinheit und Dicbtigkeit der Flocken von den Nachbar- 
giasern unterscheiden. Mit einem solchen Glase als Ausgangspunkt 
ist es bei Vergleichungen leicht, das Glas in jeder der anderen Serien 
zu bestimmen, das genau den gleichen Grad von Agglutination zeigt 

Zur Kontrolle der Messung wird ein Vergleich mit einem anderen 
Glase als Ausgangspunkt wiederholt. 

Die Messung muG moglichst schnell ausgefiibrt werden, da die Ag¬ 
glutination im MeGglase nach einiger Zeit infolge des Schflttelns das 
Aussehen verandert. 

Durcb die Anordnung der Messung in dieser Weise ermbglicht man 
die Bestimmung des Verhaitnisses der Agglutinationsfabigkeit all der 
untersuchten Sera. 

Um die Werte der verschiedenen Versuche vergleichen zu kOnnen, 
babe icb als MaG ein „Standardserum“, von einer immunisierten Ziege 
genommen, benutzt. Wo ich bei den Versuchen gekochte Kulturen an- 
gewandt habe, hat dies Standardserum unter gleichartigen Umstanden 
fast konstant dieselbe Agglutinationskraft gezeigt. Bei frischen Kul¬ 
turen variierte der Grad der Agglutination etwas, doch selten mehr als 
2—3 Glas in der Skala. 

Ein Beispiel dtlrfte die Methode am besten illustrieren. 

Einem frischen Kaninchen wurde am 27. Juni 1903 1 ccm 24 Std. 
alter Typhusbouillonkultur intraperitoneal injiziert, und man wflnschte 
die Variationen des Agglutiningehaltes im Serum des Tieres in der fol- 
genden Zeit bis zum 18. Jub zu bestimmen. Mit passenden Zwischen- 
rfiumen wurden Blutproben, im ganzen 11, genommen, und das jedesmal 
gewonnene Serum wird gleich im Dunkeln auf Eis gesetzt bis zum Ver- 
suchstage, dem 22. Juli. 

Tabelle 1. 


Glas 
No. 

1 0,15 

2 0,1 

3 0,08 

4 0,06 

5 0,05 

6 0,04 

7 0,035 

8 0,03 

9 0,025 

10 0,02 

11 0,017 

12 0,013 

13 0,01 

14 0,008 

15 0,006 

16 0,005 

17 0,004 

18 0,0035 

19 0,003: 

20 0,0025 

21 0,002 • 

22 0,0017 

23 0,0013 

24 0.001- 

25 0,0008 

26 0 (Kontrolle) 


S ^ d -27./6. 30./6. 2./7. 5./7. 6./7. 


X 


Serum vom 


x 

6 


7./7. 9./7. 11./7. 13./7. 


o 


X 


0 


X o 


X 

6 


x 


x 

6 


x o 
:>o : 


>x 


>o 


16./7. 18./7. 


>x 


>Xo 

0 


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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 479 


Wie aus vorstehender Wiedergabe des Versuchsprotokolls hervor- 
geht, warden zur Messung von Standardserum 10 Glaser und zu jedem 
der anderen Sera 12 Glaser Kultur benutzt. 

Die Zahlen in der ersten Kolonne der Tabelle geben die Skala der 
Serumdosen, nnd die Mengen, die jeder Serie zugesetzt wurden, sind 
dnrch Punkte vor der Skala angegeben. 

Nach 2 Stunden langem Aufenthalt im Wasserthermostaten wurden 
die Stander aufgenommen und die Messung begann. Als Mafi wurde 
Glas 7 der Standardserie (Glas 14 der Skala), das in der Tabelle 
mit O bezeichnet ist, benutzt, und das Glas in jeder Serie, welches 
denselben Grad von Agglutination zeigte, wurde mit dem gleichen 
Zeichen versehen. Bisweilen wurde die entsprechende Agglutination in 
keinem der Glaser gefunden, sondern lag zwischen zweien — so am 
9. Juli zwischen Glas 9 und 10 (19 und 20 der Skala) — das ist in 
der Tabelle durch > zwischen den entsprechenden Punkten bezeichnet. 
Fand man, daB der als Ausgangspunkt benutzte Agglutinationsgrad dem 
einen oder anderen der beiden Glaser naher lag, so wurde dies — so 
wie am 7. Juli — durch > bezeichnet In der gleichen Weise wurde 
der dem Standardglase No. 5 (Mrk X) entsprechende Agglutinationsgrad 
fflr alle Sera bestimmt 

In der Voraussetzung, daB derselbe Agglutinationsgrad der gleichen 
Menge freien Agglutinins entspricht, hat man in den reziproken Werten 
der gefundenen Dosen den Agglutiningehalt per 1 ccm des entsprechen¬ 
den Serums ausgedrfickt in willkflrlichen Einheiten (die Agglutininmenge 
in dem zum Vergleiche benutzten Mefiglase). 

Obenstehendes Beispiel ergibt also folgendes: 

Tabelle 2. 


Serum vom 

0,008 ccm vom 

Standardeerum 

r~\ 

reziproker Wert 

0,013 ccm vom 
Standardeerum 
y 

reziproker 

27./6. 

<0J5 

0 

<0,15 

0 

30./6. 

0,04 

25 

0,06 

16,7 

2./7. 

0,0035 

285,7 

0,006 

166,7 

400 

5./7. 

0,0017 

588,2 

0,0025 

6./7. 

0,0013 

769,2 

0,002 

500 

7.S7. 

0,0019 

526 

0.003 

333,3 

9./7. 

0,0027 

370 

0,004 

250 

11./7. 

0,004 

250 

0,006 

166,7 

13./7. 

0,006 

166,7 

0,009 

111 

16./7. 

0,01 

100 

0,015 

66.7 

18./7. 

0,013 

76,9 

0,022 

45,5 


Diese gefundenen Werte sind in Figur 1 graphisch dargestellt, wo 
an der Abscissenachse die Zeit in Tagen und an der Ordinatenacbse die 
Werte (Anzahl der Einheiten) per Kubikcentimeter Serum angemerkt sind. 

Die gleiche Methode wurde bei Experimenten mit B. coli und V. 
cholerae benutzt, doch wurde fflr V. cholerae jedem Glase Ascites 
im Verhaltnis von 0,3 ccm Ascites zu 10 ccm Kultur zugesetzt. 

Um nun die Brauchbarkeit der Methode beurteilen zu kdnnen, 
mflssen wir auf einzelne Umstande naher eingehen und sehen, mit 
welchen Fehlern gearbeitet wird. 

Wie frflher erwahnt, ergaben die verschiedenen Nahrsub- 
strate einen erkennbaren Unterschied der Reaktionsweise. Ich habe 
deshalb in einem Einzelversuche einen Vergleich angestellt zwischen der 
Agglutination in Kulturen in 4 Bouillons (I—IV) und in dem von 
Courmont angegebenen Substrat (V) (bestehend aus 2 Teilen Pepton, 


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480 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


1 Teil Zucker and 100 Teilen Wasser). Die Bouillons waren ganz genau 
auf gleiche Weise zubereitet, aber zu verschiedener Zeit und vom Fleische 
verschiedener K&lber; zu I, III und V wurde Pepton Witte benutzt und 
zu II und IV bezw. belgisches Pepton und Pepton Chapautdt. 

Die Agglutination von I—IV ergab eine 
recht auffallende Verschiedenheit. Wah rend 
die Flocken in I und III in der ganzen Flfls- 
sigkeitssaule recht abgegrenzt und ziemlich 
gleichartig waren, zeigten sie sich in II und 
IV loser und unregelm&Biger mit Neigung zu 
zerstreuter, grdberer Zusammenballung. Fer- 
ner wurde beobachtet, daB die Eeaktion in 
II schon von Anfang an im Verhaitnis zu 
den anderen etwas versp&tet war. Im grofien 
und ganzen war jedoch ein Vergleich zwi- 
schen den Agglutinationen in den verschie- 
denen Bouillons recht leicht und der graduelle 
Unterschied zwischen den einzelnen Giasern 
einer Serie in derselben Bouillon genOgend 
deutlich, wenn auch die Messung in Bouillon I 
und III absolut leichter war als in II und IV. 

Im Gegensatzbierzuergab Courmonts 
Substrat ganz andere Verhaitnisse. Die Kultur 
zeigte hier eine Agglutination, deren Flockung 
so bedeutend feiner war, daB eine Verglei- 
chung mit der Agglutination in den 4 Bouil¬ 
lons Qberaus schwierig wurde. AuBerdem war 
der Uebergang von Glas zu Glas in der Serie 
so fein und der Unterschied so gering, daB 
ein Erkennen desselben oft ganz unmdglich 
war. 

Daraus ergibt sich also, daB einzelne 
Bouillons sich besser zur Messung eignen 
als andere, und daB es auf einem Zufall be- 
ruht, ob man die rechte triflft Wenn des- 
halb im folgenden einzelne Messungen sich 
genauer erweisen als andere, so beruht das vielleicht zum Teil auf einem 
solchen Zufalle. 

Die Verschiedenheit des Aussehens der Agglutination in den ver- 
schiedenen Bouillons und der so oft beobachtete Unterschied des St&rke- 
grades macht es inzwiscben notwendig, zu untersuchen, ob das relative 
Verh&ltnis zwischen den Serumwerten durch ihre Bestimmung in der 
einen oder anderen Bouillon verandert wird. 

Um dieses zu beleuchten, wurden die Agglutinationswerte einer Reihe 
von Sera gleichzeitig in den 5 obengenannten N&hrsubstraten bestimmt. 

Tabelle 3. 


Serum vom 

Substrat I 

n 

III 

IV 

V 

23./10. 

0,002 

0,003 

0,0019 

0,0019 

0,0022 

26./10. 

0,0016 

0,0025 

0,0014 

0,0015 

0,0017 

29./10. 

0,001 

0,0014 

0,0009 

0,001 

0,0008 

31./10. 

0,0006 

0,0009 

0,00055 

0,0006 

0,0005 

l./ll. 

0,0005 

0,00065 

0,00043 

0,00047 

0,00035 

2./11. 

0,00065 

0,001 

0,0006 

0,0007 

0,0005 

4./11. 

0,00075 

0,0011 

0,00065 

0,00075 

0,00065 

7./11. 

0,0008 

0,0012 

0,0007 

0,0008 

0,00075 



Ufa fa 3 9 15 17 


Fig. 1. 


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Jorgensen, Schwankungen deg AgglutinationsrermOgens des Blntes etc. 481 


In den obenerw&hnten Versuchen betrug die groBte gegenseitige 
Verschiedenheit zwischen den Reihen I—IV 9 Proz. und in der H&lfte 
der Faile unter 3,1 Proz. Folglich muB das Verhaitnis zwischen den 
Werten dasselbe sein in den 4 Reihen oder mit anderen Worten, die 
Form der Knrve ist die gleiche, ob sie nun in der einen oder anderen 
der 4 Bouillons bestimmt wurde. 

Vollstandig hiervon abweichende Verhaitnisse ergab Courmonts 
Substrat (V), aber vielleicht liegt das daran, dafi die Agglutination in 
diesem Nahrsubstrat ein etwas anderer ProzeB ist und sich flberhaupt 
mit der Agglutination in Fleischpeptonbouillon nicht vergleichen laBt. 

Einen entsprechenden Fehler fand ich bei einer Doppelbestimmung 
(a und b) in derselben Bouillonkultur, indem der grSBte Fehler unter 
7 Proz. lag (s. Tabelle 4). 

Tabelle 4. 


Serum vom 

23./10. 
26./10. 
29./10. 
31./10. 

1. /ll. 

2 . / 11 . 
4./11. 
7./11. 


a 

b 

Dieselbe Kultur auf 
115° C erwarmt 

0,0025 

0,0025 

0,015 

0,002 

0,0019 

0,012 

0,00115 

0,0012 

0,0065 

0,0008 

0,00075 

0.0045 

0.000575 

0,0006 

0,0035 

0,000825 

0,000825 

0,00475 

0,0009 

0,0009 

0,005 

0,001 

0,00095 

0,0055 


Durch die momentane Erwarmung auf 115° einer Typhuskultur 
wird ihre Agglutinationsfahigkeit sehr bedeutend geschwacht Die Ag¬ 
glutination tritt langsam ein und die Flockung ist feiner. Es ist des- 
halb schwierig, die Agglutination in der erwarmten Kultur mit der in 
der lebenden Kultur zu vergleichen, wenn auch nicht so sehr wie bei 
der Kultur in Courmonts Substrat Ich habe indessen versucht, diese 
Schwierigkeit zu umgehen, indem ich den Starkegrad meines Standard- 
serums sowohl in der frischen als in der gekochten Kultur bestimmte. 
Nach dem Wasserbade vergleicht man die beiden Standardseri und sucht 
die beiden Glaser — eins aus jeder Reihe — in denen der Agglutina- 
tionsgrad so genau als moglich der gleiche ist Das Standardglas von 
frischer Knltur wird dann als MaB bei Ablesungen von Sera in frischer 
Kultur, das von gekochter Kultur zu Seris in gekochter Kultur benutzt. 

Auf diese Weise habe ich einen Vergleich zwischen der Bestimmung 
einer Kurve in einer frischen Kultur und in der gleichen auf 115° C 
erwarmten Kultur (s. Tabelle 4) angestellt und gefunden, daB der Fehler 
in diesem Versuche unter 6 Proz. lag. Aus der Tabelle geht gleich- 
zeitig hervor, daB der Starkegrad der Agglutination in der gekochten 
Kultur ca. schwacher war als in der frischen. Inzwischen muB aus- 
drlicklich darauf aufmerksam gemacht werden, daB nicht alle Faile Ueber- 
einstimmung der Resultate zwischen der Anwendung von frischer und 
von gekochter Kultur aufweisen. Unter gewissen Umstanden kbnnen die 
Abweichungen recht bedeutend werden. Es muB daher als richtig betrachtet 
werden, zu Versuchen, deren Resultate verglichen werden sollen, stets, so- 
weit mQglich, die gleiche Kultur anzuwenden, und nur mit Vorbehalt die 
erzielten Ergebnisse auf Verhaitnisse in anderen Kulturen zu dbertragen. 

Bei der Abmessung von Serum in einer Serie von Giasern kann 
die Menge der hinzugefflgten Flussigkeit von 0,06 ccm bis zu 0,5 ccm 
variieren. Da nun die Kulturmenge in jedem Glase nur 1,5 ccm be- 
tragt, dttrfte es das Richtige sein, die FlQssigkeitsmenge durch NaCl- 
AuflOsung stets auf ira ganzen 2 ccm abzurunden. (Forte, folgt) 




482 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Agglutination des Pestbacillus. 

[Aus dem Kaiserl. Institut fur Infektionskrankheiten in Tokio 
(Direktor: Prof. Dr. S. Kitasato).] 

Von Dr. G. Shibayama, Abteilungsvorsteher im Institut. 

Gs ist eine bekannte Tatsache, dafi die verschiedenen Stfimme einer 
Bakterienart von demselben Immunserum nicht immer bei derselben 
Verdflnnung agglutiniert werden. R. Pfeiffer und Kolle haben ge- 
zeigt, dafi ein virulenter Choleravibrio von Choleraziegenserum bei der 
VerdOnnung von 1:1000, ein avirulenter aber bei 1: 100000 agglutiniert 
wird. In einer umfangreichen Arbeit von Kolle, Gotschlich(l) 
etc. Qber Choleravibrionen sagen die Autoren: „Unterschiede in der 
AgglutinabilitQt der Kulturen spielen dabei keine Rolle, da nur so hoch- 
wertiges Serum zur Differenzierung herangezogen werden kann, welches auch 
die am schwersten agglutinierbaren Kulturen rasch (innerhalb 1 Stunde) 
zur Agglutination bringt. Gruppenreaktionen scheinen bei den vibrionen- 
agglutinierenden Serumproben nicht vorzukommen etc. u Aber aus unserer 
genaueren Betrachtung von Kolles Untersuchungen kdnnen wir schliefien, 
dafi ein Cholerapferdeserum (Tabelle IV in Kolles Arbeit) einige Vi- 
brionen bei ^qoo und andere bei V*oooo und ein Cholerakaninchenserum 
(Tabelle VI) einerseits in der VerdQnnung 1:2000 und andererseits bei 
1:10000 oder 1:20000 agglutiniert. Also ist die Schwankungsbreite 
in der Agglutinabilitat ziemlich groG. Unseres Grachtens ist dieses Ver- 
halten nicht zu vernachlQssigen. 

Bei Untersuchung der Pestratten, welche im Mai dieses Jahres in 
einem St&dtviertel in Tokio gefunden wurden, habe ich erfahren, dafi 
jede Pestbacillenkultur aus zwei Pestratten von einem unserer Pest- 
pferdeserum verschieden agglutiniert wurde. Die eine Kultur wurde bei 
der VerdQnnung von 1:50 und die andere bei 1:100 agglutiniert 
Daraus glaubte ich schliefien zu k6nnen, dafi die verschiedenen Pest- 
st&mme gegen dasselbe Immunserum verschiedene Agglutinabilit&t zeigen 
kdnnen. Daraufhin habe ich die Agglutination von Qber dreifiig Pest- 
kulturen unseres Pestlaboratoriums geprQft. Die Herkunft der geprfiften 
Pestkulturen ist wie folgt: 


Tabelle I. 

Verzeichnis und Herkunft der gepriiften Kulturen. 
No. Herkunft der Kulturen 


1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 


aus dem Pestkranken in Kobe, 1899 
„ „ „ „ Wakayama, 1900 

tf >» »i « Osaka ,, 

ft V ft ft ft ft 

»> tt tt tt tt tt 

„ Pestkatze (Bpontaninfektion!) in Wakayama, 1900 
„ dem Pestkranken des Dampfers „Hiroshima-Maru u , 1900 
„ „ „ in Kobe, 1900 


10 

tt 

tt tt 

it 

tt 

tt 

11 

tt 

Peetratte 

t$ 

„ 1902 

13 

tt 

dem Pestkranken 

tt 

Nagasaki, 1902 

14 

tt 

tt tf 

tt 

tt 

tt 

15 

tt 

tt *> 

tt 

tt 

tt 

16 

tt 

tt tt 

tt 

It 

tt 

17 

tt 

tt tt 

tt 

Hongkong, 1902 

18 

ft 

tt tt 

ii 

Yokohama, „ 


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UNIVERSITY OF CHICAGO 





Shibayama, Ueber die Agglutination des Pestbacillus. 


483 


No. 

19 

20 
21 
22 

23 

24 

25 

26 

29 

30 

34 

35 

36 

38 

39 


Herkunft der Kulturen 
aus dem Pestkranken in Yokohama, 1902 

tt yy yy i» yy >» 

yy yy yy >> yy yy 

yy yy yy yy yy >» 

yy yy p yy yy yy 

yy yy yy yy yy n 

„ Pestkatze (Spontaninfektion!) in Yokohama, 1902 
„ dem Pestkranken in Tokio, 1902 

yy yy »» yy yy yy 

yy yy yy yy yy » 

„ Pestratte in Tokio, 1902 

yy >y yy yy yy 

yy yy yy yy yy 

yy yy yy yy yy 

„ dem Pestkranken des Dampfers „Kagoshima-Maru“, 1903 


Tabelle II. 

Agglutination mit Pe6tpferdeserum A. 

NB. Peetpferdeserum A ist das Gemisch von Sera der hoch gegen Pest 
immunisierten rferde No. 10, 15, 13, 19 und 27; alie Pferde sind mit Kultur 
No. 1 immunisiert. 


Kultur 
in 32* C 
No. 



Serumverdiinnung 


. 

1:25 | 

1:50 

1:100 

1:200 

1:300 j 

1:500 

1:600 

1 

+ + 

1 






2 

+ 

4- 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

+ 

+ 

— 


- 1 

| - 

— 

4 

+ + 


+ 


+ 

— 

— 

5 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

6 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

4- 

4- 

7 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

4- 

+ 

8 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

4- 

4- 

+ 

10 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

11 

+ + 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

13 

+ + 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

14 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

15 

4 + 

+ + 

— 

— 

— 

— 

— 

16 

+ + 

+ + 

— 

— 

— 

— 

— 

17 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

18 

+ + 

+ + 

— 

— 

— 

— 

— 

19 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

20 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

21 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

22 

+ - 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 

— 

23 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

4- 

4 

24 

+ + 

+ + 

+ + 


4- 

4- 

4 

25 

+ + 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

27 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 

— 

29 

+ + 

+ + 

+ 

4- 

— 

— 

— 

30 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

31 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 

— 

34 

+ + 

+ + 

-F 

— 

— 

— 

- 

35 

+ + 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

36 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

38 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

39 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 


Die Reaktion wurde nach 24-stflndigem Verweilen im Brfltschrank 
makroskopisch beobachtet. ++ totale Kl&rung der FlQssigkeit; 
+ kleine Flockenbildnng; + teilweise Flockenbildung; — totale Trfl- 
bung der Aufschwemmang. 

31* 


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484 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Original©. Bd. XXXYIII. Heft 4. 


Tabelle III. 

Agglutination mit Pestpferdeserum B. 

NB. Pestpferdeserum B ist das Gemisch von Sera der hochimmunisierten 
Pferde No. 11, 17, 20, 21 und 28; alle fiinf Pferde wurden mit Pestkultur No. 1 
behandelt. 


Kultur 
in 32“ C 
No. 

Serumverdimnung 

1:25 

1:50 

1:100 

1:200 

1:300 

1:500 

1:600 

1 

+ + 

+ 


_ 

_ 

_ 

_ 

2 

+ 

+ 

— 

_ 

— 

— 

— 

3 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

4 

+ 

+ 

— 


— 

— 

— 

5 

+ + 


— 


— 

— 

— 

6 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

4 

4 

7 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

4 

8 

+ + 

+ + 

+ + 

+ +■ 

4 

+ 

+ 

10 

+ + 

+ 

— 


— 

— 

— 

11 

+ + 



— 

— 

— 

— 

13 

+ + 

4* 

+ 

— 

— 

— 

— 

14 

+ + 

+ 

T 


— 

— 

— 

15 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

16 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

17 

+ + 

+ 

+ 

± 

— 

— 

— 

18 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

19 

+ + 

=F 

— 

| 

— 

— 

— 

20 

+ + 

+ 

— 


— 

— 

— 

21 

+ + 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

22 

+ + 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

23 

+ • 

++ 

1 + + 

+ + 

+ 

4 

4 

24 

+ + 

+ + 

; + + 

+ 4- 

+ 

4 

4 

25 

+ + 

+ 

i — 

— 


— 

— 

26 

+ 

— 

— 

— 


— 

— 

29 

■+ + 

+ 

+ 

— 

i — i 

— 

— 

30 

+ + 

+ 

, + 

— 

— 

— 

— 

31 

+ + 

+ 

' + 

— 

— 

— 

— 

34 

+ + 

++ 

+ 

+ 

4~ 

— 

— 

36 

+ + 

+ 

— 

— 

i — 

— ; 

— 

38 

+ + 

i + 


— 

! — 

! 

— 

39 

+ + 

I + 


— 

i — 

— 

— 


Aus diesen Prfifungen habe ich festgestellt, daB die 
Kulturen bei 32° C durch dasselbe Immunserum ver- 
schieden stark (1:25—1:600) agglutiniert wurden. 

Paltauf hat schon gezeigt, daB die Agglutination eines Pest- 
pferdeserums bei verschiedenen S tarn men nicht gleichm&Big auftrat, so 
daB sie bei einem Stamm (Kitasato) viel frflher und st&rker hervor- 
trat, als bei einem anderen (Roux-Stamm). Nach Klein (2) zeigte 
aber das Blut geimpfter Meerschweinchen ungefahr 14 Tage nach der 
Impfung eine Agglutinationswirkung in der VerdQnnung von 1:20 oder 
1:30 in 15 Minuten. Verschiedene StSmme aus Indien, vom Kap, Sud- 
amerika, Alexandria, Smyrna und Hongkong agglutinierten alle ganz 
gleich. Markl (3) fand auch, daB Sera von zwei mit abgetdtetem 
Pestagar oder Pestbouillonkulturen immunisierten Pferden noch in Ver- 
dunnung 1:100 binnen 1 / 8 —1 Stunde bei Brflttemperatur alle unter- 
suchten sechs Peststfimme (Pg, Pm, Po, Roux, Kitasato und London) 
agglutinierten, Pariser-Serum und Messina-Serum aber in 1:2 innerhalb 
2 Stunden bei Brtittemperatur keinen von den untersuchten sechs 
St&mmen. Nach Aujeszky und Wenhardt (4) wurde eine von einem 
Glasgower Pestfall stammende virulente Kultur durch ein aus dem Pa- 


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485 


riser Institut Pasteur bezogeues Serum bei 1:50 stark, bei 1:100 
jedoch nur kaum agglutiniert. Kolle und Martini (5) berichten, daB 
das Pariser Trockenserum eine ganze Anzahl Stamme verschiedener 
Virulenz und verschiedener Herkunft in Verdiinnung von 1:1000 bis 
1:6000, je nach Virulenz, agglutiniert Ihre Meinung ist, daB je 
weniger virulent eine Kultur ist, desto starker sie von einem spezifisch 
agglutinierenden Serum agglutiniert wird, wie Pfeiffer und Kolle bei 
Typhus und Cholera bestatigt hatten. 

Dies differente Verhalten bei der Agglutination der 
Pestkulturen in 32° C erklkrt sich nach meiner Beobach- 
tung daraus, daB alle schwer agglutinierbaren Kulturen 
stark fadenziehend nnd zahe sind. Die differente Agglu- 
tinabilitat diirfte also von differenter Zahigkeit der 
Kultur abhangen. Weitere Untersuchungen stimmen mit dieser 
Erkiarung ganz flberein. 

Kulturen No. 3 und 21 bei 32° C, welche schwach (1:50) agglu¬ 
tiniert werden, und Kulturen No. 23 und 24 bei 32° C, welche starker 
(1:600) agglutiniert werden, habe ich auf Agar geimpft und bei 37° C 
aufgestellt. Nach 48 Stunden sind alle Kulturen stark zah und 
fadenziehend und man findet darin kaum Unterschiede 
der Agglutinabilitat, welche bei Kulturen von 32° C stark her- 
vortreten. Die Agglutinationsprobe mit diesen zahen Kulturen fallt 
bei Verdiinnung 1:100 durchweg negativ aus (Tabelle IV). 


Tabelle IV. 


Kultur 
in 37° C 
No. 


Serumverdiinnung 


1:50 | 

1:100 

1:200 

1:300 

3 

+ 

_ 

_ 

_ 

21 

+ 

— 

— 

— 

23 

+ 

— 

— 

— 

24 

+ 

— 

— 

— 


Wenn man nun aus diesen vier Kulturen wieder auf Agar impft 
und sie bei 32° aufstellt, so wachsen die Kulturen No. 3 und 21 zah 
und fadenziehend, wahrend die No. 23 und 24 ganz wenig fadenziehend 
sind. Bei Anwendung dieser verschieden zahen Kulturen fallt die Agglu¬ 
tination auch verschieden aus, wie Tabelle II und III zeigen. 

Dagegen haben die 72-stiindigen Kulturen im Eis- 
schrank(Temperatur 5—8° C) kaum zahe und fadenziehende 
Beschaffenheit, welche bei Briittemperatur stark ausgeprSgt ist. 
Die Agglutinabilitat mit diesen Eisschrankkulturen war 
so Qberraschend, daB fast alle Kulturen bei Serumver- 
dilnnung von 1:1000 oder 1:2000 prompt agglutiniert 
wurden (s. Tabelle V). 

Aus den oben ausgefiihrten Untersuchungen ist es ohne weiteres 
zu erklaren, daB die leichte oder schwere Agglutinabilitat 
der Pestbacillen mit der Beschaffenheit der Kultur ver- 
bunden ist. Die zahe und fadenziehende Kultur ist die schwer agglu- 
tinierbare, die leicht agglutinierbare dagegen ist keine zahe und faden¬ 
ziehende Kultur. Das erhellt auch aus anderen Versuchen. Wenn man 
eine zahe, fadenziehende resp. schwer agglutinierbare (1:50) Kultur 
mehrmals durch Schiltteln in physiologischer Kochsalzlosung (0,8 Proz.) 
und durch Zentrifugieren von Schleim befreit, so wird sie bei 


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Tabelle V. 

Agglutination der Eisschrankkulturen mit Pest- 
pferdeserum B. 


Eisschrank- 

kulturen 

No. 

Serumverdiinnung 

1:100 

1:300 

1:500 

| 1:1000 

1:2000 

1 

' + + 

+ + 

+ + 

+ 

— 

2 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

— 

3 

i + + 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

4 

! + + 

+ + 

+ + 

+ 

4- 

5 

: + + 

+ + 

+ + 

4- 

+ 

6 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

— 

7 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

8 

+ + 

+ + 

+ 

— 

— 

10 

+ + 

+ 4- 

+ 

— 

— 

11 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

-i- 

13 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

+ 

14 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

+ 

15 

+ + 

++ 

+ + 

++ 

4- 

16 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

— 

17 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

— 

18 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

4- 

19 

+ + 

+ 4" 

+ + 

+ 

— 

20 

+ + 

++ 

+ + 

++ 

— 

21 

+ + 

++ 

+ + 

++ 

— 

23 

+ + 

++ 

+ + 

++ 

— 

24 

+ + 

++ 

+ + 

++ 

— 

25 

+ + 

++ 

+ + 

+ 

+ 

26 

+ + 

-F + 

+ + 

++ 

+ 

35 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

38 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

+ 


Verdtinnung von 1 : 200 deutlich agglutiniert Wie schon bekannt, hat 
die Pestbacillenkultur eine zShe, schleimige und fadenziehende Beschaffen- 
heit, welche man als ein spezifisches Merkmal der Pestkultur ansieht. 
Die 8sterreichiscbe Pestkommission (6) beschreibt: „Bei Strichkultur auf 
Agar entwickelt sich bei 30° C nach 36—48 Stunden entlang des Impf- 
striches ein zarter, granweiCer Rasen, der beim Bertthren mit dem 
Platindrahte eine zahe, schleimige Beschaffenheit verr&t. Die Kultnr 
haftet nicht sehr stark an dem Substrat. Bei dem Versuche, sie ab- 
zuheben, zieht sich die Pestbacillensubstanz in mehr Oder weniger lange 
Ffiden aus.“ Kolle (7) sagt: „Schon makroskopisch zeigten die Kulturen 
untereinander gewisse Unterschiede, die sich nicht nur in einem mehr 
oder weniger Oppigen Wachstum, sondern auch darin zeigten, daB einige 
der Kulturen auf Agar fadenziehend waren, w&hrend andere diese Eigen- 
schaften nicht erkennen lieBen. Die Eigenschaft der Kulturen, faden¬ 
ziehend zu sein, hangt ja offenbar mit der schleimigen Hfille zusammen, 
welche die einzelnen Bakterien umgibt. Worin indessen die Ursache 
zu suchen war, weshalb einige Kulturen diese schleimige Beschaffenheit 
zeigten, wahrend sie anderen fehlte, das konnte nicht ermittelt werden. 
Nur das konnte festgestellt werden, dafi die Ursache nicht in der Be¬ 
schaffenheit des Nahrbodens zu suchen war; denn die fadenziehenden 
Kulturen behielten konstant diese Beschaffenheit auf den verschiedensten 
NahrbSden bei, und andererseits zeigten die nicht fadenziehenden Kulturen 
die schleimige Beschaffenheit nicht.“ Wenn nach unserer Beobachtung 
auch die Reaktion des Nahrbodens einen gewissen EinfluB auf die Be¬ 
schaffenheit der Kultur ausQbt, so daB sie bei alkalischer Reaktion sehr 
feucht, fadenziehend sind, aber leicht in Wasser sich gleichmafiig ver- 


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487 


teilen, w&hrend bei sauerer sie wenig feucht sind and die Aufschwemmung 
im Wasser infolge der Z&higkeit schwerer geschieht 1 ), behalten die 
Kulturen bei 32° C doch ihre Beschaffenheit bei. Aber bei den Kulturen 
in Brat- and Eisschranktemperatnr konnen wir eine mehr gleichartige 
Beschaffenheit konstatieren. Alle Kulturen bei 37° C haben eine z&he 
and fadenziehende Beschaffenheit, wahrend die bei Eisschranktemperatur 
gebaltenen nicht schleimige, fadenziehende and ganz leicht gleichm&Big 
im Wasser verteilbare Eigenschaften zeigen. Wenn man aus der nicht 
scbleimigen Kultur bei 32° C auf Agar aberimpft und bei 37° C kulti- 
viert, so w&chst ein schleimiger, fadenziehender Rasen. Impft man aus 
einer schleimigen, fadenziehenden Kultur bei 32° C auf Agar aber und 
kultiviert im Eisschrank, so w&chst ein nicht schleimiger, nicht faden¬ 
ziehender Rasen. Aus diesen Tatsachen kdnnen wir schlieBen, dafi die 
z&he, schleimige und fadenziehende Beschaffenheit der 
Pestbacillenkultur keine konstante ist, sondern von der 
Wachstumstemperatur abh&ngig ist, und zwar nur bei 
gewissen Temperaturen, z. B. 32° C, auftritt. Ich mdchte also 
sagen, eine z&he und schleimige Beschaffenheit der Pest- 
kultur h&ngt von der Wachstumstemperatur und die 
schwere oder leichteAgglutinabilit&t von der Beschaffen¬ 
heit der Kultur ab. 

Wie ich schon oben erw&hnt habe, behaupten Kolle und Martini, 
daB die Agglutinabilit&t von der Virulenz abh&ngig ist. Daraber babe 
ich auch einige Versuche gemacht. Wenn die Behauptung von Kolle 
richtig ist, rnttssen die Kulturen No. 3 und 21 virulenter sein als die 
Kulturen No. 23 und 24, da die ersteren schw&cher agglutiniert werden. 
Ich habe die oben genannten 4 St&mme bei 32° C 48 Stunden lang 
kultiviert und an Mfiusen, Ratten und Meerschweinchen ihre Virulenz 
gepraft. Unter den Methoden der VirulenzprOfung von Pestkulturen 
ist die kutane Infektion der Meerschweinchen, welche von Weichsel- 
baum, Albrecht und Ghon zuerst angegeben wurde, die vorzOglichste. 
Nasenschleimhaut- und Augenbindehautinfektion der Ratten erfolgt nur 
bei Verwendung ganz hochvirulenter Kulturen. DaB M&use sehr un- 
gleich empf&nglich fOr Pest sind, wissen wir durch allt&gliche Erfahrung. 
Bei Ratten habe ich Pestkulturaufschwemmungen sorgsam auf die 
Augenbindehaut gebracht, so daB keinerlei Verletzung erfolgte; aber 
alle Tiere blieben ganz gesuud. Bei M&usen habe ich sehr kleine 
Mengen (Vioooooo und '/ 5 ooo<»o Oese) aller Kulturen intraperitoneal 
geimpft. Kolonieenzahl auf Gelatineplatten von Vsooooo Oese der 
4 Kulturen war ca. wie folgt: 

No. 3 8321 „ u 

No. 21 820j zahe Kulturen 

No 24 574 J nicht z&he Kulturen 

Die M&use sind 2—10 Tage nach der Infektion zu Grunde gegangen; 
aber wir kdnnen den Virulenzgrad der Kulturen davon nicht wissen, 
da die Zeitdauer bis zum Tode mit der Bacillenmenge in keinera Ver- 
h&ltnis steht, wie Tabelle VI zeigt. 


1) Bei der alkalischen Reaktion wird die schleimige Hulle der Pestbacillen mehr 
oder weniger auf gel Set und infolgedeesen fadenziehender und leichter im Wasser ver- 
teilbar. 


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Tabelle VI. 

Mauee 

Korpergewicht 

Kultur 

Menge 

1 

2 

11 g 

11 „ 

No. 3 
„ 21 

h ^oo ooo 

3 

11 ,, 

„ 23 

do. 

4 

11 „ 

„ 24 

do. 

5 

t> 

11 

11 » 

3 

,, 21 

/bjoooo 

7 

11 „ 

„ 23 

do. 

8 

11 » 

» 24 

do. 


Reeultat 

Tod nach 7 Tagen 
10 „ 

6 
6 
2 
8 
4 
10 


>1 

99 


Bei kutaner Impfung der Meerschweinchen konnte ich die Virulenz 
der 4 Kulturen beinahe erkennen. Eine Oese Pestkultur wurde in 
10 ccm physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt und 2 groBe 
Oesen von dieser Aufschwemmung wurden auf der mit Gewalt rasierten 
Bauchhaut der Meerschweinchen (je 250 g schwer) verrieben. Bei den 
Tieren, welche mit Kulturen No. 3 und 23 infiziert wurden, war die 
Anschwellung und RQtung der Impfstelle und Bubonen der Inguinal- 
drflsen schon 2 Tage nach der Impfung sehr deutlich und die Infiltration 
nahm mit^ der Zeit zu, w&hrend bei den mit Kulturen No. 21 und 24 
geimpften Tieren keine Infektion eintrat. Weiter habe ich die Virulenz 
der Eisschrankkulturen, welche mit einem Serum gleich stark agglutiniert 
werden, geprflft, urn zu wissen, ob unter den gleich agglutinierbaren 
Kulturen ein Virulenzunterschied vorhanden ist Oder nicht. Dazu be- 
nutzte ich auch die Kulturen No. 3, 21, 23 und 24, welche 3 Tage lang 
im Eisschrank kultiviert wurden, und Meerschweinchen als Versuchs- 
tiere. Bei diesen Fallen erfolgte die Infektion auch nur bei den mit 
Kulturen No. 3 und 23 behandelten Tieren, wahrend sich bei Tieren, 
welche mit Kulturen No. 21 und 24 behandelt wurden, gar keine Er- 
krankung zeigte. 

Aus den oben angeftihrten Versuchen konnen wir schliefien, daft 
die Agglutinabilitat der Pestkulturen keinen Zusammen- 
hang mit ihrer Virulenz hat, sondern die Beschaffenheit 
der Kulturen die Hauptrollespielt Wenn Kolle bei avirulenter 
Kultur starkere Agglutinabilitat gefunden hatte, so wird die Kultur 
gerade nicht fadenziehend gewesen sein, d. h. in Bezug auf Agglutinabilitat 
der Pestkultur spielt die Virulenz keine Rolle, sondern nur die Be¬ 
schaffenheit der Kultur. Bei dieser Gelegenheit mbchte ich auch die 
Agglutinierbarkeit der Cholerakulturen beriihren. Kolle (8) 
meint, daB es unter echten Cholerastammen von gleicher Virulenz er- 
hebliche Unterschiede in der Agglutinierbarkeit und umgekehrt bei 
frischen avirulenten Kulturen den gleichen Agglutinationstiter wie bei 
virulenten gibt. An diese neue Beobachtung knfipft er die Bemerkung: 
„Worauf die Unterschiede in der Agglutinierbarkeit beruhen, ist zur 
Zeit noch nicht aufgekiart. u Ja, nach meiner Ansicht ist die Agglu¬ 
tinierbarkeit der Cholerakulturen auch von der Be¬ 
schaffenheit der Kultur abhangig. Es ist schon eine bekannte 
Tatsache, daB alte in den Laboratorien auf kfinstlichen Nahrboden fort- 
geztichtete Cholerakulturen sich haufig schon in physiologischer Kochsalz- 
ldsung in feinkSrniger, sandiger Form zusammenballen und nie gleich- 
mafiig sich in der FlQssigkeit verteilen. Solche Kulturen sind in der 
Konsistenz ganz anders als gewdhnliche Cholerakulturen und ahneln 
einer Diphtheriekultur auf Glycerinagar. Aus diesen Grilnden sind 
solche Kulturen naturgemaB fQr die Agglutinationsprobe unbrauchbar. 
Einmal fand ich bei einer alten avirulenten Cholerakultur, welche 2 Jahre 


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489 


lang ohne Tierpassage nor auf NShragar fortgezQchtet und bei Zimmer- 
temperatur gestanden hatte, eine ganz schleimige Beschaffenheit. Diese 
schleimige Kaltur wurde mit Testserum (1 : 5000 Titer) nur bei Ver- 
dQnnung von 1 : 500 agglutiniert. Aus solchen Griinden bin ich der 
Meinung, daB die Agglutinabilit&t der Cholerakultur auch von der Be¬ 
schaffenheit und zwar von der schleimigen Konsistenz abh&ngig ist. 

Cole (9) hat neulich die Beobachtung bei Typhusbacillen gemacht, 
daB die groBere Agglutinationsfahigkeit mit grdBerer Bindekraft filr 
Agglutinine und die geringere Agglutinationsfahigkeit mit der Ver- 
minderung in der Anzahl der Rezeptoren verbunden sind. Ich habe 
weiter dieses Verh&ltnis bei Pest untersucht Zu diesem Zwecke wurden 
stark agglutinierbare Kulturen, No. 7 und 23, bei 32° C in 1 :100 ver- 
dQnntem Serum aufgeschwemmt und im BrQtschrank gehalten. Nach 
24 Stunden zeigten alle Rbhrchen totale Agglutination. Der FlGssigkeit, 
welche durch Zentrifugieren vom Niederschlag getrennt wurde, wurden 
die stark agglutinierenden Kulturen No. 7 und 23 bei 32° C wieder 
zugefflgt. Die Agglutination kam nach 24 Stunden im BrQtschranke 
ganz schwach zu stande. Mit ganz derselben Methode wurden die 
schwach agglutinierenden Kulturen No. 1 und 2 bei 32° C behandelt, 
welche nach 24 Stunden im BrQtschranke keine Agglutination zeigten. 
Durch Zentrifugieren habe ich das klare Zentrifugat gewonnen und 
dazu stark agglutinierbare Kulturen, No. 7 und 23, bei 32° C zugesetzt. 
In diesem Falle war die Agglutination auch ganz schwach oder negativ. 
Weiter habe ich dieselbe Probe mit schwach agglutinierenden (No. 3 
und 21) und stark agglutinierenden Kulturen (No. 23 und 24) gemacht. 
Wenn die stark agglutinierenden Kulturen st&rkere agglutino-haptophore 
Gruppen haben, mGssen die Kulturen bei Eisschranktemperatur starker 
als die bei 37° C die Agglutinine des Serums absorbieren; infolgedessen 
mGssen die Agglutininmengen im Zentrifugate untereinander einen groBen 
Unterschied zeigen. Aber bei meinen Versuchen fand ich kaum merk- 
bare Unterschiede. Der Gang des Versuches ist wie folgt. 

Man schwemmt die oben genannten 4 Kulturen bei Eisschrank- und 
BrGttemperatur in 1:100 verdGnntem Pestserum auf. Nach 24-stBndigem 
Verweilen im Thermostaten zeigten die Kulturaufschwemmungen bei 
Eisschranktemperatur sehr deutliche Agglutination, wQhrend sie bei 
BrQttemperaturkulturen ganz negativ blieb. Zum Zentrifugate der beiden 
Versuche fQgte ich die stark agglutinierbaren Kulturen bei Eisschrank¬ 
temperatur zu* Die Ergebnisse sind aus folgenden Tabellen zu ersehen. 

Weiter wurde es versucht, ob durch Injektion einer der leicht agglu¬ 
tinierbaren Kulturen bei Kaninchen sich ein Serum herstellen l&Bt, 
welches eine grbfiere Agglutinationskraft hat als ein solches Serum, das 
mittels schwerer agglutinierbaren Kulturen gewonnen ist. Es wurden 
4 Kaninchen durch 2-malige subkutane Impfungen (im ganzen 6 Oesen) 
der auf 60° C x /» Stunde lang erhitzten Pestagarkulturen No. 3 und 


TabeUe VII. 

Zentrifugate der Kulturen bei 37° C. 


Zentri- 
fugierung 
mit Kulturen 

Neu zugefiigte Kulturen 

No. 3 

No. 21 

No. 23 

No. 24 

No. 3 

_ 


_ 

_ 

„ 21 

i 

+ 

+ 

+ 

„ 23 

— 

+ 


+ 

„ 24 

+ 


+ 

+ 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Tabelle VIII. 


Zentrifugate der Kulturen bei Eisechranktemperatur. 


Zentri- 
fugierung 
mit Kulturen 

Neu zugefugte Kulturen 

No. 3 i 

No. 21 

No. 23 

No. 24 

No. 3 

_ 

+ 

+ 

+ 

21 

— 

T 


+ 

„ 23 

— 

T 


+ 

„ 24 

— 

=f 

5 

+ 


24 bei Brllt- und Eisschranktemperatur behandelt. 10 Tage nach der 
letzten Impfung wurden die Sera auf Agglutinationskraft mit Eisschrank- 
kulturen geprflft. In der Agglutinationskraft dieser Kaninchensera konnte 
ich keine merkbare Differenz linden, da die Eisschrankkulturen durch 
alle Sera bei der Verdtlnnung 1 : 1000 deutlich, bei 1 :2000 aber nicht 
agglutiniert wurden. Aus diesem Versuche darf man nicht schlieBen, 
da B die leicbt agglutinierbaren Kulturen mehrere hapto- 
phore Gruppen besitzen; wenngleich es zwischen Agglu- 
tinierbarkeit der Kulturen bei Brflt- und Eisschrank¬ 
temperatur eine groBe Differenz (Schwankung zwischen 
1:50 bis 1:2000) gibt, so kdnnen wir doch zwischen beiden 
Kulturen nicht merkbare Differenzen der Absorption der 
Agglutinine und der Produktion der Agglutinine imTier- 
kbrper nachweisen. 

SchlufisBtze. 

1) Die Pestkulturen bei 32° C werden nicht gleichm&Big durch ein 
und dasselbe Pestpferdeserum agglutiniert; die Agglutinabilit&t schwankt 
zwischen 1 :25 und 1 :600 bei meinem Versuche. 

2) Die schwer agglutinierbaren (1 : 50) Pestkulturen haben eine z&he 
und schleimige Beschaffenheit, die leicht agglutinierbaren (1: 600) sind 
dagegen wenig schleimig. 

3) Die wenig schleimige und zugleich leicht agglutinierbare (1 : 600) 
Kultur bei 32° C wir schleimig und schwer agglutinierbar (1 : 50), wenn 
sie bei Brflttemperatur kultiviert wird. 

4) Alle schleimigen und schwer (1 :50) agglutinierbaren Kulturen 
bei 32° und 37° C werden wenig schleimig und leicht (1 :2000) agglu¬ 
tiniert, wenn sie bei Eisschranktemperatur kultiviert werden. 

5) Die schleimigen und schwer (1 :50) agglutinierbaren Kulturen 
bei 37 0 C werden starker (1 :200) agglutiniert, wenn sie mit physio- 
logischer Kochsalzlosung mehrmals ausgewaschen werden. 

6 ) DaB die schwer agglutinierbare Kultur eine virulente sei, wie 
Kolle behauptet, konnte ich nicht bestatigen. 

7) DaB eine schwer agglutinierbare Kultur eine geringere Anzahl 
der haptophoren Gruppe hat, wie Cole beim Typhusbacillus beobachtete, 
konnte ich bei Pestkulturen nicht nachweisen. 

8 ) Also steht die Agglutinabilitat mit der Beschaffenheit der Kultur 
im Zusammenhang und die Beschaffenheit ist von der Wachstums- 
temperatur abbangig. 


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Stros8, Wachstum der Gonokokken auf serumhaltigen N&hrbflden. 


491 


Literatur. 

1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIV. 1903. Heft 1. 

2) Lancet 1901. vol. I. 

3) CentralbL f. Bakt. etc. Bd. XXIX. No. 21. 

4) BauragartenB Jahresber. 1901. 

5) Dtsche med. Wochenschr. 1902. No. 3. 

6) Erforschung der Peet im Jahre 1897. 

7) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 1901. Heft 3. 

8) Zeitschr. L Hyg. Bd. XLIV. 1903. Heft 1. 

9) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVI. 1904. Heft 3. 


Nachdruck verboten. 

Ueber das Wachstum der Gonokokken auf serumhaltigen 

Mhrbbden. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien (Vorstand: 

Prof. Weichselbaum).] 

Von Dr. Oskar Stross. 

Die Eigentflmlichkeiten des Wachstums der Gonokokken auf kflnst- 
lichen Nahrboden bieten insofern besonderes Interesse, als es nahe liegt, 
die Begflnstigung des Wachstums dieser Organismen durch Serum mit 
den pathogenen Eigenschaften derselben in Beziehung zu setzen. Trotz- 
dem ist dasVerhalten der Gonokokken bei der Zuchtung auf kunstlichen 
Nahrbbden noch nicht nach alien Richtungen analysiert und es bleiben 
einige Fragen offen. Diese betreffen erstens den Wert des tierischen 
Serums im Vergleiche zum menschlichen in Bezug auf seine F&higkeit 
als Nahrsubstrat zu dienen, zweitens die Rolle, die das Serum bei der 
Eultur Oberhaupt spielt 

Ueber die Verwendbarkeit der menschlichen und der tierischen Sera 
berichten die bisher erschienenen Arbeiten folgendes: 

Der erste, der ein Serum agar als Nahrboden verwendete, war Stein- 
schneider 1 ). Dieser beniitzte Agar mit Hydrokelenfltissigkeit im Ver- 
haitnis von 1:2—3 gemischt. Wertheim 2 3 ) goB Menschenserumagar 
in Platten. Steinschn eider 8 ) erhielt auf Menschenserumagar gutes 
Wachstum, auf Agar mit Zusatz von Rinder- und Hundeserum sparlicbes, 
von Hammelserum kein Wachstum. Finger, Ghon und Schlagen- 
haufer 4 ) bezeichnen auch nur das menschliche Serum als sicheres Nahr- 
medium, Rinderserum gebe haufig schlechte Resultate. Wright 5 ) er- 
zielte mit Rinderserum ungenflgende Resultate. Steinschneider und 
Schaffer 6 ), ferner Wassermann 7 ) erkiaren in erster Linie Menschen- 
serum als guten Nahrboden, in zweiter Linie erst kbnne Tierserum 
verwendet werden. Auf Serum vom Pferd und Rind beobachtete 
de Christmas 8 ) kein Oder nur schlechtes Wachstum, gutes auf 


1) Berl. klin. Wochenschr. 1890. 

2) Arch. f. Gyn. 1892. 

3) Berl. klin. Wochenschr. 1893. 

4) Arch. f. Derm. u. Syph. 1894. 

5) Americ. Journ. of the med. sc. 1895. Febr. Ref. in Baumgartens Jahresber. 

6) Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 45. 

7) Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 32. 

8) Ann. de Tlnst Pasteur. 1897. 


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492 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


Menschenserum. Foulerton 1 ) hatte sehr wechselnde Resultate mit 
Rinder-, Schaf-, Meerschweinchen- und Pferdeserum. Nach Veillon 2 ) 
versagen die Sera von Rind, Kaninchen und Meerschweinchen Mufig. 
Wertheim 3 4 ) hat die Beobachtung gemacht, dafi sich nicht jedes mensch- 
liche Serum zur Zttchtung von Gonokokken eigne. Nach Scholtz 1 ) 
sind nur Nahrbbden mit menschlichen serosen FlQssigkeiten vollkommen 
veriafilich; auf dem Serum von Tieren kommen nur die kr&ftigeren 
Keime zur Entwickelung. Groenouw 5 ) hatte mit Rinderserum nur 
einmal Erfolg, sonst mifilangen ihm auf diesem Nahrboden die Kulturen 
stets. Wassermann 6 ) stellte einen Nahrboden mit Hilfe von Nutrose 
und Schweineserum her. Es finden also die meisten Autoren, dafi mensch- 
liches Serum als Zusatz zum Nahrboden vorzuziehen ist. Gewifi sind 
aber die Angaben nicht so klar, dafi man sich ein vollstandiges Bild 
von den Verhaltnissen machen kbnnte. 

Ich habe die Frage neuerdings aufgenoramen und in einer ziemlich 
grofien Zahl von Versuchen Gonokokken auf Nahragar einerseits mit 
Zusatz von menschlichem, andererseits von tierischem Serum in variierten 
Mengen flberimpft und die Ergebnisse verglichen. Das verwendete frische 
Serum wurde gewohnlich mehrere Male durch eine Stunde auf 60° er- 
hitzt und vor der Verwendung auf Sterilitat geprQft Der Nahragar 
wurde nach der gewohnlichen Vorschrift aus Rindfleisch hergestellt und 
mit Lackmuspapier auf deutlich alkalische Reaktion eingestellt. Dann 
wurde bei jedem Stamme das Wachstum auf einfachem Agar ausprobiert 
Die Kulturen wurden in Petri-Schalen angelegt. Der Nahrboden wurde 
nur verwendet, wenn es sich zeigte, dafi er mit etwa einem Drittel 
Menschenserum versetzt, Gonokokken Qppig wachsen liefi, nicht aber 
ohne Serumzusatz. Das Serum wurde gewbhnlich in Mengen von 0,25 
und 3 ccm, dfter auch von 1 ccm als Zusatz zu 10 ccm Agar ange- 
wendet. Der Gonococcus wurde immer von einer frischen Menschen- 
serum-Agarkultur abgeimpft und gewbhnlich wurden nicht zu lange — 
bis etwa zur 20.—25. Generation fortgeziichtete Kulturen angewendet. 

Unsere Versuche ergaben, dafi das menschliche Serum (Placenta- 
serum) in alien Fallen und zwar sowohl in der Menge von 0,25 als 1,0 
und 3,0 ccm gute Kulturen gab. Dagegen verhalt sich das Tierserum 
individuell auffallend verschieden. Wir untersuchten das Serum von 34 
verschiedenen Rindern, 23 Pferden und einigen Kaninchen. Es fand 
sich ein 3-fach verschiedenes Verhalten. Eine Anzahl der Sera gab gute 
Kulturresultate, so gut oder beinahe so wie Menschenserum. Einige 
wenige Sera waren vollkommen unbrauchbar fflr die Gonokokkenkultur, 
und bei einer Anzahl zeigte sich das merkwdrdige Verhalten, dafi zwar 
ein geringer Zusatz, z. B. 0,25 ccm, gutes oder doch deutliches Wachstum 
gestattete, wahrend bei Zusatz grofierer Mengen (1,0—3,0 ccm) das 
Wachstum ausblieb oder sich verschlechterte. 

Ein Schlufi, der sich aus den angefflhrten Versuchen ziehen lafit, 
ist, dafi das Serum der verwendeten Tiere grofie individuelle Verschieden- 
heiten zeigt, ein Verhalten, das anderen, durch verschiedene Reaktionen 
bisher schon konstatierten individuellen stofflichen Differenzen des Blut- 


1) Transact, of the Brit. Inst, of prev. med. VoL I. 

2) Ann. de Derm, et 8yph. 1898. 

3) Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. LI. 

4) Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. XUX. 

5) Grafes Arch. f. Ophth. Bd. LII. 

6) Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 32. 


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Stross, Wachstum der Gonokokken auf serumhaldgen N&hrbfiden. 


493 


serums an die Seite zu stellen ist. Es ist dadurch verst&ndlich, daB 
die praktische Verwendnng tierischer Sera nicht so empfehlenswert ist 
als die des menschlichen Serums und daB darflber widersprechende An- 
gaben vorliegen. Ein zweiter SchluB, der sich ziehen l&Bt, ist der, dafi 
manche Tiersera Substanzen enthalten, die das Wachstum der Gono¬ 
kokken hemmen und deren Wirkung unter gewissen Bedingungen merk- 
lich wird. DaB es sich um irgend eine Form von Hemmung des Wachs- 
tnms und nicht einfach um ein Zuwenig an N&hr substanzen handelt, 
geht daraus hervor, daB eben h&ufig kleine Mengen des Serums ein 
Wachstum zulassen, groBere nicht. Dabei w&re es aber moglich, daB 
dieselben StofFe in geringen Quantit&ten dem Wachstum fbrderlich sind, 
in groBeren dasselbe hindern. Die Ursache dieser Hemmung kbnnte 
man entweder in den EiweiB - resp. Kolloidsubstanzen des Serums 
suchen oder in den kristallinischen und anorganischen Bestandteilen. 
Wir sind eher geneigt, an den EinfluB der kolloidalen Substanzen zn 
denken und nicht an die Wirkung der Salze oder die Wirkung be- 
stimmter Alkaleszenzgrade, wie es schon mehrfach angenommen wnrde. 
Dafflr sprechen uns Versuche, von denen wir die folgenden als Beispiel 
anfflhren. 


Bezeichnung des 
Gonokokken- 
stammes 

Art des Serum zusatz es 

Wachstum 

B. 

XIII. Generation 

3,0 ccm Rinderserum (I.) 

8teril 

do. 

0,25 ccm Rinderserum (L) 

sehr gut auf alien Strichen 

do. 

3,0 ccm Rinderserum (I.) 

+ 0,25 ccm Menschenserum 

gut auf alien Strichen 

A. 

XXI. Generation 

3,0 ccm Rinderserum (V.) 

steril 

do. 

0,5 ccm Rinderserum (V.) 

ein Strich schwach 

do. 

3,0 ccm Rinderserum (V.) 

+ 0,3 ccm Menschenserum 

gut, fast iippig 

do. 

0,5 ccm Rinderserum (V.) 

+ 0,3 ccm Menschenserum 

gut 

do. 

3,0 ccm Rinderserum (V.) 

-1- 0,2 ccm Menschenserum 

« 

alle Striche gut, fast iippig 

do. 

0,5 ccm Rinderserum (V.) 

4* 0,2 ccm Menschenserum 

diirftiges Wachstum 

do. 

3,0 ccm Rinderserum (V.) 

+ 0,1 ccm Menschenserum 

mittleres Wachstum 

do. 

0,5 ccm Rinderserum (V.) 

schwaches Wachstum auf einem 


+ 0,1 ccm Menschenserum | Strich 


Es ist nach diesen Versuchsergebnissen nicht anzunehmen, daB es 
sich bei den hier angeffihrten Wachstumshemmungen um einen EinfluB 
der Salze oder der Alkalien handeln kOnne, da man nicht leicht ver- 
stehen kann, wie eine solche Einwirkung durch den Zusatz von sehr 
geringen Mengen von Menschenserum aufgehoben werden konnte, um 
so mehr, da solche Substanzen, die an und fflr sich das Wachstum der 
Gonokokken befordern, wie die Versuche zeigen, auch im verwendeten 
Kinderserum vorhanden sind und nicht erst durch das Menschenserum 
hinzukamen. Diese Versuche lassen es als wahrscheinlicher erscheinen, 
daB es sich hier sowohl bei der Hemmung als auch bei der Aufhebung 


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494 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4. 

dieser Hemmung durch Menschenserum urn Reaktionen zwischen hoch 
zusammengesetzten Stoffen, vermutlich den EiweifikQrpern der Sera and 
den Bakterien handeln dfirfte. Man wird so auf die zweite aufgeworfene 
Frage gefdhrt, namlich die, welchen Einflufi das Serum Qberhaupt aus- 
fibt, aus welchem Grunde das Serum wachstumsffirdernden Einflufi be- 
sitzt. Es kann sich dabei gewifi nicht einfach urn die Anwesenheit hoch 
zusammengesetzter Eiweifistoffe des Serums im Gegensatze zu den in 
den gewdhnlichen Nahrsubstraten vorhandenen Albumosen handeln, denn 
es kommt die Eigenschaft, das Gonokokkenwachstum zu fQrdern, nicht 
unterschiedslos alien Eiweifikorpern zu. Es mfissen vielmehr auch die 
besonderen Eigentfimlichkeiten der zur Verwendung kommenden hoch 
zusammengesetzten Stoffe in Frage kommen, und es ist wohl daran zu 
denken, dafi die in Betracht kommenden Beziehungen zwischen dem 
Serum und den Mikroben nach fihnlichen Prinzipien zu erklfiren sind 
wie die spezifischen Beziehungen zwischen Bakterien und Antikfirpern. 
Fflr diese Auffassung sind als Stfitzen die oben angefflhrten Versuche 
anzusehen, ferner die Erfahrung, dafi viele sogenannte native Eiweifi¬ 
stoffe ungeeignet oder doch schlechter brauchbar fflr das Gonokokken¬ 
wachstum sind als die Bestandteile des Serums. Wir fin den in der 
Literatur uber die Verwendung anderer Eiweifikorper als der des 
Serums folgende Angaben: Im Jahre 1889 veroffentlichten Schrfitter 
und Winkler 1 ) ^.ngaben fiber erfolgreiche Fortpflanzungen von Gono- 
kokken auf in Rfihrchen erstarrtem Kibitzeiweifi. Steinschneider 2 ) 
hatte mit eiweifihaltigem Urinagar keine gfinstigen Resultate, ebenso- 
wenig mit mucinbaltigen Nahrbfiden (Zusatz von sterilisiertem Speichel). 
Im Gegensatz dazu fand Hammer 3 ), dafi eiweifihaltiger Urin als 
Zusatz zum Agar ein guter Nahrboden sei. Einen neuen wachstum- 
ffirdernden Zusatz fand Nastjakoff 4 ) im Eigelb, ebenso auch See 5 ). 
Eiweifihaltiger Urin und Hfihnereiweifi wurden als Nahrboden auch 
von de Christmas 6 ) verwendet; er hatte kein oder schlechtes 
Wachstum auf den so zusammengesetzten Nahrbfiden. Auch Stein¬ 
schneider 7 ) verwirft Fleischwasser, Eiweifiwasser, Pepton als Nfihr- 
boden, findet aber im Eidotter einen zwar undurchsichtigen, doch recht 
verlfifilichen Nahrboden 8 ). Sparliches Wachstum erhielt Heimann 9 * * ) 
auf Agar mit eiweifihaltigem Urin versetzt; bessere Resultate berichtet 
fiber diesen Nahrboden Wagner u ). Ein franzfisischer Autor, V e i 11 o n 12 ), 
prfifte die von Schrfitter-Winkler, Nastjakoff und See ge- 
machten Angaben nach und findet alle diese Nahrbfiden unverlafilich; auch 
Hamoglobin und Globulin seien zum Gonokokkenwachstum unzureichend. 
Nach Scholtz kommen in Eiweifi-Urinagar sowie (v. o.) in Tierseren 
nur die kraftigeren Keirae zur Entwickelung, Eidotteragar ergibt un- 
gleichmafiige Resultate. Mit Eiereiweifi hatte J u n d e 11 1S ) keine brauch- 

1) Aus dem Wien, embryolog. Inst. 1890. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 1890. 

2) Berl. klin. Wochenschr. 1893. 

3) Dtsche med. Wochenschr. No. 51. 

4) Wratsch 181)3. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 

• 5) Paris, Alkan. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 1896. 

6) Ann. de l’Inet. Pasteur. 1897. 

7) Wien. med. Wochenschr. No. 13. 

8) Berl. klin. Wochenschr. No. 18. 

9) Med. Record. New York. Vol. L. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 

11) Bull, of the John Hopkins Hosp. VoL VHI. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 

12) Ann. de Derm, et Syph. 1898. 

13) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXIX. 


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Stross, Wachstum der Gonokokken auf serumhaltigen N&hrbOden. 495 


baren Resultate; schlieBlich berichtet Lipschfitz 1 ) kfirzlieh fiber seine 
Versuche mit einera im Handel erhfiltlichen Praparat .^Albumin aus 
Eiern pulv. subt“, mit welchem er gute Erfabrungen machte. 

Auch ich habe Versuche mit anderen Stoffen als denen des Serums 
aasgeffihrt und habe kein Wachstum bekommen bei Zusatz von kristalli- 
siertem Hemoglobin, Nutrose, Aleuronat und Kasein; auf letzterem ein- 
mal sehr spfirlich. Mit Eidotter habe ich im allgemeinen recht gfinstige 
Erfahrungen gemacht, ebenso mit Milch, die ich entweder durch Kochen 
Oder mehrmaliges einstfindiges Erhitzen sterilisierte; diese beiden Zu- 
sfitze haben den Nachteil der Undurchsichtigkeit. Mit zentrifugierten 
nnd gewaschenen roten Blutkorperchen lieBen sich auch regelmfiBig die 
Gonokokken in fippiger Weise zum Wachstum bringen; die Zusatzmenge 
betrug 1 ccm zu 10 ccm Agar. 

Ich habe ferner Versuche angestellt mit Hilfe von Ammonsulfat 
nach dem bekannten Verfahren (Pick), die EiweiBkSrper zu fraktionieren, 
und es wurde dabei in den angestellten Versuchen kein einheitliches 
Resultat gefunden. Gewohnlich lieBen die AlbuminlSsungen deutlich 
besseres Wachstum zu als die Globulinldsungen. 

Es wurde ferner noch festgestellt, dafi durch Erhitzen die wachstum- 
begfinstigende Wirkung des Serums nicht verloren geht, indem verdfinntes 
Serum aufgekocht und das abfiltrierte Koagulat zu dem Nfihragar hin- 
zugeffigt wurde. Auch so erhielt ich gutes Wachstum bei sterilen 
Kontrollplatten auf dem ohne Zusatz gebliebenen Nfihragar. Wurde das 
Koagulat durch Trypsin in LSsung gebracht, so konnte man durch Zu¬ 
satz der gewonnenen Fltissigkeit nicht ffir Gonokokkenwachstum geeignete 
NfihrbSden erzielen. Doch sind die diesbezfiglichen Versuche noch nicht 
zu Ende geffihrt. Diese Beobachtung der Hitzebestfindigkeit der wirk- 
samen Substanzen spricht nicht gegen die oben geauBerte Auffassung, 
da ja auch eine Anzahl von spezifischen Reaktionen beobachtet wurde, 
deren Substrate bei Erhaltung der spezifischen Eigenschaften der Koch- 
hitze ausgesetzt werden kSnnen (Prfizipitation gekochter EiweiBkorper, 
Pick und Obermayer). Meine Meinung wird ferner nicht dadurch 
widerlegt, daB unter gewissen Umstfinden Gonokokken auf NfihrbSden 
wachsen, denen kein Serum und keine natives EiweiB enthaltende Flfissig- 
keit zugesetzt wurde, wie dies Thalmann 2 3 ), Wildboltz 8 ) und viele 
andere beobachteten; denn es ist der hfiufigere Fall, daB die gewShn- 
lichen NfihrbSden nicht ausreichen, um das Gonokokkenwachstum zu 
ermSglichen und eben ffir diese Ffille gilt das Gesagte. Auch wir konnten 
gelegentlich Gonokokkenkulturen auf den gewShnlichen NfihrbSden er- 
halten, aber nur mit gewissen Stfimmen bezw. Generationen, wie auch 
zu bemerken ist, daB bei Versuchen, wie den unsrigen, auBer der Ver- 
schiedenheit der Sera auch die Verschiedenheit der fibrigen Nfihr- 
substrate und der Kokkenstfimme eine betrfichtliche Rolle spielt. Den 
EinfiuB aller dieser Umstfinde im besonderen aufzuklfiren, erfibrigt noch. 

Die Ergebnisse der Untersuchun gen sind, daB verschiedene Tier- 
sera, wenn man sie in Bezug auf ihre Eigenschaft, das Gonokokken¬ 
wachstum zu fSrdern, untersucht, von Tier zu Tier stark schwankende 
Eigenschaften haben. Menschenserum gibt dagegen regelmfiBige Resultate. 
Da manche der verwendeten Tiersera unter gewissen Bedingungen zwar 


1) CentralbL f. Bakt. etc. 1904. 

2) Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. LXIV. 

3) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 


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496 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 4. 


in kleineren Mengen nicht, wohl aber in grOBeren Mengen wachstums- 
hemmend wirken, so ist in ihnen die Anwesenheit von wachstums- 
hemmenden StofFen anzunehmen. Fiir alle diese Verhaltnisse dfirfte die 
Beschaffenheit der EiweiBkSrper bezw. Kolloide eher von maBgebender 
Bedeutung sein, als die der einfach zusammengesetzten Stoffe, z. B. der 
Salze, namentlich mit Rficksicht auf die geringen wirksamen Serum- 
mengen (s. o.), Das besondere Verhalten des menschlichen Serums 
gegenflber einer Reihe tierischer Sera beim Kulturversuch ist schwer- 
lich ohne jede Beziehung zu der Disposition gerade des Menschen fflr 
die Gonokokkenerkrankung. 


Die Redaction des „Centralblatts fUr Bakteriologie und Parasitenkundf 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um 
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bet der Ein ■ 
sendung der A bhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u 
wollen oder sp&testens nach Empfang der ersten Korrekturabxdge direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fischer tn Jena , gelangen %u lassen. 


Inhalt 


Bartel, Julius und Stein, Robert, Zur 

Biologic schwachvirulenter Tuberkel- 
bacillen. (Schlufi.), p. 393. 

Bertarelli, E. f Einige Untersuchungen 
fiber die Tuberkulose der Reptilien, 
p. 403. 

Boerr, R., Beobachtungen fiber bacillfire 
Dysenteric, p. 420. 

Bllermann, V., Einige Fftlle von bakte- 
rieller Nekrose beim Menschen, p. 383. 

Fermi, Claudio und Bassu, E., Weitere 
Untersuchungen fiber Anafirobiose. 
(Schlufi.), p. 369. 

Forssman, J., Studien fiber die Antitoxin- 
bildung bei aktiver Immunisierung gegen 
Botulismus, p. 463. 

J&rgensen, Axel, Schwankungen des Ag- 
glutinationsvermOgens des Blutes im Yer- 
laufe des Typhus abdominalis, p. 475. 

Klein, E. f Ueber die Verbreitung des Ba¬ 
cillus enteritidis Gaertner in der Kuh- 
milch, p. 392. 

▼an Loghem, J. J., Bakteriologischer Be- 
fund bei spontaner vesikaler Pneumatu- 
rie eines diabetischen Kranken, p. 425. 


Lftdke, H. y Zur Spezifitat der Antikfirper. 
[Forts.], p. 451. 

Neufeld, F. und Tftpffer, H., Ueber hfimo- 
lytische und h&motrope Sera, p. 456. 

Ottolenghi, D. und Mori, V., Die Wir- 
kung des Aethyl&thers auf die h&molyti- 
schen und bakteriziden Sera. (Schlufi.), 
p. 468. 

Rullmann, W., Ueber das Verhalten des 
in Erdboden eingesftten Typhusbacillus, 
p. 380. 

Shibayama, O., Ueber die Agglutination 
des Pestbacillus, p. 482. 

Stross, Oskar, Ueber das Wachstum der 
Gonokokken auf serumhaltigen Nfthr- 
bfiden, p. 491. 

Tiberti, H., Ueber den Transport des Te- 
tanusgiftes zu den Rfickenmarkszentren 
durch die Nervenfasern. (Forts.), p. 413. 

Widakowich, Victor, Ueber Nematoden 
an der Hypophysis cerebri von Felis 
domestica, p. 447. 

Ziemann, Hans, Beitrag zur Trypano- 
somenfrage. (Schlufi.), p. 429. 


Frommanniche Bnchdruckerel (Hermann Pohle) In Jena. 


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CntnlU. f. BakL etc. I. Abt. Originate. 8i. XXXVIII. left S. 

Nachdmck verboten . 

Paratyphus in Japan. 

[Aus dem kais. Institute far Infektionskrankheiten in Tokio 
(Direktor: Prof. Dr. S. Kitasato).] 

Von Dr. 6. Shlbayama, Abteilungsvorsteher im Institute. 

Seit Ch. Achard und Bensaude zuerst im Jahre 1896 zwei 
Falle von Paratyphus mitgeteilt hatten, wurde diese Krankheit in 
verschiedenen LSndern: Nordamerika (Baltimore, New York, Philadelphia), 
Deutschland (Hamburg, Bremen, Strafiburg, SaarbrOcken), England 
(Liverpool), Holland (Eisbergen) und Rum&nien (Jassy) beobachtet und 
beschrieben. 

Im Oktober 1902 habe ich in unserer Krankenabteilung einen 
Kranken beobachtet, der die Symptome von klassischem Typhus abdo- 
minalis darbot und im Laufe der Tage keine deutliche Widalsche Re- 
aktion zeigte. Dr. Saito, Assistent im Institute, hat aus dem frisch 
gelassenen, blutig getrfibten Harn dieses Kranken ein Stabchen 
(Stabchen A) gezttchtet, welches durch Serum des Pa- 
tienten bei einer VerdQnnung von 1:5000 agglutiniert 
wurde und kulturell sich wie Schottm0 Hers Paratyphus- 
bacillen verhielt. 

Fast gleichzeitig, aber unabh&ngig von uns, hat Dr. Okasaki in 
der Provinz Shim an e drei ahnliche Falle beobachtet und publiziert. 
Dafi die Stabchen, welche Okasaki aus Kot der Kranken isoliert hat, 
ganz dieselben wie die unseren sind, wurde durch unsere nachtraglichen 
Vergleichsuntersuchungen festgestellt. Im folgenden Jahre (1903) wurden 
ahnliche Falle in der Provinz Kanagawa und Formosa und in diesem 
Jahre (1904) wieder in Formosa und Tokio beobachtet und beschrieben. 
In unserer Krankenabteilung habe ich auch 1903 einen 
Fall (B) und in diesem Jahre zwei Falle (C und D) beob¬ 
achtet und aus Kot, Roseolen und Harn jedes Patienten 
ein Stabchen isoliert. welches mit dem Patientenserum 
spezische Reaktionen gab. 

Agglutination des StSbchens 6 und des Typhusbacillus durch Patient-B-Blutserum. 

Serum vom 10. Tage nach dem Krankheitsbeginn: 

gegen Stabchen B A. «* 1:5000 

„ Typhusbacillus A, «= 1:200 

Serum vom 89. Tage nach dem Krankheitsbeginn: 

gegen Stabchen B A, <= 1:1000 

„ Typhusbacillus A, = 1 :50 

Agglutination des Stabchens 0 und des Typhusbacillus durch Patient-C-Blutserum. 

Serum vom 11. Tage nach dem Krankheitsbeginn: 

gegen Stabchen C A, = 1:200 

„ Typhusbacillus A a = 1:200 

Serum vom 44. Tage nach dem Krankheitsbeginn: 

gegen Stabchen C A, = 1:800 

„ Typhusbacillus A s = 1:20 

Agglutination des Stabchens D und des Typhusbacillus durch Patient-D Blutserum. 

Serum vom 14. Tage nach dem Krankheitsbeginn: 

gegen Stabchen D A, = 1:800 

„ Typhusbacillus A g = 1:50 

Ente Abt. Orig. Bd. xxxvm. Heft 5. 32 

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498 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Morphologische und biologische Eigenschaften der 

drei Stabchen. 

Unser Stabchen gehOrt zu den Bakterien und zeigt ziemlich leb- 
hafte Eigen bewegung. Es nimrat leicht die gewdhnlichen Anilinfarbungen 
an, die Gramsche Farbung aber nicht. Bei Brflttemperatur wachst'es 
besser als bei Zimmertemperatur und gehdrt zu den fakultativen An- 
afiroben. Auf Agar wachst es tlppig, grau durchscheinend und bildet 
haufig Gasblasen. Die Kolonieen auf Gelatine (nach 48 Stunden bei 
20° C) sehen speckig-grau durchscheinend aus. Unter dem Mikroskop 
sehen die oberflachlichen Kolonieen rundlich, gelblich und feinkdrnig 
aus; sie zeigen nach 4 Tagen eine irisartige Struktur, pamlich die 
aufiere Schicht ist dQnn, hellgelb und feinfaserig und die innere Schicht 
ist dunkelgelblich und grobkdmig. In Traubenzuckeragar- Stichkultur 
findet starke Gasbildung statt In Neutralrotagar tritt grflne Fluoreszenz 
auf. Bouillon und Peptonwasser werden gleichmaBig getrflbt, aber Indol- 
bildung fehlt. Das Wachstum auf Kartoffel ist unsichtbar. Milch bleibt 
unverSndert Lackmusmolke ist schon nach 20 Stunden gerdtet Die 
TierpathogenitSt (Meerschweinchen, 250 g schwer) schwankt von bis 
Vio Oese (1 Oese = 2 mg) bei intraperitonealer Infektion. Durch 
Immunitatsreaktion der Stabchen (A, B, C und D) gegen- 
einander habe ich festgestellt, daB sie ganz identisch 
sind. 

Nach den oben mitgeteilten Ergebnissen war ich der Meinung, daft 
die typhusahnliche Krankheit in Japan verursacht wird durch ein Stab¬ 
chen, dessen Eigenschaften der Beschreibung nach von dem B. para- 
typhosus Typus B von Keyser nicht zu unterscheiden ist, und 
es sich bei dieser Krankheit vielleicht urn Paratyphus handele. Ich 
konnte aber nicht mit Sicherheit sagen, daB Paratyphus auch in Japan 
existiert, da ich keine Gelegenheit hatte, vergleichende Studien zwischen 
unserem Stabchen und dem Paratyphusbacillus anzustellen. 

Ende September dieses Jahres hat Herr Dr. K. Shiga eine Para- 
typhuskultur (Typus B) aus Deutschland, die ihm von Herrn Dr. Con¬ 
rad i in SaarbrGcken flberreicht wurde, uns mitgebracht und mir Gber- 
lassen, wofilr ich beiden Herren meinen aufrichtigen Dank ausspreche. 
Bei den vergleichenden Untersuchungen unseres Stab- 
chens mit diesem Paratyphusbacillus, Typus B, faud ich, 
daB die beiden Stabchen ganz identisch sind. 

Einige Protokolle der Immunitatsreaktion lasse ich hier folgen: 

Agglutination dee Paratyphuskaninchenserums (PKS) gegen Paratyphusbacillus 

und unser Stabchen. 


Serumverdiinnung 

Paratyphusbacillus 

Stabchen A 

Stabchen C 

1 :50 

+ 

+ 

+ 

1:100 

+ 

+ 

+ 

1:200 

+ 

+ 

+ 

1:400 

+ 

+ 

+ 

1:800 

+ 

-h 

+ 

1:1000 

+ 

+ 

+ 

1:2000 

+ 

4 - 

+ 

1:4000 

+ 

— 

— 


Schutzwirkung des Paratyphuskaninchenserums (PKS) gegen Paratyphusbacillus 

und unser Stabchen. 

Meerschw. 1 erhalt intraperitoneal PKS 0,005 + 1 Oese Paratyphuskultur, lebt 

» 2 ,, ,, ,, 0,01 + 1 „ ,, *, 

„ 3 „ „ */ 4 Oese Paratyphuskultur, tot nach 20 Stunden 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rttckenmarkszentren etc. 499 


Meerschw. 4 erhalt intraperitoneal PKS 0,005 + 1 Oeee A-Kultur, lebt 

it & ,, n 11 0,01 ■+■ 1 I, 11 11 

„ 6 „ „ l / 4 Oeee A-Kultur, tot nach 24 Stunden 

„ 7 „ „ PKS 0,005 + 1 Oeee C-Kultur, lebt 

a 8 >1 n 11 0,01 ♦- 1 1, ,, n 

„ 9 „ „ */ 6 Oeee C-Kultur, tot nach 18 Stunden 


Agglutination dee Stabchen-C-Kaninchenserums gegen Paratyphusbacillus und andere 

Stabchen. 


Serum verdunnung 

Paratyphusbacillus 

Stabchen A 

Stabchen B 

Stabchen C 

1:50 

-f 

+ 

+ 

+ 

1:100 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:200 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:400 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:800 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:1000 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:2000 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:4000 

+ 

+ 

+ 

+ 

1:5000 

— 

— 


+ 


NB. Die Immansera warden durch 2malige (im ganzen 3 Agar- 
kulturen) subkutane Injektion von 18-stflndigen, bei 37° C gewachsenen 
and Vs Stande lang auf 60° C erhitzten Agarkulturen gewonnen. 

Die Agglutination wurde nach einer Stande im BrQtofen makrosko- 
pisch untersucht. 

Durch die vorstehenden Untersachungen habe ich nun 
mit Bestimmtheit festgestellt, dafi Paratyphus auch in 
Japan existiert. 

Tokio, November 1904. 


Nackdruck verboten. 

Ueber den Transport des Tetanusgiftes zu den Kiicken- 
markszentren durch die Nervenfasem. 

[Institut fflr allgemeine Pathologic zu Florenz (Direktor: 

Prof. A. L us tig).] 

Von Dr. N. Tiberti, 

Privatdozent fur Bakteriologie an der k. Univereitat Florenz. 

Mit 1 TafeL 
(Fortsetzung.) 

Aus diesen Experimenten ergibt sich, dafi beim Meerschweinchen 
und beim Kaninchen der 2 Tage vorher in der Incisura ischiadica durch- 
schnittene N. ischiadicus im stande ist, das Tetanustoxin aufzunehmen 
und es zu den Nervenzentren hinzuleiten, und zwar weder in hOherem 
noch in geringerem Grade als der unverletzte N. ischiadicus. 

Der 10, 15 Tage oder 1 Monat vorher durchschnittene N. ischiadicus 
erweist sich nur in ganz leichtem Grade toxisch, und dieser sehr ge- 
ringe Grad von ToxizitSt rflhrt vielleicht von Spuren von Toxin her, die 
im Blut und in der Lymphe des Nerven enthalten sind. 

Aus meinen Darlegungen ergibt sich als unzweifelhaft sicher die 
Bedeutung, welche die Integrit&t der Achsencylinder 
fflr die Resorption und den Transport des Tetanustoxins 
besitzt. 

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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Durch die vorhergehenden Experimente wurde die Tatsache er- 
wiesen, daB das in die Wadenmuskeln injizierte Toxin sich im ent- 
sprechenden N. ischiadicus vorfindet, so dafi dieser, wenn man ibn unter 
die Haut einer weifien Maus inokuliert, Tetanuserscheinungen verursacht, 
anf die in den meisten Fallen der Tod folgt. 

XII. Wie lange nach der Injektion das Tetanustoxin im 
Blute und in den Nerven nachweisbar ist. 

Es entsteht nun die Frage: Wie lange nach der Injektion in die 
Muskeln findet sich das Tetanustoxin in bedeutender Menge in den 
Nervenstammen, durch welche die Muskeln innerviert werden? 

Urn diese Frage zu beantworten, habe ich die folgenden Experimente 
ausgefiihrt, bei denen ich gleichzeitig die Toxizitat der Nerven und des 
Blutes untersuchte, urn einander gegenfiberstebende Termine festsetzen 
zu konnen bezQglich der Zeit, die zum Eindringen des Toxins in die 
Nerven und in das Blut erforderlich ist. 

Meerschweinchen XIII. Gewicht 320 g. 

21. Marz 1904, 10 Uhr vorm. Ich injiziere in die Muskeln der rechten Wade 
V, ccm Tetanustoxin. Nach 10 Minuten tote ich das Meerschweinchen, nehme ein 
l 1 /, cm langes Stuck des N. ischiadicus derselben Seite und inokuliere es unter die 
Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage gar keine Erscheinungen von Tetanus 
zeigt. Demselben Meerschweinchen entnehme ich ca. 1 ccm Blut aus dem Herzen und 
injiziere es einer anderen Maus unter die Haut. Diese Maus zeigt ganz leichte Er¬ 
scheinungen von Tetanus und iiberlebt. 

Meerschweinchen XIV. Gewicht 380 g. 

21. Marz 1904, 3 Uhr nachm. Injektion von Tetanustoxin, wie oben. 

3 Uhr 30 Min. nachm. Ich inokuliere unter die Haut einer Maus ein Stuck vom 
rechten N. ischiadicus des Meerschweinchens. Die Maus zeigt wahrend der folgenden 
Tage gar keine Erscheinungen von^ Tetanus. Ich entnehme dem Herzen des Meer¬ 
schweinchens 1 ccm Blut und inokuliere es einer anderen Maus unter die Haut. Letz- 
tere zeigt wahrend der folgenden Tage ganz deutliche Erscheinungen von Tetanus, 
iiberlebt aber. 

Meerschweinchen XV. Gewicht 350 g. 

21. Marz 1904, 4 Uhr 30 Minuten nachm. Injektion von Tetanustoxin, wie oben. 

5 Uhr 30 Min. nachm. Ich t5te das Meerschweinchen und fiihre die gewohnlichen 

Versuche aus mit dem rechten N. ischiadicus und mit dem Herzblut. 

Die mit dem N. ischiadicus geimpfte Die mit dem Blute geimpfte Maus zeigt 

Maus zeigt keine Erscheinungen von Te- Erscheinungen von Tetanus. Verendet m 
tanus. der Nacht vom 24. zum 25. Marz, 

Meerschweinchen XVI. Gewicht 420 g. 

22. Marz 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Injektion von Tetanustoxin in die rechte 
Wade. 

11 Uhr vorm. Ich tote das Kaninchen und fiihre die gewohnlichen Versuche an 
Mausen aus. 

Die mit dem N. ischiadicus geimt>fte Die mit dem Blute geimpfte Maus zeigt 

Maus zeigt Erscheinungen von lokalem Erscheinungen von Tetanus und Tod am 
Tetanus nach 2 Tagen — iiberlebt. 24. Marz vormittags. 

Aus diesen Experimenten ergibt sich die SchluBfolgerung, daB das 
in die Wadenmuskeln eines Meerschweinchens inokulierte Tetanustoxin 
sich im Blute in solcher Menge findet, daB es, wenn auch sehr leichte, 
Erscheinungen von Tetanus schon 10 Minuten nach der Inokulation her- 
vorruft. Im Blute findet es sich in solcher Menge, daB es bei der Maus 
nach 1 Stunde todlich verlaufenden Tetanus erzeugt, wenn nicht weniger 
als 1 ccm Blut zur Impfung verwendet wird. 

Das in die Wade eines Meerschweinchens inokulierte Tetanustoxin 
trifft man in dem entsprechenden N. ischiadicus nicht in solchen Mengen 
an, daB es eher als l 1 /, Stunde nach der Injektion Erscheinungen von 
lokalem Tetanus hervorruft 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rflckenmarkazentren etc. 501 


XIII. Iutranervdse Inokulation von Tetanustoxin. 

Nachdem ich durch die vorhergehenden Untersuchungen die groBe 
Affinitat der peripherischen Nerven zum Tetanustoxin nachgewiesen hatte, 
wollte ich untersuchen, welche Wirkungen seine direkte Inokulation in 
das Parenchym der NervenstQmme zur Folge hat, analog den Versuchen, 
die Di Vestea und Zagari bezQglich des Virus der Tollwut angestellt 
haben. 

Zu Versuchstieren wahlte ich Kaninchen, Hunde und Meerschwein- 
chen, der Nerv, der mir zu diesem Zweck als der am meisten geeignete 
erschien, war der N. ischiadicus. 

Ich versuchte stets, die Injektion in das Parenchym des Nerven zu 
machen, indem ich eine ganz feine und etwas gekrGmmte Nadel benutzte. 
Damit die Injektion gut gelingt, mull man eine sehr geringe Menge 
Toxin injizieren und die FlQssigkeit ganz langsam weiterdrQngen, indem 
man die starke Ausdehnung der LymphgefUBe soviet als mdglich ver- 
meidet. Wenn die Injektion gut gelingt, so bemerkt man wahrend ihrer 
AusfQhrung, daB die FlQssigkeit auf einen besonderen Widerstand stoBt; 
maclit man dagegen die Injektion einfach unter der Nervenscheide, so 
st8Bt die FlQssigkeit auf keinen Widerstand, die Nervenscheide dehnt 
sich betrachtlich aus, und wenn man mit der Injektion fortfahrt, so 
kann sie zerreifien, so daB die FlQssigkeit sich in die benachbarten Ge- 
webe ergieBt. 

Vor AusfQhrung der Inokulation ins Innere der Nerven habe ich 
stets den Nerven sorgfQltig isoliert und unter ihn ein StQckchen Perga- 
mentpapier eingeschoben, urn zu verhindern, daB das Tetanustoxin zu- 
failigerweise die benachbarten Gewebe benetzte. Nachdem ich die In¬ 
jektion ausgefQhrt und die Nadel zurQckgezogen hatte, verschloB ich das 
kleine Loch durch etwas elastisches Kollodium, zog das Pergamentpapier 
heraus und brachte den Nerven wiederum an seine Stelle. 

Kaninchen IV. Uewicht 1,850 kg. 

15. Miirz 1904. Ich isoliere die beiden N. ischiadici auf die soeben beachriebene 
Weise und inokuliere in dieselben eine kleine Dosis Tetanustoxin, indem ich die Fliissig¬ 
keit ganz langsam weitertreibe. Ich bemerke den besonderen Widerstand, der, wie ich 
Bchon sagte, ein Anzeichen dafiir 1st, dafi die Injektion gelingt und wirklich das Paren¬ 
chym erreicht. Ich ziehe die Nadel zuriick, schliefie das kleine Loch mit Kollodium 
und vernahe die Wunde. 

111. Marz. Es ist keine Erscheinung von Tetanus zu beobachten. Die Hinterbeine 
sind durchaus nicht starr. 

17. Marz vorm. Das rechte Hinterbein zeigt starke Kontrakturen, das linke in 
geringerem Grade. 

18. Marz vorm. Die Kontraktur im linken Hinterbein ist stSrker. 

18. Marz abends. Es beginnen sich Erscheinungen von allgemeinem Tetanus zu 
zeigen, die am 19. Marz nocn deutlicher werden. Das Kaninchen verendet in der 
Nacht vom 19. auf den 20. Marz. 

Kaninchen V. Gewicht 1,670 kg. 

15. Marz 1904. Dieselbe Behandlung wie beim vorigen. Es verendet am 19. Marz 
unter heftigen Erscheinungen von Tetanus. 

Zwei Kontrollkanincnen (VI und VII), die ungefahr dasselbe Gewicht haben wie 
die vorigen. werden gleiche Dosen, d. h. einige Tropfen Toxin injiziert, einen in die 
Vena marginalia des rechten Ohres, den anderen unter die Haut der rechten Pforte. 

Sowohl das eine als das andere der beiden Kaninchen zeigt nicht die geringsten 
Erscheinungen von Tetanus. 

Meerschweinchen XVIII. Gewicht 590 g. 

16. Marz 1904. Ich isoliere die beiden N. ischiadici auf die oben erwahnte Weise 
und injiziere Tetanustoxin in dieselben. Die Injektion gelingt nicht so gut wie bei 
dem N. ischiadicus des Kaninchens, und zwar wegen des geringen Volumens des 
Nervenstammes. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Am folgenden Tage zeigt das Meerschweinchen starke Kontrakturen in den Hinter- 
beinen und verendet unter Erscheinungen von Tetanus am 18. Marz. 

Meerschweinchen XVII. (Kontrolltier.) Subkutane Injektion von Tetanustoxin 
in einer Dosis, die ungefahr der Geeamtdosis dee Toxins gleich 1st, die in die N. ischiadici 
dee vorigen Meerschweinchens injiziert wurde. Wahrend der folgenden Tage zeigt es 
keine deutlichen Erecheinungen von Tetanus. 

Hund I. 5,860 kg. 

22. Marz 1904. Nachdem ich die N. ischiadici auf die gewohnte Weise blofigelegt 
habe, injiziere ich in dieselben kleine Dosen Tetanustoxin. 

Am folgenden Tage keine Erscheinungen von Tetanus. Die Hinterbeine sind voll- 
standig frei. 

24. Marz. Das rechte Hinterbein zeigt bemerkenswerte Kontrakturen (man be- 
obachtete, dafi die Injektion ins Parenchym im wahren Sinne dee Wortes besser 
am rechten N. ischiadicus gelang als am linken, wo ein groSer Teil des Toxins sich in 
der Scheide des Bmdegewebes ausbreitete). 

25. Marz. Die Kontrakturen im rediten Hinterbein sind starker. Leichter Grad 
von Starre im linken. 

26. Marz. Dieselben Erscheinungen wie am vorigen Tage. 

27. Marz. Die beiden Hinterbeine zeigen starke Kontrakturen; es treten Erschei¬ 
nungen von Tetanus an den Vorderbeinen, am Halse und im Rumpf auf. Wird der 
Hund gereizt, so zeigen sich allgemeine Kontrakturen. 

28. Marz. Morgens finde ich ihn verendet. 

Aus diesen meinen Experimenten ergibt sich, dafi bei direkten 
Injektionen von Tetanustoxin ins Parenchym sehr kleine 
Dosen hinreichen, um Erscheinungen von schwerem Te¬ 
tanus hervorzurufen, auf die der Tod folgt Werden diese n&m- 
lichen Dosen von Gift Tieren von demselben Gewicht subkutan oder in 
den Kreislauf inokuliert, so folgen darauf nicht die geringsten Erschei¬ 
nungen von Tetanus. Diese Tatsache ist meiner Ansicht nach eine der 
besten Beweise zu gunsten der Hypothese von dem Transport des 
Tetanustoxins vermittelst der Nerven. 

Das Kaninchen, welches bekanntlich verh&ltnism&Big wenig empffing- 
lich fQr das Tetanustoxin ist, wenn letzteres subkutan Oder in den Kreis¬ 
lauf injiziert wird, ist sehr dafflr empf&nglich, wenn es in das Parenchym 
der Nerven injiziert wird. 

Meyer und Ransom beobachteten, dafi, um beim Hunde tOdlichen 
Tetanus hervorzurufen, bei Injektion in die Nerven 5mal geringere Dosen 
per Gramm des Tieres genflgten, als diejenigen, welche sie injizieren 
muBten, um dieselbe Wirkung durch Injektion von Tetanustoxin auf 
subkutanem Wege zu erreichen. Beim Kaninchen wurden durch In¬ 
jektion einer lOmal geringeren Dosis von Toxin in die Nerven, als zur 
Erzeugung eines tOdlichen Tetanus durch subkutane oder intravendse 
Injektion erforderlich war, sehr schwere Erscheinungen von Tetanus mit 
AbkQrzung des Inkubationsstadiums hervorgerufen. Die n&mlichen Tat- 
sachen ungefahr wurden bei Meerschweinchen beobachtet. 

Das Resultat der Injektion in das Parenchym der Nerven ist von 
vielfachen Umstanden abMngig: vor allem zeigt sich leicht ein Extra- 
vasat, wenn man die Injektion bei einem sehr dOnnen, zarten Ast aus- 
fiihrt; die Injektionsmasse wird in der Nervenscheide aufgehalten, es 
findet eine Anhaufung von Leukocyten statt und man erzielt nicht eine 
energischere, sondern eine viel schwachere Wirkung. Dieselbe Tatsache 
nahm Burdach an, um die Erfolglosigkeit der Inokulation des Virus 
der Tollwut in den Nerven zu erklaren, die er 5mal bei 7 inokulierten 
Hunden konstatiert hatte. Er nimmt an, wenn man das Virus der Toll¬ 
wut einfach unter die Nervenscheide injiziere, so bewirke die injizierte 
virulente FlQssigkeit, daB eine groBe Menge von Phagocyten auswandere. 


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Tiberti, Transport des Tet&nusgiftes zu den Rtkckenm&rkszentren etc. 503 


welche die spezifischen Erreger der Tollwut verschlfingen, verdaaten und 
aaf diese Weise den Organismus unempfSnglich macbten. 

Di Vestea und Zagari beobacbteten bei ihren Versuchen in 
Bezug auf die Uebertragung des Virus der Tollwut vermittelst der Nerven, 
daB, w&hrend beim Kaninchen die Inokulation in das Parenchym des 
Nerven ganz sicher mit der durch Trepanation bewirkten gleichen Wert 
bat, die Inokulation in die Nerven bei Hunden und Meerschweinchen 
keine konstante Wirkung zeigte, indem man bald positive, bald negative 
Resultate erhielt. Die Forscber scbreiben diese erfolglosen Versuche 
haupts&chlich MSngeln der Technik zu, die unvermeidlich seien wegen 
der Kleinheit der Nerven beim Meerschweinchen und der in hervor- 
ragendem Grade faszikuldsen Struktur des N. ischiadicus beim Hunde. 
Sie glauben mit vollem Recbt, es konne vorkommen, daB die vermeint- 
lich in die eigentliche Nervensubstanz geleitete Injektion wirklich in den 
Bindegewebshflllen verloren gehe. 

Auch andere Momente kdnnen nach Meyer und Ransom auf den 
Ausgang der Injektion in die Nerven einen EinfluB ausiiben. So er- 
hielten sie bei Injektion einer tSdlichen Dosis Toxin in den N. facialis 
eines Hundes nur eine schwache Wirkung, was urn so auffallender er- 
scheint, als beim Menschen der Gesicbtstetanus in besonders schwerer 
Form verl&uft. 

XIV. Experim ente von Eintauchen der Nerven inTetanus- 

toxin. 

In der Absicht, den Transport des Tetanustoxins den Nervenstammen 
entlang immer grflndlicher zu untersuchen, dacbte ich daran, nachdem 
ich die Untersuchungen binsichtlich der direkten Inokulation des Toxins 
in die peripherischen Nerven durchgefQhrt hatte, die Resorption des 
Tetanusgiftes in der Weise zu untersuchen, daB ich die Nerven des 
lebenden Tieres eine mehr oder weniger lange Zeit bindurch in das 
Gift eintauchte und darin lieB. Dabei verfuhr ich auf folgende Weise: 
Ich isolierte den N. ischiadicus beim Meerschweinchen und Kaninchen 
auf der Strecke, die von der Incisura ischiadica bis zur Kniekehlengrube 
verlBuft. Hierauf durchschnitt ich den Nerven entsprechend der letzteren 
dnrch einen Schnitt mit der Schere und fflhrte ihn in eine kleine 
Phiole hinein, die ich durch zwei Stiche an der Operationswunde be- 
festigte. Alsdann brachte ich den Kontentionsapparat, auf dera das 
Tier gehSrig befestigt war, in vertikale Lage und fflllte vermittelst einer 
mit einer feinen Nadel versehenen Pravazschen Spritze die kleine 
Phiole bis zu einer gewissen H5he mit Toxin, so daB der in die Phiole 
eingefOhrte Nerv nur auf einer gewissen Strecke darin eintauchte. Beim 
Hineinbringen des Tetanustoxins in die kleine Phiole wandte ich die 
grdfite Sorgfalt an, damit auch nicht die geringste Spur des Toxins in 
die umgebenden Gewebe sich ergieBe. Auf diese Weise wuBte ich ganz 
sicher, daB der Nerv allein in Beziehung zum Toxin trat, eine Be- 
rflhrung mit den anderen Geweben aber absolut ausgeschlossen war. 

Das Stlick des Nerven liefi ich verschiedene Zeit hindurch im Te- 
tanustoxin eingetaucht, zog es dann heraus, und nachdem ich es sorg- 
ffiltig mit LSschpapier abgetrocknet oder auch nachdem ich das kleine 
in die FlOssigkeit eingetauchte Stock abgeschnitten hatte, brachte ich es 
wieder an seine Stelle, entfernte die kleine Phiole und vern&hte die 
Operationswunde. 

Auf diese Weise fflhrte ich verschiedene Experimente an Meer- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVUL Heft 5. 


schweinchen und Kaninchen aus, deren N. ischiadicus entweder unver- 
letzt Oder zu verschiedenen Zeiten abgeschnitten war. Hier berichte 
ich fiber die wichtigsten Experimente. 

Meerschweinchen XIX. Gewicht 425 g. 

14 April 1904. Ich isoliere den linken N. ischiadicus und lasse ihn nach der so- 
eben beschriebenen speziellen Methode eine Stunde lane in Tetanustoxin eingetaocht 
Imogen. Nach Verlauf dieser Zeit durchschneide ich aen N. ischiadicus in gleicher 
Hohe mit der Stelle, an der er in die kleine Phiole eindringt. Dieses abgeschnittene 
Stuck vom Ischiadicus, das 1 cm lang ist, umfafit den Teil dee Nerven, der in das 
Toxin eintauchte, und den Teil, der sich oberhalb der Fliissigkeit befand. Ich bringe 
den N. ischiadicus in seine Lage zuriick und vernahe die Wunde Das abgeschnittene 
Stuck des N. ischiadicus wird sorgfaltig mit Loschpapier abgetrocknet una nach Ent- 
fernung der Scheide unter die Haut emer Maus geeimpft, die wahrend der folgenden 
Tage sehr deutliche Erscheinungen von lokalem Tetanus darbietet. Das Meerscnwein- 
chen zeigt an dem der Operation folgenden Tage (15. April) eine merkliche Kontraktur 
des linken Hinterbeines, und diese Kontraktur prSgt sich noch deutlicher aus wahrend 
der folgenden Tage. Es verendet am 20. April unter Erscheinungen von allgemeinem 
Tetanus. 

Kaninchen VIII. Gewicht 1,950 kg. 

15. April 1904. Nach der gewohnten Methode bringe ich den N. ischiadicus in 
Beruhrung mit dem Tetanustoxin. Dauer des Eintauchens 1 Stunde. Ich ziehe den 
Nerv aus der kleinen Phiole heraus, schneide ein V/ ? cm langes Stuck davon ab, nach- 
dem ich es mit Loschpapier abgetrocknet habe und impfe es einer Maus unter die Haut 
ein. Ich bringe den Nervenstamm wieder in seine Lage und vera&he die Wunde. 

Die Maus zeigte nur einen sehr leichten lokalen Tetanus; ebenso das Kaninchen. 
Beide uberlebten. 

Kaninchen IX. Gewicht 1,830 kg. 

16. April 1904. Dieselbe Behandlung wie beim vorigen Kaninchen, nur wird die 
Eintauchung des Nerven in das Toxin 2 Stunden lang fortgesetzt. Ein so in Be¬ 
ruhrung mit dem Toxin gehaltenes Stuck des N. ischiadicus ruft bei der Maus die 
deutlichsten Erscheinungen von lokalem Tetanus hervor. Das Kaninchen zeigt wahrend 
der folgenden Tage Erscheinungen von Tetanus und verendet am 21. April. 

Aus dieseu Experimenten ergibt sich, dafi der in Tetanustoxin ein- 
getaucht gehaltene N. ischiadicus das Toxin schnell aufnimmt, so daB 
ein Stfick von ihm sich als zieralich giftig ffir die Maus erweist. Das 
Meerschweinchen erliegt den Folgen einer solchen Behandlung. Um 
beim Kaninchen dieselbe Wirkung zu erreichen, mufi man die Berfihrung 
des Nerven mit dem Toxin lfinger andapern lassen. Diese Tatsache 
findet vielleicht ihre Erklfirung in der anderen, auf die ich spfiter zurfick- 
kommen werde, dafi der N. ischiadicus des Kaninchens im Vergleich zu 
dem des Meerschweinchens eine geringere Affinitfit zum Tetanustoxin 
besitzt. 

Aus diesen Experimenten ergibt sich auBerdem als augenscheinliche 
Tatsache, dafi der Transport des Tetanustoxinszu den Nerven- 
zentren den Nervenstfimmen entlang erfolgt 

Kaninchen X. Gewicht 1,785 kg. 

14. April 1904. Durchschneiden des N. ischiadicus an der Incisura ischiadica. 

21. April 1904. Ich isoliere den degenerierten Nerv und bringe ihn auf die weiter 
oben beschriebene Weise in Beruhrung mit dem Tetanustoxin. Dauer der Beruhrunjg 
2 Stunden; alsdann schneide ich ein Stuck des Nerven heraus, trockne es ab mit 
Lftschpapier und impfe es subkutan einer Maus ein. Letztere zeigt wahrend der folgen¬ 
den Tage keine Erscheinung von Tetanus. Der iibrige Teil des Nerven wird wieder 
an seine Stelle gebracht una die Wunde vernaht. Das Kaninchen zeigt nicht die leich- 
teste Erscheinung von Tetanus und fiberlebt 

Kaninchen XI. Gewicht 1.690 kg. 

14. April 1904. Durchschneiden des linken N. ischiadicus an der Incisura 
ischiadica. 

29. April 1904. Der infolge des Durchschneidens degenerierte Nerv zeigt sich 
nach 15 Tagen, als er mit dem Tetanustoxin in Beruhrung gebracht wird, als nicht 
fahig, es zu resorbieren. 


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Tiberti, Transport des Tetannsgiftes zu den Riickenmarkszentren etc. 505 


Kaninchen XII. Gewicht 1,720 kg. 

Der linke N. ischiadicus wird an der Incisura ischiadica durchschnitten und nach 
21 Tagen mit seinem abgeschnittenen distalen Ende in das Tetanus toxin eingetaucht 
gehalten. 

Das Kaninchen zeigt wahrend der lolgenden Tage keine Erscheinung von Tetanus. 

Aas diesen Experimented hinsichtlich des Eintauchens von Nerven, 
die infolge ihrer Trennung vom Stamm degeneriert sind, in Tetanus- 
toxin ergibt sich auf noch augenscheinlichere Weise als aus der anderen 
Reihe der frflher besproebenen Experimente beziiglich der Injektion 
des Toxins in die Wade in verschiedenen Zeitabschnitten nach der 
Durchschneidung des N. ischiadicus derselben Seite die Bedeutung 
der Achsencylinder fflr denTransport des Tetanustoxins 
zu den Rflckenmarkszentren. 

XV. Subkutane Oder intravendse Injektion von Tetanus- 
toxin nach vorheriger Injektion von Tetanusantitoxin in 

die Nerven. 

Nachdem durch die vorhergehenden Experimente die Annahme ge- 
rechtfertigt war, dafi das T etanustoxin, um zu den Nerven- 
zentren zu gelangen, den Nerven bahnen folgt, wollte ich 
sehen, ob es mir, wenn ich in einen Nervenstamm Tetanusantitoxin 
injizierte, und hierauf das Toxin, entweder in den Kreislauf Oder sub- 
kutan, moglich ware, die Nervenzentren zu schfltzen, in die der Nerven¬ 
stamm einmfindete. 

Zu diesem Zweck schritt ich zu folgenden Experimenten: 

Kaninchen XIIL Gewicht 2,180 kg. 

16. April 1904. Nachdem ich den rechten N. ischiadicus blofigelegt habe, injiziere 
ich einige Tropfen Tetanusantitoxin aus dem serotherapeutischen Institut zu Mailand. 
Um die Moglichkeit zu verhindern, dafi etwas Antitoxin sich in die Gewebe ergiefie 
und darin seine neutralisierende Wirkung auf das Toxin ausiibe, isoliere ich den Nerv 
wohl, bringe eine Briicke von Pergamentpapier darunter an und verschliefie nach Ana- 
fuhrung aer Injektion die kleine Wunae mit Kollodium, um zu verhindern, dafi 
das Antitoxin zuriickfliefit. Hofort danach wurde in jede Wade */♦ ccm Tetanustoxin 
injiziert. 

17. Juni 1904. Ich beobachtete keine Erscheinungen von Tetanus. 

18. Juni. Im linken Bein macht sich eine deutuch ausgeprfigte Kontraktur be- 
merkbar. Das rechte Bein ist volikommen frei, schlaff, und erhalt sich auch in diesem 
Zustand wahrend der folgenden Tage. 

20. Juni. Starre der Vorderbeine, des Halses und des Bumpfes. Das rechte 
Hinterbein zeigt sich noch immer frei. 

22. Juni. Verendet unter Erscheinungen von allgemeinem Tetanus; dennoch zeigt 
sich im rechten Hinterbein nicht das geringste Anzeichen einer Kontraktur. 

Bei einem weiteren Kaninchen (XIV), das gerade so behandelt wurde wie das 
vorige, zeigte sich im rechten Vorderbein, an dem der Injektion von Toxin die von 
Antitoxin in den entsprechenden N. ischiadicus vorausgegangen war, im Gegensatz zum 
vorigen Falle eine leichte Kontraktur, wahrend die Kontraktur der anderen Glieder sehr 
deutlich ausgepragt war. Diese Tatsache mufi meines Erachtens daraus erklart werden, 
dafi die Injektion von Antitoxin in diesem Falle nicht in das eigentliche Parenchym hinein 
gelang wie in dem vorhergehenden Falle. Auf jeden Fall war, wie schon bemerkt, die 
Kontraktur im Gliede, dessen N. ischiadicus durch Antitoxin geschiitzt war, eine minimale. 

Kaninchen XV. Gewicht 2,430 kg. 

17. Juni 1904. Ich lege die Juguiaris interna blofi und injiziere 1 ccm Tetanus- 
toxin. Nach einer Stunde lege ich die N. ischiadici und crurales auf beiden Bei ten 
blofi und inokuliere in dieselben Tetanusantitoxin. Wahrend die Iniektion in die 
N. ischiadici gelingt, ist dies bei den N. crurales nicht der Fall wegen ihrer Diinnheit. 

18. Juni 1904. Hochgradige Kontraktur in den Muskeln des Halses, Rumpfes 
und der Vorderbeine. Die Hinterbeine sind etwas starr. 

19. Juni vorm. Ich finde das Kanichen verendet, Vorderbeine volikommen steif, 
starke Kontraktur der Muskeln des Halses, Riickens und Bauches. In den Hinterbeinen 
bemerkt man nur einen leichten Grad von Kontraktur. 


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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYUI. Heft 5. 


Kaninchen XVI. Gewicht 2345 kg. 

18. Juni 1904. lch injiziere in die Jogolarie interna 1 ccm Tetanustoxin; nach 
2 Btunden lege ich die N. ischiadici sowie die N. femoral es bloB und injiziere Anti* 
toxin in dieeeiben. Die namlichen Tateachen wie die beim vorigen Kaninchen beobach* 
teten d. h. wahrend der folgenden Tage Auftreten Ton tetaniscben Kontrakturen in 
den Muskeln dee Rumpfes, Halses und der Vorderbeine. Im Hinterteil leichter Grad 
von Kontraktur, vielleicht etwas deutlicher ausgepragt ale im vorhergehenden Falle. 
Das Kaninchen verendet in der Nacht vom 20. zum 21. Juni. 

Aus diesen Versuchen ergibt sich, dafi, wenn man den N. ischiadicus 
sozusagen durch Antitoxin sperrt und hierauf Tetanustoxin in die Waden- 
muskeln injiziert, der Zutritt des Toxins selbst zu den entsprechenden 
Nervenzentren verhindert wird und keine Erscheinungen von Tetanus 
in den durch den geschiitzten Nervenstamm innervierten Muskeln be* 
obachtet werden. Injizierte ich Toxin in den Kreislauf und Antitoxin 
in die Hauptnervenst&mme der hinteren Glieder, so gelang es mir nicht, 
die Muskeln der Glieder selbst von Tetanuserscheinungen vollkommen 
frei zu erhalten, wahrscheinlich weil es mir, wie oben erw&hnt, wegen 
der DQnnheit des N. cruralis durch die lnjektion nicht gelang, ihn hin- 
l&nglich durch Antitoxin zu verschanzen und es sich so nicht vermeiden 
liefi, dafi etwas Toxin zu den entsprechenden Nervenzentren gelangte. 

Uebrigens ist darauf hinzuweisen, dafi Meyer und Ransom bei 
fihnlichen Versuchen auch in dem durch Antitoxin geschQtzten Gliede 
erst spfit einen m&fiigen Tetanus auftreten sahen, was sie durch die 
Tatsache erkl&ren, dafi das Antitoxin nicht von den Nerven festgehalten 
werde und dafi eine gewisse Dosis Toxin, die nach und nach zu ihnen 
gelange, die Nervenbabn wieder frei finde. 

Wie aber das Tetanustoxin, wenn man es in den Kreislauf injiziert, 
gleichmSBig flberall verteilt und stark verdQnnt wird, so braucht es auch 
l&ngere Zeit, urn sich in den Nerven zu sammeln; wfihrend dieser Zeit 
kann wenigstens ein Teil des Antitoxins aus dem Nervenstamm ver- 
schwunden sein, und es ist mbglich, dafi der dort zurQckgebliebene Teil 
nicht dazii hinreicht, durch seine BerQhrung das dort anlangende Toxin 
zu neutralisieren. 

Meyer uDd Ransom gelang es, die Hinterbeine einer Katze, der 
Tetanusantitoxin in die N. femorales und ischiadici injiziert wurde, 4 bis 
47> Stunden nach der lnjektion von Tetanustoxin in die Vena jugularis 
von Tetanuserscheinungen vollkommen frei zu erhalten. Aber auch der 
Umstand, dafi man in den durch Antitoxin geschQtzten Gliedern Tetanus¬ 
erscheinungen auftreten sah, vermindert durcbaus nicht den Wert der 
Beobachtung und ihre Bedeutung zu gunsten des Transports des 
Tetanustoxins durch die Nerven; wenn man die letzteren recht- 
zeitig durch Antitoxin verschanzt, so verspQren die entsprechenden 
Ganglien des RQckenmarkes nichts von der Wirkung des Tetanusgiftes. 
Man kQnnte einwenden, das Antitoxin sei in den Nerven dem Toxin 
nicht begegnet, sondern es sei vermittelst der Lymphgef&fie der Nerven 
in den subarachnoidalen Raum sowie in die Zentren des RQckenmarkes 
gelangt und babe dort das durch das Blut beforderte Toxin neutralisiert. 
Man bedenke aber, dafi die nicht geschQtzten Teile von Tetanus befallen 
wurden und dafi die eingefQhrte Menge von Antitoxin nicht fQr eine 
allgemeine Neutralisation des Giftes in die FlQssigkeit der Gewebe bin- 
gereicht h&tte. 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 507 


XVI. Nerveninjektion von Tetanustoxin nach Durch- 
schneidung des Ruck enmarkes. 

Um zu untersuchen, ob das einem Nerven eingeimpfte Tetanustoxin 
wirklich keinen anderen Weg der Uebertragung in die Nervenzentren 
zur Verfflgung habe als die Substanz des Nerven selbst, wollte ich sehen, 
ob es nach Durchschneidung des RQckenmarkes gelftnge, die Wirkungen 
des Toxins auf das mit dem Sitz der Inokulation in Verbindung stehende 
Segment des RQckenmarks zu beschr&nken und ob es sich verhindern 
liefie, daB das Tetanustoxin sich in den oberen Gegenden des RQcken¬ 
marks ausbreite. 

Zu diesen Experimenten verwendete ich kr&ftige Hunde, da durch 
die weiter oben erwfthnten Experimente von Di Vesteaund Zagari 
bekannt ist, welche Schwierigkeiten es bereitet, Kaninchen nach 
einer so schweren Operation einige Tage lang am Leben zu erhalten. 
Oft entstehen in den durch die Resektion des RQckenmarkes gel&hmten 
Gliedern Wunden durch Dekubitus, auf die septikamische Erscheinungen 
folgen kOnnen. AuBerdem treten infolge Lahmung der Blase und even- 
tuell des Rectums katarrhalische Erscheinungen in den Exkretionswegen 
auf, die der Ausgangspunkt von Vergiftungen durch Bakterien werden 1 ). 

Um diese schweren Uebelstande zu vermeiden, muB man die Tiere 
mit der grOBten Sorgfalt behandeln und sie in groBter Reinlichkeit er¬ 
halten. Um zu verhindern, daB die beiden StQmpfe des Markes mitein- 
ander in BerQhrung kamen, gofi ich, nachdem ich ein kleines StQck des 
RQckenmarkes durchschnitten hatte, etwas hartes Paraffin in den Zwischen- 
raum. 

Hand II. Gewicht 10 kg. 

15. MSrz 1904. Chloroiormnekrose und subkutane Morphiuminjektion. Nach 
vorausgegangener sorgfaltiger Desinfektion lege ich die Wirbelbogen des 2. und 3. 
Lendenwirbels blofi und mache mit Hilfe dee Skalpells eine Oeffnung; durch dieee 
hindurch zerstore ich die Substanz des Riickenmarkes auf einer Lange von 1 cm und 
gieBe in den Zwischenraum bei 60° geschmolzenes Paraffin. Doppelte Naht der Muskeln 
und der Haut. Die Operation verlauft ohne Zwischenfall. Der Hund zeigt sich sehr 
niedergeschlagen, als er sich von der Wirkung des Chloroforms erholt hat Das Hinter- 
teil ist vollstandig gelahmt und der Hund schleppt sich mit grofier Miihe auf den 
Hinterbeinen weiter. 

16. Marz. Ich lege die beiden N. ischiadici bloB und injiziere in ihr Parenchym 
ca. V 4 ccm Tetanustoxin per Nerv. 

18. Marz. £s beginnt sich ein gewisser Grad von Kontraktur in den Hinterbeinen 
zu zeigen. 

19. Marz. Die Kontraktur in den Hinterbeinen hat sich sehr deutlich ausgepragt. 
Vorderbeine, Muskeln des Halses und Rumpfes vollkommen frei. 

19. Marz abends. Der Hund ist sehr niedergeschlagen. Auch zeigt sich die Kon¬ 
traktur in den Hinterbeinen noch scharfer ausgepragt. Nichts Bemerkenswertes an den 
Vorderbeinen und im vorderen Teile des Rumpfes. 

20. Marz. Ich finde den Hund verendet 

Hund III. Gewicht 6,500 kg. 

25. Marz. Vermittelst derseloen Technik, wie ich sie im vorigen Falle ausgeiibt 
habe, schneide ich das Riickenmark durch in der H5he zwischen dem 3. und 4. Leuden- 
wirbel. 

26. M&rz. Nachdem ich die N. ischiadici bloBgelegt habe, injiziere ich in ihr 
Parenchym Tetanustoxin wie oben. 

28. Marz. Leichte Kontraktur in den Hinterbeinen; keine in den Vorderbeinen 
und im Halse. 

29. Marz. Die Kontraktur der Hinterbeine ist bedeutend gesteigert Der Hund 
ist sehr niedergeschlagen; er frifit wenig und es gehen diarrhoische Stuhle ab. 

1 ) Di Vestea e Zagari, Nuove ricerche sulla rabbia. (Giomaleinternazionale 
delle scienze mediche. Anno XI. 1889. p. 101.) 


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508 


Centralbl. f. Baku etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


30. and 31. Marz. Die Hinterbeine vollkommen starr. Die Diarrhoe halt an und 
die Faeces sind blutig gefarbt Vorderbeine und Kopf vollstandig frei. 

1. April. 1st verendet. 

Bei der Sektion zeigt aich der Befund einer akuten Enteritis. 

Hund IV. (Kon troll tier.) Oewicht 5,000 kg. 

26. Marz 1904. Ich isoliere die N. ischiadici und injiziere in sie Tetanustoxin 
wie oben. 

27. Marz. Leichte Kontraktur am rechten Hinterbeine; deutlicher ausgepragte 
Kontraktur am linken Hinterbein. Do* Hund geht hinkend herum. Das linke Hinter- 
bein ist zuruckgezogen, die Vorderbeine sind frei. 

28. Marz. Die Kontraktur im rechten Hinterbein ist starker geworden; am linken 
besteht die Kontraktur unverandert weiter. 

29. Marz. Unveriinderter Zustand. 

30. Marz. Die Tetanuserschein ungen haben sich auch auf die Vorderbeine ausge- 
dehnt Der Hund liegt auf dem Boden und wird jeden Augenblick vom Tetanus ge- 
schuttelt, namentlich wenn er gereizt wird. Der Kopf wird ausgestreckt getragen. Die 
Vorderbeine sind steif. 

31. Marz. Allgemeiner Tetanus. Das Tier ist sehr niedergeschlagen und friBt 
nichts. 

1 . April. Wird verendet aufgefunden. 

Aus diesen Experimenten ergibt sich, dafi man vermittelst der 
Durchschneidung des Rflckenmarkes das Aufw&rtssteigen 
des Tetanastoxins za den oberen Nervenzentren verhin- 
dern kann, so dafi, w&hrend bei dem als Kontrolltier verwendeten 
Hunde mit unverletztem Rflckenmark auf die Injektion von Tetanustoxin 
in die N. ischiadici zuerst lokaler, d. h. auf den HinterkSrper beschr&nkter 
Tetanus folgt, dem nach und nach Tetanuserscheinuugen des Rumpfes, 
Halses und der Vorderbeine folgen, bei dem vermittelst Durchschneidung 
des Rflckenmarkes in der Lendengegend operierten Hunde die Tetanus- 
erscheinungen strenge auf die Hinterbeine lokalisiert bleiben. 

Di Vestea und Zagari fflhrten bei ihren Untersuchungen bezflg- 
lich der Uebertragung der Tollwut auf dem Nervenwege Experimente 
aus vermittelst Durchschneidung des Rflckenmarkes, nachdem sie vorher 
das Virus der Tollwut in den N. ischiadicus inokuliert hatten. Sie 
konnten in einigen Fallen beobachten, dafi die Durchschneidung des 
Rflckenmarkes den Durchgang des Virus der Tollwut zum oberen Teil 
des Markes und zum Gehirn nicht verhinderte; diesen Umstand er- 
klflrten die Autoren durch die Tatsache, dafi die Stflmpfe des Markes 
bisweilen einander berflhren kflnnten, da sie in dieser Hinsicht begfln- 
stigt wArden durch die Krflmmung der Wirbelsfiule, die bei der Ab- 
tragung eines halben Wirbelbogens, wie auch infolge der Unruhe des 
Tieres fortbestehe. Als sie aber ihre Versuche wiederholten und bessere 
experimentelle Bedingungen dabei benutzten, d. h. die vollstandige 
Trennung der Stflmpfe des in seiner Leitung unterbrochenen Rflcken¬ 
markes sicher durch fflhrten, konnten Di Vestea und Zagari mit voll- 
kommener Sicherheit behaupten, dafi die Durchschneidung des Rflcken¬ 
markes ein wirksames Mittel sei, urn den Durchgang des Virus der 
Tollwut zu hemmen. Auf den Einwand, den man erheben kflnnte, dafi 
n&mlich die Uebertragung des Virus der Tollwut durch die Lymphr&ume 
der Nerven erfolgen kflnne, da bekanntlich in den letzteren die Lymph- 
wege ein vollkommen (Key und Retzius) oder beinahe (Ranvier) 
den Lymphgef&fien des umgebenden Bindegewebes gegenfiber isoliertes 
System bildeten und dafi dieses System gewohnlich nur mit den eigent- 
lichen lymphatischen Lakunen des Zentralnervensystems, mit dem 
Spatium subdurale und den Spatia subarachnoidea in Verbindung stehe, 
antworten dieselben Autoren, von ihrem Gesichtspunkte aus betrachtet 
seien die beiden Ansichten gleichwertig, wenn man von einem Lymph- 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den RQckenmarkszentren etc. 509 


system spreche, das gar nicht mit den gewOhnlichen Lymph gefafien des 
Bindegewebes in Verbindung stehe, und die Tatsache bleibe erwiesen, 
dafi nach Durchschneidung des RQckenmarkes in seiner L&nge das Virus 
keinen anderen Weg findet, auf dem es weiter vordringen kann. 

Diese Beobacbtungen von Di Vestea und Zagari lassen sich 
vollst&ndig dem anpassen, was ich in Bezug auf die Weiterbefdrderung 
des Tetanustoxins zu den Nervenzentren vermittelst der peripherischen 
Nerven dargelegt habe; nur halte ich es far angezeigt, darauf hinzu- 
weisen, dafi es wOnschenswert gewesen wfire, dafi die von mir der 
Durchschneidung des ROckenmarkes ausgesetzten Hnnde ltngere Zeit 
hindurch Qberlebt h&tten, um meinen diesbezQglichen Untersuchungen 
den absoluten Wert zu verleihen, den dieUntersuchungen von Di Vestea 
und Zagari besitzen. 

XVII. Tetanusgiftinjektion in die enervierten Muskeln. 

Marie und Morax begrOnden die Hypothese von dem Transport 
des Tetanustoxins zu den Nervenzentren durch die Nerven durch zwei 
Haupttatsachen: 1) Die Injektion einer Dosis Toxin in den N. ischiadicus 
eines Kaninchens, die nicht dazu hinreicht, Tetanuserscheinungen auf sub- 
kutanem Wege oder auf dem Wege des Blutes zu erregen, folgen Te¬ 
tanuserscheinungen und Tod; 2) durchschneidet man bei einem Kanichen 
den 2. N. cervicalis auf einer Seite so nahe als mdglich an seiner Aus- 
trittsstelle, lahmt auf diese Weise das vordere Glied derselben Seite 
vollst&ndig und injiziert nach und nach, wenn die Operationswunde ver- 
narbt ist, Tetanustoxin in einen der Muskeln des gel&hmten Beines, so 
erhait man keine Tetanuserscheinungen. 

W&hrend ich durch meine Untersuchungen die erste Tatsache in 
vollem Umfange best&tigen konnte, habe ich nicht einmal einen Versuch 
zur Bestatigung der zweiten unternommen, weil ich nicht einsehe, wie 
man vermittelst der Durchschneidung eines einzigen Nerven, des 2. N. 
cervicalis, ein vorderes Glied vollst&ndig lahmen kann. Um diese 
Wirkung zu erreichen, mflfite man alle Aeste des Plexus brachialis 
durchschneiden, der beim Kaninchen aus dem 4., 5., 6., 7. und 8. 
N. cervicalis und dem 1. N. dorsalis besteht. Allerdings stellte ich in 
diesem Sinne einige Experimente an, mufite mich jedoch sehr bald da- 
von fiberzeugen, dafi die Verletzung infolge der Operation zu schwer 
war, denn gewdhnlich verendeten die Kaninchen nach 1—2 Tagen. 

Alsdann versuchte ich das Problem auf anderem Wege zu ldsen; 
ich durchschnitt namlich die Nerven des hinteren Beines und suchte 
letzteres mehr oder weniger vollstandig zu lahmen. Zu diesem Zwecke 
ffihrte ich die folgenden Experimente aus. 

Kaninchen XVII. Gewicht 1,950 kg. 

12. Jani 1904. Ich durchschneide den N. ischiadicus und den N. cruralis auf der 
rechten Seite bei ihrem Austritt aus der Wirbelsaule. Ich inokuliere V* ccm Tetanus- 
toxin in das rechte Bein, 

14. Juni. Rechter Schenkel steif. Bein unterhalb des Knies vollkommeu frei. 

15. Juni. Dieselben Erschein ungen wie am vorhergehenden Tage. 

16. Juni. Es beginuen Erscheinungen von allgemeinem Tetanus aufzutreten; das 
rechte Bein vom Knie abwarts bleibt fortwahrend frei. 

17. Juni. Das Kaninchen zeigt Erscheinungen von schwerem Tetanus. Es ver- 
endet um 4 Uhr 45 Min. nachmittags. Das rechte Bein vom Knie abwarts hat sich 
bis zum Ende frei erhalten. 

Kaninchen XVIII. Gewicht 1,890 kg. 

12. Juni 1904, 9 Uhr vorm. Durchschneidung des rechten N. ischiadicus und 
cruralis wie oben. Injektion von Tetanustoxin in beide Beine. 


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Centralbl. f. JBakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVHL Heft 5. 


13. Juni 5 Uhr nachm. Es beginnt sich ein leichter Grad von Starrheit im linken 
Hinterbein bemerkbar zu machen. 

14. Juni. Starke Kontraktur dee linken Hinterbeinee. Im rechten Hinterbeine 
betrachtlicher Grad von Starrheit dee Schenkels; unterhalb dee Knies iet das Bein voll- 
kommen frei und halt sich so wahrend der folgenden Tage. 

Das Kaninchen verendet am 16. Juni. 

Kaninchen XIX. Gewicht 1,975 kg. 

13. Juni 9 Uhr 30 Min. vorm. Ich durchschneide den N. ischiadicus, den cruralis 
und den obturatorius auf der rechten Seite bei ihrem Austritt aus der Wirbelhdhle. 
Unmittelbar nachher inokuliere ich l / t scm Tetanus toxin auf der operierten Seite und 
ebensoviel auf der gesunden Seite. 

Wahrend der folgenden Tage zeigt das Kaninchen Erscheinungen von allgemeinem 
Tetanus; nur das rechte Hinterbein erhalt sich in seinem ganzen Umfang voukommen 
frei und es zeigt sich darin niemals der geringste Grad von Kontraktur. 

Das Kaninchen verendet am 19. Juni. 

Aus diesen Experimenten ergibt sich, dafi in den vermittelst Durch- 
schneidung der entsprechenden Nervenst&mme vollkommen enervierten 
Muskeln infolge der Injektion von Toxin keine Erscheinungen von Te¬ 
tanus auftreten. Wenn wir den N. ischiadicus und den N. cruralis auf 
einer Seite so hoch als mOglich durchschneiden, so berauben wir nur 
den unterhalb des Knies gelegenen Teil dieses Gliedes vollstandig der 
Innervation. Auch die Schenkelmuskeln werden, obschon sie infolge 
dieser Operation grSBtenteils nicht mehr in Verbindung mit den N erven- 
zentren stehen, nicht vollstandig ihrer Nerven beraubt, und diese wenigen 
Fasern genflgen, am das Tetanustoxin zu den entsprechenden Nerven- 
zentren zu leiten und Kontrakturen im Schenkel selbst zu erregen; nur 
treten die Kontrakturen etwas spater auf. 

Ein ganzes Glied kann nur dann vollstandig von den Tetanus- 
erscheinungen verschont bleiben, wenn alle motorischen Nerven des- 
selben durchschnitten werden, was man vermittelst Durchschneidung des 
N. ischiadicus, des cruralis und des obturatorius erreicht. Nur wenn 
man auf diese Weise verfahrt, findet das Tetanustoxin keine Moglichkeit, 
zu den Rdckenmarkszentren zu gelangen, welche diesem Gliede ent- 
sprechen, dafi stets von Tetanus frei bleibt Auf dem Blutwege aber 
verbreitet sich das Toxin im ganzen Organismus und wird vermittelst 
der unverletzten Nervenbahnen zu den entsprechenden Nervenzentren 
geleitet; daher Tetanus in den anderen Gliedern, in denen die Innervation 
normal ist, im Rumpf und im Hals. 

Diese Experimente besitzen, wie mir scheint, einen entsprechenden 
Wert fQr die Hypothese von dem Transport des Tetanustoxins 
zu den Nervenzentren durch die Nerven. 

(Forteetzung folgt.) 


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Do err, Beobachtungen fiber bacillftre Dysenterie. 


511 


Nachdruck verboten . 

Beobachtungen iiber bacillare Dysenterie. 

[Aus dem Laboratorium des k. und k. MilitBrsanitatskomitees ia Wien 
(Vorstand: Oberstabsarzt Dr. L. Kamen).] 

Von Dr. R. Doerr, k. und k. Regimentsarzt in Wien. 

(SchluB.) 

Weder die von mir aus der Brucker und Krakauer Epidemic gezflchteten 
Eulturen, noch der Bacillus von Shiga, ein Kruse-Stamm von Jiirgens, 
von M ti 11 e r oder die Stamme aus Doberitz zeigen ein derartiges Verbalten. 
Dementsprechend liefern auch alle Agarkulturen von Flexner-St&mmen 
(Flexner, Jiirgens, Wien) und von alien S h i g a - St&mmen, bis auf 
die Kruseschen Originalkulturen, mit 0,85-proz. NaCl-Ldsung emulgiert, 
bomogene Suspensionen, in denen spontane Haufchenbildung nicht ein- 
tritt und die auch nach 24 Stunden sich nicht klSren. Die Kruse schen 
Original stamme, wenigstens die 2, die ich prufen konnte, zeigen dagegen 
in aus Agarkulturen hergestellten Kochsalzemulsionen eine grofie Neigung 
zu spontaner Sedimentierung und unter der Einwirkung selbst stark 
verdflnnter Normalsera auch KrQmelbildung, so daB bei der Kolleschen 
Methode der makroskopischen Agglutination sowohl als auch bei Be- 
nfitzung von Bouillonkulturen zur mikroskopischen Agglutination leicht 
Irrtfimer entstehen konnen. Dies ist auch der Grund, warum ich diese 
sonst nebens&chlichen Verh&ltnisse so ausfilhrlich erSrtert habe, da 
wenigstens bis jetzt die Agglutination nicht nur fflr die Frage nach der 
Utiologischen Bedeutung der Ruhrstabchen, sondern auch fQr die Art- 
gleichheit der verschiedenen Stamme entscheidend ist. 

In Peptonwasser bilden die Wiener St&mme kein Indol, auch nicht 
nach langerem Aufenthalt im Brfltofen. Ein Stamm von Jiirgens, 
einer von Flexner (von Kr&l bezogen) und die Stamme von Leiner 
bilden deutlich Indol, w&hrend die von Jiirgens angestellte Prflfung 
bei seinem und dem Krdlschen Flexner-Stamm negativ ausfiel. 

Die Indolbildung ist, wie lange bekannt, so variabel und der Aus- 
fall der Reaktion derart von den verwendeten Reagentien abhangig [be- 
sonders von der Peptonsorte X )J, daB man wohl in Hinkunft von der 
Verwendung dieses Merkmales zur Charakterisierung der Art absehen 
kdnnte, urn so mehr, als l&ngere Zeit fortgezGchtete Coli-Rassen, die 
in der 1. Generation noch starke Indolproduktion nach 24 Stunden 
zeigten, sphter wenig oder kein Indol auch bei Verwendung der gleichen 
Reagentien aufweisen. 

Auf schragem Agar ist das Wachstum nicht charakteristisch, aber 
entschieden Gppiger als bei den Bacillen der Shiga-Gruppe. Die Kul- 
turen zeigen einen deutlichen spermaartigen Geruch, wie flbrigens auch 
oft die Stflhle, eine Tatsache, die von mehreren Beo bach tern hervor- 
gehoben wurde. 

Auf Drigal ski -Agar sind die Eolonieen klein, durchsichtig, tau- 
tropfenartig, blau, und zeigen bei schwacher VergrdBerung in jugend- 
lichem Zustande (24 Stunden) eine deutliche diktyodrome Zeichnung, die 
vollst&ndig an das Aussehen junger Typhuskolonieen auf der Gelatine 
erinnert. 


1 ) Im vorli^enden Falle wurde Pepton Witte verwendet 


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512 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Traubenzucker wird nicht vergoren, Neutralrot bleibt unverSndert. 
Im Gfirungskfilbchen bleibt h&ufig das Wachstum im anaeroben Schenkel 
aus, an dessen Beginn die getrttbte Flflssigkeit mit einer scharfen Linie 
absetzt. 

In die Barsiekowschen Flflssigkeiten verimpft, bleibt das Milch- 
zuckerrfihrchen blan und ziemlich klar, das Traubenzuckerrflhrchen wird 
gerfltet und schwach opalisiqrend, doch erfolgt keine Koagulation des 
Kaseins, das Mannitrohrchen wird nur gerdtet und leicht getrilbt. Diese 
Prflfung mit Hilfe der 3 leicht herzustellenden N&hrboden mdchte ich 
nochmals empfehlen; sie ermSglicht zunfichst die Feststellung, ob es 
sich um Ruhrstabchen flberhaupt handelt, und das Mannitrohrchen von 
mir und spater von Hetsch angegeben, gestattet als zweckmaBiger 
Ersatz des Lenzschen Mannitagars auch rasch eine Wahrscheinlichkeits- 
diagnose, ob der gefundene Bacillus in die Shiga- Oder Flexner- 
Gruppe einzureihen ist Mit Sicherheit lassen sich diese Entscheidungen 
erst mit Hilfe eines hochwertigen Immunserums und, wie noch gezeigt 
werden soil, durch das Experiment am Kaninchen treffen. In einer 
ersten Mitteilung hatte ich mich allerdings auf Grund der Beobachtungen 
in Bruck (1902) und vergleichender Prflfungen der verschiedensten an 
anderen Orten kultivierten Ruhrstamme auf den Standpunkt gestellt, 
dafi das kulturelle Verhalten gegen die 3 Zuckerarten und Nutrose als 
Ersatz der Agglutinationsprflfung fungieren kbnne, der sehr willkommen 
ware einerseits der Einfachheit wegen, andererseits weil Sera, ob in 
trockenem oder fldssigem Zustande konserviert, ihre agglutinatorische 
Kraft ganz oder teilweise einbflfien und die Herstellung frischer 
Priifungssera immerhin mehrere Wochen erfordert. In der neueren 
Dysenterieliteratur linden sich auch keine Mitteilungen, die mich zwingen 
kflnnten, wenigstens bezflglich der K r u s e - Gruppe, diesen Standpunkt 
zu verlassen. Wohl aber habe ich in Krakau sowohl als in Wien 
Stamme aus dysenterischen Sttihlen kultiviert, deren kulturelles uud bio- 
logisches Verhalten mich bestimmt, der Prflfung mit den Barsiekow- 
schen Flflssigkeiten nur einen provisorischen Wert zu vindizieren und 
die Entscheidung der Agglutinabilitat durch hochwertige Immunsera 
und dem Tierexperiment zu reservieren. 

Auf sauren Kartoffeln ist das Wachstum typhusahnlich, die Ober- 
flache der Kartolfel erscheint nur feucht, ein Bakterienrasen ist nicht 
sichtbar. Doch variiert das Wachstum bei Flexner sowohl als Kruse- 
Stimmen sehr und erscheint bei anderen Kartoffeln ein gelblich-weifier, 
ja sogar gelbbraunlicher Rasen. 

Das Wachstum auf Gelatine habe ich bei einer sehr groBon Reihe 
von verschiedenen Dysenteriebacillen beider Gruppen geprflft und mit 
den Gelatinekolonieen zahlreicher Typhus- und Coli-Stamme ver- 
glichen. Dieser Punkt war ja von jeher kontrovers und erschien es 
aus diesem Grunde zweckmaBig, gleichzeitig und unter Verwendung des 
namlichen Nahrbodens mit den bisher bekannten Stammen neue Unter- 
suchungen vorzunehmen. Es zeigte sich, daB Unterschiede zwischen 
den bekannten Flexner-Stammen nicht bestehen. Alle zeigten wein- 
blattahnliche Formen (nach 48 Stunden bei 22° C), etwas grflfler als 
gleichaltrige Typhus- und kleiner als Coli-Kolonieen, zarter und trans- 
parenter als letztere; unter dem Mikroskope erschien die Kolonie gelb- 
lich, das Zentrura gelblich-braun, der Rand farblos, vielfach gebuchtet; 
die netzlflufige Zeichnung war sehr undeutlich ausgepragt. 

Bei Kruse-Shiga-Stammen ist das Verhalten entweder identisch 


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Do err, Beobacbtongen fiber bacill&re Dysenteric. 


513 


mit dem geschilderten oder es ist (Kruse, M (tiler) die Blattrippen- 
zeichnung mehr ausgeprflgt, so dafi die Ansiedelungen unter dem Mi- 
kroskope typhusfihnlicher erscheinen. 

Die Pathogenitfit ffir Versuchstiere verhielt sich bei den in Wien 
gezfichteten Stfimmen ahnlich wie bei den Stammen von J dr gens und 
Flexner und wies auffallende, diagnostisch sehr wohl verwertbare 
Differenzen gegenflber den Kruse-Shiga -Stammen auf. WeiBe Manse 
gin gen bei intraperitonealer Injektion von 0,3—0,5 Oesen lebender, 
24-stflndiger Agarkultur irgend eines Flexner-Stammes nach 18—24 
Stunden ein und zeigten reichliche Bacillen in dem sparlichen, klebrigen 
Peritonealexsudat. Das Herzblut war steril oder enthielt nur wenig 
Keime der injizierten Art. 

Meerschweinchen (200—250 g) gingen erst bei Dosen von 3—5 Oesen 
(intraperitoneal) nach 24 Stnndenein, jedoch nicht regelmfiBig; bisweilen 
waren die Tiere am nachsten Tage schwer krank, erbolten sich jedoch 
auffallend rasch und tiberlebten den Eingriff. Weder bei den Flex¬ 
ner schen noch bei den Wiener Stammen oder dem von J fir gens lieB 
sich eine Konstanz der Wirkung oder eine Steigerung der Virulenz 
durch Passage erzielen trotz zahlreicher Versuche. Manches Tier ver- 
endete nach 2 Oesen, manches fiberlebte die Injektion von 5 Oesen, 
und diese Abhangigkeit der Wirkung von der Individualitfit der Tiere 
trat bei jeder Versuchsreihe immer wieder in Erscheinung. Die Sektion 
ergab bei den verendeten Meerschweinchen eine Peritonitis mit sehr 
reichlichem. serdsem, bisweilen leicht hfimorrhagischem Exsndat, in dem 
zahlreiche Fibrinflocken schwaramen. Die Serosa des Darmes und 
namentlich auch der Leber war von membrandsen Fibrinexsudationen 
bedeckt. Das Herzblut war meist steril. 

Sehr merkwfirdig war die geringe Wirkung auf Kaninchen bei sub- 
kutaner Applikation gegenflber den Stammen der Kruse-Shiga- 
Gruppe. J fir gens hat diese Tatsache ebenfalls beobachtet, aber meines 
Erachtens in ihrer Bedeutung zu wenig gewfirdigt. Ich habe in 
dieser Rich tun g geprfift einerseits die Flexner- Stamme von Flexner 
(Kr41), Jfirgens. Leiner und die 12 Stamme der Wiener Epidemie, 
andererseits alle mir flberhaupt zugfinglichen Kulturen aus Kruse- 
Epidemieen (Krakau 1904, Bruck 1902), sporadischer, verschleppter Fall 
aus Sfidungarn, 1904 in Wien beobachtet, Shiga, Kruse (2 Stamme), 
Mflller, Jfirgens und fand, dafi Kaninchen die subkutane Injektion 
von 1 — 2 Oesen lebender oder 1 Stunde bei 60° abgetfiteter Flexner- 
Stfimme gut vertragen, wfihrend bei sfimtlichen K r u s e - Kulturen 
1 / 2 Oese abgetfiteter Kultur subkutan ausnahmslos genflgte, urn nach 
2—3 Tagen auffallende Hypothermie (an den Loffeln deutlich zu kon- 
statieren), Cyanose, Paralyse der hinteren Kfirperhfilfte (vollstandige 
Lahmung der Sphinkteren und hinteren Extreraitfiten) und nach weiteren 
24—48 Stunden den Exitus herbeizuffihren. Ffir die Feststellung, ob 
ein Stamm in die Kruse-Gruppe gehQrt, wird man wohl auf diese 
einfache Prttfung der Toxizitat ffir Kaninchen reflektieren mfissen, wenn 
nicht etwa weitere Beobachtungen Ausnahmen von diesem Gesetze er- 
geben, und kann dieser Tierversuch die Agglutination in ahnlicher 
Weise ersetzen wie der Meerschweinchenversuch bei der Diphtherie 1 ). 

1) Diese Tatsachen haben inzwischen durch eine Publikation von Todd, Dysentery 
toxin and antitoxin (Journ. of hyg. Vol. IV. p. 480) eine weitere Bestatigung erfahren. 
Das genaue Studium der Kruse-Toxine bilaet ubrigens auch den Gegenstand einer 
demnichst erscheinenden Arbeit von R. Kraus. 

Erato Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 33 


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514 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Fur die FI ex ner-Stain me konnten ahnliche Verhaitnisse, wie gesagt, 
nie eruiert werden, auch bei Variation der Versuchstiere; hier bleiben 
wir auf die Agglutination mit hochwertigem Serum angewiesen. 

Ich habe diese Prufung bei den Wiener Stammen auch durchge- 
fiihrt mit Immunseris, die sich von Kaninchen bei der geringen Toxizitat 
der Kulturen leicht erhalten lieBen, und zwar mit einem Flexner- 
Serum, hergestellt mit dem von Krdl bezogenen Stamme und einem 
zweiten Serum, gewonnen (lurch Injektion eines Wiener Stammes. Das 
Resultat ist aus Tabelle III ersichtlich. 


Tabelle III (Serum Flexner-Krdl). 



Stam¬ 
me aus 
Wien | 

Flex¬ 

ner 

Jtir- 

gens 


Leiner 


Kruse 

Paratyphus 

Gretlinger 

Hammer 

Brunner 

Bruck 

1902 

Muller 

A 

B 

1 : 100 

4 

4 

+ 

+ 

4 

4 





1 : 200 

4 

4 

+ 

+ 

4 

+ 

— 

— 

— 

— 

1: 400 

4 

4 

+ 

+ 

4 

- 

— 

— 

— 

— 

1 : 800 

4 

4 

+ 

± 

± 

— 

— 

— 

— 

— 

1:1000 

4 

-j- 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1:1600 

4 

4 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 :2000 

4 


4 i 

— 

— 

— 

— 

— 


— 


Serum desselben Kaninchens war vor der Immunisierung auf samt- 
liche Stamme (auch bei Verdunnungen von 1:10) wirkungslos. 

Aehnlich war das Resultat mit dem 2. Immunserum, hergestellt 
mit einem Wiener Stamm (Wert 1:2000). 

Kruse-Serum war auf samtliche FI ex ner-Stamme wirkungslos. 

Auch mit Flexner-Seris anderer Provenienz (eines, vom Kaninchen 
stammend, wurde mir von Dr. Leiner zur Verfiigung gestellt, ein zweites 
wurde durch langere Immunisierung von Ziegen im serotherapeutischen 
Institut (Prof. Paltauf) gewonnenj ergaben stets die Identitat der 
Wiener Stamme mit denen von Flexner und J Urge ns. 

Ueber die atiologische Bedeutung der gefundenen Stabchen fiir das 
Zustandekommen des dysenterischen Krankheitsbildes kann ich mich 
kurz fassen, da alle hier in Betracht kommenden Gesichtspunkte von 
Jurgens ausfiihrlich und sehr klar dargelegt wurden. Es ist ein 
groBes Verdienst dieses Autors, die Dysenterieliteratur der letzten Jahre 
kritisch beleuchtet und betont zu haben, daB die Anwesenheit eines In- 
fektionserregers nicht geniigt, um die Diagnose einer Infektionskrankheit 
zu stellen, sondern daB die reaktiven Vorgange, mit welchen der Or- 
ganismus die Infektion beantwortet, vor allem genau beobachtet und 
mit Vorsicht verwertet werden milssen. 

Es sei also nur hervorgehoben, daB mir weder bei der Kruse- 
Epidemie in Krakau noch bei der Flexner-Epidemie in Wien der 
Nachweis von Amoben in den Stuhlen gelang. Weder Amoeba histo¬ 
lytica Schaudinn noch Amoeba coli konnten gefunden werden, trotzdem 
die Stuhle wiederholt und stets in ganz frischem Zustande untersucht 
wurden. Auch war es nicht moglich, aus den Entleerungen in Wien 
Kr use-Bacillen oder aus denen in Krakau Flexner-Stamme zu iso- 
lieren; hierzu sei bemerkt, daB es nie mit dem Abimpfen einer charak- 
teristischen Kolonie sein Bewenden hatte, sondern daB fast immer Serien 
von Kolonieen in Traubenzuckeragar abgeimpft und die nicht vergaren- 
den stets in Mannit-Nutrose-Lackmus-Rbhrchen auf ihre Zugehbrigkeit 


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Do err, Beobachtungen fiber bacill&re Dysenterie. 


515 


zu einer der beiden Gruppen geprflft wurden. Dagegen fanden sich in 
Stflhlen der Krakaner Epidemic, und zwar in den sp&teren Krankheits- 
perioden, zu einer Zeit, wo die Ausleerungen mehr eiterig waren. wenig 
Schleim nnd Blut enthielten, K r u s e - Bacillen nicht mehr nachweisbar 
waren und das Serum der Kranken einen hohen agglutinatorischen Titre 
fflr Kruse angenommen hatte, neben reichlichem Coli auch vereinzelte 
blaue Kolonieen, die kulturell, namentlich in ihrem Verhalten gegen 
Zuckerarten, eine weitgebende Aebnlichkeit mit Kruse-StUmmen auf- 
wiesen, aber weder vom Serum der Patienten noch von hochwertigem 
Kruse-Serum agglutiniert wurden, noch auch die charakteristische 
Toxizitat fflr Kaninchen zeigten; immerhin liefien sich diese StSmme 
doch auch kulturell von Kruse- Bacillen differenzieren. Dagegen waren 
in der Wiener Epidemie 2mal Bacillen in den Stflhlen vorhanden, die 
kulturell von Flexner-Stflmmen flberhaupt nicht differierten, das 
eine Mai neben Coli, das zweite Mai in Reinkultur. Es sind das die 
2 restlichen negativen F&lle von den 29 in Wien durchgefflhrten Unter- 
suchungen. Diese StSmme wurden durch F1 exner-Serum nicht bo- 
einfluBt. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre flber inagglutinable 
TyphusstSmme konnte es sich im vorliegenden Falle um analoge Vor- 
kommnisse handeln. Es wurden also mit diesen 2 St&mmen neue Sera 
hergestellt, die sich aber auf Flexner-St&mme ebenfalls unwirksam 
erwiesen. Das Serum dieser Patienten agglutinierte die fraglichen 
StSmme nicht, wohl aber FI ex ner-Bacillen. Das klinische Bild glich 
vollkommen dem der echten Dysenterie. Es dflrfte sich hier um C o 1 i - 
VarietSten handeln, die sich auf der erkrankten Darmschleimhaut ent- 
wickeln und mit dem Prozefi, wie das Fehlen der Agglutination durch 
das Serum der betreffenden Kranken und das positive Ergebnis der 
Reaktion mit echten Flexner-StSmmen beweist, Stiologisch nichts zu 
tun haben. Eine solche VerSnderlichkeit von Coli-Rassen, namentlich 
nnter krankhaften Bedingungen, ist seit langem bekannt. Es sei nur 
erinnert an die Beobachtungen von Escherich flber das Auftreten 
neuer Eigenschaften des Darmcoli bei Colitiden der Kinder. Ferner 
wurde im obigen Laboratorium ein Fall von periproktitischer Eiterung 
beobachtet, bei dem der Eiter ausschlieBlich eine Coli-VarietSt ent- 
hielt, die Traubenzucker nicht vergor und wo flber die Provenienz des 
Coli und seine ursprflnglich gasbildende Eigenschaft schwer ein Zweifel 
mCglich ist Daraus ergibt sich aufs neue die Notwendigkeit, bei 
jedem einzelnen Stamme, selbst im Verlaufe einer grdBeren Epidemie, 
durch Feststellung der biologischen Eigenschaften die Zugehorigkeit zu 
den Ruhrbacillen flberhaupt und zu einer der beiden Gruppen insbe- 
sondere zu ermitteln. 

Die agglutinatorischen Eigenschaften des Krankenserums wurden 
bei 20 Patienten in Wien und 15 in Krakau geprflft, und zwar geschah 
die Untersuchung stets sowohl makroskopisch wie mikroskopisch. Ma- 
kroskopisch kam die Kollesche Methode zur Verwendung (1 NormalOse 
20-stflndiger Agarkultur verrieben in 1 ccm der betreffenden Serum- 
verdflnnung), zur mikroskopischen Agglutination wurde 1 Oese Bouillon- 
kultur (14-stflndig), mit 1 Oese der halb so starken Serumverdflnnung 
vermengt. Die Beobachtungszeit betrug bei den makroskopischen Re- 
aktionen 4, bei den mikroskopischen 1 Stunde. Bei beiden Epidemieen 
wurden solche FSlle untersucht, wo der Bacillennachweis im Stuhl ge- 
glflckt war, neben solchen, wo die Diagnose Ruhr sich lediglich auf den 
klinischen Symptomenkomplex stfltzte und der Nachweis der Erreger 

33* 


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516 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


in den Faeces entweder nicht versucht Oder nicht gelungen war. Jedes 
Serum wurde geprflft: 

1) mit dem von Kr&l bezogenen FI ex n er-Stamm; 

2) mit einem Kruse-Stamm aus der Brucker Epidemie (1902). 
Die Kruseschen Originalst&mme waren wegen ihrer Neigung zu spon- 
taner Verklumpung nicht brauchbar. Vielleicht ist auf die Nichtbeach- 
tung dieses Umstandes ein Teil jener Beobachtungen zu beziehen, wo 
bei Nachweis von Flexner-Bacillen in den Entleerungen das Kranken- 
serum nicht nur diese, sondern auch Kruse-Stamme agglutinierte; 


Tabelle IV (Agglutinationswerte der Krankensera der Wiener Epidemie). 


No. 

Agglutiniert 

Flexner 

(Krai) 

Kruse 

(Bruck) 

Wien 1904 

Krakau 1904 

Leiner 

(St. Brunner) 

homologer 

Stamm 

1 

100 

0 

100 

0 

50 

100 

2 

200 

0 

200 

0 

50 

— 

3 

400 

0 

400 

0 

50 

—*) 

4 

400 

0 

400 

0 

100 

500 

5 

200 

0 

200 

0 

50 

— 

6 

200 

50 

200 

50 

25 

— 

7 

50 

0 

50 

0 

0 

— 

8 

50 

0 

50 

0 

0 

50 

9 

400 

0 

400 

0 

100 

400 

10 

25 

0 

25 

0 

0 

50 

11 

200 

25 

100 

10 

50 

200 

12 

50 

0 

50 

0 

0 

— 

13 

100 

0 

100 

0 

10 

— 

14 

50 

0 

50 

0 

0 

50 

15 

50 

0 

50 

0 

0 

50 

16 

10 

0 

10 

0 

0 

25 

17 

100 

0 

100 

0 

25 

— 

18 

10 

0 

10 

0 

0 

25 

19 

50 

0 

50 

0 

0 

50 

20 

200 

10 

200 

10 

50 

200 


Tabelle V (Krankensera aus Krakau). 


No. 



Agglutiniert 



Flexner 

(Krdl) 

Kruse 

(Bruck) 

Wien 1904 

Krakau 1901 

Leiner 

(St. Brunner) 

homologer 

Stamm 

1 

0 

100 

0 

100 

o 


2 

0 

100 

0 

100 

0 

— 

3 

25 

200 

25 

200 

0 

— 

4 

25 

200 

50 

200 

0 

— 

5 

25 

400 

25 

400 

10 

— 

6 

50 

100 

50 

100 

25 


7 

25 

400 

50 

400 

0 

400 

8 

0 

50 

0 

50 

0 


9 

25 

100 

25 

100 

0 

100 

10 

50 

200 

50 

200 

25 

— 

11 

0 

200 

0 

200 

0 

— 

12 

0 

25 

0 

25 

0 


13 

0 

50 

0 

50 

0 

_ 

14 

100 

200 

100 

200 

25 

— 

15 

0 

100 

0 

100 

0 



1 ) Dieses Serum agglutinierte auch ein aus dem Stuhl des Kranken geziichtetes 
Coli im Verhiiltnis von 1:50. 


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Doerr, Beobachtungen fiber bacill&re DyBenterie. 


517 


3) mit einem Stamm aus der Wiener Epidemic (Flexner) 1904; 

4) mit einem Stamm der Krakauer Epidemic (Kruse) 1904; 

5) mit dem Stamm Brunner, den Leiner aus Kinderdysenterieen 
erhalten, und endlich 

6) eventuell mit dem homologen, d. h. aus dem Stuhl des Patienten 
gezflchteten Stamm. 

Diese Resultate sind ganz fihnlich den von JQrgens erhaltenen. 
1m allgemeinen lfiftt sich sagen, daft bei Flexner-Ruhr seltener Ag¬ 
glutination ffir K r u s e - Bacillen beobachtet wird als umgekehrt und 
daft dieselbe sich auch in viel niedrigeren Werten bewegt, so daft man 
fiber die Natur des Hauptagglutinins nicht im Zweifel sein kann. Bei 
Kruse-Ffillen findet sich dagegen fifter Agglutination von Flexner- 
Bacillen und erreicht dieselbe auch hohe Titres, was wohl damit im 
Zusammenhang steht, daft schon viele Normalsera Oder Sera von anders- 
artig erkrankten Individuen Flexner-Bacillen in Verdfinnungen bis 
1:20, seltener 1:30 agglutinieren. Auch normale Tiersera, insbesondere 
Pferdesera, wirken auf Flexner-Stfimme noch in Verdfinnungen von 
1:100; bei Ziegenseris sind die Werte geringer (1:30), bei normalen 
Kaninchenseris fehlt, soweit ich nach meinen Erfahrungen schlieften 
kann, diese Eigenschaft ganz, so daft diese Tiere sich auch aus diesem 
Orunde gut zur Herstellung agglutinierender Flexner-Sera eignen. 
Bezfiglich der Zeit des ersten Auftretens der Agglutinationswirkung im 
Serum, ihres Ansteigens wfihrend des Krankheitsverlaufes stimmen meine 
Beobachtungen mit den von J fir gens erhobenen Befunden fiberein. 
Ein Parallelismus zwischen der Schwere des Infektes und der Hfihe 
des Titers ffir den betreffenden Erreger konnte gleichfalls nicht kon- 
statiert werden. 

Schliefilich wurde noch geprfift, ob die Stfimme von Flexner, 
J fir gens und die aus der Wiener Epidemic gezflchteten einerseits und 
die von Leiner aus Kinderdysenterieen erhaltenen andererseits wirk- 
lich vollkommen identisch sind Oder nicht. Zweifel in dieser Richtung 
werden zunfichst wachgerufen durch den Umstand, daft die ersterwfihnten 
Rassen sfimtlich echten Dysenterieepidemieen entstammen, die Leiner- 
schen Stfimme aber fihnlich wie die Ruhr der Irren nur sporadisch auf- 
tretende Ffille betreffen, ferner durch die Tatsache, daft Flexner-Sera 
nicht gleichmfiftig auf die Stfimme epidemischer Ruhr und Kinderruhr 
oinwirken. So blieben Krankensera von Flexner-Ffillen oft (siehe 
Tabelle V) auf den Stamm Brunner wirkungslos oder hatten nur einen 
bedeutend niedrigeren Titer als ffir Flexner-Stfimme. 

Ebenso differierten auch Immunsera. Ein Serum (1:400, Kaninchen) 

agglutinierte z. B. den Stamm Brunner gar nicht. Hochwertige Sera 
<1:2000, Kaninchen, siehe Tabelle III) agglutinierten den 
Stamm Gretlinger 1:400 

„ Hammer 1:400 

„ Brunner 1:100 (200 inkompl.) 

Ein zweites Immunserum mit dem Titer 1:1600 ffir FI exn er lieferte 
bezfiglich der Leinerschen Stfimme ein ganz analoges Resultat. Es 
mufi hier der Verdacht rege werden, daft es sich um Mitagglutination 
naher verwandter Arten handle, fihnlich der Wirksamkeit hochwertiger 
Typhussera auf Paratyphuskulturen Typus B. Um fiber diese Verhftlt- 
nisse Aufschluft zu bekommen, wurde der Castellanische Versuch 
der elektiven Absorption in Anwendung gezogen, der folgendes Resultat 
•ergab: 


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518 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Von einem Flexner-Serum (1:1600) wurde 1 ccm der Verdfln- 
nungen (1:10, 20, 40, 80, 100, 200, 400, 800, 1600) mit je einer Oese 

a) des Stammes Hammer, 

b) „ „ Brunner, 

c) „ „ Gretlinger 

versetzt, das Serum nach Agglutination und Sedimentierung der Krflmel 
abpipettiert und je eine Oese Flexner-Kultur darin emulgiert 

Andererseits wurden dieselben Verdflnnungen zunflchst mit Flex¬ 
ner-Kultur und nach Abpipettierung des klaren Serums dieses mit je 
einer Oese der Stflmme Hammer, Brunner, Gretlinger versetzt. 
Im ersten Falle trat prompt Agglutination in alien Verdflnnungen ein, 
in der zweiten Reibe nur bei 1:10, es war durch Bindung des Haupt- 
agglutinins das Mitagglutinin nahezu quantitativ ausgef&llt worden, aber 
nicht umgekebrt. 

Bei den Wiener St&mmen trat nach vollst&ndiger Absorption des 
FI ex ner- Agglutinins durch den homologen Bacillus keine aggluti- 
natorische Beeinflussung auf, wie auch andererseits die Wiener St&mme 
im stande waren, das Agglutinin den Serumverdflnnungen so vollst&ndig 
zu entziehen, dafi diese auf den zur Immunisierung verwendeten Flex- 
ner-Stamm wirkungslos blieben. 

Auf Grund dieser Tatsachen erscheint der Bacillus 
Flexner neben dem Typus Kruse als ein zweiter durch 
seine Agglutinationsreaktion gut charakterisierter und 
von den aus sporadischen Fallen gezflchteten St&mmen 
[Pseudodysenterie, Ruhr der Irren, Kinderdysenterie 
(Leiner)] leicht abzugrenzender Erreger der epldemischen 
Ruhr. 

Fflr die Ueberlassung des Materials bin ich meinem hochverehrten 
Lehrer, Herrn Oberstabsarzt Dr. L. Kamen, zu w&rmstem Danke ver- 
pflichtet. 


Nachdruck verbolen. 

Bakteriologische Untersuchungen des Blutes bei Flecktyphus. 

[Aus dem Sokolnitscheski Krankenhaus in Moskau.] 

Von M. Kireeff. 

Der Flecktyphus gehOrt zu den ansteckendsten akuten Infektions- 
krankheiten. Der Krankheitsverlauf ist ein sehr schwerer und die Mor¬ 
tality schwankt zwischen 15—20 Proz. 

Der Erreger dieser Krankheit ist bis jetzt noch nicht bekannt, obgleich manche 
Forscher im Blute der Kranken verschiedene Mikrooraanismen fanden, die sie als Fleck- 
typhuskontagium beschrieben. Aber andere Autoren Destatigten diese Funde nicht, und 
die Natur des Flecktyphusgiftes ist noch nicht aufgeklart, trotz der vielfachen Forech- 
ungen. Im Jahre 188$ beobachtete Mott (1) bewegliche Spirillen im Blute von Fleck- 
typhuskranken. 

Im Jahre 1888 beschrieben Moreau und Cochez (2) ein, dem Eberth-Bacillus 
ahnliches 8tabchen, welches sie im Blute der Flecktyphuskranken fanden und das sie 
fur den Erreger der Krankheit hielten. 1892 konstatierte Lewaschew (5), daii im 
Blute der Flecktyphuskranken eigenartige Organismen vorkommen, welche eine hohe 
diagnostische Bedeutung hatten. Wenn man einen Blutstropfen aus der Milz einee 
Flecktyphuskranken unter das Mikroskop bringt, findet man kleine. rundliche, stark 
lichtbrechende, in frischen Praparaten sicn hdchst energisch bewegenae Gebilde. Wenn 
man diese Gebilde sorgfaltig weiter untersuche, bemerke man oft, dafi einer ihrer Pole 


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Kireeff, Bakteriologische Untersuchungen des Blutes bei Flecktyphus. 519 


sich verlangert und in ein feines, sich schnell bewegendes Fadchen iibergeht. Im An- 
fangsstadium der Krankheit erschienen sie grofienteils ala rundiiche Korperchen ohne 
Faaen, nach der Krisis verschwanden sie. 

Diese Gebilde konnte Verf. oft, aber nicht konstant, finden; im normalen oder von 
anderen Kranken stammenden Blute seien sie niemals anzutreffen. 

Die bakteriologischen Untersuchungen des Flecktyphusblutes hatten positive Re- 
sultate ergeben. Als rfahrboden nahm Verf. Ascitesflussigkeit und stellte aus demselben 
1—1,5-proz. Serum agar her. 

Es entwickelten sich schon nach 24 Stunden bei 37° in den tieferen Schichten 
kleine, weiCliche, durchsichtige, wolkenartige Kolonieen. Unter dem Mikroskop konnte 
man sich iiberzeugen, dafl sie aus einer Reinkultur von Mikrokokken zusammengesetzt sind. 

In demselben Jahre stellten Toinot und Calmette (3) einen neuen Erreger der 
Krankheit auf, welchen sie in Gestalt von amobenartigen Gebilden beschrieben. 

1894 fanden Dubief und Briihl (4) im Blute mit Kapseln versehene Dipio- 
kokken. Sie zuchteten diese Gebilde auf verschiedenen der gebrauchlichen Nahrboden 
und erhielten auf Agar orangegelbe Kulturen. 

1895 fiihrte Afanasieff (6) einen keimfreien Seidenfaden subkutan ein, der am 
nachsten Tage herausgezogen, in kleine Stiicke zerschnitten und in verschiedene Nahr- 
boden gelegt wurde. In 14 Fallen wuchsen Kulturen von Bakterien, die man fur spe- 
zifisch bei Unterleibs typhus hielt. 

1902 fand Hlava (9) im Blute Flecktyphuskranker den Leuconostoc hominis 
und glaubt dafi ihm eine wesentliche Rolle bei den akuten Exanthemen zufallt. Ob der 
Leuconostoc spezifisch fiir die einzelnen exanthematischen Krankheiten ist, lafit sich 
vorlaufig durch Experimente nicht nachweisen. Am besten gedeiht Leuconostoc in 
Zopfscher Bouillon (Wasser 1000,0, Weinsaures Ammonium 10,0, Monokaliumphosphat 
5,0, Magnesiumsulfat 2,5, Tricalciumphosphat 0,5, Pepton 10,0, Kandiszucker 140,0). 
In dieser Bouillon bildet sich bei 37 0 C nach 12—24 Stunden eine schleierartige, weifi- 
liche Membran, die allmahlich kompakter wird und nach einigen Tagen sich zu Boden 
setzt. Untersucht man diese Kulturen mikroskopisch, so findet man zunachst eine aus- 
gesprochene Membranbildung, in welcher einzelne Kettenkokken oder Kettenkokken- 
familien eingebettet liegen. Die Kettenglieder sind kurz, bestehen zumeist aus Diplo- 
kokken oder Diplokokkenketten von rundiicher Form, oder 6cheibenformigen Kettenreihen, 
die aber auch ovoide Form annehmen; ja einzelne Glieder sind gro£, ovoid, bauchig, 
lanaer gestreckt und nehmen deutlich Stabchenform an. Der Leuconostoc farbt sidi 
na<m der Gramschen Methode. 

Gotschlich (7) (im Jahre 1903) wies im Blute von 6 Kranken ein Protozoon 
nach. Der Parasit tntt sowohl im Innern der roten Blutkdrperchen auf, als auch frei 
in der Blutfliissigkeit. Zur Farbung der endoglobularen Formen eignet sich vortreff- 
lich die stark verdiinnte Borax-Methylenblaulosung (die ganz ebenso wie bei Malaria 
angewandt wird); fur den Nachweis der extraglobularen Formen bewahrte sich dem Autor 
am besten ganz kurzdauernde Farbung mit dem unverdiinnten Ziehlschen Karbolfuchsin. 

In der endoglobularen Form ist der Parasit am haufigsten von birnformiger Gestalt, 
wobei seine Grofie zwischen 1 Mikron und etwa der Halfte eines Erytrocythen schwanken 
kann. Die Kontur des Parasiten ist glatt und regelmafiig, im Innern zeigen sich kleine^ 
runde Kornchen. Im lebenden, ungefarbten Praparat besitzt der Parasit Iebhafte Eigen- 
bewegung. In einem Falle fand der Autor cystenfbrmige und in 4 Fallen spermato- 
zoonartice Gebilde. 

1904 bringt Newjadomski (8) in seiner vorlaufigen Mitteilung zur Kenntnis, 
dafi es ihm gelungen ist, den Flecktyphuserreger zu finden, der nichts mit den bis jetzt 
von anderen Autoren beschriebenen Erregern gemein hat. 

Im Jahre 1902/3 beschUftigte ich mich in der Flecktyphusabteilung 
des Krankenhauses, wo ich die Veranderung des Blutes Flecktyphus¬ 
kranker untersuchte. Gleichzeitig mit den eben genannten Untersuch¬ 
ungen des Blutes beschloB ich, mehrere der oben erw&hnten bakterio- 
logischen Untersuchungen zu wiederholen. Einer Roseola oder der 
Spitze eines reingewaschenen Fingers entnahm ich zu diesem Zweck 
durch einen Stich einen Blutstropfen, iibertrug ihn in Glasrdhren mit 
N&hrl5sungen und stellte dieselben in den Brfttschrank bei 37° C. 
AuBerdem entzog ich mit einer Pravaz-Spritze der Vena mediana 
Blut und fibertrug es ebenfalls in eine Reihe von Glasr5hren. Als N&hr- 
b6den dienten mir gewfihnlich zubereitete Bouillon, gewQhnlicher Agar 
und Zopfsche Bouillon. Die in den Thermostaten gestellten GlasrOhren 
beschaute ich jeden Tag und wenn sich in ihnen kein Wachstum zeigte* 


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520 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


stellte ich sie wieder in den Schrank zurfick. Wenn die Nihrbbden im 
Verlaufe einer Woche steril blieben, hielt ich die Resnltate ffir negativ. 

Jedesmal gebrauchte ich nicht weniger als 9 Glasrbhren, je 3 von 
jeder Nahrlbsung. 

Aus der angefflhrten Tabelle ist zu ersehen, daB alle Resultate 
negativ waren. Diejenigen drei F&lle, wo in Bouillon eine Streptokok- 
kenkolonie war, muB man ffir eine zufallige, ans der Luft oder von der 
Haut des Fingers herrtthrende Verunreinigung halten, weil in diesen 
Fallen alle llbrigen Glasrbhren kein Wachstum aufwiesen. 


No. 

Name und 
Familie 

Datum 

Krank- 

heitatag 

Tempe- 

ratur 

_ 

Das Blut ruhrte her 

Die Resnltate 

1 

A. Z. 

26. 1. 

5. 

40 

aus 

einer Roseola 

negativ 


>» » ! 

29. 1. 

8 . 

38,7 

tt 

dem Finger 

neg. y aufler einem Glas- 
rohr m. gewfihnl. Bouil¬ 
lon, wo Streptokokken- 








kultur gewachsen war 

2 

J. B. 

28. 2. 

5. 

39,4 

tt 

einer Roseola 

negativ 


»» n 

1. 3. 

6 . 

393 

tt 

der Vena mediana 

tt . 

3 , 

J. A. 

14. 3. 

11 . 

39,9 

tt 

tt tt tt 

tt 


LL ’’ 

17. 3. 

14. 

40 

tt 

tt tt tt 

tt 

4 

B. N. 

tt tt 

3. 4. 

4. 4. 

6 . 

7. 

393 

39,4 

tt 

einer Roseola 

tt 

tt 

5 

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Bei meinen Untersuchungen fiber Verfinderung des Blutes bei 25 
Flecktyphuskranken studierte ich in mehr als 100, doppelt mit Eosin nnd 
Methylenblau gefarbten Prfiparaten die Morphologic der weifien Blut- 
kOrperchen, fand aber kein einziges Mai in diesen Pr&paraten die von 
Gotschlich beschriebenen Parasiten. Einige Prfiparate waren mit 
Zielschem Karbolfuchsin geffirbt, aber die extraglobulfiren Formen waren 
nicht zn entdecken. 

Es ist anzunehmen, daB, wenn der Erreger des Flecktyphus im Blute 
vorhanden ist, die Sichtbarmachung und Reinkultur desselben eine be- 
sondere Nfihrlosung erfordert 

SchlieBlich spreche ich dem Herrn Privatdozenten W. Woronin 
und dem Herrn Prosektor P. Newjadomski meinen ergebensten 
Dank aus. 


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Cohn, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art? 


521 


Iiitaratnr. 

1 ) Mott, Brit. med. Journal 1888. Zitiert nach Curschmann, spezielle Pathologie 
und Therapie, herausgegeben von Nothnagel 1900. 

2) Moreau und Cochez, Contrib. h Tdtude de typh. exanth6mat. (Gaz. hebd. 1888. 
Zitiert ibid.) 

3) Toinot und Calmette, Note sur queiques examens de sang dans le typh. exanth. 
(AnDales de l’inst. Pasteur. 1892. Zitiert ibid.) 

4) Dubief et Briihl, Contribut. h lMtude anatomo-pathologique et bact6riologique du 
typh. exanth£mat. (Arch, de m&i. experiment. 1894.) 

5) Lewaschew, Ueber die Mikroorganismen des Flecktyphus. (Dtsche med. Wochen- 
schrift 1892.) 

6 ) Afanasieff, Bakteriologische Untersuchungen des Flecktyphus. (Wratsch. 1895. 
Russ, medicin. Journal.) 

7) Got8 chlich, Ueber Protozoenbefund im Blute von Flecktyphuskranken. (Dtsche 
med. Wchnschr. 1903.) 

8 ) Newjadomski, Ueber die Erreger akuter exanthematischer Infektionskrankheiten. 
(Russkij Wratsch. 1904.) 

9) Hlava, Leuconostoc hominis und seine Rolle bei den akuten exanthematischen 
Krankheiten. (CentralbL f. Bakt. etc. 1902.) 


Nachdruck verboten. 

Endgiiltige Entgegnung an Dr. Villi. Jensen auf seine 
Frage: „Ist die Kleinsche Hefe eine besondere Art?“ 

Von Dr. Erich Cohn, Assistenten an der med. Poliklinik in Bonn. 

Die Verneinnng der in der Ueberschrift gestellten Frage durch 
Dr. Vilh. Jensen in seiner Habilitationsschrift: „Unders0gelser over 
patogen gaer Ul ) hatte mich, da ich in meinen Verflffentlichungen iiber 
die genannte Hefe dieselbe fflr eine besondere Art angesehen hatte, 
veranlaBt, mich in Bd. XXXVI. p. 369 vorliegenden Centralblattes noch- 
mals zu dieser Frage zu fluBern. DaB ich diese Auseinandersetzung 
nicht rein sachlich vornehmen konnte, sondern aufier den wissenschaft- 
lichen Behauptungen Jensens auch dessen personliche Angriffe gegen 
meine Arbeiten zurflckweisen muBte, glaubte ich nicht sowohl meiner 
Person, als vor allem der raeines hochverehrten Lehrers, Prof. Carl 
Fraenkels, an dessen Institute und unter dessen Leitung ich diese 
Arbeiten ausgefflhrt babe, schuldig zu sein. Allerdings behauptet 
Dr. Jensen in einem neuerdings (in diesem CentralbL Bd. XXXVIII. 
p. 51) erschienenen Aufsatze, der eine Entgegnung auf meine eben 
erw&hnten Ausftihrungen darstellen soil, meine Beschwerde iiber per- 
sdnliche Angriffe sei „vollig aus der Luft gegriffen u , hat aber gleich- 
zeitig die Freundlichkeit, die betreffende Stelle seines Buches, die zu 
meiner Beschwerde Veranlassung gab, durch Abdruck in deutscher 
Uebersetzung alien an dieser Streitfrage Anteil Nehmenden zug&nglich 
zu machen. Ich habe hierauf nur zu erwidern, daB, wenn jemand die 
Arbeiten eines fremden Kollegen ohne sachliche Begrilndung als n un- 
vollstandig“ und „mangelhaft tt bezeichnet, und dies nicht fflr personliche 
Angriffe hS.lt, ich mit der Feststellung der Differenz unserer Ansichten 
diesen Teil der Angelegenheit fflr erledigt haite, und mdchte Herrn 
Jensen nur noch auf das Eine aufmerksam machen, daB, wenn er 
selbst zugibt, die Kleinsche Verflffentlichung im Journal of Hygiene*) 

1) -Untersuchungen iiber pathogene Hefe.* 

2 ) Vol. 1. p. 90. 


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522 


(Jentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


nur aus meinem Referate zu kennen und in demselben Satze dieses 
Referat als „unvollst&ndig“ bezeichnet, ihm der in diesen Worten liegende 
Iogische Widerspruch entgangen ist. 

Znr Sache bemerkt Dr. Jensen in erster Linie, ich h&tte es ganz 
iibersehen, daB, w&hrend meine Anschauung von der Klein schen Hefe 
als besonderer Art sich nur anf die Literatur stfltzte, von ihm eigene 
Untersuchungen zum Vergleiche der verscbiedenen Hefearten angestellt 
worden seien. Wie kann ich das wobl flberseben haben, wenn ich mir 
auf 9 Drockseiten die MQhe gegeben babe, nachzuweisen, daB diesen 
Untersuchungen — ihre Richtigkeit, die zu bestreiten ich kein Recht 
hatte, vorausgesetzt — jede Beweiskraft abgeht? Diesen Vorwurf und 
den der Unterlassung eigener Nachuntersuchungen kann mir Jensen 
nur deshalb machen, weil er meine AusfGhrungen, wie im einzelnen, 
so vor allem in ihrem Grundgedanken vollst&ndig mifiverstanden hat. 
Wer von uns hieran die Schuld trSgt, mdge dabei ganz dahingestellt 
bleiben, wiewohl ich meine, dafi selbst jemand, der meine AusfQhrungen 
mifiverstanden hat, doch wenigstens so viel daraus h&tte ersehen mfissen, 
dafi ich nicht, wie Jensen meint, die Schwierigkeit einer Differential- 
diagnose der verschiedenen Hefearten untersch&tze. Abgesehen davon, 
will ich aber, wie gesagt, mit der MQglichkeit rechnen, dafi meine Dar- 
stellung zu den Mifiverst&ndnissen Anlafi geben konnte, und da mir an 
der genauen Feststellung meines Standpunktes in der hier behandelten 
Frage gelegen ist, m6gen es mir die Leser des Blattes nachsehen, wenn 
ich ihn in diesem Zusammenhange nochmals pr&zisiere: Ich habe sagen 
wollen, und wiederhole es jetzt, dafi ich Untersuchungen mit Hefepilzen, 
die vor Jahren aus ihren natttrlichen Verh&ltnissen isoliert, seitdem an 
verschiedenen Stellen unter nicht zu kontrollierenden Einfiussen fort- 
gezQchtet worden sind, nicht soviet Beweiskraft zuerkennen kann, um 
auf Grund derselben die von den ersten Untersuchern der betreffenden 
Hefen bald nach ihrer Gewinnung gemachten und in der Literatur 
niedergelegten Beobachtungen fur ungQltig zu erkl&ren. Es ist doch 
sonst in der Bakteriologie meines Wissens nicht iiblich, von derartig 
retrospektiven Untersuchungen die Entscheidung wissenschaftlicher Fragen 
abh&ngig zu machen, geschweige denn, wenn es sich um Mikroorganismen 
handelt, deren Variabilit&t, was ja auch Jensen zugibt, erwiesen ist. 
Von diesem Standpunkte aus ist es mir auch erkl&rlich, und brauche 
ich es durchaus nicht, wie Jensen meint, „tragisch u zu nehmen, wenn 
Sanfelice in einer neueren Arbeit 1 ) drei frflher von ihm als different 
behandelte Hefearten nunmehr fflr unter sich und iiberdies noch mit 
der Plimmersehen Hefe identisch erkl&rt. Sagt doch Sanfelice an 
der betreffenden Stelle gleich darauf selbst, dafi sein Saccharomyces 
neoformans bei intraperitonealer Impfung von Meerschweinchen ur- 
sprQnglich einen anderen Befund gegeben habe, und geht auch sonst 
aus seiner eigenen Darstellung hervor, dafi doch noch gewisse Unter- 
schiede, wenn auch in diesem Falle nur gradueller Natur, zwischen 
den beschriebenen Hefearten bestanden. Mithin l&Bt sich also dieser 
Gegensatz, in welchen sich Sanfelice zu seinen frflheren, von mir als 
Sttitze fur meine Ansicht verwendeten Angaben gesetzt hat, auch jetzt 
noch mindestens ebensogut zu Gunsten meiner Auffassung als wider 
dieselbe in Anspruch nehmen; doch ist dieser Gegensatz wenigstens — 


1 ) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIV (nicht wie bei Jensen zu lesen: Bd. XXXIV). 
p. 378. 


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Cohn, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art? 


523 


und dies sei Jensen zugegeben — in Wirklichkeit vorhanden. Ganz 
anders steht es aber mit dem Gegensatze, den Jensen zwischen Curtis, 
Busse, Petersen und Exner auf der einen Seite und mir auf der 
anderen Seite konstruiert; denn wenn er bebauptet, die genannten 
Forscher h&tten „gezeigt, daB Curtis’ Hefen sich mit Vorliebe im 
Zentralnervensystem ansiedeln“ und es „ganz unverstfindlich“ findet, 
wie ich es „wagen“ kann, „so vielen Forschern gegenfiber das Gegen- 
teil zu behaupten u , so findet dieses „Wagnis“ seine einfache Erklarung 
darin, daB 

1) in der bekannten Arbeit von Curtis 1 ) fiber die von ihm ent- 
deckte Hefe von einer Ansiedelung derselben im Zentralnervensystem, 
geschweige denn von einer Vorliebe hierffir nicht ein einziges Wort 
steht, daB 

2) Petersen und Exner 2 3 ) mit Hefe Curtis gar nicht gearbeitet 
haben und Jensen offenbar fiberhaupt nicht (lie Hefe Curtis’, sondern 
die Bussesche meint, und daB es 

3) auch ffir diese nicht stimmt; denn, wenngleich Busse 8 ) sowie 
Petersen und Exner fiber Ansiedelung von Hefen im Gehirn von 
M&usen und dadurch bedingte pathologische Veranderungen berichten, 
so sehe ich in diesem Befunde doch durchaus kein Analogon zu der 
von mir hervorgehobenen Eigenschaft der Kleinschen Hefe, bei drei 
verschiedenen Tierarten (Meerschwein, Kaninchen, Hund) pr&dilektorisch 
nicht bloB das Gehirn, sondern vor allem auch das Rfickenmark zu be¬ 
fallen und dadurch charakteristische Krankheitserscheinungen bervorzu- 
rufen, w&hrend ich gerade zum Unterschiede von der Busse schen Hefe 
darauf hingewiesen habe, daB bei M&usen das Zentralnervensystem so 
gut wie vfillig verschont bleibt. 

Da hatte doch Jensen mit grfiBerem Recht — man sieht, ich komme 
ihm in meinem Streben nach Objektivitfit sogar so weit entgegen, daB 
ich ihn auf Literaturstellen aufmerksam raache, die er zu meinen Un- 
gunsten auslegen kann — sich wiederum auf die von. ihm bereits an- 
geffihrte Arbeit von Sanfelice berufen konnen, der bei Hunden nach 
Hefeimpfung Knfitchen auch im Rfickenmark und Krankheitserscheinungen 
schildert, die mit den von mir beschriebenen in der Tat Aehnlichkeit 
haben 4 5 ). Indessen habe ich ja in meinem Aufsatze „Ein Beitrag zum 
Vergleich der Klein schen Hefe mit anderen pathogenen SproBpilzen“ 
bereits ausdrficklich gesagt: „Immerhin ist es ja gar nicht ausgeschlossen, 
daB eine pathogene Wirkung, die bei einer bestimmten Hefeart regel- 
mfiBig eintritt und ffir dieselbe charakteristisch ist, sich zuf&llig auch 
einmal bei anderen Arten zeigt 6 ); auBerdem mogen vielleicht gerade 
Hnnde — auch Sternberg hat bei Hunden nach Impfung mit einer 
von Sanfelices Hefen Granulationsgeschwfilste im Gehirn beobachtet 6 ) 
— ffir derartige Erkrankungen der nervfisen Zentralorgane besonders 
empfanglich sein. Wie dem auch sei, ich glaubte die Erw&hnung dieses 
nachtr&glich bekannt gewordenen Befundes von Sanfelice der wissen- 
schaftlichen Wahrheit schuldig zu sein; eine Revision meines Stand- 
punktes brauche ich darum auf Grund des eben Gesagten doch nicht 


1) Ann. Pasteur. T. X. 1896. p. 449. 

2) Beitr. z. klin. Chir. Bd. XXV. p. 769. 

3) Monographie. Berlin (Hirschwald). 

4) &, ft a Q t n < 386. 

5) CentralbL f. Bakt. etc. Bd. XXXVI. p. 377. 

6) Zieglers Beitr. Bd. XXXII. p. 1 bezw. p. 78/79. 


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524 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

vorzunehmen. Und das von Jensen gegen mich vorgebrachte Literatur- 
material ist, wie ich gezeigt habe, auch nach seiner richtigen Umdentung 
hierfflr vOllig belanglos. 

Des weiteren bestreitet Dr. Jensen, dafi die zweite von mir als 
cbarakteristisch fflr die Kleinsche Hefe angesebene — auf alle F&lle 
aber zuerst bescbriebene — pathogene Eigenschaft derselben, vom Blut- 
kreislauf aus Entzflndungen der Schleimhfiute, insbesondere der Augen- 
bindehaut, zu erregen, fflr diese Hefeart spezifisch sei, und nimmt an 
meiner Aeufierung Anstofi, dafi ich es wunderbar ffinde, wenn andere 
Hefen ebenfalls diese Eigenschaft haben sollten, ohne dafi ibre Unter- 
sucher dariiber berichten, wozu er bemerkt, ich hfitte mich vielmehr 
darfiber wundern miissen, dafi Klein bei seinen Untersuchungen fiber 
dieselbe Hefeart diesen Befund nicht erhoben hat. Nun, darfiber habe 
ich mich auch — ich will dies Jensen nachtrfiglich gestehen — ge- 
wundert, wenngleich ich e? nicht fflr nfitig befonden habe, dies druck- 
schriftlich niederzulegen; ich habe es mir aber so zu erklfiren versucht, 
dafi bei Meerschweinchen — wie ich dies ohnehin an anderer Stelle 
ausgefflhrt habe 1 ) — sich im Verhalten gegenfiber pathogenen Hefen 
Unterschiede geltend machen, die mfiglicherweise auf der Verwendung 
verschiedener Rassen dieses Versuchstieres beruhen; und dafi bei den 
wenigen Kaninchen — ich kannte damals nnr die erste VerOffentlichung 
Kleins, in der von 2 Kaninchen die Rede ist — irgend welche Zu- 
ffilligkeiten die Erhebung eines solchen Befundes verhindert haben. Es 
wfire fibrigens interessant, wenn Klein, der jetzt jedenfalls fiber ein 
grfifieres Beobachtungsmaterial verffigt, Gelegenheit nfihme, sicb zn dieser 
Frage zu fiufiern. 

Weit weniger hat es jedenfalls raeine Verwunderung erregt, dafi 
mir Jensen mangelnde Beherrschung der einschlfigigen Literatur vor- 
wirft, da dieser Passus in jeder polemischen Arbeit formularmfifiig 
wiederzukehren pflegt (leider war es ffir mich bei der Sachlage diesmal 
nicht zu umgehen, von demselben Formulare Gebrauch zu machen); 
dafi Jensen aber diesen Vorwurf auf Grund der Behauptung erhebt, 
ich hfitte die Kapsel als etwas Besonderes fflr die Klein sche Hefe an- 
gesehen, wfihrend ich doch in Bd. XXXIII. p. 690 dieses Blattes noch 
dazu in einer Ueberschrift ausdrficklich gesagt habe: „Ein sehr inter- 
essanter, auch anderen pathogenen Hefen eigener Bestandteil der Zelle, 
ist weiterhin die Kapsel u , sollte selbst in einer polemischen Arbeit nicht 
vorkommen. Harmlos ist es hingegen, dafi Jensen leider auch meine 
Schlufibemerkung — das Einzige, was ihn in meiner Arbeit interessiert 
hat! — mifiverstanden hat, denn er hat diese Bemerkung offenbar ffir 
ernst genommen. Ich fiberlasse es den Lesern, den Sinn meiner 
Worte zu deuten, und mdchte damit meinerseits die Diskussion fiber 
diesen Gegen stand schliefien. 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXJCVI. p. 375. 


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H&lberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 525 


Nachdruck verboten . 

Untersuchungen bei experimentellen Trypanosomen- 

erkrankungen. 

[Aus der kgl. Universit&tsklinik fflr Hautkrankheiten zu Breslau (stell- 
vertretender Direktor: Privatdozent Dr. Klingmflller).] 

Von Dr. Ludwig Halberstaedter, Assistenzarzt der Klinik. 

Mit 1 Tafel. 

Herr Geheimrat Neisser hatte die Liebenswiirdigkeit, mich mit 
einigen experimentellen und histologiscben Untersuchungen bei ver- 
schiedenen Trypanosomenerkrankungen von M&usen und Kaninchen zu 
betrauen, und zwar wurden mir zur Verfiigung gestellt Mai de Caderas-, 
Nagana- und Dourinetrypanosomen. Die Mai de Caderas- und Nagana- 
trypanosomen waren uns von Herrn Gehoimrat Ehrlich, die Dourine¬ 
trypanosomen von Frau Dr. Lydia Rabinowitsch gfltigst iiberlassen 
worden, und ich gestatte mir auch an dieser Stelle hierftir meinen er- 
gebensten Dank auszusprechen. 

Bezfiglich der bereits sehr reichhaltigen Literatur iiber Trypanosomen 
verweise ich auf die ausfiihrlichen Literaturverzeichnisse in den Arbeiten 
von Rabinowitsch und Kempner in Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXX. 
p. 251 und Centralbl. f. BakL etc. Orig. Bd. XXXIV. p. 804, ferner auf 
die kQrzlich erschienene Monographic von Lave ran und Mesnil: 
Trypanosomes et Trypanosomiases. Paris 1904. 

Im Qbrigen beschr&nke ich mich auf die Wiedergabe einiger Er- 
gebnisse meiner eigenen Untersuchungen. 

Ich gebe zun&chst eine kurze Uebersicht iiber den Verlauf der 
Infektion mit Dourine-, Mai de Caderas- und Naganatrypano- 
somen bei weiBen MSusen und Kaninchen. Es liegen hieriiber bereits 
eine grOBere Anzahl von Berichten vor und meine Beobachtungen weichen 
von den bisher bekannt gegebenen kaura ab. 

Auf weiBe Mfiuse lieBen sich die mir zur Verfiigung stehenden 
3 Trypanosomenarten stets prompt flbertragen. Zur Uebertragung wurde 
der Schwanzspitze entnommenes, reichlich trypanosomenhaltiges Blut mit 
etwa der 10—15fachen Menge physiologischer Kochsalzlosung verdiinnt 
und von dieser Aufschwemmung 0,2—0,3 ccra einer frischen Maus intra- 
peritoneal injiziert Nach einer Latenzzeit von 24— 48 Stunden lieBen 
sich im Blute dieser Tiere bei mikroskopischer Untersuchung im h&ngen- 
den Tropfen Trypanosomen nachweisen, die sich in den n&chsten Tagen 
konstant vermehrten. Am 4.—6. Tage nach der Infektion gin gen die 
Tiere zu Grunde. Irgend welche Krankheitserscheinungen traten bei 
keinem der infizierten Tiere auf, erst kurz vor dem Tode stellten sich 
klonisch-tonische Zuckungen ein. Bei der Sektion zeigte sich konstant 
eine sehr erhebliche VergrSBerung der Milz, aber sonst keine makro- 
skopisch wahrnehmbaren Ver in derun gen an inneren Organen. Es war 
weder in dem Verlauf der Infektion noch in dem Sektionsbefund ein 
Unterschied bei den mit Nagana, Dourine oder Mai de Caderas infizierten 
weifien M&usen zu finden. 

Mit derselben Sicherheit wie auf M&use lieBen sich die 3 Trypano¬ 
somenarten durch intraperitoneale Iujektion einer trypanosomenhaltigen 
Blutaufschwemmung in physiologischer Kochsalzlbsung auch auf 


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526 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

Kaninchen flbertragen. Hier entwickelte sich aber stets eine chro¬ 
ll isch verlaufende Erkrankung, die nach durchschnittlich 6—8 Wochen 
zum Tode der infizierten Tiere fiihrte und durch mehr Oder weniger 
deutlich ausgepragte lokale Erscheinungen charakterisiert war. Diese 
lokalen Erscheinungen sind speziell fflr die Dourine von Rouget sehr 
genau beschrieben, aber auch bei Nagana und Mai de Caderas beobachtet 
worden. Die Ver&nderungen bestehen in starken odematflsen Schwellungen, 
die sich an Lidern, Lippen, Hufieren mfinnlichen und weiblichen Geni- 
talien lokalisieren, mitunter auch andere Stellen des Kopfes, besonders 
Nasenrficken, Ohrgegend und die Ohren selbst, befallen. Besonders 
charakteristisch sind die Schwellungen der Lider bei gleichzeitig be- 
stehender eitriger Conjunctivitis und st&rkerer Sekretion aus der Nase; 
ferner das Befallensein der SuBeren Genitalien, bei denen besonders die 
starke Schwellung der Testikel auffallend ist. Bei einigen Tieren 1st 
die Skrotalhaut ilber den angeschwollenen Testikeln nekrotisch geworden. 
Diese lokalen Ver&nderungen begannen gewflhnlich nach etwa 14 Tagen, 
bei Naganainfektion schon etwas frflher. Allm&hlich magerten die Tiere 
immer mehr ab, kurz vor dem Tode stellten sich klonisch - tonische 
Krampfe ein. 

Was den Nachweis von Trypanosomen bei den erkrankten 
Tieren betrifft, so habe auch ich die bereits von vielen Seiten bemerkte 
Beobachtung gemacht, daft man bei der flblichen Blutuntersuchung im 
h&ngenden Tropfen sehr h&ufig gar keine Oder nur sehr sparliche 
Trypanosomen findet, trotzdem deutliche Symptome der Erkrankung 
bestehen. Ligni&res fand in den Hautddemen bei Mai de Caderas-, 
Rouget in solchen bei Dourine-Kaninchen Trypanosomen. Ich habe fast 
immer bei Nagana-, Mai de Caderas- und Dourinekaninchen in dem 
Gewebssaft, der sich nach Einritzen der Epidermis ddematdser Haut- 
stellen, am besten der Oberlider, ausdrucken liefi, reichlich Trypanosomen 
gefunden, wfihrend dieselben bei gleichzeitig vorgenommener Unter- 
suchung der Ohrvene entnommenen Blutes nicht Oder nor in sehr 
geringer Anzahl auffindbar waren. Trotzdem man h&ufig bei Unter- 
suchung des Blutes erkrankter Kaninchen mikroskopisch Trypanosomen 
nicht nachweisen kann, war dasselbe, wie dies alle Autoren berichten, 
doch stets infektifls fflr M&use, die Inkubationszeit aber verl&ngert, meist 
5—8 Tage, ich habe auch wiederholt bei Impfung von Kaninchen auf 
Maus Inkubationszeiten von 10—12 Tagen gesehen. 

Wie verhalten sich nun solcbe M&use, bei denen mikro¬ 
skopisch noch keine Trypanosomen nachweisbar sind? 

Um zu entscheiden, ob das Blut solcher von Kaninchen infizierter 
Mfiuse bereits vor der Mdglichkeit des mikroskopischen Nachweises der 
Trypanosomen infektifls ist, also in der sogenannten Inkubationszeit, 
habe ich folgende Versuche gemacht. Von einem Mai de Caderaskaninchen 
wurde durch intraperitoneale Injektion einer Blutaufschwemmung in 
physiologischer Kochsalzldsung eine Maus A infiziert. Von dieser 
Maus A wurde t&glich in der flblichen Weise durch intraperitoneale 
Injektion einer Blutaufschwemmung in physiologischer Kochsalzlflsung 
eine neue Maus A 1, A 2 u. s. w. infiziert und gleichzeitig das Bhit im 
h&ngenden Tropfen untersucht. 

Bei einer solchen Versuchsreihe zeigte sich folgendes: Maus A vom 
Kaninchen am 24. September 1904 infiziert, zeigte am 30. September 1904 
Trypanosomen im Blute und starb am 2. Oktober 1904. 


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Halberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 527. 


Von Maus 'A warden infiziert: 


infiziert am zeigt Trypanosomen stirbt 


A 1 

27. September 1904 

5. 

Oktober 

1904 

9. 

Oktober 

1904 

A 2 

28. „ 1904 

1. 

n 

1904 

4. 

yj 

1904 

A3 

29. „ 1904 

2. 


1904 

4. 

m 

1904 

A 4 

30. „ 1904 

2. 

V 

1904 

5. 

77 

1904 


Eine zweite derartige Versuchsreihe ergab folgendes Resultat: 


Maus A am 20. Dezember 1904 vom Kaninchen intraperitoneal in¬ 
fiziert, hatte am 2. Januar 1905 mikroskopisch nachweisbare Trypano¬ 
somen im Blute und starb am 4. Januar 1905. 

Von Maus A wurden infiziert: 




infiziert 

am 

zeigt Trypanosomen 

stirbt 


A 1 

21. 

Dezember 1904 

6 Wochen sp&ter keine Trypanosomen 

A 2 

22. 

77 

1904 

10. Januar 1905 

12. Januar 

1905 

A 3 

23. 

77 

1904 

11. „ 1905 

13. „ 

1905 

A 4 

24. 

77 

1904 

30. Dez. 1904 

1- „ 

1905 

A 5 

26. 

7 ) 

1904 

1. Januar 1905 

2. „ 

1905 

Es 

war 

also in 

dieser 

zweiten Serie das Blut 

von Maus A 

schon 


nach 48 Stun den infektids, trotzdem die nach dem mikroskopischen 
Nachweis von Trypanosomen bemessene Inkubationszeit 13 Tage betrug. 
Es ware dies also ein analoges Verhalten wie bei den Kaninchen, bei 
denen, wie oben erw&hnt, der mikroskopische Nachweis von Trypano¬ 
somen im Blute meist negativ ist, trotzdem dasselbe sich bei Ueber- 
tragung auf die Maus als infektiOs erweist. 

In der zweiten Versuchsreihe habe ich bei 2 M&usen beobachtet, 
daB Trypanosomen in geringer Anzahl im Blute mikroskopisch bereits 
nachweisbar waren, aber nach 1—2 Tagen wieder verschwanden, um 
3—4 Tage darauf wieder aufzutreten und dann sich konstant zu ver- 
mehren. Es sind dies die beiden einzigen Ausnahmen, die ich gesehen 
habe, von der Regel, dafi bei M&usen die Trypanosomen, sobald sie 
einmal im Blute mikroskopisch nachweisbar geworden sind, sich konstant 
vermehren bis zum Tode des Tieres und dafi eine Verminderung oder 
ein Verschwinden bei unbehandelten Tieren nicht beobachtet wird. 
Laver an und Mesnil erw&hnen, dafi sie solche voriibergehende Ver¬ 
minderung der Trypanosomen im Blute von M&usen gesehen haben, die 
von naganakranken Schweinen oder Hammeln infiziert waren und nacb 
der Infektion 5—9 Tage lebten. 

BezGglich der Wirkung des Trypanrots auf die Mai de Caderas- 
erkrankung der M&use habe ich bei einer grSBeren Anzahl von Versuchen 
dieselben Resultate erzielt, wie sie von Ehrlich und Shiga (Farben- 
therapeutische Versuche bei Trypanosomenerkrankungen. [Berl. klin. 
Wochenschr. 1904. No. 13 u. 14]) angegeben wurden. Durch subkutane 
Injektion von 0,5 ccm einer 1-proz. Trypanrotlbsung am Tage der intra- 
peritonealen Infektion mit Mai de Caderas gelang es stets, den Eintritt 
der Erkrankung zun&chst zu verhindern. Wurde das Auftreten von 
Trypanosomen im Blute erst abgewartet, so konnten durch die Trypanrot- 
injektion die Trypanosomen stets prompt zum Verschwinden gebracht 
werden, selbst wenn die Injektion erst 1 Tag vor dem zu erwartenden 
Exitus erfolgte. BezGglich der Rezidive sind dieselben Erfahrungen 
gemacht worden, wie sie von Ehrlich und Shiga ausfOhrlich an¬ 
gegeben sind. 

Ann&hernd dieselben Resultate bezGglich der Wirkung des Trypan¬ 
rots, wie sie bei Mai de Caderas an M&usen konstatiert wurden, habe 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


ich bei Dourineversuchen an M&usen gemacht. Auch hier lieB 
sich stets prompt durcb gleicbzeitig mit der intraperitonealen Infektion 
vorgenommene subkutane Injektion von 0,5 ccm 1-proz. TrypanrotlSsung 
der Eintritt der Erkrankung verhindern, bereits im Blute nachweisbare 
Trypanosomen verschwanden nach der Trypanrotinjektion ebenso wie bei 
Mai de Caderas. Auch bezflglich der Rezidive weichen die Ergebnisse 
nicht von den bei Mai de Caderas ab. Laver an und M esnil erwShnen 
ebenfalls die prompte Wirkung des Trypanrots bei Dourine der M&use, 
aber auch das frfihere Oder sp&tere Auftreten von Rezidiven. Bedeutend 
geringer war dagegen die Einwirkung des Trypanrots bei Nagana der 
Mfiuse gewesen, wie dies auch bereits von Ehrlich und Shiga und 
Laver an und M esnil berichtet wird. Bei rechtzeitiger Injektion des 
Trypanrots sind in meinen Versuchen bei Nagana allerdings auch die 
Trypanosomen im Blute nach 48 Stunden verschwunden, aber sehr bald, 
meist schon nach wenigen Tagen, Rezidive eingetreten. Keinen Einfiufi 
auf den Verlauf der Erkrankung habe ich in meinen Versuchen bei 
Mai de Caderas der Kaninchen gesehen. Es wurden bei einigen 
Kaninchen gleichzeitig mit der intraperitonealen Infektion subkutan 
5,0 ccm 1-proz. Trypanrotlosung injiziert, die Tiere erkrankten aber in 
derselben Weise wie die unbehandelten. Auch bei einem Kaninchen, 
welches am Tage der Infektion, am Tage darauf und noch einmal einige 
Tage sp&ter je 5,0 ccm 1-proz. Trypanrotlosung subkutan erhielt, konnte 
der Eintritt der Erkrankung nicht verhiudert werden. 

Bei den mit Trypanrot behandelten M&usen sind mir in dem 
Verhalten der Trypanosomen einige Besonderheiten aufgefallen. Wenn 
man bei einer Maus, welche bereits reichlich Trypanosomen — z. B. 
Mai de Caderas — im Blute zeigt, eine Trypanrotinjektion in der oben 
angegebenen Weise vornimmt, so sind nach 24 Stunden gewOhnlich noch 
reichlich, nach 48 Stunden nur noch sehr sp&rliche oder gar keine 
Trypanosomen mehr im Blute nachweisbar. Unter den nach 24 Stunden 
noch vorhandenen Trypanosomen findet man bei Untersuchung im 
bfingenden Tropfen meist sehr reichlich solche, die sich in lebhafter 
Bewegung befinden und scheinbar noch nicht gesch&digt sind. Macht 
man aber von einer solchen Maus in der ilblichen Weise eine Blut- 
aufschwemmung in physiologischer KochsalzlSsung, die bei mikro- 
skopischer Untersuchung eine reichliche Menge gut beweglicher 
Trypanosomen enth&lt, und infiziert mit dieser eine frische Maus intra- 
peritoneal, so tritt nicht der gewohnliche akute Verlauf der Erkrankung 
ein, sondern ein sehr protrahierter. Bei den ersten derartigen Versuchen 
habe ich geglaubt, dafi die mit diesem Material infizierten Mause flber- 
haupt nicht erkranken wurden, da nach 14 Tagen bis 3 Wochen noch 
keine Trypanosomen im Blute nachweisbar waren. Diese Tiere wurden 
dann mit Blut von unbehandelten M&usen infiziert und erkrankten 
darauf prompt in der typischen Weise. Bei weiteren Versuchen zeigte 
sich, dafi das Blut mit Trypanrot behandelter M&use, welches 24 Stunden 
und l&nger nach der Injektion noch lebbaft bewegliche Trypanosomen 
enth&lt, fiir eine neue Maus zwar infektids ist, dafi bis zum Auftreten 
von Trypanosomen bei dieser aber bis zu 4 Wochen vergehen konnen. 
Von einer grofieren Anzahl derartiger Versuche erw&hne ich folgenden. 
Eine Maus A wurde am 22. November 1904 mit Mai de Caderas in¬ 
fiziert. Am 26. November wurden, nachdem sich bereits sehr reichlich 
Trypanosomen entwickelt hatten, 0,5 ccm Trypanrot subkutan injiziert. 
Am 27. November waren noch sehr reichlich Trypanosomen vorhanden, 


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Halberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 529 


ebenso am 28. November, an diesem Tage starb das Tier, die Trypanrot- 
injektion war also zu split erfolgt. Von diesem Tiere wurde 1 Stunde 
ante exitum, als das Tier bereits krampfartige Zust&nde zeigte, eine 
Blutaufschwemmung, welche sehr reicblich gut bewegliche 
Trypanosomen enthielt, einer Mans B intraperitoneal injiziert. Bei 
dieser Mans B waren erst 11 Tage nach der Infektion Trypanosomen 
im Blute nachweisbar. 

Dieselben Ergebnisse hatte ich bei dieser Versucbsanordnnng mit 
Dourine. Z. B.: Eine am 28. November 1904 mit Donrine infizierte 
Mans erbielt am 1. Dezember, nacbdem reichlich Trypanosomen vor- 
banden waren, 0,4 ccm Trypanrot subkutan. Am 2. Dezember waren 
nocb reicblicb gut bewegliche Trypanosomen nachweisbar, an diesem 
Tage wnrde eine Blutaufschwemmung intraperitoneal auf Maus B flber- 
tragen. Am 3. Dezember ist A trypanosomenfrei und blieb es bis zum 
20. Dezember, wo sie an unbekannter Ursache starb. Die am 2. De¬ 
zember 1904 von A infizierte Maus B zeigte erst am 30. Dezember 1904 
Trypanosomen und starb am 1. Januar 1905, also nach 4 Wochen. 

Bei Nag an a war dagegen die Inkubationszeit nicht erheblich, nur 
um einige Tage, verlSngert und es dokumentiert sich auch hierin die 
geringere Einwirkung des Trypanrots bei Nagana. 

Diese Resultate sind auffallend, wenn man dagegen folgende Tat- 
sachen berflcksichtigt. Man findet h&ufig bei der mikroskopischen Unter- 
suchung des Blutes gestorbener Tiere nur noch unbewegliche und schwach 
bewegliche Trypanosomen und doch zeigt sich bei der intraperitonealen 
Verimpfung auf eine frische Maus, daB die Virulenz nicht oder nur 
wenig abgeschw&cht ist Ferner erwiesen sich Trypanosomen, die aufier- 
halb des Tierkdrpers starken Sch&dlichkeiten ausgesetzt waren, h&ufig 
noch in den F&llen virulent, in denen das sch&dfiche Agens die Trypano- / 
somen bereits unbeweglich gemacht hatte. Solche Versuche sind von 
Laver an und Mesnil gemacht worden, um den Einflufi der K&lte 
und der Hitze auf Trypanosomen zu studieren. Eine reichlich Nagana- 
trypanosomen enthaltende Blutaufschwemmung in physiologischer Koch- 
salzlSsung, die durch fiflssige Luft auf —191° abgekflhlt war, zeigte nach 
einer K&lteeinwirkung von 5 Minuten bereits unbe egliche Trypano¬ 
somen, erwies sich aber bei intraperitonealer Vwimpfung auf M&use 
selbst nach einer K&lteeinwirkung von 25 Minuten noch als virulent, 
die Inkubationszeit war nur auf 5 Tage verl&ngert. Nach einer 1-stfln- 
digen Einwirkung von 41° W&rme waren in den Versuchen von Laver an 
und Mesnil die Naganatrypanosomen u tbeweglich, deformiert 
und fast unkenntlich geworden, ware^ aber noch im stande, eine 
Maus mit geringer Verl&ngerung der Inkubationszeit zu infizieren. 

In meinen Versuchen habe ich das Blut der mit Trypanrot behandelten 
M&use nur dann zur Uebertragung bonutzt, wenn sich reichlich lebhaft 
bewegliche Trypanosomen in demselben befanden, und trotzdem die 
auffallend langen Inkubationszeiten von durchschnittlich 14Tagen eventuell 
aber noch von 3—4 Wochen gesehen. 

Ehrlich und Shiga nehmen an, daB nach der Injektion von 
Trypanrot sich im TierkQrper antiparasit&re Stoffe bilden. Ich habe nun 
an die allerdings nicht sehr wahrscheinliche Mdglichkeit gedacht, daB 
bei der Uebertragung von Blut einer mit Trypanrot behandelten Maus 
gleichzeitig mit den Trypanosomen eine gewisse, wenn auch sehr geringe 
Menge dieser antiparasit&ren Stoffe auf die zu infizierende Maus mit- 
Qbertragen wird, die im stande ist, die Weiterentwickelung der Trypano- 

Ente Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 5. 34 


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530 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXX YIII. Heft 5. 

somen in derselben zu verhindern. Es scheint mir folgende Versuchs- 
anordnung dagegen zu sprechen. Wenn eine Blutaufschwemmung 
hergestellt wird, zu welcher eine geringe Menge trypanosoraenhaltiges 
Blut einer unbebandelten Maus und eine viel grOBere Menge Blut 
einer 24 Stunden vorher mit Trypanrot behandelten normalen Maus 
genommen wird, so kann mit derselben eine Maus infiziert werden, ohne 
dafi die Inkubationszeit verlfingert ist. 

Als Gegenstfick zu den eben erwfihnten Versuchen mfichte ich noch 
folgenden anfuhren. Bei einer am 31. Dezember 1904 mit Mai de 
Caderas infizierten Maus A waren die bereits reichlich vorhandenen 
Trypanosomen nach einer am 4. Januar 1905 vorgenommenen Trypanrot- 
injektion am 6. Januar verschwunden. Am 24. Januar waren mikro- 
skopisch sparliche Trypanosomen nachweisbar, dieselben waren am 25. 
reichlicher, am 26. wieder vermindert, am 27. verschwunden, ohne dafi 
eine nachtr&gliche Behandlung stattgefunden hatte. Am 24. Januar 
wurde mit dem sparliche Trypanosomen enthaltenden Blute eine Maus B 
in der ttblichen Weise infiziert. Bei dieser zeigten sich nacb 5 Tagen 
Trypanosomen im Blute und sie starb nach 7 Tagen. Es handelte sich 
also um nur wenig in ihrer Virulenz abgeschwachte Trypanosomen, die 
trotzdem bei Maus A wieder spontan verschwanden. 

Bereits erkrankte, durch Trypanrot geheilte M&use erlangen nach 
Ehrlich und Shiga eine vorfibergehende Immunitat, d. h. sie er- 
kranken nach einer nochmaligen Infektion nicht akut Diese Immunitat 
erstreckt sich natfirlich nur auf die Trypanosomenart, mit der das Tier 
ursprfinglich infiziert war. Ich habe in einer Anzahl von Versuchen 
Mause, die durch Trypanrotbehandlung gegen Mai de Caderas immun 
geworden waren, prompt mit Dourine infizieren kfinnen; nachdem 
durch eine zweite Trypanrotinjektion die Mause wieder trypanosomenfrei 
geworden waren, konnten sie akut mit Nagana infiziert werden. 

Mit einigen Worten mdchte ich noch auf die histologischen 
Untersuchungen der inneren Organe und affizierten Hautstellen eingehen, 
zumal gerade fiber diesen Punkt bisher nur sehr sparliche Mitteilungen 
vorliegen. Speziell fiber den Nachweis von Trypanosomen in 
Organen erkrankter Tiere finden sich bisher nur wenig Angaben. In 
der mir zugfinglichen Literatur finde ich ein Referat fiber einen Vortrag 
von Neporojny und Jakimoff „Ueber einige pathologisch-anatomische 
Veranderungen bei experimentellen Trypanosomen“ (Centralbl. f. Bakt 
Ref. Bd. XXXV. p. 467) und die neuerdings erschienene ausffihrliche 
Arbeit von Marchand und Ledingham „Ueber Infektion mit Le is li¬ 
man schen Kdrperchen und ihr Verhfiltnis zur Trypanosomenkrankheit K 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVII. p. 1). 

Ich habe bei einer grfiBeren Anzahl erkrankter Tiere, Mause und 
Kaninchen, verschiedene Organe histologisch untersucht und besonders 
auf den Nachweis von Trypanosomen im Gewebe Rficksicht genommen. 
Nach Ausprobieren verschiedener Fixierungsflfissigkeiten glaube ich die 
besten Resultate nach Fixierung in Sublimat-Eisessig: 

Konzentr. wfisser. Sublimatlfisung 
Aqu. dest. ana 150,0 

Acid. acet. glac. 4,0 

erhalten zu haben und habe dann nur noch dieses Fixierungsmittel an- 
gewandt. Die Trypanosomen farben sich im Schnitt mit den meisten 
ttblichen Kernfarbstoffen. Neporojny und Jakimoff benutzten 


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Halberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 531 


Safranin und Indigokarmin, man kann auch die Romanowskische 
Oder Giemsasche FSrbung mit einigen Modifikationen benutzen. 

Am einfachsten schien mir eine F&rbung mit polychromem 
Methylenblan, das auch von Marchand und Ledingham in der 
oben erw&hnten Arbeit als vorteilhaft gefunden wird. Sehr gut haben 
sich in Schnittpr&paraten Nagana- und Dourinetrypanosomen f&rben lassen, 
Mai de Caderastrypanosomen f&rbten sich in meinen Pr&paraten schwerer 
und schlechter. 

Bei trypanosomenkranken M Hu sen finden sich, wenn man die 
Stiicke unmittelbar nach dem Tode einlegt, bei der histologischen Unter- 
suchung flberall in den Blutgefafien Trypanosomen. Die schonsten 
Bilder erhalt man bei Schnittpr&paraten der Leber, in der alle Kapillaren 
reichlich mit Trypanosomen angeftillt sind (Fig. 1). Aber auch in alien 
anderen inneren Organen und in der Haut findet man in Schnittpr&pa¬ 
raten innerhalb der Blutgef&lle mehr Oder weniger reichlich Trypano¬ 
somen. 

Anders liegen die Verh&ltnisse bei den histologischen Untersuchungen 
erkrankter Kaninchen. Hier habe ich in den Schnittpr&paraten der 
inneren Organe, Leber, Milz, Niere, Lunge, keine Trypanosomen finden 
kdnnen. Dagegen konnte ich die Trypanosomen in den Schnittpr&pa¬ 
raten der wie oben angegeben ver&nderten Hautstellen nachweisen. Be- 
sonders in den ddematds geschwollenen Lidern und in der gleichfalls 
ddematdsen Haut der Nasengegend lieBen sie sich reichlich finden. Hier 
liegen sie aber nicht wie bei den M&usen innerhalb der Gef&Be, sondern 
zwischen den durch das Oedem auseinandergedr&ngten Gewebszellen 
unterhalb des Epithels bis tief ins subkutane Bindegewebe hinein; inner¬ 
halb der Blutgef&fie habe ich sie dagegen bei Kaninchen nie gefunden. 

Auf die flbrigen Ver&nderungen will ich hier nicht n&her eingehen, 
nur noch auf die eigen tQmlichen Hodenanschwellungen hinweisen, 
die, wie oben erw&hnt, ein ziemlich konstantes Symptom bei den trypano¬ 
somenkranken Kaninchen darstellen. Bei der histologischen Untersuchung 
solcher Hoden fand sich zwischen den Hodenkan&lchen eine sehr reich- 
Uche Rundzelleninfiltration, das Epithel der Hodenkan&lchen selbst 
war fast vollst&ndig degen eriert, kaum hie und da noch ein Zellkern 
gef&rbt. Trypanosomen habe ich in solchen Schnittpr&paraten vom Hoden 
nicht finden kdnnen. 

Die relativ einfache histologische Technik, wie sie mir beim Nach- ' 
weise der Trypanosomen gute Dienste geleistet hat, ist kurz folgende: 

Einlegen kleiner Stiicke mdglichst unmittelbar nach dem Tode der 
erkrankten Tiere in Sublimat-Eisessig. 12—24 Stunden. 

Ausw&ssern in fliefiendem Wasser. 24 Stunden. 

Alkohol steigend und Paraffineinbettung. 

Moglichst dflnne Schnitte. 

F&rben 10 Minuten mit polychromem Methylenblan. 

Abspiilen in Wasser. 

Einige Sekunden absoluter Alkohol (nicht zu stark entf&rben!). 
Xylol. Kanadabalsam. 

Das Gewebe ist auf diese Weise stark (lberf&rbt und nicht gut 
differenziert. 

Zum Schlufi ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem hochver- 
ehrten Lehrer und Chef, Herrn Geheimrat Neisser, fflr die Ueber- 
tragung der Arbeit und ihm wie Herrn Oberarzt K ling mo Her fflr 
das rege Interesse zu danken, mit dem sie dieselbe forderten. 

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532 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYIII. Heft 5. 


ErklAnmff der Abbildnn^an. 

Fig. 1. Schnitt yon der Leber einer an Dourine geatorbenen Mails. Sublimat- 
Eisessig. Polychromes Methylenblau. Leitz, homogene Immersion, Okular 1. In den 
Leberkapillaren zahlreiche Trypanosomen. 

Fig. 2. Schnitt von aer odematQsen Lidhaut eines an Nagana erkrankten 
Kaninchena. Behandlung wie daa vorige Dieselbe Vergrdfierung. Unterhalb dea 
Epithels in dem odematosen Oewebe zahlreiche Trypanosomen. Rundzelleninfiltrat. 


Nachdruck verboten . 

StroDgyloides Fulleborni n. sp. 

Von Dr. t. Linstow, Gottingen. 

Mit 1 Tafel. 

Herr Marine-Stabsarzt Dr. F 011 e b o r n, z. Z. im Seemannskranken- 
hause und Institut ftir Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg, fand 
eine neue Strongyloides- Art in afrikanischen Affen und erzog in der Luft 
ausgesetzten Fakalkulturen die zweigeschlechtliche, freilebende Form; er 
hatte die Gate, mir die PrSparate zur Beschreibung zu Qberlassen. 

Die parasitischen, hermaphroditischen oder parthenogenetischen Weib- 
chen leben im Darm von 

Anthropopithecus troglodytes, Afrika und 
Cynocephalus babuin , Afrika. 

Der KOrper ist sehr schmal und langgestreckt (Fig. 1); das Vorder- 
ende ist verdQnnt; die LSnge betrSgt 3,78 mm und die Breite 0,067 mm, 
so dafi die Breite sich zur LSnge verhSlt wie 1:56; die Cuticula ist 
glatt, am Kopfende stehen 6 kleine Lippen im Kreise; das Schwanz- 
ende ist abgerundet; die Vulva liegt erheblich hinter der Mitte; der 
durch sie gebildete vordere Korperabschnitt verhSlt sich zum hinteren 
wie 12:7; der Oesophagus ist lang und hinten ohne Anschwellung; er 
nimmt l /* der ganzen LSnge ein, das Schwanzende l /iS ? im Uterus liegen 
etwa 30 Eier, die 0,052 mm lang und 0,031 mm breit sind. 

In den Exkrementen der Affen bemerkte Herr Dr. Ffl lie born 
keine Eier, sondern nur Larven, was ihn auf die Vermutung brachte, 
die Art mOchte eine andere als Strongyloides intestinalis Bavay des 
Menschen sein. 

Diese Larven (Fig. 2) sind schlank. ihre LSnge betrSgt durchschnitt- 
lich 0,52—0,54 mm, die Breite 0,018—0,021 mm; das Kopfende ist ab¬ 
gerundet; der Oesophagus macht V 4 , das Schwanzende V 7 der Gcsamt- 
lSnge aus; der Oesophagus ist in der Mitte etwas verdQnnt; das 
Schwanzende ist fein zugespitzt; die Geschlechtsorgane sind nicht ent- 
wickelt. 

Diese Larven, welche massenhaft in den Faeces enthalten waren, 
liefi Herr Dr. FQlleborn sich an der Luft entwickeln zur freilebenden, 
rhabditisartigen Geschlechtsform. 

Die Cuticula derselben ist ungeringelt; die MundOffnung ist von 6 
Papillen umgeben und fQhrt in ein kurzes Vestibulum (Fig. 6 vs)-, der 
Oesophagus, welcher in beiden Geschlechtern V 6 der ganzen LSnge ein- 
nimmt, hat einen vorderen, cylindrischen, breiten Teil, der */ 8 — 7 / 1( des 
ganzen Organs ausmacht; hierauf folgt eine halsartige VerdQnnung und 
dann eine kolbenfdrmige Anschwellung, die einen trichterfdrmigen Chitin- 


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v. Linstow, Strongyloides Fttllebomi n. sp. 


533 


apparat enthait, der im optischen Querschnitt wie ein Y anssieht. Das 
Mannchen (Fig. 3 u. 4) ist 0,79 mm lang und 0,042 mm breit; der fein 
zugespitzte, eingekriimmte Schwanz miBt V 16 der KOrperl&nge; die 
beiden sSbelfOrmig gebogenen Cirren sind 0,039 mm lang und hinter 
ihnen liegt ein rhombischer, 0,023 mm langer StQtzapparat; vor der 
Kloakenflffnung steht jederseits eine pr&anale und in der Mitte des 
Schwanzes eine postanale Papille (Fig. 4 pp.). 

Das Weibchen hat eine Lange von 0,87—0,92 und eine Breite von 
0,055—0,065 mm; die Vulva hat prominente Lippen und liegt in der 
Mitte des K5rpers; unmittelbar hinter ihr ist der Kflrper ventral tief 
ausgeschnitten; die Verdiinnung betragt 1 / 6 des Korperdurc'hmessers 
(Fig. 5 t>); das zugespitzte Schwanzende nimmt 1 / 6 — 4 / 7 der ganzen Tier- 
lknge ein; die Eier, deren man meistens 8 im Uterus findet, sind sehr 
dickschalig; sie sind 0,049 mm lang und 0,039 mm breit und sind 
farblos. 

Vom Genus Strongyloides kennt man jetzt aufierdem 3 Arten. 

Strongyloides intestinalis Bavay 
= Anguillula intestinalis und stercoralis Bavay, 

= Leptodera intestinalis Cobbold, 

= Rhabdonema strongyloides Leuckart, 

= Pseudorhabditis intestinalis Perroncito. 

Die Art lebt im Darm des Menschen in Cochinchina, auf den An- 
tillen, in Brasilien, in Afrika, Sibirien, Europa (Italien, Belgien, Nieder- 
lande, OstpreuBen). 

Das im Darm lebende Weibchen ist 2,2 mm lang und 0,034 mm 
breit; der Oesophagus nimmt 1 l i , der Schwanz Vis der ganzen Lange 
ein; die Vulva teilt den KOrper im Verhaitnis von 12:5; die Cuticula 
ist quergeringelt, am Eopfende stehen 3 Lippen; der Uterus enthdlt 
5—9 Eier, die 0,067—0,070 mm lang und 0,037—0,045 mm breit sind; 
diese Eier erscheinen massenhaft in den Faeces. 

Die Larve der parasitischen Form, welche in Kulturen an der Luft 
erzogen wurde, ist 0,21—0,24 mm lang und 0,025 mm breit; der Oeso¬ 
phagus ist Vs* der Schwanz Vs* der ganzen L&nge groB. 

In der Beschreibung der freilebenden Geschlechtsform folge ich 
meistens den Angaben Perroncitos. 

Das Mannchen hat eine Lange von 0,68 und eine Breite von 0,034 ram; 
der Oesophagus ist der Schwanz Vs -5 der Gesamtlange groB; die 
vordere Oesophagusanschwellung macht 56 / 96 des ganzen Organs aus; 
am Schwanzende stehen jederseits 3 prBanale Papillen, postanale fehlen. 

Das Weibchen ist 0,950 mm lang und 0,052 mm breit; der Oeso¬ 
phagus nimmt l | 8 . g , der Schwanz 1 / n * der ganzen Lange ein; die vor¬ 
dere Oesophagusanschwellung betragt 64 /n6- Die Vulva liegt nicht ventral, 
sondern rechts, sie teilt den KSrper im Verhaitnis von 79:80; der 
KOrper ist hinter ihr nicht verdflnnt; im Uterus liegen etwa 42 Eier, 
von denen 12 den entwickelten Embryo enthalten; sie sind dhnnschalig, 
gelblich oder braunlicb, und 0,070 mm lang und 0,045 mm breit; die 
Larve der freilebenden Form ist 0,20—0,30 mm lang und 0,014—0,016 mm 
breit; der Oesophagus mifit V<» der Schwanz l / 1 der ganzen Lange. 

Strongyloides longus Grassi und Segrd, 

== Strongyloides suis Lutz, 

aus Chris aries, Sus scrofa, Lepus cuniculus , Foetorius vulgaris , Foetorius 
putorius und Mus decumanus , in Europa, ist 6 mm lang. 


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534 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Strongyloides viviparus Probstmayer. 

= Anguilluta y Oxyuris , Rhabdonema vivip 
aus Equus caballus, Europa, ist 2,5 mm lang. 

Tafelerkl&mng 1 . 

6* Oesophagus; d Darm; v Vulva; n Nervenring; b Bulbus; vs Vestibulum; 
a Anus ; s Spiculum; st Btiitzapparat; p Papillen. 

Fig. 1. Parasitisches Weibchen. 

Fig. 2. Von ihm produzierte Larve. 

Fig. 3. Freilebenaes Mannchen. 

Fig. 4. Dessen ISchwanzende, starker vergrofiert. 

Fig. 5. Freilebendes Weibchen, von rechts. 

Fig. 6. Kopfende der freilebenden Geschlechtsform. 


Nachdruck verboten. 

Dipylidium caninum (L.) als Schmarotzer des Menschen. 

Von F. Zschokke, Basel. 

Vor einiger Zeit berichtete ich (3) fiber eine Beobachtung des Vor- 
kommens des weitverbreiteten Hunde- und Katzenbandwurmes Dipyli¬ 
dium caninum (L.) im Dickdarm eiDes etwa 40-jfihrigen Mannes. Zu dec 
mit Sicherheit festgestellten 36 Fallen, in denen der Cestode als Schma¬ 
rotzer des Menschen angetroffen wurde, kann ich heute Daten fiber einen 
weiteren Befund ffigen. 

Aus dem Kinderspital zu Basel erhielt ich Gliedstrecken von D. ca¬ 
ninum, und Herr Sekund&rarzt Dr. J. Fahm teilte mir in sehr ver- 
dankenswerter Weise fiber den Fall etwa folgende Notizen mit. Dem 
Patienten, einem ungefshr 4-jfihrigen Knaben, der seit l&ngerer Zeit 
krfinkelte und stark abmagerte, wurden & oder 6 Exemplare der Tfinie 
von 12—15 cm Lange abgetrieben. Die Gegenwart der Wfirmer lieB 
sich durch den Abgang von Proglottiden leicht erkennen. Auch fiber die 
Infektionsquelle herrscht kein Zweifel, da der Parasitentrfiger sehr viel 
mit Haushunden verkehrte und seine Pflege und Haltung zu Hause an 
Beinlichkeit zu wfinschen fibrig lieB. 

Aus der Schweiz liegen nun 7 Beobachtungen fiber Parasitismus von 
D. caninum im Menschen vor, 5 aus Zfiricb und 2 aus Basel. Auf- 
fallend bleibt es, dafi, im Gegensatz zu den sonst gesammelten Erfah- 
rungen, der Schmarotzer in der Schweiz sich hfiufig in erwachsenen 
Personen einstellt. 

Seit meiner frfiher verdffentlichten Notiz fanden Braun (1) und 
Kohl (2) den Bandwurm bei Kindern. Besonderes Interesse verdient 
der von dem letztgenannten Autor beschriebene Fall wegen des jugend- 
lichen Alters des Patienten. Das mit dem Wurm behaftete Kind war 
erst 40 Tage alt. 

Utmtu. 

1) Braun, M., Fufinote zum Aufsatz dee Verfaesera im Centralbl. f. Bakt. etc. Orig. 
Bd. XXXIV. 1903. No. 1. 

2) Ktthl, O., Taenia cucumerina bei einem 6 Wochen alten Kinde. (Miinch. med. 
Wchnechr. 1904. No. 4.) 

3) Zschokke, F., Ein neuer Fall von Dipylidium caninum beim Menschen. (Centralbl. 
f. Bakt. etc. Orig. Bd. XXXIV. 1903. No. 1.) 


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7\ Limt07(\ Strongyloides FUllebomL 


Centralblatt f Bakteriologie Abt. /. I hi. XXX VIIL 


/ 



v Linslow del. 


Verlap von (iimlav Flwher, Jena. 


P. Waist, Uth.Jtna. 


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Speiser, Zur Kenntnis ektoparasitischer Milben. 


535 


Naehdruck verboten . 

Zur Kenntnis ektoparasitischer Milben. 

Von Dr. med. P. Speiser, Bischofsburg (Ostpreufien). 

Mit 1 Figur. 

I. Das M&nnchen von Spinturnix plecoti A. C. Oudemans. 

A. C. Oudemans hat im Februar 1903 x ) eine Flughautmilbe der 
Ohrenfledermaus unter dem Namen Spinturnix plecoti neu beschrieben, 
kennt aber nur das Weibchen; als Vaterland ist „Deutschland“ angegeben. 
Ich habe die Art hier in Bischofsburg auf einem Plecotus auritus (L.) 
wiedergefonden, welcher am 23. Oktober 1904 in dem von mir bewohnten 
Hause gefangen wurde. Da sich unter raeinen Exemplaren auch ein 
M&nnchen findet, gebe ich hier dessen Beschreibung. 

Die L&nge ist etwas geringer als beim Weibchen, ohne das Capi- 
tulum 0,8 mm. Gestalt und Farbe wie gewohnlich, die Beborstung der 
Beine stimmt ganz mit der Originalbeschreibung Qberein. Der Rflcken 
bietet dieselbe sp&rliche Beborstung wie sie fflr das Weibchen beschrieben 
nnd bei meinem weiblichen Stflck vorhanden ist, der RQckenschild aber 
ist hinten nicht breiter als vorne, sondern hat ganz die Gestalt einer 
Raute mit abgerundeten Ecken, wie sie Oudemans fur S. carnifex 
(C. L. Koch) abbildet (1. c. Tab. 4 Fig. 51); er ist, flbrigens auch beim 
Weibchen, mit zahlreicheren Gruben bedeckt als Oudemans zeichnet. 
Ventral f&llt als unterscheidend den verwandten Arten gegeniiber zun&chst 
das Sternalschild in die Augen, dessen Umrifi ich hier 
abbilde. Seine Gestalt erinnert an die Qblichen botani- 
schen Exkursionsspaten, d. h. von einer winklig scharfen 
Spitze aus gehen die Seitenr&nder in sanftem Schwunge 
schliefilich in fast parallels Richtung tiber bis zu einer 
ebenfalls winkligen Ecke, dann stumpfwinklig abbiegend 
nach dem Stiel, welcher hier nach vorne zu noch etwas 
verjGngt wird. Die Lage dieses Schildes ist dieselbe wie 
bei der soeben schon genannten anderen Art. Das kleine 
Jugular* und die beiden winzigen Interkoxalschilder sind 
auch hier beim M&nnchen vorhanden, aber kleiner, die 
Lage der Drflsenmflndung zum Peritrema ist dieselbe wie beim Weib¬ 
chen. Das Analschild ist l&nger (in der L&ngsachse des K6rpers) als 
breit, etwa von der Gestalt eines normal beschnittenen Fingernagels, es 
tr&gt bei meinem Stflck links eine, rechts zwei winzige braune BQrst- 
chen. Vor ihnen, zwischen den Hinterhflften stehen noch 2 Paare dflnner 
Bdrstchen; mehr kann ich von Beborstung nicht wahrnehmen. 

II. Eine Sarkoptidenart vom Haselhuhn. 

Der Freundlichkeit des Herrn Oberfflrster Krause in Sadlowo ver- 
danke ich die mehrfache Gelegenheit, in seinem Forstbezirke erlegte 
Haselhflhner ( Bonasia bonasia L.) auf Ektoparasiten zu untersuchen. Bis- 
her wurden solche noch nicht auf dieser Vogelart gefunden. Ich fand 
darauf Milben, welche einer bisber nicht beschriebenen Art der Gattung 
Megninia Berl. angehdren und will sie hier beschreiben unter dem Namen 


1) Notes on Acari. VII Series. (Tijdschrift d. Nederlandsch Dierkondig Vereenig. 
Ser. II. Deel VIII. Afl. 1. p. 17 ff. p. 32.) 



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Megninia barthonica l ) nov. spec. 

GehOrt zur Gruppe der Species Lobatae und ist unter diesen am 
nOchsten verwandt mit M. columbae (Bucbh.). Sie unterscheidet sich 
yon ibr scbon durch eine betrOchtlichere GrOBe, vor all era aber durch 
die Beborstung der Anallappen und die Gestalt der Membran zwischen 
denselben, endlich durch die etwas abweichende Form des Dorns an 
den Vorderbeinen. 

Etwa 450 /u lang und 200 fi breit. KOrperform wie gewOhnlich, das 
Abdomen hinten ziemlich tief gespalten, die Membran zwischen den 
Lappen ist hinten halbkreisfSrmig so weit ausgeschnitten, daB sie knapp 
die HOlfte des Raumes ausffillt, sonst nur die Lappen sOumt. Das erste 
Hinterbeinpaar fiberragt die Spitze des Abdomens mit gut ty* des vierten 
und dem ffinften Gliede. Die Epimeren sind sOmtlich frei und nicht 
untereinander verbunden. Der Dorn am vierten Gliede hat, am ersten 
Vorderbeinpaar deutlicher ausgesprochen als am zweiten, die Form eines 
schiefen Kegels; am ersten Paar ist der distale Kontur fast senkrecht 
auf der Achse des Gliedes, der proximate fast gerade, am zweiten Paar 
ist der distale nicht ganz so steil als am ersten Paar. Beborstung: Auf 
der DorsalflOche ein Paar sehr langer, bis zum Beginne der Anallappen 
reichender Borsten in der HOhe des zweiten Beinpaares am hinteren 
Ende einer glatten FlOche ohne die bekannte Riefenskulptur; ein zweites 
Paar, kiirzer, weiter auseinanderstehend, zwischen der HOhe des ersten 
und zweiten Hinterbeinpaares, ein Paar ebenfalls kfirzerer Borsten nahe 
dem Seitenrande jederseits etwas vor den Anallappen. Von den Anallappen 
trfigt jeder am Ende 3—5 dfinnere und kflrzere und 2 lange Borsten, 
welch letztere aber unter sich nicht gleich lang sind. Vielmehr ist das 
innere, fast genau an der Spitze der Lappen stehende Paar nur halb so 
lang als das OuBere. SchlieBlich verdient noch eine sehr lange und 
krOftige Borste auf der RfickenflOche des vierten Gliedes des ersten 
Hinterbeinpaares Erwahnung. Die AnalnOpfe sind einander so nahe ge- 
rfickt, daB weniger als der Durchmesser des einen Zwischenraum bleibt 

$. Wenig longer als das MOnnchen, von dem gewOhnlichen UmriB, 
Hinterende breit gerundet, von der Dorsalnaht ab leicht verschmOlert. 
Die lan gen charakteristischen Borsten am Hinterleibsende sind ganz 
ebenso gestellt und zeigen dasselbe LOngenverhOltnis wie beim MOnnchen. 
Das Paar fast kOrperlanger Borsten auf dem Vorderschild steht viel 
dichter vor der Naht. AuBer ihm noch zwei Paar lOngerer Borsten, 
welche auf den Seitenteilen des Hinterschildes stehen. Hinterstes Bein- 
paar gerade noch etwas fiber die Hinterleibsspitze hinausragend. Geni- 
talOffnung etwas vor der HOhe der Epimeren des ersten Hinterbeinpaares. 

Protonympha des <?: Vor der Mitte am breitesten, verschm alert sich 
nach hinten rasch und ist am Ende abgestutzt, mit gerundeten Ecken. 
Ventral ragt fiber diese Ecken noch jederseits ein rundliches, blfischen- 
fOrmiges, aber flacbes Gebilde etwas hervor. In der Mitte des Hinter- 
randes eine deutliche Einkerbung, an den Ecken jederseits 2 Borsten, 
deren fiuBere etwas longer ist als die innere; daneben noch je 2 


1) Barthonia *= Bartenland, derjenige der elf G&ue des alten Preufienlandes, in don 
der Fundort des Tieres liegt. Dam it, daU ich diesen altehrwurdigen Landschaftsnamen 
hier benutze, folge ich im Interesse der Belebung heimischer Naturforschung geme 
den Beispielen, die in den Namen der Wassermilbe A turns natanaensis Protz, des 
8chmetterlings MelUaea athalia ab. samonica Biesen and des Turbellars Mctotuma 
masovicum Doraer gegeben sind. 


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Liidke, Zur Spezifitftt der Antikftrper. 


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ganz kurze Borsten. Auch die beim reifen Tiere beschriebenen langen 
Borsten auf dem vorderen Riickenscbild sind vorhanden, aber viel kiirzer. 

Protonympha des ?: Elliptisch, am Hinterende gleichmaBig gerundet, 
dicht vor dem Hinterrande jederseits zwei dicht nebeneinander stehende 
Borsten, deren innere halb so lang als die SuBere ist. 

Die Milben waren nicht sehr zahlreich auf den untersucliten Hfihnern. 


Corrigendum. 

Beriehtigung, betrefPend Stel lung elner FIgur. 

Von Dr. med. P. Spelser, Bischofsburg. 

Meiner kurzen Notiz ,,Eine zweite Rattenlaus aus Abessinien" auf p. 318—319 dies. 
Bandes ist versehentlich eine Figur beigedruckt, die durch&us nicht dahin gehOrt auf 
die auch in der Beschreibung der Polyplax miaeantha nov. spec, kein Bezug genommen 
ist Da dieselbe aber dennoch geeignet ist, irrezufiihren, sei hier besonders auf den 
Irrtum hingewiesen, der erst nach der Korrektur entstanden ist Die Figur stellt das 
Sternalschild einer Milbe, Spintumix plecoti A. C. Oud., dar und gehOrt in eine an 
dieser Stelle erschienene Arbeit, wo sie, eben am richtigen Ort, noch einmal reprodu- 
ziert ist 


Nachdruck verboUn. 

Zur Spezifitat der Antikorper. 

Vod Dr. H. Liidke, Barmen. 

(SchluB.) 

Die strenge Spezifitat der Niederschiage in Bouillonkulturfiltraten 
endlich, denen Immunserum zugesetzt ist, ist bereits in der ersten 
Publikation von Krauss 1 ) betont worden. Der Spezifitatscharakter 
erstreckt sicb bierbei bei Beacbtung des Intensitatsgrades der Reaktion 
auch auf deutlich erkennbare Differenzen zwischen einzelnen Stammen 
einer Bakterienart Mit dem zur Immunisierung verwandten Stamm 
tritt die Failungsreaktion im Filtrat bedeutend massiger und schneller 
ein als in anderen verwandten Stammen; beziiglich der Dysenteriestamme 
Shiga, Mfiiler, Flexner, Kruse konnte ich ahnliche Differenzen bemerken, 
worauf ich noch in einer weiteren Arbeit zurlickkommen will. 

Cytolysine. Die charakteristische Eigenschaft der spezifischen 
Wirkungsweise der Immunkorper kommt endlich den zuletzt zu be- 
sprechenden Antikorpern zu, den Cytolysinen. War jedoch bei alien 
bisher erwahnten Reaktionsk8rpern im Serum die Spezifitat eine scharf 
prkzisierte Erscheinung, so treten hier weitgehende Schwankungen, 
mannigfache Rezeptorenverwandtschaften auf, die bei oberflachlicher 
Ansicht den Spezifitatsbegriff in Frage stellen konnten. Aehnlich wie 
bei den Prazipitinen haben wir in diesem Falle mit einem Uebergreifen 
der spezifischen Wirkung auch auf andere, nicht gerade verwandte Tiere 
zu rechnen. Es scheint ilberhaupt bei alien diesen Untersuchungen 
der Affinitatsgrad der Species keine wesentliche Rolle zu spielen, viel- 
mehr scheinen einzelne Zellgruppen differenter Tiere hinsichtlich ihres 
chemischen Aufbaues verwandte Beziehungen erraten zu lassen. 

Weiter mflssen wir bei den Cytolysinen vor allem der plurimistischen 

1) Krause, Wien. klin. Wochenschr. 1897. No. 32. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Theorie beipflichten, daB das einzelne Cytolysinelement aus einzelnen 
Typen, deren jedes fflr sich eine spezifische Wirkung hat, zusammen- 
gesetzt ist. 

Bei der Betrachtung der durch den Zerfall verschiedenster Zellarten 
abgestoBenen Cytolysine kdnnen uns die am eingehendsten erforschten 
Hamolysine in vielen Beziehungen vorbildlich sein, wenngleich einige 
Unterschiede nicht unbeachtet bleiben dflrften, so vornehmlich der, daB 
nur das Lysin fflr die Erythrocyten diese Zellart zur vollstflndigen 
Auflflsung bringt, was fflr die flbrigen Cytolysine nur in beschrflnktem 
Mafie gilt. 

Es flberschritte den Rahmen dieses Themas, wollte ich alle bisher 
erzeugten Cytolysine bezflglich ihres Spezifitatscharakters anfflhren. Nor 
einige markante Exempel, ein Ueberblick flber die bis jetzt vorliegenden 
Befunde und ein eigenes Experiment mflgen genflgen. 

Schon bei der Erforschung der unter den Cytolysinnntersnchungen 
dnrch den Stillstand der Eigenbewegung sich auszeichnenden Spermo- 
lysinen konstatierte Moxter 1 2 3 ), daB ein derartig spezifisches Serum 
nicht allein auf die zur Vorbehandlung dienenden Spermatozoen, sondern 
auch auf Erythrocyten lytische Eigenschaft besflBe. Eigentflmlich istdabei, 
daB die Rezeptorengemeinschaft zwischen Erythrocyten und Spermatozoen 
nur fflr die spermolysinhaltigen Sera besteht, wflhrend hamolytische Sera 
nicht spermatozoenlosende Eigenschaften besitzen. Dera analog erzielte 
v. Dungern*) auch durch Injektion von Eiplasma spermolytische Quali- 
taten des Serums. Derselbe Autor 8 ) wies auBerdem ein scheinbar un- 
spezifisches Verhalten eines mit Ochsen - Trachealepithel behandelten 
Kaninchen- und Meerschweinchenserums nach; ein solches Immunserum 
vermochte auch eine losende Wirkung auf die Blutkflrperchen des Rindes 
auszuflben. Vielleicht haben wir in diesen Versuchen flber die gleich- 
zeitige Wirkung eines cytolytischen Immunserums auf differente Zellarten 
einen ersten VorstoB auf dem dunklen Gebiete der Zellverwandtschaft 
zu sehen. 

Spezifische Veranderungen an den betreffenden Organen wurden 
ferner vornehmlich durch Hepatotoxine und Nephrolysine erzeugt Alle 
diese Versuche wurden mit Beobachtungen klinischer wie pathologisch-ana- 
tomischer Erscheinungen unternommen. Die klinischen Erscheinungen 
leiteten sich aus einer Insuffizienz der betroffenen Organe ab, indem je 
nach dem injizierten Lysin deutlichere klinische Krankheitssymptome auf- 
traten, die auf spezifische Veranderungen hinwiesen. Pathologisch-anato- 
misch ergaben sich die hauptsachlichsten Veranderungen in der grofieren 
Mehrzahl dieser Untersuchungen in den spezifischen Organen; sie bestehen 
in Zerfall der betreffenden Zellen, fettiger Degeneration und eventuell 
in starkerer Auspragung der bindegewebigen Zellen. 

In einigen Fallen wurden solche spezifischen cytolytischen Versuchs- 
resultate zum Anbau neuerer Forschungsgebiete benutzt; so wurde von 
verschiedener Seite in die Biologie der Schwangerschaft der Begriff und 
die Versuche mit Syncytiolysinen eingefflhrt Diese Syncytiolysine 
ergaben nach allgemeiner Auffassung das klinische Bild der Eklampsie, 
was mit der von Schmorl ausgesprochenen Ansicht der Deportation 
von Placentarzotten in gutem Einklang steht 


1) Moxter, Dteche med. Wochenechr. 1900. No. 4. 

2) v. Dungem, Zeitechr. fur allgem. Physiologic. Bd. I. 1901. 

3) t. Dungern, Mflnch. med. Wochenschr. 1899. 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


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Spezifische klinische and pathologisch-anatomische Erscheinungen 
erhielt man weiter durch Einwirkung der Neurotoxine und Leuko- 
toxine auf die entsprechenden Zellen. Bei den Neurotoxinen beobach- 
teten allerdings einige Autoren, wie Boeri 1 ) und Sartirana 2 ), auch 
eine Beeinflussung der roten Blutkorperchen, wie andererseits eine 
Einwirkung der Hamolysine auf das Nervensystem konstatiert werden 
konnte. Die flbrigen Cytolysine ergaben keine wesentlich abweichenden 
Befunde; anffihren will ich nur, daft ich bei Versuchen liber die 
Ovariotoxine zugleich hfimolytische Wirkungen des ovariotoxischen 
Serums erhielt. 

Ueberschauen wir nun die Resultate dieser Untersuchungen mit 
Berficksichtigung unseres Themas, so mfissen wir gestehen, daft die 
Mehrzahl der Autoren eine spezifische Wirkung der Cytolysine ffir 
zweifelhaft halt und nur ein kleinerer Teil von einer direkten spezifischen 
Einwirkung wissen will. 

Ein cytolytisches Serum findet, der komplizierten Zusammensetzung 
dieser Gegenkorper entsprechend, Angriffspunkte auch in anderen als 
gerade den zur Vorbehandlung verwandten Zellen und kann leicht durch 
Absorption seiner Teilelemente von verwandten Rezeptoren seines spe¬ 
zifischen Charakters verlustig gehen. 

Wir unternahmen es nun, nachzuweisen, ob durch Injektion von 
Schilddrfisenextrakten von Hunden im Kaninchenorganismus ein ffir 
die Hundeschilddrfise spezifisch klinisch und pathologisch-anatomisches, 
cytolytisches Serum entstfinde 3 ). 

Vorerst will ich jedoch in aller Kfirze die bislang verzeichneten 
Untersuchungen fiber die Schilddrflsenlysine erwfihnen. 

Demoor und van Lint 4 5 ) erhielten bei haufigen Injektionen von 
frischen Hundeschilddrfisenemulsionen in die Peritonealhohle verschiedener 
Tiere ein ffir den Hundeorganismus hochtoxisches Serum, das den 
Charakter des Hypothyreoidismus hervorrief. Klinisch, wie pathologisch- 
anatomisch wurde eine Insuffizienz der Sekretion und Atrophie der 
Drfise nachgewiesen. Bei einigen Hunden, denen dies cytotoxische Serum 
injiziert war, wies die Schilddrfise Zellhaufen mit Bildern hochst ge- 
steigerter Funktion auf. 

Ghedini 6 ) konstatierte nach Injektionen von Schilddrfisenbrei von 
Meerschweinchen und Kfilbern, der Hunden eingespritzt war, nach Mo- 
naten entzfindliche Verfinderungen auch in anderen Organen, wie Achsel- 
und Inguinaldrfisen, Niere, Leber, Milz; die Schilddrfise selbst befand 
sich in hyperfunktionierendem Zustande. 

Sartirana 6 ) injizierte Hfihnern Hundethyreoiden und erhielt ein 
Serum mit ausgesprochener cystolytischer Wirkung auf die Schilddrfise 
des Hundes; das Serum rief krankhafte Erscheinungen nicht nur am 
Nervensystem dieses Tieres, sondern auch an dera des Meerschweinchens 
hervor; hier jedoch trat keine spezifische Beeinflussung der Schild¬ 
drfise auf. 

Die interessantesten Befunde bietet schlieftlich Gontscharn- 


1) Boeri, Ref. im Bioch. Centralbl. 1903. No. 8. 

2) Sartirana, Ref. im Bioch. Centralbl. 1903. No. 7. 

3) Weitere Untereuchungen iiber dieeea Gegenstand, die ich mir vorbehalten 
mochte, werden in Balde erscheinen. 

4) Demoor und van Lint, Ref. im Bioch. Centralbl. 1904. No. 428. 

5) Ghedini, Ref. im Biochem. Centralbl. 1904. p. 247. 

6) Sartirana, Biochem. Centralbl. 1903. No. 590. 


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540 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

kows 1 ) Arbeit „Ueber die Herstellung eines fQr die SchilddrQse spezi- 
fischen Serums 14 . Gontscharnkow injizierte K&lbern in langeren 
Intervallen Schilddriisenbrei von Hunden und verwandte das derart vor- 
behandelte Kilberserum zur Injektion von gesunden Hunden. Am 
3. Tage nach der letzten Injektion traten bei dem einen Tiere ty- 
pische Erscheinungen auf: unsicherer, spastischer Gang, Tr&nen der 
Augen, Zittern, deutliche, vermikul&re Zuckungen der Kaumuskulatur, 
erhbhte Sebnenreflexe. Nacbdem innerbalb 10 Tagen eine Besserung 
des Befindens eingetreten war, wurde eine neue Injektion gemacht, die 
eine bedeutende Steigung der von der letzten Einspritzung gebliebenen 
Erscheinungen hervorrief. Die SchilddrQse dieses Hundes ergab auf 
dem Durchschnitt eine Verminderung der kolloidalen Substanz in alien 
Follikeln, in vielen auch ein vollstandiges Fehlen derselben, in fast alien 
Follikeln eine Vakuolisierung und Chromatolyse der Epitbelkerne. Ein 
zweites Experiment ergab ein gleiches Resultat, so dafi Gontscharn¬ 
kow zu der Annahme eines tbyreoidtoxischen Serums in seinen Fallen 
gefuhrt wird. 

In meinem Falle lagen die Verh&ltnisse folgenderraaBen 2 3 ): 

Einem m&nnlichen, grauroten Kaninchen von 1850 g Gewicht wurden 
in Zwischenrfiumen von 8 Tagen — 7 Wochen lang — je 5 ccm 
Thyreoidextrakts, von frischen HundeschilddrQsen gewonnen, subkutan 
injiziert. Danach wurde 2 Wochen lang ausgesetzt, darauf winder 6 ccm, 
dann, in nachster Woche, noch 5 ccm eingespritzt WShrend dieser Zeit 
zeigte das Kaninchen keinerlei Storungen in seinem Befinden; die In- 
jektionen verliefen s&mtlich ohne AbsceBbildung. Erst in den letzten 
2 Wochen nahm die Frefilust des Tieres ab, es verhielt sich apathisch 
und magerte stark ab. 4 Tage nach der letzten Injektion wurde das 
Tier getdtet und skmtliches Blut zur Serumgewinnung benutzt. Die 
SchilddrQse des Kaninchens ergab auf dem Durchschnitt diesen Befund: 
Es war weder eine st&rkere Wucherung des interfollikularen Gewebes, 
noch irgend eine Chromatolyse des DrQsenepithels eingetreten; hfichstens 
eine Verodung einzelner Follikel ergab eine geringfQgige Abweichung 
vom normalen Kontrollpraparat. Trotz der langen, intensiven Behand- 
lung mittels subkutaner Injektionen zeigten sich also die von Ballet 
und Enriquez 8 ) beschriebenen pathologischen Veranderungen an der 
SchilddrQse nicht. 

Das ausgeprelite Serum wurde nun zu Injektionen fQr einen m&nn¬ 
lichen, weillschwarzen, ca. 16 Pfund schweren Spitz verwandt. Zu- 
nachst wurden 15 ccm Serum in die rechte vordere Vena dorsalis pedis 
eingebracht. Der vorher ziemlich teilnahmlose Hund zeigte in den 
folgenden Tagen starkes Aufgeregtsein, seine Frelllust nahm anf&nglich 
ersichtlich zu. Nach weiteren 3 Tagen wurden 30 ccm (4 ccm auf 1 kg 
Tier) intravends injiziert. Danach trat schon am nachsten Tage ein 
sehr deutliches Zittern in den Extremit&ten, besonders den hinteren, 
ein; der Gang war unsicher geworden. Das Tier bewegte sich augen- 
scheinlich ungern auf den Beinen, versuchte sich immer wieder nieder- 
zulegen. Die Sehnenreflexe waren im Vergleich zu denen anderer Tiere 
stark erhdht; das Trousseausphe Symptom wie in den Gont- 


1) Gontscharnkow, Ueber die Herstellung eines fiir die Schilddriise apeii- 
fischen Serums. (Centralbl. f. allg. Pathol, u. pathol. Anat. Bd. XIII. 1902.) 

2) Herm Tierarzt Dr. phiL Meyer-Barmen danke ich an dieser Stelle fur frdl. 
geleistete Unterstutzung mit Material verbindlichst. 

3) Ballet und Enriquez, Bull, de eoc. mdd. d. hOp. 1894. 16 nor. 


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Liidke, Zur Spezifitat der AntikOrper. 


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scharn.kowschen Versuchen deutlich auageprSgt. AuBerdem trat eine 
Gewichtsabnahme von ungefahr 1 */ 2 Pfnnd ein. 5 Tage nach der letzten 
Injektion wurde der Hund erschossen nnd einzelne Organe zur patho- 
logisch-anatoraischen Untersuchung fixiert. (Herrn Prosektor Dr. raed. 
Marckwald spreche ich an dieser Stelle meinen ergebensten Dank fflr 
die freundlichst erteilten Ratschiage ans.) 

Das klinische Bild, das der Hund, dessen Blut mit diesen Cyto- 
lysinen flberschwemmt war, bot, war also dem Symptomenkomplex nach 
Exstirpation der Schilddrflse ziemlich analog. Leider entbehrten die 
pathologisch-anatomischen Ergebnisse — die Durchschnittsbilder der 
Thyreoidea dieses Tieres — fast gfinzlich der von den zitierten Autoren 
hervorgehobenen Kennzeichen: 

Leber, Milz, Lymphdrflsen, Lunge, Hoden, Herz ergeben keine Ab- 
weichungen von normalen Befunden. In der Thyreoidea war weder im 
interstitiellen Gewebe noch an den Epithelzellen eine charakteristische 
Verfinderung nachzuweisen; hflchstens sprachen einige Stellen fflr eine 
stfirkere Zellvermehrung zu Ungunsten der follikulflren Substanz. DaB 
nebenher in dem einen Schilddrflsenlappen eine kropfige Entartung ge- 
funden wurde, konnte schwerlich auf Rechnung der Wirksamkeit des 
spezifischen Serums gesetzt werden. 

Um nicht flber den Rahmen unseres Themas „Spezifitat der Anti- 
k6rper u zu weit hinauszugehen, haben wir nur die Spezifitat der wichtig- 
sten normalen wie der durch Immunisation gesetzten Antikorper be- 
sprochen. Die weiteste Ausdehnung gewflnne die Arbeit, welche es sich 
zur Aufgabe machte die spezifische Wirkungsweise aller der Gegen- 
korper, die in der Zelle vorgebildet liegen, und nur des adfiquaten Reizes 
zur AbstoBung ins Serum bedtirfen, zu erflrtern. 

Wie uns Pfeiffer und Ehrlich lehrten, sind so auch die auf 
Injektionen eines Immunserums im fremden Organismus entstehenden 
Reaktionsprodukte, Antiambozeptoren und Antikomplemente, spezifischer 
Natur, d. h. sie wirken nur auf die zur Vorbehandlung verwandten Aus- 
gangselemente. Auch bei diesen dem Serum abgewonnenen Reaktions- 
korpern mflssen wir dem plurimistischen Standpunkt Ehrlichs bei* 
treten, dafi. in einem derart vorbereiteten Serum eine Schar differenter, 
aber auf ihre zugehdrigen Gruppen spezifisch eingestellter Antikomple¬ 
mente und Antiambozeptoren existiert 

Seit den ersten Versuchen flber die Vielheit der Komplemente und 
Ambozeptoren im Serum, die Ehrlich, Morgenroth und Sachs 
entgegen der unitarischen Anschauung Bordets anstellten, wurde in 
den weiteren Arbeiten fiber den gleichen Gegenstand der plurimistischen 
Ansicht Ehrlichs zum endlichen Siege verholfen. 

Im Normal- und Immunserum haben wir mit differenten, einander 
nahestehenden Gegenkflrpern zu rechnen, von denen jeder eine deutlich 
erkennbare, experimentell beglaubigte Spezifitat zu seinem passenden 
Rezeptor besitzt. In aufsteigender Linie bewegt sich der Grad der 
Spezifitat: Vom normalen, in physiologischem Gleichgewichtszustand be- 
findlichen Serum, in dem scheinbar wahllos eine ungeordnete Reihe ver- 
schiedenster Typen von Reaktionskorpern mit geringer Ausbildung ihrer 
spezifischen Wirkungsfahigkeit zerstreut liegt, fflhrt der Weg flber die 
Sera, die sich auf der Grenze zwischen normalen und unter patho- 
logische Zustande gesetzten Verhaitnissen bewegen, bis zu dem hoch- 
wertigen, kflnstlich erhaltenen Immunserum, in dem ein Antikflrper 
vollkommen in seiner Spezifitat ausgebildet wurde. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Wir erkennen, daB wir die Spezifitat als absoluten Charakter eines 
Serums nur fOr ein Immunserum reservieren dfirfen, wo wir eine ge- 
wissermafien neue, dauernde Qualitat des Blutes geschaffen haben. 

Die komplexen Alexine des normalen Serums gehOren, wenn ihnen 
auch eine relative, d. h. eine auf passende, als verwandt erkannte Zelleu und 
Zellenderivate bezugliche Spezifitat zuzuerkennen ist, immerhin doch nicht 
zu den direkt spezifischen Abwehrvorrichtungen des Organismus, den 
Schutzvorrichtungen, die z. B. im Flimmerepithel, der Magensalzsaure, und 
nicht zuletzt den Leukocyten gegeben sind. In der Mobilmachung 
dieser Schutzkrafte spricht sich lediglich der Ausdruck der lokalen 
Rfistungsfahigkeit des Korpers aus, der erst durch das spezifische, gleich- 
sam neu entstandene Reaktionsprodukt am wirksamsten komplettiert 
wird. 

Wo schon natiirlicherweise SchutzkSrper Oder Reaktionsprodukte 
im Serum vorhanden sind, kommt es bei der Infektion resp. Immuni- 
sierung zur Steigerung der relativen Spezifitat zur absoluten; die eben 
angedeutete Funktion, Gegenstoffe sezernieren lassen zu k6nnen, erfahrt 
durch den spezifischen Reiz den machtigsten, vollkommenen Antrieb. 
Eine neue Erscheinung ist damit jedoch nicht aufgetreten; die physio- 
logische Fahigkeit ist kunstlich auf ein UebermaB ihrer Tatigkeit ge- 
steigert worden. 

Wir kommen hiermit auf die Art resp. die Spezifitat des Reizes zu 
sprechen. 

Neben der bisher als spezifisch anerkannten einfachen Bindung des 
haptophoren Gliedes an seinen Rezeptor haben wir nach Wasser- 
raann 1 ) vornehmlich mit der Reizwirkung der funktionellen Gruppe, 
die mit der Bindung einher- Oder derselben vorausgeht, zu rechnen. 

Diese Reizwirkung hat nun nichts Spezifisches an sich. Der Reiz 
ist ein ganzlich variabler Faktor, kilnstlich veranderlich und in der Norm 
auch verschieden. Normale Ernahrungsprozesse verm6gen, auBer dem 
adaquaten Reiz des mit spezifischer Wirkungsintensitat versehenen Bak- 
terienprotoplasmas, die AbstoBung von Antitoxinen, Ambozeptoren anzu- 
regen; mit Aenderungen des Stoffwechsels gehen Schwankungen in der 
Produktion von Reaktionskorpern einher. Die KSrperzellen a 11 ein 
reagieren auf den nicht spezifischen Reiz mit einer spe¬ 
zifischen Reaktion. Wir miissen uns demnach zu dem Schritt 
entschlieBen, eine spezifische Energie der Zelle anzunehmen, 
wie dies von Hueppe 2 ) neuerdings wieder in tiberzeugendster Weise 
betont wird. — Die spezifische, in der Zelle aufgespeicherte Energie 
lafit auf variable, natfirliche (Ernahrung) und kilnstlich gesetzte, ahnliche 
(Immunisation) Reize, ein fiir begrenzte Zeit nachweisbares Produkt, 
das Endglied einer Entwickelungsreihe vom inaktiven Zustand innerhalb 
der Zellhillle bis zum mit aktivem Bindungsvermogen ausgestatteten 
Reaktionsprodukt entstehen. 

Spezifisch ist nur der in der Zelle sich abspielende 
AktivierungsprozeB. Der Mittelpunkt muB daher auf die spezi¬ 
fische Energie der Zelle verlegt werden, die auf variable Reize, die 
allerdings in den Rah men allgemeiner Stoffwechselprozesse passen, mit 
einer spezifischen Tatigkeit antwortet. Ueber dem Studium der spezifi- 


1) Wassermann, 1. c. 

2) Hueppe, Antitoxinforschuug und Hygiene. (Festschr. f. Koch. 1903.) Jena 
(G. Fischer) 1904. 


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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper. 


543 


schen Reaktionsprodukte haben wir zeitweise den Ausgangspunkt, die 
spezifische Zelltatigkeit, aus den Augen verloren. 

Der Unterschied zwischen Normal- und Immunserum liegt SuCer- 
lich wahrnebmbar in dem quantitativ st&rkeren Vorhandensein von 
Antikdrpern; in Wirklichkeit ist den in Tfitigkeit versetzten Zellen eine 
bestimmte Direktive erteilt, welche zunSchst im UebermaB nach der 
einen Richtung fortarbeitet Diese spezifische, drflsige Funktion der 
KQrperzellen bleibt als eine ihnen spezifische erhalten, mdgen sie auch 
ihr Reaktionsbediirfnis auf ein geringes reduziert Oder dem direkten 
Nachweis entzogen haben. Die Immunitat bleibt lknger als ein ihnen 
aufgepr&gtes Zeichen erhalten, wovon wir uns in genflgenden Beispielen 
Oberzeugen konnten. Blutentziehungen, die das Serum des Antikdrper- 
vorrats gclnzlich berauben kdnnen, nehmen den Zellen nicht das Ver- 
inogen der Neuproduktion [Roux und Vaillard*) bezQglich der Anti- 
toxine, Verf. *) bezuglich der Hamolysine]. 

Dem immunisierenden Experimentator liegt nun die Reizbeeinflus- 
sung in der Hand, d. h. zun&chst die Beeinflussung durch den wirk- 
samsten, den adaquaten Reiz, und diese spezifische aktive Immunisierung 
vermag in mannigfacher Weise modifiziert zu werden, um die Ausarbei- 
tung der Spezilitat durch eine gewisse Reizintensitat ins Werk zu setzen. 
So versucht man durch Imitation des physiologischen Vorgangs, des 
Zerfalls der Bakterien im Organismus, durch vorherige Aufldsung und 
freiere Entfaltung ihrer wirksamen Komponente, eine groBere Menge von 
spezifischen Reaktionskdrpern zu erzielen. 

Die Spezilitat der sezernierenden Korperzellen ist endlich abhangig 
von der Ausbildung der wirksamen Komponenten des Bakterienproto- 
plasmas und der Modifikationsfahigkeit der Zellen selbst, gewisse Elemente 
zu passenden Rezeptoren einzustellen. 

Wir lernen damit auch die frtihere Ausdrucksweise von einem „ge- 
eigneten Organismus* 4 durch den Spezifitatsbegriff besser zu wOrdigen. 

Den spezifischen ProzeB der Bindung des haptophoren Gliedes an 
seinen Rezeptor erkennen wir besser, wenn wir uns bewuBt bleiben, dafi 
ein ins Serum abgestoBenes aktives Element eine Qualitat der Zelle, in 
der sich der erste und eigentliche spezifische ProzeB abspielte, mitge- 
nommen hat. 

Bisher haben wir uns mit einer morphologischen und biologischen 
Gesetzen folgendeu Registrierung der Infektionstrager zufriedengestellt; 
eine andere Perspektive erbffnet sich, wenn wir der Reaktion und spe¬ 
zifischen Gegenreaktion des befallenen Organismus eine grbfiere Be- 
achtung und Wtirdigung scbenken. 

Fflr den Augenblick erscheinen die Resultate dieser Forschungen 
nocb zu kompliziert und einer oberflachlichen Anschauung nicht in alien 
Punkten prazisiert genug. 

Die Komposition der Kdrperzellen wie Bakterienzellen aus einzelnen 
Elementen, die gegenseitig eine spezifische Bindung erfahren kdnnen, 
erschwert einfachere Anschauungen und gibt in der bislang angewandten 
Methodik, der elektiven Absorption der aufeinander passenden Elemente, 
keine durchaus einwandsfreie Versuchstechnik an die Hand. 


1) Eoux et Vail lard, Contribution & l’ltude du t^tanos. (Ann. de l’lnstitut 
Paateur. 1893.) 

2) Liidke, Beitrage zur Hamolyae. (Centralbl. fur Bakt etc. Bd. XXXVII. 1904. 
Heft 2/3.) 


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544 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

Jedenfalls aber mflssen wir unbedingt daran festhalten, dafi wir 
in der spezifischen T&tigkeit der KOrperzellen zun&chst einen Mafistab 
fflr die Beurteilung der einzelnen dieser spezifischen T&tigkeit ent- 
springenden Reaktionsprodukte gcgeben haben. 

Ftir die freundliche Ueberlassung der Hilfsmittel der bakteriologi- 
schen Untersuchungsstation zu Barmen danke ich dem Leiter des In¬ 
stitute, Herrn Prosektor Dr. Marckwald, ergebenst. 


Nachdruck verboten . 

Ueber die Hamolysinbildimg durcb Injektion kleinster 
Mengen von Blutkorperchen und liber den Einfluss des 
Aderlasses auf die Intensitat der Bildung hamolytischer 
Ambozeptoren beim Kaninchen 1 ). 

[Aus dem kgl. hygienischen Institute der Universit&t Konigsberg i. Pr. 

(Direktor: Prof. R. Pfeiffer).] 

Von Privatdozent Dr. Frledberger, I. Assistenten am Institute 

und Dr. Dorner. 

1. Immunisierung von Kaninchen mit kleinsten Mengen 

von Erythrocyten. 

Durch die Untersuchungen des einen von uns (Festschr. zum 70. Ge- 
burtstag E. v. Leyden s) ist es bekannt, dafi zur Bildungbakteriolytischer 
Choleraambozeptoren ira KaninchenkSrper bei intravendser Injektion 
aufierordentlich geringe Mengen des bei 60° abgetoteten Virus gentigen, 
am noch eine betr&chtliche Bildung von Antikdrpern hervorzurufen. So 
vermochte die intravenose Injektion von 1 / 10oo Oese Cholera einen 
Titer von durchschnittlich 3 mg zu erzeugen. 

Es schien uns nun von Interesse, zu untersuchen, ob sich auch mit 
entsprechend kleinen Mengen von Blutkorperchen bei intravendser In¬ 
jektion die Bildung einigermafien betr&chtlicherer Mengen von H&mo- 
lysinen nachweisen liefie. Wir stellten diese Versuche zunSchst an 
Kaninchen an, denen mehrmals mit physiologischer Kochsalzlosung ge- 
waschene Ziegenerythrocyten in 5-proz. Losung in die Ohrvene injiziert 
wurden. 

Es ergab sich in einer Reihe von Versuchen, dafi noch Mengen von 
1 — 1 l i mg der 5-proz. Erythrocytenaufschwemmung genflgten, urn die 
normale geringe hfimolytische Kraft des Kaninchenblutes fflr Ziegenblut- 
kbrperchen aui das 5- bis selbst 20-fache des Normalwertes zu steigern. 
Als Grenzdosis der Blutkorperchen zur Erzeugung einer deutlich nach- 
weisbaren Vermehrung der h&molytischen Ambozeptoren ergab sich uns 
eine Menge, die in den einzelnen Versuchen zwischen 2 und 0,5 mg der 
5-proz. Ldsung lag. 

Wenn wir die Zahl der Erythrocyten bei der Ziege mit 9 Millionen 
pro Kubikmillimeter annehmen (cf. Hermann, Lehrb. d. Physiologie), 

1) Wir beschranken uns hier auf eine kurze Daretellung der ReBultate unserer 
Versuche; die ausfuhrlichen Vereuchsprotokolle und genauen Literaturangaben sind 
nebst weiteren experimentellen Beitragen zur Hamolysiulehre in der Dissertatiou tod 
D o r n e r-Konigsberg i. Pr., 1905, nieaergelegt. 


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Friedberger u. Dorner, Hftmolysinbildg. durch Injekt. von BlutkOrperchen etc. 545 

so genQgen nach unseren Versuchen 300000—900000 Erythrocyten der 
fremden Tierspecies, urn, dera Kaninchen intravenSs beigebracht, einen 
deutlichen hamolytischen Titer zu erzeugen. 

FQr Bakterien hatte bereits Mertens (Dtsche med. Wochenschr. 
1901) den Nachweis erbracht, daB bei subkntaner Injektion zur Ge- 
winnnng eines deutlichen Titerwertes eine viel grSBere Vaccinraenge 
nfitig war als bei intravenSser. In analoger Weise konnten wir be- 
obachten, daB auch bei subkntaner Injektion von Erythrocyten bedeuten- 
dere Mengen erforderlich waren, um eine Steigerung der normalen hamo¬ 
lytischen Kraft des Serums zu erreichen. 

Die durch intravenOse Injektion kleiner Dosen erzielten Hamolysine 
fQr Ziegenblut erwiesen sich als streng spezifisch bei der Prflfung mit 
dem Blute von Hund, Taube, Katze und Meerschweinchen. Es ist auch 
bei der Immunisierung mit kleinen Dosen vielleicht eine strengere Spe- 
zifitat der Hamolysine zu erwarten als bei Injektion grOBerer Mengen 
artfremder Blutkorperchen an das Versuchstier. In letzterem Falle 
kbnnen kleinere Mengen von Rezeptoren der Erythrocyten, die verschie- 
denen Tierspecies gemeinsam sind, bei der an und ftlr sich sehr groBen 
Menge der eingespritzten Blutkbrperchen ein nicht streng spezifisches 
Partialhamolysin erzengen, wie das Ehrlich und Morgenroth in der 
Tat vielfach beobachtet haben. 

Es sei noch erwahnt, daB auch betrachtliche hamolytische Werte, 
die beim Kaninchen mit kleinen Dosen erzeugt waren, in auffallend 
kurzer Zeit, zuweilen schon in 14 Tagen, ganzlich wieder verschwanden. 

Die Moglichkeit, mit minimalen Dosen von Blutkdrperchen einen 
bakteriolytischen Titer zu erzeugen und die Feststellung der Grenzdosis 
an Erythrocyten schien uns nicht nur von theoretischem Interesse zu 
sein. Falls diese Befunde, wie wir sie beim Kaninchen durch Injektion 
von Ziegenblut erhoben, sich von allgemeiner Geltung erwiesen, war 
uns damit eine neue, praktische Metbode zum forensischen Nachweise 
des Menschenblutes gegeben, die gewissermaBen ein Experimentum 
crucis fQr die bisher Qblichen biologischen Methoden darstellen wQrde. 

Wenn wir bedenken, daB die Blutkorperchenmenge eines Tropfens 
Blut etwa der von 1 ccm einer 5-proz. Erythrocytenaufschwemmung 
entspricht, so schien uns mit unserer Methode der kleinen Dosen die 
MQglichkeit an die Hand gegeben, durch Injektion von Menschen-Blut- 
flecken beim Kaninchen ein spezifisch hamolytisches Serum zu erzeugen. 
Freilich wQrde eine derartige Methode der von Uhlenhuth sowie von 
Wassermann und Schfitze empfohlenen bezQglich der Bequemlich- 
keit der AusfQhrung nachstehen. Aber es mufite doch jede neue Form 
des biologischen Menschenblutnachweises, die in den in Betracht kom- 
menden wichtigen forensischen Fragen zuveriassigen AufschluB geben 
konnte, willkommen sein. Leider gelang es uns jedoch mit Menschen* 
blut nicht, beim Kaninchen durch intravenose Injektion minimaler Dosen 
eine auch noch so geringe Bildung hamolytischer Ambozeptoren zu er- 
zielen. Ebenso fielen die Versuche, die an Tauben mit Menschenblut 
angestellt wurden, negativ aus. Wir halten es aber nicht fQr ausge- 
schlossen, daB es uns bei weiterem Suchen in dieser Richtung gelingen 
wird, eine Tierspecies zu finden, die fQr die Erythrocyten des Menschen 
gleich empfindlich ist wie das Kaninchen fQr diejenigen der Ziege. Da¬ 
mit ware alsdann eine neue brauchbare und zuveriassige Methode zum 
forensischen Nachweis des Menschenblutes gegeben. 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 35 


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546 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


2. Ueber den Einflufi des Aderlasses auf die Intensitat 
der Bildung h&molytischer Ambozeptoren beim 

Kaninchen. 

Wie bereits Friedberger (Berl. klin. Wochenschr. 1903) bei 
Cholerabakterien gezeigt hat und C. Fraenkel (Ibid. 1905) bestatigen 
konnte, eignet sich die Methode der Vaccinierung mit kleinen Dosen 
ganz besonders, um den Einflufi gewisser Manipulationen auf die Inten¬ 
sitat der Ambozeptorenbildung zu eruieren. Die bisherigen Versuche 
waren mit bakteriolytischen Seris (Friedberger, Fraenkel) resp. 
mit agglutinierenden (P. Th. Mtiller) [Arch. f. Hyg. Bd. LI] angestellt 
worden; wir ubertrugcn zum ersten Male diese Methode auf die h&mo- 
lytischen Sera, um den Einflufi des Aderlasses auf die Intensitat der 
HSmolysinbildung bei dem mit Ziegenblut vaccinierten Kaninchen zu 
untersuchen. Ueber den Einflufi dieses Eingriffs auf die Intensitat der 
Bildung bakteriolytischer Ambozeptoren hatte Friedberger schon 
frflher Versuche angestellt, liber die R. Pfeiffer auf dem internationalen 
Hygienekongrefi zu Brflssel berichtet hatte. Diese Versuche, die ein 
grofies Tiermaterial erforderten, konnten damals aus aufieren Grflnden 
nicht fortgesetzt werden, und wir beschlossen, sie daher jetzt auf dem 
Gebiete der Hamolyse wieder aufzunehmen. Gerade diese Frage schien 
uns von besonderem Interesse zu sein, da der Aderlafi, frflher ja zum 
wichtigsten therapeutischen Rfistzeug des Arztes gehOrend, in den letzten 
Jahrzehnten wieder erneut, gerade bei akuten Infektionskrankheiten als 
bedeutsame therapeutische MaBnahme in Aufnahme gekommen ist. Freilich 
fehlt bislang noch ganzlich eine zuverl&ssige wissenschaftliche Begrfindung 
des am Krankenbette beobachteten gflnstigen Effekts. 

Da nach den Untersuchungen von Pfeiffer und Marx so wie 
Wassermann die blutbildenden Organe die Bildungsstatte der Ambo¬ 
zeptoren sind, so war es nicht weiter verwunderlich, wenn der Aderlafi, 
der ja auch die morphologischen Verhaitnisse dieses Organs aufs tiefste 
alteriert, einen Einflufi auf die Bildungsintensitat der Ambozeptoren haben 
wflrde, wie das in der Tat Friedberger bei der Choleravaccination 
bei Kaninchen nachweisen konnte. 

Bei unseren Versuchen, die wir in dieser Richtung bezflglich der 
H&molysine vornahmen, gingen wir so vor, dafi wir Kaninchen aus der 
Carotis nicht unbetr&chtliche Blutmengen (10—20 ccm) entzogen und 
diesen Tieren zum Teil nachher, zum Teil schon vorher minimale Mengen 
von Ziegenerythrocyten in die Ohrvene spritzten. Die nicht zur Ader 
gelassenen Kontrolltiere, die sich natflrlich sonst unter den gleichen 
Versuchsbedingungen befanden, erhielten gleichzeitig dieselben Ery- 
throcytenmengen pro Kilogramm Tier. Ohne auf die Versuche im 
einzelnen einzugehen, bezflglich deren ausftthrlicher Protokollierung wir 
auf die Dissertation Dorners verweisen, wollen wir hier nur mitteilen, 
dafi wir in 7 Versuchsreihen mit im ganzen 16 Kaninchen 
das flbereinstimmende Resultat erhielten, dafi der Ader¬ 
lafi die Intensitat der Bildung h&molytischer Ambo¬ 
zeptoren betr&chtlich steigert*). In der nebenstehenden Ueber- 
sicht sind die Steigerungen der h&molytischen Kraft gegenflber den 
normalen Werten am 8. Tage nach der Injektion der Ziegenblutkflrper- 

1) Nur in einer Versuchsreihe (II) waren die relativen Werte beim Aderlafitier 
und Kontrolltier gleicb hoch; die absoluten Werte allerdings verhielten sich wie 2:1 
zu Gunsten des Aderlafltieres. 


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Friedberger u. Dorner, H&molysinbildg. durch Injekt von Blutkflrperchen etc. 547 


Steigerung der hamoly tischen Kraft des Kaninchenserums nach 
spezifischer Vorbehandlung. 


Vereuchflreihe 

i 

II 

III 

IV 

1 v 

VI 

VII 

Aderlafitier | 

50 

3 

100 

250 

1 

50 

150 

30 

70 

20 

Kontrolltier 

3 

3 

1 

200 1 

20 

7 

10 


chen verzeichnet. Es ergibt sich daraus, daB durch die Iujektion 
minimalerMengen von ZiegenblutkOrperchen dieldsende 
Kraft des Kaninchenblutes ffir Ziegenerythrocyten bei 
den AderlaBtieren um das durchschnittlich 80-facbe, bei 
den Kontrolltieren aber nur um das durchschnittlich 
37-fache des Normalwertes gesteigert wird. Wenn wir die 
individuell verschiedene lbsende FShigkeit des normalen Kaninchen¬ 
blutes gegentiber Ziegenerythrocyten auBer acht lassen, so ergibt sich 
auch bei dieser Betrachtungsweise, daB der Titer bei den AderlaBtieren 
im Durchschnitt 4mal hoher war als bei den Kontrolltieren. 
Nur in einem weiteren Falle zeigte das Kontrolltier einen hoheren Wert 
als das Aderlafitier. was aber wohl auf die enorme Blutentziehung von 
23 ccm bei diesem Versuchstiere zurfickzuftihren sein dflrfte. Im iibrigen 
spricht die Konstanz der Befunde dagegen, daB individuelle Schwankungen 
in dem Verhalten der einzelnen Tiere die von uns angenommene Deutung 
der Resultate vort&uschen, zumal auch die Steigerungen des Titers durch 
den AderlaB in den meisten Fallen weit hbhere sind, als wir sie bei 
den Schwankungen des individuellen Verhaltens der vaccinierten Kaninchen 
zu sehen gewohnt sind. 

Zusammenfassend konnen wir danach sagen, daB Aderiasse in 
nicht zu betrachtlicher Hohe beim Kaninchen die Inten- 
sitat der Bildung ham olytischer Ambozeptoren fur 
Ziegenblut steigern, genau wie dies Friedberger beziiglich 
der bakteriolytischen Choleraambozeptoren beim Kaninchen nachgewiesen 
hatte. Sehr groBe Adferiasse scheinen allerdings, wie aus einem Ver- 
suche hervorgeht, den entgegengesetzten Effekt zu haben. Es sei noch 
erwahnt, daB der EinfluB des Aderlasses in den Fallen besonders stark 
war, in denen er nicht vor der Vaccinierung, sondern erst am 1. resp. 
2. Tage nach der Injektion der artfremden Blutkdrperchen vorgenommen 
wurde. Hier diirften die Verhaitnisse denen in der menschlichen Therapie 
naher kommen als bei der erst erwahnten Versuchsanordnung. Immer- 
hin verwahren wir uns ausdrucklich dagegen, aus diesen Tierexperi- 
menten mit Hamolysinen irgendwelche weitergehende Schliisse beziig¬ 
lich der Wertung des Aderlasses in der Therapie menschlicher Infek- 
tionskrankheiten zu ziehen. 

Unserem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. Pfeiffer, 
sind wir ftir das rege fbrdernde Interesse, welches er diesen Unter- 
suchungen entgegengebracht hat, zu grofiem Danke verpflichtet. 


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35* 


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548 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Nachdruck verboten. 

Ueber Isolysine und Isoagglutinine im menschlichen Blut 

[Aus dem pathol. anat. Inst, in Wien und dem Karolinen-Kinderhospital.J 
Von Dr. Karl Landstelner und Dr. Karl Lelner. 

Es soil im folgenden iiber Untersuchungen berichtet werden, die sicb 
mit der Frage beschfiftigen, ob im menscblichen Blute bei pathologischen 
Zustfinden mittels der Isolysinreaktion Substanzen nachweisbar seien, 
die zu den krankhaften Prozessen in Beziehung zu bringen sind. Solche 
Untersuchungen schienen deshalb notig, weil zwar eine grofie Zahl von 
Angaben fiber pathologische Isolysine und Isoagglutinine vorliegt, die 
auch in die zusammenfassenden Darstellungen der Immunitfitslehre Auf- 
nabme gefunden haben, wahrend ein sicherer Beweis ffir ein derartiges 
Vorkommen, von einem einzigen noch zu erwfihnenden Fall abgesehen, 
bisher nicht geftihrt wurde. 

Die ersten dieses Thema betreffenden Angaben fallen in die Zeit 
vor der intensiven Beschfiftigung mit den Reaktionen des Blutserums. 
Sie stammen von Maragliano 1 ), der mitteilte, dafi bei einer Reihe von 
Krankheiten, wie essentieller Anfimie, Carcinom, Nephritis, Malaria und 
anderen Affektionen das Serum die Eigenschaft habe, normale Erythro- 
cyten zu zerstfiren und aufierdem noch deren Hfimoglobin in Hfima- 
toidin umzuwandeln. Wie der eine von uns 2 3 ) schon frfiher bemerkte, 
sind die Beobachtungen von Maragliano 8 ), die fibrigens bisher, soviel 
wir wissen, keine Bestfitigung gefunden haben, nicht den spfiter oft be- 
obachteten hainolytischen Eigenschaften des Serums gleichzusetzen. Sie 
kfinnen also bei unserer Betrachtung vollstfindig beiseite gelassen werden. 
In den spfiteren Arbeiten, mit denen wir uns zu beschfiftigen haben, 
wurde dagegen das Vorkommen solcher Stoffe, die nach der heutigen 
Terminologie als Isoagglutinine und Isolysine zu bezeichnen sind, im 
inenschlichen Blute sicher nachgewiesen. 

Es wurde von Landsteiner 4 ) gezeigt, dafi bei gesunden Menschen 
hfiufig Isoagglutinine zu beobachten sind. Die Wirkung der Isoagglutinine 
in pathologischen Ffillen schien zunfichst eine besonders intensive zu 
sein, doch konnte darfiber ein abschliefiendes Urteil nicht gewonnen 
werden. Dieser sicheren Feststellung der kaum erwarteten Tatsache, 
dafi das Blut der Individuen einer Species leicht merklich verschieden 
sein kann und den fast gleichzeitigen Angaben von Shattock 5 ), der 
Isoagglutination beim Blute fiebernder Kranker fand und diese Reak- 
tion als ffir das Fieberblut charakteristisch betrachtete, folgten Mitteilungen 
fiber vermutete Beziehungen der isoagglutinierenden Stoffe zu Krank- 
heitsprozessen. 

Hierher gehoren die Berichte von Grfinbaum 6 ), Lo Monacho 
und Panic hi 7 ), Grixoni 8 ), die teils eine spezifische Reaktion ffir ver- 

1) Maragliano, Verhandlongen des XI. Kongresaes f. innere Med. 1892. 

2) Landsteiner, Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 46. 

3) 1. c. 

4) Centralbl. f. Bakteriol. Bd. XXVII. 1900. p. 361, Wien. klin. Wochenschr. 1. c. 
und Zeitschr. f. Medizinalbeamte. 1903. Heft 3. 

5) Journ. of Patholog. and Bacteriol. Vol. VI. 1900. 

6) Brit, medic. Journ. 1900. p. 1089. 

7) La Biforma medic. 1901. (Kef. Centralbl. f. allg. Pathol. Bd. XII. 1901. p. 338.) 

8) Gazz. degli ospedali 1901. No. 57. (Ref. Centralbl. f. innere Med. 1901. No. 38.) 


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Landsteiner u. Leiner, Ueber Isolysine und Isoagglutinine im menschl. Blut. 549 

Bchiedene Infektionskrankheiten, namlich Typhus, Malaria, Scarlatina ge- 
funden zu haben glaubten, teilweise wie Eisenberg 1 ) an einen Zu- 
sammenhang der Erscheinung mit kraokhaften V or gin gen im allgemeinen 
und dem bei diesen vorkommenden Blutzerfall dachten (vergl. Donath 2 3 ). 

Eisenberg fand Isoagglutinine bei normalen Individuen nur aus- 
nahmswei3e, bei Kranken viel hau tiger; Isolysine wurden auch bei 
Kranken nicht oft angetroffen. 

Auch Camus und Pagniez 8 ) geben an, Isoagglutination zwar mit 
dem Serum verschiedener Kranker, nicht mit dem Gesunder erhalten 
zu haben. 

Gegen einen Teil dieser Mitteilungen wurden schon frflher von dem 
einen von uns 4 ) Einwande erhoben. 

Es wurde damals darauf hingewiesen, daft das Vorkommen von 
Isoagglutininen im Serum Gesunder ein fast konstantes ist, und dies 
wurde durch spatere Untersuchungen von Decastello und Sturli 5 ) 
und Langer 6 ) bestatigt. Das Verhalten konnte den anderen Unter- 
suchern nur deshalb entgangen s6in, weil die Wirkung nicht jedem Blut, 
sondern nur bestimmten Blutarten gegentiber sich geltend macht. Die 
von uns angegebene und in grober Annaherung gewift zutreffende Ein- 
teilung der Blutarten in mehrere Typen erleichtert die notwendige 
passende Auswahl zum Versuch geeigneter Blutkorperchen. 

Es kann also eine Besonderheit des Blutes bei Krankheiten nicht 
darin gesehen werden, daft es flberhaupt isoagglutinierend wirkt. Dem- 
gemaft hat auch Capogrossi 7 ) sich gegen die diagnostische Verwert- 
barkeit der Isoagglutination ausgesprochen. Immerhin ware es aber 
nach dem Angeffihrten noch mOglich, daft der Grad des Agglutinations- 
vermbgens in pathologischen Fallen verandert sei. In diesem Sinne 
auftern sich Ascoli, und in einer neueren Arbeit, die ihre frtiheren 
Mitteilungen modifiziert, Lo Monacho 8 ) und Panichi 9 ). 

Ascoli teilte mit, daft bei normalen Individuen dem Serum die 
Fahigkeit der Isoagglutination nur in geringem Grade zukomme, wahrend 
bei pathologischen Prozessen hShere Agglutinationswerte beobachtet 
wfirden. 

Namentlich fand Ascoli in Fallen von Typhus, Tuberkulose, Pneu¬ 
monic und Malaria gesteigerte isoagglutinierende Wirkung. Eine ahn- 
liche Meinung wird auch von Pace 10 11 ) und B e z z o 1 a u ) vertreten. Letz- 
terer leugnet zwar den diagnostischen Wert der Isoagglutination bei 
Malariafailen, glaubt aber doch an eine Verstarkung des Phanomens in 
Krankheiten. 

Da diese Angaben, wenn sie sich bestatigten, immerhin nicht be- 
langlos waren, haben wir uns veranlaftt gesehen, einige quantitative 
Untersuchungen in dieser Richtung anzustellen. 


1) Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 42. 

2) Wien. klin. Wochenschr. 1900. p. 497. 

3) Compt. rend, de la Soc. de Biolog. 1901. 

4) 1. c. Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 46. 

5) Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 26. 

6) Zeitschr. f. Heilkunde. 1903. Heft 5. 

7) R. Accadem. di Boma 1901 und Riforma medic. (Ref. Centralbl. f. allg. Patholog. 
1902 1903 

8) Munch, med. Wochenschr. 1901. 

9) Riforma medic. 1902. 

10) Ref. CentralbL f. allg. Pathol. Bd. XIII. p. 356. 

11) Riforma medic. 1902. p. 495. 


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550 Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt. Original e. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

Unsere Versuchsanordnung war der Vergleichbarkeit wegen identisch 
mit der von Ascoli. 

Es wurden die menschlichen Blutkdrperchen mit Kochsalzldsung 
gewaschen, abzentrifugiert und der Bodensatz mit dem 80fachen des 
Blutvolumens an KochsalzlSsung verdfinnt. Diese Aufschwemmung wurde 
zn gleichen Teilen den Serumverdtinnungen zugesetzt 

Wir verwendeten als Reagens die BlutkOrperchen der gesnnden 
erwachsenen Individuen S. und F., von deren Verhalten spfiter noch die 
Rede ist, und zwar bei jedem Serum diejenige der beiden Blutarten, die 
die starkere Reaktion gab. (Bei diesem Vorgehen kann ein starkes Iso- 
agglutinationsvermogen nicht leicht flbersehen werden, wohl aber, wenn 
das Testblut ohne besondere Auswahl genommen wird 1 ). 

Tabelle I. 


Scrum von 

u a 

iO a> 

MM 

Serumverdunnung 

Serum von 

A B 

SI 

Serumverdunnung 

Gesunden 






' Kranken 

iZ p 






pq 

1:10 

1:20 

1:50J1:100 


55 S. 

1:10 

1:20 

1:50 

1:100 

A. Erwachsene 




1 


A. Erwachsene 



! 

1 



R. 

s. 

+ 

+ 

+ 

Sp. 

Tbc. pulm. 

F. 

+ 

+ 

+ 

— 

H. 

F. 

+ 

+ 

+ 


Nephrit. acuta 

8. 

+ 

+ 

+ 

Sp. 

L. 

S. 

+ 

+ 

+ 

+ 

Nephritis chro¬ 






E. 

F. 

+ 

+ 

+ 

— 

nica 

8. 

+ 

+ 

+ 

+ 

Go. 

F. 

+ 

+ 

+ 

— 

Cyciische Al- 






H. 

F. 

+ 

+ 

— 

— 

buminurie 

F. 

+ 

+ 

+ 

Sp. 

Sch. 

F. 

+ 

+ 

Sp. 

— 

Nephrit. acuta 

8. 

+ 

+ 

+ 

8p. 

P. 

8. 

+ 

— 

— 

— 

Carcinom 

F. 

+ 

+ 

Sp. 

— 







Catarrhus in- 












testini 

F. 

+ 

Sp. 

— 

_ 







Diabetes melli- 












tus 

8. 

+ 

+ 

+ 

— 

B. Kinder 






B. Kinder 






A. 

S. 

+ 

+ 

+ 

— 

Typhus 

S. 

+ 

+ 

+ 

Sp. 

B. 

F. 

+ 

+ 

+ 

+ 

Mitiartuberk. 

s. 

+ 

Sp. 

— 

— 

C. 

F. 

+ 

+ 

+ 


Scarlatina 1 

s. 

+ 

Sp. 

— 

— 

D. 

F. 

8p. 

— 


— 

Scarlatina 2 

F. 

+ 

+ 

+ 

Sp. 

E. 

F. 

+ 

+ 

S^. 

— 

Pneumonie 

F. 

+ 

-h 

— 

— 

F. 

F. 

+ 

+ 

+ 

Sp. 

Nephrit. acuta 

S. 

+ 

Sp. 

— 

— 







Combustio 

F. 

+ 

4- 

+ 

— 

+ bedeu 

tet A 

gglut 

inatio 

n, Sp 

i 

. = Spur. 







Die in dieser Tabelle wiedergegebenen Bestimmungen lassen keinen 
Unterschied zwischen der Reaktion bei Gesunden und Kranken erkennen 
und zeigen, daB bei Gesunden die Wirksamkeitsgrenze bis zu ebenso 
starken Verdfinnungen reichen kann, als sie Ascoli 2 ) bei seinen patho- 
logischen Fallen fand, namlich bis zu einer Verdfinnung des Serums 
von 1 :100 und darfiber. Zwar ist die Zabl der von uns untersuchten 
normalen Faile nicht grofi, doch da unter diesen schon mehrmals die 
von Ascoli angegebene Grenze erreicht wurde, so hielten wir es for 
nicht notwendig, die Versuche weiter auszudehnen. 

Auch bei derartigen quantitativen Bestimmungen hangen die Ergeb- 
nisse von der Auswahl der verwendeten Blutkdrperchen ab und es 
kdnnten einwandfreie Resultate fiber pathologische Verfinderungen der 

1) Vergl. Wien. klin. Wochenechr. 1901. No. 46. L c. 

2) Ascoli 1. c. 


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Landsteiner u. Leiner, Ueber Isolysine und Isoagglutinine im menschl. Blut 551 


isoagglutinierenden Wirkung nur durch groBe Versuchsreihen unter 
Berlicksichtigung dieses Umstandes erzielt werden. 

AuBer den bisher referierten Mitteilungen liber die Bedeutung der 
Isoagglutinine bei patbologischen Prozessen liegt eine Anzahl von Ar- 
beiten vor, die sich mit dem pathologischen Verhalten der Isolysine be- 
fassen. 

Ascoli 1 ) fand bei verschiedenen namentlich infektidsen Erkran- 
kungen ausgeprSgte isolytische Eigenschaften des Serums, im Gegensatz 
dazu bei normalem Serum nur geringe Aktivitat. 

Eisenberg zieht zur Erklarung der Isolyse die Resorption der 
Prodnkte krankhaften Blutzerfalles heran, die nacb seiner Ansicht ebenso 
zur Bildung von AntikOrpern fuhren kann, wie in so vielen Fallen die 
Resorption kbrperfremden Zellmaterials. 

Schenk 2 ) hielt dementsprechend die Isolyse wie auch die Iso¬ 
agglutination bei normalen Individuen im Gegensatz zu solchen, die 
schwere Krankheiten durchgemacht haben, fflr auBerordentlich selten, ist 
aber, wie eine neue Mitteilung zeigt *), von seiner Ansicht zuriickgekommen. 

Leiner 4 ) fand bei friiheren Untersuchungen des Blutes infektions- 
kranker Kinder nur bei Diphtheric mehrmals positive hamolytische Re- 
aktion, hielt jedoch eine diagnostische Verwertung derselben fflr un- 
mOglich. 

Bezzola 6 ) beobachtete bei der Untersuchung von 30 verschiedenen 
Krankheitsfailen 3mal Isolyse, Camus und Pagniez 6 ) fanden bei 30 
zumeist Schwerkranken 16 Faile mit hamolytischer Wirksamkeit des 
Serums. 

Unsere eigenen Untersuchungen nahmen wir an ungefahr 100 ge- 
sunden und kranken Kindern (2—10 Jahre alt) und einigen Erwachsenen 
vor. Wir hatten dabei die Vermutung, daB bei dem relativ gleichartigen 
Material, das besonders die infektidsen Kinderkrankheiten bieten, ein 
Einflufi der pathologischen Prozesse auf die Blutbeschaffenheit besonders 
deutlich sich zeigen kdnnte. Diese Versuche wurden so angestellt, daB 
als Testblutarten entsprechend unseren friiheren Angaben 7 ), zwei der- 
art ausgewahlt wurden, daB jedes der beiden Sera die Kdrperchen des 
anderen Blutes kraftig agglutinierte. Geht man so vor, so lindet man, wie 
wir zeigten, nahezu regelmafiig Isoagglutination, und wir nahmen an, daB 
uns diese Anordnung auch die Auffindung von Isolysinen erleichtern werde.. 

Neben diesen in alien Fallen und einigen anderen gelegentlich ver- 
wendeten Blutarten prflften wir auch regelmaBig ein Blut, dessen K8rper- 


Tabelle II. 


Serum 

Blutkbrperchen 


1 S. 

F. 

L. 

s. 


+ 

— 

F. 

+ 

— 

— 

L. 

+ 

+ 

— 


1) Miinch. med. Wochenschr. 1901. p. 1239. 

2) MonatBschr. f. Geburteh. und Gynak. Bd. XIX. 1903. 

3) Kongr. f. Geburtah. und Gynak. 1904. 

4) Jahro. f. Kinderheilk. 1902. p. 804. 

5) 1. c. 

6) Arch, internat. de Pharmacol, et de Iherap. 1902. p. 369. 

7) 1. c. 


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552 


Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYIII. Heft 5. 


Tabelle III. 


Serum 

Blutkorperchen 

8. | F. | L. 

Morbillen 




Fall 1 Aggl. 

+ 

4- 

— 

Ly6e 

+ 

— 

— 

„ 2 A. 

4 

4* 

— 

L. 

+kompl. 

4 schw. 

— 

, 3 A. 

— 

4- 

— 

L. 

— 

4- 

— 

* 4 A. 

— 

+ 

— 

L. 

— 

— 

— 

, 5 A. 

+ 8p. 

+ 

— 

L. 

— 

— 

— 

6 A. 

— 

+ 

— 

L. 

— 

— 

— 

» 7 A. 

+ 

4- 

— 

L. 

+ Sp. 

— 

— 

, 8 A. 

— 

+ 

— 

L. 

— 

— 

— 

9 A. 

+ 

4 

— 

L. 

+ Sp. 

+ Sp. 

i 

„ 10 A. 

+ 

+ 

— 

L. 

+ 

— 

— 

Scarlatina 

1 



Fall 1 A. 

+ 

— 

_ 

L. 

•fkonipl. 

— 

— 

, 2 A. 

4 

+ 

4 schw. 

L. 

+ Bp. 

— 

— 

. 3 A. 

+ 

— 

— 

L. 

— 

— 

— 

4 A. 

4* 

— 

— 

L. 

+ Sp. 

+ Sp. 

— 

5 A. 

— 

4 

— 

L. 

— 

4 fast 

— 

>, 6 A. 

_ 

kompl. 
4- scnw. 

_ 

L. 

— 

— 

— 

„ 7 A. 

— 

+ 

— 

L. 

— 

+ Sp. 

— 

» 8 A. 

— 

+ 

— 

L. 

— 

+ Sp. 

— 

it 9 A. 

— 

-F schw. 

— 

L. 

— 

+ Sp. 

— 

Diphtherie 




Fall 1 A. 

— 

+ schw. 

-4 schw. 

L. 

4 schw. 

— 

— 

>. 2 A. 

4 

+ schw. 

— 

L. 

— 

— 

— 

„ 3 A. 

— 

+ 

— 

L. 

— 

— 

— 

» 4 A. 

4 

+ 

— 

L. 

4* schw. 

+ schw. 

— 

it 5 A. 

4 

4 

| — 

L. 

4 fast 
kompl. 

4 schw. 

i ~ 

,, 6 A. 

— 

4 

— 

L. 

— 

4 schw. 



Serum 

Blu 

S. 

tkorperchen 

F. | L. 

Fall 7 A. 

+ 

+ 1 


L. 


4 schw. 


„ 8 A. 

+ schw. 

4 schw. 


L. 

— 

— 


„ 9 A. 

+ 

4- 


L. 

— 

— 


„ 10 A. 

— 

4 


L. 

— 

4 

+ ? 

„ 11 A. 

4 

4 


L. 

— 

— 


a 12 A. 

4 

— 


L. 

— 

— 


„ 13 A. 

— 

4 


L. 

— 

— 


„ 14 A. 

— 

4 


L. 

— 



jj Id A^ 

4 

4 


L. 

4 schw. 



„ 10 A. 

4 | 

4 

+ schw. 

Li. 

— 

— 

_ 

„ 17 A. 

4 

4 


L. 

— 



„ 18 A. 

4 schw. 

4 


L. 

— 



„ 19 A. 

4 

4 

_ 

L. 

4 

— 


„ 20 A. 

4- 

— 


L. 

— 

— 


„ 21 a. ; 

4 

— 


L. 

— 

— 


„ 22 A. 

— 

4 

_ 

L. 

— 



„ 23 A. 

4 

— 

_ 

L. 

4 

— 


„ 24 A. 

4 schw. 

4 schw. 

_ 

L. 

— 

_ 


» 25 A. 

4 

+ 

_ 

L. 

4 

+ Sp. 

_ 

„ 26 A. 

4 schw. 

+ 

_ 

L. 

— 


_ 

. 27 A. 

4 

_ 

_ 

L. 

4 Sp. 

_ 

_ . 

„ 28 A. 

4 

4 

4 schw. 

L. 

— 

— 

_ 

* 29 A. 

+ 

+ 

_ 

L. 

+ 


_ 

„ 30 A. 

+ 

+ schw. 


L. 

+ 

_ 


„ 31 A. 

+ 

+ 

_ 

L. 

— 

_ 


„ 32 A. 

+ 

+ 

4 schw. 

L. 

4-komp. 


_ 

„ 33 A. 

+ 

+ 

_ 

L. 

+komp. 

+ 



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Landsteiner a. Leiner, Ueber Isoljsine and Isoagglutmine im menschl. Bint 553 


Seram 

Blu 

8. 

itkdrpercl 

F. 

lien 

L. 

Serum 


Blu 

1 

8. 

tkOrperd 

F. 

len 

Im 

Osteomyelitis A. 

+ 

+ 

_ 

Vitium cord. 

A. 

+ 

___ 

__ 


L. 

+ 

— 

— 

Fall 2 

L. 

+ 

— 

— 

Malaria 

A 

4 

4 schw. 

— 

Vitium cord. 

A. 

4 schw. 

4 schw. 

— 


L. 

4 schw. 

— 

— 

Fall 3 

Im 

— 

— 

— 

H&morrhag. 

A. 

4 schw. 

4- schw. 

— 

Typhus 

A. 

4 schw. 

+ 

— 

Diath. 

L. 

— 

— 

— 


L. 

— 

4 

— 

Taberkulose 

A. 

+ 

4- 

— 

Tame 

A. 

— 

+ 

— 

(Erw.) 

L. 

+ 

4- schw. 

— 


L. 

— 


— 

Septikamie 

A. 

4 

— 

— 

Gesund 

A. 

+ 

— 

4 schw. 

(Erw.) 

L. 

— 

— 

— 


L. 

— 

— 

— 


A. 

+ 

— 

+ 

>> 

A. 

4 schw. 

+ 

— 


L. 

— 

— 

4 


L. 

— 

+ Sp. 

— 

Myxddem 

A 

+ 

+ 



A. 

4 schw. 

4 schw. 

— 


Lu 

4 

— 

— 


L. 

— 

— 

— 

Pneumonie 

A. 

+ 

4 schw. 

— 


A. 

— 

+ 

— 


Im 


— 

— 


Im 

— 

— 

+ Sp. 

Rheum, artic. A. 

+ schw. 

— 

— 


A. 

H" 

— 

— 


Im 

— 

— 



L. 

4 fast 

— 

— 

Pneumonie 

A. 

4 

4 schw. 

— 



kompl. 



Fall 2 

Im 


— 

— 


A. 

4 schw. 

+ 

— 

Eryth. nodoe. A. 

— 

4- 

— 


L. 

— 


— 


L. 

— 

— 

— 

n 

A. 

— 

+ Sp. 

— 

Ikterus 

A 

4- schw. 

+ 

— 


L. 

— 


— 


L. 

-j- schw. 

— 

— 

Hysterie 

A. 

— 

4- 

— 

Dcterue 

A. 

4 

— 

— 


L. 

— 

4 

— 

Fall 2 

L. 


— 

— 

Scabies 

A. 

_ 

4 

— 

Vitium cord. 

A. 

4 

4- 

— 


L. 

— 


— 


L. 

+ Bp. 


— 

Hernie 

A. 

4 schw. 

4 schw. 

— 

Pneumonie 

A 

4 schw. 

4 

— 

Fall 1 

L. 

_ 

— 

— 

Fall 3 

L. 

— 


— 

Hernie 

A. 

4 schw. 

— 

— 

Pneumonie 

A. 

4 

4 schw. 

— 

Fall 2 

L. 

_ 

— 

— 

Fall 4 

L. 


— 

— 

Hernie 

A. 

— 

+ 

— 






Fall 3 

L. 

+ Sp. 

+ Sp. 

— 


chen nur in seltenen Fallen agglutiniert wurden, dessen Serum nahezu auf 
alle agglutinierbaren Kdrperchen wirkte. Das Verhalten der 3 haupt- 
sftchlich verwendeten Blutarten war also das folgende (s. Tab. II). 

Die Verhaitnisse wurden so gewahlt, daB wir Serum zu gleichen 
Teilen mit 2,5-proz. Blutkochsalzmiscbung zusammenbrachten und diese 
Gemenge 2 Stunden im Brutofen und ca. 20 Stunden im Eiskasten 
liefien. 

Die Ergebnisse sind in den Tabellen III u. IV dargestelli 

Diese Zusammenstellungen lassen bezQglich der Agglutination 
keinen Unterschied zwischen Gesunden und Eranken auffinden. Bei 
keinem untersuchten Serum wurde die Isoagglutination vollkommen 
vermiBL 

Isolyse war nicht so regelmBBig nachweisbar. Sie kommt offenbar 
um so haufiger zur Beobacbtung, je mehr verschiedene Arten von Blut- 
kflrperchen mit einem Serum zur Reaktion gebracbt werden. 

Eine gewisse Uebereinstimmung mit der Agglutinationsreaktion be- 
steht insofern, als starke Isolyse nur dann zu sehen ist, wenn auch Iso¬ 
agglutination stattfindet Nur ausnahmsweise, und dann in recht ge- 
ringem Grade wurden solche BlutkSrperchen geldst, die von dem be- 
treffendem Serum nicht deutlich agglutiniert wurden. Der andere Fall 
namlich, starke Agglutination ohne Lyse, ist ein sehr haufiger. Die 
BlutkSrperchen L., die nur in wenigen Fallen und fast immer nur in 


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Tabelle IV. 


Serum 

-a -o 

c a 

3 3 

8 $ 

© O 

S. F. 

P 

q 

p 

8 

O 

L. 

Blutkorperchen 

.2 e © 

a c,*c p -p 

i ill i i i 

S la* ft a $ 

a, Oh “ “ 

W. K. A. M. Sp. 

.2 « 

q cp 

o *-3 C 

a « | 

11 • 
C. N. 0. 

© 

1 

a 

•a 

3 

L. 

J 

a 

3 

G. 

Enuresis 

A. 

_ 


4" 





A. 

L. 

— 


+ Sp. 





Vitium 

A. 

— 


4- 





N. 




schw. 






L. 

— 


— + Sp. 





Pneumonie 

A. 

— 


+ 





w. 

L. 

— 


— 





Gesund 

A. 

+ + 


+ + 

+ + 

— + — 



L. Erw. 

L. 

+ + 


4- + 

4- 4- 

- -j- - 





kpl. 


f.kpl. f.kpl. 

kpl. kpl. 

kpl. ; 



Diphtherie 

A. 

+ + 

4- 

+ — + Sp. 


I 


4- 

L. 



schw. 





4" 


L. 

4~ + 

— 

4- 4- Sp. 4- 




kpl. 



f.kpl. f. kpl. 


kpl. schw. 





Diphtherie 

A. 

4~ 

— 

+ + + 





G. 


schw. 


schw. 






L. 

— 4~ 

— 

+ + +Sp. 







f. kpl. 


f. kpl. kpl. 





Par. Hamo- 









globinur. 

A. 

4- — 

— 

4- 





K. 

L. 

— — 

— 

4- 





Gesund 

A. 

— 4" 

— 

4- Sp. 

— 

— + — 





schw. 




schw. 



M. Erw. 

L. 

— — 

_ 

— 

— 

4- Sp. — — 



Gesund 

A. 

— 4- 

— 

4- 

+ 









schw. 

— 



Sp. Erw. 

L. 

+ 

— 

+ 

4- 

— 



Vitium 

A. 

4- 4- 

— 

+ 

4- 




s. 

i 

schw. schw. 



schw. 




Gesund 

Li. 

A. 

4- 

_ 

+ 

+ 


+ 

_ 

S. Erw. 

L. 


— 

+ Sp. 

— 



— 








+ I 


Gesund 

A. 

4" 

— 

— 

4- 4- 


schw. 


F. Erw. 

L. 

4-Bp. 

— 

— 





Scarlatina 

A. 

4“ 


+ 

— 

— — 





schw. 


schw. 





N. 

L. 

4- Sp. 


— 

— 

— — 



Gesund 

A. 

4- 


4- 

4- 




0. Erw. 

L. 

— 


— 

4- 




Gesund 

A. 

4- — 

— 

— 





L. 

r 

schw. 







Chorea 

Li. 

A. 

4- 

_ 

+ 





N. 

L. 

— + 

— 






Pneumonie 

A. 

— 4" 

— 

+ 





N. 

T 

schw. 


schw. 





Diphtherie 

Li. 

A. 

4-Sp. 4- 

_ 

4- 





K. 

L. 

— — 

— 

4-Sp. 





Diphtherie 

A. 

T 

— 4“ 

— 

+ 





L. 

Diphtherie 

Li. 

A. 

+ 

_ 

4- 





R. 

L. 

— 4- 

— 

— 





Vitium 

A. 

4- + 

— 

4- 





Sr. 


schw. 








L. 

- : + 

— 

4- 






Alle Sera der Tab. Ill u. IV mit Ausnahme der mit Erw. bezeichneten stammen von Kindera. 





Landsteiner u. Leiner, Ueber Isolysine and Isoagglatinine im menschl. Blut. 555 


geringem Grade agglutiniert werden, waren auch sehr selten and nur in 
geringem MaBe lOsbar. 

Bei der PrQfung der BlutkQrperchen S. und F. mit verschiedenem 
Seram zeigt es sich, daB bald die eine, bald die andere Art empfindlich 
ist, so daB man nicht, wie geglaubt wurde, eine einfacbe Skala von schwer 
zu leicht loslichen Kdrperchen anfstellen kann. 

Beim Vergleich des Blutes von Gesunden und Kranken lassen sich 
anch bezGglich der isolytischen Wirksamkeit aas den Tabellen keine 
dentlichen Unterschiede ablesen. Es besafien in mehreren Fallen die 
Sera vollkommen gesunder Kinder and Erwachsener, auch solcher, die 
frflher nie schwer krank gewesen waren, Starke hfimolytische Wirksam¬ 
keit und die Haufigkeit des L0sungsverm5gens bei den beiden Gruppen 
ist nicht erheblich verschieden. Auch das Blut eines hamoglobinurischen 
Kindes lieB bei der direkten PrQfung auf Isolyse Besonderheiten 
nicht erkennen. 

Demnach ist die isolytische Wirksamkeit des menschlichen Blut- 
serums ebenso wie dies sicher fOr das VermQgen der Isoagglutination 
gilt, sehr wahrscheinlich eine physiologische Eigenschaft. 

Man hat also wohl beide Wirkungen (auch mit RQcksicht auf das nicht 
seltene Vorkommen im Kindesalter) nicht als Folge stattgehabten Blut- 
zerfalls anzusehen, sondern als Ausdruck physiologischer individueller 
Blutdifferenzen, die den Unterschieden des Blutes zwischen verschiedenen 
Tierarten vergleichbar sind. 

Wir kQnnen aus unseren Resultaten keineswegs schlieBen, daB patho- 
logische HBmolysine nicht vorkommen. TatsQchlich wurden krankhafte 
und selbst die Krankheitserscheinungen direkt verursachende Auto- und 
Isolysine mit einer besonderen Versuchsanordnung bei Fallen von pa- 
roxysmaler Hamoglobinurie sicher nachgewiesen 1 ). Da unser Material nicht 
groB ist und wenige Krankheitstypen einschlieBt, so kdnnen wir natQrlich 
keineswegs behaupten, daB nicht auch mit der hier angewendeten Me- 
thode des einfachen Zusammenbringens von Blut und Serum verschie- 
dener Individuen spaterhin pathologische Lysine Oder Agglutinine auf- 
gefunden werden kSnnten, wenn auch die vorliegenden Angaben, wie 
wir meinen, keinen Beleg dafUr enthalten; doch schien es uns selbst 
nicht aussichtsvoll, die Arbeit, ohne besondere Anhaltspunkte zu besitzen, 
in gleicher Weise fortzufBhren. MQglicherweise sind die Beobachtungen 
von Klein (Wien. klin. Wochenschr. 1901) einer verstarkten Autoaggluti¬ 
nation bei hypertrophischer Lebercirrhose von pathologischer Bedeutung. 


11 Donath and Landsteiner, Munch, med. Wochenschr. 1904. No. 36. 


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556 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Nachdruck verboUn. 

Schwankungen des Agglutmationsvemogens des Blutes 
im Verlaufe des Typhus ahdominalis. 

[Aus dem Statens Seruminstitut in Kopenhagen.] 
Klinische and experimentelle Untersuchungen. 

Von Axel JOrgensen. 

Mit 44 Figuren. 

(Fortsetzung.) 

Kapitel II. 

In 29 Fallen von klinisch sicherem Febr. typhoidea verfolgte ich die 
Agglntininscbwingungen im Blute des Patienten. 

Die Blutproben warden in so kleinen Zwischenr&umen als mOglich 
genommen. Aus Rucksicht anf die moistens erschOpften und nervbsen 
Patienten war es im letzten Teile der Krankheit notwendig, die Zeit- 
intervalle mehr als vorausgesehen und wtlnscbenswert zu verlfingern. 

Im folgenden sind die Jonrnale ganz kurz referiert und nur das ist 
erw&hnt, was ich zur Erkennnng der Diagnose und der Komplikationen 
far notwendig erachtete. 

Die Temperatur- und Agglutininkurve jedes Patienten ist in der- 
selben Figur dargestellt (bezeichnet durch die No. des Patienten in der 
Reibe). Die Agglutininkurven sind nach dem gleichen Mafistabe wieder- 
gegeben; doch in Fig. I, II, IV, XVI und XXIX im Verh&ltnis von 
2:1, urn die Schwingungen deutlich zu machen und in Fig. XX in 
halber GrOBe aus Platzriicksichten. 


Leichtere und mittelsch were Falle ohne Komplikationen. 

I. Richard A., 3 Jahre alt. Bl. Hosp. 19. Nov. bis 19. Dez. 1901. Krank 8Tage 
vor Einbringung an Milzschwellung. Status typhosus, Epistaxis, Diarrhde. 23. Nov. 
afebril, 26. Nov. Wohlbefinden, 9. Dez. e. L Klin. Diagnose: Febris typhoidea abortiva. 



% 25 27 5 0 O 17 21 

Fig. I. 


II. Svend Aage R., 6 Jahre alt Bl. Hosp. 29. Okt bis 19. Dez. 1901. Ein 
paar Tage Prodromen, bettlkgerig 8 Tage v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, 
Diarrhde. 17. Nov. afebril, 29. Nov. Wohlbef., 5. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t 

III. Carl H., 8 Jahre alt Bl. Hosp. 30. Nov. 1901 bis 25. Jan. 1902. 6 Tage 
Prod omen, bettL 2 T. v. Einbr. Stat typh., Roseola, typische Diarrhde, dikroter Puls. 
26. Dez. afebril, 29. Dez. Wohlbef., 11. Jan. e. L Klin. Diagnose: F. t 

IV. Otto Thorv. Ch., 6 Jahre alt Bl. Hosp. 14. Nov. 1901 bis 14. Jan. 1902. 
Krank ca. 8 T. v. Einbr. Stat typh., typische Diarrhde, Roseola, 14. Dez. afebril. 
15. Dez. Wohlbef., 30. Dez. e. L Kith. Diagnose: F. t (Rechute). 
































558 


Centr&lbl. f. Bakt, etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 5, 


V. Henry H., 10 J&hre alt. BL Hosp. 21. Nov. 1901 bis 12. Jan. 1902. P16tz- 
lich erkrankt 2 T. v. Einbr. Stat. typh., zanlreiche Roseola. 3. Dez. afebril, 5. Dez. 
Wohlbef., 20. Dez. e. 1 M 1. Jan. Kopfschmerz u. Uebelkeit, tags nachher wieder Wohlbef. 
Klin. Diagnose: F. t. 




Fig. vn. 


VII. Asger K., 27 Jahre alt. Bl. Hosp. 2. Nov. bis 13. Dez. 1901. 2 T. Pro¬ 
drome^ bettl. 7 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, Diarrhde. 13. Nov. 
afebril, Wohlbef., 15. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t, 

Vm. Ane Kristine H., 37 Jahre alt. Bl. Hosp. 14. Nov. bis 29. Dez. 1901. 
PlStzL teink 10 T. v. Einbr., keine Prodromen. Stat. typh., Roleola, Meteorismus, 
Diarrhde. 28. Nov. afebril, Wohlbef., 15. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t. 


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Jdrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 559 



IX. Wilhelm ine G., 29 Jahre alt BL Hosp. 9. Dez. 1901 bis 19. Jan. 1902. 
2 T. Prodromen, darauf ernstlich krank 6 T. v. Elinor., verrichtete aber ihren Dienst. 
Stat typh., Epistaxis, Roseola, Diarrhoe. 19. Dez. afebril, Wohlbef., 5. Jan. e. 1. Klin. 
Diagnose: F. t 

X. Johann L., 20 Jahre alt BL Hosp. 11. Nov. bis 24. Dez. 1901. PlOtzlich 
krank ohne Prodromen 6 T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis, Milzschwellung, dikroter 
Puls. 17. Nov. afebril, 20. Nov. Wohlbef. Klin. Diagnose: F. t. 

XI. Antomine Margrethe H., 26 Jahre alt Bl. Hosp. 15* Nov. bis 31. Dez. 

1901. Krank 8 T. v. Einbr. ohne vorherige Prodromen. Stat. typh., Meteorismus, 
Diarrhde. 1. Dez. afebril, 3. Dez. Wohlbef., 20. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t 

XII. Axel L., 7 Jahre alt (Binder des VI.). Bl. Hosp. 25. Nov. 1901 bis 24. Jan. 

1902. 1 T. Prodromen, dann bettL 6 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Ro- 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 



Fig. XI. 

seola, DiarrhSe. 12. Dez. recht wohl und lebhaft, 15. Dez. wieder matt, Erbrechen, 
20. Dez. vollst afebril, Wohlbef., 10. Jan. e. 1. Klin. Diagnose: F. t (Rechute). 

XIU. Jena H., 12 Jahre alt (Bruder des V.). BL Hosp. 26. Nov. 1901 bis 
19. Jan. 1902. 3 T. krank ohne Prodromen. Stat typh., Milzschwellung, Roseola, 
DiarrhOe, 15. Dez. afebril, Wohlbef. 31. Dez. e. 1., 4. Jan. Kopfschmerz una einz. Er- 
brechen, t L, 5. Jan. wieder Wohlbef., 7. Jan. e. 1. Klin. Diagnose: F. t 

XIV. Arthur S. N., 30 Jahre alt. Bl. Hosp. 7. Nov. 1901 bis 5. Jan. 1902. 
Em paar T. Prodromen, dann bettl. 7. T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis, Milzschwel- 
lung, Roseola, Diarrhfte. 20. Nov. afebril, Wohlbef., 9. Dez. Abdomen stark aufge- 
trieben die letzten 2 Tage, Wohlbef., 13. Dez. Wohlbef., Abdom. nat, 22. Dez. e. L 
Klin. Diagnose: F. t. Kezidiv 1. gr. 

XV. Karen O., 12 Jahre alt. Bl. Hosp. 10. Nov. 1901 bis 3. Jan. 1902. 3 bis 
5 T. Prodromen, dann bettl. 7 T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis. Milzachwellung, 
Roseola, Diarrhde. 21. Nov. Wohlbef., 23. Nov. afebnl, 1. Dez. Wonlbef., nichts Ob- 
jektives, 6. Dez. afebril, 20. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVlii. He 

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Fig. XIII. 



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Leicbtere and mittelechwere Falle mit Komplikat 

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Or 

UNIVERSf 










Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 563 


XVI. Niels, P. A., 42 Jahre alt. Bl. Hosp. 9. Nov. 1901 bis 2. Jan. 1902. 
Nach einem Prodromalstat. v. 6 T. bettl. 8 T. v. Einbr. Stat. typh., zahlr. Roseola, 
Meteorismus, typische Stiihle. Bei d. Einbr. zahlreiche Rochellaute in beiden Lungen, 
reichl. mucopur. Expekt., 24. Nov. afebril, 26. Nov. Wohlbef., die stethosk. Phanomene 
verschwinden, 16. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t. Bronchitis dupl. 

XVII. Anders A., 25 Jahre alt. Bl. Hosp. 29. Nov. 1901 bis 26. Jan. 1902. 
4 T. Prodromen, bettl. 10 T. v. Einbr. Stat. typh., Roseola, Meteorismus, Diarrhoe. 



*% fa * c « » » a ^ i 9 li i7 2i Fig. XVII. 

36* 


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1 



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I. Abt. Originale. 


Bei Einbr. eine Anzahl von Follikuliten 
an Bmst u. Riicken, 23. Dez. kleine 
Furunkei an Nates u. Riicken, in den 
folg. Tagen entwickelt eich an r. Nates 
ein Abscefi, der am 27, Dez. perforiert, 
29. Dez. afebril, Wohlbef., 11. Jan. die 
Furunkulose gehoben, 11. Jan. e. L 
Klin. Diagnose: F. t. Furunculosis 
1. gr. 


XV11I. Wiltje de Y., 38 Jahre 
alt. Bl. Hosp. 10. Dez. 1901 bis 29. Jan. 
1902. Gibt den Anfang der Krankheit 
auf 3 Wochen v. Einbr. an. Stat. typh., 
Epistaxis, Roseola, Diarrhoe. Bei Einbr. 
ernalt der Urin zahlr. kbrnige Cylinder 
und Spuren von EiweiB. 14. Dez. 
Pustel- und Furunkeleruption an Nates, 
24. Dez. afebril, 28. Dez. Urin ohne 
Cylinder, zeigt Spuren von Alb. und 

B 'bt schwache Blutreaktion, 11. Jan. 
rin normal, 15. Jan. e. 1. Klin. Dia- 

F ose: F. t. Nephritis. Furunculosis 

gr. 


Fig. XVIII. 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5, 


XX. Jen sine A. B., 23 Jahxe alt. Bl. Hosp. 23. Nov. 1901 bis 16. Febr. 1902. 
Krank 14 T. v. Einbr., aber nur ab und zu bettl. Stat. typh., Epistaxis, Milzschwei- 
lung, Roseola, Diarrhoe. 6. Dez. afebril, vollst. Wohlbef., 11. Dez. Kopfschmerz und 
Schm. ira Unterleib, Diarrhoe, 14. Dez. frische Erupt, v. Roseolen, 24. Dez. wieder 
Wohlbef. und afebril, 19. Jan. e. 1.. 11. Jan. Rezidiv der Syrnpt., 18. Jan. Wohlbef., 
2. Febr. e. 1. Klin. Diagnose: F. t. Rezidiv I und II. 



25 Ai 27 { /m 3 9 n 17 21 23 29 Vi 6 10 w 22 ^0 ^ 7 li 


Fig. XX. 


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JOrgensen, Schwanknngen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 567 


XXL Henriette L., 24 Jahre alt Bl. Hosp. 4. Nov., starb 10. Nov. 1901. 
Krank 8 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Diarrhde. Partns 4 Wochen v. 
Einbr., e. L 10. Tag. Puerp. norm. Bei Einbr. sehr erschdpft Sektionsdiagnose: 
Ulcera typh. intestmi ilei et coeci et colL Hyperaemia et hyperplasia lienis. Hvper- 
4 &emia et hyperplasia part necrot glL mesent. Degenerat. parenchym. organor. Hypo- 
stasis et oedema pulm. 



Fig. XXI. Fig. XXII. 

XXII. Katty H., 20 Jahre alt BL Hosp. 9. Nov., starb 14. Nov. 1901. BettL 
7 T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis, Milzschwellung, Diarrhde. Sektionsdiagnose: 
Ulcera typh. intest crassi et tenui. Hyperplasia gu. mesent. Hyperplasia et hyper¬ 
aemia lienis. Degen. parenchym. organorum. 

Schwere Falle mit Komplikationen. 

XXI II. Alfred H., 4 Jahre alt (Bruder des HI.). Bl. Hosp. 30. Nov. 1901 bis 
0. Febr. 1902. Krankelte mehrere Tage (3—5), dann bettl. 6 T. v. Einbr. Stat typh., 
.zahlr. Roseola, typische Stiihle. 4. Dez. sehr erschOpft, unruhig, Lippen und Zunge 
trocken, krustig, 8. Dez. Stiihle teerfarbig, 10. Dez. die letzten 2T. starkes Husten, in 
beiden Lungen zahlr. mittelf. u. feine feuchte Rochellaute, keine deutliche Dampfung, 
19. Dez. afebril, 22. Dez. erholt sich gut, stethosk. Phanomene verschw., 4. Jan. Wohlbef., 
23. Jan. e. L Klin. Diagnose: F. t Bronchitis dupL 



XXIV. Ane Marie L., 25 Jahre alt Bl. Hosp. 18. Dez. 1901 bis 16. Marz 1902. 
6 T. Prodromen, bettl. 3 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, Diarrhde. 
26. Dez. sehr erschdpft und stumpf, Lippen una Zunge trocken, krustig und fissnriert, 
Albuminurie (1 mm, Heller), 31. Dez. Abscefi am r. Femur (nach Injektion), 3. Jan. 
afebril, 12. Jan. Wohlbef., 15. Jan. Kopfschmerz, nichts Objektives, 24. Jan. wieder 
afebril, 12. Febr. e. L Klin. Diagnose: F. t Rezidiv, Albuminuria, Abscess, fern. d. 

XXV. Signe D., 29 Jahre alt. K. G. S. 12. Nov. 1901 bis 4. Febr. 1902. Un- 
wohl ca. 14 T. v. Einbr., aber nicht bettl. Stat typh., Milzschwellung, Roseola, Diar¬ 
rhde, 19. Nov. bef. sich wohl, 29. Nov. Kopfschmerz, wieder stumpf, 7. Dez. immer 
noch erschdpft, Uebelkeit, Zunge trocken, krustig, 22. Dez. bef. sich wieder wohl, ist 
afebril, 3. Jan. hostet in den letzten Tagen, klagt ub. Schm. in 1. Brustseite and hier 
zwischen der PapUle und vordersten Axillarlinie scharfe Reibungslaute, keine Dam- 


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JOrgensen, Schwankungen des Agglutinationsvermflgens des Blutes etc. 569 

pfungen, 6. Jan. VVohlbef., Reibung verschwunden, e. L Klin. Diagnose: F. t. Pleu¬ 
ritic sicca sin. 



XXVI. Dorothea P., 35 Jahre alt. Bl. Hosp. 18. Dez. 1901 bis 23. Marz 1902. 
4—5 T. Prodromen, dann 4 T. v. Einbr. bettl. IStat. typh., Milzschwellung, Roseola, 
Diarrhoe. 31. Dez. stark erschopft, abwechselnd stumpf und unruhig, phantasiert, in- 
volontarer Abgang von Urin u. Faeces, Albuminurie, 19. Jan. Wohlbef., 1. Febr. Uebel- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


keit und Schm. im Unterleib, 3. Febr. wieder stumpf und unklar, 9. Febr. stark deli- 
rierend, halluziniert, maniakalisch erregt, 14. Febr. wieder klar. Klin. Diagnose: F. t. 
Rezidiv, Albuminuria, Mb. mental acut. in rec. 



XXVII. Laurits L., 25 Jahre alt (verheiratet mit XXI.). B. Hosp. 4. Nov. 
1901 bis 28. Jan. 1902. Prodromen 10 T„ bettl. 4 T. v. Einbr. Stat. typh., Milz- 
schwellung, Roseola, Diarrhoe. 12. Nov. bestandig sehr stumpf, involontarer" Abgang v. 
Urin u. Faeces, 16. Nov. sehr erschopft, Cyanose der Haut, Puls sehr klein, weich, 
22. Nov. etwas besser, doch ab und zu unklar, 28. Nov. bef. sich nun ganz wohl, kleine 
Abscesse an Nates und im Nacken werden incidiert, 13. Dez. Kopfschmerz u. Schm. in 
1. Schulter u. Ellbogen, nichts Obj., 25. Dez. Wohlbef., 27. Dez. afebril, 14. Jan. e. 1. 
Klin. Diagnose: F. t. Rezidiv, Rheumatismus artic. 1. gr. 



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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins. 


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Nachdruck verboten. 

Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins 

[Aus dem chem. Laborat. des Instituts fflr experimentelle Medizin zu 

St. Petersburg.] 

Von N. Sieber. 

Bei der Fortsetzung unserer Untersuchungen fiber Blutfibrine so- 
wohl von normalen als auch gegen verschiedene Krankbeiten immuni- 
sierten Tieren, speziell von Pferden, konnten wir uns bald fiberzeugen, 
daB wir es in diesem Falle mit einem zusammengesetzten Komplex Oder 
einer Sum me verschiedener, zum Teil fermentativer, zum Teil diesen 
sehr nahestehender Funktionen zu tun haben. 

Bei dieser Sachlage kann man sich natfirlich durchaus nicht mit 
Bestimmtheit darfiber fiuBern, ob die verschiedenen Funktionen einem 
oder mehreren, vielleicht sogar vielen vorhandenen Agentien zukommen. 
In unserer Darlegung wollen wir aus dem Grunde nur die uns interes- 
sierenden Funktionen und Eigenschaften nfiher betrachten, die Frage 
aber, welcher Art von Substanzen diese oder jene Eigenschaften und 
Funktionen angehfiren, vorlfiufig ganz unberfihrt lassen. 

In der vorliegenden Verdffentlichung haben wir vor, eine Eeihe von 
Beobachtungen wiederzugeben, welche speziell die Frage von den bak¬ 
terienfeindlichen Agentien des Fibrins betreffen; fiber die anderen 
aktiven Substanzen des Fibrins wollen wir an anderer Stelle berichten. 

Die Frage von den Mitteln, fiber welche der Organismus zum 
Zwecke seines Selbstschutzes und der Bekfimpfung verschiedener schfid- 
licher Einwirkungen, vor allem den Infektionen Oberhaupt, verffigt, ist 
schon lfingst Gegenstand eines vielseitigen Studiums geworden. Es hat 
sich wohl schon gegen wfirtig ein ziemlich reichhaltiges Material von 
Beobachtungen, Tatsachen und Theorieen, welche uns in gewissem Mafie 
die in dieses Gebiet gehfirigen Erscheinungen erklfiren, angesammelt. 
Wir beabsichtigen jedoch keine genauere Betrachtung in Betreff der in 
dieser Frage aufgestellten Theorieen und hierher gehfirigen Tatsachen, 
welche bald die eine, bald die andere Art von Selbstschutz des tieri- 
schen Organismus gegen Infektion bestfitigen, nfimlich einerseits den 
Schutz durch Phagocytose, andererseits durch Vorgfinge, welche zur 
Immunitfit ffihren, auch denjenigen durch gelfiste Agentien, welche von 
verschiedenen Organzellen und in deren Umgebung, und zwar vor allem 
durch die Intercellularrfiume und die in ihnen zirkulierenden Sfifte, die 
sich schlieBlich in Blut und Lymphe ergieBen, ausgeschieden werden. 

Es unterliegt keinem Zweifel, daB die dem tierischen Organismus 
zu Gebote stehenden Schutzmittel nicht sehr einfache, sondern vielmehr 
sehr verschiedenartige sind und daB sie auBerdem augenscheinlich alien 
mfiglichen Zuffilligkeiten angepaBt sein sollen. Wenn nfimlich irgend 
eine Substanz oder irgend ein Mittel aus irgend welchem Grunde nicht 
im stande ist, die ihm eigene Funktion zu fiuBern, d. h. wenn sie in- 
aktiv geworden sind, so treten wahrscheinlich anderweitige Prozesse an 
ihre Stelle. Indem wir im Laufe der letzten Jahre uns mit Unter¬ 
suchungen fiber verschiedene Lfisungen oder wfisserigen Extrakte von 
Fibrin verschiedenen Ursprungs beschfiftigten, stieBen wir einerseits auf 
die Tatsache, dafi die Fibrinextrakte beim Stehen und Aufbewahren sich 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


nicht zersetzt haben und nicht faulten, was nicht fflr jedes Extrakt, 
sondern nur fflr unter Einhaltung gewisser Kautelen gewonnene zu- 
trifft. 

Da andererseits durch vorhergehende Untersuchungen festgestellt 
worden ist, daB das Fibrin Substanzen enthalt, welche die Fflhigkeit 
besitzen, auf Toxine zerstflrend einzuwirken, so drflngte sich in natflr- 
licher Weise die Frage auf, wie sich dieselben Substanzen unraittelbar 
gegenflber Mikroorganismen, welche die einen oder die anderen Toxine 
aufweisen, verhalten. 

Nachdem das Nichtverderben der LSsungen festgestellt worden war, 
was auf bakterienfeindlicbe Eigenschaften der entsprecbenden Substanzen 
hinwies, muBte man zu ermitteln suchen, inwieweit sie einen spezifischen 
Cbarakter besitzen. In dieser Richtung vorgenommene Untersuchungen 
brachten uns zu der Ueberzeugung, daB wir es im gegebenen Falle 
(beim Fibrin) nicht nur mit spezifischen, ausschlieBlich auf die betreffende 
Infektion einwirkenden Agentien, sondern auch mit Agentien, die eine 
allgemeine sch&dliche Wirkung auf die Mikroben aus- 
flben, zu tun haben. Es muB jedoch bemerkt werden, daB nicht alle 
Mikroben in gleichem MaBe der sch&dlichen Einwirkung dieses Agens 
unterstehen, daB die weniger standfesten leichter vernichtet werden, die 
resistenteren aber schwerer. Die von den erw&hnten Substanzen auf 
die Mikroben ausgeflbte sch&dliche Wirkung flufierte sich in zweifacher 
Weise, nflmlich: 1) durch Verminderung der Virulenz der betreffenden 
Mikroben, und 2) durch Sch&digung ihrer Vermehrungsf&higkeit. Zur 
Ermittelung dieser beiden Wirkungen nahmen wir Untersuchungen so- 
wohl in vitro als auch in vivo vor. 

Unsere die quantitative Seite der im Fibrin enthaltenen bak- 
terienfeindlichen Stoffe betreffenden Versuche haben ergeben, daB in 
dieser Beziehung ziemlich bedeutende Schwankungen bestehen. Bak- 
terienfeindliche Wirkung besitzt sowohl das Fibrin normaler als auch 
dasjenige gegen verschiedene Krankheiten immunisierter Tiere. Die 
Frage flber den quantitativen Gehalt an bakteriziden Substanzen kann * 
nicht entschieden werden, solange es keine genaue Methode zur Aus- 
scheidung dieser Substanzen gibt. Fflrs erste kann nur behauptet 
werden, daB die einen Fibrinsorten mehr, die anderen weniger bakteri- 
zide Stoffe enthalten. Gegen wflrtig beurteilen wir den quantitativen 
Gehalt nach der Anzabl der Extrakte des zu wiederholten Malen mit 
gleicher Menge Wassers dem Gewichte nach bearbeiteten Fibrins, in 
denen noch bakterizide Stoffe enthalten sein kfinnen. Wir verfflgten 
flber Fibrinsorten, welche nach 2maliger Extraktion erschflpft waren, und 
fiber andere, welche 4—5 und noch mehrere Male mit Wasser be- 
arbeitet wurden, wobei s&mtliche gewonnenen wasserigen Auszflge eine 
bestimmte Menge bakterizider Stoffe enthielten. Es sind von uns auch 
Fibrinsorten angetroffen worden, welche nach 2—3maliger Extraktion 
mit Wasser diesem letzteren die in ihnen enthaltenen bakterienfeind- 
lichen Substanzen nicht vollstSndig abgeben. Andererseits wurde aus 
der Menge von Kubikcentimetern, welche nfltig waren, um eine be¬ 
stimmte Menge Kultur unschadlich zu machen, der Gehalt der bakterien- 
feindlichen Stoffe in den Extrakten selbst beurteilt. 

Obgleich wir die Frage, welcben Substanzen die dem Fibrin eigenen 
Ffihigkeiten angehdren, nicht in Betracht ziehen wollen, so halten wir 
es doch, um MiBverst&ndnissen vorzubeugen, fflr angebracht, zu flufiern. 
daB wir es im Fibrin aller Wahrscheinlichkeit nach mit intracellul&ren 


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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins. 


573 


Sabstanzen, die teilweise zu den Fermenten, teilweise aber zu den 
diesen nahestehenden Sabstanzen gehdren, zu tun haben. 

Fflr die Annabme, dafi die uns interessierenden Stoffe weder im 
freien noch im gelflsten Zustande an das Fibrin fixiert sind, spricht eine 
ganze Reihe von Beobachtungen, die sowohl von anderen Autoren als 
auch von uns gemacht wurden und die erwfihnten Substanzen entweder 
direkt Oder indirekt berflhren; hierflber soli Qbrigens noch weiter unten 
die Rede sein. 

Die Methode, deren wir uns Mrs erste bedient haben, urn die im 
Fibrin enthaltenen bakterienfeindlichen Stoffe zu isolieren, besteht in den 
Hauptzflgen in folgendem: Das aus Blutplasma oder direkt aus dem 
Blute gewonnene Fibrin wird vor allem so lange durch die Presse ge- 
drflckt, bis die letzten Spuren von Serum aus ihm entfernt sind. So- 
dann wird es 3—5mal mit kleinen Wassermengen, und zwar so lange 
gewaschen, bis das Wasser klar von ihm abl&uft; hierauf wird es 
wiederum ausgeprefit, um die letzten Spuren von Wasser und auch Blut- 
serum (sowie die diesem angehdrigen Substanzen) zu beseitigen. Das 
ausgewaschene und ausgeprefite Fibrin wird sodann gewogen und mit 
einer dem Gewichte nach gleichen Menge chloroformhaltigen Wassers 
Qbergossen. Die Extraktion des Fibrins wurde jedesmal bei einer Tem- 
peratur von 22—25° vorgenommen und nicht weniger als 5—10 Tage, 
zuweilen aber auch langer, fortgesetzt, wobei die das Fibrin ent- 
haltenden und mit Glasstopfen versehenen Flaschen von Zeit zu Zeit 
(2—3mal am Tage) geschflttelt wurden. Spfiter verwandten wir zu 
diesem Zwecke einen speziellen Schtittelapparat. Die bei wiederholter 
Bearbeitung gewonnenen Fraktionen wasseriger Extrakte wurden nicht, 
wie das frflher geschehen ist, zusammengegossen, sondern wurden jede 
fflr sich untersucht, um auf diese Weise die Frage der in Lflsung flber- 
gehenden Substanzen beurteilen zu kflnnen. Hierbei mull bemerkt 
werden, dafi die im Fibrin enthaltenen bakterienfeindlichen Stoffe sich 
nicht leicht in Wasser lflsen, dafi zuweilen ziemlich viel Zeit erforder- 
lich ist, damit sie im Wasser sich aufldsen; deshalb mull zur Extraktion 
stets Wasser verwandt werden, welches irgend eine desinfizierende Sub* 
stanz enthfilt, die sodann nfltigenfalls leicht entfernt werden kann. Zu 
diesem Zwecke verwandten wir meist Chloroform-Thymol. Die Gegen- 
wart von antiseptischen Substanzen ist namentlich in den ersten Ex- 
traktionsperioden erforderlich, um die Lflsungen vor Zersetzung zu 
schfltzen, denn um diese Zeit sind die bakterienfeindlichen Stoffe ent¬ 
weder gar nicht in ihnen enthalten oder in ungenflgender Menge, welche 
die Entwickelung der Mikroben nicht zu hemmen im stande ist. 

Die Versuche, welche bezweckten, die Frage zu losen von dem 
Vorhandensein der bakterienfeindlichen Stoffe im Fibrin selbst oder in 
den in ihm vorhandenen morphologischen Elementen resp. speziell in 
den Substanzen, welche unter Einwirkung eines mehr oder minder lang- 
dauernden Kontaktes des Fibrins mit Wasser in Lflsung flbergehen, 
wurden, wie oben bereits erwfihnt, teilweise in vivo an Tieren, teilweise 
aber in vitro vorgenommen. Die Versuchsanordnung war die in solchen 
Fallen flbliche. 

In einer ganzen Reihe von Versuchen, welche an verschiedenen 
Tieren (Mausen, Kaninchen und Meerschweinchen) angestellt wurden, 
erwies sich, dafi im Blutfibrin, welches sowohl von normalen wie auch 
von gegen verschiedene Krankheiten immunisierten Tieren gewonnen 
war, Stoffe enthalten sind, die im letzten Falle nicht nur eine spezifische, 


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574 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


sondern auch eine allgeraeine sch&dliche Wirkung auf verschiedenartige 
Mikroben auszuuben im stande sind. Es wurden in der Richtnng 
sowohl weniger standfeste als auch resistentere Mikroben untersucht. 
Zur ersten Gruppe gehSrten Kulturen des Choleravibrio, des 
Typhus- und des Diphtheriebacillus, sodann Streptokokken 
verschiedenen Ursprungs, schlieBlich Staphylokokken, Kulturen des 
Bacillus Friedl&nder, des Vibrio Me tschnikowii, des B. 
pyocyaneus, Milzbrandbacillen mit Sporen, Osteomyelitis- und Tu- 
berkelbacillen. 

Zu den Versuchen dienten, mit Ausnahme der Tuberkelkulturen, 
meistens 24- Oder 48-stQndige Kulturen. Das Verh&ltnis zwischen Kul¬ 
turen und auf bakterienfeindliche F&higkeit zu untersuchender Losung 
Oder wfisserigen Fibrinextrakten verhielt sich wie 1:1, 1:2 und 1 :4. 
Die Menge der der Einwirkung von verschiedenen LSsungen oder Emul- 
sionen ausgesetzten Kulturen entsprach in alien Fallen der mehrfachen 
tSdlichen Dosis der verschiedenen Mikroben (fiir das betreffende Tier 
berechnet). Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daB wir die 
mit verschiedenen w&sserigen Ausziigen vermengten Kulturen den Tieren 
entweder sofort einverleibt haben oder erst, nachdem die Gemenge 
mehrere Stunden, bis 24 und mehr, bei Zimmertemperatur (bei 16—18°) 
oder bei Brfltschranktemperatur (37,5—38°) gestanden hatten. Alle 
hierher gehorigen Versuche flberzeugten uns, daB die wenig resistenten 
Mikroben in kurzer Zeit rasch unsch&dlich gemacht werden durch die 
aus Fibrin erhaltenen Losungen, wBhrend fiir die resistenteren eine be- 
deutend lSngere Einwirkungsdauer der bakterienfeindlichen Stoffe des 
Fibrins auf dieselben erforderlich ist. Parallel angestellte Versuche, in 
denen einerseits Tiere infiziert wurden, andererseits aber in vitro die 
Kulturen auf sterile Nihrbtfden tibergeimpft wurden, ergaben, daB so 
hochresistente Mikroben, wie sporenhaltige Milzbrandbacillen, 
Vibrio Metschnikowii, Friedl&nder-Pneumoniebacillen, 
Bac. pyocyan. und Osteomyelitis ein l&ngeres Einwirkungsstadium 
brauchen, um in ihrer Vermehrungsf&higkeit beeintr&chtigt zu werden. 
Gemenge von sporenhaltigen Milzbrandbacillen mit w&sserigen Extrakten 
verschiedener Fibrinsorten, welche 24 und mehr Stunden im Brflt- 
schranke gestanden hatten, ergaben wohl bei Impfung auf N&hrmedien 
reichliches Wachstum, enthielten also noch lebensfahige Bacillen oder 
Sporen, toteten aber bei Injektion der Tiere die letzteren nicht. Als 
hOchst resistent gegen die uns interessierenden Stoffe erwies sich weiter- 
hin das Osteomyelitis-Stabchen sowie FriedlSnder-Bacillus, 
B. pyocyaneus und Vibrio Metschnikowii: Der Einwirkung 
wSsseriger Extrakte verschiedener Fibrinsorten ausgesetzt, bleiben sie 
lebens- und fortpflanzungsf&hig; nach protrahierter (bis zu mehreren 
Tagen dauernder) Einwirkung von Fibrinextrakten auf die Kulturen, 
welche Tieren einverleibt wurden, erwiesen sie sich aber als avirulent. 
Die im allgemeinen resistentesten Arten bflfien erst nach langdauernder 
Einwirkung der bakterienfeindlichen Stoffe ihre Virulenz ein. Die Kulturen 
der resistenten Mikroben tsteten, nachdem sie w&hrend 24 Stunden oder 
linger unter der Einwirkung der im Fibrin enthaltenen bakterienfeind¬ 
lichen Stoffe sich befunden haben, die Tiere entweder gar nicht oder 
aber bedeutend sp&ter als die entsprechenden normalen Kulturen in 
Kontrollversuchen. Andererseits bttBt eine ganze Reihe von Mikroben, 
zu denen der Vibrio cholerae asiat., der Bac. typhi abdomin., 
diphtheriae, Streptokokken verschiedenen Ursprungs so- 


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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins. 


575 


wie der zu den resistenten Arten zfihlenden Staphylococcus aureus 
gehdren, unter Einwirkung der sowohl aus normalem Fibrin als 
aus Fibrin von gegen verschiedene Erankheiten immuni- 
sierten Tieren gewonnenen bakterienfeindlichen Sub- 
stanzen nicht nur ihre Virulenz ein, sondern geht hier- 
bei auch sehr rasch zu Grunde. Weiter konnte aufierdem fest- 
gestellt werden, daft die gleichen Stoffe des Fibrins auch auf Mischkulturen 
ebenfalls entsprechend schfidlich einwirken. So verliert z. B. eine Misch- 
kultur des Diphtheriebacillus und des Staphylococcus aureus 
nach Einwirkung der bakterienfeindlichen Stoffe des Fibrins nicht nur 
ihre Virulenz und flberhaupt die fttr die Tiere sch&digende Wirkung, 
sondern auch die Fahigkeit, neue Generationen zu liefern. Schliefilich 
konnte noch konstatiert werden, daft auch s&urefeste Bakterien, zu denen 
die Tuberkelbacillen gehOren, in dem Falle, wenn die im Ver- 
laufe mehrerer Stunden mit den im Fibrin enthaltenen Agentien in Be- 
rtihrung kommen, ihre Virulenz einbfifien. Lafit man ein Gemisch 
von Tuberkelbacillenkultur und wasserigem Fibrinextrakt 20—24 Stunden 
im BrQtschranke stehen, und injiziert man dasselbe sodann Tieren intra- 
peritoneal, so kann man hiernach bei diesen im Verlaufe von 2—3 Mo- 
naten Beobachtungszeit durchaus keine Abnormitaten in ihrer Gesund- 
heit beobachten. Wird jedoch eine Tuberkelbacillenkultur sofort nach 
Vermengung mit dem wasserigen Fibrinextrakt an Tiere verimpft, so 
gehen dieselben wohl zu Grunde, jedoch viel spater als die entsprechen- 
den Kontrolltiere. 

Die Ergebnisse der Versuche, von denen hier die Rede ist, sind 
aus den Tabellen zu ersehen, in welchen einige von unseren Versuchen 
wiedergegeben sind. 

Aus alien unseren Versuchen und auch aus denen, welche in die 
Tabelle aufgenommen worden sind, geht hervor, dafi die in Fibrin Oder 
in den mit vorhandenen morphotischen Elementen enthaltenen bakterien¬ 
feindlichen Stoffe nicht nur die Virulenz von verschiedenen pathogenen 
Mikroben beeintrachtigen und deren pathogene Wirkung paralysieren, 
sondern auch die Lebensfahigkeit einiger von ihnen beeinflussen. Weiter 
stellte sich heraus, dafi ftir diese bakterienfeindlichen Stoffe zur Aeufierung 
der Wirkung ein gewisser Zeitraum erforderlich ist. Gemische dieser 
Stoffe mit Bakterien, namentlich mit resistenteren, kdnnen, wenn sie 
Tieren sofort nach ihrer Zubereitung injiziert werden, wohl zum Tode 
derselben ftihren, obgleich bedeutend spater als bei Kontrolltieren. 
Bleiben dieselben Gemische bei Zimmertemperatur Oder im Thermo- 
staten 24 und mehr Stunden stehen und werden sie erst dann den 
Tieren injiziert, so ertragen dieselben die Injektionen ohne irgendwelche 
Krankheitserschein ungen. 

Obgleich wir nicht beabsichtigen, hier die Frage von der chemischen 
Seite resp. von der Zusammensetzung der wasserigen Extrakte des 
Fibrins zu bertlhren, so glauben wir doch erwahnen zu mfissen, dafi 
die Reaktion der verschiedenen Fibrinextrakte in den meisten Fallen 
eine neutrale, nur selten eine schwach alkaliscbe war. Das spezifische 
Gewicht der Auszflge schwankt zwischen 1005 und 1025, der Stickstoff- 
gehalt zwischen 0,5 und 1,2 Proz. 

Filtriert man die wasserigen AuszQge durch Chamberland- 
Pasteur-Kerzen F, so behalten die Filtrate die bakterienfeindlichen 
Eigenschaften jedoch nur zum Toil, d. h. in abgeschwfichter Form. 


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Ta belle I. 

Wirkung w&sseriger Ausziige des normalea Fibrins auf verschiedene Mikroorganismen. 


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578 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


TabeUe III. 

Wirkung dee wasserigen Auszuges von nonnalem Pferdefibrin auf 

Tuberkelbacillen. 


bC 

G 

S 

■w 

"3 

<D 

Menge d. Kultur 
in 
ccm 

'll 

« K « 

5b £ 

§ 

s 

Einwirkungszeit 
vor der Ein¬ 
spritzung 
in Stun den 

Im Thermostaten 

Bei Zimmer- 
temperatur 

Beobachtungs- 
zeit nach der 
Einspritzung 
in Tagen 

0) 

8 

H S 
*o 1 

s.s 

o> 

'J 

Art der Einver- 
leibung 

Gewichts- 
zunahme d. Tiere 
in Gramm 

c 

B 

jB 

J5 

Tod 

§ 

0,5 

0,5 

3X24 

+ 


42 

360 


153 

+ 


-a 

0,5 

1,0 

3 X 24 

+ 


42 

335 

c3 

O 

134 

+ 


c 

0,5 

1,5 

24 

1 4- ! 


58 

349 

a 

o 

134 

+ 


*<D 

£ 

0,5 

2,0 

24 

+ j 

— 

40 

387 

+-> 

*c 

138 

+ 


a 

1,0 

1,0 

2V24 

+ 

— 

46 

321 

0) 

Cu 

120 

+ 


CD 

1,0 

2,0 

2 X 24 

4- 

— 

53 

300 

c3 

U 1 

168 

+ 


8 

1,0 

3,0 

24 

+ 

— 

53 

368 

c 

151 

+ 



0,5 

1.0 

2X24 


+ 

32 

333 


— 


+ 


Tabelle IV. 

Wirkung wasseriger Ausziige des Fibrins von gegen verschiedene 
Krankheiten immunisierten Pferden auf Tuberkelbacillen. 


Tiergattung 

Menge d. Kultur 
in 

ccm 

Menge des Fib.- 
Auszuges in 
ccm 

'ey , 

§S g>§ 

3 £ N 3 

X 

1 o ®*.s 

3 > 

I m Thermos taten 

Bei Zimmer- 
teiuperatur 

Beobachtungs- 
zeit nach der 
Einspritzung 
in Tagen 

Gewicht d. Tiere 
in Gramm 

Art der Einver- 
leibung 

Gewichts- 
zunahme d. Tiere 
in Gramm 

g 

B 

JB 

3 

Tod 


0,2 

0,2 

15 

+ 


48 

335 


130 

+ 



0,2 

0,5 

17 

+ 


80 

312 


175 

+ 



0,3 

0,3 

15 

— 

+ 

50 

280 




+ 


0,3 

0,6 

18 

+ 


(50 

320 


160 

4- 


a 

0,4 

0,4 

15 

+ 


85 

360 


130 

+ 


CJ 

£-J 

0,4 

0,8 

27 


+ 

58 

383 

g 



4- 


0,5 

0,5 

24 

+ 


50 

359 


128 

+ 


a 

0,5 

1,0 

48 

4 


62 

372 

2 

148 

+ 


£ 

0,5 

1,5 

48 

— 

4- 

80 . 

392 

fe 



+ 

o 

0,5 

2,0 

24 

+ 


95 

345 


140 

+ 


s 

<v 

0,5 

2,5 

48 

+ 


70 

845 


170 

+ 


<v 

0,5 

3.0 

24 


4- 

90 

360 

Q 



4 


0,5 

6,0 

24 

+ 


75 

390 


200 

+ 



1,0 

1,0 

48 

+ 


80 

345 


115 

+ 



1,0 

2,0 

48 

+ 


90 

348 


168 

+ 



2,0 

2,0 

48 

+ 


98 

370 


150 

+ 



2,0 

4,0 

35 



60 

365 


93 

i + 



Die 5 dazu gehorenden, rait Tuberkelkultur geimpfteu Kontrolltiere sind alle nach 
vorheriger starker Abmagerung mit entsprechenden typischen, pathologisch-anatomischen 
Verandcrungen zwischen 4. und 6. Woche gestorben. 


Aus den fruheren Untersuchungen wuBten wir, daB das Durchleiten 
die C0 2 -Bildung des Niederschlages hervorruft, jedoch nur in dem Falle, 
wenn die Konzentration der Losung eine nicht zu hohe war, im ent- 
gegengesetzten Falle muB man die Losung mehr oder weniger mit 
Wasser verdiinnen, um Niederschlagsbildung zu erzielen; entsprechende 
Untersuchungen wiesen zudem nach, daB sowohl der nach C0 2 -Ein- 
wirkung sich bildende Niederschlag als auch die von demselben ab- 
filtrierte Losung bakterienfeindliche FShigkeit besitzt Es muB jedoch 
bemerkt werden, daB in einigen Fallen das Filtrat aktiver war als der 


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Sieber, Ueber die baktorienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins. 


579 


Niederschlag; jedenfalls aber wiesen die nach CO*-Einwirkuug sich 
bildenden Niederschlage stets bakteriensch&dliche Eigenschaften auf, 
welche zudem lange Zeit ohne merklicbe VerSnderung und Abschw&chung 
aufbewahrt sein kdnnen. 

Wir konnten uns zu wiederholten Malen Qberzeugen, dafi bei nach- 
einanderfolgender Bearbeitung des Fibrins mit Wasser letzteres mit 
jedem Male immer grdfiere Quantit&ten der in Fibrin enthaltenen bak- 
teriziden Stoffe auflOst Durch Versuche konnte nachgewiesen werden, 
dafi 2-tagige Fibrinauszflge schw&cher wirken als 5- und lO-t&gige. Weiter 
ergab sich aus den entsprechenden Versuchen, dafi die ersten Extrakte 
weniger bakterizide Stoffe entbalten als die darauffolgenden. 

Zum Beweise hierfttr wollen wir einen Versuch mit dem Sta¬ 
phylococcus flavus und 5 successiven w&sserigen Ex- 
trakten des Fibrins von Pferden, welche gegen Diph- 
therie immunisiert worden waren, wiedergeben. 5 am 
8. September 1904 angefertigte Gemische, von denen ein jedes aus einem 
der 5 w&sserigen Extrakte und dem gleichen Volumen einer Kultur des 
Staphylococcus aureus bestand, blieben vor der Injektion 48 Stun- 
den lang im Brfltschrank stehen. Von jedem dieser Gemische wurden 
je 5 ccm 2 Kaninchen intraperitoneal eiuverleibt, also einem jeden Tiere 
2,5 ccm der 24-stiindigen Kultur, von der die todliche Dose = 0,1 bis 
0,2 ccm war, injiziert. Zu dem Versuche wurden im ganzen 12 Tiere 
verwandt; von diesen dienten 2 zur Kontrolle; ihnen wurden je 0,1 ccm 
der Kultur (Staphylococcus aureus) injiziert und beide gingen im 
Laufe von 2 Tagen ein. Die 2 Kaninchen, denen 5 ccm eines Gemisches 
des ersten w&sserigen Auszuges und des Staphylococcus aureus 
injiziert worden waren, begannen nach der Infektion rasch an Gewicht 
abzunehmen; das eine von ihnen ging nach 2 Wochen, das andere 
zwischen der 2. und 3. Woche ein. Die beiden Kaninchen, welchen ein 
Gemisch des Staphylococcus mit dem zweiten w&sserigen Fibrin- 
extrakte einverleibt worden war, verloren im Laufe der ersten Tage auch 
etwas an Gewicht, dann aber erholten sie sich, nahmen von der 2. Woche 
an an Gewicht zu und leben bis jetzt. Die Kaniuinchen, denen je 5 ccm 
eines Gemisches desselben Staphylococcus, sowie des dritten und 
vierten w&sserigen Auszuges intraperitoneal einverleibt worden waren, 
blieben vollauf gesund und nahmen normalerweise an Gewicht zu. Die 

2 mit einem Gemische des fflnften Extraktes und des Staphylococcus 
infizierten Kaninchen gingen zu Grunde, und zwar das eine nach 

3 Wochen, das andere im Laufe der 4. Woche. 

Zu ganz ahnlichen Ergebnissen fQhrten die Versuche mit Geraischen 
verschiedener Fibrinsorten aus anderen Extrakten und sowohl dem Sta¬ 
phylococcus aureus als auch sonstigen Mikrobenarten, wie z. B. 
dem Streptococcus, Vibrio cholerae asiat, dem Diphtherie- 
bacillus u. a. m. Interessant und lehrreich sind die Versuche mit 
Diphtheriekulturen und Extrakten, welche durch successive Bearbeitung 
des Fibrins von gegen Diphtherie immunisierten Pferden gewonnen 
worden waren, denn aus diesen Versuchen ging hervor, dafi die uns 
interessierenden bakterienfeindlichen Stoffe des Fibrins mit den im Blut- 
serum immunisierter Tiere enthaltenen spezifischen Antitoxinen nicht 
identisch zu sein scheinen. Die bakterienfeindlichen Stoffe des Fibrins 
sind vor allem nicht spezifisch, denn sie kOnnen die Virulenz der ver- 
schiedensten Mikroben abschw&chen; sie scheinen die Immunit&t gegen 
verschiedene und speziell gegen Diphtherieerkrankung nicht zu erhShen. 

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580 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXV111. Heft 5. 


Nutt all 1 ) hat im Laboratorium von Flfigge durch Versuche 
nachgewiesen, daft verschiedene Flfissigkeiten des tierischen Organismus, 
wie z. B. defibriniertes Blut, Pleuraexsudat, Humor aquaeus uud andere, 
die F&higkeit besitzen, auf Mikroben schfidlich einzuwirken. Seine 
Untersuchungen stellte er an dem Milzbrand- und Heubacillus, sowie 
am Staphylococcus aureus an. 

Noch vor Nutt all konnte Grohmann 2 3 ) im Laboratorium von 
Alex. Schmidt, indem er die Einwirkung von Mikroben auf die 
Koagulation von abgekuhltem Blutplasma untersuchte, konstatieren, dafi 
auch eine umgekehrte Wirkung stattfindet, d. h. dafi der Prozefi der 
Koagulation vom Blute resp. Plasma seinerseits auf die Bakterien 
schwfichend einwirkt, d. h. dafi er das Bakterienwachstum hemmt 

Eine ganze Reihe von Forschern, wie z. B. Han kin 8 ), Fodor 4 ), 
Niessen und Behring 5 ), Wissokowitsch 6 7 ), Denys 1 ), vor allem 
H. Buchner 8 ) mit seinen Schulern (M. Hahn u. a.), nahmen sodann 
eine allseitige Untersuchung der bakteriziden Eigenschaften des Blut- 
serums vor. Buchner benannte, wie bekannt, die im Serum enthaltenen 
bakteriziden Stoffe Alexin e (dA 41-etv — abwehren). 

Die Untersuchungen von Niessen und Behring ergaben, dafi 
verschiedene Tiere verschiedene spezifische Stoffe, welche auf ver¬ 
schiedene Mikrobenarten einwirken, aufweisen. Es konnte auch festge- 
stellt werden, dafi die bakterizide Wirkung zum Teil mit der Leukocytose 
und Phagocytose Hand in Hand geht. 

Der Wettstreit zwischen den Forschern, welche in Betreff der Frage 
von den Mitteln, deren sich der tierische Organismus zu seinem Selbst- 
schutze bedient, verschiedene Standpunkte vertreten, ist noch nicht ab- 
geschlossen. Die Differenzen in den Anschauungen der verschiedenen 
Forscher sind gegenw&rtig nur unwesentliche. Die Phagocytentheorie 
Metschnikoffs und seiner Schule, welche fast alle Erscheinungen 
des sich zwischen Organismus und Infektionsstoff abspielenden Kampfes 
umfafit, wird von alien anerkannt Buchner, Hahn, Pfeiffer und 
viele andere sprechen der Phagocytose wohl ihre Bedeutung nicht ab, 
meinen jedoch, dafi der gegen die Mikroben gefQhrte Kampf unter ge- 
wissen Bedingungen auch auf Kosten der im Blute und im Blutserum 
enthaltenen loslichen Stoffe stattfinden kann. Die Frage von der Ab- 
stammung der lfislichen Stoffe, sowie auch die Frage, ob die in ver¬ 
schiedenen Fallen gewonnenen Stoffe gleichartig resp. identisch sind, 
harren noch ihrer Entscheidung. Zahlreiche Forscher nehmen an, dafi 
die Alexine den Leukocyten, und zwar bestimmten Arten derselben, 
ihre Entstehung verdanken; bekanntlich gelten die Mikrophagen oder 
polynuklefiren Leukocyten resp. Myeloblasten als Vorkampfer gegen die 
Mikroben. Han kin (1. c.) kommt bei seinen Untersuchungen fiber die 
Entstehung und den Gehalt der Alexine im Organismus zu dem Schlusse, 
dafi die Alexine den eosinophilen Kdrnelungen, welche unter Einwirkung 
verschiedener Insulte von den sie enthaltenden zelligen Elementen aus- 


1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. VI. 

2) Diss. Dorpat, 1884. 

3) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XII. p. 777 u. 809. 

4) Deutsche med. Wochenschr. 1877. No. 39. 

5) Zeitschr. f. Hyg. Bd. VIII. p. 412. 

6) Zeitschr. f. Hyg. Bd. X. 

7) Archiv f. Hyg. 1890. Heft 1—2. 

8) Centralbl. f. Bakt. etc. 1889. No. 21, 25, 26. 


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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins. 


581 


geschieden werden, ihre Entstehung verdanken. Andere Forscher je- 
doch, wie z. B. M ox ter 1 ), Schattenfroh 2 3 ), Gruber 8 ) u. a., nehmen 
an, daft die im Blutserum entbaltenen Alexine sich von den bakteriziden 
Stoffen der Leukocyten unterscheiden. Die Frage, ob die entsprechenden 
zelligen Elemente in lebendem Zustande, d. h. unter Einwirkung ver- 
scbiedener Insulte, befahigt sind, bakterizide Stoffe auszuscbeiden, steht 
noch offen. Einige Forscher vertreten den Standpunkt, daB nur nach 
Absterben der Leukocyten die in ihnen enthaltenen Agentien in Ldsung 
ttbergehen. 

Eine Reihe von den Chemotropismus betreffenden Beobachtungen 
lftBt jedocb voraussetzen, daB verscbiedene pbysikaliscbe und chemische 
Reize VerBnderungen des Volumens, sowie auch des Bestandes der 
Zellen bedingen kbnnen. Durch Anwendung physikalisch-chemischer 
Methoden konnte nachgewiesen werden, daB die AeuBerung der vitalen 
Zellenfunktionen verscbiedenen physikalisch-chemischen Gesetzen, wie 
z. B. den Gesetzen des osmotischen Druckes, der Dissociation und Kon- 
zentration der Lbsungen u. s. w., sich unterstellen. Die in dieser Rich- 
tung von Hamburger 4 ), Limbek 5 ), Giirber 6 ) u. a. vorgenommenen 
Untersucbungen weisen darauf hin, daB unter Einwirkung des os¬ 
motischen Druckes und der Temperatur nicht nur das Volumen der 
roten und weiBen Blutzellen, sondern auch ibr chemischer Bestand und 
derjenige der sie umgebenden FlQssigkeit variiert. 

Den Gaswechsel betreffende Untersucbungen beweisen, daB unter 
COg-Einwirkung nicht nur der respiratoriscbe Gaswechsel stattfindet, 
sondern daB sich hierbei sowohl die Zellen selbst als auch das sie um- 
gebende Blutserum chemisch verBndern. Hierbei findet z. B. eine Ver- 
anderung in der Verteilung der festen Bestandteile zwischen zelligen 
Elementen und Flllssigkeit statt. 

Das Volumen der roten und weifien BlutkOrperchen nimmt auf 
Kosten des durch ihre Membran diffundierenden Wassers zu, infolge- 
dessen quellen sie auf und ihr chemischer Bestand verandert sich hierbei. 
Beides kann sowohl durch Bestimmung des spezifischen Gewichtes als 
auch durch chemische Untersuchung des Bestandes an verschiedenen 
Elementen vor und nach COj-Einwirkung mit Leichtigkeit nachgewiesen 
werden. 

Bei Untersuchungen, welche den Gehalt an organischen Stoffen, 
Fett, Zucker u. a. m., sowie an anorganischen Bestandteilen, wie Chlor 
und derart mehr, betreffen und welche sowohl vor als auch nach Ein¬ 
wirkung der Kohlensaure auf Exsudate, eventuell Blut vorgenommen 
wurden, konnten die erwahnten Autoren z. B. feststellen, daB der Pro- 
zent-Chlorgehalt im Serum bis auf 8,6 Proz. abnimmt, des festen Rflck- 
standes von 0,746 Proz. auf 100 ccm resp. der Fett- und Zuckergehalt 
speziell dagegen zunimmt In diesen Untersuchungen sind besonders 
die Beobachtungen hervorzuheben, welche die Mbglichkeit beweisen, die 
erwahnten Prozesse in entgegengesetzter Richtung ablaufen zu lassen, 
d. h. daB sie reversibel sind. Entfernt man die C0 2 durch Luftstrom, 
so kehrt die chemische Zusammensetzung, d. h. die Verteilung der 


1) Deutsche med. Wochenschr. 1899. p. (587. 

2) Ibid. 

3) Munch, med. Wochenschr. 1901. 

4) Zeitschr. f. Biologic. 1897. p. 252. 

5) Zeitschr. f. exper. Pathol, u. Pharmakol. 1894. p. 309. 

6) Sitzungsber. d. med.-physik. Gres, zu Wurzburg. 1895. 


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582 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Original®. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


einzelnen Bestandteile zwischen zelligen Elementen und Flflssigkeit, zur 
Norm zurtick. Vermindert sich nach Austritt des Wassers das Volumen 
der zelligen Elemente, so fS.llt einerseits das spezifische Gewicht der 
Flflssigkeit trotzdem mit dem des Wassers zusammen, da infolge Aende- 
rung des osmotischen Druckes und der Dissociationsverh&ltnisse so- 
wohl zusammengesetzte als auch einfache, positive, sowie negative Ionen 
aus den Zellen in die umgebende Flflssigkeit austreten. Hamburger 
wies nach, daB bei CO,-Einwirkung die Alkaleszenz des zellige Ele¬ 
mente enthaltenden Exsudates, was auch von Zuntz 1 2 ) noch im Jahre 
1867 ebenfalls beobachtet war, sowie dessen bakterizide Kraft ansteigt. 
Die ErhShung der Alkaleszenz der Flflssigkeit wird durch die Bildung 
kohlensaurer Alkalien infolge Zersetzung des schwer diffundierenden 
alkalischen Albuminates, welches zum grbfiten Teile in den Erythrocyten, 
zum geringeren Teile im Serum selbst enthalten ist, nach der Meinung 
der erwfllmten Autoren bedingt. 

Eine andere Ursache der Alkaleszenzerhflhung des Exsudates unter 
Einwirkung von Kohlens&ure liegt in der Eindickung des Serums in¬ 
folge von Quellung der roten resp. der weifien Blutzellen, als deren 
Folge die erhdhte Konzentration der leicht diffundierenden phosphor- 
und kohlensauren Salze resultiert. Die Frage jedoch, ob die Erhdhung 
der bakteriziden Kraft des Exsudates nach CO,-Einwirkung ausschlieB- 
lich von dem Anwachsen seiner Alkaleszenz abh&ngt oder ob in diesem 
Falle auch Erscheinungen anderer Art eine Rolle spielen, bleibt noch 
zu erflrtern. 

Es unterliegt keinem Zweifel, daB die Beobachtungen, von denen 
eben die Rede war und welche auf Anwendung exakter Untersuchungs- 
methoden beruhen, uns gestatten, in das Wesen der intracellul&ren Pro- 
zesse tiefer hineinzublicken, und die Gesetze, nach denen sie sich richten, 
genauer kennen zu lernen. Schon aus dem Wenigen, was wir in betreff 
der Abh&ngigkeit der vitalen Prozesse von physikalisch-chemischen Ge- 
setzen und im speziellen von dem Gesetze des osmotischen Druckes 
wissen, mflssen wir schlieBen, daB der zellige Inbalt Verfinderungen er- 
fahren kann, wobei verschiedene anorganische und organische Stoffe in 
die umgebende Flflssigkeit ausgeschieden werden. Unserer Meinung 
nach ist der Streit, ob der zellige Inhalt zu Lebzeiten der Zelle aus 
ihr in die sie umspfllende Flflssigkeit resp. Serum ausgeschieden werden 
kann oder ob hierzu der Zerfall der Zelle notwendig ist, gegenw&rtig 
infolge der kurz vorher angefflhrten Beobachtungen durchaus nicht be- 
grflndet. — Andererseits muB hervorgehoben werden, was wir vorher 
erwflhnt haben, daB einige Autoren den Standpunkt vertreten, daB die 
in Leukocyten und im Serum enthaltenen bakteriziden Stoffe nicht iden- 
tisch sind. Die Unterschiede zwischen beiden bestehen nach Schatten- 
froh*) in folgendem: 

1) Die bakteriziden Stoffe der Leukocyten sind gegen hohe Tem- 
peraturen resistenter als die Alexine, welche bekanntlich schon bei 
55—60° zerstort werden (fflr erstere tritt dieses erst bei 80—85° ein). 

2) Beide Stoffe verhalten sich Salzen gegen fiber verschieden. Der 
Umstand, ob Salze zugegen sind oder nicht, ist fflr die AeuBerung der 


1) Inaug.-Diss. Bonn, 1867. 

2) 1. c. 


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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins. 


583 


den Leukocyten zukommenden bakterizideo Eigenscbaften nicht von Be- 
lang, was von den Alexinen nicbt behauptet werden kann. 

3) Die Alexine wirken sowohl bakterizid als auch globulizid, d. h. sie 
wirken nicht nur auf Bakterien, sondern anch auf Erythrocyten ein. Die 
bakteriziden Stoffe der Leukocyten besitzen nicbt die Ffihigkeit, rote 
BlutkOrperchen zu beinflussen. 

Weitere diesbezflgliche Untersuchungen miissen entscheiden, wie 
weit die erw&hnten Differenzen zwiscben den bakteriziden Stoffen des 
Sernms und den polynuklearen Leukocyten konstante sind und ob sie 
nicht von irgendwelchen nebensfichlichen Ursachen und Bedingungen 
abh&ngen. Fiirs erste konnte noch nicht nachgewiesen werden, daB die 
bakteriziden Stoffe des Fibrins in den drei oben aufgez&hlten Punkten 
sich gleicb denjenigen der Leukocyten verhalten. Das weitere Studium 
der Frage muB ergeben, ob wir es hier mit der Wirkung eines Agens 
Oder mit einer Kombination mehrerer Agentien zu tun haben, fihnlich 
wie das fQr die Erscheinungen der Immunitat zu konstatieren ist, in 
denen bekanntlich die Wechselwirkung oder kombinierte Wirkung zweier 
Agentien, des therraostabilen Antikorpers resp. Immun- oder Zwischen- 
kOrpers (auch Phylocytase genannt) und des thermolabilen Komplements 
oder Alexins, erforderlich ist. 

Es interessierte uns, zu entscheiden, ob im Fibrin beide Agentien 
enthalten sind, und gleichfalls auch, ob die bakteriziden Stoffe bef&higt 
sind, Endotoxine zu paralysieren oder sie in einen untatigen Zustand 
zu versetzen. Beide Serien der diesbezflglichen Versuche sind noch 
nicht abgeschlossen, so dafi wir in vorliegender VerOffentlichung von 
der Besprechung dieser Fragen, sowie von einer Besprechung der von 
anderen Autoren auf diesem Gebiete gemachten Beobachtungen auch 
absehen. 

Schon zu Anfang vorliegender VerOffentlichung haben wir erwfihnt, 
dafi wir bei dem gegenwfirtigen Stande unseres Wissens uns nicht be- 
stimmt fiufiern kdnnen, welchem im Fibrin enthaltenen Elemente die 
uns beschfiftigende bakterienschadigende Fahigkeit angehdrt. Von zahl- 
reichen uns zu Gebote stehenden Tatsachen, welche von vielen For- 
schern und auch von uns festgestellt worden sind, ausgehend, glauben 
wir mit Vorbehalt sagen zu kdnnen, dafi diese Stoffe zu den intra- 
cellulfiren Bestandteilen gehoren, welche unter gewissen Bedingungen, 
d. h. unter dem Einflufi physikalisch - chemischer sowie biologischer 
Agentien, in Ldsung flbergehen und, wenn sie aus der L5sung aus- 
geschieden werden, eine Zeitlang, ohne ihre Wirkungskraft zu ver- 
lieren, existieren kdnnen. Wir kdnnen uns jedoch nicht bestimmt aus- 
sprechen, welcher ldslichen Substanz diese bakterienfeindliche Wirkung 
angehdrt. Wir wissen, dafi der w&sserige Fibrinauszug verschiedenartige 
Agentien und Stoffe enthfilt. Vor allem besitzen diese Auszuge Fer¬ 
ment wirkungen. Es konnen mittels verschiedener Reaktionen der Gegen- 
wart oxydierende und reduzierende Agentien und Stoffe, sowie solche, 
die katalytische und andere Wirkungen besitzen, nachgewiesen werden. 
Ob diese Wirkung irgend einem der eben erwfihnten Agentien resp. 
Stoffe zukommt oder ob es sich hier um Substanzen handelt, welche 
neben dem bakterienfeindlichen Stoffe anwesend sind — alles dies sind 
Fragen, welche erst durch weitere Forschungen geldst werden mflssen. 
Wir sind gegenwfirtig beschaftigt, Mittel zu suchen, um die bakterien¬ 
feindlichen Stoffe von den neben ihnen enthaltenen Substanzen zu iso- 
lieren, um ihre Natur und chemische Zusammensetzung feststellen zu 


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584 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

konnen. Deshalb sehen wir in der vorliegenden Verdffentlichung von 
einer AnfQhrung unserer diesbezfiglichen chemischen Untersuchungen 
ab und behalten uns dieselbe fflr spfiter vor. Ebenso wollen wir bier 
auch die praktische Frage, ob die im tierischen Organism us enthaltenen 
Substanzen nicht zu Heilzwecken verwandt werden kfinnen, nicht be- 
rflhren. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die aktive Immunisiemng des Menschen gegen 
Cholera vermittelst autolytischer Produkte des cholera- 
genen Vibrio und iiber das Wesen dieser autolytischen 

Produkte. 

[Hygienisches Institut der kgl. Universitfit Turin (Direktor: 

Prof. Dr. L. Pagliani).] 

Von Privatdozent Dr. E. Bertarelli, Assistenten. 

Wie allgemein bekannt, haben Neisser und Shiga 1 ) im Jahre 
1903 den Vorschlag gemacht, zur aktiven Immunisierung gegen einige 
infektibse Eeime die autolytischen Produkte der Keime selbst zu ver- 
wenden, Produkte, denen sie die Bedeutung von „bakterienkdrperfreien 
Rezeptoren u beilegen wollten, und zwar nach der im Sinne Ehrlichs 
ausgelegten Immunit&tstheorie. 

Spater machten sich Shiga und Lipstein 2 3 ) daran, das Verfahren 
auch bei der aktiven Immunisierung des Menschen gegen den Typhus 
in Anwendung zu bringen. Kurz darauf versuchte ich an mir selbst 1 ) 
die aktive Immunisierung gegen die Cholera. 

An anderer Stelle habe ich fiber die erhaltenen Ergebnisse aus- 
ffihrlicher berichtet und fasse dieselben somit hier ganz kurz zusammen: 

Am 1. April 1904 injizierte ich mir selbst 0,2 ccm autolytischer 
Produkte des choleragenen Vibrio; am 6. April 0,4 ccm, am 12. April 
1 ccm und am 18. April noch 2 ccm. 

Ein am 1. Mai vorgenommener Aderlafi zeigte, dafi mein Blut eine 
AgglutinationsfShigkeit von 1 :40 und ein mfifiiges bakterientfitendes 
Vermogen besafi. Vor der Inokulation dagegen war das Agglutinations- 
vermogen negativ und die Bakterienabtfitungsffihigkeit geringer. 

Gleichzeitig stellte ich auch Versuche an Kaninchen an, die es be- 
stfitigten, dafi die autolytischen Produkte im Versuchstiere die Bildung 
bedeutender Quantitfiten von Agglutininen, bakteriziden Substanzen und 
Antikdrpern hervorrufen, die mit dem spezifischen Absorptionsverfahren 
Bordets und Gengous nachgewiesen werden kfinnen. 

Es sei hier nur daran erinnert, dafi nach Einverleibung einiger 
Kubikcentimeter autolytischer Produkte eines der Kaninchen der Cholera 
gegenfiber ein Agglutinationsvermfigen von 1 : 60, das andere dagegen 
ein solches von 1 : 250 aufwies. 

Ich habe nun die Untersuchungen auf diesem Gebiete weitergeffihrt, 
obgleich das Impfverfahren mit freien Rezeptoren einer lebhaften Kritik 


1) Neisser und Shiga, Dtsche med. Wochenschr. 1903. No. 4. 

2) Shiga und Lipstein, Berl. klin. Wochenschr. 1904. No. 4. 

3) Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 33. 


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Bertarelli, Aktive Immunisierung des Menschen gegen Cholera etc. 585' 


nicht entgangen war. Tats&chlich hat man der Methode zur Last gelegt* 
daB sie den Mechanismns der Immunisierung nicht erklare, und iiberdies. 
die Impftechnik, ohne weitere Vorteile, unnStig erschwere. 

Wer nun aber das Shigasche Verfahren ohne Vorurteil betrachtet* 
findet darin nichts, was es empfehlen kdnnte; im Gegenteil, in gewisser 
Hinsicht vermehrt diese Methode die gewbhnlichen MifistSnde der Anti- 
typhus- und Anticholerainjektionen. 

Was der Immunisierung mit autolytischen Produkten vor allem zu 
gute kommt, ist der Umstand, daB bei ihr nur durch die Kerze gegangenes. 
Material verwandt wird, das also hinsichtlich seiner SterilitSt ohne 
Schwierigkeiten kontrolliert werden kann. Dann kann ein weiterer 
Vorteil wohl dadurch erlangt werden, daB man zu den Inokulationen 
nicht den ganzen Bakterienleib verwendet, der ohne alien Zweifel stets 
nicht schtltzende und einer sch&dlichen Einwirkung aut den Organismus 
nicht entbehrende Teile enthait. 

Ein unleugbarer Nachteil dieses Verfahrens besteht jedoch darin* 
daB, wenn man eine selbst m&Bige Steigerung des Agglutinationsver- 
mbgens erhalten will, dazu verschiedene aufeinanderfolgende Injektionen 
mit durchaus nicht kleinen Mengen eines nicht rasch prfiparierbaren 
Materials erforderlich sind. 

Auf jeden Fall dflrfte der Vorschlag der Methode an und flir sicb 
nicht wertlos gewesen sein, besonders da sie tins ein praktisches Mittel 
an die Hand gibt, d. h. eine Injektion mit feinen „chemisch bestimmbaren a 
Substanzen, die haltbarer sind als die gewOhnlichen Impfkulturen. 

Es sei dabei auch des Umstandes gedacht, daB die mit einem von 
dem Shigaschen etwas abweichenden Verfahren erhaltenen autolytischen 
Produkte des Typhus und der Cholera in der Hand einiger Autoren 
ganz bedeutende Resultate abgegeben haben: So hat ganz besonders die 
kurze Arbeit Briegers und M. Mayers 1 ) dargetan, daB die Auto¬ 
lysate des Typhus und der Cholera im destillierten Wasser eine hoch- 
gradige Bildung von Agglutininen und bakterientdtenden Stoffen hervor- 
rufen konnen. Nach den Angaben der angefiihrten Arbeit zu urteilen* 
kann kein Zweifel darfiber obwalten, daB das Verfahren Briegers und 
Mayers sich zum Erhalt aktiver Materialien weit besser eignet. 

Zu eben diesem Zwecke fflhre ich einige Untersuchungen an, die 
eine KIBrung verschiedener Fragen im Auge haben, welche sich an die 
Immunisierung mit autolytischen Produkten knflpfen. 

Was nun von diesen Fragen bei der Beurteilung deg praktischen 
Wertes dieser Impfmethode vor allem von Bedeutung ist, ist zu erfahren, 
wie lange die verliehene Immunitat dauert. 

Bezflglich der Immunisierung gegen Cholera ist es leicht ver- 
standlich, daB wir uns vorderhand noch mit den Daten der Agglutination 
und des BakterienabtOtungsvermdgens begnflgen mflssen. 

Ich habe nun mit meinem Serum und dem Serum eines der gegen 
den Choleravibrio immunisierten Kaninchen einige Proben ausgefflhrt, 
die mir nachfolgende Daten lieferten: 

An mir selbst:' 

Vom 1.—18. April war ich mit 3,6 ccm autolytischer Produkte im- 


1) Brieger, L. und Mayer, M., Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 27. In 
dieser Arbeit ist auch die einschlagige Bibliographic der vorhergegangenen Arbeiten 
Briegers und Schutzes, Briegers und Mayers, Mayers, Conradis und 
anderer Verfasser wiedergegeben. 


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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


munisiert worden. Am 1. Mai war das Agglutinationsvermdgen 1 :40, 
am 16. August 1 : 25, am 4. Dezember 1 :20. 

Somit war also auch nach 6 Monaten der Agglutinationswert be- 
deutend hoher als der des normaleo Serums. 

Bei einem der immunisierten Kaninchen (Kaninchen N) waren die 
angetroffenen Werte, wie folgt: 

Dem Kaninchen waren im April 5 ccm autolytischer Produkte in- 
jiziert worden. Nach der Immunisierung hatte das bakterizide VermOgen 
folgende Maximalwerte: Das Serum tQtete bei 1:5 auch nach 24-stttn- 
digem Aufenthalt im Ofen die eingefflhrten Vibrionen (ungefS.hr 600), 
die Agglutination betrug am 14. April 1 : 250. 

In den darauffolgenden Monaten wurden noch verschiedene Agglu- 
tinationsproben vorgenommen, die nachstehendes Ergebnis lieferten: 

3. Juni Agglutination 1 : 120 

10. August v 1:90 

5. Oktober „ 1 :40 

5. Dezember _ 1 : 25 


Hinsichtlich des BakterienabtStungsvermdgens wurde eine einzige 
Probe ausgefiihrt und zwar mit nachstehendem Ergebnis: 


Verdfinnung des Serums 
Kolonieen sofort 

nach 3 Stunden 
* 6 „ 

, 24 „ 


V 

J) 

7) 


Aktives Serum. 

1 1:2 

2100 14k) 

0 0 

0 0 

0 0 


1:5 

2000 

10 

450 

unzSMige 


1:20 

870 

200 

oo 

oo 


Die Immunisation des Kaninchens hatte sich also auch noch nach 
6 Monaten, wenigstens dem Agglutinationsvermdgen und der Bakterizidie 
nach zu urteilen, ziemlich gut erhalten. 

Besonders die Abnahme des Agglutinationsvermogens war ziemlich 
langsam und nicht so erheblich, wie sie zuweilen bei Immunisierung 
mit nicht nach besonderen Methoden behandeltem Bakterienmaterial 
einzutreten pflegt. 


Wie ich schon in meiner ersten Arbeit hervorgehoben habe, war es 
vorteilhaft, die Preparation eines konzentrierten Materials zu versuchen, 
das in geringem Volumen die von bedeutenden Quantit&ten autolytischer 
Produkte erhaltenen Substanzen enthielt. 

Etwas Aehnliches hat auch Wassermann 1 ) vor einigen Monaten 
unternommen, doch sind die darttber in seiner Arbeit befindlichen An- 
gaben so gekfirzt, dafi es nicht leicht ist, sich fiber das von ihm dabei 
erhaltene Ergebnis ein genaues Bild zu machen. 

Ich ging also nun in nachstehender Weise vor: Ich habe dazu den 
Typhusbacillus verwandt, den ich in rechtwinklig geformten Flaschen 
(und somit Flaschen mit flachen WSnden) ziichtete, welche sich der 
Raumersparnis im Ofen wegen viel besser dazu eignen. Auf diese Weise 
erhielt ich dann weite Kulturoberfl&chen. Diese Flaschen wurden steri- 
lisiert, dann in dieselben die notwendige Quantit&t Agar eingegossen. 
Nach Sterilisation und Erh&rtung des Bodens wurde zu den Infizierungen 
geschritten, wozu dichte Typhusbacillusaufschwemmungen in Bouillon 
dienten. Die Geffifie verblieben 24—28 Stunden lang bei 37°, darauf- 


1) Wassermann, Festschr. zum 60. Geburtstage Kochs. Jena 1904. 


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Bertarelli, Aktive Immunisierung des Menschen gegen Cholera etc. 587 


fain goB ich unter aseptischen Kautelen eine passende Quantit&t physio- 
logischer Lfisung zu und schflttelte die eingefQhrte Flussigkeit, bis sich 
die Patina in eine Emulsion verwandelt hatte, wonach die Emulsionen 
aller Gef&fie angesammelt wurden. Nun totete ich die Keime der 
Emulsion im 60°igen Wasserbad und liefi sie dann 2 Tage langbei37°, 
worauf ich das Material durch die Kerze filtrierte. 

Die so erhaltene Flussigkeit habe ich vor allem im 60°igen Wasser- 
bade auf ein geringeres Volumen reduziert und dann im Vakuumexsikkator 
auf Kaliumchlorid ausgetrocknet. Zur Reduktion des Materials habe ich 
mich einer leichten Erhitzung auf 60 0 deshalb bedienen mflssen, weil mir 
kein Vakuumapparat zur Hand war, der sich zu einem schnelleren Aus- 
trocknen bei Zimmertemperatur eignete. 

Am Ende des umstandlichen Verfahrens angelangt, erhielt ich kleine 
Quantitaten eines trockenen, pulverfSrmigen, stark kochsalzreichen, gelb- 
lichen Materials, das dann abgewogen wurde. Ich nahm es auf, dialysierte 
es in einem cylindrischen Cellulosedialysator 24 Stunden lang bei nie- 
driger Temperatur und injizierte dann einem Kaninchen von dem dia- 
lysierten Material 0,0005 g (der erhaltenen trockenen Substanz — ab- 
ziiglich das NaCl der LSsung —). 

8 Tage nachher nahm ich am Kaninchen einen Aderlafi vor, wonach 
sich ein 1 : 40 entsprechendes AgglutinationsvermOgen vorfand. 

Einem anderen Kaninchen hingegen inokulierte ich 0,002 g, 6 Tage 
nachher AderlaB, wobei sich das Agglutinationsvermdgen 1 : 60 ergab. 

Man beachte, daB ungef&hr 1 mmg trockener Substanz dem von 
wenigstens 10 Agarkulturen gelieferten Materiale entsprach — wovon 
natflrlich das in der zur Pr&paration der autolytischen Produkte dienen- 
den LOsung enthaltene Kochsalz in Abzug zu bringen ist. 

Es gestatten also die wenigen Versuche schon ohne weiteres zu 
folgern: Mit den ausgetrockneten autolytischen Produkten ist es uns 
moglich, im Kaninchen ein gewisses AgglutinationsvermSgen zu erhalten. 

Der Agglutininertrag ist jedoch sehr sp&rlich, wenn man damit die 
enormen zur Preparation des Immunisierungsmaterials verwandten 
Mengen vergleicht. 

Ein solches Verfahren ist also wenig fttr die Praxis geeignet und 
durchaus nicht billig, ein Uebelstand, der, wenn auch in geringerem 
Mafie, auch fflr die direkt in der Ldsung Oder in der Aufschwemmung 
erhaltenen autolytischen Produkte besteht. 

Wie ich schon dargetan, haben sich die von mir erhaltenen Produkte 
unendlich weniger aktiv erwiesen als die mit dem Autolyseverfahren 
B r i e g e r s und Mayers gewonnenen. Die von mir verwandten Kulturen 
waren tatsftchliqh nur wenig aktiv, hatten sich jedoch bei direkter In- 
okulation im Besitze eines starken Agglutinationsvermogens erwiesen. 


Was dann weiterhin geklfirt zu werden verdient, war die Frage nach 
dem Wesen solcher autolytischen Produkte. 

Was sind diese Produkte der Autolyse, denen Shiga die Bedeutung 
freier Rezeptoren gibt? 

Ich schicke voraus, daB einige von mir mit dem Ruhrbacillus Shi gas 
ausgefuhrten Versuche und andere, die ich von Dr. Cler mit einigen 
unzweifelhaft unbeweglichen und wimperfreien Kokken anstellen lieB, 
ohne weiteres die Behauptung zulassen, daB in verschiedenem MaBe 
auch die autolytischen Produkte solcher Keime im stande sind, in den 
behandelten Tieren Agglutinine und Antikdrper zu erzeugen. 


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588 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

Wenn es also auch mdglich ist, daB das zur Tatsache wird, was 
schon Gino de’ Rossi 1 ) bei den Wimperfragmente enthaltenen Filtraten 
beobachtet bat, daB sie nSmlich immunisierende Eigenschaften haben, so 
darf man andererseits doch auch nicht ausschlieBen, daB man auch ohne 
die Gegenwart von Wimperfragmenten (wie dies gerade bei den wimper- 
losen Keimen der Fall ist) schiitzende autolytische Produkte haben kann. 
Uebrigens ist es mir nach Filtration der autolytischen Stoffe des Typhus 
dnrch Chamberlandsche F-Kerzen gelungen, mit jeder beliebigen 
Ffirbemethode Wimperfragmente nachzuweisen, was natiirlich nicht aus- 
schliefit, daB sich in der Flflssigkeit auch von den Molekulargeb&uden 
der Wimpern kommende Materialien vorfinden kOnnen. 

Die chemische Bestimmung dieser Stoffe ist besonders angesichts 
der spflrlichen, von den Filtraten aufnehmbaren Quantit&t dieser Sub- 
stanzen, selbst bei Verwendung groBter Kulturmassen, nicht leicht. 

Um nun vor allem festzustellen, was man von dem flOssigen auto¬ 
lytischen Material mit Teilstttrzung Oder passender Sattigung bei Ver¬ 
wendung verschiedener Materialien niederzuschlagen im stande ist, habe 
ich einen Weg eingeschlagen, der von dem uns am einfachsten und 
natflrliehsten erscheinenden etwas abweicht. 

Ich verfuhr folgendermaBen: Nach Erhalt der filtrierten Flflssigkeit 
(die dazu verwandten Patina wurden in diesem Falle mit einem Spatel 
direkt aus den Kulturflaschen entnommen, um zu vermeiden, daB in die 
Flflssigkeit die ldsbaren organischen Materialien des Kulturbodens ein- 
dringen) teilte ich sie in 3 Teile. Der erste Teil wurde in seinem 
Volumen reduziert, seine organische Substanz dann mit Schwefels&ure 
zerstort, und der Stickstoff mit dem Kjeldahlschen Verfahren bestimmt 
Auf diese Weise erhielt ich den Gesamtstickstoflf der autolytischen 
Flflssigkeit. Der zweite Teil wurde mit Magnesiumsulfat gesattigt, 
24 Stunden auf 30°, dann auf 15° belassen, durch einen kleinen Filter 
gefflhrt, der sich stickstofffrei erwiesen hatte. Das Filtrat wurde nun 
gut gewaschen und dann ausgetrocknet, wonach Filter und Filterrflckstand 
dem Kjeldahlschen Verfahren unterzogen wurden. Auf diese Weise 
erhielt ich die bei vollst&ndiger Magnesiumsulfats&ttigung niederschlag- 
baren proteischen Fraktionen in Stickstoff ausgedrflckt. 

Der dritte und letzte Teil wurde zur H&lfte mit Ammoniumsulfat 
ges&ttigt und sodann filtriert. Das Filtrat wurde mit anderem Ammonium¬ 
sulfat gesflttigt, dann wieder filtriert und gewaschen; Filter und Rflck- 
standsmaterial in einem Mflrser so lange zerstampft, bis sie eine homo¬ 
gene Masse ausmachten; daraufhin dialysierte ich einige Zeitlang auf 
Chloroform in einem cylindrischen Cellulosedialysator. Es gelang mir 
jedoch nicht, alles kombinierte Ammoniak zu entfernen, das also die 
Ergebnisse hinsichtlich der proteischen, durch Sattigung mit Ammonium¬ 
sulfat niederschlagbaren Fraktion nach Entfernung der durch Sattigung 
stflrzbaren proteischen Substanzen (Globulin, Euglobulin etc.) geandert 
haben dflrfte. Eben deshalb teilte ich das Material nach 40 -48-stflndiger 
Dialyse bei niedriger Temperatur in 2 gleiche Teile. Aus einem der- 
selben destillierte man das Ammoniak, indem man es mit Soda von 
seinen Salzen 16ste. So erhielt ich das Quantitativ von NH 8 und N, 
was den im Material noch zurflckgebliebenen und dialysierten Ammoniak- 
salzen zugeschrieben werden kann. Der andere Teil wurde nach K j el dahl 
behandelt und von dem bei der Destination bestimmten Stickstoff wurde 


1) de’Rossi, G., Centralbl. f. Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVII. 


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Bertarelli, Aktive Immuniaierung des Menschen gegen Cholera etc. 589 


jener abgezogen, der zu den im dialysierten Material verbliebenen 
Ammoniaksalzen gehOrte. So erhielt ich als letzten Wert den Stick- 
stoff der durch komplette S&ttigung mit Ammoniumsulfat nach voraus- 
gegangener Entfernung der globulinen Fraktionen gestQrzten proteischen 
Substanzen. 

Wie man also hierans ersieht, war die Bestimmung nicht nur sehr 
genau, sondern ich ersparte es mir aucb, vom Filter Material aufzu- 
nehmen, das so sp&rlich und variabel ist, daB dadurch das gewdhnliche 
direkte Abwfigeverfahren sehr erschwert wird. 

Nachstehend einige Ziffern der ausgeftlhrten Bestimmungen: 

I. Bestimmung. 

a) Totaler Stickstoff von 100 ccm autolytischer Produkte, N = 0,00505 g. 

b) Stickstoff der in 100 ccm Magnesiumsnlfat ffillbaren Protein- 
fraktion, N = 0,0042 g. 

c) Stickstoff der mit Ammoniumsulfat f&llbaren Proteinfraktion nach 
Abzug der mittelst S&ttigung gestQrzten Fraktion (100 ccm), N = 0,0015 g. 

II. Bestimmung. 

a) wie oben. N = 0,00645 g pro 100 ccm 

b) „ „ N = 0,00420 „ „ 100 „ 

c) „ „ N = 0,0019 „ „ 100 „ 

III. Bestimmung. 

a) wie oben. N = 0,01036 g pro 100 ccm 

b) „ „ N = 0,00750 , , 100 , 

c) „ „ N = 0,00190 „ „ 100 „ 

IV. Bestimmung. 

a) wie oben. N = 0,01540 g pro 100 ccm 

b) „ „ N= 0,00600 „ 100 „ 

c) „ „ N = 0,00500 , n 100 „ 

Es ist ganz und gar selbstverst&ndlich, daB die Werte dieser Be¬ 
stimmungen fQr uns hinsichtlich ihrer Beziehungen zueinander und nicht 
bezQglich der absoluten Werte des in den autolytischen Produkten ent- 
haltenen N von Interesse sind. Ebenso versteht es sich von selbst, daB 
bei der ersten Bestimmung und in geringerem MaBe auch bei den Qbrigen 
numerische Mifikl&nge bestehen (der Totalstickstoff der ersten Bestimmung 
ist geringer als das N der Teile), die entschuldbaren Bestimmungsfehlern 
entspringen. 

Aus dem Vergleiche dieser Daten ergibt sich, daB die grbfite 
Quantit&t der in den autolytischen FlQssigkeiten vor- 
handenen proteischen Substanzen durch die mit Magne- 
siumsulfat f&llbaren proteischen Fraktionen dar- 
gestellt ist. 

Allerdings linden wir zwischen einer Bestimmung und der anderen 
bemerkenswerte Unterschiede, immer aber bleibt uns das Resultat, daB 
diese proteische Fraktion stets Qberwiegend ist, und zwar oft 8—9 Zehntel 
des ganzen proteischen Materials ausmacht. 

Was sind nun diese Substanzen? Sind es Globuline (ich verstehe 
unter diesem Namen alle globulinen, euglobulinen etc. Fraktionen) Oder 
sind es zur Gruppe der Proteide gehorige Verbindungen? 

Es liegt nicht in meiner Absicht, mit Hilfe der biologischen Chemie 
eine Frage zu lQsen, die doch schlieBlich nur mittelm&Biges praktisches 
Interesse bietet. 


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590 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

Die wenigen angestellten Proben haben dargetan, daB die Fraktion 
proteischer, mit Magnesiumsulfat gef&llter Substanzen zwar zu gutem 
Teil in 5-proz. Kochsalzlosung sich auflbst, aber w&hrend der Dialyse 
sich niederschl&gt. 

Die Phosphorprobe mit Molybdat spricht flberdies dafflr, daB diese 
Materialien sehr phosphorreicb sind. Die mit Serumglobulinen ange¬ 
stellten Kontrollversuche haben beztiglich des Phosphorgehaltes beider 
Produkte ungeheure Unterschiede festgestellt 

Es ist somit sehr wahrscheinlich, daB der grbBte Teil der stickstoff- 
haltigen Substanzen der autolytischen Materialien aus Proteiden und 
vielleicht auch aus Nukleinen besteht, nicht aber aus Globulinen. Es 
durften also, wenigstens groBenteils, die autolysierten Materialien aus 
Nukleinen bestehen. 


Es lassen sich somit aus dem Gesagten nachstehende SchluB- 
folgerungen ableiten: 

1) Die von Shiga vorgeschlagene Immunisationsmethode mit auto¬ 
lytischen Produkten bewirkt auch der Cholera gegenflber bei Menschen 
und Tieren das Auftreten von Agglutininen und bakterientdtenden Sub¬ 
stanzen. 

Damit aber der Agglutinationswert auch nur mittelm&fiig sei, dazu 
bedarf es bedeutender Quantit&ten des Inokulationsmaterials. 

In dieser Richtung scheinen also die Ergebnisse nicht mit denen 
vergleichbar zu sein, die Brieger und Mayer mit ein wenig anders 
prSparierten Autolysaten erhalten haben. 

2) Die Immunisationsdauer ist bemerkenswert und kann mit der- 
jenigen verglichen werden, die mit den anderen Systemen der aktiven 
Immunisation erhalten wird. 

3) Die autolytischen Schutzprodukte kbnnen auch in Form von 
Trockenprodukten erhalten werden und besitzen auch dann noch ziemlich 
bedeutende Schutzkraft. 

Diese Methode ist jedoch teuer, erfordert ungeheure Mengen Material, 
und so besitzen wir also in ihr keine praktische Methode. In dieser 
Hinsicht bietet die Shigasche Methode allerdings durchaus nicht die 
Vorteile der anderen Verfahren, doch liefert uns die Anwendung der- 
selben ein garantiert steriles Material, das auBerdem frei ist von wahr¬ 
scheinlich nutzlosen und vielleicht selbst sch&dlichen Bestandteilen des 
Bakterienleibes. 

4) Auch von nicht bewimperten Keimen kann man autolytische 
Schutzprodukte erhalten; die Wimpern kdnnen also Bestandteile der 
autolytischen Produkte sein, sind es aber nicht notwendigerweise. 

5) Das autolytische Material des Typhusbacillus besteht aus stick- 
stofihaltigen Substanzen, die zum guten Teile durch Magnesiumsulfat- 
sBttigung gestOrzt werden und sehr phosphorreich sind. Aller Wahr- 
scheinlichkeit nach besteht also ein groBer Teil dieses autolytischen 
Materials aus proteischen Substanzen aus der Gruppe der Nukleine. 


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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


591 


Nachdruck verboten . 

On an infections pneumonia of rabbits and its treatment 

with anti-serum. 

[From the Institute for the Investigation of Infections Diseases: Uni¬ 
versity of Bern (Director Prof. Dr. Tavel).] 

By Dr. Henry J. Sfidmersen. 

With 1 fig. and 1 diagram. 

Introduction. 

The following investigations were commenced in Nov. 1902 for the 
purpose of ascertaining the cause or causes giving rise to an epidemic 
among the rabbits used for experimental purposes in the above institute, 
of which the most remarkable symptoms were rapid and constant loss 
in weight associated generally with a rhinitis. It was soon observed 
however that symptoms were presented in other cases which differed 
from the above although it appeared probable that if not identical the 
diseases were in all cases related to one another, since the lung was 
the organ affected. It became necessary therefore to investigate the 
various cases as they arose in order to determine whether the different 
symptoms corresponded to different diseases, or whether they were 
merely different manifestations of one and the same disease. It was 
noticed for example that rabbits were at times troubled with a diarrhoea 
and nasal flow, without considerable loss in weight These animals died 
suddenly. A post mortem examination showed that the lungs were in 
most cases almost completely hepatised and shrunken together, while 
in addition the pleura and pericardium together with considerable por¬ 
tion of one or both lungs were found to be occupied by thick purulent 
material. 

In other cases the flow from the nose was less of a purulent nature; 
in some it was watery, in others the discharge was whitish, mucus like, 
and slimy, the animals so affected were troubled with more or less 
violent fits of sneezing from time to time. 

Some of the above variations were thought to be due to a more 
or less chronic or acute form of one and the same disease, on the other 
hand, evidence also pointed to the fact that we have here to do with 
various kinds of lung infection occurring in rabbits. That which strikes 
one at first is the almost constant occurrence of a rhinitis and diarrhoea, 
so that one is easily inclined to suppose that these are all important 
symptoms of one and the same disease, this is not the case however 
since these features present themselves either associated or apart under 
the most varied conditions irrespective of the disease from which the 
animal may be suffering. They may be present in coccidiosis as well 
as in lung affections and septicaemias to which rabbits are susceptible, 
or may occur in animals otherwise quite healthy, and must therefore 
be looked upon as phenomena to which rabbits are extremely liable, 
especially so when their resistance is lowered by disease or otherwise, 
and in themselves constitute no feature of importance in diagnosis. In 
the course of this work evidence was obtained of a difference in distri¬ 
bution of various infections throughout the year, that with which I 
chiefly concerned myself arises in autumn or spring during periods of 


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592 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


sudden weather changes, more particulary during the damp and cold 
months of November and December. 

It was part of the object of this work to find out whether a micro¬ 
organism, or microorganisms of different degrees of virulence, or of 
which the seat of activity in the various cases resided in different organs 
would account for the above differences. If due to microbic activity 
the properties of the organism found to be the cause of the most pre¬ 
valent infection were to be specially studied, and an attempt made to 
produce an immune serum, failing which to find out other means of 
prevention or cure. A microscopic examination of a smear preparation 
from the lungs of several cases occurring at about the same time in 
Nov. 1902 when the work was started, revealed the presence of large 
numbers of a small microorganism resembling a small elongated Diplo- 
coccus, but which was decolorised by Gram’s method. This was 
found in smear preparation from apparently normal portions of lung 
as well as from the consolidated parts. A similar bacillus was observed 
in culture on agar inoculated from a portion of lung after 48 hours in¬ 
cubation at 37° C; in many cases in pure culture. An intratracheal 
injection of a pure culture gave rise to similar symptoms and later to 
the death of a rabbit. It is the infection from this Bacillus to which 
my attention has been chiefly directed; it occurs principally in autumn 
during the months from October to December, when it is most fatal. 
At other times of the year it occurs sporadically especially in animals 
which have been injected for some experimental purpose whereby their 
resistance has been lowered. The characteristic appearance is a loss 
of weight of the animal affected, generally accompanied by a rhinitis 
more or less pronounced, and often by diarrhoea. The temperature is 
generally normal until a short time immediately before death, at which 
time it is subnormal. The symptom of greatest value in the diagnosis 
is the loss of weight, the rate of this being roughly a measure of the 
severity of the case. 

Having satisfied myself of the aetiological relationship of the ba¬ 
cillus to this particular disease I proceeded to the last and most im¬ 
portant objects of the investigation viz: to find out whether an immune 
serum could be obtained, and whether rabbits might be rendered im¬ 
mune by previous injections of attenuated culture. Active immunity 
brought about by the injection of culture as is well known is more 
lasting in its effects than the passive immunity resulting from the in¬ 
jection of an antiserum from another animal, especially should this 
animal be of a different species. The effect of the injection of antiserum 
is in all probability nothing more than that arising from the quantity 
of immune body so introduced, and this soon disappears from the cir¬ 
culation. In the case of vaccine on the other hand an active response 
on the part of the animal is called forth; the cells are stimulated to 
the production of immune bodies, and having been so acted on it is 
conceivable that the cells become accnstomed so to speak to respond 
readily to this specific stimulus, and are thus able readily to guard 
themselves against subsequent attacks from the same organism 1 ). 

The results of the experiments conducted with this end in view 
show 1 st that an efficient serum may be produced by the injection of 


1) This property may transmitted to the cell descendants since reproduction takes 
place by division ana it is not to be wondered at if the two halves of a dividing cell 
possess unimpaired the properties of the parent cell. 


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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


593 


increasing doses of a culture of the Bacillus A into a rabbit, starting 
at first with cultures previously heated to a temperature of 60—62° C 
for a half>honr, and following this up with the injection of living cul¬ 
ture; 2 nd that the injection of a culture heated to the temperature of 
60— 62° C as above given is able to confer an immunity on the in¬ 
jected animal. 

While following up this line of investigation I continued to study 
cases of infection as they arose, in order to determine whether all cases 
of rhinitis were due to the activity of one or several species of micro¬ 
organism, and also to determine how far this excretion could be relied 
on in diagnosis, in other words whether it was an essential or a mere 
accidental concomitant of the disease. I have found that such a rhi¬ 
nitis may arise as the result of the most varied diseased conditions. 
In cases where the animal has died from a pneumonia arising from 
the presence of Bacillus A, this same bacillus was likewise present 
in the nasal exudate, often in pure culture. Whether it is always pre¬ 
sent under these circumstances I am unable to say, but am inclined to 
suspect that cases of this lung infection may occur where quite a diffe¬ 
rent bacterial flora exists in the nasal excretion; this suspicion has been 
forced upon me by the fact that occasionally I have failed to find the 
bacillus in culture although an abundant growth of other orgahisms 
was obtained from the nasal excretion whereas the lungs were found 
to contain the bacillus in nearly pure culture. It is however quite 
certain that a rhinitis does occur with other infections and even with 
diseases other than those of the lung; in these cases the results of 
bacteriological examination are quite different. In how far these diffe¬ 
rences correspond to differences in the nature of the discharge, which 
varies in consistency in different cases I have not had the opportunity 
of determining. A thorough examination of the exudate of both healthy 
and infected animals, and a correlation of these results with those ob¬ 
tained from an examination of the lungs was not made for want of 
necessary time. 

Since in general the Bacillus A is found in the nasal discharge 
in cases of lung infection by this organism, an examination of this dis¬ 
charge is of use as an aid to diagnosis. It must be borne in mind 
however that in the outer layer of mucus its presence is often masked 
by the great abundance of various other organisms which makes its 
detection a matter of difficulty. It is best to remove this by means of 
a plug of cotton wool previously wrung out in lysol, the platinum loop 
should then be inserted as far as possible. This operation causes the 
animal to sneeze, it is therefore necessary that an assistant dilates the 
nose and holds it steady during the time. From this an agar surface 
may be inoculated, and broth culture made from colonies in order to 
make the agglutination test. This can be made 48 hours after remov¬ 
ing the material from the nose. A smear preparation should be stained 
after Gram’s method, and antitoxic serum should be injected at once, 
if a large quantity of a very minute and short bacillus not stained by 
Gram is found to be present. 

The results of the numerous post mortem examinations made in 
the course of these investigations show that the Bacillus A was pre¬ 
sent in the lungs in 68% of all animals affected with a pneumonia. 
In the majority of cases this was the only organism observed in smear 
preparation from the infected lungs; and this appeared often as a pure 

Enta Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 38 


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594 Centralbl. f. JBakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXYIII. Heft 5. 

growth on the surface of agar. A Staphylococcus was also ob¬ 
tained in many cases, while in a few others I obtained a bacillus 
belonging to the Coli group. 

At various times large numbers of Guinea pigs have died with 
similar symptoms to those of rabbits infected with Bacillus A. From 
the lungs of these Guinea pigs the above bacillus in pure culture was 
likewise obtained; no morphological or biological difference could be 
detected between bacilli obtained from the lungs of the Guinea pig 
and those from the lungs of the rabbit; and both were agglutinated by 
the specific serum in high dilution. 

Having now reviewed the objects and principal results of the in¬ 
vestigation, I will briefly refer to work which has already been done 
bearing upon the same subject. 

In the year 1893 Beck described a similar infection. From the 
lungs of affected rabbits he obtained a bacillus which formed a slimy 
and abundant growth on agar, and which grew well in bouillon forming 
a stringy sedimentary growth with clear supernatant liquid. This ba¬ 
cillus was characterised by its inability to grow on potato. The author 
does not mention whether indol was produced in peptone bouillon, or 
gas in sugar culture media. The characters of this bacillus mark it as 
being quite another organism than the Bacillus A. The nose is 
described as being moist and sneezing a prominent symptom. 

Rudolf Kraus described a lung infection of rabbits in 1897. 
A very complete account of the morphological and cultural characters 
of the bacillus was given. He gives sneezing as a preliminary symptom, 
at which time the nose becomes moist, and later blocked up by a 
purulent discharge. It is interesting from the point of view of the 
dependence of the nasal exudation on the pulmonary infection that the 
mucous membrane of the trachea appeared mostly normal, and in only 
one case was any abnormality observed, the blood vessels of the sub¬ 
mucosa being injected together with desquamation of the upper layers 
of the epithelium. I have shortly discussed this above and will return 
to it more fully when describing the results of post mortem examinations. 
The Bacillus of Kraus appears to agree in all essential characters with 
the Bacillus A, on potato the growth is similar, indol is not formed 
in peptone bouillon an milk not coagulated. The author fixes the 
thermal death point at 100°. This is remarkable for a non spore form¬ 
ing organism. I find that an exposure of 10 minutes to a temperature 
of 62° C is sufficient to kill Bacillus A under all conditions of age 
and culture. It appears also from the results, although the amount of 
culture injected in the various experiments is not given, that the author 
had to deal with a more virulent organism than that with which I 
worked. It is interesting to note that although intratracheal and intra- 
pulmonary injection rapidly caused the death of Guinea pigs, the in¬ 
fection could not be reproduced in these animals by nasal inoculation 
in contradistinction to the results when rabbits were so treated. The 
author makes a comparison with the very similar infection previously 
described by B e c k; whose bacillus however, is non-motile and does not 
grow on potato. In these and in certain peculiarities in culture Beck’s 
bacillus in quite different from Kraus’ bacillus. Kraus writes: 
„Wenn auch die morphologischen und biologischen Eigenschaften dieses 
Beckschen Bacillus mit dem beschriebenen Bacillus viel Aehnlichkeit 


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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


595 


aufweisen, so ist in dem typischen Wachstum unseres Bacillus auf der 
Kartoffel gegeniiber dem negativen des Beckschen ein gentigendes 
Kriterium gegeben, diese beiden, fflr Kaninchen pathogenen Mikro- 
organismen auseinanderzuhalten; daher, so Hhnlich auch die beiden 
Seuchen erscheinen, sind sie doch voneinander zu trennen." The author 
also attempts to draw a difference in the more extended surface of 
diseased mucous membrane of the nose than that found by Beck. 

In the Centralbl. f. Bakt. etc. 1902—1903 is a reference to a work 
of Tartakowsky on a contagious pneumonia of Guinea pigs. The 
infected animals have a temperature which is described as subnormal, 
the region around the anus is covered with faeces, the breathing is 
superficial, and dround the nose there exists a dirty yellow exudation. 
The lungs were affected in different degrees from hyperaemia to yellow 
hepatisation in animals which had died from infection. The spleen was 
small. From the lungs the author obtained a bacillus which often 
appeared paired, and did not stain by Gram’s method. The bacillus 
grows well on agar forming bluish transparent colonies with sharp 
borders, the superficial reaching a diameter of 2,5 mm the deeply lying 
colonies are less transparent, of a yellow color and lens shaped. On 
potato the growth is described as brownish-yellow; bouillon appears 
uniformly clouded on the 2«»d day, and soon after a yellowish deposit 
growth which rises as a thread-like mass when the bouillon is disturbed; 
milk is not coagulated, and gas is not developed in sugar media. The 
growth is abundant on the surface of all ordinary media if slightly 
alkaline. Agar cultures retain their vitality for 3—3 1 /* months. 

All the above properties show conclusively that this bacillus if not 
identical is closely allied both to Kraus’ bacillus and to my Ba¬ 
cillus A. No special notice appears to have been taken of the growth 
on potato as being characteristic, although its brownish yellow colour 
conforms to that found in the last mentioned. I have variously described 
the colour as brownish white to brownish yellow or reddish in young 
culture, this becomes of a yellowish red or waxy yellow appearance in 
old culture. Slight differences are to be ascribed to the potato used. 
Tartakowsky’s bacillus is stated to be non motile and to produce 
no film. In both these characters is appears do differ from Bacillus A, 
possibly observations were not made on sufficiently young cultures. 
Although it is stated that Tartakowsky’s Bacillus produced no film, 
it was very feebly anaerobic and grew abundantly on the surface of 
culture media. In some of my earlier cultures no film was at first 
obtained, but always the somewhat slimy deposit which rises „faden- 
ziehend in die H8he tt when disturbed. Later I obtained surface films 
almost constantly on broth. One observes also that a diphtheria culture 
when obtained from the patient will often not form a film at first, it 
requires some training so to speak, before it becomes adapted to the 
formation of a good film. Neither the motility therefore, or the capa¬ 
bility of producing a film can be considered characters of such con¬ 
sequence as to allow of the separation of these organisms specifically 
from one another. At most I think they should be considered as 
varieties, and probably more correctly as different strains of the same 
species. 

Kraus isolated his bacillus from the lungs of rabbits which 
had died of a pneumonia while Tartakowsky’s bacillus was obtained 
from the lungs of Guinea pigs similarly affected. They both corre- 

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596 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

spond in their essential characters with my Bacillas A obtained from 
rabbits and Guinea pigs affected with a pneumonia, of which the 
identity from both sources has definitely been proved by the agglutin¬ 
ation test. 

According toTartakowsky rabbits and Guinea pigs are susceptible 
to infection by artificial inoculation, on the other hand Guinea pigs 
alone become spontaneously infected, or are susceptible as a result of 
the introduction of the culture in the nose. On the other hand Kraus 
found that rabbits alone were susceptible to infection by intranarial 
injection of culture, the same experiment was without result on Guinea 
pigs, although intratracheal injections caused the death of all the Guinea 
pigs experimented on. Neither author gives statements to show the 
percentage of animals affected in the various experiments recorded, and 
there is no information of the dose of culture given. According to my 
experiments the infection is not always transmitted, unless the quantity 
of culture injected be large, or in spontaneous cases unless the animals 
are a sufficient length of time together. There is in fact a very great 
similarity in these respects to human pneumonia which is less readily 
transmitted than many other infections, and is by no means always 
terminated fatally. By feeding constantly together the infection is most 
readily spread among rabbits. Since according to Kraus the infection 
arises by intratracheal injection it would seem probable that a sufficient 
quantity injected in the nose of his Guinea pigs would have produced 
the disease as it did in the rabbits on which he performed this ex¬ 
periment It is in agreement with my results that nasal injection is 
not followed by a result unless continually applied. It is very difficult 
to be sure of one’s positive results at a time when the infection prevails. 
The cages at my disposal were separate and were constantly sterilised 
in every part by weak lysol. The animals were obtained from another 
source than the institutes stock during times of infection and were 
brought directly into the sterilised cages. In most experiments young 
animals which as far as could be ascertained had never shown any 
symptoms of infection were used. By these means I became sure of 
my results, there being no possibility of cases arising spontaneously 
under such circumstances. It is necessary to use every precaution in 
order to prevent spontaneous cases arising in the experiment animals. 

The susceptibility of Guinea pigs to artificial infection with the ba¬ 
cillus of Kraus obtained from rabbits on the one hand, and the 
susceptibility of rabbits to artificial infection with the bacillus of Tarta- 
kowsky obtained from Guinea pigs on the other hand confirm further 
if that were necessary the identity of the organisms in the two cases, 
so that accepting the authors’ statements relating to the spontaneous 
non-transmissibifity of these organisms to the other animal in each case, 
we have here an instance of parasitic specialisation, in that the 
same bacillus has become adapted to existence on two different species 
of animals without other coincident modification. I have not confirmed 
this interesting result; in my experiments the bacillus from the rabbit 
when injected in the thorax of Guinea pigs gave rise to a pneumonia 
from which the animals died; and one case which came under my notice 
favours the view of the mutual spontaneous transmissibility of the in¬ 
fection. A Guinea pig apparently quite healthy and from the stock in 
which the contagion had not appeared was placed in the same cage 
with a rabbit in which the disease was beginning to manifest itself. 


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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


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Both animals died from the infection, a pure culture of Bacillus A 
was obtained in each case from the lungs. 

That such a parasitic specialisation may occur is quite possible, 
as appears to be the case with Bacillus tuberculosis, which 
according to Prof. Koch is not transmissible from cattle to man; 
although all its other characters are very closely identical whether the 
bacillus has been derived from man or cattle. Numerous observations 
and experiments which have since been made show that this is not 
strictly the case, the Bacillus derived from the one species is however 
less virulent for the other. We have here then a case of parasitic 
specialisation, the same bacillus having become modified biologically in 
two directions according to the different tissues to which it has become 
adapted. The Avian tubercle bacillus may represent a still further 
departure from the original stock. 

Descriptions of microorganisms. 

The organisms to be described were all obtained from the respiratory 
tract, generally from the lungs or trachea of rabbits which had died 
from some form of pneumonia attended with a rhinitis. It is highly 
probable, as already remarked, that under certain circumstances other 
microorganisms than the Bacillus A may be the cause of this disease 
in rabbits. It may arise secondarily as a complication of an already 
existing primary infection of some other organ in the same way that 
other organisms than the Pneumococcus may be the cause of a 
pneumonia in man. 

A thorough examination of the various bacteria occurring in the 
noses of healthy and infected rabbits is necessary in order to determine 
the connection which probably exists in some cases between the rhinitis 
and the pneumonia. 

Some of the descriptions are very short and incomplete, their in¬ 
sertion may however serve as a guide for future work. 

Bacillus A. As already stated this was found in the majority 
of cases and is closely identical with the bacillus of Kraus and 
Tartakowsky. In most cases it occurred in the lungs in pure cul¬ 
ture, was present in the trachea and in the nasal excretion sometimes 
in pure culture. In the nasal excretion however it was more often 
associated with other microorganisms such as various cocci and bacilli, 
Bacillus fluorescens liquefaciens being often present. In 
smear preparation from the tissues it has the form of a small Diplo- 
coccus or Diplobacillus, is decolorised by Gram’s method, and 
is often surrounded by a halo as though encapsuled. It grows well on 
all ordinary media. The bacillus is seen to possess a very active 
motility in hanging drop, typically this consists in a movement which 
may be compared to that of the wheel of a vehicle in motion in other 
words there is rotation about a central axis combined with a forward 
motion. Sometimes the rotation is only partially executed, it then 
executes a wriggling motion as it progresses. Rotation may occur 
without change of place, and bacilli are observed suddenly to come to 
rest and remain quiescent, while stationary bacilli will often be observed 
to start in motion at first as though struggling to free themselves from 
some impediment, perhaps caused by adhesion to the neighbouring or¬ 
ganism. The cessation of motion in the one and its commencement in 
the other probably corresponds to loss of this function in the one and 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVUL Heft 5. 


of its acquirement by a young bacillus in the other case, since the 
smaller are observed to start motion, while bacilli which come to rest 
are generally longer and therefore presumably older. I have examined 
old dry cultures on agar, potato, broth, and gelatine, but have never 
been able to find any evidence of spore formation. One often finds in 
such cultures that certain forms possess more strongly stainable areas, 
the thermal death point of such cultures however is not higher than 
that of a fresh culture. The thermal death point was determined in 
broth cultures and compared at the same time with a Colibacillus 
obtained from the pharynx of an infected rabbit (Bacillus D). The 
cultures were placed in a water bath together with a control tube of 
bouillon into which a thermometer was placed in order to indicate when 
the temperature in the tubes had attained that of the surrounding water. 
A loop-full of culture was removed from time to time, this was well- 
shaken in agar kept liquid during the operation by immersion in water 
at a temperature of 42 0 C, and plates poured. B a c i 11 u s A proved to 
be less resistant to heat than the Colibacillus. The following result 
is chosen as an example. 


Time of exposure of culture 

No. of cololonies on agar 

to a temperature of 60° C 

Bac. A 

| Bac. coli (Bac. D) 

0 mins. 

innumerable 

innumerable 

b v 

12 

very large no. 

10 „ 

0 

20 

15 „ 

0 

1 0 

20 „ 

0 

0 


It retains its vitality for a long time in culture, on agar for more 
than 4 months. Its low resistance to heat in conjunction with its long 
vitality under saprophytic conditions are of interest in connection with 
the fact that it is transferred from one animal to the other through the 
respiratory tract. Colonies in agar are not visible before the second 
day, those of the surface being generally 1 — 2 mm in diameter, of a 
pale bluish grey appearance with entire and well defined margins. In 
the depth of the agar the colonies are smaller, of a brownish yellow 
colour by transmitted light and are less transparent than the surface 
colonies. Under the microscope they are seen to be finely granular and 
homogeneous without channeling of any kind. Surface colonies are 
sometimes observed surrounded by a halo, the width of which is generally 
less than that of the colony itself. The colony is sharply marked off 
from the halo and this from the surrounding medium. I am inclined 
to associate this appearance with that which is sometimes seen in agar 
stab culture referred to below, and is due to growth below the surface. 
Colonies which possess a jagged margin are observed at times, but both 
this and the halo appearance are exceptional and probably arise from 
some condition of the media. Both forms occur in association with the 
normal form. 

Agar culture. An abundant pale bluish growth appears on the 
second day of incubation, which when raised from the surface by means 
of a platinum needle exhibits a glutinous consistency. In stab culture 
there is little growth along the line of puncture, whereas on the surface 
it often extends to the wall of the tube within a few days. Agar 
coloured with neutral red becomes decolorised and slightly fluorescent; 
and when coloured red by a faint excess of alkali after the addition of 


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Sildmersen, On an iufectious pneumonia of rabbits etc. 


599 


phenolphthalein does not at any time lose its colour. Neutral litmus 
agar becomes blue, at no time is acid produced. The form of the Ba¬ 
cillus on agar is always that of a very small Diplobacillus; and 
under none of the various conditions to which agar cultures have been 
subjected have involution forms appeared. The long bacilli which appear 
in broth, always return to the small Diplobacillus form when trans¬ 
planted to agar. 

I have often noticed in agar-stab cultures of this organism a 
peculiar cloudy parachute-like form of growth extending downwards into 
the medium. Another appearance is sometimes presented as a somewhat 
diffuse nebulous growth around the track of the needle. This broadens 
out and at the same time becomes less distinct in proportion to its 
depth from the surface, and possesses the form of a cone of which the 
apex coincides with the point of introduction of 
the needle on the surface. As above mentioned 
colonies are sometimes provided with a nebulous 
halo. The probable explanation of these appear¬ 
ances is that growth is taking place in agar 
which has become locally impregnated with air. 

In stab culture air has found its way between 
the agar and the wall of the test tube by the 
contraction of the former, or has been carried 
down with the needle during inoculation. 

Gelatine is not liquefied. The growth on 
the surface of stab culture is abundant but does 
not as a rule extend to the wall of the test 
tube; its margin is crenate; the surface is often 
marked with radial and wavy concentric striae. Q , , „ .. . . . , 

The colour becomes of a dull brownish grey. phenomena sometimes pre- 

Bouillon. Growth takes place best in sented in stab culture of 
bouillon made exactly neutral to litmus. At the Bacillus A. 

is end of 24 hours incubation at 37 0 C the broth 

slightly cloudy, and when shaken gives rise to a peculiar wavy shimmer 
similar to that noticed in young typhoid cultures and which appears 
to be connected with the motility of the organism. On the following 
day there is usually a slight deposit and the broth is very turbid. If 
the culture is allowed to remain undisturbed, a slight film will make 
its appearance by the 5 th or 6U> day, together with an abundant 
somewhat viscous sedimentary growth. If this film is carefully trans¬ 
ferred to the surface of fresh bouillon a good thick grey film somewhat 
similar to that of the diphtheria bacillus will appear. The ease with 
which film formation takes place appears to vary with different strains, 
some produce a thick grey film at once without special care being 
taken while others require careful training by the above method. Those 
strains which so readily form films have likewise a greater tendency 
to assume the long bacillary form in broth culture, those on the other 
hand which form films with great difficulty produce mostly short bacilli 
in broth culture. The deposit growth has a slimy consistency and 
floats upwards as a stringy mass when disturbed. At no time has indol 
been detected in peptone bouillon. In glucose broth there is no gas 
production. In very old cultures zigzag and curved forms of variable 
breadth often occur. 

Milk is not coagulated, but assumes a brownish grey appearance 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIIL Heft 5. 


in old culture. Neutral litmus milk becomes strongly blue; acid is at 
no time formed. 

Potato. The growth on potato is characteristic, it is abundant, 
and becomes a pale yellowish red after a few days; the potato itself is 
often stained a dull slate grey, but sometimes the colour is not altered 
as this depends on the potato used. As above mentioned the colour 
of the culture itself varies slightly, sometimes it is best described as 
brownish yellow, and often as of a pale ochreous yellow colour, old 
cultures often have the appearance and colour of plastic sulphur. In 
young cultures it is viscid in consistency. No involution forms appear 
either in young or old potato cultures; it always grows as a short 
Dipl obacillus. 

Bacillus B. This was obtained from the lungs and trachea of several 
rabbits which became suddenly infected towards the latter end of January 
1903. The symptoms were in all essential respects similar to those of ani¬ 
mals infected with Bacillus A; viz: loss of weight and moisture around 
the nose. The lungs were hyperaemic; all other organs appeared normal. 
In none of these cases did I find Bacillus A although a large number 
of plates were poured and colonies carefully selected. The lungs were 
crowded with a small bacillus like Bacillus A and yielded a pure 
culture of a similar bacillus on agar. The appearance of the growth 
on agar was the same as that of Bacillus A. After having examined 
many cases in which Bacillus A was obtained from the lungs I was 
easily led to conclude that this was the same bacillus, and this con¬ 
clusion was still further supported by the apparently identical symptoms 
in the two cases. From all these considerations it was a matter of 
surprise to me to find that this bacillus gave rise to gas in glucose 
broth culture. At first I throught it might be due to some admixture 
with another morphologically similar organism which caused me to re¬ 
plate the cultures and confirm their purity. As above remarked and 
as has been noted by Kraus, the bacillus of Beck although ex¬ 
hibiting peculiarities which separate it from Kraus’ Bacillus and 
therefore from my Bacillus A nevertheless agrees in its morphology 
and in its appearance on agar and in broth culture. In Bacillus B 
we have yet another bacillus which is indistinguishable from these 
unless a careful investigation of its cultural characters is undertaken. 
Little reliance can therefore be placed on a mere microscopic examination, 
or on the appearance of agar or bouillon culture in the diagnosis of 
pulmonary infections to which rabbits are subject 

An injection of 0,5 ccm broth culture in the trachea of a rabbit 
caused a rapid fall in weight continuing for several days; the animal 
recovered. A rabbit in the trachea of which 3 ccm broth culture had 
been injected died on the tenth day following. An intraperitoneal in¬ 
jection of 0,5 ccm in a Guinea pig was without effect.. 

(SchluB folgt) 


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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- u. Prazipitingehaltes des Blutes etc. 601 


Nachdruck verboteru 

Ueber die Schwaukungen des Agglutinin- und Prazipitin- 
gehaltes des Blutes walirend der Eotzinfektion. 

Ein Beitrag zur Serumdiagnose beim Rotz. 

[Aus dem pathologischen Institute der kgl. Universit&t Padua 
(Vorstand: Prof. Dr. A. Bonome).] 

Von Prof. Dr. A. Bonome. 

Mittels genauer und vollst&ndiger bakteriologischer Untersuchung 
ist es manchraal gelungen, die Gegenwart des Rotzbacillus in den inter¬ 
na axillaren und peritrachealen Lymphdrttsen nachzuweisen, und zwar bei 
wegen Rotzverdacht getoteten Pferden, die bei der Sektion keine der 
oharakteristischen Ver&nderungen durch die Rotzinfektion zeigten. Die 
Lymphdriisen erschienen gescbwollen und weich und hatten an der 
Schnittoberfliche ein grauweiCes, nicht kfisiges Aussehen, ohne irgend 
eine Grenze zwischen der Kortikal- und Medullarsubstanz, so dafi man 
bei einer makro- und mikroskopischen Untersuchung annehmen mochte, 
os kdnnte sich urn eine einfache hyperplastische Lymphadenitis handeln. 
Da andererseits diese Pferde keine der charakteristischen Krankheits- 
ver&nderungen zeigten, so war auch klinisch keines der klassischen 
Krankheitssymptome bemerkbar, jedoch reagierten die Tiere auf Malleln- 
injektionen mit einer Temperaturzunahme von zweieinhalb Centigraden. 

Dieser bei lebenden Pferden nicht sicher diagnostizierbaren Form 
der Rotzkrankheit, die auch nicht bei der Nekroskopie, sondern nur 
durch eine genaue und vollst&ndige bakteriologische Untersuchung 
oiniger Organe, wie z. B. der Lymphdrflsen, nachgewiesen wird, gibt 
man mit Recht den Namen versteckter oder latenter Rotz. 

In solchen Fallen ist es von grofier und praktischer Bedeutung, 
nicht nur die Krankheitsdiagnose zu stellen, sondern auch grflndlich zu 
untersuchen, ob die Mdglichkeit einer Uebertragung des infektiosen Pro- 
zesses auf andere Pferde und auf den Menschen vorliegt. 

Die Malle'inprobe hat bei diesen an latentem Rotz leidenden Pferden 
eine gewisse Bedeutung, man kann jedoch den thermischen und organi- 
schen Mallelnreaktionen keinen absoluten Wert zuschreiben, weil erstens 
nicht alle malleinisierten Pferde, die thermische und organische Reak- 
tion geben, auf Grund der Erfahrung als rotzkrank angesehen werden 
khnnen, und weil zweitens die thermische Reaktion bei wiederholten 
Malletninjektionen sich bis zum Verschwinden abschwacht, ohne dafi das 
Tier authdrt, rotzverdachtig zu sein. Aus diesem Grunde liefert die 
Anwendung des Mallelns dem Praktiker oft keinen sicheren Anhalts- 
punkt bei der Diagnose der Rotzkrankheit, besonders bei den Ein- 
hufern. 

Unter den zur Erleichterung der Diagnose bei rotzverd&chtigen 
Tieren vorgeschlagenen Mitteln hat gewiB die experimentelle Priifung, 
d. h. die Impfung von Meerschweinchen, Katzen, Hunden und Eseln mit 
von verd&chtigen Tieren herstamraendem Material (schleimiger Eiter, 
Sekrete von farcinSsen Geschwflren, Emulsionen geschwollener Lymph- 
drflsen u. s. w.) die grhfite Bedeutung. Wenn man aber bedenkt, dafi 
der Rotzbacillus bei den lebenden, an verstecktem Rotz leidenden 
Pferden schwer im Blute und in der keine Rotzknoten enthaltenden Milz 


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jCentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


nachweisbar ist (wie auch aus meinen zahlreichen Untersuchungen her- 
vorgeht), und wenn man sich vorhS.lt, daB die an verstecktem Rotz 
leidenden Pferde weder NasenausfluB haben, noch bei einer SuKeren 
Untersuchung sichtbare Geschwflre zeigen und ebensowenig geschwol- 
lene Lymphdrflsen, so kommt man leicht zu der Ueberzeugung, daB 
solche Probeimpfungen, die bei zur Verfflgung stehendem passenden 
Material so groBe Bedeutung haben, dem diagnostischen Zwecke nicht 
entsprechen, wenn sie zur Erkennung von F&llen latenten Rotzes bei 
lebenden Pferden dienen sollen, von welchen das passende Impfmaterial 
(Lungentuberkel, peribronchiale Lymphdrflsen u. s. w.) schwer zu ver- 
schaffen ist. 

Eine Probe, der man in diesen letzten Jahren eine gewisse Bedeu- 
deutung zugeschrieben hat, urn rotzverdfichtige Krankheitsfalle zu er- 
kennen, beruht auf dem AgglutinationsvermOgen des Blutserums. 

Seit fast einem Jahrzehnt weiB man, daB in dem Blute rotzkranker 
Tiere Agglutinine vorhanden sind, welche gegen den auf kflnstlichen 
NShrboden gezflchteten Rotzbacillus wirken. Mac Fadyean 1 ) machte 
zuerst derartige Versuche, indem er flhnliche von Widal bei der Typhus- 
infektion des Menschen angestellte Untersuchungen den seinen zu Grunde 
legte. Bald darauf wiederholte Foulerton 2 3 ) das Experiment mit dem 
Blutserum eines an Rotz erkrankten Mannes, wobei er auch Vergleiche 
mit dem Serum gesunder und an Diphtheritis und Typhus erkrankter 
Menschen anstellte. Wladimiroff 8 ), der seine Studien flber die Ag¬ 
glutination des Rotzbacillus im Jahre 1896 begonnen und sie spflter mit 
seinem Schfller Afanasieff fortgefflhrt hatte, kam zu dem Schlusse, 
daB das Blutserum eines normalen Pferdes schon bei einer Verdflnnung 
von 1 : 300 eine Agglutinationskraft gegen den Rotzbacillus zeigt, und 
behauptete auch, daB das Serum rotziger Pferde sich in noch viel 
grSBerer Verdflnnung wirksam erweist Diese Tatsache, welche einen 
grflBeren Agglutiningehalt in dem Serum rotzkranker Pferde beweisen 
wflrde, ist auch von anderen Beobachtern beststigt. Nur einige Forscher, 
wie Dediulin 4 5 ), Nikolsky 6 ), Jensen 6 ), Petrowsky 7 ) u. a. haben 
nach der Ansicht Wladimiroffs den Wert ihrer Untersuchungen flber 
die Agglutinationskraft des Serums, wegen zu starker Konzentrierung 
desselben, illusorisch gemacht. Nach Wladimiroff und nach anderen 
modernen Forschern ist diese Untersuchungsmethode zur Erkennung des 
Rotzes von unbestreitbarer Wichtigkeit, jedoch kann sie nicht ohne 
weiteres dem Praktiker tiberantwortet werden, wie die Mallelnprfifung, 
besonders wenn der Forscher in der Laboratoriumstechnik nicht vflllig 
eingeflbt ist Wenn auch solche Agglutinationsproben des Serums tat- 
sScblich mit toten Bacillen ausfflhrbar sind, wobei man leicht zu auch 

1) Mac Fadyean, Preliminary note on eerodiagnosia of glanders. (Joum. comp, 
pathol. and therap. Vol. IX. 1896.) 

2) Foulerton, On serumdiagnosis in glanders. (Lancet. 1897.) 

3) Wladimiroff, Sur le pltenom&ne d'agglutination dans la morve. (Recueil 
de nted. v4t4rin. 1897 et 1903.) 

4) Dediulin, Zur Rotzdiagnose. (Arch. f. Veter.-Wissensch. 1899.) [Russisch.] 
— Zur Serumdiagnose beim Rotz. (Bote f. dffentl. Veter.-Wissensch. 1900. [Russisch.] 

5) Nikolsky, W., Bedeutung der Serumdiagnoae beim Rotz. (Arch. f. Veter.- 
Wissensch. 1900.) 

6) Jensen, C. O., Ueber die Serumagglutination. (Maanedsskrift for Dyrlaeger. 
1901.) 

7) Petrowsky, A., Naturliche Rotzinfektion bei Kamelen. (Bote f. Sffentl. Veter.- 
Wissensch. 1900.) (Russisch.] — Malleus Kameli. (Arch. f. Veter.-Wissensch. 1903.) 

[Russisch.] 


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Bono me, Schwank ungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des Blutes etc. 603 

mit blofiem Auge sichtbaren Resultaten gelangt, durfen dem Forscher 
nichtsdestoweniger die feinsten technischen Operationen nicht unbekannt 
sein, die zur genauen Titrierung des Serums erforderlich sind. Auch 
kSnneu die Resultate der makroskopischen Serumprfifung die mikro- 
skopischen Ergebnisse bei der Demonstration des feinen Ph&nomens nicht 
ersetzen. 

Eigene Versuche. 

Infolge eines mir von der Generaldirektion des Sanit&tsamtes des 
kgl. Ministeriums des Inneren erteilten Auftrages bin ich seit ungefa.hr 
anderthalb Jahren beschaftigt, bei Pferden, welche nur die Malleln- 
reaktion zeigen, ohne irgend ein anderes klinisches Rotzsymptom aufzu- 
weisen, den latenten Rotz and seine Kontagiositat zu studieren. 

Da ich in diesem langen Zeitraume meiner Studien sechs Pferde 
zur Verffigung hatte, deren einige ich durch eine besondere Methode in- 
fizierte, bei der die Tiere bestandig auf Mallein reagierten, ohne durch 
viele Monate hindurch die klassische Symptomatologie der Krankheit zu 
zeigen, und da ich viele andere kleine Laboratoriumstiere (Meerschwein- 
chen und Katzen) zum Zwecke des Studiums infizieren mufite, so hatte 
ich gute Gelegenheit, zahlreiche Beobachtungen fiber das Agglutinations- 
und PrfizipitationsvermOgen des Blutserums verschiedener, an mehr oder 
minder verstecktem Rotz leidender Tiere, im Vergleiche mit dem mit 
dem Agglutinin- und Prfizipitingehalte des Serums derselben Species im 
normalen Zustande, auszuffihren. 

Bei den zahlreichen von mir fiber die Agglutinationskraft des Serums 
angestellten Versuchen habe ich ein doppeltes technisches Verfahren be- 
folgt: d. h. ich untersuchte einerseits die agglutinierende Wirkung des 
Serums auf Aufschwemmungen von durch Hitze getfiteten und in einer 
schwach mit Phenol versetzten physiologischen Kochsalzlosung gehaltenen 
Rotzbacillen und andererseits dieselbe agglutinierende Kraft des di- 
luierten Serums auf lebende, aus frischen, 3 Tage alten Bouillonkulturen 
entnommenen Rotzbacillen. 

Diese beiden Methoden kfinnen nicht als so vollkommen angesehen 
werden, dafi sie manchmal mfigliche Fehler ausschliefien. Mit der Uebung, 
die man bei der hfiufigen Wiederholung solcher mikroskopischen Prfl- 
fungen des agglutinierenden Serums auf die Bacillen erwirbt, indem 
man stets dieselben technischen Details verfolgt, ist es mir immerhin 
gelungen, die leicht zu begehenden Fehler zu vermeiden und ver- 
gleichende, hinreichend genaue Werte zu erhalten. 

Die von mir bei der makroskopischen Prflfung verfolgte Methode 
ist gerade die neuerdings von Kleine 1 ) fflr die toten Rotzbacillen vor- 
geschlagene. Diese Methode gibt ziemlich gute Resultate, wenn die 
Yerdfinnungen des zu prfifenden Serums nicht zu stark sind; wenn die- 
seiben aber so stark sind, dafi sie ungeffihr den wirklichen Titel des 
AgglutinationsvermOgens annfihernd erreichen, so gelingt es nicht, mit 
hinreichender Sicherheit den Transparenzunterschied zwischen der Test- 
flflssigkeit und der Flfissigkeit, welche die grfiBte Verdflnnung des ag¬ 
glutinierenden Serums enthfilt, festzustellen. 

Ein sichereres Kriterium liefert hingegen die Prfifung mit lebenden 
Bacillen, indem man das verdfinnte Blutserum auf frische Bouillon¬ 
kulturen von Rotzbacillen wirken l&fit. Zur Ausffihrung dieser Probe, 


1) Kleine, E. JL, Ueber Rotz. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLIV. 

1903.) 


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604 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

die ich im h&ngenden Tropfen ausfflhrte, bediente ich mich eines sehr 
guten apochromatischen Objektivsystems (2 mm) von Zeiss. Ich 
wandte 3-t&gige Bouillonkulturen an, so dafi die Menge der vermehrten 
Bacillen nicht zu grofi und am Boden der Eprouvetten kein flockiges 
Sediment gebildet war. 

Die miteinander in BerGhrung kommende Menge von Bouillonknltnr 
und Blutserum wurde mit von mir selbst graduierten Pipetten genau 
gemessen, so dafi bei der stets gleichen Neigung derselben die Tropfen 
immer gleich grofi resultierten. Der verwendete Bacillus riihrte immer 
von demselben Stamme her und die N&hrbbden waren immer in der¬ 
selben Weise pr&pariert. Die einzelnen Beobachtungen wurden von 20 
bis 30 Minuten bis aut 22—24 Stunden ausgedehnt. Eine Zeitdauer von 
18—24 Stunden, um sich von einem gegebenen Resultat zu Qberzeugen, 
ist nicht nur bei den makroskopischen, sondern auch bei den mikrosko- 
pischen Proben vorteilhaft, besonders wenn innerhalb der ersten halben 
Stunde bei den starken Verdiinnungen (1 : 500—1 : 800) die Bildung der 
KlGmpchen agglutinierter Bacillen gering und unentschieden ist 

Um mir einen moglichst genauen Einblick in die Schwankungen 
des Agglutinationsvermogens des Blutserums einiger Tiere w&hrend der 
Rotzinfektion zu verschaffen, lenkte ich zuerst meine Beobachtungen auf 
das Serum von im normalen Zustande befindlichen Tieren derselben 
Species. — Unter den Tieren, bei denen ich die Agglutinationskraft 
gegenuber dem Rotzbacillus studierte, befinden sich in erster Linie die, 
welche gegenflber dem Rotzvirus die grdfite Empfindlichkeit zeigen, wie 
z. B. Einhufer (Pferd, Esel), Katzen und einige Nagetiere (Meer- 
schweinchen). 

Es waren 6 normale Pferde, deren Agglutinationskraft ich studieren 
konnte. 

Die Resultate der verschiedenen Untersuchungen zeigten, dafi manch- 
mal individuelle und ziemlich fuhlbare Unterschiede vorkommen. Bei 
einigen gesunden Pferden schwankt die Agglutinationskraft von 1:60 bis 
1 : 115, bei anderen von 1 :115 bis 1 :170 oder auch bis 1 : 230. Solche 
Daten beziehen sich auf die mikroskopische Reaktion auf lebende Ba¬ 
cillen. Die makroskopische Reaktion, welche mit einer bei 60° stunden- 
lang abgetoteter Bacillen hergestellten Aufschwemmung vorgenommen 
wurde, zeigte sich nicht so empfindlich und gab Resultate, die von 1 : 50 
bis 1 :150 schwankten. Sowohl diese bei der makroskopischen als die 
bei der mikroskopischen PrOfung erhaltenen Zahlen bleiben etwas unter 
denen von Fedorowsky l ), der die Agglutinationskraft beim normalen 
Pferde zwischen 1 :300 bis 1 :500 annimmt. Wahrscheinlich sind diese 
Unterschiede nicht so sehr den Fehlern bei der Titrierung der Mischungen 
zuzuschreiben als hingegen und vielleicht haupts&chlich dem gebrauchten 
Kriterium, um den Grenzwert der Agglutinationskraft zu bestimmen. 

Das Vorkommen einiger sp&rlicher BacillenklGmpchen in dem h&n¬ 
genden Tropfen der untersuchten Mischungen wurde von mir nicht fOr 
einen sicheren Beweis zur Beurteilung des vorgenannten Grenzwertes 
gehalten; hingegen habe ich meine Ansicht fiber diesen Grenzwert nicht 
nur auf das Vorhandensein einer geringen Zahl BacillenklGmpchen, son¬ 
dern auch auf ihre Unbeweglichkeit, auf die Schwellung derselben und 
ihr granuloses Aussehen st&tzen wollen. 


1) Fedorowsky, Zur Agglutination der Rotzmikroben etc. [Dissert.] Jurieff 
1902. [Russisch.] 


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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- n. Prftzipitingehaltes des Blutes etc. 605 


Beim Serum eines gesunden, jungen Esels wurde die Agglutinations- 
kraft des Blutserums gegen den Rotzbacillus von mir schwficher als 
beim Pferde gefnnden, d. h. sie schwankte von 1 : 70 bis 1 : 90. Bei 
gesunden Katzen und Meerschweinchen ist die Agglutinationskraft ge- 
wfihnlich sehr gering, d. h. 1 : 20 bis 1 : 40. 

Schwankungen des Agglutinationsvermfigens des Blutes 
wfihrend der Rotzinfektion. 

Nach Feststellung der obenerwahnten Daten in Bezug auf die Ag- 
glutinationskraft des Serums gesunder Tiere gegenflber dem Rotzbacillus 
ffihrte ich eine lange Reihe Beobachtungen fiber die Schwankungen der 
Agglutination wfihrend des Rotzes aus. Der grSBere Teil dieser Beob¬ 
achtungen vollzog sich bei an experimentell rotzkrank gemachten Pferden, 
deren einige nur die latente Form der Krankheit zeigten. Andere Be¬ 
obachtungen machte ich bei Katzen und Meerschweinchen in verschie- 
denen Krankheitsstadien. 

Die erste Frage, die ich mir vorlegte, bezog sich auf die Bestim- 
mung, wann nach Einffihrung des Rotzvirus in den Kfirper des Pferdes, 
der Katze oder des Meerschweinchens die erste Zunahme der aggluti- 
nierenden Eigenschaft des Serums sich zeigte. Diese Frage, der eiue 
gewisse Bedeutung beim Studium des Verlaufes des experimentellen 
Rotzes zukommt, hat, wie leicht begreiflich, keine beim spontanen Rotz. 
Die diesem Zwecke dienenden Versuche wurden an 3 Pferden vorge- 
nommen, von denen 2 mit frischen, wirksamen, auf normalen gastro- 
intestinalen Wegen eingeffihrten Rotzkulturen infiziert wurden. Dem 
dritten wurde eine Agarkultur auf die kruentierte Nasenschleimhaut 
eingerieben. Ich bemerkte bei diesen 3 Tieren, daB die agglutinierende 
Reaktion nicht in demselben Zeitraume nach der Ansteckung zunahm. 
Diese zeigte sich zuerst beim durch die Nasenschleimhaut infizierten 
Pferde und trat schnell 2 Tage spfiter ein. In der Tat bemerkte ich 
beim Pferde „Gigante“, dessen Blut vor der Infektion ein Maximum 
an Agglutination skraft von 1 : 170 besafi, 2 Tage nach der Ansteckung 
durch die Nasenschleimhaut, wfihrenddem eine groBe, odematbse Schwel- 
lung der ganzen Schleimhaut und eine schmerzhafte Schwellung der 
intermaxillllren Lymphdrfisen eingetreten waren, eine Zunahme des Ag- 
glutinationsvermfigens bis zu 1 : 300, und 8 Tage spfiter, als ein reich- 
licher, eiterig-schleimiger, bacillenhaltiger AusfluB aus den Nfistern und 
ein grofies Geschwflr auf dem Nasenseptum an der Inokulationsstelle 
sich vorfand und auch die schmerzhafte Schwellung der intermaxillfiren 
Lymphdrfisen andauerte, war die Agglutinationskraft des Blutserums auf 
1 : 460 gestiegen (mikroskopische Reaktion auf lebende Bacillen). 21 Tage 
nach der Infektion erhielt ich eine starke Mallelnreaktion, und die Ag¬ 
glutinationskraft des Serums war ungeffihr 1 :300 bis 1 : 350 (mikro¬ 
skopische und makroskopische Reaktion). Die Agglutinationszunahme 
bis 1 :460 erhielt sich nicht nur durch die ganze Zeit des schweren Er- 
krankungsstadiums des Tieres, wfihrend dessen es starke Mallelnreaktion 
zeigte (2 1 /*—3 eg), sondern sie erhielt sich auch spfiter, als es fast ge- 
nesen schien. 

Bei den zwei anderen Pferden „Estimo“ und „Ceva“, bei denen ich 
die experimentelle Infektion durch Einffihrung von wirksamen Rotz¬ 
kulturen in die normalen Verdauungswege vorgenommen hatte, indem 
ich, um das Eindringen des Infektionsmaterials in die hinteren Nasen- 
wege durch die Choanen zu vermeiden, aus einem indifferenten Teige 


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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


hergestellte grofle Pillen, innerhalb welcher eine mit Agarkultur ausge- 
fullte Hdhlung sich fand, verschlucken lieB, war das Verhalten der Ag- 
glutinationsreaktion des Serums etwas verschieden. 

Bei diesen zwei Pferden erhflhte sich das Agglutinationsvermdgen 
nicht so schnell, wahrscheinlich weil ersteus die Einfflhrung des infek- 
tiflsen Materials nicht auf die Oberflflche der kflnstlich verwundeten 
Schleimh&ute, wie beim vorhergenannten Falle, vorgenommen wurde, 
sondern auf die Oberflache gesunder Schleimhaute, und zweitens, weil 
die Ansteckung auf gegen Rotzvirus minder empfindliches Gewebe und 
bei Einflufl der weuu auch schwach wirkenden Verdauungssafte geschah. 

Bei einem dieser zwei Pferde, beim „Estimo“, das schwerer mit 
einer auf 2mal im Abstand von 2 Monaten 1 ) in grflBerer Menge ver- 
schluckten Kultur infiziert wurde, erhflhte sich das Agglutinationsver- 
m6gen des Blutes von 1:230 auf 1:350 und stieg schliefilich auf 1:550 
(mikroskopische Reaktionen auf lebende Bacillen). 

Beim anderen dieser Tiere, bei der Stute „Ceva“, welche durch die 
Verdaungswege, aber mit geringerer Menge von Rotzkulturen, infiziert 
wurde, trat die Erhohung der Agglutinationskraft 50 Tage nach der 
ersten Infektion ein, wobei der Agglutinationstitel von 1 :115, was dem 
Normaltitel entsprach, bis 1 :300 stieg. Infolge einer zweiten, ebenfalls 
auf dem Verdauungswege vorgenommenen Infektion kam eine schnelle 
Zunahme der Agglutinationskraft von 1 : 600 bis 1 : 1035 zum Vorschein, 
die Ende Juli 1904 ein Maximum von 1 : 1104 erreichte. 

Auf Grund solcher von mir bei diesen 3 Pferden vielmals mit 
groBter Sorgfalt wiederholten Beobachtungen des Agglutinationsver- 
mdgens konnte man zu dem Schlusse gelangen, dafi die Agglutina¬ 
tionskraft des Blutserums gegenflber dem Rotzb&cillus 
beim experimentellen Rotz der Pferde sich bedeutend 
erhdht und daB solche Zunahme schneller auftritt, wenn 
die Ansteckung durch die verwundete Nasenschleimhaut 
geschieht, weniger rasch dagegen bei der Infektion durch 
die normalen Verdauungswege. 

Die Zunahme der Agglutinationskraft des Blutes gegenflber dem 
Rotzbacillus kommt gewohnlich beim Auftreten des Fiebers zum Vor¬ 
schein und Mit mit der Mallelnreaktion zusammen. Der Zeitraum, in 
dem solche Erhdhung des AgglutinationsvermSgens sich zeigt, betrfigt 
einen Monat, oder etwas mehr, wenn die Ansteckung durch die Ver¬ 
dauungswege erfolgte, hingegen ist er von wenigen Tagen, wenn die 
Infektion durch die verwundete Nasenschleimhaut geschehen ist. 

Zu Kontrollzwecken verfolgte ich das Verhalten der agglutinieren- 
den Reaktion bei zwei anderen ganz gesunden Pferden „Dandolo“ und 
B Chiari“, welche, ohne frflher Mallelnreaktion zu zpigen, mit den beiden 
experimentell mit Rotzkulturen durch die Verdauungswege infizierten 
Pferden „Estimo“ und „Ceva“ ganz nahe beieinander gehalten wnrden; 

1) Der Wallach „Eatimo“ wurde das erste Mai am 28. Dezember 1903 durch Ver- 
schlucken von 3 Pillen infiziert, in deren ganz geschlossener zentraler Aushohlung der 
ausgekratzte Brei von in 6 Petri-Schalen enthaltenen Agarkulturen eingeschlossen 
war. Nach 3 Tagen wurde das Tier von einem heftigen Fieber befallen, welches ein 
Maximum von 40,4° erreichte und 2 l / s Tage dauerte. Wahrend dieser Periode war das 
Tier sehr abgeschlagen und frafl weniff. — Am 2. Marz 1904, d. h. 63 Tage nach- 
her, befand sich das Pferd ziemlich worn und wurden ihm dann neuerdings 2 Pillen, 
die den Brei von 5 Petri-Schalen Agarkulturen enthielten, in den Schlund eingefiihrt. 
Das Tier reagiert am 4. Tage mit einer thermischen Erhdhung auf 39,4°. Das Fieber 
dauert 2 Tage. 


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Bo no me, Schwankungen des Agglutinin-, u. Pr&zipitingehaltes deg Blutes etc. 607 

and die gemeinschaftliche LebensfQhrung wurde besonders w&hrend eines 
langen Zeitraums eingehalten, in dem die infizierten Tiere an latentem 
Rotz litten. Man sorgte daftlr, dafi diese zwei ganz gesunden Pferde 
im Stalle neben den zwei an latentem Rotz erkrankten ihren Stand er- 
hielten and daB das Fatter aas demselben gemeinsamen Trog gefressen 
and aas demselben Eimer gesoffen wurde. Bei einem dieser Pferde, 
dem „Dandolo“. erreichte die Agglutinationskraft nach fast 5 Monaten 
gemeinschaftlicben Lebens mit dem durch die Verdauungswege infizier¬ 
ten Pferde „Estimo“ ein Maximum von 1 : 1380, wBhrend vor dem Zu- 
sammensein mit dem infizierten Pferde seine Agglutinationskraft unge- 
fkhr 1 :200 betrug. Obwohl sich beim „Dandolo“ keinerlei ausge- 
sprochenes Anzeichen von Rotzkrankheit zeigte, und es nur auf Malleln 
(2 1 /* 0 oder wenig mebr) reagierte und, ohne zur Arbeit angehalten zu 
sein, auch abgemagert war und hin und wieder ohne sichtbaren Grund 
fieberte, wurde das Tier am 23. Juli 1904 getOtet. 

Bei der Sektion fand sich keine der charakteristischen Veranderungen 
der Rotzkrankheit; nur fand ich in den Lungen sehr sparliche graue, nadel- 
kopfgroBe, harte, halbtransparente Tuberkel, die von keinem h&morrhagi- 
schen Hofe umgeben waren. Neben diesen Tuberkeln, die nicht rotziger 
Natur waren, sah ich hier und da einige weiche, grauweiBe, kQrzlich ent- 
standene bronchopneumonische Herde, die besonders an der Basis beider 
Lungen verstreut waren. — Die peritrachealen und peribronchialen Lymph- 
drflsen waren stark geschwollen und zusammengewachsen, so dafi sie 
htlhnereigroBe, homogene Massen von an der Schnittflache speckigem 
Aussehen bildeten. Sowohl diese bronchopneumonischen Herde als auch 
diese hyperplastischen, peritrachealen und peribronchialen Lymphadeniten 
konnte man bei einer am Sektionstisch vorgenommenen ersten Unter- 
suchung fdr nicht rotziger Natur halten, da das charakteristische kasig- 
^iterige Aussehen, welches gewdhnlich bei lange an Rotz leidenden 
Pferden sich findet, fehlte. — Es war nur nach sorgfaitiger bakterio- 
logischer Untersuchung dieser bronchopneumonischen Herde und der 
hyperplastischen Lymphdrtlsen und besonders infolge der wiederholten 
Impfungen mit Ganglienemulsionen bei Meerschweinchen und Katzen 
raOglich, die rotzige Natur dieser Lymphadeniten und dieser broncho¬ 
pneumonischen Herde festzustellen. Es blieb also kein Zweifel mehr, dafi 
das Pferd „Danolo“ rotzig geworden war und zwar infolge seines Zu- 
sammenlebens mit dem anderen Pferde „Estimo“, das, von uns auf dem 
Verdauungswege infiziert, an latentem Rotz litt, also weder NasenfluB 
noch -Geschwfire noch Schwellungen der intermaxiliaren Lymphdrflsen 
zeigte und von Zeit zu Zeit spontanen, kurzdauernden Fieberanfailen aus- 
gesetzt und dabei etwas abgemagert war. 

Bei diesem Pferde, bei dem ich die Schwankungen des Agglutina- 
tionsvermogens des Blutes von vblliger Gesundheit an bis zum Zustande 
verdftchtiger Infektion ganz gut verfolgen konnte, h&tte die serodiagno- 
stische Priifung keine besseren Resultate geben konnen, da sie durch 
die bakteriologische Untersuchung der bei der Sektion entnommenen Ge- 
webestficke vollauf bekr&ftigt wurde. 

Auf Grund solcher Resultate kommt man zu dem Schlusse, daB 
der Erhbhung der Agglutinationskraft des Blutserums 
bei einem Pferde, das wegen der mallelnischen Reaktion 
und wegen anderer Umst&nde als rotzverdBchtig ange- 
sehen werden kann, ein unzweifelhafter Wert bei der 
Diagnose der Rotzinfektion zuzuschreiben sei. 


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608 


Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXYIII. Heft 5. 


Beim anderen Pferd „Chiari“, das ebenfalls lange Zeit (ungefS.br 5 Mo- 
nate) init dem „Estimo u und mit dem anderen „Ceva“ zusammengehalten 
wurde, begannen die ersten spontanen FieberanfSlle ungefahr einen 
Monat spSter. Nach 3 Monaten auf Malleinreaktion geprttft, zeigte es 
TemperaturerhAhung von 2 3 /io Centigrad, d. h. von 37,5—39,8°. Bei 
diesem Tiere stieg die Agglutinationskraft des Blntserums von 1 :115 
bis 1 : 345 in der Periode zwischen August und November 1904. Im 
Dezember 1904 schwankte das Agglutinations verm Agen zwischen 1 :340 
bis 1: 460 und war wahrend der Malleinreaktion noch hAher, in dem es 
das VerhSltnis von 1 : 600 bis 1 : 750 erreichte. Im Dezember vorigen 
Jahres und im folgenden Januar war das Pferd sehr abgemagert und 
atmete unregelmaBig, es fieberte aber nicht, reagierte jedoch auf Malleln 
mit ungefahr 2 Centigraden (39,3—39,5°). Am 25. Januar wurde das 
Tier getfitet Das kurz vor dem Schlagen entnommene Blut aggluti- 
nierte im Verhaltnis von 1 :500. Die Sektion lieB die Anwesenheit 
eines fibrinosen, nicht ktlrzlich entstandenen Exsudates auf der Pleura 
der unteren linken Lunge, auf der diaphragmatischen Pleura und auf 
dem Mediastinum anterior zutage treten. An einigen Stellen der Lungen- 
pleura war das Exsudat mit darunterliegendem Bindegewebe zusammen- 
gewachsen; dagegen bedeckte es, besonders dem Diaphragma und dem 
Mediastinum entsprechend, ein weiches, grauweiBes Granulationsgewebe. 
Die linke Lunge zeigte hier und da gelbe, kSsige, hAchstens erbsengrofie 
Tuberkel und auch graue, halbtransparente, nicht von hamorrhagischen 
HAfen umgebene, kleinere Tuberkel. Auch in der rechten Lunge fanden 
sich solche Tuberkel, jedoch viel seltener. Der Larynx war normal so- 
wie die Trachea; die peritrachealen Lymphdrflsen etwas vergrdBert und 
weich. Leber, Niere und Verdauungswege normal, ebenfalls die Nasen- 
schleimhaut und die intermaxillSren Lymphdrflsen. 

Die direkt auf diese pathologischen Produkte ausgefflhrte bakterio- 
logische und kulturelle Untersuchung gab bezflglich der Gegenwart des 
Eotzbacillus ein positives Resultat. 

Einige Katzen und Meerschweinchen, die mit Emulsionen von peri- 
bronchialen Lymphdrflsen geimpft worden waren, starben an Rotz. 

Bei anderen kranken Oder normalen Tieren erhielt ich folgende Er- 
gebnisse. Bei einem normalen Esel zeigte das Blutserum ein nicht flber 
1 : 90 bis 1 :100 hinausgehendes AgglutinationsvermAgen. Wahrend 
einer langen Immunisationsperiode, in der diesem Tier After Injektionen 
von durch Erhitzung auf 60 oder 65° getAteten Rotzkulturen gemacht 
wurden, erhAhte sich die Agglutinationskraft des Blutserums von 1 :90 
bis 1 :230, und wahrend eines sehr rasch und tAdlich verlaufenden 
Rotzes, der wegen einer Einspritzung von nicht genflgend erhitzter resp. 
abgetAteter Kultur eingetreten war, nahm das AgglutinationsvermAgen 
des Blutes bis 1 :345 zu. 

Bei normalen Meerschweinchen schwankt die Agglutinationskraft 
des Blutserums gegenflber dem Rotzbacillus zwischen 1 :23 bis 1 :30. 
— Das wahrend der starksten, tAdlich verlaufenen Rotzansteckung ent¬ 
nommene Blut, als das Tier die typische Rotzorchitis aufwies, zeigte 
keine Vermehrung seiner Agglutinationsfahigkeit 

Auch bei der Katze habe ich einen ahnlichen Befund erhalten: in 
verschiedenen dieser rotzigen Tiere, denen ich das Blut kurz vor dem 
Tode entnahm, zeigte das oft hamoglobinhaltige, abgeschiedene Serum 
keine Zunahme der Agglutinationskraft, die zwischen 1 :25 bis 1 :50 
schwankte. Eine tatsflchliche Zunahme der Agglutinationskraft des 


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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des Blntes etc. 609 


Serums der rotzkranken Katzen bis 1 : 200 bemerkte ich nur in wenigen 
Fallen (2mal bei 10 rotzkranken Katzen). 

Diese vielmals mit groBer Sorgfalt ausgefdhrten Beobachtungen be- 
weisen, wie die Agglutinationskraft des Blntes ge gen fiber dem Rotz- 
bacillus sich nicht wie bei alien fflr den Rotzbacillus empfindlichen Tieren 
in gleicber Weise verhalt. Wahrend tatsachlich bei den Einhufern im 
Verlaufe der Rotzkrankheit die agglutinierende Reaktion des Blntes 
merkbar znnimmt, so daB sie zur Erkennung des latenten Rotzes sich 
eignet, erhdht sich das Agglutinationsvermdgen bei anderen Tieren, wie 
bei den von Natur aus gegen Rotz sehr empfindlichen Katzen und Meer- 
schweinchen, wahrend des experimentellen Rotzes durchaus nicht Solche 
von mir vielmals beobachteten Tatsachen w Or den also die Resnltate von 
Fedorowskj nicht bestfitigen. 

Veranderung der Agglutination wahrend der 
Mallei n reaktion. 

Es ist bekannt, daB wahrend der durch Protelne und andere 16s- 
liche Toxine des Rotzbacillus hervorgerufenen Vergiftung die Agglutina¬ 
tionskraft des Blutes gegenflber dem Rotzbacillus fQhlbar zunimmt. 
Eine solche Erscheinung wurde schon von Arp fid 1 2 3 ) beim gesunden 
Pferde und von Fedorowsky*) beim Meerschweinchen, Kaninchen 
und Hunde bemerkt Auch bei rotzkranken Pferden wurde von Pok- 
schischewsky 8 ) das Gleiche beobachtet, und Kleine 4 * ) hat nachge- 
wiesen, daB die Agglutinationskraft des Blutes bei gegen Rotz immuni- 
sierten Eseln und Ziegen bis 1 :300 ansteigen kann und sogar in ein- 
zelnen sehr seltenen Fallen bis auf 1 : 20000. — Man glaubt jedoch, dafi 
diese Verstarkung der Agglutinationskraft des Blutserums gegendber 
dem Rotzbacillus wahrend der Mallei'nvergiftung keine dauernde, son- 
dern nur eine vordbergehende sei. Nach Arpdd kehrt die Agglutina¬ 
tionskraft des Blutes bei malleinisierten Pferden in wenigen Wochen bis 
auf das Normale zurdck. 

Nachdem die bis jetzt erhaltenen positiven Resultate bezdglich dieser 
interessanten Frage, die man als hdchst aktuell ansehen kann, nur sp&r- 
lich sind und da man auch mit gegen den Rotzvirus unempfindlichen 
Tieren (Hdhnern) Oder mit solchen, die wegen ihrer geringen Empfind- 
lichkeif keine bestAndigen und sicheren Resultate geben konnten, experi- 
mentiert hatte, so unternahm ich eine Versuchsreihe, um das Verhalten 
des Agglutinationsvermogens des Blutserums bei Pferden wahrend der 
Malle'invergiftung zu studieren. Beim gesunden Pferde ruft die Mallei'n- 
vergiftung keine merkbare Veranderung der Agglutinationskraft des 
Blutes gegendber dem Rotzbacillus hervor, wenn diese Vergiftung nur 
einmal Oder hdchstens wenige Male in langen Zeitrfiumen vorgenommen 
wird. Die bei einigen Tieren (Eseln, Ziegen) beobachtete Zunahme des 
Agglutinationsvermogens des Blutserums nach wiederholten Einffihrungen 
von Rotzprote’inen und Toxinen sind tatsachlich von der von Kleine 
mittels Immunisation erhaltenen Erhdhung nicht unterscheidbar. Beim 


1) Arpfid, Julius, Beitrag zur Agglutination des Rotzbacillus. (VeterinariuB. 
Bd. XXV.) [Ungarisch.] 

2) Fedorowsky, Zur Agglutination der Rotzmikroben etc. [Dissertation.] Ju- 
rieff 1902. 

3) Pokechischewsky, Agglutination als diagnostische Methode fur Rotz. (Arch. 
tubs, de pathol. T. XII. 1901.) 

4) Kleine, E. X., Ueber Rotz. (Zeitechr. i. Hyg. Bd. XLIV. 1903.) 

£nte Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 39 


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610 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt, Originale. Bd. XXXVHI. Heft 5. 

rotzkranken oder verdachtigen Pferde erzeugt die Malleinvergiftung fast 
immer — die Falle, wo die Tiere vielleicht wegen zu hfiufiger Malleln- 
injektion oder wegen erfolgter Genesung zu reagieren aufhSrten, ausge- 
noramen — eine thermische Erhdbung und die sogenannte organische 
Reaktion, die sich, wie bekannt, in einer allgemeinen Ermattung, ver- 
weigerter Nahrungsaufnahme, SchweiB und ddematdser, schmerzhafter 
Anschwellung des subkutanen Bindegewebes an der Stelle der Ein- 
spritzung ausdriickt. 

Wahrend dieser Malleinreaktion untersuchte ich mehrmals das ag- 
glutinierende Verhalten des Blutserums sowohl bei gesunden als auch 
bei verstecktem Rotz und bei an sehr ausgepr&gtem Rotz leidenden 
Pferden. Die erhaltenen Resultate zeigten gewfihnlich, daB die Mal- 
leinvergiftung beim rotzkranken Pferde die Zunahme 
des Agglutinationsvermfigens des Blutserums veranlaBt. 
Diese Erhohung ist jedoch vorfibergehend, schwankt je nach den Tieren, 
dauert nicht linger als 5—7 Tage nach der Mallelnisation und steht 
mit der Intensitat der thermischen Reaktion nicht immer im Verhaitnis. 

In der Tat zeigte das Agglutinationsvermfigen bei einigen von mir 
experimentell sowohl durch die verwundete Nasenschleimhaut als auch 
durch die normalen Verdauungswege infizierten Pferde, obwohl man 
nach 3 Wochen eine thermische Mallei'nreaktion bis 40,6° = 3 Centi¬ 
grade fiber die Norm bemerkte, keine Erhohung, die viel bedeutender 
gewesen ware als jene der ersten Tage nach der Infektion, d. h. es 
schwankte von 1 : 230 bis 1: 250. 

Beim an verstecktem Rotz leidenden Wallach „Dandolo“ dagegen, 
dessen Nachweis nur durch die bakteriologische Untersuchung der 
weichen und geschwollenen peribronchialen Lymphdrfisen erfolgen konnte, 
war die Agglutinationskraft des Blutes wahrend der in den letzten 
3 Tagen vor der Totung vorgenommenen Mallelnisation von 1 : 700 bis 
1 : 1380 gestiegen. 

Obwohl die Mallel'nvergiftung bei rotzkranken Pferden eine kurz- 
dauernde Zunahme des Agglutinationsvermfigens des Blutserums gegen- 
fiber dem Rotzbacillus hervorruft, steht doch diese Erhdhung nicht ganz 
im Verhaitnis zu der Starke der thermischen und organischen, durch 
Mallelnisation erzeugten Reaktion. 

Zur Bestatigung dieser auf die Resultate meiner experiraentellen 
Beobachtungen sich stfitzenden Behauptung dient die Tatsache, daB eine 
gewisse Zunahme der Agglutinationskraft des Blutserums wfihrend der 
Mallelnisation auch bei nicht mehr mit Hyperthermie, sondern nur mit 
einer schmerzhaften Odematdsen Schwellung an der Injektionsstelle rea- 
gierenden Pferde (ceased reactor) zum Vorschein kommt. 

Bei einigen dieser nicht mehr reagierenden Pferde erh&lt sich das 
Agglutinationsvermdgen des Blutserums manchmal ziemlich hoch und 
steigt, wenn auch wenig, wahrend der Mallelnisation noch an, obwohl 
diese nur eine leichte organische Reaktion hervorruft. 

Dieser Zunahme der Agglutinationskraft, die bei den rotzverdfich- 
tigen Pferden wahrend der Malleinreaktion eintritt, kommt ein dia- 
gnostischer Wert von hoher Bedeutung zu, wenn man 
bedenkt, daB die Malleinreaktion kein absolut sicheres 
Mittel ist, um die Krankheitsdiagnose festzustellen, 
und wenn man sich vor Augen halt, daB bei einer ge- 
wissen Zahl rotzverdachtiger Pferde die thermische Re¬ 
aktion auf Mallein nach einer Reihe von bei demselben 


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Bonome, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des Blutes etc. 611 


Tiere in verh&ltnismSBig kurzen Zwischenr&umen vorge- 
nommenen Injektionen sich bis znm Verschwinden ab- 
schw&cht 

Zu dieser SchluBfolgerung gelange ich durch meine lange Zeit aus- 
gefflhrten Beobachtungen, die ich liber ein Jahr bei an verstecktem oder 
ausgepragtem Rotz leidenden Pferden anstellen konnte, von denen 
einige eine bestimmte, andere gar keine thermische Reaktion auf die 
Malleinreaktion gaben. 

Abnahme des Agglutinationsvermdgens des Serums bei 
den rotzkranken Pferden und ihre Erkl&rung. 

Gibt nns das Agglutinationsvermdgen des Blutserums in gewissen 
Fallen ein vortreffliches Mittel zur Stellung der Rotzdiagnose beim 
Pferde in die Hand, besonders wenn die Erankheit noch nicht die kli- 
nischen gut ausgepr&gten Erscheinungen erreicht hat und besonders 
wenn diese Zunahme des Agglutinationsvermdgens sich vorubergehend 
w&hrend der Malle'inisation noch verst&rkt, so kann man doch nicht be- 
haupten, dad einem solchen diagnostischen Mittel wirklich in alien 
Fallen ein besonderer Wert zukommt. Zu diesem Schlusse flihrten mich 
einige Beobachtungen an von mir mit Rotzkulturen infizierten Pferden, 
bei denen die Agglutinationsprhfung mehrmals in den verschiedenen 
Krankheitsperioden wiederholt wurden. 

Aus diesen Beobachtungen ging hervor, daB die Agglutinationskraft 
des Blutes bei den rotzkranken oder rotzverdachtigen Pferden sich ahn- 
lich wie die Reaktion auf Mallein verhalten kann. Nach dem Erreichen 
eines gewissen, nicht immer der Schwere der pathologisch-anatomischen 
Ver&nderungen entsprechenden auBersten HQhegrades kann sie sich bis 
zur Norm abschwachen, d. h. fast bis zu dem Grade, den es vor be- 
gonnener Infektion besaB. 

Diese Tatsache beobachtete ich nicht nur bei auf dem normalen 
Verdauungswege mit frischen Rotzkulturen infizierten Pferden, die ins 
letzte Krankheitsstadium eingetreten waren, nacbdem sie vorher eine 
ziemlich lange Periode von 7—8 Monaten latenten Rotzes durchgemacht 
hatten und dann die ausgepragtesten Krankheitssymptome, wie: schlei- 
mig-eiterigen NasenausfluB, Schwellung der intermaxiliaren Lymph- 
drflsen, Geschwfire der Nasenschleimhaut, Rotzarthritiden, verstreute 
Eiterherde in dem Unterhautbindegewebe und in den Sehnenscheiden 
u. s. w. zeigten und bei denen die unternommene Sektion die schwer- 
sten Lokalisationen der Rotzkrankheit in den Luftwegen klarstellte, son- 
dern auch bei einigen Pferden, die, trotzdem sie experimentell mit Rotz¬ 
kulturen infiziert worden waren oder sich durch langes Zusammenleben 
mit anderen an latentem Rotz leidenden Pferden und durch Saufen und 
Fressen aus gemeinsamen Gef&Ben spontan infiziert hatten, sich ziem¬ 
lich gut befanden, d. h. keine Krankheitserscheinungen zeigten und in 
hinreichend gutem Ern&hrungszustande waren, sp&ter aber rotzkrank 
wurden („Dandolo“ und „Chiari“). (SchluB folgt) 


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Centralbl. £. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Nachdruck verboten. 

Metakalin, ein festes Kresolseifenpraparat 

Von G. Wesenberg, Elberfeld. 

Unter der grofien Auswahl von Desinfektionsmitteln haben die 
Kresolpr&parate sich einen festen Platz zu erringen vermocht, und zwar 
sind es besonders die Kresolseifenprfiparate, welche sich einer grofien 
Beliebtheit erfreuen. Diese bestehen bekanntlich aus Gemischen von 
gleichen Gewichtsteilen Rohkresol und Kaliseife, welch letztere aber 
wohl meist durch die bedeutend billigere sogenannte grttne Oder Schmier- 
seife ersetzt werden dQrfte. Beide Komponenten sind aber — da selbst 
wieder keineswegs einheitliche, wohlcharakterisierte KSrper, sondern 
Gemenge — von stark wechselnder Zusammensetzung; das Rohkresol 
ist ein Gemisch der 3 verschieden stark desinfizierend wirkenden Eresolen, 
des Ortho-, Meta- und Parakresols; daneben enth&lt es meist noch nicht 
unbetrfichtliche Mengen weiterer homologer Phenole und von so gut 
wie vdllig unwirksamen Bestandteilen, aromatischen Kohlenwasserstoffen 
etc. Die chemische Untersuchung des Rohkresols, namentlich die quanti¬ 
tative Bestimmung seiner Komponenten, ist umstfindlich und ziemlich 
schwierig, wird daher in den meisten Fallen wohl unterbleiben; die 
Prfifung der fertigen Kresolseifenlosung gestaltet sich noch entsprechend 
komplizierter, wie aus den verschiedenen zur Untersuchung vorgescbla- 
genen Vorschriften hervorgeht. Ueber die Verschiedenheit der „Schmier- 
seife“ des Handels kann jede aufmerksame Hausfrau Auskunft geben, 
da ja die Verwendung von sogenannten Fflllmitteln (Wasserglas, Kar- 
toffelmehl etc.) ein beliebter Kunstgriff ist, die Seife vollgehaltlich er- 
scheinen zu lassen, w&brend sie in Wirklichkeit nur verhaltnismfifiig 
wenig Seife und viel Wasser enthfilt. Dafi unter diesen Umst&nden die 
Desinfektionswirkung der dem Handel entnommenen (aus Apotheken, 
Grofidrogengeschaften etc.) Kresolseifenlosungen eine aufierordentlich 
schwankende ist, indem neben ausgezeichnet wirkenden Prfiparaten 
solche von geringerer Wirkung anzutreffen sind, ist von vornherein an- 
zunehme nund dann auch von den verschiedenen Untersuchern [Fischer 
und Koske 1 ), Uebelmesser 2 3 * * ) und Fehrs 8 )] durch Desinfektions- 
versuche nachgewiesen worden. 

Zu dem ebenerwfihnten Uebelstande der schwer kontrollierbaren, 
schwankenden und daher unzuverl&ssigen Zusammensetzung der Kresol- 
seifenlbsungen kommen noch die Nachteile hinzu, welche alle Desinfek- 
tionsmittel in flOssiger Form besitzen: schlechte und ungenaue Dosierung, 
fflr den Arzt die Gefahr des Geffifibruches unterwegs und damit bedingte 
Verunreinigung der Instrumententasche etc., welch letztere bei einem 
festen Mittel lange nicht so unangenehm ist. Ein Kresolpraparat in 
fester Form wird daher dem Arzte in vielen Fallen sehr willkommen sein. 

Durch Herrn Dr. Gentsch wurde mir nun Gelegenheit geboten, 


1) Fischer, C. und Koske, F., Untersuchungen fiber die sogenannte „rohe* 
Karbolsaure mit besonderer Berficksichtigung ihrer Verwendung zur Deeinfektion von 
Eisenbahnviehtransportwagen. (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte. Bd. XIX. 1903. p. 577.) 

2) Uebelmesser, H., Die Desinfektionskraft des kauflichen Liquor cresolisapo- 
natus. (Dieses Centralbl. Abt. I. Bd. XXXVII. p. 469). 

3) Fehrs, L., Ueber den Desinfektionswert verschiedener Handelam arke n von 

Liquor cresoli saponatus des deutschen Arzneibuches. (Dieses Centralbl. Abt I. Bd. XXXVII. 

p. 730.) 


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We8enberg, Metakalin, ein fee tea Kresolseifenprftparat. 


613 


«ine Anzahl fester Phenol- bezw. Kresolpr&parate, deren Hers tell ung 
nach patentiertem Verfahren erfolgt, zu untersnchen; es sind dies 
Doppelverbindungen des Phenols bezw. der Kresole mit den entsprechen- 
den Alkalisalzen derselben; den Kalinmverbindungen kommen die 
folgenden Formeln zu: fflr das Phenol 3 C 6 H 5 • OHC 6 H 5 • OK; fQr die 

verschiedenen Kresole 3 C 6 H 4 \£h + C « Hi< \CH ; mit anderen Worten: 

auf je 4 Molekflle des Phenols bezw. der Kresole ist ein Molekfll 
Kalium gebunden, wAhrend in den entsprechenden Natriumsalzen 
auf nur 3 Molekflle ein Molekfll Natrium kommt. Die Kalium-Doppel- 
verbindungen sind — mit Ausnahme von der des o-Kresols — feste, 
gut kristallisierende KOrper, wAhrend die Natriumverbindungen, ebenso 
wie das o-Kresolkaliumsalz sAmtlich derartig hygroskopisch sind, dafl 
sie fflr praktische Verwendung nicht recht geeignet sind. 

Die erwAhnte Phenol-Kaliumverbindung ist in Wasser in jedem Ver- 
haltnis leicht klar loslich; die Kresolverbindungen dagegen 16sen sich 
klar in etwa der gleichen Menge Wasser, um sich bei weiterem Zusatz 
von Wasser unter Abscheidung von Oeltropfen zu trflben, bis schlieBlich 
bei einer Konzentration von etwa 2—2 1 /* Proz. wieder vflllige Auf- 
hellung und LOsung eintritt. 

Zuerst mogen hier einige Desinfektionsversuche mit dem 
Phenolkaliumsalz kurz mitgeteilt werden, zu denen zum Vergleich 
gleichzeitig reines Phenol herangezogen wurde. Die Versuchsan- 
ordnung war stets folgende: Zu der durch ein steriles Filter hindurch- 
geschickten gut gewachsenen Bouillonkultur wurde eine genau abge- 
messene Menge der meist 5-proz. Desinfektionsldsung hinzugesetzt; die 
Abimpfung geschah in 10 ccm Bouillon, die dann etwa 12—14 Tage im 
Brutschrank gehalten wurde. 

Zum Vergleich muBten natflrlich gleiche Mengen Phenol verwendet 
werden, indem 10 Teile Phenol der Rechnung nach 11,04 Teile unseres 
Phenolsalzes entsprechen; fflr die Versuche kamen stets rund 11 Teile 
des Kaliumsalzes auf 10 Teile Phenol zur Anwendung. 


3,0 Proz. 
2,0 
1,0 


tt 

tt 


Ofi 


Phenol. 


Phenolkalium. 


Abtfltung innerhalb 7, Minute 

M ft I f 

nach V? Minute unbeeinflufit 

1 „ tot 

2 Stunden unbeeinflufit 

2 8 / 4 „ tot 


Staphylococcus aureue. 


tf 

tt 


3,3 Proz. Abtdtung innerhalb V* Minute 

^>2 „ y, yy 1 / # 

1,1 „ nach 1 Minute unbeeinflufit 

„ 2 Minuten tot 

0,55 „ „ 2 Stunden etwas verlang- 

s am tee Wachstum 
„ 2*/ 4 Stunden tot 


Bacterium pyocyaneura. 

2,0 Proz. innerhalb 7? Minute tot 2,2 Proz. innerhalb % Minute tot 

0,5 „ nach 2 8 / 4 Stunden unbeeinflufit 0^5 „ nach V/ f Stunden unbeeinflufit 

>1 ft h)t ,, 2 ,, tot 


Bacterium typhi. 

2,0 Proz. innerhalb 1 / 9 Minute tot 2,2 rroz. innerhalb V 9 Minute tot 

1,0 „ nach 5 Minuten kaum beeinflufit 1,1 „ nach 3 Minuten kaum beeinflufit 

„ 10 „ tot „ 5 „ tot 

0^ „ „ 90 „ unbeeinflufit 0^5 „ „ 2 l / 4 Stunden beeinflufit 

„ 2V 4 Stunde tot „ 2 8 / 4 „ tot 

Bacterium coli. 

2,0 Proz. innerhalb 7« Minute abgetotet 2£ Proz. innerhalb 7s Minute abgetotet 
1,0 „ nach 3 Minuten unbeeinflufit 1,1 „ nach 5 Minuten unbeeinflufit 

„ 5 „ tot „ 10 „ tot 

0^ „ „ 2 b / 4 Stunden unbeeinflufit 0,55 „ „ 2 8 / 4 Stunden unbeeinflufit 

ft 5 1 /, „ tot „ 57, » tot 


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614 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


In diesen Versuchen zeigt sich demnach, dafi durch 
dieBindung von */ 4 desPhenolsanKaliumimallgemeinen 
eine wesentliche Aenderung in der Desinfektionswirknng 
nicht eintritt. 

Von den drei isomeren Kresolkaliumsalzen 1 2 ) kam vor allem das 
Metakresolkalium fflr die eingehende bakteriologische Untersuchung in 
Betracht, da das Orthokalium, wie oben bereits erwfihnt, infolge seiner 
Zerfliefilichkeit praktisch nicht brauchbar ist, das Parakresol aber eine 
bedeutend grofiere Giftigkeit zeigt als das Metakresol, worauf spfiter 
naher eingegangen werden soil; dazu kommt noch, dafi nach den fiber- 
einstimmenden Literaturangaben [C. F r a n k e 1 8 ), H e n 1 e 3 ), H a m m e r 4 ), 
Seybold 5 ), Fischer und Koske 6 ), Uebelmesser 7 )] von den drei 
Isomeren das Metakresol die grofite Desinfektionskraft besitzt; dann 
folgt das Parakresol und zuletzt das Orthokresol; die Wirkung des ge- 
mischten Rohkresols richtet sich nach der prozentuellen Beteiligung 
seiner Komponenten, wobei allerdings Seybold (1. c.) dasTrikresol 
Schering— welches nach Angaben der Fabrik aus 40 Proz. Metakresol, 
35 Proz. Orthokresol und 25 Proz. Parakresol besteht — als dem Ortho¬ 
kresol nur etwa gleichwertig fand, wfihrend es nach Schlepegrell®) 
deutlich starker wirkt als das Kresol purum liquefactum N5rd- 
linger, welch letzteres durch Zusatz von ein Molekfil Wasser verflfis- 
sigtes Orthokresol ist 

Da das Metakresolkalium in Wasser nur bei kraftigem Schfitteln zn 
etwa 2— 2 1 /* Proz. ldslich ist, ein Umstand, der der praktischen Ver- 
wendung des Prfiparates im Wege stehen dfirfte, so versuchte ich es 
durch geeignete Zusatze leicht lfislich zu machen und in der Tat, es ge- 
lang mir, durch Mischen des Metakresolkaliums mit benzoesaurem, sali- 
cylsaurem, benzolsulfosaurem Natrium, kurz mit alien den im erloschenen 
Patent No. 57842 aufgeffihrten Substanzen, ein in Wasser leicht 15s- 
liches, pulverfSrmiges Produkt zu erzielen. Dasselbe Ergebnis erhielt 
ich beim Vermischen mit Seifenpulver, als welches ich zuerst die Sapo 
medicatus des Arzneibuches benutzte: bereits ein Zusatz von 10 Proz. 
Seifenpulver erhfiht die LSslichkeit des Salzes bedeutend; bei einem 
Zusatz von 20 Teilen Seife auf 80 Teile Metakresolkalium — und das 
Parakresolkalium verhait sich selbstverstandlich genau ebenso — ent- 
steht ein Gemisch, welches sich in etwa 1—2 Teilen Wasser leicht und 
klar auflost, um sich bei weiterem Zusatz wieder zu trfiben, bis es end- 
lich in der 9—10-fachen Wassermenge wieder vfillig ldslich ist und sich 
dann beliebig weiter verdfinnen lafit; wasserige LSsungen bis zu etwa 


1) Unter der Bezeichnung „KresolkaIiuni“ und ahnlich sollen im nachfolgenden 
stete, der Kurze halber, unsere Doppelverbindungen aus 3 Kresol + 1 Kresolkalium ver- 
standen sein. 

2) Frank el, C., Die desinfizierenden Eigenschaften der Kresole, ein Beitrag zur 
Desinfektionsfrage. (Zeitscbr. f. Hyg. Bd. VI. 1889. p. 521.) 

3) Henle, A., Ueber Kreolin und seine wirksamen Bestandteile. (Arch. f. Hyg. 
Bd. IX. 1889. p. 188.) 

4) Hammer, H., Ueber die deeinfizierende Wirkung der Kresole und die Her- 
stellung neutraler wasseriger Kresolldsungen. (Arch. f. Hyg. Bd. XII. 1891. p. 359.) 

5) Seybold, C., Ueber die desinfizierende Wirkung dee Metakresols Hauff im 
Vergleich zu Orthokresol. Parakresol, Trikresol Schenng, Phenol und Guajakol. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXIX. 1898. p. 377.) 

6) 1. c. . 

7) 1. c. 

8) v. Schlepegrell, H., Trikresol Schering und Kresol purum liquefactum 
N5rdlinger als Desinfektionsmittel. (Inaug.-Diss. Gottingen. 1895.) 


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Wesenberg, Metakalin, ein festes KresolBeifenpr&parat. 


615 


10 Proz. sind aus dem Pulver leicht durch kurzes Umschtitteln Oder 
Umrfihren zu erzielen. 

Zun&chst war nan wieder die Frage zu losen, ob durch das Ueber- 
fflhren des Metakresols in das oben erwfihnte feste Kaliumsalz eine 
Aenderung seiner Wirksamkeit herbeigefiihrt wflrde und welche Wirkung 
diesbezfiglich ein Seifenzusatz ausGbt. 

Nachdem mir Vorversuche mit 0,5 und 1-proz. MetakresollSsungen 
eine so rasche Abtdtung (innerhalb 1 / 2 —1 Minute) der eingebrachten 
Mikroorganismen ergeben hatten, daB Unterschiede in der Desinfektions- 
wirkung nicht erkennbar waren, benutzte ich fflr die nachfolgenden Ver- 
suche die Konzentration von 0,25-proz. Metakresol. Zu dem Zwecke 
versetzte ich je 1 ccm einer durch l&ngeres Schtttteln erhaltenen 2-proz. 
Losung von reinem Metakresol in 4 Reagenzglasern mit je 0,5 ccm einer 
Kalilauge von 0,518 Proz. KOH-Gehalt (0,5 ccm dieser Kalihydratlbsung 
sind im stande, genau 1 / t der in 1 ccm der 2-proz. Metakresollbsung 
enthaltenen Kresolmenge an Kali zu binden, so daB also unser Kresol- 
kaliumsalz frisch hergestellt wird) und auBerdem mit wechselnden Mengen 
einer 1-proz. Lbsung von Seife (Sapo medicatus des D.A.B. IV) und 
schlieBlich mit so viel sterilem, destilliertem Wasser, daB die Gesamt- 
menge genau 2,5 ccm betrug. Vier weitere Glaser wurden ebenso be- 
schickt, nur unter Fortfall des Kalihydratzusatzes. Zu diesen Mischungen 
wurden dann je 5,5 ccm der filtrierten 24-stfindigen Bouillonkulturen 
zugegeben. Die fertigen, also genau 8 ccm betragenden Mischungen 
enthielten demnach samtlich je 5,5 ccm Bouillonkultur und 1,0 ccm der 
2-proz. Kresollbsung, also je 0,25 Proz. Metakresol; auBerdem 

I* 1,5 CCm WB 886 T 

II. 13 „ „ und 0,2 ccm Seifenldsimg — 10 Teile Seife auf 100 Kresol 

III. 1,0 „ yy yy 0,5 99 yy 25 99 yy yy 100 yy 

IV. 0j5 yy yy yy 1,0 yy yy 50 yy yy |) 100 yy 

V.—VIII. je 0,5 ccm der obigen KOH und auBerdem 

V. 1,0 ccm Wasser 

VI. 03 » „ und 03 ccm Seifenlosung — 10 Teile Seife auf 100 Kresol 

VII. 0,5 „ yy , 0,5 99 ,9 25 „ yy yy 100 99 

VIII. O9O 99 99 99 1,0 99 y% 50 99 ,9 ,9 100 99 

Metakresol 0,25 Proz. Metakresol-Kalium (0,25 Proz. 

Kresol). 

Staphylococcus aureus. 

Ohne Seife. 

nach 2 1 /, Stunden unbeeinfluflt nach 2 1 /, Stunden unbeeinflufit 

„ 5V 4 9 , abgetdtet „ 5 l / 4 „ abgetotet 

Mit 0,025 Proz. Seife (100 Kresol + 10 Seife). 
nach V 4 —1 Std. verlangsamtes Wachstum nach */ 4 —1 Std. verlangsamtes Wachstum 

„ 1 v t „ abgetotet „ l 1 /, ,, abgetdtet 

Mit 0,0625 Proz. Seife (100 Kresol + 25 Seife). 
nach l /i~V« Std. verlangsamtes Wachstum nach l / 4 Std. verlangsamtes Wachstum 

9 , 8 / 4 I, abgetdtet „ V f „ abgetotet 

Mit 0,125 Proz. Seife (100 Kresol + 50 Seife). 
nach V 4— 1 /1 Std. verlangsamtes Wachstum innerhalb Vi Std. abgetotet 
„ 8 /i 9 i abgetdtet 

Bacterium typhi. 

Ohne Seife. 

nach V 4 —V* Std. unbeeinfluBt nach Vi Std. unbeeinfluBt 

„ 3 / 4 —l 1 /, „ verlangsamtes Wachstum „ V 2 „ abgetdtet 

„ 2 9, abgetdtet 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Metakresol 0,25 Proz. Metakresol-Kalium (0,25 Proz. 

Kresol). 

Mit 0,025 Proz. Seife (100 Kresol + 10 Seife). 
nach V<—V* Std. unbeeinfluBt innerhalb */« Std. abgetdtet 

,. 1 „ verlangsamtes Wachstum 

„ l 1 2 3 /, „ abgetdtet 

Mit 0,0625 Proz. Seife (100 Kresol + 25 Seife). 
nach 7«—‘/ a Std. unbeeinfluBt innerhalb */ 4 Std. tot 

n S U » abgetdtet 

Mit 0,1 25 Proz. Seife (100 Kresol + 50 Seife). 
nach 7* Std. unbeeinfluBt innerhalb 7« Std. abgetdtet 

„ »/. „ verlangsamtes Wachstum 

„ */* ,, abgetdtet 

Eine zur Kontrolle der Seifen- und Alkaliwirkung angesetzte Probe 
derselben Typhusbouillon, welche 0,0324 Proz. KOH und 0,125 Proz. 
Seife enthielt zeigte nach 3-t&giger Einwirkung (bei 37° C) noch unge- 
schw&chtes Wachstum bei der Ueberimpfung in frische Bouillon. Es 
war dieses Ergebnis zu erwarten, da nach den vorliegenden Untersuch- 
ungen von Beyer 1 ), Henle (1. c.), Barsikow*), Konradi 8 ), Heller 4 ), 
Schumburg 8 ) u. a. selbst 10-proz. kalte Losungen von Kaliseife sowie 
auch von anderen Seifen, sofern diese ohne ParfQmierungszusEtze sind, 
nur einen geringen Desinfektionswert besitzen; die abtotende Wirkung 
des Seifenspiritus ist vSllig unabh&ngig von seinem Seifengehalt und 
nur abh&ngig von seinem Alkoholgehalt. 

Das Ergebnis dieser eben aufgeffihrten beiden Versuchsreihen, von 
denen die letztere (mit Typhusbakterien) der Kontrolle halber noch ein- 
mal mit ganz analogem Erfolg wiederholt wurde, ist ein in verschiedener 
Hinsicht recht interessantes: W&hrend die Desinfektionskraft 
des Metakresols gegenflber dem Staphylococcus aureus 
durch den Alkalizusatz nicht beeinfluBt wird, sehen wir 
beim Typhus sofort das Auftreten einer st&rkeren Desin- 
fektionswirkung all ein durch dieAlkalisierug (beim Phenol 
war wie oben gezeigt wurde, die Alkalisierung ohne nennenswerten Ein- 
fluB). Deutlich ist in beiden Versuchsreihen die Zunahme 
der Desinfektionswirkung desKresols durch den Seifen¬ 
zusatz ausgedrflckt, und zwar steigt dieselbe der zuge- 
setzten Seifenmenge entsprechend an, wobei wieder in 
beiden Reihen die Seife in Gemeinschaft mit dem Alkali 
st&rker wirkt als ohne Alkali; wir kbnnen demnach durch 
Seifenzusatz allein die Wirkung des Metakresols nicht 
unwesentlich erhOhen, erzielen aber eine noch bessere 
Wirkung, wenn wir auBer der Seife auch noch etwas freies 
Alkali zugeben. 


1) Beyer, Th., Ueber Waschedesinfektion mit 3-proz. Schmierseifenlbsungen und 
mit Kalkwasser. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXII. 18!)6. p. 228.) 

2) Barsikow, M., Ueber ate bakterientotende Wirkung des Alkohols und des 
Spiritus saponatus. (Pharmac. Ztg. 1901. p. 49.) 

3) Konradi, D. Ueber die bakterizide Wirkung der Seifen. (Arch. f. Hyg. 
Bd. XIVL. 1902. p. 101.) — Weitere Untersuchungen fiber die bakterizide Wirkung aer 
Seifen. (Centralbl. f. Bakt. eta Abt. I. Bd. XXXVI. 1904. p. 151.) 

4) Heller, O., Ueber die Bedeutung von Seifenzusatz zu Desinfektionsmitteln. 
(Arch. f. Hyg. Bd. XVIIL. 1903. p. 213.) 

5) Schumburg, Bemerkungen zu der Wirkung des Seifenspiritus als Deeinficiens 

medizinischer Instruments (Dtsche med. Wochenschr. 1903. p. 408.) 


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Wesenberg, Metakalin, ein festes KresolseifenprSparat. 


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Eine ErhShung der Desinfektionswirkung der Rohkresole durch 
Seifeuzusatz betont bereits 1889 Henle (1. c.) ferner auch Nocht 1 2 ), 
welch letzterer aber den prozentuellen Seifengehalt fflr belanglos halt, 
wenn dieser nor groB genug ist, die Kresole in Lflsung zn halten. Der- 
selben Ansicht ist Uebelmesser (1. c.), ohne aber selbst diesbeziigliche 
Versuche angestellt zu haben. Bei seinen Versuchen mit Karbolsflure- 
Seifenmischungen stellte dagegen Heller (1. c.) eine bedeutende Er- 
hohung der Karbolsflurewirkung durch Seifenzusatz fest, indem eine aus 
gleichen Teilen Karbolsaure und Kaliseife bestehende Mischung in 0,8- 
proz. Ldsung (0,4 Proz. Phenol) dieselbe Desinfektionskraft fluBerte, wie 
eine seifenfreie 1-proz. PhenollSsung; das optimale Verhaltnis ermittelte 
Heller zu 1 Teil Phenol auf 1 Teil Kaliseife. Fischer und Koske 
(1. c.) fflhren die auffallend geringe Desinfektionswirkung einer von ihnen 
geprOften „Karbolsauremischung u , welche aus 50 Proz. Rohkresol und 
50 Proz. einer 32-proz. Natronlauge bestand. auf die Gegenwart der 
grofien Meuge Alkali zurflck, durch welche fast die gesamte Kresolraenge 
in Kresolat flbergefflhrt wird, wahrend bei uns nur ein Viertel des vor- 
handenen Kresols in Kresolkalium verwandelt wird. 

Auf Grund der bisher berichteten Versuche wurde fQr die weiteren 
Prflfungen nun das von Herrn Dr. Gentsch hergestellte kristallinische 
Metakresolkalium, welches glatt bei 85—86° C schmilzt, mit einer festen 
Natronseife — und zwar im Verhaltnis von 100 Metakresolkalium mit 
25 Seifenpulver — gemischt, verwendet. Bemerkt sei, daB diese Mischung 
unter dem abgekflrzten Namen „Metakalin“ von den Farbenfabriken 
vorm. Friedr. Bayer & Co., Elberfeld in den Handel gebracht wird; der 
Kflrze halber soil dieser Name von mir auch gleich benutzt werden. 
Da das Metakresolkalium seiner frtlher angegebenen Formel entsprechend 
91,92 Proz. Metakresol enthait, so sind in dem „Metakalin“ 73,54 Proz. 
vorhanden. Der Gehalt von 20 Proz. Seife wurde gewahlt, weil bei 
dieser Seifenmenge, worauf ja schon vorher hingewiesen wurde, sich bis 
zu 10-proz. MetakalinlSsungen leicht und rasch herstellen lassen, wahrend 
gleichzeitig die Seifedmenge nicht so bedeutend ist, um bei den fflr die 
Praxis wohl vollkommen genQgenden Konzentrationen von 1—2-proz. 
Metakalin die Hande und Instrumente unangenehm schlflpfrig zu machen, 
wie es die entsprechend starken Kresolseifenlosungen mit ihren 50 Proz. 
Kaliseife so gern tun *). Da die Kaliseife nOmlich etwa 45 Proz. wirk- 
liche Seife enthait — der Rest ist Wasser, Glycerin — so sind in 100 g 
Kresolseifenlflsung — entsprechend 50 g Kresolen — 22,5 g Seife ent- 
halten, wahrend auf 50 g Kresol im Metakalin nur 13,6 g Seife, also 
nur etwa ®/ 6 soviel wie in den Kresolseifenlosungen entfallen. Die durch 
den geringeren Seifengehalt bedingte Schwachung der Desinfektionskraft 
wurde durch die starkere Desinfektionswirkung, welche dem Metakresol 
gegenflber dem Rohkresol zukommt, auszugleichen gehoflft 

1) Nocht, Ueber die Verwendung von Karbolseifenloeungen zu Desinfektions- 
zwecken. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. VII. 1889. p. 521.) 

2) Da wir wohl annehmen kdnnen, daB bei einem Seifenpraparat die Schlupfrig- 
keit zu der Viskositat in einem gewissen Verhaltnis stehen wild, nabe ich einige Mes- 
sungen mit dem Viskosimeter an 3,4-proz. Metakalin* bezw. 5-proz. Lysolloeung, welche 
beiae 2f> Proz. Kresol enthalten, angestellt. Die Durchlaufezeiten betrugen bei genau 
gleicher Teraperatur der Fliissigkeiten: 

Destilliertes Wasser 110,0 113,4, im Mittel 111,7 Sekunden, 

3,4 Proz. Metakalin 120,2 124,6, „ „ 122,4 „ 

5 Proz. LyBol 143,0 145^2, „ „ 144,1 „ 

das Lvsol zeigt also in 5-proz. LSsung eine bedeutend grdBere Viskositat als die, im 
Kresolgehalt entsprechende, 3,4-proz. Metakalinlbsung. 


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618 


Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Zum Vergleich der Desinfektionswirkung des Metakalins mit einera 
bekannten Antiseptikum zog ich das Lysol und auch das Nizolysol heran 
— das Metakalin kdnnen wir ja als ein festes Lysol aus reinstem Kresol 
auffassen —, da dieses nach den verschiedenen Autoren eine gleichm&Bige 
Wirkung zu besitzen scheint, wenngleich ja auch seine Zusammensetzung 
nur sehr schwierig zu kontrollieren ist, wie am deutlichsten aus der — 
in der letzten Zeit in ein sehr unerfreuliches Stadium geratenen — 
Zeitungskontroverse zwischen Arnold 1 ) und Schmatolla*) hervor- 
geht. Da das Lysol rund 50 Proz. Rohkresole enthajten soil, w&hrend 
das Metakalin 73,54 Proz. Metakresol theoretisch enthfilt, so entsprechen 
73,54 Teile Lysol im Kresolgehalt 50 Teilen Metakalin, Oder 100 Teile 
Lysol, mit 50 Teilen Kresolen, 68 (67,99 Proz.) Teilen Metakalin Oder 
vereinfacht etwa 3 Teile Lysol 2 Teilen Metakalin. 

Zu den Versuchen bediente ich mich 5-proz. Stammlosungen der 
3 Desinfizientien, sowie einer 3,40-proz. Ldsung von Metakalin, welche 
zu den filtrierten Bouillonkulturen im Verh&ltnis von 1:5 bezw. 1 :10 
hinzugegeben wurden, so daB also die fertige Mischung 1,0 Proz. bezw. 
0,5 Proz. von Lysol, bezw. Nizolysol bezw. Metakalin enthielt, w&hrend 
gleichzeitig noch die an Kresolgehalt dem 1-proz. bezw. 0,5-proz. Lysol 
entsprechende Metakalinldsung von 0,68 Proz. bezw. 0,34 Proz. zur 
Prtifung kam. Beobachtungszeit der geimpften Bouillon 12—14 Tage. 

Bacterium pyocyaneum. 

Metakalin 0,34 Proz.: nach 45 Minuten unbeeinfluBt, nach 1 Stunde 
etwas verlangsamtes Wachstum, nach 1 1 /» Stunde abgetdtet. 
Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 5 Minuten abgetotet. 

Lysol 0,5 Proz.: nach 45 Minuten unbeeinfluBt, nach 1 Stunde etwas 
verlangsamtes Wachstum, nach l 1 3 /* Stunde abgetdtet 
Nizolysol 0,5 Proz.: nach 15 Minuten unbeeinfluBt, nach 20 Minuten 
etwas verlangsamtes Wachstum, nach 30 Minuten abgetdtet. 
Metakalin 0,68 und 1 Proz.: innerhalb Vs Minute abgetdtet. 
Lysol und Nizolysol 1 Proz.: innerhalb 1 /, Minute abgetdtet. 

Staphylococcus aureus 8 ). 

Metakalin 0,34 Proz.: nach 2‘/s Minuten verlangsamtes Wachstum. 
nach 5 Minuten abgetotet. 

Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /* Minuten abgetdtet. 

Lysol 0,5 Proz.: innerhalb 2‘/ s Minuten abgetdtet. 

Nizolysol 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /* Minuten abgetdtet. 
Metakalin 0,68 Proz.: nach Vs Minute verlangsamtes Wachstum. 
nach 1 Minute abgetdtet. 

Metakalin 1 Proz.: innerhalb Vs Minute abgetdtet. 

Lysol 1 Proz.: innerhalb Vs Minute abgetdtet 
Nizolysol 1 Proz.: innerhalb V* Minute abgetdtet. 


1) Arnold, C., und Werner, G., Zur Lysolanalyse. (Apotheker-Ztg. 1904. 
p. 590, 907, 961.) 

2) Schmatolla, O., Zur Lysolanalyse. (Apotheker-Ztg. 1904. p. 645, 815, 952.) 

3) Zu diesen Versuchen diente ein anderer Stamm, als der vorher benutzte. 

(Schlufl folgt) 


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Tarozzi, Ueber ein leicht in aSrober Weise ausfiihrbares Kulturmittel etc. 019 


Nachdruck verboten . 

Ueber ein leicht in aerober Weise ausfiihrbares Kulturmittel 
von einigen bis jetzt fiir strenge Anaeroben gehaltenen 

Keimen. 

[Aus dem Institut fflr Pathologische Anatomie der Kgl. Universitat zu 
Siena (Direktor: Prof. 0. Barbacci).] 

Von Dr. GIullo Tarozzi, Assistenten. 

Seitdem man erkannte, daft fflr die Entwickelung einiger Keime in 
den gewflhnlichen Mitteln zur kflnstlichen Zflchtung die vollkommene 
Abwesenheit von SauerstofF unumgangliche Bedingung war — weshalb sie 
Anaeroben genannt wurden — entstand die Frage, in welcher Weise 
der Sauerstoff seine sch&dliche Wirkung auf die Entwickelung dieser 
Keime entfalte, ob n&mlich direkt, indem er auf sie wie ein Gift wirkte, 
oder aber indirekt, indem er durch seine Gegenwart das Zustandekommen 
jener chemischen Ver&nderungen behinderte, die unter der Lebenst&tig- 
keit des Keimes im Nahrmittel sich vollziehen mGssen, damit derselbe 
Keim assimilieren und leben kann. 

Das Problem bleibt noch, trotz der zahlreichen Untersuchungen zu 
seiner ErklSrung, bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft vollkommen 
ungelflst, und das innigere Wesen der AnaSrobioseerscheinungen bleibt 
noch g&nzlich in Dunkel gehullt. 

Einigen Autoren ist die Bemerkung nicht entgangen, daB die Frage- 
stellung bedeutend vereinfacht werden konnte, wenn man dazu gelangte, 
durch geeignete Modifikationen des Nahrbodens in aerober Weise Keime 
leben zu lassen, welche ihrer Natur nach ein vollkommen anagrobisches 
Entwickelungsmedium fordern, da dies zum direkten AusschlieBen der 
ersten der zwei oben erwahnten Annahmen ftthren wflrde. Und nach 
dieser Richtung fehlte es auch nicht an Versuchen, die aber bis jetzt zu 
keinem bemerkenswerten Ergebnis gefflhrt haben. Auf die Angabe der 
neuesten Arbeiten mich beschrfinkend, will ich erwShnen, daB Oet- 
tingen (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIII. 1903), indem er die Untersuch¬ 
ungen Kedrowskys (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XX. 1895) nachprQft, welcher 
einem Ferment die Erscheinung der Anagrobiose zuschrieb (eine An- 
nahme, die flbrigens schon von Scholtz [Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 
1898] und von Matzushita [Arch. f. Hyg. Bd. XLIII, 1902) wider- 
legt und als irrig nachgewiesen worden war) zu dem SchluB kommt, daB 
es keine Hoffnung gibt, einen Kulturboden erhalten zu k5nnen, auf dem 
sich in Reinkultur an der Luft die anagrobischen Mikroorganismen ent- 
wickeln kdnnen. BloB Bienstock (Annales Institut Pasteur. 1903) 
war es gelungen, nach einer langen Reihe von unfruchtbaren Versuchen 
aerobische Entwickelung seines Bacillus putrificus in, aus Fibrin 
oder Ascitesflflssigkeit bestehenden Substraten manchmal zu erhalten, 
nachdem sich auf demselben Nahrboden der Bacillus pyocyaneus 
entwickelt hatte; er bezieht die Tatsache auf unbestimmte, von demselben 
Pyocyaneus erzeugte Produkte. 

Dagegen war es mir gelungen, ein N&hrmittel zu bereiten, auf dem 
sich unter Bedingungen vollkommener ASrobiose viele Keime, Sapro- 
phyten und pathogene, die bis jetzt fflr strenge AnaSroben gehalten 
wurden, flppig entwickeln. Ich weifi nicht, bis zu welchem Punkte dieses 


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620 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 5. 

Nahrmittel dem aerobischen Leben so vieler bekannter anaerobischer 
Mikroorganismen zusagen kann. Ich habe bis' jetzt Gelegenheit ge- 
habt, dasselbe nur fur einige Saprophytenarten zu versuchen, welche 
leicht mit diesem Mittel aus dem Darminhalt des Hundes and der 
verwesenden Menschenleiche zflchtbar sind, welche Arten unter einer 
Gruppe gesammelt wurden, die wegen ihrer morphologischen Verwandt- 
schaft mit dem Tetanusbacillus als die Gruppe der Pseudotetanus- 
bacillen bezeichnet wurde. Ich habe ferner dasselbe N&hrmittel fflr 
zwei der wichtigsteu pathogenen Arten versucht, die zu der Reihe der 
obligatorischen Anaeroben gehoren. n&mlich fflr den Tetanus* und den 
Rauschbrandbacillus. FQr diese Bakterien hat es sich als ein vorzttg- 
liches Kulturmittel erwiesen, welches, w&hrend es einerseits eine flppige 
Entwickelung des Keimes bedingt, die pathogenen Eigenschaften des* 
selben nicht im geringsten verandert Zukunftigen Untersuchungen ist 
die Feststellung vorbehalten, ob und inwieweit es eine allgemeine prak- 
tische Anwendung fflr die ZQchtung der Anaeroben haben kann; solange 
sie aber nicht endgflltig ausgefiihrt sind, ist es selbstverst&ndlich nicht 
gestattet, daraus flber das intime Wesen der Erscheinung der AnaSrobiose 
irgend welche Folgerungen zu ziehen. 

Daher ist dies eine der Zukunft vorbehaltene Aufgabe. In dieser 
kurzen Mitteilung habe ich die Absicht, mich blofi auf die Beschreibung 
der Vorbereitungsmethode des Nahrmittels zu beschranken; ich werde 
nur einige Besonderheiten hinzufflgen hinsichtlich der Art und Weise 
der Gewinnung von Rcinkulturen in Bezug auf jene Bakterienarten, an 
welchen ich sie bisher versuchen konnte, da sie demjenigen von Nutzen 
sein konnen, welcher den Wert des von mir vorgeschlagenen Mittels 
nachprufen will. 

Der wesentliche Punkt der Methode besteht darin, die Mikroorga¬ 
nismen, von denen man eine Kultur in aerobischer Form erhalten will, 
in Gegenwart eines frischen und aseptisch herausgeschnittenen tieri- 
schen Gewebestiickes sich entwickeln zu lassen. Das Gewebe kann aus 
irgend einem der ttblichen Versuchstiere, Meerschweinchen, Eaninchen, 
weiBe Maus, entnommen werden, unter der Bedingung, daB sich das 
Tier im Zustand vollkommener Gesundheit befindet, wenn es geopfert 
wird. 

Nicht alle tierischen Gewebe leisten gleich guten Dienst; am besten 
erweisen sich die Parenchymorgane (Leber, Milz, Niere), dann die Lymph- 
knoten und zuletzt das Muskelgewebe; ganz ungeeignet zeigt sich das 
Bindegewebe, vornehmlich das dichte und fibrbse (Aponeurosen, Sehnen 
etc.). Das Gewebestflck muB zu einem schon vorbereiteten Nahrmittel 
hinzugesetzt werden; zu diesem Zwecke dient am besten unter den 
flflssigen Mitteln die gewdhnliche peptonisierte Bouillon, unter den festen 
der in der fiblichcn Weise bereitete Agar. Nach alldem verfahrt man 
folgenderweise bei der Zubereitung des N&hrmittels: Es wird ein Meer¬ 
schweinchen, eine Maus, ein Kaninchen getfltet, dann aseptisch ge- 
Sffnet und mittels einer, selbstverstandlich sterilisierten Pinzette und 
einer dfinnen Schere werden l ccm Oder dergleichen groBe Stflckchen 
von Leber, Milz, Nieren und, wenn n5tig, auch vom Muskelgewebe (da- 
zu kann selbst der Herzmuskel wohl dienen) herausgeschnitten; man 
lSBt dieselben unmittelbar in ebensoviele RShren von Bouillon oder von 
schragem Agar herabfallen. Beim Herausschneiden der Leberstiick- 
chen muB man darauf achten, sich moglichst an die Peripherieteile des 
Organes zu halten, um die groBen Gallengfinge zu vermeiden, die sehr 


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Tarozzi, Ueber ein leicht in aerober Weise ausfuhrbares Kulturmittel etc. 621 


oft Eeime enthalten. Um vor jeder mflglichen Verunreinigung sicher 
zu sein, setzt man diese RShre 1 Oder 2 Tage lang in den Inkubations- 
ofen bei 37 0 C, nach welcher Zeit jene verworfen werden, bei denen man 
eine eventuelle Entwickelung von Keimen beobachtet, wahrend die flbrigen 
beibehalten werden. Es ist gut, dieses Nahrmittel nach dessen Zuberei- 
tung und Feststellung seiner Sterilitfit (durch den 1—2tSgigen Aufenthalt 
in dem Thermostaten) sofort anzuwenden; es kann jedoch selbst nach 
einer gewissen Zahl von Tagen noch ziemlich gut dienen. 

Wird ein in dieser Weise zubereitetes Bouillonrohr bloB fflr einige 
Minuten bis zum Siedepunkt erwflrmt, und wird nach Abkflhlung ein 
obligatorischer Anaerobe (meine diesbezflglichen Versuche wurden fast 
bestandig mit einer Art von Pseudotetanusbacillus, aus dem Darm des 
Hundes und aus der Leiche gezflchtet, ausgefflhrt) darin ausgesSt, so erhait 
man noch die Entwickelung der Kultur; wenn aber die Erwfirmung bis 
zum Siedepunkt schon bloB fflr 5 Minuten verlflngert wurde, dann findet 
im allgemeinen die Entwickelung nicht mehr statt 

Es wird in der flblichen Weise Bouillon zubereitet — gleichgflltig 
ob mit oder ohne Peptonzusatz — und nach dem ersten Eochen und 
der Neutralisierung in zwei Gruppen geteilt; die eine wird filtriert und 
in der anderen 15st man die EiweiBprflzipitate auf; dann wird sowohl 
die eine wie die andere Gruppe in Eulturrflhren verteilt, indem man 
dabei darauf achtet, daB in jedem Rohre der zweiten Gruppe ein Teil 
des Eiweifigerinnsels vorhanden ist; hierauf wird in dem Autoklaven 
bei 104—105° C fflr 15 Minuten sterilisiert. Bei der Aussaat von all 
diesen Rohren mit einem obligatorischen Anaeroben beobachtet man nun, 
dafi die das EiweiBgerinnsel enthaltenden Rohren die Entwickelung der 
Eultur aufweisen, wahrend die fibrigen, welche die filtrierte Bouillon ent¬ 
halten, steril bleiben. Das EiweiBgerinnsel, das durch die Erwflrmung 
die Farhe eines trockenen Blattes angenommen hatte, nimmt unter der 
Einwirkung der Eeimentwickelung wieder eine mehr oder weniger 
ausgesprochen rfltliche Fflrbung an. Wenn aber die Sterilisiertempe- 
ratur in dem Autoklaven bis zu 110° und weiter hinaus gerflckt wird, 
dann wird das Nahrmittel in der Mehrzahl der Faile fflr die Entwicke¬ 
lung der Anaflroben ungeeignet. 

Wenn Bouillonrflhren, die das EiweiBgerinnsel enthalten und bei 
104—106° C sterilisiert wurden, welche also fahig sind, flppige Ent¬ 
wickelung eines anaflrobischen Mikroorganismus zu bedingen, einfach 
mit einem Wattebausch zugeschlossen sich flberlassen werden, so werden 
sie nach einer gewissen Zeit (manchmal bloB nach 10—15 Tagen) zur 
Zflcbtung der Anaeroben ungeeignet, weshalb sie nach Aussaat steril 
bleiben. 

Wenn in ein Bouillonrdhrchen ein Stflck von frischem tierischen 
Gewebe (am besten von einem Parenchymorgane, wie z. B. der Leber) 
eingetaucht wird, und nach einigen Stunden das eingetauchte Stflck- 
chen Parenchymorgan wieder herausgenommen wird und die Bouillon 
mit einem Anaeroben besat wird, so findet dieser darin die seiner Ent¬ 
wickelung passenden Bedingungen, als ob noch im Nahrmittel dasselbe 
Gewebe vorhanden ware. 

Wenn die Anaeroben, die sich in voller Berflhrung mit der Luft 
im von uns zubereiteten Nahrmittel gut entwickelt zeigen, in defibri- 
niertem Blut, in Serum, in EiereiweiB, in Eigelb oder in Milch (letztere 
wurde notwendigerweise in dem Autoklaven auf eine nicht hohere 
Temperatur als 104—106° C gebracht und wahrend nicht langerer Zeit 


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622 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 

als V* Stunde sterilisiert) ges&t werden, so entwickeln sie sich in aerobi- 
scher Kultur Qberhaupt nicht und anaerobischerweise erh&lt man manch- 
mal — jedoch nicht immer — eine mangelhafte Entwickelung, die h&ufig 
nicht zu dem Grade der Sporenbildung (sporenbildende Mikroorganismen) 
fflhrt. Im Fibrin gerinnsel ist die aerobische Entwickelung recht unbe- 
st&ndig, vielleicht in Zusammenhang mit dessen unbestandiger Zusammen- 
setzung vor allem in Bezug auf den Inhalt an leukocyt&ren Elementen. 

Scheinbar kann man aus all diesen Tatsachen folgern, dafi die, die 
aerobische Entwickelung von Anagroben begflnstigende Substanz, welche 
in den in der angegebenen Weise zubereiteten Kulturboden enthalten 
ist, von einem Bestandteil des Zellleibes der die Gewebe zusammen- 
setzenden Zellelemente dargestellt wird, welcher Bestandteil leicht her- 
ausdiffundierbar, leicht von der Hitze, vornehmlich in Gegenwart von 
Sauerstoff (Kochen an freier Luft) verftnderlich ist, und welcher als 
solcher, als Ausscheidungsprodukt des Zellenstoffwechsels, in die Organ- 
sfifte (Blut, Serum) und in die physiologischen Sekretionen (Milch) nicht 
iibergeht. 

Was fQr eine Substanz dies ist, durch welchen Mechanismus die 
Hitze deren Grundeigenschaften andert und ahnliche Fragen sind alles 
GegenstSnde, die ich vorlSufig unerbrtert lassen mQchte. In dieser Mit- 
teilung will ich mich auf die einfache Wahrnehmung der Tatsachen be- 
schrSnken; ihre Deutung wird den Gegenstand weiterer Untersuchungen 
bilden. 

Vielmehr halte ich es fflr zweckmfifiig, die Aufmerksamkeit des Lesers 
auf die Art und Weise zu lenken, durch welche man zur Reinigung 
einer Anaerobenkultur gelangen kann, die direkt mittels dieses Nahrsub- 
strates gewonnen wurde, wenn — was leicht vorkommt, da dasselbe ein 
geeignetes Mittel zur Entwickelung aller Mikroorganismen uberhaupt ist 
— dieselbe Kultur von anderen Keimen verunreinigt vorgefunden wird. 
Ich schicke voraus, dafi sich meine diesbezOglichen Untersuchungen nur 
auf jene anagrobischen Mikroorganismen erstrecken, welche die Eigen- 
schaft besitzen, Sporen zu bilden; fflr diese gelingt die Reinigung der 
Kultur sehr leicht, indem man dabei zu einem, schon von anderen Autoren 
(Klein, Bienstock,Tavel etc.) angewendeten technischen Kunstgriff 
greift. Es wird n&mlich die Mischkultur der Hitzeeinwirkung von 80° C 
ausgesetzt, wodurch die Mehrzahl der nicht sporenbildenden Keime stirbt, 
w&hrend die Sporen der Anaerobe widerstehen und die Eigenschaft nicht 
einbOBen, in ein ihrer Entwickelung passendes Mittel flbergefflhrt, zu 
gedeihen. 

Zur Reinigung einer solchen Kultur verf&hrt man also folgendermaBen: 
Zun&chst untersucht man tagtfiglich die Kultur, die sich im Thermo- 
staten entwickelt, solange man nicht im h&ngenden Tropfen konstatiert, dafi 
die Mehrzahl der Anagroben die Zeitperiode der Sporenbildung erreicht 
hat; sodann erwSrmt man die Kultur auf 80° C 5 Minuten lang und 
nachher macht man davon Ueberpflanzungen in in der tiblichen Weise 
zubereitete Rohren, die man zur Inkubation in den Thermostaten setzt. 
Wenn nach mehreren Inkubationstagen eine direkte Untersuchung der 
Kulturen zeigt, dafi die Reinigung noch nicht vollkommen erreicht wurde, 
so wiederholt man die Manipulation ein zweites und eventuell ein drittes 
Mai; danach wird nur selten das Ziel nicht erreicht 

Es gibt noch ein anderes Reinigungsmittel der Kulturen, dieses ist 
aber nur unter ganz besonderen Bedingungen an wend bar, wenn es sich 
n&mlich um Reinigung von Kulturen von sporenbildenden Anagroben 


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Tarozzi, Ueber ein leicht in afirober Weise ausfiihrbares Kulturmittel etc. 623 

handelt, die von jeder pathogenen Wirkung frei sind; mir ist dies ausge- 
zeichnet gelungen, bei der Reinigung der Kulturen von Pseudotetanus- 
bacillen, die entweder aus dem Darminhalt des Hundes Oder aus der in 
Verwesuug begriffenen Leiche entnommen waren; ich weiB nicht, ob es 
ebensogut fur andere sporenbildende, nicht pathogene Anaeroben an- 
wendbar ist, da ich keine diesbezfigliche Erfahrung habe. Die Methode 
beruht auf der von mir bei den Pseudotetanusbacillen erkannten Eigen- 
schaft, im Sporenzustande lange Zeit in den Organen von Tieren zu 
bleiben, denen man unter die Haut eine sporenreiche Kultur derselben 
inokuliert hat. Will man diese Methode verwerten, so mud man folgender- 
mafien verfahren: 

Man erwQrmt eine Kultur, die mit anderen Keimen viele Anaeroben 
(in diesem Falle Pseudotetanusbacillen) enthalt, 5 Minuten lang auf 80 0 C 
and dann injiziert man (die Bouillonkulturen passen deswegen besser 
als diejenigen in festem Substrat) davon 1 oder 2 ccm einem Meer- 
schweinchen oder einer weiBen Maus unter die Haut. Das Tier Qberlebt 
im allgemeinen und zeigt keine bemerkenswerten Reaktionserscheinungen, 
mit Ausnahme einer schwachen Anschwellung an der Injektionsstelle, 
die mit der Zeit langsam verschwindet. Wird die nicht der Einwirkung 
der Hitze ausgesetzte Kultur injiziert, so entsteht h&ufig die Gefahr, das 
Tier mehr oder minder rasch sterben zu sehen. Demjenigen, welcher 
diese Methode zur Reinigung von Pseudotetanusbacillenkulturen anwenden 
will, halte ich fflr zweckmafiig wissen zu lassen, daB die Sporen dieses 
Keimes der Temperatur von 80 0 C 5 Minuten lang nicht immer wider- 
stehen. Dies geschieht vor allem, wenn sich die Sporenbildung in ihrem 
Beginn befindet; deshalb ist es vorteilhaft, um in diesen Fallen Zeit- 
und Tierverluste zu vermeiden, die Injektion von einer zweiten Ueber- 
pflanzung zu machen, die man aus der, der Hitzeeinwirkung ausgesetzten 
Kultur erhait. Auf diese Weise sind wir sicher, daB wenigstens einige 
Sporen der hohen Temperatur widerstehen konnten, und diese bieten uns 
binnen wenigen Inkubationstagen, indem sie sich im neuen Kulturbodeu 
reichlich vermehren, eine derartig an lebenden Sporen reiche Kultur, 
daB jeder MiBerfolg bei ihrer Injektion in das Tier von vornherein aus- 
geschlossen ist. 

Die so inokulierten Tiere konnen eine ziemlich lange Zeit, bis zu einem 
Monat und mehr, am Leben erhalten werden, ohne Gefahr eines MiB- 
erfolges aber kfinnen sie gewQhnlich nach 10—15 Tagen geopfert werden 
und dann erhait man mit Sicherheit die Entwickelung des inokulierten 
Pseudotetanusbacillus in Reinkultur, indem man mit dem von uns vor- 
geschlagenen Nahrmittel aus der Milz oder Leber Kulturen ausfiihrt. In 
diesen Fallen kann man noch rascher vorgehen: Man braucht namlich nicht 
das in der Yon uns angegebenen besonderen Weise zubereitete Nahrmittel 
anzuwenden, sondern es geniigt, in Rdhren von gewohnlicher Bouillon 
Oder auf den Boden von Rohren von schragem Agar ein dem Tiere selbst 
entnommenes Leber* oder MilzstQck direkt fallen zu lassen. Die Be* 
dingungen fflr die aerobische Entwickelung werden gleichfalls erreicht. 

Ich beende diese kurze Mitteilung mit der Angabe, daB das von mir zu¬ 
bereitete Nahrmittel sich als ein vorzGglicher Kulturboden im aQrobischen 
Medium fQr verschiedene, aus dem Hundedarm und aus der mensch- 
lichen Leiche gezflchtete Pseudotetanusbacillen, fQr drei Exemplare von 
Tetanusbacillen verschiedener Herkunft und fQr eine aktive Kultur von 
Rauschbrandbacillus erwiesen hat. 

Siena, den 15. November 1904. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5. 


Nachtrag. 

Die Versp&tung in der Verdffentlichung dieser Mitteilung bietet mir 
Gelegenheit, einiges aus meiner weiteren Erfabrung auf dem Gebiete 
der Anaerobenzuchtung mittels meines Verfahrens dem oben Gesagten 
kurz hinzuzufiigen. Nach den bis jetzt gewonnenen Ergebnissen eignet 
sich mein Veriahren noch ganz gut zur ZGchtung der folgenden Mikro- 
organismen: Vibrio septicus, Bac. enteritidis sporogenes 
(Klein), Bac. putrificus (Bienstock), Bac. cadaveris sporo¬ 
genes (Klein), Bac. carnis (Klein), Paraplectrum foetidum 
(Weigmann), Clostridium carnis foetidum, Bac. d. Brad- 
sot (Jensen), Bac. carnis saprogenes, Bac. botulinus 
(van Ermengem). Daber glaube ich dazu berechtigt zu sein, dem 
von mir zur aeroben Ziicbtung der Anaeroben vorgeschlagenen Ver- 
fahren eine allgemeine Geltung zuzuschreiben, in dem Sinne, dafi es 
sicb zur Ziicbtung der meisten und besonders der wichtigsten bekannten 
anaeroben Mikroorganismen leicbt und gut eignet. 


r — 1 - " -1 — — = ' - " - - ' " ' - _ - == --- ■■■■-!■ 

Die Redaktion des „Centralblatts fiir Bakteriologie und ParasitenkundeP 
ricktet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn 
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bei der Ein» 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u 
wollen oder sp&testens nach Empfang der ersten Korrekturabxiige direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fischer vn Jena , gelangen xu lassen. 


Inhalt. 


Bertarelli, E., Ueber die aktive Immuni- 
sierung des Menschen gegen Cholera 
vermittelst autolytischer F?odukte des 
choleragenen Vibrio und fiber das Wesen 
dieser autolytischen Produkte, p. 584. 

Bonome, A., Ueber die Schwankungen 
des Agglutinin- und Pr&zipitingehaltes 
des Blutes w&hrend der Rotzinfektion, 
p. G01. 

Colin, Erich, Endgfiltige Entgegnung an 
Dr. Vilh. Jensen auf seine Frage: 
„Ist die Klein sche Hefe eine besondere 
Art?, p. 521. 

Doerr, B., Beobacbtungen fiber bacillfire 
Dysenteric. (Schlufl.), p. 511. 

Friedberger u. Domer, Ueber die H&mo- 
lysinbildung durch Injektion kleinster 
Mengen von Blutkfirperchen und fiber 
den Einflufi des Aderlasses auf die In- 
tensitfit der Bildung hamolytischer Ambo- 
zeptoren beim Kaninchen, p 544. 

Halberstaedter, Ludwig, Untersuchun- 
gen bei experimentellen Trypanosomen- 
erkrankungen, p. 525. 

Jftrgensen, Axel, Schwankungen des Ag- 
glutinationsvennfigens des Blutes im Ver- 
laufe des Typhus abdominalis. (Forts.), 
p. 556. 

Bireeff, M., Bakteriologische Untersuchun- 
gen des Blutes bei Flecktyphus, p. 518. 


Landsteiner, Karl u. Leiner, Karl, Ueber 
Isolysine und Isoagglutinine im menBch- 
lichen Blut, p. 548. 

▼. Linstow, Strongyloides Ffillebomi n. 
sp., p. 532. 

Lfldke, H., Zur Spezifit&t der Antikfirper. 
(SchluB.), p. 537. 

Shibayama, G., Paratyphus in Japan, 
p. 497. 

Sieber, N. f Ueber die bakterienfeindlichen 
Stoffe des Blutfibrins, p. 571. 

Speieer, F., Zur Kenntnis ektoparasitischer 
Milben, p. 535. 

BUdmersen, Henry J. v On an infectious 
pneumonia of rabbits and its treatment 
with anti-serum, p. 591. 

Tarossi, Ginlio, Ueber ein leicht in 
aerober Weise ausffihrbares Kulturmittel 
von einigen bis jetzt ffir strenge An- 
afiroben gehaltenen Keimen, p. 619. 

Tiberti, V., Ueber den Transport des 
Tetanusgiftes zu den Rfickenmarks- 
zentren durch die Nervenfasern. (Forts.), 
p. 499. 

Wesenberg, G., Metakalin, ein festes 
Kresolseifenprilparat, p. 612. 

Zechokke, F., Dipylidium caninum (L.) 
als Schmarotzer des Menschen, p. 534. 


Fromm&nnftche Buchdruckerd (Harm&un Pohle) in Jeu. 


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CentralU. f. BikL etc. I. ttt Oriiinle. U. XXXVIII. left L 


Nachdruek verboten. 

Ueber den Transport des Tetannsgiftes zu den Riicken- 
markszentren durch die Nervenfasem. 

[Institut fflr allgemeine Pathologie zu Florenz (Direktor: 

Prof. A. Lustig).] 

Von Dr. N. Tlbertl, 

iPrivatdozent fur Bakteriologie an der k. Universitat Florenz. 

Mit 1 TafeL 

(Fortaetzung und Schlufi.) 

XVIII. Zentr|ipetale Wanderung des Tetanusgiftes in den 

Achsencylinder. 

Inokuliert man Tetanus toxin in das RQckenmark oder Gehirn eines 
Tieres, so dringt der grdfite Toil desselben ohne Zweifel in die Lymph- 
r&ume ein, an denen diese Organe reich sind. In gleicher Weise kann 
bei Injektion von Toxin in die peripheriscben Nervenst&mme sogar die 
ganze Quantitfit Toxin in die Lymphraume eindringen, statt in die vom 
Endoneurium eingeschlossenen Bflndel oder bei schlecht gelungenen In- 
jektionen in die sebr dQnnen Nerven auch in das schlaffe Gewebe des 
Perinevriums. In diesem letzteren Falle fehlen die charakteristischen 
Erscheinungen der Vergiftung durch direkte Inokulation in das Paren- 
chym der Nerven, d. h. kurze Inkubationszeit und schfirfer ausgepr&gte 
Vergiftungserscheinungen. 

Da das Tetanustoxin sich in den Lymphr&umen ausbreitet, so finden 
wir es natQrlich auch im peripherischen Teile des Nerven an der Inoku- 
lationsstelle, wie sich leicht aus folgendem Experiment ergibt: 

Kaninchen XX. Gewicht 2,300 kg. 

22. April. Ich injiziere einige Tropfen Tetanustoxin in den rechten N. ischiadicus. 
Nach 15 Stunden entnehrae icn 3 Stucke vom N. ischiadicus von derselben Lfinge 
<1 cm), ein Stuck entsprechend der Injektionsstelle, eins unmittelbar dariiber, und eins 
unmittelbar darunter. Aus diesen 3 Stucken bereite ich getrennte L5sungen in physio- 
logischer NaCl-Lbsung. Von einer jeden dieser 3 Emuisionen injiziere ich suhkutan 
*/t cc™ bei 3 Mausen. 

Die mit der Emulsion aus dem der Inokulationsstelle des Toxins entsprechenden 
Nervenstiick inokulierte Maus verendet nach 42 Stunden. 

Die mit der Emulsion aus dem unmittelbar oberhalb der Inokulationsstelle ent- 
nommenen Nerven stuck geimpfte Maus verendet nach 48 Stunden. 

Die mit der Emulsion aus dem unmittelbar unterhalb der Inokulationsstelle ent- 
nommenen Nervenstiick geimpfte MauB verendet nach 50 Stunden. 

Man muB jedoch annehmen, dafi das Tetanustoxiu in den Achsen- 
cylinder zentripetal wandert, um zu den Rilckenmarkszentren zu gelangen. 

Mithin wird das von den Nervenendigungen an der Peripherie auf- 
genommene Tetanustoxin auf dem Wege der Nerven zu den RQcken- 
markszentren getragen, deren Vergiftung die Tetanuserscheinungen ver- 
ursacht' 

Dieser zentripetale Transport des Tetanustoxins durch 
die Nerven hat nach Meyer und Ransom eine grofie Bedeutung 
insofern, als sie die Frage einigermaBen aufkl&ren kdnnte, welchen Weg 
die Substanzen im Nervensystem einschlagen, sowie die Ern&hrungsvor- 
gfinge in letzterem. 

Ent* Abt. Orig. BA. XXX VIII. Heft 6. ' 40 

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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Die Hypothese von einer bestfindigen Protoplasmastromung in den 
Neuronen findet eine starke Stfitze in den Untersuchungen von Di 
Vestea und Zagari fiber das Virus der Tollwut Nach Ansicht dieser 
Autoren erreicht das Virus der Tollwut die Nervenzentren auf dem 
Wege der Nerven und verbreitet sich im Rfickenmark ohne Beteiligung 
des Kreislaufes. Es besteht jedoch ein groBer Unter^chied zwischen der 
Weiterleitung des Virus der Tollwut und derjenigen des Tetanustoxins, 
insofern als es sich im ersteren Falle um eine lebende Substanz handelt, 
die nach Di Vestea und Zagari in der Nervensubstanz den ffir sie 
passenden N&hrboden findet und sich demgem&B Schritt ffir Schritt in 
der Nervensubstanz entwickelt. Dagegen handelt es sich im Falle des 
Tetanustoxins nur um eine tote Substanz, die sich nicht vermehrt und 
deren Transport in den Nerven ohne Zweifel in passiver Weise erfolgt 
infolge des Fortschreitens eines physiologischen Stromes. 

Es ist jedoch nicht absolut auszuschliefien, dafi auch dieses Moment 
die Weiterbeffirderung des Virus der Tollwut von der Peripherie nach 
den Nervenzentren beeinflussen kann und dafi es von Bedeutung in Be- 
zug auf Gifte anderer Natur sein kann. 

Mosse neigt in einer kfirzlich verfiffentlichten Arbeit fiber die 
experimentelle Bleikolik zu der Hypothese, dafi bei letzterer das Blei 
zum Ganglion coeliacum vermittelst der Sympathicusnerven gelange. 

XIX. Tetanusgiftinj ektion in das Rfickenmark. 

Die Tetanusgiftinjektion in die Substanz des Rfickenmarkes ffibrte 
ich zu dem Zwecke aus, um namentlich zu sehen, ob es auf diese Weise 
gelfinge, die Inkubationszeit abzukflrzen, was man durch direkte Inoku- 
lation von Tetanustoxin in den N. ischiadicus erreichen kann, wfihrend 
es infolge intravenfiser oder subarachnoidaler Injektion nicht eintritt. 

Hund V. Gewicht 4,800 kg. 

22. April 1904, 4 Uhr nachm. Ich bringe eine Oeffnung in der Wirbelsaule an 
in der Hohe zwischen dem 2. und 4. Lendenwirbel. Ich isoliere die Dura. Ich injiziere 
in die Substanz des Ruckenmarkes V 4 ccm Tetanusgift, indem ich die Injektion nach 
unten und nach oben richte. 

6 Uhr 30 Min. nachm. Der Hund beginnt stark zu heulen und zeigt sehr deutlich 
ausgepragte Erscheinunsen von Tetanus in den Hinterbeinen. Spfiter treten allgezneine 
Kontrakluren namentlicn in den Interkostalmuskeln auf. Opisthotonus — Trismus. Die 
Kontrakturen kommen in Anfalien; wahrend der Pausen ist der Hund niedergeschlagen 
und heult nicht. 

22. April 9 Uhr vorm. Der Hund scheint sehr zu leiden; die Hinterbeine 9ind 
starr, die vorderen etwas weniger. Er verendet 9 l / f Uhr. 

Kaninchen XXI. Gewicht 1,800 kg. 

22. April 10 Uhr vorm. Aethernarkose. Indem ich die beim vorhergehenden 
Experiment anzegebene Technik befolge, injiziere ich einige Tropfen Tetanustoxin in 
das Lendenmark, sowohl in cranialer als caudaler Richtung. Um die Mittagszeit ist 
das Kaninchen unruhig; von Zeit zu Zeit schreit es laut 

2 Uhr nachm. Kontraktur im linken Hinterbein. Wenn man das Tier in der 
Glutaalgegend dieser Seite beruhrt, so reagiert es heftig und winselt laut. 

6 Uhr abends. Die Kontraktur im linken Bein hat merklich zugenommen; auch 
das rechte Bein zeigt eine leichte Kontraktur. 

9 Uhr abends. Das Vorderbein ist etwas steif geworden. Die Kontrakturen der 
Hinterbeine sind sehr stark ausgepragt. Deutlicher Opisthotonus. 

23. April morgens. Verendet aufgefunden. 

Kaninchen XXII (Kontrolltier). Gewicht 2,050 kg. 

22. April 4 Uhr nachm. Aethernarkose. Anwendung derselben Technik wie bei 
den vorhergehenden Experimented Ich injiziere in die Bubstanz des Lendenmarkee 
V 4 ccm sterilisierter physiologischer NaCl-Lfisung. Wahrend der folgenden Tage zeigt 
sich keine krankhafte Erscheinung. Das Tier empfindet nicht die genngste Einwirkung 
der Injektion. 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zn den Riickenmarkszentren etc. 627 


Wie man also aus den vorhergehenden Experimenten ersieht, zeigten 
sich beim Hunde die tetanischen Kontrakturen 2 X / S Stunden nach der 
Injektion von Tetanustoxin in den Strang des Ruckenmarkes, beim 
Kaninchen nach 4 Stunden. Mithin erh&lt man eine sehr betrfichtliche 
Abkflrzung des Inkubationsstadiums, das Bild des Tetanus ist das eines 
auBerordentlich schweren, und der Tod tritt sehr schnell ein. Aehnliche 
Resultate erhielten Meyer und Ransom bei Katzen. Bei letzteren 
zeigen sich nach subkutaner oder intravendser Giftinjektion die Tetanus- 
erscheinungen nie vor Ablauf von 28—30 Stunden, wBhrend nach direkter 
Injektion in die Substanz des Rtickenmarkes die ersten Tetanuserschei- 
nungen 3—4 Stunden nachher auftreten. Folglich wird gewiB der gr6Bte 
Toil der Inkubationszeit beim Tetanus durch den Transport des 
Toxins durch die Nervenbahn bis zu den ROckenmarks- 
zentren in Anspruch genommen; bringt man das Toxin in direkte 
Berflhrung mit diesen Nervenzentren, so wird demnach die Inkubations¬ 
zeit bedeutend abgekflrzt. 

In dieser Hinsicht sind die Experimente bekannt, die Roux, 
Borrel und andere in Bezug auf den Gehirntetanus durch direkte In¬ 
jektion von Toxin in die Substanz des Gehirns ausgefflhrt haben. 

Aus den vorausgehenden Untersuchungen ergibt sich ebenfalls, daft 
nicht nur die Vermehrung der Reflexe, sondern auch die den Tetanus 
charakterisierende tonische Kontraktur der Muskeln von der Wirkung 
des Giftes auf die Nervenzentren herstammt und daft eine peripherische 
Affektion irgend welcher Art ausgeschlossen werden kann. 


XX. Der Tetanus dolorosus. 

Meyer und Ransom haben die Beobachtung gemacht, daB man 
bei direkter Injektion von Tetanustoxin in das RQckenmark als erstes 
Symptom eine Storung in der Sensibilit&t erhalt, die streng lokalisiert 
bleibt, auch dann, wenn die anderen Vergiftungserscheinungen allgemein 
werden. Auf die Injektion des Giftes folgen bald und schnell heftige 
schmerzliche AnfSlle, die mit Leichtigkeit auf reflexivem Wege erregt 
werden konnen infolge der leichtesten Berflhrung oder durch Blasen auf 
die entsprechende Stelle der Haut. Das Tier wendet sich alsdann mit 
einem Schrei gegen die Stelle der Injektion und beiBt wfltend hinein; 
nach wenigen Minuten hflrt der Schmerz auf, urn dann von neuem zu 
beginnen. Zuweilen verendet das Tier infolge nervdser ErschOpfung, 
oft auch, ehe die gewOhnlichen Symptome des Tetanus sich zeigen. 

Diese besondere Form von Tetanus, die niemals auftritt, wenn man 
das Toxin subkutan in die Blutbahn oder in den Umfang der peripheri- 
schen Nerven injiziert, ist durch den Namen Tetanus dolorosu? 
charakterisiert worden. Wie soil man nun diese Tatsache erklSren ? 
Zwei Hypothesen kdnnen in Betracht gezogen werden, entweder daB die 
sensiblen Nerven nicht im stande sind, das Tetanustoxin aufzunehmen 
und es zu den Nervenzentren weiter zu befflrdern, oder daB das lings 
ihres Weges befindliche Ganglion spinale ein Hemmnis fflr das Toxin 
bildet. 

Meyer und Ransom sahen, daB man die reine Form des Tetanus 
dolorosus nur dann hervorrufen kann, wenn das Gift in die sensitive 
Wurzel zwischen dem Ganglion spinale und dem Mark injiziert wird, daB 
dagegen, wenn man die Nadel der Syringe durch die Radix posterior bis 
zur Substanz des Rflckenmarkes einfflhrt, daraus die gemischte Form des 
Tetanus entsteht, wie infolge von Injektion von Toxin in das Rtickenmark. 

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Gentralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


XXL WanderungdesTetanustoxins in den Achsencylinder. 

Nach Marie und Morax haben die peripherischen Endigungen der 
Neurone allerdings eine elektive, aber flflchtige Wirkung auf das Tetanus- 
toxin, w&hrend die ZellenkOrper der Neurone selbst eine sehr grofie 
Affinitfit fur dasselbe besitzen. Aus dieser Tatsache kOnnte man folgern, 
daB ein wahres Vorrttcken des Tetanustoxins in der Substanz der 
Cylinderachse stattfSnde; man mflBte eine wahre Zirkulation des Toxins 
zentripetal erhalten, und der in dieser Leitung zirkulierende Strom wttrde 
durch den Umstand erzeugt, daB die Flilssigkeit sich von einer Substanz, 
die mit einer schw&cheren Affinit&t fur sie ausgestattet ist, zu einer 
Substanz hin begibt, die eine stftrkere Affinit&t fflr sie besitzt. 

Ich wollte mich von der Wahrheit dieser Tatsache flberzeugen, die, 
wie man leicht einsieht, von groBer Bedeutung ist, und ich wiederholte 
die folgenden Experimente. 

Meerschweinchen XX. Gewicht 440 g. 

21. Mai 1904, 3 Uhr 30 Min. nachm. Injektion von 7* ccm Tetanustoxin in die 
Muskeln der linken Wade. 

5 Uhr nachm. Ich durchfichneide den linken N. ischiadicus in der H5he der 
Kniekehle. 

5 Uhr 15 Min. nachm. Ich entnehme den linken N. ischiadicus und impfe ihn 
ein unter die Haut einer Maus. 

22. Mai. Die Maus zeigt leichte Tetanuserscheinungen. 

23. Mai. Die Tetanuserscheinungen sind deutlicher ausgepragt 

24 Mai. Ich finde die Maus verendet; Glieder und Scnwanz zeigen starke Eon- 
trakturen. 

Meerschweinchen XXI. Gewicht 390 g. 

21. Mai 1904, 3 Uhr 40 Min. nachm. Injektion von 7* Tetanustoxin in die 
Muskeln der linken Wade. 

5 Uhr 20 Min. nachm. Ich durchschneide den linken N. ischiadicus in der Hohe 
der Kniekehle. 

6 Uhr 20 Min. nachm. Ich exstirpiere den linken N. ischiadicus und impfe ihn 
einer Maus unter die Haut. 

22. Mai. Die Maus beginnt Erscheinungen von Tetanus zu zeigen; diese dauern 
in leichtem Grade 5 Tage hindurch, verschwinden dann allmahlicn und die Mans 
uberlebt. 

Meerschweinchen XXII. Gewicht 378 g. 

24. Mai 3 Uhr nachm. Injektion von Tetanustoxin wie oben. 

4 Uhr 30 Min. nachm. Durchschneidung des linken N. ischiadicus in der Hdhe 
der Kniekehle. 

6 Uhr 30 Min. nachm. Ich entnehme den linken N, ischiadicus und impfe ihn 
unter die Haut einer Maus, die w&hrend der folgenden Tage nur leichte Tetanus- 
erscheinungen zeigt 

Meerschweinchen XXIII. Gewicht 410 g. 

24. Mai 3 Uhr 15 Min. nachm. Ich injiziere Tetanustoxin in die Muskeln der 
linken Wade. Nach 1V 9 Stunde durchschneide ich den N. ischiadicus derselben Seite 
in der Hohe der Kniekehle. 24 Standee nach dieser letzten Operation exstirpiere ich 
den N. ischiadicus und impfe ihn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgen¬ 
den Tage keine Erscheinungen von Tetanus zeigt 

Mithin habe ich bei den vorausgehenden Experimenten nach In- 
okulation des Tetanustoxins in die Muskeln des Hinterbeines des Meer- 
schweinchens den N. ischiadicus derselben Seite nach 1V* Stunde, d. h. 
in einem Moment durchschnitten, in welchem der Nerv reichlich mit 
Toxin durchtr&nkt ist. Indem ich dann den Nerv exstirpierte in ver- 
schiedenen Zeitabschnitten nach der Durchschneidung (nach */ 4 Stunde, 
1 Stunde, 2 Stunden, 24 Stunden), habe ich seine Giftigkeit versucht, 
indem ich ihn subkutan bei M&usen einimpfte. Aus den oben geschilderten 
Experimenten ergibt sich, daB der Nerv um so mehr von seiner Toxizit&t 
allra&hlich verliert, je mehr man sich von dem Moment der Durch¬ 
schneidung entfernt, was klar beweist, daB wir es in unserem Falle mit 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes- zu den Rfickenmarkszentren etc. 629 


einem Vorrflcken desTetanustoxins gegen dieNervenzelle 
hin zu tun haben, so dab der Nerv sich ganz allm&hlich davou 
befreit. 

Behring stfltzt sich auf die von Helmholtz aufgestellte Hypo- 
these von der Leitung der Nervenreize den Nerven entlang und nimmt 
an, durch den Inhalt der Ganglienzellen werde eine Anziehung ausge- 
flbt auf das Tetanustoxin, das sich im Umkreis ihrer Wirkung befindet, 
und dies finde statt vermittelst einer in dem Achsencylinder enthaltenen 
flflssigen Substanz, die Behring mit dem Namen Konduktor be- 
zeichnet hat. 

Die Substanz der Achsencylinder besitzt dieselbe Zusammensetzung 
wie das Cytoplasma der Ganglienzellen, woraus sich die Nerveneinheit, 
das Neuron, ergibt. Nach Behring findet, wenn die toxischen Mole- 
kflle die Wirkungssphfire der Substanz der Achsencylinder erreichen, so- 
gleich eine Attraktion statt zwischen den MolekQlen des Tetanustoxins 
und seinem Antikorper, der sich in der Substanz der Achsencylinder in 
ges&ttigter Lfisung befindet. Antitoxische und toxische Molekfile neu- 
tralisieren sich in bestimmten VerhSltnissen und liefern den aus den 
beiden Arten von MolekQlen resultierenden KOrper; in dem Achsen¬ 
cylinder, im Bereich der Neutralisation, bildet sich ein leerer Raum fQr 
die antitoxischen Molekfile; dadurch wird der Zustand des Gleichgewichts 
aufgehoben in der flflssigen Substanz der Achsencylinder, die unter 
normalen Verhfiltnissen durch Molekfile von Antitoxin gesfittigt ist. Ge- 
mS.fi den bekannten physischen Gesetzen mufi das Streben nach Rfick- 
kehr zum Gleichgewicht befriedigt werden, und dies kann nur durch 
Strdmungen von antitoxischen MolekQlen in dem vorhandenen leeren 
Raume geschehen. Indessen wandern auch die toxischen Molekfile ver- 
mOge ihrer Affinit&t zu den antitoxischen MolekQlen in dem Achsen¬ 
cylinder weiter, indem sie sich nach oben wenden, gegen den Inhalt der 
Ganglienzellen, in denen sie die Ver&nderungen hervorrufen, die ich 
spfiter beschreiben werde. 

Die von mir in Bezug auf den zentripetalen Transport der Toxin- 
molekfile in dem Achsencylinder angestellten Untersuchungen sind eine 
experimentelle Bestfitigung dieser theoretischen Ansicht Behrings. 

Bei meinen Experimenten, die den Zweck hatten, in verschiedenen 
Fallen die Toxizitfit der Nerven von tetanischen Tieren zu erproben, 
konnte ich konstatieren, dafi man bisweilen sebr deutliche Tetanus- 
erscheinungen erhfilt, dann wieder leichte Erscheinungen, und dafi in 
anderen Fallen sich gar keine Spur von Tetanus zeigt. In letzterem 
Falle mufi man annehmen, dafi die von dem Nerven angenommene Menge 
Toxin zu unbedeutend ist, urn Tetanuserscheinungen hervorzurufen; man 
kann nicht ohne weiteres ausschliefien, dafi der Nerv gar kein Toxin 
enthait. Alle Nervenfasern mfissen nach Marie das im Kreislauf be- 
findliche Toxin resorbieren und es zu den Nervenzentren befdrdern. 

Meerschweinchen XXIV. Gewicht 320 g. 

20. Mai 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Ich durchschneide den linken N. ischiadicus 
in der Hohe der Incisura ischiadica. Unmittelbar nachher injiziere ich '/, ccm Tetanus- 
toxin in die Wadenmuskeln der gegen iiberliegenden Seite. 

21. Mai 10 Uhr vorm. Das Meerschweinchen zeigt deutliche Erscheinungen von 
Tetanus. Es wird getotet. Ich exstirpiere den N. ischiadicus der mit Toxin inokulierten 
Seite und impfe urn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage 
schwere Tetanuserscheinungen zeigt und nach 5 Tagen verendet. 

Ich exstirpiere den N. ischiadicus der anderen Seite und impfe ihn unter die Haut 
einer anderen Maus, die wahrend der folgenden Tage nur sehr leichte Kontrakturen 
in den hinteren Gelenken zeigt und uberlebt. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Meerschweinchen XXV. Gewicht 355 g. 

20. Mai 1004, 10 (Jhr vorm. Durchschneidung dee rechten N. ischiadicus in der 
Hohe der Kniekehle. Unmittelbar nachher Injektion von */, ccm Tetanustozin in die 
Wadenmu8keln der entgegengeeetzten Seite. 

21. Mai 10 1 /, Uhr vorm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von Tetanus. 
Ee wird getotet. Ich entnehme den N. ischiadicus der mit Toxin inokulierten Seite 
und impfe ihn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage an Tetanus 
verendet. Die andere Maus, bei der ich den N. ischiadicus eingeimpft hatte, den ich 
am vorhergehenden Tage in der Kniekehle durchschnitten hatte, zeigte keine Erscheinung 
von Tetanus. 

Aus diesen beiden Experimenten ergibt sich deutlich die Bede 11 - 
tung, welche man den peripherischen Nervenendigungen 
bei der Resorption des Tetanustoxins und bei dem Trans¬ 
port des letzteren zu den Riickenmarkszentren durch die 
Nerven zuschreiben muB. Und daB die Resorption des Tetanus- 
toxins von seiten der letzteren eine konstante Erscheinung ist und dafi 
zu ihrer Veranlassung keine L&sion des peripherischen Neurons erforder- 
lich ist, haben Marie und Morax folgendermaBen bewiesen: Sie in¬ 
okulierten Tetanustoxin in das Corpus vitreum oder in den Hoden; nach 
24 Stunden, wenn das Tier Erscheinungen von allgemeinem Tetanus 
zeigt, inokuliert man bei MSusen einen N. ischiadicus und die beiden 
N. brachialis und erh&lt Tetanuserscheinungen, die nicht auftreten, wenn 
man nur einen N. ischiadicus inokuliert, eben weil in ihm nicht eine ge- 
nflgende Quantitat Toxin enthalten war. 

XXII. Affinit&t des Tetanusgifts zur Substanz der peri¬ 
pherischen Nerven beimKaninchen und Meerschweinchen. 

Alle Autoren stimmen in der Annahme iiberein, daB, w&hrend das 
Meerschweinchen auch fflr kleine Dosen von Tetanustoxin empf&nglich 
ist, das Kaninchen verhaitnism&Big groBe WiderstandsfShigkeit zeigt, 
und, wie ich schon an anderer Stelle bemerkte, st&rkere Dosen Toxin 
erforderlich sind, urn Tetanuserscheinungen zu verursachen. 

Hochstwahrscheinlich erklSrt sich diese Tatsache daraus, daB die 
Affinitat des Tetanusgiftes zur Nervensubstanz des Kaninchens geringer 
ist als zur Nervensubstanz des Meerschweinchens, wie sich-aus folgenden 
Experimenten ergibt: 

Meerschweinchen XXVI. Gewicht 385 g. 

20. Mai 1904, 11 Uhr vorm. Iuokulation von l L ccm Tetanustoxin in die linke 
Wade. 

21. Mai 11 Uhr vorm. Ich exstirpiere den llnken N. ischiadicus und inokuliere 
ihn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage Erscheinungen von 
heftigem Tetanus zeigt und verendet. 

Kaninchen XXIII. Gewicht 1,800 kg. 

20. Mai 1904, 11 Uhr 15 Min. vorm. Injektion von J / s ccm Tetanustoxin in die 
linke Wade. Nach 24 Stunden exstirpiere ich den linken N. ischiadicus, nehme davon 
ein in Bezug auf Dimensionen und Gewicht dem N. ischiadicus des Meerschweinchens 
gleichwertiges Stuck (siehe voriges Experiment) und impfe es unter die Haut einer 
Maus, die wahrend der folgenden Tag*e nur sehr leichte Erscheinungen von Tetanus 
zeigt und uberlebt. 

Es schien rair auch wichtig, zu untersuchen, in welchem Zust&nd 
das Tetanustoxin sich in den peripherischen Nerven befindet, und zu 
diesem Zwecke fiihrte ich die folgenden Experimente aus: 

Meerschweinchen XXVII. Gewicht 410 g. 

23. Mai 1904, 9 Uhr vorm. Injektion von 7* ccm Tetanustoxin in die Muskeln 
der linken Wade. 

10 Uhr vorm. Ich exstirpiere den linken N. ischiadicus und lege ihn zum Ein- 
weichen in 1 ccm steriler physiologischer NaCi-Losung. 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rttckenmarkszentren etc. 631 


11 Uhr vorm. Die Fliissigkeit inokuliere ich einer Maus — einer anderen Maus 
impfe ich den Nerv ein. 

Beide Mause zeigen wahrend der folgenden Tage deutliche Erecheinungen von 
Tetanus. 

Meerschweinchen XXVIII. Gewicht 395 g. 

23. Mai 1904, 9 Uhr 15 Min. Injektion von '/, ccm Tetanus toxin in die Muskeln 
der linken Wade. 

10 Uhr 15 Min. vorm. Ich entnehme den linken N. ischiadicus und halte ihn 
0 Htunden lang eingetaucht in 1 ccm steriler physiologischer NaCl-Ldsung. 

3 Uhr 15 Min. nachm. Einer Maus inokuliere ich die Fliissigkeit, einer anderen 
den Nerv. 

Die mit der Fliissigkeit geimpfte Maus zeigt wahrend der folgenden Tage deutlich 
ausgepragte Tetanuserscheinungen. 

Die mit dem Nerven geimpfte Maus zeigt keine Tetanuserscheinung irgend 
welcher Art. 

Meerschweinchen XXIX. Gewicht 400 g. 

23. Mai 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Injektion von '/» ccm Tetanusgift in die 
Muskeln der linken Wade. 

10 Uhr 30 Min. Ich entnehme den N. ischiadicus der enteprechenden Seite und 
tauche ihn in 1 ccm physiologischer NaCl-Losung. 

24. Mai 1904, 10 Uhr 30 Min. vorm. Einer Maus inokuliere ich die Fliissigkeit 
fschwere Tetanuserscheinungen und Tod wahrend der folgenden Tage); einer anderen 
Maus impfe ich den Nerv ein (keine Tetanuserscheinungen). 

Daraus folgt, dafi es, im Gegensatz zu dem, was sich bei der zen- 
tralen Nervensubstanz zeigt, die das Tetanustoxin in bohem Grade 
fixiert, mit Leichtigkeit gelingt, das vom Nerven resorbierte Toxin von 
ihm zu trennen. 

XXIII. Beziehung des Tetanustoxins zu den sensiblen 

Nerven. 

Meyer und Ransom haben untersucht, auf welche Weise 
sich die sensiblen Nerven gegen das Tetanustoxin ver- 
halten, und die Frage zu Ibsen versucht, ob das Tetanustoxin ver- 
mittelst der sensiblen Nerven zellulipetal zu den Nervenzentren weiter- 
befordert werden kbnnte, wenn man das Gift in einen rein sensiblen 
Nerv, beim Hunde in den N. infraorbitarius, injiziert Bis zum 13. Tage 
nach der Injektion des Toxins zeigten sich keine Tetanuserscheinungen; 
erst nach und nach erschien eine isolierte Kontraktur des Ohres der- 
selben Seite. Bei einem anderen fihnlichen Falle zeigte sich eine iso¬ 
lierte Kontraktur des Kaumuskels erst 11 Tage nach der Inokulation 
in den N. supraorbitarius. Aus diesen Versuchen schliefien die Autoren, 
dafi das Tetanustoxin in den sensiblen Nerven zentripetal weiterbefordert 
werden kdnne, jedoch auf viel langsamere Weise als in den motorischen 
Nerven. — Marie und Morax gelangten zu einer ahnlichen SchluB- 
folgerung, als sie Tetanustoxin in das subkutane Zellengewebe der Stirn- 
gegend beim Hunde injizierten. Wenn die Tetanuserscheinungen deut¬ 
lich ausgeprfigt waren, so schnitten sie den N. ophthalmicus von Willis 
derselben Seite heraus und impften ihn unter die Haut einer Maus. 
Diese zeigte nach 24 Stunden einen deutlich ausgepr&gten lokalen 
Tetanus. 

Marie und Morax suchten das Tetanustoxin qualitativ und quan- 
titativ in den verschiedenen N. rhachidici, in den Nervenwurzeln sowie in 
den N. cranici und N. sympathici eines Pferdes. Sie sahen, dafi die Aeste, 
welche das Inokulationsgebiet mit Nerven versehen, das Toxin mit Vor- 
liebe aufnehmen, wahrend die von der Inokulationsstelle weiter ent- 
fernten Nerven wenig davon enthalten. Die Neurone des Sym¬ 
pathies nehmen einen hervorragenden Anteil an der 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVUI. Heft 6. 


Resorption desToxins, wie dies der betr&chtliche Gehalt des Sym- 
pathicns cervicalis an Toxin beweist. Bemerkenswert ist auch die im 
N. massetericus enthaltene verh&ltnism&Big grofie Menge Toxin, worans 
es sich erkl&ren wfirde, dafi beim Pferde als erste Erscheinung der Tris¬ 
mus auftritt. 

Die hinteren Wurzeln enthalten weniger Toxin als die vorderen. 
In den Bitndeln der weiBen Substanz gelingt es fast nie, die Anwesen- 
heit von Tetanustoxin zu entdecken. 

In der weifien Substanz des Lendenmarks wurde eine sehr kleine 
Menge Gift gefunden, was sich daraus erkl&rt, wenn man annimmt, daB 
in dieser HOhe eine Vermischung von Nervenfasern des mit Toxin be- 
ladenen peripherischen Neurons mit den Pyramidalbfindeln stattfindet 

Von der Lendengegend abgesehen, zeigt sich das PyramidalbQndel 
stets als nicht toxisch fflr MSuse. 

Dasselbe kann man von den anderen Str&ngen des RQckenmarkes 
sagen. 

Die Autoren schliefien aus diesen Untersuchungen, der Achsen- 
cylinder des cerebralen Neurons enthalte wahrscheinlich kein freies Te¬ 
tanustoxin, die 3 Arten von peripherischen Neuronen, das motorische, 
sensible und sympathische seien in gleicher Weise dazu geeignet, das 
Tetanustoxin zu resorbieren und endlich, die peripherischenNeu- 
ronen seien die Kan&le, durch welche das Toxin zu den 
Nervenzentren gelange. 

Anmerkung. Di Vestea und D’Abundo 1 ) machten Versuche, die darauf 
hinzielten, den Weg dee Virus der ToOwut tangs des Riickenmarkes im Gehirn und 
kleinen Gehirn zu verfolgen, mit der Absicht, zu entdecken, wie die Infektion in den 
verschiedenen Gegenden aer Zentralnervenorgane des Kaninchens erfotge; durch diese 
Untersuchungen lieferten sie einen bemerkenswerten Beitrag zum Studium der Ver- 
bindungswege innerhalb des Zentralnervensystems. 

In der Absicht, den Weg des Tetanustoxins in den Zentralnervenorganen zu ver¬ 
folgen, begann ich bei Meerschweinchen und Kaninchen ahnliche Untersuchungen, wie 
sie die oben erwahnten Autoren angestellt hatten. 

Aber die aufierordentliche Schwierigkeit, das Tetanustoxin in der Zentralnerven- 
substanz bei Tieren im Laboratorium deutlich nachzuweisen, da ja letztere die Eigen- 
Bchaft besitzt, das Tetanusgift zu neutralisieren, ermutigte mich nicht zur Forsetzung 
der erwahnten Experiments. 

Durch Injektion von Tetanustoxin in den N. vagus bemerkteu 
Meyer und Ransom eine betr&chtliche Verlangsamung der Herztfltig- 
keit, was niemals bei Tieren sich zeigte, die auf andere Weise vergiftet 
worden waren. Ich will diese Betrachtungen fiber den Transport des 
Tetanustoxins zu den Nervenzentren durch die Nerven nicht beendigen, 
ohne ein sehr beweiskr&ftiges Experiment von Meyer und Ransom 
anzuffihren. Es gelang ihnen, schwere Tetanuserscheinungen bei einem 
stark gegen Tetanus immunisierten Kaninchen durch Injektion von Te¬ 
tanustoxin in den N. ischiadicus hervorzurufen. Zwei Tropfen Blut 
dieses Tieres enthielten mehr Antitoxin, als dazu erforderlich war, das 
gauze injizierte Quantum Gift zu neutralisieren. Wenn das Toxin mit 
dem Antitoxin in Berfihrung gekommen w&re, so h&tte es neutralisiert 
werden mfissen. Stattdessen geschah nichts Derartiges und die Tetanus¬ 
erscheinungen traten auf. 

Aus diesem Experiment glauben die Autoren schlieBen zu mfissen, 
nicht nur dafi das antitoxische Serum, das man einem Tiere subkutan 


1) Contribute alto studio delle vie di counessione del sistema nervoeo merd la 
rabbia sperimentale. (Annali di Nevrologia. Anno X. 1893. Fasc. 4, 6.) 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rflckenmarkszentren etc. 633 


oder in die Venen injiziert, niemals in die Substanz der Wurzelf&serchen 
der Nerven und in die Nervenzentren aufgenommen werde, sondern 
dafi aucb bei einem stark immunisierten Tiere die Neuronen kein Anti¬ 
toxin enthalten oder absolut ungeschfitzt bleiben. 

XXIV. Beziehungen des Tetanustoxins zur Lymphe. 

Aus den vorausgehenden Experimenten haben wir gesehen, dafi, 
wenn man Tetanustoxin unter die Haut eines empf&nglichen Tieres in¬ 
jiziert, das Toxin selbst sehr bald im Blute gefunden wird, wie dies die 
Tatsache beweist, dafi dieses Gift bei M&usen nachgewiesen wnrde. Mit- 
hin geschieht die Verteilung des Tetanustoxins in diesem Falle ver- 
mittelst des Blutes. Welches ist aber der Anteil, den bei diesem 
Diffusionsprozefi des Tetanusgiftes die Lymphe nimmt? Mit dieser 
Frage hat sicb in erschopfender Weise Ransom beschfiftigt, der eine 
sehr sorgffiltig durchgefflhrte Reihe von Experimenten an Hunden machte, 
indem er nach Erfiffnung des Ductus thoracicus Tetanustoxin in die 
Blutbahn inokulierte oder den Ductus thoracicus einige Stunden nach 
der Injektion von Toxin in die Blutbahn fiffnete. 

Nach der Injektion von Toxin in die Venen wurde vergleichend bei 
Mfiusen die Toxizitfit der Lymphe und des Blutes versucht. 

Inokuliert man das Tetanusgift in die Blutbahn eines Hundes, so 
geht ein ansehnlicher Teil desselben sehr bald in die Lymphe fiber. Ist 
der Kreislauf in den Blut- und Lymphgef&flen intakt, so verteilt sich 
das Tetanustoxin in der Lymphe und im Blute in ann&hernd gleichen 
Verhfiltnissen. ErOffnet man den Ductus thoracicus kurz yor der intra- 
venOsen Injektion des Toxins derart, dafi die Lymphe ununterbrochen 
abfliefit, so bleibt der toxische Wert des Blutes offenbar hfiher als der- 
jenige der Lymphe. 

XXV. Intravenfise Injektion von Tetanusgift 

Zu wiederholten Malen habe ich die intravendse Injektion 
von Tetanustoxin sowohl bei Meerschweinchen als auch bei Kanin- 
chen ausgeffihrt Ueber einige dieser Experimente habe ich schon be- 
richtet; ich sehe davon ab, von den anderen ausffihrlich zu sprechen, 
da sie kein besonderes Interesse bieten. Nur das will ich anffihren, 
dafi man bei direkter Inokulation des Tetanustoxins in das Blut nicht 
das erhfilt, was ich bei Besprechung der Injektion unter die Haut und 
in die Nerven mehrmals unter dem Namen „lokaler Tetanus* er- 
wfihnt habe; es werden vielmehr nach einer Inkubationszeit alle Muskeln 
gleichzeitig von tetanischen Kontrakturen ergriffen, d. h. man beobachtet 
von Anfang an einen allgemeinen Tetanus. Wichtig ist die Tat¬ 
sache, dafi eine viel stfirkere Dosis Tetanustoxin zur Erregung von Te- 
tanuserscheinungen bei einem Tiere erforderlich ist, wenn man die In¬ 
jektion in das System des Kreislaufs vornimmt, als erforderlich ist, wenn 
die Injektion subkutan oder direkt in die Nerven gemacht wird. 

Ganz charakteristisch ist das Bild der Tetanusvergiftung bei der 
Injektion von Toxin in die Venen des Kaninchens. Ehe die Krankheits- 
erscheinungen auftreten, die im allgemeinen erst nach 2—3 Tagen her- 
vortreten, zeigt sich das Tier nur etwas in seinen Bewegungen gehindert; 
dann tritt eine allgemeine Starre ein, die in diesem Falle das ganze 
Krankheitsbild beherrscht. In diesem Augenblick ist das Tier vollstfindig 
starr geworden, mit aufgerichteten Ohren, gespanntem Halse, steifen 
Beinen, dergestalt, dafi der Bauch den Boden nicht mehr berfihren kann; 


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634 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

legt man das Tier auf eine Seite, so gelingt es ihm auf keine Weise, 
sioh wieder auf die Beine zu stellen. Die Krampfanfillle sind selten, 
nicht sehr intensiv und werden nur durch sehr starke Erregungen her- 
vorgerufen. 

Die intraperitoneale Injektion von Tetanustoxin erregt 
auf dieselbe Weise wie die intravenfise Injektion von Anfang an einen 
allgemeinen Tetanus. 

XXVI. Pathologische Anatomie des Tetanus. 

Zur Vervollstftndigung meiner Untersuchungen fiber die Bahnen, 
auf denen das Tetanustoxin zu den Nervenzentren weitergeleitet wird, 
glaubte ich, es werde nicht ganz uninteressant sein, einige histologische 
Untersuchungen namentlich bezfiglich des Rfickenmarkes und der peri- 
pherischen Nerven der mit Tetanustoxin inokulierten Tiere anzustellen. 
Der Darlegung der Resultate dieser Untersuchungen will ich einen 
kurzen historischen Hinweis in Bezug auf dieses Thema vorausschicken. 
Brunner behauptet in seiner Monographic fiber den Tetanus, die er 
im Jahre 1894 verfiffentlichte, bei dieser schweren Intoxikationskrankheit 
seien trotz der im Leben vorhandenen schweren nervOsen Erscheinungen 
die anatomischen Befunde in den Zentralnervenorganen unsicher, und 
im allgemeinen negativ. Bei den dfirfligen Methoden, fiber welche die 
histologische Technik zu jener Zeit verffigte, war es nicht mdglich, weder 
im Rfickenmark noch im Gehirn, noch auch in den peripherischen Nerven 
irgend eine pathologische Verfinderung nachzuweisen. In der Folge erst 
bemerkte Monakow bei Anwendung der Ffirbung durch Karmin im 
Zentralnervensystem Kongestion der Gef&fie, HSmorrhagie und Anhfiu- 
fung von Kemen und KOrnchen, namentlich in den Ganglienzellen des 
N. facialis. 

Die ersten beachtenswerten Resultate in betreff dieser Frage erhielt 
man, als man behufs Untersuchung der Zentralnervenorgane tetanischer 
Tiere die Nisslsche Methode zur Anwendung brachte. Beck, der 
sich derselben zuerst bediente, fand hochgradige Gehirnerweichung und 
homogene Anschwellung der Nervenzellen. 

Im Jahre 1897 erschienen die Untersuchungen von Marinesco, 
der bei den mit Tetanustoxin inokulierten Meerschweinchen Hfimorrhagieen 
antraf, in der grauen Substanz des Rfickenmarkes und betr&chtliche Ver- 
finderungen der Zellen der Vorderhorner; sie bestanden in der Tatsache, 
daB ein Teil der Zelle, und sogar die ganze Zelle ein undurchsichtiges 
Aussehen darbot, ein intensive Ffirbung des Achsencylinders, der sich 
leicht kornerhaltig zeigte; die Protoplasmaforts&tze zeigten Krfimmungen 
und batten die N i s s 1 schen Kfirperchen verloren. Der Kern war etwas 
umfangreicher, er nahm die Farbe in diffuser Weise an und zeigte un- 
regelm&Bige Umrisse. Es ist jedoch hervorzuheben, daB Marinesco 
diese L&sionen nur bei den Tieren fand, die er selber getfitet hatte, 
nicht bei Tieren, die spontan infolge Inokulation des Toxins verendet 
waren. 

Nach Nissl ist der Kern der Nervenzellen von tetanischen Tieren 
kleiner, winkhger und homogener. Die Modifikationen des Zellkfirpers 
sind im allgemeinen Neigung zum Verschwinden von Teilen der Substanz 
und Vakuolisation der Zelle, die in einem vorgerflckten Stadium nicht 
mehr wiederzuerkennen ist. 

Besonders interessant sind die Untersuchungen von Goldscheider 
und Flatau, die bei einer sehr betrfichtlichen Anzahl von Tieren in 


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Tiberti, Transport des Tetannsgiftes zu den RQckenmarkszentren etc. 635 

eingehender Weise die Veranderungen der motorischen Zellen des 
Zentralnervensystems mit besonderer Rflcksicht auf die verschiedenen 
Abschnitte des Rfickenmarkes studiert haben, indera sie verdfinnte und 
konzentrierte L6sungen von Toxin verwendeten. Sie betrachten die an- 
getroffenen Veranderungen als charakteristisch ffir die Tetanusvergiftung 
in Anbetracht des konstant gleichen Befundes, den sie erhielten; dagegen 
konnten sie bei Anwendung von Einfltissen von anderer Beschaffenheit 
niemals ahnliche Vorgfinge beobachten. Endlich bringen die Autoren 
die Vergiftungssymptome in Beziehnng zu den morphologischen Ver- 
finderungen der Zellen und glauben fiber das Wesen derselben kein ent- 
scheidendes Urteil abgeben zu kfinnen. 

De Buck und Moor fanden bei tetanischen Kaninchen eine stfirkere 
Ffirbung der protoplasmatischen Fortsatze; im Innern der Zelle stieBen 
sie auf Spaltungen und Vakuolen. Hunter, Westphal, Goebel, 
T6chontre, Mattbes und andere beobacbteten ungefahr dieselben 
Tatsachen. — Do nett i bemerkte EntzQndungen der periependymischen 
Substanz, Atrophie und. Zerstdrung der Zellen der Vorderhorner. 

Tauber traf in einem Falle von Tetanus beim Menschen niemals 
Anschwellungen der Nisslschen Kfirperchen. An der Peripherie der 
Zellen fand er oft Granulationen, in vielen Zellen Vakuolen. — Rispal 
beobachtete in einem Falle von Tetanus beim Menschen hyaline Meta¬ 
morphose des Protoplasmas der Nervenzellen mit Deformation des Kernes 
Oder ahnliche Veranderungen wie die bei der experimentellen Hyper- 
thermie beobachteten. 

Preobrajensky konnte in einem Falle von Tetanus infolge Ver- 
wundung des Augenlides, der nach 5 Tagen der Tod folgte, diffuse 
Chromatolyse mit Bildung von Vakuolen beobachten, sowie Anschwellung 
des Kernes, der sich gegen den Rand der Zelle verschoben hatte; ver- 
schiedene Grade von Degeneration der Zellen, Anschwellung der Zellen 
namentlich in den Clarkeschen Saulen. Der Autor versichert, daB 
die Veranderungen der Zellen in diesem Falle von Tetanus bulbaris 
denjenigen ahnlich waren, welche die anderen Autoren beim Rficken- 
mark beschrieben haben. 

Swiecinsky bemerkte aufier den von den anderen betonten Tat¬ 
sachen eine enorme Wucherung der Glia im Rfickenmark. Daddi traf 
namentlich schwere Veranderungen im Kleinhirn, die intervertebralen 
Ganglien dagegen in normalem Zustand. In allerneuster Zeit traf 
Z in no bei Untersuchung der Nervenzentren tetanischer Tiere vermittelst 
nicht so genauer Methoden die von den anderen Autoren beobachteten 
banalen Lasionen nicht konstant und nicht spezifisch; als er aber eine 
sorgfaltigere Technik anwandte, beobachtete er einige zunachst den 
chromatophilen Kfirper und fast gleichzeitig das Centrosom und das 
Kernkorperchen betreffende Lasionen, die sich dann auf das Cytoplasma 
und endlich auf die Fortsatze ausbreiteten. Glia und Nervenfasern 
wenig verletzt und gewdhnlich nur in weit vorgerfickten Phasen. Abge- 
sehen von der anfangs auftretenden Karyolyse, leistet der Kern den Zer- 
stdrungsprozessen grofien Widerstand. 

Ich will mich hier darauf beschranken, fiber die Lasionen zu be- 
richten, die ich namentlich in den motorischen Zellen des Rfickenmarkes 
der von mir mit Tetanustoxin geimpften Meerschweinchen und Kanin¬ 
chen angetroffen habe. Ich untersuchte immer den cervikalen, dorsalen 
und lumbalen Abschnitt des Rfickenmarkes, indem ich das Nerven- 
svstem unmittelbar nach dem Tode des Tieres entfernte oder letzteres 


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036 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

tStete, wenn es schwere Erscheinungen von allgemeinem Tetanus auf- 
wies. Die Stflcke fixierte ich in einer Flfissigkeit, die aus einer ge- 
sfittigten PikrinsfiurelQsung und einer gesfittigten L5sung von Sublimat 
in gleichen Teilen bestand. Zur Farbung bediente ich mich der Nissl- 
schen Metbode. Die konstantesten von mir angetroffenen Verandernngen 
waren die folgenden: VergrSBerung der N is si schen K8r£erchen und 
Zerfall der letzteren, die bisweilen ein fein granulSses Aussehen an- 
nehmen. Der Zerbrockelung der N is si schen KOrperchen (Fig. 2) geht 
gewbhnlich ihr Anschwellen voraus; zuweilen aber bezeichnet sie die an- 
ikngliche Lasion der Zelle. Mitunter regenerieren nach der fein granuldsen 
Zerstorung der N i s s 1 schen Kdrperchen die letzteren sich wieder, wobei 
sie jedoch eine etwas eckige Gestalt annehmen; mit dieser Tatsache 
findet oft gleichzeitig eine Anschwellung der ganzen Zelle statt Auch 
die Kdrperchen des Kernes sind angeschwollen und nehmen 
oft eine veriangerte Gestalt an. Die kSrnige Zerstdrung der Nissl- 
schen KSrperchen (Fig. 3) erschien mir gesteigert in den Fallen, 
in welchen ich hfihere Dosen von Toxin verwendete, sowie wenn die 
Tetanuserscheinungen sehr intensiv waren und einige Tage andauerten. 
Ich traf sie fast nie an, wenn ich die Tiere beim ersten Auftreten der 
Tetanuserscheinungen tdtete. Sowohl das Anschwellen der Kern- 
kSrperchen als auch das der Nissl schen Kfirperchen trat um so 
anhaltender auf, je schneller der ProzeB durch Verwendung starker 
Dosen von Toxin verlauft. Eine Tatsache, die ich oft zu beobacbten 
Gelegenheit hatte, auch bei sehr schwer verlaufenden Fallen, ist die, 
daB sich neben stark veranderten Zellen andere linden, in denen die 
Verandernngen leicht sind, und endlich wieder andere von normalem 
Aussehen. Die Zellen der Meerschweinchen schienen mir fast stets 
mehr verandert als die Zellen der Kaninchen. 

In anderen Fallen erlangen die Zellen ein homogenes Aussehen und 
sind nicht mehr wiederzuerkennen; in anderen (Fig. 4) bemerkt man 
das Vorhandensein zahlreicher und grofier Vakuolen. Eine andere Tat* 
sache, auf die ich die Aufmerksamkeit lenken mfichte, weil ich sie in 
einer gewissen Haufigkeit angetroffen habe, ist die, daB man bisweilen 
um stark veranderte Nervenzellen herum in mafiiger Anzahl Gliakerne 
antrifft. Mitunter lehnen die letzteren sich einfach an die Nervenzelle 
an, dann wieder (Fig. 5) fin den sie sich im Innern des Zellkorpers. 
Meiner Ansicht nach ist diese Tatsache nicht als ein aktiver Vorgang 
zu erkiaren, wie es Marinesco mfichte, in dem Sinne, daB die Glia- 
zellen bauptsachlich die Nervenzellen anfallen und zerstfiren, sondern 
ich glaube vielmehr, daB die letzteren, wenn sie stark verandert und 
dem Absterben nahe sind, als Reiz auf die Gliazellen einwirken und 
ihre Anhaufung um sich herum, sowie allmahlich das Eindringen in ihr 
Inneres verursachen. 

Aus dem hier in Ktirze angeffihrten Befund kann man meines Er- 
achtens zu der Schlufifolgerung gelangen, daB durch Einwirkung des 
Tetanustoxins deutliche und konstante Verfinderungen in den motorischen 
Nervenzellen stattfinden. Diese Verandernngen sind jedoch nicht ab- 
solut spezifisch fflr den Tetanus, da es vorkommt, daB man ihnen bei 
anderen Intoxikationen begegnet, bei einigen Infektionen und auch bei 
einigen Geisteskrankheiten, und sie stehen sicherlich in keiner nachweis- 
lichen Beziehung zu den klinischen Erscheinungen des Tetanus. 

Die jQngsten Untersuchungen fiber die peripherischen Nerven beim 
Tetanus haben bewiesen, daB ihre Verfinderungem nicht so konstant 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Riickenmarkszentren etc. 637 


sind, dafi sie einer pathogenetischen Erklfirung des klinischen Krank- 
heitsbildes zur Grundlage dienen kdnnten. Die sogenaunte „neuriti- 
sche Theorie des Tetanus* stQtzte sich hauptsachlich auf die alten 
makroskopischen Beobachtungen von Larrey, Friedreich, Froriep, 
Remak u. a., die eine mehr oder weniger ausgeprSgte Entzflndung der 
Nerven zwischen dem Eintrittsort der Infektion und dem RUckenmark 
beobachtet batten. 

Die allmahlich angestellten mikroskopischen Beobachtungen ergaben 
zuweilen einen positiven Befund, mitunter wiesen sie nur leichte Ver- 
anderungen nach, in anderen Fallen war der Befund wieder durchaus 
negativ. Die beobachteten Veranderungen beziehen sich namentlich auf 
die Nervenstamme in nachster Nahe der Wunde, auf die Tetanus flber- 
tragen wurde. 

Arloing und Tripier fanden in einem Falle bei einer durch 
Tetanus komplizierten Wunde entsprechend dem Kopfe des Wadenbeines 
Neuritis des N. popliteus externus; der N. iscniadicus war nicht im ge- 
ringsten verandert. Michaud fand in einer Schenkelwunde Neuritis 
des N. ischiadicus. Laver an beobachtete in einer komplizierten Fraktur 
des FuBes eine aufsteigende Neuritis des N. tibialis. Pitres und 
Vail lard trafen in einem Falle, in dem schwere Verbrennungen der 
Hand und des Schenkels vorlagen, diffuse Parenchymveranderungen der 
entsprechenden Nerven, die nach oben hin weniger intensiv waren. 

A chard untersuchte 4 Falle von Tetanus; bei 3 derselben be¬ 
obachtete er nur Degenerationen von wenigen Fasern der entsprechenden 
Nerven, bei einem anderen, in welchem der N. medianus und der 
N. ulnaris vollstandig durchschnitten waren und der Tod nach 3 Wochen 
eintrat, waren im N. cubitalis 4 cm oberhalb der Stelle der Verletzung 
fast alle Fasern degeneriert, wahrend im N. medianus 5 cm weiter oben 
der grdfite Teil der Fasern intakt war. A chard ist dazu geneigt, solche 
Degenerationen als sekundar zu betrachten. 

Bonome fand in 2 Fallen aufier sehr starken myelitischen Ver¬ 
anderungen des RQckenmarkes auch Degenerationserscheinungen in der 
Cauda equina. 

Diesen positiven Befunden stehen nicht wenige Falle gegentiber, in 
denen eine genaue mikroskopische Untersuchung der Nerven keine 
Lasion bei ihnen nachwies. Negative Befunde erhielten Joffroy, 
Poncet, Michaud, Pitres und Vaillard. Diese Forscher ver- 
sicherten, das Tetanustoxin kdnne das Rflckenmark auf dem hamatogenen 
Wege erreichen, ohne sich langs der Lymphscheiden auszubreiten. 

HSchstwahrscheinlich werden die Veranderungen der Nerven in 
Fallen von Tetanus durch die die Verwundung begleitenden Infektionen 
hervorgerufen unter dem Bilde einer aufsteigenden Neuritis, da sie ja 
namentlich in den Fallen von schweren und eitrigen Wunden auftreten. 
Auch ist es wahrscheinlich, dafi, wenn der Verlauf der Krankheit lange 
genug ist, infolge der myelitischen Veranderungen, Veranderungen der 
peripherischen Nerven eintreten. Von diesem Gesichtspunkte aus be- 
trachtet, sind die von Bonome geschilderten Falle besonders beweis- 
kraftig, weil bei ihnen die Veranderungen der Nerven dem Gebiet der 
schwersten Veranderungen des Markes entsprachen. Wenn die peri¬ 
pherischen Wunden schnell heilen oder leicht sind, oder wenn die Krank¬ 
heit schnell zum Tode fflhrt, so sind die Veranderungen der Nerven 
sehr undeutlich ausgepragt oder sie fehlen ganz. 

Zur Untersuchung der Nerven der mit Tetanustoxin inokulierten 


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538 Centralbi. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXX VIII. Heft 6. 

Tiere bediente ich mich anfangs der gebrSuchlichen FSrbungsmethoden 
vermittelst Karin in und Hematoxylin. Da ich aber mit Hilfe dieser 
Metboden nicbts Besonderes erreicht hatte, wollte ich es mit einigen 
anderen neueren versucben und richtete meine Aufmerksamkeit nament- 
lich auf die Untersuchung des Achsencylinders, um zu sehen, ob das Te- 
tanustoxin wahrend seines Weges lfings desselben irgend welche Ver- 
anderungen darin verursache. In hervorragendem MaBe bediente ich 
mich der Methode von Mdnckeberg und Bet he zur Ffirbung der 
Neurofibrillen; diese Methode will ich hier in Kiirze schildern : Fixierung 
des Nerven in 0,25-proz. Osmiumsfiure wfihrend 24 Stunden, 4—6-stflndige 
Waschung, Alkohol bei 90 °, 10 Stunden Oder langer. 4 Stunden in 
destilliertem Wasser; hierauf 6—12 Stunden in 2-proz. L5sung in Na- 
triumbisulfit, der 2—4 Tropfen Salzsaure auf 10 ccm hinzugesetzt 
worden sind. Waschung in Wasser, Einbettung in Paraffin, Farbung 
mit 0,1 Proz. Toluidinbljm und Durcbgang durch 1-proz. Ammonium- 
molybdatlSsung. Waschung, Alkohol—Xylol—Balsam. 

Ich muB jedoch sagen, daB, obgleich ich zahlreiche Prfiparate nach 
dieser Methode herrichtete, nur sehr wenige mir einigermaBen befrie- 
digende Resultate ergaben. In der Mehrzahl der Faile verdeckt die 
durch die Osmiumsaure stark schwarz gefarbte Markscheide den Achsen- 
cylinder vollstandig, und wenn man das Glfick hat, durch Anlegung von 
sehr feinen Schnitten sie bei einigen Fasern bloBzulegen, so folgt man 
den Neurofibrillen nur auf einer sehr kurzen Strecke. In den wenigen 
Fallen, in denen dieser glQckliche Umstand eintrat, schien es mir, dafi 
die Neurofibrillen der Nerven tetanischer Tiere sich in keiner Hinsicht 
durch ihr Aussehen, ihre Anordnung und ihre Farbbarkeit von den 
Nerverfaserchen normaler Tiere unterschieden. 

Mir schien es sehr interessant, zu untersuchen, auf welche Weise 
sich die sogenannte primare Farbbarkeit der Neurofibrillen und 
der Ganglienzellen des Rttckenmarkes bei den mit Tetanustoxin ge- 
impften Meerschweinchen und Kaninchen verhait. 

XXVII. Die primare Farbbarkeit in den Nerven 
tetanischer Tiere. 

Unter primarer Farbbarkeit versteht Bethe die Eigenschaft der 
Gewebe, durch die basischen Farben ganz frisch oder nach einfacher 
Dishydration gefkrbt zu werden, folglich ohne Anwendung irgend eines 
Aetzwassers Oder einer anderen Substanz, welche die chemische Struktur 
des Gewebes andert. Auf diese Weise werden in den Nervenzellen zwei 
Substanzen geffirbt, diejenige, welche den Nisslschen chromatischen 
Teil bildet und ein andere, die innig mit den Nervenfaserchen verbunden 
ist. In den Nerven trifft man natfirlich nur diese letztere an. Bethe 
nimmt an, diese beiden Substanzen seien voneinander verschieden, hatten 
aber den sauren Charakter miteinander gemeinsam. Die Bedeutung der 
sauren Substanz der chromatischen Klumpen ist bekannt, da ihre mor- 
phologischen Einrichtungen in den letzten Jahren der Gegenstand zahl- 
reicher Untersuchungen waren. Auch die saure Substanz der Faserchen 
ist von hervorragender Bedeutung und mit ihrem Verschwinden failt 
nach Bethe zusammen das Verschwinden der physiologischen Erreg- 
barkeit. Bemerkenswert ist die Tatsache, dafi, wahrend man vermittelst 
der Fixierung in Alkohol die primare Farbbarkeit der Nerven deutlich 
nachweisen kann, sich dies beziiglich der Nervenzentren nicht nachweisen 
lafit Daraus folgert Bethe, im Nervensystem existiere oder bilde sich 


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Tiberti Transport des Tetanusgiftes zn den Rflckenmarkszentren etc. 639 


nach dem Tode eine Substanz, welche die S&ure der F&serchen der 
Zentralnervenelemente ldslich mache. Das Vorhandensein der S&ure in 
Nervenf&serchen l&Bt sich auch in den Zentren nachweisen, auch dann, 
wenn die S&ure auf chemischem Wege von den F&serchen getrennt in 
Alkohol ldslich wird, indem man bei der Fixierung oder Dishydration 
Aether verwendet, Ammoniakalkohol oder, wie sich aus den Experimenten 
Lugaros ergibt, Pyridin. Letzteres habe ich fast ausschlieBlich ver¬ 
wendet bei der Untersuchung der prim&ren F&rbbarkeit der Nervenzellen 
nnd namentlich des Rflckenmarkes. Ich lieB die StQcke des Markes 
hdchstens 48 Stnnden in Pyridin liegen, schloB in Paraffin ein und f&rbte 
die Abschnitte mit einer ges&ttigten Losung von Toluidinblau. 

Bei den vermittelst dieser Technik angefertigten Praparaten aus 
Rftckenmark bemerkte ich dieselben Erscheinungen, die ich schon 
bei Anwendung der Niss 1 schen Methode beschrieben habe; namentlich 
gelang mir die Diffusion der chromatischen Klumpen ausgezeichnet. — 
Wie mir schien, erlitt die prim&re F&rbbarkeit der Nervenzellen bei 
tetanischen Tieren keine besondere Ver&nderung. Bei den peripheri- 
schen Nerven dagegen bemerkte ich eine Tatsache, die mir wegen 
ihres konstanten Auftretens, das ich stets beobachten konnte, wahrhaft 
beachtenswert erscheint W&hrend sich bei vielen Nervenfasern der 
Achsencylinder sehr intensiv blau f&rbt, wie bei den normalen Nerven 
(Fig. 7), f&rbt sie sich dagegen bei anderen gar nicht. Um den Fall 
auszuschliefien, dafi diese Tatsache M&ngeln der Technik zuzuschreiben 
sei, legte ich auf einem und demselben Deckglase Abschnitte eines 
Nerven von einem normalen Eaninchen und solche von einem tetanischen 
Kaninchen auf, indem ich sie, um sie nicht zu verwechseln, nach ver- 
schiedenen Richtungen hin anbrachte. Dies tat ich, damit, da die er- 
w&hnten Abschnitte einer und derselben Behandlung unterzogen wurden, 
wenn die oben angefiihrte Erscheinung von neuem auftreten sollte, der 
EinfluB der zur Herrichtung des Pr&parates notigen Manipulationen voll- 
st&ndig ausgeschlossen werden konnte. Auch als ich auf diese Weise 
zu Werke ging, konnte ich den oben erw&hnten Befund best&tigen, d. h. 
einen merklichen Unterschied in der Art und Weise, wie sich die pri- 
ra&re F&rbbarkeit bei den verschiedenen Fasern eines und derselben 
Nerven beim tetanischen Tiere darstellte. Aus diesem Grunde scheint 
es mir, dafi man mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dafi diese 
Tatsache abh&ngig ist von Ver&nderungen in der chemischen Zusammen- 
setzung der Neurofibrillen, Ver&nderungen, die durch das Tetanustoxin 
w&hrend seiner WeiterbefOrderung den Nerven entlang hervorgerufen 
werden. Aber die sichere Best&tigung der Sache und die Erkl&rung des 
Umstandes, weshalb einige Fasern eines und desselben Nerven die 
prim&re F&rbbarkeit unver&ndert zeigen, wird man erst dann geben 
kbnnen, wenn man eine betr&chtliche Anzahl von systematischen Be- 
obachtungen ausgefflhrt hat, und das beabsichtige ich in einer mdglichst 
bald erscheinenden Arbeit zu tun, da ich von der Bedeutung fiberzeugt 
bin, welche die von mir soeben erw&hnte Erscheinung gewinnen mfifite, 
sobald sie in ausgedehntem Mafie best&tigt wfirde. 

XXVIII. Mechanismus der Kontraktur bei Tetanus. 

Auf Grund meiner Experimente, die grbfitenteils diejenigen der 
frQheren Beobachter best&tigen, kann man mit Sicherheit die SchluB* 
folgerungen ziehen, dafi das Tetanustoxin, wenn man einem daffir em- 
pf&nglichen Tiere subkutan eine Ldsung desselben injiziert, grSBtenteils 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXV ill. Heft 6. 


in die LymphgefQBe und von ihnen aus in das Bint gelangt; ein ge- 
ringerer Toil wird von den Ausl&ufern der motoriscben Nerven in den 
Muskeln aufgenommen und diese leiten es dann weiter zu den motorischen 
Ganglien des Rflckenmarkes. 1st das Toxin in den letzteren ange- 
kommen, so entfaltet es seine Wirkungen und es zeigen sich die charak- 
teristischen Erscbeinungen des Tetanus. Welches ist aber der innerste 
Mechanismus, durch den die experimentelle Vergiftung durch Tetanus 
erkl&rt wird? 

Wenn ich von alien Hypotbesen absehe, die in vergangener Zeit 
zu dem Zweck aufgestellt worden sind, um den Mechanismus der Kon- 
traktur bei Tetanus zu erkl&ren, so scheint mir, dafi daB die in letzter 
Zeit von Meyer und Ransom aufgestellte Tbeorie die vemGnftigste 
ist, da sie auf einer reichhaltigen Folge von experimentellen Tatsachen 
aufgebaut ist. 

Nach der Ansicht dieser Autoren werden die Spinalganglien in 
einen Zustand der Hyperexcitabilit&t versetzt, so daB sie vermdge der 
permanent von den sensitiven Neuronen her andringenden Reize aktiv 
erregt und zu einer ununterbrochenen AusstrQmung von Energie ge- 
zwungen werden. Aus der Physiologic ist bekannt, daB auch unter nor- 
malen Verh&ltnissen die sensitiven Reize die bestimmende Ursache der 
kleinen ununterbrochenen motorischen Reize sind, deren Wirkung unter 
dem Namen Muskeltonus bekannt ist. Diese AusstrQmung ist bei 
der Tetanusvergiftung abnorm stark, erreicht aber dennoch nicht den 
hdchsten Grad; das Glied, in dem sich die Tetanuserscheinungen ent- 
wickeln, wird nicht sofort zu einem Zustand der Hyperextension ge- 
zwungen, sondern die Extensoren und Flexoren ziehen sich langsam und 
m&Big zusammen. Im weiteren Verlauf erhalten die ersteren das Ueber- 
gewicht und bringen allm&hlich das Glied in die Extensionsstellung, die 
durch jeden Impuls des Wollens oder jede reflektive Handlung gesteigert 
werden kann. Mit anderen Worten, die Kontraktur beim Tetanus w&re 
nichts anderes als der Ausdruck des abnormen und stets zunehmenden 
Muskeltonus. Wie nun aber nach Hering jeder motorische Impuls 
peripherischen Ursprunges ist, so ist auch die Kontraktur beim Tetanus 
abh&ngig von sensiblen Reizen; hier besteht jedoch eine pathologische 
Ver&nderung der motorischen Apparate des Rflckenmarkes, die auch in 
ihrer Wirkung streng lokalisiert ist. 

Nachdem das Tetanusgift seine Wirkung auf die Ganglienzellen aus* 
geQbt hat, mit denen es gleich im Anfang in Berflhrung kommt, wandert 
es weiter in den Str&ngen des RQckenmarkes und geht, indem es zuerst 
dem direkten Verbindungswege der Commissura anterior folgt, in die 
motorischen Apparate der anderen Seite Qber, was die Kontraktur des 
Gliedes zur Folge hat, das demjenigen entgegengesetzt liegt, in welches 
das Toxin injiziert wurde. Erst nach einer gewissen Zeit greift das 
Tetanustoxin die taktilen Apparate des reflexen Bogens im RQckenmark 
an; darauf folgt eine allgemeine Uebertreibung der Reflexe auf Reizung 
des kranken Gliedes oder seiner Nervenst&mme. Wenn das Gift sich 
noch weiter ausbreitet, so entstehen Kontrakturen fast alter gestreiften 
Muskeln und allgemeiner reflexer Tetanus. 

Es handelt sich mithin bei den WarmblQtern um zwei in Bezug 
auf Zeit und Ort verschiedene Vorg&nge im Rackenmark; der erste ist 
eine lokale motorische Intoxikation, welche die lokale Kontraktur der 
Muskeln bewirkt; der zweite ist eine lokale sensible Vergiftung, der 
reflexive Tetanus. Fand die Vergiftung auf dem Blutwege statt, so 


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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 641 


dringt das Toxin in alle motorischen Auslfiufer ein und der Tetanus ist, 
wie ich schon anderswo bemerkt habe, von Anfang an ein allgemeiner. 

Aus der Gesamtheit der von mir gemachten Experiraente lassen 
sicb die folgenden Schlufifolgerungen zieben: 

1. Injiziert man Tetanustoxin subkutan bei einem empf&nglichen Tier, 
so gebt ersteres grofitenteils in die Lymphgeffifie fiber und von diesen 
aus in das Blut; zum geringeren Teile wird es von den Nervenendigungen 
resorbiert und wird durch diese zu den Nervenzenlren weitergeleitet. 
Nach hypodermischer Injektion von Tetanustoxin in ein Glied ist das 
Toxin konstant in den NervenstSmmen des Gliedes selbst nachweisbar. 

2. Der Transport des Tetanustoxins zu den Nervenzentren durcb 
die Nerven findet statt nicht durch die Lymphwege der Nerven selbst, 
sondern im Plasma der Nervenfasern, aus denen der Achsencylinder be- 
steht. Damit die Nervenfasern im stande sind, das Tetanustoxin aufzu- 
nehmen und es zu den Nervenzentren weiterzuleiten, ist es nfitig, dafi 
der Achsencylinder ihre normale Integrity besitzt 

3. Dem Achsencylinder entlang lfiuft der Strom des Giftes nur in 
zellulopetaler Eichtung. Das Tetanustoxin verschiebt sicb nach der 
Nervenzelle hin, wahrscheinlich weil letztere auf das Tetanusgift, rait 
dem die Nervenfasern durchtrfinkt werden, eine Anziehung ausfibt. 

4. Injiziert man in einen Muskel Tetanustoxin, so breitet es sich 
in der den Muskel selbst umspfilenden serdsen Flfissigkeit aus und wird, 
nacbdem es von den Endigungen der in den Muskeln befindlichen Nerven 
resorbiert worden ist, vermittelst der Nerven zu den Zentren weiter¬ 
geleitet 

5. Das in die Wadenmuskeln eines Meerschweinchens inokulierte 
Tetanustoxin triflft man im entsprechenden Ischiadicus in betr&chtlichen 
Dosen erst l 1 /* Stunde nach der Injektion an, wfihrend man es viel 
schneller im Blute antrifft (schon nach 10 Min.). 

6. Es genfigen minimale Dosen von Tetanustoxin, um schwere 
Tetanuserscheinungen hervorzurufen, wenn die Injektion direkt in das 
Parenchym der Nerven erfolgt. Dieselben Dosen rufen, wenn sie unter 
die Haut Oder in den Kreislauf injiziert werden, keine Tetanuserscheinungen 
hervor. 

7. Injiziert man Tetanusantitoxin in einen Nervenstamm und in- 
okuliert hierauf Tetanustoxin in die durch den erw&hnten Stamm inner- 
vierten Muskeln, so gelingt es, den Zutritt des Toxins zu den ent¬ 
sprechenden Nervenzentren zu verhindern, und man bemerkt deshalb 
keine Tetanuserscheinungen irgend welcher Art in dem bezfiglichen 
Muskelgebiet. 

8. Das direkt in einen Nerven inokulierte Tetanustoxin hat keinen 
anderen Weg der Uebertragung auf die Nervenzentren als die Substanz 
des Nerven selbst, wie dies die Tatsache beweist, dafi man durch Unter- 
brechung des Rfickenmarkes an einem bestimmten Punkte die Wirkungen 
des Toxins auf den in Verbindung mit dem Sitz der Einimpfubg stehen- 
den Abschnitt des Rfickenmarkes beschrfinken und die Verbreitung des 
Toxins in den oberen Regionen des Rfickenmarkes selbst verhindern 
kann. 

9. In den durch Durchschneidung der entsprechenden Nerven- 
st&mme ihrer Innervation vollstfindig beraubten Muskeln zeigen sich 
keine Tetanuserscheinungen infolge subkutaner Inokulation von Tetanus¬ 
toxin. 

10. Wenn man Tetanustoxin direkt in die Substanz des Rficken- 

Ento Abt. Orig. Bd. XXXvm. Heft 6. 41 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Original©. Bd. XXXVUI. Heft 6. 


markes injiziert, so erh&lt man eine betr&chtliche AbkQrzung des Inku- 
bationsstadiums uod es zeigt sich ein besonderes durch den Namen 
Tetanus dolorosus charakterisiertes Krankheitsbild. 

11. Injiziert man Tetanustoxin in den Kreislauf, so werden nach 
einem mebr Oder weniger langen Inkubationsstadium, je nach der be- 
treffenden Tiergattung, alle Muskeln gleichzeitig von tetanischen Kon- 
trakturen ergriffen, weil das Toxin des Tetanus von alien Nerven&sten 
gleichzeitig resorbiert und zu den Nervenzentren weitergeleitet wird. 

In diesem Falle fehlt der sogenannte lokale Tetanus, den man 
beobachtet, wenn das Toxin unter die Haut oder in das Parenchym 
eines Nerven injiziert wird. Es ist eine viel st&rkere Dosis von Toxin 
erforderlich, urn bei einem Tiere Tetanuserscheinungen hervorzurufen, 
wenn man die Injektion in den Kreislauf macht, als ndtig ist, wenn man 
sie subkutan oder direkt in die NervenstrSnge vornimmt. 

12. Das in die Blutbahn injizierte Tetanustoxin geht schnell in 
die Lymphe fiber. In der cerebrospinalen FlQssigkeit kann das Tetanus- 
gift nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


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Tafelerkl&ruxig. 

(Koristka, Immers. homog. V tf Oc. III.) 

Fig. 1. Nervenzelle des Vorderhorns des Riickenmarkes (Lendenabschnitt) von 
einem normalen Kaninchen. 

Fig. 2. Zelle des Vorderhorns des Riickenmarkes von einem mit Tetanustoxin 
geimpften Kaninchen. Zerbrdckelung und Diffusion der chromatischen Klumpen. 

Fig. 3. Zelle des Vorderhorns des Riickenmarkes von einem tetanischen Meer- 
schweinchen. Granulare Zerstorung der chromatischen Klumpen. 

Fig. 4. Zelle des Vorderhorns des Lendenmarkes von einem tetanischen Kanin¬ 
chen. Starke Vakuolisation des Cytoplasmas. 

Fig. 5. Eine motorische Zelle des Lendenmarkes von einem tetanischen Meer- 
schweinchen, die in ihrem Innern einen Neurogliakern enthalt Ein anderer Kern lehnt 
sich einfach an sie an. 

Fig. 6. N. ischiadicus eines tetanischen Kaninchens, gefarbt nach der Bethe- 
schen Methode, um die primare Farbbarkeit der Neurofibrillen zu zeigen. Der Achsen- 
cylinder hat sich gut mit Toluidinblau gefarbt wie die AchBencylinder der normalen 
Nervenfasern. 

Fig. 7. N. ischiadicus von einem tetanischen Kaninchen, gefarbt wie der vorige. 
Der Achsencylinder hat die Farbe nur sehr schwach angenommen. 


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Centralblattfiir Bakteriologie A bt. I Bd. XXX VIII. 


Tibertl, Transport des Tetanusgiftes. 


Fig. /. 


Fig. 2 . 



Fig- 3- 


Fig- 4-' ' 


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Fig. 6. 


Fig- 5- 


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Zanlo del. 


Verlag von Gustav Fischer, Jena. 


P. Wetse. lith.,Jena. 


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Waelsch, Ueber einen eigenartigen Mikroorganismus im Prfcputialsekret 645 


Nackdruck verboten. 

TJeber einen eigenartigen Mikroorganismus im Praputial- 
sekret (Bacillus involutus). 

[Aus der k. k. dermatologischen Klinik an der Deutschen Universitat 

in Prag.] 

Von Dr. Ludwig Waelsch, Privatdozent fiir Dermatologie. 

Mit einer Tafel. 

Gelegentlich bakteriologischer Untersuchungen des Vorhautsekretes 
nicht venerisch kranker Individuen bin ich einem Mikroorganismus be- 
gegnet, dessen eigenartige Charaktere in folgendem geschildert sein 
mogen. 

Mit dem Smegma praeputiale wurden Glycerinagar- und Gelatine- 
agar- Platten gegossen. Scbon nach 24 Stunden fand ich in alien 
Platten stark gUlnzende, hirsekorngrofie, tautropfenartige Kolonieen, 
welche sich leicht halbkugelfdrmig liber das Niveau erhoben, eigentQm- 
lich iadenziehende Konsistenz aufwiesen. Im weiteren Wachstum werden 
sie deutlich flacher, erhalten ausgefranste Rfinder und sind nach 8 bis 
10 Tagen feinst radi&r gestreift; das Zentrum zeigt manchmal eine An- 
deutung konzentrischer Schichtung, zumeist ist es gl&nzend, mit kleinsten 
Erhebungen in der Mitte. 

Die mikroskopische Untersuchung der Platten ergab 
folgendes Resultat: Die Kolonieen sind rund, scharf begrenzt, am Rande 
feinst gezackt, erfflllt mit stark lichtbrechenden KCrnchen. Bei Ver- 
wendung starker Systeme lost sich die Kolonie auf in massenhafte kurze 
Stabchen, welche, in verschiedenen Richtungen nebeneinander gelagert, 
der Oberflftche ein wie durch kurze Striche schrafflertes Aussehen ver- 
leihen, wobei die Schraffierung nach den verschiedensten Richtungen 
wechselt Die tiefen Kolonieen haben einen braunlichen Farbenton, sind 
wetzsteinf6rmig, manchmal auch herzfSrmig. Die Untersuchung 
der Klatschpraparate ganz junger Kulturen zeigte einen Gram- 
bestfindigen Mikroorganismus, der ungemein verschiedene Formen dar- 
bietet. Neben kurzen und dicken Stabchen mit abgerundeten Enden 
Oder solchen von gleichmafiig langs-ovaler Gestalt findet man (Gram- 
farbung) auch Stabchen, welche an den Seiten in der Mitte ganz leicht 
biskuitfbrmig eingedrlickt sind, ferner auch Stabchen, welche oft zu 
zwei und mehreren hintereinander gelagert sind, wobei an dem einen 
Ende kolbenformige Verdickungen sich konstatieren lassen. Ferner 
sieht man Achterformen, Sanduhrformen, geldbdrsenfdrmige Gebilde 
mit schmaler BrQcke, welche zwei kolbenformig verdickte Bacillen zu- 
sammenhait; die Kolben sind dann immer intensiv violett dunkel ge- 
farbt; ferner finden sich aus mehreren rundlichen, kokkenartigen, 
perlenschnurartig aneinandergereihten Gebilden bestehende Faden. Ihre 
Glieder sind entweder rund Oder langer, so daR der Vergleich mit 
gehackten Perlen gerechtfertigt erscheint. Daneben finden sich lange, 
dicke Stabchen, ferner dfinne, auf klirzere oder langere Strecken 
gegliederte Faden, welche fdrmlich an Konidienketten erinnern, weiter 
gleichmafiig gefarbte langere Faden, welche an manchen Stellen auf- 
gequollen erscheinen und dadurch einen ganz unregelmfifiig gewellten 
Randkontur erhalten, dann wieder andere langere wurst- oder spindel- 


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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


fOrmige Gebilde, in der Mitte stark aufgeqaollen und verdickt; ibre 
Enden laufen in dfinne Ffiden aus. Die Verdickung ist dann beiGram- 
Ffirbung tief dunkelviolett, die diinnen Ffiden haben die Safraninnach- 
ffirbung angenommen. Diese eigenartigen Gebilde kOnnen eine be* 
deutende Lfinge erreicben und zieben manchmal fast fiber das ganze 
Gesichtsfeld. 

Wfihrend das Gram-Prfiparat den Glanben erweckte, daB wir es 
hier mit einem in seinen Wachstumsformen sehr polymorphen einfacben 
Bacillus zu tun hfitten, ergab das mit Loefflers Methylenblau geffirbte 
Prfiparat wiederum ein ganz anderes Bild. Es fanden sich nfimlich 
innerhalb eines blautingierten Leibes zahlreiche, tief dunkelblau geffirbte 
KOrnchen. Durcb Entffirbung des blau geffirbten Leibes mit Lugol- 
LOsung (bis 1 Minute), welche die Ffirbung der KOrnchen nicht tan- 
giert, gelang es, diese beiden Bestandteile des Mikroorganismus von- 
einander zu differenzieren. Besonders schOne Bilder ergaben Klatsch- 
prfiparate bei Verwendung der Methylenblau-Lugo 1-Ffirbung. Das 
Zentrum des Prfiparates ist eingenommen von einer fOrmlichen Zoogloea, 
einer homogenen, schwach graublau geffirbten Masse, in welche zahl¬ 
reiche dunkelblaue KOrnchen eingelagert sind. Daran schlieBen sich 
dicht aneinandergelagerte, plumpe, kurze Stfibchen mit blaBgrauer Hfille, 
die vorerwfihnten KOrnchen enthaltend; femer sieht man kreisrunde, 
ovale und lfingsovale Formen. Die annfihernd kreisrunden und lfings- 
ovalen enthalten 4—6—10 KOrnchen, entsprechend ihrer verschiedenen 
GrOfie in unregelmfifiiger Lagerung. Die abgestumpften plumpen Formen 
enthalten sie in einer Reihe hintereinander, immer zu zweit gelagert, 
besonders die etwas lfingeren und schmfileren Formen. Die spindel- 
fOrmigen und wurstfOrmigen Gebilde des G r a m - Prfiparates lassen sich 
nun auch auflOsen in blaBgrau geffirbte Leiber, welche massenhaft kleine 
KOrnchen enthalten und auch manchmal kurze Verfistelungen zeigen, in 
welche die vorerwfihnten KOrnchen allenthalben eintreten. Die KOrnchen 
sind kurzdauernder Alkoholeinwirkung gegenfiber resistent. 

Dieser eigenartige Mikroorganismus wurde auch noch auf den ge- 
brfiuchlichen NfihrbOden weitergezfichtet. 

In Gelatineplatten fanden sich nach 2 Tagen mikroskopisch 
sicbtbare Kolonieen, grob granuliert; der Rand der Kolonieen schart 
aber nicht glatt, unregelmfiBig feinst gezackt, was dadurch zustande- 
kommt, daB die vorerwfihnten KOrnchen verschieden weit in den Nfihr- 
boden hineinragen. Nach 5 Tagen hat die Mitte der Kolonie einen 
gelbbraunen Ton angenommen, nach 1 Woche sind die oberflfichlichen 
Kolonieen hirsekorngroB, tropfenfOrmig, im Zentrum mit einer kleinen 
Delle versehen. Mikroskopisch stellen sich diese Kolonieen dar als 
scharf begrenzte runde Scheiben mit manchmal leicht gewelltem Kontur, 
von blaBgelber Farbe, fein granuliert, in grOBeren Abstfinden von 
radifiren Streifen durchzogen, so daB die ganze Kolonie in mehrere 
Sektoren geteilt wird. Im Zentrum zeigt sich dann eine schOn ausge- 
bildete blfitenfOrmige Rosette, deren Mitte schwarzbraun geffirbt ist. 
Andere Kolonieen zeigen nur das Bild einer Rosette, deren einzelne 
Blfitter auch fibereinander gelagert sind, einer Kompositenblfite ver- 
gleichbar. Die Gelatine wird nicht verflflssigt. 

Im Gelatinestich erfolgt langsames Wachstum um die Einstich- 
Offnung herum und lfings des Stichkanals. Nach 14 Tagen hat sich um 
den Einstich herum ein runder, sternchenfOrmiger Oder grobzackiger 
Rasen von weiBer Farbe gebildet; von demselben aus Tiefbnwachstum 


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Waelsch, Ueber einen eigenartigen Mikroorganismus im Prftputialsekret 647 


in Form eines schmalen in eine Spitze anslanfenden Streifens, der sich 
aus kleinsten KSrnchen zusammensetzt. 

Glycerinagarstrich: Bei 37° schon nach 24 Stunden deut- 
liches Wachstum lfings des Stricbes in Form eines schmalen, schmutzig- 
gelbweiBen Bandes mit starkem Glanz. Der Rand ist auch schon makro- 
skopisch stellenweise fein gezackt durch einspringende Kerben, welche 
im Verlauf des weiteren Wachstums immer tiefer werden. Gegen das 
Kondenswasser zu ist bei Kulturen von 5—6 Tagen der Rand grob 
gelappt oder fingerffirmig ausgezogen. Im Kondenswasser selbst gelb- 
lich-weifie, weiche, fadenziehende Massen. Auf Peptonagar und 
Traubenzuckeragar erfolgt das Wachstum in ganz ahnlicher Weise. 
Die mikroskopische Untersuchung der Kalturen von diesen verschiedenen 
AgarnfihrbOden ergibt aber insofern Verscbiedenheiten, als die gescbil- 
derten wurstfSrmigen und spindelfdrmigen Gebilde in Glycerinagarkul- 
toren am deutlichsten und scbdnsten entwickelt sind. 

Agarsticbkultur: Deutliches Wachstum urn die Einstichdffnung 
in Form eines flachen Nagelkopfes, lUngs des Stiches Wachstum in Form 
eines dQnnen Fadens. Nach 3 Wochen ist die ganze Oberflfiche des 
Nfihrbodens flberzogen von einem flachen, weifien, wachsglanzenden, im 
Niveau gelegenen Rasen; das Zentrum glatt, daran an sch lie Bend ein 
feinst radiar gestreifter Bezirk mit mehreren konzentrischen Kreislinien, 
denselben abgrenzend gegen die Randteile, welche sich aufidsen in 
Thuja&stchen ahnliche Zweige. Im Stich hat dann auch das Wachstum 
zugenoramen. Der ursprflnglich vorhanden gewesene dflnne Faden hat 
sich dann vergrflfiert zu einem fihrenartigen Gebilde, welches kleinste 
Ausiaufer zeigt. 

Im Traubenzuckeragarstich keine Gasbildung. 

Auf Menschenblutserumagar sehr rasches Wachstum. Nach 
48 Stunden ist die ganze Nahrbodenoberflache von einem grauweifien, 
glfinzenden Belag flberzogen. Die mikroskopische Untersuchung dieses 
Belages einer 48-stflndigen Kultur ergab folgendes Bild (Ffirbung nach 
Gram): Vorwiegend mohnkornartige Gebilde (monokokkenartig), auch 
zu zwei und mehreren hintereinander gereiht, daneben auch kurze Faden 
durch Aneinanderreihung plumper Bacillen entstanden; weiter zahl- 
reiche langere Stabchen und spindelfflrmige, beiderseits in eine Spitze 
ausgezogene Gebilde (ahnlich wie von Glycerinagar). 

(Farbung mit Loefflers Methylenblau, Entffirbung mit Lugol). In 
der graublau gefflrbten Hfllle der kokkenartigen Gebilde fand sich zu- 
meist nur ein einziger kleiner, dunkelblauer Kern, zumeist exzentrisch 
Oder ganz am Rande der Hfllle gelegen, daneben leere, graublau ge- 
fflrbte Schleimhflllen. Auch die kurzen Faden zeigen in ihren Elementen 
ahnlichen Ban. Im Kondenswasser fanden sich neben den vorerwfihnten 
Kokken- und Bacillenformen Gebilde, welche direkt wie Streptokokken 
aussahen, weiter kleine Hfiufchen grflfierer und kleinerer Diplokokken, 
ferner isolierte fflrmliche Riesenkokken, auf einer Seite oft in eine 
stumpfe Spitze ausgezogen, kleinere Monokokken wie vom Blutserum, 
plumpe Bacillen, oft kolbig verdickt. 

Bouillon. Nach 5 Tagen ist die Bouillon deutlich getrflbt und 
lafit beim Schfltteln einen fadigen Bodensatz aufsteigen, der sich unter 
starkerer Trflbung der Bouillon vollkommen verteilen lafit Daneben 
finden sich auch in der Flflssigkeit kleine Plattchen, welche sich nicht 
durch Schfltteln auflflsen lassen und aus fest miteinander verklebten 
Bacillen bestehen; deutlicher Niveaurand, kein Oberflfichenhfiutchen. 


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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Mikroskopische Untersuchung (Gram -Farbung). Lange gegliederte 
Faden, die manchmal in einen ISngeren kompakten Faden enden. Am 
anderen Ende sind dann die einzelnen Glieder kQrzer. Dadurch kommt 
es zu stande, daB zunachst dem kompakten Faden die Glieder Bacillen- 
form haben mit Andeutung einer Trennungslinie in der Mitte, am anderen 
Ende des Fadens wie Diplokokken aussehen. Dann linden sich voll- 
kommene Bacillenf&den und Streptokokken, weiter lange ungegliederte 
und in grOBeren Abst&nden gegliederte Faden, welche nicbt sehr Gram- 
bestandig sind, starke Safraninfarbung zeigen. An manchen derselben 
sieht man den Beginn einer Teilung; kleine, eng aneinanderliegende 
Anschwellungen des Fadens mit sichtbar werdenden Kerben mit einer 
kolbigen Anschwellung an einem oder beiden Enden, ferner plumpe, 
bacillenformige Gebilde isoliert oder zu zweit oder in langeren Faden 
hintereinander gelagert, kleinere und grQBere Diplokokken, lange, 
peitschenscbnurartige Gebilde, an beiden Enden zugespitzt, in der Mitte 
etwas angescbwollen. 

In aiteren Kulturen bat sich der Bodensatz zu klumpigen Brocken 
verdicbtet. Die mikroskopische Untersuchung zeigte nacb 17 Tagen 
geringere G r a m - Bestandigkeit, die Streptokokkenformen und Bacillen- 
faden sind sparlicher geworden. Es Qberwiegen die ungegliederten 
dicken und dbnnen Faden, mit kleinen, perlschnurartig aneinander- 
gereihten Anschwellungen und spindeligen Verdickungen in der Mitte. 
Dagegen finden sich sehr zahlreiche kolbige Gebilde von roter Farbe 
mit dunkelviolettem Inhalt. Auch in den spindeligen Anschwellungen 
der Fadengebilde sieht man 1—2 derartige, dunkelviolett gefarbte, langs- 
ovale KCrperchen, welche aber, wie die Loeffler-Lugolsche Farbung 
zeigt, auch aus den vorbeschriebenen kleinsten Kdrnchen bestehen. 
Weiter sieht man ungemein zarte und schwach rosarot gefarbte Faden, 
welche noch eine Andeutung von Gliederung erkennen lassen und den 
Eindruck erwecken, als hatten sie ihren Inhalt ausgestoBen. 

In Lackmusmilch deutliches Wachstum ohne Gerinnung der 
Milch, die neutrale Lackmustinktur wird entfarbt. Nach SchQtteln der 
Milch bekommt dieselbe einen ganz schwachen rosaroten Stich. Im 
mikroskopischen Praparate aus dieser Kultur Qberwiegen Mono- und 
Diplokokkenformen nebst kurzen streptokokkenfQrmigen Gebilden. 

Auch mit Methylenblau gefarbte Milch wird nach 1 Woche total entfarbt 

Auf Kartoffel erfolgt sehr langsames und sparliches Wachstum 
in Form eines diinnen, von dem NQhrboden nur schwer unterscheid- 
baren Ueberzuges. 

Der gefundene Mikroorganismus erwies sich fQr Kaninchen, Meer- 
schweinchen, Ratten, weiBe Mause nicht pathogen. 

Bei der Bestimmung des gefundenen Mikroorganismus zum Zwecke 
seiner Einreihung in eine der bekannten Gruppen und Arten mufite 
zuerst die Frage beantwortet werden, ob die bei Methylenblau - L u g o 1 - 
Farbung darstellbare HGlle tatsachlich eine Kapsel war oder nicht. Die 
verschiedenen vorgenommenen Farbungen ergaben nun, daB es sich um 
eine Pseudokapsel handele, entstanden durch Quellung des Bakterien- 
leibes; sie lieB sich mit Anilinfarben tingieren, dagegen nicht mit den 
gebrauchlichen Kapselfarbungen darstellen. Die in dieser Pseudokapsel 
enthaltenen KQrncben sind wohl nicht anders als das Ergebnis einer 
sehr hochgradigen Plasmolyse aufzufassen; sie geben die Neissersche 
Farbung und waren daher in Analogic zu setzen mit den Babes- 
Ernstschen Kdrperchen. 


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Wadsch Uebsreinen eigenariigen Mmoryams 
Centralblatt f Bakteriologie Abt 1 Bd. UXVIll ms im hveputmlsecrct Baulks inruhitus 


2 






3. 





Bohac gez 


Verl v Gustav fischcr Acna. 


I.ith Ansi vJ Arndt rjprvi 


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Waelsch, Ueber einen eigenartdgen Mikroorganismus im Prftputialsekret 649 


Die Quellung des Bakterienleibes, mit welcher die hochgradige 
Plasmolyse Hand in Hand geht, ist ein Involutionsvorgang, auf den 
auch die eigentfimlichen langen spindel- und wurstfOrmigen Gebilde zu- 
rfickzuffihren sind. 

Den letzteren fihnliche Gebilde sind schon bei verschiedenen Mikro- 
organismen beschrieben worden. So bildet z. B. Jfirgensen 1 2 3 * ) bei 
Schilderung der Essigs&urebakterien fihnliche Formen ab. Kurth*) 
sah bei seinem Streptococcus involntus, den er aus Blasen bei 
Maul- und Klauenseucbe zQchtete, in Bouillon, neben regelmfifiigen 
Ketten Zellen, welche „aufffillig langgestreckt bis blasig spindelfdrmig 
sind“. 

Unser Bacillus zeigte ferner in seiner Gestalt, speziell auch in seinen 
Involutionsformen gewisse Aehnlichkeit mit dem Erreger der Diplo- 
bacillenconjunctivitis von Morax-Axenfeld, wie die in der 
Publikation Axenfelds 8 ) fiber diesen Mikroorganismus enthaltenen 
Abbildungen beweisen. Aufier der Uebereinstimmung in der Gestalt 
beider Mikroorganismen wfire noch zu erwfihnen, dafi Axenfeld im 
Gegensatz zu anderen Autoren seinem Mikroorganismus eine deutliche 
Kapsel abspricht uud dafi dieser Diplobacillus weder bei subkutaner 
noch bei intraperitonealer Impfung pathogen ist Dagegen unterscheidet 
er sich von dem aus dem Vorhautsekret stammenden durch seinen Fund- 
ort, ferner dadurch, dafi er nicht Gram- bestfindig ist, mit Sicherheit nur 
auf Blutserum Oder serumhaltigen NfihrbSden wfichst Oder auf solchen, 
welche KSrperflflssigkeiten enthalten, endlich Gelatine verflfissigt. 

Es zeigt also der gefundene Bacillus mit keinem der bekannten 
Mikroorganismen vollkommene Uebereinstimmung, wenigstens soweit 
ich die mir zug&ngliche Literatur Qberblicke. Wegen seiner Neigung, 
eigenartige Involutionsformen zu bilden, mSchte ich ihn Bacillus in- 
volutus nennen. 

Herrn Professor F. J. Pick, Vorstand der dermatologischen Klinik 
in Prag, bin ich ffir Ueberlassung des Materiales zu diesen Unter- 
suchungen zu grofiem Dank verpflichtet. 

Tafelerkl&rung. 

Fig. 1. Eolonie aus G^elatineplatte nach 5 Taeen. 

Fig. 2 u. 3. Kolonieen aus Gelatineplatte naen 8 Tagen. 

Fig. 4. Von 3-tagiger Glycerinagarstrichkultur (Farbung nach Gram). 

Fig. 5. Dasselbe wie Fig. 4 (Farbung mit Loefflers Methylenblau mit nach- 
iolgender Jodierung durch Lugoische Losung). 

Fig. 0. Aus 5-tamger Bouillonkultur (Farbung nach Gram). 

(Fig. 4, 5, 6 sind aer Einfachheit wg^en aus mehreren Gesichtsfeldem zusammen- 
gestelit und mit Reicherts Okular 6, Immersion 1 / lB aufgenommen.) 


1) Jurgensen, Mikroorganismen der Garungsindustrie. Berlin 1898. p. 70. 

2) Kurth, H., Bakteriologische Untersuchungen bei Maui- und Klauenseuche. 
(Arbeiten a. d. Kais. Gesundheitsamt. Bd. VIII. 189B. p. 439.) 

3) Axenfeld, Spezielle Bakteriologie des Auges. (Kolle-Wassermanns 

Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. Bd. III. 1902.) 


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Centralbl. £. Bakt etc. L Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Nachdruck verboten. 

Der Einfhiss der Temperatur auf die geschlechtliclie 
Generationsentwickelung der Malariaparasiten und auf die 
experimeutelle Malariaerkrankung. 

[Mitteilung aus der mediz. Klinik des Herrn HofratiProf. Dr. S.Purjesz 

in Kolozsvdr.] 

Von Dr. Nikolaus Jancsd, Dozent. 

Mit 4 Kurven. 

Gras si stellte zuerst Untersuchungen darflber an, welcher Art der 
Einflufi der Aufientemperatur auf die in den Anopheles sich entwickelnde 
geschlechtliche Generation der Malariaparasiten sei. 

Obwohl scbon Gras si zu interessanten Resultaten gelangte und 
auf die groBe epidemiologische Bedeutung dieser Untersuchungen hin- 
weist, haben sich doch nur wenige mit der allseitigen Beleuchtung dieser 
Frage befafit. 

Deshalb erlauben wir uns, die Versuche, welche wir zur Kl&rung 
dieser Frage durchgefiihrt haben, kurz zusammengefafit mitzuteilen. 


Bei einer Gruppe unserer Untersuchungen lieBen wir die in einer 
Eprouvette sich befindenden Anopheles von einem Eranken Blut saugen, 
worauf dieselben in einem, an verschiedenen Pl&tzen mit konstanter 
Temperatur, z. B. Thermostat, Keller, Eisschrank schon vorher unterge- 
brachten Tiillkafig hineingelassen und gehalten wurden. 

In einer anderen Gruppe unserer Versuche wurden die Anopheles 
erst infiziert, bei aus unseren Untersuchungen bereits bekannten, dazu 
geeigneten W&rmegraden gehalten und erst dann in verschiedene andere, 
gewohnlich niedrigere Temperaturen gebracht, wobei darauf geacbtet 
wurde, wie die Entwickelung der Cysten bei den verschiedenen Tempe¬ 
raturen vor sich geht. 

Die Temperatur wurde mit einem am Kafig angebrachten Thermo¬ 
meter taglich mehrmals kontrolliert. 

Die Versuche wurden mit in Scheunen eingefangenen Anopheles 
durchgefflhrt; in solchen fanden wir niemals Malariainfektion, doch 
wurden in jeder Versuchsserie Kontrolluntersuchungen gemacht mit 
solchen Anopheles , die von dem Blute des betreffenden Eranken nicht 
gesogen hatten. 

In diesen fanden wir niemals Cysten. 

Die Anopheles wurden zu Versuchszwecken mit' Menschenblut ge- 
nkhrt. 

Unsere Experimente sind die folgenden: 

Mit Haemamoeba vivo#-Game ten durchgefflhrte 

Experimente. 

I. Anopheles claviger saugen Blut von Josef Blinard — mit taglichen Tem- 
peratursteigerungen von 39,9—41,3° und viel Haemamoeba vieox-Gameten im Blute — 
am 23. September 9 Uhr vorm., 1 Stunde vor dem Anfall. Das Blutsaugen gescbieht 
bei 27 0 0 */» Stunde lang. Ein Teil der Anopheles wird nun in eine Temperatur von 
30 0 C, der andere in 21 0 C versetzt. 

1. Die bei 30 0 C stehenden verbleiben kontinuierlich bei dieser Temperatur. Von 
28 erweisen sich 4 infiziert 


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Jancsd, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 


651 



Am 5. Tage sind die Cysten schon 17—22 p groB. 

Am 9. Tage betragt.die GroBe 28—37 p. 

Am 12. Tage 30—37 p groBe Sporoblasten und Sporocysten zu finden, in den 
Sporocysten sind die Sporozoiten in Strangen speichenartig angeordnet. 

2) Die zu 21 0 C gestellten stehen fortwanrend bei 18—20° C. Von 40 sind 26 
infiziert. 

Am 5. Tage 6—8 p grofie Oocysten. 

Am 12. Tage 19—22 p groBe Sporoblasten in Bildung. 

Am 19. Tage 44—46 p groBe, vollkommen fertige Sporocysten, die Kapsel noch 
unversehrt, die Speicheldriisen noch nicht infiziert. 

Am 16. Oktober 6 Uhr abends liefien wir I. M. J. von 6 Stuck der seit 23 Tagen 
bei 21 0 C gehaltenen Anopheles stechen. 


I.MJ. 


Vom 26. Oktober an treten nachmittags Temperaturerhohungen auf, und am 
15. Tage nach dem Stiche tritt urn 1 Uhr mittags Schiittelfrost mit einer Temperatur 
bis 40° C auf, der sich am 16. Tage mit 40,7 C wiederholt. Im Blute viele H. vivax - 
Schizonten, und schon im ersten Anfalle viele IT. virax-Gameten. 

Im Beginn des zweiten Anfalles, am 1. November 6 Uhr nachm., saugen Anopheles 
clav. wahrend einer halben Stunde bei 37° C Blut von diesem M. J., dann werden dieselben 
verteilt und in je einen Kafig in konstant temperierte Riiumlichkeiten zu 35 °, 30 °, 24 °, 
20 °, 17 °, 16 0 und 13 0 untergebracht. 

Von 4 bei 35°, bald bei 37 0 C gehaltenen Anopheles ist am 4. Tage einer mit 7 p 
groBen Oocysten infiziert, von welchen viele ganz normales Aussehen, viele stark licht- 
brechende Granulierung zeigen. 

3. Von 6 bei 30° C stehenden Anopheks waren 4 infiziert. Am 8. Tage bereits 
26—30 p groBe Sporoblasten mit Sporozoiten im Bildungsstadium und Sporocysten. 

Am 10. Tage fanden wir viel geplatzte und unversehrte Sporocysten, die Speichel- 
driisen waren bereits infiziert. 

4. Von 6 bei 24 0 C stehenden infizierten sich 4. Am 10. Tage waren in diesen 
30—37 p groBe, vollkommen gereifte Sporocysten, geplatzte, leere Kapseln zu finden. 

5. Zu 20° O stellten wir 15 Anopheles. Diese stehen fortwahrend bei einer von 
19—22 0 schwankenden Temperatur. Von diesen infizierten sich 11, und zwar am 
7. Tage nach dem Stiche mit 7—11 p groBen Oocysten; am 13. Tage mit 29—30 p 
groBen Sporoblastoiden; am 16. Tage mit 33—37 p groBen Sporozoitoblasten, die meist 
forgeschritten, ja sogar schon zu Sporocysten entwickelt waren. In den am 19. Tage 
Getoteten fanden sich 29—33 p groBe Sporocysten und geplatzte leere Kapseln. Die 
Speicheldriisen sind bereits infiziert. 

6. Von den bei 17—15° stehenden 11 Anopheles wurden 10 infiziert; die Infektion 
ist an den Magen genau so ausgepragt wie an den bei 24° Gehaltenen; in den ersten 
Tagen fallt die Temperatur auf 17 °, in den spateren Tagen bald auch auf 16—15 °. In 
den am 9. Tage nach dem Blutsaugen Getoteten finden wir 6 p groBe Oocysten. Am 
29. Tage sind neben 18 p groBen Sporoblastoiden von ganz normalem Aussehen, auch 
degenerierte Cysten vorhanden. Am 41. Tage finden wir am herausgezogenen Magen 
des einen Sporoblastoiden und unter diesen auch 8 p groBe degenerierte Oocysten. In 
dem am 53. Tage Getoteten zahlreiche 22—26 p groBe Sporocysten, die fast normal 
aussehen, auBeraem sehen wir viel 8—11 p groBe degenerierte Cysten. Die Speichel- 
driisen sind noch nicht infiziert. 

Die an diesem Tage noch lebenden werden zu 20—22 0 gestellt und am 27. De- 
zember lassen wir II. P. T. durch 3 derselben stechen; am 2. Januar lieBen wir durch 
2 von denen, die bereits am 27. Dezember P. T. gestochen haben, III. M. G. stechen. 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Am 8. Januar werden alle 3 getotet. Tm Magen dee einen ist vollkommen ver- 
dautee Blut, Infektion weder am Magen noch in aen Speicheidrusen; am Magen der 
zwei anderen Bind 3 Stiick von braunen Sporen erfullte, 22—30 u grofie Cysten, eben- 
solche braune Sporen enthaltende geplatzte Kapseln und viel 8—11 p grofie degenerierte 
Oocysten sichtbar. 

Keines der VersuchBindividuen erkrankte. 


7. Die zu 16° Gestellten stehen spaterhin bei 15—14°. 

Von 2 am 36. Tage nach dem Blutsaugen Getftteten Bind an einem vide 18 p 
grofie, ziemiich normale Oocysten. Am 40. Tage leben nunmehr 2. Diese werden za 
24 0 hiniibergestellt. Am 42. Tage geht einer zu Grunde, dieser ist mit 22—30 p grofien, 
ganz normalen Sporozoitoblasten infiziert. Auch Bind vid 15—13 p, ja 6 p grofie de¬ 
generierte Oocysten vorhanden. Am 43. Tage liefien wir durch den einen noch leben- 
den Anopheles IV. W. T. stechen. In dem Magen dee nach 6 Tagen getdteten Anopheles 
findet sich eine einzige degenerierte Cyste, Speicheidrusen sind mcht infiziert 

W. T. bleibt gesund. 

8. 16 Anopheles werden zu 13° gestellt; stehen fortwahrend bei 13 °. Nach 4 Tagen 
wird die Halfte der6dben zu 22° gestellt, die anderen bldben bei 13°. Am 11. Tage 
nach dem Blutsaugen werden die bei 22 0 Stehenden getotet, keiner derselben ist infiziert 
Am 14. Tage werden die bd 13 0 Stehenden getbtet, keiner derselben war infiziert 

9. Am 12. August lassen wir von A. Bozsan A. daviger Blut saugen und Btdlen 
eie 8ofort zu 35 °. 

Am 3. Tage lebt nur dner. In diesem waren 13—15 p grofie normale Oocysten 
zu finden. 

10. Am 30. Juni saugen Anopheles von J. Brezovits Blut und werden dann bd 
30° gehalten. Am 6. Tage sina sie mit 33—37 p grofien Sporozoitoblasten dicht 
infiziert 

11. Am 1. Juli lassen wir von Brezovits Blut saugen und werden die Anopheles 
sofort zu 17° gestdit; die Ternperatur schwankt dann kontinuierlich zwischen 16—17°. 
Am 12. Tage lebt nur dn Exemplar. In diesem sind 13—15 p grofie normale Oocysten 
zu finden. 

12. Am 9. September lassen wir von Frau Jzzo ein Anopheles mittels dner 
Eprouvette Blut saugen, stellen diesen sofort in den Eisschrank zu 11 °, wo dereelbe 22 
Stunden verbleibt, aann wird er bd 21 0 gehalten. Am 6. Tage nach Abtdtung des- 
sdben sind am Magen 6 Stiick 6—7 p grofie normale Tertia-Oocysten zu finden. 


II. Bei einer 2. GruppeunsererExperimenteverfuhren 
wir derart, daB wir die Anopheles , nachdem dieselben bei 
der erforderlichen Temperatur sicher infiziert waren, in 
verschiedene Temperaturen unterbrachten, um so die 
weitere Entwickelung der Cysten zu prflfen. 

Von M. J. lassen wir am 1. November 6 Uhr abends zu Beginn dee Temperatur- 
anstieges durch Anopheles Blut saugen und stellen die Anopheles nachher zu 20° C. 

Am 7. Tage werden 4 getotet, an deren Magen 8—11 p grofie Oocysten dicht 
gruppiert zu sehen sind. 

Sodann liefien wir die iibrigen von einem nicht infizierten Individuum abermals 
Blut saugen und vertdlten sie in folgende 4 Gruppen: 

13. Eine Gruppe stellten wir zu 30 °. Von diesen t5ten wir am 10. Tage 2, am 
Magen der beiden waren sehr viele 30—33 p grofie Sporozoitoblasten zu finden; am 
12. Tage nach dem Blutsaugen fanden wir 30—37 p grofie ganz fertige Sporocysten, 
von welchen ein grofier Teil bei der Verfertigung des Praparates platzte. 

14. Eine 2. Gruppe bleibt weiter bei einer zwischen 20—22 ° schwankenden Tem¬ 
peratur. Am 19. Tage nach dem Blutsaugen finden wir in diesen 29—33 p grofie, im 
rlatzen begriffene Sporocysten und leere Kapseln. 

15. Die folgende Gruppe stellen wir zu 16°, dieselben stehen anfangs bei einer 
zwischen 16—13 °, spater 13—11 ° schwankenden Temperatur, zu Ende des Experiments 
hingegen blofi bei 11—9°. 

Am 12. Tage nach dem Blutsaugen tdten wir 2, in einem finden wir 15 p grofie 
Oocysten, mit noch in Reihen angeordneten Pigmenten. 

Am 29. Tage wird einer getbtet, dieser erweist sich mit 20—26 p grofien, in Aus- 
bildung befindlichen Sporoblastoiden stark infiziert. 

Am 36. Tage wird eins getotet, am Magen desselben sehr viele 24—29 p grofie 
Sporozoitoblasten, keine Degenerationszeichen. 


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Janes6, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 


653 


Am 21. Dezember stellen wir die noch ubrigen zu 22 °. 

Am 26. Dezember vorm. lassen wir V. V. T. durch einen Anopheles stechen. 

Am 3. Januar 1903 lassen wir durch denselben V. T. abermals stechen. 

Am 9. Januar toten wir den, welcher gestochen hatte; am Magen sind viele 33—44 p 
groBe, aber auch 28—33 p grofle Blasen zu finden, in keinem derselben waren Sporo- 
zoiten enthalten, sondern sie zeigen teils homogene feine Granulierung, teils sind sie 
mifc grofien groben lichtbrechenden Schollen gefiult. Auch viel geplatzte Cystenhiillen 
sind zu sehen; in einer derselben braune Sporen. Auflerdem sind ziemlich viel 8—11 p 
groBe geschrumpfte, degenerierte Cyaten sichtbar. Die Speicheldriisen sind nicht in- 
fiziert. 


V. T. bleibt bis 3. Februar 1903 gesund. 

16. Eine Gruppe halten wir bei 15 °. 

Am 19. Tage nach dem Blutsaugen toten wir 2: am Magen der beiden sind 
20—22 0 grofie ausgebildete Sporobiastoiaen in groBer Z&hl zu sehen. 

Am 43. Tage stellen wir sie zu 24°. 

Am 14. Dezember lassen wir VI. P. T. durch 2 stechen. 

Am 19. Dezember leben nur 2; durch diese lassen wir P. T. abermals stechen. 
Am 22. Dezember werden beide getdtet, in einem ist bloB eine 24 p groBe degen e- 
xierte Cyste auffindbar, geplatzte Kapseln am Magen bei keinem zu sehen, Speichel- 
drfisen sind nicht infiziert. 

Bis 1. Februar 1903 blieb T. P. gesund. 


Mit Haemamoeba praecox -Gameten d urchgeffihrte 

Experiment©. 


17. Am 18. September saugen Anopheles von W. Rusz Blut und werden gleich 
in 30° untergebracht. Nach 30 Stunden fand sich im Darme wenig verdautes Blut 
und zwischen die Epithelzeilen sich hineinbohrende Ookineten. 

Am 9. Tage 30—44 p grofle Sporoblasten, am 11. Tage Sporocysten. 

18. Am 15. November Lassen wir von demselben Kranzen Blut saugen und bringen 
die Anopheles 30° unter. 

Am 9. Tage befinden sich an dem herausgezogenen Magen viele ganz fertige 
Sporocysten una einige leere Kapseln. 

Am 10. Tage sind alle Kapseln leer, die Speicheldriisen sind bereits infiziert 

19. 26. Oktober. Von Frau Kurinecz mit vielen Halbmonden im Blute und 
taglichen intermittierenden Temperatursteigerungen bis 40,0—40,3° C, saugen Anopheles 
bei 30° C Blut und werden sofort im Thermostaten zu 30° C untergebracht. 

Am 4. Tage finden wir an dem herausgezogenen Magen viele kleine Oocysten. 

Am 7. Tage war der Biidungsprozefl der Sporoblasten beendigt. 

Am 8. Tage Sporocvsten gebildet, die Speicheldriisen noch nicht infiziert 

Am 3. Novbr. 5 Uhr abends lassen wir VII. Z. P.*) durch 3, am 4. Novbr. 6, 
am 5. Novbr. 30, am 13. Novbr. 16 Anopheles stechen. 

Am 12. Novbr. erste Temperatursteigerung 37,5 (Inkubationszeit 9 Tage). 

Milz 1 Finger breit unter dem Rippenbogen palpabel 

Am 13. Novbr. Temperaturerhebung bis i$8,2®. 

Milz 2 Finger breit palpabel. 

Am 14. Novbr. Temperatursteigerung bis 38,4°, klagt fiber ziehende Glieder- 
schmerzen. 


Am 15. Novbr. vorm. Schuttelfrost, heftiger Kopfschmerz, Temperatursteigerung 
bis 40,2°, dann Hitze, bald SchweiB. 

Am 16. Novbr. morgens befindet er sich besser. Nachm. von 1—4 Uhr heftiger 
Frost, zweimaliges Erbrecnen, Temperatursteigerung bis 40,2 0 C. Im Blute jetzt zum 
■ersten Male Haemamoeba praecox. 

Am 17. Novbr. noch immer 38,6°, sehr verfallen, Seneorium nicht frei, hoch- 
aradiger Kopfschmerz, achzt, stdhnt. Erh&lt Vorm. 1,5 g Chinin. Im Blute noch viel 
Parasiten. Nachts starker SchweiB. 

Am 18. Novbr. mittags erhalt er 1 g Chinin, trotzdem abends noch 38,9 0 C. 

An fojgenden Tagen noch subfebril, an spateren Tagen Temperatur normal 

cs mit vielen Halbmonden im Blute und tag- 


20. 29. Oktober. Von Frau Kovi 


lichen, in den Nachmittagsstunden mit Frost einhergehenden Temperatursteigerungen 
T)is 39,0—39,1 °, infizieren wir Anopheles und halten dieselben bei 30 ® C. 


1) Die mit *) bezeichneten Falle wurden bereits von Prof. Purjesz in seiner 
Arbeit: Beitrage zur Malariafrage (Wiener klin. Rundschau. 1902) mitgeteilt. 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIIL Heft 6. 


Am 12. Tage sind an zwei herausgezogenen Magen ganz fertige Sporocysten und 
geplatzte Kapseln zu finden, die Speicheldrusen sind mfiziert. 

Am 6. Novbr. lassen wir VIII. L. T.*) durch einige, am 8. Novbr. 5, am 11. Novbr. 4 
nnd am 12. Novbr. 2 stechen. 

Bis 16. Novbr. Wohlbefinden, diesmal abends 37,5 °, also nach 10-tagiger Inku- 
bationsdauer, Milz wird tastbar. Am folgenden Tage Kopf- und Kreuzschmerzen, 
abends 39,6°. 

Am 18. Novbr. den ganzen Tag hohes Fieber, das sich bis 40,5 0 erhebt, im Blute 
jetzt zum ersten Male amoboide Formen von H . praeeox . 

Bekommt abends 1,5 0 g Chinin. Trotzdem tritt ein schwerer Anfall auf, der2 Tage 
dauert, und erst auf wiederholte grofie Chinindosen bleiben die Temperatursteigerungen 
weg und verschwinden die Parasiten aus dem Blute. 

Am 16. Novbr. 6 Uhr abends lassen wir IX. K. A.*) durch 6 Anopheles stechen. 
Erste Temperatursteigerung am 22. Novbr., also am 7. Tage, 37,2 °. Von da ab steigt 
die Temperatur taglicn mit vollen Intermissionen hoher und hoher. 

Im Blute zum ersten Male am 26. Novbr. morgens amoboide Formen von H. praeeox . 
Da uns K. A. am 27. Novbr. verlafit, kennen wir den weiteren piinktlichen Temperatur- 
verlauf nicht; nur so viel ist uns bekannt, dafi die Temperatursteigerungen auf Chinin 
wegblieben. 

Bei 22—24° C. 

Am 23. Novbr. infiziere ich Anopheles von Pot or bei 34° C mit Phdnix 1 ). 

Die Anopheles saugen 1 Stunde, hierauf werden sie zu 24 0 C gestellt, die Tem¬ 
peratur bleibt weiter andauernd zwischen 22—24 0 C. Von 10 finden wir 5 infiziert. 

Am 5. Tage finden wir 15—17 p grofie Oocysten, am 8. Tage sich bildende Sporo- 
blasten und am 15. Tage 50—55 p grofie ganz fertige Sporocy6ten, geplatzte Kapseln 
an den herausgezotrenen Magen, und lhre Spdcheldriisen stark infiziert. 

22. Am 15. Novbr. infizieren wir Anopheles von Frau Kurinecz und stellen sie 
in den Therm os ta ten zu einer von 22—24 0 schwankenden Temperatur. Durch diese in¬ 
fizieren wir 2 Individuen. 

Am 30. Novbr. vorm. 10 Uhr lassen wir X. M. A.*) durch 7 Anopheles stechen. 
Inkubationszeit 10 Tage, da die erste Temperatursteigerung erst am 10. Dezbr. mittags 
— 38,9 0 — erfolgt, im Blute Praeeox- Parasiten; am darauffolgenden Morgen fallt die 
Temperatur auf 37,5°, und obwohl jetzt 1,5 g Chinin verabreicht wird, tritt mittags 
dennoch Schiittelfrost auf, und abends erhebt sich die Temperatur auf 39,3 9 . Am 
12. Dezbr. morgens 37,5°, erhalt 1,5 g Chinin, Temperatursteigerungen bleiben aus, 
auch weiterhin Apyrexie. 

Am 3. Dezbr. vorm. 11 Uhr inokulieren wir XI. L. A.*) 54 Jahre alt, durch 
einen einzigen Anopheles . Erste Temperatursteigerung am 14. Dezbr. nachm. 38,8°, 
schon jetzt finden wir im Blute halbmondbildenae Parasiten. Da eine piinktliche Tem- 
peraturmessung nicht durchfuhrbar war, konnen wir den weiteren Temperaturverlauf 
nicht ganz genau angeben; wir bemerken blofi, dafi am 21. Dezbr. zum ersten Male 
Chinin verabreicht wurde, am folgenden Tage Temperatursteigerung bis 39,1 °, dann 
Apyrexie und negativer Blutbefund. 

Am 6. Dezbr. nachm. lassen wir XII. M. J. *), 69 Jahre alt, durch 2 Anopheles 
stechen. Bekommt am 12. und 13. Dezbr. nachm. 1—2 g Chinin. 

Bis 18. Dezbr. Temperatur normal. In der Nacht vom 17. auf 18. Dnwohlsein; 
am 18. morgens betragt die Temperatur 37,2°, mittags 39,8°, kein Frost, blofi Mattig- 
keit, Schwindel. Im Blute viel H. praeeox. 

Sofort wird Chinin verabreicht: vorm. 10 Uhr 0,2 g subkutan, nachm. 1 g per os. 

Bis 19. Dezbr. abends kein Fieber, erhalt vorm. 1 g Chinin, trotzdem nachts 
Schiittelfrost, die Temperatur steigt bis 39,2 9 und auch noch am 20. finden wir einige 
iVoccox-Parasiten. Aut neuere Chinindosen treten dann weiter keine Temperatursteige¬ 
rungen auf. 

Bei 20° C. 

23. Am 23. Oktober saugen Anopheles Blut von 1116s mit Phdnix bei 31° C 
v, Stunde lang, und werden dann zu 20° C gestellt. 

Die Temperatur bewegt sich weiter dauernd zwischen 20—22° C. 

Am 7. Tage sind an 4 von 6 herausgezogenen Magen sehr vide 8—11 p grofie 
Oocysten; am 13. Tage sind an einem von den 2 herausgezogenen Magen 22—26 p grofie 
Sporoblasten in Bildung. 

24. Am 24. Septbr. lassen wir Anopheles von Fiizesi mit Phonix bd 30°C Blut 
saugen und stellen aieselbe nach Vt Stunde zu 20 0 C. Die Temperatur ist ziemlich be- 


1) Pat. wurde ins Bett gd^t, der Warmeapparat „Ph5nix tt unter die Decke ge- 
bracht, die Luft unter der Decke wurde auf 34° erwfirmt 


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Janes6, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 655 

standig zwischen 20 und 21 °. Nach 18 Tagen to ten wir 1 Exemplar, an diesem sind 
mehr als 60 26—30 p groBe Sporoblasten. 

Am 21. Oktober vorm. 7 2 12 Uhr inokuliere ich XIII. J. J. durch einen Anopheles; 
diese Mucke wird am 27. Oktober seziert, und es finden sich 2 geplatzte Kapseln, 14 p 
groBe Sporocysten und eine 15 p groBe degenerierte Cyste; die Speicheldriisen sind 
stark infiziert. 

Am 25. Oktober lasse ich ihn durch einen anderen Anopheles stechen. Dieser wird 
am 31. Oktober seziert, am Magen finden sich keine Cvsten, nur ein Teil der Speichel- 
driise konnte auspriipariert weraen, dieser war nicht infiziert. 



Am 28. und 29. Oktober vorm. bekommt J. J. 1—1 g, am 30. Oktober 1,5 g 
Chinin in Pulverform. 

Am 4. Novbr. nachm., d. i. am 14. Tage von der ersten Inokulation gerechnet, 
tritt zum ersten MaleTeraperatursteigerung auf, abends 10 Uhr 39° Temperaturmaximum, 
6tarker Kopfschmerz, Frostschauer. 

Am folgenden Tage morgens sinkt die Temperatur auf 36,8° und erhebt sich bis 
zum Abend allmahlich auf 38,5 °, um Dach einer groBen Remission am 6. Novbr. vorm. 
auf 40° C auzusteigen. Im Blute finden wir diesmal halbmondbildende Parasiten. 

Als am 6. die Temperatur im Sin ken ist, geben wir 1,5 g Chinin, danach am 7. 
morgens Apvrexie, dieselbe bleibt bis 8. mittags, da steigt die Temperatur wieder mit 
Schuttelfrost auf 40,2 0 an, wo doch an diesem Tage vorm. 1 g Chinin verabreicht 
wurde. Darum wird abends abermals 1 g, am 9. morgens wieder 1 g Chinin verab¬ 
reicht, worauf weitere Temperatursteigerungen nicht eintreten. 

Bei 17 —18° C. 

25. 19. Septbr. Von Rusz saugen Anopheles Blut bei 26° A / a Stunde lang 
und werden sodann gleich zu 17 0 C gestellt; die Temperatur schwankt weiter be- 
standig zwischen 17—18° C. Hier stehen sie 6 Tage, aann stelle ich sie zu 25° C 
10 Tage lang. 

Am 10. Tage finde ich von 12 einen, mit 13 — 15 p groBen Oocysten, infiziert. 

18 Anopheles , die zur selben Zeit gestochen hatten, wurden zu 30° C gestellt, von 
diesen waren 9 infiziert. 

26. 18. Septbr. Von Fuzesi saugen 8 Anopheles Blut einzeln aus einer Eprouvette 
und werden gleich zu 18° C gestellt; die Temperatur sinkt an den folgenden Tagen auf 
17 °, bald 16 . 

Am 5. Tage werden 4 getotet, am Magen des einen finden wir mehr als 60 Stuck 
7 p groBe Oocysten, an dem eines anderen eine einzige Oocyste von derselben GroBe. 

Von 2 Anopheles t die zur selben Zeit Blut saugen und bei 30 °C gehalten wurden, 
sind beide infiziert. 

27. 29. Septbr. abends. Von Fuzesi lasse ich 3 Anopheles auf dieselbe Art 
Blut saugen una stelle sie sogleich zu 18 0 C, nach 5 Tagen leben 2, diese sind nicht 
infiziert. 

Bei 16° C. 

28. 25. Oktober. Von K. Bot, mit sehr vielen iVa€co.r-Gameten im Blute, in 
einem Gesichtsfelde auch 2—3, saugen Anopheles bei 26 0 C l / a Stunde lang und werden 
gleich zu 16° C gestellt. Die Temperatur steigt an den folgenden Tagen bis 17° C. 

Nach 10 Tagen stelle ich sie zu 30° C; am 13. Tage werden alle 15 getotet, keiner 
ist infiziert. 

Von solchen Anopheles , die zur selben Zeit Blut saugen und bei 20° C gehalten 
wurden, waren 6 infiziert. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


II. Bei einer zweiten Gruppe unserer Experimente 
verfuhren wir derart, daC wir die Anopheles friiher bei 
entsprechender Temperatur infizierten, und sie dann 
niedrigen Temperaturen aussetzten, wobei beobachtet wurde, 
ob die Entwickelung der Sporocysten, bezw. die Infektion der Speichel- 
driisen zu stande kommt. 

29. 24. Septbr. Von Fuzes i lassen wir Blut saugen und Lassen die Anopheles 
dann 12 Stunden hindurch bei 30 0 C; von dieser Zeit an werden sie dann fortwahrend 
zwischen 17—15 0 gehalten. 

Am 1. Oktober saugen dieselben abermals von Fuzesi Blut, werden dann 12 Stun¬ 
den lang zu 30 °, und danach zu 1G U zuriickgestellt. 

Am 16. Tage finden wir am Magen des einen 11—13 p grofie Cysten, die normal 
aussehen, nur mehr durchscheinend sind. 

Am 33. Tage finden wir an einem mehr als 140 Stuck 18—40 ji grofie, normal 
aussehende Oocysten. 

Am 7. Novbr. abends 6 Uhr wird XIV. F. L. von 2 dieser Anopheles gestochen; 
beide wurden am 15. getotet; am Magen der beiden befanden sich viel geplatzte Kapseln, 
einige 46 jjl grofie Sporoblasten unci wenige 16 p. grofie degenerierte Cysten. Die 
Speicheldriisen sind bei beiden stark infiziert. 



XIV. FL 


F. L. ist bis 18. Novbr. fieberfrei, dann steigt in den Abendstunden die Tem¬ 
peratur bis 38,5 °, klagt iiber Kopfschmerz, Unwohlsein. Die Erkrankung geht also 
mit 11-tagieer Inkubationsdauer einher. 

Am 19. morgens fallt die Temperatur auf 37 °, erhebt sich aber mittags, von Frost- 
schauer begleitet, auf 41°; im Blute finden wir jetzt zum ersten Male halbmond- 
bildende Parasiten. 

Trotzdem nachmittags 2,0 g Chinin gegeben wurde, steigt die Temperatur am 20. 
wieder auf 39,9°, und trotzdem subkutan und per os grofie Chinindosen eiuverleibt 
wurden, kam ein Fieberanfall, der 48 Stunden andauerte, und nur nach dessen Ablaufen 
treten Temperature teigerungen nicht mehr auf und schwinden die Parasiten aus dem 
Blute. 

30. 25. Septbr. Von Fuzesi saugen Anopheles Blut bei 27° und werden dann 
12 Stunden zu 30 0 gestellt. Von dieser Zeit an werden sie kontinuierlich so gehalten, 
<lafi sie 12 Stunden im Eisschranke bei 8—10°, und 12 Stunden bei 30° zu stehen 
kommen. 

Am 1. Septbr. lassen wir abermals von Fuzesi Blut saugen und stellen sie dann 
auf 12 Stunden zu 30° C. 

Nach 6 Tagen finden sich an 2 von 4 11—13 ji ffrofie Oocysten. 

Nach 8 Tagen an 3 von 5 20—22 jjl grofie sich entwickeinde normale Sporo¬ 

blasten. 

Am 13. Tage sehen wir an einem 7—9 jjl grofie Oocysten. 

Am 14. Tage finden wir an einem 2 44 ^ grofie ganz fertige Sporocysten und 
einen 16 \x grofien Sporoblasten. 

Am 13. Oktober vorm. 7,11 Uhr wurde XV. D. S., 27 Jahre alt, von 2 gestochen, 
und werden diese dann bald bei 30 °, bald bei 12 0 gehalten. 

Am 18. vorm. lasse ich einen wieder auf D. S. zu Stich, der zweite ging zu 

Grunde. Am Magen dieses letzteren war nichts zu sehen, in einem Gange der Speichel- 

driisen waren viele Sporozoiten. 


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Jancsd, Der Einflufi der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 


657 


Bei der Sektion des anderen, welcher auch ein zweites Mai gestochen hat, am 
23. fanden wir am Magen 10—12 leere Kapseln und einige 26—30 fx grofie, sich nicht 
normal entwickelnde Sporoblasten. In einer Speicheldruse sind Sporozoiten sichtbar. 



XV DS. 


Bis 23. Oktober ist D. S. fieberfrei, an diesem Abend Korpertemperatur 37,2-°, 
etwas Kopfschmerz und Frosteln. Am 24. den ganzen Tag subfebril, steigt die Tem- 

S eratur nachts auf 138,9° und am nachsten Tage hohes Fieber, das bis abends andauert; 

as Maximum betragt in den Vormittagsstunden 40,2 °. Die Temperatur fallt am 26. 
friih auf 37,2 °, doch trotz des diesmal verabreichten 1,5 g Chinins steigt die Temperatur 
um Mittag wieder an und es entwickelt sieh ein schwerer, 48 Stunden dauerncler An- 
fall, wobei die Temperatur sich fortwahrend um 40° herumbeweet, erst nach per os und 
subkutan verabreicntem Chinin bleibt das Fieber weg. Am 25. friih finden wir im 
Blute viel halbmondbildende Parasiten. 

31. Am 25. Septbr. lassen wir von Fiizesi bei 27 0 Blut saugen und stellcn die 
Anopheles einen Tag lang zu 30° C; von da an werden sie nun abwechselnd von friih 
bis abends bei 20° C, von abends bis friih bei 8—10° gehalten. Von 13 waren 11 
infiziert. 

Am 8. Tage zahlen wir an einem 12 Stunden 9 p grofie, ziemlich normale kleine 
Oocysten; an einem anderen mehrere Cysten von den kleinsten bis zu 9 Teilstriche; 
in diesen grofieren befinden sich 4—5 grofiere Pigmentanhaufungen, die von einem 
lichten Hof umgeben sind, das Hyalin der Cyste ist durchscheinender, nicht so kon- 
sistent als normal. 

Am 16. Tage toten wir 3; in jedem sind viele, 12—39 Stiick, 13—15 p grofie ge- 
niigend normale Oocysten. 

Am 26. Tage finden wir von 2 getoteten an einem 6 Stiick 33—44 p grofie fertige 
Sporocysten, die nahezu normal aussehen, blofi der lichtbrechende Chromatin kern der 
Sporozoiten ist nicht gut bemerkbar. Aufier diesen sind kleinere Sporoblasten und an 
beiden 4—5 Stiick 15—18 p grofie schlaffwandige Cysten, deren Inhalt ganz durch- 
scheinend, diinnfliissig ist, darin befindet sich je eine lichtbrechende grofie Kugel und 
die Pigmentkorner sind in lebhaft tanzender Bewegung. 

Am 21. Oktober abends 6 Uhr lassen wir Xvl. L. T. durch einen Anopheles 
stechen; dieser wird nach 4 Tagen seziert, am Magen sind kleine Cysten, in den Spei- 
cheldriisen keine Sporozoiten. 

Am 25. abends lassen wir einen anderen abermals auf L. F. zu Stich, dieser 
letztere Anopheles wird am 31. Oktober seziert, doch lassen sich weder am Magen noch 
in den Speicheldriisen Spuren von einer Infektion auffinden. 

L. F. erkrankt nicht. 

32. 18. Septbr. Von Fiizesi saugen Anopheles bei 30° und werden dann zu 21° 
gestellt. Hier stehen sie 4mal 24 Stunden und kommen dann zu 8 0 in den Eisschrank, 
wo sie auch 4 Tage (bis 27. Septbr. abends) stehen und werden wieder zu 20° C zu- 
riickgestellt. 

Am 29. Septbr. tote ich einen, an diesem sind 40—50 Stuck 7—9 p grofie normale 
Oocysten. 

Nun werden sie wieder zu 8 0 C in den Eisschrank gestellt bis 4. Oktober abends. 
Am diesmal getoteten sind viele 11 p grofie normale Oocysten, viele 7 p grofie von 
stark lichtbrechenden Kornern erfiillte und einige sich eben durchbohrende, noch wurrn- 
artige Ookineten zu finden. 


Brste Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


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658 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Versuche mit Laverania malariae. 

Unter sehr vielen erfolglosen Versuchen gelang es uns 2mal Lav. 
maZ.-Gameten in Anopheles claviger zur Weiterentwickelung zu bringen. 

Am 3. Februar lassen wir von 8. Pap mit viertagigem Wechselfieber seit 5 Monaten 
und viel Aacerania-Gameten im Blute, Anopheles claviger bei 27 0 */* Stunde lang Blut 
saugen, und stellen die eine Halfte derseiben zu 20° C, die andere zu 24° C. 

Die zu 20° C gestellten stehen bestandig bei 19—20° C. Von 12 waren 3 
infiziert. 

Am 6. Tage finden wir an 2 von 4 8—10 Stuck kleine Z^v^ania-Oocysten. 

Am 13. Tage sind am Magen des einen von 10 viele Sporoblastoiden zu sehen. 

Von den bei 14°C stehenden fand sich am 7. Tage am Magen des einen von 3 
20 Stuck Oocysten; grofier als die gleichalterigen Cysten der bei 20 0 stehenden. 

Da jedoch von den Anopheles viele zu Grunde gingen, stellte ich auch diesen 
Kafig zu 20 0 hiniiber. 

Am 11. Tage fanden wir von 3 am Magen dee einen einige Sporoblastoiden und 
einen Sporozoitoblast. 

Wir konntcn die Entwickelung der Sporocysten nicht weiter beobachten, weil alle 
Anopheles zu Grunde gingen. 

. Am 26. Oktober abends lassen wir von einem Pat. namens Marosi Blut saugen, 
dieser leidet schon seit August an viertagigen Schuttelfrosten, hatte wahrend semes 
Aufenthaltes in der Klinik 3 typieche intermittierende Quartanaanfalle, und im Blute 
viele Laverania- Gameten. 

Das Blutsaugen geschieht bei 27 0 C */» Stunde lang, dann stellen wir einen Teil 
der blutgesattigten Anopheles zu 20° C, den anderen zu 24® C. 

In den 4 der bei 24 0 C stehenden konnten wir die Entwickelung der Laverania- 
cysten nicht beobachten. 

Von den bei 20° C stehenden toten wir 4 am 14. Tage nach dem Blutsaugen, 
in einem finden wir 6 Stuck 20 ja grofie Laverania- Oocysten, eine derseiben war sogar 
schon zum Sporoblastoid entwickelt. 

Am 21. Tage toteten wir 5; von diesen fanden wir am Magen des einen 12 Stuck 
50—55 [A groOe Z^iverama-Sporocysten, noch keine war geplatzt. 

Von den Anopheles lebten nur noch 3; doeh die Inokulation miBlang, da kein 
einziger infiziert war. 


Unsere Untersuchungen zeigen also, daB die Entwickelung der ge- 
schlechtlichen Generation des Plasmodium vivax in den Anopheles claviger 
am besten und raschesten vor sich geht, wenn diese sich st&ndig bei 
einer Temperatur zwischen 24—30° C befinden. 

Hohere Temperaturen als 30 0 C, z. B. 35—37 0 — wie ein Experiment 
zu schlieBen gestattet — verzogern die Entwickelung der Cysten des 
Plasmodium vivax , und auch aus dem histologischen Befunde ist es er- 
sichtlich, daB sie einen nachteiligen EinfluB ausflben. 

Auch gehen die Anopheles im Thermostaten bei diesen Temperaturen 
ohnedies rasch zu Grunde. 

Wenn sich die Anopheles bei Temperaturen st&ndig unter 24° C be¬ 
finden, erstreckt sich die Entwickelung der geschlechtlichen Generation 
des Plasmodium vivax auf eine viel lfingere Zeit, so daB, wenn wir bei 
24° C schon am 10. Tage fertige Sporocysten finden, finden wir bei 
21 0 C erst nach 19 Tagen, also nach doppelt so langer Zeit fertige. 
platzende Sporocysten, in bei 17—15° C gehaltenen aber erst nach 53 
Tagen. 

Andererseits zeigen die bei diesen niedrigen Temperaturen an der 
Magenwand der Anoj)heles sich entwickelnden Cysten fehlerhafte Ent¬ 
wickelung, so daB in den meisten unserer durch Plasmodium vivax infi- 
zierten Anopheles , die st&ndig bei Temperaturen unter 17 —16° C gehalten 
wurden, am Magen bloB degenerierte und nicht Sporozoiten enthaltende 
Cysten zu finden waren, demzufolge wurden in Anopheles , die bei solchen 


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Janes 6 , Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 


659 


Temperaturen gehalten warden, auch die Speicheldrttsen nicht durch 
Sporozoiten infiziert, and ihr Stich brachte keine Erkrankung an den 
Inokulationsmedien hervor, auch dann nicht, wenn die Cysten schon ge- 
platzt waren und ihr Inhalt in den K6rper gedrungen war. 

So konnten wir keine Erkrankung beobachten bei unseren Versuchen 
I—IV, ebenso erfolgte die Malaria-Inokulation nicht in den Versuchen 
V—VI, in welchen die Anopheles , nachdem sie Plasmodium wrar-Gameten 
enthaltendes Blut gesogen hatten, nicht sofort zu derartigen niedrigen 
Temperaturen gestellt wurden, sondern erst nach einem einwochentlichen 
Aufenthalt bei 20° C. 

Doch ist es vorgekommen, daB wir auch im Anopheles , der noch vom 
Zeitpunkte des Blutsaugens an bei 17—15° C gehalten wurde, normal 
aussehende, mit Sporozoiten geftkllte Sporocysten gefunden haben, und 
auf Grund unserer Beobachtungen an Haemamoeba praecox kSnnen wir 
annehmen, daB der Stich dieses Anopheles die Erkrankung verursacht 
hatte. 

Wenn die Anopheles vom Zeitpunkte des Blutsaugens an standig bei 
Temperaturen unter 16 0 gehalten werden, entwickeln sich an ihrer Magen- 
wand keine Cysten, da die Gameten schon in einem frflheren Entwicke- 
lungsstadium zu Grunde gehen. 


Unsere auf Haemamoeba praecox bezilglichen Untersuchungen zeigten, 
daB die Cysten der Haemamoeba praecox sich am raschesten und regel- 
maBigsten in Anopheles entwickelten, die sich standig bei 30—24® C be- 
finden. 

Ueber den EinfluB hoherer Temperaturen auf ihre Entwickelung 
haben wir keine Erfahrung. 

Bei niedrigen Temperaturen als diese brauchen die Haemamoeba 
praecox -Gameten immer mehr und mehr Zeit, um sich zu Sporocysten 
zu entwickeln, so daB z. B. wahrend im bei 30 0 C gehaltenen Anopheles 
die Sporocysten am 8.-9. Tage schon vollkommen reif sind, fanden wir 
in bei 20 0 C gehaltenen erst um den 20. Tag herum Sporocysten. 

Bei Temperaturen unter 20 0 C zieht sich die Entwickelungszeit der 
Sporocysten sehr in die Lange, doch erhellt aus unseren Versuchen, 
daB sich noch in manchen Anopheles , die vom Augenblick des Blut¬ 
saugens standig zwischen 18—16° stehen, unter vielen fehlerhaft ent¬ 
wickelten Cysten auch normale Sporocysten sich entwickeln. 

Bei 17-16° C befindet sich jedoch die untere Grenze der zur Ent- 
wicklung der Sporocysten erforderlichen Temperatur. Wenn die Tempe¬ 
ratur vom Augenblick des Blutsaugens an standig niedriger ist als diese, 
entwickeln sich aus den aufgesogenen Gameten keine Cysten. 

Ist die Entwickelung der Cysten bei hbheren Temperaturen als 
16—17 0 C bereits im Zuge, dann entwickeln sie sich zu Sporocysten 
auch dann, wenn die Temperatur, bei welcher sich die Anopheles befin- 
den, vorttbergehend auf 8—9 0 C herabfailt, Oder auch, wenn sich die Tem¬ 
peratur standig zwischen 17—15° C bewegt. In solchen Fallen fanden 
wir unter vielen degenerierten, fehlerhaft entwickelten Cysten ganz nor¬ 
mal entwickelte Sporocysten, und der Stich der bei dieser Temperatur 
infizierten Anopheles hat die Malariaerkrankung auch zu stande gebracht. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Unsere Untersuchungen sind nicht zahlreich genug, um sich eine 
klare Vorstellung fiber den Einflufi zu bilden, den die Temperatur auf 
die geschlechtliche Generation der einzelnen Parasitenarten, die in den 
Anopheles zur Entwickelung gelangt, ausfibt. 

Es wfiren viel zahlreichere zu diesem Zwecke gemachte Beobach- 
tungen erforderlich, um sich darfiber orientieren zu kdnnen, welchen 
Einflufi die Temperatur auf die bei Malariaepidemieen sich darbietenden 
Erscheinungen ausfibt 

Soviet erhellt jedoch aus unseren Untersuchungen, dafi die Ent¬ 
wickelung der geschlechtlichen Generationen der Plasm, vivax und 
Haemamoeba praecox-Art in betreff des Temperaturerfordernisses von ein- 
ander nicht so wesentlich abweicht, dafi man daraus die verschiedene 
geographische Verbreitung und das verschiedene Auftreten der beiden 
Arten erklaren kfinnte. 

Unsere Untersuchungen zeigten n&mlich, dafi die geschlechtliche 
Generation sowohl des PI. vivax als auch des H. praecox am besten 
zwischen 24—30 0 C gedeiht; bei qiedrigeren Temperaturen weniger gut, 
und die untere Temperaturgrenze fur die Entwickelung beider ist eine 
vom Augenblick des Blutsaugens an stfindig unter 16° C stehende 
Temperatur. 

Bei niedrigeren Temperaturen vom Moment des Blutsaugens an 
entwickeln sich die Sporocysten weder des PI. vivax noch der H. praecox. 

In einer im Centralblatt f. Bakteriol. Bd. XXXVI 1 ), erschienenen 
Arbeit konnten wir nachweisen, dafi die Infektion der Anopheles sowohl 
durch PI. vivax- als durch H. praecox- Gameten auch bei sehr niedrigen 
Temperaturen in den Stunden nach dem Blutsaugen zu stande kommt, 
wenn die Anopheles spfiter in eine entsprechend temperierte Umgebung 
kommen. 

Es besteht also zwischen den zwei Arten auch hier kein Unter- 
schied. 

Es ist sehr wahrscheinlich, dafi das verschiedene zeitliche Auftreten 
und die verschiedene geographische Verbreitung nicht die Folge von 
verschiedenen Temperaturerfordernissen sind. 

Wir inokulierten mit Erfolg in 10 Fallen, ohne Erfolg in 5 Fallen; 
in alien 5 Fallen waren die Anopheles durch PI. uiuox-Gameten infiziert, 
wurden aber bei Temperaturen unter 17 0 C gehalten. 

Wir bemerken jedoch, dafi diese erfolglosen Inokulationen keines- 
wegs das beweisen, dafi in bei 17 0 C gehaltenen und durch PI. vivax 
infizierten Anopheles sich Sporocysten nicht entwickeln kfinnen und diese 
mittels Inokulation Wechselfieber durchaus nicht hervorrufen konnen, 
denn auch unter den Anopheles, mit welchen wir diese Inokulationen 
durchffihrten, fanden sich solche, in welchen normal entwickelte Sporo¬ 
cysten waren. 

Allenfalls kommt das jedoch nur mitunter vor, die meisten Cysten 
zeigen fehlerhafte Entwickelung, Sporozoiten entwickeln sich nicht in 
ihnen, und der Anopheles propagiert das Wechselfieber nicht. 

Es war Sache des Zufalls, dafi gerade die durch PI. vivax infizierten 
und bei und unter 17 0 C gehaltenen Anopheles die Malaria nicht fiber- 
mittelten, die durch H. praecox infizierten und bei denselben Tempe¬ 
raturen gehaltenen Anopheles hingegen die Malaria inokulierten; es ist 

1) Jane s6, N., Zur Frage der Infektion der Anopheles claviyer mit Malariaparasiten 
bei niederer Temperatur. 


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Jancso, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 


661 


dies ein Beweis daffir, dafi die untere Temperaturgrenze, bei welcher 
sich noch Sporocysten entwickeln, bei PI. vivax nicht niedriger ist als 
bei H. praecox. 

Aus unseren Inokulationen ist ersichtlich, dafi das Inkubations- 
stadium des Wecbselfiebers and die Schwere der Erkrankung gemfifi 
den Parasitenarten Unterschiede aufweisen; von der Temperatur, bei 
welcher die infizierten Anopheles gehalten warden, and — vielleicht einige 
extreme Ffille ausgenommen — auch von der Zahl der inokalierenden 
Anopheles jedoch unabhfingig sind. 

Da wir die Inokulationen selbst an den dazn sich freiwillig Erbotenen, 
nor mit der grdfiten Vorsicht und nor in der absolat notwendigen Zahl 
auszuftthren die Absicht hatten, so konnten diese natflrlich nnr den 
Zweck haben, fihnliche Versnche anderer zu erg&nzen. 

Mit durch PI. vivax infizierten Anopheles inoknlierten zu mebreren 
Malen Bastianelli und Bignami. 

Bei manchen der Inokulationen, die von letzteren ausgeftihrt wurden, 
ist nicht genau ersichtlich, bei welchen Temperaturen die Anopheles in- 
fiziert wurden, auch nicht, wie viel gestochen haben, auch kann man 
die Inkubationszeit nicht pOnktlich berechnen. 

Ein Versuch wurde im November, 3 andere wurden im Dezember 
mit im Freien eingefangenen Anopheles durchgefflhrt. Als Inkubations¬ 
zeit finden sie den 17.—19. Tag. 

Einen Versuch ffihrten sie im Juli aus, dabei infizierten sie die 
Anopheles bei 25° C, spfiter bei 30° C, und lassen bei zwei Gelegen- 
heiten denselben Kranken durch 2 Anopheles stechen; diesmal fanden 
sie 18-tfigige Inkubationsdauer. 

In unserem Fall, wo die Anopheles standi g bei 18—20 0 C gehalten 
and zum Stechen 6 Stack verwendet wurden, betrug die Inkubationszeit 
10 Tage. 

Es ist nicht ausgeschlossen, dafi bei unseren Fallen die Inkubations¬ 
zeit darum kQrzer ist, weil wir mit der Berechnung der Inkubations¬ 
dauer bis zu den kleinen Temperatursteigerungen zurQckgehen, die 
wahrend des Prodromalstadiums zu beobachten waren; und wir hatten 
Gelegenheit, auch 2—3 solche kleinere Temperaturerhbhungen vor Ein- 
tritt des ausgesprochenen SchOttelfrostes zu beobachten. Lassen wir 
diese kleinen Temperaturerhbhungen unberficksichtigt, so betragt die 
Inkubationszeit 15 Tage; Bastianelli und Bignami hingegen be¬ 
rechnen, wie wir aus ihrem Berichte entnehmen, die Inkubation bis zum 
ersten Schfittelfrost. 

Bei H. praecox beobachteten wir 7—14-tfigige Inkubationsdauer, un¬ 
abhfingig von der Zahl der Anopheles , die den betreffenden stachen und 
unabhfingig von der Temperatur, bei welcher die Anopheles infiziert 
warden. 

In einem Falle, bei welchem die Inkubationszeit 11 Tage, und in 
jenem Falle, bei dem sie 14 Tage betrug, erhielten die betreffenden 
wahrend der Inkubationsdauer mehrmals Chinin. 

Grassi, Bastianelli und Bignami beobachteten bei H.praecox 
10—12-tfigige Inkubationsdauer. 

Aus unseren, und auch aus den Beobachtungen anderer gewannen 
wir den Eindruck, dafi die Inkubationszeit wechselt, und dafi ihre Dauer 
wesentlich von individuellen Eigen tumlichkeiten der Inokulierten abhfingt. 

Bei unseren Inokulierten ging den ausgesprochenen SchfittelfrQsten, 
bezw. dem hohen Fieber, ein Prodromalstadium voran, das einige Tage 


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662 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

andauerte, und durch Allgemeiusymptome und kleinere Temperatur- 
steigerungen charakterisiert war. 

Das Fieber steigt gewohnlich successive an, und nur selten erreicht 
die erste Temperatursteigerung einen hdheren Grad. 

Die Schwere der Erkrankung wie auch der Fieberverlauf war in 
unseren Fallen unabhangig von der Zahl der inokulierenden Anopheles, 
unabhangig von der Temperatur, bei welcher dieselben infiziert wurden. 
Wir beobachteten ebenso schwere Erkrankungen und holies Fieber, z. B. 
nach dem Stich der bei 17—15° C infizierten Anopheles, als nach dem 
Stich der Anopheles , die sich bei 30° C infiziert hatten. 

Wenn wir die Fieberkurven, Symptome, die wir bei den Inokulationen 
beobachteten, mit denjenigen Fallen vergleichen, die durch Anopheles 
hervorgerufen wurden, welche aus einem umgestofienen MQckenkafig zu- 
fallig entwichen waren 1 ), und die fast einer Versuchsserie gleichkommen, 
gewinnen wir geradezu den Eindruck, daB die Schwere der Erkrankung 
und der Temperaturverlauf hauptsfichlich von individuellen Eigentflmlich- 
keiten abhangt. 

Wir sehen unter diesen einen Fall, bei welchem die Anf&lle fast 
48 Stunden andauerten, mit schwerem, hohem Fieber einhergingen, 
wahrenddessen der Kranke delirierte, somnolent war und die Apyrexie 
kaum einige Stunden betrug, wahrend im anderen Falle die Erkrankung, 
welche durch den Stich der bei derselben Temperstur, und von dem- 
selben Kranken infizierten Anopheles hervorgerufen wurde, einen sehr 
milden Verlauf nahm, die Anfalle bestehen aus kaum wenige Stunden 
lang andauernden Temperatursteigerungen, zwischen den Anfallen ist 
ein fieberfreier Tag, an welchem der Kranke seine anstrengende Tages- 
arbeit zu verrichten im stande ist. 


Nachdruck verboten. 

Nachtrag zum Beitrag zur Trypanosomenfrage, 

Von Dr. Hans Zlemann. 

In dem Aufsatz, erschienen Heft 3 und 4, ist bei Beschreibung des 
Trypanosoma vivax noch folgender Zusatz zu machen: 

Die bei Schafen und Ziegen beobachteten allerjflngsten aufierst zier- 
lichen, vorn und hinten spitz ausgezogenen Formen waren sogar nur 
12—14 p lang, etwa 1—1 1 / 2 p breit und zeichneten sich, wie auch die 
bei den Kfihen gefundenen, durch das aufierst kurze, manchmal kaum 
angedeutete Flagellum aus. Die undulierende Membran ist farberisch 
schwer darzustellen, sehr deutlich dagegen stets der am hintersten 
Kdrperende befindliche Blepharoplast und der Kern. Die geringe Ent- 
wickelung des Flagellum, besonders in den jtingsten Stadien, diirfte das 
Fehlen der dem Trypanosoma brucei eigenen, mehr oder weniger rotie- 
renden Bewegung erkl&ren. 


1) Jance6, M., Ueber eine in der Universitatsklinik entstandene Malaria-Haus- 
endemie. (Deutsch. Arch. f. kiin. Med. Bd. LXXVI.) 


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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc. 


663 


Nachdruck verboten. 


Ueber ein gastrotoxisches Serum, 

mit einem Stadium des Chemismas des Magens and der ron diesem 
Gastrotoxln veranlafiten histologischen Verfinderungen. 


[Aus dem Institute ftir Pathologie und Bakteriologie zu Bukarest 
(Direktor: Prof. Dr. V. Babes).] 


A. Theohari, 

ao. Professor der internen Pathologie 
au der Umversitat zu Jassy. 


Von 


A. Babes, 

Professor der Chemie, Voratand der 
chemischen Abteilung am Institute fiir 
Pathologie und Bakteriologie zu 
Bukarest. 


Mit 1 Tafel. 


Es ist bekannt, daB, wenn man einem Tiere unter die Haut, in das 
Peritoneum oder in den Blutkreislauf Zellelemente von einem Tiere 
anderer Species einspritzt, der Organismus des injizierten Tieres Sub- 
stanzen bereitet, die im stande sind, diese fremden Zellelemente zu 
zerstoren. 

Man nannte diese Substanzen Cytolysine. Ein Cytolysin, das 
einem Tiere derselben Species eingespritzt wird, von der die Zellelemente 
herrfihren, spielt die Rolle eines wirklichen Giftes, das auf die Zell- und 
Tierart, von welchen dasselbe stammt, absolut spezifisch wirkt. 

In letzter Analyse verschmilzt das Studium der Cytolysine mit der 
Immunit&t. In der Tat ist die Bereitung von Substanzen, die im stande 
sind, die fremden Zellen und deren schadliche Erzeugnisse zu vernichten, 
eine Art der Verteidigung. 

Das Studium der Cytolysine bildet heutzutage eine sehr reichhaltige 
Literatur. In derselben finden sich hervorragende Arbeiten iiber die 
Bildung, die Wirkung und die noch nicht geklarte Abstammung dieser 
Cytolysine. Sie werfen neues Licht auf die Frage der Immunitfit. Es 
ist durchaus nicht unsere Absicht, auf diese Frage auch nur vorfiber- 
gehend einzugehen. Wir beschr&nken uns nur darauf, die Cytolysine 
anzuffihren, die bis jetzt bekannt sind. 

Seit den grundlegenden Arbeiten Bordets (1) fiber das HSmolysin, 
das sozusagen ein typisches Cytolysin ist, versuchte man, wie gegen die 
roten Blutkorperchen spezifische Sera auch gegen andere Zellarten zu 
bereiten. Wir nennen von diesen das spezifische Serum gegen das 
Flimmerepithel oder Trychotoxin [v. Dun gem (2)], das Spermotoxin 
[Metschnikoff (3)], das leukotoxische Serum [Metschnikoff (4), 
Glotin (5)], das nephrotoxische Serum [Nefedieff (6), Linde¬ 
man n (7)]. Spfiter erzielte man ein antihepatisches Serum fD 61- 
zenne (8), Deutsch (9), Cantacuz&ne (10)], ein neurotoxisches 
Serum [D61zenne (11), Cantovi (12)], ein pankreatisches Cytotoxin 
[Surmont (13), Cridallo (14), negative Resultate], ein Nebennieren- 
toxin [Bigard et Bernard (15)J, ein spezifisches Serum gegen die 
Schilddrfise [Gontscharokofo (16)]. SchlieBlich erwfihnen wir noch 
das myelotoxische Serum [Su 11 i (17)], das cardiotoxische Serum [Can- 
tanni und Ravenna (18)] und das Eierstockscytotoxin [Ceconi und 
Robecchi (19)]. 


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664 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

Bemerken wollen wir noch, dafi diese s&mtlichen anticellul&ren Sera 
keine Auflosung der Elements herbeiffihren, wie dies beim H&molysin 
in Gegenwart von Blutkfirperchen der Fall ist. Sie veranlassen mehr 
Oder weniger deutliche histologische Aenderungen, das Aufhfiren der 
Bewegungen der Flimmerhaare und der Spermatozoen, sowie schwere 
Erscheinnngen, die den Tod des Tieres zur Folge haben, wenn es sich 
nm lebenswichtige Organe handelt. 


Wir haben versucht, ein spezifisches Serum gegen die Magenschleim- 
haut des Hundes zu erzielen, insbesondere gegen die Schleimhaut des 
grofien Blindsackes (peptische Region). Wir nannten dieses Serum der 
Kfirze halber Gastrotoxin Oder gastrotoxisches Serum. 

Wenn wir dies neue Cytolysin erzielen wollten, so geschah es 
nicht desbalb, um die soeben angeffihrte Liste der Cytotoxine zu ver- 
l&ngern. Es handelte sich namentlich um den von einem von uns 
schon lange verfolgten Zweck, eine feste Beziehung zwischen dem 
histologischen Verhalten der Magenschleimhaut und dem Chemismus 
des Magens nachzuweisen. In der Tat weifi man, dall die Verfasser, die 
dieses Verh&ltnis am Menschen nachzuweisen suchten, sich daran stofien, 
dafi eine starke Selbstverdauung des Magens kurz nach dem Tode und 
selbst wfihrend des Todeskampfes stattfindet. Im fibrigen wenn aucb 
das Studium des Menschenmagens im stande ist, fiber die groben Ver- 
finderungen der Schleimhaut (Atrophie, Sklerose) Auskunft zu geben, 
so kann dasselbe doch nichts Genaueres liefern fiber die feine Struktur 
der Magenzellen in pathologischen Zustfinden. TatsSchlich konnte einer 
von uns beobachten, dafi der Hundemagen schon V* Stunde nach dem 
Tode ganz und gar unbrauchbar wird, um an demselben Zellverfinde- 
rungen zu verfolgen. Man sieht sich also veranlafit, zum Experiment 
seine Zuflucht zu nehmen, um eine Gegenfiberstellung der feinen Struktur 
der Sekretionszellen und der chemischen Bildung der sezernierten Flfissig- 
keit zu erzielen. 

Wir waren der Ansicht, dafi wir mit einem spezifischen Serum viel 
leichter Aenderungen in der feinen Struktur der Magenzellen erzielen 
wfirden und infolgedessen einen gleichzeitigen Wechsel im Chemismus 
des Magens. Unsere Annahme ist teilweise bestfitigt worden. Wir 
haben in vorl&ufigen Mitteilungen einen Teil unserer Ergebnisse ver- 
offentlicht und geben an dieser Stelle unsere Versuche und die sich an 
diese anschliefienden Feststellungen. 


Die Bereitung des Gastrotoxins. 

Wir verwendeten die Magenschleimhaut des Hundes, die wir nach 
der Verreibung und Emulsionierung derselben einer Ziege unter die 
Haut einspritzten. 

Man nimmt Hunde, die einen Tag hindurch gehungert haben, damit 
der Magen leer ist. Das Tier wird mittels Chloroform in eine tiefe Narkose 
versetzt und nun durchschneidet man die A. carotid., damit die inneren 
Organe mfiglichst blutleer seien. Der Magen wird aseptisch heraus- 
genommen und der grofien Krfimmung entlang geoffnet. Darauf folgt 
eine reichliche Waschung mit physiologischer Kochsalzlosung. Die 
Schleimhaut des grofien Blindsackes (peptische Region) wird dann rasch 
reseziert; dieselbe lfifit sich im fibrigen leicht von den darunterliegenden 


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Schichten trennen, indera die Submucosa sehr locker ist. Die Mucosa 
wird in kleine Stflckchen zerlegt, die dann in einem sterilisierten MSrser 
mit Hilfe des hinzugefflgten grobkSrnigen Schmirgels zerrieben werden, 
ohne Schrairgel ist es in der Tat unmoglich, eine geeignete Verreibung 
zu erzielen. Wir waren gezwungen, zo diesem Behelf zu greifen, da wir 
nicht den elektrischen Verreiber, den Borrel im Institut Pasteur zu 
Paris verwendet, zur Verffigung hatten. Die mittels der Verreibung er- 
zielte Paste wird mit physiologischer Kochsalzlfisung verdfinnt, der noch 
1 Prom. Salicyls&ure zugefflgt wird. Diese Emulsion wird dann durch 
mebrschichtige sterilisierte Gaze durchgelassen, die so die groben Korner 
des Schmirgels zurtickhfilt. Nach dieser groben Filtrierung ist die 
Emulsion fertig, urn eingespritzt zu werden. 

SSmtliche vorhin angegebenen VorsichtsmaBregeln in Bezug auf das 
vorsorgliche Waschen der Schleimhaut, der Hinzuffigung von Salicyl- 
s&ure sind durchaus notwendig. In der Tat beschrankten wir uns an- 
fangs auf eine oberfl&chliche Waschung und aseptisches Verfahren. Die 
so erzielte Emulsion gab aber beim Eaninchen todliche Infektionen mit 
zahlreichen Mikrobien. Eine Ziege starb infolge von akutem Oedem der 
vorderen Extremist und des Unterleibes. Die von Prof. P. Riegler, 
Vorstand der Veterinarabteilung des Institutes, dem wir ftlr seine stete 
Liebenswurdigkeit bestens danken, gemachten Kulturen zeigten das 
Bakterium des malignen Oedems in Reinkultur. Es ergab sich hieraus 
die Notwendigkeit, MaBregeln zu ergreifen, insofern es sich darum 
handelt, aus der Schleimhaut eines Organs, das im normalen Zustande 
weit davon entfernt ist aseptisch zu sein, eine Emulsion zu Injektions- 
zwecken herzustellen. 

Wie wir bereits angaben, wahlten wir die Ziege ffir die Einspritzung 
der so bereiteten Emulsion. Da wir fiir unsere spateren Versuche eine 
groBe Menge Serums benfitigten, so war die Ziege dazu besonders ge- 
eignet. 

Die Emulsion wurde unter die Haut eingespritzt, an der inneren 
Seite der Hinterbeine. Nach der Einspritzung bemerkten wir immer 
lokale (schmerzhafte Schwellung) und allgemeine Reaktion (Fieber, Nieder- 
geschlagenheit, Weigerung der Nahrungsaufnahme). Nach mehreren Ein- 
spritzungen sind diese Reaktionen bedeutend geringer: Weniger starke 
Schwellung mit voller Zerteilung, weniger Fieber, fast gar keine Nieder- 
geschlagenheit. 

N^ch einer Anzahl von Einspritzungen wurde unter den Qblichen 
MaBnahmen Blut aus der Jugularis entnommen. Die blutenthaltenden 
Gefafie wurden bei 8° aufbewahrt; der vom Serum sich absondernde 
Blutkuchen wurde 1 Tag nach der Blutentnahme abgesondert und 
gleichfalls bei derselben Temperatur aufbewahrt. 

Im Verlaufe unserer Versuche verwendeten wir das von 2 Ziegen 
stammende Serum. Wir geben hier das Datum der Einspritzung, die 
Menge der jedesmal eingespritzten Schleimhaut, den Tag der Blut¬ 
entnahme. Diese Angaben werden uns bei den SchluBfolgerungen fiber 
die Maximumwirkung des Serums unserer Ziegen und fiber die durch- 
schnittliche Dauer der Wirksamkeit dienlich sein. 

Ziege No. 2. 

Schwarz. 36 kg schwer. Temperatur vor dem Versuch 38,6° C. 

1. Einspritzung. 

24. Sept 1902. Es werden 6 g der nach der angegebenen Methode bereiteten 
Schleimhautemulsion eingespritzt. 5 Cfhr abends Temperatur 39,4° C. 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


25. Sept. Schmerzhafte Schwellung in der Gegend der Einspritzung. Der FuB 
wird ein wemg nachgeechleppt. 9 Uhr morgens 39,7*C, 5 Uhr abends 39,2° C. 

26. Sept. 9 Uhr morgens 39,2° C, 6 Uhr abends 39,6° C. 

27. Sept. 10 Uhr morgens 39° C, 5 Uhr abends 39,5° C. 

28. Sept. Die lokale Schwellung 1st bedeutend verringert. Die morgens und 
abends genommene Temperatur steigt nicht mehr auf 39° C. 

2. Einspritzung. 

3. Okt. 1902. Es werden morgens an der anderen Seite 10 g Schleimhaut ein- 
gespritzt. 6 Uhr abends Temperatur 40,1° C. 

Das Tier 1st sehr niedergeschlagen; verweigert die Nahrung. Starke lokale 
Schwellung. 

4. Okt. 9 Uhr morgens 39,6° C, 5 Uhr abends 39,8° C. 

Das Tier ist weniger niedergeschlagen; nimmt Nahrung. 

5. Okt. 9 Uhr morgens 39,2° C, 5 7 . Uhr abends 39,4° C. 

Der Allgemeinzustand ist gut; Schwellung fortdauernd. 

6. Okt. 10 Uhr morgens 39,3° C, 6 Uhr abends 39,1° C. 

7. Okt. 8 Uhr morgens 38,9* C, 6 Uhr abends 38,9° C. 

In den folgenden Tagen steigt die Temperatur nicht mehr auf 39° C. Die lokale 
Schwellung hat sich zerteut, so daft nur noch ein nufigrofier Knoten zuriickblieb. Das 
Tier ist etwas abgemagert. 

3. Einspritzung. 

17. Okt. 1902. Neuerliche Einspritzung von 18 g Schleimhaut. 6 Uhr abends 
Temperatur 39,8° C. 

18. Okt. 8 Uhr morgens 39,5° C, 5 Uhr abends 39,7° C. 

19. Okt. 9 Uhr morgens 38,9° C, 5 Uhr abends 38,5° C. 

Trotz der niedrigen Temperatur ist das Tier traurig. GroBe lokale Schwellung. 

20. Okt. 9 Uhr morgens 39,1° C, 5 Uhr abends 39,4° C. 

21. Okt. 9 Uhr morgens 38,9° C, 6 Uhr abends 39,2° C. 

22. Okt. Es bildet sich ein groBer AbsceB in der Gegend der Einspritzung. 
Incision. Waschung. Das Tier ist vollkomraen wieder hergesteLlt 

1. Blutentnahme am 20. Okt. Etwa 300 ccm. 

2. Blutentnahme am 5. Nov. Die gleiche Quantitat 

4. Einspritzung. 

10. Nov. 1902. Einspritzung von 25 g Schleimhaut. 5 Uhr abends Temperatur 
38 8 0 O. 

11. Nov. 9 Uhr morgens 39,2° C, 5*/ f Uhr abends 39,5° C. 

Stark ausgesprochenes, schmerzhaftes, nur wenig hartes Oedem. 

12. Nov. 8 Uhr morgens 38,9° C, 6 Uhr abends 39,1° C. 

13. Nov. 8 l L Uhr morgens 38,8° C. 

Der brtliche Zustand ist bedeutend gebessert. 

In den folgenden Tagen bleibt die Temperatur auf gleicher Hohe. Die ortliche 
Schwellung ist zuriickgegangen. 

3. Blutentnahme am 16. Nov. 300—400 ccm Blut. 

4. Blutentnahme am 21. Dez. Etwa 500 ccm. 

5. Blutentnahme am 31. Dez. Etwa 400 ccm. 

5. Einspritzung. 

4. Jan. 1903. Es werden von neuem 5 g Schleimhaut eingespritzt 

Von nun an verzichten wir darauf, die Temperaturen anzufuhren, da dies die 
Krankengeschichte unserer Tiere zu sehr verlangera wiirde. Die folgenden Einspritzungen 
gaben ahnliche Temperatursteigerungen wie die vorangegangenen. Nach mehreren Ein- 
spritzungen, insbesondere wenn dieselben nicht in zu weiten Zwischenraumen verabreicht 
wurden, waren die lokale und die allgemeine Beaktion weniger ausgeeprochen als zu 
Beginn oder nachdem 1 Monat seit der letzten Einspritzung verstrichen war. 

6. Blutentnahme am 8. Jan. Etwa 250 ccm Blut. 

6. Einspritzung. 

11. Jan. 1903. Neuerliche Einspritzung von 16 g emulsionierter Schleimhaut, 
die beinahe fast gar keine Temperatursteigerung zur Folge hatte. Lokal geringe, rasch 
zuriickgegangene Schwellung. 

7. Blutentnahme am 16. Jan. 250 g Blut. 

8. Blutentnahme am 23. Jan. 500 g. 


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7. Einspritzung. 

1- Febr. 1903. Einspritzung von etwa 10 g Schleimhaut. 

9. Blutentnahme am 6. Febr. 250 g. 

8. Einspritzung. 

22. Febr. 1903. Einspritzung von 14 g Schleimhaut. 

10. Blutentnahme am 27. Febr. 400 ccm. 

11. Blutentnahme am 14. Marz. Etwa 400 ccm. 

9. Einspritzung. 

23. Marz 1903. Einspritzung von etwa 18 g Schleimhaut. 

Das Tier beginnt abzumagern, so dafi die Scmeimhauteinspritzungen in grofieren 
Zwischenraumen verabreicht werden. 

12. Blutentnahme am 1. April. 350 ccm. 

10. Einspritzung. 

17. April 1903. Einspritzung von 15 g Schleimhaut. 

11. Einspritzung. 

26. April 1903. Es werden 20 g emulsionierter Schleimhaut eingespritzt. 

13. Blutentnahme am 8. Mai. 500 ccm. 

14. Blutentnahme am 18. Mai. 500 ccm. 

15. Blutentnahme am 4. Juni. 500 ccm. 

16. Blutentnahme am 25. Juni. 450 ccm. 


Ziege No. 3. 

Gran, 45 kg schwer. 

Die bei dem vorigen Here mitgeteilten Einzelheiten, betreffend die lokale und die 
allgemeine Reaktion, gel ten auch fur dieses Versuchstier. Damit die Arbeit nicht so 
ausfdhrlich werde, unterlassen wir es ebenfalls, auf die Versuche naher einzugehen und 
beschranken uns auf die Anfiihrung der Daten, die sich auf die Schleimhauteinspritzung 
und die Blutentnahme beziehen. Diese Einzelheiten sind erforderlich, weil wir uns bei 
den Versuchen an den Hunden auf diese beziehen. 

1. Einspritzung. 

8. Dez. 1902. 15 g emulsionierte Schleimhaut. 

2. Einspritzung. 

15. Dez. 1902. Etwa 23 g Schleimhaut. 

1. Blutentnahme am 21. Dez. 500 ccm. 

2. Blutentnahme am 31. Dez. 500 ccm. 

3. Einspritzung. 

4. Jan. 1903. Es werden von neuem 18 g Schleimhaut eingespritzt. 

3. Blutentnahme am 8. Jan. 300 ccm. 

4. Einspritzung. 

11. Jan. 1903. 16 g Schleimhaut. 

4. Blutentnahme am 16. Jan. 400 ccm. 

5. Blutentnahme am 23. Jan. 250 ccm. 

5. Einspritzung. 

1. Febr. 1903. 15 g Schleimhaut. 

6. Blutentnahme am 6 Febr. 450 ccnu 

6. Einspritzung. 

22. Febr. 1903. 16 g Schleimhaut. 

7. Blutentnahme am 27. Febr. 400 ccm. 

8. Blutentnahme am 13. Marz. 300 ccm. 

7. Einspritzung. 

22. Marz 1903. 18 g Schleimhaut 

9. Blutentnahme am 1. April. 500 ccm. 


Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, bekam die Ziege No. 2 
Einspritzungen von Hundemagenschleimhaut in zu Beginn recht kurzen 


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668 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXViiL Heft 6. 

Zwischenr&umen. Spfiter warden die Einspritzungen eiae Zeitlang unter- 
brochen, um beurteilen zu konnen, wie lange Zeit nach der letzten Ein- 
spritzung das Serum aktiv bleibt. SchlieBlich wurden die Einspritzungen 
von neuem in nahen Zwischenr&umen verabreicht. AuBerdem bekam 
dieses Tier im Verh&ltnis zu seinem KOrpergewicht genfigend grofie 
Mengen emulsionierter Schleimhaut. Es_ist das die Ziege, die uns stets 
das wirksamste Serum geliefert batte. Bei der Ziege No. 3 arbeiteten 
wir unter abweichenden Versuchsbedingungen. Die Einspritznngen 
wurden in grbfieren Zwischenr&umen gemacht, die Dosen der ein- 
gespritzten Schleimhaut waren im Verb&ltnis zum KOrpergewicht des 
Tieres geringer. Diese Ziege lieferte uns ein schwaches Serum, das uns 
in einer bestimmten Anzahl von Versuchen sehr nfltzlich war. 


Versuche am Hunde. Unsere Versuche beziehen sich im ganzen 
auf 56 Hunde. Dessenungeachtet schildern wir hier nur die an jenen 
Tieren gemachten Beobachtungen, die ein nennenswertes Interesse be- 
anspruchen dfirften, um die Arbeit nicht fiber Gebflhr auszudehnen. 

Subkutane Serum einspritzungen. 

Hund No. 1, 12 kg schwer. 

27. Okt. 1902. Subkutane Einspritzung von 45 ccm Serum von der Ziege No. 2 
(Blutentnahme vom 26. Okt.). 

Nicht die geringsten Aligemeinerscheinungen am Tiere, weder umgehend noch 
spater. 

Hund No. 2, 10 kg schwer. 

1. Nov. 1902. Subkutane Einspritzung von 60 ccm Serum (vom 26. Okt.) von 
der Ziege No. 2. 

Weder am ersten noch in den folgenden Tagen nicht die geringste Aenderung des 
Normalzustandes des Tieres. 

Hund No. 3, 15 kg schwer. 

15. Nov. 1902. Das Tier bekommt ein Probefruhstiick von 60 g Brot, das in 
250 g destilliertem Wasser zerbrSckelt wurde, dem 5 g Zucker zugesetzt werden. Nach 
1 Stunde Entnahme des Magensaftes. 

Die nach der Methode Hayem-Winter gemachte Analyse lieferte folgende 
Ziff em: 

Qesamtsaure (A) = 137 

Freie Salzsaure (H) = 0 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 135 

(H + C) = 138 

Gesamtchlor (T) = 279 


Fixes Chlor (F) = 141 

T 

Repport p = 1,97 

A—H 

KoeEfizient —p— (a) = 0,99 


17. Nov. Subkutane Einspritzung von 60 ocm Serum von der Ziege No. 2 (Blut¬ 
entnahme vom 16. Nov.). Im Laufe des Tages konnte nichts Besonderes im Allgemein- 
zustande des Tieres bemerkt werden. In den folgenden Tagen Bildung eines Abscesses 
in der Gegend der Einspritzung. Incision. Waschungen. 

25. Nov. Einspritzung von 30 ccm von dem gleichen Serum. 

1. Dez. Neuerliche subkutane Einspritzung von 30 ccm desselben Serums. Sett 
der letzten Einspritzung ist das Her stark gefraBig, was aber dessen Abmagerung nicht 
verhindert 

20. Dez. Dieselbe Gefrafiigkeit. Das Tier bekommt ein Probefruhstiick wie oben. 
Nach 1 Stunde wird der Magensaft entnommen. Die nach der Methode Hayem- 
Winter gemachte Analyse lieferte folgende Werte (sehr reichliche Fltissigkeit, rasche 
Filtrierung): 

Qesamtsaure (A) = 149 

Freie Salzsaure (H) = 73 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 102 

(H + O = 175 

Gesamtchlor (T) = 387 


Bepport p = 134 
A—H 

p = 0,86 


Es sei ein fur allemal bemerkt, dafi die nach der Methode Hayem-Winter an- 
gegebenen Werte Milligramme darstellen; die Werte sind auf 100 ccm Magensaft be- 
rechnet. 


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669 


Am 25. Dez. wird der Magensaft von neuem untersucht; wir wollen nur bemerken, 
daB die Salzsaure = 58 war. 

Am 30. Dez. gibt die Analyse (nach dem Probefruhstiick) folgende Ziffern: 
Gesamtsaure (A) = 314 Gesamtchlor (T) = 420 

Freie Salzsaure (H) =±= 84 Fixes Chlor (F) = 139 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 197 T 

Chlorhydrie (H + C) = 281 p = 3,02 

Die Flussigkeitsmenge ist sehr reichlich, leichte Filtrierung. 

Da das Tier sehr abgemagert war, beschlossen wir, es in Beobachtung zu halten, 
denn wenn es verendet ware, hatten wir die Untersuchung der feinen Struktur der 
Magenzellen verloren. Wir sahen uns also verpflichtet, dasselbe am 2. Jan. 1903 zu 
opfera. Es geschah dies gegen die 8. Stunde nach der Verdauung. Makroskopisch war 
an der Schleimhaut nichts Besonderes zu bemerken. 

Histologische Untersuchung: Wir wollen hier ein fiir allemal angeben, 
welche Technik wir verwendet haben, um diese unsere Praparate zu untersuchen. Wie 
es einer von uns in einer friiheren Arbeit bereits auseinandergesetzt hat, gibt das 10-proz. 
Formol, vom Standpunkte der Fixation, die besten Resultate fiir die Magenschleimhaut. 
Man verdiinnt also das im Handel vorhandene Formol (das 40-proz. ist) mit 3 Teilen 
Wasser. Die kleinen Schleimhautstiickchen, die auf Korkstiickchen fixiert 6ind, ver- 
bleiben 24 Stunden in dieser Fixierfliissigkeit. Zum Zwecke einer guten Fixierung und 
namentlich fur die Anfertigung von Schnitten ist es unerlaBlich, aie Schleimhaut von 
den unter ihr liegenden Schichten zu trennen, was leicht auszufiihren ist. 

Darauf werden die Praparate in Paraffin eingeschlossen. Die Schnitte, die sehr 
dQnn sein miissen, werden in verschiedener Art gefarbt, je nachdem man das Zellnetz, 
die Basalfaden, die Pepsinogengranulationen etc. sichtbar machen will. 1m iibrigen 
bemerken wir bei der histologischen Beschreibung die verschiedenen in Anwendung ge- 
brachten Farbeverfahren. 

Schilderung der Schnitte: Die Schleimhaut des groBen Magenblindsackes 
(peptische Region) bietet folgenden Zustand bei der mikroskopischen Untersuchung. 
Eine erste Sene von Schnitten ist mit Hamatein gefarbt worden mit der sich anschliefien- 
den Farbung mittels sauren Fuchsins (Entfarbung mit Pikrinsaure) nach der A It m ann- 
schen Methode. Bei der Untersuchung der Drfisen- und Zelltopographie: Die 2 Zell- 
arten (Haupt- und Randzellen) sind mcht gewuchert. Man findet keine Kernmitosen. 
Zwischen den Driisen findet man keinen Leukocytenandrang und keine Zeichen einer 
Tatigkeit fixer Zellen. An der Oberflache der Schleimhaut, zwischen dem Driisenhals und 
dem Oberflachenepithel findet man einige erweiterte Epithelien, die rote Blutkorperchen 
enthalten. In derselben Gegend findet man geringe bindegewebige Verdickung. 

Die Untersuchung der feineren Struktur der Zellen, die an demselben Schnitte 
mittels Immersionslinse ausgefiihrt wurde, zeigt folgende Einzelheiten: Die groBe Mehr- 
zahl der Randzellen ist intakt; die Kerne sind normal; die acidophilen Granulationen 
des Cytoplasmas gut gefarbt In der Umgebung des Kernes finaet sich ein kleiner, 
heller, zentraler Raum (Fig. 14), das Ergebnis der Anhaufung der Zellgranulationen an 
der Peripherie. 

Andererseits finden sich in einer Anzahl mikroskopischer Gesichtsfelder (nicht in 
alien) einige vakuolisierte Randzellen, die im grofien und ganzen ein grofies Reticulum 
dargjtellen. Nahe an der Oberflache sind diese gefensterten Zellen zahlreicher und bilden 
eine iibrigens unterbrochene einzigartige Zellsdiicht. In den Vakuolen dieser Rand¬ 
zellen sient man recht deutlich Spirillen, die mittels sauren Fuchsins lebhaft rot gefarbt 
sind (Fig. 15). 

Die Hauptzellen zeigen ein Reticulum mit triibem Maschenwerk, durch Hamatein 
schwach violett gefarbt. Die Basalportion dieser Zellen, ebenfalls mit Hamatein gefarbt, 
ist kaum angedeutet; dieselbe ist zu einem sehr diinnen violetten Streifen reduziert. 
Die auBere Portion wird von einem langlichen Kettchen acidophiler Granulationen 
durchsetzt, die sehr wohl in vielen Zellen sichtbar sind. Von seiten des Kernes ist 
nichts zu bemerken. 

An einer anderen Serie von Schnitten, die mittels Safranin gefarbt und durch 
saures Violett entfarbt sind, sieht man, daB die Hauptzellen von dicken Pepsinogen¬ 
granulationen durchsetzt sind. 

Hund No. 4, 13 kg schwer. 

1. Jan. 1903. Der Magensaft wird nach einem Probefruhstiick (1 Tag vorher 
hatten die Tiere immer gefastet) entnommen; nach der Methode Hayem-Winter 
werden folgende Werte erzielt: 

Gesamtsaure (A) = 165 T 

Freie Salzsaure (H) =0 p =2,31 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 206 a_H 

Gesamtchlor (T) = 366 —p— = 0,80 

Fixes Chlor (F) =158 u 


T 

F = 2 > 31 
= 0,80 


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670 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


An demselben Tage werden demselben subkutan 45 ccm Serum (vom 31. Dez. 
1902) von der Ziege No. 2 eingeapritzt. In den folgenden Tagen grofie lokale Schwellung. 

18. Jan. Subkutane Einspritzung von 75 ccm Serum (vom 16. Jan.) von der- 
selben Ziege. Obwohl das Serum sehr sauber aufgefangen und aufbewahrt wurde 
(dasselbe ist sehr klar), tritt in den folgenden Tagen ein Abscefi auf, der incidiert und 
gewaschen werden mufite. Das Tier zeigt keine Anomalie von seiten dee Magens. 

25. Jan. Subkutane Einspritzung von 60 ccm Serum (vom 23. Jan.) von der- 
selben Ziege. Dem Serum sind 0,5 Kreosot zugesetzt worden, die mit einigen Tropfen 
Alkohol und destilliertem Waeser vermischt wurden. Keine Eiterung in den darauf- 
folgenden Tagen. 

8. Febr. Subkutane Einspritzung von 70 ccm eines Gemisches gleicher Teile von 
den Ziegen No. 2 und 3 gelieferten Serums (vom 6. Febr.). 

13. Febr. Das Tier bietet nichts Besonderes von seiten seines Magens. Die 
Analyse dee Magensaftes gibt folgende Besultate: 

Gesamtsaure (A) = 146 

Freie Salzsaure (H) = 0 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 118 

Gesamtchlor (T) = 360 

Fixes Chlor (F) = 248 

Hund No. 5, 12 kg schwer. 

15. Marz 1903. Entnahme des Magensaftes nach Probefriihstuck. Die Analyse 
(Hayem-Winter) gibt folgende Werte: 

Gesamtsaure (A) = 292 Gesamtchlor (T) = 408 

Freie Salzsaure (H) = 0 Fixes Chlor (F) = 182 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 226 

An demselben Tage Einspritzung von 50 ccm Serum vom 13. Marz (Mischung 
gleicher Teile Serums von den Ziegen No. 2 und 3). 

21. Marz. Einspritzung von 50 ccm gleichen Gemenges. In den folgenden Tagen 
Abscefibildung. 

3. April. Subkutane Einspritzung von 32 ccm Serum (Mischung vom 1. April). 

14. April. Das Tier zeigt nicht die geringsten gastrischen Symptome. Trotzdem 
wird der Magensaft analysiert mit folgendem Ergebnis: 

Gesamtsaure (A) = 215 Chlorhydrie (H + C) = 153 

Freie Salzsaure (H) = 14 Gesamtchlor (T) = 357 

Organisch gebundenes Chlor (C) = 139 Fixes Chlor (F) = 204 

Eine neuerliche Analyse, die nacn 10 Tagen gemacht wird, zeigt beinahe dies el ben 
Werte. 


Vorderhand ziehen wir keinerlei Schlufi aus den bisher raitgeteilten 
Versuchen, in welchen die Einspritzungen des Serums in das Unterhaut- 
zellgewebe stattgefnnden haben. Wir behalten es uns vor, darauf zurflck- 
zukommen, nachdem wir unsere s&mtlichen Versuche an Hunden ge- 
schildert haben werden, indem wir es versuchen wollen, die sich hieraus 
ergebenden Schlflsse zusammenzufassen. Vorderhand bemerken wir, 
dafi die ersten Versuche mit unserem subkutan einverleibten Serum uns 
daran denken liefien, dafi wir es mit einem wenig wirksamen Produkt 
zu tun h&tten. AUein, wie sp&ter gezeigt werden wird, haben die an 
Hunden gemachten intravenosen Einspritzungen unseren diesbezflglichen 
Standpunkt ganz und gar ge&ndert. 


T 

p — 1*44 
A-H 

—q- = 1,30 


Intravenbse Einspritzungen von gastrotoxischem 
Serum. Noch vor der Vornahme der Versuche hieJJ es sich darQber 
GewiBheit zu verschaffen, wie normales Blutserum von Ziegen auf Hunde 
nach intravenOser Einspritzung zu wirken im stande sei. 
versuche sind also ebenfalls angestellt worden. 

IntravenOse Einspritzung von normalem Serum. Dies9r 
Versuch ist an zahlreichen Tieren ausgefQhrt worden, von denen wir 
nur zwei anftthren wollen. 


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Theohari u. Babes, Deber ein gastrotoxisches Serum etc. 


671 


Hund No. 6, 15 kg schwer. 

19. Nov. 1902. Intravenose Einspritzung von 60 ccm normalem Ziegenblutserum. 
Das Tier zeigt keinerlei Erscheinungen, weder bald noch spater. 

Hund No. 7, 7 kg 500 g schwer. 

19. Nov. 1902. In die Jugularvene werden 40 ccm von einer normalen Ziege 
stammendee Serum eingespritzt. Keinerlei Erscheinungen, weder bald nach der Ein- 
spritzung noch spater. Der Hund ist lustig und befinaet sich wohL 

Nun wollen wir diejenigen Beobachtungen schildern, die wir an den 
Hunden gemacht haben, denen gastrotoxisches Serum in die Venen ein¬ 
gespritzt wurde. Die Einspritzungen lassen sich sehr leicht in die 
Jugularis machen nach vorheriger Rasierung der seitlichen und unteren 
Halsregion. 

Einspritzungen von starken Dosen aktiven Serums. 
Die intravendsen Einspritzungen mit massiven oder geringeren Dosen 
dienten uns nicht nur zur Feststellung der Eigenschaften des gastro- 
toxischen Serums, sondern auch urn ann&hernd den Grad der Wirksam- 
keit des Serums zu verschiedenen Zeitabschnitten festzustellen. 

Hund No. 8, 14 kg 500 g Bchwer. 

23. Nov. 1902. In die Jugularvene werden 60 ccm von der Ziege No. 2 (vom 
16. Nov.) gelieferten Serums eingespritzt Schon wahrend der Einspritzung ist das Tier 
aufgereflrt und kann sich nicht mehr auf den Beinen halten; es fallt auf die Seite, 
wahrend die Extremitaten inkoordinierte Bewegungen machen. Nach 2—3 Minuten 
tritt an die Stelle der Aufgeregtheit ein subkomatoser Zustand. Das Tier atmet tief, 
beechJeunigt, krampfartig. Konjunktivalreflex ist nicht mehr vorhanden. Die Atmung 
wird iinmer langsamer, so dafl das Tier 10—15 Minuten nach der Einspritzung verendet. 

Sektion: Der Magen wird sofort gedffnet, von dem Stiicke fur die histologische 
Untersuchung entnommen werden. 

Makroskopisch zeigt die Schleimhaut des Magens eine starke Kongestion. Dieselbe 
ist blaulichrot oder wie dunkelroter Wein. Dieselbe Farbung trifft man an der Schleim- 
haut des Diinndarms. Keine dergleichen Hyperamie in irgena einem der inneren Organe. 

Hi stologische Untersuchung: An der Oberflache der Schleimhaut erweiterte 
Kapillaren, die mit roten Blutkorperchen gefiillt sind. Die Hauptzellen zeigen einen 
wohlerhaltenen Kern. Das cvtoplasmasche Reticulum ist in der ganzen Ausdehnung 
der ZelJe sichtbar; der Mascnemnhalt ist hell; es finden sich nur Spuren von Basal- 
faden. Mittels safraninsaurem Violett wird festgestellt, dafi die Hauptzellen kein Pepsin¬ 
ogen enthalten. 

Die Randzellen sind auf den ersten Blick durch saures Fuchsin ungleichmafiig 
gefarbt. Viele Zellen zeigen normale acidophile Granulationen (Fig. 6). In anderen 
Zellen sind die Granulationen wie verwischt. Das Cytoplasms zeigt ein homogenes 
rosafarbiges Aussehen; auf diesem Grunde heben sich aie Granulationen ab, die einen 
gut, die anderen schlecht gefarbt. 

Diese Alteration des Cytoplasmas der Randzellen sieht man uberail an der Ober¬ 
flache der Schleimhaut. Daselbst finden sich auch viele Randzellen mit normalem 
Kern, wahrend andere modifizierte Kerne aufweisen (Fig. 6). Der Kern ist abgeplattet 
oder langlich oder aber erinnert derselbe in einigen Zellen an eine Sternform. Das 
Aussehen des Kernes ist durchaus homogen (Fig. 6), indem er durch Hamatein im 
ganzen dunkelblau gefarbt wird. Die Kerne der Randzellen, die gleichfalls als struktur- 
loee Masse erscheinen, zeigen eine Vorliebe fiir saures Fuchsin, aas ihnen eine dunkel- 
rote Farbe (Fig. 10 u. 11) verleiht. 

In den um die Kapillaren befindlichen Driisen sieht man keine Leukocyten. 

Hund No. 9, 15 kg 500 g schwer. 

29. Nov. 1902. Intravenose Einspritzung von 60 ccm Serum (vom 28. Nov.) von 
der Ziege No. 2. Nachdem er losgelassen wird, versucht derselbe sich aufzurichten, 
allein er schwankt und fallt auf die Seite. 

Das Tier ist etwas aufgeregt, verfallt dann in Koma mit tiefer, beschleunigter, 
unregeimaSiger Atmung. Wie das vorige verendet auch dieses Tier 10—15 Minuten 
nach der Einspritzung. 

Sektion: Bedeutende Hyperamie des Magens mit Blaulichfarbung der Schleim- 
haut. An manchen Stellen des groQen Blindsackes starker gefarbte, rote Plaques. Die¬ 
selbe Farbung findet sich an der Schleimhaut des Diinndarms. 

Die histologische Untersuchung liefert neben einigen Abweichungen die- 
selben Resultate wie beim Hunde No. 8. Dieselbe Erweiterung der Kapillaren, namentlich 
an der Oberflache der Schleimhaut. Dieselbe (morphologische) Integritat des Kernes 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


der HauptzeLlen. Sie haben in diesem Falle eine wenig lebensf&hige Basalportion, was 
durch einen dunnen blaulichen Streifen angedeutet ist; andere Zellen zeigen nur auf 
das ganze Cytoplasma sich erstreckende Reticulum. 

Die zum grofien Teil normal erscheinenden Randzellen zeigen besonders an der 
Oberflache eine Art Aufloaung der acidophilen Granulationen mit homogenem rosigen 
Grunde, woselbst die mehr oder minder gut gefarbten Granulationen aichtbar sind. 
Eine gewisse Anzahl von Zellen zeigt das oben beschriebene homogene Aussehen. Diese 
Kerne sind haufig verlangert, wurstformig. 

Die Einspritzungen von groBen Dosen gastrotoxischen Serums ver- 
anlassen den blitzartig auftretenden Tod des Hundes, genau so wie ein 
allgemeines starkes Gift. Schw&chere Dosen dieses Serums verursachen 
deutliche Erscheinungen von seiten des Verdauungsrohres. Indem die 
Giftigkeit des Serums w&hrend der 10 Versuchsmonate in weiten Grenzen 
schwankt, war dasselbe manchmal sehr giftig und ein anderes Mai 
schw&cher. Es ist hieraus ersichtlich, daB wir manchmal beobachten 
konnten, wie 5 ccm einen raschen Tod zur Folge hatten, wfihrend wir 
ein anderes Mai mehr als 20 ccm einzuspritzen vermochten. Es ist 
dies der Grund, warum wir so zahlreiche Versuche gemacht haben. 

Einspritzung geringerer Dosen aktiven Serums. 

Hund No. 10, 15 kg schwer. 

1. Dez. 1902. Intravenose Einspritzung von 15 ccm Serum [vom 28. Nov. 1 )) 
von der Ziege No. 2. Wahrend derselbe losgelost wird, beginnt reichliches Erbrechen. 
Das zu Begmn aus genossener Nahrung bestehende Erbrechen wird dann schleimig. 
Zu gleicher Zeit hat aas Tier eine normal aussehende Darmentleerung. Nach einigen 
Minuten ist das Tier nicht mehr im stande, sich aufrecht zu erhalten; dasselbe schwankt 
und fallt auf die Seite. Der Hund ist sehr niedergeschlagen und nicht im stande, sich 
von einer Stelle zur anderen zu bewegen. Er jammert, was wohl auf Schmerzen zuriick- 
zufiihren ist. An der Bauch wand bemerkt man starke peristaltische Bewegung der 
Darmbchlingen, die sich der Reihe nach abzeichnen. Es folgen fliissige Darmentleerungen. 
Etwa y / 4 Stunden nach der Einspritzung hat das Tier sicn ein wenig erholt; dasselbe 
ist nicht mehr so niedergeschlagen und richtet den Kopf in die Hohe, wenn es gerufen 
wird. 2 V f Stunden nach der Einspritzung sind die diarrhoischen Darmentleerungen 
mit Blut vermischt; das Tier verliert groBe Mengen hellroten Blutee. Der Hund wird 
3 7* Stunden nach der Einspritzung geopfert, indem derselbe infolge der Darmblutungen 
hypothermisch und dem Verenden nahe ist 

Bei der Sektion findet sich eine starke Kongestion der Magenschleimhaut, die 
lilafarbig ist, ohne daB extravasiertes Blut im Magen angetroffen worden ware. Die 
Pylorusregion bietet kein hyperamisches Aussehen. 

Die Schleimhaut des Diinndarms zeigt in samtlichen Schlingen starke Kongestion. 
An der Oberflache der Schleimhaut findet sich Schleim und viel extravasiertes, zum 
Teil geronnenes Blut. 

Die Schleimhaut des Dickdarms hat normale Farbung bewahrt und ebenso die 
dem Dickdarm zugewendete Flache der Ileocokalklappe. Umgekehrt zeigt die dem 
Dunndarm zugekenrte Flache der Klappe Hyperamie, genau so wie die Schleimhaut 
dieses Darmabschnittes. 

Die histologische Untersuchung der Schleimhaut des grofien Blindsackes 
zeigt, daB nur eine kleine Anzahl von Zellen Strukturanderungen beherbergen. Ebenso 
bieten eine bestimmte Anzahl Hauptzellen ein Cytoplasma samt Reticulum ohne Basal- 
teil und mit wohlerhaltenem Kern. Namentlich ist dies an der Oberflache der Fall. 
In der Tiefe der Schleimhaut zeigen die Hauptzellen einen Basalteil, nur ist derselbe 
recht diinn. Der Mascheninhalt ist getriibt; mittels Safranin und saurem Violett wird 
ersichtlich, daB die Maschen pepsinogenhaltig sind, wahrend dies in der oberen Region 
der Schleimhaut nicht der Fall ist. 

Eine bestimmte Anzahl von Randzellen, stets an der Oberflache, sind stark gefarbt, 
andere hinwieder sind blaB. Bei starker YergrfiBerung wird man sich daruber klar, 
daB die Granulationen wie verwischt sind. In denselben Zellen haben die Kerne ihre 
Form bew^rt, nur sind sie homogen und haben eine stark dunkle Farbung — ein 
Mittelstadium zwischen Hamatein- und saurer Fuchsinfarbung. 


1) In der Vereuchsgeschichte der Ziege No. 2 iibersahen wir die Blutentnahme 
vom 28. Nov. zu notieren; das von diesem Datum stammende Serum wurde von uns 
zu mehreren Versuchen verwendet. 


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Theohari a. Babes, Ueber ein g&strotoxisches Serum etc. 


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In der Tiefe der Schleimhaut gibt es nur eine geringe Anz&hl von Zellen, die die 
beschriebenen Veranderungen aufweisen. Die iibrigen Zellen zeigen einen hellen Zentral- 
raum in der Umgebung des Kernes mit Anhaufung der Granulationen an die Peripherie. 

Die Kapillaren sind an der Schleimhautoberflache erweitert und mit Blut erfullt. 

Hand No. 11, 9 kg schwer. 

6. Dez. 1902. In die Jugularis werden 9 ccm Serum (vom 28. Nov.) von der 
Ziege No. 2 eingespritzt. Gleich darauf kr&rapfhaftes Erbrechen, urspriinglich von 
Nahrungsresten, spater von rosig gefarbtem Schleim. Das Tier ist niedergescMagen und 
fallt auf die Seite. Es folgen diarrhoische Darmentleerungen, die immer schleimiger 
werden. Etwa 2 Stunden nach der Einspritzung Auftreten einer betrachtlichen Darm- 
blutung, die sich mehrere Male wiederhoit. Etwas kiirzer ala 4 Stunden nach der Ein¬ 
spritzung ist das Tier tot. 

Bei der Sektion findet man wenig rosig gefarbten Schleim im Magen mit Kon- 
gestion der Schleimhaut des grofien Magenblindsackes. Hortensiafarbige Hyperamie 
aer Schleimhaut dea Dunndarms bis zur lleocokalklappe. Die Schleimhaut des Dick- 
darms zeigt Normalfarbung. In Anbetracht dessen, daB die Sektion erst mehrere Stunden 
nach dem Tode gemacht worden ist, verzichteten wir diesmal auf die histologische 
Untersuchung. 

Hund No. 12, 15 kg schwer. 

30. Jan. 1903. Intravenose Einspritzung von 20 ccm Serum (vom 23. Jan., 
Ziege No. 2). Schon wahrend der Einspritzung deutet sich Erbrechen an, das sich 
gleich nach der Loslassung auch einstellt. Das Tier kann sich nicht aufrecht erhalten, 
fallt um und ist sehr nieaergeschlagen. Auftreten von Diarrhoe, nach etwa 2 Stunden 
geht reines Blut ab. Die Darmblutung dauert fort. 6 Stunden nach der Einspritzung 
wird das Tier geopfert. 

Bei der Sektion werden Stiickchen aus der Magen- und Darmschleimhaut rasch 
fiir die histologische Untersuchung entnommen. 

Makroskopisch ist die Schleimhaut des groBen Magenblindsackes stark gerotet. 
Im Magen findet sich etwas extravasiertes Blut. Im Darm findet sich eine sehr groBe 
Menge Blut. Nach vorangegangener Waschung sieht man, daB die Schleimhaut des 
Dunndarms bis zur lleocokalklappe lebhaft rot gefarbt ist. 

Die histologische Untersuchung der peptischen Region des Magens liefert 
folgende Resultate: Man findet eine auBerordentlich starke Hyperamie. Samtliche 
Kapillaren sind erweitert, an manchen Stellen zerrissen und mit Blut vollgestopft. 
Durch die Kapillarenerweiterung scheinen die Drusenacini voneinander dissoziiert Das- 
selbe Bild findet man im ganzen Durchschnitt der Mucosa, nicht nur, wie in den 
frfiher beschriebenen Fallen, an der Oberflache. 

Die RandzelJen (Fig. 8) sind mittels saurem Fuchsin sehr ungleichmafiig gefarbt: 
Die einen sind stark rot, die anderen nur schwach rosa, nur daB m alien die Granu¬ 
lationen verwischt oder aufgelost sind, mit voller Aufgabe ihrer Individualist. In 
manchen Zellen sieht man, wie auf farbigem Grunde sich einige Granulationen abheben. 
Andere Zellen hinwieder zeigen ein durcn saures Fuchsin gleichmaBig gefarbtes Cyto- 
plasma. 

In vielen Randzellen (Fig. 8) finden sich Spirillen, die leicht durch ihre starke 
Farbung auffallen. 

Eine gewisse Anzahl Kerne sind in den Randzellen wohlerhalten: Sie zeigen ein 
Kernreticulum und Chromatingranulationen. AUein die Mehrzahl der Kerne, ob in 
ihrer ureprtinglichen Form oder nicht, zeigen ein homogenes Aussehen; sie sind stark 
gefarbt und zeigen eine Zwischenstufe zwischen dem Rot des Fuchsins und dem Blau 
aes Hamateins. Vorherrschend aber ist das Rot des sauren Fuchsins. 

Die Hauptzellen zeigen keine Spuren von Basalfaden, sondern nur ein Reticulum 
mit hellem Mascheninhalt. Mittels Safranin und saurem Violett sind keine Pepsinogen- 
granulationen nachweisbar. Die Kerne der Hauptzellen zeigen keine merkliche Aenderung. 

Die Schleimhaut des Dunndarms zeigt stark erweiterte, blutgefiillte Kapillaren; 
in der Gegend der Zotten finden sich zahlreiche Kapillarenrisse. In der ganzen Dicke 
der Schleimhaut sind aufieret zahlreiche mononukleare Leukocyten vorhanden; nur sehr 
wenige sind polynuklear; an manchen Stellen bemerkt man eosinophile Zellen. An 
vielen Stellen zeigt das Epithel einen deutlich gestreiften Rand. Andere Zellen ent- 
halten weite Vakuolen mit hellem Inhalt. Die in vielen Zellen normalen Kerne haben 
ein homogenes Aussehen; das Hamatein verleiht ihnen eine dunkelblaue Farbe, allein 
ohne daB es moglich ware, die Einzelheiten des Kernbaues zu unterscheiden. 

Eine Zeitlang verwendeten wir zu unseren Versuchen ein Gemisch 
gleicher Teile der von unseren beiden Ziegen (No. 2 und No. 3) ge- 
Ueferten Sera. Sp&ter benutzten wir von neuem nur das von der Ziege 

Erste Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 6. 43 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVm. Heft 6. 


No. 2 stammende Serum. Wir geben hier in der Folge der gemachten 
Versuche die mit den anderen intravenfisen Einspritzungen erzielten 
Resultate. Auf diese Weise befinden wir uns vor einer so ansehnlichen 
Reihe von Tatsachen, die die Wirksamkeit unseres gastrotoxischen Serums 
fiber alien Zweifel setzen. 


Hund No. 13, 14 kg 600 g schwer. 

7. Febr. 1903. In aie Jupilaris werden 24ccm Serum (Mischung vom 6. Febr.) 
eingespritzt. Nach der Einspritzung befindet sich das Tier unwohl. Feste Darment- 
leerung. Erbrechen der genossenen Nahrung. Auftreten von immer fiiissigeren, blut- 
gefarbten Diarrhoen. SchlieHlich entleert sich durch den Darm nur noch reines Blut. 
Auf der Seite liegend, mit Hypothermie, verendet der Hund etwa 10 Stunden nach der 
Einspritzung. 

Bei der erst am nachsten Morgen gemachten Sektion finden wir die bereits ce- 
schilderte Kongestion an der Magen- und Dunndarmschleimhaut, die mit einer grotten 
Masse Blut gefullt sind. Nichts in den iibrigen Organen. 

Hund No. 14, 12 kg 500 g schwer. 

12. Febr. 1903. Intravenose Einspritzung von 20 ccm eines Gemisches beider 
Sera (Ziege No. 2 und 3, Blotentnahme vom 6. Febr.). Gleich nach der Einspritzung 
reichliche Harnentleerung, wie dies iibrigens stets und bei samtlichen Versuchstieren 
beobachtet wurde. Wir Demerken dies nur nebenbei, weil es schliefilich ohne grofle 
Bedeutung ist. 

Einige Minuten, nachdem die Einspritzung in die Venen eingedrungen ist, Auf¬ 
treten von reichlichem Erbrechen. An aer Bauch wand zeichnen sich die Darmschlingeii 
ab, die starke Bewegungen ausfiihren. Es stellt sich dann blutige Diarrhde ein, die 
sich bald in reine Blutergiisse umwandelt Das Tier ist 8 Stunden nach der Ein- 
spritzung agonisch, dasselbe wird geopfert, um histologisch vorwurfslose Praparate zu 
erzielen. 

Bei der Sektion findet man im Innern des Magens ein wenig mit Schleim ver- 
mischtes Blut Die stark kongestionierte Schleimhaut des grofien Blindsackes ist dunkel- 
rot. An einigen Stellen sieht man schwarze Flecken (hamorrhagische Ergiisse). Die 
Pylorusschleimhaut zeigt keine Kongestion. Der Dunndarm enthalt grofle Massen Blut 
und Schleim. Die lebnaft rot gefarbte Schleimhaut behalt dieses^ Aussehen in ihrer 
ganzen Ausdehnung bis zur 


Die Schleimhaut des Dickdarms hingegen 
zeigt keinerlei Veranderung, ebenso die iibrigen Bauchorgane. 

Die histologische Untersuchung liefert Resultate ahnlich jenen, die beim Hunde 
No. 12 festgestellt wurden, mit einigen geringen Unterschieden. Die Schleimhaut der 
peptischen Region zeigt erweiterte, Dlutgefiillte Kapillaren; es lafit sich dies an der 
Gesamtdicke der Schleimhaut nachweisen. Diese erweiterten Kapillaren umgeben von 
alien Seiten die Driisenschlauche, die sie voneinander trennen. 

Die Randzellen sind durch das saure Fuchsin zum Teil sehr stark gefarbt, zum 
Teil sind dieselben etwas blasser. Auf dem farbigen Zellgrund heben sich die ver- 
wischten, verstrichenen Granulationen nur schlecht ab. Manche Randzellen sind in 
einen homogenen, glasigen, mittels saurem Fuchsin lebhaft rot gefarbten Block um- 

f ewandelt. Einige Kerne haben ein normales Aussehen; allein die meisten Randzellen- 
erne sind homogen, mittels saurem Fuchsin und Hamatein einformig gefarbt In 
vielen dieser homogenen Kerne ist das Rot des sauren Fuchsins vorherrschend. 

In einer groften Anzahl von Randzellen finden sich Spirillen, sogar mehr als in 
der Schleimhaut des Hundes No. 12. In den der Oberflache benachbarten Randzellen 
findet man dicke Bakterien. Es finden sich Spirillen sowohl im Drusenlumen wie in 
den Randzellen, aber nie im Innern der Hauptzellen. 

Die Hauptzellen zeigen einen anscheinend normalen Kern. Ihr Cytoplasma ist 
von einem hellmaschigen Reticulum gebildet; Basalfaden sind nicht vorhanden. Mittels 
safraninsaurem Violett uberzeugten wir uns, dali sie Pepsinogen nicht mehr bilden. 

Die Pylorusschleimhaut zeigt keine Kapillarenerweiterung. Die Drusenzellen zeigen 
nicht die geringste sichtbare Aenderung. 

Die Schleimhaut des Diinndarms zei^ allgemeine Kapillarenerweiterung mit Vor- 
handensein von ahnlichen mononuklearen Leukocyten und &hnlichen Strukturverande- 
rungen, wie sie in Fall No. 12 geschildert wurden. 

Hund No. 15, 8 kg 500 g schwer. 

14. Febr. 1903. In die Jugularvene werden 5 ccm Serum (Mischung vom 6. Febr.) 
eingespritzt. Das Tier beginnt zu erbrechen und ist stark niedergeschlagen; schliefllich 
steflt sich blutige Diarrhbe ein. Wahrend der Nacht verendet das Tier, etwa 10 Stunden 
nach der Einspritzung. 


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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc. 


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Bei der am folgenden Tage vorgenommenen Sektion finden wir Selbstverdauung 
dee Magens. Trotz alledem erkennt man deutlich die vorhandene Kongestion der 
Schleimnaut dee Magene und dee Dunndarms. 

Hund No. 16, 16 kg schwer. 

15. Febr. 1903. Intravenose Einspritzung von 8 ccm Serum (Mischung vom 
6. Febr.). Gleich nach der Einspritzung zeigt das Tier, dae gehungert hatte, schleimiges 
Erbrechen. Ee fallt auf die Seite. Darauf folgt blutgemischte Diarrhoe. Dae Blut 
wird in geringen Mengen nach auften befordert, allein die Hamorrhagie ist andauemd. 
W&hrend der Nacht, etwa 15 Stunden nach dem Eindringen dee Serums in die Vene, 
verendet das Tier. 

Bei der Sektion finden wir Selbstverdauung dee Magens. Die Schleimhaut dee 
Magens und dee Dunndarms ist veilchenfarbig. JLm Dunnaarm findet sich viel Blut, 
ebenso im Dickdarm, allein die Schleimhaut des letzteren ist normal und das Blut 
stammt ganz bestimmt aus dem Diinndarm. Die iibrigen Bauchorgane sind normal. 

Hund No. 17, 15 kg schwer. 

5. Marz 1903. Intravenose Einspritzung von 15 ccm Serum (Mischung vom 
22. Febr.). Gleich nach der Einspritzung wird aas Tier niedergeschlagen, hat Erbrechen 
und flussige Darmentleerung. Spa ter reichliche Blutergiisse. Am folgenden Tage sind 
die Darmentleerungen noch immer gefarbt Dae Tier verendet etwa 23 Stunden nach 
der Einspritzung. 

Bei der Sektion findet man eine aufieret Starke blutige Infiltration, ein grofies, die 
Mucosa und die Submucosa dee Magen blindsackes einnehmendes Hamatom. Die Darm- 
schleimhaut zeigt die fur gewohnlich beobachteten Kongeetionen und Hamorrhagieen. 

Hund No. 18, 14 kg 500 g schwer. 

4. April 1903. In die Jugularvene werden 14 ccm Serum (Mischung vom 
1. April, zweite Flasche) eingespritzt Alsbald beginnt dae Tier zu schwanken und 
zu erbrechen; es fallt auf die Seite, bekommt tiefe, unregelmafiige Atemziige und ver¬ 
endet 10—15 Minuten nach der Einspritzung. 

Bei der Sektion finden wir Veilchenfarbung der Magen- und Dunndarmschleim- 
haut, ohne dafi im Innern dieser Organe extravasiertee Blut vorhanden ware. 

Hund No. 19, 13 kg schwer. 

5. April 1903. Intrave'ndse Einspritzung von 6 ccm Serum (Mischung vom 
1. April, zweite Flasche). Das Tier bekommt in der Folge Erbrechen, feste Darment¬ 
leerungen und ist dann sehr niedergeschlagen. Nach etwa 1 Stunde richtet sich dasselbe 
auf und scheint sich zu erholen. Allein es tritt nun blutige Diarrhbe ein, die von 
gTofien Darmblutungen gefolgt ist. Das Tier verendet etwa 7 Stunden nach der Serum- 
einspritzung. 

Bei aer Sektion finden wir das schon mehrfach beschriebene makroskopische 
Aussehen. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigt die Magenschleimhautverande- 
rungen ahnlich jenen, die wir bei den Hunden No. 12 und No. 15 beschrieben haben. 
Die Drusenacini sind durch erweiterte, mit roten Blutkdrperchen vollgestopfte Kapillaren 
dissoziiert. Die Randzellen sind ungleichmafiig gefarbt. Wenig sichtbare, wie aufgel5ste 
Granulationen. Die meisten Zellen haben em homogenes Aussehen und sind stark 
gefarbt Zahlreiche Spirillen in den Randzellen. 

Die Kerne der Hauptzellen sind wohlerhalten. Die Basalfaden und die Pepsinogen- 
granulationen konnten mcht sichtbar gemacht werden. 

In der Diinndarm schleimhaut sind die Kapillaren erweitert und zerrissen. Zahl¬ 
reiche mononukleare Leukocyten. Keine Anomalieen in den iibrigen inneren Organen. 

Hund No. 20, 13 kg 500 g schwer. 

5. Juni 1903. Intravenose Einspritzung von 10 ccm von der Ziege No. 2 
stammendes Serum (Blutentnahme vom 4. Juni). Alsbald auftretendes krampfhaftes 
Erbrechen. Das Tier fallt auf die Seite und beginnt tief und unregelmaBig zu atmen. 
Nach 10—15 Minuten ist das Tier tot. 

Bei der Sektion finden wir eine starke Kongestion der Magen- und Diinndarm- 
schleimhaut, aber kein extravasiertes Blut 

Hund No. 21, 12 kg 500 g schwer. 

10. Juni 1903. In die Jugularvene werden 5 ccm Serum von der Ziege No. 2 
(Blutentnahme vom 4. Juni) eingespritzt. Bald nach der Losiassung bekommt das Tier 
schleimigee, krampfhaftes Erbrechen und feste Darmentleerung. Das sehr nieder- 
geschlagene Tier fallt auf die Seite und verendet nach s /. Stunden ohne aufierlich 
sichtbare Darmblutungen. Bei der Sektion finden wir die Magenschleimhaut stark ge- 
rotet und ebenso dieienige des Dunndarms. Wenig extravasiertes Blut in der Darm- 
hohle. 


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Gentralbl. f. B&kt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXYIIL Heft 6. 


Wir sind in der Lage, noch andere Versuche anzuffihren, denn nach 
jeder Blutentnahme haben wir versucht, die geringste toxische Dose 
unseres Serums festzustellen. Indessen glauben wir, dafi das, was wir 
bisher mitgeteilt haben, es uns gestatten wird, im gegebenen Augenblick 
fiber die Wirkung unseres gastrotoxischen Serums feste Schlfisse zu 
ziehen. 

Nun wollen wir noch einige unserer Versuche anfflhren, die wir mit 
dem Serum der Ziege No. 3 angestellt haben, das, wenn auch minder 
toxisch als jenes der Ziege No. 2, uns doch die Mfiglichkeit gab, einige 
interessante Tatsachen feststellen zu kfinnen. 

Intravenose Einspritzungen von minder toxischem 
Serum (Ziege No. 3). 

Hund No. 22, 12 kg schwer. 

22. Dez. 1902. Intravenose Einspritzung von 55 ccm Serum von der Ziege. No. S 
(Blutentnahme vom 21. Dez.). Nichts Auffallendes bald nach der Einspritzung, noch 
im Laufe des Tages. Jedoch frifit das Tier nichts in den nachsten Tagen, erbricht 
mehrmals am Tage rosaroten Schleim und hat mit geringen Mengen Blut vermischte 
Darmentleerungen. Das Tier verendet in der Nacht des 27. Dez., 5 Tage nach der 
Einspritzung. 

Bei der Sektion finden wir Gastritis und hamorrhagische Enteritis. Die matte 
Darmschleimhaut zeigt verdickte Hyperamieflecken. Diese Veranderungen erstrecken 
sich nur bis zur Ileocokalklappe, ohne dafi dergleichen an der Schleimhaut des Dick- 
darms zu beobachten ware. 

Die Sektion konnte erst einige 8tunden nach dem Tode des Tieres vollzogen 
werden, so dafi hier auf die histologische Untersuchung der Magenschleimhaut verzichtet 
wurde. 

Hund No. 23, 16 kg schwer. 

17. Jan. 1903. In die Jugularvene werden 40 ccm Serum von der Ziege No. 3 
(Blutentnahme vom 16. Jan.) eingespritzt. Das losgeldste Tier scheint niedergeschlagen 
zu sein und richtet sich nicht auf; nach einigen Minuten reichliches Erbrechen der ge- 
nossenen Nahrung. Etwa 2 Stunden nach der Einspritzung Auftreten von Erbrechen; 
die erbrochenen Massen enthalten alteriertes Blut (schwarz gefarbt). Nach 4 Stunden 
ist das Tier munter und hat sich scheinbar vollkommen erholt. 

IVs Stunden spiiter (4 7, Stunden nach der Einspritzung) werden in die gegenseitige 
Jugularvene von neuem 32 ccm des gleichen Serums eingespritzt. 

Gleich nach dieser zweiten Einspritzung ist das Tier niedergeschlagen, beginnt ein 
wenig zu erbrechen, was aber bald aufhort. 2 1 /, Stunden nach dieser zweiten Ein¬ 
spritzung ist das Tier noch immer niedergeschlagen. Dasselbe wird geopfert, um die 
histologische Untersuchung in guten Verbaltnissen machen zu konnen. 

Bei der Sektion findet man eine bedeutende fliissig-schleimige Hypersekretion, 
die den Magen und den Dunndarm ausdehnt. Die Magenschleimhaut ist leicht hyper- 
amisch; die Kongestion ist etwas starker in der Gegena des Dunndarms, aber nur bis 
zur Ileocokalklappe. 

Die histologische Untersuchung liefert folgende Ergebnisse: Die Driisenacini zeigen 
ein bedeutendes zentrales Lumen (Fig. 4) als Folge der geringen Hohe der Hauptzellen. 
Diese haben einen anscheinend normalen Kern, der gegen die Basis der ZeUe verdrangt 
und dort angeschmiegt ist. Durch Hamatein und saures Fuchsin lassen sich keine 
Basalfaden nachweisen; das die ganze Zelle einnehmende Reticulum zeigt ein Maschen- 
werk mit triibem Inhalt. Entlang dem Reticulum und der lnterstitien aer Hauptzellen 
sieht man Streifen feiner, acidophiler, mittels saurem Fuchsin rot gefarbter Granulationen. 

Mittels safraninsaurem Violett (Fig. 5) wird man sich dariiber klar, dafi die Haupt¬ 
zellen ganz und gar mit groben Pepsinogengranulationen vollgestopft sind. Die Driisen- 
lumina enthalten ebenfalls Massen von Froferment. 

Die Randzellen zeigen einen wohl gekennzeichneten hellen Zentralraum. Die 
Granulationen sind an der Peripherie angebauft und stark zusammengedrangt. Der 
anscheinend normale Kern ist ebenfalls an die Peripherie geschoben. 

An manchen Stellen sieht man, wie die Umrisse des stark erweiterten Exkretions- 
kanak der Randzelle sich zwischen 2 Hauptzellen einschieben und bis zum Driisenlumen 
gelangen. 

Einige Randzellen sind verdickt, vakuolisiert und stellen ein Pseudoreticulum dar. 


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Theoh&ri u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc. 677 

Aufier einer leichten Kapiliarenerweiterung ist nichts von seiten des Interstitial 
gewebes zu bemerken. 

Hund No. 24, 12 kg 500 g schwer. 

18. Jan. 1903. Intravendse Einspritzung von 35 ccm Serum von der Ziege No. 3 
(Blutentnahme vom 16. Jan.). Nach der Injektion folgt schleimiges Erbrechen, da wir 
das Tier 1 Tag vorher hungern liefien. Das Tier ist niedergescnlagen und liegt dar- 
nieder. Darauf folgt Diarrhoe, die aber kein Blut enthalt. Etwa 5 Stunden nach der 
Einspritzung ist am Hunde nichts Krankhaftes zu bemerken. 

5 1 /* Stunden nach dieser letzten Serumeinspritzung werden dem Tiere von neuem 
25 ccm Serum in die Vene eingespritzt. Das Tier erbricht einigemal und die diarrhoi- 
schen Darmentleerungen sind rotlich gefarbt. Es bleibt auf der Seite liegen und atmet 
schwer. 7 Stunden nach der ersten und 1 1 / f Stunden nach der zweiten Einspritzung 
wird das Tier geopfert. 

Die Sektion gestattet uns dieselben Befunde zu verzeichnen, wie sie im vorigen 
Falle angetroffen wurden: Sehr bedeutende Hypersekretion, suspendierte Schleim- 
kliimpchen enthaltend, die den Magen und den Dunndarm ausfiillen. Leichte Kongestion 
der Schleimhaut dieser beiden Organe, besonders im Dunndarm, wahrend dies im Dick- 
darm nicht der Fail ist. 

Bei der histologischen Untersuchung findet man noch, dafi die Drusen- 
lumina sehr erheblich sind, viel grofier als im vorigen Fall. Die etwas niedrigeren 
Hauptzellen haben keine Basalfaden; der Inhalt des maschigen Zellnetzes ist getriibt. 
Dem Netze entlang finden sich feine Streifen acidophiler Granulationen. Mittels 
Safranin und saurem Violett sieht man, dafi die Hauptzellen von pepsinogenen Granu¬ 
lationen ausgefiillt sind. 

Die Randzellen sind (lurch einen dunnen, farbigen King dargestellt, der von den 
an die Peripherie gedrangten Granulationen gebildet ist; sie umgeben einen hellen 
Zentralraura, der den grofiten Teil der Zelle einnimmt. Der peripherische King ist an 
einer Stelle kurz unterbrochen und zwar dort, wo der erweiterte Exkretionskanal 
zwischen die Hauptzellen hindurch sich zum Zentrallumen der Druse hinzieht. Der 
Kern der Randzellen ist anscheinend kleiner und starker blau gefarbt; er ist gegen die 
Peripherie der Zelle gedrangt. 

Von den Drusen ist nichts zu bemerken. An der Oberflache der Schleimhaut 
findet sich eine wenig ausgesprochene Erweiterung der Kapillaren. 

Hund No. 25, 14 kg 600 g schwer. 

19. Jan. 1903. Intravenose Einspritzung von 40 ccm Serum (vom 16. Jan., 
Ziege No. 3). Gleich darauf Erbrechen, festen Stuhl, Niedergeschlagenheit. Es folgen 
dann diarrhoische Darmentleerungen, die etwas alteriertes Blut enthalten (schwarz). 
4 Stunden spater werden von neuem 25 ccm des gleichen Serums eingespritzt. Nach 
2 Stunden wird das Tier geopfert. 

Bei der Sektion finden sich grofie Fliissigkeits- und Schleimmassen im Magen 
und im Dunndarm; die Schleimhaut ist hier rotlich gefarbt. Die histologische Unter¬ 
suchung zeigt die geringe Hohe der Hauptzellen, die keine Basalfaden aufweisen und 
in ihrem Innern (ebenso wie die Driisenlumina) grofie Massen von Proferment enthalten. 
Der Kern ist an die Zellbasis angeheftet. 

Die Randzellen zeigen einen grofien, hellen Zentralratitn von einem peripherischen, 
mittels saurem Fuchsin gefarbten King, wo sich die scheinbar angehauften acidophilen 
Granulationen vorfinden. 

Wahrend in manchen Randzellen der helle Zentralraum nur klein ist, ist in 
anderen die Peripherie kaum durch einen dunnen, gefarbten Streifen angedeutet. Der 
ganze Rest der Zelle zeigt ein helles, mittels saurem Fuchsin ungefarbt bleibendes 
Aussehen. 

Wir wollen nun die Schlfisse ziehen, die sich aus diesen wie den 
vorhergehenden Versuchen ergeben, nachdem wir eine nur mSglichst 
objektive Schilderung unserer sfimtlichen Feststellungen betreffend das 
gastrotoxische Serum gegeben haben. 

Vorderhand beschranken wir uns auf die Bemerkung, dafi das von 
der Ziege No. 2 stammende Serum L&sionen der Magenzellen veran- 
lafite, die leicht zu finden waren, wfthrend der eingespritzte Hund ge- 
niigend fiberlebte. Das Serum der Ziege No. 3 veranlaBt, wenn auch 
weniger toxisch, eine Hypersekretion, folglich eine sekretorische Reizung 
der Magenzellen. Wir nahmen an, dafi, wenn wir Hunden unser von 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Ziegen herrfihrendes Serum — nicht in tbdlichen, sondern in wieder- 
holten kleinen Dosen — einspritzen wQrden, wir dabin gelangen dflrften, 
bei diesen Tieren chronische Magenl&sionen zu erzeugen. Indem wir 
das parallels Studium des Magenchemismus verfolgten, dachten wir, dafi 
wir hierdurch zu genaueren Feststellungen gelangen wiirden als unsere 
VorgSnger in Betreff der Verbindung zwischen dem histologischen Typus 
der Magenschleimhaut und seinem Sekretionsprodukt. 

Um dahin zu gelangen, dafi wir mittels unseres Gastrotoxins chro¬ 
nische Liisionen erzeugen, haben wir an zahlreichen Hunden intravendse 
Serumeinspritzungen gemacht, und zwar verwendeten wir das Serum der 
Ziegen gesondert Oder aber ein Serum gemisch. 

Diese Versuche, die a priori leicht ausfOhrbar schienen, gaben uns 
neben einigen positiven Tatsachen zahlreiche Mifierfolge. In der Tat, 
wiederholt man die Serumeinspritzungen mit geringen Dosen, so gelangt 
man bald zur Angewfihnung. Setzt man die Einspritzungen in derselben 
Dosis fort, so zeigt der Hund nicht die geringste klinische Erscheinung 
und die Analyse zeigt keinen wichtigen Chemismuswechsel, der es an- 
zeigen konnte, dafi eine chronische L&sion des Magens im Anzuge sei. 
Man mufi also jedesmal die Serumdosis vergrbfiern. Nun kommt es 
aber oft vor, dafi nach geringer Dosissteigerung das Tier Hamorrhagieen 
bekoihmt und verendet. 

Wenn nun wiederholt intravendse Einspritzungen gemacht werden 
sollen, so tritt noch eine andere Schwierigkeit zu Tage. Der Stich der 
Jugularis hat immer einen BluterguB zur Folge, der die Gegend immer 
anschwellen lfifit, so dafi dann einige Tage erforderlich sind, bis die 
Schwellung geschwunden ist. Das n&chste Mai wird die Einspritzung 
in die andere Jugularis gemacht. Das dritte Mai aber mufi wieder in 
jene Vene eingespritzt werden, die schon zur ersten Einspritzung ge- 
dient hat. Hier aber dringt infolge der Anschwellung die Nadel nicht 
gleich in die Vene; oft wird ein Teil des Serums in das benachbarte 
Gewebe eingespritzt. Trotz aller Asepsie und trotz strengster Anti- 
sepsie veranlafit doch das in das Unterhautbindegewebe eingespritzte 
gastrotoxische Serum entzfindliches Oedem, oft sogar einen Abscefi. 
Die von der lokalen Schwellung umringte Vene ist nach einiger Zeit 
gar nicht mehr zu gebrauchen, so dafi an dem betreffenden Tiere weitere 
Versuche nicht angestellt werden kdnnen. 

Wir wollen nun in chronologischer Reihenfolge eine Anzahl von 
Versuchen schildern, die wir zu dem Zwecke anstellten, um so subakute 
und chronische Zelll&sionen des Magens zu erzielen. 

(Fortsetzung folgt) 


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JOrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 679 


Nachdruck verboten . 

Schwankungen des Aggluticationsvermogens des Blutes 
im Verlaufe des Typhus abdominalis. 

[Aus dem Statens Seruminstitut in Kopenhagen.] 
Klinische und experimentelle Untersuchungen. 

Von Axel JOrgensen. 

Mit 44 Figuren. 

(Fortsetzung und SchluB.) 

XXVIII. Valdemar G. H., 18 Jahre alt. Bl. Hosp. 15. Nov. 1901 bis 21. Febr. 
1902. Plotzl. krank 5 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, Diarrhde, 
22. Nov. Nasenbluten, 24. Nov. biutgemischtes Erbrechen, 3. Dez. in reg. dors. u. an 
Nates Furunkel u. zahlr. hamorrhag. Vesikel. 7. Dez. neue Eruption, hamorrhag. Ve- 
sikel, zerstreute Pusteln und kleine subkut. Abscesse an Femora und Nates, 18. Dez. 
beginnende Besserung trotz andauernder Suppurat., 29. Dez. afebril, Wohlbef., Haut- 
affektion stark abnekmend, 20. Jan. Absce£ a. r. Femur, 25. Jan. Incision, 7. Febr. e. 1. 
Klin. Diagnose: F. t. Furunculosis, Diathesis haemorrhagica 1. gr. 

XXIX. 8vend L. L., 53 Jahre alt. Bl. Hosp. 14. Nov. 1901, starb 11. Dez. 1902. 
Prodromen 8 T., dann bettl. 4 T. v. Einbr. Stat. typh., Roseola, Meteorismus, Diar¬ 
rhde. 24. Nov. starke Schm. in r. Unterextrem., die stark geschwollen, Empfindlichkeit 
und Resistenz am V. saph. magn. und in Poples. 1. Dez. klagte iiber unbestimmte 
Schm. in der Brust, hustete heute ca. 100 ccm dunkelfarbige, blutige Flussigkeit aus. 

. Bei Stethoskopie Ronchi und feuchte Rochellaute in 1. Lunge. Stetnosk. des Herzens 
nat., Extrem. unverandert, 8. Dez. hat am letzten Tage grauschwarzes, stark stinkendes 
Expektorat ausgehustet. Steth. ergibt leichte Dampfung iiber 1. unt. Lungenlappen, 
grofie klangvolle Rochellaute und kavernose Respir., 10. Dez. Cyanose und beg. Tra- 
chealrallen. Klin. Diagnose: F. t. Phlebitis fem. d., Infarct, gangraen. pulm. sin. 
(Sektion verboten.) 

Schon 1897 fand Widal 1 ) die Agglutininstarke im Blute der 
Typhuspatienten w&hrend des Verlaufes der Krankheit schwingend. In 
demselben Jahre teilte Courmont 2 3 * * * * ) eine Reihe graphisch dargestellter 
Schwingungsbestimmungen bei Typhuspatienten mit und 3 Jahre sp&ter 
eine neue gr5Bere Reihe von Kurven 8 ). 

Trotz der unvollkommenen Technik, die eine oft starke Ungleich- 
heit im Steigen und Fallen der Kurven bewirkte, hat Courmont doch 
Resultate gewonnen, die in den Grundziigen mit meinen Versuchen 
iibereinstimmen: Ein Steigen bis zu einem Maximum und darauf ein 
Fallen, bis mOglicherweise ein neues Steigen beginnt 

Die Agglutininentwickelung beginnt in den meisten Fallen in der 
1. oder zu Anfang der 2. Krankheitswoche, und das Blut erreicht in 
der Regel das Maximum der Konzentration in der 3. Woche. 

Auf Grund seiner zahlreichen Kurven, die er mit den dazu ge- 


1) Widal et Sicard, La mensuration du pouvoir agglutinatif chez les typhiques. 
(Presse m4d. 1897.) 

2) Courmont, Courbe agglutinante chez les typhiques. (Rev. de m4d. 1897. 
1900.) 

3) Eine Arbeit iiber denselben Gegenstand: 

Iversen, Jul., Ueber die Schwankungen des Agglutinationsvermdgens des 

Serums im Verlaufe des Typhus abdominalis (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XLIX. 1905), 

sowie eine andere Arbeit iiber Agglutininschwingungen: 

Nicolie, Ch., Suites expenences relatives au ph^nomfene de Tagglutination (Ann. 
d. lTnst. Pasteur. 1904) erschien erst, nachdem meine Abhandlung auf danisch ver- 
offentlicht wurde. Ich habe deshalb dieselbe nicht berucksichtigen kbnnen; iibrigens 

scheinen sie in der Hauptsache meine Resultate zu bestatigen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 



horigen Temperaturkurven zusammenstellt, sucht Courmont eine „Sero- 
prognostik“ aufzustellen. Er geht davon aus, daB die Bildung von Ag¬ 
glutinin eine Verteidigungsreaktion des Organismus ist, und glaubt, daB 
ein bestimmtes Verhaltnis besteht zwiscben dem Verlaufe der Krankheit 
und dem der Agglutininentwickelung. 


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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 681 



Fig. XXIX. 


Die Berechtigung dieser Annahme wird von Ffirster 1 ), Kasel 
und Mann 2 3 4 5 ) nnd mehreren anderen, znletzt von Jflrgens 8 ) stark be- 
stritten. Auch meine 29 Ffille ergeben das Bestehen eines solchen Ver- 
h&ltnisses nicht. 

Um inzwischen genauer zu verstehen, was diese Schwingungen 
eigentlich bedeuten und was es ist, was w&hrend des Krankbeitsprozesses 
vorgeht, mufi man seine Zuflucht zu Versuchen an Tieren nehmen und 
dadurch die Bedeutung der einzelnen Faktoren zu erkennen suchen. 
Ich werde deshalb im folgenden zuerst meine Untersuchungen dieser 
Art mitteiien und danach mit den gewonnenen Resultaten die hier dar- 
gestellten Beobachtungen am Krankenbette und deren Bedeutung ffir 
Diagnose und Prognose zu beleuchten versuchen. 

Kapitel III. 

Schon in seinen ersten Arbeiten fiber Immunisierung mit Ricin und 
Abrin hat Ehrlich 1 ) darauf aufmerksam gemacht, dafi die Entwicke- 
lung der Antistoffe gewissen Schwingungen unterworfen sei, aber erst in 
seiner spfiteren Arbeit, die er zusammen mitBrieger 6 ) ausffihrte, ver- 
folgt er diese eingehender. Nachdem sie frfiher 6 ) einen Parallelismus 
zwischen dem Antitoxingehalt im Blute und in der Milch nachgewiesen 
hatten, bestimmten die Autoren den antitoxischen Wert in der Milch 
einer gegen Tetanus immunisierten Ziege mit kurzen Zwischenrfiumen 
und gaben mit Hilfe dieser Werte die „Tetanusantitoxinkurve“. 

Die unmittelbare Folge der Injektion von Toxin in das immuni- 
sierte Tier war ein bedeutender Fall der Antitoxin men ge, am 3.—4. Tage 
aber begannen die Werte wieder ruhig zu steigen, erreichten am 15. bis 
17. Tage ihr Maximum und nahmen dann wieder ab. 

In einer Reihe von weit ausffihrlicheren Versuchen an Pferden 
wiesen Salomonsen und Madsen 7 ) analoge Verhfiltnisse ffir die 

1) FOrster, Quantitative Untersuchungen iiber die agglutinierende und bakteri- 
zide Wirkung des Blutserums von Typhuskranken etc. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXIV. 
1697.) 

2) Kasel und Mann, Beitrage zur Lehre von der Gruber-Widalschen 
Serumdiagnoee des Unterleibstyphus. (Miinch. med. Wochenschr. 1899.) 

3) Jurgens, Beobachtungen iiber die Widalsche Reaktion und die Mitaggluti- 
nation der Typhusbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XLIII. 1903.) 

4) Ehrlich, Experimentelle Untersuchungen iiber Immunitat. (Dtsche med. 
Wochenschr. 1891.) 

5) Brieger und Ehrlich, Beitrage zur Kenntnis der Milch immunisierter Tiere. 
(Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XIII. 1893.) 

6) Brieger und Ehrlich, Ueber die Uebertragung von Immunitat durch Milch. 
(Dtsche med. Wochenschr. 1892.) 

7) Salomonsen et Madsen, Recherches sur la marche de l’immunisation active 

contre la dipht6rie. (Ann. de l’lnst. Pasteur. 1897 et 1899.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVTIL Heft 6. 


Diphtherieantitoxinkurve nach, nur erreicht das Diphtherieantitoxin sein 
Maximum am 9.—11. Tage nach der Injektion. 

Aehnliche Resultate ergeben Deans 1 ) Versuche. 

Untersuchungen dieser Art wurden sp&ter auf andere Antistoffe aus- 
gedehnt. So untersuchte Morgenroth 2 ) die Bildung von Antilab- 
ferment nach der Injektion von Labferment in Ziegen. Er fand &hn- 
liche Schwingungen wie bei Tetanus und Diphtherie, beobachtete aber 
keinen Fall nach der Injektion in immunisierte Tiere, und der Antistoff 
erreichte sein Maximum schon am 3. Tage nach der Injektion. 

Sp&ter hat Bulloch 3 ) sich mit HSmolysin beschaftigt; hier beginnt 
die Entwickelung kritisch am 4. Tage nach der Injektion (von Ochsen- 
blut in Eaninchen). Unmittelbar nach der Einspritzung in immunisierte 
Tiere wurde ein starkes Fallen beobachtet. 

Die Botulismus - Antitoxinkurve — studiert und dargestellt von 
Forssman und LundstrQm 4 ) — gleicht den anderen Kurven sehr, 
und in der allerneuesten Zeit hat v. Dungern 5 ) nachgewiesen, daB es 
sich mit der Prazipitinbildung ahnlich verh&lt. 

Was nun endlich die Bakterienantistoffe betriift, so hatten schon 
1898 Pfeiffer und Marx 6 ) sich darait in ihrer bedeutnngsvollen 
Arbeit „Die Bildungsstatte der Choleraschutzstoffe“ beschaftigt. Die 
Autoren geben an, daB der praventive Stoff sich im Blute von Meer- 
schweinchen frflhestens am 3. Tage nach der Injektion (intraperitoneal) 
von Cholerakultur zeigte, dann aber rasch stieg bis zum 8. Tage, um 
darauf langsam wieder zu verschwinden — und daB ahnliche Verhait- 
nisse fflr Agglutinin gelten. Entsprechende Schwingungen fand Ladis- 
laus Deutsch 7 ) fiir Typhusagglutinin und „Pouvoir pr6ventif u und 
zwischen diesen beiden Antistoffen einen ausgesprochenen Parallelism us. 

Diese Beobachtungen bekraftigten sich spater — auch fflr eine An- 
zahl von Antistoffen anderer Mikroben — durch Untersuchungen von 
Levy und Bruns 8 ) (B. typhi), v. Emden 9 ) (B. aerogenes), 
Jatta 1 °) (B. typhi), Goldberg ll ) (B. dysent.), Wright 12 ), Neu- 
feld 13 ) (Pneumoc.) und Levin 14 ) (B. coli). 

1) Dean, Problemes of diphtheria immunity. (Transact, of the pathol. soc. of 
London. 1900.) 

2) Morgenroth, Ueber den Antikorper des Labenzyms. (Centralbl f. Bakt etc. 
Bd. XXVI. 1899.) 

3) Bulloch, On the nature of haemolysis and its relation to bacteriolysis. (Trans¬ 
act. of the pathol. soc. of London. 1901.) 

4) Forssman et Lundstrom, Sur la marche de la courbe d’antitoxine dans 
Timmunisation active contre le botulisme. (Ann. de PInst. Pasteur. 1902.) 

5) v. Dungern, Die Antikorper. Jena 1903. 

6) Pfeiffer und Marx, Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXVII. 1898.) 

7) Deutsch, Contribution h l’6tude de Porigine des anticorps typhiques. (Ann. 
de Plnst. Pasteur. 1899.) 

8) Levy und Bruns, Beitrage zur Lehre der Agglutination. (Berl. klin. Wochen- 
schr. 1897.) 

9) v. Emden, Ueber die Bildungsstatte der agglutinierenden Bubstanzen bei der 
Infektion mit Bacillus aerogenes. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXX. 1899.) 

10) Jatta, Experiinentelle Untersuchungen iiber die Agglutination des Typhusbacillus 
und der Mikroorganismen der Coli-Gruppe. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXXIII. 1900.) 

11) Goldberg, Die Agglutinationsreaktion bei Infektionen verschiedenen Grades. 
(Centralbl. f. Bakt" etc. Bd. XXX. 1901.) 

12) Wright, On the changes effected by antityphoid inoculation in the bacteri¬ 
cidal power of the blood. (The Lancet. 1901.) 

13) Neufeld, Ueber die Agglutination der Pneumokokken und fiber die Theorieen 
der Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XL. 1902.) 

14) Levin, Coliagglutinins ana their course of formation. (Festkrift vedIndvielsen 
&f Statens Seruminstitut. 1902.) 


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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des BLutes etc. 033 


Die erste Arbeit, die sich nach einer genauen Methode mit den 
Schwingungen der Agglutinine im Blute besch&ftigt hat und diesen 
Schwingungen von Tag zu Tag folgte, ist die obenerwfihnte von Jor¬ 
gensen und Madsen 1 ). 

Im folgenden Abschnitt, der die Untersuchungen fiber die Agglu- 
tininschwingungen im Blute von Kaninchen und Ziegen, die mit Injek- 
tionen von Bakterienkulturen behandelt wurden, umfafit, habe ich mein 
Material so geordnet, daB ich 1) die Schwingungen nach einer einzelnen 
Injektion, dann 2) nach mehreren aufeinander folgenden Injektionen der- 
selben Kultur und endlich 3) nach gleichzeitigen oder einander folgen- 



Kaninchen. Injektion von 1 ccm 24 Stunden alter Kultur von B. typli. Am 
23. Versuchstage Injektion derselben Dosis und ca. 11‘/ 2 Monate spit ter wieder dieselbe 
Dosis. 


1) JSrgensen und Madsen, 1. c. 


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684 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXX V ill. Heft 6. 


den Injektionen von Kulturen verschiedener Bakterienformen (B. typh. 
und B. coli) behandle. 

Die Untersuchungen fiber die Schwingungen der Agglutininent- 
wickelung nach Einzelinjektionen sind an Ziegen und Kaninchen vorge- 
nommen worden, teils an ganz frischen Tieren, teils an solchen, die 
frtther gegen denselben Mikroben immunisiert worden waren. Bei 
diesen Versuchen sowie bei alien folgenden wurden die Kultnren den 
Kaninchen intraperitoneal, den Ziegen subkutan eingespritzt. 

Untersuchungen dieser Art wurden in recht grofier Anzahl und 
mit gleichartigem Resultate ausgefflhrt. Beispiele zeigen Fig. 1—5. 

Die Kurve von Fig. 2 repr&sentiert ein Kaninchen, das am 23. Ok- 
tober 1902 1 ccm gekochte, 24 Stunden alte Typhusbouillonkultur er- 
hielt Das Serum, das unmittelbar vor der Injektion und in den beiden 
folgenden Tagen genommen wurde, enthielt kein Agglutinin 1 )- Der 
3. Tag ergibt eine schwache Steigerung, die in den folgenden Tagen 
schnell zunimmt, bis das Serum am 10. Tage nach der Injektion seinen 
Maximalwert 250 erreicht Darauf folgt ein fortgesetztes Fallen, anfangs 
recht schnell, dann best&ndig langsamer abnehmend. 

Am 15. November 1902 war der Agglutininwert des Serums auf 
136 gefallen und es wurde von neuem 1 ccm derselben gekochten 
Typhuskultur in die Peritonealhohle des Kaninchens eingespritzt. Tags 
nachher wurde ein geringes Fallen auf 129 beobachtet, aber schon der 
folgende Tag liefi den Wert auf 139 steigen. Die Agglutininvermehrung 
im Blute beginnt also schon am 2. Tage nach der Injektion und steigt 
dann schnell bis zum Maximum am 9. Tage, urn dann kontinuierlich ab- 
zunehmen. 

Am 25. Oktober 1903 erhielt dasselbe Kaninchen wieder eine In¬ 
jektion von 1 ccm 24 Stunden alter, gekochter Typhuskultur. Das Tier 
war zu diesem Zeitpunkt fast 11 Monate lang nicht zu Versuchen be- 
nutzt worden und sein Serum enth&lt kein nachweisbares Agglutinin. 
Die nach dieser Injektion gefundene Kurve gleicht ganz den vorigen. 
Daraus ergibt sich also, daB der Verlauf der Agglutininschwingungen 
nach einer einzelnen Injektion von Typhuskultur in Kaninchen der 
gleiche ist, ob das Tier ganz frisch oder vorher immunisiert worden 
ist. und im letzteren Falle, ob das Blut noch Agglutinin enth&lt oder 
nicht. 

Der Verlauf bei einem Kaninchen, das auf gleiche Weise mit Kultur 
von B. coli behandelt wurde, ist in Fig. 3 dargestellt. 

Wir finden hier ganz dieselbe Form der Agglutininwelle: nach einer 
Latenzzeit von 2—3 Tagen ein rasches Steigen und dann abnehmendes 
Fallen. 

Zu dem Versuche in Fig. 4 wurde eine Ziege benutzt, die l&ngere 
Zeit hindurch mit V. cholerae immunisiert worden war. Unmittelbar 
vor dem Versuche war der Agglutininwert des Serums 4. Nach der 
Injektion von 40 ccm 48-stiindiger Kultur von V. cholerae gab die 
Agglutininentwickelung im Blute eine Kurve, die vollst&ndig der ffir B. 
typh. und B. coli gleicht. Nach der Injektion ein geringes Fallen, 
dann aber ein rasches Steigen bis zum 8. Tage und ein kontinuierliches 
Fallen. 


1) Wenn der Zusatz von 0,3 ccm eines Serums keine makroekopische fieaktion 
hervorruft (in V/, ccm Kultur), wird der Agglutininwert dee Serums = 0 berechnet. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVHI. Heft 6. 


2 e /4 20 30 33 34 4* SO M 62 6S 



Fig. 4. 

Ziege. Injektion von 40 ccm 24 Stunden alter Kultur von V. cholerae. Vom 
26. bis zum 61. YersuchBtage tagliche Injektion von 5 ccm 24 Stunden alter Kultur von 
V. cholerae. 

Vergleichen wir nun diese fflr die 3 Mikroben vollst&ndig flberein- 
stimmenden Resultate mit den Angaben frflherer Autoren, sowohl was 
die Agglutinine wie auch andere Antistoffe betrifft, so finden wir den- 
selben Grundtypus der Kurven, der in 3 Phasen zerffillt: 1) eine kflrzere 
oder langere Latenzzeit, 2) ein mehr Oder weniger rasches Steigen bis 
zu einem Maximum und 3) ein Fallen, das hastig beginnt und sich dann 
gleichmfiBiger und gleichmkfiiger fortsetzt. 

Diese groBe Uebereinstimmung in der Entwickelung der verschie- 
denen Antistoffe macht es wahrscheinlich, daB fflr sie alle dieselben 
Gesetze gelten und daB man bis zu einem gewissen Grade von dem 
einen auf den anderen schlieBen darf. Dann aber ist es natflrlich, das 
Studium mit den Antistoffen zu beginnen, die, wie Agglutinine, Pr&zipitine 
und Hfimolysine, leicht zugflnglich sind und sich in fast unbegrenzter 
Serie im Reagenzglase messen lassen und dann spflter auf Basis der 
erzielten Resultate mit den Antistoffen fortzufahren, mit denen sich 
schwieriger arbeiten l&Bt und deren Bestimmung Tierversuche erfordert. 

Die Agglutininkurve gleicht von den Kurven der anderen Antistoffe 
am meisten der von Salomonsen und Madsen gefundenen fflr das 
Diphtherieantitoxin. Hier wie dort f&llt die groBte Konzentration in der 
Regel auf den 9.—12. Tag, am hflufigsten auf den 9., und nur in ganz 
vereinzelten Fallen wurde das Maximum schon am 7. oder so spat wie 
am 13.—15. Tage nach einer einzelnen Injektion beobachtet. Das 
Fallen, das bei immunisierten Tieren unmittelbar nach der Injektion 
beobachtet wird und das in der Regel fflr das Diphtherieantitoxin sehr 
bedeutend ist, ist in der Agglutininkurve nicht sehr ausgesprochen und 
hat sich in einzelnen Fallen flberhaupt nicht nachweisen lassen. 

Die 1. Phase, die Latenzzeit, dauerte gewflhnlich 2—3 Tage. 
v. Dungern 1 ) will in seinen Untersuchungen fiber Prfizipitinentwicke- 

1) v. Dungern, 1. c. 


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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. (587 


lung bei Kaninchen bemerkt haben, daB wiederholte Injektionen die 
Latenzzeit verkflrzten, selbst wenn das Prazipitin nach der ersten Dosie- 
rung vollstandig aus dem Blute verschwunden war, und diese Annahme 
wurde spater von v. Pirquet 1 ) bestatigt 

Etwas ahnliches habe ich in meinen Versuchen mit Agglutininen 
nicht beobachtet. 

Die 2. Phase, die Steigerung, veriauft in der Regel jah, und da 
die 3. Phase, das Fallen, meistens ebenso jah beginnt, erscheinen die 
Kurven — in dem MaBstabe, in dem sie hier dargestellt sind — in 
einer mehr Oder weniger spitzwinkeligen Form. 

Dieses anfangliche Fallen kann bisweilen sehr bedeutend sein, so 
fiel in einem einzelnen Versuche die Agglutininmenge per Kubikcenti- 
meter Serum ira Laufe von 24 Stunden von 6667 auf 1667. 

Ab und zu kann das Fallen doch auch schon von Anfang an lang- 
sam sein, wie auch die Steigerung bisweilen nur geringfiigig ist von Tag 
zu Tag. Diese Verhaitnisse k6nnen gleichzeitig eintreten und wir treffen 
dann niedrige Kurven, bei denen der Uebergang von der 2. in die 
3. Phase ganz gleichmaBig und abgerundet erscheint. 

Salomonsen und Madsen beobachteten bei der Immunisierung 
von Pferden mit Diphtherietoxin, daB die wiederholte Injektion derselben 
Toxindosis in dasselbe Tier immer niedrigere Antitoxinschwingungen 
hervorrief. Dasselbe gilt auch fOr Agglutinine, und der Zeitpunkt, an 
dem die Schwachung der Schwingungen beginnt, ist bei den verschie- 
denen Tieren hochst verschieden, selbst wenn die Behandlung die gleiche 
war. Diese Verschiedenheit der Reaktion bei vollstandig gleich behan- 
delten, gleichartigen Tieren beruht auf individuellen Eigentiim- 
lichkeiten der Tiere, verschiedenartigen Anlagen, deren Bestehen ja 
jetzt eine wohlbekannte Sache ist und die besonders bei der Herstellung 
von diphtherieantitoxischem Serum eine groBe praktische Rolle spielen. 

Wie bedeutend diese Verschiedenheiten sein konnen, geht deutlich 
aus den Kurven in Fig. 5 hervor. 

Es handelt sich hier urn 3 Kaninchen desselben Wurfes und von 
fast gleichem Gewichte. Die Tiere hatten unter ganz gleichen Verhait- 
nissen gelebt und waren gleichzeitig und in genau der gleichen Weise 
gegen B. typh. immunisiert worden. 5 Wochen nach der 1. Injektion 
hatte das Serum von Kaninchen No. I eine Agglutinationsstarke von 
154, von No. II 40 und von No. Ill 8. Genau 1 ccm derselben 24- 
stflndigen Typhusbouillonkultur wurde den Tieren zu gleicher Zeit intra- 
peritoneal eingespritzt und die Messung samtlicher in der folgenden 
Zeit von den 3 Kaninchen genommenen Serumproben wurde beim Ab- 
schluB des Versuches an demselben Tage und in derselben Kultur aus- 
gefflhrt. Das Maximum tritt fiir alle 3 Tiere ungefahr an demselben 
Tage (9.—11.) ein, aber die Konzentration nach der 1. Injektion ist 
sehr verschieden. Die hdchsten Werte waren fiir Kaninchen No. I 500, 
fiir No. II 1820 und fflr No. Ill 30 und ich bemerke, daB die groBte 
Konzentration nicht bei dem Tiere eintrat, das vor der Injektion die 
relativ grbBte Menge Agglutinin aufwies. 

Ferner l&Bt sich eine sehr verschiedene Reaktion der Kaninchen II 
und III bei wiederholten Injektionen feststellen, indem Kaninchen II 
nach der 2. Injektion von Kultur (2 ccm) einen bedeutend niedrigeren 


1) y. Pirquet und Schick, Zur Theorie der Inkubationszeit. (Wiener klin. 
Wochenechr. 1903.) 


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688 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 



Ausschlag gab als nach der 
1. (1 ccm), w&hrend die Au- 
schl&ge bei Kaninchen III 
nach jeder der 3 folgenden 
Injektionen grOBer warden. 

1st os aber mdglich bei 
diesen 3 Tieren, die so gleich- 
artig waren, wie sie flberhaupt 
zu beschaffen Bind, so ver- 
schiedene Reaktionen zu er- 
halten in Bezng anf Kraft 
und Ausschlag in versehiede- 
nen Richtungen, so lehrt uns 
das, wie vorsichtig man sein 
muB in seinen SchluBfolge- 
rungen fiber den EinfluB, den 
die injizierte Kulturmenge auf 
die Konzentration ausfibt Im 
grofien und ganzen gewinnt 
man indessen doch den Ein- 
druck, dafi unter den gleichen 
Umstfinden die grdfiere Dosis 
grOBere Ausschlfige gibt. 

Bei der bisher ange- 
wandten Arbeitsweise wird 
dem Organismus eine gewisse 
Menge Kultur auf einmal zu- 
geffihrt Bei einer Typhus- 
infektion (Fbr. typh.) empf&ngt 
der Organismus indessen sei¬ 
nen Giftstoff nicht auf einmal 
in einer einzelnen groBeren 
Dosis, sondern man mufi sich 
vorstellen, daB es sich hier 
urn ganz kleine Dosen Toxin 
handelt, die der Organismus 
aufnimmt, solange die Infek- 
tion andauert 

Urn daher den wirklichen 
Verhaitnissen einer Typhus- 
infektion so nahe wie mdglich 
zu kommen, wurden Tiere 
(2 Ziegen und ein Kanin¬ 
chen) wfihrend einer lfingeren 

Fig. 5. 

Kaninchen I, II, III. Injektion 
von t ccm 24 Stunden alter Knltur 
von B. typh. Am 25. Versuchstage 
wurden in II 2 ccm und in IU 
1 ccm von derselben 48 Stunden 
alten Kultur von B. typh., und am 
42. Versuchstage wieder in III 1 ccm 
48 Stunden alter Kultur injiziert. 



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Jorgensen, Schwankungen des AgglutmationsvermOgens des Blutes etc. 689 


Periode mit tfiglichen Einspritzungen derselben kleinen Dosis Kultur 
bebandelt. 

Fig. 4, 6 und 7 zeigen die SchwiDgangen wfihrend einer solchen 
fortgesetzten Reihe von Einspritzungen. 

Das erste Experiment dieser 
Art wnrde mit einer Ziege gemacht, 
die fiber 2 Jahre lang mit Kulturen 
von B. typh. immunisiert gewesen 
war. Zu Anfang des Versuches 
zeigte das Serum eine Konzentra- 
tion von 40. Vom 8. Dezember bis 
31. Dezember 1900 wurden t&glich 
5 ccm 24-stfindiger Typhuskultur 
eingespritzt, im ganzen 120 ccm, 
ohne merkbaren Einflufi auf das 
Wohlbefinden der Ziege. Wfihrend 
der ersten & Tage hielt sich die 
Konzentration unverfindert, stieg 
dann aber recht schnell bis zum 
Maximum 555 am 19. Tage nach 
der 1. Injektion. Dann folgte ein 
recht jfihes Fallen, obgleich noch 
4 Tage lang mit den Injektionen 
fortgefahren wurde. 

Fig. 4 (2. Kurve) zeigt ein 
ganz analoges Experiment mit V. 
cholerae. Wir beobachteten hier 
vollstfindig entsprechende Resultate. 

Das Fallen tritt wfihrend der In¬ 
jektionen ein und dauert an, trotz- 
dem dieselben 18 Tage, nachdem 
das Maximum erreicht wurde, fort- 
gesetzt wurden. 

Der 3. Versuch wurde an einem Kaninchen gemacht, das im Gegen- 
satz zu den beiden Ziegen nicht vorher behandelt worden war. Die 
Agglutininkurve zeigt das gleiche eigentfimliche plotzliche Fallen, lange 
bevor die tfigliche Toxineinspritzung aufhdrt, und unterscheidet sich von 
den beiden anderen Kurven nur durch eine etwas lfingere erste und 
zweite Phase. 

Der Umstand, den wir hier beobachtet haben, dafi nfimlich mitten 
unter einer tfiglichen Zuffihrung von Toxin eine plotzliche und lange an- 
dauernde Schwfichung der antitoxinbildenden Ffihigkeit des Organism us 
eintreten kann, ist nicht allein von grofiem immunitfitstheoretischen In- 
teresse, sondern mdglicherweise auch von Bedeutung in praktischer Be- 
ziehung. 

An den Seruminstituten wird jetzt nfimlich allgemein zur Herstel- 
lung von diphtherieantitoxischem Serum eine Immunisierungsmethode 
angewandt, die der hier geschilderten sehr fihnlich ist; man spritzt das 
Diphtheriegift jeden 3. Tag ein. Es lag deshalb nahe, die Verhfiltnisse 
der Agglutininkurve zu untersuchen, wo diese Methode benutzt wurde. 

Zum Versuche wurde ein ganz frisches Kaninchen benutzt, in dessen 
Peritonealh6hle an jedem 3. Tage 1 ccm derselben gekochten, 24-stfin- 
digen Typhuskultur eingespritzt wurde. 

Erato Abt. On*. Bd. XXXV in. Helt 6. 44 



Fig. 6. 

Ziege. Bis zum 26. Vereuchstage t&g¬ 
lich Injektion von 5 ccm 24 Stunden alter 
Kultur von B. typh. 


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690 


Centralbl. f. Bakt etc. I. A.bt Originals. Bd. XXXYIIL Heft 6. 


. i rp ~ r j ~ I T Mi l l! m Das Ergcbnis, s. Fig. 8 a, 

12 oo_>__wurde nicht, wie man erwartet 

- 1 | | ■ --p-i— hatte, ein einzelnes, langes, 

_ ; 4 : i :_ 1 _ fortgesetztes Steigen bis zum 

_-|-—~rH I- i —endfichen Fallen, sondern eine 

hop j i 1 p_; ~ |T p Reihe einander folgender Aus- 

-L- —LJ-—i—i 1 - schlSge von immer grSBerer 
_ ' ■ I ; | | | | j Konzentration bis zu einem 

iooo -- — j- r- j—--L L 1. -L _ Maximum, und darauf wieder 

p , ' , ‘ r, _ ; l ein Abnebmen in einer fihn- 

-j—|—-— u lichen Wellenlinie, wie die, in 

J00 -■ : ^ r T~1 ~H"T ;— der das Steigen vor sich ging, 

—pl-—Z-j— -4 - 1- f j - nur in umgekehrter Ordnung. 

-i--p H p r~] Wfihrend der erste Aus- 

- Z_L -— J .-L;J — schlag sein Maximum am 8 . Tage 

aoo—^- 1 - 1 -— -j— -p-j— i —]— der ersten Einspritzung er- 

-i——-u »_L .Z-_ reichte, ist der zweite Aus- 

—^^i—I -j—r—I—^-H schlag bedeutend IBnger und 

700 _-U___U j _Zp erreicht eine Konzentration, die 

- r •■■■-•-p—-—I mehr als sechsmal so groB ist. 

Die folgenden Schwingungen 

_—p-j—^- 1 -^-1— sind, bis das Maximum der 

poo- : ganzen Kurve erreicht ist, rela- 

-^—— tiv immer niedriger. 

ZZZZZZZZZZZZZ: ZZAZZZZZ Ein anderes, gleichfalls 

soo-p ganz frisches Kaninchen ergab, 

ZZZZZZZZZZZZZ IZZZZZZZZ in der gleichen Weise behan- 

—pi-Z-1- delt, ganz entsprechende Re- 

A00 -° Tj) sultate. Fig. 8 b zeigt den ersten 

1 1 1 1 1 11 I 1 I 1 1 I 1 I 1 1 M— Ausschlag und den Beginn des 

I I zweiten. 

- Betrachten wir nns diese 

~ Kurven genauer, so bemerken 

— wir, daB jeder einzelne Aus- 

schlag im hdchsten Grade der 
- Kurve nach einer einzelnen 

I 1 1 i ll— l n j e kti° n gleicht. Fflr die erste 

- Kurve ist dies unmittelbar ein- 

- leuchtend, und was die flbrigen 

_ betrifft, so sehen wir, daB 2 Tage 

- nachdem das Tier eine Kultur- 

_ dosis bekommen hat, das Stei- 

2 6 10 IO 10 L » a ! » m » 8 en beginnt und darauf ein 

zunehmendes Fallen folgt. Das 
Fig. 7 . Steigen geht schnell vor sich, 

Kaninchen. Tiglich (40 Tage) Injektion das Maximum halt sich inner- 
von 1 ccm dereelben 24 Stunden alten Kultur halb der bei Einzelinjektionen 

von B. typh. (bis 115° O erwarmt). beobachteten Grenzen (am bezw. 

15., 8 ., 12, 9. und 8 . Tage) und 
auch das Fallen zeigt keinerlei Abweichung. 

Es ist also nicht unmdglich, daB eben diese Kulturdosis die ein¬ 
zelne Schwingung verursacht und daB die dazwischenliegenden Dosen 
nur von untergeordnetem Einflufi auf die Form der Kurve sind. 


10 10 10 22 20 30 30 30 


Fig. 7. 

Kaninchen. Taglich (40 Tage) Injektion 
von 1 ccm derselben 24 Stunden alten Kultur 
von B. typh. (bis 115° C erwarmt). 


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JOrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc, 691 



Fig. 8a. 

Kaninchen. Injektion — J — jeden 3. Tag von 1 ccm derselben 24 Stunden alten 
Kultur von B. typh. (bis 115° C erwarmt). 

Fortgesetzte Versuche rait Injektionen an jedem 6., jedem 9. etc. 
Tage durften diese Verhaltnisse eingehender klarlegen, Verhaltnisse, die 
verschiedene Winke zu geben scheinen iiber das, was wahrend der Im- 
munisierung vorgeht, und die auCerdem vielleicht praktische Bedeutung 
haben. 

44* 


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692 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Trifft inzwischen die obengenannte Voraus- 
setzung zu, so scheint die Agglutininkurve nor 
in geringem Grade von einer am 3.—9. Tage 

— also in der 2. Phase der Knrve — wieder- 
holten Dosis derselben Kultur beeinfluflt zu 
werden, wShrend die gleiche Dosis am 12. Tage 

— also in der 3. Phase — das Fallen unter- 
bricht und ein neues Steigen entwickelt. 

Mit anderen Worten, die F&higkeit eines 
Organismus, nach einer Kulturdosis Agglutinin 
zu entwickeln, wird bedeutend geschwScht durch 
die 3—9 Tage vorher erfolgte Injektion der 
gleichen Kultur, w&hrend eine solche SchwJLchung 
nicht eintrat, wenn die Injektion 12 Tage vor¬ 
her stattfand. 

Es hat dann seine Bedentung, zu unter- 
suchen, ob ein fihnlicher EinfluB sich geltend 
macht, wenn man bei der ersten Injektion die 
Kultur einer anderen Mikrobenform benntzt als 
bei der zweiten. 

Zu Versuchen dieser Art habe ich B. typh. 
und B. coli in gekochten 24-stflndigen Bouillon- 
kulturen und in Dosen von 1 ccm benutzt. 

Die ersten Versuche wurden an zwei friiher nicht behandelten Ka- 
ninchen A und B gemacht. 

Am 23. Oktober 1902 erhielt A 1 ccm Typhus- und B 1 ccm Coli- 
Kultur und 3 Tage spfiter A 1 ccm Coli- und B 1 ccm Typhuskultur. 

Die Messung der tflglichen Serumproben zeigt dann (siehe Fig. 9), 
daB jede der Injektionen die fQr sie charakteristische Agglutininkurve 
hervorbringt, deren Form genau der Kurve entspricht, die man erwarten 
darf, wenn es sich urn diese einzelne Injektion handelt. Dagegen be- 
obachten wir auf der HOhe der beiden Kurven desselben Tieres einen 
bedeutenden Unterschied: der Ausschlag nach der zweiten Injektion ist 
niedriger als der Ausschlag nach der ersten. Besonders auffallend ist es, 
daB bei Kaninchen B der Agglutinationswert des Serums fflr B. typh. 
(2. Injektion) 50 erreicht, w&hrend der fflr B. coli bis zu 2500 steigt 

Dasselbe Resultat gibt eine Injektion in Kaninchen A in umge- 
kehrter Eeihenfolge und mit einem Zwischenraum von 5 Tagen. Trotz- 
dem der Agglutinationswert des Serums am Injektionstage fflr B. coli 
auf 25 gesunken war, w&hrend er sich fflr B. typh. noch auf 137 hielt, 
erreicht die Konzentration von B. typh. nur ca. 1 / 8 des Wertes der von 
B. coli. 

Selbst wenn wir nun mOgliche individuelle Verschiedenheiten in der 
Reaktion des Tieres den beiden verschiedenen Mikroben gegenflber mit 
in Betracht ziehen, geben diese einleitenden Versuche doch gewisse An- 
haltspunkte fflr die Vermutung, daB zwischen der niedrigen Agglutinin¬ 
kurve nach der zweiten Injektion und der vorhergehenden ersten In¬ 
jektion ein urs&chliches Verhflltnis besteht. 

Das Experiment wird deshalb an zwei frischen Kaninchen wieder- 
holt. Die Injektionen werden mit einem Zwischenraum von 4 Tagen 
gegeben, sonst ist die Anordnung dieselbe. Kaninchen C erh&lt in der 
ersten Einspritzung Typhuskultur, Kaninchen D Coli-Kultur und um- 
gekehrt in der zweiten. 



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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 693 


9400 


Fig. 9. 

Kaninchen A. Injektion von B. typh. und 3 Tage spater von B. coli. Am 
18. Versuchstage wieder Injektion von B. coli und 3 Tage spater von B. typh. Ca. 
11 Monate spater gleichzeitige Injektion von B. typh. und B. coli. 

Kanincnen B. Injektion von B. coli und 3 Tage spater von B. typh. 

In dieser und in den folgenden Figuren bezeichnet -O-O-O— die Agglutinin- 
kurve, ~ #- #—#— die Coli-Agglutininkurve. 


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3 





























































694 Centralbl. f. Bakt. etc. I. AbL Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

Die Messung in diesen sowie in den vorigen Versuchen ist in 
den gleichen vorher zubereiteten Kulturen ausgefflhrt worden. 

Die graphische Darstellung der Resultate (Fig. 10) zeigt denselben 
relativ niedrigen Ausschlag nach der zweiten Injektion wie in den 
friiheren Kurven, am st&rksten fiir B. typh., was vielleicht mit der 
wiederholt geinachten Beobachtung zusammenh&ngt, daft ein Kaninchen 
meistens auf Injektionen von B. coli bedeutend krftftiger reagiert als 
auf B. typh. — nach den hier benutzten Maften. 

C D 



Fig. 10. 

Kaninchen C. Injektion von B. typh. und 4 Tage epater von B. coli. 
Kaninchen D. Injektion von B. coli und 4 Tage spater von B. typh. 7 Monate 
epater Injektion von B. typh. und 4 Tage danach von B. coli. Nach weiteren 2 Mo- 
naten Injektion von B. coli und 4 Tage spater von B. typh. 


Hier war also Anlafi, diese Versuche auszudehnen. 8 Kaninchen 
von gleichem Gewicht wurden gleichzeitig in Behandlung genommen 
und zu alien Injektionen wurde die gleiche 24-stfindige gekochte Kultur 
benutzt. 

Unter diesen 8 Tieren waren die friiher behandelten Kaninchen C 
und D, in deren Serum sich zu Anfang des Versuches kein Agglutinin 
vom vorigen Versuche nachweisen lieC. An diesen werden die Injek- 


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Jorgensen, Schwanknngen des AgglutmationsvermOgens des Blutes etc. 695 

tionen mit Zwischenr&umen von 4 Tagen, aber in umgekehrter Reihen- 
folge, wiederholt. 

(3 Tage nach der letzten Einspritzung starb Kaninchen C an Peri¬ 
tonitis.) 

Die 6 anderen Kaninchen waren frflher nicht behandelt worden. 
Von diesen bekommen E und F 1 ccm Typhuskultur und unmittelbar 
nachher 1 ccm Coli-Kultur. 

Zwei weitere Kaninchen G und H bekommen die beiden Injek- 
tionen mit einem Zwischenraum von 9 und die beiden letzten I und K 
mit einem Zwischenraum von 13 Tagen, und zwar so, dafi G und I in 
der ersten Injektion Typhus-, H und K Coli-Kultur bekommen. 

Fig. 10—13 zeigen die Resultate. 

E F 



Fig. ll. 

Kaninchen E und F. Gleichzeitige Injektion von B. typh. und B. coli. 

Kaninchen F. 9 Monate spater Injektion von B. typh. und 6 1 Tage danach von 
B. coli. 

Wie bei den frtiheren Versuchen gibt jede Injektion Ausschl&ge 
von typischer Form. Bei den Kaninchen E und F, denen die Injek- 
tionen unmittelbar hintereinander gegeben worden waren, erreichte die 
Konzentration in den beiden Agglutininkurven ungef&hr die gleiche H5he 
und dasselbe war der Fall bei Tieren, denen die Injektionen in einem 
Zwischenraum von 13 Tagen gegeben worden waren. 

An den Kurven der 3 iibrigen Kaninchen D, G und H, also wo die 
Kulturen in Zwischenr&umen von 4 und 9 Tagen eingespritzt worden 
waren, begegnen wir von neuem demselben niedrigen Ausschlage nach 
der zweiten Injektion, den wir frflher beobchtet haben. 

Urn das Material zur Beleuchtung dieser VerhSltnisse noch zu ver- 
mehren, habe ich die Versuche an Kaninchen D, G und K wiederholt 
mit den Injektionen in umgekehrter Ordnung, aber mit demselben 
Zwischenraum. In Kaninchen A wurden die beiden Kulturdosen un¬ 
mittelbar nacheinander injiziert, und in F Dosen von Coli-Kultur 
6 Tage nach der Injektion von Typhuskultur eingespritzt. 


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696 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Alle 5 Experimente gaben Resultate analog mit den fruher gefun- 
denen. 

Es lieCe sich indessen denken, daB eine VergrbBerung der sekun- 
daren Kulturdosis das Verhaltnis zwischen den beiden Ausschlagen ver- 
indern wurde. 

DaB etwas ahnliches nicht der Fall ist, scheint aus den in Fig. 14 
(L und M) wiedergegebenen 3 Versuchen (2 an demselben Kaninchen), 
in denen die zweite Kulturdosis auf 5 ccm vergrbBert wurde, hervorzu- 
gehen. 

G H 



Fig. 12. 

Kaninchen G. Injektion von B. typh. und 9 Tage spater von B. coli. 3 Mo- 
nate danach Injektion von B. coli und 9 Tage spater von B. typh. 

Kaninchen H. Injektion von B. coli und 9 Tage spater von B. typh. 

Zu sicheren SchluBfolgerungen berechtigen diese Versuche indessen 
kaum, dazu ist ihre Anzahl zu gering und die Experimente mflBten am 
besten an denselben bedeutend variiert werden. Ferner sollten die Ver¬ 
suche auch auf Kulturen anderer Mikrobenformen und mbglicherweise 
auch Gifte anderer Art ausgedehnt werden. AuBerdem ermahnen unsere 
Erfahrungen tiber die individuellen Eigenschaften uns zur Vorsicht in 
Bezug auf Folgerungen aus der Hohe der Ausschlage. 

Auf der anderen Seite ist doch zu bemerken, daB die Kurven alle 
in derselben gekochten Kultur und gleichzeitig fiir denselben Versuch 
bestimmt wurden und also einen absoluten Vergleich gestatten. AuBer¬ 
dem hat das gefundene Verhaltnis sich in den recht zahlreichen Ver¬ 
suchen so konstant wiederholt, daB man schwer an einen bloBen Zufall 
glauben kann. 

Man muB deshalb mit unseren bisherigen Erfahrungen berechtigt 
sein, anzunehmen, daB, wenn man in der 2. Phase — also am 3. bis 


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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 697 


I 


K 



Fig. 13. 

Kaninchen 1. Injektion von B. typh. und 13 Tage spater von B. coli. 
Kaninchen K. Injektion von B. coli und 13 Tage spater von B. typh. 3 Mo- 
nate danach Injektion von B. typh. und 13 Tage spater von B. coli. 


L M 



Fig. 14. 

Kaninchen L. Injektion von B. typh. (1 ccm) und 3 Tage spater von B. coli 
(5 ccm). - 1 

Kaninchen*M. Injektion von B. coli (1 ccm) und 3 Tage spater von B. typh. 
(5 ccm). 3 Monate danach Injektion von B. typh. (1 ccm) und 3 Tage spater von B. 
coli (5 ccm). 


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698 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVTII. Heft 5. 


9. Tage — der Agglutininkurve nach einer KulturiDjektion eine nene 
Injektion desselben Oder eines anderen Mikroben gibt, die Agglutinin- 
entwickelung nach der letzteren relativ gering bleibt 

Es sind friiher Untersuchungen fiber die Agglntininentwickelung 
nach Injektionen von verschiedenen Mikroben in dieselben Tiere vorge- 
nommen worden. So hatte Sidney Wolf 1 2 3 ) schon 1899 beobachtet r 
daB das Serum des betreffenden Tieres nach gleichzeitigen Oder aufein- 
ander folgenden Injektionen von B. typh., B. coli und Pyocyanens 
alien drei Mikroben gegenfiber Agglutinationsffihigkeit bekam, nnd die- 
selbe Beobachtung machte spfiter Buxton 8 ) bei Versuchen mit den 
beiden ersten Mikroben. 

Die groBten und besten Untersuchungen dieser Art teilt Castel- 
lani 8 ) mit, der zu den Injektionen Kulturen von B. typh., B. coli 
und B. pseudodysent. und wesentlich dieselbe Versuchsanordnung 
anwendet wie ich, indem er nfimlich die zweite Injektion am 3. oder 

10. Tage nach der ersten oder gleichzeitig mit dieser gibt. 

Nach alien seinen Injektionen erhfilt er die spezifische Agglutinin¬ 
kurve, aber ein quantitativer Vergleich zwischen diesen Kurven l&fit 
sich infolge der angewandten Technik (mikroskopische Messung) nicht 
ansteilen. AuBerdem hat er, wie er selbst hervorhebt, stets frische 
Kulturen benutzt, d. h. stets neue Kultur zu jeder neuen Serumprobe. 

Im Kapitel fiber die Technik habe ich die groBe Bedeutung er- 
wfihnt, die die Anwendung verschiedener Kulturen auf die roakrosko- 
pische Messung hat, und diese Bedeutung ist noch viel grdBer bei der 
mikroskopischen Methode. Es kann daher nicht fiberraschen, daB Ca¬ 
stellan is Resultate so inkonstant sind. 

SchluB. 

Betrachten wir nun die bei den Tierversuchen gewonnenen Resul¬ 
tate, die ihren Ausdruck in den oben beschriebenen Kurven linden, so 
beobachten wir ffir alle drei Phasen: 1) die Zeit vor der Steigerung, 
2) die Steigerung und 3) das Fallen. 

Die erste Phase dauerte nach einer Einzelinjektion stets 2—3 Tage. 
eine Beobachtung, die gut fibereinstimmt mit der von Pfeiffer und 
Marx 4 ) ausgesprochenen Vermutung, dafi Agglutinin sich aufierhalb des 
Kreislaufes — ihrer Meinung nach wesentlich in der Milz — bildet und 
erst nach 2—3 Tagen im Blute zur Zirkulation kommt. Dieser Ver¬ 
mutung stimmen v. Em den 5 ) und Jatta 6 ) zu, w&hrend sie von 
Deutsch 7 ), Castellani 8 ) und Rath 9 ) stark bestritten wird. 

Bei tfiglich wiederholter Einspritzung — sogar wo die gleiche Dosis 
wie bei den Einzelinjektionen benutzt wird — linden wir die erste Phase 
fiber 4—6 Tage ausgedehnt. 


1) Wolf, Beitrage zur Lehre der Agglutination mit beeonderer Bezugnahme auf 
die Differenzierung der Coli* und Proteua-Gruppe und auf die Mischinfektionen. (Cen¬ 
tralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXV. 1899.) 

2) Buxton, A comparative study of the bacilli intermediate between B. coli com. 
and B. typh. (Journ. of med. research. Vol. VIII. 1902.) 

3) Castellani, Die Agglutination bei gemischter Infektion und die Diagnose der 

letzteren. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XL. 1902.) 

4-7) 1. c. 

8) Castellani, Ueber das Verhaltnis der Agglutinine zu den Schutzkdrpern. 

(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVII. 1901.) 

9) Bath, Ueber den Einflufi der blutbildenden Organe auf die Entstehung der 

Agglutinine. (Centralbl f. Bakt. etc. Bd. XXV. 1899.) 


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Jorgensen, Schwanknngen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 699 


Bei frflher behandelten Tieren, deren Blut noch Agglutinin enth&lt, 
beobachten wir unmittelbar nach der Injektion ein Fallen. Dieses Fallen 
ist bei mehreren Antistoffen (Diphtherie-, Tetanus- und Botulism usanti- 
toxin, sowie bei Hamolysin) recht bedeutend, bei Antilabferment ist es 
nicht nacbgewiesen. Bei den Agglutininen ist es im allgemeinen nur 
schwach und in einzelnen Fallen hat es sich nicht nachweisen lassen. 

Am Schlusse der ersten Phase beginnt die Agglutininkonzentration 
zu steigen, erst langsam, daun schneller und schlieOlich wieder etwas 
langsamer, kurz vor Acme, die meistens am 9. Tage eintritt 

Die dritte Phase, das Fallen, beginnt in den meisten Fallen recht 
pldtzlich und ist im Anfange am starksten, nimmt aber dann gleich- 
mafiiger — und kontinuierlich, solange man ihm folgen kann, ab. 

Sowohl von der zweiten als von der dritten Phase linden Ab- 
weichungen statt: das Abnehmen des Steigens gegen das Maximum hin 
kann starker ausgesprochen Oder das Fallen schon von Anfang an lang¬ 
sam sein. Finden beide Abweichungen gleichzeitig statt, so erscheint die 
Kurve stark abgerundet. 

Das Fallen in der dritten Phase bei der aktiven Immunisierung 
gleicht auffallend dem Fallen bei der passiven, die von Jorgensen 
und Madsen 1 ) gemessen und graphisch dargestellt worden ist, und es 
ist auch hflchst wahrscheinlich, daB es sich in beiden Fallen um wesent- 
lich denselben Prozefi handelt, um so mehr, als Madsen 2 3 * ) nachge- 
wiesen hat, daB beide Kurven durch dieselbe Formel ausgedrflckt 
werden kflnnen. 

Das Verschwinden des Antistoffes aus dem Blute kann nach Salo¬ 
mon sen und Madsen 8 ), die diese Frage frflher diskutiert haben, 
nicht auf direkter Absonderung durch die Sekrete beruhen. Teils sind 
die in den Sekreten (Milch, Urin, Speichel u. s. w.) nachweisbaren 
Mengen zu gering im Verhaitnis zu der bedeutenden Verminderung im 
Blute und teils spricht der genaue Parallelismus zwischen der antitoxi- 
schen Kraft der Milch und des Blutes (Ehrlich, Salomonsen und 
Madsen) absolut gegen eine solche Ausscheidung. Wenn die Aus- 
scheidung durch die Sekrete wirklich eine Rolle spielte, mflBte man 
namlich annehmen, daB der Antistofif im Sekret steigt, wahrend er gleich¬ 
zeitig im Blut abnimmt. 

Fflr das Verschwinden des Antistoffes mufi also eine andere Weise 
zu finden sein: eine Umsetzung oder irgend eine Bindung, die bewirkt, 
daB die antitoxische Eigenschaft nicht mehr zu erkennen ist. 

Bei der passiven Immunisierung verschwindet der eingefflhrte Anti- 
stoff nach und nach aus dem Blute, erst schnell, spater langsamer, ab- 
hangig von Konzentration und Zeit. Bei der aktiven Immunisierung 
k<inn das Verhaitnis indessen so einfach nicht sein. 

Die Kurve weicht hier oft von der Form ab, die wir fflr das Fallen 
bei der passiven Immunisierung kennen gelernt haben. Wir beobachten 
haufig, daB die Agglutininabnahme nicht plfltzlich, sondern gleichmafiig 
und langsam beginnt, und in der Regel ist die Kurve der dritten Phase 
bedeutend langer als die bei der passiven Immunisierung. 

Eine, wie es scheint, befriedigende Erkiarung gibt die von Salo- 


1) L c. 

2) Madsen, Th., The decrease of antibodies in the organism indicated by a 
formula. (Festskrift ved Indvielsen af Statens Seruminstitut 1902.) 

3) Salomonsen og Madsen, Om Forskelligheder i Serums antidifteriske Styrke 

hoe aktivt immuniserede Heste. (Nordisk med. Army. 1897.) 


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700 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

m on sen nnd Madsen aufgestellte Hypothese, daB in dem aktiv im- 
munisierten Organismus jederzeit eine Produktion und Destruktion anti- 
toxischen S to fifes vor sich geht. Ein st&rkeres Oder mBBigeres Abnehmen 
in der Produktion resultiert dann in einem st&rkeren oder langsameren 
Fallen der Antitoxinkurve, was vielleicht auf individuellen EigentQmlich- 
keiten der Tiere beruht 

Durch die Annahme dieser Doppelwirksamkeit im Organismus werden 
auch die Verhaltnisse in anderen Phasen und die ganze Schwingung 
Gberhaupt leichter verstandlich. Wollen wir uns deshalb klar machen, 
was nach einer Injektion von Toxin im Organismus vor sich geht, so 
kdnnen wir uns folgendes denken: 

Nach 2—3 Tagen zeigt das Agglutinin sich im Blute. Hat die Pro¬ 
duktion schon frfiher begonnen, so ist sie jedenfalls noch nicht in den 
Kreislauf gelangt. Hierauf konnte die frtther erw&hnte Beobachtung von 
Pfeiffer und Marx deuten, wonach in den ersten Tagen nach der 
Injektion von Cholerakultur (in Meerschweinchen) der Milzextrakt eine 
schfltzende und agglutinierende F&higkeit zeigte, w&hrend sich gleich- 
zeitig eine solche im Blute nicht nachweisen liefi. 

In der zweiten Phase nimmt die Produktion zu, anfangs langsam, 
dann schneller und ist in der Regel am starksten urn den 6. Tag, was 
sich durch einen bedeutenden Abstand zwischen den Werten kundgibt 
Darauf nimmt sie wieder ab gegen das Maximum der Kurve hin, ca. am 
9. Tage. 

W&hrend des Steigens geht gleichzeitig eine Umsetzung vor sich, 
die aber im Verh&ltnis zur Produktion nur gering ist und deshalb nicht 
ins Auge f&llt Die Produktion ist folglich grdBer, als sie in der Eurve 
zum Ausdruck kommt, da das Agglutinin infolge des obengenannten Ge- 
setzes best&ndig umgesetzt wird. Dieser DoppelprozeB erinnert etwas an 
den Vorgang, wenn ein Stein in die Hdhe geworfen wird; auch hier 
wirken zwei einander entgegengesetzte Kr&fte: die schleudernde Kraft 
und die Schwerkraft (Madsen). 

Zu Ende der zweiten Phase der Agglutininentwickelung — also auf 
dem Hohepunkt der Kurve — sind Produktion und Umsatz gleichgroB, 
dann aber tritt eine grofiere Schwfichung der Produktion ein, der Um¬ 
satz tritt in den Vordergrund und die Agglutininkonzentration nimmt 
ab, mit anderen Worten: die dritte Phase der Kurve beginnt. Treten 
nun keine neuen Impulse hinzu, so nimmt die Produktion best&ndig ab 
und der Konzentrationsfall setzt sich kontinuierlich fort, bis der Anti- 
stoff vollstSndig verschwunden ist. 

Ganz wie bei der passiven Immunisierung muB der Umsatz des 
Antistoffes abh&ngig sein von Konzentration und Zeit. Es tritt beim 
aktiven Fall der Zeitpunkt ein, wo der Unterschied zwischen Umsatz 
und Produktion so gering wird, dafi er sich nicht messen l&Bt, und wir 
stehen dann vor dem sogenannten „antitoxischen Gleichgewicht u , das 
jedoch wohl nur scheinbar ist. 

Wird inzwischen dem Organismus wahrend der dritten Phase eine 
neue Dosis Toxin zugefQhrt, so tritt eine kurze L&hmung der Produk¬ 
tion ein und der Umsatz offenbart sich in dem so oft konstatierten 
pldtzlichen Falle unmittelbar nach der Injektion. 

Vergleicht man die bei Tierversuchen gewonnenen Agglutimnkurven 
mit den Kurven von Typhuspatienten, so ist ihre groBe Aehnlichkeit in 
die Augen fallend, und die Uebereinstimmung zwischen den Ph&nomenen 
bei Menschen und bei Tieren ist so groB und so absolut, daB sie dazu 


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Jdrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 701 


berechtigen mufi, von den Tierversucben auf das zu schliefien, was bei 
Menschen vorgeht Die Aehnlichkeit ist am grOfiten mit den Knrven 
der Tiere, die mit t&glichen Kulturdosen behandelt wurden; das war 
auch zn erwarten, da ja bei F. typhoidea angenommen werden mufi, 
dafi dem Organism us der Giftstoff kontinuierlich zugefflhrt wird. 

Wir finden in den Patientenkurven dieselben drei Pbasen wieder. 
Die erste Phase, die Latenzzeit, ist sehr verschieden, bisweilen bedeu- 
tend l&nger als bei den Tierkurven und in einem einzelnen Falle (XXIX) 
liefi sich das Agglutinin erst am 25. Krankheitstage im Blute nachweisen. 
Inzwischen ist es ja aufierordentlich schwierig, zu erfahren, wann die 
Krankheit begann, und unmflglich, anzugeben, wann die Infektion mit 
Typhusbacillen stattfand, die Angaben fiber die Latenzzeit mflssen des- 
halb immer sehr mangelhaft bleiben. Beim Vergleiche mit der Latenz¬ 
zeit bei Tieren darf aufierdem nicht flbersehen werden, dafi sich mog- 
licherweise verschiedene physiologische Verhfiltnisse geltend machen, 
wenn die Bakterientoxine durch den Darm oder durch das Peritoneum 
eingeffthrt werden und dafi dem Organismus wahrscheinlich zu Anfang 
einer F. typh. nur sehr kleine Giftmengen zugefflhrt werden. Die beiden 
anderen Phasen zeigen meistens ein schnelles, mehr oder weniger 
starkes Steigen und ein plfltzliches Fallen, das sich langsamer fortsetzt 
— Courmonts „Courbe en cloche". 

In mehreren Fallen ist die Kurve nicht steil und hoch, sondern hat 
eine stumpfwinkelige Form mit langsamem Steigen und Fallen und 
niedrigerer Konzentration — „Courbe en toit". Einzelne Kurven nahern 
sich der abgerundeten Form, in der die zweite und dritte Phase direkt 
ineinander flbergehen. 

Wenn wir diese Kurven betrachten, finden wir durchgehends, dafi 
der Agglutinationswert oft recht bedeutend bis zu einem gewissen 
Punkte steigt, um dann plOtzlich wieder zu fallen. Das Maximum 
failt meistens in die 3. Woche, wenn die Infektion, nach den klini- 
schen Symptomen zu urteilen, ihren Hohepunkt erreicht hat. Aus dem 
Umstande, dafi die Agglutininmenge sinkt, lassen sich also keine Schlflsse 
darauf ziehen, dafi die Infektion im Abnehmen sei und dafi dem Orga¬ 
nismus geringere Giftmengen als frflher zugefflhrt werden. Das stimmt 
auch mit unseren Erfahrungen von den Tierversuchen, bei denen lange 
Zeit hindurch kleine Kulturmengen injiziert wurden (Fig. 4, 6 und 7). 
Hier fanden wir ja eben, dafi das Agglutinin, wenn es sein Maximum 
erreicht hatte, fiel, selbst wenn die Injektionen andauerten. 

Wir beobachten also dieselben Schwingungsformen wie bei den Tier¬ 
versuchen, und mflssen unzweifelhaft auch hier die verschiedene Reak- 
tion durch verschiedene individuelle Eigentflmlichkeiten des 
Patienten erkl&ren. 

Diese Erkl&rung scheint auch einleuchtend bei der Zusammenstel- 
lung der F&lle V und XIII. Zwei Brflder, ungef&hr gleich alt (10 und 
12 Jahre), erkrankten in einem Zwischenraume von wenigen Tagen und 
die Krankheit verl&uft fflr beide glatt und ohne Komplikationen. Die 
Agglutininkurven dieser beiden Knaben, die gleichzeitig und in derselben 
Kultur gemessen wurden, zeigen nun einen recht bedeutenden Unter- 
schied. WAhrend V eine „Courbe en cloche" mit Maximum 444 zeigt, 
ergibt die Schwingung fflr XIII eher die Form „Courbe en toit" mit 
langsamer, etwas abgerundeter zweiter Phase und Maximum 133. Beide 
Kurven erreichen dies Maximum am 13. Krankheitstage. 

Bei Rezidiven wird dem Organismus neues Gift zugefflhrt und wir 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


erhalten eine neue Schwingung 1 2 ), aber ganz wie bei der wiederholten 
Injektion in Tiere mit Ausschiagen von verschiedener GrdBe bei den 
verschiedenen Individuen. So ist in den beiden schweren unkompli- 
zierten Fallen XIX und XX die Rezidivkurve fflr XIX niedriger als die 
Hauptkurve, wahrend in Fall XX die Konzentration bei jedem Rezidiv 
hdher steigt. Ira ersten Falle trat also scbon nach der ersten Schwin¬ 
gung eine Schwachung der agglutininentwickelnden Fahigkeit des Orga- 
nismus ein, wahrend eine solche sich im Fall XX nicht beobachten lieB 
(analoge Verhaltnisse Tierkurven Fig. 5). 

Aehnliche Verhaltnisse finden wir bei den mittelschweren Typhus- 
fallen. 

Easel und Mann 1 ) schlieBen aus ihren Beobachtungen, daB die 
Reaktion bei Kindern in den ersten 7 Lebensjahren schwacher ist als 
bei Erwachsenen. Das bestatigt sich hier nicht, die Konzentration stieg 
bei einem Kinde von 6 Jahren (VI) bis zu 909 und bei einem anderen 
von 7 Jahren (XII) in der Rezidivkurve bis 1500. 

Ueberhaupt beobachten wir bei Kindern dieselben Schwingungs- 
formen wie bei Erwachsenen (vergl. I mit XVI und VI mit X), und 
hier wie dort scheinen Form und Konzentration abhangig von der be- 
sonderen Reaktionseigentttmlichkeit des einzelnen Individuums. 

Wenn wir aber in derselben Gruppe gleichartig verlaufender, un- 
komplizierter Krankheitsfaile alle die verschiedenen Formen von Agglu- 
tininschwingungen treffen, so leuchtet die Unmoglichkeit ein, eine Sero- 
prognostik (Courmont) aufzustellen, die ja aus der Form und Hdhe 
der Agglutininschwingungen den Verlauf der Krankheit bestimmen will. 

Selbst wenn das klinische Material weniger gute Anhaltspunkte fflr 
die Bedeutung der individuellen Anlage fflr die Agglutininschwingungen 
gegeben hatte, wflrde die Unhaltbarkeit von Courmonts Prognostik 
doch aus den Fallen XXI und XXII, die beide unkompliziert am 
Schlusse der zweiten Krankheitswoche letal endigen, hervorgehen. Im 
letzten Falle tritt der Tod zu einem Zeitpunkte ein, wo die Konzentra¬ 
tion im Abnehmen ist, im ersten Falle dagegen, wahrend die Agglutinin- 
entwickelung schnell zunimmt. 

Kdnnen wir aber den Agglutininschwingungen prognostische Bedeutung 
nicht zuschreiben, so kdnnen sie doch sehr gute Anhaltspunkte fflr die 
Diagnose geben. Man muB vom Steigen Oder Abnehmen des Aggluti¬ 
nations wertes im Blute eines Patienten auf einen bestehenden Oder ver- 
laufenden (abnehmenden) Typhusprozefi*) schlieBen kdnnen, wahrend 
der unveranderte Wert auf normale Anwesenheit von Agglutinin 
deuten muB. 

Doch muB es ja hier von groBer Bedeutung sein, die Agglutinin¬ 
schwingungen bei normalen und bei Individuen mit febrilen Krankheiten 
zu untersuchen. 


Konklusionen. 

1) Zur Messung von Agglutinin ist die makroskopische Untersuchung 
der mikroskopischen absolut vorzuziehen. 

2) Bei der von Jdrgensen und Madsen angegebenen Methode 
kann der Agglutiningehalt verschiedener Flflssigkeiten mit einem Fehler, 

1) Bisweilen erscheint auch eine neue Schwingung, ohne daB sich gleichzeitig 
klinische Zeichen fur Rezidive nachweisen lassen (XI, XHI, XXIII). 

1) 1. c. 

2) Abgesehen von dem seltenen Falle der Mitagglutination. 


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Jorgensen, Schw&nkungen des Aggluti nations vermOgens des Blutes etc. 703 


der in einer flberwiegenden Anzabl von Fallen 9 Proz. nicht flber- 
schreitet, in der Regel aber bedeutend geringer ist, rait genflgender 
Uebung gemessen werden. 

3) Nach einer Einzelinjektion der Kultur von B. typh. — resp. B. 
coli und V. cholerae — an Kaninchen und Ziegen kommt eine Ag- 
glutininentwickelung in Gang, die durch eine Kurve ausgedrflckt werden 
kann, von einem flhnlich regelmSBigen Typus, wie er fflr andere Anti- 
stoffe gilt. 

4) Die Kurve zerf&llt in drei Phasen: 

1. Phase: 2—3 Tage, die Zeit, die verl&uft, ehe das Agglutinin 

sich im Blute zeigt (Latenzzeit). 

2. Phase: 5—9 Tage, eine Steigerung bis znm Maximum am 7. 

bis 9. Tage nach der Injektion (gewohnlich der 9. Tag). 

3. Phase: Ein Fallen, das pldtzlich beginnt, darauf sich lang- 

samer fortsetzt und wahrscheinlich kontinuierlich an- 

hS.lt. 

5) Die GrSBe und Form der Ausschl&ge ist — unter den gleichen 
Verhaltnissen — wesentlich von der Individualit&t des Organis- 
mus abh&ngig. 

6) Tflgliche Injektionen mit kleinen Kulturmengen geben eine &hn- 
liche Kurve mit verl&ngerter erster und zweiter Phase. Die dritte Phase, 
das Fallen, beginnt pldtzlich und dauert an, selbst bei fortgesetzter In¬ 
jektion. 

7) Die durch jeden dritten Tag vorgenommene Injektionen hervor- 
gerufene Agglutininentwickelung findet in einer Kurve Ausdruck, die 
sich aus mehreren aufeinanderfolgenden Einzelschwingungen zusammen- 
setzt. 

8) Wird in der zweiten Phase der Agglutininentwickelung nach 
einer Kulturdosis (B.. typh. oder B. coli) eine neue Injektion derselben 
Kultur oder der Kultur eines anderen Mikroben (B. coli oder B. typh.) 
gegeben, so bleibt die Agglutininentwickelung nach der letzten relativ 
gering. 

9) Im Blute von Typhuspatienten findet eine Agglutininentwicke¬ 
lung statt, die in Kurven ausgedrflckt werden kann, die den Kurven bei 
Tierversuchen, besonders denen, die sich nach t&glichen Injektionen ent- 
wickeln, auBerordentlich ahnlich sind. 

10) Man kann die Agglutininschwingungen bei F. typhoidea nicht 
als prognostisches Hilfsmittel benutzen. 


Zum SchluB meinen herzlichsten Dank dem Direktor des Labora- 
toriums des Seruminstitutes, Herrn Dr. Th. Madsen, fflr seine vor- 
zflgliche Anleitung und sein freundliches Interesse fflr meine Arbeit. 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Nachdruck verbot&r w 

Ein Beitrag zur Biologie und Agglutination des Diplo- 

coccus pneumoniae. 

[Aus dem pathol.-anat. Institute in Wien (Prof. Weichselbaum).] 

Von Dr. J. Heyrovsky. 

Die spezifische Agglutination der Bakterien hat bekanntlich bisher 
sowohl dem Kliniker bei der Diagnose der Infektionskrankheiten, wie 
auch dem Bakteriologen in der Bakteriodiagnostik grofie Dienste geleistet. 

Dennoch ist die praktische Seite dieses Phfinomens, speziell in der 
Bakteriodiagnostik, noch nicht vollkommen ausgenfltzt worden. 

So ist die Frage der Arteinheit des Streptococcus pyogenes 
durch Agglutination trotz mehrfachen Versuchen nicht einwandsfrei ge- 
15st. Noch weniger ist es bisher gelungen — ja eigentlich an einem 
grfiBeren Materiale yon Stfimmen Qberhaupt nicht versucht worden — 
fiber die Arteinheit der sogenannten Varietaten der Species D ip loco c- 
cus pneumoniae durch spezifische Agglutination einige Klarheit zu 
schaffen. 

Die Ursache, warum dies bisher nicht gelang, mag darin liegen, dafi 
die Verwertung des Agglutinationsph&nomens des Dip loco ecus pneu¬ 
moniae ffir die Bakteriodiagnostik auf groBe technische Schwierigkeiten 
stOBt. 

Abgesehen davon, daB die Fortzfichtung einer grfifieren Reihe von 
Stfimmen dieses Mikroorganismus wegen des schlechten Wachstums auf 
den gebrfiuchlichen Nfihrbfiden mit Schwierigkeiten verknfipft und die 
Erhaltung bezw. Bestimmung der bei der Agglutination immerhin zu 
berflcksichtigenden Virulenz schwer durchfiihrbar ist, gelingt die Be- 
reitung eines nur mafiig hoch agglutinierenden Serums durch Immuni- 
sierung von Tieren keineswegs leicht. Der Umstand endlich, daB ein 
solches Serum, sowohl im Tierkorper wie auch aufierhalb desselben, in 
kfirzester Zeit seine Agglutinationskraft fast vollkommen verliert, er- 
schwert die prfizise Durchffihrung der Agglutination mit mehreren 
Stfimmen bedeutend. 

Es sei mir deshalb erlaubt, eine Agglutinationsmethode des typi- 
schen Diplococcus pneumoniae zu beschreiben, deren Durch¬ 
ffihrung bedeutend einfacher ist, und die auch einiges theoretisches 
In ter esse haben mag. 

Da diese Methode auf der unvergleichlich leichteren, spezifischen 
Agglutinierbarkeit einer bestimmten n Degenerationsform“ des Diplo¬ 
coccus pneumoniae beruht, so sei hier auch auf einige biologische 
Eigenschaften dieses Mikroorganismus nfiher eingegangen. 

Bevor ich dieses Thema bespreche, halte ich es ffir notwendig, fiber 
die Provenienz und das kulturelle Verhalten der zu meinen Unter- 
suchungen benfitzten St am me einige Daten vorauszuschicken, und die 
bisher bekannten Tatsachen fiber die Agglutination des Diplococcus 
pneumoniae kurz anzugeben. Die genauere Beschreibung des kultu- 
rellen Verhaltens meiner Stfimme halte ich deshalb ffir notwendig, weil 
alle Forscher, die sich mit tlem Studium des Diplococcus pneu¬ 
moniae nfiher befafit haben, Varietaten desselben anzunehmen geneigt 
sind. 


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Heyrovsky, Beitrag zur Biologie u. Agglutination des Diplococcus pneum. 705 

Meine Beobachtungen beziehen sich auf die typische Form des 
Diplococcus pneumoniae. 

S&mtliche StSmme, mit deren Biologie ich mich befaCte, und auf die 
sich die folgenden Beobachtungen beziehen, wurden aus dem pneumo- 
nischen Exsudate von F&llen typischer krupSser, lob&rer Lungenent- 
zQndung (Leichenmaterial) in Reinkultur gezQchtet und zeigten bei 
monatelanger Fortzflchtung das gleiche kulturelle Verhalten. 

Sie besafien alle eine mehr Oder minder ausgesprochene Lanzett- 
form und zeigten Kapselbildung im Blute infizierter Tiere, t&teten weille 
M&use und Kaninchen nach subkutaner Impfung entsprechender Mengen 
durch Septik&mie, wuchsen in Gelatine bei 20° C entweder gar nicht 
Oder SuBerst kfimmerlich und erst nach mehreren Tagen, und bildeten 
in gewbhnlicher, alkalischer Bouillon eine leichte, diffuse Trflbung, wobei 
es nie zur Bildung von l&ngeren Ketten kam, vielmehr lagen die ein- 
zelnen Diploformen vereinzelt oder h&chstens in geraden, kurzen Ketten. 
S&mtliche St&mme wurden endlich durch ein, nur mit einen Stamm er- 
zeugtes spezifisches Kaninchenserum mehr oder minder hoch agglutiniert. 

Alle irgend eine Abweichung vom typischen kulturellen und mor- 
phologischen Verhalten zeigenden St&mme sind in die folgende Mitteilung 
nicht einbezogen, da meine Untersuchungen liber Biologie und Agglu¬ 
tination derselben noch nicht abgeschlossen sind. 

Ein der Agglutination des Diploc. pneum. nahestehendes Ph&- 
nomen wurde zuerst von Metschnikoff 1 ) (1891) beschrieben und zwar 
noch vor dem Bekanntwerden der spezifischen Agglutination der Bakte- 
rien durch die Arbeiten Grubers und Durhams (1896). 

Metschnikoff konnte n&mlich in reinem Serum der gegen Diploc. 
pneum. immunisierten Kaninchen ein Wachstum in langen, vielfach ge- 
wundenen Ketten beobachten, w&hrend dieselben Mikroorganismen beim 
Wachstum im normalen Kaninchenserum stets Diplokokkenform zeigten. 
Diese Tatsache wurde nachher von Mosny 2 3 ), Kruse und Pans ini 8 ), 
Washbourne 4 ) u. a. best&tigt, von Besan$on und Griffon 5 ) auch 
beim Wachstum des Diploc. pneum. im Serum von Pneumoniekranken 
gefunden und seither oft beobachtet. 

Dieses Ph&nomen ist dem Verhalten anderer Bakterien beim Wachs¬ 
tum in entsprechendem Immunserum [Charrin, Roger 6 ) 1889 beim 
B. pyocyaneus, Landsteiner 7 ) 1897 beim Pneumobacillus und 
M&usetyphusbacillus, Pfaundler 8 ) 1898 bei dem Bact. colij analog 
und dem Ph&nomen der Agglutination im Wesen sehr nahestehend. 

Die Agglutination des Diploc. pneum. im Sinne der Gruber- 
Widalschen Reaktion, mit anderen Worten die H&ufchenbildung in 
Bouillonkulturen nach Zusatz von geringen Mengen eines. spezifischen 
Serums, wurde erst im Jahre 1901 von Neufeld 9 ) beschrieben. Die 
Ursache, warum diese Reaktion eines spezifischen Serums den frliheren, 
mit der Einwirkung eines Immunserums auf den Diploc. pneum. sich 
eifrig besch&ftigenden Forschern entging, erblickt Neufeld in der 

1) Annales de l’Institut Pasteur. 1891. p. 473, 474. 

2) Zitiert nach Neufeld. 

3) Zeitschrift f. Hyg. etc. Bd. IX. 1891. p. 279. 

4) Ref. Baumgartens Jahresbericht. 1895. p. 61. 

5) Annales de rlnstitut Pasteur. T. XIV. p. 449. 

6) Soc. de biolog. 1889. Zitiert nach Landsteiner. 

7) Wiener klin. Wochenschr. 1897. No. 19. 

8) Centralbl. f. Bakt. etc. 1898. No. 1—4 u. Wiener klin. Wchnschr. 1899. No. 13. 

9) Zeitschrift f. Hyg. etc. 1901. 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 6. 45 


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706 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


schweren Agglutinierbarkeit des Diploc. pneum. Qberhaupt, sowie 
in der Schwierigkeit, ein gut agglutiuiereudes Serum bei Tieren zu 
erzeugen. 

Die von Neufeld beobachteten Tatsachen sind ira kurzen folgeude: 

Das Auftreteu eines starken Agglutiningehaltes im Serum immuni- 
sierter Kaninehen ist durchaus unabh&ngig von der H6he der Immunit&t, 
welche das betreffende Tier besitzt, vielmehr unabh&ngig von der letzten 
Reaktion, die es durchgemacht hat; bei weiterer Immunisierung schw&cht 
sich das Agglutinationsvermogen des Serums betrachtlich ab und ist 
oft bei hochimmunen Tieren gar nicht mehr vorhanden. 

Der verhfiltnismSBig geringe Agglutinationswert der st&rksten Sera 
(1:60) ist nicht ohne weiteres in Parallele zu stellen mit Agglutinations- 
werten bei der Agglutination anderer Bakterien, da diese bereits vom 
normalen Serum beeinfluBt werden, was beim Diploc. pneum. (min- 
destens durch Kaninehen- und Menschenserum) nicht der Fall ist. 

Die Agglutination des Diploc. pneum. zeigt manche Besonder- 
heiten sowohl bezflglich der Form, unter welcher sie verlSuft, wie auch 
bezQglich der Resistenz der agglutinablen Substanz der Bakterienleiber 
gegenfiber hohen Hitzegraden. 

Die wesentlichen Erscheinungen bei der Agglutination des Diploc. 
pneum. sind nach Neufeld die Quellung der Kokkenleiber mit nach- 
folgender Haufchenbildung, oder bei schwficher wirkenden Seris die durch¬ 
aus regelmSBige, an die bereits erw&hnte Fadenreaktion erinnernde An- 
ordnung der einzelnen Diplokokken zu langen, zierlich gewundenen 
Ketten. 

Bezflglich meiner Beobachtungen fiber die Agglutination des „gut 
erhaltenen“ l ) Diploc. pneum. kann ich mich kurz fassen, da sie mit 
den Beobachtungen Neufelds flbereinstimmen und einige hierher ge- 
horige Tatsachen in dem nunmehr zu besprechenden Thema fiber Agglu¬ 
tination des „degenerierten u Diploc. pneum. erwfihnt werden sollen. 

In alten Kulturen von Bakterien, namentlich in flfissigen Nahrbfiden, 
kann man bekanntlich VerSnderungen des Bakterienleibes beobachten, die 
auf Tod und Zerfall desselben einen SchluB ziehen lassen, und die begreif- 
licherweise manche Analogic mit Ver&nderungen der Bakterien zeigen, 
welche dieselben im Kampfe mit dem von ihnen befallenen und sich 
wehrenden Organismus erleiden. Wfihrend nun den morphologischen 
Verfinderungen der Schfidigung und des Absterbens der Bakterien durch 
die im Organismus sich bildenden Schutzstoffe aus begreiflichen Grfinden 
grofie Aufmerksamkeit geschenkt wird, bleiben die interessanten Einzel- 
heiten der Degeneration und Aufldsung von Bakterien in alten Kultur- 
flfissigkeiten pieist unbeachtet, obwohl sie in mancher Beziehung ffir die 
einzelne Bakterienart charakteristisch sind. 

Ueber Agglutination degenerierter Bakterien, bezw. alter flfissiger 
Kulturen mit spezifischem Serum findet man in der Literatur nur 
wenige und zum Teil sich widersprechende Angaben. So behauptet 
Malvoz*), daB alte Kulturen inagglutinabel werden, und Nicolle 3 ^ 
flbereinstimmend mit demselben, daB gewaschene Typhusbacillen aus 


1) Im folgenden werden der Kiirze halber mit dem Ausdrucke *gut erhaltener“ 
Diploc. pneum. die in einer 12— 24-stiindigen Bouillonbultur sich findenden typischen 
Kokkenformen, mit dem Ausdrucke n degenenerter tt Diploc. pneum. bestimmte, unten 
naher beschriebene Degenerationsformen des Diploc. pneum. beim Wachstum in einer 
1-proz. Zuckerbouillon bezeichnet 

2 u. 3) Zitiert nach Eisenberg und Volk. 


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Heyrovsky, Beitrag zur Biologie u. Agglutination des Diplococcus pneum. 707 


1 Monat alten Bouillonkulturen sich schlecht oder gar nicht agglutinieren 
lassen. Eisenberg und Volk 1 ) koDnten dagegen diese Angaben nicht 
bestfitigen; sie fanden vielmehr, daB sich aus einige Monate alten 
Bouillonkulturen gewonnene und gewaschene Typhusbacillen prompt und 
gut agglutinieren lassen. 

Diese letzte Beobachtung entspricht auch der bereits lange bekannten 
Tatsache, daB in der vitalen Energie geschfidigte und namentlich aviru- 
% lent gewordene Bakterien in der Regel besser agglutiniert werden, als 
die kurz aus den pathologischen Produkten isolierten und virulenten 
Mikroorganismen. 

Als Kulturfliissigkeit fflr das Studium der Degeneration des D i p 1 o c. 
pneum. habe ich eine alkalische 1-proz. Traubenzuckerbouillon beniitzt. 

Infolge des auBerst flppigen Wachstums des Diploc. pneum. in 
dieser Nfihrflflssigkeit ist die Menge der dabei gebildeten Stoff- 
wechselprodukte eine betrfichtliche und die deletfire Einwirkung derselben 
auf die gewucherten Kokken eine in die Augen fallende. Falls die 
diffuse, dichte Trflbung der Glykosebouillon, wie dies regelm&Big der Fall 
ist, wenn man letztere mit einer groBeren Menge frisch auf Agar ge- 
zflchteter Diplokokken beschickt, nach 12-stflndigem Verweilen bei 
Bruttemperatur ihr Maximum erreicht, so findet man nach weiteren 
4 Stunden die Diplokokken bereits in verschiedenen Stadien der Degene¬ 
ration. Wfihrend die filteren vegetativen Formen sich bei der Gram- 
Farbung bereits entffirben und bei der Nachffirbung mit Fuchsin mehr 
oder minder intensiv tingiert werden, sind die jflngeren Formen noch 
Gram-positiv. Die Zahl der nach Gram sich entffirbenden Kokken 
nimmt rapid zu, so daB nach im ganzen 24-stflndigem Verweilen bei 
Bruttemperatur regelm&Big kein einziger Coccus mehr sich Gram-positiv 
ffirbt und kein einziger als lebens- und vermehrungsffihig zu betrachten 
ist, da weder die Ueberimpfung auf Nfihrbflden, die ihnen sonst. am 
meisten zusagen, noch auch die Infektion auf empffingliche Versuchstiere 
gelingt 

Noch auffallender ist das rasche Absterben des Diploc. peum. 
beim Wachstum in der Zuckerbouillon dann, wenn man kleine Mengen 
(ca. 1 ccm) dieser Kulturfliissigkeit mit einem Tropfen septikfimischen 
(diplokokkenhaltigen) Blutes beimpft 

In diesem Falle gelingt trotz des fiuBerst flppigen Wachstums der 
mit dem Blute eingeimpften Kokken die Abimpfung, sowie die intra- 
peritoneale Infektion einer Maus, bereits nach 12-stflndigem Wachstum 
bei Bruttemperatur nicht, wfihrend die geringste Menge einer ebenso 
beimpften einfachen Bouillonkultur eine Maus rasch an Septikfimie tfltet. 

Das flberaus rasche Absterben, sowie die unten nfiher beschrie- 
bene Degeneration des typischen Diploc. pneum. in der 1 - proz. 
Traubenzuckerbouillon habe ich so konstant beobachtet, daB ich 
in diesem Verhalten ein Differenzierungsmerkmal des 
Diploc. pneum. vom Streptococcus pyogenes erblicke, 
der sich seinen Stoffwechselprodukten gegenflber viel resistenter verhfi.lt. 
Die weiteren Erscheinungen des Zerfalles der abgestorbenen Kokken 
sind folgende: Die einzelnen Diplokokken und kurzen Ketten schrumpfen 
augenscheinlich, wobei offenbar ein Teil des Bakterienkorpers aufgelflst 
wird und die geschrumpften Formen bilden weiterhin kleine Hfiufchen, 
die teils einen spfirlichen Bodensatz erzeugen, groBtenteils aber lange 

1) Zeitschrift f. Hyg. etc. 1902. p. 170. 

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Centralbl. f. B&kt etc. L Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Zeit suspendiert bleiben und dadurch eine mSfiig starke Trflbung der 
Kulturflflssigkeit bewirken, und so der schliefilichen AuflOsuug lange Zeit 
Widerstand leisten; ibre vollstSndige AuflQsung kaun aber durch Alkali- 
sierung der sauren Kulturflflssigkeit sofort bewerkstelligt werden. Die 
trflbe Kulturflflssigkeit klSrt sich nach Zusatz von geriuger Menge NaOH 
sofort vflllig auf und von der ganzen flppigen Vegetation des Diploc. 
pneum. ist keine Spur vorhanden. 

Der so rasch eintretende Stillstand des Wachstums und das rasche 
Absterben des Diploc. pneum. in Traubenzuckerbouillon ist nament- 
lich durch die Sauerung der Kulturflflssigkeit bedingt; durch rechtzeitige 
und wiederbolte vorsichtige Neutralisation des NShrbodens (mit verdflnnter 
Natronlauge) gelingt es oft, den Coccus langer lebend und flberimpfbar 
zu erbalten, wobei aber nur eine verhSltnismSGig geringe Anzahl von 
Kokken weiter vegetiert und die Bouillon von neuem sSuert. Zwingt 
man nun auf diese eben erwShnte Weise die Diplokokken in ihren sich 
anhSufenden Stoffwechselprodukten weiter zu vegetieren, so gelingt es 
oft, eine Wachstumsform zu erzielen, die der oben erwShnten von 
Metschnikoff zuerst beschriebenen Wachstumsform des Diplococcus 
in Immunseris vollkommen gleich ist, ein Umstand, der beweist, dafi der 
Diploc. pneum. auf die schSdigende Einwirkung der Stoffwechsel- 
produkte ebenso reagiert, wie auf die in einem Immunserum vorhandenen 
Schutzstoffe. 

Die geschrumpften und zum Teil schon durch Stoffwechselprodukte 
agglutinierten (oben beschriebenen) Kokkenleiber einerseits, und die 
durch Alkalisierung der Kulturflflssigkeit erzielte Losung der Kokken 
andererseits, zeigen nun der Agglutination und Pr&zipitation vollkommen 
analoge Reaktionen schon nach Zusatz einer so geringen Menge eines 
spezifischen Kaninchenserums, die die „gut erhaltenen u , schwer aggluti- 
nierbaren Diplokokken in keiner Weise beeinflufit. 

Die zu den erwShnten Reaktionen benfltzten Sera wurden sSmtlich 
durch die Behandlung von Kaninchen mit Injektionen von teils durch 
Hitze (70° C, 10 Minuten) abgetoteten, teils lebenden Pneumokokken 
gewonnen. Zur Immunisierung eines Tieres wurde immer nur 1 Stamm 
verwendet. 

Die erste Reihe von Versuchstieren wurde ausschliefilich mit bei 
70° C (10 Minuten) abgetoteten, von schiefen 24 - stflndigen Agar- 
kulturen stammenden und (mit Vermeidung des Kondenswassers) in 
Bouillon aufgeschwemmten Diplokokken behandelt, wobei verhSltnism&Big 
grofie Mengen (Aufschwemmungen von 20—30 flppig bewachsenen Serum- 
AgarrShrchen) in 8-tSgigen Intervallen wiederholt intraperitoneal injiziert 
wurden. Die Immunwerte der so gewonnenen Sera waren sehr gering. 
Die agglutinierende Einwirkung auf frische Bouillonkulturen von Diplo¬ 
kokken war sehr geringfflgig, oft nur bei Verdflnnung 1:1, hflchstens 
1:4 ausgesprochen. Der homologe Stamm zeigte immer, andere kul- 
turell vollkommen mit diesen flbereinstimmende StSmme oft das von 
Metschnikoff beschriebene agglutinierte Wachstum in einem solchen 
reinen Serum. Hingegen zeigten diese Sera sSmtlich in betrSchtlichen 
Verdflnnungen charakteristische Reaktionen auf die oben beschriebenen 
Degenerationsformen der Diplokokken. 

Eine andere Reihe von Kaninchen wurde nach der von Neufeld 
beschriebenen Methode behandelt. Das Grundprinzip dieser Methode 
bildet die moglichst ausschliefiliche Benfltzung der Kokkenleiber mit 


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Heyrovsky, Beitrag zur Biologic u. Agglutination des Diplococcus pneum. 709 


Vermeidung der Stoffwechselprodukte *) und zwar empfiehlt Neufeld 
oine einmalige Einverleibung einer groBen Menge bei 70 0 C abgetdteter 
Diplokokken, und nach 10 Tagen die erste Injektion einer bereits hohen 
Dosis lebender Kultur, die einigemal rasch nacheinander in steigenden 
Mengen wiederholt, lange dauernde und intensive fieberhafte Reaktionen 
hervorrufen soil. Anf diese Weise kann man nach Neufeld leicht ein 
hochwertiges Immunserum, oft (aber keineswegs immer) auch ein gut 
agglutinierendes Serum erzeugen. Meine diesbezflglichen Versuche 
fflhrten insoweit zu denselben Resultaten, als es mir tatsachlich bei zwei 
Tieren gelang, ein die frischen Bouillonkulturen der Diplokokken ver- 
h&ltnism&Big hoch agglutinierendes Serum zu erzeugen, und diese Eigen- 
schaft beider Sera bei weiterer Behandlung der Tiere rasch verschwand, 
w&hrend sich der Immunit&tsgrad steigerte; jedoch arbeitete ich mit be- 
trSchtlichen Tierverlusten und halte dieselben bei der schwankenden 
und nicht immer absch&tzbaren Virulenz des Diploc. pneum. ffir un- 
meidlich. 

Eine ausgesprochene und hochgradige Quellung der Diplokokken- 
leiber bei der Agglutination, so wie sie Neufeld beschreibt, konnte ich 
nur bei zwei von Menschen stammenden Seris (ein Fall von krupdser 
Pneumonie nach der Krise und ein Fall von Diplokokkenmeningitis und 
Endocarditis [Leichenmaterial]) beobachten, nie dagegen bei den durch 
die oben beschriebenen Immunisierungsarten erzeugten Kaninchenseris; 
wohl deshalb, weil es mir bisher nicht gelang, so hochwertige Sera wie 
aie Neufeld beschreibt (Agglutinat. bis 1:60) und wie ich sie zweimal 
bei Diplokokkeninfektionen des Menschen fand, kQnstlich bei Kanin- 
•chen zu erzeugen. Diese Vermutung stQtzt namentlich der Umstand, 
daB ich die zweite, bei schwScher wirkenden Seris von Neufeld be- 
obachtete Erscheinung, namlich die Anordnung der Diplokokken zu 
langen, zierlich gewundenen Ketten oft beobachtet habe. Mein stfirkstes 
Kaninchenserum agglutinierte den homologen frisch gezQchteten Stamm 
bis zur VerdQnnung 1:30, die heterologen St&mme mindestens zur Ver- 
dflnnung 1:10. 

Nach meinen, allerdings grOfitenteils am Leichenmateriale gesam- 
melten Erfahrungen (40 F&lle) findet man auch bei Diplokokkeninfek¬ 
tionen des Menschen nur selten, ein den homologen Stamm auch 
uur m&Big hoch (1:20) agglutinierendes Serum. 

Es soli nun die Agglutination der „degenerierten tt Diplokokken durch 
die auf die oben beschriebenen zwei Immunisierungsmethoden erzeugten 
Sera beschrieben werden. 

Wird die bei 37 0 C gut gewachsene 12—20-stfindige Traubenzucker- 
bouillonkultur aus dem Brutofen genommen und einige Tage bei Zimmer- 
temperatur gehalten, so vollzieht sich die Degeneration der Diplokokken 
in einigen Tagen; die diffuse Trtlbung geht ein wenig zuriick und die 
Kultur zeigt nach geringem Zusatz von NaOH eine typische Reaktion. 
Wahrend nkmlich die 12-stQndige Kultur durch Zusatz von einer noch 
so grofien Menge Na-Lauge nicht gelbst wird, vielmehr eine durch 
UeberschuB von Alkali hervorgerufene nicht spezifische Agglutination 
zeigt, lbst sich eine degenerierte Kultur nach Zusatz einer kleinen Menge 
Natronlauge vollkommen auf. 


1) Auch in der era ten Versuchsreihe wurden die Stoffwechselprodukte dadurch 
vermieden, dafi eine Aufschwemmung schiefer Agarkulturen ohne Kondenswasser be- 
nntzt wurde. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Es wurde schon erw&hnt, dafi die Mikroorganisraen in einer solchen 
einige Tage alten Kulturfliissigkeit bereits zum Teil in H&ufchen liegen, 
docb sind dieselben bei der Betrachtung der Kulturflussigkeit mit bloBem 
Auge oder einer Lupe auch bei einer sehr alten Kultur nicht sichtbar, 
die Flflssigkeit ist vielmehr diffus triib. 

Wird nun zu einer solchen, mehrere Tage alten, degenerierten Gly- 
kosebouillonkultur desDiploc. pneum. eine geringe Menge des spezi- 
fischen Serums zugesetzt, sotritt nach 12-stiindigem Verweilen 
derProben bei Zimmertemperaturtypische Agglutination 
auf, w&hrend die Kontrollproben mit derselben Menge eines normalen 
Kaninchenserums diffus getrflbt bleiben. 

Die Erscheinungen der makroskopisch untersuchten Agglutination 
sind den Agglutinationserscheinungen anderer Bakterien durchaus &hn- 
lich. Wfihrend sich bei schw&cheren Verdiinnungen des spezifiscben 
Serums die Kulturfliissigkeit vollkommen kl&rt und die Mikroorganismen 
zusammengeballt am Boden des Gef&Bes liegen, zeigt bei starkeren 
Verdiinnungen die Kulturfliissigkeit eine teils schon mit blofiem Auge, 
teils mit der Lupe sichtbare Flockenbildung und je nach der Beobach- 
tungszeit mehr oder minder ausgesprochenes Sediment. 

Die beschriebene Reaktion ist durchaus spezifisch. Die Bildung 
von Flocken tritt in einer noch so alten Zuckerbouillonkultur des 
Diploc. pneum. ohne Zusatz von Serum nie auf und das sich bildende 
Sediment verteilt sich immer beim Aufschiitteln zur diffusen Trflbung. 

Ein normales Kaninchenserum vermag nur bei starken Konzentra- 
tionen (bis 1:5) und nur bei einer sehr degenerierten Kultur eine 
Flockenbildung zu erzeugen. Die mikroskopisch (im h&ngenden Tropfen) 
untersuchte Agglutination l&Bt sich viel schwerer beurteilen, da man, 
wie bereits erw&hnt wurde, kleine H&ufchen in jeder degenerierten Kultur 
findet; doch ist auch hier, falls man Kontrollproben mit normalem Serum 
anstellt, die agglutinierende Wirkung des spezifischen Serums unver- 
kennbar. Die beschriebene Agglutination wurde bei der ursprflnglichen 
schwach sauren Reaktion der Kultur ausgefilhrt; sie vollzieht sich eben- 
sogut auch bei neutraler Reaktion der Kulturfliissigkeit. 

Nachdem diese Beobachtungen der leichten spezifischen Agglutinier- 
barkeit der degenerierten Formen gemacht worden waren, lag es nahe, 
an einer durch geringen Zusatz von Normalnatronlauge geldsten, nach- 
her vorsichtig (durch stark verdQnnte Salzs&ure) neutralisierten, klaren 
L5sung der Diplokokkenleiber auch die Pr&zipitation nach Kraus zu 
priifen. 

Tatsfichlich gelingt diese Reaktion nach Zusatz von spezifischem 
Serum leicht. Setzt man nfimlich ein die „degenerierten“ Formen hoch 
agglutinierendes Serum zu der oben beschriebenen Losung im Verhfilt- 
nis 1:1 bis 1:4, so ffillt die Prfizipitinreaktion positiv 
a us. Die kurz nach dem Zusatz des Serums noch klare FlOssigkeit 
trflbt sich in einigen Stunden (bei Zimmertemperatur) durch Flocken¬ 
bildung und nach 12 Stunden ist bereits ein volumindses Pr&zipitat 
vorhanden. 

Auch klare Filtrate einer degenerierten Traubenzuckerbouillonkultur 
zeigen nach Zusatz von spezifischem Serum in oben erw&hnten Verdfln- 
nungen dieselbe Reaktion, nur sind die Prfizipitate nicht so voluminds. 
Hingegen gelang es mir nicht, mit meinen Seris eine Pr&zipitation in 
den Filtraten einer alten einfachen Bouillonkultur des Diploc. pneum. 
zu erzielen; allerdings ist anzunehmen, dafi bei dem sp&rlichen Wachs- 


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Heyrovsky, Beitrag zur Biologie u. Agglutination des Diplococcua pneum. 711 


torn des Diploc. pneum. in der Bouillon, daselbst nur eine viel ge- 
ringere Menge gelQster Diplokokkenleiber vorhanden ist. 

Auch bei der Pr&zipitinreaktion warden immer Kontrollproben mit 
normalem Kaninchenserum angestellt und fielen durchwegs negativ aus. 
Die SpezifitUt der Reaktion ist demnach nicbt zn bezweifeln. 

Die eben bescbriebenen PrSzipitate Ibsen sich kbnlich wie Prkzipi- 
tate anderer Bakterien 1 ) nach Zusatz geringer Mengen Lauge voll- 
komraen auf. 

Bevor wir nan die Agglutination der „degenerierten“ Formen des 
Diploc. pneum. einigen Erw&gungen unterziehen, sei hier die agglu- 
tinierende und pr&zipitierende Einwirkung, der Kilrze halber nur von 
zweien meiner Sera, auf die „gut erhaltenen“ Diplokokken und auf die 
degenerierten Formen derselben, tabellarisch festgestellt: 


Serum 

Agglutination 
einer 24-stiindigen 
Bouillonkultur 

Agglutination 
einer degenerierten 
Glykosebouillonkultur 

Prazipitation 
der gelosten degene¬ 
rierten Formen 

Serum vom Kaninchen 
K e nach 6 intraperi- 
toneal. Injektionen von 
im ganzen 198 schiefen 
Agarkulturen d. Stam- 
mes P 8 am 17. Juli 1904 

Stamm P 6 

1 :1 negativ 

1 I 50 n 

Stamm P 6 

1 :40 positiv 

1:00 negativ 

Stamm P e 

1:1 negativ 

Serum desselben Tieree 
nach 2 weiteren Injek¬ 
tionen (im ganzen in- 
jiziert ei ne Auf sch wem- 
mung von 240 schiefen 
Agarkulturen) am 2. 
Aug. 1904 

Stamm P 9 

1:1 poeitiv 

1:4 fepur 
! 1:0 negativ 

Stamm P 6 

bis 1:120 positiv 

Stamm P a 

bis 1:3 positiv 

Dasselbe Serum nach 

2 Monaten (auf bewahrt 
im Eisschrank ohne 
Zusatz von Desinfizi- 
entien) am 2. Okt. 1904 

! Stamm P 6 

1:1 negativ 

Stamm P„ 

bis 1:100 positiv 

Stamm P 6 

bis 1:3 positiv 

Serum vom Kaninchen 
K, 9 behandelt mit 
Stamm P, 9 nach Neu- 
feld am 4. Okt. 1904 

1 Stamm 

bis 1: 30 positiv 

Stamm P t9 

bis 1:100 positiv 

Stamm P„ 

bis 1:4 positiv 

Dasselbe Serum nach 
10 Tagen (aufbewahrt 
im Eisschrank ohne 
Zusatz von Desinfizi- 
entien)am 14. Okt.1904 

I Stamm P 29 

1:1 positiv 

1:4 negativ 

Stamm P f9 

bis 1:80 positiv 

Stamm P„ 

bis 1:3 positiv 

Serum desselben Tieres 
nach weiterer Behand- 
lung am 30. Nov. 1904 

Stamm P 29 

1:1 positiv 

1:4 negativ 

Stamm P^ 

bis 1:20 positiv 

Stamm P t9 

1:1 positiv 


Aus obigen Agglutinationsresultaten ist zu ersehen: 

1) daB ein spezifisches Serum, welches eine 24-stQn- 
dige Bouillonkultur des Diploc. pneum. in keiner Weise 
beeinfluBt, den gleichen, aber „degenerierten“ Stamm in 
bereits bemerkenswerter Verdflnnung spezifiscb aggdu- 
tiniert; 


1) Siehe die Arbeit von Eisenberg und Volk. (Ztechr. f. Hyg. Bd. XL. 1902. 
p. 192.) 


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712 Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Original©. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

2) daB ein, die 24-stflndige Bouillonkultur aggluti- 
nierendes Serum die „degenerierten u Formen desselben 
Stammes in unvergleichlich hdheren VerdQnnungen zu 
agglutinieren vermag; 

3) daB ein die 24-stflndige Bouillonkultur des Diploc. 
pneum. nur in sehr hohen Konzentrationen aggl u tinier en- 
des Serum, die gelflsten „degenerierten“ Formen desselben 
Stammes bereits in Verdflnnungen zu fallen vermag, bei 
welchen die 24-stflndige Bouillonkultur gar nicht mehr 
agglutiniert wird. 

Bevor wir nun die leichtere Agglutinierbarkeit der beschriebenen 
T,degenerierten“ Formen des Diploc. pneum. zu erkl&ren versuchen, 
so mflssen wir die Frage beantworten, ob die bei den beschriebenen 
Agglutinationsph&nomen des Diploc. pneum. identiscb seien, mit an- 
deren Worten, ob bei den beiden Reaktionen dieselben Agglutinine des 
Serums, sowie dieselben agglutinablen Substanzen der Kokken, in Be- 
tracht kommen. 

Es muB zuerst als festgestellt angenommen werden, daB die bei den 
beiden Agglutinationen in Betracht kommenden Kokkenleiber von che- 
misch verschiedener Beschaffenheit sind; dies beweist, abgesehen von 
-dem tinktoriellen und morphologiscben Verhalten, das durchaus ver- 
schiedene Verhalten der Kokkenleiber gegenflber einigen chemischen 
Reaktionen. 

Die „degenerierten u Diplokokken werden durch einen geringen Zu- 
aatz von Natronlauge vollkommen gelost, w&hrend die nicht degenerierten 
ungelost bleiben. 

Die Aufldsung vollzieht sich nicht nur bei in der Kulturflflssigkeit 
suspendierten, sondern auch bei durch Zentrifugieren ausgeschleuderten 
und gewaschenen Kokkenleibern, so daB eine etwa unter den Stoffwechsel- 
produkten vorhandene, an die Kokkenleiber nicht gebundene und nur 
bei alkalischer Reaktion in Aktion tretende Substanz nicht anzunehmen ist. 

Diese Verschiedenheit der chemischen Beschaffenheit beider Arten 
von Kokkenleibern schlieBt aber das Vorhandensein einer gleichen bei 
den beiden Agglutinationen in Betracht kommenden Substanz in den 
Kokkenleibern nicht aus; vielmehr sprechen einige Umst&nde fflr die 
Identit&t derselben bei den beiden Reaktionen. 

1) Wie schon Neufeld nachweisen konnte, ist die agglutinable 
Substanz des Diploc. pneum. hitzebestflndig; dies ist nun, wie ich 
mich flberzeugen konnte, auch bei unseren degenerierten Formen der Fall. 

2) Ferner konnte ich bei angestellten Absorptionsversuchen fest- 
stellen, daB beide in Betracht kommenden Agglutinine — ihre Verschie¬ 
denheit vorausgesetzt — sowohl von den lebenden und gut erhaltenen 
Diplokokken, wie auch von den degenerierten (aus der Kulturflflssigkeit 
durch Abzentrifugieren ausgeschleuderten und wiederholt gewaschenen 
Kokkenleibern) absorbiert werden. 

Was nun die Agglutinine anbelangt, so sprechen einige Umstinde 
allerdings dafflr, daB jene nicht vollkommen identisch sind. Vergleicht 
man n&mlich die Agglutinationswerte der Sera einerseits bei der Agglu¬ 
tination der frisch gezflchteten Kokken, andererseits bei der Agglutina¬ 
tion der „degenerierten u Formen, so f&llt auf, daB diese letzten Werte 
nicht immer proportional hflher sind, wie es zu erwarten wflre. 

Um ein Beispiel anzufflhren, so agglutiniert ein Serum K e den 
nicht degenerierten homologen Stamm P 6 bis zur Verdflnnung 1:2, 


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Shdmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


713 


denselben degenerierten Stamm bis zur Verdflnnung 1:120, ein anderes 
Seram den aicht degenerierten homologen Stamm P, 9 bis zur VerdGn- 
nnng 1:30, denselben degeneriert aber nur bis 1:100. 

Weiter schwindet die Ffihigkeit eines (im Eisschrank ohne Zusatz 
von Antisepticis) aufbewahrten sterilen Serums, die „gut erhaltenen 
Kokken“ zu agglutinieren sehr rasch, in einigen Tagen, wfihrend dasselbe 
Serum die FShigkeit, die „degenerierten u Formen zu agglutinieren und 
zu pr&zipitieren lange Zeit hindurch fast ungeschwScht beh&lt (siehe 
die Tabelle). Es ist somit als wabrscheinlich anzunehmen, dafi die 
beiden Agglutinine nicbt vollkommen identisch sind, doch spielt, wie ich 
glaube, dieser Umstand bei der Beantwortung unserer Frage nach der 
leichteren Agglutinierbarkeit der „degenerierten u Formen des Diploc. 
pneura. keine wichtige Rolle. 

Nachdem n&mlich festgestellt wurde, dafi die nicbt degenerierten 
Diplokokken beide Agglutinine zu binden vermdgen, so geht daraus 
hervor, dafi die Ursache der leichteren Agglutinierbarkeit der „degene- 
rierten“ Formen in den Kokkenleibern liegt. 

Da es mir nun auf keine andere Weise (durch Beeinflussung der 
Kokkenleiber durch Hitze und chemische Agentien, namentlich Sfiuren) 
gelang, die frisch gezGchteten Diplokokken in ahnlicher Weise wie die 
„ degenerierten 11 Formen durch spezifisches Serum leicht agglutinabel zu 
machen, so mufi ich mich darauf beschr&nken, den eigenartigen Einflufi 
der Stoffwechselprodukte auf den Diploc. pneum. zu konstatieren. 

Interessant und beraerkenswert bleibt immerhin der Umstand, dafi 
eine Degenerationsform des Diploc. pneum. durch ein spezifisches 
Serum unvergleichlich besser agglutiniert wird, als der frisch gezQch- 
tete und zur Erzeugung des Serums im nicht degenerierten Zu- 
stande benutzte Stamm. 


Nachdruck verboten. 

On an infectious pneumonia of rabbits and its treatment 

with anti-serum. 

[From the Institute for the Investigation of Infectious Diseases: Uni¬ 
versity of Bern (Director Prof. Dr. Tavel).] 

By Dr. Henry J. Sfldmersen. 

With 1 fig. and 1 diagram. 

(SchluB.) 

The surface colonies upon agar of Bacillus B are characterised 
by an irregular hazy halo surrounding a central nucleus where the 
growth is very much denser and raised above the surface. The colonies 
have a tendency to run together. These characters distinguish its co¬ 
lonies from those of Bacillus A. 

The bacillus resembles Bacillus A in being small and usually 
arranged in pairs end to end. In young culture it is actively motile, 
but this motility is slightly different from that of Bacillns A. There 
can be little doubt regarding its affinity to this bacillus although it 
does not possess the property of being agglutinated by the immune 
serum. 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


In culture the following are its chief characters: 

Agar. Growth takes place rapidly in the form of a thick greyish 
white viscid layer. In stab culture there is very little growth observed 
along the line of puncture, but on the surface this rapidly spreads to 
the wall of the tube. 

Gelatine. Liquefaction starts from the surface of a stab culture 
and extending into the gelatine along the puncture forms a depression 
at the bottom of which the microorganisms form a thick greyish mass. 
Already on the fifth day the surface is covered by a layer of liquefied 
gelatine to a depth of ^ cm or more. 

Bouillon becomes very turbid 24 hours after inoculation at the 
temperature of 37° C, this when shaken and held before the light 
shows the peculiar shimmer above remarked upon, an appearance which 
is common in young broth cultures of actively motile organisms. A 
thick deposit is formed after a few days, and a slight film is sometimes 
observed. Indol is not formed in peptone broth culture. Gas is 
abundantly formed in glucose bouillon. 

Milk. After a few days a whitish slimy deposit is formed and 
the liquid becomes clear above. Later the liquid becomes yellowish in 
colour at the same time much of the slimy sediment has disappeared. 
A 10 day’s culture is found to contain much peptone. 

Potatoe. Grows well and forms at first a dirty yellow viscid layer 
which changes to a yellowish brown colour later. The potato itself is 
coloured dirty brown or chocolate. 

Bacillus C. During the latter part of November and early in 
December several rabbits succumbed to a lung infection different from 
that due to Bacillus A which was also prevalent at that time. These 
animals were large and exhibited no remarkable diminution in weight. 
Around the nose and occupying its cavities there was usually present 
a small quantity of thick greyish white mucus, but this was not always 
present. The animals so affected died suddenly without showing any 
symptoms other than a rise of temperature to 40—41° C which took 
place a day or two before death, and a difficulty in respiration which 
may be accompanied by rales. On dissection great portions of the lungs 
were found to be occupied by a thick creamy pus; the pleurae and 
pericardium were bound by thick adhesions, and contained large masses 
of loose fibrin. The spleen was small, other organs appeared normal. 
A smear preparation of the purulent matter was seen to be crowded 
with a small Diplobacillus having the appearance of Bacillus A, 
and decolorised by Gram’s method. No other organisms were to be 
observed. In contradistinction to the organisms already described 
growth does not readily take place in ordinary culture media. No result 
was obtained by streaking an agar surface, but along the line of punc¬ 
ture in stab agar a pale bluish grey diffuse growth made its appearance 
after the second or third day of incubation in some tubes. The attempt 
to grow it in gelatine was attended with a similar result; no lique¬ 
faction occured. In gelatine small isolated colonies of a brownish grey 
colour by transmitted light sometimes appeared in place of the diffuse 
cloudy growth along the track in the depth of the culture medium. In 
broth growth takes place very slowly at the bottom of the tube forming 
a pale gelatinous mass which is removed entire by the platinum needle 
(zoogloea). The broth remains quite clear above; a 10 day’s culture 
give a strong positive indol reaction. No growth was obtained in milk 


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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


715 


or on potato. Intrathoracic and intratracheal injections of broth cultures 
gave rise to the disease in rabbits. 


The following descriptions relate to organisms, the pathological 
significance of which is doubtful, and to those which appear to be 
accidentally and occasionally present in parts of the respiratory tract. 

Bacillus D. This was obtained in association with Bacillus E 
from the trachea and bronchi of a rabbit which died with moisture 
around nose and mouth and besmeared for some distance around the 
anus. The lungs were much congested, coecum and upper part of the 
colon injected and distended with gas. The bacillus possesses all the 
characteristics of the Colibacillus, is motile, aerobic, and facultative 
anaerobic, on agar the growth is abundant after 24 hours incubation and 
when coloured with neutral red becomes fluorescent on the following 
day. Gelatine is not liquefied, the surface growth is abundant and dull 
grey in appearance, along the line of puncture brownish grey. In broth 
grows well, a deposit forms and liquid is very turbid on the day follow¬ 
ing inoculation. Indol is detected in peptone bouillon on the 3 rd day, 
a strong reaction is obtained on the 6 41 * day. Gas is formed in glucose 
bouillon. Milk becomes completely coagulated on the 2nd day. Potato 
is stained dirty grey, a brownish yellow viscid growth appears after 
24 hours incubation. 

Bacillus E was found associated with Bacillus D as above 
mentioned. It is decolourised by Gram’s method, is facultative an¬ 
aerobic and non-motile. A culture in bouillon was not agglutinated 
by Coli-immune serum from Bacilus D. It grows well on agar 
forming a thick dull greyish layer similar to Bacillus coli; along 
the line of puncture in stab agar a slight growth is evident. Broth 
becomes very turbid on the 2nd day; no film is formed. The bacilli 
are short and stout and in pairs which are united to form chains. The 
slimy deposit growth appears as though made up of small masses due 
probably to this tendency of forming chains, and which is comparable 
to that possessed by Streptococcus longus of growing in isolated 
balls in broth culture. Gas is not produced in glucose broth; indol 
is n o t formed in peptone broth. Gelatine is not liquefied. The growth 
on potato is not abundant, is creamy in yellow young culture and hardly 
distinguishable from the colour of the potato, later this becomes dull 
grey with a shining surface, the potato itself is similarly coloured. 

Bacillus F. This was obtained from the trachea of a rabbit 
suffering with strongly marked symptoms of a pulmonary infection; the 
nose was thickly covered with mucus discharge and the animal had 
become listless and much emaciated. The lungs were much congested, 
other organs appeared sound. The bacillus conforms with the Coli¬ 
bacillus D in most of its characters. It is however non-motile, and 
is not agglutinated by the immune serum of this bacillus. The super¬ 
ficial colonies on agar exhibit a beautiful iridescence resulting from the 
mode of increase by the formation of wavy concentrically arranged 
rings. The growth of the colonies on agar is rapid. It is a facultative 
anaerobic organism, on the surface of agar the growth is of a viscid 
consistency and dull grey appearance. It grows well in bouillon without 
film formation. It produced gas in glucose broth and indol in peptone 
broth. Gelatine is not liquefied. Milk is coagulated. The colour of 


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716 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 6. 


the growth on potato is a deep chocolate brown after 3 or 4 days in¬ 
cubation the colour of the potato becomes similar but less intense. In 
old broth cultures various curved and long forms are prevalent. 

Bacillus G (Bac. fluorescens liquefaci ens). In 2 cases 
this organism was found in the lungs of rabbits which had died with 
symptoms similar to those caused by the Bacillus A; it was present 
in pure culture in both cases. It is a slender motile bacillus; its co¬ 
lonies on agar after 24 hours incubation are larger than those of the 
Colibacillus, the agar has already become stained an olive green 
colour at the end of this time, this becomes of a fluorescent green, and 
in old culture tea green and ultimately brown in colour. Groups of 
needle-shaped crystals appear in the agar. The growth on agar surface 
is abundant and grey. Gelatine is liquefied and becomes emerald green 
and fluorescent. Liquefaction commences from the surface and extends 
downwards; the organisms form a thick grey layer on the surface of 
the unliquefied gelatine. On the surface of bouillon a thick grey film 
is formed, the fluid assumes a yellowish green colour at the end of 
24 hours this changes to a brilliant green with strong fluorescence on 
the 3“d day, the colour being more intense towards the surface. No 
gas is evolved in glucose broth. In milk a slimy deposit is at first 
formed which later disappears. The milk is of a clear yellow green 
which becomes bluish green near the surface. Potato becomes stained 
bluish green at the end of 24 hours and becomes of a dirty dark green 
colour on the 4 th day. The growth is abundant, brownish, viscid. 

This bacillus often occurs in the nasal excretion and pharynx of 
infected rabbits and Guinea pigs. 

Staphylococcus roseus was on several occasions found in 
various parts of the respiratory tract of infected rabbits. It was ob¬ 
tained in association with Bacillus A in plate cultures from the lungs 
in 3 cases, but so sparsely represented that its presence can only be 
considered accidental. The colonies on agar were large and white in 
the incubator, but assume a rose tint at the ordinary temperature. It 
stains well with methylene blue and by Gram’s method. Grows well 
on agar and gelatine, the gelatine is not liquefied; a sedimentary growth 
of a pale pink colour appears in broth without film formation; in glucose 
broth no gas is produced; indol is not formed; milk is not coagulated; 
on potato numerous raised colonies of a brick- or cinnabar-red colour. 
It is a facultative anaerobe. 

Staphylococcus albus and Staph, aureus are occasionally 
found in cultures from the lungs of rabbits infected with Bacillus A. 

The bacillus to be described was obtained from the nasal excretion 
of a rabbit. Upon the surface of agar a wrinkled yellowish brown 
layer is soon developed over the entire surface. This consists of a 
mass of oval spores, the protoplasm being located at each pole as a 
small protuberance. With longer bacilli it is seen that the spore is of 
much greater width than the bacillus and forms a large swelling at its 
end. A thick wrinkled film appeared the following day on broth; the 
broth itself remains quite clear, its colour changes however to a dirty 
yellowish brown after a few days. Indol is not formed. Milk is not 
coagulated, a buff-coloured sediment appears, later becomes a dirty 
brownish yellow. 

If a broth culture of about 10 days be stained after Gram’s me- 


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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


717 


thod it will be seen the bacillus retains the stain, on the other hand 
the parts of the bacillus in the neighbourhood of spores, or where 
spore formation is taking place are decolourised. The line which marks 
off the part of the bacillus strongly stained by Gram from the deco¬ 
lourised part is sharp, there being no gradual transition as a rule. This 
alteration in its staining reaction is of interest in regard to the con¬ 
stitution of bacterial protoplasm and its metabolic products. Upon 
what does the difference in behaviour to Gram’s stain as shown by 
different organisms depend? Is it due to a difference in the living 
protoplasm itself or does it depend on the different nature of its meta¬ 
bolic products. In this connection it is known that alterations in stain¬ 
ing reaction may occur under various circumstances. Bordet in 1896 
described such changes during phagocytosis as exhibited by alteration 
in the staining reaction of the ingested organism for methylene blue 
and eosin. I have observed instances in which bacilli outside the cell 
were decolourised, those within being stained by Gram’s method, and 
often in the same phagocyte all intermediate stages of alteration could 
be observed. 

Symptoms and post mortem appearances. 

In the descriptions of the microorganisms and in the introduction 
a general idea of the symptoms and pathological appearances has already 
been given. I shall here describe some typical cases more fully, so 
that similarities and dissimilarities due to the nature of the infection 
may be exemplified. 

Cases arising from the presence of Bacillus A. f Dec. 2 
1903. Large rabbit from the Institute’s stock which had been losing in 
weight for some time previous. The nose was besmeared with a thick 
whitish exudation; there was no diarrhoea. The left nasal cavity was 
filled with a purulent caseous mass, while the right cavity appeared 
free from mucus. In the larynx was a small collection of slimy mucus, 
the pharynx was moist and swollen, the trachea injected. The lungs 
were hyperaemic and oedematous. The small intestine contained a 
yellowish slime with numerous gas bubbles, in the rectum the faeces 
were solid. The walls of the small intestine and coecum were injected 
in places; more than the usual quantity of fluid was present in the 
peritoneum. All the other organs were normal in appearance. 

A smear preparation from the lungs showed the presence of numerous 
small bacilli; in the nasal pus a long slender bacillus was present in 
addition to small bacilli similar to those found in the lung. Bacillus A 
was obtained in pure culture from the lung. 

Diarrhoea is usually an accompanying symptom. In the above case 
there was no external appearance of this at the time of death. 

f Jan. 14 1903. A Guinea pig which had fallen considerably in 
weight, and of which the nose had become blocked by a thick mucous 
secretion. The lungs were found in an advanced condition of hepati- 
sation in places, other parts were highly congested. The left lung was 
more affected than the right; much mucus had collected in the bronchi. 
The larynx and epiglottis was much swollen and covered with mucus 
which had collected immediately below and had partially blocked up 
the trachea. The blood vessels of the trachea were injected, and its 
membrane moist and swollen. The stomach and intestine were almost 


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Centralbl. f. Bakt etc. 1. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


empty. Spleen small; kidney, cortex pale in colour, ecchymoses in 
glomerular region. 

A smear preparation from the lung was seen to be crowded with 
very small bacilli, and on agar surface a pure culture was obtained. 
The identity of this with Bacillus A was proved hy the fact that it 
was agglutinated by the antiserum of this bacillus. Many Guinea pigs 
have succumbed to this infection. 

Cases arising from Bacillus B. 

The following case will suffice, since others agreed in all essential 
features with it. All cases examined by me in which this bacillus occured 
arose among experiment animals; this does not preclude the possibility 
of infection by this bacillus having arisen also among the stock animals, 
since the time at my disposal would not then allow of a thorough bac¬ 
teriological investigation of each case. 

f Febr. 2 1903. Rabbit which had been previously injected with 
filtered cultures of Pneumococcus; but at no time with living or¬ 
ganisms. For 2 weeks previous to its death the weight had been con¬ 
stantly and rapidly falling, so that at last the animal had wasted down 
to about 2 /s of its original weight. The nose was thickly besmeared 
with a whitish creamy mucous, the anus was coated around for some 
distance with soft brown faecal matter. The interior of both nasal ca¬ 
vities was found to contain a fairly large quantity of whitish mucus 
similar to that on the exterior. The tracheal mucus membrane was 
swollen and injected and thickly coated with slimy mucus. The lungs 
were bright red in colour and pulpy; on pressure much frothy mucus 
was extruded. The stomach was almost empty, some yellowish green 
slime was present in the flaccid small intestines. 

Cases arising from Bacillus C. 

The first cases which came under my observation were two large 
rabbits which died on the morning of the 28 th November 1903. They 
were both exceptionally large and fine looking animals at the time of 
death. The outer surface of the nose was besmeared in the one case 
but not in the other. The intestines in each case were distended with 
gas bubbles, the spleen was small; the other abdominal organs had a 
normal appearance. In each case a most striking appearance was 
presented when the thorax was opened. The lungs were extensively 
adherent to the body wall and the pericardium, the pericardium and 
pleura contained thick deposits of fibrin and pus. These deposits were 
so thick that both the heart and lungs were in large measure concealed. 
On cutting through this layer, the heart was observed to be very large 
and in a fatty stage of degeneration, while large portions of the lungs 
were almost entirely replaced by a mass of thick creamy pus, the 
remaining lung tissue had undergone consolidation, very little could be 
considered in any degree functional. 

f Dec. 10 1903. Rabbit which had shown signs of infection since 
the 21 g t of November; it did not show any noteworthy diminution in 
weight, its temperature was at times sub-normal but for some days 
before death a temperature of 41—42° C was frequently recorded. 
From the nasal exudation Staphylococcus aureus and two kinds 
of bacilli which were decolorised by Gram were obtained in culture. 
The post mortem appearance was essentially similar to that above 
described. 

A smear preparation from the lungs in all the above cases showed 


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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


719 


the presence of a very small Diplobacillns which was decolorised 
by Gram’s method. A non-stainable area was generally observed to 
surround the bacillus, and since this was seen in air-dried preparations 
fixed by alcohol and ether must be considered as due to the presence 
of a capsule. Its tendency to grow as a zoogloea at the bottom of 
broth has been remarked upon. 

The following case is given as an instance of nasal catarrh associated 
with pulmonary tuberculosis. On the 27 th May 1903 a rabbit suspected of 
infectious pneumonia was killed. The temperature immediately before 
death was 39,2° C. It had wasted considerably. The surface around 
the nose was besmeared with a thick greyish white exudation, there 
was some oozing from the fore corners of the eyes. The lungs were 
highly tuberculous, no other organisms besides the tubercle bacillus 
were observed. The liver was dark coloured. In the kidneys were a 
few large white purulent foci. Spleen normal. Heart large, soft, pale 
colour. From the interior of the nose various bacillus and cocci were 
obtained in culture on agar surface. 

Cases have occured of rabbits having died of other diseases with 
more or less strongly marked rhinitis. In some cases culture media 
inoculated from the lungs (which have shown no abnormal condition), 
have remained sterile. Similar cases have likewise occurred among 
Guinea pigs though the rhinitis has not been so well marked as in 
rabbits. It is hardly conceivable in such cases that the rhinitis has 
been the cause of death, a coccidiosis with which some were affected 
may account for their deaths, but in other instances of the kind I 
could not find any appearance serious enough to be considered the 
cause of death. A careful investigation of this matter would be of 
great interest. 

On the preparation of an immune serum against Ba¬ 
cillus A, the causal agent of an infectious pneumonia 

in rabbits. 

Before describing the process of immunisation some results obtained 
by the injection of living and filtered cultures may be conveniently given 
in this place. Similar experiments were made with some of the other 
microorganisms previously described, but these were not so fully carried 
out, and will therefore not be treated of at present. Rabbits were used 
for the injections. 


Intratracheal injections. 

March 7 1903. 2,5 ccm culture. Saline emulsion of a 48 hours 
old culture of Bacillus A on agar. 



Weight 

Temperature 

March 7 

2590 g 

39,6° C 

(Before injection) 



March 12 

2500 , 


„ 17 

2240 „ 

38,9° „ thick nasal exudation 

„ 20 

1970 * 

39,2° „ 

„ 21 t 




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720 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Dec. 21 1903. 2 ccm culture. Emulsion as above. 



W eight 

Temperature 

Dec. 21 

920 

39,2° 0 

(Before injection) 
Dec. 23 

870 

39,15°,, 

„ 26 Wei 

il marked exudation of a thick slimy mucus 

around nose. 

Bronchial rales 

„ 28 

900 

much nasal catarrh 


A gradual recovery now seemed to take place, on the 8*b January 
the exudation had disappeared. Its weight was then 915 g. The ba¬ 
cillus had been isolated about 6 months previous, and had lost much 
of its virulence. About 3 weeks later animal was observed to be in a 
bad condition and died on the 30t h January with all the characteristic 
symptoms of the infection. Its weight was then 790 g. 

Dec. 8 1903. 0,5 ccm culture. Emulsion as above. Before 
injection 1850 g. 39,4° C. 

On the 12 th of December some slight exudation around nose. A 
preparation showed the presence of Staphylococcus together with 
various bacilli. On the 16 th its weight was 1800 g, the exudation existed 
as a small dried patch. On the 20 th its weight was 1760 g, after which 
a gain in weight occurred until the 27‘b its weight having then risen 
to 1880 g; on the 30 th it became reduced to 1830 g while the mouth 
and nose were both extensively moistened with mucus. Death took 
place on the 2 n< f January 1904; its weight after death was 1650 g. The 
lungs did not exhibit any very striking abnormal appearance beyond 
hyperaemia, the pleura contained much fluid. The intestines were 
distended with gas, but were not congested. The spleen was small, 
liver normal. The trachea was partially blocked by a mass consisting 
of leucocytes and epithelium together with various bacilli: a long thin 
bacillus, a Coli-like bacillus, and a large number of small bacilli. The 
latter bacillus was isolated and its identity demonstrated by its cha¬ 
racteristic growth on potato and other peculiarities. The same bacillus 
was found in the lungs in pure culture. 

The above cases are selected to give an idea of the inconstant 
results attending intratracheal injections. The last case exhibits a very 
variable course, this as well as the 2nd ca Se showed signs of recovery, 
then of re-infection. Since the animals were carefully isolated, this re¬ 
infection must have been due to re-activity of latent bacilli under more 
favourable circumstances. The first is a typical case; death resulting 
after a period of about 14 days. 

I could not determine a minimal lethal dose for intratracheal in¬ 
jections, since the results were so various. In several cases with small 
doses recovery took place without any signs of re-infection subsequently. 


Intrathoracic injections. 

Jan. 14 1904. 3 ccm culture. Saline emulsion 
of a 48 hours culture of Bacillus A on agar. 



Weight 

Temperature 

Jan. 14 

1200 g 

39,8° C 

(Before injection) 



Jan. 18 

1050 „ 

39,5° „ 

„ 21 

970 „ 


„ 23 f 




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S&dmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


721 


Both lungs were largely occupied by pus, but more especially was 
this the case with the right lung into which the injection was made. 
Fibrinous pleuritis with adhesions. Stomach much distended with gas, 
duodenum and small intestine filled with yellow slime; numerous large 
gas bubbles in large intestine and coecum. The anus was besmeared 
with soft faeces. In peritoneum large fibrinous masses in neighbourhood 
of liver and stomach. The trachea somewhat injected and moist; no 
exudation from nose. From the lungs a pure culture of Bacillus A 
was obtained. 

This case is remarkable in regard to the purulent condition of the 
lungs, the marked peritonitis, and absence of nasal exudation. 

Jan. 22 1904. 3 ccm culture. Emulsion as above. 



Weight 

Temperature 

Jan. 22 

630 g 

39,8° O 

(Before injection) 
Jan. 25 

570 

1 

slight nasal exudation 

28 

540 „ 

39,6° C 

Febr. 1 

„ 3 t 

500 „ 

slight accumulation of mucus in left nostril 


The post mortem appearances exactly simulated those of spontaneous 
cases. Both lungs were highly congested and oedematous. The right 
lung into which the injection was made was more particularly affected. 
There was no formation of pus as in the preceding case in which death 
took place earlier owing to the greater virulence of the culture. 

No adhesions were observed. The peritoneum was congested; 
spleen small, pale in color. The small intestine contained a yellowish 
slime in which gas bubbles were present. There was slight moisture 
around the nostrils. The mucous membrane of the pharynx and trachea 
was oedematous, that of the trachea was congested and thickly coated 
with mucous. 

Sub-cutaneous and intraperitoneal injections. 

The behaviour of cultures of Bacillus A was similar to that of 
the Colibacillus D when injected sub-cutaneous or intraperitoneal. 
In both cases a somewhat low grade of virulence was indicated. 
Although there is a general similarity in the effects a difference is 
observable in the longer duration of an infection by the Bacillus A 
than by the Colibacillus, when a quantity just below the fatal dose 
is injected. The rabbit which has received the culture of Bacillus A 
gradually loses weight and exhibits other signs of infection for a much 
longer time than the rabbit which has received an injection of the 
Colibacillus. In the latter case recovery commences at latest a few 
days after the injection, while in the former, case signs of illness may 
exist even 3 weeks afterwards. 

Injections of filtered cultures. 

Cultures in bouillon of various ages were filtered through a Cham - 
berland filter and injected sub-cutaneous, intraperitoneal and intra¬ 
venous. The filtrates were of a pale straw colour, which differed in 
shade with the age of the culture, being darker in old than in young 
cultures. The toxic action was well marked when the injection was 
made in the venous system, and but slight when introduced beneath 
the skin or in the abdomen. That the filtrates possessed but feeble 

Erato Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 6. 46 

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722 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXVUL Heft 6. 


action is not surprising, since as is well known a large number of or¬ 
ganisms which undoubtedly produce toxin in the animal body fail to do 
so in culture. 

The following results are selected: 


May 16 1903. Babbit injected sub-cutaneous with 10 ccm filtrate 
from a 12 days’ culture of Bacillus A. 



Weight 

Temperature 

Remarks 

May 16 

(Before injection) 

1600 g 

39,55 0 C 

Temp. 41,2 0 C (4 hrs. after 
injection) 

May 18 

1420 „ 

39,45° „ 

Large swelling 

„ 19 

1450 „ 

39,1° „ 

i» ii 

„ 20 

1480 „ 

39,3° „ 

ii ii 

ii 22 

1610 „ 

39,8' „ 

n n 


Febr. 24 1904. Babbit injected sub-cutaneous with 10 ccm filtrate 
from a 20 days’ culture of Bacillus A. 



Weight 

Temperature 

Remarks 

Febr. 24 
(Before injection) 

900 g 

39,2° C 

Temp. 42° C (5 hours after 
injection) 

Febr. 25 

950 „ 

39,7° „ 

Very large swelling 

» 26 

920 „ 

38,7' „ 

ii *i ii 

„ 27 

930 „ 

38,8° „ 

ii ii ii 


In both cases the swelling at the seat of injection was much in¬ 
flamed, the hair completely fell off and later necrosis set in. 

The last case diners from the first in that no fall in weight occurs. 
A fall in weight usually takes place, but differences in this respect are 
very probably due to some alteration of the toxin in old cultures, or 
to inconstancy of this symptom for sub-cutaneous injections and therefore 
varying according to the animal’s constitution. 

The above cases give evidence of toxic action chiefly in the rise of 
temperature immediately after injection, and the extensive necrosis at 
the seat of injection. The case is different and more pronounced with 
intravenous injections.- 


Febr. 24 1904. Babbit injected in the ear vein with 7 ccm filtrate from a 20 days’ 

culture of Bacillus A. 



Weight 

Temperature 

Remarks 

Febr. 24 
(Before injection) 

1030 g 

39,3° C 

1 hr. 40 mins, after injection the temp, was 
38,2° C. The animal crouches away in the 
far corner of cage, and has voided a large 
quantity of fluid faeces. — 3 hrs. after in¬ 
jection temp. ■= 37,4° O 

do. do. 




Febr. 25 

960 „ 

38,6° „ 

„ 26 

980 „ 


do. do. 

„ 27 

.820 „ 

— 

do. do. 

March 1 + 


— 

found f & turn. 


P. m. 10 a. m. Lungs with numerous hemorrhagic areas which 
give a marbled or mottled appearance to its surface; towards the apex 
of the left lung this is more pronounced, the whole of this part being 
highly congested with some extravasation. The small intestine contains 
much yellow slimy matter and numerous gas bubbles. The rectum 


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SQdmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


723 


contains semi-solid faeces, in places there are gas bubbles. The anus 
is besmeared for some distance around. Urinary bladder distended 
with urine. Trachea somewhat injected. The larynx is oedematous, 
and there is moisture about the nose and mouth. 

The fact that the lungs are affected together with the very rapid 
action on the glands of the mucous membrane of the alimentary tract 
is of interest and shows that these appearances in cases of infection 
are due to the toxin which the organism elaborates and which passes 
into the blood stream. 

A frog which was injected with a culture filtrate in the lymph sac 
was unaffected; while another frog into which 3 ccm filtrate from an 
old culture of the Colibacillus D was injected showed accelerated 
and laboured respiration half an hour after; it then commenced croaking 
which increased in frequency, being very rapid 1—l 1 /* hours after the 
injection had been made. When placed on its back the animal made 
ineffectual attempts to assume the erect position. Similarly 2 ccm un¬ 
filtered culture of Bacillus A had no effect while the same dose of 
Colibacillus D when injected in the abdominal cavity caused the 
death of the frog 7 days after. 

Immunisation. 

Since it was proved that the Bacillus A was the cause of the 
most frequently occurring form of pneumonia, and was capable of re¬ 
producing the infection when a culture was injected in the respiratory 
tract of normal animals, experiments were made in order to determine 
whether injections of attenuated cultures of this bacillus would confer 
immunity. 1 found that 10 ccm of a culture which had been previously 
heated to 60° C for 30 minutes was easily tolerated by a rabbit weigh¬ 
ing 1500 g when introduced in the peritoneum. Three such injections 
with an interval of 5 days between each were made. The result was 
a fall in weight after each injection, from which there was however a 
rapid return to the normal. This animal proved to be immune against 
a dose of culture more than that required to cause the death of a con¬ 
trol animal when injected in the peritoneum. Two weeks afterwards 
an intrathoracic injection of 3,5 ccm of living culture of Bacillus A 
merely caused a temporary loss in weight while a control animal which 
received a similar dose was found dead on the morning of the 5^ day 
following the injection. Experiments were also made in order to 
determine whether rabbits which had been injected with attenuated cul¬ 
tures of the Bacillus A are proof against spontaneous infection arising 
from contact with diseased animals. The results prove conclusively that 
this is the case. I have kept the animals which were in process of 
immunisation as much as possible in contact with the most severe cases 
without at any time more serious symptoms than a temporary appear¬ 
ance of a rhinitis. These results are interesting in consideration of 
the fact that all pneumonias with which rabbits are affected are not 
due to the same microorganism, and it is probable that rabbits suffering 
from some other form of pneumonia have come into contact with these 
animals without communicating their disease. Is it possible that pro¬ 
tection against some of these other bacilli having access to the lungs 
is at the same time produced by protective inoculations against Ba¬ 
cillus A? It is certainly probable that some other pneumonias are of 
a secondary character and depend on some primary disease for their 

46* 


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724 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


development, and for this reason are not to be considered as infections 
under normal conditions. This supposition is supported by the lesser 
frequency of these forms of pneumonia. Experiments which I have 
made show that Bacillus A and Bacillus D when injected in pro¬ 
tective doses do not confer immunity the one against the other for 
intraperitoneal or sub-cutaneous injections. 

In the process of immunisation I had recourse to intraperitoneal 
injections in order to avoid abscess formation. At first dead cultures 
were employed, as much as 30 ccm of a 48 hour’s culture previously 
heated to 60° C for 30 minutes was finally given at one injection. 
The dose of virulent culture is gradually increased according to indica¬ 
tions given by the weight, the temperature record being of less value 
unless an overdose has been given when a fall occurs which in serious 
cases may last for some days or until death occurs. Such a condition 
should be avoided, the dose must not be repeated before the animal 
has recovered its normal weight, and should not be increased too 
rapidly. Dr. Wright working with Staphylococcus vaccine found 
that the bactericidal power of the blood falls after an injection. This 
he denominates the “negative phase" of bactericidal activity and is of 
longer or shorter duration according to the quantity of vaccine injected. 
This phase appears to correspond to the period of phagocytic activity, 
at which time all the protective forces of the body cells are being called 
into play in carrying on the struggle against the invading micro¬ 
organisms. At such a crisis it is easily conceivable that a slight addition 
to the forces of the invader would turn the balance in their favour. 
An immunised rabbit was accidentally injected before recovery from 
the previous injection had occurred, in other words at a time when its 
blood was still in a negative phase. Prolonged illness marked by daily 
diminution of weight, and temperature depression resulted, from which 
it is questionable whether the animal would have recovered. Death 
occurred during the process of bleeding before a quantity of blood had 
been removed equal to a third of that which can be safely drawn from 
a normal animal. This blood exhibited a lower bacteriolytic power than 
that possessed by normal rabbits’ blood although it still showed an ag¬ 
glutinating reaction against a culture of Bacillus A. 

The following table is given as showing what may be considered 
a process of immunisation carried out as rapidly as the condition of 
the rabbit would allow. Other animals were differently treated; one 
was injected throughout with living culture extending over a period of 
about six months, but its serum did not appear much more potent than 
that obtained by this method (see table p. 725). 

A thick patch of mucous was present in and surrounding the 
nostrils on the 7 th January (before any living culture had been 
injected), but this disappeared later. After excessive doses as for 
instance those given on the 14 th December and 18 th January a fall in 
temperature was observed on the day following, in the last case this 
lasted for three days. In this respect the conditions are exactly opposite 
to those which I found to be the case after injecting an immunised 
rabbit with an overdose of the Colibacillus D. Here the tempe¬ 
rature rises on the following days, although a depression may be evi¬ 
dent during the first 6 or 8 hours following the injection. The last 
injection was made sub-cutaneous all others being intraperitoneal. In 
spite of the highly immunised condition of the animal large swellings 


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Sttdmeraen, On an infections pneumonia of rabbits etc. 


725 


Date 

Amount of culture injected 

Weight 

Nov. 20 1903 

p 

8 a 

( 7 ccm intraperitoneal 

18.50 g 

„ 23 

10 



1820 „ 

„ 27 

10 


’I 

1790 „ 

Dec. 1 

<g 

10 

>> 

11 

1810 „ 

» 5 


10 


51 

1800 „ 

„ 10 

C§«2 

15 

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1820 „ 

„ 12 





1745 „ 

14 

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15 


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1780 „ 

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21 

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1630 „ 
1750 „ 

„ 23 

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20 

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1810 „ 

., 28 


5 

ii 

living culture 

1800 „ 

„ 30 




1790 „ 

Jan. 4 1904 


7 


it ii 

1810 „ 

7 


10 

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5' 77 

1775 „ 

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1700 „ 

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10 

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1780 „ 

„ 18 

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15 

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1780 „ 

22 

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1660 „ 

„ 25 





1700 „ 

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15 

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1790 „ 

Febr. 4 


15 

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71 11 

1800 

8 


15 

51 

11 71 

1770 „ 

» 13 


20 

11 


1775 „ 

„ 26 




sub-cutaneous j 

1770 „ 


formed at the seat of sub-cutaneous injection (10 ccm was given on 
each side of the abdomen), which later became purulent. The hair 
completely disappeared and later the skin fell off exposing a large raw 
surface: recovery was very slow. 

Agglutination and bacteriolysis. 

The serum obtained from a rabbit which had been injected as above 
described possessed both agglutinative and bacteriolytic properties. A 
culture of Bacillus A in a dilution of 1 in 10000 of serum at first 
lost its motility, then small clumps formed, these united to form larger 
masses so that within 2 minutes the field of view was occupied by one 
or two such large masses with interspaces quite free from bacilli. 

The serum obtained from a rabbit which had been injected with 
the Colibacillus D although it caused agglutination of this bacillus 
in very high dilution had no effect even in a 1 in 10 dilution on a 
culture of Bacillus A, and vice versa, the serum of rabbits immunised 
against the Bacillus A did not cause agglutination of the Coli¬ 
bacillus D. 

The bactericidal tests were made by the addition of a standard 
loop-full of culture to 1 ccm of fresh serum, the mixture was kept in 
the incubator at 37° C and after definite intervals of time plates were 
poured from inoculated agar. Care was taken to distribute the or¬ 
ganisms, the serum was stirred with the platinum loop before removal 
of the standard loop-full, and the inoculated agar was kept in agitation 
in the waterbath at a temperature of 42° C before pouring the plate. 
A control was always made at the same time by inoculating 1 ccm of 
saline solution with a loop-full of culture, and pouring a plate from this 
at the time the serum test was made. A platinum loop is more to be 
depended on for removing a definite quantity of liquid if the ring of 
wire be flattened by means of a small hammer. The loop should be 


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726 Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

plunged down vertically into the liquid, since the quantity removed 
varies considerably when scooped up by the loop. 

The experiments with Bacillus A showed a maximum reduction 
in the number of colonies in plates prepared after the serum had acted 
for from 4 hours to 4 1 /* hours on the bacilli at 37° C; the number 
of colonies in plates poured after 6 hours incubation was in many 
cases nearly equal to those of control plates; thus showing a rapid 
growth after all ImmunkSrper had been removed from the serum. 

Serum was drawn from the clot on the following day (18 hours 
after the blood had been drawn from the animal) and its bacteriolytic 
properties tested. This serum was also found to be strongly bac¬ 
tericidal. 

Much difference of opinion prevails regarding the length of time 
an immune serum retains its bacteriolytic power, the results of different 
observers vary on this point. The differences appear to arise a in the 
length of time the serum has been left in contact with the clot and 
corpuscles and b in the specificity of the complement, since the micro¬ 
organisms and experiment animals have been different in the different 
cases. It is now established that complement is not so uniform a body 
as was formerly supposed. According to Re my the bacteriolytic alexine 
of a rat’s blood resists a temperature of 55—56° C for 35 minutes 
whereas its hemolytic alexine is destroyed. Noguchi has also found in 
cold blooded animals that the complements are multiple bodies and in 
different sera their destruction occurs at different temperatures. The 
presence of clot and cellular elements influences the length of time that 
a serum retains its bacteriolytic power after removal from the living 
body. This has been shown to be the case by A. Walker who found 
an increase of complement to take place when the serum is left in 
contact with the clot and demonstrated its presence in serum-free 
coagulum. Metschnikoff long ago held the complement to be a 
product of phagocytic activity, and it has been shown to be absent in 
body fluids free from cellular elements of the blood such as the aqueous 
humour of the eye. 

Protective power of bacteriolytic sera in the living 

body. 

That a serum which possesses bactericidal properties in vitro should 
likewise protect against an infection in the living body is in general found 
to be the case. This is doubtless always so if the antibacterial serum 
is obtained from the same species of animal as that into which it is 
inoculated for protective purposes. On the other hand if the animals 
are of different species complications may enter which annul its bac¬ 
tericidal power in the living body. 

Bail and Pettersson working on anthrax have found that the 
amboceptors may possess a much greater affinity for the tissue cells 
than for the bacteria themselves, so that an absorption of the ambo¬ 
ceptors by the tissues takes place, and leaves the animal in just as 
susceptible a condition as before the injection of serum. 

It is also possible that the amboceptor of one animal may give rise 
to an antiamboceptor when injected into another species. This would 
likewise appear to depend on a greater affinity of certain of the body 
cells for the amboceptors than that possessed by the bacteria. The 
particular cells to which the amboceptors are anchored respond by 


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SQdmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


727 


producing antiamboceptors in a way similar to that by which the ambo¬ 
ceptors themselves were produced by the presence of bacteria. 

It is likewise necessary for the efficiency of a serum that its ambo¬ 
ceptors meet with complements possessing haptophore groups which fit 
the complementophile groups of the amboceptors. Should this not be 
case fresh defibrinated blood from the same species of animal as 
that from which the immune serum was obtained should be injected 
together with the immune serum in order to supply a fitting comple¬ 
ment 

Of great interest is the fact that an overdose of immune serum 
may be ineffectual while complete protection is conferred by the injec¬ 
tion of a lesser dose. In this connection Neisser and Wechsberg 
have shown that the amboceptor becomes at first attached to the bac¬ 
teria and the complement becomes affixed afterwards. They suppose 
that the affinity of the complementophile group of the amboceptor for 
the complement becomes modified after this attachement to the bacterial 
cell. Should this affinity be thereby lowered the quantity of complement 
required to satisfy the freely circulating amboceptors will be first of all 
removed, so that with a sufficient excess of amboceptors, no comple¬ 
ment will remain over for attachment to the fixed amboceptors. The 
bacteria are therefore in an unassailed position, although they may be 
loaded with amboceptors. If the affinity of the amboceptor is unaltered 
by its attachment to the cell a similar but less pronounced result may 
arise since the freely circulating remove the complement equally with 
the fixed amboceptors. Where the affinity is raised in the fixed ambo¬ 
ceptors no disadvantage would appear to arise from the injection of 
an overdose of serum. 

Again, if an excessive dose of culture has been injected into an 
animal it may happen as shown by Wassermann that protection is 
not conferred no matter how much antibacterial serum is injected. 
Ainley Walker has confirmed this for injections of typhoid culture 
and I have found the same to occur with Bacillus A after the injec¬ 
tion of a large dose of living culture in a young rabbit It would thus 
appear probable to be generally the case for all bacteria. 

The following descriptions of experiments will serve to show the 
protective power of the specific immune serum in the living body. 


| Nov. 4 1903. Babbit L. Weight 1080 g. Temp. 39,1° C. No serum. 

1 1 5,30 p. m. 8 ccm broth culture of Bac. A injected into the peritoneum. 

I Nov. 5. f found dead 8 a.m. 


II 


From the peritoneal fluid a pure culture of Bacillus A was obtained. 

Nov. 4 1903. Rabbit 8. Weight 1000 g. Temp. 38,9° C. 

10,45 a. m. 5 ccm antibacterial serum, I. F. 

5,30 p. m. 9 ccm culture in broth (same as above) injected in the peritoneum. 
Nov. 5. Weight 960 g. Temp. 38,7° C 

„ 7. „ 910 „ „ 39,1° „ 

»» 0. „ 900 „ ,, 39,0° ,, 

„ 11. „ 940 „ 

Animal lived. 


Ill 


Nov. 6 1903. Rabbit M. Weight 1060 g. Temp. 39,1 0 C. No serum. 

5,30 p. m. 8 ccm broth culture of Bac. A injected into the peritoneum. 
Nov. 7. 9 a. m. Weight 1030 g. Temp. 36,5° C Breathing laboured; saliva 
exuded from month. 

11 a. m. +. 

From the peritoneal fluid a pure culture of Bacillus A was obtained. 


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Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXV ill. Heft 6. 


IV 


Nov. 6. 1903. Babbit M. Weight 980 g. Temp. 39,1° C. 

11,30 a. m. 3 ccm antibacterial serum, I. P. 

5^0 p. m. 9 ccm culture in broth (same as above) injected in the peritoneum. 
Nov. 7. 9 a.m. Weight 950 g. Temp. 38,6° C. 

12 a. m. Temp. 38,1 0 C. 

Appears listless and crouches in corner of cage: stands with difficulty. 
3 ccm antibacterial serum + 2 ccm fresh defibrinated normal serum 
injected partly in peritoneum and partly in ear vein. 

Nov. 9. 11 a. m. Wright 930 g. Temp. 38,9° C. 

„ 11. 945 g. Temp. 39,2° C. 

Animal lived. 


In experiment IV an opportunity occurred for testing the thera¬ 
peutic value of the serum. The loss in weight and depression of tem¬ 
perature on the following day, taken in conjunction with the general 
appearance of the animal showed clearly that the animal was in a state 
of illness which doubtless would have terminated fatally some 4 or 
5 hours later. Fresh serum was given at the same time in order to 
supply any deficiency of complement which might exist or to tide over 
the time necessary for the exhausted cells to recover their complement- 
producing capacity, it being probable that after repeated and violent 
stimulation a condition of functional paralysis both as regards immune 
body and complement-production may temporarily supervene. 

Both series of experiments show that the serum is capable of con¬ 
ferring passive immunity to rabbits. In each case the lighter and there¬ 
fore presumably the more susceptible animal was used to test the serum 
efficiency, and in this animal also the dose of injected culture was 
considerably higher than in the control. 

During the month of December and the early part of January when 
the infection was prevalent among the Institute’s stock of rabbits I had 
not sufficient serum to test its efficiency on spontaneous cases at this 
most favourable time. On a previous occasion I had injected a rabbit 
apparently in an early stage of infection, with the result that a most 
marked improvement followed, and there was no subsequent relapse. 
This would appear to speak for the value of the serum but this matter 
will be referred to further on. 

For a long time there was complete freedom from the epidemic 
except occasionally among the experimental rabbits, and upon these I 
was necessitated to try my serum from the next bleedings. Some 
rabbits which had received injections of tuberculous material in the 
peritoneum subsequently showed all the characteristic symptoms of an 
infectious pneumonia and these were kindly placed at my‘disposal. 
Loss of weight was very pronounced and rapid in the infected animals 
while the others in which the tubercle bacillus had also been injected 
remained more or less normal, at no time showing any remarkable 
diminution. The abdominal tuberculosis would appear of itself to in¬ 
troduce no unnecessary complications into the result. An examination 
of the exudation from the noses of infected animals showed a large 
number of staphylococci and some bacilli of various forms. In culture 
I succeeded in isolating Bacillus A from the noses in two cases which 
I investigated by plate cultivation. Those which died were examined, 
and from the lungs a pure culture of Bacillus A was obtained. A 
Guinea pig used for a similar purpose and kept with the rabbits also 
developed similar symptoms and died, the Bacillus A was obtained 
in pure culture from its lungs. 


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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


729 


A rabbit in a very advanced stage of illness was selected in order 
to test the therapeutic value of the serum. The very serious condition 
of the animal was such that it was hardly expected to live another day 
at the time the injection of serum was given. The results of this in¬ 
vestigation have been plotted out in curve form in order to exhibit 
more clearly the immediate and striking effect following an injection of 
serum. 

Jan. 29 1904. A rabbit which had received an intraperitoneal in¬ 
jection of tuberculous material about 7 days previous was placed apart 
in consequence of showing symptoms of pneumonia. The presence of 
Bacillus A was detected in the nasal exudation, Staphylococcus 
albus was abundant, Staphylococcus roseus appeared in 2 co¬ 
lonies on agar slope. The nasal exudate was white and of a thick 
creamy consistence; at first small in quantity, became abundant, and 
again diminished, being slight at death. 


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The two injections of antibacterial serum were given intraperi- 
toneally on the 23 rd and 26* h February. On the 5 th of March a relapse 
had again taken place no further injections were however made. Re¬ 
spiration was difficult and noises as though due to blockage in the 
trachea were observed on .the 7‘b the temperature was then 39,9 0 C; on 
the 8 tl > the animal was found dead. The lungs especially in the anterior 
lobes were in great part hepatised the lobules sharply demarcated by 
interlobular infiltration. The trachea was injected and largely filled 
with mucous, a large semi-solid purulent plug in its middle part no 
doubt accounted for the noises and difficulty of breathing observed on 
the preceding day: the larynx and epiglottis oedematous. Bacillus A 
was obtained in pure culture from the lungs. The mesentery and 
various abdominal organs were crowded with tuberculous foci. 

Although this case which was injected at a time when the lungs 
were so far damaged that recovery could hardly have been expected 
even with a very much stronger serum ended fatally, it is evident that 
a marked influence was made on the course taken as shown by the rise 
in weight which immediately followed each injection. Complete recovery 
would doubtless have taken place if the injection had been made at an 
earlier period as for instance on the 10 th or 12 th of February. It must 
not be overlooked that had an injection been made at this time and 
recovery had taken place, no more would have been shown than what 
is indicated by the present experiment. A gain in weight would have 
followed the injection, but its recovery would have taught us nothing, 
since at this early stage of infection it often occurs that animals recover 


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730 


Centr&Ibl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIU. Heft 6. 


without special treatment. The sudden rise in weight following the in¬ 
jection would have shown although less decidedly than in the above 
experiment, the specific action of the serum, since in cases of spontaneous 
recovery this rise is at first slow. The experiment above recorded is 
so decisive because at such an advanced stage of the disease nothing 
but the specific action of the serum can account for the sudden change. 
The less obvious rise following the next injection is not surprising when 
all circumstances are taken into consideration. 

Conclusion. 

The main results obtained in the course of these investigations will 
here be briefly recapitulated. 

A pneumonia may arise in rabbits as the result of the pathological 
activity of more than one species of microorganism. 

Organisms associated with such a disease and whose etiological 
connection has been established, together with such the presence of 
which lends suspicion to their possessing some aetiological significance 
have been described in some detail. A few organisms whose presence 
appears to be accidental have also been described because of their 
novelty or some interesting characters which they possess. 

Pneumonia in rabbits is usually accompanied by a rhinitis; this 
appearance however is by no means confined to lung affections, but 
may arise in association with other disorders and also in animals other¬ 
wise normal. As a result the examination of the nasal exudate reveals 
the presence of various microorganisms; there is in fact no specific 
microorganism which produces this appearance. Although of more fre¬ 
quent occurrence in diseased animals it must be looked upon as in 
itself possessing but little pathological importance. In rabbits suffering 
from pneumonia the organism is present in the exudate mixed with 
other organisms of which Staphylococcus albus and St. aureus 
are almost if not constantly present, together with various bacilli. 
Whether the nose in such cases is the primary seat of the infection, 
from whence it spreads downwards to the lungs or whether the in¬ 
flammatory oedema and discharge arises as a result of toxic action 
upon the sensitive nasal mucus membrane and serves as a nidus for 
the growth of the infective and other microorganisms has not been 
satisfactorily decided. 

It is probable that certain pneumonias may arise secondarily to 
other infections whereby in consequence of the lessened resistance of 
the lung tissue an organism non-pathogenic under ordinary circum¬ 
stances may become so. Some sporadic cases may thus be accounted for. 

The symptoms are not always identical; an infection of the lungs 
has been recorded in which great temperature irregularities occur, some¬ 
times rising very high; the animal shows no conspicuous loss in weight. 
The lungs at death are found to be largely replaced by purulent matter, 
and there are extensive adhesions with fibrinous pleuritis and peritonitis. 
Some properties of the bacillus causing this disease have been given. 
An intrathoracic injection of a bouillon culture reproduced the disease 
in normal rabbits. 

A pneumonia of much commoner occurrence was characterised by 
great loss in weight and by the temperature either remaining normal 
or sinking, but never by a high temperature. A rhinitis is usually 


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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc. 


731 


present. More than one bacillus has been found responsible for an in¬ 
fection of the lungs with these symptoms. 

By far the majority of cases examined were infected with the Ba¬ 
cillus A. The bacillus occurs generally pure in the luugs. 

The contagion by Bacillus A occurs most frequently from No¬ 
vember—December especially during damp and cold seasons and times 
of sudden weather changes. It is less frequent at other times of the 
year occurring then mostly in experiment animals, so that one must 
assume that the constitution of the affected animal plays some part in 
assisting the infective process or that the bacillus at different times 
possesses different degrees of virulence. Guinea pigs are susceptible to 
a similar infection of the lungs caused by the same bacillus, their death 
is accompanied by similar symptoms and post mortem appearances. 

The disease is reproduced in a normal rabbit by the intratracheal 
or intrathoracic injection of a pure culture of the bacillus. 

A toxin is produced in culture; and this was found to act most 
powerfully when injected into the vascular system. As a result of such 
an injection a marked effect on the mucous membrane of the respiratory 
and alimentary tract was observed. This observation supports the 
hypothesis that a rhinitis is induced by the toxin rendering the mucous 
membrane oedematous and thereby susceptible to septic invasion. The 
diarrhoea which so frequently occurs is shown to be due to circulating 
toxin. That the toxin exhibited so marked an action on the lung tissue 
is of great interest. 

By the injection of attenuated cultures a rabbit may be protected. 
By the injection of gradually increasing doses of culture into a rabbit 
an immune serum is obtained. 

The immune serum exhibits marked agglutinative and bactericidal 
properties, and when injected into a rabbit confers protection against 
a more than lethal dose of culture. 

Injected into a rabbit already suffering from the infection artificially 
induced it at once gives evidence of its value by the rise in weight 
immediately following this and the fact that the animal recovers. 

In the case of spontaneous infection even in the most advanced 
stage when the lungs have almost completely lost their functions the 
introduction of the serum into the rabbit is at once followed by an 
improvement; the rise in weight is immediate. This result shows 
decisively that its use in early stage of infection would have a marked 
influence in lowering the death rate. In very advanced stages the patho¬ 
logical alterations which have already taken place preclude the possi¬ 
bility of cure. 

As a prevention against this infection the use of serum has been 
shown to be effective. This immunity is however passive and it is not 
likely that it will last so long as that conferred by the injection of 
vaccine. The injection of 20 ccm of a 4 or 5 day bouillon culture 
previously heated to 60° C for 20 minutes in 2 doses of 10 ccm with 
an interval of 7 day’s between I have found to be sufficient to protect 
against infection; and all rabbits for experimental purposes should have 
been previously so treated say a month before use. Animals already 
suffering should of course be injected with immune serum. 

Numerous experiments were made in order to determine whether 
the bacillus was present in any of the food stuffs and drinking water 
bnt with negative results. 


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732 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIIL Heft 6. 


I desire in conclusion to express ray warmest thanks to Prof. Tavel 
for his kind assistance and advice so often given me during the course 
of this investigation. 


Idteratur. 

Beck, Der Bacillus der Brustseuche beiin Kaninchen. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infek- 
tionskrankh. 1893. Okt.) 

Kraus, Rudolf, Ueber den Erreger einer influenzaartigeu Kaninchenseuche. (Zeit- 
schrift f. Hyg. u. Infektionskrankh. 1897.) 

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Neisser und Wechsberg, Ueber die Wirkungsart bakterizider Sera. (Munch, med, 
Wochenschr. 1901.) 


Narchdruck verboten* 

Ueber die Schwankungen des Agglutinin- und Prazipitin- 
gebaltes des Blutes wabrend der Rotzinfektion 

Ein Beitrag zur Serumdiagnose beim Rotz. 

[Aus dem pathologischen Institute der kgl. Universitat Padua 
(Vorstand: Prof. Dr. A. Bono me).] 

Von Prof. Dr. A. Bonome. 

(Schlufi.) 

Dasselbe fand ich zuletzt bei sowohl durch die Verdauungs- als 
auch durch die Nasenwege mit Rotzkulturen infizierten Pferden (Stute 
„Ceva“ und Wallach „Gigante“), die nach Verlauf einer bestimmten 
Krankheitsperiode in ihrer Ernahrung und in lokalen Zustfinden (Auf- 
horen des Nasenausflusses, Vernarbung der GeschwQre und Schwund 
der Lymphdrusenschwellung) sich besserten und auf Mallein zu reagieren 
aufhorten, so daB man eingetretene Heilung annehmen konnte. Bei der 
Stute „Ceva“, die 2mal auf -den normalen Verdauungswegen infiziert 
wurde, sank das wenige Tage nach der zweiten Einfuhrung von Rotz¬ 
kulturen in die Verdauungswege auf ein Maximum von 1:1105 ge- 
stiegene Agglutinationsvermogen 4 Monate spkter auf 1 : 350, w&hrend 
das Tier auch einen besseren Ernahrungszustand zeigte. Vor dem Be- 
ginn der Versuche, als das Tier noch keine Malleinreaktion gab, betrug 
das Agglutination svermfi gen 1 : 115 bis 1 : 150. 

Bei dem Wallach „Gigante“ sank die Agglutinationskraft des Blutes 
von 1 : 460 bis 1 :500, auf die sie einige Tage nach der auf die ver- 
wundete Nasenschleimhaut vorgenommenen Impfung gestiegen war, auf 


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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- u. Prazipitingehaltes des Blutes etc. 733 


1 :200 bis 1 :250, wfibrend am Beginn der Versuche die Agglutinations- 
kraft seines normalen Blutserums 1 : 170 bis 1 : 184 betrug. 

Diese Verminderung der Agglutinationsffihigkeit des Blutes, nicht 
nur bei den an starkem, todlich verlaufendem, experimentellem Rotz er- 
krankten Pferden, die einen charakteristischen nekroskopischen Rotz- 
befnnd ergaben („Estimo u ), sondern auch bei an verstecktem Rotz 
leidenden Pferden („Dandolo“, „Chiari tt ) Oder bei solchen, die nicht 
mehr auf Malle'in reagierten (ceased reactor) und wegen ihres viele 
Monate nach erfolgter Infektion sehr gebesserten allgemeinen und lokalen 
Zustandes an eine eingetretene Heilung denken lieBen (Wallach „Gi- 
gante u und Stute „Ceva“) — diese Verminderung der Agglutinations- 
fShigkeit des Blutes also scheint bisher die Aufmerksamkeit der Forscher 
nicht auf sich gezogen zu haben, da hieriiber in keiner der speziellen 
Arbeiten fiber die Serumdiagnose und fiber die Agglutination des Rotz- 
bacillus Erwfihnung geschieht. 

Ich habe diese Schwankungen des Agglutinationsvermogens und 
ibre biologische Bedeutung mit groBter Aufmerksamkeit verfolgt. 

Anfangs habe ich, um die Verminderung des Agglutinationsver- 
mfigens zu erklaren, besonders in schon sehr vorgeschrittenen Krank- 
heitsffillen, die keine Heilung mehr erhoffen lieBen, die Erschopfung 
der organischen Schutzmittel infolge des Fortschreitens der Krankheit 
annehmen zu dfirfen geglaubt. Ich dachte sogar, dafi der durch die 
zunehmenden Gewebsverfinderungen sehr mitgenommene Organismus 
nicht mehr die normale Fahigkeit, Agglutinine zu bilden, besfifie. So 
sehr auch diese Annahme logisch scheinen kann, darf sie doch nicht als 
die wahrscheinlichste angenommen werden, da das Phfinomen der Ver¬ 
minderung der Agglutinationskraft von mir an 2 Pferden beobachtet wurde, 
die nach der experimentellen Infizierung mit Rotzkulturen nach gewisser 
Zeit eine Besserung zeigten (Wallach „Gigante“ und Stute „Ceva“) und 
auch aufhfirten, auf Mallei'n zu reagieren, weswegen sie als geheilt an- 
gesehen werden konnten und als solche gleich den immunisierten 
Pferden eine Vermehrung des Agglutiningehaltes hfitten fceigen sollen. 

Um eine Erklarung des Phfinomens nach dem Standpunkte mo- 
derner Kenntnisse fiber den Agglutinationsmechanismus und fiber die 
Bildungsweise der Agglutinine zu geben, dflrfte man annehmen, daB im 
Serum rotzkranker Oder rotzverdfichtiger Pferde, neben den unter dem 
Namen Agglutinine bekannten Antikorpern, noch andere Antikorper sich 
bilden, welche die Wirkung der Komplemente Oder der Cytasen be- 
hindern, d. h. die sogenannten Antikomplemente 1 ). — Diese Antikom- 
plemente bSnden einen Teil der Komplemente, wodurch der kleine, frei- 
bleibende Teil derselben nicht mehr hinreicht, das Agglutinin auf die im 
Kfirper des Rotzbacillus vorhandenen agglutinablen Substanzen wirksam 
zu machen. In den solche Antikomplemente enthaltenden Seris vollzoge 
sich dann die Agglutination der Rotzbacillen nicht, wenn auch die Menge 
der neugebildeten Agglutinine eine groBe ist. 

Weniger wahrscheinlich scheint es, daB hierbei veranderte Solubili- 
tfitsverhaltnisse der Agglutinine Oder der Globuline ins Spiel kfimen, die 
mit den Agglutininen vereinigt sind, oder dafi es sich um veranderte 
Permeabilit&tszust&nde der Rotzbacillen handle. 

Um durch Experiment nachzuweisen, ob meine Annahme bezfiglich 


1) Ehrlich und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. Mitteilungen I. und II. 
1899. No. 1 und 22. Mitteilung III. 1900. No. 31.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


des Mangels an wirksamen, d. h. von den Antikomplementen nicht ge- 
bundenen Komplementen, die entsprechendste sei, um die Verminderung 
des Agglutinationsvermdgens bei den schwer rotzkranken oder genesenen 
Pferden zu erklfiren, habe ich eine neue Versuchsreihe ausgefuhrt, die 
nur in den Untersuchungen von Ehrlich und Morgenroth fiber die 
Hamolysine und fiber die cytolytischen Seris ihre Analogic findet. Zu- 
erst wollte ich nachweisen, ob die Erwfirmung auf 52—55® und auf 55 
—62 0 dem Serum des gesunden oder rotzkranken Pferdes die Agglutina¬ 
tionskraft gegenfiber dem Rotzbacillus raubt und ob ein solches Serum 
durch Zusatz neuer, von anderen gesunden Tieren derselben oder 
anderer Species herstammenden Komplementen seine agglutinierende 
Eigenschaft wieder aktivieren kann. 

An zweiter Stelle wollte ich versuchen, ob der Zusatz solcher neuer 
homogener oder heterogener Komplemente an sich selbst genfigt, die 
Agglutinationskraft eines nicht erwfirmten Serums von gegenfiber Rotz 
empfindlichen oder rotzkranken Tieren zu erhohen. 

Es wurden verschiedene Sera erwfirmt und zwar das von einem 
gesunden und zwei rotzverdachtigen und einem schwerkranken Pferde, 
aufierdem Meerschweinchen- und Katzensera. 

Ich kam zu dem Ergebnisse, dad eine stundenlange Erwfirmung auf 
52—54° nicht hinreichend ist, die Agglutinationsffihigkeit des Serums 
gfinzlich aufzuheben und dieselbe nur stark abzuschwfichen vermag, z. B. 
beim Pferde von 1 : 500 auf 1 : 115. 

Die eine Stunde dauernde Erwfirmung auf 60—65° nimmt dagegen 
dem Serum jede Agglutinationskraft. Das beweist die Gegenwart von 
durch Erwfirmung auf 52—54° unzerstfirbaren Komplementen, die nur 
durch eine Temperatur von 62—64° vernichtet werden. 

Die Reaktivierung der Agglutinationsffihigkeit des erwfirmten Serums 
versuchte ich bei 2 Pferden (Wallach „Gigante tt und Stute „Ceva“), die 
von mir auf der Nasenschleimhaut und durch die Verdauungswege vor 
langer Zeit infiziert worden waren und sich wieder erholt batten. Das 
Serum jedes dieser Pferde war in kleinen Glasrfihrchen in der Menge 
von 1 ccm verteilt. Drei dieser Eprouvetten wurden durch eine Stunde 
auf 62° erwfirmt und dann wurden zu einer 4 /io ccm Serum einer 
gesunden Katze zugegossen, zu der zweiten 4 /io ccm Serum eines ge¬ 
sunden Mannes, zu der dritten 4 /io ccm eines gesunden Pferdes. Die 
drei Mischungen wurden nach sorgffiltigem Schfitteln in einem Thermo- 
staten auf 35 ° durch eine Stunde gehalten. Dann nahm ich mit diesen 
drei Mischungen zahlreiche Agglutinationsprfifungen im hangenden 
Tropfen vor. 

Aus diesen Prttfungen ging klar hervor, daB der Zusatz von 
heterogenem Serum (Menschen- und Katzenserum) die 
durch die Erwfirmung auf 62° gfinzlich verloren gegan- 
gene Agglutinationskraft des Pferdeserums gegenfiber 
dem Rotzbacillus vollstfindig reaktiviert. Das Katzen¬ 
serum reaktiviert das Agglutinationsvermogen besser 
als das Menschenserura, wfihrend das Serum gesunder 
Pferde die Agglutinationskraft ungeffihr auf die des 
Menschen erhoht. 

Aehnliche Versuche, das Agglutinationsvermdgen des Blutserums zu 
erhohen, habe ich auch mit nicht erwfirmten Seris derselben Pferde aus- 
geffihrt, um zu sehen, ob die Verminderung der Agglutinationskraft des 
Serums dieser augenscheinlich vom Rotz genesenen Pferde von einem 


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Bono me, Schwankungen dee Agglutinin* u. Pr&zipitingehaltes des Blutes etc. 735 


unzureichenden Gehalte wirksamer Komplemente abhinge, da die vor- 
handenen an die Antikomplemente gebundeu waren. Durch diese Ver- 
suchsreihe konnte ich bestatigen, daB der Zusatz von 4 / 10 ccm gesunden 
Katzen-, Menschen- oder Pferdeserums zu 1 ccm des zu prufenden 
Serums die Agglutinationskraft verst&rkt. Auch hierbei verstUrkt das 
Serum gesnnder Katzen in grbBerem Made als dasjenige gesunder 
Menschen und Pferde. In der Tat wurde bei der Stute „Ceva“ die Ag- 
glutinationskraft des nicht erwarmten Serums durch Zusatz von Katzen* 
serum von 1 : 500 auf 1 : 828, durch Zusatz von normalem Menschen- 
serum auf 1 : 800 und durch Zusatz von Serum gesunder Pferde auf 
1:690—1:700 erhoht. — Beim Wallach „Gigante“ waren die erhaltenen 
Resultate weniger auffallig, immer aber beweisend, da die Agglutinations¬ 
kraft des nicht erwarmten Serums von 1 : 460 durch Zusatz des Katzen- 
koinplements auf 1 : 690 und durch Zusatz von normalen Menschen- und 
Pferdekomplementen auf 1 : 600 stieg. 

Auf Grund dieser Versuche kann man also die von mir aufgestellte 
Hypothese als wahrscheinlich oder als glaubwflrdig annehmen, daB die 
Verminderung der Agglutinationskraft des Serums bei 
rotzkranken oder von einer Rotzinfektion genesenen 
Pferden von einem Mangel an wirksamen freien Komple- 
menten abhangt, da die vorhandenen Komplemente an 
die Antikomplemente gebunden sind, die im Krankheits- 
verlaufe sich neben den Agglutininen gebildet haben. 

Mit der Demonstration dieser Tatsache der Verminderung der Ag¬ 
glutinationskraft des Blutserums bei schwer rotzkranken Pferden wird 
der Serodiagnose ihr Wert nicht genommen, die so viele wichtige Re¬ 
sultate nicht nur bei Untersuchung der Pferde, mit denen man taglich 
zu tun hat, sondern auch bei solchen, bei denen wegen ihres wilden 
Zustandes weder die Mallelnisation noch das Thermometer angewendet 
werden kann, zu geben im stande ist. 

Man kann dann nur vermuten, daB in einigen Fallen versteckten 
oder sehr ausgesprochenen Rotzes Umst&nde eintreten, die die Wert- 
bestimmung der agglutinierenden Kraft des Blutserums erschweren, da 
diese Kraft zu gewissen Zeiten wie paralysiert sein kann. Wenn also 
die serodiagnostische Reaktion positiv, wenn auch schwach, ist, d. h. nur 
wenig hbher als das Normals (= 1:115, bis 1:170, bis 1:200, bis 1:230), 
so behalt sie immer ihre Wichtigkeit zur Erkennung der Krankheit. 
Wenn eine solche positive Reaktion sich bei rotzverd&chtigen Pferden 
AuBert, von denen man den Krankheitsverlauf weder vom Standpunkte 
der Malleinreaktion noch von demjenigen der agglutinierenden Reaktion 
verfolgen konnte, ist es gestattet, zu vermuten, daB das Agglutinations- 
vermogen aus den obengenannten Grilnden vermindert sei. In diesen 
Fallen hatte also die schwache serodiagnostische Reaktion nur einen 
relativen Wert. 

Eine Frage, die man aufwerfen konnte und die ich nicht zu losen 
versuchte, ist die, ob das soeben erwahnte Phanomen der Abnahme der 
Agglutinationskraft des Blutserums nur in den experimentell mit Rotz- 
kulturen hervorgerufenen Infektionen zutage tritt, wahrend dies nicht 
statthat bei den spontanen Ansteckungen, wo der Rotzbacillus oft mit 
anderen, auf der Nasenschleimhaut sich befindenden pyogenen Mikrophyten 
und Saprophyten (Staphylokokken und Bakterien) zusammen vorkommt, 
deren Gegenwart der Bildung jener Antikbrper, d. h. der die Wirkung 
der Agglutinine hindernden Antikomplemente, nicht sehr zutraglich ist 


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736 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 

Auch abgesehen von diesen Betrachtungen, bleibt fOr die Rotzdia- 
gnose die Zunahme des Agglutinationsvermdgens des Se¬ 
rums wfihrend der Malle inisation doch immer von unbe- 
streitbarem Werte. 

Von diesem Standpunkte aus kann die Serodiagnose die Resultate 
der Malleinprfifung vervollstfindigen, d. h. sie kann der Bedeutung der 
Mallei'nreaktion, wenn diese auch von der Hyperthermie nicht besonders 
charakterisiert ist, sondern sich auf die sogenannte organische Reaktion 
beschrfinkt, viel groBere Sicherheit geben. 

Da also der diagnostische Wert der Malleln reaktion bekanntlich 
nicbt absolut ist, kann das mit dieser Reaktion gleichzeitige Auffinden 
einer wenn auch vorfibergehenden Zunahme des Agglutinationsvermdgens 
des Blutes dem Befunde der Mallelnisation einen sichereren Wert 
geben. 

Beziehungen zwischen dem Agglutinationsvermdgen und 

dem Prfizipitingehalt im Blute rotzkranker Tiere. 

Als Anhang zu meinen Versuchen fiber die Schwankungen der Ag- 
glutinationskraft des Blutserums wfihrend der Rotzkrankheit wollte ich 
das Verhalten des Serums verschiedener rotzkranker Tiere gegenfiber 
ihrem Gehalt an Prfizipitinen, im Vergleich zu gesunden derselben 
Species, Oder von anderen, gegen die Krankheit empfindlichen Arten, 
studieren. Die von mir bei diesen Versuchen verfolgte Technik bestand 
im Zusammenbringen der prfizipitierende Substanzen enthaltenden Sera 
mit verschiedenem Rotzmaterial, in dem prfizipitable Substanzen sich 
hfitten finden mfissen. 

Solches Material bestand sowohl aus wfisserigen Glycerinemulsionen 
von durch lange Zeit bei niedrigen Temperaturen getrockneten und des- 
wegen abgestorbenen Rotzkulturen, als auch aus wfisserigen Glycerin¬ 
emulsionen von frischem Gewebe (Milz, Leber, Lymphdrfisen, Blut) rotz¬ 
kranker Katzen, oder schlieBlich aus durch Berkefeld -Kerze filtrierte 
Rotzbouillonkulturen. Um mich vor dem Verwechseln der sich auf 
Resten von lebenden oder toten, in den Emulsionen zurfickgebliebenen 
Rotzbacillen bildenden Agglutinationsprodukte mit echten Prfizipitinen 
sicherzustellen, hielt ich es, obwohl die Zellelemente oder die Bakterien 
in einem Morser mit feinem, sterilem Glassande aufs feinste zerrieben 
wurden, bevor man sie mittels der wfisserigen Glycerinlosung extra- 
hierte, und zwar, um die Verwechslung der in der plasmatischen, zur 
Prtifung dienenden Fltissigkeit gebildeten Sedimente oder der aggluti- 
nierten Konglomerate mit den echten spezifischen Niederschlfigen zu 
vermeiden, ftir notwendig, nur mit ganz bakterienfreien Emulsionen zu 
arbeiten. Es gelang mir, mittels Filtrierung durch Berkefeld-Kerze 
viel besser und sicherer als durch lange Zentrifugierung, die Flfissigkeit, 
an der ich die Prfizipitation studieren wollte, auch von den feinsten 
Fragmenten der Rotzbacillen zu befreien, die mdglicherweise in den 
wfisserigen Glycerinemulsionen enthalten waren. 

In einer ersten Versuchsreihe brachte ich Sera von gesunden, von 
rotzkranken und rotzverdfichtigen Pferden, auBerdem von gesunden und 
rotzkranken Katzen und Menschen mit den wfisserigen Glycerinemul¬ 
sionen von im Mfirser mit sterilem Glassand fein zerriebenem Agarrotz- 
kulturbrei zusammen. Diese Emulsionen wurden vorher mittels wieder- 
holter und langdauernder Zentrifugierung geklfirt und schlieBlich durch 
Berkefeld-Kerze filtriert. Das so erhaltene Filtrat war hfichst klar 


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Bo no me, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes dee Blutes etc. 737 


and hatte seine pr&zipitablen Substanzen gut bewahrt In diesem ganz 
bakterienfreien Filtrate waren — fein emulsioniert und wahrscheinlich 
teilweise geldst — nur die Protelne der Rotzbacillen enthalten. 

Eine geringe Menge dieses Filtrates (2 ccm) wnrde in kleine, sterile 
GlasrOhrchen verteilt und dann tropfte ich in diese je 0,25, 0,30 und 
0,50 ccm Serum gesunder oder rotzkranker Pferde, Katzen oder Meer- 
schweinchen hiuein. Die erhaltenen Resultate waren immer Gberein- 
stimraeud und zeigten, dafi die Sera der verschiedenen gesunden oder 
kranken Tiere, sowohl derselben als auderer Art, bezGglich des Gehaltes 
der pr&zipitablen Substanzen in bestimmten Plasmen sich verschieden 
verhalten. In der Tat erzeugt das Serum gesunder Katzen und Pferde 
in den Emulsionen oder in den zentrifugierten und filtrierten, aus 
frischen oder aus bei niedrigen Temperaturen getrockneten Rotzkulturen 
hergestellten Plasmen, wobei, wie zu vermuten war, der Gebalt pr&zipi- 
tabler Substanzen gewill nicht fehlen konnte, einen sp&rlichen Nieder- 
schlag, wenn aucb das Serum im Verh&ltnis von 1:7 bis 1:6 zuge- 
setzt war. 

Das Serum rotzkranker Katzen verh&lt sich nicht immer in gleicher 
Weise. Einige schwer rotzkranke Katzen, die am 6. oder am 7. Krank- 
heitstage getfitet wurden, besaflen ein Serum, das Niederschl&ge im Ver- 
hfiltnis von 1:7 bis 1 : 10 gab; andere dagegen im gleichen Krankheits- 
zustande gaben Niederschl&ge nur in VerdQnnungen von 1:5, d. h. wie 
gesunde Katzen. Auch das Serum gesunder und rotzverdachtiger Pferde 
verhielt sich ungefahr in gleicher Weise, d. h. es bestand kein uniformes 
Verhalten beziiglich des Pr&zipitingehaltes in den w&sserigen Glycerin- 
emulsionen vom Rotzbacillus. Wahrscheinlich hing das von einem ver¬ 
schiedenen Gehalt pr&zipitabler Substanzen in den verschiedenen her¬ 
gestellten Plasmen ab oder von einem variablen Pr&zipitingehalt in dem 
geprGften Serum. Das Serum eines rotzkranken Pferdes zeigte einen 
etwas hdheren Pr&zipitingehalt im Verh&ltnis von 1:12. 

Analoge Resultate erhielt ich aus den Versuchen, die mit Plasmen 
vorgenommen wurden, welche aus frischer, eine ziemliche Menge Rotz¬ 
bacillen enthaltender Milz einer rotzkranken Katze hergestellt waren, 
doch waren sie noch positiver beim rotzkranken oder rotzverd&chtigen 
Pferde als bei der Katze. 

Das Serum rotzkranker oder verd&chtiger Pferde erzeugte tats&ch- 
lich in dem Milzplasma einer rotzkranken Katze einen reichlichen 
Niederschlag im Verh&ltnis von 1:8 bis 1 :12, der schon nach 5 bis 
6 Stunden nach Zusatz des Serums sich zu bilden anting und nach 22 
bis 24 Stunden zunahm. Das Serum gesunder Pferde erzeugt in diesem 
Verh&ltnis nur einen kaum merkbaren Niederschlag. 

Eine andere Versuchsreihe ftlhrte ich zuletzt aus, urn in den sterilen 
Filtraten der Rotzbouillonkulturen den Gehalt an pr&zipitablen Sub¬ 
stanzen zu prtifen. Die durch die Berkefeldsche Kerze filtrierte, 
ganz klare und bakterienfreie FIGssigkeit wurde in kleinen Glaseprou- 
vetten zu je 2 ccm verteilt. Auf diese kleine Menge Filtrats liefi ich 
das Serum verschiedener gesunder, rotzkranker oder verd&chtiger Tiere 
(Pferde, Katzen, Meerschweinchen) wirken. Das Verhalten des Serums 
dieser Tiere auf ein solches Kulturfiltrat zeigte sich immer verschieden 
gegen das Verhalten desselben Serums gegeniiber Fliissigkeiten, die viel 
mehr Protelne als Toxine enthielten. — Der Unterschied besteht, wie 
aus meinen zahlreichen Versuchen hervorgeht, in einem fast absoluten 
Mangel an pr&zipitablen Substanzen (pr&zipitinogene Substanzen von 

Ento Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 6. 47 


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CentralM. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Kraus) in den Kulturfiltraten des Rotzbacillus. — In der Tat gab das 
Serum einer rotzkranken Katze im Filtrat von Rotzbouillonkulturen im 
Verhaltnis von 1:7, 1:5 und 1:4 keinen Niederschlag. Ebenfalls 
gaben die Sera eines gesunden, auf MalleYn nicht reagierenden Pferdes 
(Wallach „Centro u ) und diejenigen anderer rotzkranker und verd&ch tiger, 
eine thermische und organische Mallei'nreaktion und einen starken Ag- 
glutiningehalt zeigender Pferde keinen Niederschlag in dem Filtrat von 
Rotzbouillonkulturen, wenn sie im Verh&ltnis von 1:7, 1:5 und 1 :4 
eingetrOpfelt worden waren. Dasselbe Resultat erhielt ich durch Ver- 
suche mit dem Serum gesunder und rotzkranker Meerschweinchen. 

Wenn man bedenkt, dad dieselben, von gesunden und rotzkranken 
Tieren herstammenden Sera, die keinen Niederschlag in den Rotzbacillen- 
kulturfiltraten gaben, in den Filtraten dagegen von wSsserigen Glycerin- 
emulsionen aus frischen oder alten, getrockneten, fein mit Glassand 
zerriebenen Kulturen einen, wenn auch sp&rlichen, Niederschlag hervor- 
riefen, kann man schlieBen, daB in den Rotzbouillon-Kulturfiltraten, in 
denen nur Toxine und keine RotzproteYne enthalten sind, auch keine 
durch das Serum rotzkranker Tiere pr&zipitablen Substanzen vorkommen, 
welche dagegen in dem Protei'ne enthaltenden Filtrate nachweisbar sind. 
Das beweist, daB die pr&zipitablen Substanzen an die RotzproteYne und 
vielleicht auch an die Globuline der Zellelemente der von den Rotz- 
bacillen eingenommenen Gewebe gebunden sind. Die in den Seris ent- 
haltenen pr&zipitierenden Substanzen hingegen, d. h. die echten Prftzi- 
pitine von Era ns, die, wie bekannt, als spezifische Antikbrper oder 
Produkte des organischen Schutzes angesehen werden kQnnen, finden 
sich gewflhnlich in sp&rlicher Menge im Pferdeserum oder im Serum 
anderer rotzempfindlicher Tiere, und nehmen w&hrend der Rotzkrankheit 
nicht viel zu. 

Dieses Resultat meiner Beobachtungen stimmt nur teilweise mit 
demjenigen Wladimiroffs 1 ) flberein, der behauptet, daB kein Rotz- 
prftzipitin im Blute des gesunden Pferdes enthalten sei und dafi die¬ 
selben nur w&hrend der Rotzinfektion sich bilden. Auch im Serum 
normaler Pferde sind Pr&zipitine, wenn auch in sp&rlicher Menge, nach¬ 
weisbar, die jedoch w&hrend der Rotzinfektion sich vermehren. 

Der Grund des Unterschiedes zwischen meinen Resultaten und den- 
jenigen Wladimiroffs dtirfte meines Erachtens in der verschiedenen 
Herstellungsweise der zu prflfenden Flilssigkeiten oder der zelligen und 
bacill&ren Plasmen zu suchen sein. Um auf Grund derselben Kriterien 
richtig urteilen zu kOnnen, w&re es nStig, eine in derselben Weise her- 
gestellte TestflOssigkeit in H&nden zu haben. 

Wenn die Pr&zipitinprhfung auf Filtraten von Rotzbouillonkulturen 
ausgefflhrt wird, so gibt sie aus den obengenannten Grfinden immer 
negative Resultate. Nicht so leicht gelingt es dagegen, die Ursache zu 
finden, weswegen die Prfizipitine wie die Agglutinine im Serum rotz¬ 
kranker oder verdSchtiger Pferde sich nicht vermehren und warum ihr 
Gehalt im Serum kleiner, gegen Rotz empfindlicher Tiere (Meerschwein¬ 
chen und Katzen) so unbest&ndig sei. 

Wahrscheinlich h&ngt das von dem Umstande ab, daB diese Pr&zi¬ 
pitine, d. h. diese Antikdrper, aus Rezeptoren bestehen, die noch an das 
Zellprotoplasma, wo sie sich gebildet haben, gebunden bleiben und da- 
her nur in sehr sp&rlicher Menge ins Blut Qbertreten. 

1) Wladimiroff, Ueber Agglutination bakterienfreier Filtrate von Rotzkulturen. 
(Recueil de m6d. v4t4r. 1900.) 


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Bo no me, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des filutes etc. 739 

Um zu entscheiden, ob dies sich wirklich so verh&lt oder ob es 
sich dagegen am eine nicbt hinreicbende Bildung solcher Antikfirper 
bandelt, sind noch weitere Versnche notig, die Gegenstand einer sp&teren 
Mitteilang sein kdnnen. Jetzt genflgt es, hervorzuheben, daB diese Anti- 
kOrperart, d. b. die Pr&zipitine, sich ganz anders als die Agglutinine 
verhalten. W&hrend in der Tat bei einigen rotzkranken Tieren, wie bei 
den Pferden, der Agglutiningehalt des Blutes sich sebr, and zwar bis 
zam Verh8.ltnis von 1 :1300, erhdhen kann, nimmt doch der Pr&zipitin- 
gehalt nicht in entsprechender Weise zu, d. h. er steigt ntur bis zu einem 
Maximum von 1 :12. 

Die Resultate meiner zahlreichen Untersuchungen w&hrend des 
Verlaufes der experimenteUen Rotzinfektion stehen, soweit sie die Ein- 
hufer betreffen, in Uebereinstimmung mit denjenigen V a n deVeldes 1 ) 
bezflglich des Agglutinin- und Prazipitingehaltes im Serum von gegen 
den Typhusbacillus immunisierter Pferde. In der Tat gelang es Van 
de Velde, von einem Pferde ein Immunserum zu erhalten, das den 
Typhusbacillus in der Verdfinnung von 1 : 100000 agglutinierte, w&hrend 
es eine sp&rliche Pr&zipitinmenge enthielt und zwar im VerhSltnis von 
1 :10 bis 1 : 40. 

Bei den gegen Rotz sehr empfindlichen Katzen und Meerschwein- 
chen ist dieser Kontrast nicht vorhanden, oder er ist viel weniger auf- 
f&llig. Beim Menschen ist meines Wissens nichts in dieser Beziehung 
beobachtet worden. 

SchluBbemerkungen. 

Wenn man nun die aus meinen Untersuchungen tlber die Schwan¬ 
kungen des Agglutinin- und Pr&zipitingehaltes des Blutserums bei Ein- 
hufern, bei Katzen und bei Meerschweinchen, sowohl im normalen Zu - 
stande wie auch w&hrend der Rotzkrankheit sich ergebenden Resultate 
zusammenfaBt, kann man folgende Haupts&tze aufstellen: 

1) Das Blutserum der Pferde und Esel zeigt sowohl w&hrend der 
experimenteUen Rotzinfektion als auch w&hrend der artifiziellen Immu- 
nisierung gegen den Rotzbacillus eine bedeutende Zunahme des Agglu- 
tiningehaltes. Diese Vermehrung steht in keinem Verh&ltnis zur St&rke 
der Infektion und scheint rascher hervorzutreten, wenn die Impfung des 
Rotzbacillus durch die verwundete Nasenschleimhaut, als wenn sie durch 
die normalen Verdauungswege geschehen ist. 

2) W&hrend der Malleinreaktion erhOht sich die Agglutinationskraft 
des Blutes rotzkranker Pferde. Diese Erhbhung, die hohe Grade er- 
reichen kann, ist jedoch vorflbergehend. — Sie steht in keinem Verh&lt- 
nisse zur St&rke der durch die Mallelnisation verursachten thermischen 
Reaktion, sie ist aber immer von organischer Reaktion und von 5dema- 
tdser Schwellung an der Injektionsstelle begleitet. 

3) Bei den auf Mallein nicht mehr reagierenden und nur eine mehr 
oder minder ausgepr&gte organische Reaktion gebenden Pferden kommt 
w&hrend der Malleinisation eine betr&chtliche Zunahme der Agglutina¬ 
tionskraft des Blutserums zur Erscheinung. Dieser Erhdhung der ag- 
glutinierenden Eigenschaften muB man einen bedeutenden Wert ftir die 
Diagnose einiger verd&chtiger Rotzformen zuschreiben. 

4) Das Verhalten des Blutserums beztiglich seiner agglutinierenden 


1) Van de Velde, Bull, de l’acad. royal de m6d. Beige. 1897. — Zitiert von 
Paltauf in eeinem Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 1904. 

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CentralbL f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Eigenschaften gegenflber dem Rotzbacillus zeigt viele Analogieen mit 
dem Verhalten des ganzen Organismus gegenflber der Mallelnvergiftung. 
Gleich wie bei dieser, kann in der Tat der Agglutiningehalt bedentende 
Schwankungen zeigen und bis zum normalen Grade sich abschwichen, 
obwohl das Pferd rotzkrank bleibt 

Diese Verminderung des AgglutinationsvermOgens des Blntsernms 
von zweifellos rotzkranken Pferden kann man durch Bildung anderer 
Arten von Antikorpern aufier den Agglutininen, das ist durch die Anti- 
komplemente, erkl&ren, die dnrcb Bindung der normalen Eomplemente 
das Phanomen der Agglutination verhindern. Diese Behauptung grflndet 
sich auf das Resultat der gelungenen Reaktivierungsversuche, die durch 
Zusatz von Seris gesunder Pferde, Katzen und Menschen erfolgte. 

5) Die auf 52—55° wahrend einer Stunde vorgenommene Erwftr- 
mung zerstOrt die Agglutinationskraft des Serums rotzkranker Tiere 
(Pferde, Katzen, Meerschweinchen) nicht gSnzlich. Die Erw&rmung durch 
eine Stunde auf 62—65° zerstort sie vollstlndig. 

Die Agglutinationskraft stellt sich wieder ein, wenn man dem durch 
Hitze unwirksam gemachten Serum normale Sera anderer Tiere im Ver- 
haltnis von 1:2 bis 1:3 zusetzt. Die Komplemente des normalen 
Katzenserums reaktivieren viel besser als diejenigen des normalen 
Menschenserums die Agglutinationskraft des erw&rmten Pferdesernms. 
Die Meerschweinchenkomplemente verhalten sich ungef&hr wie diejenigen 
des Menschen. 

6) Die Agglutinine finden sich immer in grSBerer Menge als die 
Prazipitine im Serum rotzkranker Pferde, Katzen und Meerschweinchen. 
Die Filtrate der Rotzbouillonkultnren enthalten keine durch Serum pra- 
zipitablen Substanzen Oder doch nur in ganz geringer, kaum wahrnehm- 
barer Menge. GrflBerer Gehalt an prazipitablen Substanzen findet sich 
dagegen in dem aus frischen Organen (Milz) hergestellten Plasma rotz¬ 
kranker Katzen und in wasserigen Glycerinextrakten aus frischen oder 
getrockneten Agarrotzkulturen. — Dieser Unterschied erkiart sich durch 
die Annahme, daB im Filtrate von Rotzbouillonkulturen nur die lSslichen 
Toxine des Rotzbacillus und nicht die Protelne enthalten sind, die sich 
hingegen in grSBerer Menge im wasserigen Glycerinextrakt aus mit 
Glassand zerriebenen Rotzkulturen finden. 

Padua, Februar 1905. 


Nachdruck verboUm . 

Metakalin, ein festes Kresolseifenpraparat 

Von G. Wesenberg, Elberfeld. 

(Schlufi.) 

Bacterium typhi. 

Metakalin 0,34 Proz.: nach 5 Minuten unbeeinflufit, nacb 7 1 /* Mi- 
nuten abgetdtet. 

Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /, Minuten abgetStet. 

Lysol 0,5 Proz.: nach 15 Minuten nnbeeinilufit, nach 20 Minuten ab- 
getdtet. 

Nizolysol 0,5 Proz.: nach 7Vs Minuten unbeeinflnfit, nach 10 Mi¬ 
nuten abgetOtet. 


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Original fro-m 

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Wesenberg, Metakalin, ein feeteg EresolseifenprSparat 


741 


Metakalin 0,68 Proz.: innerhalb */> Minute abgetdtet. 

Lysol 1 Proz.: nach */s Minute unbeeinfluBt, nach 1 Minute abgetdtet. 
Nizolysol 1 Proz.: innerhalb 1 / i Minute abgetdtet. 

Bacterium agrogenes. 

Metakalin 0,34 Proz.: nach & Minuten unbeeinfluBt, nach 10 Minuten 
verlangsamtes Wachstum, nach 15 Minuten abgetdtet. 

Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /* Minuten abgetdtet. 

Lysol 0,5 Proz.: nach 5 Minuten unbeeinfluBt, nach 10 Minuten ver¬ 
langsamtes Wachstum, nach 15 Minuten abgetdtet. 

Nizolysol 0,5 Proz.: nach 10 Minuten unbeeinfluBt, nach 15 Minuten 
abgetdtet 

Metakalin 0,68 Proz.: innerhalb */* Minute abgetdtet. 

Metakalin 1 Proz.: innerhalb 1 / f Minute abgetdtet 
Lysol 1 Proz.: innerhalb 1 / t Minute abgetdtet. 

Nizolysol 1 Proz.: innerhalb */» Minute abgetdtet. 

Streptococcus scarlatinae. 

(4-tftgige Serum[l]-Bouillon[2J-Kulturen, Ueberimpfung ebenfalls in 
Serumbouillon. Der betreffende Stamm war unmittelbar vorher durch 
den Eaninchenkdrper geschickt worden.) 

Metakalin 0,34 Proz.: nach 3 und 5 s /« Stunden verlangsamtes 
Wachstum, nach 8 Stunden abgetdtet 
Metakalin 0,5 Proz.: nach 3 Minuten unbeeinfluBt, nach 5 Minuten 
abgetdtet. 

Lysol 0,5 Proz.: nach 3 Stunden verlangsamtes Wachstum, nach 
5*/ 4 Stunden abgetdtet 

Nizolysol 0,5Proz.: nach 3 Stnnden verlangsamtes Wachstum, nach 
5 3 / 4 Stunden abgetdtet 

Metakalin 0,68 Proz.: nach 1 Minute unbeeinfluBt, nach 2 Minuten 
abgetdtet. 

Metakalin 1 Proz.: innerhalb 1 l t Minute abgetdtet. 

Lysol 1 Proz.: nach */, Minute unbeeinfluBt, nach 1 Minute abgetdtet. 
Nizolysol nach V 3 Minute unbeeinfluBt, nach 1 Minute abgetdtet. 

Milzbrandsporen. 

Zwei 8-tAgige Milzbrand-Agarschr&gkulturen, welche reichlich Sporen 
gebildet hatten, wurden mit 20 ccm sterilem Wasser abgeschl&mmt; von 
der gleichm&Bigen Mischung wurden je 5 ccm in sterilen Reagenzgl&sern 
mit je 5 ccm 10-proz. Lysol- bezw. Nizolysollosung bezw. 6,8-proz. Meta- 
kalinldsung versetzt und w&hrend der Versuchszeit im Brutschrank ge- 
halten; anfangs wurde je 1 Platindse voll, spater deren 2 bezw. 3, in 
Bouillon und Agar tibertragen sowie gleichzeitig weiBe M&use mit 1—3 
Platindsen voll, welche in etwa 1 ccm steriler Bouillon verteilt wurden, 
subkutan injiziert. Nach 5 Tagen zeigten die Abimpfungen in Bouillon, 
welche bis dahin gut gewachsen waren, keine Vermehrung; nach 8 bezw. 
12 Tagen blieben auch die bis dahin immer gut bewachsenen Agarplatten 
steril, w&hrend s&mtliche MSuse, wie die Kontrollmaus, in etwa 48 Stunden 
eingingen. Nach 19 Tagen blieb die Nizolysolmaus am Leben, die 
gleichzeitig geimpften Metakalin- und Lysolm&use gingen aber noch mit 
geringer Verzdgerung ein. Die nach 26 Tagen gespritzte Metakalinmaus 
bleibt ebenso wie die Nizolysolmaus am Leben, w&hrend die Lysolmaus, 
wenn auch sehr versp&tet, noch eingeht. Bei der letzten Impfung nach 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVHL Heft 6. 


33 Tagen bleiben alle 3 M&use am Leben. Die Reihenfolge ist 
also in diesem Versuche: Nizolysol, Metakalin and 
schliefilich Lysol. 

Dieser Versuch lehrt gleichzeitig noch, dafi zum Nachweis von — 
sei es durch Desinfektionsmittel, sei es durch F&ulnis Oder dergl. — ge- 
schw&chten Milzbrandbacillen bezw. Sporen stets die Impfung von M&usen 
aufier dem Anlegen von Bouillon- und Agarkulturen unbedingt erforder- 
lich ist, worauf u. a. Lange 1 ), C. Frfinkel 2 3 * ) und Gottstein 8 ) hin- 
gewiesen haben. 

Ueberblicken wir nun diese vergleichenden Desinfektionsversuche, 
so ergibt sich, dafi, auf gleichen Kresolgehalt bezogen, das 
Metakalin dem Lysol und auch dem Nizolysol — welch letz- 
teres allerdings mitunter etwas besser als das Lysol wirkte — als 
vdllig gleichwertig zu bezeichnen ist; allerdings ver- 
halten sich die einzelnen Mikroorganismen gegenttber 
diesen 3 Substanzen auch etwas verschieden. Obwohl 
das Metakalin durch den geringeren Seifengehalt von 
vornherein ungfinstiger gestellt ist als das Lysol, hat 
doch die st&rkere Desinfektionswirkung, welche das 
Metakresol vor dem Rohkresol besitzt, diese Differenz 
vdllig auszugleichen vermocht. Die 0,5-proz. Metakalin- 
losungzeigte in alien F&llen eine dem 0,5-proz. Lysol und 
Nizolysol bedeutend flberlegene Wirkung; die 0,5-proz. 
Metakalinldsung gebraucht kaum mehr Zeit zur vdlligen 
Vernichtung der geprttften Bakterien als die 0,68-proz. 
Metakalinldsung, welche sich ihrerseits als vdllig gleich¬ 
wertig mit den 1-proz. Lysol- bezw. Nizolysolldsungen 
erwies. Wir linden hier wieder die Beobachtung, welche bisher wohl 
bei alien Kresolpr&paraten gemacht wurde, bestfitigt, dafi n&mlich mit 
der Verdflnnung der Ldsungen ihr Desinfektionswert un- 
ver h&ltnism&fiig rasch heruntergeht; die gleich noch zu berich- 
tenden Versuche iiber die entwickelungshemmende Kraft unserer Prfi- 
parate werden uns hierfflr einen weiteren Beweis erbringen. Auch die 
verhaitnismSBig sehr geringe Wirkung der 5- bezw. 3,4-proz. Ldsungen 
gegenUber Milzbrandsporen teilt das Metakalin nicht nur mit dem Lysol, 
sondern mit alien anderen Kresolpr&paraten. 

Zur Feststellung der entwickelungshemmenden Kraft 
unserer 3 Antiseptica wurden je 10 ccm sterile Bouillon mit steigenden 
Mengen 5-proz. Lysol-, 5-proz. Nizolysol- und 3,4-proz. Metakalinldsung 
versetzt, darauf aus einer Pipette je 1 Trdpfchen der Bakterienbouillon- 
kultur hinzugegeben und 16 Tage lang im Brutschrank gehalten. In 
der Tabelle bedeuten: ++-H unbeeinflufites Wachstum, etwas 

verlangsamtes Wachstum, + sehr verlangsamtes Wachstum, — kein 
Wachstum. 


1) Lange, L., Zur Milzbrandinfektion dee Meuschen. (Hyg. Rundschau. 1901. 
p. 481.) 

2) Frank el, C., Zum Nachweis der Milzbrandbacillen. (Hyg. Rundschau. 1901. 
p. 633.) 

3) Gottstein, E., Ein Beitrag zur Milzbranddiagnose. (Hyg. Rundschau. 1902. 

p. 1185). 


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Wesenberg, Metakalin, ein festes Kresolseifenprftparat. 


743 


Kresolgehalt 

Lysol 

Nizolysol 

Metakalin 

1:600 

Bacterium 
1:300 — 

py ocyaneum. 
1:300 — 

1:442 


1:900 

1:450 — 

1:450 — 

1:663 • 

— 

1:1200 

1:600 + + + 

1:600 *)• H—h 

1:881 

+ + + 

1:1600 

1:800 H—j- + 

1:800 + + + 

1:1180 

+ + + 

1:2000 

1:1000 + + + 

1:1000 + + + 

1:1470 

+ + + 

1:2400 

1:1200 + + + 

1:1200 + + + 

1:1770 

+ + + 

1:600, 900, 1200 

Staphylococcus aureus. 



1:1600 

+ 

+ 


+ + 

1:2000 

+ + 

+ + 


+ + 

1:2400 

+++ 

+ + + 


+ + + 

1:600, 900, 1200 

Bacterium ty phi. 



1:800 

4- 

+ 


+ 

1:2000 

+ + + 

+ + + 


+ + 

1:2400 

+ + + 

+ + + 


+ + + 

1:600, 900, 1200 

1:1600, 2000, 2400 

Bacterium aerogenes. 



++ 

+ + 


+ + 


Auch in diesen Versuchen sind also die 3 Pr&parate, 
auf gleichen Kresolgehalt berechnet, einander voll- 
kommen gleichwertig, wahrend, auf absolutes Verhaltnis 
berechnet, das Metakalin natttrlich eine l 1 2 / 2 mal so grofie 
«nt wickelungshemmende Wirkung besitzt, als das Lysol 
and Nizolysol. Die eutwickeluugsheromende Konzentration der von 
mir geprtlften Kresolpraparate liegt (mit — wieder auf Kresol bezogen — 
1:900 beim Pyocyaneus, mit 1:1200 bei den anderen Bakterien) 
verh&ltnismSBig sehr nahe an der Konzentration (1 :400), welche noch 
in relativ kurzer Zeit eine AbtOtung der Bakterien verursacht hat; die 
gleiche Beobachtung ist auch bei alien bisherigen diesbezQglichen Unter- 
suchungen von Kresolpraparaten gemacht worden. 

Aufier der Desinfektionswirkung ist bei den Wundantisepticis noch 
dieFrage der Giftigkeit eine sehr wesentliche; frflher wurde schon 
kurz erwahnt, dafi von den 3 isomeren Kresolen das Metakresol das 
am wenigsten giftigesei; die ausftlhrlichste diesbezflgliche Mitteilung, 
welche mir zuganglich ist, stammt vonMeili'); derselbe ermittelte fflr 
Kaninchen (bei subkutaner Injektion unter Benutzung von flilssigem 
Paraffin als Lftsungsmittel) folgende tddliche Dosen: 

Metakresol 0,5 g pro kg 

Phenol 0,5 „ „ „ 

Orthokresol 0,45 „ „ „ 

Parakreeol 0,3 „ „ „ 

Auf Grund des Gesamtvergiftungsbildes bezeichnet Meili das Meta¬ 
kresol als das am wenigsten giftige, dann folgen mit zunehmender 
Giftigkeit das Phenol, das Orthokresol und am giftigsten das Parakresol. 

Schtttz*) erkiart das Metakresol ffir relativ ungiftig, da er mit 


1) Meili, W., Vergleichende Bestimmung der Giftigkeit der 3 isomeren Kresole 
and des Phenols. JInaug.-Diss.] Bern 1891. 

2) Schfitz, H., Vergleichende Unterenchungen fiber einige Kresolpraparate mit 
beeonderer Berficksichtigung dee Metakreeols. [Inaug.-Diss.] Halle 1896. (Audi Hyg. 
Bundsch. 1896.) 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXX VIII. Heft 6. 


0,75 g desselben pro Kilogramm Kaninchen nicht zu toten vermochte, 
wAhrend er die t5dliche Dosis fflr Karbolsaure zu 0,3 g pro Kilogramm 
ermittelte. 

Auch Seybold (1. c.) konnte Meerschweinchen bei subkutaner In- 
jektion wAsseriger Losungen mit 0,75 g pro Kilogramm Ortho- bezw. 
Metakresol uicbt tSten, wobei aber das Metakresol bedeutend geriogere 
Krankheitserscheinungen verursachte, als das Orthokresol; das Para- 
kresol dagegen wirkte schon bei 0,5 g pro Kilogramm tOdlich. 

Aus alleijflngster Zeit (wahrend der Niederschrift dieser Abhandlung) 
fand ich noch eine umfangreiche, die Giftigkeit der Kresole und des 
Liquor Cresoli saponatus behandelnde Arbeit von To liens 1 2 ), welcher 
fhr Katzen, Mause und Frdsche folgende tfldliche Dosen in Gramm 
Substanz pro 1 kg Kdrpergewicht bei subkutaner Applikation ermittelte: 


Karbolsaure 
Kresol p- 


m- 


karbolsauree Natron (auf Karbolgehalt bez.) 
kresolsaures Natron p-| auf gleichen 
„ „ o-> Kresolgehalt 

m-J 


Kresol crud. 


I 

» >i H 

„ „ HI 

Liq. Cresoli sapon. 


HI] 


bezogen 


auf Kresolgehalt 
bezogen 


Katzen 

Miuse 

Frttsche 

0,09 

0,35 

0,15 

0,1 

0,08 

0,15 

0,09 

0,35 

030 

0,12 

0,45 

035 

— 

0,35 

0,1 

— 

0,15 

0,15 

— 

035 

0,2 

— 

0,45 

035 

— 

035 

03 

— 

0,25 

03 

03 

— 

03 

— 

0,3 

0,15 

— 

035 

0,15 

— 

03 

0,15 


Es ist also auch hier wieder das Metakresol, welches die geringste 
Giftigkeit gegenflber den Versuchstieren zeigt, dann folgt bei den Warm- 
blfltern das Phenol und als etwa gleichwirksam das Orthokresol, wahrend 
am giftigsten das Parakresol ist Die Natronsalze entsprechen in ihrer 
Giftigkeit vollkommen der entsprechenden Kresolmenge, ebenso die 
Kresolseifenldsungen diesbeztiglich den dazu verwendeten Kresolen; be- 
sonders bemerkenswert ist, daB die 3 Rohkresole und dementsprechend 
auch die daraus hergestellten Kresolseifenldsungen derartig verschiedene 
Giftigkeit besitzen — 0,2, 0,25 0,3 g pro Kilogramm Maus — daB diese 
bei zweien der Praparate die der Karbolsaure nicht unerheblich flber- 
steigt; treffender kann einerseits die Unzuveriassigkeit und schwankende 
Zusammensetzung der Rohkresole und der daraus hergestellten Kresol- 
seifenlosungen, andererseits das Ungenflgende der Untersuchungsvorschrift 
des D.A.B. IV. nicht gekennzeichnet werden, da diese 3 Rohkresole und 
die daraus'hergestellten Kresolseifenldsungen alien Anforderungen des 
D.A.B. IV. gerecht wurden. 

Es war nun noch die Frage von Interesse, wie sich die Giftigkeit 
des Metakalins im Vergleich zu derjenigen des Lysols 
verhait, da ja dieses letztere auch zu den vergleichenden Desinfektions- 
versuchen herangezogen worden war. Fflr diese Untersuchungen bediente 
ich mich der von Schwenkenbecher*) angegebenen Methode des 
Badens von weiflen Mflusen, da mir dieses Verfahren der auBerlichen 
Applikation der Desinfizientien am n&chsten zu kommen scheint Den zu 


1) Tottens, K., Ueber die Wirkung der Kreeole und des Liquor Cresoli saponatus 
im Vergleich zur Karbolsaure. (Arch. f. exper. Pathol, u. PharmakoL Bd. LII. p. 220.) 

2) Schwenkenbecher, A., Das Absorptionsvermdgen der Haut. [Habilitat.- 
Schrift Tubingen.] Leipzig 1904. 


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Wesenberg, Metakalin, ein feates Kresolseifenpr&parat 


745 


den Parallelversnchen benutzten weiBen MSusen von mdglicbst Oberein- 
stimmender Gr6Be wurden je die Vorder- nnd Hinterbeine durch Kautschuk- 
heftpflasterstreifen zusammengebalten; dann wurde den so bewegungslos 
gemachten Tieren eine Halskrause umgelegt, welche aus nicbt zu starker 
und daher gut biegsamer Pappe bestand; in der Mitte dieser war ein 
der Halsweite der Maus entsprechendes rundes Locb eingeschnitten, in 
welcbes durch einen einfacben Schlitz hindurch der Hals der Maus 
hineingebracht werden konnte; das Tier wurde dann in ein etwa 100 ccm 
faBendes Becherglas eingesenkt, wobei die den Hals umfassende Pappe 
dem Glasrande auflag und, nach dem FQUen des Glases mit der auf 
36—37° an ge warm ten Badefltissigkeit, mittels Heftpflasterstreifens am 
Glase fixiert werden konnte; das Becherglas stand seinerseits wieder in 
einer grSBeren Schale mit 36—38° warmem Wasser. Auf diese Weise 
konnten die Tiere ohne grOBere Qu&lerei beliebig lange gebadet werden; 
nach dem Herausnehmen wurden sie mit FlieBpapier mOglichst abge- 
trocknet und in Watte eingelegt, an einen etwa 30— 35° warmen Ort 
gebracht, um Wfirmeverlust nach M5glichkeit zu vermeiden. Nach den 
5 Versuchen, welche Schwenkenbecher mit Lysol anstellte, gingen 
die M&use in 1-proz. LOsung nach etwa 1-sthndigem Bade, in 0,5-proz. 
Losung nach etwa 3, in 0,3-proz. nach etwa 4 Stunden unter Kr&mpfen 
ein, wfihrend 0,1 Proz. Lysol 9 bezw. 9V, Stunden vertragen wurde und 
der Tod erst sp&ter eintrat. 

Bei meinen Versuchen benutzte ich natOrlich wieder auf gleichen 
Kresolgehalt umgerechnete LQsungen, so daB also einer Ldsung von 
0,1 Proz. Lysol eine 0,068-proz. MetakalinlSsung entsprach. (Die neben- 
einander stehenden Versuche mit Lysol und Metakalin wurden stets 
gleichzeitig ausgefflhrt) 

Lysol 0,1 Proz. Metakalin 0,068 Proz. 

2 Stunden gebadet; beim Herausneh- 2 Stunden gebadet; beim Herausneh¬ 
men starkes Zittern; nach 24 Std. noch men starkes Zittern; nach 24 Std. fast 

schwere krampfartige Atmung; nach 48 ganz normal; nach 48 Std. normal. 

Std. etwas besser; nach 4 Tagen normal. 

Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz. 

60 Minuten gebadet; w&hrend dee 60 Minuten gebadet; zuletzt Krampfe, 
Bades zuletzt etarke Krampfe, ebenso ebenso wiederholt nach dem Herausneh- 
fortdauernd nach dem Herausnehmen bis men, aber bedeutend schwacher als die 

zum Exitus nach insgesamt etwa 100 Min. Lysolmaus. Exitus nach insgeeamt 2 1 /, 

bis 4 Std. (iiber Mittag). 

Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz. 

20 Minuten gebadet; wahrend des 20Minuten gebadet; beim Herausneh- 
Bades starkes Zittern; in Krampfen her- men Krampfe, welche etwa 50 Min. an- 

ausgenommen, welche fortdauernd etwa halten, aber deutlich schwacher sind als 

2 Std. anhalten; nach 24 Std. besteht bei der Lysolmaus: nach 2 1 /, Std. frifit; 
noch schwere krampfartige Atmung; Tier nach 24 Stunden wieder vollig normal, 
erholt sich nicht, tot nach 3 Tagen. 

Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz. 

Nach 30 Minuten im Bade unter Nach30 Minuten in schwachen Kram- 
Krampfen gestorben. pfen herausgenommen; Krampfe dauern 

mitlangerenUnterbrechungen etwal Std.; 
nach insgesamt 2 Std. wiraer herumlau- 
fend, nach 24 Std. vollig normal. 

Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz. 

Nach 30 Minuten in starken Krampfen 30 Minuten gebadet; w&hrend des 
herausgenommen ;ununterbrochenestarke Bades und auch nachher vereinzelte 
Krampfe etwa 4 Std. lang; dann lang- schwache Krampfe; nach insgesamt 60 Min. 

same Erholung; nach 4 Tagen noch vSllig krampffrei und gut erholt. 

immer nicht ganz normal. 

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746 


Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt. Original©. Bd. XXXVUL Heft 6. 


Lysol 0,3 Proz. 

Nach 40 Minuten in starken Krampfen 
herausgenommen; ununterbrochene starke 
Krampfe etwa 6 Std. lang; nachher all- 
in ahliche Erholung; liber Nacht geet 


Metakalin 0,204 Proz. 

Nach 40 Minuten herausgenommen; 
im Bade und nachher, im ganzen etwa 
l 1 /, Std. vereinzelte Krampfe; nach ins- 
gesamt 5 Std. vdllig krampffrei and 
ziemlich normal. 


Zu diesen mOglichst kurz gefaBten Protokollen ist noch zu bemerken, 
daB in alien Fallen die Krfimpfe, welche Lysol hervorrief, heftiger waren, 
als die durch das Metakalinbad verursachten. Bei alien Lysolmfiusen 
stellte sich auBerdem wfihrend des Bades starke Augensekretion ein, 
welche bei den wiedergenesenden Tieren noch tagelang anhielt, wfih- 
rend durch das Metakalin diese Reizwirkung nie hervorgerufen wurde; 
es liegt die Vermutung nahe, daB diese Erscheinung durch die im Lysol 
enthaltene Seife bedingt ist, welche bei der Temperatur des Bades flflch- 
tige Bestandteile verdunsten lfiBt, worauf ja anch bereits der strenge 
Geruch der Lysollflsungen (namentlich beim gelinden Erwfirmen) hinweist. 
Zweifellos ergeben die eben angefflhrten Badeversnche 
eine nicht un betrfichtlich grdfiere Giftigkeit des Lysols 
gegenflber dem Metakalin, da von den 6 Lysolmfiusen nor 

2 mit dem Leben davonkamen, wfihrend von den' 6 Meta- 
kalinmfiusen 5 am Leben blieben. In alien Ffillen waren 
beim Metakalin die auftretenden Krfimpfe viel schwficher 
und von geringerer Dauer als beimLysol. E s hat sich also 
auch hier in der Form des Metakalins das Metakresol als 
weniger giftig erwiesen als das im Lysol vorhandene Roh- 
kresolgemisch. 

Des weiteren ausgefflhrte Versuche sollten feststellen, ob zwischen 
dem Metakalin und dem Lysol noch weitere Unterschiede bezgl. etwa 
vorhandener Reizwirkung bestfinden, da ja zu ihrer Herstellung ver- 
schiedenartige Seifen Verwendung finden. 

Bei einem Selbstversuch, in welchem ich auf jeden Oberarm gleich- 
groBe Kompressen, mit 5-proz. Lysol- bezw. 3,4-proz. Metakalinlbsung 
getrfinkt, befestigte, machte sich auf dem Lysolarm anfangs ein deut- 
liches Brennen bemerkbar, welches aber rasch verschwand, wfihrend das 
Metakalin nicht das geringste Brennen verursachte; bei der Abnahme 
des Verbandes zeigte sich gleichartige ROtung auf beiden Armen und 
geringe Maceration ohne erkennbaren Unterschied. 

In das Menschenauge eingetrfiufelt, brennt 0,1 Proz. Lysol im 
Anfang stark, aber rasch vorflbergehend; 0,068 Proz. Metakalin reizt 
anfangs nur schwach und vorflbergehend; auch 0,05 Proz. Lysol reizt 
anfangs noch ziemlich stark, wfihrend die entsprechende Konzentration 
von 0,034 Proz. Metakalin so gnt wie gar nicht mehr irritierend wirkt 

Zur Irflfung der Reizwirkung an der Froschpfote (am 
sogenannten „Reflexfrosch tt ) wurde Frflschen das Gehirn durch einen 
Scherenschnitt unmittelbar hinter dem Kopf vom Rflckenmark getrennt; 
die Hinterpfoten des danach an den Vorderpfoten aufgehfingten Tieres 
wurden dann in die zn prflfenden Ldsungen bis zum freiwilligen Heraus- 
ziehen eingetaucht, danach mit Wasser gewaschen und frflhestens nach 

3 Minuten zum nfichsten Versuch verwendet; die Lysol- und Metakalin- 
ldsungen kamen abwechselnd zur Prflfung; die Zeit, nach welcher Her- 
ausziehen der Pfote aus der Badeflflssigkeit erfolgte, ist in Sekanden 
angegeben. 


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Weaenberg, Metakalin, ein festes Kresolseifenpr&parat. 


747 


Froach I Lysol 10 Proz. sofort 


11 

11 

i 

I 

II 

|| 

1 * 

If 

II 

rast soxort 

4 Sek. 5 Sek. 

II 

I 

II 

0,5 

II 

6 „ 

6V, „ 

II 

II 

|| 

1 

|| 

1 ,, 


II 

II 

II 

0,5 

II 

3 „ 


II 

II 

II 

0,25 

II 

5 „ 


II 

II 

II 

0,125 

|| 

5 „ 

6 „ 

|| 

II 

II 

0,1 

II 

12 „ 

12 „ 

II 

II 

II 

0,05 

|| 

30 „ 

45 „ 

II 

III 

|| 

0,1 

II 

15 „ 

20 „ 

}« 

IV 

II 

0,1 

11 

5 „ 

9 „ 


Metakalin 0,34 Proz. 

6 1 2 /. 

Sek. 

ii 

0,68 „ 

1 

ii 

ii 

034 „ 

5 

ii 

ii 

0,17 „ 

8 

ii 

|> 

0,085 „ 

25 

„ 15 Sek. 

>1 

0,068 „ 

15 

ii „ 

1) 

0,034 „ 

27 

ft 45 „ 

II 

0,068 „ 

25 

„ 26 „ 

II 

0,068 „ 

10 

„ 22 „ 


N ach diesen Versuchen komrat dem Metakalin jeden- 
falls keine grOBere, im Gegenteil wohl sogar eine etwas 
geringere Reizwirkung zu als dem Lysol. 


Ffir dieAufbewahrung vonNEhmaterial, Seide, Catgut, 
war noch die Frage von Interesse, ob durch l&ngeres Einlegen derselben 
in Lysol bezw. Metakalin eine Verringerung der Haltbarkeit bezw. Festig- 
keit bedingt wBrde. Zur Prflfung dieser Frage wurden je 2 Lagen Seide, 
aus einem grSBeren Biindel stammend, in 5-proz. Lysol- bezw. 3,4-proz. 
Metakalinlosung eingelegt, w&hrend 2 Lagen trocken. als Kontrollproben, 
reserviert wurden. Nach 16 Tagen ebenso nach 12 Wochen wurde aus 
jeder Losung eine Lage herausgenommen, mit lauwarmem Wasser ge- 
waschen und dann an einem mEBig warmen Ort getrocknet; die Prflfung 
auf ReiBfestigkeit geschah an einem „Serimeter“, wie derselbe in FErbe- 
reien gebrauchlich ist; eine ahnliche Einrichtung hat Stich *) beschrieben. 
Um Mittelwerte zu erhalten, wurden von jeder Probe 10 Bestimmungen 
gemacht, deren Zahlen in Gramm im folgenden angegeben sind; es zerrifi: 

Kontrollseide: 1530, 1900, 1800, 1280, 1650, 1600, 1950,1800,1700, 
1200. Mittel: 1641 g. 

Metakalinseide nach 16 Tagen: 1480, 1660, 1880, 1830, 1530, 
1550, 1850, 1820, 1900, 1400. Mittel: 1725 g. 

Lysolseide nach 16 Tagen: 780, 1580, 1570, 1850, 1650, 1600,1540, 
1230, 1600, 1520. Mittel: 1492 g. 

Kontrollseide: 1600, 1330, 1660, 1570, 1770, 1850, 1570,1750,1520, 
1600. Mittel: 1622 g. 

Metakalinseide nach 12 Wochen: 1400, 1150, 1520, 1380, 1620, 
1540, 1200, 1430, 1460. Mittel: 1402 g. 

Lysolseide nach 12 Wochen: 1640, 1650, 1480, 1800, 1850, 1700 
1820, 1660, 1620, 1530. Mittel: 1675 g. 

Aus diesen Zahlen, denen wegen der Ungleichm&Bigkeit des Materials 
eine gewisse Schwankung zugestanden werden muB, ergibt sich, dafi 
weder Lysol noch Metakalin einen schSdigenden EinfluB 
auf die Seide*) gekuBert haben. 

Fassen wir die Ergebnisse der vorliegenden Ausfflhrungen zusammen, 
so kommen wir zu dem Schlusse, daB in dem Metakalin ein festes 
und daher leicht und genau dosierbare&KresolseifenprS- 
parat von konstanter und verh&ltnism&Big einfach zu 


1) Stich, C., Apparat zur Beetimmung der Zugfeetigkeit von chirurgischem Nah- 
material. (CentralbL f. Chirurg. Bd. XXV. 1898. p. 583.) 

2) Catgut konnte dieebezuglich nicht gepriift werden, da das mir zur Verfiigung 
stehende Serimeter nur bis 2 kg Belastung eingerichtet ist. 


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748 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


kontrollierender 1 ) Zosammensetzung vorliegt, dessen 
wirksamer Bestandteil das unter den Eresolen am wenig- 
sten giftige> daher aber am st&rksten desinfizierend 
wirkende Metakresol ist. Das Metakalin besitzt, bei 
fehlenderReizwirkung,einegrofieDesinfektionswirkung, 
indem es selbst noch in 1 /,-proz. LOsung alle geprfiften, 
vegetativen, Mikroor ganismen in wenigen Minuten ab- 
tStet, aber auch noch in etwa 1 / s -proz. Losung eine gnte 
Desinfektionskraft fiuBert; auf die Haut wirkt es, ebenso 
wieaufdieHaltbarkeitderN&hseide.nichtsch&digendein. 


Nachdruck verbotcn. 

Experiences sur la valeur antiseptique du savon commun. 

Remarques sur Taction des antiseptiques en g6n6ral, et sur la 
biologte du staphylocoque pyog&ne. 

Par H. A. Rodet, 

Professeur de Microbiologie k 1’University de Montpellier. 

Les diff6rents auteurs qui se sont occup6s de la valeur antiseptique 
du savon ont ddduit de leurs observations des conclusions assez dis- 
cordantes. La plupart attribuent au savon un r6el pouvoir bactericide, 
4nergique d’aprbs les uns, trbs mediocre pour les autres; par contre, 
quelques-uns, notamment Conradi 1 ), refusent de reconnaitre le savon 
comme un antiseptique. 

Rien ne s’explique mieux que ce desaccord apparent Les conditions 
d’experimentation ont ete trbs diverses: savons de composition chimique 
differente, de potasse ou de soude, plus ou moins riches en eau, avec 
ou sans alcali libre, temperatures differentes, microbes libres ou incorpores 
k des mati&res organiques, etc. D’autre part, les auteurs ne se sont 
pas places au m6me point de vue, les uns visant la desinfection appliquee 
k des cas spedaux (cholera), d’autres se proposant la destruction des 
germes mSme les plus resistants; les uns ayant en vue la desinfection 
des mains, d’autres celle des linges ou vStements souilies. Enfin, le 
criterium de Taction bactericide a varie, certains exp6rimentateurs se 
contentant de voir que le savon est capable de detruire des microbes, 
ftit-ce k un titre 61ev6, pour lui reconnaitre un pouvoir bactericide; 


1) Ueber die verbal tniemaBig einfache chemische Untersuchung und Wert bee tim 
mung dee Metakaline babe ich inzwischen in der Pharmazeut. Ztg. 1905. No. 27. p. 280 
Mitteilung gemacht. Hier sei nur kurz erwahnt, dafi in unserem Falle die Kreeol- 
bestimmung mittels der bekannten — fiir die Phenolbestimmong ausgearbeiteten — 
Koppescnaarschen Bromadditionsmethode in einfachater Weise erfolgen kann, nach- 
dem die 8eife durch Zinksulfat auegefallt ist; 1 Molekiil Metakresol bindet glatt 
1 Molekiil Brom. 

Die Identifizierung des vorliegenden Kresols als Metakresol and gleichzeitig aach 
dessen quantitative Bestimmung kann mit Hilfe der Methode von Raschig (Zeitschr. 
f. angewandte Chemie. 1900. p. 759) geschehen; die dabei resultierende Mischung von 
Trinitro-m-Kreaol und Fettsauren kann von den letzteren leicht durch Wascben mit 
Petrolather befreit werden. 

1) C on rad i, Ueber die bakterizide Wirkung der Seifen. (Arch. f. Hvg. Bd. XLIV. 
p. 101; anal, in Centralbl. f. Bakt u. Par. Ref. Ba. XXXII. p. 409.) — Weitere Unter- 
suchungen uber die bakterizide Wirkung der 8eifen. (Centralbl. 1 Bakt u. Par. Orig. 
Bd. XXXVI. p. 151.) 


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Rodet, Experiences snr la valeur antiseptiqne du savon common. 


749 


d’autres (Conradi), beau coup pins exigants, demandant an savon d’etre 
bactericide en solutions tr&s dtendues, on, en solutions fortes, de d£truire 
en tr&s pen de temps (5 minutes) des elements tr&s resistants (spores 
charbonneuses). Je fais abstraction de ce que nombre d’auteurs ont eu 
en vue l’utilite de l’adjonction de substances antiseptiques au savon, ce 
qui complique encore la question. 

Mes experiences, entreprises k l’occasion d’essais sur un savon in- 
dustriel dit antiseptique, et dans le but de comparer le pouvoir bactericide 
de ce savon avec du savon pur, ont ete faites avec du savon blanc de 
soude (savon de Marseille), prive d’alcali libre. Tous les essais ont 
porte sur 2 esp&ces, le staphylocoque et le bacille d’Eberth. Je suis 
parti de solutions k 5 et 1 p. 100. Dans les solutions £ 5 p. 100, le 
savon etait loin d’etre compl&tement dissous, une bonne partie restait 
& l’etat de mucilage, que l’on rendait facilement homogene par une forte 
agitation; le sdjour k 37° les &claicissait partiellement, en mettant en 
solution une partie du mucilage. Les solutions k 1 p. 100 etaient presque 
parfaites, m&me h 20°. J’ai recherche: 1°, le pouvoir empechant; 
2°, le pouvoir bactericide. 

I. Pouvoir empechant. Le bouillon etait additionne de quan- 
tites diverses de solutions savonneuses, ensemence et mis k l’6tuve; apr&s 
un ou plusieurs jours d’etuve, on faisait l’examen microscopique on des 
pr£l&vements que l’on portait sur agar. 

Le staphylocoque a pulluie dans le bouillon additionne de */* de 
solution savonneuse k ce qui correspond 4 une teneur du melange 
en substance savonneuse de 6,66 pour 1000; ainsi que dans du bouillon 
additionne de l / # de solution k r $ c (teneur en savon: 8 pour 1000). 
Je n’ai pas fait d’essais k doses plus fortes. Les cultures sont plus 
lentes et plus pauvres dans ces milieux que dans du bouillon pur; des 
doses de savon m&me beaucoup plus faibles (0,2 k 0,3 pour 1000) suffisent 
k g&ner la pullulation, et par consequent exercent d6j§i une action dys- 
g6nesique. 

Le bacille d’Eberth a pulluie dans du bouillon additionne de 1 / s 
de solution savonneuse it x i 0 (3,33 pour 1000 de savon); dans le melange 
k 1 / 2 (soit 5 pour 1000), il n’a pas pulluie, et est mort en moins de 
48 heures; il est done moins tolerant que le staphylocoque. Cependant, 
il a pulluie dans le bouillon contenant */« de solution k (soit 
8 pour 1000). 

Pour appr&cier la valeur de ces resultats, de m&me que pour expli- 
quer la discordance apparente observee avec le bacille d’Eberth, il 
faut bien remarquer que les melanges de bouillon et de solutions 
savonneuses sont troubles, m&me avec 1 goutte de solution savonneuse 
k pour 10 ccm de bouillon. Le trouble est tr&s considerable dans 
le cas de teneur eievde en savon (bouillon, 5 parties; solution de savon 
k T $ 7 , 1 partie). D’apr&s cela, il est extr&mement probable qu’il se 
passe quelque reaction chimique entre le savon et les principes con¬ 
stitutes du bouillon, des decompositions ou des combinaisons nouvelles, 
des precipitations, et que par suite le savon ne se trouve pas en nature 
dissous dans le liquide au titre que l’on recherche. On s’explique ainsi 
que, tandis que des doses fortes se bornent 4 retarder et appauvrir la 
culture, des doses beaucoup plus faibles lui apportent d&jk un obstacle 
notable, e’est-k-dire que la gamme des doses dysg&n&siques soit tr&s 
&tendue; on comprend en effet que les fortes doses de savon ajout&es 
au bouillon subissent une alt&ration relativement plus grande que les 


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750 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original a Bd. XXXVIII. Heft 6 


petites quantity, et que par suite l’actiou empgchante ne croisse pas en 
proportion de la quantity de savon que l’on ajoute au bouillon. Comme 
ces reactions cbimiques entre le savon et les elements du bouillon doivent 
dgpendre de la quantity de ces derniers, on s’explique aussi que j’aie 
pu observer un effet empgchant moindre sur le bacille d’Eberth dans 
un milieu contenant 1 / 6 de solution savonneuse k que dans le milieu 
renfermant 1 / 2 de solution & T J 5 , moins riche en savon, mais aussi moins 
riche en bouillon. 

S’il en est ainsi, il serait illusoire de demander quelle est la quantity 
de savon qui, ajoutge k un milieu nutritif, s’oppose & la culture de tel 
ou tel microbe: la limite des doses tol4r6es est variable suivant la 
composition du milieu nutritif, et suivant sa teneur en principes or- 
ganiques. 

Ces considerations permettent 4videmment d’expliquer en partie les 
discordances des auteurs. D’aprgs cela, il ne faut pas attacher une 
valeur absolue aux chiffres, qui, dans les experiences des divers auteurs, 
indiquent les doses toierees. Pour un jugement precis sur cette question, 
il faudrait determiner quelle est la dose de savon dissous en nature 
qui permet encore la culture de tel ou tel microbe. C’est une recherche 
chimique, dont il ne semble pas qu’on se soit jusqu’ici preoccupe. 

II. Pouvoir bactericide. J’ai employe la technique suivante. 
Dans plusieurs tubes k essai sterilises, j’introduis 2 centimetres cubes 
de la solution savonneuse (solution & 5 ou 1 pour 100), dont j’ai prg- 
alablement 6prouve la sterilite. D’autre part, je prepare une dilution 
trgs etendue d’une culture en bouillon de bacille d’E berth ou de 
staphylocoque; de cette dilution, j’introduis 1 ou 2 gouttes dans les 
2 c. c. de la solution savonneuse. Aprgs agitation du liquide, pour 
obtenir une repartition aussi uniforme que possible des elements micro- 
biens, je fais une serie de prises k intervalles croissants, de quelques 
secondes 4 plusieurs heures, au moyen d’une mgme anse de platine, de 
manigre k prglever des quantites toujours assez rigoureusement egales 
du liquide contenant les microbes en suspension, que l’on etale sur la 
surface d’un tube d’agar. Cette technique, qui pourrait etre defectueuse 
avec un antiseptique capable d’empgcher la culture k trgs petites doses, 
est ici pleinement justifige; l’exp6rience prouve que la quantite de savon 
ainsi transportee par l’aiguille de platine sur le milieu de culture, est 
absolument insuffisante k gener en quoi que ce soit la culture; et cette 
technique prgsente un grand avantage: par le plus ou moins de richesse 
de la culture sur agar, on apprgcie la diminution du nombre des elements 
vivants, et l’on peut saisir, avant la sterilite complete, une serie de 
degr6s de fertility d6croissante, traduisant la mort successive des elements 
immerges dans l’antiseptique. 

A regard du staphylocoque, le savon a manifeste un pouvoir bac¬ 
tericide peu energique, mais trgs r6el. Dans la solution 4 T ^, une 
partie des elements etaient morts au bout de 2 heures, et la trgs grande 
majorite etaient detruits en moins de 29 heures. La solution k est 
beaucoup plus efficace: dans de multiples essais, j’ai vu le nombre des 
elements se rgduire dgs les premieres minutes, puis continuer k dgcroitre ; 
mais de rares germes survivaient, et demandaient des heures pour gtre 
detruits, comme si, parmi les elements d’une culture de staphylocoque, 
un certain nombre se comportaient k regard du savon (n’en serait-il pas 
de mgme k l’ggard d’autres antiseptiques ou de divers' agents de 
destruction?) comme des elements de resistance, jouant le rdle de spores. 


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Rodet, Experiences snr la valenr antiseptique da savon common. 


751 


Le bacille d’Eberth est bien plus sensible. Avec la solution & 
l’effet bactericide n’est pas tr&s considerable: j’ai vu les bacilles 
diminuer de nombre apr&s 9 minutes, mais persister encore nombreux 
apr&s 1 heure et 3 heures. La solution & est tr&s active: d&s les 
premiers instants, une partie des bacilles sont an£antis; la sterility de¬ 
finitive est realisee en quelques minutes: entre 3 et 10 minutes dans 
une experience, entre 1 et 3 minutes dans une autre, en 1 minute dans 
un troisi&me essai. II s’agit done vraiment ici d’une action bactericide 
6nergique. La temperature joue un r&le: k 35—37°, l’effet a et6 un pen 
plus rapide qu’4 20—25°. Le temps necessaire pour la mort de tons 
les bacilles immerges depend dans une certaine mesure du nombre de 
ceux-cL C’est dans un essai fait avec un petit nombre de bacilles, et 
4 35°, que j’ai observe la sterilite apr&s 1 minute. De m£me que pour 
le staphylocoque, les bacilles plonges dans la solution savonneuse ne 
meurent pas tous ensemble k un moment donne, mais sont atteints 
successivement, ce qui tient sans doute k une inegalite de resistance des 
divers elements d’une m£me culture; mais cette inegalite est ici beaucoup 
moins marquee que dans le cas du staphylocoque. 

Un des faits cites dans le paragraphe precedant montre que le 
bacille peut mourir par un sejour prolong£ dans un bouillon contenant 
du savon k une dose peu sup£rieure k celle qui permet encore la culture; 
e’est-st-dire qu’il y a un faible ecart entre la limite des doses simplement 
dysgen£siques et les doses d6jit mortelles. 11 est raeme tr&s probable 
que la m£me dose peut agir k la fois comme dysgenesique et mortelle, 
susceptible de tuer les microbes dont elle a d’abord permis la pullulation, 
comme cela s’observe tr&s nettement de la part des temperatures dys- 
gdnesiques: c’est ainsi que le bacille d’E berth ou le coli, places k 
44—45°, s’y cultivent; mais, si on laisse sojourner les cultures k cette 
temperature, en peu de jours elles ne tardent pas it mourir. 

Je n’hesite pas k me ranger it l’avis de ceux qui reconnaissent au 
savon une reelle valeur antiseptique. Je ne puis souscrire aux con¬ 
clusions de Conradi, qui nie ce pouvoir antiseptique, sous pretexte 
que des solutions & ne sont pas bactericides, ou que des solutions 
fortes ne tuent pas en quelques minutes les spores du B. anthra- 
cis. Ce dernier resultat limite la valeur antiseptique du savon, mais 
n’autorise nullement k la nier. Que le pouvoir bactericide du savon 
ne soit pas suffisant, en pratique, pour detruire des germes tr&s resistants, 
c’est possible: je ne me suis pas pose la question. Mais, sans aucun 
doute, il a une tr&s reelle valeur comme agent de desinfection, lorsqu’il 
s’agit d’esp&ces microbiennes qui ne sont pas trop r6sistantes: it T J ff , il 
est dejit capable de les tuer, pourvu qu’on prolonge son action; it T ^, 
l’effet bactericide est 6nergique et rapide sur certains germes pathog&nes 
comme le bacille d’E berth, il est moindre, mais encore tr&s notable, 
4 regard du staphylocoque. Il importe de remarquer que les solutions 
4 un titre eiev6 sont parfaitement realis6es dans la pratique; dans le 
lavage des mains, il est avere que la mousse savonneuse presente un 
titre de savon tr&s 61eve, sup6rieur it par consequent bien superieur 
4 celui des solutions avec lesquelles j’ai experimente. Pour la desin¬ 
fection des mains en particulier, le lavage au savon, aide du brossage, 
ainsi que le font les chirurgiens, et prolonge quelques minutes, est done 
loin d’etre negligeable comme moyen de desinfection. 

L’action bactericide des solutions savonneuses est influencee par la 
temperature. A 35°, mieux k 37°, elle se montre plus energique qu’it 


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752 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVUI. Heft 6. 

20—25°. II peat y avoir & cela deux raisons: d’une part, on sait que 
la chaleur, m6me mod6r6e, pent favoriser Taction d’un antiseptique, 
comme l’a signal^ pour la premiere fois Arloing; d’autre part, il faut 
tenir compte de ce que, du moms pour la solution k x ^, la dissolution 
du savon est bien plus complete au-dessus de 35° quit 25°. 

II s’en faut de beaucoup que tons les individus d’une m£me culture, 
soumis k Taction du savon, meurent au bout du m§me temps; il y a 
un 6cart trfcs marque entre le moment oil les elements vivants commen- 
cent il diminuer, et le moment de la st4rilit4 complete; ce qui traduit 
evidemment une resistance trfcs in^gale de la part des divers elements 
d’une m£me culture. Cette donn4e, tr£s manifesto avec la technique 
que j’ai employee, he ressort pas lorsqu’on emploie la technique classique, 
qui se borne k indiquer brutalement au bout de combien de temps tons 
les elements immerges ensemble sont atteints. Dans mes experiences; 
cette inegalite de resistance, dejh notable dans le cas du bacille d’Eberth, 
s’est montree extremement marquee avec le staphylocoque, ce qui laisse 
soupqonner dans les cultures de ce dernier microbe des formes resi- 
stantes susceptibles de jouer jusqu’it un certain point le rdle de spores. 

J’attire encore l’attention sur un autre fait: le temps necessaire pour 
la sterilite, c’est-4-dire pour la mort de tons les germes que Ton plonge 
dans une solution savonneuse depend, dans une certaine mesure, de leur 
nombre: toutes choses 6gales d’ailleurs, un petit nombre d’individus sont 
plus tdt ddtruits qu’un grand nombre. 

D’apr&s cela, les chiffres qui ont la pretention de pr£ciser T£nergie 
bactericide d’un antiseptique par le temps necessaire pour tuer tel ou 
tel microbe, n’ont qu’une valeur relative; puisque, d’une part, ce temps 
peut etre tr£s inegal suivant que Ton considlre les individus les plus 
fragiles ou les plus resistants d’une m@me culture [abstraction faite des 
spores], et que d’autre part le temps exige pour la destruction de tous 
les individus soumis k une £preuve variera suivant leur nombre. G6n6* 
ralement, on ne tient pas compte de ces elements de la question; on 
se borne k dire d’un antiseptique que, k un titre donn£, il detruit tel 
ou tel microbe en tant de temps, h telle temperature; cette formule 
absolue n’a rien d’exact D’ailleurs, k cet 6gard, les assertions de diff£- 
rents exp4rimentateurs sur le m£me sujet sont divergentes; ces diver¬ 
gences trouvent en partie leurs explications dans les r&ultats qui 
precedent. 


Nachdruck verbolen. 

Die Sterilisation elastischer Katheter. 

[Aus dem bakteriologischen Privatlaboratorium von Prof. Dr. H. J a g e r, 

Strafiburg i. E.] 

Von Paul Slttler, Strafiburg i. E. 

Mit 1 Figur. 

I. 

Eine in der Praxis allgemein anwendbare Methods der Sterilisation 
elastischer (halbweicher) Seidengeflechtskatheter mit Lacktlberzug ist 
trotz der zahlreichen diesbezflglichen Arbeiten noch nicht angegeben. — 
Metall- und Glaskatheter lassen sich durch Auskochen in Sodaldsung 


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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter. 


753 


oder gewohnlichem Wasser — wenn man eine Reizung der Urethra 
dnrch die an den Instrumenten zuruckbleibende Soda befiirchtet — 
sterilisieren. Auch Katheter aus Rotkautschuk halten dieses Verfahren 
mehrraals ohne Schaden aus (Warden, Herman, Nancvede und 
Hutchings) — bis zu lOOmal (Mankiewicz). — Anders bei den 
Seidengeflechtskathetern, die in der folgenden Untersuchung hauptsach- 
lich beriicksichtigt sind 1 ). Diese haben eine sehr geringe Widerstands- 
ffihigkeit gegenfiber den verschiedenartigsten zu ihrer Sterilisierung an- 
gewandten chemischen und besonders physikalischen Agentien, trotzdem 
die Keime, um deren Abtfitung es sich bei Kathetern handelt, tlurchaus 
nicht immer gerade zu den widerstandsffihigsten Arten gehoren. 

Es sind dies besonders die bei Cystitis und eiterigen Erkrankungen 
der Ureteren und Nieren, dann aber auch die in der erkrankten und 
normalen Urethra vorkommenden Mikroorganismen. — Die normale 
Urethra enthfilt nach Kraus in durchschnittlich 60 Proz. der Falle bei 
Mannern und Frauen „Bakterien der verschiedensten Arten“, darunter 
von pathogenen das Bacterium coli, Staphylococcus pyogenes 
albus und aureus und Streptococcus pyogenes. Von quanti- 
tativen Untersuchungen liegt eine Arbeit von Franz vor, der unter 
41 Fallen in der Urethra 

8mal Staphylococcus pyogenes albus und aureus 
1 „ Bacterium coli, 

1 „ Streptokokken und 

1 „ Gelatine nicht verflflssigende Diplokokken fand. 

Savor fand bei 93 Frauen mit normaler Urethra 
22mal Staphylococcus pyogenes, und zwar 
16 „ „ albus, 

6 „ „ „ aureus, ferner 

14 „ Bacterium coli, 

9 n Diplokokken, 

4 „ Streptokokken. 

Auch die quantitativen Untersuchungen der Mikroorganismen der 
Harnrohre von Schwangeren und WOchnerinnen ergaben stets ein bedeu- 
tendes Ueberwiegen der pyogenen Staphylokokken fiber die an zweiter 
Stelle folgenden Co 1 i-Bakterien, wfihrend Streptokokken sich in 
geringerer Zahl fanden; ebenso bei frflher erkrankt gewesenen Urethren 
(Savor). — Bei einer Nachuntersuchung dieser Ergebnisse mfifiten 
heutzutage die Staphylokokkenbefunde mittels der Agglutination kon- 
trolliert werden mit Rficksicht auf die Ermittelungen von Kolle und 
Otto, wonach ein grundsfitzlicher Unterschied besteht zwischen den 
spezifischen Eiterkokken und den zahlreichen saprophytischen Kokken- 
arten, die sich von jenen in ihren biologischen Eigenschaften nicht unter- 
scheiden lassen, aufier durch die Agglutinationsprobe. — 

In der entzfindeten Urethra linden sich nach Kraus als Erreger 
der Urethritis folgende Mikroorganismen: 

Gonococcus Neisser (am h&ufigsten), 

Bacterium coli (am zweithfiufigsten), 

Staphylococcus pyogenes aureus, 

* » albus, 

Diplokokken (Gram-negativ) und der 
Tuberkelbacillus (Smegmabacillus?). 

1) Bei meinen Versuchen habe ich diese Lackkatheter ausschlieClich ange- 
wandt. 

Crete Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 6. 48 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Die bei Cystitiden — und aufsteigenden Infektionen der hoheren 
Harnwege (Ureteren, Nieren) — vorkomraenden Eeime sind nach dem- 
selben Autor der H&ufigkeit nach geordnet: 

Bacterium coli (bei weitem am h&ufigsten gefunden), 
Proteus vulgaris Hauser, 

Staphylococcus pyogenes, 

Streptococcus „ 

Gonococcus Neisser, 

Tuberkelbacillus, 

Bacillus typhi, ‘ 

„ pyocyaneus (seltener). 

Auch die Mehrzahl der anderen Autoren hebt die H&ufigkeit des 
Bacterium coli in der Pathologie der Harnwege hervor (Melchior, 
Roux, Imbert, Faltin). Bei gutartigen Eiterungen der Harnwege 
sind von Albarran und Cottet auch anagrobe Bakterien ge¬ 
funden worden, deren Vorkommen aber nach diesen Autoren meistens 
bei den gangr&neszierenden Prozessen dieser Organe beobachtet wird. 

Vergleicht man die HSufigkeit der verschiedenen bei Cystitis als 
atiologisches Moment gefundenen Keime mit den allerdings sehr wenig 
zahlreichen quantitativen Untersuchungen der pathogenen Mikroorganis- 
men der normalen Urethra, so spricht ein solcher Vergleich — wenn 
er auch nicht streng beweisend sein kann — eher fQr als gegen die 
Ansicht der bei weitem hILufigeren Entstehung der Cystitis durch Ka- 
theterisieren mit unreinen Instrumenten (Fttrbringer, Barlow, 
Guyon, Grosglik, Janet, Kutner, Goldberg, Suter), w&brend 
andere Autoren eine Einschleppung von Keimen aus der Urethra dafflr 
verantwortlich machen (Rovsing, Savor). Auch die Arbeit von 
Baisch, der bei 40 frischen postoperativen Cystitiden bei Frauen in 
der Mehrzahl der F&lle Staphylokokken, bei alten Cystitiden mehr Coli- 
Bakterien fand, ist nicht beweisend fur den Bakterienimport aus der 
Harnrohre in die Blase, wenn man die groBe Verbreitung der Staphylo¬ 
kokken in Betracht zieht, was auch Goldberg hervorhebt, ganz abge- 
sehen davon, daB die Angaben von Baisch noch einer Nachprufung an 
groBerem Material und an Mannern bediirfen. Im flbrigen haben Pos¬ 
ner und Frank gezeigt, daB gerade die Erreger der Cystitis — be- 
sonders Bacterium coli — an Kathetern noch nach l&ngerer Zeit 
lebend gefunden werden, also auch wieder eine Infektion vermitteln 
konnten, trotzdem die Instrumente so behandelt waren, als sollten sie 
zu einem neuen Katheterismus verwandt werden (nach Gebrauch mecha- 
nische Reinigung, spftter Einlegen in ein Desinficiens). Auch Rov¬ 
sing, obwohl einer der Hauptvertreter der Annahme von der ilber- 
wiegenden Haufigkeit der urethrogenen Harninfektion, deren MSglichkeit, 
wenn sie auch selten sein mag, ja absolut nicht zu bezweifeln ist, fuhrt 
FBlle von Cystitis an, bei denen er den Import der Keime von auBen 
mit dem Katheter zugeben muBte. Gumprecht meint, daB man durch 
Ausspiilungen vor dem Katheterisieren die Urethra „klinisch vollkomroen 
geniigend" reinigen kQnne und spricht in seinem Buche die Ansicht 
aus: „Man kann sicher sein, daB die Ursache eines in der Praxis vor- 
kommenden Blasenkatarrhs allemal in einem unreinen Katheter und nie 
in der Infektion durch Harnrohrenbakterien zu suchen ist.“ Und weiter: 
„Es ist wohl nicht zu zweifeln, daB die Ursache der Katheterisierungs- 
cystitis in der Aufieninfektion und nicht in der Autoinfektion gelegen ist.* 

Beriicksichtigt man fernerhin den Umstand, daB in der neueren Zeit 


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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter. 


755 


auch das Katheterfieber nicht mehr als eine neurogene Oder andere 
Storung angesehen, sondern von den meisten durcb eine Resorption von 
Bakterien (Bertelsmann und Mau) oder Toxinen von der mit dem 
Katheter verletzten Schleimhaut aus erklart wird (Moullin. Browne, 
Posner, Guyon, Zuckerkandl) — Hartmann fiihrt einen Fall 
an, wo ein 65-jahriger Prostatiker jedesmal nach spontanem Urinieren 
fieberte, wenn namlich der infizierte Urin mit den exkoriierten Harn- 
rohrenwandungen in Kontakt kam, wahrend keine Fieberanfalle auf- 
traten, wenn der Urin mittels Katheter entleert wurde, — so dtirfte die 
Notwendigkeit einer strengen Sterilisation der in der Praxis so viel ge- 
brauchten elastischen Seidengeflechtskatheter keine weitere Begrflndung 
mehr erfordern; ganz abgesehen davon, daB ein Arbeiten mit nicht 
sterilen Kathetern, auch bei schon bestehender Harninfektion, in direktem 
Gegensatze zu den heute geltenden Grunds&tzen der Asepsis stfinde 
(Ph61ip). 

II. 

Die Methoden, welche von den verschiedenen Autoren zur Sterili¬ 
sation der elastischen Katheter angegeben und zum Teil noch heute in 
h&ufigem Gebrauche stehen, sind einerseits rein physikalische oder rein 
chemische oder auch Kombinationen von beiden Methoden, wie sie z. B. 
das Kochen der Katheter in antiseptischen Losungen darstellt. 

Von den primitivsten physikalischen Methoden beansprucht die 
von Schimmelbusch angegebene wohl nur noch historisches Interesse. 
Schimmelbusch hatte gemeint, daB „festes u Abreiben wahrend 
„einer Minute mit einem nassen (sterilen) Tupfer und nachheriges 
Trockenreiben mit einem trockenen fast immer genflgt“, um vorher 
„stark a mit Reinkulturen verschiedener Bakterien infizierte Instrumente 
auBerlich „keimfrei“ zu machen. „Um das Lumen der Katheter zu 
reinigen, muB man dieselben energisch mit warmem Wasser oder warmer 
Sublimat- oder Karbollbsung durchspritzen." Schon kurze Zeit nach der 
Empfehlung dieses Verfahrens haben Barlow und Grosglik seine 
Unzulanglichkeit nachgewiesen. Mit Staphylococcus aureus und 
faulendem Urin infizierte Katheter wurden in den Versuchen von 
Grosglik nicht steril, wenn sie mit desinfizierten Hfinden 3—5 Mi- 
nuten lang sorgfaltig abgeseift oder 5—10 Minuten mit prfiparierter 
Watte in heiBem Seifenwasser abgerieben, nachher 2—3 Minuten unter 
einen „dicken und starken Wasserleitungsstrom u gebracht und dann mit 
sterilem Tuch abgetrocknet wurden. — Trotz dieser Kritik hat Leven 
einige Jahre spSter, indem er sich auf Schimmelbusch beruft, be- 
bauptet, es genuge, um die Katheter keimfrei zu machen, sie mit Al¬ 
cohol absolutus „t(ichtig u abzureiben, um so mechanische und chemische 
Wirkung auf die Keime zu verbinden. Diesem Vorschlage gegenflber 
hebt Phblip hervor, dafi vor allem der absolute Alkohol den Lack der 
Katheter zerstbre und auch ein ziemlich minderwertiges und unsicheres 
Desinfektionsmittel sei, dessen Durchspfilen durch das Katheterlumen 
gar nicht im stande sei, genugend zu sterilisieren. Dazu sei noch be- 
merkt, daB Alkohol, als Ffillungsmittel verschiedener, auch im Urin vor- 
kommender Eiweifiarten, bei eiweiBreichen Harnen die Katheterdesin- 
fektion eher erschweren als erleichtern dtirfte. 

Auch die Sterilisationsverfahren mittels trockenerHitze sind 
heute nicht mehr gebrSuchlicb. Delag^nibre hatte angegeben, daB 
elastische Katheter — im Trockensterilisator von Poupine 1 (vgl. Ter¬ 
rier) — die trockene Hitze von 110—120° wahrend einiger Minuten 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


gut ertragen und daran die Empfehlung geknupft, die Iustrumeute wah- 
rend dreier Tage je einige Minuten bis 1 / i Stunde lang auf 100° trocken 
zu erhitzeu; dadurch sei eine Sterilisation derselben zu erreichen. Bak- 
teriologische Versuche ergaben in Bouillon kein Wachstum von vorher 
infizierten und so sterilisierten Kathetern (Lackhemmung? vgl. unten). 
Poncet behauptet, dafi die Katheter ira Trockenschranke bei 120 
— 130° „ohne Veranderung einige Stunden u liegen konnen und dann 
„vollstandig steril“ sind. Nach Grosglik totet l / 2 Stunde dauerndes Steri- 
lisieren bei 130° Staphylococcus albus und aureus an Kathetern 
ab. Fur die Praxis empfiehlt dieser Autor eine Temperatur von 140 0 
im Trockenschranke. — Dagegen beobachteten Alapy, Schimmel- 
busch, Kutner eine Schadigung der weichen und halb- 
weichen Katheter in heiCer Luft. 

Ein eigener Versuch hat mich von der Richtigkeit dieser letz- 
teren Behauptung tiberzeugt. 

4 Seidenkatheter, davon 2 neueren Fabrikates (einer dieser letzteren 
ungebraucht), wurden ca. 1 / i Stunde lang einer Temperatur von 140—150° 
ausgesetzt, wohl dem Minimum dessen, was beim Sterilisieren in trockener 
Luft in Frage kommt. Beim Herausnehmen aus dem Trockensterilisator 
war an alien Kathetern die obere Lackschicht stark blasig gequollen, 
wie wenn der Lack ins Kochen gekommen ware. Bei den neuen Ka¬ 
thetern fand sich diese Veranderung hauptsachlich am oberen Ende, wo 
die Lacksicht dflnner aufgetragen war, bei den beiden Mlteren starker 
und fiber das ganze Instrument verbreitet. Bei einem der letzteren war 
die obere Lackschicht teilweise verkohlt. Dieses Sterilisationsverfahren 
verbietet sich also von selbst. 

Als eine weitere Methode fttr die Sterilisation elastischer Katheter, 
die noch heute in vielfachem Gebrauche steht, ist der stromende 
Wasserdampf von 100° empfohlen worden. Dieses Verfahren hat 
zahlreiche Anhanger gefunden, von denen wieder verschiedene Apparate 
fQr den praktischen Arzt konstruiert worden sind, betreffs deren Be- 
schreibung auf die Originalarbeiten verwiesen sei (Alapy, Albarran, 
Novotny, Barlow, Ruprecht, Jacob, Stein, Goldberg, Cas¬ 
per, Freudenberg, Grosse, Miskhailoff). 

Im Anschlusse an die interessante und ausffihrliche Arbeit von 
Ruprecht, welcher zahlreiche Versuche angestellt hat, seien hier einige 
Bemerkungen gemacht. Ruprecht hat in seinem Apparate, der nach 
dem Prinzip der gewbhnlichen Dampfkochtopfe arbeitet, Milzbrandsporen 
an Kathetern in ca. I 1 /, Minuten abgetbtet gefunden. Die Prufung der 
Sporen auf ihre Widerstandsfahigkeit ergab, dafi sie in siedendem Wasser 
nach 105 Sekunden abgetotet waren. — Zur Prflfung der Frage, wie 
schnell in seinem Apparate durch den Wasserdampf die Luft aus dem 
Lumen der Katheter vertrieben werde, verfuhr Ruprecht folgender- 
mafien: Er brachte U-formig gebogene Glasrohren von verschiedener 
lichter Weite so in seinen Apparat, daB die Glasrdhrenenden nach unten 
sahen, und lieB nun Wasserdampf von 100° einwirken. Nach x /* bis 
5 Minuten wurde der ganze Apparat mitsammt den Glasrfihren, so daB 
deren Enden immer sorgfaltig nach abw&rts gerichtet blieben, in Wasser 
eingetaucht. Das Wasser muBte da, wo die Luft in den Glasrbhren 
durch den Dampf verdrSngt war, in beiden Schenkeln des U-Rohres 
gleichzeitig aufsteigen, wahrend eine eventuell in der Glasrdhre zuruck- 
gebliebene Luftblase zwischen den beiden in den Schenkeln aufge- 
stiegenen Wassersaulen sichtbar wurde. Als Resultat dieses Versuches 


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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter. 


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ergab sich, daB „nach 1—5 Minuten langem Aufenthalt (sc. im Dampfe) 
ein weites Glasrohr, etwa einem Katheter No. 30 (Charribre) ent- 
sprechend, ira Mittel noch 10 Proz. Luft, ein mittleres, etwa No. 18 ent- 
sprechend, 6,4 Proz. Luft, ein enges, etwa No. 7 entsprechend, nur 
3 Proz. Luft“ enthielt. Daraus folgert Ruprecht: „Das Eindringen 
des Dampfes (sc. bei weiten Rohren) erfolgte also wahrscheinlich weniger 
vollkommen als bei engen Rohren. u Dieser SchluB widerspricht dem 
physikalisch-chemischen Gesetze, nach welchera mehrere Gase einen und 
denselben Raum ohne gegenseitige Raumbeengung vollst&ndig erfullen 
konnen (vgl. Nernst). Es konnten also die beiden weiteren Rohren 
ebenso vollst&ndig mit Wasserdampf gefflllt sein wie die dritte enge, 
trotzdem sie am Schlusse des Versuches mehr Luft als diese letztere 
enthielten. — Des weiteren hat Ruprecht gefunden, daB die Dauer 
der Sterilisationszeit von Kathetern zur Dicke der Katheterwandung 
direkt proportional und fast ganz unabh&ngig von der Weite des Lumens 
ist, d. h. diejenigen Katheter werden am schnellsten steril, welche die 
diinnste Wandung haben (engere Katheter haben gewohnlich geringere 
Wandstarke). Das leuchtet auch ein, weil ja ein diinnwandiges Instru¬ 
ment sich schneller auf 100° erw&rmt als ein dickwandiges. Nach dem 
vorhergehenden Befunde an den Glasrohren aber hatte Ruprecht er* 
wartet, daB ungeachtet der Wandstarke der Katheter am schnellsten 
sterilisiert werde, aus dessen Lumen die Luft am ehesten vertrieben sei. 
— Auf diese beiden Befunde griindet Ruprecht die SchluBfolgerung: 
„Die maBgebenden Faktoren bei der Kathetersterilisation durch Dampf- 
einwirkung von auBen sind WSrmeleitungs- und Warmestrahlungsver- 
mogen des Kathetermaterials, Wandstarke und Kaliber der Katheter. 
Die Wirkung des eindringenden Dampfes ist als ein nebens&chlicher 
Faktor anzusehen.“ Diesem SchluB mtissen die oben angefiihrten Ein- 
wendungen gemacht werden. Und wenn Ruprecht zum Beweise dieses 
Schlusses „Stflcke eines Glasstabes in die beiden Oeffnungen feucht (sc. 
mit Milzbrandsporen im Lumen) infizierter und teilweise mehrere Tage 
getrockneter Katheter hineinzwangte“, sie dann dem Dampf aussetzte 
und nach derselben Zeit sterilisiert fand wie die (an den Enden offenen) 
Kontrollkatheter (l 1 /,—2 Minuten), so l&Bt sich dagegen immer noch ein- 
wenden, daB Glas und Kathetermaterial einen ungleichen WSrmeaus- 
dehnungs-Kogffizienten haben. Infolgedessen konnte sich moglicherweise 
bei der ErwSrmung auf 100° zwischen GlasstQpsel und Katheterwandung 
ein far den Durchtritt des Dampfes genugend groBer Zwischenraum 
bilden, d. h. der VerschluB mit den GlasstOcken braucht nicht sicher 
vollkommen dampfdicht zu sein. Wenn sich, wie Ruprecht annimmt, 
in dem Katheterlumen kein Dampf befinden wurde, sondern Luft, so 
mQBten die in die Instrumente eingebrachten Milzbrandsporen durch 
trockene, heiBe Luft von nur 100° abgetStet worden sein, was aber dem 
widerspricht, was wir bisher aber die geringe Desinfektionskraft trockener 
Luft einerseits und aber die Resistenz von Milzbrandsporen andererseits 
wissen. 

Eine Art von Dampfsterilisierapparaten far elastische Katheter 
moge hier besonders erwahnt werden. Es sind dies diejenigen, welche 
mittels besonderer Vorrichtungen den Dampf durch das 
Katheterlumen hindurchleiten. Farkas hat hierzu einen 
kleinen, am oberen Ende konisch zugespitzten Metallkessel konstruiert, 
der mit warmem Wasser gefOllt und von unten angeheizt wird. Der 
Katheter wird mit dem oberen Ende auf die offene konische Spitze des 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


Metallkessels aufgesetzt, so daft der Dampf, der entwickelt wird, durch 
das Lumen des Katheters hindurchstreichen muft und an dessen unterem 
Ende (Auge) entweichen kann; fttr Desinfektion der Auftenflache der 
Instrumente begnfigt sich Farkas mit Abwischen mittels Alkobol 
und Abspfilen durch 3-proz. BorsSurelflsung. Kutner, Grosglik, 
Ruprecht haben darauf aufmerksam gemacht, daft bei der Farkas- 
schen Methode der Wasserdampf sich bis zur Unwirksamkeit abkfihlt 
und kondensiert, ehe er noch den ganzen Katheter durchstrflmt hat (in 
ein hohles Schnabelende wflrde er kaum eindringen), w&hrend die Steri¬ 
lisation der flufteren Katheterfl&che auch nicht genttgend ist. — Andere 
Apparate, bei denen der Dampf, ohne sich abkiihlen zu kSnnen, eben- 
falls die Innenfiflche des Katheters durchstromen muft, aber erst dann 
abgeleitet (und abgektthlt) wird, nachdem er auch (vorher oder nachher) 
dessen Auftenflache sterilisiert hat, sind von Kutner, Frank, Gros¬ 
glik, Ehrmann, Mttller, Dreuw angegeben. Eine solche „un- 
begrflndete Komplikation der Sterilisationstechnik“ (Ruprecht) er- 
scheint aber Qberflflssig (Alapy), weil ja auch in einem gewShnlichen 
Dampftopfe ohne eine derartige besondere Vorrichtung und ohne daft 
deshalb die Sterilisationsdauer verlangert wflrde, der gesattigte Wasser¬ 
dampf mit Leichtigkeit das Katheterlumen durchstreicht. Auch ein im 
Lumen zurflckgebliebenes Gerinnsel wflrde, selbst bei engen Instru- 
menten, der Durchdringungsfahigkeit des Dampfes kein Hindernis ent- 
gegensetzen. 

Die zum Sterilisieren der Katheter im strttmenden Wasserdampfe 
nfltige Zeit wird verschieden angegeben. Fttr die Praxis fordert Ru¬ 
precht 3—4 Minuten. Grosglik fand Staphylococcus albus 
und aureus an Kathetern in 5 Minuten abgetdtet Nach Kutner 
sind die Instrumente in 6—7 Minuten vollig steril. — Auch diese Zeit 
wflre noch nicht genflgend, um z. B. Milzbrandsporen von der Resistenz- 
fahigkeit, wie sie Strehl verwandt hat (Sterilisation erst nach 8 Mi¬ 
nuten langer Einwirkung des strdmenden Dampfes) abzutdten. Mfiller 
hat mit seiner Methode, die er fttr „sehr rasch und absolut sicher“ 
halt, „in 7—10 Minuten Keimfreiheit erzielt u . Grosse fand in seinem 
Apparate, der keine spezielle Vorrichtung zum Durchstrdmenlassen des 
Dampfes durch das Lumen der Katheter hat, in derselben Zeit (Maxi¬ 
mum 10 Minuten) Staphylococcus pyogenes aureus, mit dem 
er die Katheter infiziert hatte, abgetfltet. Grosglik, Alapy for- 
dern 15 Minuten fttr die Praxis; letzterer hat Milzbrandsporen an Ka¬ 
thetern nach 15 Minuten langem Aufenthalte im strflmenden Dampfe 
nicht mehr zum Auskeimen bringen kttnnen. Nach Goldberg macht 
1 / i —Vs’Stflndiges Verweilen im Dampfe von 100° die Katheter steril. 
Miskhailoff verlangt 20 Minuten zur sicheren Abtotung von Krank- 
heitskeimen. Dagegen fordern Freudenberg 8 /i Stunde und Casper 
sogar 2 Stunden Dampfsterilisation. 

Es unterliegt keinem Zweifel, daft eine derartig durchgefflhrte Steri¬ 
lisation die Katheter am sichersten aseptisch machen wflrde, wenn der¬ 
selben nicht ein erheblicher Nachteil anhaftete. Es ist dies die SchSdi- 
gung, welche die Katheter im strflmenden Wasserdampfe erleiden(Mac 
Lennan, Hock, Kfimmell, Heusner). Posner und Frank 
fanden ZerstSrung der inneren Lackschicht; Katzenstein, der nach 
Kutner mit dessen Apparat Versuche angestellt hat, fand Katheter 
„aus bestem franzosischen Seidengespinst“ nach 2-, hochstens 3maliger 
Dampf desinfektion „unbrauchbar“. Aehnliche Mifterfolge mit demselben 


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Sittler, Die Sterilisation elastiscber Katheter. 


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Apparate hatte auch Mankiewicz. Bei den Versucben von Ruprecht 
zeigten einige Katheter „gleich nach dem ersten Versuche Risse und 
Sprflnge an der Spitze“, andere blieben glatt, wShrend „der Glanz etwas 
stumpfer wurde 4 *, wieder andere wurden bei taglichem Sterilisieren w&h- 
rend weniger Minuten erst nach ca. 2-3 Monaten „rissig in der Lack- 
schicht“. Auch Grosse, der die Dampfsterilisation bei 100° als un- 
schidlich empfiehlt, sah im gespannten Dampf von 120° nach */» Stunde 
Katheter „stark klebend und stark rissig werden 44 . 

Alapy, Casper und Freudenberg raten, die Katheter, in FlieB- 
papier Oder Tttcher eingewickelt in den Dampfapparat zu bringen, teils 
urn zu vermeiden, daB sie beim Abkiihlen im geschlossenen Apparate 
eine Schadigung durch das Kondenswasser erleiden, oder um ein Zu- 
sammenkleben der Instrumente zu verhindern. 

Mit obigem decken sich auch meine Erfahrungen. Mehrere 
ungebrauchte Katheter (Slteren Fabrikats), welche w ah rend 20 Minuten im 
strbmenden Wasserdampfe sterilisiert wurden, waren s&mtlich beim Her- 
ausnehmen aus dem Dampfapparate viel weicher als vorher und 
sehr stark klebrig, an zweien war ein Teil der BuBeren Lackschicht 
flflssig geworden und, der Schwere folgend, etwas verlaufen. (DaB das 
Klebrigwerden durch Einwickeln der Instrumente in Papier nicht ver- 
mieden werden kann, liegt auf der Hand.) Katheter neueren Fabrikats 
wurden nach dem Verweilen im Dampf nur wenig klebrig, aber be- 
deutend weicher und briichiger, so daB beim Anfassen 
oder Biegen sehr leicht Risse der oberfl&chlichen Lack¬ 
schicht entstanden. — Diese VerSnderungen glichen sich innerhalb 
der n&chsten 24 Stunden zum Teil wieder aus. 

Dafi somit, in Anbetracht der schnellen SchBdigung 
und des hierdurch bedingten Mehrverbrauchs der Ka¬ 
theter, diese Dampfsterilisiermethode in der allgemeinen 
Praxis kaum anwendbar ist, ist einleuchtend. 

Es sei an dieser Stelle nur noch kurz auf einen Fehler hingewiesen, 
der sich bei bakteriologischen Versuchen mit Kathetern, die im Dampf 
sterilisiert waren, leicht einschleicht und, soviet ich Bbersehen kann, 
auch bei den Untersuchungen der vorher zitierten Autoren nicht ge- 
ntigend berficksichtigt ist. — Wenn man die Katheter — nachdem sie 
sich abgekflhlt haben — direkt aus dem Dampfapparat in Bouillon 
bringt, so Ibsen sich in der Bouillon Lackteile des Katheters auf, die 
ihr eine geringe entwickelungshemmende Wirkung, Bakterien gegenflber, 
verleihen. 

Versuch: Eine Bouillonrbhre, in der sich ein Katheter befand, 
der 45 Minuten im Dampfe bei 100° verweilt hatte, zeigte, mit Sta¬ 
phylococcus pyogenes aureus geimpft, zwar nach 24 Stunden 
Briittemperatur eine durch Staphylokokkenentwickelung bedingte Tril- 
bung, die aber viel schw&cher war als in einer mit der gleichen Oese 
geimpften Kontrollrbhre, welche keine Lackbestandteile enthielt. Auch 
nachdem die Bouillonrbhre mit dem Katheter weitere 10 Tage bei 
Zimmertemperatur (w&hrend des Hochsommers) gestanden hatte, er- 
reichte die Stfirke der Trflbung nicht diejenige der gleichbehandelten 
Kontrolle. Ein weiterer Katheter, der ebenfalls 45 Minuten im strbmen- 
den Dampfe sterilisiert war, wurde nach dem Abkflhlen in Bouillon ge- 
bracht, die einen Milzbrandsporenfaden enthielt (an Seidenfftden ange- 
trocknete, sporenhaltige Milzbrandbouillon-Aufschwemmung). Wahrend 
nun ein Kontrollfaden schon nach 24 Stunden im Brfltschranke starkes 


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760 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6 . 

Wachstum zeigte, war an der Bouillonrohre, in die der Katheter tauchte, 
auch nach 5 Tagen Brtit- und weiteren 5 Tagen Zimmertemperatur 
nicht das geringste Wachstum zu bemerken. Demgegenuber lieB 
sich bei Kathetern, welche, ohne irgend welche Vorbehandlung (Dampf, 
Kochen etc.) erfahren zu haben, in frisch mit Staphy 1 ococcus pyo- 
geines aureus oder Bacillus prodigiosus geimpfte Bouillon ge- 
bracht wurden, eine derartige entwickelungshemmende Wirkung im Ver- 
gleich zu den Kontrollrdhren nicht nachweisen; hochstens daB ein 
Milzbrandsporenfaden in der Bouillon, in der sich der (nicht im Dampf 
gewesene) Katheter befand, etwas weniger kraftig auswuchs als der 
Kontrollfaden. Sporen von Bacillus mesentericus vulgatus 
wurden durch Katheter, welche w&hrend 45 Minuten im strbraenden 
Dampfe gewesen waren, fast nicht in ihrer Entwickelung gehindert. 

Zu den obigen wie auch zu meinen sp&teren Versuchen wurden die 
gewohnlichen Bouillonrohren verwandt, in die der Katheter mit dem 
unteren Ende (Auge) derart eintauchte, daB er etwa in einer Lange von 
5 cm von Bouillon umspiilt war, die auch in das Lumen eindringen 
konnte, wahrend das obere Katheterende neben dem Wattepfropf aus 
dem Reagenzglase herausragte, aber nach unten umgebogen wurde, so 
daB eine Luftinfektion (durch das Katheterlumen hindurch) ausge- 
schlossen war. 

Als letzte der physikalischen Sterilisationsmethoden muB das 
Kochen der Katheter genannt werden, das sich wegen seiner Ein- 
fachheit in der Praxis mehr Anh&nger erworben hat ads die Dampf- 
sterilisation. Fflr das Auskochen der Instrumente in gewohnlichem 
Wasser sind eingetreten Duchastelet, Guyon, Nicoll, Herring, 
Nancvede und Hutchings, Tscherning, Goldschmidt, Hirt, 
Goldberg. Der letztere Autor hat daneben auch das Kochen in 
Borsaurelosung empfohlen, um dann die Katheter in derselben LSsung, 
die zum Kochen gedient hat, aseptisch aufbewahren zu kSnnen. Die 
zum Sterilisieren erforderliche Zeit wird von Guyon, Nicoll und 
Goldberg auf 5—10—15 Minuten angegeben. 

Wahrend Goldberg, der mit Seidenkathetern ganz neuen Fabri- 
kates arbeitete, behauptet, daB gute Instrumente das Kochen 30—50mal 
und mehr aushalten, wird dem Verfahren von verschiedenen anderen 
Seiten der Vorwurf gemacht, daB es die Katheter noch mehr schSdige 
als der stromende Wasserdampf. Nach Grosglik verderben „selbst 
die besten Sorten von elastischen Instrumenten ... in siedendem Wasser 
volltandig“. Kutner fand, daB die Katheter ihre Elastizitat verloren 
und Risse und Sprunge bekamen. Ebenso meint Stein, daB elastische 
Katheter gewohnliches siedendes Wasser „selten lBngere Zeit hindurch, 
ohne Briichigkeiten, Unebenheiten und selbst Sprilnge im Lackuberzuge 
aufzuweisen“, ertragen konnen. Dasselbe beobachteten Warden, Her¬ 
man, Verhoogen undHeusner. Gegen das Kochen sprechen sich 
auch aus Albarran, Posner und Frank, Leven, Huldschiner, 
Mac Lennan, Hock. 

Claudius hat zur Vermeidung der oben erw&hnten Nachteile des 
gewohnlichen Wassers, dessen Anwendung er vollstandig verwirft, das 
Kochen der Katheter in einer konzentrierten Kochsalzlosung 
(4 NaCl: 10 Wasser) eingefuhrt, wodurch innerhalb 2 Minuten die Ka¬ 
theter sterilisiert wiirden. Dieser Empfehlung haben sich Cauchois, 
der statt NaCl auch KC1 verwendet, Verhoogen und Cotton ange- 
schlossen. 


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Sittler, Die Sterilisation elasdscber Katbeter. 


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Eine grSfiere Verbreitung hat aber diese Methode nicht gefunden, 
wohl deshalb, weil zu gleicher Zeit ein anderes, besseres Vemhren in 
Gebrauch kara, das Kochen in konzentrierterAmmonsulfat- 
lOsung (3 Teile: 5 Teilen Wasser), wie es analog schon vorher zur 
Catgutsterilisation angegeben worden war. Nach Herman sind Ka- 
theter nach 3—5 Minaten langem Kochen in dieser Ldsung steril, und 
machen die mit dem Instrument eventuell in die Urethra eingebrachtep 
Ammonsnlfatteilchen keine Reizung der SchleimhauL KQmmell fand 
nach 2 Minuten langem Kochen Katheter und Ureterenkatheter, die er 
mit Streptokokken, Bacterium coli und Harnbakterien infiziert hatte, 
vollig steril. Die Instrumente zeigten keine Ver&nderung ihrer Ober- 
flache, wie man sie beim Kochen in gewdhnlichem Wasser findet Fflr 
die Praxis sei eine Sterilisationsdauer von 5—10 Minuten ausreichend. 
Zu Gunsten dieses Verfahrens haben sich weiterhin ausgesprochen GOrl, 
Mankiewicz, Heusner, ferner Cauchois, Cotton, welch letz- 
tere es der vorigen Methode gleichstellen. Heusner hat behauptet, 
daB auch ein 9—12-stflndiges Kochen in Ammonsulfatlbsung die Ka¬ 
theter nicht angreife, wahrend die gleiche Behandlung mit Bors&ure- 
oder konzentrierter Kochsalzlosung schadigend wirke (allerdings weniger 
als Kochen in gewflhnlichem Wasser). Auch das Kochen in 20- 
proz. Zuckerlosung und Sterilisieren in Paraffinura liqui- 
dum (bei 95—97° im Wasserbade) wird von den Instrumenten nach 
Heusner sehr gut ertragen. — Casper, der dem Auskochen in 
Ammonsulfatldsung neben der Dampfsterilisation vor alien anderen Ver- 
fabren den Vorzug gibt, macht darauf aufmerksam, daB Ammonsulfat 
„bei wiederholtem Kochen" die Katheter weich und unansehnlich mache. 

Auf einen sehr ins Gewicht fallenden Nachteil, der samtlichen Koch- 
methoden anhaftet, hat schon Albarran hingewiesen. Katheter, an 
denen Eiterharn angetrocknet ist, werden auch durch l / a -stQndiges 
Kochen nicht sicher sterilisiert; nur wenn die Katheter vorher mit 70- 
proz. Alkohol und 1-promill. Sublimatlflsung durchspiilt und abgewaschen 
seien, gentige 20 Minuten langes Kochen zur Sterilisation. Nach Guvon 
kann langere Berflhrung infizierter Instrumente mit Gleitmitteln (Oel, 
Vaseline) das Sterilisieren durch 5—10 Minuten langes Kochen unwirk- 
sam machen, auch wenn dem Kochen eine mechanische Reinigung voran- 
gegangen ist. Auch Kutner ist der Ansicht, daB halbweiche und weiche 
Katheter durch kurzdauerndes Auskochen in ihrem Lumen nicht immer 
sicher sterilisiert werden. Goldberg fand, daB Katheter, die „l8ngere 
Zeit u in Eiterharnen gelegen hatten, nach 5 Minuten langem Kochen in 
25 Proz. der F&lle nicht steril waren, wahrend fflr „eingefettete und 
eingefllte, nicht gereinigte, in ein Gemisch von alten stinkenden Eiter- 
barnen fflr lflngere Zeit hineingelegte Katheter" nach 7 Vs Minuten 
langem Auskochen nur in 72 Proz. der FSIle sich eine vollst&ndige Ab- 
totung der Keime erreichen liefi; dagegen wurden mit Bouillonkulturen 
von Staphylococcus pyogenes aureus infizierte Instrumente beim 
Kochen in 5 Minuten immer steril. — Diese Beobachtungen widersprechen 
dermaBen den bisherigen Erfahrungen flber die Wirkung des Kochens, 
daB ein Zweifel an den Resultaten kaum unterdrflckt werden kann. 
Auch Ruprecht spricht sich „nach seinen Erfahrungen" flhnlich aus. — 
Da ein solcher MiBerfolg des Auskochens (unter Annahme der Richtig- 
keit obiger Versuche) wohl nur mit der FILllung der EiweiBsubstanzen im 
Eiter (Schutz der so eingeschlossenen Keime vor der Hitzeeinwirkung) 
allein erkl&rlich sein kOnnte (K u t n e r), so muB er beim Kochen in kon- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


zentrierten Kochsalz- oder Ammonsulfatlflsungen, die ja ausgesprochene 
EiweiBfailungsmittel sind, noch viel starker hervortreten. 

Eigene Versuche zur Prflfang der Eathetersterilisation mittels der 
verschiedenen Kochmethoden. 

Erste Versuchsreihe. 

15 ungebrauchte teils rote, teils schwarze Seidenkatheter (alteren 
Fabrikats), welche y 4 Stunde im strdmenden Dampfe sterilisiert waren, 
warden, nachdem sie sich abgekflhlt hatten, wahrend 20 Standen in je 
einer Bouillonrflhre einer eintagigen Kultur von Bacterium coli bei 
37° aufbewahrt. Die betreffende Coli-Kultur war, aus Stahl isoliert, 
von einer raodifizierten Endoplatte (vgl. Klinger) abgeimpft und mittels 
Neutralrot-Traubenzuckeragar (Gasbildnng und Fluoreszenz), Lackmus- 
molke (Rotung), Milch (Gerinnung) und beider von Barsiekow an- 
gegebenen Nahrboden (Kaseinfailung) auf ihre Identitat geprQft Die 
Katheter tauchten dabei, wie oben beschrieben, mit ihrem unteren Ende 
(Auge) in einer H5he von ca. 5 cm in die Bouillon, die auch durch das 
Auge nach dem Gesetze der kommunizierenden Rohren (bei dflnnen In- 
strumenten nach dem der Kapillaritat) in das Lumen aufsteigen rauBte. 
Ebenso wurden die Katheter nach Beendigung des Sterilisationsversuchs 
wieder in frische Bouillon zuriickgebracht, so dafi immer der ganze in- 
fizierte Teil wieder mit dem frischen Nahrmedium in Koutakt kam. Mit 
dieser Versuchsanordnung stehe ich im Gegensatze zu einer der Forde- 
rungen Goldbergs, deren Berechtigung ich aber nicht anerkennen 
kann, in welcher er verlangt, daB der ganze Katheter in die infizierende 
Flflssigkeit und infolgedessen auch nach der Sterilisation wieder ganz in 
das frische Nahrmedium eingetaucht werden mQsse. Nachdem die infi- 
zierten Katheter aus den Coli-Bouillonrflhren herausgenommen und 
wfihrend 6 Stunden im Brfitschranke getrocknet waren, wurden damit 
die folgenden Kochversuche angestellt; dabei befanden sich die Koch- 
flflssigkeiten in Becherglhsern, in welche die Katheter mit den infizierten 
Enden eintauchten, so daB die Instrumente bis zu einer Hflhe von ca. 
12 cm von der Flflssigkeit umspfllt wurden. — Die Nahrmedien wurden 
in diesem wie in den spateren Versuchen, falls keine anderen Angaben 
gemacht sind, wahrend der angegebenen Zeit im Brfltschrank bei einer 
Temperatur von 37° aufbewahrt. 

1) Verbringen dreier Katheter in gewflhnliches kochendes (Wasser- 
leitun gs-)Wasser; nach 5, 10 und 15 Minuten wird je ein Katheter 
herausgenommen und sofort in eine frische, sterile Bouillonrflhre ge- 
bracht; die Katheter sind nach dem Kocheu nicht klebrig wie beim 
Herausnehmen aus dem Dampfapparate. A lie 3 Rflhren werden nach 
3 Tagen trflb mit Kahmhautbildung. Abimpfung von der trflben Bouillon 
auf Agarstrichrflhren ergibt kein Bacterium coli, sondern Rein- 
kulturen von Bacillus mesentericus vulgatus. Auch bei etlichen 
der folgenden Versuche hatte ich gegen Verunreinigung mit diesem 
Mikroorganismus anzukampfen (vgl. Ruprecht, Goldberg), dessen 
Sporen, wie mir ein Versuch zeigte, sich weder durch einstflndiges Ver- 
weilen im Wasserbade bei 100° noch durch einen ebenso langen Aufent- 
halt im strflmenden Dampfe abtoten lieBen (siehe unten). (Ob diese 
Verunreinigung durch das verwandte Wasserleitungswasser [vgl. Kayser] 
oder durch Staub an die Katheter gekommen ist, habe ich nicht weiter 
untersucht.) Infolgedessen war ich einige Male gezwuugen, urn zu ein- 


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Sit tier, Die Sterilisation elastischer Katheter. 


763 


deutigen Resultaten zn gelangen, von den gebrauchten Bouillonrdhren 
noch Kulturplatten anzulegen. 

2) Ein Katheter bleibt 2 Minuten in 1-proz. kochenderSoda- 
Idsung, wird dann in steriler Bouillon abgewaschen und in eine frische 
Bouillonrdhre gebracht; nach 3 Tagen ist dieselbe klar und zeigt aueh 
im mikroskopischen Pr&parat keine Bakterien. 

3) Ein Katheter, der 1 Minute lang in 2-proz. Sodaldsung ab- 
gekocht, dann in steriler Bouillon abgespfilt war, ergrbt, in frische 
Bouillon gebracht und nach 3 Tagen auf Agar abgeimpft, ebenfalls kein 
Wachstum yon Bacterium coli. 

4) Drei Bouillonrdhren mit Kathetern, die je 1, 5 und 10 Minuten 
in kochender Ammonsulfatldsung (3 Teile ges&ttigteAmmonsulfat¬ 
ldsung auf 5 Teile Wasser) gewesen, sind nach 3 Tagen ganz klar 
und zeigen im mikroskopischen Pr&parate keine Bakterien. 

5) Zwei Katheter werden je 1 und 2 Minuten in gesftttigter 
L8sung von Ammonsulfat gekocht, in steriler Bouillon abgespfilt 
und auf 3 resp. 4 Tage in frische Bouillon gebracht; danach Abimpfung 
von den Rdhren auf Agarstrich. Samtliche RShren bleiben frei von 
Bacterium coli. 

6) Ein Katheter wird w&hrend 2 Minuten in 1-proz. Bors&ure- 
ldsung, ein anderer Katheter w&hrend 1 Minute in 3-proz. Bor- 
sfiurelosung gekocht und 2 Tage in Bouillon gebracht; Abimpfungen 
von beiden Bouillonrdhren nach dieser Zeit auf Agar ergeben kein 
Wachstum von Bacterium coli. 

7) Ein Katheter wird w&hrend 1 Minute in Kochsalzldsung 
(4 NaCl: 10 Wasser) gekocht und 2 Tage lang in Bouillon gebracht; 
danach Abimpfung auf Agar, auf dem kein Bacterium coli w&chst. 

8) Zwei Katheter in Kochsalzldsnng (4:10), je & und 10 Mi¬ 
nuten gekocht und in Bouillon gebracht, machen nach 2 Tagen keine 
Trfibung der beiden Rdhren. Mikroskopisch finden sich keine 
Bakterien. 

Am Ende dieser Versuche ist kein einziger von den 
Kathetern unver&ndert geblieben. Die Katheterenden 
sind, grdBtenteils durch das Verweilen in der Bouillon, 
zum Teil aber auch durch das Kochen verf&rbt, die 
SuBere Lackschicht ist an alien Kathetern warzig oder 
auch runzelig gequollen, an einigen sehr stark, so daB 
sich davon geringe Trfibungen in der Bouillon bildeten. 

Diese gequollenen Katheter scheinen ebenfalls auf Mikroorganismen 
einen geringen entwickelungshemmenden EinfluB auszuflben (auf Kar- 
toffelbacillensporen wirkten sie kaum ein), denn eine Bouillon, mit 
einem Katheter ca. & Minuten fiber dem Bunsenbrenner erhitzt und 
nach dem Abkfihlen mit einem Milzbrandsporenfaden geimpft, zeigte 
nach 2 Tagen noch keine Bakterienentwickelung (Lackaufldsung). Nach- 
dem der Katheter entfernt und nach 2 weiteren Tagen kein Wachstum 
eingetreten war, wurde der Faden auf Agar gebracht, auf dem sich 
innerhalb 24 Stunden eine groBe Milzbrandkolonie entwickelte, die im 
mikroskopischen Pr&parate typische Bacillenf&den erkennen lieB. 

Zweite Versuchsreihe. 

12 ungebrauchte Katheter (ftlteren Fabrikates) werden w&hrend 
20 Minuten im strdmenden Dampf sterilisiert und nach dem Trocknen 
zur Prfifung ihrer Sterilit&t auf 24 Stunden in Bouillonrdhren gebracht, 


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welche klar bleiben. Aus der Bouillon koramen die Katheter auf 2 Tage 
bei 37° in 24-stflndige Typhusbouillonkulturen, die, von einer modifi- 
zierten Endoplatte abgeirapft, durch Immunserum von 1 : 1000 aggluti- 
niert wurden und kontrolliert waren durch Wachstum auf Milch = 
keine Gerinnung, Lackmusmolke = keine Saurebildung, Neutralrot- 
Traubenzuckeragar = keine Gasbildung, keine Fluoreszenz, N&hrboden 
von Barsiekow mit Traubenzucker = geringe F&llung, N&hrboden von 
Barsiekow mit Milchzucker = keine F&llung. Die Katheter werden 
nach dem Herausnehmen aus der Typhusbouillon w&hrend 24 Stunden 
im BrOtschranke getrocknet und zu folgenden Kochversuchen, mit der- 
selben Anordnung wie in den vorhergehenden Versuchen, verwandt: 

Je ein Katheter wird gekocht w&hrend 5, 10 und 15 Minuten in 
gewdhnlichem Wasser, 2 Minuten in 1-proz. und 1 Minute in 2-proz. 
Sodaldsung, 1 und 5 Minuten in Ammonsulfatldsung (3 ges&ttigte L6- 
sung: 5 Wasser), 2 Minuten in 1-proz. und 1 Minute in 3-proz. Bor- 
s&ureldsung, 1, 2 und 5 Minnten in Kochsalzlosung (4 :10). Nach dem 
Kochen werden samtliche Katheter (mit Ausnahme der in Wasser ge- 
kochten) in steriler Bouillon abgespult und auf 24 Stunden in frische 
Bouillon gebracht Danach werden von den Bouillonr&hren Endoplatten 
angelegt, nur bei den 3 Kathetern, die 10 Minuten in Wasser, 1 Minute 
in 2-proz. Soda- und 5 Minuten in Kochsalzlosung gekocht waren, wird 
von der Bouillon auf Agarstrich abgeimpft. Weder auf denPlatten 
noch auf dem Agar gingen Typhuskolonieen auf. Die Agar- 
rohre, welche mit der Bouillon beimpft war, deren Katheter 5 Minuten 
in NaCl-LOsung gekocht hatte, zeigte eine makroskopisch verd&chtige 
Kolonie, die sich aber mikroskopisch als aus Kokken bestehend erwies. 

Bei diesen Versuchen habe ich speziell auf die Ver&nderungen 
geachtet, welche die noch intakten Katheterteile durch 
das Kochen erlitten haben: Die oberfl&chliche Lackschicht quoll 
auf am st&rksten in den Sodalbsungen, wo sie sich teilweise sogar ab- 
ldste, demn&chst bei den Bors&ureldsungen und dem gew5hnlichen 
Wasser, wo die Katheter runzelig oder warzig aussahen; auch in der 
Kochsalzldsung quoll der Lack etwas und die Katheter wurden so weich, 
dafi 2 davon im Becherglase w&hrend des Kochens einknickten. In der 
Ammonsulfatlosung war bei einem Instrumente der Lack an den ge- 
kochten Stellen nur schwach runzelig abgehoben, w&hrend das andere 
allein von alien verwandten Kathetern unver&ndert blieb. 
— (An den von Bouillon umspQlten Stellen war der der Lack ober- 
fl&chlich noch viel st&rker zerstort.) — 

Bei einem ungebrauchten Katheter (&Iteren Fabrikats), den ich w&h¬ 
rend ca. */ 4 Stunde in Wasserleitungswasser gekocht hatte, fand ich die 
obere Lackschicht stark gelblich verf&rbt, blasig abgehoben und die 
Decke der entstandenen Blasen teilweise eingerissen; der Katheter war 
sehr weich und brQchig geworden, so daB das untere Ende bei geringem 
Driicken zerbracb. Auch ein ungebrauchter Katheter neueren Fabrikats, 
der nach V 4 Stunde kaura irgend welche Ver&nderung zeigte, wurde nach 
^j-stflndigem Kochen sehr erheblich gesch&digt. — 

Die obigen Befunde haben zwar die Moglichkeit dargetan, an Ka¬ 
thetern innerhalb kurzer Zeit durch Kochen vegetative Bakterienformen 
abzutoten, aber die schnelle Sch&digung, welche die Instru¬ 
mente beim Kochen erleiden, mufi naturgem&fi einer a 11- 
gemeinen Verbreitung dieter Methode trotz ihrer Ein- 
fachheit hindernd im Wege stehen. 


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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter. 


765 


III. 

Die Sch&digung der Seidengeflechtskatheter durch die physikalischen 
Sterilisationsmethoden, neben dem Wunsche each einem mOglichst ein- 
fachen Verfahren, hat schon frfih den AnlaB gegeben, eine AbtOtung der 
Eeime an Eathetern durch chemische Desinfektionsmittel zu versuchen. 
Schon Schimmelbusch sah sich genOtigt, das Lumen, das er nicht 
durch Abreiben sSubern konnte, wie die Katheteroberflache, mittels 
Durchspritzen warmer Sublimat- Oder EarbollOsungen zu reinigen. Vor 
ihm hatte auch Englisch antiseptische LOsungen angewandt; ahnlich 
Tuffier. Das am meisten gebrauchte Antiseptikum war eine 1-prom. 
Sublimatlosung in Wasser (Tuffier, Mflller, Nicoll, Stein). Na- 
tfirlich muB der Anwendung des Sublimats eine sorgfaltige mechanische 
Reinigung des Eatheters vorangehen, weil am Instrument zurflckbleibende 
eiweiBhaltige Substanzen (Eiter, Blut, Schleim, eiweiBhaltiger Urin), 
infolge der Fallung durch das Sublimat, die Eeime vor der Einwirkung 
des Desinficiens gerade schtitzen wflrden, wShrend ein alkalischer Urin 
das ausgefallte EiweiB, und damit die eingeschlossenen Mikroorganismen 
mit Leichtigkeit wieder in LOsung bringen kOnnte. — In der 1-prom. 
Sublimatlosung sollten die Eatheter ca. '/* Stunde liegen bleiben. 
Desnos verwandte eine 1-proz. Sublimatldsung, lieB die Instrumente 
darin nur kurze Zeit und legte sie dann auf l&ngere Zeit in 5-proz. 
BorsfiurelOsung. Andere Autoren haben 3—5-proz. EarbollOsungen an¬ 
gewandt (Novotny, Nicoll). Von Guy on ist auch (als weniger 
sch&dlich ffir die Instrumente wie andere Antiseptika) Argentum nitricum 
in einer Eonzentration von 1:1000 empfohlen worden; Erogius und 
Chydenius wollen mit 2-prom. AgNO s -LOsungen Eatheter in 1 Stunde 
„sicher u sterilisiert haben, allerdings nur dann, wenn dieselben fettfrei 
waren, wfthrend Guiard eine 1-proz. LOsung dieser Substanz angewandt 
wissen will, um die Eeime an Eathetern zuverlfissig abzutOten. Bar- 
low hat von 6 verschiedenen Desinfektionsmitteln (Lysol, Ereolin, Chlor- 
wasser, Earbols&ure, Sublimat, Argentum nitricum), die er in ver¬ 
schiedenen Eonzentrationen auf Eatheter einwirken lieB, die mit Sta¬ 
phylococcus pyogenes aureus infiziert waren, nur die zwei 
letzteren (Sublimat und Argentum nitricum) ohne erheblicheren Schaden 
fQr die Instrumente verwenden kOnnen; und diese Substanzen waren 
nur wirksam, wenn die Eatheter vorher nicht mit Paraffin oder Fett 
(sondern mit Glycerin) schlflpfrig gemacht waren, und das Zurfickbleiben 
von Luftblasen im Lumen mittels Durchspritzen des Desinficiens durch 
den Eatheter sorgf&ltig verhfitet wurde. Dieselbe Beobachtung machte 
DelagOni&re, der enge infizierte Eatheter, die er ohne weiteres in 
1-prom. Sublimatlosung legte, noch nach 12, 24 und 30 Stunden keim- 
haltig fand. Grosglik hat dfinne Seidenkatheter mit vegetativen 
Bakterienformen infiziert und, nachdem er sie 5—10 Minuten sorgf&ltig 
abgeseift, unter einen Wasserleitungsstrom gebracht und 20—30 Mi¬ 
nuten in 1-prom. Sublimatlosung gelegt hatte, nicht steril gefunden 
(2 Bougies wurden durch diese Behandlung steril); die Eatheter waren 
auch dann nicht steril, wenn noch die Sublimatlosung mit „steriler 
Spritze“ 3—5mal durch das Lumen hindurchgetrieben worden war. Auch 
15 Minuten langes Verweilen in 1-proz. Sublimatlosung sterilisiert Ea¬ 
theter nicht (Fourcault). Durch Reinigen und Durchspritzen mit 
Alkohol und 1-prom. Sublimatlosung konnte Fourcault Eatheter nicht 
keimfrei machen; ebenso Alapy. Oben ist schon kurz erw&hnt, daB 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6. 


von Posner and Frank an Seidenkathetern, welche durch „Abseifen 
und DurchspGlen nach dem Gebrancbe, Aufbewahren in trockener Gaze, 
vor dem erneuten Gebrauche Einlegen in Karbol- Oder LysollOsungen" 
gereinigt waren, dieselben Keime nachgewiesen werden 
konnten wie im Harn der Kranken, welche die betreffen- 
den Instrumente vorher gebraucht hatten, „obwohl die Ka- 
theter erst lange (bis zu 14 Tagen) nach dem letzten Gebrauche" unter- 
sucht wurden. Aehnlich spricht sich Heusner aus. Nach LOb werden 
Katheter mit angetrocknetem Eiter und mit angetrockneten Milzbrand- 
sporen auch bei 48-stflndiger Einwirkung von 1-prom. Quecksilbercyanid- 
lOsung noch nicht steril; dieselbe LOsung mufite gebrauchte Ureteren- 
katheter w&hrend 24 Stunden durchfliefien, um ihr Lumen steril zu 
machen. 

Ein anderer ebenso schwerwiegender Grund gegen die Anwendung 
der chemischen Katheterdesinfektion ist der, daft sSmtliche ge- 
brfiuchlichen Desinfektionsmittel — auch Sublimat und 
Argentum nitricum — die elastischen Katheter mehr oder 
weniger schnell zerstOren. Die oberfl&chliche Lackschicht auch 
der ganz neuen Instrumente wird bald unansehnlich, klebrig und rauh, 
dadurch, dafi der Lack aufquillt, rissig und schliefilich zerstOrt wird 
(DelagOniOre, Poncet, Alapy, Albarran, Gflterbock, 
Schimmelbusch, Fourcault, Posner und Frank, Kutner, 
Huldschiner, Warden, MacLennan, LOb, Mankiewicz, 
Philip, Goldberg). Im Obrigen sei noch darauf hingewiesen, dafi 
zur Vermeidung einer Reizung der Urethra durch die zur Desinfektion 
der Katheter angewandten chemischen Substanzen (Guyon, Grosglik) 
eine Abspulung der Instrumente in sterilem Wasser vor ihrem Ge¬ 
brauche nOtig wird, dafi also die scheinbar einfachere chemische Des- 
infektionsmethode die Anwendung eines Kochtopfes keineswegs flber- 
fltissig macht. 

Zur Vermeidung dieser beiden Uebelst&nde hat L. Wolff versucht, 
statt der w&sserigen Losungen der verschibdenen Antiseptika Glycerin- 
10sungen zu verwenden, und gefunden, n dafi Instrumente (d. b. 
elastische Seiden- und Gummikatheter) nach jahrelanger Einwirkung 
von Bor-, Formalin- oder Sublimatglycerin, mit und ohne Wasserzus&tze, 
ihre Geschmeidigkeit und Oberflachenbeschaffenheit noch besitzen, 
wfihrend andere, die trocken aufbewahrt waren, hart und brQchig ge- 
worden sind“. Weil nun antiseptische Ldsungen erst mit fiber 50 Proz. 
Glyceringehalt eine schw&chere keimtdtende Wirkung als entsprechende 
wSsserige Ldsungen haben sollen, und 10-proz. Borglycerin noch in 
24 Stunden Streptococcus pyogenes nicht abgetotet hatte, w&hrend 
er bei Formalinglycerin Reizung der Harnrohre beobachtete, so empfiehlt 
Wolff schliefilich die Anwendung einer 1-prom. Sublimatldsung in 
Glycerin und Wasser zu gleichen Gewichtsteilen. Diese LOsung ver- 
nichtet an Kathetern sporenfreie Mikroorganismen aus Harnsedimenten 
in 6 Stunden, sporenhaltige „spfitestens a in 24 Stunden. Fflr die Praxis 
genuge das Einlegen der Katheter in diese LOsung w&hrend 6 Stunden. 
Eventuell kOnnen die Instrumente in dieser oder einer 2-prom. Sublimat- 
lOsung in Glycerinwasser 5& gekocht werden, wobei in einer Mischung 
von Bacterium coli, Proteus vulgaris, Staphylococcus 
pyogenes, Streptococcus pyogenes und Sporen, womit sie in- 
fiziert waren, innerhalb 2 Minuten sich alle Mikroorganismen als abge¬ 
totet erwiesen (Wolff). — Oefteres Ausfflhren dieser Prozedur sch&digt 


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Sittler, Die Sterilisation elasdscher Katheter. 


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aber die Instrumente (Heusner). — Die bakteriologische Prfifung zu 
den obigen Versuchen hat Wolff folgendermafien gemacht, dafi infizierte 
Katheterstfickchen je 6 und 24 Stunden in dem Sublimatglycerinwasser 
lagen (eventuell 2 Minuten darin gekocht wurden), um nach dieser Zeit — 
von einer chemischen Neutralisation des Sublimats ist nicht die Rede — 
„in Gelatine fibertragen zu werden". „Je 2 gleich behandelten Stfickchen 
wurde ein (sc. in gleicher Weise infiziertes) Kontrollstfick beigegeben, 
das, abgesehen von der langeren Einwirkung des Antiseptikums bei 
jenen, vollkomraen analog behandelt und auch einen Moment in die 
Ldsnng getaucht wurde. u Wenn nun von diesem, „einen Moment 11 
in die antiseptische Ldsung getauchten Katheterstficke Kolonieen aus- 
wuchsen, von den anderen, 6 und 24 Stunden behandelten (oder von 
den gekochten) nicht, so hielt Wolff diese letzteren fflr sterilisiert. 
— Diese Ansicht beruht auf einem Irrtum; ich erinnere nur an den 
bekannten, zuerst von Geppert ausgeffihrten Versuch, wo Milzbrand- 
sporen, die eine kurze Zeit in SubliraatlQsung gelegen hatten, auch ohne 
chemische Entfernung des Sublimats, auf N&hrmedien zur Entwickelung 
kommen, w&hrend Sporen, die linger im selben Antiseptikum 
lagen, nnr dann auswachsen, wenn das Sublimat, vor der Ueber- 
tragung der Keime auf NahrbQden, mittels Schwefelammon ausgef&llt 
war. — Die MQglichkeit, daR sporenhaltiges Material innerhalb 24 Stun¬ 
den in einer 1-prom. SublimatlSsung in Glycerinwasser 5a abgetbtet 
werden kann, soil ja damit nicht bestritten werden, nur die Annahme 
Wolffs, dafi die Keime an den Katheterstficken ebensoviel Sub¬ 
limat aufgenommen haben, ob sie 24 Stunden oder nur „einen Moment" 
im Antiseptikum lagen, ist irrig und h&tte eine chemische Neutrali- 
sierung des Sublimats zu eindeutigeren Resultaten geffihrt. — In der 
Praxis scheint die Wolffsche Methode eine weitere Verbreitung nicht 
gefunden zu haben. 

Die flbrigen Verfahren der Sterilisation auf chemi- 
schem Wege beruhen auf der Verwendung gasfOrmiger Anti- 
septika, welche den Vorteil haben, die elastischen Katheter weniger 
zu schadigen. 

Nicht mehr in Gebrauch ist heutzutage die von ForeauIt em- 
pfohlene Methode der Desinfektion mittels ges&ttigter Queck- 
silberdSmpfe. Katheter, welche in den von metallischem Queck- 
silber entwickelten Dampfen sich befinden, sollen bei 32° innerhalb 
14 Stunden sterilisiert werden. Dagegen fand Guy on, dafi ein 24- 
und 48-stfindiger Aufenthalt in Quecksilberdampfen noch nicht genflge, 
und erst nach 72 Stunden sich eine „sichere Sterilisation" erreichen 
lasse, und zwar bei alten Kathetern etwas frUher als bei neuen (unge- 
brauchten). Grosglik konnte mit Staphylococcus albus und 
aureus infizierte Katheter, die fiber metallischem Quecksilber in einer 
gesflttigten Hg-Atmosphfire hingen, bei gewfihnlicher wie bei Brfittem- 
peratur (33°) nicht einmal in 4—6 Tagen sterilisieren. Desgleichen halt 
Op pier Quecksilberdampfe fflr unzureichend zur Sterilisation von 
Kathetern. (Forts, folgt) 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft to. 


Berichtigung. 

Im Artikel: „Ellermann, Einige Falle yon bakterieiler Nekrose beim Menschen“ 
eteht p. 385 Zeile 20 von unten: 

Diagnose: Scarlatina, Diphtherit. fauc. D. B. 
anstatt 

Diagnose: Scarlatina, Diphtherit. fauc. -r D. B. 


Die Redaktion dee „Centralblatts /Ur Bakteriologie und Parasitenkund 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn 
Lde/erung von besonderen AbdrUcken ihrer Aufsdtxe entweaer bet der Bin? 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u 
wollen oder spdtestens nach Etnpfang der ersten KorrekturabxUge direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fischer tn Jena , gelangen xu lassen. 


Inhalt. 

Bonome, A. , Ueber die Schwankungen Sittler, Paul, Die Sterilisation elastischer 
des Agglutinin- und Prftzipitingehaltes Katheter, p. 752. 

des Blutes wfihrend der Rotzinfektion. SUdmersen, Henry J. f On an infectious 
(SchluB.), p. 732. pneumonia of rabbits and its treatment 

Heyrovsky, J., Ein Beitrag zur Biologic with anti-serum. (SchluB.), p. 713. 
und Agglutination des Diplococcus pneu- Theohari, A. und Babes, A., Ueber ein 
moniae, p. 704. gastrotoxisches Serum, mit einem Studium 

Jancsd, Nikolaus, Der EinfluB der Tern- des Chemismus des Magens und der von 

peratur auf die geschlechtliche Gene- diesem Gastrotoxin veranlaBten histo- 

rationsentwickelung der Malariaparasiten logischen Ver&nderungen, p. 603. 

und auf die experimental^ Malaria- Tiberti, N., Ueber den Transport des 

erkrankung, p. 050. Tetanusgiftes zu den Ruckeninarkg- 

J&rgensen, Axel, Schwankungen des Ag- zentren durch die Nervenfasem. (Forts. 

glutinationsvermOgens des Blutes im Ver- u. SchluB.), p. 625. 

laufe des Typhus abdominalis. (Forts. Waelsch, Ludwig, Ueber einen eigen- 
u. SchluB.), p. 679. artigen Mikroorganismus im Pr&putial- 

Xtodet, M. A., Experiences sur la valeur sekret (Bacillus involutus), p. 645. 
antiseptique du savon commun. Remar- Wesenberg, G. , Metakalin, ein festes 
ques sur Taction des antiseptiques en Kresolseifenpr&parat. (SchluB.), p. 740. 

gdndral, et sur la biologic du staphylo- Ziemann, Hans, Nachtrag zum Beitrag 
coque pyog&ne, p. 748. zur Trypanosomenfrage, p. 662. 

Berichtigung, p. 768. 


Frotnmaniiiche Unchdrackeret (Hermann Pohle) In Jena. 


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Centralblatt f Bakteriologie A bt. I Bd. XXX VIII 


Ilalberstaedter , Unters. b. experiment. Try ■ 
panosometierkrankungen. 


Fig. i. 



M. Stem del. Verlag von (instav Fischer. Jena. P.Weise,Lith.,J®na. 


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Centralbl. f. BakL etc. I. Jkht Original!. 01XXXVIII. Heft I. 


Inhaltsverzeichnis. 

I. Verzeichnis der in Band XXXVIII enthaltenen Arbeiten. 


Babes, A., siehe Theohari, A. 

Bartel, J. und Stein. R., Zur Biologie 
schwachvirulenter TuDerkelbacillen. lo4. 

264. 393 

Bassu, E., siehe Fermi, Ci. 

Bertarelll, E., Einige Untersuchungen 
uber die Ttiberkulose der Reptilien. 403 
—, Ueber die aktive Immunisierung des 
Menschen gegen Cholera vermittelst auto- 
lytischer Produkte des choleragenen 
Vibrio und liber das Wesen dieser auto- 
lytischen Produkte. 584 

Blumenthal, J. M. und Lipskerow. M., 
Vergleichende Bewertung der differen- 
tiellen Methoden zur Farbung des Diph- 
theriebacillus. 359 

Bonome, A., Ueber die Schwank ungen 
des Agglutinin- und Prazipitingehaltes 
des Blutes wahrend der Rotzinfektion. 

601. 732 

Brett. Zur Tuberkulosefrage der Kuh- 
pockenlymphe. 271 

Brnini, G., Ueber die thermophile Mikro- 
benflora des menschlichen Darmkanals. 

177. 298 

Castellan!, A., Observations on some pro¬ 
tozoa found in human faeces. 66 

Cohn, E., Endgiiltige Entgegnung an Dr. 
V. Jensen auf seine Frage: *Ist die 
Kleinsche Hefe eine besondere Art? tt 521 
Czarnecka, L,, Ueber die Konservierung 
der Lebensfahigkeit und Virulenz der 
Mikroben im Markgewebe beim Aus- 
trocknen. 164 

Delflno, J. C«, Immunisierung des Kanin- 
chens gegen das Bakterium aer Gefliigel- 
cholera (vaccin Ligni&res). 231 

Doerr, R., Beobachtungen iiber bacillare 
Dysenterie. 420. 511 

—, Ueber Spirillum pyogenes Mezinescu. 

15 

Dorner. siehe Friedberger. 
Dschunkowsky, E. u. Luhs. S., Apparat 
zum sterilen Blutentnenmen zwecks 
Untersuchungen. 367 

Ellermann, V., Einige Falle von bakte- 
rieller Nekrose beim Menschen. 383 

Fermi, CL u. Bassn, E., Weitere Unter¬ 
suchungen iiber Anaerobiose II. 138. 

241. 369 

Forssman, J., Studien uber die Antitoxin- 
bildung bei aktiver Immunisierung gegen 
Botulismus. 463 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXVIII. 


Friedberger u. Dorner, Ueber die Hamo- 
lysinbildung durch injektion kleinster 
Mengen Blutkorperchen und iiber den 
Einflu6 des Aderlasses auf die Intensitat 
der Bildung hamolytischer Ambozeptoren 
beim Kaninchen. 544 

Gaektgens, W., Der Bacillus jasmino-cya- 
neus und der Bacillus flavo-aromaticus.. 
zwei neue, Farbstoff bildende Baktericn. 

129 

Galli-Valerio, B. u. Rochaz-de-Jongh, J., 
Ueber die Wirkung von Aspergillus niger 
und A. glaucus auf die Darven von 
Culex una Anopheles. 174 

German, Ueber Cyllin. 237 

Ghon, A. u. Sachs, M., Beitrage zur 
Kenntnis der anaeroben Bakterien des 
Menschen III. 1. 131 

Halberstaedter, L., Untersuchungen bei 
experimentellen Trypanosomenerkran- 
kungen. 525 

Ileller, 0., Die Rothbergersche Neutral- 
reaktion auf Gelatine bei 37°. 117 

Heyrovsky. J., Ein Beitrag zur Biologie 
und Agglutination des Diplococcus pneu¬ 
moniae. 704 

Hollack, J., Die flaufigkeit der Trema- 
toden bei Rana esculenta L. 199 

Jancsd, N., Der Einfluft der Temperatur 
auf die geschlechtliche Generationsent- 
wickelung der Malariaparasiten und auf 
die experimentelle Malariaerkrankung. 

6o0 

Jensen, V., 1st die Kleinsche Hefe eine 
besondere Art? 51 

Jdrgensen, A., Schwankungen des Agglu- 
tinationsvermogens des Blutes im Ver- 
laufe des Typhus abdominalis. 475. 556. 

679 

de Jong. D. A., Die Steigerung der Viru¬ 
lenz aes menschlichen Tuberkelbacillus 
zu der des Rindertuberkelbacillus. 146. 

254 

Kern, F.. Ein verbeesertes Kafigmodell fur 
Versucnstiere. 126 

Kerner, J., Experiraenteller Beitrag zur 
Hamolyse und zur Agglutination der 
Streptokokken. 223. 329 

Klkucni, Y., Ueber den Einfluft erhohter 
Temperatur auf die bakterizide Wirkung 
des norraalen Serums. 220 

Kireeff, M., Bakteriologische Untersuchun¬ 
gen des Blutes bei Flecktyphus. 518 
49 


Heft 7. 


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770 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 7. 


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Klein, E., Ueber die Verbreitungdes 
Bacillus enteritidis Gaertn. in der Kuh- 
milch. 392 

—, Ueber einen neuen tierpathogenen Vibrio, 
V. cardiL 173 

Kokubo, 1L, Dae Bchulersche Triumph- 
Isny-Filter. 122 

Konr&di, D., 1st die Wut vererbbar ? 60 
—, Weitere Untersuchungen zur Eenntnis 
der Lymphe und Prophylaxe der experi- 
mentellen Lyssa. 194 

Landsteiner, K., Ueber die Unterechei- 
dung von Fermenten mit Hilfe von 
Serumreaktionen. 344 

— und Lelner, K., Ueber Isolysine und 
Isoagglutinine im menschlichen Blut. 

548 

Lelner, K., siehe Landsteiner, K. 
v. Linstow, Btrongyloides Fiillebomi n. eg 

Lipskerow, M., siehe Blumenthal, J. M. 
Lb wit, M., Berichtigung. 328 

van Loghem, J. J., Bakteriologischer Be- 
fund bei spontaner vesikaler Pneumafcurie 
einee diabetischen Kranken. 425 

Ltidke. H., Untersuchungen iiber die 
bacillare Dysenteric. 289 

—, Zur Spezifitat der Antikorper. 81. 209. 

320. 451. 537 

Lohs, 8., siehe Dsehnnkowsky, E. 


Maldagne, L., Bacillee d’Eberth dans un 
kyste de Povaire aprfcs la gu£rison d’une 
fievre typho’ide. 249 

Markl, Ueber den Mechanismus der Ab- 
wehr des Organismus bei Infektion mit 
Tuberkelbaciilen. 69 

Marschall, F.. Die Bedeutung des Endo- 
schen Nahrbodens fiir die bakteriolo- 
gische Typhusdiagnose. 347 

Hiller, E. 0. L., On the keeping qualities 
of antidiphtheritic serum. 233 

Mori, N., Ueber eine bei Katzen aufge- 
tretene, durch einen besonderen Mikro- 
organismus bedingte Epizootie. 42. 186 
—, siehe Ottolenghi, D. 

Neufeld, F. und Ttfpfer, H., Ueber hamo- 
lytische und hamotrope Sera. 456 

Ottolenghi, D. und Mori, N., Die Wir- 
kung des Aethylathers auf die hamoly- 
tischen und bakteriziden Sera. 338. 468 

Pettersson, A., Ueber die Virulenz und 
die immunisierende Wirkung des Typhus- 
bacillus. 73 

Piafl, F^ Eine infektidse Erkrankung der 
KananenvdgeL 275 


Kallmann, Ueber das Verhalten des im 
Erdboden eingesaten Typhusbacillus. 380 

Sachs. M., siehe Ghon, A, 

Sanfeliee, F., Streptothrix-Pseudotuber- 
kulose. 30 

Scheller, R., Experimentelle Beitrage zur 
Theorie und Praxis der Gruber-Widal- 
schen Agglutinationsprobe. 100 

Schwarz, C., Ueber einen neuen, fiir Kalt- 
bliitler pathogenen Mikroorganismen (H. 
hypo therm os). 11 

Shibayama, G M Paratyphus in Japan. 497 
—, Ueber die Agglutination aes Pest- 
bacillus. 482 

Sleber. N., Ueber die bakterienfeindlichen 
Stoffe des Blutfibrins. 571 

Sittler, P., Die Sterilisation elastischer 
Katheter. 752 

Smidt, H., Zur Charakterisierung der 
Hogcholeragruppe. 24 

Speiser, P., Eine zweite Rattenlaus aus 
Abyssinien. 318 

—, Zur Eenntnis ektoparasitischer Milben. 

535 

Stebblns, J., On the occurrence of a large 
sized parasite of the Earyolysus order, 
in the blood of Rana clamata. 315 
Stein, B«, siehe Bartel, J. 

Strdszner, E., Typhusbacillen in dem 
Wasser eines Hausbrunnens. 19 

Stross, O., Ueber das Wachstum der 
Gonokokken auf serumhaltigen Nahr- 
bdden. 491 

Stidmersen, H. J,, On an infectious pneu¬ 
monia of rabbits and its treatment with 
anti-serum. 591. 713 

—, Ueber eine infektidse Pneumonic der 
Eaninchen und deren Bekampfung mit 
Antiserum. 343 


Tarozzi, G., Ueber ein leicht in aerober 
Weise ausfuhrbares Eulturmittel von 
einigen bis jetzt fur strenge Anaeroben 
gehaltenen Keimen. 619 

Theohari, A. und Babes, A., Ueber ein 
gastrotoxisches Serum, mit einem Studium 
aes Chemismus des Magens und der von 
diesem Gastrotoxin veranlaflten histo- 
logischen Veranderungen. 663 

Tiberti, N.. Ueber den Transport des 
Tetanusgirtes zu den Ruckenmarkszentren 
durch cue Nervenfasern. 281. 413. 499. 

625 

TSpfer, IL, siehe Neafeld, F. 

Vedeler, Blastomyceten im Urin. 54 
Veszprgml, D., Kultur- und Tiervereuche 
mit dem Bacillus fusiformis und dem 
Spirillum. 136 


Rochaz-de-Jongh, J., s. Galli-Valerio, B. 
Rodet, A., Experiences sur la valeur 
antiseptique du savon oommun. 748 

Rothberger, C. J., Ueber ein akut wir- 
kendee Bakterientoxin. 165 


Waelsch, L, Ueber einen eigenartigen 
Mikroorganismus im Prfiputialsekret 
(Bacillus involutus). 645 

Wesenberg, G^ Metakalin, ein festes 
Eresolseifenpraparat 612. 740 


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Register. 


771 


Wldakowteh, V., Ueber Nematoden an 
der Hypophysis cerebri von Felis do¬ 
m es tics. 447 

Wlrgin, Ueber den EinfluB des Aethyl- 
alkohols auf die Bildung von aggluti- 
nierenden Stoffen bei Kaninchen nach 
intravenfiser Impfung mit M. pyogenes 
aureus oder mit B. typhi. 200 


Ziemann. H., Beitrag zur Trypan osomen- 
frage. 307. 429 

—, Nachtrag zum Beitrag zur Trypano- 
somenfrage. 662 

Zsehokke, F., Dipylidium caninum (L.) 
als Scmnarotzer aes Menschen. 534 


U. Namen- mid SachTerzeichnls. 


AderlaB, EinfluB auf die Bildung von 
Hainolysinen. 546 

Aethylatner, Wirkung auf hamolytische 
una bakterizide Sera. 338. 468 

Aethylalkohol, EinfluB auf die Bildung 
agglutinierender Stoffe. 200 

Anaeroben, Kultur unter aeroben Be- 
dingungen. 619 

Anaerobiose, Methoden. 138. 241. 369 
Antikorper, Spezifitat. 81. 209. 320. 451. 537 
Antitoxme, Spezifitat. 84 

Aspergillus glaucus, Wirkung auf Mucken- 
farven. 174 

— niger, Wirkung auf Milckenlarven. 174 
Bacillen thermophile, Tfitigkeit im Darm. 

303 

-, Vorkommen in der Natur. 301 

— anthracis symptomatici, anaerobe Kultur. 

140 

— botulinus, aerobe Zdchtung. 624 

— cadaveris sporogenes, aerobe Zfichtunj'. 

— carnis, aerobe Zfichtung. 624 

-saprogenee, aerobe Zuchtung. 624 

— caticiaa Mori, Kultur und Eigenschaften. 

42. 186 

— eholerae gallinarum, Immunisierung des 

Kaninchens. 231 

— diphtheriae columbarum, anaerobe 

Kultur. 141 

— enteritidis sporogenes, aerobe Zuchtu^. 

— —, Vorkommen in der Kuhmilch. 392 

— flavo-aromaticus Gaehtg., Kultur. 130 

— fluorescens, anaerobe Kultur. 141 

— fusiform^, Kultur. 136 

— hypo therm os Schwarz fur Kaltbliitler 

pathogen. 11 

— jasmino-cyaneus Gaehtg., Kultur. 129 

— indicus, anaerobe Kultur. 141 

— involutus Waelsch im Praputialsekret 

645 

— m^atherium, anaerobe Kultur. 141 

— oeaematis maligni, anaerobe Kultur. 

140 

— prodigiosus, anaerobe Kultur. 141 

— putrincus, aerobe Zuchtung. 624 

— pyocvaneus, anaerobe Kultur. 141 

— —, Verhalten gegen Metakalin. 613 

— radiciformis, anaerobe Kultur. 141 

— subtilis, anaerobe Kultur 141 

— viscosus, anaerobe Kultur. 141 


Bacterium aerogenee, Verhalten g^ren 
MetakaUn 741 

— coli commune, anaerobe Kultur. 141 

— -, Verhalten gegen Metakalin. 613 

— rubram, anaerobe Kultur. 141 

— vulgare bei Pneumaturie. 427 

Baktenen der Hogcholeragruppe, Aggluti- 

nationsversuche. 24 

— thermophile im menschlichen Darm- 

kanaL 177. 298 

Bakterienagglutinine, Spezifitat. 209. 320. 

451 

Bakteriolysine, Spezifitat. 85 

Blastomyces, anaerobe Kultur. 141 

Blastomyceten im Urin. 54 

Blutentnahme sterile, Apparat. 367 

Blutfibrin, bakterienfeinaiiche Stoffe. 571 
Botulismus, Antitoxinbildung bei aktiver 
Immunisierung. 463 

Bradsotbacillus, aerobe Zuchtung. 624 
Brandesia turgida in Rana esculenta. 200 
Cholera, aktive Immunisierung des Men¬ 
schen. 584 

Choleravibrionen, Verhalten gegen Cyllin. 

239 

Clostridium carnis foetidum, aerobe Ziich- 
tung. 624 

Cyllin, desinfizierende Kraft. 237 

Cytolysine, Spezifitat. 537 

Darmkanal menschlicher, thermophile 
Mikrobenflora. 177. 298 

Desagglutination, Deutung. 328 

Diphtheriebacillen, VergleichderFarbungs- 
methoden. 359 

—, Verhalten gegen Cyllin. 239 

Diphtherieserum, Gehalt an Heilkraft 233 
Diplococcus pneumoniae, Biologie und 
Agglutination. 704 

-, Resistenz im Markgewebe. 164 

DiplodLscus subclavatus in Rana esculenta. 

199 

Dipylidium caninum im Menschen. 534 
Dysenteric bacillare, Beobachtungen fiber 
die Bacillen. 420. 511 

Dysenteriegift, Eigenschaften. 289 

Echinorhynchus ranae in Rana esculents. 

199 

Entamoeba undulans Castell. in mensch- 
lichen Faeces. 67 

Fermente, Unterscheidung durch Serum- 
reaktion. 344 

49* 


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UNfVERSITY OF CHICAGO 



Contralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 7. 


Flecktyphus, bakteriologiache Unter- 
auchungen des Blutea. 518 

Gonococcus Neisaeri, Wachatum auf serum- 
haltigen Nahrbflden. 491 

Gorgodera cygnoidea in Rana eaculenta. 

199 

Hamagglutinine, Spezifitat. 87 

Hamolyaine, Spezintat. 95 

Halipegua ovocaudatua in Rana eaculenta. 

200 

Hefe von Klein, Artberechtigung. 51. 521 
Hogcholera, Unteracheidung der Bakterien. 

24 

Hundawut experimentelle, Symptome und 
Prophylaxe. 194 

—, Vererbbarkeit. 60 

Immunisierung durch kleinate Mengen von 
Erythrocyten. 544 

Iaoagglutinine im menachlichen Blut. 548 
Iaolyaine ira menachlichen Blut. 548 
Kafig fiir Verauchstiere. 126 

Kanarienvogel, infektioae Erkrankung. 275 
Karyolyaus clamatae Stebb. in Rana cla- 
mata. 315 

Katheter elaatische, Sterilisation. 752 
Katzenepidemie durch Bacillus caticida. 

42. 186 

Malariaparasiten, Einflufl der Temperatur 
auf aie geachlechtliche Generationsent- 
wickelung. 650 

Megninia barthonica Speiaer auf dem 
Uaaelhuhn. 536 

Metakalin, desinfizierende Wirkung. 612. 

740 

Milzbrandbacillen, anaerobe Kultur. 141 
—, Reaiatenz im Markgewebe. 164 

Milzbrandbacillenaporen, Verhalten gegen 
Metakalin. . 741 

Muckenlarven, Abtotung durch Aspergillua. 

174 

Nahrboden von Endo, Leiatung zur Unter- 
scheidung typhua&hnlicher Bacillen. 350 
Nekroaen bakterielle beim Menachen. 383 
Nematoden in der Hypophyae von Katzen. 

447 

Nematoxys ornatus in Rana eaculenta. 200 
Neutralrotreaktion von Rothberger auf 
Gelatine bei 37®. 117 

Nyctotherus africanus Castell. in menach¬ 
lichen Faeces. 66 

Opiathioglyphe endoloba in Rana eaculenta. 

199 

Paraplectrum foetidum, aerobe Ziichtung. 

624 

Paratyphua, Vorkommen in Japan. 497 
Peniciliium glaucum, anaerobe Kultur. 141 
Peritonitis, Aetiologie. 1. 131. 

Pe8tbacillen, Agglutination. 482 

—, Verhalten gegen Cyllin. 237 

Pleurogene8 claviger in Rana eaculenta. 

199 

— medians in Rana eaculenta. 200 

Pneumaturie veaikale einea Diabetikers, 
Bacillenbefund. 425 

Pneumonie infektiflae der Kaninchen, Agglu¬ 
tination. 725 


Pneumonie infektidse der Kan inchen, Be- 
handlung mit Antiserum. 591. 713 

-, Bekampfung mit Antiserum. 

343 

-, beobachtete Bacillen. 597. 

713 

- f Immunisierung. 723 

-, Immunserum. 719 

-, achiitzende Wirkung der 

bakteriolytischen Sera. 726 

-, Symptome. 717 

Pneumonoecea aim ilia in Rana eaculenta. 

200 

— variegatus in Rana eaculenta. 200 
Pockenlymphe, angeblicher Gehalt an 

T uber kelbacillen. 271 

Polyplax miacantha Speiaer auf Ratten in 
Abyssinien. 318 

Prazipitine, Spezifitat. 453. 537 

Proaotocua confuaus in Rana eaculenta. 199 
Paeudotuberkulose durch Streptothrix. 30 
Rana eaculenta, Gehalt an Trematoden. 199 
Rotz, Schwankungen des Agglutinin- und 
Prazipitingehaltea des Blutea. 601. 732 
Seife, antiseptische Wirkung. 748 

Sera hamolytische, Wirkung. 456 

— hamotropische, Wirkung. 456 

Serum gastrotoxisches, Experimente. 663 

— normale8, EinfluB erhohter Tempera- 
turen auf die bakterizide Wirkung. 220 

Spinturnix plecoti, Mannchen. 535 

Spirillen aus Abacessen, Kultur. 136 
Spirillum pyogenes, Kultur. 15 

Staphylococcus pyogenes aureus, anaerobe 
Kultur. 141 

— -, Verhalten gegen Cyllin. 237 

-, Verhalten gegen Metakalin. 613 

-citreua, anaerobe Kultur. 141 

Streptococcus acarlatinae, Resistenz ini 

Markgewebe. 161 

-, Verhalten gegen Metakalin. 741 

Streptokokken, Agglutination. 330 

—, Hamolyae. 224. 329 

Streptothricheen thermophile. 304 

Strongyloides Fiilleborni v. Linst. in Affen. 

532 

— intestinalis im Menachen. 533 

— longue im Schwein etc. 533 

— viviparua im Pferd. 534 

Tetanus doloroaua, experimentelle Erzeu- 

gung. 627 

—, Literatur. 642 

—, Meehan ismua der Kontraktur. 639 
—, pathologiache Anatomie. 634 

—, primare Farbbarkeit der Nerven. 638 
Tetanuabacillen, anaerobe Kultur. 140 
Tetanustoxin, Affinitat zu den periphe- 
riachen 8 erven. 630 

—, Beziehung zu den senaibeln Nerven. 

631 

—, Beziehungen zur Cylinderachse der peri- 
pheren Nerven. 418. 499 

—, Beziehungen zur Lymphe. 633 

—, Eigenachaften. 281 

—, Eindringen in die Nerven infolge Ein- 
tauchens dereelben. 503 


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Register. 


773 


Tetanustoxin, Eindringen in die peripheren 
Nervenendigungen. 416 

—, Empfanghchkeit der einzelnen Tiere. 

283 

—, Injektion der Nerven nach Durch- 
schneidung des Riickenmarkes. 507 
—, Injektion in die enervierten Muskeln. 

509 

—, Injektion unter gleichzei tiger Injektion 
yon Antitoxin. 505 

—, intravenose Injektion. 633 

—, intravenose Inokulation. 501 

—, Vorhandensein im Blut. 284 

—, Vorhandensein im Ham. 285 

—, Vorhandensein imZentralnervensystem. 

284 

—, Wege zu den Nervenzentren. 288. 413 
—, Wirksamkeit an der Inokulationsstelle. 

283 


—, Wirkung im Zentralnervensystera. 286 
—, Zeitdauer des Vorhandenseins in Blut 
und Nerven. 500 

—, zentripetale Wanderung in den Achsen- 
zylinder. 625 

Triumph-Filter von Schuler, Leistuugs- 
fahigkeit. 122 

Trypanosoma vivax, Beschreibung. 662 
Trypanosomenerkrankung experimentelle. 

525 


Trypanosomenkrankheiten in Karaerun. 

307. 429 

Tuberkelbacillen, extracellulare Auflosung. 

71 

— menschliche, Steigerung der Virulenz. 

146. 254 


—, Phagocytose. 71 

— schwachvirulente, Wirkung. 154. 264. 

393 

—, Verhalten gegen Glycerin. 274 

—, Vernichtung im Organismus. 69 

—, Vorkommen in Pockenlymphe. 271 

Tuberkulose bei Reptilien. 403 


Typhus, Schwankungen des Agglutinations- 
vermogens des Blutes. 475. 556. 679 
Typhusbacillen, Agglutinationsprufungen. 


100 

— in Brunnenwa8ser. 19 

— — einer Ovarialcyste. 249 

—, Kultur auf Endoschem Nahrboden. 347 
—, Verhalten gegen Cyllin. 237 

—, Verhalten gegen Metakalin. 613. 740 
—, Verhalten im Erdboden. 380 

—, Virulenz und immunisierende Wirkung. 

73 

Urin, Vorkommen von Blastomyceten. 54 
Vibrio cardii Klein, Kultur. 173 

— Nasik, Wirkung des Toxins. 165 

— septicus, aerobe Zuchtung. 624 


III. Verzeichnis 

Anaerobiose, Kulturglaschen und Apparate. 
138. 139. 142. 145. 241-243. 245. 248. 

370 

Anopheles, Larve infiziert mit Aspergillus 
niger. 175 

Bacillen anaerobe des Menschen. 136 (Taf.) 

— thermophile aus dem menschlichen 

Darmkanal. 178—185. 299. 300 

Bacillus fusiformis. 391 (Taf. Fig. 6—9) 

— involutus Wadsch. 649 (Taf.) 

Blastomyceten im Urin. 56 

Blutentnahme sterile, Apparat. 367 

Botulismus, Antitoxinkurven bei Immuni- 

sierung. 466 

Culex, Larve infiziert mit Aspergillus niger. 

175 

Entamoeba undulans Castell. 68 

Glaschen zur Prufung desinfizierender 
Losungen. 238 

Kafig fur Versuchstiere. 127 

Karyolysus clamatae. 318 (Taf. I. II) 
Malaria, Temperaturkurven. 651. 655—657 
Nekrose bakterielle beim Menschen, Organ- 
schnitte. 391 (Taf. Fig. 1—5) 

Nematoden an der Gehirnhypophyse von 
Katzen. 448 

Nyctotherus africanus Castell. 66 


der Abbildnngen. 

Pneumonie infektidse der Kaninchen. 729 

-, Kulturen des Bacillus A. 599 

Pseudotuberkulose durch Streptothrix, 
Schnitte und Kulturpraparate. 41 (Taf.) 

Spinturnix plecoti, Ruckenschild des 

Mannchens. 535 

Spirillum pyogenes. 19 (Taf.) 

Strongyloides Fulleborni v. Linst. 534 (Taf.) 
Tetanus, Schnitte durch Nervenorgane. 

644 (Taf.) 

Trypanosomiasis, Organ schnitte. 532 (Taf.) 
Tuberkelbacillen, Aufldsung durch Phago¬ 
cytose. 73 (Taf.) 

— aus Reptilien. 413 (Taf.) 

Tuberkulose der Ziege, erkrankte Organe. 

153. 254—256 

-, Temperaturkurve bei Impfung. 256 

— des Kalbes, erkrankte Organe. 259—261 
-Temperaturkurve bei Impfung. 258. 

262 

hus, Kurven der Schwankungen des 
gglutinationsvermogens des Blutes. 480. 
556- 570. 680. 681. 683. 684. 685. 688 

bis 697 

Varanus rarius mit tuberkulosem Knoten. 

405 



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774 


Centr&lbl. f. Bakt, etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIIL Heft 7, 


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Corrigendum. 

S. 743 Z. 16 y. o. lies 1:1600 statt 1:800, 

„ 748 „ 3 „ „ „ dabei statt daher, 

„ 748 Fufinote 1 Z. 7 lies 3 Molekttle firom statt 1 Molekul Brom. 


Fronmannecht Boehdraekeni (Hermann Pohle) In Jeon. 


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Die Maschinenfabrik Jean Hey in Strassburg konstruiert 
nach den Atigaben des Herrn Prof. Dr. Forster den be- 
treffenden Wasseruntersuchungsapparat, welcber Wasserproben 
in beliebig gewahlter Wassertiefe entnehmen kann und zwar 
mit solcher Sorgfalt, dass eine Mischung mit den oberen und 
unteren Wasserschichten als die gewtinschte ganz ausge- 
schlossen ist. 

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wesen in PreuBen veranstalteten Zyklus ,,\ olksseuchen , 
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III 

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72 5 

103 212 


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