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CENTRALBLATT
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Bakteriologie, Parasitenkunde und Mektionskrankheiten.
Erste Abteilung. XXXVIII. Band.
Originale.
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Bakteriologie, ParasitenHunffe
UHd Infektionskrankheiten.
In Verbindnng mit
Geh. Med.-Rat Professor Dr. Loeffler
in Greifswald,
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Kdnigsberg
and
Staatsrat Professor Dr. M. Braun
in Kdnigsberg
heransgegeben von
Prof. Dr. Oscar TJMworm in Berlin.
Erste Abteilung. XXXYIII. Band.
Mediziniscli-liygieniscbe Batteriolop mill tieMe PntenMde.
Originale.
Mit IS Tafeln and 161 Abbildangen im Texte.
-o
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1905.
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235931
Centralbl. f. BikL etc. I. it Originate. IN. XXXVIII. Heft I.
Nachdruck verboten,
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menscben.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
III. Zur Aetiologie der Peritonitis.
I. Mitteilung.
Von Dr. Anton Ghon und weiland Dr. Milan Sachs.
Mifc 1 TafeL
DaB die Aetiologie der akuten „eiterigen u Peritonitis keine einheit-
liche ist, weiB man seit langem. Von unseren bekannten pathogenen
Mikroorganismen kommen viele als Erreger dieser Form der Bauch-
fellentzQndung in Betracht, docb spielen, wenn es sich um Infektionen
mit nur einer Bakterienart bandelt, zweifelsobne aucb hier die soge-
nannten vulg&ren Eitererreger die Hanptrolle. Staphylococcus
pyogenes, Streptococcus pyogenes und Diplococcus pneu¬
moniae sind diejenigen Bakterienarten, die als die haufigsten Erreger
der akuten eiterigen BauchfellentzUndung Qberall genannt werden. Dazu
gesellen sich noch Bacterium coli commune und als etwas seltener
Erreger Micrococcus gonorrheae. Die Fortschritte in der Kenntnis
dieser Peritonitisformen wurden wesentlich geffirdert durch die Leichtig-
keit und Einfachheit des Nachweises der genannten Bakterienarten.
Anders verhalt sich die Sache jedoch, wenn es sich um Mischinfek-
tionen, um gleichzeitige Infektion mit mehreren verschiedenen Bakterien¬
arten handelt, wie sie haufig bei Peritonitis nach Perforation des
Magendarmtraktes vorzukommen pflegen. Man hat sich im allgemeinen
seit jeher keine allzu groBe Miihe gegeben, bei solchen Mischinfektionen
der BauchhShle eine genaue bakteriologische Analyse vorzunehmen, alle
die einzelnen Arten der im Exsudate vorhandenen Bakterien rein zu
zQchten und zu bestimmen. Fand man nur leicht erkennbare pathogene
Keime darunter, so gab man sich meist zufrieden und war gewillt,
diese als die Ursache oder zumindest als die Hauptursache der Perito¬
nitis anzusehen. In vielen Fallen mag es ja auch wohl so sein.
Der Grund dafflr, daB man sich vielfach so leicht zufriedenstellte —
und es zum Teil auch heute noch tut — dflrfte darin liegen, daB in
solchen Fallen die Versuche der Ztlchtung mit den gangbaren Methoden
keine zufriedenstellenden Resultate ergaben, der Befund der Deckglas-
praparate und Kulturen niemals miteinander v511ig ttbereinstiramte, die
komplizierteren Methoden des Nachweises jedoch zum Teil nicht ge-
kannt, zum Teil nicht durchfflhrbar waren.
Die Erweiterung unserer Kenntnisse iiber die pathogenen Bakterien
lieB uns solche auch unter den sogenannten Anaerobien kennen lernen
und vielerorts ist die Bedeutung letzterer auch fur gewisse Formen der
Peritonitis erkannt worden.
Mit Nachdruck hat diese Bedeutung der anaeroben Bakterien flora ftlr
die Aetiologie der Peritonitis erst uniangst wieder P. L. Friedrich 1 )
1) Friedrich, P. L., Zur bakteriellen Aetiologie und zur Behandlung der dif-
fusen Peritonitis. (Arch. f. klin. Chir. Bd. LXVIII. 1902.)
Into Abt. Ori*. Bd. XXXVIII. Heft 1. 1
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' £ p. O * L
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 1.
hervorgehoben. Dieser Autor beobachtete tfidliche Anafirobeninfek-
tionen des „para-peritonealen u Zellgewebes „mehrfach nach Mastdarm-
resektion bei Carcinom sowie im Gefolge von ganz akuter Peri¬
typhlitis, wo Brand des ganzen Wurmfortsatzes vorlag*. Nach Fried¬
rich treffe man fibrigens bei der bakteriologischen Untersuchung
peritonitischer Exsudate „eine groBeReihe formverschiedener,
anafirober Bakterien u . Zumeist handle es sich dabei um „Kurz-
oder Langstfibchen“. von denen manche dem malignen Oedembacillus,
andere dem Tetanusbacillus ahnlich seien. Auch anaerobe Streptokokken
lieBen sich zuweilen nachweisen. Ja, Friedrich geht so weit, zu be-
haupten, daB fast in keinem „perityphlitisch — Oder perforativ — peri-
tonitischen u Exsudat Anafirobien vermifit wQrden.
Es ist zweifelsohne Friedrich zuzustimmen, daB man den An-
afirobien bei der akuten Peritonitis grfiBere Aufmerksamkeit schenken
soli, als es bisher geschehen war. Nur ware es unserer Meinung nacb
wflnschenswert, daB dabei auch der Umstand Berflcksicbtigung ffinde,
welche anaerobe Arten dabei in Betracht kamen und ob bei bestimmten
Formen der Peritonitis immer wieder gewisse Anagrobien nachweisbar
seien oder nicht. Friedrich beschrieb keine Arten. Die „Feststellung
der Art und Differenzierung der einzelnen Keime“ erscheinen ihm von
untergeordneter Bedeutung, da er eine „Spezifitat u der AnaSrobien bei
den peritonitischen Prozessen nicht anerkennt. Diese Anschauungen
Friedrichs dfirften nicht Qberall Zustimmung finden.
Vor allem schon deshalb nicht, da uns heute noch jede Berechti-
gung dazu fehlt, die Kenntnis der einzelnen Arten zu unterschfitzen.
Brauchbare systematische Untersuchungen nach dieser Richtung hin
liegen nicht vor, dazu sind unsere Kenntnisse fiber die anafiroben Bak-
terien fiberhaupt noch vollstandig Ifickenhafte. Es sollte demnach unser
Streben gerade darauf gerichtet sein, alle bei pathologischen Prozessen des
Menschen gefundenen anafiroben Keime genauestens kennen zu lernen,
nm sich ein Urteil fiber ihre fitiologische Bedeutung bilden zu kfinnen.
Von dieser Anschauung lieBen sich wohl auch schon Tavel und
Lanz 1 ) bei ihren Untersuchungen fiber die Aetiologie der Peritonitis
leiten. Unter den Bacillen, die nach diesen Autoren bei der bakteriellen
Peritonitis eine Rolle spielen, erwfihnten sie vor allem einen Bacillus,
der sich fast in jedem Dickdarminhalt vorfand und in einzelnen Fallen
im peritonitischen Eiter in groBer Anzahl anzutreffen war. Tavel und
Lanz bezeichneten diesen Bacillus als „Actinomyces-ahnlichen“.
Sie konnten ihn nie in Reinkultur erhalten, und da er nur selten und
dann nur spfirlich zusammen mit anderen Bakterien wuchs, sahen sie
ihn als ein Anaerobion an. In alien Fallen, in denen diese Bacillen
reichlicher gefunden wurden, hatte der Eiter einen sehr penetranten,
widerlich-sflBen Geruch. Diese Bacillen lagen im Exsudat meist in
Gruppen, ineinander verfilzt, hatten eine Lange von ungeffihr 4—6 p
und eine Breite von 0,3—0,5 //. In einetn Falle erlangten diese Ba-
cillengruppen StecknadelkopfgrfiBe und bildeten dadurch Actinomyces-
fihnliche Kdrnchen, doch fehlten Kolben. Diese Bacillen fanden Tavel
und Lanz sowohl in akuten als auch in chronischen Fallen, da sie aber
niemals allein zu finden waren, konnte ihre atiologische Bedeutung nicht
naher festgestellt werden.
1) Tavel, E. und Lanz, O., Ueber die Aetiologie der Peritonitis. (Mitteilungen
aus Kliniken und medizinischen Instituten der Schweiz. 1893.)
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anafiroben Bakterien des Menschen. 3
Ob der von den beiden Schweizer Autoren beschriebene Bacillus
tats&chlich den Anafirobien angehfirt, kann unserer Meinung nach nicht
als sicber hingestellt werden, da Kulturen nicht gelangen. Ebenso miB-
lang ihnen die Kultivierung eines anderen, tetanusfihnlichen Bacillus,
den sie 3raal mit noch anderen Bakterien zusammen fanden. Der Ba¬
cillus war dQnner als der ,,Actinomyces-&hnliche“, nach Gram
„weniger intensiv" ffirbbar und zeigte Sporen, weniger groB und mehr
oval als die des Tetanusbacillus. Durch Impfung einer Maus gelang es
ihnen in einem Falle, festzustellen, daB es sich dabei nicht um den
echten Tetanusbacillus handle.
SchlieBlich erwShnten T a v e 1 und L a n z noch in ihrer Tabelle, die
die bakteriologischen Resultate zusammenfaBt, den Befund von „langen
dfinnen" Bacillen in einer Anzahl von Fallen und in einem Falle den
Befund von „plumpen Bacillen", die nach der Methode von Gram ge-
f&rbt blieben, w&hrend die „langen dfinnen" Bacillen bei dieser Methode
teils geffirbt, teils nicht gefarbt waren. Es unterliegt unserer Meinung
nach kaum einem Zweifel, daB es sich bei den „plumpen tt Formen um
den Gasbacillus von Welch-Fraenkel oder einen diesem Shnlichen
gehandelt batte. Auch die „langen dfinnen" und die „tetanusfihnlichen"
Bacillen entspr&chen ihren morphologischen Charakteren nach anafiroben
Bakterien.
Schmale, leicht gebogene, nach Gram ffirbbare Bacillen, die niemals
in Kulturen erhalten werden konnten, fand auch Krogius 1 ) in 16
von 28 untersuchten Fallen von Appendicitis, einen „tetanus£hnlichen"
Bacillus dagegen nur in einem Falle.
Dagegen fehlen in dem zusammenfassenden Referate von M. von
Brunn 2 3 ) „Ueber Peritonitis" aus dem Jahre 1901 Angaben tlber peri-
toneale Infektionen mit Anafirobien so gut wie vollst&ndig.
Eine bestimmte, gut gekannte anaerobe Art als Erreger der Peri¬
tonitis beschrieb erst Welch 8 ). In seiner umfassenden Zusammen-
stellung ilber den Bacillus aerogenes capsulatus als Krankheits-
erreger berichtete Welch flber 13 Falle diffuser „Pneumo-Peritonitis“
durch den genannten Bacillus. 11 dieser Falle wurden teils von Welch
selbst, teils von Flexner obduziert und 7 davon bis zum Jahre 1896
publiziert Was die beiden anderen betrifft, so wurde fiber den einen
von Page 4 5 ), fiber den anderen von Pr§itt und Fulton 6 * ) berichtet
10 von den 13 Fallen waren nach Perforation des Magendarmtraktes
entstanden, und zwar 4 nach Perforation von Typhusgeschwflren, 4 nach
Perforation von Magengeschwfiren, 1 nach Perforation des strangulierten
Darmes und 1 nach Perforation eines carcinomatfisen Geschwfires im
Duodenum. In diesem letzten Falle wurde die Autopsie 14 Stunden
nach dem Tode gemacht und der „Gasbacillus" in Reinkultur und sehr
reichlich in dem serfis-fibrindsen Exsudat der Bauchhfihle gefunden,
wfihrend die fibrigen Organe und das Blut von Bacillen frei waren,
1) Krogius, A., Om appendiciternas bakteriologi. (Finska Lakaresallskapets
Handlingar. 1899. — Ref. in Baumgartens Jahresbencht von 1899.)
2) v. Brunn, M., Ueber Peritonitis. Zusammenfassendes Referat fiber die Peri-
tonitisliteratur der Jahre 1885—1900. (Centralbl. f. allgem. Palhologie u. pathol. Ana¬
tomic. 1901.)
3) Welch, Morbid conditions caused by the Bacillus aerogenes capsulatus. (The
Philadelphia med. Journ. 1900. Vol. II.)
4i Page, zitiert nach Welch.
5) Pratt, J. H. and Fulton, F. T., Report of cases in which the Bacillus
aerogenes capsulatus was found. (Boston med. and surg. Journ. 1900. June.)
1 *
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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
demnach keine „Schaumorgane“ vorhanden waren. In den Obrigen
Fallen von Perforationsperitonitis waren neben Gasbacillen noch andere
Bakterien vorhanden, doch dominierten erstere. In alien Fallen war
das Abdomen mit Gas erffillt. Besonderen Wert legt Welch den
Fallen von „Pneumo-Peritonitis u mit Gasbacillen bei, die nachweisbar
ohne Darmperforation entstanden waren, und verweist in dieser Hin-
sicht auf einen von ihm und Flexner veroffentlichten solchen Fall.
Auch berichtet er fiber einen von Flexner in Manila beobachteten
analogen Fall, in dem bei der Obduktion, 12 Stunden nach dem Tode,
hamorrhagische Infarzierung des unteren Ileums und des anliegenden
Dickdarms gefunden wurde nach Durchtritt dieser Darmabschnitte durch
ein Loch im Mesenterium. Die Bauchhdhle war voll Gas und schau-
migem, blutigem Serum mit fibrinoser Exsudation. Perforation des
Darmes fehlte. Aus dem peritonealen Exsudat konnte der Gasbacillns
in reichlichster Menge und in Reinkultur erhalten werden. Im Blute
und in den fibrigen Organen war Gas nicht nachweisbar.
Mit noch anderen Bakterien gemischt, fand Welch den Gasbacillus
2mal in zirkumskripten, gashaltigen, intraperitonealen Abscessen nach
Perforation des Wurmfortsatzes.
In jfingster Zeit endlich berichtete Brunner 1 ) fiber anafirobe
Bakterienbefunde bei Peritonitiden nach Magenperforationen, er h§.lt
jedoch die Bedeutung der Anaerobien ffir die Peritonitis im allgemeinen
ffir gering, da sich bei seinen Untersuchungen nur vereinzelt solche
linden liefien. So berichtet Brunner, dafi er im Falle 5 — Ulcus-
perforation — neben Kettenkokken noch Gram negative Kokkobacillen
fand, welche aerob nicht weiter wuchsen, und daB er ferner im Falle 6
— gleichfalls eine Ulcusperforation — mikroskopisch neben Ketten¬
kokken noch lange, dicke Bacillen, zum Teil in F&den, nachweisen
konnte. In diesem Falle wurde kulturell von Silberschmidt eine
anaerobe Species isoliert — neben Staphylococcus pyogenes und
Streptococcus pyogenes — die verschieden lange, unbewegliche
Bacillen darstellte ohne Sporenbildung. Diese Bacillen wuchsen streng
anaerob, rasch bei 37°, langsam bei 22° und bildeten in Gelatine nach
6 Tagen etwa stecknadelkopfgroBe Kolonieen mit Verflfissigung des
Nfihrmediums. Charakteristisch wurden die Gelatinekulturen dadurch,
daB die ursprfinglich runde Verflfissigungszone der Kolonieen sich unten
zuspitzte und die Bakterienmassen am Boden des gebildeten Trichters
sich niederlieBen. In Zuckeragar bildete der Bacillus Gas ohne Geruch.
Einen diesem fihnlichen Bacillus will Silberschmidt aus einem
stinkenden Eiter isoliert haben.
Im Falle 8 endlich — wieder eine Ulcusperforation — wurden im
Exsudat mikroskopisch reichlichst Bakterien nachgewiesen, darunter
lSngere, nach der Methode von Gram nicht entffirbbare Bacillen. Kul¬
turell fand sich in diesem Falle neben Bacterium coli, Ketten- und
Haufenkokken und Kartoffelbacillus, in den anaeroben Bouillonkulturen
noch ein langer Bacillus, der Gramnegativ und nicht weiter zficht-
bar war.
Aus den im vorhergehenden wiedergegebenen Literatnrangaben er-
sehen wir demnach, dafi unsere Kenntnisse fiber anafirobe Peritonitis-
erreger keine sehr eingehenden sind. Wohl sind einige, morphologisch
1) Brunner, C., Weitere kliniscbe Beobachtungen fiber Aetiologie und klinische
Therapie der Magenperforationen und Magenperitonitiden. (Beitrage z. klin. Chirurgie.
Bd. XL* 1903.)
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Ghon u. Sachs, Beitrflge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 5
sicher verschiedene Arten gefunden worden, aber ihre bakteriologische
Identifizierung lSfit so viel zu wtinschen flbrig, daB diese Befunde kaum
verwertet werden kflnnen. AuBerdem fanden sich die meisten der oben
angefuhrten Arten neben anderen, als pathogen gekannten Mikroorganis-
men, so daB ihre fltiologische Bedeutung nicht einwandfrei sichergestellt
ist. Eine Ausnahrae macht nur der Gasbacillus von Welch-Fraen kel.
Diese anaerobe Species ist eine wohlgekannte, ihre Stiologische Bedeu¬
tung fflr gewisse Krankheitsprozesse zweifellos festgestellt. Den Mit-
teilungen von Welch zufolge wurden entzflndliche Verflnderungen des
Peritoneums beobachtet, welche bakteriologisch reichlichst und in Rein-
kultur den Gasbacillus nachweisen liefien. Wir batten also keinen
Grund, die atiologische Bedeutung des Gasbacillus von Welch-
Fraenkel fflr gewisse Formen der Peritonitis noch anzuzweifeln.
Itn Wiener pathologisch-anatomischen Institute hatten wir bereits
mehrfach Gelegenheit, den Bacillus von Welch-Fraenkel im Ex-
sudat von akuten Bauchfellentzflndungen nachweisen zu kdnnen. Meist
fand er sich dabei in Gesellschaft noch anderer Bakterien. Doch war
in manchen der Ffllle seine Menge gegenflber den anderen Bakterien
eine so vorherrschende, daB der Befund als ein auffallender bezeichnet
werden mufite. In 2 Fallen jedoch konnten mikroskopisch auBer Gas-
bacillen andere Bakterien flberhaupt nicht gefunden werden. Kulturell
lieBen sich allerdings auch in diesen beiden Fallen neben Gasbacillen
noch in geringerer Anzahl Bacillen der Coli-Gruppe nachweisen. doch
war in beiden Fallen das Exsudat nicht unter sterilen Kautelen ent-
nommen worden, da die Peritonitis klinisch nicht sicher diagnostiziert
war. Beide Falle betrafen vaginale Totalexstirpationen des Uterus mit
seinen Adnexen und in beiden Fallen bot anatomisch die Peritonitis nicht
das Bild der gewdhnlichen „septischen“ Bauchfellentzflndung, das Ex¬
sudat war vielmehr nicht sehr reichlich, dabei seros-hainorrhagisch mit
sparlichen Fibrinbeschiagen.
DaB der Gasbacillus von Welch-Fraenkel aber sicher nicht den
einzigen anaeroben Bacillus darstelle, der fflr Peritonitiden atiologisch
in Betracht kflme, dafflr scheinen uns einerseits die oben angefflhrten,
wenn auch nicht viel beweisenden Literaturangaben zu sprechen, anderer-
seits unsere eigenen Untersuchungen.
Der im nachfolgenden eingehender mitgeteilte Fall soil den Beweis
dafflr erbringen.
*
* *
Krankengeschichte (Auszug) 1 ): Joh. L., 55 Jahre alt, krank seit Dezeraber
1902. Tagliches Erbrechen der genossenen Speieen einige Stunden nach dem Essen.
Seit Mitte Januar 1903 schwarze Stflhle. In letzter Zeit starke Abmagerung.
Bei der Untersuchung in der oberen Bauchgegend ein druckempfindlicner Tumor
nachwei8bar. Starker Foetor ex ore. Zunahme aer Kachexie.
Am 5. Februar 1903: Hochtympanitischer Schail iiber dem Tumor
und peritoneales Reibeu an seinem medialen Rande. Abdomen aufge-
trieben.
Am 6. Februar 1903 starke Schmerzen im Bauche, Kollaps, Tod.
Die Temperatur, die am Aufnahmetage — d. i. am 27. Januar 1903 — 38,3° C
betrug, schwankte nachher zwischen 36,7 und 39,8° C, in den letzten Tagen zwischen
363 und 37,8° C.
Elinische Diagnose: Carcinoma ventricuii, Peritonitis perfora-
tiva. Nephritis haemorrhagica.
1) Anmerkung: Die Krankengeschichte wurde uns von der V. medizinischen
Abteilung des k. k. allgemeinen Krankenhauses in liebenswiirdigster Weise zur Be-
nutzung iberlassen.
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Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Sektlonsdiugnose (Dr. Ghon)*: Zerfailenes Carcinom der kleinen Kur-
vatur des Magens, ubergreifend auf die untere Flache des linken
Leberlappens and auf das Pankreas. Sekundares Carcinom der
Lympharusen an der kleinen und groBen Kurvatur des Magens und
an der Leberpforte. Sekundares verjauchtes Carcinom in der Leber.
Zirkumskripte f ibri nos-eiterige Peri to n i t is an der Vorderflache des
Magens. Multiple Abscesse in den Lungen mit frischer fibrinoser
Pleuritis uber dem linken Lungen unterlappen. H araorrhagis che Ne-
phr itis. Atrophie des Herzmuskels.
Die Obduktion war ca. 15 Stunden nach dem Tode gemacht worden.
Deckglaspraparate (Tafel: Fig. I) vom peritonitiachen Exsudat zeigten nebon
reichlichen Eiterkorperchen sehr reichhch ziemiich kleine Gramnegative Bad lien
mit mehr oder weniger auffallenden GroBen unterschieden: Man fand alle GrSflen, von
kleinsten, kaum sicEtbaren Formen bis zu solcheu, die etwas langer als Influenza-
bacillen und etwas dicker als diese erschienen. Die Baciilen zeigten teils reinen Stab-
chentypus, d. h. der Langsdurchmesser war groBer als der Brcitendurchmesser und die
Langsseiten lagen zueinander parallel, teils aber waren 6ie mehr oder weniger ausge-
baucht. Dadurch entstanden Formen, die mehr langsoval erschienen oder sich in ihrem
Aussehen den Kokken naherten. Die Bacillen lagen haufig zu zweit oder in kiirzeren
kettenfOrmigen Verbanden und waren verschieden stark gefarbt (Gram mit Fuchsin-
nachfarbung), haufig deutlich bipolar. Auch sah man zwischen den beschriebenen
Formen sehr schwach tingierte und meist unscharf kontunerte Gebilde, deren Zuge-
hbrigkeit zu den erwahnten Bacillen formen aus den vorhandenen verschiedenen Ueber-
gangsformen zu diesen klar erschien (geblahte, degenerierte Formen). Die Bacillen
lagen zumeist extracellular, doch fand man sie auch euweilen in den Zellen.
Andere Bakterien als die beschriebenen waren in den Praparaten nicht vor-
handen.
Agarplatten-Strichkulturen blieben steril.
Zuckeragar-Schiittelkulturen mit Verdunnungen zeigten schon nach
48 Stunden (37" C), deutlicher in den folgenden Tagen Wachstum zahlreicher kleiner,
rundlicher, grauweiBlicher Kolonieen. Das Wachstum der Kolonieen, die bei Lupen-
betrachtung anscheinend vollig gleich aussahen, begann jedoch erst ungefahr eine FingCT-
breite unterhalb der Oberflache. Entsprechend den Verdunnungen war die GroBe der
Kolonieen nicht in alien Zuckeragarrohrchen dieselbe, erreichte jedoch auch an den gut
isolierten Kolonieen nicht die eines Stecknadelkopfes.
Deckglaspraparate von den Zuckeragar-Schiittelkulturen zeigten durchwe^
Gram negative Bacillen formen, die im allgcmeinen dasselbe Bild gaben wie die im pert-
tonitischen Exsudat beschriebenen. Nur fanden sich daneben noch ziemiich reichlich
ungegliederte, verschieden dicke Faden, haufig gekriimmt oder gewunden, manchmal
auch wie angeschwollen oder geblaht, und schwach gefarbte, fast unkenntliche Formen.
Auch von diesen Formen fand man alle Uebergangsoilder zu jenen, die Stabchentypus
zeigten.
Die Untersuchung der Zuckeragar-Schiittelkulturen ergab, dafi es sich um eine
Reinkultur einer besonderen anaeroben Bacillenart handelte, deren Eigen-
schaften weiter unten genauer beschrieben werden.
Zur hi8 tologisch-bak teriologischen Untersuchung gelangten Stiicke
des Tumors aus der Uebergangsstelle desselben vom Magen auf die Leoer, Stiicke von
einer carcinomatos entarteten Lymphdriise an der groflen Magenkurvatur und Stiicke
von Lungenabscessen.
Magen turn or mit Leber: Die Zellen des Tumors waren fast durchweg ne-
krotisch und dadurch unkenntlich. G^en das Lebergewebe waren die kernlosen Tumor-
massen abgegrenzt durch einen ziemiich breiten Wall von polynuklearen I^eukocyten,
die an ihrer Peripherie durchweg gut gefarbte Kerne zeigten, der Tumormasse zu hin-
gegen schlechter gefarbt und undeutlicher begrenzt erschienen. lnnerhalb dieses Leuko-
cytenwalles fand man mehr oder weniger gut erhaltene Reste von Leberzellbalken. Das
dem Leukocvtenwall angrenzende Lebergewebe war komprimiert und zum Teil von
Blutungshercfen durchsetzt.
lnnerhalb des erwahnten Eiterwalles sah man schon in den mit Hamalaun-Eosin
gefarbten Praparaten, deutlicher aber in den mit Boraxmethylenblau tingierten ver¬
schieden groBe, wolkenahnliche Massen, die aus Bakterien bestanden. Diese Bakterien
stellten meist kurze, seltener etwas langere Bacillen dar, die haufig deutlich bipolar ge¬
farbt erschienen oder wie gekornt aussahen, wenn solche bipolar gefarbte Formen zu
kiirzeren oder langeren gegliederten Faden angeordnet waren. Im allgemeinen er¬
schienen auch in den Schnittpraparaten die Bacillen schwach gefarbt und waren etwas
deutlicher kenntlieh nur dann, wenn sie isoliert lagen oder aber, wenn man sie in den
Kandpartieen der oben erwahnten Haufen aufsuchte.
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Ghon u. Sachs, BeitrSge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. ^
In den zentralen Partieen der Haufen oder dort, wo diese dichter gefiigt er-
achienen, waren die Bacillen in ihren Umrissen fast unkenutlich. Die Bacillen lagen
auch in den Schnitten meist extracellular, doch fand man nicht so selten auch Eiter-
und Leberzellen, deren Protoplasma mehr oder weniger reichlich Bacillen enthielt (Tafel:
Fig. II).
Bei der Farbung nach der Methode von Grara-Weigert wurden die beschrie-
benenen Bacillen entfarbt, wohl aber trat durch diese Methode stellenweise innerh&lb
des Eiterwalles ein Netzwerk zarter, violett tingierter Fasern deutlich zu Tage (fibri-
nftses Exsudat).
Andere Bakterien als die beschriebenen konnten in den Schnitten nicht gefunden
werden.
Die Lymphdruse erschien vdllig substituiert durch Tumormassen, die zum
grofieren Teile nekrosiert waren. Auch hier fand man in den nekrotischen Tumor¬
massen sowohl in den mit Hamalaun-Eosin als auch in den mit Boraxmethylenblau
gefarbten Schnittpraparaten dieselben Bakterien haufen wie im Magen-Lebertumor. Sie
setzten sich auch hier aus denselben Bacillen zusammen, die wir oben beschrieben haben.
Andere Bakterien waren auch in der Lymphdruse nicht nachweisbar.
Die Schnittpraparate aus den Lungenabscessen zeigten groflere oder kleinere
Herde, die toils aus polynuklearen Leukocyten, teils aus nekrotischen Massen bestanden.
Innerhalb dieser Herde sah man noch Reste des Lungenparenchyms, in dem diesen
Herden angrenzenden Lungengewebe Blutungen und fibrinose Exsudation. Tumorele-
mente waren in den Lungennerden nicht nachweisbar. Sowohl in den Rand- als auch in
den zentralen Partieen dieser Lungenherde lagen kleinere oder grofiere Bakterienhaufen,
manchmal auch innerhalb von Gefafien. Am reichlichsten sah man diese Bakterienhaufen
in einem Herde nahe der Oberflache, dem entsprechend auch die Pleura fibrinos-eiterige
Ex8udatauflagerungen zeigte. Auch die in den Lungenherden nachweisbaren Bakterien¬
haufen bestanden durchweg aus Gramnegativen Bacillen einer Art, die in der Form
und Anordnung sowie hinsichtlich ihres farberischen Verhaltens mit jenen iiberein-
stimmten, die wir im Magen-Lebertumor und in der LymphdrQse beschrieben hatten.
Andere Bakterien waren nicht nachweisbar.
Die den beschriebenen Lungenherden naheiiegenden kleineren Bronchien enthielten
neben abgestofienen Epithelien ziemlich reichlich polynukleare Leukocyten und fibri-
noses Exsudat. Baktenen konnten darin jedoch nicht gefunden werden, ebenso nicht in
den pleuritischen Exsudatauflagerungen.
*
* *
Das aus dem peritonitischen Exsudate in Reinkultur gezuchtete
Bakterium war durch folgende Eigenschaften ausgezeichnet:
Morphologisches und fSrberisches Verhalten.
Der Bacillus zeigte im allgemeinen kleine Formen, etwas linger
und dicker als Influenzabacillen (Tafel: Fig. I u. III). Daneben fanden
sich einerseits kiirzere kokken&hnliche, andererseits lingere Formen so¬
wie kflrzere oder langere, ungegliederte und gegliederte F&den. Nicht
so selten konnte man auch Formen linden, die ausgebaucht, wie aufge-
bliht erschienen (Tafel: Fig. III).
Alle die beschriebenen Formen fand man sowohl in den Ausstrich-
pr¶ten aus dem peritonitischen Exsudat als auch in den Praparaten
aus den Kulturen. In letzteren zeigten sich aber auBerdem noch hiufig
— wenn auch nicht immer in gleicher Menge — andere Formen:
lingere, verschieden dicke Fiden, h&ufig gekrQmmt oder vielfach ge-
wunden (Tafel: Fig. IV), nicht selten auch knauelartig durcheinander
geschlungen, keulen- und birnformige, rundliche oder ovale, hefezellen-
Ahnliche sowie spindel- und tonnenformige Gebilde — alle diese Formen
in versehiedenen GroBen, mitunter in wahren Riesenformen (Tafel:
Fig. V). Diese so verschiedenartig aussehenden Gebilde lagen entweder
fflr sich zwischen den anderen kleineren Formen oder aber — und das
war hfiufiger zu linden — als Anschwellungen von kflrzeren und l&n-
geren F&den sichtbar, entweder in der Mitte oder am Ende derselben
gelegen. Dadurch kamen Formen zu stande, die Ganglienzellen und
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIU. Heft 1.
Spermatozoen iahnlich saben. Diese Gebilde fan den sicb nicbt selten
auch zu zweit und dritt im Verlaufe der Faden, oft dazu noch in ver-
schiedenen GroBen, so daB dadurch rosenkranzahnliche oder ganz eigen-
artig unregelrafiBige Formen sichtbar wurden (Tafel: Fig. V).
Der F&rbung mit den gebrauchlichen Farbstoffen gegenflber ver-
bielten sich die Bacillen nicht gleich. Wahrend sich die typiscben Ba-
cillenformen, und zwar namentlich die kiirzeren, zumeist nicht schwer
farberisch darstellen liefien, waren die wie geblaht aussebenden Formen
sowie die spindel- und tonnenformigen Gebilde, die kleineren sowohl
als auch die Riesenformen, schwer farbbar. Oft farbten sie sich flber-
haupt nicht, andere Male wieder nahmen sie den Farbstoff nur schwacb
an, so daB ihre Konturen undeutlich, verschwomnien aussahen. Waren
solche schwer farbbare Formen in den Praparaten vorherrschend. so
konnte man in denselben dann nicht viel mehr als detritusahnliche
Massen wahrnehmeu.
Von den verschiedenen Methoden, die zur Darstellung dieser
Gebilde versucht wurden — verschiedene Fuchsin- und Methylenblau-
lbsungen, Gentianaviolett, spezifische Methoden mit and ohne Beize
etc. — ergaben manchmal noch die verschiedenen Methylenblaufar-
bungen insofern die besten Resultate, als damit bei den erwahnten
verschiedenartigen Formen nicht selten die beiden Polenden derselben
als kleinste, mehr oder weniger stark gefarbte Kdrnchen sichtbar wurden.
Der Gram schen Methode gegeniiber verhielten sich die Bacillen
immer gleichmaBig negativ: sie entfarbten sich dabei rasch und voll-
standig, gleichgflltig, ob es sich um jQngere oder aitere Formen han-
delte.
Die besten Resultate fflr die Darstellung aller Formen gab uns
die Behandlung derselben mit Jod (Lugolsche Losung oder Jod-
gummi). Die Konturen der verschiedenen Formen, unter welchen sich
der Bacillus zeigte, traten bei dieser Darstellungsweise gewdhnlich deut-
lich, ja meist recht scharf hervor. Dabei erschienen die verschiedenen
Bakterienformen entweder gleichmaBig hellgelb bezw. gelblich oder aber
man fand in denselben mehr oder weniger reichlich meist braunrote Ein-
lagerungen, und zwar sowohl in den kleinen, geraden als auch in den
eigenartig gestalteten, aufgetriebenen Formen. Die Riesenformen waren
fast durchweg gleichmaBig rotbraun gefarbt. Faden erschienen durch
diese Einlagerungen oft mehr oder weniger gleichmaBig oder segmen-
tiert braunrot. Es soli hier ausdrficklich hervorgehoben werden, daB
in 48 Stunden alten Zuckeragarkulturen mit 1 Promille
Starke, in welchen vorwiegend kQrzere und plumpere Formen sicht¬
bar waren, diese Braunfarbung nicht nachweisbar war. Dagegen konnte
sie in alteren Kulturen mit Starkezusatz gleichzeitig mit dem Auf-
treten von geschwollenen und Riesenformen sowohl in diesen als auch
in den Faden wieder nachgewiesen werden.
Die oben beschriebenen gebiahten, verschieden gestalteten, schwer
farbbaren Formen traten zahlreicher in alteren Kulturen auf, namentlich
der spateren Generationen. Ebenso sah man die eigenartigen Riesen¬
formen auch vorwiegend in alteren Kulturen, am schdnsten und zahl-
reichsten in einer 10 Tage alten Traubenzucker-Agarkultur, der Neutral-
rot zugesetzt war. Die Bildung der Riesenformen schien uns namentlich
durch den Traubenzuckergehalt der NahrbSden begQnstigt. In alteren
Agar- und Gelatinekulturen mit 1—2 Proz. Traubenzucker fehlten diese
Formen in den spateren Generationen fast nie, wahrend gleichalterige
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Ghon u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 9
Oelatinekulturen ohne Traubenzucker sie fast vdllig vermissen lie Ben.
Zusatz von Milchzucker (2 Proz.) zu Agar und Bouillon begilnstigte da-
gegen das Entstehen dieser Riesenformen nicht. Kulturen auf er-
starrtem Loeffler-Serum und in erstarrter Hydrocelenfliissigkeit
zeigten — auch wenn sie sehr alt waren — keine Riesenformen, son-
dern meist nur kurze Bacillen und ldngere, dQnne Faden.
Sporen konnten niemals nachgewiesen werden.
Die Tatsache, dafi dem Bacillus die Fahigkeit, Sporen zu bilden,
mangelte, daB ferner mit dem Alter der Kulturen auch die Zahl der
geblahten und schwer sich farbenden Formen zunahm, bestimmte uns,
diese eigentflmlichen geblahten und Riesenformen als Degenerations-
gebilde anzusprechen.
K apse In lieBen sich mit keiner der bekannten und gebrfiuchlich-
sten Methoden darstellen.
Die Bacillen waren stets unbeweglich, GeiBeln konnten nach
der Methode von Loeffler nicht nachgewiesen werden.
Kulturelles und biochemisches Verhalten.
Der gezflchtete Bacillus ist ein streng anaerobes Bakterium
und wachst ausschliefilich nur bei hdheren Tern peraturen.
In Zuckeragar-Stichkulturen (1 Proz. Traubenzucker) zeigte
sich oft schon nach 24 Stunden, besser und deutlicher nach 48 Stunden,
manchmal auch erst sp&ter, Entwickelung entlang dem Impfstiche: ent-
weder als zartes, graues, gleichraaBiges Band Oder aber in Form ein-
zelner, mehr oder weniger dicht stehender Kolonieen. Nicht selten
sah man auch das in den oberen Partieen des Impfstiches gleichmaBig
bandformige Wachstum in einzelne nach unten an Grdfie zunehmende
Kolonieen flbergehen. Die GrOBe der einzeln stehenden Kolonieen war
verschieden und abhangig von der Dichte der Aussaat. Gut isolierte
Kolonieen erreichten selten Stecknadelkopfgrdfie, fiir gewdhnlich waren
sie kleiner. Ausnahmsweise sahen wir einige Male Kolonieen einen
Dnrchmesser bis zu 3 mm erlangen. Solche gut isolierte Kolouieen
stellten dann, dem Impfstiche entsprechend, flache, bikonvexe Scheiben
dar mit leicht braunlichem, dichterem Kern und einem etwas helleren
Hof, der haufig undeutlich dendritisch verastelt und unregelmaBig be*
grenzt aussah. Manchmal hatte der Hof ein mehr wolkiges Aussehen.
Aehnliche Kolonieen fanden sich auch in Zuckeragar-Schfittel*
kulturen bei entsprechender Verdflnnung, sonst entstand in diesen
Kulturen eine mehr oder minder starke wolkige Trtlbung.
In den Zuckeragarkulturen erfolgte gewdhnlich sparliche
Gasbildung, bei haufigem Ueberimpfen und in geeignetem Nahr-
boden war diesel be auch manchmal reichlicher. Niemals jedoch war sie
so stflrmisch, daB es zur ZerreiBung der Agarsaule kam.
Kulturen in gewdhnlichemAgar (ohne Zusatz von Zucker) er-
gaben dasselbe Bild wie Zuckeragarkulturen.
In nicht flberschichteten Agar- oder Zuckeragarkulturen begann
das Wachstum erst ca. 1,5—2 cm unterhalb der Oberflache.
Oberfiachen wachstum (auf Zuckeragar bezw. Agar) war im
allgemeinen schwer erhaitlich. Nur bei auBerst sorgfaltigem und raschem
Arbeiten zeigten Strichkulturen auf Zuckeragarplatten unter Wasserstoff-
atmosphare (siehe 1. Mitteilung) bei relativ reichlicher Aussaat ein
haucbartiges Wachstum entlang den Strichen, welches sich mikroskopisch
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]0 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVHI. Heft 1.
bei schwacher und starker VergrOBerung als ein feingekdrnter, ver-
schwommen aussehender, zarter Rasen repr&sentierte.
PlattenguBkulturen in Zuckeragar unter Wasserstoffatmo-
sph&re zeigten nach mehreren Tagen (bei 37°) ira allgemeinen kleine,
doch verschieden groBe und verschieden geformte, lichtbr&unliche Kolo-
nieen, unregelm&Big begrenzt. Schon bei LupenvergrOBerung konnte
man erkennen, dafi die meisten der Kolonieen sicb aus einer Reihe
kleinerer zusammensetzten, die nach aufien zu weniger dicht standen
and grdBer wurden. Diese Konglomeratkolonieen sahen mikroskopiscb
an der Peripherie oval oder rundlich aus, Parasiteneiern nicht un&hn-
lich. Sie erscbienen dabei gekbrnt, wie glitzernd, licht gelblichbraun
und meist scharf begrenzt. In den zentralen Partieen zeigten diese
Konglomeratkolonieen ein brdckeliges Ausseben.
Zusatz von 2 Proz. Robrzucker oder 2 Proz. Milchzucker
zu Agar Snderte insofern die Wachstumsverhaltnisse, als bei Rohrzucker-
zusatz die Entwickelung der Kulturen entschieden eine schw&chere war
als bei Traubenzucker- oder Milchzuckerzusatz. Dagegen war in den
Rohrzucker-Agarkulturen die Gasbildung mitunter reicblicher als in den
Traubenzucker-Agarkulturen, w&hrend in den Milchzucker-Agarkulturen
oft jegliche Gasbildung ausblieb.
Zuckergelatinekulturen, mit Agar Oberschichtet und bei
37® C gehalten, liefien spSrliches oder nur mSBig reichliches Wachstum
erkennen in Form eines zarten, flockigen Niederschlages oder in Form
zartester Flocken, die sich zun&chst schwebend erhielten und dann
unter gleichzeitiger Kl&rung des N&hrbodens langsam zu Boden sanken.
Dasselbe Wachstum zeigten auch Gelatinekulturen (ohne Zu¬
satz von Zucker).
Gasbildung konnte in den Gelatine- und Zuckergelatinekulturen
nicht immer beobachtet werden, sie erfolgte manchmal aber auch dann
— allerdings nur sp&rlich — wenn die Ueberschichtung der Kulturen
mit sogenanntem „Wasseragar“ (Agar in Wasser gelflst ohne weiteren
Zusatz) gemacht worden war.
Verflflssigung der Gelatine erfolgte nicht. Auch Kulturen,
die bis zu 50 Tagen bei 37° gehalten wurden und dppiges Wachstum
zeigten, erstarrten prompt, wenn sie in kaltes Wasser oder Eis ge-
stellt wurden. Die Erstarrung der im Briitofen flflssig gewordenen
Kulturen erfolgte allerdings nicht immer gleich rasch. Dieselbe Er-
scheinung zeigten aber auch nicht geimpfte Gelatiner&hrchen, die zur
Kontrolle gleich lange bei 37° gehalten wurden. Nur einmal blieb
eine Zuckergelatinekultur, die — Oppig angegangen — langere Zeit
(35 Tage) bei 37° gehalten wurde, flflssig. Diese Kultur reagierte
schwach, aber deutlich sauer. Eine groBere Anzahl anderer Zucker¬
gelatinekulturen derselben Beobachtungsreihe, jedoch mit anderer Pro-
venienz des NShrbodens, erstarrten rasch und prompt.
In gewohnlicher Bouillon erfolgte nach 2—3 Tagen Trflbung,
sp&ter Bildung eines feinflockigen Satzes, der sich bald zu Boden senkte,
w&hrend sich gleichzeitig die Flflssigkeit vollig kl&rte. Sp&rliche Gas¬
bildung (bei Ueberschichtung mit „Wasseragar“).
Traubenzucker-Bouillonkulturen zeigten im allgemeinen
dieselben Verh<nisse, nur war das Wachstum etwas Qppiger.
(Schlufi folgt)
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Schwarz, Ueber einen neuen, fiir Kaltbluter pathogenen Mikroorganismus. \\
Nachdruck verboten.
Ueber einen nenen, fiir Kaltbluter pathogenen Mikro¬
organismus (B. hypothermos).
[Aus dem Institut fur allgemeine und experimentelle Pathologie der
k. k. Universitat Innsbruck (Vorstand: Prof. Dr. M. LS w it).]
Von Dr. Carl Schwarz, Assistenten am Institut.
Vor einigen Monaten sind im hiesigen anatomischen Institute zwei
Briickenechsen (Uatteria punctata) aus Neu-Seeland angelangt, von
denen die eine einige Wochen nach ihrer Ankunft einging. Bei der
Sektion fanden sich vor und hinter dem Brustbein AbsceBhohlen, die
mit kSsigen, an verkaste Tuberkel erinnernde Massen erfallt waren.
Diesen AbsceBinhalt hat Herr Prof. F. Hochstetter mir in freund-
lichster Weise flberlassen, wofflr ihm auch an dieser Stelle mein Dank
ausgesprochen sei.
Die mikroskopische Untersuchung der kasigen Masse zeigte eine
sehr groBe Menge von ungemein kleinen, oft zu zweien liegenden
Stabchen, die sehr leicht in Reinkultur zu erhalten waren.
Da sich diese in der Folge ausschlieBlich fur KaltblQtler pathogen
erwiesen, so scheint es mir bei der geringen Kenntnis derartiger Mikro-
organismen nicht fiberfliissig, ilber die Biologie dieses bisher noch un-
bekannten Mikroorganismus etwas ausfuhrlicher zu berichten.
Dieser Mikroorganismus ist ein kleines Stabchen von 1,0—1,4 p
Lange, das im mikroskopischen Praparate vielfach zu zweien angeordnet,
infolge seiner geringen Gr5Be oft den Eindruck eines Diplococcus
hervorruft. In den verschiedenen Kulturmedien konnte niemals eine
gruppen- oder fadenfQrmige Anordnung der Stabchen konstatiert werden.
Es farbt sich leicht mit den gewfihnlichen Farbstoffen und wird nach
der Gramschen Methods entfarbt. Frisch dem Tierkbrper entnommene
Stabchen mit LSfflers Methylenblau gefarbt, lassen oft stark gefarbte
Pole und einen fast ungefarbten Innenteil erkennen. Dieselben sind
sehr lebhaft beweglich, und ihre nach der Peppierschen Methode dar-
gestellten GeiBeln sehr lang und in groBer Zahl peritrich angeordnet.
An den frisch dem Tierkdrper entnommenen Stabchen last sich auch
mit den gewflhnlichen Methoden eine deutliche Kapsel zur Darstellung
bringen. Eine Sporenbildung war dagegen selbst in mehrere Monate
alten Kulturen nicht beobachtet worden.
Das Wachstumsoptimum dieses Stabchens liegt bei 15—20° C;
oberhalb dieser Temperatur nimmt sein Wachstum allmBhlich ab und
erlischt bei 37 0 meist vollkommen. Ebenso bedingt auch eine Temperatur-
erniedrigung(Eisschranktemperatur von 6—8° C) eine sehr eingeschrankte
Entwickelung. Es gedeiht sowohl aSrob wie anaerob und zeigt unter
anaSroben Bedingungen nur eine ganz geringe Wachstumsverminderung.
Manche bemerkenswerte Erscheinungen, die hierbei auftreten, sollen
spater erbrtert werden.
Das Stabchen ist auf den gewdhnlichen Nahrboden, wie auch auf
Serumnahrboden, leicht ziichtbar und zeigt auf beiden bereits nach
24 Stunden ein sehr iippiges Wachstum. Eine etwas erhohte Alkalescenz
des Nahrbodens scheint seine Wachstumsintensitat hierbei zu steigern.
Fflr Gelatine besitzt es ein sehr bedeutendes Peptonisierungsvermogen,
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das unter anaeroben Bedingungen sehr stark herabgesetzt, oft sogar
ganz aufgehoben ist, so daB nach wochenlanger anaerober Kultur die
Menge der verfliissigten Gelatine eine ganz geringffigige ist. Im Gelatine-
stich ist die Verflfissigungszone anfangs schalenformig, wird jedoch sehr
rasch cylindrisch, so daB gewfihnlich bereits nach 24 Stunden eine
mehrere Millimeter hohe Schicht des N&hrbodens in eine triibe, z&he
Flfissigkeit umgewandelt ist.
Auf der Gelatineplatte finden sich ca. 20 Stunden nach der Impfung
makroskopisch kaum sichtbare, mikroskopisch rundliche, oft gelappt aus-
sehende h&utchenartige oberflachliche Kolonieen, die in ihrem Innern oft
eine feine Zeichnung erkennen lassen, so daft sie in ihrem Anfangsstadium
entfernt an ebensolche Typhusbacillenkolonieen erinnern. Diese Kolonieen
brfiunen sich allm&hlich im Zentrum, wobei zugleich die helle durch-
scheinende Randzone sich auffasert, um sich allm&hlich in formlose triibe
Massen aufzuldsen, die dann in der schalenfdrmigen Verflfissigungszone
schwimmen. Die tiefen Kolonieen sind anfangs rundlich, gelblich oder
gelblichbraun gef&rbt und glattrandig; sie fasern sich ebenfalls sehr bald
auf und verwandeln sich hierbei sehr rasch in unregelmSBige triibe Massen.
Die Agarstrichkultur zeigt bereits nach 24 Stunden ein sehr fippiges
Wachstum in der Form eines grauweifien, ungemein feucht gl&nzenden,
schleimigen Belages, der jenem von Kapselbacillen (B. pneumoniae
Friedl&nder, B. lactis aerogenes) sehr ahnlich ist. Ebenso erinnert
auch die Agarstichkultur mit ihrem nagelkopfartigen Oberflachenwachstum
und seinem fadenformigen Wachstum im Stichkanal an die gleichen
Kulturen derselben Kapselbacillen.
Auf der Agarplatte zeigen sich bereits wenige Stunden nach ihrer
Beschickung kleine, rundliche, hfiutchenartige, fein granulierte Kolonieen,
die sich bald nagelkopfartig fiber die Oberflfiche des Agars erheben; im
Zentrum braun gef&rbt, blassen sie gegen die Peripherie allm&hlich ab.
Die tiefen Kolonieen sind rund oder wetzsteinfdrmig, glattrandig und
gelblichbraun gef&rbt.
Die Bouillonkultur wie die Peptonwasserkultur zeigt bereits wenige
Stunden nach ihrer Impfung eine gleichmaBige Trfibung mit einem
massigen und beim Schfitteln leicht gleichm&Big zu verteilenden Boden-
satz; eine Kahmhaut wird niemals gebildet.
Milch wird ganz konstant nach 48 Stunden zur Gerinnung gebracht,
ohne dafi jedoch eine Sfiurebildung eintritt, so dafi wohl an die Bildung
eines labenden Fermentes gedacht werden darf.
Aeltere Kartoffelkulturen bieten vom 5.-6. Tage an ein bemerkens-
wertes Aussehen. Wahrend in den ersten Tagen das Wachstum ganz
nncharakteristisch ist in der Form eines gelblichweifien Hfiutchens, das
sich allm&hlich zu einem sehr fippigen gelblichen Belag mit wallartigen
R&ndern umwandelt, finden sich vom 5.-6. Tage mitten auf dem Belag
einzelne kleine bl&schenartige Erhebungen, die langsam zu groBeren
gashaltigen Blasen anwachsen und sp&ter vielfach platzen. Die Unter-
suchung dieser ungemein kleinen Gasmengen war aus technischen
Grfinden leider vollst&ndig undurchffihrbar.
Auf erstarrtem Rinderserum findet unter rascher Verflflssigung des
Serums ein fippiges Wachstum statt.
Von den chemischen Leistungen dieses Mikroorganismus sei zun&chst
auf die Bildung von Indol hingewiesen, das in Peptonwasserkultur vom
3. Tage an mit zunehmender St&rke nachgewiesen wurde. Auch ein
krfiftiges Reduktionsvermdgen konnte in den mit Methylenblau versetzten
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Schwarz, Ueber einen neuen, fur Kaltblhter pathogenen Mikroorganismus. 13
flflssigen and festen Nlhrboden festgestellt werden. Die Bildung von
Schwefelwasserstoff bam niemals zur Beobachtung.
Was die Zersetzung des Traubenzuckers anbelangt, so beginnt in
Traubenzuckerbouillonknlturen gewbhnlich erst vom 2. Tage an eine
schwache Gasbildung, die auch in den folgenden Tagen nur ganz maBig
zunimmt Die Untersuchang des aus einer groBen Anzahl von Rdhrchen
gesammelten Gases ergab zum grdBten Teile Kohlenslure (ca. 50 Proz.),
dann KohlenwasserstofFe und eine kleine Menge Stickstoff. Wie die mit
eiweiBfreien, jedoch stickstoffhaltigen NahrbSden angesteilten Versuche
zeigten, stammt der bei der Gasanalyse gefundene Stickstoff weder von
Nitriten noch von Nitraten, sondern darf wohl als ein Endprodokt beim
Abbau der EiweiBkOrper angesehen werden. Mit Traubenzucker versetzte
Agar- oder Gelatineschflttelkulturen zeigten unter anaeroben Verhait-
nissen immer eine viel bedeutendere Gasbildung als unter aeroben. In
Milchzuckerkulturen konnte niemals Gasbildung beobachtet werden.
Die Untersuchung der Pathogenitat dieses Mikroorganismus er-
streckte sich sowohl auf Warmblfiter, als auch auf Kaltbliiter. Von
Warmblfltern kamen Eaninchen, Meerschweinchen, weiBe Mause und
weiBe Ratten zur Untersuchung. Bei diesen konnten weder durch intra-
peritoneale noch durch subkutane Infektion selbst mit groBen Bakterien-
mengen (1 — 2 schrSge Agarkulturen) irgendwelche lokale oder allgemeine
Krankheitserscheinungen hervorgerufen werden. Alle verhielten sich
durchaus refraktSr.
Hingegen haben sich alle von mir untersuchten Kaltbliiter mehr
oder weniger empf&nglich fiir diesen Mikroorganismus erwiesen. Zur
Untersuchung kamen Frosche (Rana esculenta und temporaria ), Tritonen
(Triton alpestris ), Salamander ( Salamandra atra), Eidechsen (Lacerta
agilis ) und Schildkrbten ( Testudo graeca). Alle diese Tiere erlagen nach
kurzerer oder lingerer Zeit der Infektion und zwar ausnahmslos unter
dem Bilde einer Septiklmie, ohne daB irgendwo, auch nicht an der
Infektionsstelle, lokale Prozesse zur Beobachtung kamen. Vom Obduktions-
befund sei nur die Anwesenheit einer kleinen Menge blutiger Flflssig-
keit in der K5rperh0hle als konstant hervorgehoben. Das Infektions-
material entstammte immer einer nicht mehr als 24 Stunden alten
Agarkultur, die, in Kochsalzlosung aufgeschwemmt, zur subkutanen oder
intraabdominalen Injektion diente.
Tritonen, Salamander, Eidechsen und Schildkroten erwiesen sich fiir
diesen Mikroorganismus sehr empffinglich, da dieselben nach subkutaner
Infektion mit einer oder einer halben Oese (0,012 mg) fast regelmlBig
nach 3—4 Tagen eingingen. Frdsche zeigten dagegen ein sehr ver-
schiedenes Verhalten. Wahrend in den Monaten Mlrz und April slmt-
liche Frosche nach subkutaner und intraabdominaler Infektion mit einer
gewissen RegelmaBigkeit eingingen (bei einigen trat allerdings der Tod
erst am 14. Tage ein), blieben dieselben in den Sommermonaten (Juni,
Juli, August) selbst nach Infektion mit einer groBen Bakterienmenge
vollstandig unversehrt. Da sich zu dieser Zeit jedoch dieser Mikro¬
organismus vdllig virulent den anderen Kaltblfitem gegeniiber erwies,
kann diese Verschiedenheit nur in einer mit der Jahreszeit verlnderten
Disposition der FrSsche gelegen sein, wie sie bereits Ernst 1 ) beobachtet
und beschrieben hat.
Da der beschriebene Mikroorganismus ein relativ niedriges Tem-
1) Zieglers Beitrage. Bd. VIII. 1890.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
peraturoptimum (15—20° C) besitzt, so schien es nicht aussichtslos,
einige Infektionsversuche in der Art anzustellen, daB man die infizierten
Tiere durch mehrere Tage einer hoheren Temperatur als der normalen
aussetzte und die Erfolge der Infektion abwartete. Derartige infizierte
Warmfrfische, die 5—8 Tage im Thermostaten bei 25° C gehalten wurden,
blieben vor jedweder Infektion bewahrt, w&hrend die Kontrollfrosche,
die bei Zimmertemperatur aufbewahrt waren, der Infektion sicher nach
wenigen Tagen erlagen. Selbst nach Infektion mit sehr grofien Dosen
( l 2 / t — 1 Agarkultur), nach welcher die Kontrollfrfische schon wenige
Stunden nach der Infektion gewohnlich eingingen, konnten an den Warm-
froschen nicht die geringsten Krankheitserscheinungen beobachtet werden.
Eine 3-tSgige Aufbewahrung der infizierten Frfische bei 25° C
geniigte, urn sie dann bei Zimmertemperatur unversehrt am Leben zu
erhalten. Derartige infizierte Frosche, die durch Aufbewahrung bei
25° C vfillig intakt geblieben waren, zeigten jedoch keinerlei Erscheinungen
von Immunit&t, sondern erlagen dann bei Zimmertemperatur selbst nach
Impfung mit sehr kleinen Dosen regelmSBig der Infektion. Diese eben
beschriebenen Versuche wurden ausschlieBlich an FrOschen und zwar
an fur diese Infektion empf&nglichen Frfihjahrsfrfischen angestellt, die
jedoch immer bereits mehrere Stunden vor der Infektion der erhohten
Temperatur ausgesetzt gewesen waren.
Ich hatte auch noch Gelegenheit, die zweite zur Zeit noch im ana-
tomischen Institute lebend vorhandene Brfickenechse zu untersuchen, bei
der sich in der Kloakengegend ein ziemlich groBer AbsceB gebildet hatte.
In diesem konnte derselbe Mikroorganismus nachgewiesen werden. Der¬
artige chronische lokale Prozesse hervorzurufen, war bei den mir zur
Verfflgung stehenden Tieren unmoglich.
In selbst viele Monate alten Bouillonkulturen konnte eine Toxin-
bildung nicht nachgewiesen werden.
Von den in der Literatur beschriebenen ausschlieBlich ftir Kalt-
blfiter 1 ) pathogenen Mikroorganismen zeigt keiner, soweit dieselben
tiberhaupt ausfuhrlich beschrieben sind, eine Uebereinstimmung mit dem
hier beschriebenen Mikroorganismus. Auchunter den inMatzuschitas*)
„Bakteriologischer Diagnostic angefiihrten Mikroben war kein einziger
mit dem hier beschriebenen zu identifizieren. Es bleibe vorlfiufig unent-
schieden, ob der beschriebene Mikroorganismus tatsfichlich eine neue
Species darstellt, da mir die diesbeztigliche Literatur fiber die ffir Kalt-
blfiter pathogenen Mikroben nicht genfigend zugSnglich war. Insolange
aber die Identitfit desselben mit einer bereits bekannten Art nicht fest-
gestellt ist, glaube ich denselben mit einem gesonderten Namen als
B. hypothermos belegen zu sollen, der nach seinem niedrigen Tem-
peraturoptimum gewfihlt wurde.
1) Matziischita, Bakteriolog. Diagnostik. 1902. — A. Weber, Zur Aetiologie
der Krebspest.(Arb.a.d.k.Qeeundheitsamt. Bd.XV. 1899.) — Babes, V. u. Riegler, P.,
Ueber eineFiscnepidemie bei Bukarest. ^Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd.XXXIII. 1903. p. 438.)
2) 1. c.
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Do err, Ueber Spirillum pyogenes Mezincescu.
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Nachdruck verboten .
Ueber Spirillum pyogenes Mezincescu.
[Aus dem bakteriologischen Laboratorinm des k. und k. Militar-
sanit&tskoraitees in Wien (Vorstand: Oberstabsarzt Dr. L. Kamen).]
Von Dr. R. Doerr, k. und k. Regimentsarzt.
Mit 1 Tafel.
In Bd. XXXV. Heft 2 dieses Centralbl. macht Mezincescu eine
Mitteilung iiber ein Spirillum, welches er in Reinkultur im Eiter eines
operierten Falles von Pyelitis calculosa fand. Deckglas-Ausstrichpr¶te
enthielten zahlreiche rankenffirmige, dflnne und schlanke Gebilde, welche
an beiden Enden zugespitzt waren und bei einer Lange von 3,6—8 p
2—9 spiralffirmige Windungen aufwiesen. „Langere, 10—12 p habende
Gebilde kommen seltener vor. — Neben diesen Formen, von welchen
2—3 auf einem Gesichtsfelde sich befanden, erschienen auch noch mehrere
intracelluiare Spirillen, jedoch haufig nur als fragmentare Formen, echte
gekrflmmte Stfibchen, welche 1—2 Krfimmungen besitzen und dem Vi¬
brio cholerae auffallend gleichen.“
Diese Mikroorganismen waren schwer tingibel, nur mit verdflnntem
Karbolfuchsin gut ffirbbar, Gram-negativ, auf den gewfihnlichen Nahr-
bdden (Fleischwasserpepton, Ascitesflttssigkeit, Agar, Blutagar) nicht
kultivierbar und fQr weide MSuse nicht pathogen.
Mezincescu beansprucht ffir seinen Befund bei der Dfirftigkeit
unserer Kenntnisse fiber pathogene Spirillen ein besonderes Interesse,
um so mehr, da hier der erste Fall eines Eitererregers aus dieser Gruppe
vorliege. Er bezeichnet diese neue Art nach ihrer Wirkung als Spiril¬
lum pyogenes. Der Umstand, dad die Beobachtung des genannten
Autors bisher isoliert blieb und dad die Kultur des Spirillums nicht ge-
lang, veranladt. mich, einen Fall von ausgedehnter eiteriger Entzflndung
seroser Haute mitzuteilen, bei dem sich als einziger Mikroorganismus
gleichfalls ein Spirillum nachweisen lied, das morphologisch dem von
Mezincescu entdeckten so vfillig gleicht, dad fiber die Identitat beider
kein Zweifel moglich ist.
Ein Vergleich der Mikrophotograrame Mezincescus mit den mei-
nigen wird diese Behauptung bestatigen. Es gelang mir, Kulturen dieser
Mikroorganismen zu erzielen, wodurch eine genauere Bestimmung der-
selben ffir die Folge ermQglicht ist; die Art des Wachstums und die
Nfihrbfiden, auf welchen die Zflchtung gelang, widerlegen auch die Ver-
mutung, die im negativen Ausfall der Eulturversuche Mezincescus
und in seinen Bildem bei Romanowskyscher Ffirbung eine Stfitze
findet, dad der von ihm gesehene Mikroorganismus etwa in die Gruppe
der Trypanosomen einzureihen ist.
Aus der Krankengeschichte seien blod folgende, ffir das Vorliegende
wichtige Details erwfihnt:
Patient ist 38 Jahre alt, litt aeit seiner Jugend haufig an Malaria, da er in Ma-
lariagegenden in Siebenbiirgen lebte, acquirierte mit 27 Jahren Lues. Im Friihjahr 1901
Ma gen beschwerden, 1902 Ikterus. Daraufhin unterzog er sich einer Karlsbader Kur,
in aeren ersten Tagen sich ein heftiger, typischer Anfail von Gallensfceinkolik einstellte.
Sfceine konnten im Stuhl trotz genauester Untersuchung weder nach dieser noch nach
«iner zweiten heftigeren Attacke im November 1903 nadigewiesen werden. Schon 1902
war «ne Vergrofierung der Leber in toto und aufierdem ein Tumor hepatis nachweis-
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
bar, der ale Gumma imponierte. Beide Veranderungen echwanden in kurzer Zeit unter
antiluetiecher Behandlung.
Ende 1903 Ikterus, VergroBerung der Leber und Milz, acholieclie Stiihle. Die
Diagnose lautete: Chronischer Choledocnusverschlufi, Cirrhoeis luetica (?).
Am 28. November 1903 Probelaparotomie. Bei dieser fand sich die Leber vergrflBert,
griin gefarbt, ihre Oberflache ungleichmafiig und ziemlich fein granuliert und am vor-
aeren Kande dee rechten Lappens stark narbig eingezogen (entsprechend dem Sitze dee
oben erwahnten Gummas). Gallenblase adharent, Steme nicht fiiblbar. Die Lymph-
knoten im Verlaufe der groBen Gallengange und an der Leberpforte geechwollen, derb.
In der Porta hepatis oberhalb des Foramen Winslowi fand sich ein kleinapfelgroBer,
derber Tumor.
Diagnose: Hepatitis interetitialis luetica, Gumma hepatis.
Die Operationswunde wurde geschloesen und der Verlauf war weiterhin normal
und vollkommen afebril bis zum 21. Dezember 1903. Es stellte sich jetzt Seitenstechen
im Bereiche der linken Thoraxhalfte, Dampfung, bronchiales In- und Exspirium 2 Quer-
fingerbreit unterhalb des Angulus scapulae ein. Am 23. Dezember pleuritisches Reiben
beiaerseits hinten unten, Hustenreiz, dyspnoische Atmung. 25. Dezember Herz-
dampfung verbreitert, Herztbne sehr schwach (Diagnose: rleuritis bilateralis, Peri¬
carditis).
Unter zunehmender Dyspnoe und nach wiederholten Kollapsanfallen erfolgte am
31. Dezember der Exitus.
Die Temperatur war am 23. Dezember auf 39,1 gestiegen und bestand von da an
eine Continua mit abend lichen Steigerungen bis 39,6 und Morgenremissionen bis 38,B
durch 5 Tage bis zum Eintritt der Kollapstemperaturen.
Auszug aus dem Obduktionsprotokoll:
Diagnose: Cirrhosis hepatis luetica. Gumma centrale lobi hepatis sinistri sub¬
sequent© cholangitide suppurativa. Tumor lienis chronicus. Pleuritis bilateralis et peri¬
carditis haemorrhagica. Icterus gravis.
In beiden Pleurahohlen dunkelbrauner, roter, dickfliissiger, mit reichlichen Fibrin-
flocken untermengter Eiter. Die Pleuren mit dicken, zottigen Fibrinauflagerungen be-
deckt, erscheinen nach Abstreifen des stellenweise fester haftenden Belages blutreich
und von Hamorrhagieen durchsetzt. Das Gewebe beider Lungen zeigt am Durch-
schnitte in den Unterlappen konfluierende lobular-pneumonische Herde, ist sonst luft-
haltig, blutreich und feucht. In den Bronchien Schaum und Schleim. Der Herzbeutel
ist stark erweitert, enthalt ca. 300 ccm einer dunkelrotbraunen, dicklichen, mit Fibrin-
flocken untermengten Fliissigkeit. Parietales und viscerates Blatt des Herzfelles mit
Fibrinzotten bedeckt, erscheint nach Entfernung derselben injiziert und von Hamorrha¬
gieen durchsetzt.
Die Leber ist vergroflert, derb, die Oberflache fein und ungleichmafiig granuliert,
die Kapsel an mehreren Stellen weifilich verdickt und narbig eingezogen. fin linken
Lappem ein nufigrofier, zentral verkaster, von Schwielengewebe umgrenzter Herd. In
seiner Umgebung erscheinen die Gallengange erweitert und mit griin lich-gelbem Eiter
erfiillt, der sich Dei Druck in Form von Tropfen entleert. Im iibrigen ist das Gewebe
derb, blutreich, zeigt MuskatnuBzeichnung.
Die bakteriologische Untersuchung des eiterigen Inhalts der Gallen-
ggnge ergab in den Ausstrichen nur vereinzelte Gram-negative Stfib-
chen, die sich durch das Kulturverfahren als Bacterium coli er-
wiesen. Die pneumonischen Herde enthielten Strepto- und Pneumo-
kokken.
Dagegen zeigen Deckglas-Ausstrichprfiparate sowohl aus dem peri-
cardialen wie pleuralen Eiter mit verdQnntem Karbolfuchsin (1 : 10)
unter Erw&rmen gef&rbt, zahlreiche, 1 n lange und sehr dQnne, komma-
forroig gekriimmte Stabchen, die haufig zu zweien derart aneinander
gelagert sind, daB Sigmaformen von 2 /u L&nge entstehen. Etwas
seltener, aber imraer noch reichlich, sind Spirillen mit 2—3 Schrauben-
windungen vertreten, die wahrscheinlich aus 4—6 Individuen bestehen,
deren gegenseitige Abgrenzung in den gef&rbten Praparaten jedoch nicht
wahrnehmbar ist
Alle diese Gebilde liegen zum Teil frei zwischen den Eiterzellen
und roten Blutkorperchen, zum Teil sind sie von polynukleSren Leuko-
cyten aufgenommen, ohne daB dabei eine Einbufie an ihrer F&rbbarkeit
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Doerr, Ueber Spirillum pyogenes Mezincescu.
17
zu konstatieren wire. Die Zahl der in einer Eiterzelle eingeschlossenen
Bakterien schwankt zwischen 1—12, wobei sowohl Komina- als Sigma-
formen als auch (seltener) Spirillen intracellular auftreten und bisweilen
in einer Zelle vereint sind. Andere Farbstoffe als verdflnntes Karbol-
fuchsin nehmen diese Gebilde sebr scblecht auf: weder mit konzentrier-
tem Karbolfucbsin noch mit verdflnnten alkoholischen Ldsungen von
Methylenblau Oder Gentianaviolett Oder mit Loefflers Basischblau
lassen sich befriedigende Resultate erzielen. Der Gramschen Farbung
sind sie gleichfalls nicht zuganglich.
Die ersten Kulturversuche mifilangen. Es wurden Ausstriche auf
Agar- und Blutagarplatten angelegt und zwecks anafirober ZQchtung
Stichkulturen in hochgeschichtetem Traubenzuckeragar. Als nach 24
Stunden kein Wachstum zu bemerken war — das flbrigens auch bei
langerem Aufenthalte im BrOtofen vollig ausblieb — injizierte ich eine
grofiere Menge (2 ccm) des in steriler Eprouvette verwahrten Eiters
einer weiBen Maus und zwar intraperitoneal. Icb nahm absichtlich eine
grOBere Menge in der Hoffnung, daB selbst bei fehlender oder geringer
Pathogenitat fflr diese Tierart doch eine Vermehrung in dem mitinji-
zierten, den Vibrionen sicher zusagenden Nahrsubstrat eintreten konnte.
Diese Voraussetzung wurde bestatigt. Nach 48 Stunden ging das Tier
ein und in dem sparlichen Peritonealsafte fanden sich so auBerordent-
lich zahlreiche Spirillen, daB zur Herstellung von Deckglaspraparaten
eine Verdtlnnung des Exsudates erforderlich war. Die Mikroorganismen
waren nach Form und tinktoriellem Verhalten mit den injizierten voll-
kommen identisch, nur Qberwogen die Sigma- und Spirillenformen,
welch letztere eine oft ziemlich bedeutende Lange (bis 20 ju) aufweisen.
Auch zeigen sich in den langeren Gebilden intensiver gefarbte, fast
schwarzrote, leicht verdickte Stellen, die an Ausdehnung ca. einer halben
Schraubenwindung entsprechen. Die krankhaften Veranderungen bei der
eingegangenen Maus beschrankten sich auf das Vorhandensein eines
klebrigen, fadenziehenden, sparliche Leukocyten enthaltenden Exsudates
in der PeritonealhOhle, das wohl infolge des aus dem hamorrhagischen
Eiter resorbierten Blutfarbstoffes gelblich gefarbt war und auf eine ge-
ringe Schwellung der Milz, deren Parenchym ebenfalls zahlreiche Vi¬
brionen enthielt Das Herzblut war steril.
Es wurden nun neuerlich Kulturversuche mit dem Peritonealexsudat
gemacht und zwar Ausstriche auf Agar, auf Kaninchenblutagar, Stich¬
kulturen in Traubenzucker und Einsaaten in Bouillon und Ascites-
bouillon. Agar- und Blutagarkulturen sowie die Stiche in Traubenzucker
blieben dauernd steril. In den Bouillonrbhrchen dagegen zeigte sich,
und zwar erst nach 48 Stunden, eine leichte, beim Schiitteln der Eprou¬
vette deutlicher hervortretende, seidenartig gianzende Trflbung, die in
den folgenden Tagen zunahm. Nach einer Woche war am Boden des
ROhrchens ein grauweiBliches Sediment sichtbar, das an Menge weiter-
hin zunahm bei fortbestehender, gleichmafiiger Triibung der FlQssigkeit;
an den W&nden der Eprouvette bildete sich im Flflssigkeitsniveau ein
grauweiBer, schmaler, dem Glase anhaftender Ring, von dem sich ein-
zelne Teilchen ablSsten, urn als grdbere Brocket zu Boden zu sinken.
Aehnlich verhielten sich die Kulturen in Ascitesbouillon und sp&ter an-
gelegte in Traubenzuckerbouillon. Weitere Ueberimpfungen auf Bouillon
gelangen stets, nur dauerte es, wenn man wenig Material in den neuen
N&hrboden eins&te, bisweilen 3 X 24 Stunden bis zum Auftreten eines
makroskopisch sichtbaren Wachstums.
Ento Abt. On*. Bd. XXXV1I1. Heft 1. 2
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18 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1.
Impft man in ein G&rungskblbchen, so erfolgt im anaeroben
Schenkel kein Wachstum, die TrObung der Bouillon hdrt am Beginne
des aufsteigenden Schenkels mit einer scharfen Linie auf. Gas wird in
Traubenzuckerbouillon nicht gebildet. Bei Zimmertemperatur (22° C)
erfolgt keine Entwickelung.
Pepton-KochsalzlQsung, Milch, Kartoffeln, Glycerinagar, Trauben-
zuckeragar bleiben steril, desgleichen Gelatine.
Impft man von einer Bouillonkultur auf Serumagar (menschliches
Serum, Ascitesflflssigkeit etc.), so bilden sich nach 48 Stunden bei 37 0 C
kleinste, kreisrunde, scharf begrenzte, homogene, unter dem Mikroskop
wasserhelle, von Induenzakolonieen auf Pfeifferschem Blutagar nur
durch ihre geringere Transparenz bei Lupenbetrachtung unterscheidbare
Kolonieen, die jedoch, besonders an Stellen, wo sie mehr isoliert stehen,
in den nfichsten Tagen an Grdfie zunehmen. Gleichzeitig gewinnen
auch die ursprQnglich farblosen Oder hdchstens leicht gelblichen An-
siedelungen einen gelbbraunen Farbenton, erscheinen fein granuliert und
im Zentrum der scheibenfdrmigen, noch immer scharfrandigen, kreis-
runden Kolonie entstehen grobere Brbckel, ahnlich wie bei Gonokokken
Kulturen auf demselben Nahrboden.
Die Haltbarkeit der Bouillonkulturen ist eine ziemlich betrachtliche;
noch nach einem Monate gelangen Ueberimpfungen und hielt sich der
Stamm bis in die 15. Generation.
Auf schragem Serumagar dagegen Oder auf Ascitesagar ist schon
die 2. Generation sehr kiimmerlich, die 3. Uebertragung bleibt in der
Regel steril. Nur von Bouillonkulturen aus konnten immer wieder neue
Kulturen auf Serumagar erzielt werden, deren Lebensdauer nur 2 bis
3 Tage betrug und deren Ueberimpfbarkeit in der geschilderten Weise
beschrankt blieb.
Mit diesem differenten Verhalten auf Serumagar einerseits und in
Bouillon andererseits stimmt auch das morphologische und tinktorielle
Verhalten der auf diesen Nahrboden gewachsenen Spirillen.
Aus Bouillon erhalt man vom 2. Tage ab reichliche Komraa- und
Sigmaformen, die mit verdtinntem Karbolfuchsin gut farbbar erscheinen.
Mit zunehmendem Alter der Kultur werden die Formen immer linger,
es treten immer zahlreichere Spirillen auf. In 3 Wochen alten Rbhr-
chen erscheint besonders das Sediment und der weiBliche Belag an der
Eprouvettenwand im Flflssigkeitsniveau aus sehr langen, zahlreiche
Schraubenwindungen aufweisenden Spirillen zusammengesetzt, w&hrend
die ursprQnglich dominierenden, kurzen Gebilde in den Hintergrund ge-
treten sind.
Auf Serumagar dagegen sind die Formen dem atrophischen, hin-
failigen Charakter der Kulturen entsprechend schmal, mehr gestreckt,
mit Karbolfuchsin nur schwach farbbar, fast schattenartig. Es treten in
ihnen runde, bei dieser Farbung schwarzrote Polkorner auf, und zwar in
den kflrzeren Gebilden 2 endstandige KQrner; in den l&ngeren Spirillen
erscheinen sie in gleichmaBigen Abstfinden ttber den ganzen Faden ver-
teilt. Mit altem alkalischen Methylenblau sind diese Korner durch ihre
metachromatisch-rotliche Nflance in den hellblau angedeuteten Bakterien-
leibern sehr deutlich darstellbar.
Der beschriebene Mikroorganismus ist vollkommen unbeweglich.
Schon in aus dem Ausgangsmateriale angelegten h&ngenden Tropfen
(mit Eiter geimpfte Bouillon-, Serumbouillon-, Zuckerbouillontropfen)
zeigte sich nur eine zitternde, nicht besonders lebhafte Molekular-
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CetUralbl. f. Baht. Abt. /. Ortg. Bd. XXX VIII. Doerr , Spirillum pyogenc ° Metincescu.
i
Fig. 3.
Fig. 1. Ausstrichprftparat aua peri-
kardialem Eiter. Vergr. 1200.
Fig. 2. Ausstrichpriiparat aus dem
Peritonealexsudat, der weiBen, Maus.
Vergr. 1200.
Fig. 3. Viertiigige Boililionkultur.
Vergr. 1200.
Yerlag von Gustav Fischer in Jena.
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StrOszner, Typhusbacillen in dem Wasser eines Hausbrunnens.
19
beweguog der kurzen Gebilde, wahrend die langeren und schwereren
Spirillen in vollkommener Euhe verharrten. Ebensowenig war selbst in
fippig gewachsenen Bouillonkulturen Beweglicbkeit zu beobachten, selbst
bei Zubilfenahme der Brflttemperatur. Auch miBlang vollig die Dar-
stellung von GeiBeln.
Fiir die Qblichen Laboratoriumstiere scheint dieser Vibrio nicht
pathogen zu sein. Die eine scheinbare Ausnabme der mit einer grOBeren
Eiterraenge geirapften Maus ist wohl so aufzufassen, daB das Tier in-
folge der Resorption toxischer Substanzen aus dem Eiter verendete.
Denn es gelang nicht, weder mit dem Peritonealsaft dieser Maus, der
doch so kolossale Mengen des Bakteriums enthielt, noch mit grdfieren
Quantit&ten Bouillonkulturen andere weiBe MSuse intraperitoneal zu in-
fizieren. Ebenso blieben subkutane und intraperitoneale Injektionen bei
Kaninchen und Meerschweinchen erfolglos. Nur ein junges Meerschwein-
chen (120 g) ging ein, zeigte aber eine C o 1 i-Peritonitis (offenbar durch
Verletzung des Darmes bei der Injektion zu stande gekommen); im
Exsudat fanden sich jedoch auch vereinzelte, zu sehr bedeutender
LSnge herangewachsene Spirillen mit schdn ausgeprBgten Windungen.
Trotz dieser feblenden Tierpathogenitat stehe ich nicht an, das Spi¬
rillum als Erreger, der eiterigen Pleuropericarditis zu bezeichnen. Es
fand sich als einziger Mikroorganismus bei dem akut verlaufenen ProzeB;
bei mehr chronischem Verlauf hatte man an ein Zugrundegehen der
ursprQnglichen Erreger und eine nachtragliche Ansiedelung saprophyti-
scher Keime denken kdnnen. Dem wBrde allerdings auch das kulturelle
Verhalten des Spirillums widersprechen, dessen Ansprflche an den Nahr-
boden und Wachstumsoptimum bei 37 0 C vielmehr auf einen echt para-
sitischen Keim hindeuten.
Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Oberstabsarzt Dr. Kamen,
bin ich fflr die Ueberlassung des Materiales und die Herstellung der
Mikrophotogramme zu warmstem Danke verpflichtet.
Nachdruck verboten .
Typhusbacillen in dem Wasser eines Hausbrunnens.
[Aus dem bakteriologischen Institut der Haupt- und Residenzstadt
Budapest. Leiter: Doz. Dr. B. V a s.]
Von Dr. Edmund Strdszner, I. Assistenzarzt.
Wie die bisherigen Erfahrungen und Publikationen zeigten, ist
der einwandsfreie Nachweis des Typhusbacillus im Wasser nur in
wenigen Fallen gelungen, denn die zahlreichen vor dem Bekanntwerden
der Agglutination und der Pfeifferschen Reaktion publizierten dies-
bezOglichen positiven Befunde mflssen wir nach dem heutigen Stande
der Diagnose des Typhusbacillus mit der grbfiten Skepsis entgegennehmen.
LQsener 1 ) ztlchtete 1895 aus dem Berliner Lei tun gs wasser einen Mikro¬
organismus, der alle die damals bekannten Charakteristika des Typhus¬
bacillus besaB und nachtraglich mittelst der Pfeifferschen Reaktion
als solcher bestatigt wurde. LSsener war also der erste, der im Wasser
den Typhusbacillus, jeden Zweifel ausschlieBend, nachgewiesen hat.
1) Arbeiten aus dem kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XI. 1895.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 1.
E. H. Han kin 1 ) publizierte dann 1899 den Befund von typischen
Typhusbacillen im Wasser, die die Immunitfitsreaktion gaben.
In demselben Jahre erschien die Arbeit von Kabler und F. Neu-
feld 2 3 ), die in einem Brunnen „das Vorhandensein von Typhuskeimen* 4 5
nachwiesen. Der infizierte Brunnen war hier die Ursache einer Typhus-
epidemie in einem Gehdfte.
1901 gelang es B. Fischer und G. Flatau 8 ), aus einem Brunnen
bei Rellingen in Schleswig-Holstein Bacillen zu zUchten, „die alien An-
forderungen entsprachen, die man in diagnostischer Hinsicht an den
Typhusbacillus zu stellen pflegt tt .
Die neuesten positiven Befunde stain men von Tavel 4 ), der aus dem
Wasserleitungswasser zu Olten, ferner von H. Bonhoff 6 ), der aus einem
Brunnenwasser des Dorfes Calderu bei Marburg Typhusbacillen zOchtete,
und endlich von Jaksch und Rau 6 ), die in drei Proben des Prager
Leitungswassers virulente Typhusbacillen nachwiesen.
Bei uns war Genersich 7 ) der erste, der anl&Blich der Typhus-
epidemie in P£cs aus dem Leitungswasser Bakterien zOchtete, die alle
kulturellen Eigenschaften des Typhusbacillus hatten und von dem
Blute Typhuskranker und immunisierter Meerschweinchen agglutiniert
wurden.
Vor kurzem (Febr. 1904) publizierte D. Konradi (Centralblatt f.
Bakt. etc. Bd. XXXV. 1904. No. 5) den Befund von Typhusbacillen im
Brunnenwasser aus einer Fabrikniederlage in Nagyszeben. Sowohl
morphologisch und biologisch als auch durch den positiven Ausfall
der Gruber-Widalschen und Pfeifferschen Reaktion ist von ihm
der sichere Beweis far die Authentizitat der Bacillen erbracht worden.
AuBer diesen mir im Original zur VerfOgung stehenden Publika-
tionen fand ich noch in einem kurzen Referat des Centralbl. f. Bakt. etc.
(1900) die Angabe, daB M. Han riot (Annales d’hyg. publique et de
med. legale, No. 5) im Wasser der Vanne Typhus err eger nachgewiesen
hat; wenn Chantemesse in dem Pariser Leitungs wasser mit Regel-
mBBigkeit Typhusbacillen nachweisen konnte, so ist dem, sagt Neufeld 8 ),
mit einigem Zweifel zu begegnen. Noch finde ich bei Gartner 9 ) die
Notiz, daB es Mi quel (1899) gelang, aus dem Reservoir von Montrouge
Typhusbacillen zu zOchten, ferner wurden im Val de Grice (1899) aus
Wasserproben zweier mit Vannewasser versorgten Easernen Typhus¬
bacillen gezOchtet.
Wenn auch diese meine Angaben vielleicht nicht ganz Ansprucb
auf Vollkommenheit haben, so kdnnen wir doch annehmen, daB der von
jedem Einwand freie Nachweis des Typhusbacillus im Trinkwasser in
verhBltnismBBig sehr wenigen Fallen gelang.
Mit dem Studium des Nachweises des Typhusbacillus im Wasser
beschaftigt, bot sich mir vor kurzem Gelegenheit, das Wasser eines
Brunnens zu untersuchen, das zufolge der sich darbietenden VerhSltnisse,
1) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXVI. 1899. p. 554.
2) Zeitschrift f. Hyg. u. Jnfektionsfcrankheiten. Bd. XXXI. 1899.
3) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXIX. No. 8.
4) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXIII. Orig. p. 166.
5) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXIII. Orig. 1903. p. 461.
6) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXVI. 1904. No. 4. Juli.
7) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXVII. 1900. p. 246.
8) Handbuch der path. Mikroorganismen. Kolle und Wassermann. Bd. II.
9) Quellen in Beziehung zum Grundwaseer und Typhus.
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StrOszner, Typhusbacillen in dem Wasser eines Hausbrunnens.
21
die weiter unten n&her beschrieben sind, den Verdacht erweckte, daB
es mit Typhusbacillen intiziert sei.
Die Verhaitnisse waren kurz folgende:
In einem Hause der der Hauptstadt benacbbarten Stadt Vdcz
(Waitzen) erkrankten — ohne daB irgendwo sonst in der Stadt
wfihrend der ganzen Zeit auch nur ein einziger Typhus-
fall vorgekommen wfire — im Laufe von ungeffihr 5 Wochen
s&ratliche Angehorige der daselbst wohnenden Familie P r. mit Ausnahme
der Mutter der Kinder. Zuerst erkrankte — wie der behandelnde Arzt
Dr. Vadas mir mitzuteilen die Gfite hatte — anfangs April die Toch-
ter 1 ), dann Mitte April der jflngere Sohn und in den ersten Tagen des
Monates Mai der aitere.
Die Familie trank Wasser einzig und allein aus dem Hausbrunnen,
der in einem gedilngten Garten liegt. Er ist ein gewdhnlicher Kessel-
brunnen, der, wie ich beim Lokalaugenschein konstatieren konnte, keine
wasserdielite Wandung hatte und dessen „bedeckende u Steinplatte
ein gar seltsames Aussehen besaB. Erstens deckte der Stein nicht
fiberall den Brunnen an dem Rande zu, indem sich zahlreiche Lflcken
fanden, durch die Verunreinigungen von der Erdoberflache ohne weiters
in den Brunnen gelangen konnten, zweitens zeigte die Steinplatte selbst
m§chtige, bis auf 10—12 cm klaffende Risse, also bequeme Eingangspforten
fflr Staub, Schmutz und sonstige Noxen.
Der Brunnen selbst lieferte nur wenig Wasser und iiberstieg die
Hdhe der Wassersaule im Brunnen nie 25 cm. War also dieser un-
hygienisebe Zustand des Brunnens an sich schon geeignet, den Verdacht
zu erregen, daB von oben und seitwarts infiziertes Material hineingelangen
kann (und sicherlich auch gelangte), so bestarkte mich in dieser Ansicht
noch der Umstand, daB das Nachtgeschirr der Kranken — wie ich glaube
mit Ausnahme des Dritterkrankten — beim Brunnen ausgespfilt
und das Spulwasser in die Umgebung des Brunnens ge-
schuttet wurde. DaB hiebei eine direkte Einimpfung von Typhus¬
bacillen in das Brunnen wasser bei obigen Verhaitnissen moglich ist,
steht auBer Zweifel. Kann doch z. B. der Urin von Typhuskranken und
Typhusrekonvaleszenten nach Petruschky noch langere Zeit hindurch
Typhusbacillen beherbergen.
Des weiteren befand sich in der Nahe des Brunnens die Mistgrube
und gleich daneben der Abort, resp. eine gewflhnliche offene Senkgrube,
die ebenfalls nicht wasserdicht gebaut ist, so daB von hier der
Grubeninhalt in den benachbarten Boden resp. in den tiefer gelegenen
Brunnen gelangen kann. Unter solchen Umst&nden lag es auf der
Hand, die Ursache der Typhuserkrankungen in diesem Brunnenwasser
zu suchen. DaB unsere Annahme eine richtige war, hat die Unter-
suchung des Wassers fiber jeden Zweifel klar und deutlich gezeigt
Schon bei Entnahme einer Wasserprobe, die erst anfangs Juni ge-
schah, zeigte sich das Wasser trttb. Die chemische Untersuchung, die
Herr Dr. Ernyei vom hauptstfidtischen chemischen Institute auf meine
Bitte durchffihrte, woffir ich ihm an dieser Stelle herzlichst danke, ergab
folgendes Resultat: „Feste Bestandteile 1354,0 mg pro Liter, Chlor
90,2 mg pro Liter (!!), Sauerstoff zur Oxydation der organischen Stoffe
2,4 mg, Salpetersfiure 193,6 mg pro Liter, salpetrige Sfiure in Spuren
und endlich Ammoniak 0,2 mg.
1) Bei ihr traten meningitische Symptome auf. Exit. let.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Gutachten: Es handelt sich um ein Wasser, das mit F&ulnisprodukten
infiziert ist.“
DaB aber dieses Wasser ein direkt infektidses ist, wurde durch die
bakteriologische Untersuchung -bewiesen. Da in mir nfimlich scbon von
Anfang an der Verdacht erweckt wurde, daB das Wasser mit typhfts in-
fiziertem Material verunreinigt ist, ging ich sofort daran, nach dieser
Richtdng hin meine Untersucbungen anzustellen. Die von Hoffmann
und Ficker 1 ) erst vor kurzem verdffentlichte neue Methode des Nach-
weises der Typhusbacillen im Wasser kam mir geradezu gelegen, im
vorliegenden Falle sie anzuwenden.
Sie besteht in Kiirze in folgendem: Man unfit 900 ccm von dem
zu untersuchenden Wasser in einem Kolben ab, dann gibt man eine
Losung von 10 g Nutrose in 80 ccm Aq. dest. steril. zu einer frisch be-
reiteten, auf 55—60° C abgekiihlten Losung von 5 g Koffein in 20 ccm
Aq. dest steril. Die Mischung dieser beiden LQsungen setzt man als-
dann zur Wassermenge zu und gibt langsam 10 ccm einer soeben frisch
bereiteten Ldsung von 0,1 g Kristallviolett Hochst auf 100 ccm destill.
Wasser hinein. Der Kolben kommt dann auf 12—13 Stnnden in den
Brutschrank (37° C).
Das Wesen dieser Methode besteht eben darin, daB Koffein und
Kristallviolett unter diesen Bedingungen die Wasserkeime in ihrer Ent-
wickelung zurtickhalten, wfihrend Typhusbacillen sich in dieser Lftsung
vermehren (siehe das Original).
Genau nach diesen Vorschriften behandelte ich nun das obige
Brunnen wasser.
Nach 12 Stunden beschickte ich mit dem nach obiger Methode be-
handelten Wasser mehrere Schalen von Drigalski - Conradischem
(Milchzucker-, Nutrose-, Lackmus-, Kristallviolett) Agar, auf dem sich
nach 24 Stunden reichliche Kulturentwickelung zeigte.
Die mit absoluter Sicherheit nach ihrem Aussehen nicht als typhus-
verd&chtig zu bezeichnenden Kolonieen wurden vorl&ufig des weiteren
nicht beachtet, sondern nur jene, die eine blaue Farbe, ein glasiges und
tautropfen&hnliches Aussehen hatten. wurden weiter untersucht und ab-
geimpft. Dieselben zeigten, in Bouillon geimpft, in der sie eine gleich-
m&Bige starke FSrbung hervorrufen, lebhafte Bewegung, verflflssigten
Gelatine nicht; in Peptonwasser und Bouillon trat keine Indolbildung
auf, in Traubenzuckerbouillon keine Gasbildung, der Rothsche Neu-
tralrotagar zeigte keine Verfinderung, Milch wurde selbst nach mehr-
t&giger Beobachtung nicht koaguliert, in Petruschkyscher Lackmus-
molke bildete sich nicht mehr als 0,2 Proz. 1 / 10 Normalsfiure.
Auch den neuestens von Endo 2 3 * * * * ) empfohlenen elektiven Milchzucker-,
Fuchsin-, Natriumsulfit-Agar zog ich in den Bereich der Reaktionen; es
wuchsen auf ihm nach Impfung der typhusverdachtigen Kolonieen die
charakteristischen runden, farblosen, glasig aussehenden,. den Agar nicht
entf&rbenden Kolonien 8 ).
1) Hygienische Rundschau. Bd. XIV. No. 1. Archiv f. Hyg. Bd. XLIX. Heft 3.
2) Centralblatt f. Bakteriologie. Bd. XXXV. 1903. No. 1.
3) Guido A. Ruata (Centralblatt f. Bakt. Bd. XXXVI. No. 4) schreibt wohl
dem Endoschen Verfahren vom Gesichtspunkte der Differentialdiagnose nur einen
sehr relativen Wert zu, wahrend es Clauditz (Hyg. Rundschau. Bd. XIV. 1904.
No. 15) bei dem Anreicherungsverfahren mit Koffein nach Hoffmann und Ficker
besonders empfiehlt. Uns hat der „Endo“ hier treffliche Dienste geleistet. Vereint
mit Drigalski-Conradi halten auch wir ihn fur Behr wertvoll.
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StrOszner, Typhusbacillen in dem Wasser ernes Hausbrunnens.
23
Bemerken mflssen wir, daB wir zum Vergleich all dieser kulturellen
Reaktionen dieselben parallel mit typischen Typhusbacillen und Bact.
coli commune anstellten.
Was die F&rbbarkeit der aus dem Wasser gezflchteten Bacillen be-
trifft, so liefien sie sich nacb Gram nicht f&rben.
Es fehlte uns aber noch das Agglutinationsph&nomen und der
Pfeiffersche Versucb, um die Bacillen als Typhusbacillen ansprechen
zu kdnnen.
Ich immunisierte zu diesem Zwecke Kaninchen mit Typhusbacillen
(20 Minuten auf 56° C erw&rmt) und zwar, gestfltzt auf die Arbeit von
Bruns und Kayser (Zeitschrift f. Hyg. No. 43) derart, daB ich ein
„mittelstarkes Immunserum* (Aggl. M. 1:5000) erhielt, daB nach Bruns
und Kayser zur raschen Bestimmung von Bakterien am geeignetsten
ist, da hochwertige Immunsera nicht nur die Bakterien
agglutinieren, mit welchen die Immunisierung vorge-
nommen wurde, sondern auch die diesen nahestehenden
Bakterien.
Das Serum dieses Kaninchens agglutinierte die aus dem Wasser
gezflchteten Bacillen in einem Verb<nis bis zu 1:4000, ebenso wie den
in unserem Laboratorium gezflchteten Typhusstamm.
Als Gegenprobe hiezu immunisierte ich nun, wie dies auch Jaksch
tat, mit den aus dem Wasser gezflchteten Bacillen ein Kaninchen,
und zwar injizierte ich subkutan je dreimal eine Agarkultur, 20 Minuten
lang auf 56° C erwSrmt, in Bouillon aufgeschwemmt; dann nnter-
suchte ich, wie dieses Serum gegenflber authentischen Typhusst&mmen
sich verhielt. Es zeigte sich, daB es Typhusbacillen (Kr£l) selbst noch
bei 1:3500 agglutiniert. Die Kontrollprobe mit Coli (Krdl) blieb negativ.
Von der Agglutinationsprobe mit dem Blute von Typhuspatienten
sah ich ab, da, wie dies F. Neufeld im Handbuch der pathogenen
Mikroorganismen von Wassermann und Kolle ausfflbrt, das Blut
von Typhuspatienten nicht selten auch gegenflber gewissen Arten von
Bact. coli eine erhebliche Agglutinationswirkung besitzt, so daB
eine derartig angestellte Probe, gleichviel welche Verdflnnung
zur Anwendung kommt, niemals als einwandfrei anzu-
sehen ist 1 ).
Zum Schlusse stellte ich nun den Pfeifferschen Versuch an.
Zu diesem Zwecke verwendete ich 20 mg spezifisches Immunserum
und injizierte es vereint mit einer Oese der aus dem Wasser gezflch'
teten Bacillen (12-stflndige Kultur), aufgeschwemmt in 1 ccm Bouillon,
intraperitoneal einem Meerschweinchen. Mittelst Glaskapillaren ent'
nahm ich nun Proben und es zeigten sich nach 25— 30 Minuten die
Bacillen unbeweglich, „aufgel8st u in Kflrnchen verwandelt. Im Kontroll-
tiere sind noch nach 1V 2 Stunden zahlreiche bewegliche Bacillen zu
linden. Dieses Tier ging nach 32 Stunden zu Grunde, obiges blieb
am Leben.
Nach all dem Vorgebrachten unterliegt es also gar keinem Zweifel, daB
die aus dem Wasser gezflchteten Bacillen wirkliche Typhusbacillen sind.
Auf welchem Wege die Infektion des Brunnens geschah, dflrfte nicht
schwer sein zu erkl&ren. Die Nflhe der Mistgrube, des Abtrittes, das
Ausspfllen der Nachtgeschirre am Brunnen, all das sind Um-
stande, die hierbei in Betracht kommen. Ich glaube, daB eine fort'
1) Auch R. Paltauf und 0. Lentz sind dieser Ansicht.
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24 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
w&hrende stetige Infektion des Brunnens x ) im Laufe der KrankheitsfSlle
stattgefunden hat und zwar dttrfte sie mit dera Ham (gerade so wie in
dem Falle von KAbler und Neufeld, und Konradi) zustande ge-
koramen sein.
Ob daneben nicht auch eine Infektion durch Hineinsickern infizierten
Materials von seite des Abtrittes, der Mistgrube etc. in den Brunnen
gescbah, dessen W&nde ja absolut nicht den Anforderungen eines hygie-
nisch gebauten Brunnens entsprachen, ist nicht ganz von der Hand zu
weisen, umsoweniger, als auch Bact. coli nachgewiesen werden konnte.
Bei dem enorinen Reichtum des Wassers an Typhusbacillen mSchte ich
eher einer Infektion durch den Ur in das Wort reden.
Auf welche Weise nun der Ersterkrankte Typhus acquirierte, konnte
ich trotz eingehender Suche danach nicht eruieren. Sicherlich ist es ein
Gliick fur die Stadt gewesen, dafi einzig und allein die Bewohner des
Hauses das Wasser des Brunnens tranken und nicht auch die Nachbars-
leute den Brunnen benutzten; sicherlich w&re diese kleine Hausepidemie
nicht beschr&nkt geblieben, sondern hatte ein explosionsartiges Auftreten
des Typhus zur Folge gehabt.
Als Tatsache mochte ich noch konstatieren, dafi die Untersuchung
des Brunnenwassers ungefahr 4—5 Wochen nach der letzten Erkrankung
geschah, und aus dieser Zeit der positive Befund stammt Die Ent-
leerungen der Kranken wurden augeblich nur aniafilich der letzten
(dritten) Typhuserkrankung in einer separaten Grube mit Kalk-
milch desinfiziert.
Nachdruck verboten.
Zur diarakterisierung der Hogcholeragruppe.
[Aus dem kgl. Institute far experimentelle Therapie zu Frankfurt a. M.
(Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. P. Ehrlich).]
Von Dr. Henry Smidt, Assistenten der bakteriologischen Abteilung.
Aus der grofieu Gruppe der c o 1 i ahnlichen Bakterien ist im Laufe
der Zeit eine Reihe von Arten abgetrennt worden, die zum Teil erheb-
liche Bedeutung far die menschliche Pathologic beanspruchen, so vor
allem der Shiga-Krusesche Dysenteriebacillus, ferner der Schweine-
pestbacillus (Salmon, Th. Smith), der Bacillus enteritidis
(Gaertner) und die diesem nahestehenden anderen bei der gastro-in-
testinalen Form der Fleischvergiftung gefundenen Bakterien, der Loeff-
lersche M&usetyphusbacillus und die Schottmailerscben Paratyphus-
bacillen. Die intimen verwandtschaftlichen Beziehungen, die zwischen
einzelnen von ihnen bestehen, und die sich nicht nur in den morpho-
logischen und biologischen Eigenschaften, sondern auch in dem Verhalten
einem agglutinierenden Serum gegenttber aufiern, haben in neuerer Zeit
bereits eine Reihe von Untersuchungen veranlafit, welche die Frage der
eventuellen Identitat mehrerer bisher als verschieden angesehener Arten
zum Gegenstand haben.
Auf Grund seiner Agglutinationsversuche teilt Trautmann*) die
1) Er wurde naturlich seitdem geaperrt.
2) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV. 1903. p. 139.
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Smidt, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe.
25
Erreger des Paratyphus und der Fleischvergiftung in 5 Gruppen, die er
unter dem Namen des Bacillus paratyphosus zusammengefaBt wissen
will. Seine 5 Gruppen entsprechen den beiden von Schottmiiller
zuerst differenzierten Typen des Paratyphusbacillns und den zwei von
de Nobele auf Grund der Agglutination aufgestellten Arten der Fleisch-
vergifter, die dieser als Typus I Bacillus enteritidis Gaertner und
Typus II Bacillus Aertryck bezeichnet hat; als 5. Gruppe rechnet
er den von Basenau gefundenen Bacillus morbificans bovis
dazu. Ein mit einem Stamm erzeugtes Serum agglutinierte die Bak-
terien seiner Gruppe am st&rksten, die Glieder der iibrigen Gruppen je
nach ihrer groBeren oder geringeren Verwandtschaft mehr oder weniger
hoch mit. Als besonders interessant fand er, daB die yerschiedenen
Paratyphusst&mme des Typus B danach am n&chsten seiner Gruppe b
der Fleischvergifter (de Nobeles Typus II) stehen, andererseits der
Typus A der Paratyphusbacillen zu der anderen Gruppe, deren typischer
Vertreter der Gaertnersche Bacillus ist, die grQBte Verwandtschaft zu
haben seinen.
Schottmiiller 1 ) halt den Typus B der Paratyphusbacillen oder,
wie er ihn genannt wissen will, den Bacillus paratyphi alcali-
faciens fflr identisch mit dem Enteritis-Bacillus sowohl auf Grund
klinischer Erwagungen als besonders deshalb, weil er mit dem Serum
Paratyphuskranker Enteritis- ebenso hoch wie Paratyphusbacillen
agglutinieren konnte, bei beiden sich hitzebestandige Giftstoffe nach-
weisen liefien, und es ihm endlich gelang, auch durch Verfutterung von
Paratyphusbacillen weiBe Mause zu tftten.
Von der interessanten Mitteilung Trommsdorffs 2 3 ) ausgehend, daB
im Menschendarme Mausetyphusbacillen bei gastro-intestinalen Erschei-
nungen gefunden wurden, hat femer Bonhoff 8 ) die agglutinative und
bakterizide Wirkung mehrerer mit Mausetyphus- und Paratyphusbacillen
erzeugter Sera an diesen und verwandten Stammen gepriift und kommt
zu dem Schlusse, daB sich der Gaertnersche Enteritis-, der Para-
typhus- und der Mausetyphusbacillus weder biologisch noch durch ag-
glutinatorische und bakteriolytische Untersuchungsmethoden differen-
zieren lassen, und daB alien dreien, falls sich durch weitere Unter-
suchungen nicht noch wesentliche Unterschiede in ihrem pathogenen
Verhalten herausstellen sollten, nach dem Gesetze der Nomenklatur der
Name: Bacillus enteritidis (Gaertner) gebiihre.
In den Bereich derartiger Untersuchungen ist der von Salmon
und Smith 1885 zuerst beschriebene und von Th. Smith in einer
Reihe weiterer Arbeiten genau untersuchte Erreger der Schweinepest,
der Bacillus choleraesuum oder, wie er nach Kruse jetzt all-
gemein genannt wird, der Bacillus suipestifer bisher nur verein-
zelt gezogen worden. De Nobele 4 ) fand, daB Schweinepestbacillen
durch ein mit dem Gaertnerschen Bacillus gewonnenes Serum gar
nicht, durch ein solches des Bacillus Aertryck dagegen relativ hoch
mitagglutiniert wurden. Deshalb hat er, wie van Ermengem in
seiner Monographic Qber die Fleischvergiftung (Handbuch von Kolle
und Wassermann) in einer Anmerkung erw&hnt, den Schweine-
pestbacillus auch geradezu als den typischen Vertreter der nach dem
1) Munch, med. Wochenschr. 1904. No. 7 u. 8.
2) Munch, med. Wochenschr. 1903. p. 2092.
3) Arch. f. Hyg. Bd. L. 1904. p. 222.
4) Zeitachr. f. Hyg. 1902. p. 455.
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26
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Bacillus Aertryck benannten Gruppe vorgeschlagen. Die nahe
Verwandtschaft des MSusetyphus- uud Enteritis- mit dem Schweine-
pestbacillus geht aucb schon daraus hervor, dad Th. Smith alle drei
unter dem Namen der Hogcholeragruppe zusammenfafit.
Es lag demnach nahe, zu untersuchen, wie sich in Bezug auf Ag¬
glutination Schweinepestbacillen zu Paratyphus- und Mausetyphusbacillen
verhalten; fiber einige diesbezfigliche, auf Anregung und mit gfitiger
Unterstfitzung von Herrn Prof. M. Neisser angestellte Versuche mochte
ich im folgenden berichten.
Zur Verffigung standen mir 4 Schweinepeststamme der prdfungs-
technischen Abteilung des Institutes, 2 Paratyphusst&mme (A und B),
die ich der Liebenswflrdigkeit des Herrn Dr. Schottmfiller verdanke,
«in Mfiusetyphusstamm, den mir Herr Geh. Rat Prof. Loeffler gfitigst
ttbersandt hat, ein von Krdl bezogener Stamm des Bacillus enteri-
tidis (Gaertner) und mehrere Stfimme der Sammlung unseres Insti¬
tutes, darunter je ein weiterer Paratyphusbacillus vom Typus A und B.
Die beiden Paratyphen B, die 4 Schweinepest-, die Mfiusetyphus- und
die Enteritidis-Kultur zeigten weder morphologisch noch kulturell
irgendwelche qualitativen Differenzen und stimmten insbesondere in fol¬
genden Eigenschaften flberein: Fehlen der Indolbildung, Verg&rung des
Traubenzuckers, wahrend Milchzucker nicht angegriffen wurde, und dem-
entsprecheud die Milch nicht gerann und auf Dry gal ski-Agar blaue
Kolonieen entstanden; nachtrfigliche Blfiuung der anfangs leicht ge-
roteten Lackmusmolke und Aufhellung der Milch bei lfingerem Stehen
durch spfitere Alkalibildung; auf Malachitgrunagar (1:4000) Qppiges
Wachstum und deutliche Entffirbung bereits nach 24 Stunden.
Zunfichst wurden nun mit zwei polyvalenten Schweinepestseris,
welche die Hochster Farbwerke gfitigst zur Verffigung gestellt hatten,
Agglutinationsversuche angestellt.
Die dabei angewandte Methodik entsprach dem schon seit langer
Zeit bei uns fiblichen und von Proscher 1 ) beschriebenen Verfahren,
wobei je nach dem zu erwartenden Titer des Serums mit einer Ver-
dfinnung des Serums von 7i«» 1 hoo Oder Viooo begonnen wurde. Zur
orientierenden Einstellung eines Serums wurde die Agglutination makro-
skopisch im Reagenzrdhrchen nach 24-stfindigem Stehen im Brfitschrank
(da mit Formol abgetotete Kulturen verwandt wurden, war eine so lange
Beobachtungsdauer mfiglich), wahrend den feineren Einstellungen meist
die mikroskopische Untersuchung mit schwacher VergrfiBerung im Block-
schalchen nach 2 Stunden zu Grunde gelegt wurde. (Beide Methoden
ergaben bei Parallelversuchen fibrigens fast immer fibereinstimmende
Resultate.) Als Agglutination im Reagenzglase gait eine deutliche Sedi-
mentbildung unter Klfirung der darflberstehenden Flflssigkeit, im Block-
scbfilchen unzweifelhafte Hfiufchenbildung; undeutliche und zweifelhafte
Agglutination wurde nicht mehr gerechnet.
Auf diese Weise untersucht und beurteilt, ergaben die beiden
polyvalenten Sera folgende Agglutinationswerte:
ISchw.-Peat I
Schw.-Pestll
Schw.-P. Ill
Schw.-P. IV
Parat. B I
Parat. B II
Serum A
1:8000
—
—
—
1:16 000
—
„ B
| 1:3200
1:6400
1:6400
1:6400
1:3200
1:3200
Serum A
Bac. enteritidis
1:40
Parat. A I
1:40
Paratyph. A II
Dysenterie
Coli
1:20
„ B
1:20
1:40
1:20
1:10
1:10
Mausetyphus
1:8000
1:0400
Typhus
1:40
1:10
1) Diese Zeitschr. 1902. No. 9.
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Smidt, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe.
27
Man sieht, daB durch beide Sera Schweinepest-, Paratyphus B- und
M&nsetyphusbacillen sehr hoch, aber alle fast gleichm&Big, Paratyphus A-,
Coli-, Dysenterie-, Enteritis- und Typhusbacillen nicht stfirker
agglutiniert werden, als es schon durch normales Serum der Fall sein
kann (anf das Verhalten des Enteritidis-Stammes werde ich weiter
unten noch zurflckkommen). Es scheint danach polyvalentes Schweine-
pestserum vorzQglich und, wie wir sehen werden, unter UmstSnden
besser als monovalentes Serum geeignet zu sein, einen unbekannten,
coliahnlichen Bacillus als zur Gruppe der von diesem Serum hoch-
agglutinierten St&mme gehdrig zu charakterisieren; dagegen l&Bt es eine
Unterscheidung der einzelnen Glieder dieser Gruppe nicht zu, und ist
zur Beurteilung der Frage, inwieweit diese untereinander etwa identisch
sind, vollends nicht zu verwenden, da es ja mit verschiedenen Schweine-
peststammen hergestellt ist, die untereinander vielleicht nicht weniger
verschieden waren als die, deren Agglutinationsffihigkeit geprfift
werden soil.
Um letzterer Frage nfiherzutreten, bedarf es monovalenter
Sera. Zur Gewinnung dieser wurden Kaninchen in 6—8-tagigen Pausen
mit steigenden Mengen 1 Stunde lang bei 60° C abgetoteter Bacillen-
und Agarkulturen intravenos injiziert. Dabei zeigte sich, daB mit sehr
geringen Mengen (* 2 ccm Bouillonkultur) angefangen werden muBte,
sollten die Tiere nicht akut zu Grunde gehen. Besonders auf die erste
Injektion reagierten die Kaninchen mit mehr oder weniger starkem Kol-
laps und heftigen, aber rasch vorQbergehenden DurchfSIlen, Wirkungen,
die wohl auf Rechnung der bei dieser Gruppe nachgewiesenen (hitze-
best&ndigen) Giftstoffe zu setzen sind. Am empfindlichsten erwiesen
sich die Versuchstiere gegenfiber den Paratyphusbacillen und es gelang
erst nach mehreren miBglfickten Versuchen, damit ein hochwertiges
Serum zu erzielen. Glficklicherweise genfigten schon 2 Injektionen
(Vs und 1 ccm Bouillonkultur) ffir einen fast ebenso hohen Titer, wie
er bei den mit Mfiusetyphus- und Schweinepestbacillen immunisierten
Tieren erst nach 4 bezw. 5 Injektionen (bis V 2 bezw. 1 Agarkultur) er-
reicht wurde. Diese Beobachtung stimmt mit den Erfahrungen von
Th. Smith 1 ) Oberein, der fand, daB, je virulenter der injizierte
Stamm gegen das Versuchstier war, desto hoher der Agglutinationstiter
des Serums wurde.
Etwa 8 Tage nach der letzten Injektion wurden die Kaninchen ent-
blutet und das Serum mit 0,5 Proz. Karbolsfiure im Eisschrank aufbewahrt
Die Resultate der Agglutination der mit den Stfimmen: Schweine¬
pest I, Paratyphus B I und M&usetyphus gewonnenen monovalenten Sera
enth< die folgende Tabelle:
Schw.-P.
Schw.-P.
Schw.-P.
Schw.-P.
Parat.
Parat.
Parat. B
Parat B
Mause-
Schweinepeet-
I
II
Ill
IV
A I
A II
1
II
typhus
Berum
ParatTphus-
1:82000
1:800
1:8000
1:16 000
<1:20
—
1:16000
1:8000
1:8000
serum *)
Maoaetyphus-
1:4000
—
—
1:80
—
1:6000
—
—
serum
1:1300
1:200
1:3200
1:3200
<1:20
<1:20
| 1:8000
1:6400
1:8000
1) Med. res. Vol. IX. 1903. No. 3.
2) Aus aufieren OriiDden konnte dieses Serum leider nur auf die verzeichneten
3 Stamme austitriert werden; es kam ja auch besonders darauf an, seine Agglutinations-
kraft gegeniiher den Schweinepestbacillen festzustellen. Dafi sein Titer auch gegen
Mausetyphusbacillen ein hoher gewesen sein wurde, glaube ich nach den Untersuchungen
Bonhoifs annehmen zu konnen.
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
DaB Typhusbacillen, ein Coli-Stamm und die Shiga-Kruseschen
Dysenteriebacillen, deren Aggutinationswerte hier nicht rait aufgeffihrt
sind, durch die monovalenten Sera ebensowenig wie durch die poly-
Yalenten (nSmlich hochstens Vso) agglutiniert wurden, entspricht alien
sonstigen Erfahrungen; auffallen kann es nur, daB auch diese Sera
gegenflber dem Gaertnerschen Bacillus keinen hflheren Titer besaBen.
Es stimmt diese Beobacbtung zwar mit denen Trautmanns, steht
aber im Widerspruch mit den Resultateu vou Bonhoff und Schott-
mfiller, es sei denn, daB man annimmt, daB der Enteritidis-Stamm
letzterer dem Typus II, der von mir verwandte dem Typus I angehflrte,
was deshalb ja sebr leicht mfiglich wfire, weil man unter dem Namen
des Gaertner schen Bacillus bisher meistens alle zu dieser Gruppe
der Fleischvergifter gehfirigen Stfimme zusammenzufassen pflegte. (Ob
man fiberbaupt berechtigt ist, allein auf Grund der Agglutination eine
Trennung in 2 Typen vorzunehmen, scheint mir eine nocb offene
Frage zu sein. Schottmfiller hat sich bekanntlich dagegen ausge-
sprochen OO
Gegenflber den von ihnen hochagglutinierten Stfimraen verhalten
sich, wie aus der Tabelle hervorgeht, die monovalenten Sera in mehr-
facher Beziehung anders als die polyvalenten. ZunSchst wird natfirlich
jedesmal der „homologe“ Stamm am hbchsten, etwas weniger und nicht
so gleichm&Big der „fremde“ Stamm agglutiniert Unter den Schweine-
peststfimmen ffillt dabei besonders der Stamm II auf, der den auf ihn
geprOften Seris gegenflber einen wesentlich niedrigeren Titer zeigt, nicht
nur als die 3 anderen Schweinepest-, sondern auch als die flbrigen —
wie man erwarten sollte — noch ferner stehenden St&mme. Eine ana-
loge Beobachtung hat de Nobele gemacht, als er gegen drei mono-
valente Schweinepestsera 9 verschiedene St&mme prflfte, die alle Charak-
teristica des Sal m on -Smith schen Bacillus besaBen, aber dennoch in
sehr verschiedener H6he agglutiniert wurden.
(Zur Agglutination benutzte ich immer durch Formol abgetfltete
Bakterien. Ein Parallelversuch mit Bouillonkulturen, die durch 2-stfln-
diges Erhitzen auf 60° abgetStet waren, ergab merkwflrdigerweise, daB
diese Bakterien ihre Agglutinierbarkeit vflllig verloren hatten, eine Tat-
sache, die in Kontrollversuchen sich immer wieder bestatigte und um so
auffallender ist, als z. B. Typhusbacillen erst bei hoheren Temperaturen
ihre Agglutinierbarkeit einbflBen. Ob es sich dabei etwa um AbstoBung
von Rezeptoren handelt, die dann in der Flflssigkeit das Agglutinin
binden, soli hier noch weiter untersucht werden. Vielleicht haben wir
in dieser Eigenschaft ein weiteres Charakteristikum der Hogcholeragruppe
zu sehen.)
Des weiteren babe ich mit meinen Seris, wie Bonhoff mit seinem
Mflusetyphus- und Paratyphusserum, Absorptionsversuche ge¬
macht, bin dabei aber nicht zu eindeuligen Resultaten gelangt. Bon¬
hoff absorbierte sein Serum durch mehrmaliges Zusetzen von Bakterien
vflllig und fand, daB der AbguB nun auch nicht mehr auf die andere
Bakterienart agglutinierend wirkte; er schliefit daraus auf eine vflllige
Rezeptorengleichheit des M&usetyphus- und Paratyphusbacillus. Ich habe
meine Versuche derart gemacht, daB nur ein Teil der Agglutinations-
kraft des monovalenten Schweinepestserums durch den fremden Stamm
absorbiert, dann zentrifugiert und nun der AbguB auf den homologen
1) 1. c. Anm.
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Smidt, Zur Charakterisierung der Hogcholeragruppe.
29
and die fremden StSmme gepruft wurde. Dabei ergab sich in der einen
Yersuchsreibe, daB der Agglutinationstiter fur den homologen Stamm
viel weniger stark abgenommen hatte als fur denjenigen, mit dem ab-
sorbiert worden war. In einem anderen Versuche war dagegen fur den
Absorptionsstamm der Titer am hdchsten geblieben. Leider konnten
diese Versuche, deren Fortsetzung zur AufkULrung der auff&lligen Re-
sultate notwendig erscheint, aus auBeren GrQnden bisher nicbt wieder-
holt werden. Wenn also Qberhaupt aus diesen Resultaten ein Scblufi
gezogen werden darf, so wflrden sie ebenso wie die Agglutinationstiter
der polyvalenten Sera dafiir sprechen, daB Schweinepest- mit Mkuse-
typhus- und Paratyphusbacillen eine mehr Oder weniger grofie Zahl ge-
meinsamer „Grundrezeptoren u (Lipstein, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I.
Bd. XXXIV. 1903. No. 5) haben, jeder Stamm aber nebenher seine ihm
aigentflmlichen „Partialrezeptoren“ besitzt.
Heilversuche, die mit Hochster (polyvalentem) Schweinepest-
serura an M&usen gegen subkutan injizierte Paratyphus- und Mause-
typhusbacillen angestellt wurden, baben ebensowenig zu einem befriedi-
genden Resultste geftlhrt wie die analogen Versuche Fischers mit
Enteritis- und Paratyphus- und Bonhoffs mit Paratyphus- und
M&usetyphusbacillen an Meerschweinchen. Eine gewisse Verzdgerung
des durch M&usetyphusbacillen (‘/iooo ccm Bouillonkultur) erfolgten
Todes lieB sich allerdings durch Schweinepestserum (0,25 ccm) erreichen
(wobei die Kontrolltiere die gleiche Menge normalen Pferdeserums er-
halten hatten). Nebenbei mochte ich bemerken, daB es auch mir mehr-
fach gelungen ist, weiBe Mause durch Verffltterung von Paratyphus-
bacillen zu to ten.
Als weitere Stiitze fttr die enge Verwandtschaft zwischen Schweine¬
pest- und Paratyphusbacillen mbchte ich die Befunde an drei Para-
iyphuskranken erwahnen, deren Serum dem Institut zur Anstellung der
Widalschen Reaktion Qbersandt wurde. Die Untersuchung gegen
Typhusbacillen ergab in jedem Falle, schon bei 1 :20, negative Reak-
tion, w&hrend Paratyphus- und Schweinepestbacillen zum Teil sehr hoch
s.gglutiniert wurden, wie aus folgender Tabelle ersichtlich ist:
P., 34 Jahre,
erkrankt ca. am 3. VIII.
C., 18 Jahre, erkrankt
am 10. VIII.
N., 6 Jahre, erkrankt
am 15. VIII.
17. VIII.
23. VIII.
30. VIII.
17. VIII.
30. VIE
20. VIII.
30. VIII.
P&ratyphusba-
cillus B
Schweinepest-
bacillufl
1:160
1:160
1:400
1:50
1:100
> 1:3200
> 1:3200
1:320
a
> 1:3200
1:800
Auf Anraten von Herrn Prof. M. N e i s s e r erhieltefi die beiden
ersten Patienten Injektionen von polyvalentem Schweinepestserum, nach-
•dem dieses auf SteriliULt geprflft und durch Selbstversuch als ffir Ge-
sunde v5llig unschadlich gefunden worden war, und zwar 5 bezw. 10 ccm
ein- und zweimal. Eine deutliche Beeinflussung des Krankheitsverlaufs
lieB sich nicht konstatieren. Weitere Injektionen unterblieben, weil die
Patienten inzwischen abgefiebert hatten. Immerhin wfiren derartige In¬
jektionen bei geeigneten Fallen eventuell zu wiederholen, da das Serum
im Tierversuch eine gewisse Wirkung erkennen l&Bt und fflr den
Menschen unschadlich ist.
Das Resultat dieser in vielfacher Beziehung nur orientierenden
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30 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIU. Heft 1.
Versuche kann dahin zusammengefaBt werden, daB es im Einzelfalle
weder morphologisch noch kulturell noch durch die Agglutination Oder
den Tierversuch bisher gelingt, sicher zu entscheiden, ob ein Stamm als
M&usetyphus-, Paratyphus B- oder Schweinepestbacillus anzusprecben
ist. Inwieweit hierbei erworbene spezifische Virulenzunterschiede in Be-
tracht kommen, kann natflrlich zun&chst nicht entschieden werden,
ebensowenig wie ein sicherer Zusammenhang zwischen der Krankheit
Schweinepest und der Krankheit Paratyphus besteht. Jedenfalls wird
man bei Paratyphusfailen mehr als bisher nach einem etwaigen Zu-
sammenhange mit analogen Tierkrankheiten suchen mflssen. Die ge-
brftuchlichen Untersuchungsmethoden einschliefilich der Agglutinations-
prilfung lassen nur die Entscheidung zu, ob der betreffende Stamm
Qberhaupt zu der grofien und fQr die menschliche Pathologie nicht un-
wichtigen Gruppe der Hogcholera (Th. Smith) gehSrt. Es empfiehlt
sich zur Feststellung dieser Zugehdrigkeit die Verwendung eines poly-
valenten Schweinepestserums, in welchem die Partialrezeptoren der ein-
zelnen Starnme ihre Agglutinine mit groBerer GleichmSBigkeit finden.
Zur Namens&nderung der beiden Paratyphusbacillen und des Mftuse-
typhusbacillus liegt solange keine Veranlassung vor, als nicht fflr die
ganze Gruppe ein neuer Name geschaffen oder aber die Differenzierung
der einzelnen Starnme untereinander ermOglicht wird.
Nachdruck verboten.
Streptothrix-Pseudotuberkulose.
[Aus dem bygienischen Institute der kgl. Universitfit Messina.]
Von Pro£ Francesco Sanfelice.
Mit 1 Tafel.
Mit dem Namen Pseudotuberkulose hat man einige durch bestimmte
Mikroorganismen hervorgerufene Knotchenkrankheiten bezeichnet, um
sie von der typischen Tuberkelkrankheit, erzeugt vom Bacillus Koch,
zu unterscheiden. Die ersten Formen von Pseudotuberkulose, fiber die
Beschreibungen vorliegen, erscheinen jedoch sehr unsicher, nicht nur
betreffs des atiologischen Agens, sondern auch in Bezug auf die ana-
tomisch - pathologischen Ver&nderungen. Mit der echten Tuberkulose
haben sie nichts gemein als das makroskopische Aussehen der L&sion.
Streng wissenschaftlich gebflhrt der Name Pseudotuberkulosis nur solchen
Infektionen, deren Entstehen einem dem Tuberkelbacillus durch morpho-
logische sowie durch kulturelle Eigenschaften verwandten Mikroorganis-
mus zuzuschreiben ist, und welche andererseits ein anatomisch-patho-
logisches Krankhejtsbild aufweisen, das dem von Kochs Bacillus
herrtthrenden histologisch sehr ahnlich ist. Als es sich beim Studium
ihrer morphologischen Besonderheiten herausstellte, daB die Bacillen der
Menschentuberkulose und der Geflflgeltuberkulose — seltener die ersteren
und desto haufiger die zweiten — echte Verzweigungen zeigen, so war
man im klaren fiber ihre Zusammengebbrigkeit mit der Streptothricheen-
gruppe, deren Komponenten stets als Filamentform mit echten Ver¬
zweigungen auftreten.
In der Folge reihte sich der erwahnten noch eine weitere, Tuberkel-
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Sanfelice, Streptothrix-Pseudotuberkulose.
31
bacillen und Streptothricheen gemeinschaftliche Eigentfimlichkeit an, die
Sfturefestigkeit. Zahlreiche sfiurefeste Bacillen sind schon aus frflheren
Forschungen und deren Beschreibung bekannt; da sie jedoch nicht ge-
zflchtet worden waren, schwebt fiber ihre wirkliche Art und Klassen-
angehorigkeit ein Schleier. Fundort waren das Cerumen, die Cutis, die
Manrielkrypten, die Umgebung der natfirlichen Leibesfiffnungen, der
Zahnstein und Zungenbescblag und endlich Faeces und Urin. Petri
und Fr. Rabinowitscb waren die ersten, denen es gelang, aus diesen
Pilzen Reinkulturen zu zfichten. Durch Injektion damit infizierter
Milch und Butter in das Peritoneum von Meerschweinchen ffihrten die
Forscher den Tod der Tiere unter pseudotuberkulfiser Krankheits-
erscheinung herbei, und unter dem Mikroskop zeigte es sich, dad die
pathologiscben Produkte in Gestalt und Ffirbungsmodus dem Tuberkel-
bacillus Shnliche Parasiten enthielten; als Agarstrichkultur bildeten sie
dicke, runzelige Belfige von orangegelber Farbe. Auch Moller legte
Knlturen solcher Mikroorganismen an.
So wenig es also den genannten Autoren an Gelegenheit feblte,
sfiurefeste Pilze zu zfichten, desto auffallender ist es, dad sie dieselben
nicht als Glieder der Streptothricheengruppe identifiziert haben, welche
Tatsache doch aus den Beschreibungen der Untersuchenden selbst —
so gut wie aus meinen, an den von Krdl erhaltenen Kulturen ange-
stellten Experimenten — am klarsten hervorgeht.
Eine frfihere Arbeit ! ) fiber diesen Gegenstand und insbesondere das
Studium des Verhaltens der Streptothricheen in Bezug auf Sfiurefestigkeit
gab mir die Mittel an die Hand, diese Mikroorganismen in drei Gruppen
einzuteilen. Die erste derselben nmfadt samtliche dem Typus Strepto-
thrix alba entsprechenden Streptothricheen, mit Einschlud von Arten
und Varietfiten. die der EntfSrbung durch Sfiuren nicht widerstehen.
Die Streptothrix-Arten der zweiten Gruppe dagegen, Typus
Streptothrix flava, erleiden durchweg in Berfihrung mit Schwefel-
oder Salpetersfiure eine partielle EntfSrbung; mit anderen Worten, in
den nach Ziehl * Gab betschen und moditizierten Methoden geffirbten
Prfiparaten erscheint der Bacillenfaden gewfihnlich auf lange Strecken
blau, die Endstfickchen aber zeigen stellen- Oder punktweise ein leb-
haftes Rot (Fig. 23). Streptothrix violacea, der typische Reprfi-
sentant der dritten Gruppe, und Streptothrix viridis, welche ich
derselben zugeteilt habe, sind im Besitz von Sfiurefestigkeit, gleichviel
ob die Kulturen jung oder alt sind.
Den Streptothricheen der ersten Gruppe, welche, gezfichtet, dem Ein-
fluB der Sfiuren keinen Widerstand leisten, wird diese Eigenschaft durch
den Aufenthalt im Organismus zuteil. AuBerdem hat Lombardo-
Pellegrino nachgewiesen, daB viele, dieser Gruppe angehdrende Arten,
auf tierische Fette, namentlich auf Butter und Schmalz gesfit, nach
einiger Zeit der EntfSrbung durch Sfiuren widerstehen und in der Ge¬
stalt isolierter, von den Tuberkelbacillen nicht zu unterscheidender
Parasiten auftreten. So erklfirt sich das hfiuiige Vorkommen sfiurefester
Bacillen in der Butter von selbst. Nichts Leichteres in der Tat, als daB
Streptothricheenpilzchen der Luft auf Fettsubstanzen fallen, sich anfangs
verniehren und spfiter groBenteils ausarten, so daB nur wenige sfiure¬
feste Bacillenbruchstficke zurfickbleiben. Die Resultate der erwfihnten
1) Ueber die pathogene Wirkung einiger Streptothrix- (Actinomyces-)Arten.
(Centralbl. f. B&kt. etc. Abt. I. 1904.)
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32
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Experiraente lassen auch die Ursache erkennen, warura der von Ra-
binowitsch und anderen Beobachtern behandelte sfiurefeste Bacillus,
wenn gezQchtet, dieser Eigenschaft bar, im Organismus dagegen ihrer
teilhaftig ist. HOchst wahrscheinlich gehoren alle widerstandsfahigen
Mikroorganismen, die uns im Cerumen, auf der Cutis etc. begegneu,
der Streptothricheenfamilie an und ihr Vorkommen ergibt sich von selbst
aus der Frequenz der Streptothrix in der uns umgebenden Luft,
wahrend andererseits der Fettgehalt jener Fundorte als Grund der
Saurefestigkeit erscheint.
So ist das Gruppenbild der Pseudotuberkulose, oder, wenn man vor-
zieht, der saurefesten Mikroorganismen fixiert. Dem Bacillus der Tu-
berkulose ahnlich an Gestalt, an Widerstandsfahigkeit gegen Sauren und
im Entwickelungsmodus der Aussaat auf kGnstlichem Nahrbqden — wo-
bei sich dicke, runzelige, dem Substrat stark adharierende Beiage bilden
— besitzen sie aufierdem pathogene Eigenschaften, indem sie als Ur-
heber chronischer Knbtchenkrankheiten die Gewebe in ganz ahnlicher
Weise schadigen wie der Bacillus Koch.
In meiner zuletzt verQffentlichten Arbeit brachte ich die pathogene
Wirksamkeit einiger aus der Luft isolierter Strep tothrix zur Kennt-
nis. Die vorliegende liefert die Resultate der histologischen Unter-
suchungen, aus denen die Analogie zwischen Tuberkulose und Pseudo¬
tuberkulose mit noch grbBerer Bestimmtheit hervorgeht.
Von alien isolierten Streptothrix mit pathogener Wirkung auf
Meerschweinchen, Kaninchen und Hunde gehoren, wie schon meine
friihere Arbeit angedeutet hat, einige der ersten Gruppe, Typus
Streptothrix alba, und eine der dritten, Typus Streptothrix
violacea, an. Unter den ersteren befanden sich zwei, die bei ganz
ahnlichem Aussehen, sowohl der mikroskopischen Praparate als der
Plattenkulturen — in Agar und Gelatine und Strichkulturen auf Agar
und Kartoffeln — im Verhalten als Krankheitserreger unter sich differ
rieren. Auf Kaninchen und Meerschweinchen endovenbs verimpft, zeigte
die eine nur bei den ersteren, die andere dagegen bei beiden Versuchs-
tieren pathogene Eigenschaften. Die zweite Streptothrix alba er-
wies sich auch ftir Hunde gesundheitsschadlich.
Die aus der Luft isolierten Streptothricheen der dritten Gruppe,
welche die Eigenschaft besitzen, auf Kartoffeln gesat, einen amethyst-
violetten, in Agar dagegen einen braunen Belag zu erzeugen, verhielten
sich, Meerschweinchen und Kaninchen eingeimpft, pathogen, ffir Hunde
aber unschadlich.
Angesichts der groBeren Anzahl mittels endovenoser Einspritzungen
orzielter positiver Resultate gebe ich denselben den Vorzug vor dem
subkutanen und Bauchbohleimpfen.
Durch endovenbse Injektion der beschriebenen Kulturen lassen sich
bei Kaninchen und Meerschweinchen sowohl akute als chronische Infek-
tionen hervorrufen. Auf die akuten erfolgt der Tod nach 3—4 Tagen
und die Sektion weist an Leber und Lungen eine solche Menge von
Miliarkndtchen auf, dafi die Farbe der Organe vbllig verandert erscheint.
Von grbBerer Bedeutung fttr die Analogie mit der Tuberkulose sind
jedoch die anatomisch-pathologischen Befunde bei Tieren, die erst nach
14—25 —30 Tagen der chronischen Infektion erlegen waren. In diesem
Falle kommen in den Lungen, der Leber, den Nieren und in der Milz
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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose.
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der toten Meerschweinchen und Kaninchen Knotchen von groBerem Urn-
fange, aber in geringerer Anzahl zura Vorschein, von Farbe gelblich-
weiB, zeigen sie im Zentrum einen eiterartigen Kern, der auffallend
an die kasige Substanz der von Kochs Bacillus erzeugten Tuberkel
eriDnert.
An Hunden bringen die Adereinspritzungen patbogener Strepto-
thrix Krankheitserscheinungen entztindlichen Charakters hervor, genau
so, wie man sie nach Infektion durch endovendse Verimpfung von Rein-
kulturen der Tuberkulose beobachtet, oder es erscheinen LBsionen von
neoplastischem Typus, wovon mir schon mehrere hochinteressante Ffille
vorgekommen sind. Ich bebalte mir vor, in einer spateren Abhandlung
darauf zurQckzukommen. Bei den LBsionen des Inflammationstypus
bilden sich Knotchen von einer Tendenz zu mehr oder weniger rapider
Degeneration der zentralen Zellelemente; dem neoplastischen dagegen
fehlt die Knotchenforraation und Degenerationsphase, w&hrend das neu-
gebildete Bindegewebe das Aussehen gewisser Sarkome simuliert
Von alien Streptothrix-Arten, die auf Hunde verimpft wurden,
erwies sich nur Streptothrix alba II pathogen, und auch diese
nicht auf konstante Weise, da von 17 Hunden nur bei 5 der Tod ein-
trat; dafflr brachte der anatomisch-pathologische Sektionsbefund dieser
Falle sehr interessante Tatsachen zur Kenntnis.
Die erwShnten Versuchstiere hatten die Injektion zum Teil in das
subkutane Bindegewebe, zum Teil in die Venen erbalten; 4 erlagen der
endovenosen, der 5. der subkutanen Impfung. Bei einem der 4 ersteren
erfolgte der Tod nach 18 Tagen und die Sektion wies nur an den
Lungen eine Veranderung auf, hervorgebracht durch zahlreiche Knotchen
von StecknadelkopfgroBe. Der zweite Hund starb nach 20 Tagen, mit
einem haselnuBgroBen Nodulus an der Spitze des rechten Lungenflugels
und zahlreichen, an der Oberfl&che und im Inneren zerstreuten Knot-
cben von Hanfkorn- bis ErbsengrdBe. Im Inneren des groBen Knotens
befand sich eine, an den Wanden mit Eiter bekleidete Hohle. Der
dritte Hund starb 5 Tage spSter; wie bei seinen Vorgangern waren die
Lungen von zahlreichen Knotchen von HanfkorngroBe. gelblichweifier
Farbe und eiteriger Substanz im Inneren durchsetzt. Der vierte end-
lich verendete erst nach 45 Tagen; die Autopsie wies Lasionen an den
Nieren und den Mesenteriumlymphdrflsen auf. Die Drusen waren be-
deutend vergrdBert und zeigten drei flber die Oberflache hervor-
ragende Kndtchen von ErbsengroBe, die, gelblichweiB von Farbe, eine
weiche, kreideweifie, an kalkigem Detritus reiche Substanz einschlossen;
in der Rindensubstanz der Nieren stieB man auf StecknadelkopfgroBe
Noduli. Das letzte der 5 Versuchstiere, welchen man die Infektion
durch subkutane Impfung des Bindegewebes beigebracht hatte, erreichte
der Tod nach 25 Tagen. Bei der Sektion lieB sich an der Impfstelle
keine nennenswerte Veranderung wahrnehmen, nur au der Spitze des
rechten Lungenflttgels befand sich eine taubeneigroBe Kavitat mit von
Eiter iiberzogenen Wanden.
Durchweg bei alien an Infektion durch die beiden Streptothrix
alba und Streptothrix violacea gestorbenen Tieren erregte der
Befund der mikroskopischen Untersuchung auf Parasiten groBes In-
teresse.
Nach erfolgtem Tode wurden unverzilglich Praparate hergestellt,
indem der Operierende die Objekttragergiaschen mit Eiter aus den in
verschiedenen Organen befindlichen Kndtchen sorgfaltig bestrich und
Ento Abt. Orig. Bd. XXXV11I. Heft 1. 3
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
das Ffirben entweder nach einer der einfachen oder nach der Ziehl-
Gabbetscben Methode vornahra. Die nach letzterer Vorschrift behan-
delten Pr¶te brachten stets mehr oder weniger zahlreicbe sfiurefeste
Bacillen zum Vorschein, die hier und da etwas dicker als der Tuberku-
losebacillus, demselben andere Male vollstfindig fihnlich waren und bald
homogen auf die ganze FacfcenULnge, bald nur streckenweise gef&rbt —
d. h. wie gekfirnt — erschienen.
Das Gelingen der Kulturversuche ans den an Streptothrix-In-
fektion gestorbenen Tieren erwies sich leider nicht konstant und l&Bt
sich mit Sicherheit nicht behaupten, dafi solches mit den morphologi-
schen Modifikationen, welche der Parasit in den Geweben pnisentiert,
zusammenhange. Was ich dagegen sehr bestimmt versichern kann, ist
die Tatsache, dafi die SSuren widerstehenden Formen hier und da
die Fahigkeit besitzen, sich in kfinstlichen Nfihrboden zu vermehren.
Von der Zentrumsubstanz der in den Mesenteriumlymphdrfisen der
Hiindin IV vorgefundenen Kndtchen, in welcher Substanz ein sorgffil-
tiges mikroskopisches Studium ausschliefilich sfiurefeste Bacillenfragmente
nachwies, sfite ich einen Teil auf Kartoffeln und brachte sodann die
fiber der Flamme zugeschmolzenen Rdhrchen ffir 15—20 Tage in den
Thermostaten. Nach Ablauf dieser Frist zeigte sich eine Entwickelung
kleiner, voneinander getrennter Kolonieen von schmutzig-weifier — statt
kreideweiBer Farbe, wie die verimpften — somit von grfindlich verschie-
denem Aussehen. Nachdem die Rdhrchen geoffnet und ihr Inhalt ver-
pflanzt worden war, liefi man die Kulturen bei Zimmertemperatur
wachsen; nun liefi die Bildung von Bel&gen, von derselben weifien Farbe
wie die der zuerst geimpften, nicht auf sich warten. Ich dachte an die
Mdglichkeit, das kfimmerliche Wachstum im Thermostaten zum Teil von
der Einschr&nkung des notigen Sauerstoffvolumens, zum Teil von der
hfiheren Temperatur herzuleiten und veranstaltete, urn mir Gewifiheit zu
verschaffen, zahlreiche Verpflanzungsversuche mit Kulturen von Strepto-
thrix alba, die sich in meiner Sammlung vorfanden. Man fibergab
sie, gleichfalls in Rohrchen eingeschlossen, dera Thermostaten. Das
gleiche kfimmerliche Wachstum, das gleiche Aussehen wie oben zeigten
die Kulturen auch bier. Diese DiversitSt im Verhalten ist somit nicht
spezifischen Modifikationen, die der Parasit im Organismus erlitten haben
kdnnte, sondern besonderen aufieren Umstanden, welchen die Kulturen .
ausgesetzt waren, zuzuschreiben. Leider gelang bei der Mehrzahl der
fibrigen Versuchstiere, deren L&sionen unter dem Mikroskop saurefeste
Bacillen aufgewiesen hatten, die Aussaat von Kulturen nicht. Es ist
schwer zu sagen, ob dies der kargen Ausbeute an Parasiten oder viel-
leicht davon abhing, dafi sie tot waren. Ganz sicher haben die Kulturen
der saurefesten Formen monatelanges Leben. Gezfichtete Strepto-
thrix, die teilweise in toto den Sfiuren widerstehen, zeigen, nachdem
sie 5, 6, 7, 8 Monate hindurch auf Kartoffeln vegetiert haben, bei der
mikroskopischen Untersuchung nach Ziehl-Gabbetscher Methode
mehr oder weniger kurze Strecken intensiv rot, kein einziges Bacillen-
fragment aber blau, hochstens ein winziges Endchen so schwach ge-
ffirbt, dafi es kaum wahrzunehmen ist. Sowie man jedoch mit solchen
Kulturen zum Verpflanzen schreitet, fallen die Resultate stets posi-
tiv aus.
Aus der Zentralmasse der in Mesenteriallymphdrttsen der Hfindin IV
gefundenen Kndtchen wurden mittels sterilisierten Wassers Emulsionen
hergestellt und sodann Kaninchen und Meerschweinchen in die Jugularis
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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose.
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injiziert. Die Tiere starben nach ein bis aDderthalb Monaten mit pseudo-
tuberkulosen Krankheitserscheinungen an Lungen und Nieren, in denen
sich eine ziemliche Anzahl s&urefester Bacillen nachweisen liefi. Doch
blieben mit diesen Knotchen angestellte Ziichtungsversuche erfolglos.
Unter solchen Umst&nden, d. h. wenn die anatomisch-pathologischen
sowie die Befunde der mikroskopischen Untersuchung identisch lauten,
jedoch kein positives Kulturresultat vorliegt, ist es moglich, dafi ein
Strep to thrix-Pseudotuberkulosefall ftir wirkliche Tuberkulosekrank-
heit angesehen werden kann. Da nun das Gelingen der kulturellen Ver-
snche zu den Ausnahmen gehort, so ist auch die Annahme gestattet,
dafi derlei Verwechselungen nichts weniger als selten stattfinden. Ge-
lingt aber das Ziichtungsexperiment, so gibt es nichts Leichteres, als die
Differentialdiagnose zu stellen. Die Entwickelung des Tuberkulose-
bacillus geht aufierordentlich langsam von statten und erfordert eine
Temperatur von 37 0 C, wfihrend die Streptotrhicheen sich durch rapides
Wachstum auszeichnen und hierbei die Zimmertemperatur der des Ther-
mostaten vorzuziehen scheinen. Jene bilden auf Glycerinagar und auf
Kartoffeln einen kompakten, doch nicht zah am N&hrboden anhaftenden
Belag; ganz im Gegensatz hierzu lassen sicb die eben so dichten Be-
lage der Streptothricheenkulturen nur schwer mit der Nadel zerreifien
und vom N&hrboden trennen.
Bei Hunden pathogen wirkende Streptothricheen sind nur sehr wenige
bekannt Rabe 1 ) beobachtete schon vor Jahren einen Fall an einem
von purulentem Blutgeschwflr befallenen Hunde; doch erschien die
p&thogene Wirkung in ganz anderem Lichte als bei den von mir oben
beschriebenen Infektionen. Der unter dem Mikroskop beobachtete Pa-
rasit hatte die Form von Rasen, dessen im Winkel gebogenen Filamente
toils anastomosiert, teils mit endst&ndigen Anschwellungen versehen
waren. Der Autor gab ihm den Namen Cladothrix canis; Kulturen
erhielt er davon nicht. Auf Grund interessanter Beobachtungen, die
nach endovenbser Injektion einiger Streptothrix auf Hunde der Sek-
tionsbefund gestattet hatte, versuchte ich an Versuchstieren derselben
Gattung Jugulareinspritzungen des Bacillus der Menschentuberkulose.
Von zwei Hunden, die mit Reinkulturen der Infektion geimpft worden
waren, starb der eine nach anderthalb, der andere nach ungef&hr drei
Monaten. An beiden wies die Autopsie lediglich Sch&digung der Mesen-
teriumlymphdriisen auf, genau entsprechend den oben beim Befund an
Hflndin IV beschriebenen. Das mikroskopische Studium der aus dem
Knbtcheninhalt hergestellten und nach Ziehl-Gabbets Methode ge-
fSrbten Pr¶ten ergab nur eine hochst magere Ausbeute an Tuber-
kulosebacillen; alle Kulturversuche blieben erfolglos.
Unter den verschiedenen Eigenschaften der Streptothricheen, mit
welchen wir uns bisher beschfiftigt haben, fiillt das Hauptgewicht auf
ihr Vermdgen, gleich dem Tuberkelbacillus Koch eine Infektion mit
Kndtchenbildung hervorzubringen. Die von dem Kochschen Mikroben
erzeugte L&sion beginnt mit der Vermehrung der Bindegewebszellen,
der Endothelial- und Epithelialzellen des Parenchyms. Dadurch ent-
stehen polygonale Zellen mit grofiem Vesikularkern, die sogenannten
1) Ueber einen neu entdeckten, pathogenen Mikroorganismus beim Hunde.
tierarztl. Wochenschr. 1888.)
3*
(Berl.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Epithelioidzellen. W&hrend einige Forscher den Hauptanteil an der
Tuberkelbildung den fixen Zellen zuschreiben und diese als Ursprung
der Epithelioidzelle betrachten. leiten andere die Abstammung der letz-
teren von den Wanderzellen her. Hat der Tuberkel eine gewisse GrbBe
erreicht, so bleibt die Entwickelung station&r. Wenn die Epithelioid¬
zellen fortfabren, sich zu vermehren, ohne daB die Teilnng der Zell-
kdrper damit Schritt halt, so bildet sich die Riesenzelle von ovaler oder
unregelmaBiger Gestalt. In diesen Riesenzellen finden sich gewbhnlich
an einer Stelle die Zellkerne, an einer anderen die Bacillen. Noch be-
vor die regressive Metamorphose stattfindet, erscheinen an der Peri¬
pherie des Tuberkels kleine protoplasmaarme Zellen mit intensiv ge-
farbtem Kern; es sind dies aus den Blutgefafien ausgetretene Wander¬
zellen, welche die Infiltrationszone bilden. Das Entarten des Tuberkels
beginnt bei der Entstehung der Riesenzellen, ihr auf dem FuBe folgt
das Zerbrbckeln und die Zerstbrung der Zellkerne und daran an-
schlieBend Koagulationsnekrose. In diesem Stadium tritt die Tuberkel-
verkasung ein, zuletzt die Schmelzung zu rahmahnlichem Eiter; Vir¬
chow erklart die Erscheinung fflr einen MazerationsprozeB, andere
ziehen vor, sie der Tatigkeit der Suppurationsmikroben zuzuschreiben.
Urn die Histogenese der von Streptothricheen an tierischen Organen
hervorgebrachten Lasionen zu studieren, benutze man Schnitte, die Ini-
tialknotchen aufweisen. Sowohl bei Meerschweinchen als bei Kaninchen
zeigen die frischen Knbtchen (Fig. 1 und 5) an der Zentralstelie eine
oder mehrere Riesenzellen mit blassen, blasenartigen Zellkernen, die
haufig isolierte oder gruppenweise vereinigte Bacillen enthalten. Zwischen
die Riesenzellen eingelagert, erscheinen nicht selten im Zerbrbckeln be-
griffene Zellkerne und ein paar von der Nukleardisgregation herrQhrende
Chromatinkbrnchen. Urn eine oder mehrere in der Mitte liegende Riesen¬
zellen dehnt sich eine Zone von Zellen aus, deren Kern die gleichen
Eigentiimlichkeiten der Riesenzellenkerne vorweist. Auch in dieser aus
Epithelioidzellen bestehenden Zone — von mehr oder weniger groBem
Umfang, je nachdem man es mit jungen oder gereiften Tuberkeln zu tun
hat — begegnet man zerbrbckelnden Kernen und Chromatinkbrnchen.
Sie ist ihrerseits wieder von einer Zone aus Wanderzellen mit intensiv
gefarbtem Kern umgeben.
In diesem ersten Stadium der Krankheitserscheinung tritt die Ana¬
logic zwischen den Initialknotchen der von Streptothrix und der
vom Bacillus Koch erzeugten Infektionen ganz auffallend hervor.
In Lungenschnitten von Meerschweinchen, denen endovenbse Impfung
mit Kochschen Bacillen den Tod gebracht hatte, stieB ich auf Initial-
tuberkel, die in keiner Weise von denen zu unterscheiden waren, welche
die Lungen an Strep tot h r i x - Infektion gestorbener Tiere enthielten.
Zahlreiche Knotchen findet man im Perivasal- und im Peribronchial-
Bindegewebe.
Auch bei dem Streptothrix-Pseudotuberkel beginnt die Degene-
rationsphase vom Zentrum aus mit Zerstbrung der Riesenzellen. Die
entarteten Knbtchen enthalten eine Substanz, die Anilinfarben nicht auf-
nimmt und hier und da Kerndetritus, hier und da kalkigen Detritus
aufweist.
Das Entstehen von Knbtchen in den Organen ist von mehr oder
weniger diffuser Parvicellularinfiltration begleitet. Haufig treten Hbhlen
auf, voll Zellen, die sich von den Wlinden ablosten, oder voll zerschmol-
zener Zellkorper.
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S a n f e 1 i c e, Streptothrix-Pseudotuberkulose.
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Dasselbe Strukturbild beobachtet man bei den L&sionen am Hunde.
Bei den grofieren, in den Lungen auftretenden Kndtchen (Fig. 4) er-
scheinen im Zentrum mehrere Gruppen von Riesenzellen mit oder ohne
Bacillen, die eine weite Epithelioidzellenzone umgibt. Um diese breitet
sich wieder ein ebenso ansehnlicher Gflrtel aus Wanderzellen mit lebhaft
gef&rbtem Kern aus.
Die kalkige Degeneration erscbeint bei den durch Streptothrix
an Hunden erzeugten Knbtchen nicht selten.
Zu den bis jetzt betrachteten Analogieen zwischen Tuberkulose-
bacillen nnd Streptothricheen in Bezug auf die Form der Mikroben,
auf S&urefestigkeit und auf die anatomisch-pathologischen Ver&nderungen,
gesellen sich noch analoge histogenetische Eigentiimlichkeiten. Keiner
der anderen Mikroorganismen, die granulomerzeugend auftreten, weist
ein so vielseitiges Uebereinstimmen mit dem Kochschen Bacillus auf,
wie die Streptothricheen der Pseudotuberkulose-Pilzgruppe. Die letztere,
durch AffinitSt mit Bacillus Koch gekennzeichnete Abteilung darf
ja nicht mit zwei anderen Streptothricheengruppen zusammengeworfen
werden, welche die Eigenschaft besitzen, Actinomyces-Tumoren
bezw. solche vom Sarcomatypus (Madurafufi) hervorzurufen; zwischen
diesen und der ersten Gruppe ist eine scharfe Grenze zu ziehen.
In der Fachliteratur der letzten Jahre kamen Lungenaffektionen des
Menschen zur Sprache, die, von Streptothricheen erzeugt, Aehnlichkeit mit
Formen der Menschentuberkulose hatten.
Buchholtz 1 ) beschrieb einen schwierigen Fall von Lungenkrank-
heit am Menschen, bei dem die Untersuchung des Sputums keine Tu-
berkulosebacillen nachzuweisen im stande war. Rechts war der Patient
von eiterig-fibrinbser Pleuritis mit diffuser Infiltration der Lungen und
nekrotischen Kaverne affiziert, links von beschr&nkter Pleuritis, minder
diffuser Lungeninfiltration und kleinen Nekroseherden. Die Sektion
der Lungen und der Kavernenwandungen brachte ein Geflecht ver-
astelter FSden zum Vorschein. Wiewohl es an Kulturen gebrach, wurde
angenommen, es liege Streptothrix-Infektion vor. Mit Rflcksicht
auf die Saurefestigkeit- der Parasiten bleibt uns der Autor die Antwort
schuldig.
Einen zweiten wichtigen Fall von Lungenstreptothrichose haben
Scheele und Petruschky 2 ) beschrioben. Es handelte sich urn eine
wohlgen&brte Frau, die von einem chronischen Brustleiden heimgesucht
war, begleitet von zahlreichen subkutanen Abscessen. Noch zu Leb-
zeiten der Kranken liefi sich auf Grund der mikroskopischen Unter¬
suchung und ausgefdhrter Kulturen des Sputums und des AbsceBmate-
rials Streptothrichose diagnostizieren. Der Leichenbefund lautete auf
linksseitige diffuse Pleuritis mit Infiltration eines grofien Teils des
Lungenfliigels. Sein Gewebe erschien dunkelgrau gef&rbt von zahl¬
reichen mit Eiter geffillten Nekroseherden, die es durchzogen. Ein grofier
Abscefi fand sich im Mediastinum und viele andere im subkutanen
Bindegewebe. Auf Agar und in Gelatine ausgesat, gingen Kulturen auf,
die nacbher schmolzen und den charakteristischen Schimmelgeruch
1) Ueber menschenpathogene Streptothrix. (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXIV.
1897.)
2) Kulturen und Prap&rate einer menschenpathogenen Streptothrix-Art. (Verhandl.
d. Kongr. f. inn. Med. 1897.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
zeigten. Auf Kartoffeln gedieh der Parasit nur ktkmmerlich, verglichen
mit dem iippigen Wachstum der Streptothrix Eppingers and
zweier Actinomyces-Kulturen. Auf Kaoinchen verimpft, brachte
der gezflchtete Parasit Abscesse hervor, aus welchen sich neue Kulturen
ziehen liefien.
Auch bei diesem Falle wird von den Forschern fiber positive oder
negative S&urefestigkeit, die der Pilz in den Geweben sich angeeignet
haben konnte, nichts mitgeteilt.
Petruschky 1 ) beobachtete einen Lungen-Streptothrichosefall an
einem 12-jfihrigen Knaben, der, weil schwach von Konstitution und mit
chronischem Husten behaftet, ffir tuberkulos gait Unter dem Mikro-
skop erschienen im Sputum neben Influenzabacillen lange Faden, die
sich ohne Schwierigkeiten auf Agar zfichten liefien und weifie Kulturen
gaben. Um eine der Behandlung mit Kochs Tuberkulin analoge Kur-
methode zu erproben, wandte man extra pr&pariertes Streptothrichin an
und erzielte komplette Heilung.
Berestneif 2 ) erstattet Bericht liber zwei weitere Beispiele von
Lungenstreptothricliose. In einem Fall von Pleuropneumonitis mit Sup¬
puration fand er im Eiter eingenistet gelblich-weifie Kornchen von der
Grdfie eines Stecknadelkopfes. Sie bestanden aus einem strahlig dis-
ponierten und an den Enden in Keulen auslaufenden Fadenpilz, der in
Kulturen von dem des Actinomyces wesentlich verschieden aussah.
Auf Agar wuchsen milchweifie Kolonieen auf. Wie im vorhergehenden
Falle, handelte es sich um eine Streptothrix alba. Bei dem zweiten,
wie Lungenaktinomykose verlaufenden Fall stiefi der Autor im Eiter aufs
neue auf gelbliche, den soeben beschriebenen ganz fihnliche Kfirnchen.
Auch Strahlenform und Spitzenanschwellung fehlten nicht. Durch Aus-
saat wurden weifie Kolonieen erhalten, die sp&ter zu einem milchweifien
Belag konfluierten. Intraperitoneales Verirapfen der Kulturen auf die
gewohnten Versuchstiere blieb resultatlos. Bei subkutaner Injektion
erschienen Infiltrationen, verschwanden aber langsam wieder.
Flexner 3 4 ) hat einen Pleuropneumonitisfall beschrieben, als dessen
Erreger unter dem Mikroskop eine Streptothrix identifiziert wurde.
Kulturversuche hatten keinen Erfolg. Als pathologische Erscheinungen
sind zu notieren: Infiltration, Nekrose und Formation von Lungen-
kavernen; diese an Tuberkulose mahnenden Tatsachen veranlafiten den
Forscher, den Prozefi als Pseudotuberculosis hominis strepto-
thrica zu bezeichnen. Die Infektion eines Meerschweinchens mittels
der pathogenen Lungensubstanz verursachte den Tod unter Abmagern.
Die Sektion jedoch brachte keinerlei Schadigung der Organe zur Schau.
Was WiderstandsfShigkeit gegen SSuren betrifft, liegt keine Andeu-
tung vor.
Rullmann 1 ) und Perutz 5 ) fanden in den Sputa eines Lungen-
kranken Parasiten mit echten Ver&stelungen. Auf dem Loefflerschen
Serumprfiparat kamen sparliche gelbe Oberfl&chenkulturen zum Vor-
1) Demonstration von Priiparaten und Kulturen von einem zweiten intra vitam
diagnostizierten Falle von Streptothricoeis hominis. (Verhandl. d. Kongr. f. inn. Med.
1898. )
2) Ueber Pseudoaktinomykose. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXIX.)
3) Pseudotuberculosis hominis streptothrica. (Joum. of ex per. med. 1898.)
4) Ueber eine aus Sputum isolierte pathogene Streptothrix. [I. Mitt.] (Munch, med.
Wochenschr. 1898.)
5) Ueber eine aus Sputum isolierte pathogene Streptothrix. [II. Mitt.] (Ibid.
1899. )
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schein, wfihrend Bouillon sich anfangs nur triibte, nach 24 Stunden aber
trat an seiner Oberflfiche ttppiges Wuchern von Kulturen ein. Die
mikroskopische Untersuchung lieB an den Bacillen echte Verzweigungen,
hier und da Anschwellungen der Fadenspitzen wahrnehmen, wodurch
sie dem Mikroben der Dipbtheritis fihnelten. Von den in groBer An-
zabl geimpften Versuchstieren starben ungefahr zwei Drittel — nament-
lich Mause und Kaninchen und besonders schnell die ersteren — an
allgemeiner Streptothrix-Infektion. 'Die aus dem Lasionsmaterial
der Tiere erhaltenen Zfichtungsprodukte wiesen gewisse kulturelle Modi-
fikationen auf. Aus dem Leberinfarkt eines ins Peritoneum geimpften
Kaninchens entwickelte sich eine der Streptothrix odorifera —
1895 von den genannten Forschern isoliert und mit diesem Namen be-
zeichnet — identische Strep to thr ix-Kultur.
Bei einem Falle von Lungenkrankheit mit darauffolgender Suppura¬
tion entdeckte Foulerton 1 ) im Sputum sowie im Eiter eine Strepto¬
thrix. Der Parasit entwickelte sich auf Glycerinagar in Form eines
trockenen, schmutzig-weiBen Hfiutchens. Impfversuche auf die gewohn-
ten Versuchstiere gaben keinerlei Resultat.
Laut Referat v. Ritters 2 3 * ) fiber einen ulcerosen Pleuritisfall mit
metastatischen Gehirnabscessen hat der Verf. im Eiter eines Parasiten
vom Charakter der Streptothrix ausfindig gemacht, doch keine Kul¬
turen daraus erzielen konnen.
Von hdchster Bedeutung und mit groBer Sorgfalt ausgearbeitet ist
folgender von Aoyama und Miyamoto 8 ) beschriebener Fall. Bei
Lebzeiten des Patienten wies das Sputum verfistelte Filamente auf. Die
Autopsie ergab Doppelpleuritis mit Exsudat, kleine, auf beide Lungen-
flfigel zerstreute, hepatisierte Stellen und im rechten einen AbsceB von
der GrfiBe eines Hfilmereies. Auch der Eiter enthielt die Bacillenform
mit echten Ramifikationen. Von anderen Parasiten keine Spur. Die
Schnitte des hepatisierten Lungengewebes wiesen zwischen den runden
Infiltrationszellen dieselben verfistelten Filamente auf. In den fibrigen
Organen war nichts zu finden. Kulturen auf Glycerinagar lieferte der
Lungeneiter. Der Parasit bildete an der Agaroberflache ein feuchtes,
weiBliches Hfiutchen, das mit der Zeit gelb wurde. Auf Bouillon ent-
standen weiBliche Schfippchen und am Boden sammelte sich ein flockiger
Niederschlag aus verflochtenen Ffiden, wfihrend die Flflssigkeit klar blieb.
Auch in bloB sterilisiertem Wasser gedieh der Mikrobe unter Bildung
einer dfinnen, weiBen Oberflfichenmembran. Ein Zusatz von 5 Proz.
Traubenzucker vermochte kein Uppigeres Vegetieren hervorzurufen als
eben beschrieben. Auf Kartoffeln entstand ein verrunzelter Belag von
gelbbrauner Farbe; auf Milch an der Oberflfiche ein gelbes Hfiutchen.
Die Injektion des Lungeneiters und der Kulturmassen in Bauch- und
Brusthohlen von Meerschweinchen erzeugte hfimorrhagische Entzfin-
dungen mit Kndtchenbildung. Impfung von Kaninchen, Mfiusen,
Hfihnern zeitigte keinerlei Resultate. Die Autoren sind der Ansicht,
ihre Streptothrix weise groBe Aehnlichkeit mit der Eppinger-
schen auf.
Ueber zwei weitere Lungenstreptotrichose-Ffille liegen Beschrei-
1) On Streptothrix infections. (The Lancet. ] 899.)
2) Ueber einen Fall von durch eine Streptothrix bedingter Pleuritis ulcerosa mit
metastatischen Gehirnabscessen. (Prag. med. Wochenschr. 1900.)
3) Ueber die menschenpathogene Streptothrix. (Aus d. Mitteil. d. med. Fakultat
d. kais. japan, Univ. Tokio. Bd. IV. 1900.)
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
bnngen vod Nor vis und Larkin 1 ) vor. Laut denselben enthielt der
Lungeneiter Kdrnchen, in denen Streptokokken und verSstelte Filamente
nebeneinander zu sehen waren. Die nfimlichen Filamente durchzogen
auch Lungengewebe. Von den beiden Fallen lieferte der eine gar keine
Kultnren, bei dem anderen lieBen sich solche auf Kaninchenniere-
Schnittchen zilch ten. Spater gelang es, den Parasiten auch in Bouillon
und auf Agar zum Wachstum zu bringen. Die fest am Nahrboden ad-
harierenden Kolonieen zeigten*weiBe Farbe. Reinkulturen- des Mikroben,
in das subkutane Bindegewebe eingespritzt, brachten bei Kaninchen
Abscesse, in die Trachea geimpft, Empyem und LungenabsceB hervor.
Der einzige Fall von Lungenstreptothrichose, bei dessen Beschrei-
bung die Saurefestigkeit des Parasiten erwahnt wird, ist der von Birt
und Leishman 2 ) beschriebene. Der Patient, ein 26-jahriger Soldat,
war im Januar 1900 an Diphtheritis erkrankt und, nicht komplett her-
gestellt, entlassen worden. Im Mai desselben Jahres stellten sich von
neuem Fieber unter Abmagern und Kachexie ein. In der rechten
Pleurahohle trat Exsudat auf, die Leber schwoll an; den Husten be-
gleiteten rdtliche muco-purulente Expektorationen. Das Sputum wies
s&urefeste, dem Tuberkulosebacillus ahnliche Parasiten auf. Nach Punktur
ergoB sich aus der rechten Pleurahdhle geruchloser, brauner Eiter von
schleimiger Konsistenz. Es gelang, den Parasiten daraus zu zilchten.
11 Tage nach seinem Eintritt in das Lazarett starb der Kranke. Bei
der Autopsie zeigte sich ein groBes Empyem auf der rechten Seite. Der
Eiter hatte nicht das charakteristische Aussehen aktinomykotischen Eiters.
In dem am Diaphragma adh&rierenden rechten Lungenfliigel erschienen
weder Knbtchen noch Kavernen. Der linke war besfit mit cirrhdsen
Knotchen, die keine Spur von Verk&sung und ein von dem der Tuber-
keln durchaus verschiedenes Aeufiere zeigten. Die Leber war bedeu-
tend vergroBert. Das Pericardium enthielt 625 ccm einer triiben Fltls-
sigkeit. Das Kolon wies in der NBhe der Flexura sigmoidea
Ulcerationen auf. Im Eiter zeigte sich unter dem Mikroskop eine Art
Netzwerk aus ddnnen Filamenten mit rechtwinkeliger Verzweigung. Die
LungenknQtchen enthielten Fadenbtlschel und kurze Fragmente, wie sie
im Sputum aufgetreten waren. Agarkulturen bildeten nach 36 bis
48 Stunden einen staubigen, schneeweiBen Belag. Gleiche Belage zeigten
sich auch auf Gelatine, auf Kartoffeln hatten sie ein trockenes Aussehen
und weiBe Farbe. Reinkulturen, auf Meerschweinchen iibertragen, er-
gaben positive Resultate. Die im Peritoneum geimpften Tiere erlagen
der Infektion nach 5—6 Wochen, wobei sich das Entstehen groBer,
kSsiger Eitermassen zeigte.
War aus der mikroskopischen Untersuchung der Parasiten sowie
aus den anatomisch-pathologischen Sektionsbefunden hervorgegangen,
daB durch Impfen mit Reinkulturen gewisser Streptotricheen an Tieren
ganz ahnliche Krankheitserscheinungen hervorgerufen werden konnten,
wie durch den Bacillus Koch, so ist nun auch der Nachweis ge-
leistet, daB das Gleiche auch bei den entsprechenden Menscheninfek-
tionen zutrifft- Diese Tatsachen in das rechte Licht zu stelien, war
meine Absicht bei Aufzahlung samtlicher bisher im Druck erschienenen
Beschreibungen von Lungenstreptothrichose-Krankheitsfallen. Eine stich-
1) Two cases of microbic bronchiopneumonia with Streptothrix. (Journ. of exper.
raed. Vol. V. 1900.)
2) A new acid-fast Streptothrix pathogenic to man and animals. (Journ. of hyg.
1902.)
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CentmlblaU (' Rakteriologie Abt I Bd XUTUI
SaufeUce. Streptothrix -Pseudotuberimk
. Fig 2
Saufchcc ga
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Verl v liuslav Fischer Jen
Litli Ansiv.-J.Arndt Jenr
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Sanfelice, Streptothrix-Pseudotuberkulose.
41
haltige Differenzierung zwischen einem Pseudotuberkulose- und einem
echten Lungenschwindsuchtsfall zu etablieren, ist nur dann gestattet,
wenn Kulturversuche gelungen sind. Liegen keine solchen vor, so ist
es erlanbt, die Diagnose als unzuverl&ssig zu betrachten; denn unter
dem Mikroskop erscheint die Form des Parasiten in beiden Fallen ab-
solut identisch und das anatomisch-pathologische wie das histologische
Ergebnis liefert keine so voneinander abweichenden Daten, dafi zwischen
dem einen und dem anderen Infektionsprozefi eine Scheidewand mit
Sicherheit sich aufstellen lieBe.
Keines der Experimente, die ich mit Serumimmunisierung und
Serumtherapie anstellte, ward bis heute von positivem Erfolg gekront.
Mittels eines von der Firma Z am belli nach meinen Angaben kon-
struierten Spezial-Triturierapparates, der Vorziigliches leistet, stellte ich
die Protelne des Tuberkelbacillus bezw. der Streptothrix dar. Diese
injizierte ich mehrmals im Verlaufe von 2, 3, 4 Monaten Hunden in das
subkutane Bindegewebe und sammelte hierauf das Serum. Meerschwein-
chen, die mit diesem Serum subkutan in die Bauchhdhle und die Jugu-
laris geimpft wurden. widerstanden der Infektion durch virulente Kul-
turen nicht. Das Serum besaB somit keine immunisierende Eigen-
schaft
Auch der Tuberkel- wie der Streptothrix-Infektion erlagen alle
Meerschweinchen, denen man, wShrend mehrerer Tage und in ziemlich
starker Dose, Serum von subkutan mit den Proteinen behandelten
Hunden in das Bindegewebe und die Bauchhdhle eingespritzt hatte. Zur
Stunde sind weitere Experimentserien an anderen Versuchstieren im
Gauge, um zu sehen, ob von einem derselben Antikorper von immuni-
sierender oder den Verlauf der Streptothrichoseinfektion modifizieren-
der Wirkungsf&higkeit erhaltbar sind.
Messina, August 1904.
Erklftrung der TafeL
Fig. 1. Lunge eines an endovendser Impfung mit Streptothrix alba II ge-
storbenen Meerschweinchens. Ok. 4, Obj. 1 / lf> Koristka.
Fig. 2. Reinkultur vou Streptothrix flava Trockenpraparat naeh Ziehl-
Gabbetscher Methode gefarbt lntensiv rote Bacillenstrecken als Fortsetzung mit
saurefesten Formen. Ok. 4, Obj. l l t9 , Koristka.
Fig. 3. Keinkultur von Streptothrix Eppinger. Trockenpraparat, gefarbt
wie voriges. Saurefeste in Fortsetzung nicht saurefester Bacillen. Erstere treten hier
in gr56erer Menge auf aL in der Streptothrix f 1 ava-Kultur. Ok. 4, Obj. l / iv
Koristka. r*-
Fig. 4. Lunge eines an endovendser Impfung mit Streptothrix alba II ge-
storbenen Hundes. Ok. 4, Obj. V 12 , Koristka.
Fig. 5. Kaninchenlunge; Tod erfolgt nach endovenoser Streptothrix alba
II-Impfung. Initial-Pseudotuberkel mit 5 Riesenzellen, von Epithelioidzellen umgeben.
Zwischen den Riesen- und Epithelioidzellen kommen zwei Gruppen saurefester Bacillen
zum Vorschein. Ok. 4, Obj. J / llf Koristka.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Nachdruck verboten.
Ueber eine bei Katzen aufgetretene, durcli einen besonderen
Mikroorganismus bedingte Epizootie.
[Aus dem hygienischen Institute der k. Universit&t in Siena. (Direktor:
Prof. A. S cl a vo.)]
Von Dr. Nello Mori, Tierarzt.
Im Sommer 1903 erfuhr ich, daB in Siena in kurzer Zeit mehrere
Katzen unter einem besonderen symptomatischen Bilde gestorben waren.
Da ich vermutete, daB es sich um eine in epizootischer Form auf¬
getretene Infektion handelte, ersuchte ich mehrere Personen, rair einige
mit dieser Krankheit behaftete Tiere oder doch wenigstens einige Tiere,
die an derselben gestorben waren, zu verschaffen, damit ich die Krank¬
heit eingehend erforschen kOnnte.
Trotz aller BemQhungen gelang es mir aber nur, eine einzige, un-
gef&hr 3 Monate alte, dem Tode nahe Katze zu erlangen; von mehreren
anderen konnte ich nur die Krankengeschichte erfahren, die Gbrigens
die gleiche war, wie bei dem Tiere, das sich in meinen H&nden befand.
Ueber dieses Tier wurde mir folgendes berichtet:
Anamnese. Der Eigentumer hatte die Erkrankung der Katze 15 Tage vor
Aushfindigung derselben an mich bemerkt. Das Tier, das bis dahin kein Krankheits-
symptom gezeigt hatte, lief plOtzlich wie erschrocken, mit weit aufgerissenen Augen
beeinnungslos hin und her, drehte sich im Kreise bald nach rechts, bald nach links,
taumelte endlich und stiirzte in paralytischem Zustande unter unwiUkurlichem'Harn-
abgange zusammen. Nach 15 Minuten erhob es sich mit Muhe und kehrte zu seinem
Lager zuriick.
An den darauffolgenden Tagen bekundete das Tier Traurigkeit und Schlafsucht,
frafi wenig und war nicnt mehr so munter und spaBhaft, wie es junge Tiere zu sein
pflegen. Am 7., 12. und 14. Tage folgten 3 weitere, immer heftigere und langer
dauemde Anfalle; der letzte Anfall liefi das Tier in dem Zustande, in welchem ee mir
iibergeben wurde.
Status praesens. Auf den Boden gesetzt, bringt sich die Katze in die Brustbein-
Bauchlage mit etwas ausgespreizten Gliedern und gesenktem Kopfe. Die Haare sind
zerzaust, die Augen halb geschlossen und von Schleim triefend, die Schleimhaute blafi;
Geifer am Munoe.
Bei der Thermopalpation wird, besonders an den Extremit&ten, markierte Hypo-
thermie wahrgenommen.
Rektaltemperatur 37°. Schweres, unregelmafli ges Rippen-Bauchatmen.
Bei der Palpation des Bauches fiihlt man, dah die Eingeweide gespannt und mit
festen Stoffen angefiillt sind; eine Anhaufung solcher macfct sich beS)naers im grofien
Grimmdarm bemerkbar. Der Afterschliefier ist etwas ersciiia ^ und weist unwirksame
Kontraktionen auf.
Da sich der Zustand des Tieres immer mehr verschlimmerte, beschlofi ich, es
durch Injektion einer starken Dose Strychnin zu tdten. Der Tod trat nach ungefahr
15 Minuten wahrend des ersten, sehr schweren Tetanieanfalles ein und gleich darauf
nahra ich die Autopsie vor, bei welcher ich folgenden Befund machte:
Pathologisch-anatomischer Befund. Allgemeinzustand sehr herab-
gekommen, Fett fast gar nicht vorhanden.
Bauchhohle. Beim Abhauten nahm ich schon von auBen durch die transparente
Bauchwand in den unteren Regionen eine dunkle, langliche Masse wahr, die sicn vom
linken Hypochondrium bis in die Vorschamgegend erstreckte und fast den Grund der
Urocyste beriihrte. Ich hielt sie fur ein Blutgerinnsel, aber nach Erdffnung des Bauches
sah ich zu meinem Erstaunen, daB es sich um die Milz handelte.
Sie war sehr voluminos, von pechschwarzer Farbe, morsch, saftreich und lieB beim
Einschneiden fliissiges, schwarzes Blut austreten.
Die Leber, die von gelblicher Farbe war und ebenfalls leicht zerfiel, wies eine
fettige Degeneration auf.
Der Magen war vollstandig leer.
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Mori, CJeber eine bei Katzen aufgetretene Epizootie.
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Der erete Darmabschnitt enthielt nur etwas klare Flussigkeit.
Der Die kd arm dagegen war an seinem An fang und auf einer Strecke von ungefahr
10 cm mit zahem, gelatin6sem Scbleim angefiillt, m welchem ich nichts anderes antraf
ah 5 oder 6 Glieder einer sehr diinnen Taenia cucumerina.
Die Schleimhaut des ganzen Verdauungsapparatee war blafi.
Die Nieren, die Nebennieren, das Pankreas erschienen makroekopisch normal.
Brusthohle. Lungen etwas injiziert, Herz diastolisch, Blut fliissig und dunkeL
Nach beendigter Autopsie legte ich vom Blute, von der Leber und
Milz Kulturen in fldtenschnabelformig erstarrtem Agar sowie einige
mikroskopische PrSparate an.
Schon nach 15 Stunden nahm ich in alien Kultnren zahlreiche
Kolonieen des Keimes, den ich sogleich beschreiben werde, im Rein-
zustande wahr.
Merkmale des isolierten Keimes.
Morphologische Merkmale. Bei Prfifung junger Kulturen
des Keimes im h&ngenden Tropfen gewahrt man zu zweien vereinigte
oder vereinzelte St&bchen mit abgerundeten Enden, ferner einige sehr
kurze, kokken&hnliche Formen.
Die Bacillen haben eine verschiedene, zwischen 0,8 n und 2 ^
varnerende Lfinge; m alten Kulturen kommen auch sehr lange Involutions-
formen vor.
Die Keime besitzen sehr lebhafte Eigenbewegung und behalten diese
zumeist auch in alten Kulturen bei.
Es lassen sich Bewegungen in situ und Bewegungen der Ortsver-
inderung unterscheiden: In situ bemerkt man rotierende und oscillierende
Bewegungen, die Bewegungen der Ortsver&nderung, die rasch von statten
gehen, geschehen in gerader, krummer, geschl&ngelter, in Zickzack- oder
in Spirallinie.
Der von mir isolierte Keim bildet meines Erachtens keine Sporen;
denn obgleich ich ihn in den verschiedensten N&hrmitteln kultivierte,
habe ich solche nie beohachtet.
Diese Beobachtung erf&hrt eine Best&tigung durch die andere, dafi die
verschiedenen Kulturen durch nicht sehr hohe Temperaturen (50—60°)
abgetdtet werden.
F&rbungsverhalten. Der Keim ffirbt sich mit den gewdhnlichen
basischen Anilinfarben. Er widersteht weder der Gramschen noch der
Claudius schen Methode. Die F&rbung der Kapseln in den PrSparaten,
die ich aus Materialien aus dem K5rper der nach Impfung mit diesem
Keime zu Grunde gegangenen Tiere und aus den verschiedensten
Kulturen anlegte, ist mir nach den von den Autoren am meisten
empfohlenen Methoden nie gelungen.
Geifieln. Der Keim besitzt 6—8 an alien Seiten des KOrpers
angeheftete GeiBelfaden; dieselben sind 2—4mal so lang als der KOrper
und deutlich gewunden.
Zur Ffirbung der Geifieln zog ich nach Versuchen mit anderen
Methoden die Pitfieldsche 1 ) Methode vor, mit welcher ich geradezu
gl&nzende Pr¶te erhielt.
1) Die von Pitfield empfohlene Methode, die ich aus einer Arbeit Vogele
„Die Seuche unter den Agoni dee Lago di Lugano* (Zeitechr. f. Hyg. Bd. XLIV.
1903. p. 281) kennen lemte, ist sehr einfach.
. Man gebrauchl dabei folgende Farbfliissigkeit:
Gesattigte Alaunlosung 10 ccm
Gesattigte alkoholische Gentianaviolettlosung 2 „
Wassenge 10-proz. Tanninsaureldsung 10 n
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Centr&lbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Verhalten gegen die Luft. Der Keira gehOrt zu den fakultativen
Anaerobiern.
Temperaturen, bei denen Wacbstura stattfindet. Das
Temperaturoptimum liegt bei 30-37°. Bei einer Zimmertemperatur
von uogef&hr 20° w&chst der Keim gut in 48 Stnnden; bei 10—15°
w&chst er kdmmerlich und erst am 4. Oder 5. Tage gewahrt man
Wachstum auf Agar und Gelatine.
Auf Agar, bei einer zwischen 2° und 10° schwankenden Zimmer¬
temperatur, war das Wachstum viel geringer, aber nach mehreren Tagen
doch immer wahrnehmbar.
Widerstand gegen W&rme. Die Versuche zur Bestimmung
der Widerstandsfahigkeit des Keimes gegen verschiedene Temperaturen
nahm ich nach folgender Technik vor:
Ich filllte einen groBen, hohen Becher auf etwa */ 4 mit gewdhnlichem
Wasser und stellte ihn auf ein Drahtnetz fiber einen angezfindeten
Bunsenbrenner; in das Wasser stellte ich ein sterilisiertes, mit sterili-
siertem Wasser geffilltes breites Glaschen.
Sowohl in dem Wasser des Bechers als in dem des Gl&schens
suspendierte ich ein Thermometer; das leztere Thermometer war vorher
mit konzentrierter Salzs&ure sterilisiert und mit reichlichem sterilisierten
Wasser abgespfilt worden.
Durch den Hahn am Bunsenbrenner l&fit sich mit etwas Achtsamkeit
die Temperatur des im Glaschen enthaltenen Wassers, in welchem die
Keime auf ihre Widerstandsf&higkeit geprfift werden, auf die gewfinschte
Hobe bringen.
Die Keime, die ich stets einer 48 Stunden alten in Loefflerscher
Bouillon angelegten Kultur entnahm, wurden in Glaspipetten aspiriert,
die an einem Ende mit einem Wattebfiuschchen versehen und am anderen
Ende, an der Flamme, in ein dfinnwandiges kapillares Rdhrchen aus-
gezogen worden waren.
Ich war darauf bedacht, daB in die kapillaren ROhrchen mfiglichst
gleich groBe Emulsionsmengen eingeffihrt wurden.
Vor VerschlieBung des spitz zulaufenden Endes wurde die Flfissig-
keit durch schwache Aspiration von der Stelle entfernt, die an der
Flamme geschmolzen werden sollte.
Diese Rdhrchen stellte ich nun in das auf einen bestimmten Grad
Nach den Angaben Pitf ields bereitet man zunachst eine diinne Bakterienemulsion,
indem man eine Platindse einer jungen Agarkultur in ein Leitungswasser enthaltendes
Uhrschalchen bringt. Von dieser Emulsion brinet man dann eine Oese voll zum Trocknen
auf Deckglaschen, die durch Kochen in mit Kaliumbichromat versetzter Schwefelsaure
(3 g in 100 g Wasser) und nachheriges Ausspulen, zuerst mit Wasser, danu mit Alkohol,
gut gereinigt worden sind. Die Glaschen legt man, mit dem (aber nicht an der Lampe)
angetrockneten Material nach oben gewendet, auf ein Netz und trSufelt einige Tropien
der FarbfHissigkeit darauf, die man bis zu leichter Dampfentwickelung erwarmt Hierauf
spiilt man die Praparate ab und untersucht sie.
Bei diesem Verfahren sind die Resultate unzuverlassig und die Praparate enthalten
immer viele Prazipitate. Ich modifizierte nun die Methode, indem ich ein Uhrschalchen
mit Farbfliissigkeit fast ganz fiillte, das Praparat in diese hineintauchte und sie an
ganz kleiner Flamme ungefahr 10 Minuten lang erwarmte; dadurch wurde verhiitet,
aafi sich die Fliissigkeit an der Oberflache unter der Form eines Hautchens verdickte.
Nachdem ich die Glaschen behutsam in reichlichem Wasser abgespiilt hatte, schlofl ich
sie in Kanadabalsam ein.
Nach diesem Verfahren erhielt ich sehr schone Praparate voo dem von mir
isolierten Bacillus, die auch jetzt noch, nach mehreren Monaten, das gleiche Aussehen
haben; ebenso schdne Praparate erhielt ich vom Typhusbacillus, vom Bacterium coli,
vom Choleravibrio, vom Proteus vulgaris unci vom Bacillus pyocyaneus.
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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootie.
45
erwfirmte Wasser, zog sie nach einer gewissen Zeit wieder heraus, brach
mit einer an der Flamme sterilisierten Schere die Spitze ab und lieB,
an dem mit Watte versehenen Ende blasend, den Inhalt in Bouillon-
rOhrchen flieBen.
Aus der nachstehenden Tabelle ersieht man, daB der Keim auch
gegen mittelm&Big hohe Temperaturen nicht sehr widerstandsf&hig ist.
-f- zeigt an, daB der Keim widerstand, — daB er zu Grunde ging.
Zeit
I. Versuch
45°
■s
S3
>
t-H
! ^
III. Versuch
I. Versuch
II. Vereuch o
o
III. Versuch
I. Versuch
II. Versuch S
o
-d
S3
a>
>
•-H
5 Minuten
+
+
1 +
1
15 „
+
+
i —
—
—
—
— 1
—
80 „
—
—
—
i ~
—
—
“ !
—
Um festzustellen, ob in Slteren in verschiedenen N&hrmitteln ge-
wachsenen Kulturen Sporen existieren, ffihrte ich nach der beschriebenen
Technik Versuche bei 60° aus, aber stets fand ich die Keime abgetotet.
Handelte es sich um auf festen Substraten gewachsene Kulturen, so
schwemmte ich den Belag in destilliertem und sterilisiertem Wasser auf.
Widerstandsfahigkeit gegen Eintrocknung. Um festzu¬
stellen, wie lange der Keim im Zustande der Eintrocknung lebensf&hig
ware, legte ich Bouillonkulturen an und hielt sie 48 Stunden lang im
Thermostaten.
Hierauf schflttelte ich den Inhalt der Giaschen stark, um die
Bakterienaggregate zu zerteilen.
Doch nicht zufrieden mit dieser Zerteilung, filtrierte ich die Kulturen
durch sterilisiertes Lbschpapier, wie es mir Prof. Ottolenghi anriet,
der sich fflr Emulsionen des Milzbrandbacillus dieses Verfahrens schon
seit langerer Zeit bedient. Das Filtrat sah ziemlich homogen aus und
in der Tat erschienen mikroskopisch die Bakterien zum groBen Teil
vereinzelt Oder zu Gruppen von wenigen Elementen vereinigt.
Eingedenk der von Kitasato 1 2 ) konstatierten Tatsache, daB die
Widerstandsfahigkeit der Keime auch zum Teil von der Natur des
Materials, auf welchem sie getrocknet werden, abh&ngt, gebrauchte ich
bei meinen Versuchen: PlatinfSden, dtlnne GlasfSden nach Art der von
Simonetta*) empfohlenen, Lbschpapierstflckchen und Seidenf&den.
Ich tauchte die genannten Materialien ins Filtrat und brachte sie
in einen groBen SchwefelsSureexsikkator, wo ich sie im Dunkeln hielt.
Der Keim erwies sich als sehr widerstandsf&hig gegen Eintrocknen,
denn noch nach 45 Tagen fand in alien Bouillonrbhrchen, in welche ich
die auf den verschiedenen Materialien getrockneten Keime eingefflhrt
hatte, Wachstum statt
Bei Kontrollversuchen, die ich mit einer Bacillus coli-Kultur
vornahm, war dieser Keim bei Eintrocknung auf Platinf&den schon nach
1) Kitasato, Die Widerstandsfahigkeit der Cholerabakterien gegen Eintrocknung
und Hitze. (Zeitschr. f. Hyg. 1888.)
2) Simonetta, Intorno alia tecnica per investigare il potere germicida dei fluidi
coi germi che resistono all’ essiccaraento. (Rivista d’igiene e sanitk pubblica. Anno IX.
1898. No. 1.)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
46 Tagen abgetfitet, dagegen bei Eintrocknung auf GlasfSden, Losch-
papier Oder Seidenf&den nach 45 Tagen noch am Leben.
Kulturelle Merkmale.
Loefflersche Bouillon. In diesem N&hrmittel nimmt man,
wenn man es bei 30—37 0 iin Thermostaten halt, nach ungefahr 6 Stunden
(manchmal auch schon nach 4 Stunden) eine gleichmfiBige Trfibung wahr.
Nach einiger Zeit bildet sich an der Oberflfiche der Flflssigkeit konstant
ein Hautchen, das dick wird und eintrocknet und bald in Bruchstficke
zerfailt, die zu Boden sinken; bald darauf bildet sich ein neues Hautchen,
das das gleiche Schicksal erfahrt, so daB sich nach nicht langer Zeit
ein reichlicher hautchenartiger Niederschlag am Boden der Rdhre an-
gesammelt hat
Das Mittel weist immer alkalische Reaktion auf und verbreitet bei
alten Kulturen einen ganz leichten, nicht definierbaren, unangenehmen
Geruch.
Gelatine. Der Keim verflfissigt die Gelatine nicht. Bei einer
Zimmertemperatur von 20—22° gewahrt man auf Gelatineplatten inner-
halb 48 Stunden vollkommen scheibenfSrmige, scharf konturierte, gelb-
liche Kolonieen von hochstens 1 mm Durchmesser, die einen blauen
Widerschein haben.
Unter dem Mikroskop erscheinen die Kolonieen feink5rnig, mit
einem dichteren, exzentrisch sich verlierenden, zentralen Teil. Bei
alten Kulturen sieht der zentrale Teil ganz wie ein Kern aus, er wOlbt
sich vor und ist von einem transparenten, glasfarbigen Hof umgeben,
in welchem grofle dunkle Kornchen zerstreut liegen.
Wenn zwei Kolonieen nahe beieinander liegen, gehen sie nicht in*
einander fiber, sondern platten sich an der betreffenden Stelle ab und
nehmen Nierenform an.
In Gelatinestichkulturen beobachtet man ganz kleine, vereinzelte,
rundliche, weiBgelbe Kolonieen.
An der Oberflache bildet sich ein nagelkopffdrmiger Belag, der sich
langsam ausbreitet, aber nie die W r and der RChre erreicht.
In Strichkulturen auf in Petri- Sch&lchen erstarrter Gelatine bildet
sich dem Impfstrich entlang ein gl&nzender, gelblicher, bandfdrmiger
Belag.
Agar. In Agarstrichkulturen bildet der Keim einen grauen, blau
schimmernden Belag mit scharfen eingebuchteten Randern.
In Agarstichkulturen findet fippiges Wachstum lfings des Impfstiches
statt; an der Oberflache bildet sich ein zuerst feuchter, sp&ter trockener,
dunkler Rasen, der, sobald er die Wand der Rfihre erreicht hat, runzelig
wird.
In Agarplattenkulturen kommt es zur Bildung von verschieden grofien
und verschieden gestalteten Kolonieen. Besonders charakteristisch sind
die einen elliptischen Kontur und (1 -2—3) henkelformige seitliche Aus-
laufer aufweisenden Kolonieen.
Flfitenschnabclffirmig erstarrtes Serum. Innerhalb
48 Stunden kommt es zur Bildung eines ausgedehnten, eingebuchteten,
grauen Belages von gelblichem Widerschein.
Kartoffeln. Auf Kartoffeln bildet sich ein dicker, saftreicher,
graugelber Belag; mitunter ist der Belag fahlgrau und nimmt fast die
Farbe der Kartoffel an, hierin an den Typhusbacillus erinnernd.
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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic.
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Biochemische Merkmale.
Wirkung auf stickstoffhaltige Stoffe.
Pepton. Prttfung auf Indolreaktion. An Kulturen, die in
Bouillon oder in mit 1—5 Proz. Pepton versetztem Wasser angelegt
worden waren, nahm ich, nachdem ich sie 1—15 Tage lang im Thermo-
staten bei 35—37° gehalten hatte, nach der Kitasatoschen und der
Crisafullischen Methode die IndolprQfung vor.
In keinem Falle gab der Keim die Indolreaktion.
Gekochtes Eiweifi. Aus ganz frischen, hart gesottenen Eiern
nahm ich das Eiweifi, zerschnitt es in W flrfelchen mit scharfen Kan ten
und Ecken und schflttete diese in Bouillon oder in mit 1 Proz. Pepton
versetztes Wasser. Weder in dem einen noch in dem anderen Falle
war nicht einmal nach 10 Tagen das Eiweifi durch die Produkte des
Bacillus angegriffen worden.
Nitrate. Grimbert 1 ), der die schon durch Untersuchungen frfiherer
Forscher bekannte denitrifizierende Wirkung der Keime studierte, teilte
diese in 2 Kategorieen: Die Kategorie der direkt und die der indirekt
denitrifizierenden Keime.
Direkt denitrifizierende Keime nannte er diejenigen, die Stickstoff
aus Nitraten in peptonisiertem Wasser zu entbinden vermdgen, indirekte
denitrifizierende dagegen die Keime, die nur bei Vorhandensein von
Stfirkemehl in der Bouillon Stickstoff entbinden.
Ich bereitete nun nach den Angaben von Grimbert zweiNfihrmittel,
nfimlich:
1) Heines salpetersaores Kali • 1
Pepton • 1
Destilliertes Wasser 100
2) Heines salpeteraaura Kali 1
Loefflersche Bouillon 100
In die diese Kulturflfissigkeiten enthaltenden Gl&schen fflhrte ich
eine kleine, am Halse abgeschnittene und genau mit der entsprechenden
FlQssigkeit gefQllte Glasphiole 2 ) umgesttilpt ein, um in derselben das
Gas aufzufangen, wenn sich aus dem Zerfall des Nitrates solches ent-
wickelte.
Durch wiederholte Versuche stellte ich fest, dafi der von mir
isolierte Bacillus nur in nitrathaltiger Loefflerscher Bouillon G&rung
bewirkt; er w&re also zu den indirekt denitrifizierenden Keimen zu
z£hlen.
Ich wollte nun feststellen, ob das Nitrat in Nitrit verwandelt wfirde
und verwendete zu diesem Zwecke das Griesssche Reagens. das sich
aus zwei Lfisungen zusammensetzt:
Losung A. Chlorwasseratoffsaures Naphtylamin 0,20 g
Salzsaure 1 ccrn
Destilliertes Wasser 100 „
Losung B. Sulfanilsaure 1 g
Destilliertes Wasser 100 ccm
Ich setzte der Kultur 1 ccm der Losung A und 1 ccm der
LOsung B zu.
1) Grimbert, Diagnostic des bactlriee par leur fonctions bio-chitniques. [Thbse.]
Paris 1903. Mars.
2) Diese Phiolen leisten bessere Dienste als die Rbhren, deren sich Vogel (1. c.)
znm Stadium der gasogenen Eigenschaften der Keime bediente.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Die Kulturen in den beiden Nitrate enthaltenden Mitteln f&rbten
sich bei diesen Versnchen stets intensiv rot, ein Zeichen, dafi Nitrite
vorhanden waren.
NatQrlich raachte ich Kontrollversuche mit dem nicht infizierten
N&hrmittel.
Wirkung auf nicht stickstoffhaltige Kohlenstoff-
verbindungen.
Um die Wirkung der Mikroorganismen auf die Kohlehydrate zu
studieren, bediente Grimbert 1 ) sich folgenden Nahrmittels:
Beinee Kohlehydrat 2 g
Pepton 0,50 „
Deetilliertee Wasser 100 „
Man l&Bt alles in einer Porzellankapsel kochen; nach erfolgter
Ldsung setzt man von kohlensaurem Natron freien, reinen, kohlensauren
Kalk in kleiner Menge zu und lafit 5 Minuten weiter kochen. Hierauf
filtriert man und stellt mittels Lackmustinktur fest, ob die FlOssigkeit
neutrale Reaktion gibt.
Man giefit die Ldsung in die Proberdhren und sterilisiert sie
15 Minuten lang bei 110°.
Nach Erkaltung setzt man in jede Rdhre 7*—1 ccra Lackmustinktur 2 )
zu, die vorher sterilisiert worden ist.
Dieses Nahrmittels bediente ich inich gleich, nachdem ich Grim-
berts Arbeit gelesen hatte. Zu den ersten Versuchen hatte ich dagegen
folgendes Mittel verwendet:
Kohlehydrat 1 g
Wittes Pepton 1 „
Deetilliertee Waseer 100 „
Ich kombinierte nun die von Vogel zum Studium der gasogenen
Eigenschaften der Keime angewendete Methode, deren ich schon erw&hnte,
mit dem Gebrauche des mittels Lackmustinktur gefarbten Grimbert-
schen Nahrmittels, da nicht immer mit der Bildung saurer Substanzen
Gasentwickelung stattfindet.
In die die Kulturflflssigkeiten enthaltenden Rohren fGhrte ich deshalb
vor der Sterilisation eine am Halse abgeschnittene, gut hineinpassende
Phiole von ungefahr 5 ccm Inhalt umgestQlpt ein. Diese Phiolen
schwimmen an der Oberflache, aber nachdem sie zur Sterilisation im
Autoklaven einer Temperatur von 110° ausgesetzt worden sind, fallen
sie sich beim Erkalten vollst&ndig, so dafi aufien nur wenig FlOssigkeit
zurOckbleibt. Diese dient zur Impfung des Mittels, die mittels einer
Platinnadel vorgenommen wird.
Bei Beurteilung, ob in dem Mittel, das ich zuerst gebrauchte, das
Kohlehydrat vom Keime angegriffen worden sei, stOtzte ich mich also
auf die Gasansammlung in der Phiole und die mittels Lackmuspapiers
vorgenommene ReaktionsprOfung des Mittels; bequemer liefi sich die
Wirkung des Keimes bei Gebrauch der Grimbertschen FlOssigkeit
feststellen, in welche ich die Phiolen getaucht hatte. denn man konnte
die Gasentwickelung und das Rotwerden der FlOssigkeit zugleich be-
obachten.
Die Kohlehydrate, auf welche ich den Keim wirken liefi, sind:
1) l. c.
2) Ich verwendete nach Tiemann bereitete Lackmustinktur.
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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic.
49
Von den Esosen: Die Glukose.
Von den Esobiosen: Die Saccharose, die Maltose und Laktose.
Von den Pentosen: Das Dextrin und die Reis- und Kartoffel-
st&rke.
Die gleichen Untersuchungen nahra ich an zwei polyatomischen, den
Kohlehydraten in der Zusammensetzung sehr nahestehenden Alkoholen,
n&mlich am Glycerin und Mannit, vor.
Glukose. Die Glukose und Laktose sind die Kohlehydrate, mit
denen ich mich am eingehendsten beschaftigte, denn ich studierte nicht
nnr deren Zersetzung, sondern auch den Einflufi, den die Produkte, die
in den mit diesen beiden Kohlehydraten versetzten N&hrmitteln ent-
stehen, auf den Keim haben.
Die Glukose wird innerhalb 24 Stunden durch die Bildung von
Gasen und S&uren leicht angegriffen.
Der Keim bleibt, wenn er in mit 2 Proz. Glukose versetzter Bouillon
kultiviert wird, nur wenige Tage nach der S&ureentwickelung am Leben;
denn impft man am 7. oder 8. Tage eine Oese Kultur in eine Bouillon-
r$hre, so bleibt diese steril.
Saccharose. Dieselbe gibt in dem Kulturmittel des von mir
isolierten Mikroorganismus weder zu SSure- noch zu Gasbildung AnlaB.
Invertierung der Saccharose. Die In vertierung der Saccharose
durch die Keime ist besonders von Sclavo 1 ), Fermi 2 3 * ) und sp&ter von
Fermi und Montesano 8 ) studiert worden.
Sclavo bediente sich der Invertierung zur Differentialdiagnose
zwischen den Choleraspirillen.
Er nahm wahr, daB die Acidit&t, die sich in mit Zucker versetzter
Bouillon bildet, die Reaktion des invertierten Zuckers verhindert und
suchte nun diese Acidit&t zu neutralisieren. Zu diesem Zwecke machte
er entweder die Bouillon vorher stark alkalisch oder setzte ihr mehr
oder weniger unldsliche Substanzen (kohlensauren Kalk oder gebrannte
Magnesia) zu, die die sich bildenden Sauren zu neutralisieren vermochten.
Diese Kulturen filtrierte er durch Papier, um den kohlensauren Kalk
oder die Magnesia auszusondern und suchte dann im Filtrat mittels
des Nyl&nderschen Reagens den invertierten Zucker auf.
Fermi, der das gleiche Vermogen an 62 Mikrobenarten studierte,
fand, dafi nur der Bacillus megatherium und derKielsche Bacillus
die Saccharose invertieren; aber er liefi die inhibitorische Wirkung der
in der Kulturbouillon entstandenen Acidit&t au&er acht, welcher Sclavo
hingegen eine groBe Bedeutung bei der Reaktion beigemessen hatte.
Bei dem in Rede stehenden Keime befolgte ich die von Sclavo
angewendete Technik. Einer nicht peptonisierten RindfleischbrGhe setzte
ich im Augenblicke, wo ich sie verteilte, 2 Proz. ganz reine Saccharose
zu (denn wie ich bereits sagte, erfahrt ein mit Saccharose versetztes
N&hrmittel keine S&urung durch den Keim), sterilisierte sie 15 Minuten
lang bei 120° und nahm die Aussaat vor. Die Prtifung auf invertierten
Zucker nahm ich t&glich vor, indem ich zu ungef&hr 10 ccm Kultur
1) Sclavo, Di alcune nuove propriety dello spirillo colerigeno di Koch e degli
spinlli affmi di Metschnikoff, di Finkler e di Deneke. (Riv. d’igiene e sanita pubblica.
1892. No. 18.) — Di alcune differenze esistenti fra gli spirilli del colera isolati in diverse
epidemie. (Soc. I. S. P. 1892. p. 545—553.)
2) Ferrai, Sul potere diastasico ed inversivo dei bacteri. (Ann. dell’Ist. d’igiene
sper. d. R. Univ. di Roma. Vol. II. Nuova serie. Fasc. 2. p. 117.)
3) Fermi e Montesano, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. I. 1895. p. 482 ff.
Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 1. 4
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Centralbl. f. Bakt etc L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
1 ccm des Nylanderschen Reagens zusetzte und den oberen Teil der
FlfissigkeitssSule fiber einem Bunsenbrenner bis zn Siedehitze erwSrmte.
Bei Vorhandensein von invertiertera Zucker tritt zuerst gelbe Fir-
bung auf, die bei lingerer W&rmeeinwirkung fast ins Schwarze ilber-
geht. Verfihrt man in der angegebenen Weise, so brancht man nnr
den oberen Teil der Bouillonsiule mit dem unteren, nicht erwirmten zn
vergleichen, urn den Unterschied in der Firbnng wahrzunebmen.
In den Kulturen meines Keimes traf ich auch nicht nach 10 Tagen
invertierten Zucker an.
Maltose. Das mit Maltose versetzte Nihrmittel wird bald rot und
weist Gasentwickelung auf.
Laktose. In 1 Proz. Pepton enthaltendem, mit 1 Proz. Laktose
versetztem Wasser findet weder Gas- noch Siurebildung statt
In dem nach Grimberts Angaben bereiteten Nihrsubstrat (2 Proz.
Laktose, 0,50 Proz. Pepton) dagegen kommt es bald zu Gas- und Siure¬
bildung.
In mit 2 Proz. Laktose versetzter Loefflerscher Bouillon findet
weder Gas- noch Siurebildung statt. Untersucht man die Kultur nach
2 Monaten am hingenden Tropfen, so sieht man, dafi manche Keime
noch sehr beweglich, andere zusammengeklumpt sind; Qbertrigt man
eine Oese dieses Materials in neue Bouillon, so findet Qppiges Wachs-
tum statt
Bemerkenswert scheint mir die Tatsache, dafi in mit 2 Proz. Laktose
versetzter Bouillon angelegte Kulturen nach wenigen (3—7) Tagen eine
charakteristische orangegelbe Firbung annehmen, die auch nach 3 Monaten
unverindert fortbesteht.
Wie wir sehen, zeigt der Keim in den drei mit Laktose versetzten
Mitteln, in denen ich ihn kultivierte, ein verschiedenes Verbal ten; wovon
hingt dies ab?
Eine Erklirung fir die wahrgenommenen Erscheinungen lifit sich
meines Erachtens finden, wenn man diese verschiedene Wirkungsart
mit der Zusammensetzung der 3 KulturbSden in Beziehung bringt.
Girung findet nur dort statt, wo im Vergleich zur Kohlehydratmenge
nur wenig Pepton vorhanden ist (Pepton 0,50 Proz., Laktose 2 Proz.);
wohingegen der Keim inaktiv bleibt, wenn er in einem Nihrboden wichst,
in welchem Pepton und Laktose in gleicher Menge sich finden (Pepton
1 Proz., Laktose 1 Proz.) oder wenn das Kohlebydrat in Loefflerscher
Bouillon aufgeldst wird.
Ich m5chte deshalb annehmen, dafi der Keim stickstoffhaltige Nahrung
vorzieht, dafi er aber, wenn er in einen des Stickstoffes ermangelnden
N&hrboden gebracht wird, sich diesem anpafit und auch mit Kohlehydrat-
kost vorlieb nimmt.
Dextrin. Dem Dextrin gegenuber zeigt der Keim das gleiche
Verhalten wie der Laktose gegenuber, d. h. das Kohlebydrat wird nur
in einem 0,50 Proz. Pepton und 2 Proz. Dextrin enthaltenden NS.hr-
substrat angegriffen.
StSrke. Weder Reis- noch Kartoffelst&rke wird von dem von mir
studierten Keime angegriffen.
Glycerin. Durch zahlreiche Versuche stellte ich fest, dafi das
Glycerin von meinem Keime auch dann nicht angegriffen wird, wenn
man die Kulturen viele Tage lang im Thermostaten bei 37° hSlt
Denn das Mittel bleibt violett gefSrbt und Gasentwickelung findet
nicht statt.
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Jensen, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere ArtV
51
Man nit. Der Mannit wird sehr bald zersetzt, schon nach 24 Stunden
beobachtet man Rotwerden der FlQssigkeit und reichliche Gasansammlung.
Kurz zusammengefafit: Der in Rede stehende Keim bringt Mannit,
Glnkose und Maltose zur GSrung und unter gewissen Verh<nissen auch
Laktose und Dextrin; dagegen bat er auf Glycerin, Saccharose, Reis-
und Kartoffelstarke und unter gewissen Verh<nissen auch auf Laktose
und Dextrin keine Wirkung. (Schlufi folgt.)
yachdruck verboten.
1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art?
Antwort an Dr. Erich Cohn.
Von Dr. Vilh. Jensen.
In dem XXXVI. Bande dieser Zeitschr. f p. 369—379, hat Dr. Erich
Cohn, der frflher fiber die Kleinsche Hefe geschrieben hat, versucht,
verschiedene der Resultate urazustfirzen, zu denen ich hinsichtlich dieser
Hefeform gekommen bin.
Seine Beschuldigung, persOnliche Angriffe gegen ihn gerichtet zu
haben, hoffe ich am besten dadurch zurfickweisen zu kdnnen, dafi ich
eine Uebersetzung der betrefFenden Stelle meines Buches hier folgen
lasse:
*7. Kleins Hefe. Diese Hefeform ist von Klein, der in London Milch syste-
matisch auf pathogene Mikroorganismen hin untersuchte, gefunden worden.
Mit seinen MTtteilungen habe ich mich leider nur durcn ein unvollstandiges Referat
von E. Cohn bekannt machen konnen; dieser hat zwei ziemlich mangelhafte Mit-
teilungen uber seine Versuche mit diesem Hefepilze gegeben.
Nach diesen Versuchen sind die Hefezellen rund, sie wachsen gut auf Bierwflrze-
agar mit gelbbrauner Farbe, besser bei 37° als bei Ziramertemperatur.
Sie bilden keine Sporen und rufen in Dextrose, Laktose, Maltose und Saccharose
keine Garung hervor.
Zum Unterechiede von Busses Hefe wird hervorgehoben 1) die gelbbraune Farbe
der Kulturen im Gegensatz zur „blendend weifien tt bei Busses Hefe, 2) das Fehlen
der Garungsfahigkeit. Wie man unten sehen wird, bedeuten diese Unterscheidungs-
merkmale aoch nichts.
Klein hat 2 Mause geimpft, von welchen die eine nach 48 Stunden starb.
Meerschweinchen bekamen nach subkutaner Impfung Knotchen und Abscesse,
nach intraperitonealer Impfung starben sie. Bei 2 Kaninchen wurden durch intravenose
Impfung Paraplegieen hervorgerufen, und man fand die Hefezellen besondere im Rticken-
mark.
Im tierischen Gewebe nehmen die Hefezellen ein ahnliches Aussehen an, wie es
bei den fruher erwahnten Formen beschrieben worden ist, und aufierdem findet man
zahlreiche kurze Faden.
Cohn hebt als besonderes Unterecheidungsmerkmal die Kapsel hervor, welche im
Gewebe gebildet wird.
Die von Cohn intraperitoneal geimpften Mause starben anfangs nach 4, 8 und
10 Tagen, nach subkutaner Impfung leoten sie noch langere Zeit, mittels Passage wurde
die Zeit zu 4 Tagen bei intraperitonealer und zu 7 Tagen bei subkutaner Impfung ab-
gekiirzt. Liefi man die Kulturen langere Zeit stehen, ohne Impfungen damit vorzu-
nehmen, so wurde die Lebenszeit wieder langer.
Alle, „iiber vierzig tt geimpften Mause starben schon nach Vioooooo Teile einer Oese,
welcher ungefahr 10—20 lebensfahigen Zellen entspricht.
Bei den Mausen fand man besondere die Lungen angegriffen. Das Verhalten der
Meerschweinchen bei Impfung ist nicht deutlich dargestellt Es scheint, da Q alle intra¬
peritoneal geimpften Tiere nach ungefahr 3 Wochen starben, sowie einige der subkutan
geimpften. Diese letzteren bekamen Infiltrationen an der Impfstelle und Bubonen.
Aufierdem trat Geschwulst der Augenlider und der Schleimhaute der Nase auf, sowie
blutige Diarrhde.
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Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Brachte man etwas von einer Kultur in den Konjunktivalsack hinein, bo wurden
heftige EntzOndungen, mehrmaU sogar der Hornhaut, hervorgerufen.
Bieweilen bildete sich die Entzflndung zuriick, bisweilen starben die Tiere an allge-
meiner Infektion.
Einigemale Hah man auch Lahmungen der Hinterbeine und enteprechende
Knoten im Kiickenmark und Hirn. Dasselbe wurde bei (alien?) intravenbs geimpften
Kaninchen gefunden. Nur bei einem wurde makroBkopisch ein Knoten im Hirn beob-
achtet und bei einem anderen eine Blutung im Riickenmark.
Von einigem Interesee ist, dafi Cohn angibt, dafi Hefezellen im Gewebe sich nach
der von Russell fur fuchsinophile Korper angegebenen Methode farben lassen. Dies
stimmt, wie Cohn selbst hervorhebt, nicht mit Sanfelices Angaben uberein, nach
welchen sich die Hefezellen nur unter gewissen Umstanden wie Russel Is Korper ver-
halten, und es stimmt auch nicht mit meinen Erfahrungen uberein. Bchon ehe ich
Cohns Mitteilungen gelesen, hatte ich die erwahnte Methode an Sanfelices Hefe-
formen versucht, hatte sie aber wieder ale unbrauchbar aufgegeben. Auch spater an
Kleins Hefe wiederholte Versuche mifigluckten."
Dies wird hoffentlich genfigen, um zu zeigen, dafi Dr. Cohos Be-
schuldigung, ich sollte . personliche Angriffe“ gegen ihn gerichtet haben,
vollst&ndig aus der Luft gegriffen ist.
Dr. Cohn wirft mir vor, mit einer „nicht gewbhnlichen Sch&rfe
der Kritik u geschrieben zu haben; aber auf dem Gebiete der pathogenen
Hefeformen ist eine scharfe Kritik besonders notwendig, und gerade
Dr. Cohns obengenannter Artikel ist ein Beweis dafiir, dafi ich nicht
scharf genug gewesen bin.
Er hat n&mlich ganz ubersehen, dafi ich meinen Resultaten direkte
vergleichende Untersuchungen zu Grunde gelegt habe, wahrend er, wie
er auch selbst an erw&hnter Stelle p. 371 einr&umt, nur „auf Grund
seiner Kenntnisse der damals vorliegenden Literatur die Behauptung
aufgestellt hat, dafi die von Klein entdeckte Hefe von alien bisher
beschriebenen Arten verschieden sei u . Und nicht einmal jetzt, wo er
meine Resultate angreift, hat er es f(ir ndtig gehalten, Nachuntersuchungen
vorzunehmen, sondern er wiederholt ganz einfach seine frflheren Be-
hauptungen.
Wenn zur Feststellung der Identit&t verschiedener Hefeformen
„eine exakt durchgefflhrte Gegenuberstellung der betreffenden Hefen
hinsichtlich ihrer morphologischen, kulturellen, biologischen und patho¬
genen Eigenschaften nbtig ist“, dann erfordert dies die „Differen-
zierung u iu noch hdherem Grade.
Dr. Cohn unterschStzt im Gegenteil die mit der Diagnose der
Hefeformen verbundenen Schwierigkeiten, indem er meint, sich mit den
in der Literatur vorhandenen Beschreibungen einer Hefeform begnflgen
zu kdnnen; aber, wie bekannt, ist die VariabilitSt gerade dieser niedrigen
mikroskopischen Organismen innerhalb derselben Species so grofi, dafi
es fQr den einzelnen Forscher, um mit Sicherheit arbeiten zu
konnen, absolut notwendig wird, sich Kulturen der einander nahestehen-
den Formen zu verschaffen, welche er zu vergleichen wfinscht.
Dies ist, was ich an 13 pathogenen Formen durchzu-
fiihren versucht habe, und die dabei gefundenen Resultate lassen
sich nicht durch Dr. Cohns literarische Betrachtungen um-
stofien.
Durch solche vergleichende Untersuchungen konnte ich
nachweisen, dafi Kleins Hefe auf alien den vielen verschiedenen NShr-
boden genaue Uebereinstimmung mit mehreren der frflher gefundenen
zeigte, dafi die Form und das mikroskopische Aussehen in Kulturen
und im Gewebe ebenfalls dasselbe ist, und aufierdem, dafi sie, auf Tiere
eingeimpft, Shnliche Resultate gibt.
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Jen Ben, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art?
53
Wenn Dr. Cohn frfiher and jetzt wieder in dem genannten Artikel
sagt, daB die Bildung von Knotchen im Zentralnervensystem und die
dadarch in einzelnen Fallen hervorgerufenen L&hmungen fflr die Klein¬
sche Hefe spezifisch sind, so ist dies, wie ich frhher gezeigt habe, g a n z
einfach nicht richtig.
Ich habe nie bestritten, daB die Kleinsche Hefe in Him und
Rfickenmark verschiedener Versuchstiere Knfitchen und dadurch Lfih-
mungen hervorrufen kann; ich schrieb nur, daB ich dies bei meinen
Versuchen nicht gefunden hatte. Aber daB es nicht moglich sein sollte,
sie durch Anwendung anderer Dosen, als die von mir verwendeten her-
vorzurufen, habe ich nie behauptet; im Gegenteil, es dfinkt mich wahr-
scheinlich, weil ich ahnliche Knotchen im Him samtlicher Meerschwein-
chen, welche nach Impfung mit Sanfelices verschiedenen Hefeformen
starben, und auflerdem im Rfickenmark eines intravenos mit Sanfelices
Hefe geimpften Kaninchens, welches mit Lahmung des Hinterkorpers
starb, gefunden habe. AuBerdem habe ich bei 3 mit Busses Hefe
geimpften Meerschweinchen Lahmungen des Hinterkfirpers gesehen und
genau beschrieben, und Curtis, Busse, Petersen und Exner
haben gezeigt, daB Curtis Hefen sich mit Vorliebe im Zentralnerven¬
system ansiedeln.
Die Knfitchen hier und die Lahmungen sind demnach, wie ich ge¬
zeigt habe, nicht fflr die Kleinsche Hefe spezifisch, und es ist ganz
unverstandlich, wie Dr. Cohn es wagt, so vielen Forschern gegenfiber
das Gegenteil zu behaupten; und was vom Zentralnervensystem gilt,
gilt auch von den Konjunktivalaifektionen und den Kndtchen in den
Regenbogenhauten. Keines von diesen PhSnomenen ist fflr die Klein¬
sche Hefe spezifisch; sie treten das eine Mai nach dem anderen bei
Tieren auf, welche mit Sanfelices, Plimmers und Kleins Hefe
geimpft worden sind, und diese positiven Resultate lassen
sich wirklich nicht durch eine einfache Verneinung um-
stofien.
Wenn Dr. Cohn sich darfiber verwundert, daB Busse, Stern¬
berg u. A. nicht die Augenbindehauterkrankungen bei den mit San¬
felices und anderen Hefeformen geimpften Tieren gesehen haben, ist
es doch merkwflrdiger, daB er sich nicht darfiber wundert, daB Klein
sie nicht bei den Tieren bemerkt hat, welche mit seiner eigenen Hefe-
form geimpft worden sind, obgleiph doch diese Veranderungen der Con¬
junctiva nach Cohns Meinung ganz spezifisch sein sollen. Dagegen
hat Klein nach subkutaner Impfung Knoten beobachtet, welche Cohn
nicht gesehen hat, welche ich aber, im Gegensatze zu der betreffenden
Bemerkung Dr. Cohns, gefunden und p. 73 erwahnt habe (bis zur
GrfiBe von Datteln). Es zeigt sich gerade hier, daB man bei der Be-
urteilung der Resultate nicht allein groBes Gewicht auf die einzelnen
Befunde bei den geimpften Tieren legen darf, wenn nicht ganz genaue
Angaben fiber die GrfiBe der Tiere, die eingeimpfte Menge, das Alter
der Kulturen etc. mitfolgen.
DaB Dr. Cohn die Kapseln als etwas besonderes ffir die Klein¬
sche Hefe anffihren kann, zeigt, daB er nicht einmal die Literatur fiber
die pathogenen Hefen beherrscht, denn schon in Sanfelices ersten
Mitteilungen fiber Saccharomyces neoformans wird darauf auf-
merksam gemacht, daB die Hefezellen ganz verschieden in Kulturen und
im Gewebe aussehen, und dafi sie im letzteren sehr oft mit einer Kapsel
versehen sind.
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54 Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Obgleich alle von ihm als spezifisch angeffihrten Grkennuogsmerk-
male nicht spezifisch sind, und obgleich er keine neuen Fakta meinen
Resultaten gegenfiber verzeichnen kann, wagt er es doch, zu schreiben,
„daB er nach wie vor seine Ansicht aufrecht erhalte, dafi die Klein-
sche Hefe die einzige Art ist, welcher die Eigenschaft zukommt, sich
bei verschiedenen Tierspecies mit Vorliebe im Zentralnervensystem an-
zusiedeln und dadurch in der fiberwiegenden Mehrzahl der Ffille charak-
teristische Erscheinungen auszulQsen“.
Wenn Dr. Cohn ferner schreibt, dad er sich insbesondere nicht
denken kann, „daB es Sanfelice .... entgangen sein sollte, wenn die
verschiedenen von ihm beschriebenen Hefearten tatsfichlich miteinander
identisch wfiren tt , ist es sehr tragisch ffir ihn, dad Sanfelice in einer
seiner letzten Arbeiten, welche nach Beendigung der meinigen heraus-
kam, schreibt: „Ich habe Gelegenheit gehabt, vier pathogene Blasto-
myceten vergleichend zu studieren, und ich halte es daher ffir angezeigt,
ihre morpbologischen und kulturellen Eigenschaften zu beschreiben, u m
ihre Identit&t festzustellen.“ Diese vier waren Sacharo-
myces neoformans, Saccharorayces lithogenes, eine Hefe
von einem Adenocarcinoma ovarii (No. 3 bei mir) und Plimmers
Hefe. Ferner schreibt Sanfelice: „Es ist sicher von Interesse, vier
pathogene Blastomyceten g&nzlich verschiedenen Ursprunges miteinander
zu vergleichen. Derartige Untersuchungen kdnnen alien denjenigen
Forschern niitzlich werden, welche diese patbogenen Mikroorganismen
in den bfisartigen Geschwiilsten und in dem umgebenden Medium auf-
suchen" l ).
Das einzige in Dr. Cohns- Artikel, welches mir von wirklichem
Interesse zu sein scheint, ist seine Schludbemerkung fiber den nivellie-
renden Einflud der Zeit. Diese Zusammenstellung der modernen demo-
kratischen Bewegungen mit der Identifizierung gewisser pathogener Hefe-
formen wird immer bleibenden Wert behalten!
Nachdruck verboien.
Blastomyceten im Urin.
Von Dr. Tedder in Christiania.
Mit 51 Figuren.
Ohne Zweifel, sagt Sanfelice, wird ein Teil der Blastomyceten
durch den Urin ausgeschieden. Klug hat seinen Meruliocyt im Urin
nachgewiesen, die Untersuchungen mfissen jedoch als ffir Blastomyceten
im ganzen genommen gelten.
Um zu wissen, nach was man im Urin der Krebspatienten suchen
soil, ist es notwendig, die Formen zu kennen, die sich in den Krebs-
geschwfilsten vorfinden. Ueber diese herrscht nun Uneinigkeit Was
einzelne noch Protozoen nennen, heifien andere Blastomyceten, wieder
andere Zellendegenerationen. Der erh&rtete geffirbte Schnitt hat keine
Einigkeit gebracht. Das Resultat der Kultur kann dies mfiglicher-
weise tun.
Klug empfiehlt eine Pepsinlfisung als Kulturmedium, gibt jedoch
1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIV. p. 364-397 (p. 378).
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Vedeler, Blastomyceten im Urin.
55
keine bestimmte Formel. Ich habe 3 g kristallisiertes Pepsin in 100 g
destilliertem Wasser aufgeldst. In eine solche Portion gab ich ein
1,5 ccm groBes Stftck eines Krebsuterus, in eine andere ein Stuck einer
Cancerovarie, in eine dritte ein solches von einem Sarkom. Die zwei
ersten Portionen haben in den beiden ersten Tagen in einem Thermo-
staten, spSter in gewdhnlicher Zimmertemperatur gestanden, die dritte
vom Beginn an nur in solcher. Nach 10—14 Tagen war in alien ein weiB-
grauer Bodensatz. Ein wenig davon wurde mittels einer Pipette heraus-
geholt, nicht zu diinn liber ein Objektglas in einer Ausdehnung ausge-
breitet, die einem Deckglas von 24X31 mm entspricht, um nicht zu viele
Prfiparate anfertigen zu mQssen, wurde sodann an der Luft getrocknet,
darauf flambiert und dann vorsichtig mit einigen Tropfen der Lugol-
schen Flflssigkeit flbergossen, welche, wie ich sehe, Schdll.er und
Klug auch gebraucht haben. Nachdem die FlOssigkeit einige Minuten
flber dem Pr¶t gestanden hatte, wurde sie abgegossen und jetzt wurde
wieder an der Luft getrocknet, nicht an der Spirituslampe, da das Jod
sonst verdampft. Ueber das wohlgetrocknete Pr¶t wird Kanada-
balsam getropft und daruber kommt das Deckglas. Man untersucht bei
3—400-facher VergrSBerung des Diameters (Zeiss D, Okular 2) und
wird da einen Teil der auf mitfolgender Tafel gezeichneten Figuren zu
sehen bekommen. Dieselben sind moistens ganz schwarz, seltener blau-
schwarz oder braunschwarz, am seltensten gelbbraun oder klar und
ohne Farbe.
Die Figuren 1—-12 sehen wie flachgedrQckte Blasen aus mit gleich-
m&Biger Eontur. Ihre GrOfie kann nach No. 10 beurteilt werden, welche
die GrOBe eines roten BlutkSrperchens hat. Es sind keine Zeichnungen
auf der Oberflfiche zu sehen, ausgenommen bei No. 7 und 8, wo man
an Kerne denken k6nnte, wenn es nicht nur eine Einbuchtung der Ober-
fliche ist (Klug). Die Figuren 12 sind mSglicherweise nur zuf&llige
Formen, entstanden aus mehreren runden. Dafi diese verschiedenen
Figuren wirklich Blastomyceten sind, sollen die Figuren 13—28 zeigen,
in dem man Tochterzellen, zeitweise an mehreren Stellen der Peripherie
der Mutterzelle, hervorkeimen sehen kann.
Die Figuren 29—37 sind Zerfallsprodukte, wo im ersten Stadium
ein kleiner Sprung in der Peripherie zu sein scheint, der schlieBlich
durch die ganze Zelle geht und diese in zwei halbmondfftrmige Stiicke
teilt. Oder es entstehen SprQnge an mehreren Stellen auf einmal
(Fig. 32) und die Zelle wird in unregelm&Bige StQcke geteilt, wovon
einzelne ganz 4-kantig und wenig den urspriinglichen runden oder l&ng-
lichen Formen Shnlich sind.
Bei den Figuren 38—47 sind die Blastomyceten von einer Kapsel
umgeben. Bei den ersten 3 ist die Mittelpartie schwarz gef&rbt wie in
alien frdheren Zeichnungen, aber in den letzten 4 ist die Farbe licht
mahagoni. Dies beruht, glaube ich, auf einer Degeneration, denn ich
habe in dem fertigen Pr¶t groBe, runde oder l&ngliche Formen,
deren Platz ich am Deckglase angemerkt hatte, nach und nach ihre
schwarze Farbe verlieren und durch Braunschwarz zu Lichtbraun ttber-
gehen sehen.
In Figur 48 sieht man Reste von Kapseln, zwischen diesen sehr
kleine, runde Formen; mdglicherweise sind dies selbst endogene Sporen,
wie besonders Bra meint.
Die Figuren 45—47 sind die gewohnlichen runden oder ovalen
Formen, die durch Ver&nderung der Zellmembran und des Protoplasmas
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
brftunlich gefSrbt wurden, wovon die Vakuolenbildung in Figur 47
mdglicberweise ein Zeichen sein kann. Figur 49—51 endlich ist das
letzte Stadium von Degeneration, bevor die Blastomyceten vollst&ndig
verschwinden und sich als eine kleine, zusammengeschrumpfte Blase
zeigen.
Z. 3. 9-. 5. 6. 7 .
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io. n. iz.
10. ii. vi.
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25. 26. 27. 26
29.
30. 31. 3Z. 33. 3 4 . 33. 36. 37.
0
Alle diese Formen, selbst die Zerfallsprodukte, die ich gezeichnet
habe nach dem, was ich durch mannigfaltige Untersuchungen in Ulteren
Kulturen gesehen habe, habe ich auch in den erh arte ten und farbigen
Schnitten gesehen. DaB diese letzteren nur Degenerationen des Zellen-
gewebes sein sollten, darauf kann ich deshalb durchaus nicht eingehen.
Degenerationen gibt es wohl, aber neben diesen den fremden Gast
Da es so leicht glflckt, denselben zu kultivieren, was bis dato, so viel
ich weifi, nicht mit Protozoen der Fall ist, spricht wohl auch dies daftlr,
dafi es ein pflanzlicher Parasit ist.
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Vedeler, Blastomyceten im Urin.
57
Um den Urin zu untersuchen, liefi ich denselben, so weit mdglich,
durch den Katheter in ein trichterforiniges Uringlas von 100 g Volumen
fliefien, ihn dann 10—12 Stunden stehen, goB die obersten 75 g weg
und zentrifugierte die zurflckgebliebenen 25 g. Vom Bodensatze machte
ich Trockenpr¶te wie bei Kulturen und untersuchte bei derselben
VergroBerung. Es fanden sich nicht viele Figuren in dem einzelnen
Felde, h&ufiger Zerfallsprodukte, aber ich gab mich nie zufrieden, bevor
ich ganze Forraen gefunden hatte.
Um mich nicht selbst zu narren, hatte ich Kollegen um Urin
von sicheren Krebskranken gebeten. Im bekam Urin von 13 solchen:
4 Canceruteri, 3 Cancerventriculi, 1 Cancermammae, 1 Cancerrecti,
1 Cancerrenis, 1 Cancroideus cruris, 1 Sarcoma humeri. Der 13. war
ein Mann, bei dem vor 10 Jahren ein Cancer linguae exstirpiert worden
war, jetzt war Rezidiv in 2 Drusen unter der Maxilla inferior. Bei alien
fanden sich Parasiten im Urin. Dies zeigt wohl noch mehr, dafi
das, was ich in den Schnitten gesehen habe, nicht alles Degenerationen
des Zellengewebes waren, die unver&ndert Blut und Urin passiert haben
sollten.
Dies ist jedoch nur die positive Seite der Frage, die negative soli
nicht Qbersprungen werden. Ich untersuchte den Urin bei 13 meiner
eigenen, nur gyn&kologischen Patienten. Bei keinem fanden sich
Parasiten im Urin. Die Patienten waren ausschlieBlich Frauen.
Ich nahm mir deshalb vor, das Verh<nis beim Manne zu untersuchen,
aber da ich in den letzten 25 Jahren 15 meiner mir bekannten Kollegen
durch Krebs verloren habe, bekam ich Urin von 13 Aerzten. Bei
zweien von diesen, welche vollst&ndig gesund waren,
fanden sich Blastomyceten im Urin. Bei dem einen war Krebs
in der Familie, bei dem zweiten nicht. Dies war ja iiberraschend beim
ersten Anblick, aber selbst wenn Blastomyceten ein Krankheit bringen-
der Faktor sind, kdnnen sie doch im Organismus vorhanden sein, ohne
sich sofort auf deutliche Weise geltend zu machen. Der eine der Aerzte
hatte Krebs in der Familie. Man spricht oft davon, dafi derselbe
erblich ist, aber dieser Begriff kann nun so viel verdecken, dafi es wohl
am richtigsten ist, nur zu sagen, daB Cancer oft vorkommt, wo er in
der Verwandtschaft war. Ich suchte nach solchen Farailien, fand etliche,
konnte mir jedoch nur von 4 Urin verschaffen.
In einer Familie, bestehend aus 8 Kindern, hatten 5 Krebs. Von
den 3 lebenden konnte ich den Urin von nur einem untersuchen. Er
war 71 Jahre alt und litt an Dementia senilis. Parasiten gab es im Urin.
In einer anderen Familie von 4 Kindern starben 2 an Cancer. Eines
der noch lebenden ist 50 Jahre alt und leidet in der letzten Zeit an
Petit mal. In seinem Urin fanden sich Parasiten. In einer dritten
Familie ist eine Person an Cancer uteri gestorben, die andere hat jetzt
Cancer uteri, in ihrem Urin fanden sich Parasiten. Die dritte Schwester
ist gesund, in ihrem Urin fanden sie sich auch. Ein weiblicher Patient
leidet an Endometritis uteri, auf eine zuf&llige Frage erztihlt er, dafi
sein Vater vor einigen Tagen an Krebs gestorben ist. Der Urin wurde
daher untersucht und es fanden sich Parasiten. Dies waren also 5 Per-
sonen. in deren Familie Krebs war und wo sich Blastomyceten
im Urin fanden.
Doch nun war da der andere Arzt, bei dem Krebs nicht in
der Familie war und sich doch Parasiten im Urin fanden. Das-
selbe war bei einer 37-j&hrigen, verheirateten Frau der Fall, welche an
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58 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
einer parenchymatosen Metritis leidet, bei der sich abor in den letzten
4—5 Jahren eine, besonders nSchtliche, Epilepsie entwickelt hatte.
Man kann mSglicherweise einwenden, daB dies doch ein geheim
gehaltener Krebs gewesen sei. Dies will ich nicht bestreiten, aber es
wurde mir Urin von einer anderen Patientin gesandt, die an Cancer
ventriculi leiden sollte. Da gab es genug Parasiten in ibrem Urin. Sie
starb 14 Tage sp&ter, bei der Obduktion konnte jedoch nicht Krebs
nachgewiesen werden. Da sie stark rachitisch und im fiufiersten Grade
abgemagert war, wurde als Todesursache Marasmus angeffihrt.
Ich habe aber erwiesen, daB sich im Uterusmyom auch ein
Parasit befindet, welcher dem bei Cancer tihnelt. Dieser kfinnte m5g-
licherweise auch im Urin nachgewiesen werden. Eine 50-jahrige, un-
verheiratete Frau hat ein Uterusmyom, welches einige Fingerbreiten
iiber den Umbilicus reicht. Sie ist mehrmals in Kreuznach gewesen.
Im Urin fanden sich Blastomyceten. Eine 34-j8.hrige, unverheiratete
Frau hat ein Uterusmyom, welches bis zum Umbilicus reicht. Im Urin
waren Parasiten. Eine 25-j£Lhrige Virgo hat ein Myom im Uterus so
groB wie eine geballte Faust. In ihrem Urin fanden sich Blastomyceten,
einer war sogar so groB wie in Fig. 4.
In Lip omen babe ich auch einen fihnlichen Parasiten gefunden.
Eine Patientin hatte ein Lipom an der obersten, inneren Fl&che des
Schenkels so groB wie ein groBer Apfel. Im Urin waren Blastomyceten.
Naevi und andere kongenitale Tumoren, macht ein Verf.
aufmerksam, finden sich oft gleichzeitig bei Cancer. Ich bekam eine
Patientin, die an einer Cystitis leidet, die mit Unterbrechungen 8—9 Jabre
gedauert hat. Ihre Unterlippe ist auffallend. Das Prolabium ist 3mal so
breit und dick wie es sein soli, hat eine blaurote Farbe und eine etwas
unregelm&Bige Oberflache; es ist keine Pulsation zu fQhlen. Die Ge-
schwulst muB wohl ein Angiom genannt werden. Dadurch angetriebcn,
untersuchte ich den Urin nach Blastomyceten und die fanden sich auch
unter den Bakterien.
Zu meiner Ueberraschung wurde ihre Cystitis stets besser und nach
Verlauf eines Monates war sie so wohl, daB sie sich nicht linger be-
handeln lassen wollte. Ihr Urin enthielt immer noch Bakterien und
Blastomyceten. Ich bat sie deshalb, nach einem Monat wieder zu
kommen. Sie kam, hatte keine subjektiven Klagen. Ihr Urin war
vollstSndig klar, selbst nachdem derselbe einen Tag gestanden hatte.
Ich machte Trockenpr¶te aus dem im untersten Teile des Uringlases
befindlichen Urin. Blastomyceten waren da. Bei der Cytoskopie ergab
sich nichts Abnormes. DaB dies nicht Cancer vesicae war, der kuriert
wurde, scheint nach unserer jetzigen Auffassung von Cancer nicht an-
nehmbar. Aber woher kamen die Blastomyceten?
Als einen Gegensatz will ich folgenden Fall erw&hnen, bei dem ich
merkwtirdigerweise am selben Tag konsultiert wurde. Patientin war 30 Jahre
alt, hat langere Zeit an Cystitis gelitten und wurde im Krankenhaus
durch lange Zeit ohne Nutzen behandelt. Der Urin ist sauer, schleimig,
blutig, enthalt einzelne nekrotische Gewebsstiicke, Bakterien und eine
ganze Menge Blastomyceten. Das Cytoskop zeigte einen kleinen, papillen-
fbrmigen Tumor. Dies war doch wohl Cancer vesicae und das Vor-
handensein der Blastomyceten leicht verstandlich; aber man sieht, wie
vorsichtig man darin sein muB, dieselben als diagnostisches Merkmal
zu gebrauchen und dies urn so mehr, als sich auch bei Syphilis Parasiten
im Urin finden kbnnen, die denen bei Krebs Bhnlich sind.
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Yedeler, Blastomyceten im Urin.
59
Wie bekannt, haben Eremer und Schfiller einen Parasiten bei
Syphilis nachgewiesen, den beide mit jenem, der sich bei Cancer und
Sarkom findet, zusammenstellen. In einem indurierten Cancer, welcher
aus lebendigem Leibe geschnitten worden war, babe ich auch einen
Parasiten gesehen, der jedoch sehr schwierig aus den unzahligen kleinen
Zellen, die den Hauptbestandteil des indurierten Gewebes bildeten,
herauszunehmen war. In einem anderen Falle war es dagegen sehr
leicht, ihn zu finden. Eine Frau, die von mir friiher wegen sekundfirer
syphilitischer Symptome uber der Vulva behandelt worden war, kommt
mit einer Leukoplasie am rechten Zungenrand und einer an der inneren
Flfiche der Oberlippe. Ich schabte die weiBe Masse mit einem Messer
ab, machte ein Trockenprfiparat auf gewfihnliche Weise und farbte dieses
mit der Lugolschen Flfissigkeit.
Es fanden sich mehrere schwarze oder braunschwarze Figuren,
welche vollstfindig denen, die ich gezeichnet habe, glichen, eine einzelne
war sogar so groB wie No. 5, die fibrigen waren kleiner, es fanden sich
verhS.ltnismS.Big wenig Zerfallsprodukte. Ich untersuchte nun ihren Urin
und fand dieselben Parasiten. Dadurch angeleitet, untersuchte ich ihr
Blut von den Fingerspitzen, fertigte ein Trockenprfiparat, fSrbte es mit
Lugolscher Flfissigkeit und fand einen deutlichen Parasiten so groB
wie in Fig. 10 und eine Anzahl kleinere, die jedoch nicht so gleichm&Big
schwarz gefSrbt waren. Bei 8 anderen Syphiliskranken habe ich bloB
den Urin untersucht und fand die gewfihnlichen runden, schwarzen
Formen, bei einem 6-jShrigen Madchen, das nach der Geburt angesteckt
worden war, fand ich auch Formen, die den Figuren 41—43 glichen, also
wohl Schfillers Kapseln waren.
Das Resultat dieser 60 Urinuntersuchungen ist, daB sich die Blasto-
rayceten im Urin finden und mit Leichtigkeit nachgewiesen werden
konnen. Da aber durch diese Untersuchung allein die verschiedenen
Blastomyceten nicht voneinander unterschieden werden konnen, konnen
diese nicht als diagnostisches Merkmal ffir eine bestimmte Krankheit
dienen, moglicherweise aber als Grundlage ffir die Behandlung. Bei
einem Syphiliskranken wfirde ich nicht mit der spezifischen Behandlung
abbrechen, bevor die Parasiten aus dem Urin verschwunden sind. Dies
scheint ziemlich rationell, finde ich aber Blastomyceten im Urin bei
einem, der einer cancerfisen Familie angehort, wfirde ich wohl versucht
werden, dieselben zu eliminieren. HStte man eine ffir Krebsparasiten
spezifische Immunisierung, wSre kein Grund dazu vorhanden, dieselbe
nicht zu versuchen. Bis diese gefunden ist, werde ich mit Hinsicht
auf die Analogie zwischen Cancer und Syphilis mich nicht bedenken,
Jod zu gebrauchen, urn so mehr, als dasselbe eine spezifische Farben-
wirkung gegenfiber den Blastomyceten im ganzen genommen hat und
nichts Faktisches daffir vorliegt, daB dasselbe die immunisierenden Stoffe
des Blutes zerstfirt Wir sehen, daB unter seiner Anwendung die
Syphilome schwinden. Die sogenannten gutartigen Tumoren konnen
oft in Cancer fibergehen und hier herrscht wohl nur ein Grad Unter-
schied in der Starke der Infektion. Wenn ich einen Cancer operiert
hfitte, wfirde ich Furcht vor Rezidiven haben, bis mir die Urinunter¬
suchungen gezeigt hatten, daB die Blastomyceten verschwunden seien.
In dem von einem Kollegen operierten Fall kam das Rezidiv nach Ver-
lauf von 10 Jahren.
Bei dem Patienten, der an Cancer vesicae litt und wo sich Blasto¬
myceten im Urin fanden; untersuchte ich das Blut aus den Ohriappchen,
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60 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
indem ich ein Trockenpr¶t anfertigte und es mit dem Lugolschen
PrSparat fSrbte. Ich fand 50 Blastomyceten. Von diesen waren 18 so
groB wie die Figuren 7—10, 30 gehfirten zu den kleinen Formen, es
fanden sich 2 gelbbraune mit dicker Kapsel. Finden sich aber Blasto¬
myceten im Blute, so kSnnen dieselben mdglicherweise auch in den
Sekreten vorhanden sein. Ich untersuchte Sputum; hier waren sie und
einige waren so groB wie Figur 5. Ich untersuchte den Nasenschleim,
auch hier fanden sich solche. Ich konnte etwas Fliissigkeit aus der
linken Mamma drflcken, Blastomyceten waren vorhanden. Endlich nahm
ich etwas Sekret vom Collum uteri, auch hier gab es Blastomyceten.
Inmitten des groBen Praparates lag gleichsam eine kleine Kolonie von
groBen und kleinen mit einer Anzahl fein gezeichneter und klarer
Kapseln wie in Figur 49 und 50.
Summa summarum, ein weiblicher Patient mit einem sehr kleinen
cancerQsen Tumor in der Blase kann Blastomyceten im Urin, im Blute,
im Sputum, im Nasenschleim, in der Brustmilch, im Uterussekret auf-
weisen. 1st es der kleine Tumor, der den ganzen Organismus infiziert.
hat oder ist dieser selbst nur eine sekundtire lokale Infektion? Das
letztere scheint mir am wahrscheinlichsten.
yachdruck vcrboten.
1st die Wut vererbbar?
[Mitteilung aus dem Institute fflr allgemeine Pathologie und Therapie
der kOnigl. ungar. Franz-Josef-Universit&t in Kolozsvdr. Direktor:
Dr. J. von Lote, o. o. Professor.]
Von Dr. Daniel Konr&di, Assistenten.
Die Frage der erblichen Uebertragung von Infektionskrankheiten
beschaftigt seit alters her die Aerzte. Vor der Entdeckung der patho-
genen Mikroorganismen war man bei der Losung dieser Frage, aus
Mangel einer geeigneteren Methode, auf statistische Daten angewiesen.
Heutzutage kann man mit Hilfe der bakteriologischen Untersuchungs-
methoden experimentelle Tatsachen beniitzen zur Beleuchtung dieser
wichtigen Frage. Aber — wie dies Wassermann mit Recht sagt —
bedarf gerade dieses Gebiet, d. h. der sichere Nachweis, daB die bei den
Deszendenten gefundenen Infektionserreger in der Tat von den Aszen-
denten vor der Geburt flbertragen sind, ganz besonders vorsichtiger, ge-
iibter Untersuchung und Beurteilung.
Eine sichere placentare Uebertragung von Mutter auf Kind wurde
schon beobachtet bei Infektionen mit Milz brand, Pneumonie,
Typhus, pyogencn Kokken, Febris recurrens, Variola,
Malleus, Syphilis, Tuberkulose 1 )-
Was die kongenitale Tuberkulose anbelangt, so sind 12 F&lle bei
Wassermann verzeichnet, bei welchen bisher der intrauterine Ueber-
gang von Tuberkelbacillen sicher nachgewiesen wurde.
Neuestens hat Veszpr6mi tiber einen Fall berichtet. bei welchem
die Zeit der tuberkulosen Infektion in das intrauterine Leben zurGck-
1) Diesbeziigliche vollstandige Literatur bei Wassermann, Handbuch der
pathogenen Mikroorganismen. Bd. I. p. 395 .
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Konr&di, 1st die Wilt vererbbarV
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geffihrt werden muBte, und in welchem die tuberkulosen Veranderungen
in Anbetracht des anatomischen und histologischen Bildes keinem Zweifel
unterliegen.
Aucb wir konnten wfihrend unseren Untersuchungen in all den-
jenigen Fallen, wo bei der Sektion F6ten gefunden wurden, in der Leber
und Milz derselben sowohl kulturell als histologiscb dieselben Mikroben
nacbweisen, welche den Tod des Muttertieres verursachten. Wir be-
obachteten 5 solche Falie von Milzbrandinfektion bei Schafen, noch mehrere
bei Kaninchen, aufierdem einige mit pyogenen Kokken ebenfalls bei
Kanincben.
Aus den angeffihrten sicheren Fallen ist zu ersehen, daB die Mog-
lichkeit der placentaren Uebertragung sowohl akuter als chronischer In-
fektionskrankheiten vorliegt, obzwar dies keine praktische Bedeutung hat.
Anders steht es aber mit der placentaren Uebertragung der Wut-
krankheit, worflber in der Literatur sparliche und sehr widersprechende
Angaben gefunden werden.
Die ersten Untersuchungen wurden iin Laboratorium Pasteurs
gemacht iin Jahre 1883, und zwar wie folgt: Am 1. Juni 1883 wurde
eine trachtige Hiindin subdural geimpft, welche nach 13 Tagen an Wut
erkrankte. Am 2. Tage der Krankheit warf sie 5 Junge, wovon 2 den
nachsten Tag zu Grunde gingen. Aus ihrem Mark wurden 4 Kaninchen
subdural geimpft, welche nach 161 Tagen noch lebten.
Am 5. August 1883 wurde ein Kaninchenweibcben infiziert, welches
6 Tage vor dem Erscheinen der Wutsymptome 4 Junge warf; sie blieben
am Leben.
Am 11. Dezember 1883 wurden 6 Kaninchen infiziert mit dem Mark
eines KaninchenfStus, welches in dem Augenblicke geboren wurde, als
die Wut beim Muttertier erschien. Diese blieben auch am Leben.
(Schade, daB die Dauer der Beobachtung nicht angegeben ist.)
Im Jahre 1887 beschaftigten sich Perroncito und Carita mit
solchen Experimentaluntersuchungen. Diese Forscher infizierten 2 Meer-
schweinchen mit dem Mark von 2 Kaninchenfoten, die am 2. Tage der
Wutkrankheit tot geboren wurden. Von diesen ging das eine nach
9 Tagen an W'ut zu Grunde, das andere blieb am Leben.
1m Jahre 1888 hat Zagari an 12 trachtigen Tieren: an 5 Kanin¬
chen, 6 Meerschweinchen und einer Hiindin solche Experimente gemacht.
Die Einimpfung wurde bei einigen auf dem Wege der peripheren Nerven,
bei anderen durch Inokulation in die Schfidelhdhle gemacht. Die Ver-
suche wurden an 32 Fdten vorgenommen. Die Fdten wurden teils
durch kfinstlichen Abortus ausgetrieben, teils aus dem Uterus des Tieres
post mortem genommen. Die Inokulation geschah immer in die Schfidel-
hdhle. Alle diese Experimente hatten bestandig negative Resultate.
Zur selben Schlufifolgerung gelangen im selben Jahre Celli und
de Blasi.
De Blasi und Russo Travali vermochten mit Sperma Tiere zu
infizieren.
Im Jahre 1892 zieht Bombicci aus seinen Untersuchungen den
Schlufi, daB das veriangerte Mark der Kaninchenfoten, die von wut-
kranken Miittern stammten, nicht infektiOs ist.
Li si berichtet im Jahre 1893 fiber 3 Falie von kongenitaler Wut
beim Hunde.
HOgyes sagt auf p. 61 seiner umfangreichen Monographic folgen-
des fiber diesen Gegenstand: „Es wurde schon ofters die Frage einer
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
experimentellen Untersuchung unterworfen, ob der Infektionsstoff der
Wut von der wutkranken Mutter durch die Placenta auf die Frucht
fibertragen wird. Die meisten Forscher — unter ihnen auch wir —
kamen zu dem Resultate, daB man bei Kaninchen trotz der subduralen
Methode weder mit dem Gehirne, Oder anderen Kdrperteilen der Frucht
wutkranker Matter, noch mit der Amniosflussigkeit derselben die Wat
erzeugen kann. . . . Die von Lafosse und Can iliac beschriebenen
und andere Falle, wo die w&hrend der ausgebrochenen Wut von KQhen
geworfenen Kalber sp&ter wutkrank wurden, mOssen auf zuf&llige In-
fektion nach der Geburt zurOckgefOhrt werden“.
Im Jahre 1898 fand Gal tier in den FQten von 7 HQndinnen,
8 Schafen, 3 Ziegen und mehr als 50 Kaninchen und Meerschweinchen
kein einziges Mai den Infektionsstoff.
Im selben Jahre impfte Abba von 7 FSten eines an Wut leidenden
Kaninchens und aus ihrer Placenta je 4 Kaninchen subdural. Alle
lebten noch nach einer Beobachtungsdauer von 4 Monaten.
In diesem Jahre hatte auch v. Ratz Gelegenheit, einen solchen
Fall zu beobachten. Bei der Sektion einer an Wut zu Grunde gegan-
genen Kuh wurde ein ausgebildetes Kalb gefunden. Am 22. Oktober 1898
wurden sowohl aus der Kuh als auch dem Kalbe je 2 Kaninchen infi-
ziert. Die aus der Kuh geimpften zeigen am 10. November die typischen
Symptome der Wut und gehen am nfichsten Tage daran zu Grunde.
Die aus dem Kalb infizierten blieben am Leben. (Beobachtungsdauer
nicht angegeben.)
Im Jahre 1900 schreibt Babes in seinem Sakularartikel folgendes
Qber diese Frage: „Die Angaben ttber die Uebertragung der Wut von
der Mutter auf den Fdtus werden auf Grund von zahlreichen Erfahrungen
zurOckgewiesen tt .
Krokiewicz berichtet im Jahre 1902 aber einen Fall bei oiner
20-jahrigen schwangeren Tagelohnerin, welche 10 Wochen nach dem Bisse
eines tollen Hundes an Wut erkrankte und binnen 5 Tagen daran zu
Grunde ging. Es wurde mit dem mQtterlichen und fbtalen Mark je ein
Kaninchen geimpft. Das mit dem mQtterlichen geimpfte ging am 20. Tage
an typischer Wut ein, dafi andere blieb am Leben. Nach 4 Wochen
wurde es erdrosselt. Der Sektionsbefund ergab ein vollstSndig negatives
Resultat. (Schade, daB dieses Tier nicht langer beobachtet wurde.)
Der neueste Fall ist derjenige von Loir aus dem Jahre 1903. In
diesem Falle warf das am 3. Tage der ausgebrochenen Krankheit sich
befindende Kaninchen ein lebendiges Junges, das 4 Stunden spfiter zu
Grunde ging. Von den 2 aus diesem subdural geimpften Kaninchen
ging das eine nach 7, das andere nach 9 Tagen unter den typischen
Erscheinungen der Wut ein. (Un nouveau fait positif constatant le
passage du virus rabique de la m&re au foetus.)
Die angefQhrten widersprechenden Ergebnisse gaben mir den Impuls,
experimentelle Untersuchungen anzuordnen und diese Frage etwas n&her
zu betrachten. Meine Untersuchungen beginnen im April 1903.
Als Infektionsstoff diente das Virus einer 34. Kaninchen-Passage.
Mit diesem wurden 2 trSchtige Meerschweinchen unter die harte Hirn-
haut infiziert. Das eine warf den nfichsten Tag 2 Junge, welche nicht
benQtzt werden konnten. Das andere Meerschweinchen erkrankte am
6. Tage an Wut und ging nach lVx-tSgiger Krankheitsdauer daran zu
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K o n r a d i, 1st die Wut vererbbar?
63
Grunde. Im Momente des Todes wurden 4 ganz entwickelte Junge
herausgenommen.
Jetzt wurde ihr verl&ngertes Mark mit, der groBten Sorgfalt heraus-
geschnitten, mit physiologischer Koclisalzlosung eine Emulsion bereitet,
sodann unter die harte Hirnhaut von 8 Meerschweinchen und 2 Eaninchen
gespritzt. Es wurden selbstverstfindlich auch aus dem Muttertier Meer¬
schweinchen und Kaninchen infiziert und zwar je 2. Bemerken muB icb,
daB mit separaten Instrumenten gearbeitet wurde, ja sogar die Impfung
mit dem miitterlichen Mark mein Kollege B61a v. tithes durchfflhrte,
um auch die Moglichkeit eines Hinzukommens des miitterlichen Markes
zu verhindern. Die Tiere lebten von einander getrennt; von einer
fremden Infektion kann absolut keine Rede sein.
Die Meerschweinchen, welche mit dem miitterlichen Mark infiziert
wurden, gingen nach 6—7-t&giger Inkubation und nach einer Krankheits-
dauer von 1—l 1 /* Tagen, die Kaninchen nach 7-tagiger Inkubation und
5-tSgiger Krankheit an typischer Wut ein.
Am 91. Tage nach der Infektion erkrankten 2 mit dem
fotalen Mark geimpfte Meerschweinchen, am 92. Tage ein
drittes, am 96. das vierte und am 98. die flbrigen vier.
Das Stadium morbi dauerte l l l 2 —9 1 / 1 Tage.
Von den zwei mit dem fdtalenMark infizierten Kanin¬
chen erkrankte das eine nach 105, das andere nach 475
Tagen.
Aus den Meerschweinchen, welche mit dem fotalen Mark infiziert
wurden und an Wut zu Grunde gingen, wurde in Meerschweinchen und
Kaninchen weiter geimpft, um erstens die Wutdiagnose sicher bestimmen
zu kdnnen, zweitens um zu sehen, ob das Lyssavirus keine VerSnderung
erlitten hat.
Die weiter geimpften Meerschweinchen gingen nach 20-, 21-, 25-, 26-,
28- und 34-tSgiger Inkubation und 2-, 8-, 11-, 16-t&giger Krankheits-
dauer zu Grunde, die Kaninchen blieben auBer einem, welches nach
61 Tagen an Wut einging, am Leben.
In der 1. Untersuchungsreihe wurde Passagevirus benutzt, es schien
aber interessant, die Wirkung des StraBenvirus unter denselben Be-
dingungen zu untersuchen.
Aus diesem Grunde wurde mit dem Mark eines an StraBenwut ein-
gegangenen Hundes ein tr&chtiges Kaninchen unter die harte Hirnhaut
infiziert Dieses Tier ging am 13. Tage unter den typischen Erschei-
nungen der Wut ein. Aus einem der herausgenommenen 4 Fdten wurden
2 Meerschweinchen und ein Kaninchen subdural geimpft. Die aus dem
Muttertiere infizierten bekamen die Wut nach 12 Tagen, die Meer¬
schweinchen, welche mit dem fdtalen Mark geimpft wurden, er¬
krankten nach 15-t&giger Inkubation und gingen nach
einer Krankheitsdauer von 24 Stunden an typischer Wut
ein. Das aus demselben Fotus infizierte Kaninchen hat am 12. Tage
Fieber, welches 5 Tage lang dauert, dann wird es wutkrank, geht aber
daran nicht zu Grunde, sondern es wird ihm besser; nach 229 Tagen
wird das Tier wieder krank und geht nach 26 Tagen an Wut ein.
Aus den Meerschweinchen, welche mit dem fdtalen Mark infiziert
wurden und zu Grunde gingen, wurde auch jetzt weiter geimpft Das
Meerschweinchen erkrankte in der II. Generation erst nach 27 Tagen
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft I.
und ging nach 2-tagiger Krankheit ein, beim Kaninchen erschienen die
ersten Syroptome der Wut erst nach 210 Tagen, das Stadium morbi
dauerte in diesem Falle 2 Tage lang. In den weiteren Generationen
war die Inkubation beim Meerschweinchen 32, das Stadium morbi 5 bis
7 Tage lang und die Kaninchen blieben am Leben.
Lassen wir die Ffille von Lisi und de Blasi und Russo Travali
auBer acht, so bleiben nur zwei Falle in der Literatur, in denen es
experimentell gelungen ist, mit dem Mark der Foten Lyssa zu erzeugen:
Perroncito und Carita bei Meerschweinchen und Loir bei
Kaninchen. Meine Untersuchungen beweisen, daB das
verlangerte Mark der Foten das Lyssavirus enth<, weil
die geimpften Tiere alle an Wut erkrankten, aber viel spater als die aus
dem Muttertier infizierten. Die Ursache dieser Versp&tung kann ent-
weder diejenige sein, daB das Mark der Ffiten eine geringere Quantitfit
des Virus enthalt, oder aber wird das Virus abgeschwBcht. Man kfinnte
auf die letztere Mdglichkeit denken aus dem Umstande, daB in den
folgenden Passageimpfungen die Meerschweinchen spater und spater
erkranken, das Stadium morbi auch immer linger wird und die Kaninchen
am Leben bleiben.
Von Wichtigkeit ist die Frage: Auf welchem Wege verbreitet sich
das Lyssavirus von der Mutter auf den F5tus? Nach der Meinung der
meisten Forscher kann dies durch das Placentablut, da dasselbe das
Virus nicht enthalt, nicht geschehen. Es soli in dieser Beziehung nur
auf zwei in der neuesten Zeit erschienene Monographieen hingewiesen
werden. Casper sagt diesbezfiglich folgendes: „Da das Blut der an
Tollwut leidenden Tiere zu keiner Zeit der Erkrankung Virus enthalt,
so war die Vererbungsmoglichkeit von vornherein nicht wahrscheinlich.
Die Mfiglichkeit der intrauterinen Uebertragung, der Vererbung der Wut-
krankheit ist so gut als ausgeschlossen zu betrachten. u
Bei E. Marx linden wir fiber diese Frage folgendes: „... daB wohl
infolge des Fehlens des Infektionsstoffes im Blut auch bei menschlichen
und tierischen Foten das Virus meist nicht nachweisbar ist.“
Was die Wege anbelangt, auf denen das Lyssavirus sich verbreitet,
so waren noch vor Pasteur zwei Ansichten bekannt. Krfigelstein
behauptete schon im Jahre 1826, Dubou6 im Jahre 1879, daB das
Wutgift direkt auf die Nervenenden wirkt und auf diesem Wege sich
fortpdanzt. Im Jahre 1837 war Lenhoss6k, 1855 Virchow, spfiter
Bollinger der Meinung, daB das Virus durch die Gewebssfifte in den
Lymph- und Blutstrora gelangt und auf diese Weise weiter geffihrt wird.
Pasteur acceptierte die Ansicht D o b o u 6 s nicht unter dem Hin-
weise, daB auch Injektionen in die GeffiBe Wut erzeuge.
Mfiller injizierte mit positivem Erfolge einem Hunde in die Vena
jugularis mit Blut gemischten Speichel eines wutkranken Hundes.
Pasteur, Chamberland, Roux und Thuillier hatten mitge-
teilt, daB die intravenose Injektion sehr oft die stille, paralytische Form
der Wut erzeugt
Bordoni-Uffreduzzi erwfihnt, daB er in vielen Fallen auf dem
Wege des Experiments konstatieren konnte, daB auch das Blut von
Tieren, die infolge der Inhzierung an Wutkrankheit starben, wirklich
virulent ist.
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Konridi, 1st die Wut vererbbar?
65
Nach de Blasi und Russo Travali spielt bei dem Transport
auch der Lymphstrom eine Rolle.
Nach E. Marx gelingt eine Infektion von der Blutbahn bei Hunden
und Kaninchen leicht, und meint, daB eine solche Verbreitung wohl dann
sicher eintritt, wenn es sich urn kflnstliche Infektionen handelt. Nach
Hftgyes ist die Verbreitung durch die Nerven nicht die einzige Art,
anf welcher das Virus in das Zentrum gelangt, da die Wut auch mittels
intravenoser Injektion erzeugt werden kann; was aber bei kQnstlichen
Infektionen vorkoramt, muB auch bei natfirlichen Infektionen m6g-
lich sein.
Auf diese Weise kSnnte man den Uebergang des Virus von der
Mutter auf den F6tus durch das Placentablut sich vorstellen, und ich
glaube, daB dies Sfters gelungen ware, wenn die Forscher nicht nur
Kaninchen, sondern auch Meerschweinchen zu ihren Experimenten ge-
braucht batten und die Beobachtungsdauer eine l&ngere gewesen wfire.
Konklusion.
1) Das Wutvirus geht von der Mutter auf den F6tus
fiber, scheintaber inzwischen abgeschw&cht zu werden.
2) Zu solchen Untersuchungen sollte man nicht nur
Kaninchen, sondern auch Meerschweinchen benutzen, da
diese ffir die Wut empf&nglicher sind.
3) Die Beobachtungsdauer muB auf ungeffihr l 1 /* Jahr
verlftngert werden.
Kolozsvdr, am 25. November 1904.
Literatur.
Abba, Contribution & la question du passage du virus rabique de la mfere au foetus.
(Annal. de l’Inst* Pasteur. T. XII. 1898.)
Babes, Die Lehre von der Hundswut zu Ende des 19. Jahrhunderts. (BerL klin.
Wochenschr. 1900. No. 42—43.)
Bollinger, Wutkrankheit. (Ziemssens Handbuch. Bd. III.)
Bombicci, Sopra la transmissione della rabbia dalla madre al feto. (Gaz. degli osp.
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Bordoni-JWfreduzzi, Autorreferat. (Centralbl. f. Bakt. Bd* III. 1888.)
De Blasi u. Russo Travali, Richerche sulla rabbia. (La riforma medica. 1889
—1890.)
Casper, Pathologie der Tollwut. (Lubarsch-Ostertag, Ergebnisse der allg. Pathol.
VII. Jahrg. 1900/1901. Erschienen 1902.)
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Gal tier, Note surla rage. (Bullet, de la soc. centr. de m&l. v6t. 1898.)
Hdgyes, Lyssa. (Nothnagel: Spez. Pathol, und Therapie. Bd. V.)
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Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 1. 5
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66
Centralbl. f. BAkt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
y. Rdtz, A veezettsdg virup&nak &tor6kl&6rdl. (Veterinarius. Jahrg. 1891).)
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T. II. 1888.)
Nachdruck verboten.
Observations on some protozoa found in human faeces.
By Prof. Aldo Castellan!, Director Bacteriol. Institute, Colombo (Ceylon).
With 5 figures.
Nyctotherus a/'ricanus n. sp.
This parasite was observed by me in the faeces of a Baganda native
affected with sleeping sickness. The general form of the parasite
resembles in a certain way that of a sand-watch with the upper portion
Fig. l. Fig. 2.
Micro- Mega- Micro- Mega- Contractile
nucleus nucleus nucleus nucleus vacuole
much less developed than the lower. The shape was practically alike
in all the organisms, though the dimensions might vary a little. The
average length of the parasite is from 40 to 50 micron while the maxi¬
mum diameter in breadth is from 35 to 40. The endoplasm is finely
granular and is of the same character throughout. The surface of the
parasite is covered with very minute, in some cases almost invisible
cilia, which become much longer and thicker on the posterior zone of
the body, where a short peristome is present. The disposition of cilia
is somewhat similar to what one sees in Biitschlin parva. A rather
large contractile vacuole is situated not far from the nucleus. It is to
be noted that in several individuals the contractile vacuole could not
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Castellani, Observations on some protozoa found in human faeces.
67
be detected. Food vacuoles were never present. The most interesting
feature of the parasite is given by the morphological characters of the
nucleus. The meganucleus is rounded in shape and very large. It shows
a remarkable structure identical to the structure Schaudinn described
in Nyctoiherus faba viz: the chromatin is collected in four large masses
at the periphery. This structure is well shown by the annexed illustra¬
tion. The micro-nucleus is very small and is situated close to the macro¬
nucleus. I did not see any forms showing signs of division or conjuga¬
tion. Encysted forms were not observed.
Has this parasite any pathogenic properties? The patient who har¬
boured it presented intestinal troubles, diarrhoea, alternating with long
periods of constipation. The patient however was affected with sleeping
sickness in which disease intestinal troubles are not a rare feature. I
must add also that the patient harboured in his intestine various worms:
Ascaris lumbricoides, Trichocephalus dispar and Ankylostoma duodenale.
The ova of all these worms and especially of Ankylostoma duodenale
were very numerous in the stools. Therefore it is impossible to say
wether the parasite had any part or not in the causation of the in¬
testinal symptoms. The patient died of sleeping sickness in a few
months. The mucosa of coecum, colon and rectum was slightly con¬
gested. No ulcerations were present. The histological examination of the
mucosa was not taken. The intestinal contents, especially those of the
coecum. contained many specimens of the parasite. No other protozoa
were present.
Entamoeba undulans n. sp.
I have observed the parasite which I am going to describe in a
case of chronic dysentery here in Colombo. The patient was a European
planter and had been several years in the island. The patient suffered
from the first attack of the disease some years ago. After that an
abscess of the liver developed which was successfully operated on. A few
months ago another attack of dysentery set in, again an abscess of the
liver developed and was operated. The patient died two days after the
operation. The stools of the patient contained some faecal matter, mucus,
pus and blood. The bacteriological investigation for Kruse’s bacillus
was negative. Serum reaction with the Bacillus dysentericus was
always negative either using an original strain from Germany or any
strain isolated by me in Ceylon in cases of bacterial dysentery. — The
microscopical examination of the faeces showed some amoebae with the
characters of the Entamoeba histolytica Schaudinn, some trichomonata
and several individuals of another form of protozoon. This last parasite
is of larger dimensions than the Trichomonas intestinalis , its maximum
diameter reaching from 25 to 30 micron. The usual shape is oval or
roundish. There is absolute absence of flagella. The organism presents
a continuous rapid undulating movement from one extremity to the other
extremity of its body, this being due to the presence of an undulating
membrane. Now and then at the interval of 15 to 20 seconds a very
narrow long pseudopodon is shot from the body. Only one pseudopodon
is emitted at a time. The pseudopodon is emitted very quickly and is
very quickly retired. The pseudopodon is emitted sometimes from a
part of the body and sometimes from another part. The organism has
a finely granulated protoplasm, a differentation between ectoplasm and
endoplasm apparently does not exist, the protoplasm is practically of
5*
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68 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
the same character throughout. Id a few individuals a very indistinct
nucleus could be observed, but in the most of the specimens no nucleus
at all can be seen. One
Fig. 3. sm all vacuole is often pre¬
sent, seldom more than one.
The vacuole does not possess
the characters of a contractile
vacuole. The position of the
vacuole varies. The proto¬
plasm may contain some bac¬
teria and granules. In pre¬
parations stained with various
methods the nucleus could not
be stained satisfactorily. En¬
cysted forms or forms in divi¬
sion were not observed.
Fig. 4.
The parasite in my opinion,
F *g- 5. can not be considered a Cerco-
monas or a Trichomonas as there
was always complete absence of
flagella. That the organisms should
be trichomonata which somehow
had lost their flagella while re¬
taining their undulating membrane
is very improbable. Besides their
dimensions were much larger than
the dimensions of intestinal tricho-
raonata. It is also to be noted that
though trichomonata may some¬
times present amoeboid movements
their pseudopoda, in my experience
at least, are not of such a shape
and never of such a length. The
parasite was not either one of the
ordinary intestinal amoebae as it
possessed an undulating membrane and the shape and mode of emis¬
sion of the pseudopoda were different to what one sees in the Amoeba
coli, in which the pseudopoda are of large dimensions, blunt and are
emitted rather slowly. In my patient Amoeba coli (var. Entamoeba
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Markl, Mechanismus der Abwehr des Organism us bei Infektion etc.
69
histolytica Schaudinn), Trichomonas intestinalis and the parasite I have
described were present together; therefore the comparison between all
of them was easy. — The organism might be called Entamoeba un¬
ci ulans.
References.
Doflein, Die Protozoen als Parasiten und Krankheitserreger. Jena 1901.
Clarke, J. Jacson, Protozoa and disease. London 1903.
Schaudinn, CentralbL f. Bakt. etc. 1899. p. 491.
Nachdruck verboten,
Ueber den Mechanismus der Abwehr des Organismus bei
Infektion mit TuberkelbaciUen.
[Aus dem staatlichen Laboratorium far Schiffs- and Tropenhygiene
im Seelazarett S. Bartolomeo bei Triest.]
Von Seesanitatsinspektor Dr. Harkl.
Mit 1 TafeL
In der Aetiologie der Tuberkulose spielte seit nndenklicber Zeit der
nnklare Begriff Disposition 44 die Hanptrolle. Unter diesen Begriff hat
man die Hereditat, die ungQnstigen sozialen, klimatischen und hygieni-
schen Verh<nisse und tiberhaupt alles subsummiert, was geeignet er-
scheint, den Organismus zu schw&chen und zu schadigen und der Infektion
zugknglicher zu machen.
Wenn man den Begriff „Disposition“ nach heutigem Stande der
Wissenschaft analysiert, so kann man ihn mit dem Begriffe einer rela-
tiven Immunitat identifizieren.
In der Tat gait die menschliche Tuberkulose bis vor kurzem fttr
eine wenig infektiose Krankheit, zu deren Erzeugung wiederholt und in
grdfierer Menge TuberkelbaciUen aufgenommen werden mtissen.
Nach der Lehre von Behring, welcher die Infektion mit Tuberkel-
bacillen in das frttheste Kindesalter versetzt wissen will, dtirfte die
relative Immunitat an Bedeutung verlieren; ganz zurttckweisen will sie
aber selbst v. Behring nicht.
Nun, wenn eine relative Immunitat des Organismus gegen die
Tuberkuloseinfektion vorhanden ist, liegt die Frage nahe, worin dieselbe
besteht, bezw. auf welche Art und Weise die in den Korper einge-
drungenen TuberkelbaciUen unschadlich gemacht werden.
In der Literatur existieren mehrere Arbeiten, welche sich mit dem
Schicksale der in den KSrper eingedrungenen TuberkelbaciUen beschaf-
tigen.
Metschnikoff 1 ) studierte im Jahre 1888 die phagocytare Rolle
der RiesenzeUen an Spermophile und zeigte, dafi die TuberkelbaciUen
im Innern der Zellen degenerieren (rosarot, farblos Oder sogar kontrast-
gefarbt erscheinen).
Bei der Injektion unter die Haut, in die vordere Augenkammer
oder ins Blut konnte er beobachten, dafi die TuberkelbaciUen sofort von
1) Ueber die phagocytare Rolle der Tuberkelrieseozelle. (Virchows Archiv.
Bd. CXIII.)
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
den Leukocyten aufgenommen warden. SpSter erscbienen die grofien
Mononuklefiren, welche die Bacillen und selbst die Polynuklefiren mit
ihren Bacillen aufnahmen.
Borrel 1 ) studierte die Pbagocytose in der Lunge und Niere von
Kaninchen und gelangte zu demselben Ergebnisse. Zuerst erscbienen
die Polynukle&ren mit Bacillen gefflllt. Am 3. Tage begannen sie zu
degenerieren; ihr Kern fragmentierte sich in chromatische TrOpfchen
und wurde trfibe. Am 5. Tage verschwanden die Polynukle&ren und
ihre Rolle wurde von den grofien Mononukle&ren Qbernommen, die
bereits am Ende des 2. Tages in Aktion traten.
Zu abweichenden Resultaten gelangten Kostenitch und Wol-
kow 2 ), welche keine Phagocytose beobachtet haben.
B r o d e n 8 ) fand, dafi in den ersten Tagen nach der Infektion die
Tuberkelbacillen vorwiegend von Leukocyten und nur teilweise von
fixen Elementen aufgenommen wurden. Im sp&teren Verlaufe ver¬
schwanden die tuberkelbacillenhaltigen Leukocyten und man fand die
Tuberkelbacillen nur in fixen Elementen. Diese vermehrten sich dann
und bildeten die Tuberkel.
Dembinski 4 ) experimentierte mit der Vogpl- und Menschen-
tuberkulose an Tauben. Zur Anwendung kamen im ersten Falle Bouillon-,
im zweiten Falle Glycerin-Kartoffelkulturen (3 Wochen alt). Die Tauben
wurden in die Sternalgegend geimpft, und von Zeit zu Zeit wurden
ExsudattrOpfchen entnommen und untersucht Bei der Infektion mit
Vogeltuberkulose zeigten sich nun folgende Verh<nisse:
»/, Std. nach der Infektion freie TB. im Exsudat; Leukocytose (Polynukleare) aber keine
Phagocytose;
2 „ „ „ „ schwache Phagocytose;
5 „ „ „ „ dto. Leukocytose nimmt zu;
24 „ „ „ „ starkere Phagocytose;
48 „ „ „ „ mononukleare Leukocyten vermehrt und fangen an, die TB.
aufzunehmen;
4 Tage „ „ „ Abnahme und Degeneration der polynuklearen, ausgeepro-
chene Phagocytose der mononuklearen Leukocyten;
5 „ „ „ „ fast nur Mononukleare mit Bacillen im Plasma oder auch
im Kern; die extracellular liegenden Bacillen nehmen immer
mehr und mehr ab, verschwinden jedoch nie vollatandig
Es trat also bei subkutaner Infektion der Tauben mit Vogel¬
tuberkulose Phagocytose in Aktion, die in den ersten 2 Tagen poly-
nukle&rer, sp&ter mononukle&rer Natur war.
Bei der Infektion der Tauben mit Menschentuberkulose konnte man
bereits nach l /s Stunde beobachten, dafi sich mononukle&re Leukocyten
urn die Bacillen gruppierten und Riesenzellen bildeten. In den n&ch-
sten Tagen war schwache Phagocytose der Mono- und Polynukle&ren zu
beobachten, aber es pr&valierte die Bildung von Riesenzellen, worin fast
alle Bacillen eingeschlossen waren. Einige Bacillen waren allerdings
immer extracellul&r zu sehen.
Dembinski schliefit aus seinen Versuchen, dafi die Phagocytose
bei Tauben verschieden ist, je nach der Wahl der Kultur; bei der Vogel-
1) Tuberculose pulmonaire exp4rimentale. (Annales de l’Inst. Pasteur. 1893—1894.)
2) Becherches sur le ddveloppement d. tuberculose expdrimentale, (Archives de
m4d. exp. et d’auat path. 1892.)
3) Keclierches sur l’histogdnfese du tubercule. (Archives de med. exp. et d’anat.
path. 1899.)
4) La phagocytose chez le pigeon & l’6gard du bacille tuberculeux aviaire et du
bacille humain. (Annales de l’Inst. Pasteur. Bd. XIII.)
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Markl, Mechanismus der Abwehr des Organism us bei Infektion etc.
71
taberkulose ist sie sehr aktiv, und man kann 3 Stadien unterscheiden:
Phagocytose der Polynuklefiren, gemischte Phagocytose und Phagocytose
der Mononuklearen.
Bei der Infektion mit der Menschentuberkulose beobachtet man
eine gemischte Leukocytose im Anfang; Phagocytose der freien Elemente
ist nicht besonders ausgesprochen.
Bei meinen Studien fiber den Mechanismus der Abwehr gegen die
Infektion mit Tuberkelbacillen habe ich denselben Weg eingeschlagen,
den ich seinerzeit beim Studium der kfinstlichen Imraunitfit gegen Pest 1 )
verfolgt habe.
Zur Anwendung kamen mehrere virulente St&mine der menschlichen
Tuberkulose und ein Stamm von Perlsucht, den ich der Liebenswfirdig-
keit des Herrn Dr. Lfiwenstein in Belzig verdanke. Sfimtliche Kul-
turen wurden auf Glycerinagar gezflchtet Nach 6—8 wfichentlichem
Wachstum im Brutofen bei 37 0 C wurden die Kulturen in sterilisiertem
Morser ohne Flfissigkeitszusatz auf das Feinste verrieben, sodann in
physiologischer Kochsalzldsung aufgeschwemmt und Meerschweinchen
intraperitonea) injiziert. Die injizierte Menge betrug */io— l /s einer
Agarkultur (ca. 25 mg) 2 ).
Den infizierten Tieren wurden dann von Zeit zu Zeit aus der Bauch-
hdhle Exsudattrdpfchen mittels Glaskapillaren entnommen, auf Deck-
glfischen mit Aetheralkoholmischung fixiert und nach der G abbetschen
Methode (Karbolfuchsin, verdfinnte Schwefelsfiure mit Methylenblauzusatz)
auf Tuberkelbacillen gef&rbt.
Die mikroskopische Untersuchung der auf diese Weise gewonnenen
Prfiparate fflhrte zu folgenden Ergebnissen:
Bereits 3 Stunden nach der Infektion war eine lebhafte Leukocytose
und Phagocytose der polynukle&ren Leukocyten auffallend. Einige Leuko¬
cyten enthielten viele, andere nur wenige Bacillen, bei alien aber war
eine aktive chemotaktische Wirkung ausgepragt, indem die extracellular
liegenden, intensiv rot geffirbten Bacillen in der Nahe der Leukocyten
gruppiert erscbienen.
6 Stunden nach der Infektion war die Phagocytose noch stSrker
ausgeprfigt. Die extracellular liegenden Bacillen waren aber nicht
durchweg gut geffirbt; einige erschienen wie gequollen und nahmen nur
schwach den Farbstoff auf.
Nach 24 Stunden war die Phagocytose nicht wesentlich verfindert;
extracellular konnte man jedoch angeschwollene, nicht gef&rbte Bacillen
und Granulaformen beobachten.
Nach 2 X 24 Stunden schien die Leukocytose etwas abzunehmen.
Nur wenige Leukocyten zeigten normales Aussehen und enthielten gut
gefSrbte Tuberkelbacillen; die meisten fftrbten sich schwach und ent¬
hielten zahlreiche kleine, farblose Kdrnchen ohne deutliche Konturen
Oder sie lieBen das Protoplasma wie eine Kappe fiber dem Kern diffus
schwach rosarot erscheinen. Extracellular konnte man angeschwollene,
nur im Zentrum schwach rosarot geffirbte Bacillen, dann zahlreiche
1) Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XLI1.
2\ Urn von der Virulenz der meistens verwendeten Kultur (Menschentuberkulose)
eine Vorstellung zu geben, erwahne ich, dafi bereits 2 1 /, mg von derselben Meerschwein¬
chen bei peritonealer Infektion unter dem Bilde allgemeiner Bauchfelltuberkulose in
17 Tagen tote ten.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
kleine, gianzende, runde Granula mit einem roten Punkt im Zentrum
wahrnehmen.
Nach 3 X 24 Stunden erschienen die MononukleSren im Prftparate.
Die Kerne der Polynuklearen f&rbten sich scblecht Intracellular nur
sparlich gut gefarbte Bacillen, extracellular zahlreich stark angeschwollene
Bacillen (Riesenformen) diffus rosarot Oder an der Peripherie blau Oder
diffus schwach blau gefarbt, ferner groBe Keilen- und unregelmafiige
Formen, dann zahlreiche runde, farblose, glanzende Granula mit einem
roten Funkt im Zentrum oder auch diffus blau gefarbt. Bacillen von
normaler Gestalt und Farbung kamen extracellular nur sehr sparlich vor.
Nach weiteren 24 Stunden war eine gemischte Leukocytose mit vor-
herrschender Zahl und ausgesprochener Phagocytose der Polynuklearen
zu beobachten. Die Phagocyten enthielten wieder zahlreiche, gut gefarbt©
Bacillen. Extracellular sieht man noch rosarote Granula und Palissaden-
formen, dann aber auch, allerdings sparlich, Tuberkelbacillen von nor¬
maler Form und Farbung.
Nach 5 X 24 Stunden waren die Phagocyten wieder in Abnahme
begriffen, urn in den nBchstfolgenden Tagen vollstandig aus dem Gesichts-
felde zu verschwinden, wahrend die extracellular liegenden Granula noch
weiter das Bild beherrschten.
Man sieht aus diesen Versuchen, daB die fiir Impftuberkulose so
empfanglichen Meerschweinchen mit recht ausgesprochenen Abwehr-
kraften gegen diese Infektion ausgerQstet sind.
Zuerst treten die polynuklearen Leukocyten in Aktion, welche die
Tuberkelbacillen aufnehmen und in ihrem Innern derart beeinflussen,
daB sie die charakteristische Farbbarkeit einbQBen und in Granula zer-
fallen.
Durch diese Funktion werden allerdings die Phagocyten selbst in
ihrer Vitalitat arg geschadigt; ihre Kerne farben sich schlecht, ihr
Protoplasma sattigt sich mit Zerfallsprodukten der Tuberkelbacillen und
zeigt die fflr diese charakteristische Farbung — mit einem Wort: die
Phagocyten degenerieren.
An Stelle der gefallenen Soldaten kommen dann andere: die mono-
nuklearen und neue polynukleare Phagocyten, und der Kampf wird
fortgesetzt, bis das Kriegsmaterial des Organismus erschSpft wird.
AuBer der Aktion der Zellenelemente sind jedoch noch andere
Krafte in Tatigkeit Man kann schon in den ersten Stunden nach der
Infektion, wo die Phagocytose im vollen Gange ist, beobachten, wie die
extracellular liegenden Tuberkelbacillen anschwellen und an Farbbarkeit
verlieren.
Im spateren Verlaufe kann man extracellular rosarote, farblose oder
sogar kontrastgefarbte Riesenformen, Schattenformen und kleine Granula
beobachten, welche in Auflosung begriffene Tuberkelbacillen darstellen.
Hier kbnnte man also sprechen von einer Auflbsung der Tuberkel¬
bacillen in der Peritoneallymphe ohne Intervention der Leukocyten.
Nun mdchte ich aber diesen Satz ganz allgemein doch nicht aussprechen,
weil es selbst bei dieser extracellularen Auflbsung nicht ausgeschlossen
ist, daB die Leukocyten durch ihre Zerfallsprodukte doch im Spiele sind.
Wenn man Tuberkelbacillen in vitro mit frischem Serum zusammen-
bringt und bei Bruttemperatur stundenlang beobachtet, kann man weder
Auflbsung noch Formveranderung, noch Beeintrachtigung der Farbbar¬
keit der Tuberkelbacillen wahrnehmen. Es scheint daher das Serum
allein ohne Leukocyten unwirksam zu sein.
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Martel^ Tuberkelbacillen .
Centralbl. f. Balder ioloyie . .4A/. 7. 0/7*7. 2?'/. XXX VIII.
Fig. 1. Gemischte Phagocytose.
Fig. 2. Extracellul&re Auflosung der Tuberkelbacillen.
fAufgequolleno Bacillen und Granula.)
Verlag von Gustav Fischer in Jenn.
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Pettersson, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 73
DaB bei der extracellularen Auflosung die Leukocyten im Spiele
sein mflssen, geht iibrigens auch aus dem Befunde hervor, daB die
moisten Granula erst knapp vor oder nach dem Abklingen der Phago-
cytose zum Vorschein kommen. Es hat sogar den Anschein, daB in
dieser Phase die Granula aus den Phagocyten austreten, welche ihre
Aufgabe bereits vollbracht haben. Ich will auf diese Frage vorlSufig
nicht naher eingehen und begnfige mich mit der Feststellung der Tat-
sache, daB in vorgeschrittenen Phasen der Abwehraktion neben normal
aussehenden in Phagocyten eingeschlossenen Tuberkelbacillen massen-
haft in Auflfisung begriffene Formen extracellular zu finden sind.
Diese Beobachtung dttrfte mit der Ansicht der Gegner der Phago¬
cyten theorie, dafi die Leukocyten nur abgetdtete oder abgeschwfichte
Mikroben aufnehmen, kaum in Einklang zu bringen sein.
Nachdruck verboUn.
Ueber die Virulenz und die immunisierende Wirkung des
Typhusbacillus.
[Aus dem kgl. hygienischen Institute der Universitfit KSnigsberg i. Pr
und der bakteriologischen Abteilung des Karol. Institutes in Stockholm.]
Von Alfred Pettersson.
Das Wesen der Virulenz und der immunisatorischen Wirkung der
Bakterien, besonders solcher, die lytische Immunstoffe erzeugen, ist noch
in mehreren Beziehungen recht dunkel. Eingehende Untersuchungen
liegen eigentlich nur von Pfeiffer und Friedberger 1 2 ) fiber den
Choleravibrio vor. Diese Forscher stellten fest, daB virulente Cholera-
stfimme weit grofieres Bindungsvermfigen gegenfiber den zu ihnen pas-
senden Ambozeptoren zeigen als avirulente Stamme. Die virulenten ab-
sorbierten nfimlich aus einem Immunserum eine 5—lOmal groBere Menge
Immunkdrper als die nicht virulenten. Daraus folgt ungezwungen, daB
im normalen Tierkorper, wo die zum Choleravibrio passenden Ambo¬
zeptoren nur in beschrfinkter Menge vorhanden sind, diese schon durch
einen Teil der injizierten Menge virulenter Vibrionen gebunden werden
konnen. Die weitere Entwickelung der fibrigen Individuen ist also ge-
sichert, bis die Ambozeptoren durch die Aullosung der Bakterien frei-
gemacht werden.
Es war zu erwarten, daB auch bei Typhus und Pest die Verhfilt-
nisse sich fihnlich zeigen wflrden. Von Pfeiffer und Kolle war
schon vorher in Bezug auf Typhus nachgewiesen, daB die Wirkung des
Immunserums vom Virulenzgrade der durch das Serum zu beeinflussen-
den Typhuskultur abhfingig war. Eine Oese des hochvirulenten Typhus
brauchte zur AuflSsung in der Meerschweinchenbauchhdhle eine 10- bis
mehrfach hohere Dosis von Immunserum als die gleichgroBe Menge eines
weniger virulenten.
Inzwischen ist von Wassermann*) hervorgehoben, daB die Viru¬
lenz des Typhusbacillus in keiner direkten Beziehung steht zum Bin-
1) Pfeiffer, R. und Friedberger, G., Berl. klin. Wochenschr. 1902.
2) Wassermann, A., Festschrift zum 60. Geburtstage von Robert Koch.
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74
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
dungsvermogen fQr die Ambozeptoren im Immunserura. Im Gegenteil
wQrden bisweilen weniger virulente Stfimme mehr Immunkorper absor-
bieren als hochvirulente. Dagegen besteht Uebereinstimmung zwischen
der bindenden Kraft fflr ImmunkQrper und immunit&tsauslQsender Re-
aktion im TierkSrper.
Somit wGrde also die Beziehung zwischen Virulenz und immunisa-
torischer Wirkung in Bezug auf den Typhusbacillus eine umgekehrte
oder wenigstens ganz andere sein als fQr den Choleravibrio und den
Pestbacillus. Den letzteren betreffend, zeigte n&mlich R. Pfeiffer,
dafi bei Macacus radiatus der eriangte Immunitatsgrad von der
Virulenz der geimpften Pestbacillen abhfingig ist Bei dieser Sachlage
folgte ich gern dem Vorschlage des Herrn Prof. Pfeiffer, das Wesen
der Virulenz des Typhusbacillus einer eingehenden Untersuchung zu
unterziehen.
Verschiedene Typhusstamme wurden also verschafft, auf ihre Typhus-
natur untersucht und die Virulenz geprQft. Zur Verwendung kamen
zuerst zwei St&mme (Kbg. und G.) aus der Institutssammlung in Kdnigs-
berg, von welchen der eine urspriinglich aus GieBen stammte, ein aus
Typhusstuhl mittels der Methode von Drigalsky und Con rad i (Spr.)
und ein aus der Milz eines gestorbenen Typhuspatienten gezuchteter
Stamm (Mlz.). SpQter wurden in Stockholm noch zwei St&mme (H. und
St) in Arbeit genommen. Der Stamm H. war vor einiger Zeit aus
einem posttyphdsen AbsceB bekommen, der zweite, St, war ein alter
Laboratoriumsstamm. Typhus Kbg., G. und St. waren vbllig avirulent,
die anderen dagegen virulent. Die tbdliche Dosis war von Typhus Spr.
Vi*—Vi* Oese, von Typhus Mlz. 1 /, 0 und von Typhus H. l / s Oese.
Besonders Typhus Spr. behielt seine Virulenz sehr konstant und wurde
deshalb regelm&Big fflr die PrQfung der Sera auf Gehalt von Immun-
kbrper verwendet.
Nach dem heutigen Stande unseres Wissens ist eine vollige Identitfit
der Rezeptoren der verscbiedenen Rassen einer Bakterienart einerseits,
ebensowenig wie der zu den Bakterien passenden Ambozeptoren im Serum
verschiedener Tierspecies andererseits anzunehmen. Um eine etwaige
Beziehung des Bindungsvermogens der Bakterien fQr Ambozeptoren zu
ihrer Virulenz einwandsfrei feststellen zu konnen, sollte man bei den
AusfQllungsversuchen des ImmunkQrpers das Serum desjenigen Tieres
benutzen, auf das die Virulenz sich bezieht. Dies scheint um so nStiger,
als wir noch nicht wissen, wieviel von den artfremden Ambozeptoren
im Meerschweinchenkorper komplettiert werden. Um dieser Schwierig-
keit so weit als moglich zu entgehen, wurden die Immunsera haupt-
sSchlich vom Meerschweinchen und zu einigen Versuchen von dem diesem
Tiere ziemlich nahestehenden Kaninchen fQr die Untersuchung verwendet
Zuerst wurden Versuche angestellt. um zu bestimmen, wieviel
Ambozeptoren durch die verschiedenen St&mme ausgefallt werden (s.
Tabelle I).
Nach Absorption mit 1 j 2 Oese Typhus enthielt jeder Kubikcentimeter
der verdQnnten Sera mindestens 25 I.-E. Verschiedene Stamme hatten
etwas weniger ausgef&llt. Versuche, die Grenzen weiter einzuengen,
fielen aber fQr die verschiedenen StQmme nicht eindeutig aus und
werden deshalb nicht angefQhrt Jedenfalls enthielt, wie aus der Ta¬
belle hervorgeht, kein absorbiertes Serum mehr als 32 I.-E. oder weniger
als 25 per Kubikcentimeter. 1 ccm des unverdQnnten Serums enthielt
133 I.-E. Von einer Oese wurden folglich hochstens 83, mindestens
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Pettersson, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 75
Tabelle I.
Typhusimmunserum eines sehr grofien Meerschweinchens. Das Serum war mit 0,5 Proz.
Karbolsaure versetzt und 2 Monate alt. Sein Titre war 0,0075. In verschiedenen
Rohren wurden je 1 ccm Serum und 1 ecm Kochsalzlosung, die 1 Oese abgetoteter
Typhuskultur enthielt, gemischt, l 1 /* Stunden bei +37° belassen und danach klar
zentrifugiert. In der Serie A war die Abtotung der Tvphusbacillen durch halbstiindiges
Erwarmen bei + 58° 0 bewerkstelligt worden, in der Serie B durch Einwirken von
Ohloroformdampfen 15 Minuten erreicht. Angelegte Probekulturen zeigten vollstandige
Sterilitat. Typischer Befund — seroses Exsudat mit zahlreichen Bakterien.
Absorption mit
Zusammen mit einer Oese Typhus Spr. injizierte Menge des
absorbierten, verdiinnten Serums
0,03 ccm j 0,04 ccm j 0,05 ccm
Typhus Spr.
Typhus Mlz.
Typhus Kbg.
Typhus G.
Typhus Spr.
Typhus Mlz.
Typhus H.
Typhus Kbg.
Typhus G.
Typhus St.
A
M. 280 g. + in 24 Stunden.
Typiscner Befund.
M. 260 g. Lebt.
M. 275 g. f in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 265 g. Lebt.
M. 270 g. t > n 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 250 g. Lebt.
M. 260 g. f in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 260 g. Lebt.
B
M. 260 g. t in 24 Stdn.
Serofibrinoses Exsud. m.
sehr wenigen Bakterien.
M. 295 g. f in 24 Stunden.
Typisder Befund.
M. 260 g.
Lebt.
M. 260 g. f i n 24 Stunden.
Typisder Befund.
M. 270 g.
Lebt.
M. 275 g. f > n 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 255 g.
Lebt.
M. 260 g. f > n 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 260 g.
Lebt.
M. 270 g. f in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 260 g.
Lebt.
69 I.-E. ausgefallt. Der grofite Unterschied zwischen den verschiedenen
Typhusstammen, 14 I.-E., betragt also hochstens 1 / ft der absorbierten
Menge Immunkorper. DaC die lOmal hohere Virulenz gewisser Stamrae
durch diesen kleinen Unterschied an Absorptionsvermogen erklart werden
kann, ist nicht wahrscheinlich.
Absorptionsversuche mit lebenden Bakterien fielen ganz in der-
selben Weise aus (s. Tabelle II u. III).
Aus dem Serum, das zu den in der Tabelle II wiedergegebenen Ver-
suchen verwendet wurde, haben die verschiedenen Starnme eine fast genau
gleichgroBe Menge Immunkorper absorbiert Von 100 I.-E. in 2 ccm
Serum wurden durch eine Oese etwa 76 I.-E. ausgefallt. Diese Menge
entspricht genau der Mittelzahl der aus den Versuchen der Tabelle I
erhaltenen Maxima, 83 I.-E., und Minima, 69 I.-E. In der Tabelle III
ist die Uebereinstimmung der verschiedenen Typhusstamme in Bezug
auf Absorptionsvermogen fur Ambozeptoren nicht so vollstandig. AuBer-
dem ist die absorbierte Menge, per Oese gerechnet, nicht unwesentlich
kleiner, n&mlich etwa 18 I.-E.
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76
CentraJbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Tabelle II.
Frisches Typhusimraunseruro eines Meerschwein chens, Titre 0,02. In 3 Rohren wurden
je 2 ccm Serum mit einer Oese lebender Typhuskultur drei verechiedener St am me
vermischt, 3 Stunden in den Eisschrank geslellt und danach zentrifugiert.
Absorption mit
Zusammen mit 1 Oese Typhus Spr. injizierte Menge des
absorbierten Serums
0,075 ccm
0,085 ccm
Typhus Spr.
M. 265 g. f in der Nacht. Ty-
pischer Belund.
M. 255 g. Lebt.
Typhns Kbg.
M. 260 g. t in der Nacht. Ty-
pischer Refund.
M. 260 g. Lebt.
Typhus G.
M. 260 g. f in der Nacht. Ty-
pischer Befund.
M. 255 g. Lebt.
Tabelle III.
Frisches Typhusimmunserum eines Meerschweinchens. Titre 0,05. 4 Rohrchen mit je
2 ccm Serum wurden mit einer Oese lebender Typhuskultur vier verschiedener Stamme
versetzt, 2 Stunden im Eisschranke belassen und danach zentrifugiert.
Zusammen mit 1 Oese Typhus Spr. injizierte Menge des absorbierten
Absorption
Serums
mit
0,07 ccm
0,08 ccm
0,09 ccm
0,1 ccm
Typhus Spr.
M. 250 g. f *n der
M. 265 g. Lebt.
M. 255 g.
Nacht, Typischer
Belund.
Lebt.
Typhus Mlz.
M. 260 g. f in der
M. 255 g. Lebt.
M. 270 g.
Nacht. Typischer
Befund.
Lebt.
Typhus Kbg.
M. 280 g. f in der
M. 250 g. Lebt.
M. 260 g. Lebt.
Nacht. Typischer
Befund.
M. 250 g. f in der
M. 270 g.
Typhus G.
Nacht. Typischer
Befund.
Lebt.
Tabelle IV.
Frisches Typhusimmunserum eines Kaninchens. Titre 0,005. 5 Rohren mit je 0,5 ccm
Serum wurden mit 1,5 ccm Aufschwemmung von Typhusbakterien versetzt, V/ 4 Stunden
bei + 37° C belassen und danach zentrifugiert. L)ie Typhusaufschwemraungen ent-
hielten je 4 Oesen Typhusbacillen in 2 ccm Kochsalzlosung und waren erwarmt
l / f Stunde bei -► 58° C. Probekulturen zeigten vollstandige Sterilitat.
Absorption
mit
Injizierte Menge des
0,037 ccm
absorbierten, verdiinnten Sen
0,04 ccm
urns
0,045 ccm
Typhus Spr.
Typhus Mlz.
Typhus H.
Typhus Kbg.
Typhus G.
M. 255 g. + in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 250 g. + in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 260 g. f in 24 Stunden.
Typiscner Befund.
M. 250 g. f in 24 Stunden.
Typiscner Befund.
M. 250 g. t in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 250 g. Lebt.
M. 250 g. Lebt.
M. 250 g. Lebt.
M. 260 g.
Lebt.
M. 250 g.
Lebt
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Pettersson, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 77
Auch aus Kaninchenserum werden ungefQhr gleichgroBe Mengen Im-
munkorper durch die virulenten Stamme wie durch die nicht virulenten
ausgefailt.
Es dflrfte wohl also als festgestellt betrachtet werden kQnnen, daB
virnlente Typhusbacillen sich nicht durch grSBere Aviditat zum passen-
den Immunkorper von avirulenten unterscheiden. Alle Versuche haben
aamlich flbereinstimmend gezeigt, daB die von mir untersuchten Stamme,
die mehrere Vertreter der beiden Sorten enthielten, aus demselben
Serum von den zwei hier benutzten Tieren eine ungefahr gleichgroBe Menge
Immunkbrper absorbieren. Nach der Ehrlichschen Anschauung wflrde
der Typhusbacillus eine bestimmte Anzahl zu den Ambozeptoren des
Meerschweinchens passender Rezeptoren besitzen, die durch Abnahme
der Virulenz keine Verminderung erfahren.
In Bezug auf die Eigenschaft, Bildung von Immunkdrpern ira Tier-
organismus hervorzurufen, zeigten die verschiedenen Stamme bedeu-
tende Unterschiede. In der folgenden Tabelle ist das Ergebnis einer
Immunisierungsreihe von Kaninchen wiedergegeben.
Tabelle V.
Von jedem Stamme wurden zwei Kaninchen mit je */, Oese bei + 58° C abgetoteter
Kultur intravenos injiziert. Am 9. Tage wurden Blutproben genommen und der Titre
der Sera auf gewohnliche Weise mit Typhus Spr. bestimmt.
Gewicht der Kaninchen
Injizierter Typhusstamm
Titre des Kaninchenserums am
9. Tage nach der Injektion
1670 g
Typhus Spr.
0,1
1520 „
0,05
1690 „
„ Mlz.
0,09
1515 „
11 11
0,2
1730 „
„ H.
> 0,5
1650 „
11 11
> 0,5
1590 ,
11 »»
> 0,5
1690 „
„ Kbg.
> 0,5
1710 ,
11 11
> 0,5
1480 „
„ G.
> 0,5
1900 „
I- ,, ..
> 0,5
1350 „
St.
> 0,5
1970 „
j 11 11 l
> 0,5
Die avirulenten Stamme sowie der virulente Stamm H. erzeugten
im KaninchenkOrper kein Immunserum. Es bestatigte sich die aner-
kannte Tatsache, daB mit vbllig avirulenten Bakterien keine bedeutende
Bildung von Immunkdrpern zu erreichen ist. Der Injektion der beiden
virulenten Typhusstamme Spr. und Milz. folgte dagegen eine Neubildung
von Immunkdrpern. Das Immunserum war freilich nicht sehr hoch-
wertig, aber der Unterschied ist jedenfalls deutlich genug. Das Absorp-
tionsvermdgen gegenflber Ambozeptoren ist offenbar nicht die einzige
Ursache der Immunkorperbildung. Sicherlich ist noch ein Faktor not-
wendig, die Neubildung von Ambozeptoren hervorzurufen, und die Sache
scheint keineswegs so einfach zu sein, wie es Wassermann behauptet,
namlich daB die Absorptionsfahigkeit fQr Ambozeptoren in direkter Be-
ziehung zur immunitatsausldsenden Kraft stehe, was fQr die von mir
untersuchten Stamme gar nicht zutrifft.
Auffallend ist, daB der Titre der Sera der mit Typhus Spr. und Mlz.
injizierten Kaninchen sehr niedrig war, obwohl die Dosis iramunisatoria
recbt hoch genommen wurde. Ein weit besserer Effekt der Immunisie-
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78
Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1.
rungen wurde auch von vornherein erwartet und die Versuche wurden
deshalb mit Injektion von ‘/bo Oese begonnen. Das Serum der be-
bandelten Tiere zeigte aber keine Schutzwirkung. Erst uachdem die in-
jizierte Menge toter Kultur bis zu */ B Oese erhbht worden war, trat
deutliche immunisierende Wirkung zu Tage. Da diese Menge im Ver-
gleich mit der Dosis minima immunisatoria des Choleravibrio und dem
Effekt, welchen Injektionen lebender Bacillen hervorzurufen, sehr groB
angesehen werden mflBte, lag die Annahme sehr nahe, daB die Erhitzung
der Typhusbacillen die Eigenschaft, ImmunkSrperbildung auszuldsen,
store. Zwei Kaninchen wurden deshalb mit je einer halben Oese durch
halbstflndiges Erw&rmen bei +60° C getbtetem Typhus Spr. und zwei
andere mit gleichgroBer Menge V* Stunde bei -f 100° C erhitzter Kultur
injiziert. Aufierdem wurden zwei Kaninchen mit je */ 5 Oese lebender
Kultur injiziert.
Tabelle VI.
Gewicht der
Kaninchen
1420 g
1410 „
1340 „
1350 „
1410 ,
1540 ,
Injizierte Kultur
Titre des Kauinchenserums
am 9. Tage nach der
Injektion_
V, Oese b. + 100° C Std. erhitzl. Kult.
:
U
V,
• /
+ 100 °
+ 58°
+ 58°
v!
7?
ji T w v /•> n
lebender Kultur
> 0,5
> 0,5
0,15
0,15
0,050
0,075
Die Vermutung, daB das Erhitzen die immunisierende Wirkung der
Typhusbacillen herabsetzt, hat sich also best&tigt. Der Effekt einer In¬
jektion lebender Bakterien ist selbstverstftndlich mit einer solchen von
gleichgroBer Menge getoteter Keime nicht zu vergleichen, da es nicht
ausgeschlossen ist, daB die Bacillen in irgend einem Winkel des Tier-
korpers sich lSngere Zeit am Leben halten und in dieser Weise den
Immunisierungseffekt erhShen konnen. Urn diesen Fehler zu vermeiden,
wurde die Dosis der lebenden Bakterien bedeutend kleiner genommen
als die der getoteten. Nichtsdestoweniger ist der Titre des Serums der
mit den ersteren injizierten Kaninchen hbher als der des Serums von
Tieren, die mit bei +58° abgetoteter Typhuskultur gespritzt wurden.
Injektion von den bei -f- 100° C erhitzten Bakterien war von keiner
Immunkdrperbildung gefolgt. Daraus scheint mir einwandsfrei hervor-
zugehen, daB die Ausldsung der Immunkorperproduktion im Tierorga-
nismus mit der Anwesenheit einer von den Bakterien gebildeten thermo-
labilen Substanz zusammenhllngt. Der Typhusbacillus unterscheidet
sich in dieser Hinsicht von dem Choleravibrio. Die immunisierende
Wirkung lebender Choleravibrionen ist, wie Kolle 1 ) nachgewiesen hat,
der der getoteten nicht wesentlich iiberlegen.
Ueber die Natur und Wirkungsweise dieses Kbrpers wissen wir
nichts. Es liegt recht nahe, anzunehmen, daB er mit gewissen gif-
tigen Bestandteilen der Bakterien identisch sein kdnne. Wie allge-
mein bekannt, gelingt es nicht, mit einem avirulenten Stamme Immun-
serum von hoherem Titre zu bekommen. Ganz analog hat Wasser-
mann 2 ) neulich hervorgehoben, daB es nicht gelingt, mit „ganz un-
1) Kolle, W., Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XIX. 1896.
2) Waesermann, A., Originalbericht iiber den Kongrefi fiir Hygiene in Brussel
1903. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXV. Ref.)
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Petter 880 B, Virulenz und immunisierende Wirkung des Typhusbacillus. 79
giftigen Toxoiden, also den reinen haptophoren Gruppen allein“, ein
hochwertiges antitoxisches Immunserum hervorzubringen. Es dflrfte
folglich nicht genflgend sein, dad die haptophoren Gruppen der Bakte-
rienzellen mit den passenden Rezeptoren der Kdrperzellen zusammen-
treten, um eine Produktion von ImmunkOrpern auszulosen, sondern dazu
mud, wie R. Pfeiffer*) schon hervorgehoben hat, noch ein bestimmter
Reiz der letzteren Zellen stattfinden, um die erforderliche Nenbildung
und Abstodung der spezifischen Ambozeptoren hervorzubringen. Es
kommt mir nicht unwahrscheinlich vor, dad diese thermolabile Substanz
das reizende Moment bei der Immunkorperbildung darstellt. Ob sie
identisch sein kdnne mit gewissen toxisch wirkenden Stoffen der Bak-
terien, die eben nicht sehr thermostabil sind, mud vorlSufig dahingestellt
bleiben, da eine grodere Giftigkeit der virulenten Stfimme noch nicht
einwandsfrei nachgewiesen ist.
Nach genugendem Erhitzen wiirden also die virulenten und immu-
nisierenden Typhusbakterien mit nicht virulenten und nicht immunisie-
renden zu vergleichen sein. Fiir die Berechtigung einer solchen An-
nahme ist aber noch die Forderung notig, dad die Absorption sf&higkeit
fflr Ambozeptoren durch das Erhitzen nicht herabgesetzt wird. Dies
scheint in der Tat auch der Fall zu sein.
Tabelle. VII.
Dasselbe Kaninchenserum wie in Tabelle IV wurde in der Verdiinnung von 1 : 4 ab-
eorbiert mit gleich groflen Mengen Typhuskultur Spr. lebend, getotet durch Erhitzen
1 / t Stunde bex •+• 58“ und die gleiche Zeit bei + 100°. Auf 2 ccm verdiinntes Serum
kamen S Oesen Typhus Spr.
Absorption mit
Injizierte Menge des absorbierten, verdunnten Serums
0,043 ccm I 0,047 ccm
Typhus Spr. lebend.
Typhus Spr. getotet durch Er¬
hitzen */* Stunde bei + 58°.
Typhus Spr. getdtet durch Er¬
hitzen l /» Stunde bei + 100°.
M. 280 g. t > n 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 270 g. t in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 250 g. f in 24 Stunden.
Typischer Befund.
M. 255 g. Lebt.
M. 260 g. Lebt.
M. 250 g. Lebt.
Die bei -t- 100° C erhitzten Typhusbacillen haben ebensoviel Im-
munkorper absorbiert als die lebenden und die bei +58° getOteten,
obwohl die ersteren einer Immunkorperbildung ausldsenden Kraft vdllig
entbehren.
Nach dem Gesagten wird es vielleicht verstandlich, warum der viru-
lente Typbusstamm H. nach dem Erhitzen Vs Stunde bei + 58° C keine
immunisierende Wirkung zeigte. Seine Virulenz war ja etwas kleiner
als die der zwei anderen und die Menge der genannten thermolabilen
Substanz deshalb wohl auch niedriger. Dann ist es nicht unwahrschein¬
lich, daB nach dem Erhitzen von dieser zu wenig fibrig geblieben war,
um den n5tigen Reiz fiir die Immunkorperbildung auszulosen.
Fflr die Erklflrung der Virulenz kommt offenbar noch ein Moment
in Betracht. Schon 1896 stellten Pfeiffer und Kolle, wie erwflhnt,
fest, daB dieselbe Menge eines hochvirulenten Stammes zur AuflOsung
in der Meerschweinchenbauchhohle eine unter Umstflnden 10- und mehr-
fach hOhere Dosis von Immunserum brauchte, als die eines weniger
1) Pfeiffer, R., Rapport de XI* Congrfes international d’hygiene. Bruxelles 1903
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80
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
virulenten. Die virulenten Typhusbacillen sind widerstandskrfiftiger
gegen die Einwirkung der lytischen Immunstoffe als die nicht viru¬
lent en. Wahrscheinlich fiuBert sich diese Resistenz in der Weise, daB
zur Aufldsung der virulenten Typhusbakterien ein Besatz weit grdBerer
Anzahl der vorhandenen Bakterienrezeptoren mit Bakteriolysinen notig
ist als bei den nicht virulenten 1 ). Eine Annahme, daB die Affinit&t der
Rezeptoren der virulenten Bacillen zum Immunkorper geringer ware
und diese deshalb erst bei UeberschuB von Immunkdrpern mit Ambo-
zeptoren besetzt werden wurden, findet wenigstens durch die vorigen
Absorption sversuche keine Stfltze.
DaB diese Widerstandsfkhigkeit gegen die Bakteriolysine von Be-
deutung ist in Bezug auf die Virulenz, beweist eben die Tatsache, daB
die einzige zuverl&ssige Methode, die Virulenz zu erhdhen bezw. zu er-
halten, in der Tierpassage Oder im Herausnehmen von Peritonealexsudat
nach genflgend langer Zeit besteht Beide sind ja nichts anderes als
eine Auslese der widerstandsfBhigeren Individuen. Meine virulenten
St&mme, besonders Typhus Spr. t waren auch sehr widerstandsfkhig. Die
„Reaktion“ in der Peritonealhohle nahm immer recht lange Zeit in An-
spruch; nach 2 Stunden waren einzelne bewegliche Bakterien mehrmals
noch zu sehen, und das Peritonealexsudat solcher Meerschweinchen, die
sich glatt erholten, gab 5—6 Stunden nach der Injektion mehrmals flp-
pige Kulturen.
Wenn die Virulenz sich als eine Zusammenfassung der zwei Eigen-
schaften, Gehalt an thermolabiler, reizender Substanz und Resistenz der
Typhusbakterien, zeigt, so wird ein Unterschied bezflglich der immuni-
sierenden Wirkung von lebenden Bakterien, die gleichgroBe Virulenz
besitzen, leichter verstandlich. Die beiden Eigenschaften, die fOr die
Immunkdrperbildung wahrscheinlich nicht von gleicher Bedeutung sind,
dfirften innerhalb gewisser, nicht allzu enger Grenzen variieren konnen,
ohne daB ihre Summe, die Virulenz, wesentlich geSndert wird.
Die Resultate, die sich aus den mitgeteilten Untersuchungen er-
geben, sind:
Die von mir untersuchten Typhusst&mme, sowohl virulente wie
avirulente, zeigten alle gleichgroBes Bindungsvermdgen fur die zu ihnen
passenden Ambozeptoren im Serum.
Beim Immunisieren von Kaninchen mit getdteten Kulturen er-
zeugten die virulenten Stamme Bildung groBerer Menge Imnmnkdrper
als die avirulenten und die weniger virulenten.
Die Ausldsung der Immunkdrperbildung im Tiere wird durch Ein¬
wirkung einer thermolabilen Substanz veranlaBt.
1) Die MOglichkeit eines derartigen Verhaltens war von R. Pfeiffer schon
fruher in seiner Arbeit „Zur Theorie der Virulenz 1 ' (Festschrift zum 60. Qeburtstage
R. Kochs, p. 41) betont worden, wo derselbe sich in folgender Weise ansspricht: „Es
fragt sich nun, ob der Bau des Rezeptorenapparates den einzigen Unterschied zwischen
virulenten und avirulenten Choleravibrionen darstellt. Man konnte versucht sein, bei
den virulenten Bakterien eine erhohte Widerstandsfahigkeit gegen die bakteriolytischen
Schutzstoffe des Organismus zu supponieren, mit anderen Worten, es ware mfiglich,
dafi bei virulenten Vibrionen zum Zustandekommen des bakteriolytischen Phinomens
ein Multiplum derjenigen Menge von Ambozeptoren und Komplement erforderlich ist,
welche bei weniger virulenten Vibrionen sich als ausreichend erweist.
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Liidke, Zur Spezifitat der Antikorper.
81
Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser
Stelle Herrn Prof. Dr. R. Pfeiffer fflr sein stetiges Interesse und seine
FOrderung der Arbeit meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
Stockholm, 22. Oktober 1904.
Nachdruck rerboUn .
Zur Spezifitat der Antikorper.
Von Dr. H. Lttdke, Barmen.
In der zweiten Halfte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts
stand die Frage von der Spezifit&t der pathogenen Infektionstrager im
Vordergrund des Interesses der Bakteriologen und Kliniker. Bakterio-
logische Befunde in W&ssern, in Dejektionen gesunder oder kranker
Individuen, die, in unmittelbarem AnschluB an die Entdeckung des
Kommabacillus nnternommen, Bakterien mit biologischer wie morpho-
logischer Verwandtschaft mit dem Cholerabacillus ergaben, lieferten den
ersten AnstoB zu Zweifdn an der Spezifitat des Infektionserregers.
Aehnliche Befunde von einzelnen dem Bact. typhi sehr nahestehenden
Bakterien in Wassern und Faeces erregten scheinbar berechtigte Bedenken
an der Spezifitat des Typhusbacillus. Der spezifische Charakter der In-
fektionserreger schien damit gebrochen und der alten Idee, daB unter
speziellen Verhaitnissen sapropbytische und unschadliche Darmbakterien
in pathogene Arten flbergehen kbnnten, war somit Tor und Tflr geSffnet.
Experimentelle Tatsachen schienen zudem der Ansicht von der nicht
spezifischen Wirkung der Bakterien eine gesicherte Basis zu geben.
Durch wechselseitige Immunisierungsversuche mit Bact. typhi und
Bact. coli glaubte man im tierischen Organismus die Sekretion gleicher
Reaktionsprodukte angeregt zu haben, icdem zuerst San are Hi 1 ) fand,
daB ein typhusimmunes Tierserum gegen die peritoneale Infektion mit
Bact. coli schOtzte und umgekehrt. Die gleichen Versuchsresultate
erhielten Demel*), Agro 3 ) und Orlandi 2 ). Sobernheim und
Fraenkel 4 ) immunisierten Meerschweinchen gegen Cholerabakterien
und sahen dieselben auch gegen andere nahestehende Arten geschtitzt.
Die aquivalenten Produkte von Bact. coli und typhi im Immunserum
konnten also hiernach einen ROckschlufi auf eine Nichtspezifitat der
Infektionserreger erlauben.
Diese scheinbar stichhaltigen Versuchsresultate wurden jedoch bald
besonders von R. Pfeiffer, einer genauen Kritik unterworfen. Es
stellte sich heraus, daB einmal in der Versuchsmethodik ein Fehler
begangen war, indem die Tiere mit der einen Bakterienart zu schwach
immunisiert und zu frith nach der Injektion der letzten Immunisierungs-
dosis mit der zweiten Art infiziert waren. Zu einem weiteren FehlschluB
muBte die von Sanarelli, Orlandi, Demel und Agrd angewandte
1) Sanarelli, Etudee sur la fifcvre typhoide exp4rimentale. (Ann. de l’lnatitut
Pasteur. T. VIII. 1894.)
2) Demel u. Orlandi, zitiert nach Sanarelli.
3) Agr5, zitiert nach Loeffler u. Abel, Ueber die spezifischen Eigenschaften
der Schutzkbrper etc.
4) Sobernheim u. Fraenkel, Beobachtungen iiber das Auftreten spezifischer
Schutzstoffe im Blute von Cholerarekonvaleszenten. (Hyg. Rundschau. 1895.)
Cnte Abt. On*. Bd. XXXVIII. Helt 1. 6
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82 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Versuchsanordnung fQhren, die einen wechselseitigen Schutz auf die
Iujektion der einfachen letalen Dosis der Coli- und Typhuskultur
fanden. Hier setzte eine Arbeit von E. N e i s s e r ‘) ein, der gegen die
10—12-fache todliche Dosis von Coli-Kultur geschtitzten Mfiusen die
3-fache tbdliche Typhusdosis mit negativem Erfolg injizierte. Der Gegen-
satz zwischen diesen experimentellen Befunden Neissers und denen
der vorber genannten Autoren fand seine Erkl&rung sp&ter darin, dafi
man in den Versuchen Sanarellis nicht mit dem Prinzip der Immuuit&t
zu tun batte, sondern lediglich, wie durch Einbringen von Bouillon,
physiologischer Kochsalzlosung, Serum, eine Steigerung der Eesistenz
verursacht batte. Eine Produktion spezifischer Antikorper war nicht
erreicht; denn erfolgte die Infektion mit der zweiten Bakterienart eine
lfingere Zeit nacb der Einfflhrung der letzten Immunisierungsdosis, so
erlagen die Tiere der todlichen Dosis. Wir sehen hier also schon die
Anffinge der exakten quantitativen Arbeitsmethoden, die, von v. Beh¬
ring und Ehrlich schon in der Toxin-Antitoxindosierung geprflft, von
R. Pfeiffer zuerst auf die Bakteriolysine angewandt wurden. Die
Arbeiten von R. Pfeiffer 1 2 ), Wasserraann 3 ), Loeffler und Abel 4 5 ),
Dunbar 8 ), Funck 6 ), welche sich besonders mit dem Problem der
Spezifit&t der Bakterien beschaftigten, lieferten den strikten Nachweis,
dafi ein mit einer bestimmten Bakterienart hochimmunisiertes Tier nur
gegen diese eine Art spezifisch geschQtzt ist. Aehnliche Untersuchungen
mit gleichem Resultat existieren fiber den Diphtherie- und Pseudodiphtherie-
bacillus. Hier sind die interessanten Untersuchungen Sproncks 7 ) zu
erwfihnen, der nach Immunisierung von Meerschweinchen mit Diphtherie-
serum sowohl Diphtherie- wie Pseudodiphtheriebacillen injizierte. Die
mit Diphtheriebacillen behaudelten Tiere zeigten kein lokales Infiltrat,
wahrend die mit Pseudodiphtheriebacillen behandelten Meerschweinchen
Infiltrate im subkutanen Gewebe davontrugen. C. Fraenkel 8 ) und
Steenmeyer 9 ) bestatigten diese die Spezititfit der Diphtheriebacillen
sichernde Tatsache.
Der direkte Schlufi von der experimentell erwiesenen Spezifitfit der
aktiven Immunisierung mit einer Bakterienart auf die Spezifitat des
Infektionserregers war somit gegeben. Die von R. Koch durch die
bakteriologische Technik ausgebildete Spezifitat der Bakterien
erhielt eine neue, sichere Stfltze in der Erkenntnis ihrer spezifischen
Wirkungsweise im TierkOrper.
1) Neisser, E., Untersuchungen fiber den Typhusbacillus und das Bact coli
commune. (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. XXill. 1893.)
2) Pfeiffer, R., Weitere Mitteilungen fiber die spezifischen Antikfirper der
Cholera. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XX. 1895.)
3) Wassermann, Untersuchungen fiber einige theoretische Punkte der Jrnmu-
nitatslehre. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXII.)
4) Loeffler u. Abel, Ueber die spezifischen Eigenschaften der Schutzkfirper im
Blute Typhus- und Coli-immuner Tiere. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1896.)
5) Dunbar, Zum Stande der bakteriologischen Choleradiagnose unter besonderer
Berucksichtigung der Pfeifferschen spezifischen Cholerareaktion. (Dtsche med. Wochen-
schr. 1895.)
6) Funck, Etudes sur l’immuuit<5 contre la fifevre typhoide. Zitiert nach Loeffler
und Abel.
7) Spronck, zitiert nach Lewandowski, Die Pseudodiphtheriebacillen in ihren
Beziehungen zu den Diphtheriebacillen. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1904. No. 3/4.)
8) Fraenkel, C., Zur Unterscheidung der echten und falschen Diphtheriebacillen.
(Hyg. Rundschau. 1896. No. 20 u. Berl. klin. Wochenschr. 1897.)
9) Steenmeyer, zitiert uaeh Baumgarten. 1897. p. 316.
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Ludke. Zur Spezifit&t der AntikOrper.
83
War damit die Frage von der Spezifit&t der Infektions¬
erreger, fflr die wir im vorigen einige Belege anfflhrten, entscbieden,
so fand die Anwendung des Gesetzes von der Spezifit&t auch auf die
Gifte der Bakterien statt. Als Derivate der Bakterienzelle, des
mit spezifischer Wirksamkeit begabten Plasmas, konnen die loslichen
Toxine nur spezifischer Natnr sein. Bei ihnen ist der Grad der Spezifit&t
ein noch deutlicher pr&zisierter als bei den Zellen. Die Spezifitat der
Wirkungsweise im Organismus, die Spezifit&t der Immunisierung,
stimmt mit der der Bakterienzelle iiberein; der Spezifit&tsbegriff ist hier
sogar noch enger gezogen, indcm den Toxinen in vielen F&llen Haft-
stellen in bestimmten Organen charakteristisch sind, die auch in vitro
nachzuweisen waren. Diese spezifische Affinitat ist jedoch — je nach
dem Reizgrade zwischen Organzelle und Giftbindungselement — bei
verschiedenen, fflr das Gift empf&nglichen Tieren verschieden stark aus-
gepr>. In dieser zur Bindung fUhrenden Verwandtschaft zu bestimmten
Zellen, die das Tetanustoxin, nicht aber zugleich das Diphtherietoxin,
zu den Zellen der grauen Substanz des Zentralnervensystems besitzt
(Donitz), ist der Ausdruck eines spezifischen Prozesses in diesen Zellen
infolge der Eeizwirkung des Toxins deutlich erkenntlicb.
Diese Spezifit&t der Bakteriengifte hat fernerhin zur diagnostischen
Verwertung gefflhrt: Ein solches „spezifisches Diagnostikum tt besitzen
wir im Tuberkulin, das, wie Kolle 1 ) sagt, das feinste Reagens auf
lebende Tuberkelbacillen im tierischen Gewebe ist. Haben wir so in
der Erkenntnis der Spezifit&t der Infektionserreger ein absolutes Mittel,
die Diagnose der Infektionskrankheit zu entscheiden und bietet sich in
der spezifischen Wirkungsart einzelner bakterieller Produkte ein sicheres
Reagens zur Beurteilung pathologischer Prozesse im Gewebe, so entbehrt
im Vergleich hierzu das klinische Bild des direkten Spezifit&tsbegriffes.
Daher kann die exakte klinische Erkenntnis erst mit dem Nachweis des
Infektionserregers Oder seiner Reaktionsprodukte im Serum abgeschlossen
sein.
Wie sich nach Entdeckung der pathogenen Krankheitserreger ein
Streit fiber ihre absolute Spezifit&t entspann, in dem die Lehre von der
Spezifit&t den endgfiltigen Sieg errang, haben sich in den letzten Jahren
vornehmlich Stimmen erhoben, die Zweifel an der Spezifit&t der
bakteriellen Reaktionsprodukte im Serum fiuiierten. Diese
Angriffe auf den Spezifitatscharakter der Reaktionsstoffe im Blute sind
den verschiedensten Antikflrpern gegenfiber unternommen worden, und
wenn auch nicht in jedem Falle direkte Zweifel an ihrer Spezifit&t
ge&uBert wurden, so sind trotzdem teilweise experimentelle Tatsachen,
teilweise klinische Untersuchungsergebnisse publiziert, die diese Qualit&t
der Immnnstoffe in Frage stellten.
Aufgabe dieser Arbeit soli es sein, diese, ein so eminent wichtiges
Gesetz wie das der Spezifit&t der Antikorper, disqualifizierenden Unter-
suchungen genauer zu prflfen, zum Teil an der Hand einschlSgiger
Versuche.
In den Kreis meiner Untersuchungen zog ich die n at fir lichen
und kfinstlich erzeugten H&magglutinine, die H&molysine,
die natfirlichen und durch Immunisierung erhaltenen
Bakterienagglutinine und zu einem kleineren Teil die Cyto-
lysine.
1) Kolle, Spezifitat der Infektionserreger.
1902.)
(Ilandb. d. pathog. Mikroorganisnien.
f>*
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84
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Zunfichst erfordern die Untersuchungen und Anschauungen fiber die
Spezifitfit der Antitoxine. Bakteriolysine und Prfizipitine
einen kurzen Ueberblick.
Antitoxine. In einem Tetanusserum kann man die in ihm ent-
haltenen Antitoxine nur durch den spezifischen Bindungsversuch mit dem
Toxin zum Nachweis bringen. Dieselbe spezifische Bindung erfolgt im
Organismns wie im Reagenzglas, so daB wir in der spezifischen Wirknng
des Antitoxins auf sein zugehoriges Gift die Haupteigenschaft dieser
Antikfirper sehen. Seltener tritt — und nur bei verwandten Toxinen —
eine wenig intensive, wechselseitige Bindung zwischen einem Antitoxin
und einem nicht als Ausgangskbrper benutzten Toxin ein (so Schlangengift-
antitoxin auf Skorpionentoxin).
Die Einwande, durch die der Spezifitfitscharakter der Antitoxine in
Zweifel gezogen werden konnte, erstreckten sich vornehmlich auf das Ver-
haltnis der spezifischen Bindung zwischen Antitoxin und Toxin. Diese Bin¬
dung ist keine ganz untrennbare, wie Wassermann 1 2 3 ) und Calmette*)
nachwiesen; es kann aus einem Toxin-Antitoxingemenge bei Vorhaudensein
von geeigneten Rezeptoren im Organismus, deren Affinitat zum Toxin
grfiBer ist als dessen Bindungsaffinitfit zum Antitoxin, das letztere austreten
und freies Toxin wirken; eine solche intensive Reizwirkung zwischen
Toxin und dazu passendem Rezeptor findet z. B. bei direkter Aufnahme
von Tetanustoxin durch die Nervenbahnen statt [Meyer und Ransom 8 )].
Das im Blute des Immuntieres kreisende Antitoxin hat bier schw&chere
Affinitat zum Toxin wie der spezifischere Rezeptor, der in diesem Falle
die freien Seitenketten — Antitoxin — produzierende Nervenzelle ist.
Ferner bietet das Antitoxin-Toxingemisch an und ffir sich im Beginn
der Bindung im Organismus eine Erscheinung dar, die, oberflficblich
betrachtet, eine Stfirung im spezifischen Bindungsvorgang erkennen lieB.
Es ist dies das Ph&nomen der Reversibilitfit, d. h. die Bindung zwischen
dem Gifthaptin und spezifischem AntikOrper zeigt zu Beginn das Be-
streben, in ihre Ausgangselemente wieder zu zerfallen. Ein frisches
Diphtherietoxin-Antitoxingemisch dem Kaninchen intravends eingeffihrt,
ist so hochgiftig, was nach Morgenroth 4 ) auf die grfifiere Affinitat
des nur lose gebundenen Toxins zu den im Kfirper zerstreut
liegenden Rezeptoren zurfickzufflhren ist. Wurde, nachdem in einiger
Zeit eine Festigung des Gemisches eingetreten war, injiziert, so war
diese Giftigkeit verschwunden. Das Phfinomen der Reversibilitat ist
demnach in seiner Wirkung zeitlich beschrfinkt; die Verbindung Toxin-
Antitoxin wird endlich untrennbar [v. Dungern 5 6 * )].
Ein weiterer, die spezifische Affinitat der Toxine zu den Antitoxinen
scheinbar einschrfinkender Befund war der, daB man in einem mit Anti¬
toxin beladenen Organismus trolzdem die Intoxikation eintreten beobachten
kann. Wassermann 0 ) hat dies mit Recht auf eine krankhafte Steige-
rung der Affinitat der Gewebsrezeptoren zurfickgefilhrt, welche die
1) Wassermann, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXII. 1896.
2) Calmette, Le venin des serpents, p. 58.
3) Ransom, Berl. klin. Wochenschr. Bd. XXXVIII. 1901; Dtsche med. Wochen-
schr. 1898.
4) Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1904. No. 20.
5) v. Dungern, Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 8/9.
6) Wassermann, Entstehung und Wirkungsweise der aktiven Stoffe im Immuo-
serum. Referat, gchalten auf dem internationalen KongreS fur Hygiene in Brussel.
Sept. 1903.
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Liidke, Zur SpezifitRt der Antikorper.
85
Verwandtschaft der im Serum frei kreisenden Rezeptoreu Qbersteigen
kdnnen.
Die Grundidee aller dieser Richtigstellungen ist demnach, daB eine
spezifische Bindung zwischen Toxin und Antitoxin oder
enger verwandten, nicht freien, antitoxisch wirkenden
Korperrezeptoren besteht. Der spezifische Charakter der Ent-
stehung und Wirkungsweise der Reaktionsprodukte konnte erst mit der
grundlegenden Theorie P. Ehrlichs in seiner ganzen Bedeutung erkannt
werden. Der fQr das Toxin geeignete Organismus, der in seinen diffe-
renten Zellen ffir dasselbe passende Angriffspunkte bietet, ist die Be-
dingung ffir das Entstehen spezifischer Antistoffe, welcbe schon in ihm
vorgebildet (latent) sind und nur auf den ad&quaten Reiz, die Immuni-
sierung, mit Ueberproduktion der speziellen Schutzkorper prompt ant-
worden. Die Vorbildung derselben spricht sich schon in ihrem Vor-
handensein im normalen Serum aus.
Bakterlolysine. Von verschiedenen Autoren war, wie in der Ein-
leitung bemerkt, konstatiert worden, daB ein mit Bact. typhi immuni-
siertes Tier Schutzstoffe sowohl gegen Bact. typhi wie gegen Bact.
coli aufwies. Das Prinzip der Spezifitat der bakteriolytischen Ambo-
zeptoren schien damit erschuttert. Bald nach diesen Befunden wurde
jedoch erwiesen, daB die -Annahme einer Nicbtspezifit&t dieser Immun-
korper auf einer verfehlten Untersuchungsbasis beruhte, indem das
Ph&nomen der Resistenz bei diesen Versuchen ausgelbst wurde, welches
den mit Typhus infizierten Organismus bef&higte, gegen die tddliche
Minimaldosis von Bact. coli mit Erfolg zu reagieren. Loeffler und
Abel 1 ) konnten dagegen in grdBeren Versuchsreihen nachweisen, daB
von einer spezifischen Wirkung der Typhussera auf Bact coli nicht
die Rede sein kSnne. Die Immunsera von Bact. typhi wie Bact
coli BuBerten eine ganz spezifische Wirkungsf&higkeit ausschliefilich auf
den zur Vorbehandlung benutzten Bacillus. In der Pfeifferschen
Reaktion war sorait ein absolut spezifisches diagnostic
sches Mittel gegeben, den zum Immunisierungszweck
verwandten Bacillus von anderen, auch noch so nahe-
stehenden Arten exakt zu differenzieren. Diese spezifische
bakterizide Wirkung konnte auch in vitro gezeigt werden, sofern nur
frisches komplementhaltiges Serum oder Peritonealexsudat zum Immun-
serum hinzugefiigt wurde; diese Probe mittels AuszShlung der auf Platten
gewachsenen Kolonieen und Vergleich mit der reinen, unvermischten
Bakterienaussaat wurde von Neisser 2 ) und Stern 3 ) in die Methodik
der bakteriziden Reagenzglasversuche zum Ersatz des Tierexperiments
kfirzlich erfolgreich eingefflhrt.
Zu den Einw&nden des Pfeifferschen PhBnomens gehSrt einmal
die vorhin erwBhnte Erscheinung der Resistenz, die unberechtigt mit
dieser Spezifitatsreaktion xar egoxijv vermengt wurde. Weiterhin wurde
die anscheinend verwirrende Beobachtung gemacht, daB trotz Behandlung
mit Immunserum die Bakteriolyse versagt und das frisch infizierte Tier
der neuen Infektion erliegt. Dieser eigentiimliche Vorgang beruht nach
R. Pfeiffer auf der Bildung von Antiambozeptoren, die bei einer
1) I. c.
2 ) Neisser, Die Methoden des bakteriziden Reagenzglasvereuchee. (Gesammelte
Arbeilen zur Immunitatoforschung von P. Ehrlich. Berlin 1904.)
3) Stern u. Korte, Ueber den Nachweis der bakteriziden Reaktion im Blutserum
der Typhuskranken. (BerL klin. Wochenechr. 1904. No 9.)
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80 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Massenwirkung die Bindung zwischen Bakterium und Immunkdrper zu
sprengen vermogen. Auch diese durch Injektion von Immunserum
gewonnenen Antiambozeptoren wurden von Pfeiffer und Fried-
berger 1 ) als spezifischer Natur erkannt; Kaninchen, die mit Cholera-
ziegenimmunserum behandelt waren, ergaben einen Antiambozeptor, der
die bakterienzerstorende Eigenschaft des Serums choleraimmunisierter
und normaler Ziegen hemmte, wfihrend die Cboleraambozeptoren anderer
Tiere nicht affiziert wurden.
Nicht allein das Immunserum vermag nun den spezifischen bakterio¬
lytischen ProzeB auszuldsen, auch Normalserum ist im stande, in die
Bauchhbhle des Meerschweinchens zusammen mit virulenter Kultur
injiziert, diese spezifische Wirkung auszufiben; allerdings in quantitatir
weitaus geringerem Grade. Auch bier gelang mit Benutzung der
Ehrlichschen Absorptionsmethode der Nachweis, daB es sich um ein-
zelne, qualitativ differente Komponenten bandelte, von denen jedes nur
auf sein bestimmtes Bakterium wirkt. Nach Ehrlichs Auifassung
haben wir es in diesem Falle mit Partialimmunkbrpern zu tun, die
durch Stoffwechselvorgfinge zur AbstoBung gelangt sind. Die Spezifitfit
ist hier nur relativ, beschrfinkt fflr die einzelnen Komponenten des
Normalserums, die ilire zugehorigen Gruppen in den differenten Bakterien
wiederfinden. Absolute SpezifitSt wird erst durch einen spezifischen
Reizzustand, durch Infektion mit dem Mikroorganismus, erreicht. Der
spezifiscbe bakteriolytische ProzeB erleidet aber, wie bei ungenauer
Betrachtung scheinen konnte, eine gewisse Einschrfinkung: Indem wir
ein Tier mit Typhusbaktenen infizieren, hat sein Serum auch die
Ffihigkeit, gegen eine etwas hohere Dosis von Bact. coli, das nach-
trfiglich eingebracht wird, zu schfitzen. Dieser Schutz ist um das
Doppelte starker als der durch Normalserum. In dieser von Loeffler
und Abel 2 ) erkannten und experimentell begriindeten Tatsache spricht
sich die Familienverwandtschaft beider Bakterienarten aus; die Spezifitfit
des bakteriolytischen Prozesses erleidet dadurch nicht die geringste
EinbuBe.
Aehnliche Untersuchungen sind bisher nicht publiziert.
Diese den Spezifitatscharakter der bakteriolytischen Ambozeptoren
scheinbar negierenden Befunde verlieren jedoch an Bedeutung durch die
Untersuchungen, welche eine eingehendere Differenzierung des Proto-
plasmaleibes der Bakterien zum Gegenstand batten. Der Bau des
Bact. coli bietet nur in seiner originalen Qualitfit Unterschiede vom
Bact. typhi, einzelne gemeinsame Bestandteile des Bakterien proto-
plasmas sind im stande, eine Beeinfiussung auch anderer Bakterien in
geringfiigigem Grade zuzulassen.
Jedenfalls erkennen wir auch bei den bakteriolytischen Ambozeptoren
das Gesetz von der Spezifitfit durchgreifend ausgeprfigt; der durch
Immunisierung erhaltene Immunkorper wirkt zerstorend
allein auf sein reziprokes Bakterium. Quantitativ gemessen
ist diese Spezifitfit immer deutlich prfizisiert; eine Beeinfiussung anderer
Mikroben kann in ganz untergeordnetem Grade vorkommen. In diesen
Fallen ist lediglich der Ausdruck des Bestehens chemisch nahestehender
Molekiile im Bakterienprotoplasma zu erkennen, die ihrerseits eine
gegenseitige spezifische Affinitfit besitzen. Ffir die Beurteilung des
1) Pfeiffer u. Friedberger, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXTV. No. 1.
2) 1. c.
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Liidke, Zur Spezifit&t tier AntikOrper.
87
Chemismus der Bakterien im Organismus, die wir kiinstlich in vitro
oder exakter im Tierperitoneum nachahman konnen, haben wir in der
Erkenntnis der Wirkungsweise der spezifischen, im geeigneten Korper
entstandenen Stoffe eine Arbeitsmethode, wie eine solcbe sicherer und
vollkommener bisher nicbt existiert. Selbstverstandlich gebort hierzu
das Arbeiten mit den ndtigen Kautelen, so die bohe Immunisierung und
Verwendung gut pathogener Bakterien resp. die deutliche Auslbsung
spezifischer Ambozeptoren.
Naturliehe und ImmunhRmagglutinine. Wahrend das Studium
der Bakterienagglutinine in lebhaftem FluB begriffen ist, hat die ein-
gebendere Bearbeitung der HSmagglutinine mit Unrecht eine gewisse
Vernachl&ssigung erfahren, trotzdem das Arbeitsfeld hier die gleiche
Ausdehnung besitzt und trotz der bequemen Arbeitsmethodik.
Die AnalogieschlQsse von hier auf das Gebiet der Bakterienagglu¬
tinine sind in jeder Beziehung statthaft, falls man nur den speziellen
toxischen Effekt der Bakterienzelle unberflcksichtigt l&Bt. Der einem
Organismus eingefiihrte fremde Erythrocyt bietet in alien wesentlichen
Punkten ein gleiches Bild seiner Wirkungsweise im Blute; Dauer des
Aufenthaltes im Blute bis zur Auflosung, der ProzeB des Zerfalls selbst
und die aktive WirkungsauBerung der in Mitleidenschaft gezogenen
Zellen, welche die ad&quaten Schutzelemente ins Serum abstoBen, die
nun nachweisbare Schutzkraft dieses Serums, alle diese Entwickelungs-
prozesse haben ihr Gegenstfick in der Einbringung einer Bakterienzelle
in den TierkOrper. Jedocb sind zwei wichtige Momente beim Vergleich
und Untersuchung tiber die Wirkungsweise beider Zellen im fremden
Organismus nicht auBer acht zu lassen. Einmal haben wir es bei der
Bakterienzelle mit einem lebenden Individuum zu tun, das auch
innerhalb des Kbrpers eine gewisse Lebensz&higkeit besitzt und vor
allem die bedeutsame Fahigkeit, sich unter giinstigen UmstSnden zu
vermehren zeigt. Der ProzeB der Reaktion der Bakterienzelle und der
Gegenreaktion der angegriffenen Korperzellen muB sich demnacb im
allgemeinen infolge der grdBeren Shockwirkung mit einem grdBeren
Intensitatsgrade, einer ausgesprocheneren Lebhaftigkeit abspielen als bei
dem ProzeB an den injizierten Erythrocyten und der Gegenwirkung der
betroffenen Zellkomplexe. Als wichtige, die Untersuchungen ofter be-
nachteiligende Komplikation komrat noch das Moment der Fortpflanzungs-
fahigkeit der Bakterienzelle hinzu.
Die zweite Differenz beim Vergleich von Bakterienzelle und Korper-
zelle laBt sich zwanglos aus der oben erwahnten ableiten. Die Bakterien¬
zelle hat ein selbst&ndiges, ihr eigenartiges physiologisches Prinzip, das
als anatomisches Substrat in ihrem gifttragenden Protoplasmaleib aus-
gebildet liegt. Diese SelbstSndigkeit eines Teiles seines Proto¬
plasmas spricht sich sehr schon in der Wirkung aus, daB durch bak-
terielle Immunisierungen in allerminimalster Dosis prompt ein hoher
immunisatorischer Titer des Serums ausgelbst werden kann, wahrend
z. B. mittels Kbrpereiweifiinjektionen in bedeutend groBerer Dosis keine
biologische Reaktion erhalten wird. In gutem Einklang mit diesem
Faktum steht auch die Beobachtung Pfeiffers und Friedbergers*),
1) Pfeiffer und Friedberger, Zitiert nach: Wirkung und Art der aktiven
Snbstanzen der praventiven und antitoziachen Sera von R. Pfeiffer. Ref. auf dem
Kongrefi fiir Hygiene in Brussel. Sept. 1903. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXV.
1904. Heft 7/9.)
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88 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale.Bd. XXXVIII. Heft 1.
dafi virulentere Bakterienstamme — bei denen also die dem Bakterium
originate Funktion deutlicher/entwickelt ist — eine st&rkere Auslfisung
von Ambozeptoren zur Folge haben. Der Wirkungsgrad einer den
Rezeptoren liefernden Zellen chemisch-biologisch nahestehenden EiweiB-
art wird demnach hinter dem eines konzentrierten, selbstfindigen, scblecht
Oder nicht assimilierbaren Protoplasmas weit zurQckstehen. Von der
Qualit&t des Bakterienprotoplasmas zu der des natfirlichen, gewisser-
maBen herangezQchteten Kdrperzellenprotoplasmas ist eben ein weiter
Schritt.
Sehen wir aber von diesen beiden, mehr graduellen Differenzierungs-
merkmalen ah, so konnen wir alle Beziehungen, die von der Wirkungs-
weise der Korperzellen im fremden Organismus sich ableiten, auf die
Bakterienzelle tibertragen.
Die ausfiihrliche Beschreibung der Wirkungsweise der natfirlichen
Hfimagglutinine findet sich bei Malkoff 1 ). Nach Malkoff agglu-
tiniert normales Ziegenserum Menschen-, Tauben- und Kaninchenblut-
kfirperchen, und zwar berubt diese Agglutinationsfahigkeit auf 3 ver-
schiedenen auf jede der genannten Erythrocytenarten passenden Agglu-
tininen. Durch elektive Absorption, z. B. durch Bindung der Tauben-
blutkorperchen an das Ziegenserum, gelang es Mai koff, das Verschwinden
des Taubenblutagglutinins aus dem Ziegenserum markant nacbzuweisen;
im AbguB fiber den zu Boden gesunkenen, agglutinierten Blutkorperchen-
masseu waren die beiden anderen Agglutinme — fflr Menschen — und
Kaninchenblutkfirperchen — in Ldsung geblieben und Qbten ungeschwftcht
ibre Agglutinationskraft auf die ihnen entsprechenden Blutkdrperchen
aus. Malkoff schlieBt seine Abbandlung damit, daB er das Vorhanden-
sein verschiedener, spezitischer Agglutinine in einem derart wirksamen
Serum annimmt, von denen jedes seine spezifische AffinitUt zu der
betreffenden Blutkdrperchenart hat
In den Kreis unserer Betrachtungen zog ich die im normalen Hunde-
serum enthaltenen Agglutinine, die mir bei anderweitigen Untersuchungen
fiber das Hundeserum in deutlicb ausgesprochener Weise zur Erscbeinung
kamen.
Bevor ich jedoch derartige natfirliche HSmagglutinine in Hundeseris
in Betracht zog, gait es zunficbst, die etwa vorhandene hfimolytische
Ffihigkeit des normalen Hundeserums bez. verschiedener Blutkfirperchen-
arten auBer Rechnung zu setzen. Iu wiederholten Untersuchungen ergab
sich folgendes, fast gleichmfifiig wiederkehrendes Bild.
Hamolyse durch Normalhundeserum.
Hundeserum
Blutkorperchen von
| Hamolyse
3 Tropfen
Bind
schwache Ldsung
3 „
Schwein
—
3
Taube
—
3 „
Ratte
—
3
Kaninchen
—
3
Mans
—
3
M eerech wein chen
—
3 „
Pferd
starkste Ldsung
3
Mensch
n n
3 ,
Hamm el
schwachere Ldsung
1) Malkoff, Beitrage zur Frage der Agglutination von roten Blutkdrperchen
(Dteche. med. Wochenschr. 1900. No. 14.)
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Liidke, Zur Spezifitfit der AntikOrper.
8 £
Es braucht dud durchaus nicht immer jedes Huadeseruoi Losung
der angefflhrten Blutkorperchen herbeizufiihreo; manche Sera zeigteo
our Spureo vod LQsung bei deutlicher Agglutinationsfahigkeit, aodere
wieder glatte L6sung der Blutkdrperchenart. Malkoff seinerseits gibt
ao, daB Blutserum mancher Ziegen bisweileo auch hSmolytisch wirkt;
oiao muB daher uoter mehrereo Tiereo dasjenige aussucheu, welches am
iDteosivsteo die Erythrocyten zur Agglutiuatiou briugt. Die Variabilitat
dieser Erscheinungen iu verschiedeneo uormaleu Hundeseris ist bei
dieseo UutersuchuugeD iu Betracht zu zieheu. Ob modifizierte Ernah'
ruugsprozesse, die each Ehrlich zur Erklaruog dieser Erscheiouagen
heraDgezogen werdeo konnen, eioe Beeioflussuog dieser variableo Pro-
zesse ausmacheu, ist meines Wissens bisher hier oicht untersucht
worden; uach entsprechenden Befuodeu bez. der Bakterienagglutinine
im noeDSchlicheu Serum jedoch wohl aozuDehmeu.
Weiter wurde die Agglutination skraft des uormaleu Hnudeserums
auf eiue Reihe verschiedener Erythrocyteo mit Beriicksichtigung des
Agglutinatioostiters gepriift:
Agglutination durch Normalhundeserum.
Verdunnung
des Hunde-
serums
1 com 5-proz. Blut-
korperchenauf-
schweramuDg von
Agglutination
sofort | nach 2 Stunden
1:1
Taube
Agglutination volktandig
1:20
>»
i —
Spur von Agglutination
1:1
Kaninchen
Agglutination vollstandig
1:20
—
—
1:1
Schwein
Agglutination vollstandig
1:20
M
—
—
1:1
Meersch wein chen
Agglutination vollstandig
1:20
yy
—
—
1:1
Batte
Agglutination vollstandig
1:40
yy
—
Spur von Agglutination
1:1
Maus
Agglutination vollstandig
1:66
1
Agglutination vollstandig
Im allgemeioeo scheiot der Agglutioatiouswert des oormaleo Hunde-
serums deu Blutkbrpercheu aoderer WarmblQter gegeniiber our niedrig
zu seio; eioe Verdttnnung vod 1 : 1 selten zu Qberschreiten. Allerdiugs
koDDte ich bei eioigeo Huudeseris auch hdhere Agglutiuatiooswerte, bis
zur VerdfluuuDg vou 1 : 100, nachweisen.
Zur Bestimmuog der Spezifitat der Agglutioatioosfahigkeit uormaleu
Hundeserums wurde uuu folgeude, im wesentlichen vou Malkoff an-
gegebene einfache Methode angewandt:
Zu 1 ccm der 5-proz. Aufschwemmuug der verschiedeueu Blut-
kdrperchcu (in 0,875-proz. KochsalzlQsung), die vorher sorgfaltig durch
Waschen mit physiologischer Kochsalzlosung vom anhafteuden Serum
befreit waren, wurde eiue bestimmte, zur Agglutination ausreichende
Menge Hundeserums zugesetzt, das Vz Stunde lang bei 56° C im Wasser-
bad erhitzt war. Die Serum-BlutkSrperchen enthaltenden Rdhrchen kamen
fQr 2 Stunden in den Thermostaten, danach wurde abzentrifugiert und
der erhaltene klare AbguB zur Agglutination der einzelnen Blutkbrperchen
benutzt. Zu dem Zwecke wurde 1 Oese des Abgusses mit 1 Oese der
betreffenden Blutkorperchenart gut vermischt und das Resultat mikro-
skopisch im hangenden Tropfen beobachtet. Die Agglutination wurde
an der vollstandigen Verklumpung der Blutkdrperchen, die zu grbBeren,
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
dicken, fiber- und untereinander geschichteten Hfiufchen zusammengeballt
sind, erkannt.
Da alle Untersuchungen des normalen Hundeserums — im ganzea
wurden 4 Sera in dieser Hinsicht untersucht — ein im wesentlichen
gleicbes Resultat bezfiglich der Agglutination der differenten Blut¬
kdrperchen gaben, will ich nnr einen dieser F&lle durch eine genauere
Tabelle veranscbaulichen:
Hundeserum
»
wirkt ein auf Schweineblut
yy
yy
yy
Abgufi
— ►
auf Schweineblut
Taubenblut
Meerschwein¬
chenblut
Kaninchenblut
Agglutination
vollst. AggL
yy yy
yy
Hundeserum
»>
»»
Taubenblut
yy
yy
yy
Taubenblut
Schweineblut
Kaninchenblut
Meerschwein¬
chenblut
vollst. AggL
yy ♦>
yy yy
Hundeserum
yy
yy
yy
Kaninchenblut
yy
yy
yy
Kaninchenblut
Schweineblut
Taubenblut
Meerschwein¬
chenblut
vollst. Aggl.
yy yy
yy yy
Hundeserum
yy
yy
yy
Meerschweinchen¬
blut
yy
yy
yy
Meerschwein¬
chenblut
Kaninchenblut
Schweineblut
Taubenblut
vollst. AggL
yy yy
yy yy
WurdedasHundeserum zu einer 5-proz. Kaninchenblutaufschwemmung
hinzugeffigt, so hatte der nach 2 Stunden erhaltene klare AbguB sein
Agglutinationsvermdgen fflr Kaninchenblut verloren, agglutinierte jedoch
noch ungeschwficht Schweine-, Tauben- und Meerschweinchenblut. Wurde
weiter der neue nach darauffolgender Einwirkung auf Schweineblut er¬
haltene AbguB auf Agglutination gegenfiber Schweineblut geprfift, so
trat keine Agglutination ffir Schweine- und Kaninchenblut inehr aufj
wfihrend Tauben- und Meerschweinchenblut noch zusammengeballt wurde.
Auch die noch gebliebene Agglutinationsffihigkeit ffir Taubenerythrocyten
konnte durch Hinzuffigen des letzten Abgusses zu Taubenblut in den
allermeisten Fallen dem Hundeserum genommen werden.
Das Hauptergebnis aller dieser Untersuchungen ist dies: LfiBt man
ein verschiedene Blutkdrperchen agglutinierendes natfirliches Serum auf
eine dieser Erythrocytenarten lfingere Zeit einwirken, so erfolgt eine
prompte Bindung des ffir diese Erythrocyten spezifischen Agglutinins,
wfihrend die ffir die anderen Blutkdrperchen spezifischen Agglutinine
noch im Abgufi gut nachweisbar sind. Dies eine Agglutinin ist mit
seinen passenden Blutkdrperchen verankert und aus der verdfinnten
Serumflfissigkeit verschwunden, auch nicht minimale Spuren sind mehr
von ihm bei Berficksichtigung der quantitativen Bindungsverhfiltnisse zu
entdecken. Es existieren also im Hundeserum so viele
spezifische Agglutinine, als dies Serum verschiedene
Species verschiedener Blutkdrperchen zu agglutinieren
verm a g. Damit ist zu den Befunden Malkoffs fiber die Agglu¬
tinationsffihigkeit des Ziegenserums differenten Blutkdrperchen gegenfiber
«in neuer Beweis ffir die Spezifitfit der Hfiraagglutinine im
normalen Hundeserum erbracht.
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Lfidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
91
In einem solchen normalen Serum haben wir keine durch eine Vor-
behandlung erzeugte Spezititat gegenflber einer Zellart gefunden, sondern
bier ist eine variable schwankende Spezititat der Agelutinationsreaktion
gegeben, die sich lediglich nacb der Stoifwechselbilanz und einigen
Gesetzen der Verwandtschaft der Tierklassen regelt. Es bleibt noch
nnentscbieden, ob ein Vorherrschen der Spezititat gegenflber einer Zellart
haufig vorhanden, ob die Starke der Eeaktion unter gewissen Bedingungen
(Aenderungen im Stoffwechsel) schwanken kann und ob alle Tiere der-
selben Species gewdhnlich diese Reaktion unter gleichmaBigen Be¬
dingungen zeigen kflnnen. Dad verschiedene Hamagglutinine im Normal-
serum kreisen, ist konstatiert, ebenso dad jedes dieser Agglutinine seine
bestimmte spezifische Reaktion hat. Gerade zum Nachweis der Spezititat
der Agglutinine eignen sich die Versuche an den Erythrocyten ihrer
Grode und vielleicbt ihres weniger komplizierten Baues wegen besonders
gut zur Orientierung. Die Spezifitat ist hier eine deutlich
ausgesprochene Erschein ung; jedes Agglutinin bat seine
Qualitat far sich gegenflber den spezifischen Zellen aus-
g e b i 1 d e t.
Bei den Immunhamagglutininen hat durch die Injektion einer be-
stimmten Erythrocytenart das auf dieselben passende Agglutinin eine
dominierende Stellung im Serum des vorbehandelten Tieres erhalten.
Der Fahigkeit des normalen Serums, auf die roten Blutkflrperchen unter-
schiedlicher Tiere agglutinierend zu wirken, ist damit eine bestimmte
einseitige Direktion gegeben, indem die agglutininbildenden Zellkomplexe
in Ueberreizung und Ueberproduktion gebracht, ihre Wirksamkeit in
dieser einen bestimmten Richtung audern. Der Spezifitatscharakter der
so erzeugten Agglutinine wird demnach in dem Intensitatsgrade der
Reaktion deutlicher ausgepragt sein; ferner durfte auf eine Injektion
einer bestimmten Blutkflrperchenart nicht nur gegen diese, sondern
eventuell — wenn auch in weitaus geringerer Starke — gegen differente
Blutkflrperchen Agglutinin gebildet werden. Nur bei oberfi&chlicher Be-
trachtung mfldte man die Agglutininbildung als eine unkomplizierte ein-
heitliche Zellreaktion auffassen, falls man in jedem Falle nur eine
Wirkungsfahigkeit allein auf das zur Vorbehandlung dienende Material
annahme. Wie verkehrt eine solche oberflachliche Annahme ist, geht
aus folgendem Versuch hervor: Einem 950 g schweren, rotlich-braunen,
weiblichen Kaninchen werden 10 ccm Hundeblutkorperchen intraperi-
toneal injiziert. Vor der Injektion war die agglutinierende Kraft dieses
Kaninchenserums die:
Verdiinnung 1:1
Hundeblutkorp. sofort aggL
Mausblutkorp. sofort aggl.
Hammelblutborp. nicht aggl.
Verdiinnung 1:10
Hundeblutkorp. Spur aggl.
Mausblutkorp. volUt. aggl.
Hammelblutkdrp. nicht aggl.
Verdiinnung 1:20
Hundeblutkbrp. nicht aggl.
Mausblutkdrp. nicht aggl.
Hammelblutkorp. nicht aggL
HSmolytische Fahigkeit trat jedoch bei Zusatz von 3 Tropfen dieses
Kaninchenserums zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung auf.
7 Tage nach der Injektion erhielten wir bezflglich der Agglutination
der Hunde- und MausblutkSrperchen durch dies Serum folgendes Bild:
Verdiinnung 1:40
Hundeblutkorp. Bofort aggl.
Mausblutkdrp. sehr stark
aggl*
Verdiinnung 1:66
Hundeblutkdrp. aggl.
Mausblutkdrp. aggl.
Verdiinnung 1:200
Hundeblutkorp. Spur aggl.
Mausblutkdrp. nicht aggl.
Scheinbar entgegen dem Gesetz der Spezifitat war also nicht allein
ein starkes Agglutinationsvermogen fQr Hundeblutkorperchen hervor-
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92
Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 1.
gebracbt worden, sondern auch die vorher noch in einer Verdtlnnung
von 1 : 10 agglutinierten Mausblutkorperchen wurden durch das Immun-
serum starker beeinfluBt. Eine gleiche Beobachtung bezQglicb der
kfinstlich erzeugten Hfimagglutinine existierte bisher nicht; was die
Bakterienagglutinine betrifft, sind allerdings, wie im weiteren n&her
ausgeffihrt werden soil, Shnliche Beobachtungen von Lubowski und
Steinberg 1 2 ) und Vert.*) bereits publiziert.
Den Anscbauungen fiber die Zusammensetzung der Zellen in bio-
logischer Beziehung entsprechend, mfissen wir in diesem Falle im Hunde-
und Mausblutkorperchen verwandte Elemente annehmen, die, ins Bint
eines geeigneten Organismus gebracht, eine wechselseitige AbstoBung
von passenden Rezeptoren zur Folge haben. Nicht nur der ffir den
Hundeerythrocyten passende Rezeptor wird bei Behandlung eines
Kaninchens mit Blutkdrpercben vom Hund abgestoBen, in relativ
schwacberem Grade erfolgt auch eine Einwirkung und AbstoBung der
auf Mausblut passenden Rezeptoren. Die Spezifit&t der Agglutination
hervorrufenden Reaktionsprodukte im Serum erleidet dagegen nur eine
scheinbare EinbuBe mit RUcksicht auf den absoluten Charakter der
Agglutinine; spezifisch sind die ins Serum abgestofienen
Rezeptoren ffir ibre Ausgangselemente. Mit der Bindung
des Hundeblutagglutinins an die Hundeerythrocyten mufiten demnach
beide Agglutinine aus dem Kaninchenserum verschwinden; w&hrend bei
Bindung an Mausbluterythrocyten nur das auf Mausblut spezifische
Agglutinin abges&ttigt wurde. Der entsprecbende Absorptionsversuch
verlief so:
Je 0,1 ccm des Immunkanincbenserums wurden zu je 1 ccm 5 Proz.
Hunde- und Mausblutkorperchen gesetzt; die Mischung 1 Stunde bei
37° C stehen gelassen. Danach waren die Hundeblutkorperchen voll-
stin dig agglutiniert, die Mausblutkorperchen starker zu Haufchen geballt
Nach sorgfaltigem Abzentrifugieren wurden die klaren Abgfisse benutzt:
1) AbguB vom agglutinierten Hundeblut.
Verdunnung 1 :1
Zu Hundeblutkorperchen I keine Aggl.
Zu Mausblutkorperchen | „ „
Verdunnung
Zu Hundeblutkorperchen
Zu Mausblutkorperchen
1:10
keine Aggl.
2) AbguB vom agglutinierten Mausblut.
Verdunnung 1:1
Zu Mausblutkorperchen i keine Aggl.
Zu Hundeblutkbrperchen | vollst. „
Verdunnung 1:40
Zu Mausblutkdrperchen keine Aggl.
Zu Hundeblutkorperchen | sehr starke Aggl.
Verdunnung 1:10
Zu Mausblutkorperchen I keine Aggl.
Zu Hundeblutkorperchen j vollst. „
Verdunnung 1:66
Zu Mausblutkdrperchen keine Aggl.
Zu Hundeblutkorperchen starkere iiggl.
Verdunnung 1:100.
Zu Mausblutkorperchen
Zu Hundeblutkorperchen
keine Aggl.
Andere Versuche zur Klarstellung des spezifischen Charakters der
Einzelagglutinine in einem Immunserura wurden an zwei andereu
Kaninchen unternommen. Einen dieser Versuche will ich n&her aus-
fflhren:
1) Lubowski und Steinberg, Ueber Agglutination von Typhusbaciilen bei
Proteus- und Staphylokokkeninfektion. (Dtsches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXIX 1904.
Heft 5/6.)
2) Liidke, Agglutination bei Autointoxikationen, mit besonderer Beriicksichtigung
des Ikterus. (Dtsches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXXI. 1904. Heft 1/2.)
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Ludke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
93
Einem mittelgroBen, grauen, weiblichen, 1455 g schweren Kaninchen
■werden 15 ccm Hundeblut subkutan einverleibt. Vor der Injektion
agglutinierte das Kaninchenserum HundeblutkOrperchen gar nicht,
Hammel- wie Schweineblutkorperchen jedoch in einer Verdiinnung von
1:1. Nach etwa 2 Wochen agglutinierte das Serum HundeblutkOrperchen
in folgender Starke:
5-proz. Hundeblutaufschwemmung.
VatdunnuDg Verdiinnung Verdunnung Verdiinnung Verdunnung
1:20 1:50 1:100 1:200 1:500
eofort AggL nach */* Stde nach 1 Stde nach ‘/ s Stde nach 2 Stdn.
AggL AggL AggL starkere AggL
Zn je 2 ccm von Hunde-, Schweine- und Hammelblut wurden jetzt
je 0,1 ccm des Immunserums zugesetzt; die Gemische blieben 1 Stunde
bei Zimmertemperatur stehen, danach trat eine schOne Agglutination
der HundeblutkOrperchen auf; man sah kleine rote POnktchen deutlich
zu Boden sinken; gegenflber den Hammel* und Schweineblutkorperchen
trat die Reaktion nur sehr unvollstfindig auf. Sodann wurde gut zentri-
fugiert und die klaren Abgflsse, wie folgt, benutzt:
I. Abgufi nach Bindung an Hundeblutkorperchen.
Verdiinnung
Zu Hundeblut
Zu Schweineblut
Zu Hammelblut
1:1
fast vollst. AggL
—
—
1:10
—
—
II. Abgufi nach Bindung an Hammelblutkdrperchen.
Verdflnnung
Zu Hammelblut
Zu Hundeblut
Zu Schweineblut
1:1
—
vollst Aggl.
nicht ganz vollst. Aggl.
1:10
—
99
1:50
—
>»
79
—
1:100
—
i - i
—
III. Abgufi nach Bindung an Schweineblutkorperchen.
Verdunnung
Zu Schweineblut
Zu Hundeblut
Zu Hammelblut
1:1
_
vollst Aggl.
nicht ganz vollst. Aggl.
1:10
—
99 97
—
1:20
—
i sehr starke Aggl.
—
1:50
—
—
Dasselbe Immunkaninchenserum wurde weiterhin zur Bestimmung
•der elektiven Absorption der einzelnen Agglutinine auf Hunde- und
MausblutkOrperchen geprflft. Der Agglutinationswert des Serums vor
der Injektion auf Mausbluterythrocyten war leider nicht bestimmt worden.
Nach der Injektion wurden MausblutkOrperchen noch in einer Verdiinnung
■von 1 : 50 vollst&ndig agglutiniert. Der Agglutinationstiter fflr die zur
Vorbehandlung verwandte Blutart — Hundeblut — war mittlerweile im
Verlauf von 5 Wochen von 1:500 auf 1:100 herabgesunken.
Zu je 0,2 ccm dieses Immunserums werden je 2 ccm 5-proz. Hunde¬
blutkOrperchen und 5-proz. MausblutkOrperchen zugesetzt. Nach ein-
etflndigem Stehenlassen bei Zimmertemperatur sind beide Blutarten gut
■agglutiniert
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94 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
I. AbguB nach HundeblutkOrperchen.
Verdiinnung
Zu Hundeblut
Zu Mau»blut
1:1
Spur von Agglutination
vollstandige Agglutination
1:10
—
—
II. Abgufi nach Mausblutkdrperchen.
Verdiinnung
Zu Mausblut
Zu Hundeblut
1:1
—
vollstandige Agglutination
1:10
—
»» >»
1:40
—
starkere Agglutination
1:66
—
Andeutung von Agglutination
Die Versuchsreihen ergeben diese markanten Resultate:
Das speziiisch auf Hundeerythrocyten wirkende Immunserum des
Kaninchens mit dera fQr Hundeblutkdrperchen wirksamen Agglutina-
tionstitre von 1 :500 hat nach l-st(lndiger Einwirkungszeit auf Hunde-
blut den allergrofiten Teil seiner bindungsf&higen Substanzen an die
Hundeblutkdrperchen abgeben mflssen. Dennoch gelang es in diesem
Versuche nicht ganz vollst&ndig, die auf Hundeblut spezifisch einge-
stellten Agglutinine sfimtlich nach ihrer Bindung auBer Aktion treten
zu lassen. Der AbguB wies noch bei einer VerdQnnung von 1 : 1 H&uf-
chenbiidung auf. Vergleichen wir diese minimale Agglutinationskraft
des Abgusses mit dem Titre des Serums, der damals 1 :500 betrug,
so mufl der SchluB, daB die H&magglutinine eine ganz spezi-
fische Bindung erfahren haben, einleuchten. DaB noch Spuren
von ihnen im AbguB sich nachweisen liefien, konnte nur darauf be-
ruhen, daB die Menge der bindenden Agglutinine im Serum zu groB
resp. das zur Bindung verwandte Blutkdrperchenquantum zu klein war,
also in einer Beziehung ein gewisser Ueberschufi vorhanden war. Zu-
gleich mit dem auBerordentlich starken Verlust an auf Hundeblut ge-
richteten Agglutininen war auch eine vdllige Einbufie der agglutinie-
renden Substanzen auf Hammel- und Schweineblut eingetreten. — Ein
anderes Bild bot sich dar, wenn wir das spezifische Kaninchenserum
auf Hammel- oder Schweineblut einwirken lieBeu. Der AbguB btiBte
nach AbsSttigung an die einzelne Blutart seine agglutinierende Kraft
auf dieselbe ein, behielt sie jedoch fQr andere Erytbrocyten. Aller-
dings trat auch hier, wie der Versuch lehrt, eine Herabsetzung im Ag-
glutinationsvermogen ein; die teilweise wohl schon der entstehenden
VerdQnnung im AbguB auf Rechnung zu setzen ist. Immerhin war
noch ein deutlicher EinfluB auf die anderen Blutkorperchen zu erzielen.
Ebenso wie Hetsch und Lentz 1 ) bezQglich der Bakterienagglutinine
nachwiesen, konnte auch ich in diesen Fallen von Hamagglutination
keine Steigerung des Agglutinationstitres fQr die Blutkdrperchenart,
mit der immunisiert war (Hundeblut), nach Absattigung der „Neben-
agglutinine u entdecken: der Titre fQr Hundeblut sank nach Einwirkung
auf Hammelblut auf 1:50; nach Einwirkung auf Schweineblut auf
1 : 20 .
Im Kaninchenorganismus wurde also beim Zerfall der injizierten
Hundeblutkdrperchen die Abstofiung von auf Hundeblut spezifischer
1) Hetsch und Lentz, Bei’rage zur Frage nach der 8pezifizitfit der im Serum
des normalen und choleraimmunisierten Pferdes enthaltenen Agglutinine. (Festschr. z.
60. (Jeburtetag von B. Koch. Jena 1903.)
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
95
Hfimagglutinine und in geringerem Grade die Sekretion von Neben-
agglutininen fQr die Erythrocyten anderer Tiere, hier fflr Mausblut aus-
geffihrt, angeregt, ein Bewels, daB die Hundeblutzelle nicht als morpho-
logische Einheit aufzufassen ist. Vielmehr bildet sie einen Komplex
verschiedenartiger in ihr enthaltener Elemente, die im stande sind, ihre
entsprechenden verwandten Reaktionsprodukte bei dem Immunisierungs-
prozeB aus geeigneten Zellen ins Serum zu sezernieren. Nach der Ab-
stoBung ins Serum iiudet bei passend gewShlten quantitativen Bindungs-
verhSltnissen eine quantitative Abs&ttigung der einzelnen Agglutinine
an ibre bestimmten Blutarten statt: die im Serum vorhandenen,
kflnstlich erzeugten H&magglutinine sind spezifischer
Natur.
H&molyslne. Ehrlich und Morgenroth 1 ) zitieren in An-
merkung in einer ihrer grundlegenden Arbeiten fiber die H&molysine,
dafi ihnen bei Untersuchnngen fiber die Verschiedenheit der cytophilen
Gruppen homologer Immunkfirper eine h&molytische Wirkung des Serums
von mit Ochsenblut vorbehandelten Kaninchen sowohl auf Ocbsenblut
wie auf Hammelblut aufgestoBen sei. In grfiBeren Versuchsreihen stu-
dierten sie den analogen Befund, der sicb ihnen bei der Einwirkung
von Immunserum mit Ochsenblut behandelter Kaninchen auf Ochsen-
erythrocyten wie auf Ziegenerythrocyten darbot. Die Hfimolyse des
Ziegenblutes trat bei Einwirkung etwas groBerer Dosen von Immun-
korper auf. Bei der Aufstellung eines Proportionsverh<nisses ergibt
sich jedoch keine konstante Zabl, sondern ein deutliches Schwanken
der wechselseitigen ImmunkSrperdosen bei den einzelnen untersuchten
Kaninchenseris. Schon auf Grund dieses wechselnden Verh<nisses der
LfisungsfShigkeit dieses hamolytischen Immunserums auf Ochsen- und
Ziegenblutkdrperchen konnten Ehrlich und Morgenroth eine Mehr-
zahl von mit verschiedenen cytophilen Gruppen versehenen Immun-
kfirpern annehmen, von denen einer auf die Ochsen erythrocyten, der
andere auf Ziegen- und Ochsenerythrocyten einwirkt. Durch elektive
Absorption des einzelnen Immunkdrpers an seine zugehdrigen Blut-
kfirperchen fanden sie ihre Annahme vollauf bestfitigt, so daB sie in
einem treffenden Schema 3 Fraktionen bindender Gruppen der Blut-
korperchen annehmen konnten, von denen die eine nur in Ochsenblut-
kfirperchen, die zweite nur in Ziegenblutkdrperchen und die dritte in
beiden Blutarten vorkommt. Auch gelang es ihnen in einem fthnlichen
Versuche nachzuweisen, daB bei Behandlung von Kaninchen mit Ziegen-
blutkfirperchen eine Rezeptorenfraktion erhalten wurde, die gleichfalls
auf beide Blutkorperchen wirkte. Wurden im Absorptionsversuche die
nach der Behandlung mit Ziegenblut entstandenen Immunkdrper an
Ziegenblut gebunden, so war ffir beide Blutarten die Ldsungsffihigkeit
verschwunden, wfihrend nach der Behandlung mit Ochsenblutkdrperchen
der auf Ziegenblut wirkende Anteil fast vollstfindig in der Flfissigkeit
erhalten blieb, wie das gleiche Verh<nis vice versa bei dem mit
Ochsenblut behandelten Kaninchenserum stattfand.
In den Kreis unserer Untersuchungen wurde die wechselseitige Immu-
nisierung von Kaninchen mit Ochsen- wie Hammelblutkdrperchen ge-
zogen, und in der Tat erhielten wir bei geeigneter Versuchsanordnung
die gleichen Resultate, die Ehrlich und Morgenroth in ihren F&llen
erzielten.
1) Ehrlich und Morgenroth, Ueber Hamolysine. VI. Mitteilung. (Gesam-
melte Arbeiten zur lmmunit&teforschung. Berlin 1904.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Einem mittelkrSftigen, grauen, ra&nnlichea, 1318 g schweren Ka-
ninchen wurden 20 ccm defibrinierten, vom Seram mdglichst befreiten
Ochsenblutes subkutan injiziert. Vor der Behandlung ldsten 6 Tropfen
dieses Kaninchenserums weder Ochsenblut noch Hammelblut auf.
Am 9. Tage nach der Injektion:
3 Tropfen Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung
sofort keine Ldsung
nach 2 Stunden „ „
3 Tropfen Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung
sofort | keine Ldsung
nach 2 Stunden j starkere Ldsung
Am 14. Tage nach der Injektion:
Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung
3 Tropfen
3 Tropfen Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung
sofort
nach 2 Stunden
keine Ldsung
vollstandige Ldsung
sofort
nach 2 Stunden
keine Ldsung
3 Tropfen
3 Tropfen
3 Tropfen
3 Tropfen
Am 17. Tage nach der Injektion:
Kaninchenserum zu
sofort
nach 2 Stunden
Kaninchenserum zu 1
sofort
nach 2 Stunden
ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung
keine Ldsung
» i)
ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung
keine Ldsung
vollstandige Ldsung
Am 18. Tage nach der Injektion:
Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Ochsenblutaufschwemmung
sofort keine Ldsung
nach 2 Stunden vollstandige Ldsung
Kaninchenserum zu 1 ccm 5-proz. Hammelblutaufschwemmung
sofort
nach 2 Stunden
keine Ldsung
vollstandige Ldsung
Die Ldsung des Ochsenbluts durch das hamolysinreiche Kaninchen¬
serum erfolgte hier spat (am 14. Tage nach der Injektion); nach anderen
von mir 1 ) mitgeteilten Befunden ist der durchschnittliche Termin des
ersten deutlichen Auftretens dieser Hamolysine im Kaninchenblutserum
der 8.—10. Tag. Auffallend war ferner, daft bereits am 9. Tage eine
starkere Ldsung der Hammelblutkdrperchen vorhanden war. Diese
Ldsungsfahigkeit fflr Hammelblut verlor sich jedoch spater wieder und
liefi den Ochsenblut-Immuukdrper voll zur Geltung kommen. Erst
relativ spat (es wurde alle 2 Tage untersucht) fand sich eine voll¬
standige Ldsung fQr Hammelerythrocyten — am 17. Tage nach der In¬
jektion.
Auch das von Ehrlich und Morgenroth und Verf. naher be-
schriebene Phanomen der Antiautokomplementbildung in mit Ochsenblut
behandeltem Kaninchenserum stellte sich hier wieder ein, indem am
17. Tage nach der Injektion bei Einwirkung von 3 Tropfen Kaninchen¬
serum auf Ochsenblut keine Ldsung eintrat, am folgenden Tage jedoch
die Hamolysine in ihrer alten Starke nachgewiesen werden konnten.
Ein Vergleich der Ldsungskraft dieses Kaninchenserums auf Ochsen-
wie Hammelblut ergab nun folgendes Bild:
1) Liidke, Beitrage zur Hamolyse. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXVII. 1904.
Heft 2/3.)
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Ltidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
97
Zu 1 com Ochsenblut failende Mengen dee mit Ochsenblut immunisierten
Kanincnens.
GelQst in:
0,5 ccm
03
0,1
10 Minnten
2 ° „
20 „
0,08 ccm
0,05
0,02
Gel op t in:
30 Minnten
45 „
2 Std. Spnrchen
Zu 1 ccm Hammelblut failende Mengen des mit Ochsenblut immunisierten
Kan inch en?.
GelSflt in:
0,5 ccm
0,3 „
0,1 „
25 Minuten
30 „
40 „
0,08 ccm
0,05
0,02
Geloet in:
65 Minuten
1 a /< Stunden
2 std. keine Losg.
Es war demnach ein in der Zeit und der Intensit&t der Wirkung
deutlicher Unterschied in der LOsungskraft des Kaninchenserums gegen-
Qber Ochsen- wie Hammelblut zu beobachten, indem Ochsenblut, das
zur Vorbehandlung diente, schneller und starker geldst wurde als
Hammelblut. Dieser Befund wies schon auf differente cytophile Gruppen
homologer Immunkdrper hin.
Zum Nachweis der Spezifitat dieser „Immunk5rpertypen“ gait es
nun, mittels der Absorptionsmethode eine vOllige Absattigung der
Ambozeptoren mit den dazn passenden Blutkorperchen zu erzielen.
Die anf&nglichen Versuche, in denen mit einer relativ kleinen Blut-
korperchenmenge gearbeitet wurde, fQhrten nur ein unvollstandiges,
teilweise zu falschen SchlOssen leitendes Resultat herbei; nach der
Bindung an Ochsenblut waren immer noch ganz ungesattigte, freie
Ambozeptoren in der AbguBflOssigkeit nachzuweisen, und zwar die
Ambozeptoren, die infolge ihrer geringen Affinitat zu den Ochsen-
erythrocyten frei geblieben waren, wahrend die verwandteren, auf
Ochsenblut eingestellten Immunkdrper samtlich an ihre Blutkdrperchen
gefesselt waren. Die AbguBflOssigkeit bewirkte daher noch eine Ldsung
der HammelblutkSrperchen. Im anderen Falle — der Bindung an
Hammelblut — mufite analog der AbguB noch freie, wirksame Gruppen
fttr Hammclbluterythrocyten enthalten, weil die Bindungsmdglichkeit
eine geringer ausgeprSgte war; die AbguBflOssigkeit ldste daher aller-
dings in groGer Menge und in langerer Einwirknngszeit nochmals neu
hinzugefflgte Hammelblutkdrperchen auf. Durch Verwendung grOGerer
Blutkdrperchen quanta und sorgfaltigste Mischung konnten diese Fehler
vermieden werden und ahnlich den Ehrlichschen und Morgenroth-
schen Befunden hatten wir folgende Resultate:
Zu je 2 ccm einer 5-proz. Ochsenblut- wie Hammelblutaufschwemmung
werden verschieden groGe Immunkdrpermengen des mit Ochsenblut vor-
behandelten Kaninchens gesetzt. In der zweiten und dritten Zahlen-
reihe linden sich die Ldsungsverhaitnisse des aktiven Ochsenblut-
Kaninchenserums auf Ochsenblut- wie HammelblutkOrperchen im Verlauf
einer Einwirkungszeit von 2 Stunden bei 37° C angegeben. In der
vierten und funften Reihe folgt die Ldsungsfahigkeit der AbgQsse. Diese
wurden dermaBen erhalten: Zu wechselnden Quanta des bei 58° C in-
aktivierten Kaninchenserums werden wieder je 2 ccm Ochsen- (= Ab-
guB A) wie HammelblutkOrperchen (= AbguB B) zugesetzt. Die Ge-
mische, die auf 3 ccm mit physiologischer Kochsalzldsung aufgefQllt sind,
werden 2 Stunden lang bei Zimmertemperatur gehalten, danach scharf
zentrifugiert und die AbgQsse A (von Ochsenblut) und B (von
Hammelblut) zu je 8 Tropfen mit Hinzufftgung der notwendigen
Komplementmenge (2—3 Tropfen Meerschweinchenserum) weiter benutzt.
Ento At*. Oriff. Bd. XXXVIII. Heft 1. 7
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98
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Ldsungsf&higkeit der Abgusse
Immun-
Ochsenblut
Hammelblut
Abgufi A nach Bindung j
Abgufl B nach Bindung
kdrper-
gelQst in
geldst in
an Ochsenblut
an Hammelblut
quanta
2 8tunden
2 Stunden
zu
zu
Ochsenblut
zu
Hammelblut
zu
Ochsenblut
Hammel¬
blut
03 ccm
vollstandig
vollstandig
_
_
vollstandige
0,1 „
!
Ldsung
ft
sehr starke
Spur von
Ldsung
—
—
starkere
Ldsung
—
0,08 „
do.
—
—
Spur von
Ldsung
—
0,03 „
Ldsung
Spur von
Ldsung
keine Ldsung
_ i
—
—
Dasselbe Bild zeigt sich in gleicher Versuchsanordnung bei einem
zweiten mit Ochsenblut behandelten Kaninchen, so dafi wohl die vor-
stehende Tabelle zur Orientierung genflgen mag.
In dem mit Ochsenblut vorbehandelten Kaninchen-
blut, von dem geringere Mengen eine 5-proz. Ochsenblut-
aufschwemmung prompt zur Ldsung brachten, mufitea
demnach 2 Fraktionen von Immunkdrpern angenommen
werden, von denen der eine direkt spezifisch auf den
Rezeptor des Ochsenblutkdrperchens eingestellt war,
der andere auch auf den Rezeptor der Hammelerythro-
cyten. Wurde der erstere durch Abs&ttigung mit seinen spezifischen
Blutkdrperchen dem Serum entzogen, so war er auch fflr das Hammel-
blut verschwunden; beide Fraktionen banden sich an die zur Vorbehand-
lung dienende Blutkdrperchenart. Wurde dagegen die Bindung des
Serums mit den Hamm el blutkdrperchen erzielt, so war der AbguB noch
auf Ocbsenblutkorperchen wirksam; er hatte nur die fflr Hammelblut
passende Fraktion verloren. Es waren also nach der Injektion des
Ochsenblutes in den Kaninchenorganismus 2 Immunkdrperfraktionen ent-
standen, was auf verwandte Komponenten im Bau des Ochsenblut- wie
HammelblutkSrperchens hinwies, die zur Bildung ihrer typischen
Reaktionsprodukte gefflhrt batten. Damit ist ein weiterer Beitrag zur
Lehre von der Pluralitfit der Ambozeptoren gegeben. Ehrlich und
Morgenroth drflckten sich hier so aus: „Es werden daher von einem
derartigen Immunserum alle diejenigen Elemente affiziert werden kdnnen,
die irgend einen der Rezeptorentypen mit der ursprfinglichen Zelle a
gemeinsam haben.“
Es wurden weitere Versuche unternommen, durch Injektionen von
Hundeblut beim Kaninchen flhnliche Verhaltnisse zu finden und zn
durchforschen. Und in der Tat ldsten die Sera derart behandelter
Kaninchen nicht nur Hundeblutkdrperchen, sondern auch Hammelblut-
korpercben auf. 0,05 ccm dieses Immunserums gentigte, um nach
1 I j Stunde Einwirkungszeit prompte, vollstflndige H&molyse einer 5-proz.
Hundeblutaufschwemmung zu veranlassen. Es mufiten also auch hier
2 Immunkdrpertypen angenommen werden, die beim Zerfall des aus
einzelnen, wirksamen Komponenten bestehenden Hundeblutkorperchens
spezifische Reaktionsprodukte entstehen liefien. Die ferneren Versuche
wurden jedoch abgebrochen, weil sich Hundeblut schlecht zu h&molytischen
Zwecken verwerten l&Bt, indem die Hundeblutkdrperchen ofter schon
nach kfirzester Zeit der Einwirkung des spezifischen Serums zu dicken
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Ludke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
99
Klumpen am Boden des Probierrohrchena agglutiniert sind. Auch durch
wiederholtes Schfltteln war in den einzelnen Versuchen h&ufiger keine
deutliche, einwandsfreie Hamolyse zu erzielen.
Eine der ersten analoge Versuchsreihe wurde endlich durch Immu-
nisierung von Kaninchen mit Hammelblut durchgefflhrt. Ich will
einen dieser Versuche hier ausfflhrlicher aufzeichnen:
Einem grofien, schwarz-weiCen, weiblichen Kaninchen werden 20 ccm
defibrinierten Hammelblntes subkutan injiziert. Vor der Injektion ldsten
6 Tropfen dieses Kaninchenserums Hammelblutkflrperchen nicht auf.
Zu 1 ccm Hammelblut fallende Meugen des mit Hammelblut behandelten
Kaninchens
Gelflet in
03 ccm
0,1 „
0,08 „
10 Minuten
15
15
Qeldst in
0,05 ccm I 20 Minuten
0,02 „ | 1'/« Stunden
Zu 1 ccm Ochsenblut fallende Menge dee mit Hammelblut behandelten
Kaninchens
Qeldst in Qeldst in
45 Minuten 0,05 ccm j —
in 2 Stdn. Spur von Ldeung 0,02 „ | —
,, 2 ,, ,, ,, ,,
Im allgetneinen war hier im Vergleich zu der Lbsungskraft des mit
Ochsenblut behandelten Kaninchens auf die zur Vorbehandlung dienende
Blutkorperchenart die Intensit&t und Schnelligkeit der Losung eine er-
heblichere; die Ausbildung der beiden Immunkorpertypen war dagegen
bei dem Ochsenblutkaninchen deutlicher ausgesprochen.
Die Tabelle der Losungsf&higkeit der Abgflsse nach wechselseitiger
Bindung an Hammelblutkbrperchen wie Ochsenerythrocyten ergab folgen-
des Bild:
Immun-
kftrper-
quanta
Hammelblut
geldst in
2 Stunden
Ochsenblut
geldst in
2 Stunden
La
Abgufi A m
an Han
zu
Hammelblut
Bungsfahigkeit
ich Bindung
imeiblut
zu
Ochsenblut
; der Abgt
Abgufi B i
an 0<
zu
Ochsen¬
blut
1886
nach Bindung
;hsenblut
zu
Hammelblut
0,3 ccm
0,1 „
0,08 „
0,03 „
Auc
vollstandige
Ldeung
do.
etarkere
Ldeung
Spur von
Ldeung
h bei diese
fast vollst,
Ldeung
do.
Spur von
Losung
n Untersuc
bungen tral
t bisweilen
das Ph&
vollstandige
Losung
do.
starkere
Ldeung
□omen der
elektiven Absorption an das spezifische Blutkbrperchen undeutlicher zu
Tage, ohne jedoch irgendwie einen Zweifel an der direkten Spezifitat
der beiden Immunkorpertypen zuzulassen.
Wir kommen nun zu folgenden fflr den Spezifit&tscharakter der
HUmolysine im Immunserum wichtigen Schltissen: Im Serum eines mit
einer bestimmten Blutkorperchenart behandelten Kaninchens werden
wenigstens 2 Typen von Ambozeptoren von den h&molysinproduzierenden
Zellen sezerniert. Eine dieser Fraktionen, um mich des von Ehrlich
gew&hlten glflcklichen Ausdruckes zu bedienen, wirkt allein auf die
ursprfingliche zur Injektion verwandte Art von Erythrocyten, die andere
7*
03 ccm
0,1 „
0,08 „
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UNIVERSITY OF CHICAGO
100
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
auch auf eine andere differente Blutkorperchenart Es lfifit sich hieraus
waiter der wohlberechtigte Schlufi ziehen, dafi eventuell bei weiteren
Untersuchungen noch lbsende Einwirkungen eines solchen Immunserums
auf andere BlutkSrperchen als die von mir angefQhrten gefunden werden,
dafi also eine Mehrheit von Immunkbrpertypen bei der Injektion einer
bestiromten Erythrocytenart im Serum entsteht. Die Losungskraft eines
solchen Immunserums ist auch in anderer Beziehung noch keine ein-
seitig beschrfinkte; so konnte ich mich flberzeugen, dafi Serum von
Tieren, die mit Thyreoidextrakten oder Ovarienextrakten vorbehandelt
waren, nicht nur bestimmte cytolytische VerSnderungen an diesen Zell-
arten hervorbrachten, sondern auch die BlutkSrperchen der Tiere, von
denen die Organe entnommen waren, zur Aufldsung brachte.
Analoge Verh<nisse wurden zuerst von v. Dungern 1 ) beschrieben,
der eine Einwirkung von durch Injektion mit Flimmerepithel erzeugter
Immunkorper auch auf die Blutkorperchen des betreffenden Tieres, dem
das Flimmerepithel entnommen war, fand.
Wir mfissen daher eine spezifische Wechselbeziehung
zwischen den Komponenten der zur Behandlung dienen-
den Zellart und den durch sie ausgelbsten Reaktions-
produkten annehmen. Spezifisch sind die durch Immu-
nisierung mit einer Zellart erhaltenen Immunkorper in
Bezug auf die in derselben enthaltenen Komponenten.
(Forteetzung folgt)
JSachdruck verboten.
Experimentelle Beitrage zur Theorie uud Praxis der
Gruber-Widalschen Agglutmationsprobe.
[Aus dem kgl. hygienischen Universitfitsinstitfit zu KQnigsberg i. Pr.
(Direktor: Prof. Dr. R. Pfeiffer.)]
Von Dr. Robert Scheller, Assistent am Institute
In alleijfingster Zeit war ich in der Lage, in eingehenden Versuchen
das Wesen der Agglutinine n&her zu studieren, und konnte, wie ich in
zwei kQrzlich erschienenen Arbeiten n&her auseinandergesetzt habe, es
erweisen, dafi die Agglutinine KOrper aufierordentlich komplexer Natur
sind, Substanzen, die aus zahlreichen miteinander eng zusammenh&ngenden
und miteinander nahe verwandten Komponenten bestehen. Diese Kom¬
ponenten haben funktionelle Beziehungen zu den einzeluen Agglutinogen-
bestandteilen des Bakterienleibes und variieren in verschiedenen Seris
in ihren MengenverhSltnissen, je nach der zur Immunisation verwandten
Agglutinogensubstanz. — Es sind dies Resultate, welche teils die
schbnen Versuche von Joos best&tigen, teils aber mit den Schlufi-
folgerungen der Joosschen Arbeit sich in Widerspruch setzen; denn
Joos hatte dort in, wie ich glaube, allzu schematischer Weise das
Typhusimmunagglutinin als aus einem thermolabilen und einem thermo-
stabilen KOrper zusammengesetzt angenommen. — Kraus und Joachim
1) v. Dungern, Beitrage zur Immunitatelehre. (Geeammelte Arb. z. Immunitats
forschung von r. Ehrlich. Berlin 1904.)
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Scheller, BeitrSge zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. ^01
halten in ihrer j Angst verOffentlichten interessanten Arbeit im wesent-
lichen an dieser J o o s schen Annahme fest. wenn sie anch — unabh&ngig
von meinen Versuchen — doch zu der Ansicht kommen, dafi die Ver-
h<nisse bei den agglutinierenden Seris komplizierter liegen, als es sich
Jo os vorgestellt hat — Ich glaube jedoch annehmen zu dflrfen, dafi
nichts in den Versuchen von Joos sowohl als auch Kraus und
Joachim gegen meine Annahme von einer ziemlich weitgehenden
Komplexit&t der Agglutinine spricht — eine Annahme, zu der ich auf
Grund meiner Agglutinations- und Bindungsversuche kommen muBte.
Wie dem auch sei, nicht nur meine Versucbe, sondern auch jene
von Kraus und Joachim ergeben es klipp und klar, wie kompliziert
die Wirkungsweise der agglutinierenden Sera vor sich geht, und wie
ungerechtfertigt es ist, den Vorgang und das Wesen der Agglutination,
sowie die Bindungsvorgflnge, wie es z. B. jflngst Arrhenius tat, einzig
und allein nach physikalisch-chemischen Prinzipien schablonenhaft mittelst
einer mathematischen Formel erklflren zu wollen.
Wenn der Tierversuch solche Resultate ergibt, daB auch bei gleich-
artig vorgenommener Immunisation der gleichen Tierspecies verschiedene
Individuen oft Sera verschiedener Struktur zeigen, so muB dies not-
gedrungen auf dem Wege von Analogieschlflssen zu der Ansicht fflhren,
daB auch bei der Infektion des Menschen sich wohl Immunsera linden
lassen werden, welche, obzwar alle vom gleichen Krankheitserreger her-
rflhrend und fflr diesen spezifisch wirksam, dennoch in ihrer Agglutinin-
struktur und in ihrer Wirkungsweise verschiedenen Charakter zeigen.
Das Studium der Wirkungsweise der Sera von Typhuskranken ist schon
deshalb von Wichtigkeit, weil hierdurch mdglicherweise einerseits Fehl-
diagnosen haufiger sich werden vermeiden lassen, andererseits es sich
vielleicht herausstellen wird, dafi das Versagen der Serumreaktion bei
sicheren Typhusffillen oft nur ein scheinbares ist und tats&chlich bei Ein-
haltung gewisser VorsichtsmaBregeln und bei einer besseren Kenntnis
der Serumeigentflmlichkeiten sich vermeiden l&fit.
Aus diesen Grflnden hielt ich es fflr angezeigt, die Struktur und
die Wirkungseigentflmlichkeiten menschlicher Typhusimmunsera einem
genauen Studium zu unterziehen; fiber die einschl&gigen Untersuchungen,
die im Gauge sind, werde ich bei einer spfiteren Gelegenheit im ein-
zelnen berichten.
Im folgenden seien nun Beobachtungen mitgeteilt, die ich gelegent-
lich der Anstellung der Gruber-Widal schen Reaktion mit sehr zahl-
reichen Serumproben gemacht habe, welch letztere dem hiesigen hygie-
nischen Institut zum Zwecke der Typhusdiagnose eingesandt worden
waren.
Es war auffallend, wie verschiedenartig die Wirkungsweise ver¬
schiedener Sera war — ich sehe hier natflrlich von dem quantitativen
Ausfalle der Reaktion ab, der, wie jedem bekannt, bedeutend variiert —
und wie verschieden sich namentlich die Reaktionen in ihrem zeitlichen
Verlaufe verhielten. Trotz der groBen Verschiedenheit der einzelnen
Sera lassen sich hier nicht Typen aufstellen; was hier mitgeteilt werden
soil, seien bloB Beispiele fflr den verschiedenartigen Ausfall der einzelnen
Gruber-Widalschen Reaktionen.
Voraussetzung ist fflr die Anstellung der Gruber-Widal schen
Reaktion, daB ein gut erprobter Typhusstamm verwandt wird, der mit
Typhusseris jedweder Provenienz gut agglutinabel sich erweist Deshalb
mflchte ich bemerken, daB der Stamm, der zur Anstellung unserer Typhus-
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102 Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 1.
reaktionen verwandt wurde, sich stets in sehr hohem Grade agglntinabel
erwies bei Anwendung von experimentell gewonnenen Typhusimmunseris
jedweder Provenienz sowie bei alien klinisch sicheren, in ihrem Verlaufe
verfolgten Typhusf&llen.
Zur Kontrolle wurden andere Typhusstfimme benutzt, die, wenn
unser Teststamm inagglutinabel sich erwies, auch niemals agglutiniert
wurden.
Dies vorauszuschicken ist deshalb wichtig, weil es bereits seit langem
bekannt ist, dafi verschiedene Typhusst&mme eine verschiedene Ag-
glutinabilit&t zeigen und man deshalb gut daran tut, mit einem erprobten
Teststarame zu arbeiten.
Ferner mull man bei der Gruber-Widalschen Reaktion stets
darauf achten, dafi die Methodik der Probe immer dieselbe ist, dafi
weiterhin stets gleichaltrige, unter denselben Bedingungen gezflchtete
Kulturen des betreffenden Stammes verwandt werden. Wie sehr Aende-
rungen in der Zllchtungsweise des Stammes zu Aenderungen in dem
Ausfall der Reaktion ffihren, hat namentlich Kir stein eingehend studiert;
ferner habe ich im Anschlusse an Beobachtungen, die ich gelegentlich
meiner Agglutinationsversuche wiederholt gemacht habe, in Gemeinschaft
mit Dr. Liedtke spezielle Studien fiber den Einflufi der Methodik auf
den Ausfall der Gruber -Widalschen Reaktion gemacht, deren Mit-
teilung demn&chst erfolgen dfirfte.
Hier sei nur mitgeteilt, dafi die in unserem Institut angewandte
Methodik wohl die grfifiten Garantien fflr eine Genauigkeit der Werte
bietet Angewandt werden stets 18-stfindige Agarkulturen. Die An¬
wendung der Agarkulturen schliefit die Versuchsfehler aus, die ein
Arbeiten mit Bouillonkulturen, deren Reaktion, Salzgehalt und Wachs-
tumsdichte schwankt, stets aufzuweisen hat, selbstverst&ndlich voraus-
gesetzt, dafi der Agar stets derselbe ist und dafi, wie bereits oben
erwahnt, das Alter der Kultur stets gleich gew&hlt wird. In je 1 ccm
der genau titrierten Serumverdfinnung (verdfinnt wird mit 0,8-proz.
KochsalzlOsung) wird 1 Normalose dieser Typhusagarkultur aufgeschwemmt.
Die Proben werden 2 Stunden im 37°-Brutschrank belassen, eventuell
noch iSngere Zeit bei Zimmertemperatur. Die Reaktion wird stets
makroskopisch — Oder fflr weitsichtige Augen mit Lupe — betrachtet.
Urn die Agglutination in den oberen Grenzwerten sichtbar zu machen,
wird das Probierrbhrchen fast horizontal fiber dem Beschauer bei scbrfig
von vorn-oben einfallender Lichtquelle gehalten; es werden bei geflbtem
Auge — bei nicht kurzsichtigem unter Anwendung der Lupe -- stets selbst
Spuren von Agglutination mit Sicherheit diagnostiziert werden konnen.
Als sicher positiv kfinnen wir die Probe betrachten, wenn sie zu-
mindestens in einer Verdfinnung von 1 :40 vollstfindig, in der Ver-
dfinnung 1 : 80 noch deutlich agglutiniert wird.
Unter solchen Kautelen und bei genauer Beobachtung durch ISngere
Zeit hindurch sind die Reaktionen angestellt worden, von welchen in
folgendem die Rede sein soil.
In einer grofien Reihe von Reaktionen mit Seris verschiedener
Typhuskranken kann man eine gewisse GesetzmSfiigkeit im zeitlichen
Verlauf der Reaktionen beobachten: Kurze Zeit (V 4 Std. bei Zimmer¬
temperatur) nach Anstellung der Reaktion sind mehr oder minder starke
Konzentrationen agglutiniert, erst nach Ablauf von 2 Stunden Brut-
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Scheller, Beitrfige zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. J03
schrankaufenthalt ist der Hdhepunkt der Reaktion zuraeist g&nzlich oder
beinahe erreicht. War die Reaktion anfangs negativ Oder nur sehr
niederwertig, so ist die SchluBreaktion ebenfalls verhkltnism&Big nicht
sehr hoch; war die Reaktion dagegen bereits kurz nach Beginn hoch-
wertig, so ist sie am Schlusse zu Werten angestiegen, die mit den
Anfangswerten in einem ahnlichen Verh<nisse stehen, wie die vorzitierte
niedrige SchluBreaktion zu ihrer Anfangsreaktion (s. Tab. I und Tab. II;
samtliche Tabellen der Arbeit zeigen beispielsweise Ausf&lle von Gruber-
Widalscben Reaktionen mit uns eingesandten Seris von si chore n
Typhuskranken).
TabeUe I.
sogleich
v 4 8td. Zimmer-
temperatur
2 Std. Brut-
Bchranktemp.
weiter 1 Std.
Zimmertemp.
20 Std. Zimmer-
temperatur
1:10
0
unvollstandig
vollstandig
vollstandig
vollstandig
1:20
0
0
it
i»
1:40
0
0
Tl
i*
1:80
0
0
unvollstandig
unvollstandig
unvollstandig
1:160
0
0
0
Spuren
Spuren
1:320
0
0
0
0
0
1:640
0
0
0
0
0
1:1280
0
0
0
o
0
Tabelle II.
aogleich
V 4 Std. Zimmer-
2 Std. Brut-
weiter 1 Std.
20 Std. Zimmer-
temperatur
schranktemp.
Zimmertemp.
temperatur
1:10
1:20
unvollst.
0
vollstandig
unvollstandig
vollstandig
l y
vollstandig
yy
vollstandig
ti
1:40
0
Spuren
II
»
i ii
1:80 '
0
0
It
99
ti
1:160
0
i o
unvollstandig
II
>i
1:320
0
0
Spuren
unvollstandig
unvollstandig
1:640
0
0
0
Spuren
ti
1:1280
0
1 0
0
0
j 0
Ein derartiger Verlauf der Reaktion ist, wie gesagt, ziemlich h&ufig;
ja es kann wohl unter Urastfinden passieren, daB Untersuchern, die nicht
gerade eine aufierordentlich groBe Zahl von Typhusuntersuchungen an-
znstellen hatten, mOglicherweise immer oder grdBtenteils ein derartiger
Verlauf der Gruber-Widalschen Reaktion zur Beobachtung gekommen
sein mag, so dafi wohl hieraus der SchluB gezogen werden kdnnte, der
Verlauf masse stets ein derartiger sein. Ebenso kdnnte man vielleicht
infolgedessen sich veranlaBt sehen, eine Gruber-Widalsche Reaktion
bereits nach ihrer anf&nglichen Intensity zu beurteilen, und einen
Gruber-Widal.der anfangs oder ‘/ 4 Stunde nach Beginn (bei Zimmer-
temperatur gehalten) sich negativ, auch in den starken Konzentrationen
zeigt, schon im Vorhinein als hdchstens schwach positiv, und umgekehrt
eine Reaktion, die bereits im Anfange des Verlaufes in den Werten
1 :20 oder gar 1 :40 Agglutination zeigt, als sehr stark positiv zu
betrachten. Doch so einfach und regelm&Big gesetzra&Big liegt die Sache
nicht; der Verlauf der diagnostischen Agglutinationsproben bringt oft
unvorhergesehene Ueberraschungen. ProbeD, die anfangs schwach positiv
oder ganz negativ sich erweisen, steigen oft in ihrem Verlaufe bis zu
hohen Agglutinationswerten, w&hrend umgekehrt Proben, die bereits
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104
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1.
anfangs verh<nism&Big hohe Werte zeigten, in ibrem Verlaufe keine
oder our eine sehr gerioge Steigerung erf&hren (s. Tab. Ill and IV).
Tabelle III.
(Ein Typhuskrankenserum, das anfangiich sehr niedrig, schliefilich im Verlaufe
sehr hoch reagierte.)
1
gleich
1/ 4 Std. Zimmer¬
temperatur
2 Std. Brut-
schranktemp.
weiter 1 Std.
Zimmertemp.
20 Std. Zimmer¬
temperatur
1 :10
0
Spuren
vollstandig
vollstfindig
vollBtftndig
1:20
0
0
ff
1:40
0
0
>»
1:80 .
0
0
n
” i
1:160 1
0
0
jj
n
1:320
0
0
tf
tt
1:640
0
0
Spuren
unvollstandig
tt
0
1:1280
0
0
0
0
Tabelle IV.
(Typhuskrankenserum, dessen Anfangsreaktion ('/« Std.) sehr hochwertig war, dessen
Endreaktion aber nur um ein geringes geetiegen war.)
gleich
v 4 Std. Zimmer-) 2 Std. Brut- j
temperatur schranktemp. j
weiter 20 Std.
Zimmertemp.
1:10
deutlich
vollstandig vollstandig
vollstandig
1:20
!
11
n
1:40
0
»i
11
>i
1:80
0
fast vollstandig fast vollstfindig
fast vollstandig
1:160
0
Spuren „ „
ii i«
1:320
0
0
0
0
1:640
0
0
0 !
0
1:1280
0
0
o !
0
Urn dem Einwande zu begegnen, es kdnnten hier uogekanote Ab-
&d derun gen in der Methodik der Proben fflr den verschiedenen Verlauf
derselben die Ursacbe sein, so will ich bemerken, dad ich wiederholt in
der Lage war — erst in der jQngsten Zeit etliche Male — einen der-
artig verschiedenen Ablauf der Reaktion bei Proben zu studieren, die
gleichzeitig im Institut behufs Diagnosestellung einliefen. Die
gleichzeitige Anstellung derartiger Proben unter Anwendung der
gleichen Methodik (gleiche Mengen derselben Typhusagarkultur, genau
gleiche Temperaturen, gleiche Zeiten) sichert den Resultaten derartiger
Proben die Bedeutung eines exakten Experimentes. Urn den Verlauf
zweier gleichzeitig unter denselben Bedingungen angestellter Reaktionen
mitzuteilen, habe ich in Tabelle V die beiden Reaktionen in ihrem Ver¬
laufe einander gegenflbergestellt.
Tabelle V.
j Agglutinationswert von
Serum A j Ser um B
nach a /a Std. Zimmertemperatur 1:10 1:320
„ 2 „ Brutschranktemperatur 1:320 j 1:320
„ 20 „ Zimmertemperatur 1:640 | 1:320
Wie wir sehen, hat das erste Serum ans Tabelle V nach 1 / 4 Stunde
bei Zimmertemperatur nur in der Konzentration 1:10 positiv reagiert.
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S c h e 11 e r, Beitrttge znr Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. 105
w&hrend das zweite Serum zu dieser Zeit bereits Agglutination bis zu
der Verdannuug 1 :320 zeigte. Nur zu leicht h&tte man voreilig hier
zu dem Schlusse kommen kdnuen, daB Serum B einen 32mal so hoheu
Reaktionswert als Serum A besitze, daB, mit anderen Worten, das
Resultat am Ende der Reaktion so sein werde, dafi Serum A als ver-
h<nismSBig niederwertig, Serum B als bedeutend bochwertiger agglu-
tiniereud sich erweisen werde. Der Verlauf zeigte einen Gberraschenden
Gegensatz zu dieser eventuellen Voraussetzung: Serum B hatte nach
nach */« Stunde bereits seinen hdchsten Wert 1:320 erreicht, den es auch
20 Stunden nicht mehr (iberstieg; Serum A hingegen, dessen Reaktions¬
wert nach l / t Stunde nur Vs* des Reaktionswertes B erreichte, reagierte
nach 2 Stunden Brutschranktemperatur ebenso hoch wie Serum B, nach
weiteren 20 Stunden Zimmertemperatur doppelt so hoch wie Serum B.
Also einanfangs bedeutend niedrigerreagierendes Serum
kann hohere Endwerte erreichen als ein unter gleichen
Bedingungenanfangsverh<nism&Bighochreagierendes
Serum.
DaB ein Serum nach 2 Stunden Brutschrankaufenthalt keine Agglu¬
tination zeigt, und dennoch bei weiterem Aufenthalte bei Zimmer¬
temperatur sich als verhfiltnism&Big hoch reagierend erweisen kann,
gehdrt zwar sicherlich zu den allergrOBten Seltenheiten; aber gerade
deswegen verdient vielleicht eine derartige langsame Reaktion Erwfibnung,
die ich bei einer Typhusserumprobe verfolgen konnte und in Tabelle VI
wiedergebe.
TabeUe VI.
sogleich
V 4 std.
Zimmer¬
temperatur
2 Std. Brut¬
schrank¬
temperatur
weiter
5 Std.
Zimraer-
temp.
10 Std. Zimmer¬
temperatur
20 Std.
Zimmer¬
temperatur
I : 10
0
0
0 od. Bpuren
1 deutlich
voilst&ndig
vollstandig
1:20
0
0
0
Spuren
fast vollstandig
tt
1:40
0
0
0
0
tt tt
tt
1:80
0
0
0
0
deutlich
tt
1:160
0
0
0
0
Spuren
un vollstandig
1:320
0
0
0
0
0
Spuren
1:640
0
0
0
0
0
0
1:1280
0
0
0
0
0 I
0
AnmerkuQg. DaB Resultat nach 2 Stunden liefi es nach unsern sonstigen Er-
fahrungen fur beinahe sicher erscheinen, dafi hier eine negative Gruber-Wiaalsche
Probe vorliege, und da hier wegen sehr dringlicher Verhaltnisse schnellste telegraphische
Antwort erwiinscht war, so telegraphierten wir in diesem Sinne, mufiten aber bereits
am Abend die positive Typhusdiagnose telegraphisch feststelien.
Davon, daB hier sichere spezifische Typhusserumreaktion vorlag, daB
also die schlieBliche Diagnose „ Widal stark positiv 44 keine Fehldiagnose
war, konnte ich mich dadurch uberzeugen, daB eine nach mehreren Tagen
— auf mein Ersuchen — eingesandte nochmalige Blutprobe von dem-
selben Patienten eine raschere und bedeutend hOhere Reaktion zeigte.
Einen g&nzlich abweichenden Verlauf, wie ich ihn weder je bei
meinen Experimenten mit tierischen Immunseris, noch jemals bei
diagnostischen Serumreaktionen gesehen habe, konnte ich ein einziges
Mai bei einer diagnostischen Serumreaktion beobachten. Innerhalb der
ersten Viertelstunde bei Zimmertemperatur war die Reaktion ziemlich
deutlich bis 1: 40 positiv geworden, so daB bereits zu dieser Zeit die
Diagnose tt Widal positiv 44 so gut wie gesichert schien. Da zeigte es
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106 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
sich wunderbarerweise, dafi mit dem Beginne des Brutschrankaufent-
haltes die Intensitfit der Reaktionen in den einzelnen frflher deutlich
agglutinierenden Konzentrationen sich verminderte, dafi zunfichst diese
Konzentrationen nur spurenweise Agglutination zeigten. Wenn auch
innerhalb des weiteren Aufentbaltes im Brutschrank Agglutination auch
in hflheren Verdflnnungen auftrat, so blieb sie in alien diesen Rflhrchen,
sowie in den bereits frflher erwfihnten nur spurenweise sichtbar, solange
die Proben sich im Brutschrank befanden. Nach Entnahme der Proben
aus dem Brutschranke wurde die Intensitfit der Reaktionen in alien
positiven Verdflnnungsrflhrchen schnell wieder bedeutend stfirker;
Tabelle VII zeigt den anomalen Verlauf dieser Reaktion, die, wie ich
betonen mochte, mit dem Serum eines sicheren Typhuskranken aus-
gefflhrt wurde.
Tabelle VII.
80-
gleich
V 4 std.
Zimmer¬
temperatur
1 Std.
Brutschr.-
temp.
2 Std.
Brutschr.-
temp.
1 Std.
Zimmer¬
temperatur
2 Std.
Zimmer¬
temperatur
20 Std.
Zimmer- .
temperatur
1:10
Spuren
vollstandig
Spuren
Spuren
volktandig
vollstandig
vollstfindig
1:20
0
fast vollst.
ii
ii
ii
11
1:40
0
unvollst.
>»
1
>>
fast vollst.
it
11
1:80
0
0
0 ;
a
unvollstandig
ii
11
1:160
0 i
0
0
ii
Spuren
unvollstandigun vollstandig
1:320
0 1
0
0
0
0
Spuren
Spuren
1:640
o I
0
0
0
0
0
0
1:1280
o 1
0
0
0
0
0
0
Wenn auch die theoretische sowie die praktische Nutzanwendung
all dieser Reihen spfiter ausfflhrlich behandelt werden soli, sei bier
dennoch eine kurze Besprechung des Verlaufes der letzterwfihnten
Reaktion eingeflochten. Die meisten einfachen biologischen Reaktionen
verlaufen stets stfirker bei Brutschranktemperatur, und auch jede Agglu¬
tination geht schneller und intensiver vor sich, wenn man die Temperatur
von 37° wfihlt Hier nun findet sich die scheinbare Gesetzwidrigkeit, dafi
die Reaktion, die bereits bei Zimmertemperatur verhfiltnismfifiig intensiv
aufgetreten war, bei Einwirkung von Brutschranktemperatur an Deutlich-
keit verliert Wir mflssen annehmen, dafi gerade hier die Brutschrank¬
temperatur einer die Agglutination hemmenden Reaktion zur Entstehung
geholfen hat; welcher Natur diese Hemmung war, konnte ich leider nicht
feststellen, da nur eine ganz minimale Menge von Serum zur Diagnose
eingesandt worden war, und die Untersuchung des spfiter eingesandten
Serums von demselben Falle eine intensivere Reaktion ohne irgendwelche
Hemmung zeitigte. Es kann hier zunfichst in Frage kommen eine durch
die Brutschranktemperatur angefachte, der Agglutination entgegen-
wirkende Bewegungsenergie der Typhusbacillen; da die Typhusbacillen
aber dieselben waren, die wir stets angewendet hatten, und an denen
ich niemals ein derartiges Phfinomen wahrgenomraen habe, so liefie sich
hier ein eventueller derartig wirksamer Einflufi auf die Typhusbacillen
nur damit erklfiren, daB hier keine intensive Bindung zwischen Bakterien-
rezeptoren und Serumagglutinin stattgehabt hat, so daB eben die die
Bewegung anfachende Brutschranktemperatur hierdurch die agglutinierten
Massen lockern konnte. Nun kflnnle man einwenden, daB, wenn die
Bindungsffibigkeit der Rezeptoren unserer Typhusbacillen mit jenem
Serum eine so geringe gewesen ist, es unverstfindlich wfire, dafi die
anffinglichen und schliefilichen Agglutinationswerte so hohe gewesen
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Scheller, BeitrSge zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. 107
sind; darauf mdchte ich bemerken, daB ich auf Grund frflher mitgeteilter
Versuche der Meinung bin, daB die BindungsintensitSt mit der Agglu-
tinationshohe in keiner Proportion steht — Liegt die Ursache nicht in
den Bakterien, resp. in ihrem Rezeptorenapparate, so kdnnten hier in
zweiter Linie hemmende Substanzen im Seram in Frage kommen, die
durch die Brutschranktemperatur erst in Wirkung traten; ob bier be-
sondere Agglutinoide im Serum vorgebildet waren, die erst bei Brut¬
schranktemperatur zur Bindung gelangten und die Bindung der Agglu-
tinine aufhoben, oder ob andere hemmende Substanzen hier im Spiele
gewesen sein kdnnen, mdchte ich nicht zu entscheiden wagen. Doch
mdchte ich roich deshalb, weil diese Hemmung gleich nach dem Brut-
schrankaufenthalte allm&hlich aufhdrte, dagegen aussprechen, daB hem¬
mende Substanzen, die an die Bakterien verankert worden waren, mit
im Spiele waren und mdchte der ersten Auffassung das Wort reden,
in welcher ich annehme, daB hier eine geringe Bindungsintensitfit der
Bakterienrezeptoren mit den Agglutininen und eine durch die-Brut¬
schranktemperatur gesteigerte Bewegungsenergie der Bakterien die
Ursache far die tempordre Hemmung abgegeben haben. Jedenfalls hatte
eine solche Widalsche Probe in ihrem Verhalten, nur sofort nach Ent-
nahme aus dem Brutschranke beobachtet, zu einer falschen Diagnose
fQhren kdnnen.
Nun mdchte ich als Beispiel dafOr, dafi ich auch dfters beim mensch-
licbem Typhusimmunserum Hemmungszonen beobachten konnte, wie sie
seit langem bei den Immunseris beobachtet worden waren, den Ausfall
einer Agglutination mit einem derartigen Serum in Tabelle VIII mitteilen.
Tabelle VIII.
'
sogleich
V 4 Std. Zimmer-
temperatur
2 Std. Brut-
schranktemp.
20 Std. Zimmer-
I temperatur
1:10
0
0
Spuren
deutlich
1:20
0
0
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1:40
0
0
. 1
1:80
0
Spuren
unvollfltandig
unvollatandig
1:160
0
0
vollstfindig
volletandig
1:320
0
0
?>
i)
1:640
0
0
ti
i?
1:1280
0
0
unvollatandig
unvollatandig
1:2560
0
0
0 I
0
Eine Besprechung dieser Tabelle von theoretiscben und praktischen
Gesichtspunkten aus erfolgt im Zusammenhang mit den andern Ergeb-
nissen dieser Arbeit weiter unten.
Tabelle IX.
v 4 Std. Zimmer-
temperatur
2 Std. Brut-
schranktemp.
20 Std. Zimmer-
temperatnr
1:10
Spuren
fast vollst&ndig
fast vollstandig
1:20
0
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tt 71
1:40
0
»> » ■
\ tt tt
1:80 .
0
tf ft
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1:160
0
ft n
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1:320
0
unvollstSndig
un vollstandig
1:640
0
Bpiirenweise
spuren weise
1:1280
0
0
0
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108 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1.
Tabelle IX zeigt den ebenfalls erst sp&ter n&her zu besprechenden
atypischen Ausfall eines Widals, der hochwertig, aber in alien Ver-
dfinnungen unvollst&ndig agglutinierte.
Es sei nun gestattet, die oben angefflhrten Versuchsreihen einer
n&heren Erorterung zu unterziehen. Wenn aucb eine ganz eingehende
Untersuchung der Struktur und der Wirkungsweise menscblicber Typhus-
immunsera erst im Gange ist, so dttrfte sich dennoch an der Hand der
oben angefQbrten Versucbe — die nur als Beispiele fflr den mannigfaltig
wechselnden Verlauf der Agglutinationsreaktion gelten sollen — mancher
fQr Theorie und Praxis wichtige Gesicbtspunkt ergeben.
Vor allem fallt uns, wie ich bereits oben betont habe, auf, wie ver-
schieden der zeitliche Verlauf der einzelnen Reaktioneu sich offenbart.
Bald haben wir ein Serum in der Hand, welches in allm&blichem An-
steigen seinen Hdbepunkt im Verlauf von 2 Stunden Brutschranktempe-
ratur erreicht, bald kommt ein Serum zur Diagnosestellung, das gleich
mit Beginn der Reaktion einen hoben Oder gar seinen hbchsten Agglu-
tinationswert in rapider Schnelligkeit erlangt bat, w&hrend andere Sera
so tr&ge reagieren, daB sie erst im Verlaufe von sehr langer Zeit all-
m&hlich zu positiven Agglutinationswerten gelangen. Bemerkt habe ich
bereits oben, dad alle diese Untersuchungen mit einem und demselben
erprobten Stamme unter Anwendung der gleichen erprobten Metbodik
ausgeffihrt wurden.
A priori rniiBte man nun annehmen, dad zwei Sera, die fflr eine
und dieselbe Bakterienkultur ein und denselben Agglutinationswert haben,
auch in ihrer Reaktionszeit gegenilber ein und derselben Bakterienauf-
schwemmung sich gleich verhalten. Eine solche Annahme erwiese sich
aber nur dann als sticbhaltig, wenn wir es bei der Agglutination mit
einfacben und unkomplizierten Substanzen zu tun h&tten. So aber
mttssen wir nach meinen Untersuchungen, denen die Versuche von
Kraus und Joachim nicht widersprecben, die Agglutinine als fiuderst
komplexe Substanzen auffassen; die einzelnen Komponenten variieren in
ihrer Menge in verschiedenen Seris sowohl infolge einer verschiedenen
Immunisation, als auch infolge der verschiedenen Reaktionsweise ver-
schiedener Individuen (auch derselben Tierspecies) bei gleichartiger
Immunisation. Das Gemeinsame aller dieser Komponenten, die zu ein-
ander wohl im Verh<nisse von Modifikationen stehen, ist eine spezifische
bindende Gruppe, die mit alien spezifischen Agglutinogenen des Bacillen-
leibes eine Bindung eingehen kann; der sichtbare Effekt der Agglutinin-
Agglutinogenreaktion — die Agglutination — h&ngt nur insofern von
der Reaktion der bindenden Gruppen ab, als ohne Bindung keine Agglu¬
tination erfolgen kann; die Annahme aber, dafi Bindungsintensit&t und
Agglutinationshohe parallel miteinander einbergehen mflssen, laCt sich
nach dem Ausfalle meiner Bindungsversuche mit experimentell ge-
wonnenen Typhusimmunseris nicht mehr aufrecht erhalten. Auch die
Schnelligkeit der Agglutinationsreaktion dQrfte in keinem gesetzm&fiigen
Parallelismus mit der BindungsaviditSt verlaufen, da ich ja bei Ver-
suchen mit Tierseris nicht iminer eine tr&ger und weniger intensiv ver-
laufende Agglutination mit geringerer Bindungsaviditat in Zusammenhang
bringen konnte. Die Bindung ist nur die Grundbedingung furs Zu-
standekommen der Agglutination flberhaupt; die Intensit&t, die Hdhe
und der zeitliche Verlauf der Agglutination h&ngt meines Erachtens nur
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Scheller, Beitrfige zur Kenntnis der Gruber* Widal schen Agglutinationsprobe. 109
von der Beschaffenheit und den Mengenverhaltnissen der verschiedenen
funktionellen Komponenten im Serum einerseits und von den Agglu-
tinogenen des Bakterienleibes andererseits ab. Ein und dieselben Agglu-
tinogene finden in verschiedenen Seris nicht immer gleich gut fur sie
wirksame funktionelle Agglutiningrup))en vor. Daher diirfte es sich auch
erkltiren, daB unser Typhusbacillenstamm, mit Seris verschiedener Typhus-
kranker, die, sofern sie aus verschiedenen Gegenden waren, sicherlich
verschiedenen Typhusstammen ihre Krankheit verdankten, zeitlich ver-
schiedene Reaktionen gab. DaB es aber infolge der Verschiedenheit der
Agglutinine und Agglutinogene soweit kommen kann, daB ein erprobter
alter gut agglutinabler Typhusstamm bei der spezifischen Agglutination mit
Seris, die andere Typhusstamme spezifisch agglutinieren, versagen kann,
das mochte ich dennoch bezweifeln; soweit geht die Verschiedenheit
der Sera doch nicht. Ich wenigstens konnte mich tiberzeugen, daB in
Fallen, wo unser Laboratoriumsstamm die Agglutination verweigerte,
auch andere Stamme keine spezifische Agglutination zeigten. Anders
ist es freilich mit frisch aus dem Tierkorper oder dem Menschen ge-
ziichteten Stammen; die diirfen wir fur die Typhusdiagnose nicht ver-
werteu; denn erstens konnen sie tiberhaupt inagglutinabel sein oder
aber fur gewisse Sera agglutinabel, fiir andere nicht.
Es sind das Verhaitnisse, wie sie zuletzt Friedberger an einem
frisch geztichteten Stamme studiert hat. Ob die absolute oder relative
Inagglutinabilitat dieser frischen sehr virulenten Typhusstamme auf einer
besonderen Rezeptoreubeschaffenheit beruht oder ob die Agglutinogen*
substanz durch die Tierpassage und den EintiuB der Tieragglutinine
innerhalb des Organism us sich geandert hat und gewissermaBen gegen
die Agglutinine immunisiert worden ist oder ob auch eine vermehrte
Lebensenergie der Bacillen hier mitwirkt, das sind Fragen, die zur Zeit
trotz einschlagiger Untersuchungen zahlreicher Autoren (Ph. M tiller,
Hamburger, Walker, Cohn etc.) noch nicht mit Sicherheit sich
beantworten lassen. Jedenfalls ist eines durch die Erlahrung nach-
gewiesen, daB alle diese betreffenden Stamme nach Umztichtung auf
ktinstlicheu Nahrboden in mehr oder minder langer Zeit — manchmal
freilich erst im Verlaufe von vielen Jahren — ihre absolute oder relative
Inagglutinabilitat verlieren und verlaBliche spezifische Reagentien ftir
die Diagnose der betreffenden Sera werden. So haben verschiedene
frtiher nicht gut agglutinable Stamme, die aus Frankfurt, GieBen, Wien
etc. stammten, nachdem sie im Laufe der Jahre durch Umztichtung gut
agglutinabel geworden sind, sich bei spezifischen Seris stets agglutinabel
gezeigt.
Wenn Falta und Noeggerath, deren Mitteilung auf der Natur-
forscherversammlung 1904 mir im Referate der Mtinchener medizinischen
Wochenschrift vorliegt, ein Versagen der Agglutination bei gewissen
Typhusstammen, bei gleichzeitiger Agglutination anderer Typhusstamme
beobachtet haben, so dflrfte es sich um frischere Typhusstamme von
nicht absolut guter Agglutinabilitat gehandelt haben oder es dtirfte bei
den betreffenden Fallen ftberhaupt keine spezifische Agglutination, sondern
nur eine Partialagglutination von Typhusbacillen vorgelegen haben. Diese
Verhaitnisse werde ich spaterhin noch streifen mtissen.
Ich mochte — zusammenfassend — sagen, daB der zeitlich so
verschiedene Ablauf der Agglutination, wie er in den
Versuchen dieserArbeit sich zeigt, wo 111 imwesentlichen
von den Beziehungen der funktionellen Gruppen der
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HO Centralbl. f. fiakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.-
verschiedenen Sera zo unseren Typbusagglutinogenen
abh&ngig war; dafi die Schnelligkeit der Bindung wohl
auch bis zu einem gewissen Grade die Schnelligkeit der
Reaktion beeinflussen mag, 1 ft & t sich nicht lengnen,
docb ist es nicht richtig, die Bindungsavidit&t allein
veran twortlich zu machen fflr den Ablauf der Agglutina-
tionsreaktion.
Dafi eine lockere Bindung zwischen Rezeptoren und Agglutininen
auch Anlafi geben kann zu einer auff&lligen Aenderung in dem Agglu-
tinationsverlauf, habe ich vermutungsweise in der Besprechung des atypi-
schen Verlaufes einer Reaktion, die Tabelle VII wiedergibt, angenommen.
Es ist noch notwendig, in kurzem den Reaktionsverlauf in Tabelle VIII
zu besprechen, wo uns die Hemmung iu den st&rkeren Konzentrationen
auff&llt. Solche Hemmungszonen findet man bekanntlich oft bei Immun-
seris, und schreibt sie jetzt allgemein der Wirkung von Agglutinoiden
zu, das sind Substanzen, die, wie haupts&chlich die Arbeiten von
Eisenberg und Volk sowie Wassermann zeigen, nur noch die
bindende Gruppe bei Verlust der funktionellen Gruppe erhalten haben;
dafi es die Agglutinoide sind, die die oben erw&hnten Hemmungszonen
bewirken, haben Wassermann sowie LipschQtz ausgesprochen;
experimentell ein Gemisch von Agglutinoiden und Agglutininen zu er-
zeugen, das eine Hemraungszone, analog den spontan vorkommenden,
aufwies, und damit einen Beweis fflr die Agglutinoidnatur der hemmen-
den Substanzen zu liefern, ist rair in meinen bereits frflher publizierten
Agglutinationsversuchen gelungen.
Einen Punkt mflchte ich hier noch erwfthnen, und zwar, dafi solche
Hemmungszonen keineswegs immer von Agglutinoiden, wenn wir darunter
nur Zerfallsprodukte von Agglutininen mit allein erhaltener haptophorer
Gruppe verstehen, herrflhren mflssen. Wir kflnnen auf Grand theo*
retischer Erwfigungen vielmehr annehmen, dafi hier und da auch far
einen Bakterienstamm eine Agglutinoidwirkung, durch Agglutininkom-
ponenten erzeugt werden kann, die fflr einen anderen Stamm agglu-
tinierend wirken; wissen wir doch, dafi, obwohl die vorhandene funktio-
nelle Gruppe fflr eine Agglutinogensubstanz nicht agglutinierend zu
wirken braucht, doch die haptophore Gruppe fflr diese Agglutinogen-
substanz bindungsfahig sein kann, also die betreffenden Agglutinin-
komponente fur gewisse Agglutinogenmodifikationen so wirken kann,
wie ein Agglutinoid. Wir mflssen an eine solche freilich noch nicht
bewiesene Eventualitflt namentlich denken, wenn wir ganz frische Sera
haben, die nur fflr gewisse Typhusst&mme — nicht fflr alle — eine
Hemmungszone haben.
Agglutinoiden im engeren Oder im eben beschriebenen weiteren
Sinne des Wortes ist wohl auch die UnvollstJLndigkeit der Agglutination
in Tabelle IX zur Last zu legen und zwar mufi hier wohl, weil die
Agglutinationshemmung so hoch hinauf geht, eine grofie Agglutinoid-
menge angenommen werden. Ueber die Agglutinoidwirkung auf- die
Gruber-Widalsche Reaktion haben Falta und Noeggerath (1. c.)
auf der Naturforscherversammlung 1904 einiges mitgeteilt, worflber ich
mich, da die Verhandlungen der Versammlung noch nicht vorliegen,
nicht nflher ftufiern kann.
Betrachten wir die theoretischen Ergebnisse unserer Versuchsreihen,
so kdnnen wir sagen, dafi sie eine Best&tigung und Erg&nzung der
Agglutinationsversuche mit tierischen Seris liefern.
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Schoiler, BeitrSge our Kenntnis dor Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. m
Ich mdchte noomehr dazu fibergehen, einige Ponkte zu besprechen,
die sich aus den bisherigen experimentellen Agglutinationsforschungen
Oberhaupt, sowie im speziellen aus den Versuchsreihen dieser Arbeit
fflr die praktische Verwertung der Agglutination ergeben. Fflr die
Typhusdiagnose wird ja bekanntlich die Agglutination in zweierlei Weise
nutzbar gemacht: 1) das Serum eines typhusverd&chtigen Patienten, das
in seiner Spezifitfit nocb fraglich ist, wird auf seine Agglutinationsf&hig-
keit gegenfiber einer Typhustestkultur geprfift. — 2) Ein typhusver-
d&chtiger Bacillenbefund bei einem Typhusverd&chtigen wird auf seine
Agglutinabilit&t mit einem hochwertigen Typhusimmuntestserum ge-
prQft. —
In beiden Fallen setzt uns der positive Ansfall der Agglutinations¬
probe innerhalb gewisser Grenzen in die Lage, mit grofier Bestimmtheit
die Diagnose „Typhus abdominalis“ zu stellen. Ein negativer Befund
wird die Diagnose fraglich macben, eventuell oft zur Stellung einer
anderen Diagnose Veranlassung geben.
Da wir uns nun im klaren sind fiber die wichtige Verantwortung,
die dem Ausfall der Agglutinationsprobe ffir die definitive Diagnose des
Unterleibstyphus zukommt, mfissen wir uns fragen, ob diese Probe wirk-
lich soweit verl&filich ist, dafi man ihr eine derartige Entscheidungsbe-
rechtigung zusprechen darf.
Von mancher Seite sind ja oft Zweifel an dem Werte der Gruber-
Widalschen Reaktion erhoben worden, einerseits, weil sie angeblich in
sicheren Typhusffillen versagt, andererseits, weil aucb positive Reaktion
bei Nicbttypbusfallen vorkomme. Und auch in jfingster Zeit hort man
wiederholt ein Verdammungsurteil fiber die Gruber-Widalsche
Reaktion aussprechen. Fast muB es den Anschein baben, als ob auch
icb mich auf Grund der Versuche dieser Arbeit sowohl, als auch der
frfiber mitgeteilten Untersuchungen an experimentell gewonnenen Seris
gegen eine Verl&Blichkeit und Verwertbarkeit der Gruber-Widalscben
Reaktion aussprechen mflfite; konnte ich doch — analog den Resultaten
von Kraus und Joachim — in meinen frfiheren Arbeiten eine grofie
Variability in Menge und Art der Agglutinine bei den experimentell
gewonnenen Typhusseris konstatieren, konnte ich ja auch in dieser Arbeit
den Ablauf der Gruber-Widalschen Reaktion als sehr wechselnd
feststellen. Ja man wird sogar einwenden, dafi die von mir mitgeteilten
Reaktionen wohl obihrer definitiven H6he einen Zweifel an ihrer Typhus-
spezifitat nicht haben aufkommen lassen, dafi aber wohl die Entscheidung
vielleicht sehr schwer werden dfirfte, falls diese Reaktionen nicht so hoch-
wertig gewesen wfiren.
Vor allem mdchte ich nach den Erfahrungen, die wir bei unseren
diagnostischen Agglutinationsproben gemacht haben, es als erwiesen be-
trachten, dafi die Gru ber- Widal sche Agglutinationsprobe nach wie
vor das beste diagnostische Mittel ffir die Erkenntnis des Typhus ab-
dominalis ist.
Meiner Meinung nach h&ngt die grofite Zahl der beschriebenen
Fehlerquellen, von der Art der Anstellung und Beurteilung des
Widals ab.
Es kann zunfichst vorkommen, dafi der Widal gfinzlich negativ ist,
obzwar sicherer Typhus abdominalis vorliegt; doch kommt das erfahrungs-
gemfifi, wenn es hier und da beobachtet wird, doch meistens nur in den
ersten Tagen der Erkrankung vor; eine erneuerte Untersuchung des
nach einigen Tagen neuerdings entnommenen Krankenblutes wird fast
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112 Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
stets eine A ggl urination sreaktion ergeben. Ja, in einem solchen Falle
ist dann selbst eine Agglutination, die nur in den st&rkeren Konzen-
trationen stattfindet, fOr Typhus in hohem Malle beweiskraftig, da sie
ja erst im Verlaufe der Erkrankung als Reaktionsergebnis der gegen-
wflrrigen Infektion entstanden ist und, da sie anfangs negativ war, nicht
auf einen frflher flberstandenen Typhus zurfickzuftihren ist. Man wird
also nicht unbedingt aus einem anf&nglichen Versagen der Agglutinations-
probe in alien Fallen auf Nichtvorhandensein eines Typhus abdominalis
schliellen kflnnen, sondern, wenn die klinischen Erscheinungen ver-
dachtig sind, die epidemiologische Wahrscheinlichkeit einer Typhuser-
krankung vorliegt, die Krankheit selbst erst in den Anfangsstadien ist,
wird man bei einem solchen — seltenen — Versagen der Widalschen
Reaktion die Diagnose in suspenso lassen, und einen neuerlichen Serum-
befund abwarten. In jenen sehr seltenen Fallen, wo die Widalsche
Reaktion im ganzen Verlaufe der Krankheit negativ ist, wird eine gleich-
zeitige Stuhluntersuchung oft die Aetiologie von Typhusbacillen feststellen
kflnnen.
Nun kommt es auch vor, daB bei typhusverdachtigen Personen
die Serumprobe nur sehr niedrig agglutiniert, so daB entweder nur der
Grenzwert zwischen „Widal positiv" und „Widal negativ" (unvollstandige
Agglutination von 1:40) erreicht wird oder daB die Agglutination Qber-
haupt nur bis 1:10 oder 1:20 hinaufgeht.
Auch hier wird man sich fragen mflssen, welche Zeit seit Beginn
der Erkrankung verstrichen sei. Handelt es sich urn Patienten, die
bereits langere Zeit erkrankt sind, so wird ein Widal, der nur unter
dem Grenzwert agglutiniert, mit allergrflfiter Wahrscheinlichkeit gegen
eine Typhuserkrankung sprechen; steht der Patient am Beginne seiner
Erkrankung, so tun wir gut, dem Arzte mitzuteilen, die Widalsche
Reaktion spreche zwar nicht fQr Typhuserkrankung, es ware aber, falls
das Krankheitsbild auch weiterhin verdachtig bleibe, und falls epide-
mischer Typhus in der Gegend vorhanden sei, eine erneuerte Ein*
sendung von Blut erwflnscht; die Untersuchung dieser Probe wird
dann im Falle, daB Typhus abdominalis vorliegt, fast unzweifelhaft eine
Steigerung der Agglutinationsfahigkeit des Patientenseruros erweisen.
Ist der Ausfall sich an der Grenze zwischen „positiv“ und „negativ“
haltend, so werden wir auf jeden Fall auf eine erneuerte Untersuchung
des Blutes dringen mflssen, damit auch hier ein eventuelles Steigen der
Reaktionsfahigkeit den sicheren Beweis fflr Typhus abdominalis bringe.
Es verdient jedoch bemerkt zu werden, daB diese Falle, wo bei sicherer
Typhuserkrankung die Gruber-Widalsche Reaktion gflnzlich versagt,
oder wo sie so unbestimmt verlfluft wie eben geschildert, doch nur
flufierst selten und in sehr geringer Prozentzahl vorkommen und auch
dann nur fast ausnahmslos zu Beginn der Erkrankung; es liegt daher
auf der Hand, daB diese Zufailigkeiten den Wert der Gruber-Widal-
schen Reaktion nicht zu beeintrachtigen in der Lage sind.
Gehflrt zur Beurteilung aller dieser Fragen bereits eine gewisse
Erfahrung auf dem Gebiete der Serumforschung, so wird es sich aus
folgendem, wo wir fiber eine scheinbares Versagen der Agglutinations¬
reaktion zu sprechen haben werden, noch deutlicher ergeben, daB die
Anstellung und Beurteilung der Widal schen Probe nur in den HBnden
von mit Serumarbeiten spezialistisch vertrauten Leuten eine wirklich
sichere Typhusdiagnose gewflhrleistet. Ja, ich muB soweit gehen, zu be-
haupten, es ist besser, wenn diagnostische Agglutinationsproben gar
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Scheller, Beitr&ge zur Eenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. JJ3
nicht angestellt werden, als wenn sie in der Hand von Nichtfachleuten
zu Fehlschlussen fGhren. Schon die ZGchtung der Typhuskultur erfordert
eine Menge Sorgfalt; der N&hrboden muB verl&Blich und stets gleich
zubereitet sein, das Alter der Kultur muB richtig gewahlt sein; auch
muB stets. zur schnellen Diagnose, eine 18-stGndige Typhuskultur bereits
vorratig sein und nicht erst frisch angelegt werden oder gar aus Ver-
unreinigungen erst reingezuchtet werden. Dafi die Methodik Sorgfalt
und Genauigkeit erfordert, ist bereits erwahnt worden. ObdasFicker-
sche Diagnosticum dieseu Uebelstanden abhelfen kann, ist noch nicht
absolut sicher bewiesen.
Wie sorgfaltig die Agglutinationsprobe ausgefiihrt werden soil, zeigt
wohl am deutlichsten der Verlauf der Reaktion in Tabelle VIII. WSren
hier nur, wie es leider wahrscheinlich nur zu oft zu geschehen pflegt,
nur die starksten Serumkonzentrationen bis 1:80 oder gar bis 1:40
zur diagnostischen Agglutination verwandt worden, so ware der Widal
notwendigerweise als negativ erklkrt worden, denn die spurenweise
Agglutination bis zu 1:40 hatte den Widal keineswegs als positiv er-
scheinen lassen. Paltauf konstruiert theoretisch die Moglichkeit und
die eventuelle Bedeutung eines solchen Falles bereits in seinem Artikel
uber ^Agglutination 14 im Kol le-Wasserinan nschen Handbuche, und
dies mit Recht, da solche Hemmungen, wie ich aus unserer Erfahrung
mitteilen kann, auch bei Menschenseris nicht allzuselten vorkommen.
Man kann daher mit Recht annehmen, daB so mancher Widal, der eine
derartige Hemmungszone aufweist in hoheren Verdflnnungen, aber gut
agglutiniert, in den Handen von Untersuchern, die schnelligkeits- und
bequemlichkeitshalber nur die starken Konzentrationen zur Agglutinations¬
probe heranziehen, negatives Resultat gegeben hat und mit Unrecht
dazu beigetragen hat, den Wert der diagnostischen Agglutination zu
diskreditieren und man muB sich fragen, ob nicht jene oben erwahnten
seltenen Falle von negativem Widal wiihrend des Verlaufs eines sicheren
Typhus nicht auf eine derartige Fehlerquelle zurQckzufuhren sind.
Ich mochte deshalb dringend raten, die W i d alsche Agglutinations¬
probe stets von der Verdiinnung 1 : 10 bis hinauf zu der Verdiinnung
1:2000 anzulegen, denn nur so sichert man sich davor, hochwertige
Agglutinationsproben, die in den starken Konzentrationen g&nzlich negativ
sein kbnnen, falschlich fur nicht agglutinationsfahig zu erkl&ren, und so
die sonst sichere Diagnose „Typhus abdominalis 14 zu verfehlen.
Auch die ubrigen Verlaufsvarietaten der diagnostischen Agglutina¬
tionsproben (z. B. Tabelle VII), die ich in dieser Arbeit beispielsweise
zitiert habe, bekrfiftigen wohl in der Annahme, daB die Gruber-
Widalsche Agglutinationsprobe nicht als schablonenhafte Reaktion, wie
z. B. eine Eiweifiprobe, aufzufassen ist, sondern daB die Gruber-
Widalsche Reaktion wohl nur in den Handen von sehr geiibten Unter¬
suchern eine wertvolle Probe sein kann, da eine ganze Reihe theoretisch
moglicher Eventualitaten in praxi plotzlich auftreten und einem minder
in die Serumforschung Eingeweihten scheinbar nicht zu beseitigende
Fehlerquellen erschlieBen.
Wir kommen nun zur Beurteilung des positiven Ausfalles der
Gruber-Widalschen Reaktion und da konncn wir sagen, daB bei
gleichzeitiger fieberhafter Erkrankung eine Agglutination von 1:80 an
in der allergroBten Zahl der Falle die Diagnose Typhus abdominalis
sichert; ja ich konnte mich iiberzeugen, daB eine vollstandige Agglu-
Ente Abt, Ong. Bd. XXXVIII. Heft 1. 8
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1X4 Gentndbl. {. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
tination des Serums auch nur bis 1:40 mit allergroBter Wahrscheinlich-
keit fflr Typhus spricht
Nun gibt es allerdings Ffille, wo positiver Ausfall der Widalschen
Probe auch bei Nichttyphuskranken vorkommt.
In erster Reihe kommt in Betracbt die Agglutinationskraft, welche
das Serum vou Personen, die den Typhus bereits iiberstanden haben,
mehr Oder minder lange Zeit nach der Erkrankung aufweist. Nun, da
wird wohl in den meisten Fallen — und dies namentlich, wenn die
Krankheit lange zurtlckliegt — das Serum nur so minderwertig agglu-
tinieren, daB man meistens daraus nicht ohne weiteres die Diagnose
„Typhus abdominalis“ stellen wird. Man wird auch hier, falls die
Anamnese keine sicheren AufschlQsse gibt, warten, ob das Serum —
wie es fast ausnahmslos bei Typhus abdominalis zu sein pflegt — eine
Steigerung seines Agglutinationswertes erlangen wird. Hohe Agglu -
tinationswerte als Zeichen flberstandener Infektion finden sich nur, falls
dieselbe nicht allzulange zurflckliegt; und da wird fast ausschliefilich
die Anamnese hierflber Auskunft erteilen.
Die Richtigkeit solcher anamnestischer Angaben wird ihren Beweis
dadurch finden, daB die Agglutinationswerte im Verlaufe der gegen-
w&rtigen Erkrankung nicht steigen oder gar sinken. Ein Steigen der
Agglutinationstiter im Verlaufe solcher Erkrankungen wird hingegen
entweder solche anamnestische Angaben als hinf&llig hinstellen mflssen,
oder fQr den Fall, daB die fraglicbe anamnestische Erkrankung kurz
zuvor statthatte, ein Typhusrezidiv feststellen. In den meisten Fallen,
wo Typhus vor linger als Jahresfrist vorlag, ist die G r u b e r - W i d a 1 sche
Reaktion negativ.
Wenn auch die Faile, wo bei bereits frllher durchgemachter Er¬
krankung die Hdhe des Agglutinationswertes den Widal sicher positiv
hinstellen kdnnte, verh<nism&Big selten sind, so sehen wir andererseits
doch, wie notwendig es ist, in jedem Falle die oberen Grenzwerte jeder
Agglutinationsprobe festzustellen, da nur so sich ein Sinken oder Steigen
der Agglutinationskraft, das ja gegen, resp. fflr die Diagnose einer gegen-
w&rtigen Typhuserkrankung verwertbar ist, konstatieren IflBt. Auch hier
sind, wie wir sehen, die diagnostischen Agglutinationsproben Reaktionen,
die nur in der Hand von Geflbten bei Aufwand von Zeit und Mflhe zu
guten Resultaten fflbren.
Wir mflssen nun besprechen, inwieweit das PhSnomen der Mit-
agglutination (oder auch Partialagglutination) im stande ist, den Wert
der Gruber-Widalschen Reaktion herabzusetzen.
In den meisten Fallen, wo die Agglutination von Typhusbacillen
durch Krankenserum hochwertig erfolgt und dennoch echte Typhusbacillen
nicht als Erreger anzuschuldigen sind, sind es Paratyphusbacillen, die
atiologisch an der Krankheit beteiligt sind und spezifisch von dem
Krankenserum agglutiniert werden.
Es wird sich jedoch der Verdacht, daB eine solche Paratyphus-
erkrankung vorliegen kann, durch firtliche Verhaitnisse, durch epidemio-
logische Eigentflmlichkeiten der Erkrankungsformen, ferner durch gleich-
zeitig vorgenommene Stuhluntersuchungen, bald ergeben, und man wird
wohl zu einer genauen Untersuchung des Serums schon aus wissen-
schaftlichen Grflnden schreiten, und um den Charakter und die Aetiologie
der Epidemic eventuell festzustellen. Bindungsversuche, nach Wasser-
mann vorgenommen, werden eventuell feststellen, daB hier die Agglu-
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S c h e 11 e r, Beitrftge zur Kenntnis der Gruber-Widalschen Agglutinationsprobe. ] 15
tination der Typhusbacillen keine spezifische war, sondern nur als Mit¬
agglutination durch Paratyphusserum aufzufassen ist.
Es wird wobl sicber angezeigt seia, in jedem Falle, wo Paratypbus
vorliegen kann, anch wenn Typhus hoch agglutiniert wird, die Aggluti-
nationsproben, eventuell die Bindungsproben rait Paratyphus anzustellen;
praktisch wird es aber in den meisten Fallen bei der ersten Blutentnahme
nicht mdglich sein, weil die zur Untersuchung eingesandte Blutmenge
meist zu goring ist, um derlei Untersuchungen zu ermdglichen. Eine
gleichzeitige Stuhluntersucbung wird eventuell schnell ein Resultat er-
geben.
Paratyphus kommt jedoch nicht in alien Typhusgegenden vor, und
im ganzen wird auch nicht allzuhaufig eine hohe Mitagglutination von
Typhusbacillen zu der Fehldiagnose Typhus Veranlassung geben; wenn
dies aber in Paratyphusf&llen geschehen sollte, so ist es vom Stand*
punkte der Therapie und der Prophylaxe nicht als allzubedeutsam auf¬
zufassen, da deni Paratyphus dieselben klinischen und epidemiologischen
MaBnahmen entgegenzusetzen sind, wie dem echten Typhus.
Die anderen Falle von hocbwertiger Mitagglutination von Typhus¬
bacillen, wo Paratyphus atiologisch nicht beteiligt ist, kommen praktisch
fast gar nicht in Betracht, da ihre Zahl nur auBerst gering ist. Ueber-
dies wird fast ausnahraslos der hdchste Agglutinationswert des Serums
die Spezifitat des' Serums sichern (Kayser, Zupnik).
Wie wir sehen, ist die Gruber-Widalsche Reaktion trotz mancher
Eigenttimlichkeiten und mancher Abweicbungen von der Norm diagnostisch
unentbehrlich, da bis jetzt noch immer die bakterizide Serumreaktion
als Typhusdiagnosticum zu kompliziert ist, um allgemeine Verbreitung
zu linden.
Parallel mit den Agglutinationsproben, dieselben kontrollierend und
erganzend, mflssen die Stuhluntersuchungen einhergehen.
Namentlich in den freilich sehr seltenen Fallen; wo die Gruber-
Widalsche Probe versagt, wird ein positiver Bacillenbefund im Stuhle
die Diagnose ermoglichen.
Auch bei der Identifizierung der verdachtigen Kolonieen durch
sicheres Typhusimmunserum (Testserum) wird man erstens an eine
eventuelle Inagglutinabilitat sicherer frischer Typhusbacillen zu denken
haben; diese wird aber meistens nach UmzQchtung schwinden. Ferner
wird man bei den erapfohlenen Agglutinationsproben 1:100, 1:200,
1:500 in Betracht ziehen mflssen, ob ein negativer Ausfall nicht auch
hin und wieder durch Agglutinoidwirkung bedingt sein kann. Partial-
agglutination sowie den EinfluB einer Agglutinationswirkung schlieBt
man hier durch Anstellung von Proben mit starken Verdflnnungen aus.
. Wir sehen, wie kompliziert die praktisch so wichtige Sernmdiagnose
des Typhus abdominalis ist, und wir mflssen darauf bestehen, daB im
Interesse der Bekampfung der Epidemieen diese Aufgabe nur grOBeren
Centraluntersuchungsstationen, die zu diesem Zwecke, sowie zur Forschung
auf diesen Gebieten einzurichten sind, Qberlassen werden darf. Denn
nur groBe Erfahrung und grofie Sicherheit in der Methodik, sowie aus-
reichende spezielle theoretische Kenntnisse auf dem Gebiete der Serum-
forschung ermOglichen es, derartige (Jntersuchungen mit Erfolg anzu¬
stellen. Solche Untersuchungsstationen mflssen mit einer verhaitnismaBig
groBen Zahl von geflbten Fachleuten ausgerflstet sein, denn erstens er-
fordern diese Untersuchungen viel Zeit und groBe Sorgfalt, und zweitens
muB arztliches Personal vorhanden sein, das an Ort und Stelle der Er-
8 *
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116
Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 1.
krankung Erhebungen unter Mitwirkung des Kreis&rztes pflegt and ffir
eine zweckentsprechende Entnahme des Probenmaterials sorgt
Die Errichtung einer groBen Zahl kleiner Laboratorien, die z. B.
einem Kreisarzte anvertraut wflrden, ist als nicht zweckm&Big za be*
trachten, denn erstens sind die Kosten des Betriebes im kleinen grdBer,
zweitens ist zumeist niemand in einem derartigen Laboratorium da. der
sich ausschliefilich mit Euhe und Sorgfalt diesen Untersnchungen widrnen
konnte und der in alien Fallen die richtigen Schlfisse aus solcben Unter*
suchungen zu zieben im stande ware.
Darum ist es meines Erachtens auch noch nicht sicher, ob das
Fickersche Typhusdiagnosticum in den Handen von Nichtbakteriologen
nicht die Gefahr von Fehldiagnosen mehren dflrfte, da es noch nicht
untersucht ist, ob es nicht in Fallen, wo die Bindung so langsam wie
in von mir beschriebener Weise, bei BrutschrankeinfluB verlauft, bei
Zimmertemperatur ganz versagt; and ob nicht die Agglutinoidhemmungs*
wirkung auch bei dem Fickerschen Diagnosticum eine Fehldiagnose
bewirken kann. Jedenfalls darf man noch nicht dieses Mittel als diag*
nostisch sicher weiteren Kreisen in die Hand geben, sondern muB nach
wie vor auf eine Untersuchung und Bekampfung der Typhuserkrankungen
durch groBere Centralinstitute unter bew&hrter Leitung dringen.
Meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. R. Pfeiffer
danke ich ergebenst fflr sein gfltiges Interesse an den Ergebnissen meiner
Versuche.
Kdnigsberg i. Pr., 15. November 1904.
Literatnr.
Asakawa, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV.
Bail, Archiv f. Hyg. 1902.
Cohn, Erich, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLV. p. 61.
y. Drigalski, Ueber Ergebnisse bei der Bekampfung des Typhus nach Robert Koch.
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXV. No. 6.)
Eisen berg u. Volk, Untersuchungen fiber die Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. XL. 1902. p. 267.)
Eisenberg, Ph., Anpassung von Bakterien an die Abwehrvorgange des Organismus,
(Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXIV. p. 739.)
Falta u. Noeggerath, Naturforscherversammlung 1904. (Ref. Mfinch. med. Woch.
1904 u. Centralbl. f. Bakt etc. Bd. XXXVII.)
Friedberger, E., Ueber die Agglutinin receptoren eines frisch aus dem Btuhl ge-
zuchteten Typhusstammes. (Sal ko w s k i - Festschrift 1904.)
Hamburger, Fr., Ueber spezifische Virulenzsteigerung in vitro. (Wiener klin.
Wochenschr. No. 4.)
Jo os, Untersuchungen fiber die verschiedenen Agglutinine etc. (Centralbl. f. Bakt.
Bd. XXXIII. 1903.)
Jfirgens, Deutsche med. Wochenschr. 1904. No. 34.
Kayser, H., Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 18.
Kirstein, Ueber die Beeinflussung der Agglutinierbarkeit von Bakterien, insbesondere
von Typhusbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVI.)
Kfihler, Das Agglutinationsphanomen. (KJin. Jahrb. Bd. VIII. 1902.)
Kraus u. Joacnim, Ueber Beziehungen der prazipitogenen Bubstanz zur agglutino-
genen Substanz der Bakterien. (Centralbl. f. Bakt Bd. XXXVI und XXXVIL 1904.)
Lipschutz, Ueber die bakteriologische Diagnose des Typhus abdomlnalis etc. (Centralbl.
f. Bakt. Bd. XXXV.)
Lipstein, Deutsche med. Wochenschr. 1902.
Muller, Mfinch. med. Wochenschr. 1903. No. 2.
Paltauf, Die Agglutination; in Kolle-Wassermanns Handb. d. pathog. Mikroorg.
Bd. IV.
Scheller, R., Experimentelle Beitrage zur Theorie der Agglutination. I. Normal-
agglutinine. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XLVI. No. 3.)
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Heller, Die Rothbergereche Neutralrotreaktion auf Gelatine bei 37°. H7
Scheller, R, Experimentelle Beitrage zur Theorie der Agglutinine, II. Immun-
agglutinine. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XLVI. No. 5.)
Walker, E. W., Immunisation against immunserum. (Journ. of path, and bacter.
Vol. Vin. 1902.)
Waseermann, A., Ueber Agglutinin© und Prazipitine. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII.
1903.)
Zupnik, Zeitschr. f. Heilk. Bd. XII.
— —, Prag. med. Wochenschr. 1903.
(Siehe auch Literaturverzeichnisse in meinen beiden hier zitierten Arbeiten.)
Anm. wahrend der Korrektur: Nach Einsendung der Arbeit an den Verlag,
kurz vor der Vornahme der Korrektur, erschien die Arbeit von H. Kayser, Deutsche
med. Wochenschr. 1904. No. 49. p. 1803; in dieser Arbeit spricht sich H. Kayser
ebenfalls auf Grund seiner Erfahrung fiir den diagnostischen Wert der Gruber-
Widalschen Beaktion aus, betont es aber ebenfalls, aafi die Agglutinationsprobe Hand
in Hand gehen mufi mit Zuchtungsversuchen etc.
Nachdruck verboten .
Die Rothbergersche Neutralrotreaktion auf Gelatine bei 37°.
[Aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten: Professor
Dr. Tavel, Bern.J
Von Dr. Otto Heller, Chef der Pasteurabteilung und des Pestlabora-
toriums a. Institut.
Im Jahre 1898 teilte Rothber ger seine Resultate mit, die er beim
Stadium des Einflusses der Bakterientfitigkeit auf Farbstoffe erbalten
hatte. Besonderes Interesse verdiente hierbei die Wirkung von Bacteri¬
um typhi und Bact. coli auf Neutralrot, da sich in der Ffirbung des
Nfihrbodens mit .Neutralrot ein neues differential-diagnostisches Hilfs-
mittel bot. Die Tecbnik war im ganzen sehr einfach. Gewohnlicher
Agarnfihrboden wird bei 100° verflflssigt, mit 3—4 Tropfen konzentrierter
sterilisierter wfisseriger NeutralrotlSsung auf 10,0 ccm Nfi.hrboden versetzt,
auf 40° abgekflhlt und mit 0,5 ccm 24-stiindiger Bouillonkultur des zu unter-
sucbenden Bakterienstammes versetzt. Nach einem Aufenthalt von 24 bis
48 Stunden bei 37° zeigen die Kulturen der Colistfimme eine deutliche
Fluoreszenz, bis allmfihlich eine vOllige Aufhellung und Entffirbung ein-
tritt. — Diese Neutralrotreaktion des Bacterium coli wurde von ver-
schiedenen Seiten nachgeprOft und durchaus bestatigt (Scheffler,
K8hler und Scheffler, Wolff). Von Ernest E. Iron s u. a. wurde
versucht, sie bei der Wasseruntersuchung praktisch zu verwerten; M.
H. Gordon prOfte sie bei Differenzierung verschiedener Streptokokken-
stfimrae. Erneutes Interesse hatte sie bei der Differentialdiagnose von
Typhus und Paratyphus. — Es kann nicht wundern, daB die Methode
in den H&nden der verschiedenen Autoren geringe Modifikationen erfuhr.
Am wichtigsten erscheint uns der Vorschlag von Oldekop, der im
Bestreben, die Reaktionszeit zu verkflrzen, wie Gbrigens alle anderen
Autoren, einen Nfihrboden verwendete mit nur 0,3 Proz. Agargehalt
(1 1 Liebigs Fleischextraktbouillon, 5,0 g Kochsalz, 20,0 g Pepton, schwach
alkalisch; auf 100,0 ccm Nfihrboden 1,0 ccm konzentrierte Neutralrot-
15sung und 0,15 g Traubenzucker). Mit solchem Nfihrboden war die
Reaktion deutlich nach 24 Stunden. — Die Grflnde, aus denen Roth¬
ber ger seinerzeit fiir den Versuch vor allem Agar empfahl, waren
folgende: Im festen Nfihrboden ist die Einwirkung des Luftsauerstoffes
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVm. Heft 1.
sehr vermindert; dieselbe ist dagegen bei der Anwendung flQssiger
Nahrboden, besonders bei Bouillon oder auch bei Gebrauch von Nahr¬
boden mit grofier Oberfl&che (Agarplatten) meist so stark, dafi eine Ver-
Snderung des Farbstoffes eintritt, ehe die Reaktion durch das Bakterien-
wacbstum genflgend deutlich wird. Die Benutzung von Gelatine, die
an sich wegen ihrer Durchsichtigkeit wohl in Betracht k&me, zeigt nach
Rothberger eine schOne Fluoreszenz. Docb geht die Reaktion zu
langsam vor sicb. „Entf&rbung und Auskristallisierung (durch den
Sauerstoff der Luft) schreiten von der Oberfl&che des Nahrbodens in die
Tiefe fort; je l&nger nun die Reaktion zu ibrer Entstebung braucbt,
desto weiter wird die Entf&rbung vorgeschritten sein, desto weniger
schOn wird dann die Fluoreszenz ausfallen. AuBerdem dQrfte in den
meisten Fallen eine rascbe Entscheidung erwOnscht sein.“ (Centralbl. f.
Bakt. Abt. I. Bd. 24. p. 516.)
Diese Beobachtungen veranlafiten uns, eine geringe Modifikation
des Verfahrens vorzunehmen. Nach einigen ermutigenden Vorversuchen
erprobten wir im Verlaufe mehrerer Versuchsreihen den Nahrboden von
Rothberger, von Scheffler, vonOldekop und auBerdera gewOhn-
licbe Bouillon und Gelatine, die den gleichen Farbstoifzusatz erhielten
wie der Rothbergersche Neutralrotagar. Samtliche Nahrboden wurden
mit einer Rindfleischbouillon mit dem gleichen Alkalinitatsgrad und den-
selben SterilisierungsmaBnahmen bergestellt. Kurz vor der Impfung
wurde der Agar bei 100° verflOssigt, die Gelatine bei 40°; der Agar
wurde sodann auf 40° abgekuhlt. Jede Eprouvette enthielt 10,DO ccm
Nahrboden und erhielt 4 Tropfen steriler konzentrierter, wasseriger
NeutralrotlOsung. (GrQbier, bezogen von Merck-Darmstadt.) Hierauf
wurde jedes Rbhrchen mit 0,5 ccm 24-stflndiger Bouillonkultur von den
unten naher bezeichneten 30 Bakterienstammen geimpft. Einen Teil
derselben verdanke ich der auBerordentlichen Liebenswflrdigkeit des
Herrn Dr. v. Freudenreich (Landwirtsch. Versuchsstation Liebefeld).
Fast samtliche Stamme gehOren der Coligruppe an. Es ist selbstver-
standlich, dafi die geimpften Nahrboden mit dem Impfmaterial gut ver-
mischt wurden. Von jedem Bakterienstamm wurden also mindestens 4R0br-
chen gleichmafiig beimpft und zwar 1) 1 Rothbergers Neutralrotagar,
2) 1 Oldekop-Neutralrotagar, 3) 1 Laboratoriumsbouillon mit Neutral-
rot, 4) 1 Laboratoriumsgelatine mit Neutralrot. — Samtliche ROhr-
chen wurden gleichzeitig in den Brutschrank (37°) verbracht.
Aufier den geimpften ROhrchen wurden zur Kontrolle von jedem Nahr¬
boden mit Neutralrotzusatz einige Rohrchen beigefflgt, einmal um die
Reduktionsfahigkeit des Nahrbodens an sich festzustellen und unterein-
ander zu vergleichen, andererseits um die Wirkung des Luftsauerstoifes
zu kontrollieren. — Im Laufe der Beobachtung zeigte sich auf alien
geimpften Nahrboden starkes Wachstum, abgeseben von den ROhrchen
mit Schweinepest, die bei dieser Temperatur und dem Gehalt von
Neutralrot nur sparlich sich entwickelten. In nachfolgender Tabelle fQhren
wir zunachst die verimpften Bakterienstamme an, in der nachsten die
Intensitat der Neutralrotreaktion resp. den Grad der auftretenden
Fluoreszenz, so objektiv sich derselbe beurteilen lafit, nach gleicher
Wachstumsdauer. Wir bezeichnen das Fehlen jeder Reaktion mit 0,
angedeutete Fluoreszenz mit <, deutliche mit -K sehr ausgesprochene
Fluoreszenz und hOhere Grade mit -J—und -] —I—
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Heller, Hie Rotliber^ersche NoutrsJrotro&ktion &uf Oel&tine boi 37 °- 119
Tabelle I.
1) Typhus SahJi — isoliert aua einem Typhusfall in der Sahlischen Klinik in Bern.
2) Typhus Brasilien — als Reinkultur aus Buenos Aires erhalten.
3) Bact. coli Tomarkin — aus Urin (Cystitis) isoliert.
4) , „ Milch — aus Milch isoliert.
5) B „ Wasser — aus Wasser isoliert.
6) Coliformes Bakterium einer Fleischvergiftung — wurde aus der Milz eines infolge
einer Wurstvergiftung erkrankten und gestorbenen Mannes isoliert. Die Sektion
ergab unter anderem eine starke Gastroenteritis. Das Bakterium wurde von
Bekonvaleszentenserum bei 1 : 500 innerhalb einer Stunde agglutiniert Nahere
Charakteristik in einer spateren Publikation. — (Coliform, Vakuolen, Gram-
negativ, Fakultativ anaerob, Wachstum bei Zimmertemperatur und bei 37
Milch nicht geronnen, Traubenzucker vergoren, Milch- und Bohrzucker nicht,
Gelatine nicht verfliissigt, Kartoffel: deutlich sichtbares Wachstum, lebhaft
beweglich, Indol: negativ.)
7) Bact. typhi murium — aus der Institutssammlung.
8) Colif. Bakt. — Meningitis — isoliert aus einer Lumbalpunktionsfliissigkeit bei einer
epidemisch auftretenaen Meningitis.
9) Coli — Ease — aus einem geblahten Ease isoliert
10) Coli Escherich — aus der Hammlung des Herrn Dr. v. Freudenreich.
11) Coli A — Labmagen.
12) Coli B —
13) —16) — erklfiren sich durch ihre Benennung.
17)—19) — ein unbeweglichee coliformes Bakterium mit starker Indalbildung, aber
ohne Gasentwickelung und ohne Milchgerinnung.
20) Bact Schafferi — aus geblihtem Ease isoliert
26) Bact Guillebeau A J aug fadenziehender Milch isoliert.
Aus der Tabelle II ist ersichtlich, daB selbst bei kflnstlicher Beleuch-
tung, bei welcher eine beginnende Fluoreszenzreaktion schwieriger zu
erkennen ist, mit Hilfe des gewOhnlichen Gelatinen&hrbodens nach einer
Brutdaoer von 7 Stunden ein beinahe entscheidender Scblufi fiber die
Natur eines verd&chtigen Bakteriums gezogen werden kann. W&hrend
auf dem von Rothberger vorgeschriebenen Agar, abgesehen von einer
Andeutung bei Colistamm 11, durchgehends noch keine Reaktion einge-
treten ist, zeigt sich im Agar nach Oldekop eine ausgesprochene Ueber-
legenheit, die von der Bouillonreaktion nicht erreicht, von der Reaktion
in der Gelatine aber deutlich fibertroffen wird. — DaB die Bouillon-
nfihrbOden weniger brauchbar sind, ist schon von Rothberger u. a.
festgestellt. Doch zeigen unsere Versuche deutlich, daB der Agar nach
Oldekop bezfiglich der Schnelligkeit und Gleichm&Bigkeit der Reaktion
weniger leistet wie die gewOhnliche Laboratoriumsgelatine bei 37 °. Die
Resultate nach 7 Stunden Brutdauer zeigen aber noch einige weitere
kleine Vorteile der Gelatine. Von stark gasentwickelnden Bakterien-
stfimmen wird der gewOhnliche Agar ganz und gar zersprengt, der Agar
nach Oldekop unterliegt dieser Wirkung in geringerem Grad; dennoch
zeigt auch er in mehreren Fallen eine ungleichmaBige Verfinderung, die
zum Teil auf die Retention der entwickelten Gasarten zurfickzuffihren
sein dfirfte. So tritt bei Stamm 13, 24, 26 in der oberen Hfilfte des
Nahrbodens eine Entf&rbung des Neutralrots ohne jede Fluoreszenz auf
zum Teil unter Bildung zahlreicher Gasblasen, wfihrend nur die tieferen
Schichten eine beginnende Fluoreszenzreaktion aufweisen, beim Stamm 7
betrifft die reaktionslose Entffirbung sogar den ganzen Rdhrcheninhalt.
Derartige Erscheinungen fehlen bei der Anwendung von Gelatine vOllig.
Zwar zeigt die Gelatine bei einzelnen Stammen eine starke Aufhellung
bis zur Hellgelbfarbung, dabei bleibt aber die Fluoreszenz intensiv und
deutlich wahrnehmbar. — Fflr die Praxis bleibt natfirlich dieser Gesichts-
punkt von Wichtigkeit; denn in Rficksicht auf eine bequeme Beobachtung
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120 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Tabelle II.
Reeultat 7 Stunden nach der Impfung (Beobachtung bei kiinstlichem Licht).
Agar
Rothberger
Agar
Olaekop
Bouillon
Gelatine
1) Typhus Sahli
0 !
0
0
0
2) Typhus Brasilien
0
0
0
0
3) Coli Tomarkin
0
+
<
+
4) Coli Milch
0
<
<
-r
5) Coli VVasser
0
+
<
+ 4-
6) Colif. Bakt. einer Fleischvergiftung
0
+
<
+
7) Bact. typhi murium
0
0 1 )
<
+ +
8) Colif. — Meningitis
0
0
0
0
9) Coli — Kase
0
Spur
0
<
10) Coli — Escherich
0
<?
0
<?
11) Coli A — Labmagen
<?
+
<
+ + *)
12) Coli B — Labmagen
0
?
0
<*)
13) Coli — Darm
0
+ 4 )
+»}
4*
14) Coli — Labmagen weifilich
0
<
<
++ e )
15) Coli C — Labmagen
0
+
<
++
16) Coli — Labmagen Rutti
0
+
<
++ +
17) Colif. — Leiche — Milz
0
0
0
0
18) Colif. — desgl. — Leber
0
0?
0
<
19) Colif. — desgl. — Herzblut
0
o
0
0
20) Bact. Bchafferi
0
0—<
+
+ +
21) Schweinepest
0
0
0
0
22) Schweineseuche
0
0
0
0
23) Aerogenes — Liebefeld
0*)
<?
<
+
24) Aerogenes — Krai
0*)
< 3 )
<
+
25) Aerogenes — Labmagen
0*)
<
<?
+
26) Bact. Guillebeau A
0
<*)
<
<
27) Bact. Guillebeau C
0
<
0
<
28) Bact. lactis aerogenes
0
0 1 )
0
+ •)
29) Aerogenes a
0
+
<
+—+ +
30) Kontrolle
0
0
0
0
bleibt es wflnschenswert, dafi die Reaktion mOglichst bald auftritt, aber
aoch moglichst lange bestehen bleibt. Dafi auch dieser Forderung der
Gelatinenfihrboden genii gt, beweisen die Resultate der Tabelle III, auf,
der nach 20-stiindiger Brutdauer die oben erwfihnten Nachteile der
anderen Nahrboden deutlich bleiben Oder sich sogar vergrofiert haben,
wfihrend die Reaktion in der Gelatine gleichmfifiig fortschreitet und trotz
der Entffirbung bei Stamm 11, 12, 14, 28 sehr deutlich sichtbar bleibt
(s. Tabelle III).
Der gleiche Versuch wurde in geringer Weise modifiziert und wieder-
holt. Er ergab im ganzen dasselbe Resultat. Als Impfmaterial waren
dabei auf 10 ccm 0,5 ccm einer 24-stQndigen Bouillonkultur verwendet
worden. War dae Impfmaterial filter (— 48 Stunden), so trat die Fluores-
zenzreaktion flberaus rasch ein und zwar so, dafi sie nach 5-stGndigem
Aufenthalt im Brutschrank fflr Gelatine schon den Hdhepunkt erreichte,
nicht ganz so gflnstig waren die Resultate auf dem Agar nach Olde-
kop, obwohl nicht zu leugnen ist, dafi dieser Nfihrboden sich im ganzen
als sehr brauchbar erweist, abgesehen von den erwfihnten kleinen Nach-
1) Ganz hell ohne Fluoreezenz.
2) Durch Gasentwickelung ist die Agarsfiule ganz zereprengt
3) Obere Scbicht voller Gasblasen; hellgelb ohne Fluoreezenz.
4) In der unteren Schicht Fluoreezenz: + ; oben ganz aufgehellt, Gas.
5) Fluoreezenz nur in der tieferen Scbicht.
6) Nfihrboden hellgelb, Fluoreezenz dabei sehr deutlich.
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Heller, Die Rothbergersche Neutralrotreaktion auf Gelatine bei 37°. 121
Tabelle III.
Resultat dee Versuchs von Tabelle II nach 20 Stunden (Beobachtung bei Tageelicht).
Agar |
Rothberger;
Agar
Oldekop
Bouillon
Gelatine
1) Typhus Sfthli
0
0
0
0
2) Typhus Brasilian
3) Coli Tomarkin
0
0
0
0
0
++
+ +
4- 4 * 4 -
4) Coli Milch
<
*-
4- 4-
+ -1-
5) Coli Wa8»er
<
+
4-4-
4 - 4 -
6) Colif. Bakt. einer Fleischvergiftung
?-<
+
4 4
+ 4-
7) Back typhi murium
8) Colif. — Meningitis
+
+ *)
++
4-4-4
0
0
0
0
9) Coli — Ease
Sjmr
4*
4-
4- 4-
10) Coli — Escherich
4 - 4 -
4 - 4 - 4 -
4-4-
11) Coli A — Labmageu
<— +
+
4 - 4 -
+ + + •'>
12) Coli B — Labmagen
+
4* 4
+ 4 -
4- + 4 : ‘)
13) Coli — Dann
H-
+ •)
4 - 4 -
4-4-
14) Coli — Labmagen weifilich
< —+
+ *)
+ +
+ + 4 5 >
15) Coli C — Labmagen
+ i
++*)
+ +
4 - 4 - 4 -
lb) Coli — Labmagen Rutti
<
4 - 4 -
i +
4 * 4 - 4 -
17) Colif. — Leiche — Milz
0
4
! S^ur
4 - +
18) Colif. — desgl. — Leber
s r r
4 *
4 - +
19) Colif. — desgL — Herzblut
20) Bact. Schafferi
, <— 4 -
4 -
<
+
4-4— + 4-4-
4 -^- 4 -
21) Schweinepest
O')
i 0
0
i o
22) Schweineseuche
23) Aerogenes— Liebefeld
O 1 )
! 0
0
1 0
0*)
+ +
4 -
24) Aerogenes — Krdl
0 l )
4-
++
+ +
25) Aerogenes — Labmagen
0*)
4 * *)
++
1 + +
26) Bact. Guillebeau A
0
i +
4 - 4 -
27) Bact. Guillebeau C
0*)
! +»)
1 ++
4 - 4 - 4 -
28) Bact. lactis aerogenes
0*)
4 -
++
+ 4 - 6 )
29) Aerogenes a
0
! < 4 )
4 -
+ +
30) Kontrolle
0
1 0
0
0
teilen. — Nach unseren Beobachtungen empfiehlt es sicb, als maximale
Impfquantit&t 0,5 ccm anzusehen; ist es aus fiuBeren Grflnden wflnschens-
wert, die Reaktion erst nach 12 Stunden zu beobachten, so mufi man
kleinere Quantitfiten impfen. — Der Vorteil der gewohnlichen Labora-
toriumsgelatine fflr die Neutralrotreaktion liegt also einmal in dem
schnellen Eintritt der Fluoreszenz, in der Zuverl&ssigkeit und Gleich-
m&fiigkeit des Ausfalles der Reaktion, der langen Dauer derselben und
im letzten Grande darin, daB es unndtig wird, fflr eine beschleunigte
Reaktion einen besonderen N&hrboden vorrfitig zn halten. Zu bemerken
bleibt, daB die Farbstofflflsung kurz vor der Impfung zugesetzt werden
soli. —
Schon Rothberger hat festgestellt, daB die Reaktion eine Folge
der Leben8t&tigkeit der betreffenden Bakterien ist. Mit abgetOteten
Koltnren erhielt er keine Erfolge. — Wir verwendeten in gleicher Ab-
sicht Kulturfiltrate, mit Toluol abgetfltete und dnrch ^j-stflndigen Aufent-
halt bei 62° abgetotete Kulturen und erhielten nnr dann eine Fluores¬
zenz, wenn die Kontrollimpfungen auf Agar bestfitigten, daB das ver-
impfte Material nicht vollstSndig abgetfltet war. —
1) Farbetoff zersetzt
2) Durch GasentwickeluDg Agarsaule ganz zersprengt.
31 Fluoreszenz nur in eimgen Partieen des Nihrbodens.
4) Hellgelb, Fluoreszenz gering.
5) Sehr aufgehellt, Fluoreszenz intensiv.
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122
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
Als Resultat unserer Beobachtungen empfehlen wir, die Roth-
bergersche Neutralrotreaktion nicht auf Agar nach Rotbberger oder
auf Agar nach Oldekop anzustellen, sondern auf gewOhnlicher Labo-
ratoriumsgelatine mit Zusatz von 4 Tropfen sterilisierter, ges&ttigter,
w&sseriger LSsung von Neutralrot im Brutschrank bei 37°, denn unter
diesen Bedingungen tritt die Reaktion schnell ein (in 6 Stunden), tritt
gleichm&Big und zuverl&ssig auf, bleibt lange bestehen und wird weder
durch den Nahrboden noch durch den Luftsauerstoff beeintrfichtigt.
Ziiteratur.
Rothberger, J., Differentialdiagnostische Untersuchungen mit gefarbten Nahrbdden.
(Centralbl. f. Bakt. Abt I. Bd. XXIV. 1898. p. 513.)
Ders., II. Mitteilung. (Ibid. Bd. XXV. 1899. p. 15 u. 69.)
Wolff, A., Zur Reauktionsfahigkeit der Bakterien. (Ibid. Bd. XXVII. 1900. p. 849.)
Ders., Die Ergebnisse der Neutralrotmethode zur Unterscheidung von Bact typhi una
coli. (Ibid. Bd. XXXI. 1902. p. 69.)
Scheffler, W., Das Neutralrot als Hilfsmittel zur Diagnose des Bacterium coli. (Ibid.
Bd. XXVIII. 1900. p. 199.)
K6hler und Scheffler, Ueber die Agglutination von Fakalbakterien bei Tophus
abdominalis durch das Blutserum. (Miinchn. med. Wochenschr. 1900. No. 22 u. 23.)
Kayser, H., Das Wachstum der zwischen Bacterium tvphi und coli stehenden Spalt-
pilze auf dem v. Drigalski-Conradischen Agarboden. (Centralbl. f. Bakt Abt I.
Bd. XXXI. 1902. p. 426.)
Ders., Die Bakteriologie des Paratyphus. (Ibid. Bd. XXXV. 1904. p. 154.)
Oldekop, A., Eine Modifikation des Kothberger-Schefflerschen Neutralrot-
nahrboaens. (Ibid. Bd. XXXV. 1904. p. 120.)
Irons, Ernest E., Neutralrot bei der Wasseruntersuchung. (Ref. ibid. Bd. XXXI.
Referate. 1902. p. 309.)
Gordon, M. H., Notiz iiber die Anwendung des Neutralrots (Rothberger) zur
Differenzierung von Streptokokken. (Ibid. Bd. XXXV. 1904. p. 271.]
Hunter, W., A method of distinguishing Bacillus coli communis from Bacillus
Typhosus by the use of Neutral Red. (Lancet Vol. I. p. 618.)
Ders., Neutral Red as a means of detecting the presence of the Bacillus coli communis
in Water-Supplies. (Ibid. p. 1079.)
Savage, W. S., Neutral Red in the Routine Bacteriological Examination of Water.
(Journ. of Hyg. Vol. I. p. 437.)
Makgill, R. H., The Neutral Red Reaction as a Means of Detecting Bacillus coli in
Water Supplies. (Journ. of Hyg. Vol. I. p. 430. Vergl. Baumgartens Jahres-
bericht 1901.)
Nachdruck verboten .
Das Schulersche Triumph-Isny-Filter
[Aus dem hygienischen Universitfitsinstitut, Gottingen.]
Von Stabsarzt Dr. Kaisaku Kokubo, Japan.
Nach den gflnstigen Resultaten, welche mit den bekannten Berke-
feld-Filtern im Kleinfiltrationsbetriebe erzielt werden, lag es nahe,
Shnliche Filter, von denen eine Reihe in den letzten Jahren anf den
Markt gekommen sind, einer vergleicbenden Untersuchung zu unter-
ziehen.
Solches ist von mir im vorigen Jahre mit dem von Schuler in
Isny (Wflrttemberg) hergestellten, sogenannten Triumphfilter geschehen.
Die Versuche konnten aber erst jetzt veroffentlicht werden, da Verf.
plOtzlich in seine Heimat zurflckgerufen wurde, ehe dieselben ganz zum
Abschlufi gebracht waren. Doch scheinen die gewonnenen Resultate
immerhin derart, daB sie ein gewisses Urteil fiber den Wert des neuen
Filters zu fallen gestatten.
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Kokubo, Das Schulersche Triumph-Isny-Filter.
123
Das Filter Bhnelt in seiner auBeren Gestalt durchaus den Berke-
feld-Filtern, es sind langliche, hoble Cylinder verschiedener Dicke mit
einem daran gekittetem Metallkopf, der zur Befestigung des Filters in
einer Hiilse dient, welehe ebenfalls ganz ahnlich der des Berkefeld-
Filters ist Filtriert wird von auBen nach innen und auch die Reinigung
ist in ahnlicher leicbter Weise auszufQhren, wie bei den Berkefeld-
Filtern, durch AbbQrsten der ILuBeren Schlammschicht Die Filter konnen
ferner an die Wasserleitnng angescbraubt oder anch durch eine Hand-
flflgelpumpe von einer Leitung unabhangig geraacht werden. Die eigent-
lichen Kerzen sind aus einem sehr harten feinporigen Kunststeinmaterial
and zwar gibt es im Handel solcbe, die gewbhnlich verwendet werden
sollen, und noch besonders feinporige, welehe gebraacht werden sollen,
wenn es weniger auf eine reichliche Menge Wasser und mebr auf ein
langeres Sterilbleiben des Filtrates ankommt.
Mit beiden Arten von Kerzen habe ich nun Versuche angestellt und
zum Vergleicbe die gebr&uchlicben Berkefeld-Filter herangezogen.
Von jeder Sorte wurde ein Exemplar mit der Wasserleitung des
Institute verbunden, nachdem dasselbe vorsichtig im Dampf sterilisiert
worden war. In die Filterkapsel wurde sodann vor Inbetriebsetzung je
eine Bouillonkultur von Spirillum parvum, Bac. fluorescens und
Bac. prodigiosus hineingeschiittet, sodann die Kapsel geschlossen
und der Leitungsbahn geoffnet.
Die erste Probeentnahme des Filtrate geschah nach 5 Minuten, weitere
folgten sodann an demselben Tage nach 30 Minuten, 1 Stunde, 4 Stunden,
10 Stunden und endlich immer eine an den folgenden Tagen, bis der
Versuch abgebrochen wurde. Das Probequantum des Filtrates betrug
4mal 20 ccm, welehe immer in 4 Bouillonrdhrchen aufgefangen, bei ver¬
schiedener Temperatur aufbewahrt wurden, bis sie sich trubten. Trat
keine TrQbung ein, so wurde nach 2 Wochen angenommen, daB das
Filtrat steril gewesen sei. Die getrflbten Rohrchen wurden durch Gelatine-
oder Agarplatten weiter auf die in ihnen zur Entwickelung gekommenen
Keimarten untersucht
Als Testbakterien waren zunfichst die kleinen Spirillen gew&hlt, weil
diese erfahrungsgemaB besonders leicht die Filter passieren, in der Tat
haben die Berkefeld-Filter sie nur einmal bis 24 Stunden zurflek-
zuhalten vermocht, w&hrend bei den feineren Isnyfiltern erst erheblich
spfiter ein Durchtreten erfolgte. Bac. fluorescens und prodigiosus
sind viel grSBere Spaltpilze, es war nicht wunderbar und entspricht den
frflher mit den Berkefeld-Filtern gemachten Erfahrungen, daB sie
auch nach Tagen hBufig noch nicht im Filtrat auftreten. Die Isnyfilter
geben ganz ahnliche Resultate, ja scheinen auch hier 5fter noch wirksamer
die ZurQckhaltung der Keime zu bewirken, wie aus der beigefdgten
Tabelle der Versuche deutlich zu ersehen ist Da weder Bac. flu¬
orescens noch prodigiosus sonst in der Gdttinger Wasserleitung
vorkommt, mufiten die Keime im Filtrat von der Aussaat im unfiltrierten
Wasser herrQhren.
Auch auf andere als die absichtlich eingesaten Bakterien wurde bei
dem Untersuchen der Filtrate geachtet; wie wiederum die Tabelle zeigt,
traten solche Keime nach sehr verschieden langer Zeit im Filtrat auf.
Sie sind wahrscheinlich wohl durch die Filter hindurchgewachsen, aber
mit absoluter GewiBheit ist das nicht zu sagen, es wurde allerdings vor
und nach jedesmaliger Wasserprobenentnahme der Auslauf besonders
sterilisiert und war er besonders durch eine Glashfllle gegen Verun-
reinigung von der Luft aus geschQtzt Da aber das Wasser permanent
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124
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
lief, kann doch wohl inzwischen durch Luftwirbel einmal ein Keim an
die Oeffnung gelangt sein, sich dort festgesetzt und vermehrt haben,
so daB ich mit Sicherheit nicht behaupten mOchte, daB die in der Rubrik
als „andere Bacillen“ vermerkten Keitne immer aus dem Rohwasser
hergekommen sind.
Ich liefi in alien Versuchen das Wasser permanent lanfen, urn derart
vergleichende Schlfisse fiber die Ergiebigkeit der Filter nach bestimmter
Zeit ihres Gebrauches machen zu kflnnen. Die gewonnenen Zahlen sind
in den 4 letzten Spalten der Tabelle zu linden. Es wurde jedesmal
5 Minuten nach Anstellen eines Versnches die pro Minute auslaufende
Wassermenge gemessen und auf die Stunde berechnet und dieses Ver-
fahren dann nach mehreren Tagen noch einmal wiederholt
Die ersten mit den Isnyfiltern angestellten Versuche ergaben recht
ungenfigende Resultate, sie sind in jeder Versuchsreihe der Tabelle zu
Anfang angeffihrt und zeigen, daB mehrfach selbst Bac. prodigiosus
und fluorescens in kfirzester Zeit das Filter passieren (b 1—3, d 1).
Eine daraufhin mit dem Fabrikanten unterhaltene Korrespondenz liefi
die Vermutung auftauchen, daB Undichtigkeiten an der Verbindungsstelle
zwischen Filter und Metallkopf dosselben die Schuld davon sein kfinnten,
und die weiteren Versuche, in denen nunmehr vorher diese Verbindungs¬
stelle mit Schellack gut gedichtet worden war, bestfitigten die Richtigkeit
dieser Vermutung. Dieselben Filter, aufs neue sterilisiert und mit
Schellack gedichtet gaben jetzt sehr befriedigende Resultate, wie Versuch
b 4—5 und d 2—3 deutlich zeigen.
Bemerkenswert ist, daB anscheinend auch die Berkefeld-Filter
denselben locus minoris resistentiae haben kOnnen (siehe f 1—2, g 1);
denn auch hier besserte sich der Filtrationseffekt ganz bedeutend
nach Verkleben des Filterkopfes mit Schellack, man wird also gut tun,
der Dichtung gerade dieser Stelle ganz besondere Aufmerksamkeit zu
widmen.
Im fibrigen will ich, was die Resultate meiner Versuche anbe-
langt, auf die Tabelle verweisen, wo dieselben fibersichtlich zusammen-
gestellt sind.
Hervorzuheben erscheint mir dabei die groBe Zeitdifferenz, die in
dem Durchtreten der Bakterien bei den verschiedenen sonst ganz gleich
angestellten Versuchen sich zeigten. Es best&tigt sich dadurch wohl
das, was von Esmarch durch seine Versuche fiber das Durchwachsen
von Filtern *) ermittelt hat, daB unsere Kleinfilter alle mehr oder weniger
auch grfifiere Poren haben, die, wenn sie miteinander zusammenh&ngen,
auch ein rasches Durchwachsen bei sonst gut filtrierenden Filterkerzen
ermoglichen. So kommt es, dafi selbst die besten Filter allm&hlich durch¬
wachsen werden und daB es auch bei sonst gut filtrierenden Filtern vor-
kommen kann, daB sie recht schnell einmal Keime durchlassen konnen.
Aus dieser Unregelm&fiigkeit in der Zusammensetzung auch unserer
sichersten Kleinfilter, die technisch anscheinend noch nicht ganz beseitigt
werden kann, lassen sich auch wohl die erheblichen Zeitdifferenzen er-
klfiren, die ich ffir das Durchwachsen der Filter in meinen Versuchen
fand; sie mahnen wiederum daran, daB man auch dem besten Filter
nicht nnbedingt und namentlich nicht unbeschrfinkt lange Zeit trauen
kann, namentlich wenn wirklich im Rohwasser grOfiere Mengen von
pathogenen Keimen zu erwarten sind.
1) Centralbl. f. Bakt. Orig. Bd. XXXII.
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Kokubo, Das Schulersche Triumph-Isny-Filter.
125
Im Ubrigen unterscheiden sich nach meinen Versuchen die Isny-
Filter von den Berkefeld-Filtern in ihrer Keime zurOckhaltenden
Fahigkeit anscheinend nicht bedeutend, mehrfach wurden allerdings von
ersteren die verschiedenen Keime sichtlich langer zurQckgehalten, dafQr
war aber das filtrierte Wasserquantum bei den Berkefeld-Filtern
wieder ein bedeutend grOfieres, wie aus den letzten 4 Spalten der Tabelle
deutlich hervorgeht. So scheint ein Vorteil resp. Nachteil den anderen
ziemlicb auszngleichen und man wird vielleicht fflr die Praxis empfeblen
kdnnen, wenn man schnell viel Wasaer gebraucht, Berkefeld-Filter
zu wShlen, die man dann etwas Sfter wird sterilisieren mflssen, w&hrend
man Isny-Filtern etwas l&ngere Filtrationszeit bis zur erneuten Sterili¬
sation geben kann, dafQr aber anch weniger Wasser erwarten darf.
Filtrierverenche mit IaDy- und Berkefeld-Filtern.
Filterart und No.
—
| Es fanden sich im Filtrat nach —
Stunden
Es lieferte das Filter
•s
0
>
Spirillum
parvum
Bac. fluores-
cens
Prodigiosus
andere
Bacillen
nach —
' Min u ten
A
ii
fl
£
nach —
Stunden
StdLFiltr.
in Lit«m
(
Ianyfilter, gewohnl.
1
nach 84 Std.
nach 96 Std.
nach 108 Std.
5
72
340
44
yy n
2
nach 5 Min.
a 96 „
bis 120 Std.
n 120 „
5
72
120
53
a
noch nicht
1
„ Kopf m. Schel-
3
„ 36 Std.
bis 160 Std. noch nicht
—
5
58
168
35
lack gedicht.
4
yy 36 1 ,
120 „
yy yt
—
5
66
120
30
wie a aber feineres
1
„ 5 Min.
nach 5 Min.
nach 5 Min.
nach 5 Min.
5
38
72
27
„ Filter
2
yy ^ ||
yy b n
yy O n
b ||
5
30
36
25
b
ii desgl.
3
yy ^ »»
f> b n
yy b ||
yy b n
5
72
96
33
„ Kopf m. Schel-
4
„ 96 Std.
„ 96 Std.
bis 200 Std.
noch nicht
5
36
200
21
lack gedichtet
5
„ 96 „
yy 96 ||
„ 168 „
yy yy
5
42
168
30
r
wie b
1
i, 5 Min.
„ 96 „
bis 288 Std.
nach 96 Std.
5
42
228
4
!
yy
2
„ 5 „
„ 96 „
noch nicht
„ 96 „
5
42
288
25
C 1
yy
3
yy b I,
,, 96 „
nach 120 Std.
„ 96 „
5
33
240
15
„ Kopf m. Schel-
4
„ 96 Std.
bis 168
Stunden noch nicht
5
35
168
25
lack gedichtet
5
yy 96 ||
„ 168
yy yy
yy
5
33
168
27
wie b
1
„ 5 Min.
nach 5 Min.
nach 5 Min.
nach 5 Min.
5
43
24
34
d
„ Kopf m. Schel-
2
„ 96 Std.
bis 240 Std.
noch nicht
„ 144 Std.
b
38
240
10
lack gedichtet
3
„192 „
„ 336 „
yy yy
192 „
5
43
336
24
eJ
wie b Kopfm. Schel-
1
„ 84 „
„ 192 „
yy yy
„ 144 „
5
55
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25
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lack gedichtet
2
96 „
36 „
5
60
216
36
Berkefeldfilter, grftfi.
1
sofort
sofort
sofort
sofort
5
(300
72
168
1
yy
2
yy
yy
yy
5
1300
144
72
I 4
1
„ Kopf mit
3
nach 30 Min.
bis 72 Std.
noch nicht
nach 60 Std.
5
1-
_
—
i
Schell ack ged.
4
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,, 144 „
yy yy
» 60 „
5
1-
—
—
Berkefeldfilter, kiein.
1
» 6 „
nach 5 Min.
nach 5 Min.
nach 5 Min.
5
240
100
65
-
2
sofort
„ 4 Std.
bis 100 8td.
„ 36 Std.
5
240
100
60
nicht
I
i, Kopf mit
3
nach 60 Min.
» 120 „
bis 240 Std.
bis 240 Std.
5 1
108
240
20
Schellackged.
nicht
nicht
„ desgl
4
„ 24 Std.
» 120 „
nach 84 Std.
nach 120 Std.
5
144
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1
„ 5 Min.
„ 10 „
nach 10 Std.
5
129
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48
hi
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2
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„ 10 „
yy 10 n
1 5
120
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49
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bis 120 Std.
nicht
1 5
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4
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„ 86 „
„ 120 „
yy
5
105
120
15
ij
wie g 3
1
„ 10 „
bis 144 Std.
nach 144 Std.
nach 72 Std.
5
126
144
42
yy
2
„ 10 „
nicht
,, 144 „
,, 84 „
5
78
144
58
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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 1.
12(i
Naehdruck verbolen,
Ein verbessertes Kaflgmodell fur Versuchstiere.
[Acs dem kgl. kroat - slavon. bakteriologischen Landesinstitnt
in Kriievci (Kroatien).]
Von Prof. Ferdinand Kern, Vorstand des Institutes.
Mit 1 Figur.
Die Unterbringung der geimpften Versuchstiere verursacht oft
Schwierigkeiten, besonders aber, wenn es sich um Tiere handelt, welche
mit den Erregern solcher Krankheiten geimpft sind, die aucb den Men-
schen zu infizieren im stande sind.
Bei Cholera asiatica, Bubonenpest u. dergl. bleibt nichts anderes
Gbrig, als die Tiere, die damit geimpft sind, in Glas-, Blech- oder Ge-
f&Ben aus anderem undurchl&ssigen Material zu verwahren, diese aber
auch zur Abwehr gegen Insekten, wie Fliegen, FlOhe u. a. entsprechend
abzuschlieBen. Solche auf diese Art verscblossene KQfige sind aber fQr
die Gesundheit der in sie gesperrten Tiere nicht ohne jeden nachteiligen
EinfluB, erstens der vom Urin herrOhrenden AusdQnstungen halber und
zweitens des erschwerten und verminderten Luftzutrittes wegen.
Ich habe das Problem eines Kfifigs, welcher in jeder Hinsicht ent-
sprflche, wohl nicht gelQst, doch einen solchen konstruiert, welcher fQr
Tiere, die mit fQr den Menschen weniger gefahrlichem Material geimpft
sind, besser entspricht, als die bisher gewQhnlich gebrauchten und in
den PreisbQchern anempfohlenen es waren.
Die Notwendigkeit eines besseren Modelles empfand ich gelegent-
lich der Einrichtung des unter meiner Leitung stehenden Institutes.
Bei der Konstruierung dieses neuen Modelles wurden besonders
zwei in der Praxis bereits verwendete K&figmodelle berOcksichtigt.
Das eine war das von der Firma F. & M. Lautenschl&ger aus
Berlin bestellte kleinere Modell, welches im Preiskurant No. 60 dieser
Firma unter No. 499 abgebildet und als Modell des Institutes fQr In-
fektionskrankheiten anempfohlen ist.
Der mir zugesandte KSfig unterscheidet sich von jenem, welchen
das Bild im Preiskurant veranschaulicht, dadurch, daB er nicht von
einem Stabgitter, sondern von einem solchen von Drahtgeflecht begrenzt
ist, welches quadratische 1 cm breite MaschenlQcher besitzt.
Vorteilhaft ist an dem Lautenschl&gerschen Modell, dafi es am
Boden eine der GroBe des Bodens angemessene Schublade besitzt, welche
10 cm hoch ist und zur Aufnahme der Versuchstiere dient. Diese Schub¬
lade verhindert das Zerstreuen der Exkremente der Tiere.
Doch hat dieser KSfig auch seine Nachteile. So sitzen die Tiere
in ihrem eigenen Urin und auf ihren eigenen F&kalien; die Futtern&pfe
kSnnen nur so aus dem K&fig herausgeholt werden, wenn man die Hand
und ein gut Teil des Armes in den KQfig um sie streckt, wobei man der
Gefahr ausgesetzt ist, vom Tiere verletzt zu werden, sich mit Infektions-
stoff zu beschmutzen, auch kann ein agiles Tier, wie das Meerschwein-
chen, bei solcher Gelegenheit entwischen. Da die FutternQpfe an der
KQfigwand h&ngen und in die Schublade bineiuragen, kann letztere nur
dann herausgezogen werden, wenn die Futtern&pfe vorher entfernt
wurden, was nicht praktisch ist. Die FutternQpfe nehmen beim kleineren
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Kern, Ein verbessertes K&figmodell fiir Vereuchstiere.
127
Modell verhaltnismfiBig viel Raum ein, da sie an der Langsseite des
Kafigs hangen, so daB fiir Kaninchen kaum geniigend Raum bleibt, um
sich leicht umdrehen zu konnen. Zum Nachteil des Kafigs ist es auch,
daB die Tiir an der Seite und nicht oben angebracht ist, da in diesem
Falle so lebende als auch tote Tiere schwieriger in und aus dem Kafig
gebracht werden konnen als durch Tiiren, welche an der Deckenwand
angebracht sind. Endlich ist das schwierige Desinfizieren des Draht-
geflechtes nicht auBer acht zu lassen.
Das zweite als Muster benutzte Modell war jenes, welches im kgl.
ungarischen bakteriologischen Staatsinstitute in Budapest (Prof. Preisz)
benutzt wird.
Dieses ist in mancher Hinsicht besserer Konstruktion als das friiher
beschriebene. Es ist einfacher, leichter und hiibscher gebaut, hat ein
massives Geriist von vierkantigen Eisenstangen, zwischen welchen gerade
Drahtstfibe ein Gitter bilden. Die Tiir ist an der Deckenseite ange¬
bracht, und fiber dem Boden
des Kafigs befindet sich ein
Drahtnetz, auf welchem sich
die Tiere befinden, so daB
sie nicht im Urin zu sitzen
brauchen. Die Futternapfe
hangen auch hier an der
Kfifigwand und werden
ebenfalls durch die Tiir
herausgenommen. Eine
Schublade haben die Kafige
dieses Modelles nicht, doch
ist der Boden behufs Rei-
nigung, wie dies bei Vogel-
kafigen zu sein pflegt, her-
ausziehbar.
Durch die Vereinigung
der praktischen Teile dieser
beiden Kafigmodelle und deren teilweise Verbesserung ist das hier zu
beschreibende neue Modell entstanden.
Dieses Modell, welches aus der Abbildung ersichtlich ist, ist 480 mm
lang, 400 mm breit und 360 mm hoch. Das Geriist ist aus 1 cm breiten
und ebenso dicken vierkantigen Eisenstaben gebaut, zwischen welchen
5 mm dicke, an den Seitenwfinden vertikal, an der Decke horizontal
stehende, gerade Drahtstfibe das Gitter bilden. Am Boden befindet
sich eine eben noch in den Kafig hineinpassende 100 mm hohe Schub¬
lade, welche vorn herausgezogen werden kann. Im Innern der Schub¬
lade befinden sich am Boden einige 1 cm hohe Blocke aus Blech, auf
welchen eine dickere durchlochte Blechplatte liegt. Diese laBt alle Nasse
durch, so daB die Tiere immer trocken sitzen. Sie ist dem Draht-
geflecht aus dem Grunde vorzuziehen, da sie glatter als letzteres, also
den Tieren weniger unangenehm, aber dabei auch dauerhafter ist. Diese
Platte kann behufs Reinigung aus der Schublade genommen werden.
Eine andere Verbesserung ist im Anbringen der Futternfipfe ver-
wendet worden. Die Futternapfe habe ich bei dem neuen Modelle nicht
an die Wand des Kfifigs, sondern an die Innenseite der vorderen Schub-
ladenwand angebracht. Namentlich hat jeder Futternapf am oberen
Rande der einen Langswand zwei nach oben sich verengernde Locher,
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128 Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt. Original©. Bd. XXXVIIL Heft 1.
welche mit zwei an der Innenseite der vorderen Schubladenwand sich
befindlichen Kndpfcben korrespondieren, so daB der Futternapf an letz-
teren aufgehangt werden kann. Will man die Tiere fflttern oder den
Napf g&nzlich entfernen, so geniigt es, die Schublade etwas (der Breite
des Futternapfes entsprechend) herauszuziehen, ohne mit der Hand in
den KSfig greifen, ja ohne den Kafig Offnen zu mQssen.
Was die weitere Adjustierung dieser Kafige anbelangt, lieB ich die-
selben mit Emaillelack bestreichen, was sich sehr gut bewfihrte, da
dieser Lack mit der Zeit hart wie Stein wird. Sie haben ganz niedere
FfiBe und an den vertikalen Saulen je eine kleine Messingkugel zur
Zierde. Die TQr hat einen einschnappenden VerschluB, sie ist ca. 20 cm
breit, so daB dieselbe bei nicht allzu niederen Kafigstellagen geSffnet
werden kann, ohne den Kifig von letzterer herunternehmen zu mussen.
Ich lieB solche Kafige in der Maschinenschlosserei der hiesigen
hdheren landwirtschaftlichen Lehranstalt anfertigen, wo das Stfick auf
ca. 20 Kronen (=17 M.) zu stehen kam.
Dieses Modell ist nun schon 3 Jahre hier im Gebrauch, wobei es
sich als recht praktisch bewahrte.
Die Redaktion des „Centralblatts fUr Bakteriologie und Parasitenkundef*
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wilnsche um
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bei der Ein-
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben mu
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturabsiige direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu Lassen .
Inhalt.
Castellan!, Aldo, Observations on some
protozoa found in human faeces, p. 60.
Doerr, R., Ueber Spirillum pyogenes
Mezincescu, p. 15.
Ghon, Anton u. Sachs, Milan, Beitr&ge
zur Kenntnis der ana§roben Bakterien
des Menscben. III., p. 1.
Heller, Otto, Die Rothbergersche Neutral-
rotreaktion auf Gelatine bei 37°, p, 117.
Jensen, Vilh., Ist die Kleinsche Hefe
eine besondere Art?, p. 51.
Hem, Ferdinand, Ein verbessertes K&fig-
modell fur Versuchstiere, p. 126.
Hoknbo, Xaisako, Das Schulersche
Triumph-Isny-Filter, p. 122.
Honrddi, Daniel, Ist die Wut vererbbar?,
p. 60.
Dddke, H., Zur Spezifit&t der AntikOrper,
p. 81.
Markl, Ueber den Mechanismus der Ab-
wehr des Organismus bei Infektion mit ‘
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getretene, durch einen besonderen Mikro-
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Pettersson, Alfred, Ueber die Virulenz
und die immunisierende Wirkung des
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Sanfelice, Francesco , Streptothrix-
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Schwars, Carl, Ueber einen neuen, fur
Kaltbl liter pathogenen Mikroorganismus
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Scheller, Robert, Experimented Bei-
trftge zur Theorie und Praxis der Gru¬
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Smidt, Henry, Zur Gharakterisierung der
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dem Wasser eines Hausbrunnens, p. 19.
Vedeler, Blastomyceten im Urin, p. 54.
Frommannaehe Bachdruckerei (Hermann Pohle) in Jena.
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CntnlU. f. Iikt etc. I. Ut Original* U. XXXVIII. Heft 2.
Nachdruck verbol&iu
Der Bacillus jasmino-cyaneus uud der Bacillus flavo-aro-
maticus, zwei neue, Farbstoff bildende Bakterien.
[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Institut zu Strafiburg i. Els.]
Von Dr. Walter Ctaehtgens.
Die in den Faeces Typhuskranker und Typhusverd&chtiger vor-
kommenden verschiedenen Bakterien bieten zuweilen Formen dar, die
sich dnrch Aussehen der Kolonieen, Geruch and Farbstoffbildung von
den in den normalen Darmentleerungen nachgewiesenen Mikroben
wesentlich unterscheiden. Vieles spricbt daftir, daB sie vielleicht in be-
sonderen antagonistischen Beziehungen zu den Typhusbacillen stehen, and
ihnen in manchen Fallen das MiBlingen des Nachweises von Eberth-
Gaffkyschen Mikroorganismen zuzuschreiben ist. In der bakterio-
logischen Anstalt far Typbusbek&mpfung zu Strafiburg i. Els. wurden
im Sommer 1904 zwei derartige Bakterien after beobachtet, deren n&here
Untersuchung ich auf Herrn Prof. E. Levys Anregung vornahm.
Der erste der erwahnten Bacillen wurde zuerst von Klinger 1 2 )
mebrere Male auf Platten bemerkt, welche von nach der Fickerschen
Methode mit Koffelnbouillon behandelten Stuhlproben ausgestrichen
waren. Er war dann stets fast in Reinkultur vorhanden, und seine
Gegenwart bedeutete immer ein MiBlingen des Anreicherungsversuches.
Klinger fand ihn ferner im Wasser eines Bacbes, in welchen zahl-
reiche Abwasser mfindeten. Ich selbst hatte 2mal Gelegenheit, ihn auf
mit MalachitgrOn beschickten Platten, auf denen sich Typhusbacillen
gleichfalls nicht nachweisen liefien, aus den Stuhlproben Typhuskranker
zu zfichten.
Dieses Bakterium steht in seinen morphologischen, kulturellen und
tierpathogenen Eigenschaften dem Bacillus pyocyaneus sehr nahe
und unterscheidet sich von diesem lediglich durch einen intensiven
Jasmingeruch; es wurde deshalb von Klinger Bacillus jasmino-
cyaneus genannt. Grofie Aehnlichkeit hat es mit dem von Reimann*)
bei Ozaena aus Nasensekret gezOchteten Bacillus smaragdino-
foetidus, mit dem es vor alien Dingen den penetranten Geruch ge-
meinsam hat. In einigen anderen Punkten liegen aber so auff&llige
Unterschiede zwischen beiden vor, daB es sich nach meiner Meinung
um einen bisher noch nicht beschriebenen Mikroorganismus handelt.
Nach der Beschreibung Reimanns und Matzuschitas 3 ) ist die Eigen-
bewegung des Bacillus smaragdino-foetidus in Frage gestellt,
er wSchst ferner fakultativ aerob und farbt sich nach Gram. Der
Bacillus jasmino-cyaneus dagegen ist ein auBerst bewegliches,
kleines Stfibchen, welches nur aerob w&chst und sich nach der Gram-
schen Methode nicht farben lafit. Das Wachstum erfolgt bei 24° C und
1) Klinger, Ueber neuere Methoden zum Nacbweise dee Typhuebacillue in
den Darmentleerungen. [Diesert.] Strafiburg i. E. 1904.
2) Beimann, Ueber Mikroorganismen im Nasensekret bei Ozaena. [Dissert.]
Wurzburg 1887.
3) Matzuschita, Bakteriologische Diagnostik. 1902.
Ente Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 2. 9
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130 Centr&lbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
37° C gleich gut, nach 24 Stunden hat man schfln ausgewachsene Ko-
lonieen vor sich. Eine Sporenbildung ist nicht vorhanden, desgleichen
wird Sfiure beim Wachstum nicht gebildet Was nun das Wachstum
auf den verschiedenen N&hrbflden angeht, so lieB sich darflber folgendes
feststellen:
Auf Gelatineplatten bilden sich irisierende, lappige Kolonieen, welche
die Gelatine stark verflflssigen und intensiv grfln f&rben. Bei dem Ge-
latinestich beginnt die VerflQssigung in Trichterform, um dann in wenigen
Tagen die ganze Gelatinemasse aufzulOsen und grfln zu ffirben.
Auf Agarplatten bilden sich zun&chst irisierende, lappige Kolonieen,
welche das Agar nach kurzer Zeit smaragdgrfln fir ben. Die gleiche
Erscheinung ist am Agarstrich sichtbar, wo sich die Kolonieen Bings
des Impfstriches bilden.
In Bouillon tritt eine gleichm&fiige Trflbung mit Grflnfarbung und
Hautchenbildung auf. Milch wird koaguliert und peptonisiert. Auf
Kartoffeln bildet sich ein dicker, braunlicher Belag und eine intensive
Grflnfarbung der Kartoffel. Blutserum wird verflflssigt und verfarbt.
Neutralrotagar wird nicht reduziert, Indol wird gebildet, Lackmusmolke
intensiv blau gefarbt Gasentwickelung ist weder in Traubenzucker-,
noch in Rohr- und Milchzuckerbouillon vorhanden. Alle Kulturen sind
durch die Grflnfarbung des Nahrsubstrates und den starken, an Jasmin
erinnernden Geruch charakterisiert.
Aus dem Tierversuche ergab sich schlieBlich die Pathogenitat des
Bacillus jasmino-cyaneus. Eine Maus, der V* ccm einer 24
Stunden alten Bouillonkultur subkutan injiziert wurde, und ein Meer-
schweinchen, dem 1 ccm derselben Kultur intraperitoneal injiziert wurde,
starben nach 20 Stunden. Die Sektion ergab eine heftige Peritonitis;
die Bacillen lieBen sich sowohl in der peritonealen Flflssigkeit als auch
im Blute in groBer Zahl nachweisen. Durch Abimpfung von Blut und
peritonealer Flflssigkeit auf Bouillon und Gelatine erhielt ich wieder eine
Reinkultur mit den charakteristischen Eigenschaften des Bakteriums.
Ferner beobachtete ich einige Male auf Drigalski-Conradi-
schen Platten, welche mit den Faeces typhusverdachtiger Personen aus-
gestrichen worden waren, einen Bacillus, dessen Gegenwart gleichfalls
hemmend auf das Wachstum der Typhusbacillen zu wirken scheint. Er
war durch das zierliche, rosettenfflrmige Aussehen der Kolonieen und
einen intensiven obstartigen Geruch charakterisiert. Da er ferner auf
alien Nahrbflden einen gelben Farbstoff produziert, mflchte ich ihn Ba¬
cillus flavo-aromaticus nennen, wodurch seine beiden charakte¬
ristischen Eigenschaften bezeichnet werden sollen. Ihm nahe steht der
von Tataroff 1 ) beschriebene Bacillus crassus aromaticus, der
zwar denselben Geruch hat, aber keinen Farbstoif produziert AuBerdem
bestehen in der Sporenbildung, der Fflrbbarkeit nach Gram und dem
Wachstum in Milch, auf Kartoffeln und Blutserum so bedeutende Unter-
schiede zwischen beiden Bakterien, dafi eine Identit&t beider vollkommen
ausgeschlossen ist.
Der Bacillus flavo-aromaticus ist ein mittelgroBes, m&fiig
dickes St&bchen, welches nur eine geringe Eigenbewegung zeigt und
sich nach Gram nicht fflrbt. Sporenbildung erfolgt nicht. Er wflchst
nur aerob, sowohl bei 24° C als auch bei 37° C, in 24 Stunden erhalt
man gut ausgebildete Kolonieen. Auf den verschiedenen NahrbQden
zeigt er folgendes Verhalten:
1) Tataroff, Die Dorpater Wasserbakterien. [Dissert] Dorpat 1891.
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Ghon u. Sachs, Beitrflge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 131
Auf der Gelatineplatte bilden sich zunSchst rosettenffirmige, hell-
gelbe Kolonieen mit etwas dunkler gefarbtem Zentrum; nach kurzer
Zeit tritt Verflttssigung der Gelatine ein. Im Gelatinestich bilden sich
gelb gef&rbte Kolonieen lings des ganzen Stiches, die flQssig gewordene
Gelatine wird durch eine derbe, gelbe Scheidewand horizontal yon der
noch festen Masse getrennt. Im Strich erfolgt die Verflflssigung sehr
rasch, indem sich zun&chst ein gelblicher Belag bildet, welcher bald
hinabrutscht und sich nnten als gelber Bodensatz sammelt.
Auf Agarplatten bilden sich den oben beschriebenen fihnliche ro-
settenformige Kolonieen mit gelbem Zentrum. Im Agarstrich bildet sich
ein dicker, gelber Belag lings des Impfstriches.
Bouillon wird gleichmiBig getrfibt. Auf der Kartoffel bildet sich
ein dQnner, gelblicher Belag, auf dem Blutserum eine dicke, braungelbe
Auflagerung, welche das Serum stark verflUssigt. Milch wird koaguliert
und peptonisiert, Neutralrotagar nicht reduziert, Lackmusmolke blau ge-
firbt. Saure, Aceton und Indol werden nicht gebildet. In Trauben-
zucker-, Milchzucker- und Rohrzuckerbouillon findet keine Garung statt.
Alle Kolonieen sind durch den intensiven obstartigen Geruch und die
Produktion des gelben Farbstoffes charakterisiert. Pathogene Eigen-
schaften lieBen sich weder fflr Kaninchen noch far Miuse und Meer-
schweinchen nachweisen. Die mit einer 24 Stunden alten Bouillonkultur
injizierten Tiere zeigten keinerlei Anzeichen einer Erkrankung.
- Wenn man, abgesehen von den tierpathogenen, die morphologischen
und kulturellen Eigenschaften des Bacillus jasmino-cyaneus und
des Bacillus flavo-aromaticus miteinander vergleicht, so ist die
groBe Aehnlichkeit im Wachstum auf fast alien Nihrboden auffallend.
AuBerdem sind beide durch Farbstoffbildung und einen intensiven Ge¬
ruch charakterisiert. Es liegt demnach die Moglichkeit vor, daB sie zu
einer Klasse von Bakterien geh5ren, welche fQr das Wachstum der
Typhusbacillen in den Faeces vielleicht von Bedeutung sind.
Zum SchluB erlaube ich mir, Herrn Prof. E. Levy fQr die freund-
liche Hilfe, die er mir bei der vorliegenden Arbeit hat zuteil werden
lassen, meinen ergebensten Dank auszusprechen.
Nachdruck verboten.
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
III. Zur Aetiologie der Peritonitis.
I. Mitteilung.
Von Dr. Anton Ghon und weiland Dr. Milan Sachs.
Mit 1 TafeL
(SchluB.)
In Bouillon mit Milchzuckerzusatz (2 Proz.) war Wachstum und
Gasbildung gleich wie in Traubenzuckerbouillon, in Bouillon mit
Rohrzucker (2 Proz.) hingegen sp&rlicher.
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Centmlbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
In Peptonwasser war das Wachstnm viol spflrlicher als in
Bouillon. Gasbildung erfolgte nicht.
In eiweiBfreien NfthrbOden, nach Uschinsky hergestellt,
konnte Entwickelung der Bacillen nicht erzielt werden, auch dann
nicht, wenn ihnen Traubenzucker, Rohrzucker odor Mannit
bis zn 2 Proz. zugesetzt wurden. Dagegen erfolgte anch in N8.hrbOden
nach Uschinsky deutliches Wacbstum, wenn diese 1 Proz. Pepton
oder Pepton und Traubenzucker (2 Proz.) zugesetzt erhielten. Gasbildung
kam dabei nicht zur Beobachtung.
In Milch erfolgte sp8rliche Entwickelung der Bacillen, jedoch
keine Gasbildung und keine Gerinnung (Beobachtung durch 55 Tage).
In erstarrter Hydrocelenflttssigkeit entwickelten sich die
Bacillen anfangs sp&rlich, spftter reichlicher, dabei erfolgte Gasbildung
und langsame, aber mentals vollst&ndige Verflflssigung, jedoch nicht
immer in gleich intensiver Weise. Manchmal war die Verflflssigung bei
makroskopischer Betrachtung der Kulturen flberhaupt nicht erkennbar
und ihr Vorhandensein nur dadurch nachzuweisen, daB der Impfstich,
dem entlang deutliches Wachstum erfolgt war, eine auffallend schlQpfrige
Beschaffenheit beira Eingehen mit der Oese zeigte.
In Loeffler-Serumkulturen (Zflchtung in Buchnerschen
Rdhrchen) zeigte sich Wachstum entlang dem Impfstriche in Form mehr
oder weniger zahlreicher dellenformiger, nicht sehr tiefer Einziehungen,
an deren Grunde je eine weiBlich aussehende, etwa 1,5 mm im Durch*
messer haltende Kolonie mit feingez&hnelten Rfindern lag. Der die
Eolonie umgebende Nahrboden war weich, fast flQssig.
Auf Kartoffeln (Zflchtung unter Wasserstoffatmosphflre und im
Buchnerschen Rdhrchen) blieb Wachstum aus, auch dann, wenn die-
selben alkalisch reagierten.
Lackmusbouillon zeigte kein Wachstum (55 Tage).
In Stflrkeagarkulturen (1 Prom. Starke), die durch Zusatz
von Normalnatronlauge verschieden stark alkalisch gemacht wurden, er¬
folgte Wachstum, doch nahm dasselbe bei stflrkerer Alkaleszenz ent-
sprechend ab.
Der Nachweis von Indol gelang leicht in Bouillonkulturen mit
Zusatz von Trauben-, Milch- oder Rohrzucker (Kaliumnitrit und Schwefel-
sflure oder Nitroprussidnatrium, Kalilauge und Essigsaure).
Bildung von Schwefelwasserstoff konnte in Traubenzucker-
Bouillonkulturen mittels Bleiacetatpapier leicht nachgewiesen werden
(langhalsige Kolben).
In Zuckeragar mit Zusatz von Neutralrot erfolgte Wachstum
und Entfarbung, ebenso in Agar, dem indigoschwefelsaures Na¬
trium (1 Prom.) zugesetzt wurde. Die Entfflrbung trat in beiden
Nahrbdden ziemlich rasch ein.
Die chemische Untersuchung einer 5 Tage alten Kultur in
Traubenzucker ergab:
Saure Reaktion der Flflssigkeit, Anwesenheit von
Aethylalkohol, Indol und Milchsflure, sowie Spuren von
Essigsaure. Buttersaure war nicht nachweisbar.
Die Kulturen, besonders die stark eiweiBhaltigen, verbreiteten einen
nicht sehr intensiven, fauligen Geruch.
Das Wachstum des Bacillus erfolgte nur bei hdheren Tempe-
raturen (Brflttemperatur). Unter 22—24° C konnten wir Entwickelung
niemals beobachten, bei Temperaturen zwischen 27—28° C trat
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Gbon u« Sachs, Beitrftge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 133
Wachstum ein, doch blieb es an Ueppigkeit gegen iiber dem bei Brflt-
temperatur etwas zurflck.
Die Empfindlichkeit des Bacillas gegentiber Sauer-
stoffzutritt war eine groBe, ein Urostand, der der Kultivierung des
Bakteriums viel Schwierigkeiten bereitete.
Die Resistenz des Bacillus in den Kulturen war im allgemeinen
eine recht geringe, namentlich in den ersten Generationen. Schon 6 bis
8 Tage alte Kulturen erwiesen sich dann hlufig als nicht mehr Gber-
impfbar. In den splteren Generationen hielten sich die Kulturen so-
wohl bei Zimmertemperatur als auch im Brfltofen linger, so daB es
manchmal noch moglich war, 4—5 Wochen alte Kulturen mit Erfolg zu
fiberimpfen. Noch llngere Zeit hielten sich die Zuckeragarkulturen, je-
doch nur dann, wenn sie, vor Austrocknung geschfltzt, bei 37 0 gehalten
wurden. Auf diese Weise gelang es uns, Kulturen ca. 150 Tage und
linger lebensflhig zu erhalten.
Tierversuche ergaben keine Resultate. Subkutane Impfungen
bei weiBen Mlusen und Meerschweinchen bis zu 2 ccm 48-stflndiger
Zuckerbouillonkulturen erzeugten auBer geringen Infiltraten, die zurQck-
gingen, keine Verlnderungen. Intraperitoneale Injektionen in denselben
Mengen blieben gleichfalls ohne Reaktion. Fur die Versuche wurden
im ganzen 6 weifie Mluse und 4 Meerschweinchen verwendet.
*
* *
Wir konnten also in dem Exsudat einer zirkumskripten, akut eite-
rigen Peritonitis im Anschlusse an ein zerfallenes und verjauchtes
Magencarcinom mikroskopisch und kulturell auschliefilich und
reichlichst eine Bakterienart nachweisen, die den anaeroben Bacillen
zugehSrt. Der Umstand, daB andere Bakterien vollig fehlten und daB
auch eine andere Ursache fflr die Peritonitis nicht gefunden wurde,
scheint uns mit Bestimmtheit daftir zu sprechen, daB der gefundene Ba¬
cillus die Ursache der Bauchfellentztindung darstellte. Gegen diese An-
nahme spricht auch nicht die Tatsache, daB der gezilchtete Bacillus als
ein sicher ungewdhnlicher Erreger der akut eiterigen Peritonitis anzu-
sehen ist, ebensowenig der Umstand, daB der Bacillus in den ausge-
fQhrten Tierexperimenten so gut wie keine Pathogenitlt erkennen lieB.
Die Forderung, daB ein Bakterium, soli es die Ursache einer Erkran-
kung darstellen, die gleiche Krankheit auch bei unseren Versuchstieren
erzeugen mGsse, ist heute in diesem Sinne nicht aufrecht zu erhalten.
Wir kennen schon viele exquisit menschenpathogene Keime, die fflr
unsere gebrluchlichen Versuchstiere fast gar keine oder nur geringe
pathogene Wirkung zeigen. Auflerdem ist aber gerade fiir unseren Fall
noch hervorzuheben, daB die Experimente nicht mit den allerersten
Generationen ausgeftthrt werden konnten, daB also mdglicherweise eine
stlrkere Virulenz unseren Versuchstieren gegeniiber ganz gut noch in
den ursprunglichen Kulturen rorhanden war.
UnterstGtzt wird die Auffassung von der Itiologischen Bedeutung
des gezuchteten Bacillus fiir die Peritonitis aber zweifelsohne durch die
Tatsache, daB wir in den Schnittprlparaten vom Magen-Lebertumor und
einer krebsig entarteten regionlren Lymphdrtise der grofien Magen-
kurvatur sowie in denen mehrerer Lungenabscesse anscheinend aus-
schliefilich eine Bacillenart nachweisen konnten, die ihrem morpho-
logischen nnd ftrberischen Verhalten nach vOllig mit den im peritonealen
Exsudate gefundenen Bacillen Qbereinstimmt. Und gerade auch in den
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134 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Schnittpr¶ten mufiten die gefundenen Bacillen gleich denen im Peri¬
toneal exsudate nach ihrem Verhalten zu den Gewebselementen als im
Zasaramenhange stehend mit den erkennbaren entzfindlichen Verinde-
rungen angeseben werden. Leider war dieser interessante bakteriolo-
gische Befund des Peritonealexsudates ein unerwarteter, so dafi die
Kultivierung des Bacillus ans den Lungenabscessen nicbt mehr durch-
geffihrt werden konnte.
Die Peritonitis ist als eine sekund&re zu bezeichnen und als
ihr Ausgangspunkt der zerfallene Magentumor anzusehen. DafQr
spricht vor allem die Lokalisation der Peritonitis: ibre Ausbreitung
fiber die vordere Magenflfiche bezw. den Bereich des auf die Leber
fibergreifenden Magentumors. Da eine akute Perforation des ver-
jaucbten Tumors in die freie Bauchhfihle nicht nachweisbar war, muB
die zirkumskripte Bauchfellentzfindung als eine vom zerfallenen und in-
fizierten Tumor aus fortgeleitete aufgefaBt werden. Es mag dabei da-
hingestellt bleiben, an welcher Stelle der Uebertritt der Bacillen, welche
die Peritonitis verursachten, erfolgt war.
Die Infektion des Magentumors war endogen entstanden, also vom
Magen selbst aus. Die Gelegenheit zu solchen Infektionen ist gerade
bei Magencarcinomen im allgemeinen oft gegeben, da die Reaktion des
Magensaftes bei Carcinom, ferner Gewebszerfall und Blutungen des
Tumors der Ansiedelung und Vermehrung pathogener Keime Vorschub
leisten.
Die Lungenabscesse waren ihrem pathologisch-anatomiscben Bilde
nach typische, metastatische Abscesse. Da nur die Lungen den
Sitz dieser Abscesse bildeten, erfolgte die Verschleppung des infektidsen
Materials wohl auf vendsem Wege. Mit dieser Annahme stehen auch
die histologischen Bilder der Lungenabscesse in Einklang. Wahrschein-
lich dfirfte der Einbruch in die Blutbahn in der Leber stattgefunden
haben, weil es uns scheint, dafi gerade in der Leber infolge der zahl-
reichen grofien, vfillig verjauchten Tumorknoten dazu am meisten Ge¬
legenheit gegeben war.
Das Exsudat der Peritonitis und der Lungenabscesse wie auch das
Sekret der zerfallenen Tumormassen verbreiteten einen stinkenden Ge-
ruch, der — wie aus den von uns studierten Eigenschaften des ge¬
fundenen Bacillus hervorgeht — durch seine F&higkeit, EiweiB zu zer-
setzen, bedingt war.
*
* *
Es erfibrigt uns noch, die Stellung des gefundenen anafiroben Ba¬
cillus im Bakteriensystem zu erfirtern.
In der Literatur fiber die anafiroben Bakterien fanden wir keinen
Bacillus, mit dem der von uns gezfichtete mit Sicherheit identifiziert
werden kann.
Vom Bacillus ramosus [Veillon und Zuber 1 )], der gleich-
falls ein unbewegliches, streng anafirobes, nur bei 37° C wachsendes
Bakterium darstellt, unterscheidet sich unser Bacillus dadurch, daB er
gleichmfifiig Gram-negativ ist, w&hrend jener nach der Methode von
Gram geffirbt bleibt. Dazu ist der Bacillus ramosus durch grofie
1 ) Rist, E., Nene Methoden und neue Ergebnisse im Gebiete der bakteriologi-
schen Untersuchung g&ngrandeer und fdtider Eiterungen. (Centralblatt f. Bakt. etc.
Bd. XXX. 1901.)
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Ghon a. Sachs, Beitrftge zur Kenntnia der anafiroben Bakterien des Menschen. 135
Lebensf&higkeit und durch seine Pathogenit&t fflr Meerschweinchen und
Kaninchen ausgezeichnet.
Der Bacillas fragilis (Veillon nnd Zuber) stellt ein un-
bewegliches, 6 ram-negatives St&bchen dar, schwer zQchtbar und von
geringer Lebensf&higkeit. Der Bacillus bildet sp&rlich Gas, verfldssigt
Gelatine nicht, zeigt keine Sporen und produziert in den Kulturen
einen stinkenden Gernch. Doch l&Bt der Bacillus fragilis Versuchs-
tieren gegenOber ziemlich bedeutende Pathogenit&t erkennen und schein-
bar sowohl im Eiter wie in den Kulturen einen grQBeren Formenreichtum
vermissen.
Der Bacillus fusiformis (Veillon und Zuber) wird als ein
groBes, spindelfdrmiges St&bchen beschrieben, das durch die GrQBe
seiner Formen und durch sein rasches Wachstum sich von unserem
Bacillus leicht unterscheiden l&Bt.
Der Bacillus furcosus (Veillon und Zuber) ist schon durch
die EigentQmlichkeiten seiner Formen von unserem Bacillus abtrennbar
und der Bacillus nebulosus (J. Hal 16) dadurch. daB er kein Gas
bildet.
Am ehesten ist unser Bacillus dem Bacillus funduliformis
(J. Hal 16) ahnlich. Dieses Bakterium wird von Rist als ein kleines
gekriimmtes St&bchen beschrieben, das sich durch Anilinfarben wenig
tingieren lftBt und bei der Methode von Gram entf&rbt. In Rein-
kulturen ist der Bacillus sehr polymorph, die „einzelnen Glieder ver-
l&ngern und krQmmen sich, tragen an beiden Enden dicke, vielfSrmige
Anschwellungen Oder drQcken sich zu dicken, unregelm&Bigen Kugeln u .
Daneben findet man F&den, die sich manchmal reich verzweigen, und
kurze „bacill&re Glieder u . Der Bacillus w&chst nicht unter 37 0 C, dabei
langsam, bildet sehr Qbelriechendes Gas und ist fQr Meerschweinchen
und Kaninchen nicht konstant pathogen: manchmal gelang es, Abscesse
gangr&ndser Natur zu erzeugen, die entweder spontan ausheilten Oder
das Tier rasch zu Fall brachten.
Wir mQssen es dahingestellt sein lassen, ob die Identit&t unseres
Bacillus mit dem von Hall6 gefundenen Bacillus fundiliformis
anzuerkennen sei Oder nicht. Da dieser Bacillus bei gangr&ndsen oder
fotiden Prozessen des Menschen allem Anscheine nach wiederholt ge-
funden wurde, h&tte es zweifellos grofies wissenschaftliches und vielleicht
auch praktisches Interesse, sollte es sich durch weitere Untersuchungen
herausstellen, daB dieses Bakterium des Qfteren bei gewissen patho-
logischen Prozessen des Menschen zu finden sei.
Es seien deshalb die Merkmale, die den von uns gezQchteten Ba¬
cillus kennzeichnen, nochmals kurz hervorgehoben:
Kleine, G ram -negative Bacillen, unbeweglich und ohne Sporen, im
allgemeinen schlecht f&rbbar und sehr polymorph. Wachstum nur bei
hdheren Temperaturen. Sp&rliche Gasbildung. Keine Verflussigung der
Gelatine. Kein Wachstum in eiweiBfreien NfihrbQden. Keine Gerinnung
der Milch. Langsame VerflOssigung erstarrten Serumeiwei&es. Bildung
von Indol und Schwefelwasserstoff. Entfarbung von Neutralrot und
indigoschwefelsaurem Natrium. Bildung von Aethylalkohol, Milchs&ure
sowie geringer Mengen von Essigs&ure. Nicht sehr intensiver, stinken-
der Geruch der Kulturen. Geringe Pathogenit&t fQr die gebr&uchlichen
Versuchstiere.
Der Bacillus ist im Besitze der Bakteriensammlung von F. Krdl
in Prag.
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Tafelerkl&nmg.
Fig. I. Deckglaspraparat vom peritonitischen Exeudat. F&rbung nach Gram mit
Fuchsinnachfarbung.
Fig. II. Schnittpraparat aus dem Magen-Lebertumor. Orenzpartieen mit intra-
und extracellularen Bakterienhaufen. Farbung mit Boraxmethylenblau.
Fig. III. Deckglaspraparat von einer Zuckeragar-Plattenkuitur (Kla tscbpr¶t ) f
3 Tage alt (Wasserstoffatmoephare). Farbung nach Gram mit Fuchsinnachfarbung.
Fig. IV. Deckglaspraparat von einer Kultur auf erstarrtem Loeffler-Serum
(Buchner-Rohr), 49 Tage alt (bei 37° C), 75. Generation des Bacillus. F&rbung mit
Boraxmethylenblau. Schmale Faden und aegenerierte Formen.
Fig. V. Deckglaspraparat von einer 10-tagigen Kultur im Traubenzuckeragar
mit Zusatz von Neutral rot, 7. Generation. Jodpr¶t. Degenerationsformen, teilweise
mit intensiver Braunfarbung.
Alle Abbildungen wurden aufgenommen mit Zeiss, homogene Immersion, 2,0 mm,
Apert. 1,30, Komp.-Ok. 6.
Nachdruck verboten .
Kultur- und Tierversuche mit dem Bacillus fusiformis und
dem Spirillum.
[Mitteilung aus dem pathol. - an at Institute der KQnigl. Universit&t zu
Kolozsv&r (Direktor: Prof. Dr. Buday).]
Von Dr. D. Veszpr6ml, Privatdozent, I. Assistent.
Prof. Buday sezierte am 3. September 1904 die Leiche eines
53 Jahre alten Mannes von der chirurgischen Klinik, der wegen eiteriger
Periostitis des rechten Oberkiefers aufgenommen wurde. Dieser Fall
liefert vielen interessanten Stoff zu einer eingehenden Bearbeitung, jetzt
wollen wir nur kurz hervorheben, dafi bei der Sektion aufier einer
gegen die Schadelbasis hin sich ausbreitenden eiterigen Periostitis,
eine in den rechten Musculus temporalis eindringende Phlegmone, eine
hamorrhagisch - eiterige Entziindung der Gehirnhaute, und in der Lunge
metastatische Abscesse zu finden waren. Wir fanden in dem Eiter der
Mundhdhle als auch in dem der metastatischen Herde kleine k5rn-
chenformige Gebilde, die zuin Teil aus dem Bacillus fusiformis
und aus Spirillen bestanden. Das gleichzeitige Vorbandensein der
Bakterien in so ungewbhnlich groBer Menge hatte uns dazu bewogen,
etliche Kaninchen mit dem Materials zu impfen und die ReinzQchtung
derselben auf den gebrauchlichen Nahrboden zu versuchen. Die Kultur-
versuche blieben ohne Erfolg. Hingegen gelang es uns, bei den Ka¬
ninchen eine Infektion hervorzurufen. Es ging namlich eins der Ka¬
ninchen an eiteriger Peritonitis zu Grunde. Das Exsudat war von sehr
unangenehmem Geruch, und enthielt aufier einer Art von ffidenfdrmigen
Bakterien und Kokken eine grofie Anzahl fusiformer Bacillen und
Spirillen. Bei alien subkutan geimpften Kaninchen entwickelten sich
binnen weniger Tage gangrfinose Abscesse von penetrantem
Geruch, die den Tod der Tiere zur Folge hatten. In dem Abscefi-
eiter fanden sich in groBer Zahl auch fusiforme Bacillen und Spirillen
vor. Mit dem Eiter dieser Abscesse infizierten wir eine weitere Tier-
reihe mit ganz demselben Erfolge.
Aus dem am 23. Oktober geOffneten gangrfinbsen Abscesse eines
der II. Versuchsreihe angehorigen Kaninchens versuchten wir auf den
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Centralbl. f. BaktcrioL Abt L Orig. Bd. XXX V 111. Ghon u. Sachs, Anaerobe Bakterien,
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Verlag von Gustav Fischer in Jena.
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Veszpr6mi, Kultur- u. Tierversuche mit dem Bac. fusiformis u. dem Spirillum. 137
kunstlichen Nahrboden wiederholt die Zflchtung. Jetzt benntzten wir
aber zu diesem Zwecke Nahrboden verschiedener Zusammensetzung,
unter anderem das Gemisch von Liquor pericardii -f- Bouillon, Kaninchen¬
serum + Liquor pericardii, Kaninchenserum Bouillon etc. Die Kul-
turen zeigten schon binnen 24—48 Stunden Anzeichen des Gedeihens,
unter denen haupts&chlich der auBerordentlich unangenehme, mehr Oder
weniger an Gangrkn Oder dysenterischen Darminhalt erinnernde Ge-
ruch hervorzuheben ist Die Kulturen zeigen eine eigentiimliche Art
der Entwickelung, so z. B. entstehen in den Kaninchenserum enthaltenden
Nahrbdden am Boden oder an der Wand der Eprouvette haftende Korner,
in anderen Nahrbdden wiederum bildete sich ein reichliches, kdrnig-
flockiges Sediment. In den Deckglaspraparaten waren am Anfange
grofie Mengen fusiformerBacillen zu finden, spater zeigten sich in
grofier Zahl auch fadenformige Bakterien und Spirillen. Die
Kulturen entwickeln sich auch jetzt noch durch mehrere Generationen.
Um uns von der pathogenen Wirkung der Bakterien zu Qberzeugen,
impften wir mit denselben subkutan, beziehungsweise intramuskuiar zu
wiederholten Malen Kaninchen. Der Erfolg zeigte sich auch bei diesen
in den binnen kurzer oder langerer Zeit entstandenen stinkenden, gan-
grandsen Abscessen und der ProzeB fflhrte, mit einer starken Ab-
magerung der Tiere einhergebend, zum Tode. Der Bakteriengehalt ist
der namliche wie bei den von der Leiche infizierten Tieren. Auch von
diesen Abscessen gelang es, dieselben Bakterien zu zflchten.
Obzwar unsere Versuche betreffs der Tierversuche und Zflchtung
ziemlich zahlreich sind, halten wir es trotzdem bei dieser Gelegenheit
noch fflr verfrflht, dieselben und deren Resultate bekanntzugeben.
Wir wollen noch darauf hinweisen, daB, soweit wir bis jetzt die Literatur
uberblicken konnten, unseres Wissens experimentelle Versuche mit diesen
Bakteriengattungen nur in relativ geringer Zahl stattfanden und auch
hinsichtlich des Resultates nicht ganz befriedigend sind. Es sind namlich
die Beziehungen der haufiger erwahnten Bakterien zu einander, deren
Entwickelungsgang, biologische Eigenschaften, Formeigentfimlichkeiten
u. s. w. noch in vieler Beziehung streitig. Auch bedarf deren pathogene
Wirkung — obzwar diesbezQglich besonders im menschlichen Organismus
eingehende Untersuchungen nicht fehlen — von einem ganz anderen
Standpunkte aus einer Erlauterung. Auch unsere Versuche haben noch
— bevor dieselben Gegenstand einer detaillierten Erdrterung bilden —
von etlichen Seiten eine Erganzung ndtig; so z. B. sind dieselben noch
mit den histologischen Untersuchungen zu vervollstandigen, aber so viel
kann bereits aus dem Gesagten geschlossen werden, daB sowohl der
Bac. fusiformis wie das Spirillum von Menschen auf Tiere
zu impfen sind, in denselben den namlichen pathologischen
ProzeB hervorrufen, auf kQnstlichen Nahrboden zQchtbar
sind, in den Kulturen ihre Virulenz so weit behalten, daB
es auch bei mitKulturen infizierten Tieren zurEntwicke-
lung gangrandser Abscesse kommt.
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Centr&lbL f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Nachdruck verboten.
Weitere Untersuriumgen liber Anaerobiose.
[Aus dem hygienischen Institute der kgl. Universitfit zu Sass&ri.]
II. Mitteilung.
Von Prof. Claudio Fermi unter Mitwirkung von E. Bassu, stud.
Mit 13 Figuren.
In der ersten Mitteilung 1 ) haben wir die Kritik von verscbiedenen
bekannten Methoden der Anaerobiose durchgenomtnen und auf experi-
mentellem Wege bewiesen, wie in alien diesen, ohne Ausnahme, stets
deutlich das O 2 nachgewiesen werden kann. Da nun besagte Methoden
zur Losung der in Bezug auf die Anaerobiose aufgeworfenen Fragen
untauglich waren, versuchten wir, neue Methoden auszuarbeiten, welche
es uns moglich machen sollten, die AnaSroben in Abwesenheit des mit
Hilfe delikater Mittel nachweisbaren O 2 zu kultivieren.
Wir begannen daher unsere Untersuchungen mit einer Reihe prali-
min&rer Forschungen, wie z. B.:
1) Ueber die Entfernung des O 2 mittels Aufkochung.
2) Ueber den verschiedenen Widerstand, den die verschiedenen Sub¬
strate (Agar, Gelatine, Fleischbrflhe u. s. w.) beim Ausscheiden des
Sauerstoffs durch Aufkochen leisten.
3) Ueber die Wirksamkeit der verschiedenen luftdichten Substanzen,
wie z. B. Vaselin, Paraffin, Paraffindl u. s. w., zum Schutze des Sub¬
strates w&hrend und nach dem Aufkochen.
4) Ueber die Wirkung des Umkehrens der Kulturen direkt in Kali
pyrog., welches gleichzeitig als absorbierendes Mittel des O 2 als Schutz-
schicht gegen die fiuBere Luft diente.
5) Ueber die Wirksamkeit des dem Substrat beigefflgten Kali pyrog.
bei der Absorbierung des O 2 .
In dieser unserer zweiten Arbeit setzen wir ferner die Beschreibung
verschiedener anderer neuer Methoden und Verfahren fort und werden
zahlreiche, von uns mit denselben vorgenommene
Versuche anfQhren.
Um soviel wie mdglich das Durchdringen des
Sauerstoffs in das Substrat durch die Schutzsubstanz
hindurch zu verhindern, sind wir folgendermafien
zu Werke gegangen:
Methode I. Nach Vertreibung des Sauerstoffs
aus dem Substrat mittels Aufkochens, unterstfltzt
durch V, ccm Paraffin, gossen wir auf letzteres, so-
bald es geronnen war, anderes Paraffin und sodann
eine L6sung von Kali pyrog. (Fig. 1) bis 2 cm vom
Rande der Eprouvette. Diese wurde mit Paraffin
verschlossen und die Kulturrbhren wurden umge-
kehrt, um das Durchdringen des Kali pyrog. durch
das Paraffin in das Substrat zu verhindern.
Als Anzeiger des Sauerstoffs im Substrate be-
dienten wir uns des Kali pyrog. selbst. Kontroll-
versuche wurden vorgenommen.
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXV. 1904. No. 5.
Agar-
Paraffin*
Kalipyro-.
gallicum
Paraffin-
Fig. 1.
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Fermi u. B&ssu, Weitere Untersuchungen fiber Anafirobiose.
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Resultat: Der Schw&rzungsgrad des Kali pyrog. im
Substrat im Augenblick des Versuches blieb uuver-
ftndert selbst nach einem Monat, w&hrend er in den
Kontrollversuchen zunahm. Demnach wurde das Durch-
dringen des Sauerstoffs verhindert
*
* *
Metbode II. Um die Kultnr immer mehr gegen die Mdglicbkeit
des Durcbdringens von Sauerstoff zn sichern, haben wir einige Versuche
znr Vertreibung des 0 s durch Aufkochen, untersttitzt durch Paraffin,
dnrch eine Schicht von Kali pyrogallicum and einer zweiten Paraffin¬
schicht dann Eintauchen der Epronvette in Paraffin- Oder Olivendl
gemacht
Wir experimentierten mit Wasser and mit Oel, indem wir ver-
schiedene, eine gleicbe Menge von Kali pyrog. enthaltende Eprouvetten
in diese Flflssigkeiten tauchten. Die Eprouvetten warden mit Gamrai-
oder mit KorkstSpseln verschlossen, am den Unterscbied dieser beiden
VerschluBsysteme zn beobacbten.
Resultat: Das Kali pyrog. hatte, sogar noch nacb zwei
Monaten, dieselbe Farbe bewahrt, die es zur Zeit des
Versuches batte. Das beste VerschluBsystem bildeten
die Gummistbpsel und die Immersion mit Oel.
Aas den Resultaten der vorgenommenen Versuche haben wir fol-
gende „neue Methode u (siehe Fig. 2) feststellen kdnnen:
1) Aufkochen des (2-proz.) glykosierten, mit
einer Paraffinschicht von l /s ccm bedeckten
Substrats in Vaselin bei 105° C.
2) Aufkochen w&hrend weiterer 5 Minuten.
3) Schnelle AbkQhlung und Impfung durch
das noch nicht fest gewordene Paraffin, zu wel-
chem noch anderes Paraffin hinzugefflgt wurde,
um eine Schutzschicht von 3 ccm zu erlangen.
4) Kali pyrog.-Ldsung bis 2 cm vom Rande
der Eprouvette und dem VerschluB mit Paraffin.
5) Immersion der umgekehrten Eprouvette
in einem mit Oel gefQllten Cylinder.
Der folgende Versuch zeigt uns, dafi mit
dieser neuen Methode eine gute AnaSrobiose
erlangt wird:
Der Versuch grfindete sich auf die Tat- 2.
sache, daB, wenn dem glycerinierten Agar der
verschiedenen ROhrchen 2 Proz. Traubenzucker oder ein wenig Methylen-
blau in Substanz (Sanfelice) oder in einer konzentrierten alkoholi-
schen Losung dieses Stoffes (Kabrhel) zugefflgt wird und die R5hr-
chen im Ofen sterilisiert wurden, sich diese beim Herauskommen aus
demselben ungef&rbt zeigen, weil der Agar den Sauerstoff, den er auf-
elOst hatte, verloren hat, w&hrend sie sich an der Luft von der Ober-
&che nach dem Boden zu, sobald neuer Sauerstoff sich I8st, wieder
f&rben.
Wir schfltzten einige dieser Rohrchen und lieBen andere fflr die
Kontrolle bestimmte entweder ganz geOffnet oder schfitzten den Agar
durch eine Paraffinschicht
Bei den verschiedenen Beobachtungen erzielten wir folgendes Re-
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
sultat: Die unbedeckten ROhrchen begannen sich gleich
nach Beendigung des Versuches zu f&rben, w&hrend der
Agar in den nur durch Paraffin geschfltzten ROhrchen
fast farblos, der nach unserer neuen Methode behandelte
aber vollst&ndig farblos blieb, besonders wenn er urn-
gekehrt in Oel zu stehen kam.
Wir erzielten dasselbe Resultat, indem wir als Reaktiv des Sauer-
stoffs das Kali pyrog. benutzten.
Der Technik dieser neuen Methode folgend, stellten wir Versuche
mit dem Bac. tetani, dem Bac. oedematis maligni und dem
Bac. anthracis symptoraatici an. Diese Versuche waren natQr-
lich immer von Kontrollversuchen begleitet Die Resultate sind aus
folgender Tabelle ersichtlich:
Stichkulturen fol¬
gender Mikroorga-
n is men
Agar unge-
kocht
Agar gekocht
Agar gekocht,
mit V* can
Paraffin
bedeckt
Agar mit Zu-
satz von 2 1 /,-
prom. Kali
pyrogall.
Neue
Methode
B. tetani
+ +
+
+
+
-?
B. oedematis maligni
+ +
+
—
+
—
B. anthracis sympto-
matici
+ +
+
+
—
—
Resultat: Aus dieser Tabelle geht hervor, dafi die
Entwickelung derAnagroben kr&ftiger ist, sobald Spuren
von freiem Sauerstoff sich im Substrat befinden, und dafi
sie mit dem Abnehmen des Sauerstoffs nach und nach an
Intensit&t abnimmt.
*
* *
In der beschriebenen Methode haben wir ein gutes anaerobisches
Mittel ffir Stichkulturen gefunden. Es war daher von hdchstem In-
teresse, eine ftir Strichkulturen geeignete Methode zu finden 1 ), um die
Impfung so innig wie moglich in BerUhrung mit der anaSrobischen
Fliissigkeit zu lassen; um so mehr, da die Strichkulturen in Kapseln,
die umgekehrt in Kali pyrog. zu stehen kommen, eine weit bessere
Anaerobiose geben als Stichkulturen in RShrchen, die ebenfalls in Kali
pyrog. umgekehrt sind.
1) Um die Ziichtung der anaeroben Kulturplatten unter vdUigem Ausschlufi von
atmosparischem Sauerstoff anzulegen, beschreibt H. Hammerl (Centralbl. f. Bakt etc.
Abt. I. Bd. XXX. No. 17 u. Bd. XXXI. No. 12) eine eigene Methode. „Das Wesent-
liche dieses Verfahrens besteht darin, daS man dem Nahrboden frisch bereitetes NH«HS
in bestimmter Konzentration zusetzt und nach Ausgiefien desselben in eine Petri-
Schale an dem Deckel einen mit starker Pyrogallussaureldsung getrankten Bierfilz
S ub Cellulose hergestellte Bierglasunterlagen) befestigt, worauf Schale und aufgeschliffener
eckel durch eine Wachstalgmischung nach auflen abgedichtet werden." Spater hat er
seine gute Methode in folgender Weise verbessert: „Er gibt die Schalen in eine Glas-
dose mit genau eingeschhffenem Deckel und absorbiert den Sauerstoff innerhalb der
Dose durch eine stark konzentrierte Pyrogallussaureldsung. Dieselbe bereitet er in dor
Weise, dafi er 20 g Pyrogallol in einem Becherglase abwiegt und in dasselbe hierauf
15 ccm einer 50-proz. KOH-Ldsung einfliefien lafit. Nach wenigen Minuten ist die
Gesamtmenge der Pyrogallussaure geldst und mit dieser Ldsung wird nun ein Bierfilz
getrankt, derselbe auf den Boden der Dose gelegt, die beecluckten offenen Schalen
aariiber geschichtet und sodann die Dose luftdicht verschlossen. Bei dieser Anordnung
wird sowohl aus der Luft in der Dose als auch aus dem Nfihrboden der Sauerstoff
vdllig entfemt und zwar bei Briittemperatur bereits innerhalb eines Tages, bei Zimmer-
temperatur innerhalb 86—48 Stunden“.
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Fermi n. Bassu, Weitere Untersuch ungen fiber Anaerobiose.
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Methode III: Strichkulturen in Eapseln umgekehrt in Kali pyrog.
gesetzt.
Zu diesem Versuche kultivierten wir verschiedene Mikroorganismen
(fakultative Anafiroben und Abroben) in Kapseln, die umgekehrt in Kali*
pyrog. zu stehen kamen. Um zu sehen, ob ein Unterschied in der Ent-
wickelung wahrnehmbar w&re, wurde bei etwas Luftzutritt ein Kontroll-
versuch gemacht:
Mikroorganismen
Strichkulturen in
Schalen im Kali
pyrogalL umgekehrt
0*-Zutntt
Strichkulturen in
Schalen im Kali
pyrogalL umgekehrt
ohne O’-Zutritt
Staph, pyog. aureus
++
0
„ „ citreus 1
++
0
Bact. coli
+ +
0
„ rubrum
++
0
„ fluorescens
++
0
„ indicue
++
0
„ pyocyaneus
++
0
„ prodigiosus
++
0 .
„ yiscosus
+ + (Gas)
+ + (Gas)
B. anthracis
+ +
0
„ diphtheriae columbarum
+ +
0
„ megatherium
+ +
—
„ radiciformis
+ +
—
„ subtili8
+ +
0
Pen. glaucum
+ -F
0
Blastomyces
+ +
0
+ +
0
Resultat: Wfthrend die Entwickelung stets sehr kr&f-
tig in den Kontrollversucben war, war sie gewbhnlich
negativ in den Strichkulturen in Kapseln.
Nicht klein ist der Unterschied zwischen der Anaerobiose, die man
in den Strichkulturen in Kapseln erhalt, und den Stichkulturen in Rfthren.
In ersteren bleibt offenbar die Impfung mehr unter dem Einflusse
des vorhandenen Kali pyrog. und empfindet um so mehr die Anwesen-
heit des Sauerstoffs.
*
* *
Methode IV: Austreibung des O 8 durch Aufkochen,
unterstfltzt durch die Paraffinschicht. Impfung im CO 2 -
Strom — Kali pyrog. auBerhalb des Substrats.
Bevor wir zum Studium der reduzierenden Kraft des Kali pyrog.
Qbergehen, wollten wir feststellen, in welcher Proportion von KOH und
Pyrogalluss&ure der obengenannte Stoff wirksamer ist.
Das Resultat der zu diesem Zweck angestellten Versuche zeigte
deutlich, daB das Kali pyrog. im Verhaitnis von 10 Proz. Kali und
10 Proz. Ac. pyrog. sehr wirksam ist. Dies geschah nicht in anderen
Proportioned die, obgleich ebenfalls alkalisch, viel langsamer absor-
bieren. So batten wir z. B. in dem Versuche mit den Proportionen von
Ac. pyrog. und Aetzkali 10: 1 das Maximum der reduzierenden Kraft
nach 48 Stunden.
Versuch. In eine Flasche (A, Fig. 3), welche mit einem Pfropfen,
in dem sich zwei Oeffnungen befinden, durch welche Glasrohre geleitet
werden, versehen ist, leitet man eine halbe Stunde lang einen Strom
mdglichst sauerstofffreien Kohlens&ureanhydrits, sodann gieBt man auf
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
den Boden eine Schicbt abgekochten und noch kochenden glykosierten
Agars, welcher in Gegenwart des CO* erstarrt und beim Kaltwerden
das O 2 nicht wieder aufsaugt. Die Impfung
der dfinnen Agarschicht nimmt man stets
in einer Kohlensfiure-Anhydritstrfiraung vor.
Hierauf schliefit man den Pfropfen gut, in¬
dent man ihn mit Lanolin bedeckt; auch die
beiden Robre a b, durch welche der Kohlen-
s&ure-Anhydritstrom zieht, werden mit zwei
Pinzetten gescblossen.
Man kehrt dann das so bereitete Kultur-
gef&B um und hdit es durch einen geeigneten
Halter in ein mit Oel geffilltes Gef&B.
Durcb die ROhre a gieBt man sodann eine
konzentrierte Ldsung von Kalihydrat, welches
den unteren Teil des Apparats einnimmt und
das Kohlensfiure-Anhydrit aufsaugt. Endlich
fflgt man so viel von einer 10-proz. Pyro-
gallussSure hinzu, daB dieselbe in ein rich-
wie es unsere Versuche lebren, und in eine
richtige Entfernung vom Substrate kommt.
Mittels dieser neuen Kulturmethode erlangt man:
1) Entfernung des Sauerstoffs aus dem Substrat durch Aufkochung
und Verhinderung der Wiederaufsaugung beim Erkalten des Substrata.
2) Absorbierung des Sauerstoffs des Substrats durch reduzierende
Substanzen, die im Substrat selbst aufgelQst werden.
3) Ersetzung der Kulturatmosph&re durch anderes Gas.
4) Absorbierung des Sauerstoffs durch Kali pyrog. in den wirksam-
sten Proportioned
V e r s u c b: Am Kulturapparat Fig. 3 B befestigten wir ein Queck-
silbermanometer, welches den nach der Absorbierung des Kohlens&ure-
anhydrits durch die Aetzkalilfisung und des fibrig gebliebenen Sauer¬
stoffs durch Kali pyrog. noch bleibenden Druck des Kulturraumes
angibt.
Resultat: Kaum gelangte die AetzkalilOsung in das
Innere des Apparates, so zeigte das Manometer sofort
ein bedeutendes Sinken des Druckes an, das spfiter fast
zum vollst&ndigen Vakuum fflhrte.
Als wir die Pyrogalluss&ure in den Apparat brachten, verrQckte sich
das Manometer um noch einige Millimeter infolge der Absorbierung der
noch fibrig gebliebenen Spuren von Sauerstoff.
Die letzte, obwohl sehr geringe Verrfickung des Manometers infolge
der Bildung des Kali pyrog. zeigte uns, daB trotz des langen Durch-
strfimens des Kohlensfiureanhydrits durch den Apparat dennoch einige
Spuren freien Sauerstoffs geblieben waren.
Wir heben dies hervor, indem wir uns auf das berufen, was sich
auf das Setzen eines Gases an die Kulturatmosphfire, als anaSrobisches
Mittel, bezieht, und worfiber wir im ersten Teile unserer Arbeit handeln.
*
* *
MetbodeV: Bereitung undWirkung des Chromchlorfir
— Entfernung des 0* aus dem Substrat durch Aufkochen
und durch CO 2 — Chromchlorfir auBerhalb des Substrats.
tiges Verhfiltni8 zum Kali,
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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose.
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Das Chromchlortir, welches unter den anorganischen Verbindangen
vielleicht der beste Sauerstoffbinder ist, hat in der Kulturtechnik der
Anaeroben noch keine Anwendung gefunden.
Fermi versuchte es zum ersten Male mit Ulpiani in einigen
noch nicht verOffentlichten Versnchen. Daher haben wir diese Verbin-
dung studieren wollen, indem wir mit derselben einige Versuche an-
stellten.
Wir bereiteten das Chromchlortir nach der Recouraschen Methode
durch Rednktion des Kaliumbichromats mit Zink- und Chlorwasserstoff-
s&ure in KohlensSureanhydrit'). Wir lieCen wShrend einer halben Stunde
Oder etwas linger einen Strom von Koblens&ureanhydrit dorch einen gut
mit destilliertem Wasser gewaschenen Glasballon ziehen. Dieser Strom
ging durch den gewdhnlichen, aus zwei Mar iottischen Flaschen *) be-
stehenden Erzeuger und strdmte durch ein Glasrohr, welches, durch
den Gummist6psel gehend, fast den Boden des Ballons erreichte, ein
und durch ein anderes, nur bis an die innere Oberfl&che des Stdpsels
gehendes Glasrohr wieder aus. Sodann legten wir in den Ballon:
300 g Zink
50 n in fein pulverisiertes Kaliumbichromat
300 ccm Chlorwasserstoffs&ure, in
200 g destillierten Wassers verdfinnt,
indem wir immer mit dem vorhandenen Kohlens&ureanhydrit arbeiteten.
Es entstand eine ger&uschvolle Reaktion mit starker Gasentwickelung.
Erst nach Beendigung der Reaktion bedienten wir uns des erhaltenen
Chromchlorflrs. Leitet man nun einen Luftstrom durch zwei Spfll-
flaschen, so hS.lt die erste den Sauerstoff vollst&ndig auf und die zweite
kndert die Farbe nicht mehr, wfihrend die geringste Oxydierung ge-
nflgt, um der ChromchlortlrlQsung die voile Klarheit und die schdne
violette Farbe zu nehmen und es in eine grtlne, dunkle Fliissigkeit zu
verwandeln.
Die verh<nismfifiig lange und delikate Zubereitung, welche die
Recourasche Methode verlangt, bewog uns, auch das sich im Handel
befindliche Chromchlortir (Schuchardt) zu versuchen. Die reduzie-
rende Energie dieses Pr¶ts flbertrifft ohne Zweifel alle anderen.
Auflerdem, und gerade wegen dieser Energie, ist das im Handel
befindliche Chromchlortir immer etwas oxydiert, so dafi es, anstatt weifi
zu sein, ein wenig ins Grtin iibergeht. Trotzdem bewahrt es immer
seine stark reduzierenden Eigenschaften. Die Atomgewichte berechnend,
haben wir gesehen, dafi ungefShr eine Ldsung dieses Chromchlorflrs zu
5 Proz. dem von uns bereiteten entsprechen wflrde.
Das von uns bereitete Chromchlortir, obwohl wir es erst nach Be¬
endigung der Reaktion anwandten, und als der durch das Ausgangs-
rohr des Ballons gehende Strom von Kohlensaureanhydrit das blaue
Papier nicht mehr rOtete, macht ohne Zweifel Chlorwasserstoff-SSure-
dkmpfe frei.
1) Die Einzelheitea dieser Heretellung sind in der Abhandlung Recouras selbst
beechrieben: Recherchee sur le elorure de chrome. (Ann. de chim. et phys. 84r. VI.
T. X. p. 1.) Fur die anderen Bereitungsmethoden des Chromchlorur siehe Wohler,
Ann. cn. pharm. T. CXI. p. 230. — Ufer, ibid. T. CXII. p. 281. — Moberg, J.
pr. Chem. Bd. XXIX. p. 175, 435, 125; Bd. XLIV. p. 322, 327. — Peligot, Ann. ch.
f )bye. (3.) T. XII. p. 327; Ann. ch. pharm. T. LII. p. 244. — Loewel, Ann. ch. phys.
3.) T. xl.- p. 42; J. pr. Chem. Bd. LXII. p. 11.
2) Dieser Apparat und nicht jener Kipps ist anzuwenden, da, wie wir sehen
werden, ein bedeutender Druck des KohlensSureanhydrits zum Versuche notwendig ist.
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144 Centralbl. f. Bakt eta I. Abt Original©. Bd. XXXVI1L Heft 2.
Indem wir eine LackmuslOsung an das Ende des Scheidestriches
brachten, prQften wir die Sfiurereaktion der Ballonatmosphfire.
Auf diese Weise haben wir feststellen kdnnen, daB die Atmosphfire
des Ballons, die ChromchlorGrsublimat enthalt, keine Sfiurereaktion
zeigte, wfihrend diese im Ballon des von nns bereiteten ChromchlorQrs
stattfand.
Dessenungeachtet konnten wir uns Qberzeugen, dad diese Sfture-
reaktion die Entwickelung der Mikroorganismen nicht hindert.
Da wir uns des im Handel befindlichen ChromchlorQrs be-
dienen wollten, war es notwendig, festzustellen, in welchem Verhfiltnis
dasselbe aktiv sei; und indem wir uns auf die Tatsache stQtzten, dad
die Partialspannung des Sauerstoffs •/* des ganzen Drnckes ausmacht,
haben wir folgenden Versuch angestellt:
Wirkung des ChromchlorQrsnblimats in verschiedenen Konzentra-
tionen:
100 mg snblimierten ChromchlorQrs wurden in eine RQhre gleichen
Volumens gebracht (Fig. 10), sodann gossen wir 30 ccm destillierten
Wassers darauf.
Nach krfiftigem SchQtteln der Ldsnng in Gegenwart von Kohlen-
sfiureanhydrit brachten wir in jeder Eprouvette ein 25 cm langes, an
dem oberen Ende geschlossenes Rohr von gleichem Kaliber an.
NatQrlich stieg die Mischung im Rohre nicht, weil sie durch die
Lnft daran verhindert war, aber kaum war der Sauerstoff durch das
CbromchlorQr aufgesaugt, so begann die FixierflQssigkeit so weit aufzu-
steigen, wie das sich gebildete Vakuum war.
Aus der H6he der FlQssigkeitsflfiche im Rohre konnten wir mit
Bestimmtheit auf die grfidere oder kleinere absorbierende Kraft der
LQsung schlieBen.
Wir stQtzten uns dabei besonders auf die nach 24 Stunden erhal-
tenen Resultate, denn wir batten wahrgenommen, daB dieser Zeitraum
mehr als genGgend war, urn den ganzen Sauerstoff zu fixieren. Daher
konnten wir nach Verlauf dieser Zeit unsere Kultur in die Lage der
Entwickelungstemperatur bringen.
Resultat: Erst nach 2 Stunden und nach den verschiedenen
Graden, in welchen das ChromchlorQr in den ROhrchen stieg, begann
sich die verschiedentliche Fixierungskraft der LQsung desselben zu
zeigen.
Los un gen
H6he des Chrom-
chlorurs in dem
Bohrchen
Zeit der
Beobachtung
0,1:30
2,5 cm
Nach 24 Stunden
0,2:30
3,0 ,
,, 24
0^:30
/ 4,8 „ |
15,2 , \
,, 24
0,4:30
^>2 71
,, 48 „
0,5:30
5^ ,
,, 24 „
0,6:30
5^ *
,, 24 „
0,7:30
5,2 ,
,, 24 „
0,8:30
5,2 „
„ 24
0,9:30
5,2 „
,, 24
1,0:30
5^ ,
„ 24 „
Aus dieser Tabelle erhellt, daB in unseren Verhfilt-
nissen die wirksamste ChromchlorQrlOsung 0,4:30 ist.
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Fermi u. B&ssu, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose.
145
1. Versuch: Wir lieBen einen Strom von Kohlensaureanhydrit
durch einen Glascylinder A, Fig. 4, ziehen. Dieser Strom wurde durch
das Glasrohr a ein- und
durch das andere Rohr b
hinausgeleitet.
Die Rohre wurden in
den Stopsel gezwangt und
zur groBeren Sicherheit
auf der ganzen Oberflache,
welche mit dem Stopsel
in Beriihrung kam, mit
Paraffin bestrichen. AuBer-
halb endigten dieselben in
Gummirohre, welche mit Chrom-
Druckpinzetten versehen chlorur
waren.
An der inneren Ober¬
flache des Stbpsels war Fl 8- 4 *
eine kleine Glasscheibe
angebracht, welche in den Cylinder hineinhing, und deren eine Seite
eine leichte, durch einen Paraffinrand gehaltene Agarschicht trug.
Auf der Agarschicht wurden Strich-, Stich- und Aussaatkulturen der
zu untersuchenden Mikroorganismen angestellt.
Nach Fertigstellung des Apparats wurde derselbe mittels des
Rohres a mit einer Quelle von Kohlensaureanhydrit in Verbindung
gesetzt, um die Luft vollstandig aus dem Cylinder zu vertreiben.
Hierauf wurde der Cylinder A (Fig. 4) mit dem Glasballon B, in
welchem vor’ner das Chromchloriir bereitet worden war, in Verbindung
gesetzt. Letzteres wurde durch eine Drucksteigerung des Kohlens&ure-
anhydrits bis zur gewiinschten Hohe in den Kulturapparat getrieben,
ohne daB die Kulturplatten je mit der Luft in Beriihrung kamen und
immer in Gegenwart des Kohlensaureanhydrits blieben.
Nach geschehener Operation wurden die beiden Druckpipetten a
und b zusammengepreBt oder die vorher in passender Weise abge-
brochenen beiden Rohre mit der Lampe verlbtet.
Resultat: Auf diese Weise schufen wir einen sauer-
stofffreien Raum um die Kulturplatten herum:
1) infolge des Ersatzes der Luft im Cylinder durch
Kohlensaureanhydrit;
2) durch die FShigkeit des Chromchlorfirs, das im Cy¬
linder gebliebene O 2 zu fixieren.
Die so angefertigten Kulturen blieben, bevor sie in den Thermo-
staten kamen, 2—5 Tage im Eisschranke, um nicht die Entwickelung der
Anaeroben zu ermoglichen, bis das O 2 vollstandig absorbiert war.
(Fortsetzung folgt.)
146
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Nachdruck verbottn.
Die Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkel-
hacillus zu der des Rindertuberkelbacillus.
Von Dr. D. A. de Jong in Leiden.
Mit 3 Kurven und 9 Figuren.
Die experimentelle Pathologie findet noch immer none Aufgaben auf
dem Gebiete der Tuberkulosefitiologie. Ueber den Tnberkelbacillus sind
die Meinungen noch immer geteilt, und namentlich wird eifrig gearbeitet
an der Ldsung der Frage: 1st der Tnberkelbacillns des Menschen und
der des Rindes identisch oder nicht?
Diese Arbeit wnrde im Jahre 1901 angeregt von Koch, welcher
auf dem Tuberkulosekongrefi in London sagte: „Human tuberculosis
differs from bovine, and cannot be transmitted to cattle. It seems to
me very desirable, however, that these experiments should be repeated
elsewhere, in order that all doubt as to the correctness of my assertion
may be removed.* 4
Und sicher war es notwendig, die neue Meinung Kochs nfiher zu
prflfen, denn er behauptete auch: „I should estimate the extent of in¬
fection by the milk and flesh of tubercular cattle, and the butter made
of their milk, as hardly greater than that of hereditary transmision, and
therefore I do not deem it advisable to take any measure against it.* 4
Seit jener Zeit ist eine mannigfaltige Literatur fiber den Gegenstand
verSffentlicht worden. Von groBer Wichtigkeit sind die Arbeiten von
v. Behring, welcher nicht nur keinen prinzipiellen Unterschied zwischen
dem humanen und dem bovinen Tuberkelbacillus zulfiBt, sondern gerade
den ersteren anwendet zur Immunisierung gegen den letzteren; und
weiter die Arbeiten, welche unter Leitung Kossels (1) auf Grund der
Kochschen Untersuchungen am Reichsgesundheitsamt ausgeffihrt worden
sind.
Es lohnt sich, die Resultate der K o s s e 1 schen Untersuchungen mit
den Aeufierungen von Koch in London zu vergleichen. Es wurden
jetzt zweifellos aus dem menschlichen Kfirper Tuberkelbacillen isoliert,
welche eine hohe Virulenz ffir das Rind zeigten, und diese Tatsache
behfilt auch dann ihren Wert, wenn die Untersucher diese Bacillen als
ursprfinglich vom Rinde herstammend ansehen. Und die Arbeit schliefit
mit den Worten: „Vielleicht ist es aber nicht fiberflfissig, darauf hinzu-
weisen, dafi eine Aenderung unserer Mafinahmen gegen die Tuberkulose
zur Zeit weder in der einen noch in der anderen Richtung beffirwortet
werden kann.**
Man darf wohl sagen, dafi die Schlufifolgerungen Kochs in London
zu weitgehend waren, und dafi die neueren Untersuchungen denselben
keine Stfitze geboten haben. Auf Grund eigener Arbeit glaube ich an-
nehmen zu kdnnen, dafi auch die Kochsche Meinung, welche ihren
Ausdruck in der soeben genannten Abhandlung aus dem Reichsgesund-
heitsamte findet, nicht die wahre ist Diese Meinung geht also dahin,
dafi zwar der Mensch mit Tuberkulose des Rindes infiziert werden kann,
jedoch nur in sehr seltenen Fallen, und dafi jedenfalls zwischen den
Tuberkelbacillen des Menschen und denen des Rindes derartige Unter-
schiede bestehen, dafi man hier nicht von einer, sondern von zwei ver-
schiedenen Arten zu sprechen hat.
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbadllus etc. 147
Meiner Meinung nach sind eventuelle Unterschiede zwischen mensch-
lichen and Rindertuberkelbacillen nicht als Artunterscbiede aufzufassen,
sondern als solche, welche zwischen den einzelnen Individuen derselben
Art mannigfaltig vorkommen, auch dorchaus nicht konstant sind, und in
dem Falle, worum es sich hier handelt, sich namentlich als Virulenz-
nnterschiede zeigen, Differenzen also, welche bei den verschiedenen
Schizomyceten keine Veranlassnng geben, von verschiedenen Arten zn
reden.
DaB Virnlenzunterschiede bestehen, dazu hatten mich meine ersten
Untersuchungen (2, 3) gefuhrt, welche vor dem Londoner KongreB, als
mir von dem neuen Eochschen Standpunkte noch nichts bekannt war,
abgeschlossen warden, und wobei die niederl&ndische Regierung mich
unterstfltzt hat. Mit einigen Worten will ich auf diese Untersuchungen
zurtickkommen.
Bei den damals verwendeten Versnchsrindern applizierte ich den
intraven&sen Impfungsmodus. Man hat wohl behaupten wollen, daB dieser
weniger geeignet sei. Meiner Meinung nach, mit Unrecht, denn keine
Methode ist besser dazu geeignet, um bei richtiger Anwendung pathogene
Eigenschaften von Tuberkelbacillen besser zu Tage zu fSrdern, als gerade
diese. Und sie wurde genau appliziert, es wurde namlich immer sorg-
faltig darauf geachtet, daB die Tuberkelbacillen ganz fein in der Flflssig-
keit verteilt waren. Kein Wunder deshalb, daB auch viele andere Forscher
diese Methode verwendet haben, wie Arloing, v. Behring und auch
Koch und Schlltz selbst; und weiter ist es sehr merkwflrdig, daB
Kossel und seine Mitarbeiter, welche der subkutanen Methode den
Vorzug geben, vor der intravenbsen, weil letztere so viele Vorsichts-
mafiregeln erfordert, und sowohl durch Giftwirkung als durch Embolieen
in der Lunge einen fehlerhaften Versuch liefern kann, gerade in zweifel-
haften Fallen diese intravenCse Methode verwenden, um ein sicheres
Resultat zu bekommen (vergl. p. 30 der zitierten Abhandlung 1).
Von mir wurde der Impfstoff immer gut in der zu injizierenden
Flttssigkeit verteilt, und Oberdies war mir durch Experimente mit ab-
getoteten Tuberkelbacillen und mit Vogeltuberkelbacillen der Unter-
schied zwischen Infektion und Giftwirkung sehr gut bekannt.
Zweifellos ist die intravendse Methode ftir ahnliche Versuche eine
ausgezeichnete.
Weiter hat man behauptet, daB bei den Versuchen zu viel Bacillen
einverleibt worden seien. Eine solche Bemerkung hat jedoch keinen
Wert mehr, wenn man die groBen Bacillenmengen, welche Koch und
Schfitz eingespritzt haben, in Betracht zieht.
Nach dem Jahre 1901 war es jedoch Aufgabe geworden, die Ver¬
suche von Koch und Schfitz zu wiederholen und zu prflfen, und es
versteht sich also, dafi ich in sp&teren Versuchen, namentlich an Rindern,
andere Infektionsmethoden, speziell auch die subkutane, verwendete.
Und nun gelang es uns bald zu zeigen, daB der Mensch einen
Tuberkelbadllus liefern kann, welcher in seiner Wirkung auf das Rind
dem diesem Tier eigenen Mikroorganismus nicht nachsteht. Tuberkel-
badllen n&mlich, welche aus dem Sputum eines Bauernm&dchens ge-
zflchtet waren, verursachten einen raschen Tod bei K&lbern sowohl bei
subkutajier als bei intravenCser und intrapulmonBrer Anwendung.
Man kennt den Wert, welchen Koch der subkutanen Methode bei-
miBt. Werden Tuberkelbacillen unter die Haut eines Kalbes gespritzt,
und entwickelt sich nur ein lokaler oder wenig progressiver ProzeB,
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148
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
so hat man es mit einera Taberkelbacillus des Menschen zu tan. Entsteht
jedoch eine stark progressive Tnberkulose mit bedeutender Anschwellung
der region&ren Lymphdrflsen, dann ist es ein Rinderbacillus.
Die obengenannten Versoche mit einem aus menschlichem Sputum
gezQchteten Tuberkelbacillus, von Dr. Stuurman ausfQhrlich in seiner
Probeschrift erw&hnt (4), haben einen Menschenbacillus kennen gelehrt,
der ffir das Rind gerade so virulent ist, wie der Rinderbacillus.
Solche Bacillen sind auch in anderen Fallen aus dem menschlichen
Ktirper isoliert worden und, wie schon gesagt, auch im Reichsgesund-
heitsamt in Berlin. GewOhnlich betraf dies jedoch F&Ue von Darm- oder
MesenterialdrQsentuberkulose, welche man als von Rinderbacillen ver-
ursacht betrachtete. In dem Stuurmanschen Falle jedoch war es
ein S p u t u m - Bacillus, isoliert in einem Falle von primarer Lungen-
tuberkulose, insofern die Klinik dies feststellen konnte. In dieser Hin-
sicht bleibt der Fall immer sehr interessant, und jedenfalls wurden wir
darin best&rkt, den Kochschen Standpunkt fttr unrichtig zu halten.
Aber gewShnlich zeigen die Rinderbacillen doch eine mehr patbo-
gene Wirkung als die des Menschen. Bevor ich auf weitere Unter-
suchungen hinsichtlich dieser Wirkung eingehe, weise ich darauf hin,
daB morphologische und Kulturunterschiede und auch anatomische
Differenzen bei Impfungen kleiner Versuchstiere von mir ebensogut wie
von anderen gesehen wurden. Aber — ich babe es mehrfach betont
(vergl. 2, 3 und 5) — niemals fand ich diese Unterschiede konstant
Und die anatomischen Unterschiede, namentlich bei Meerschweinchen,
waren nur als Folgen der Virulenzunterschiede aufzufassen.
Je virulenter ein Tuberkelbacillus, um so mehr nfihert sich die
Tnberkulose eines damit geimpften Meerschweinchens der, welche man
nach Irapfung mit Rinderbacillen in der Regel zu sehen bekommt.
Ware unsere Auffassung, welche von verschiedenen anderen geteilt
wird, dafi zwiscben Menschen- und Rinderbacillen hauptsfichlich nur
Virulenzunterschiede bestehen, die richtige, dann mflfite es doch mdglich
sein, die Virulenz des Menschenbacillus zu steigern gegenttber der des
Rinderbacillus?
Es sind schon mehrere Untersuchungen in dieser Richtung aus-
gefQhrt worden. Raven el, welcher sofort auf dem Londoner KongreB
der Meinung von Koch auf Grund eigener Untersuchungen widersprach,
ist in dieser Hinsicht an erster Stelle zu nennen. In einer sp&teren
Publikation (6) zeigt er, dafi es ihm gelungen ist, die Virulenz des
menschlichen Tuberkelbacillus mittels successiver Passagen durch den
Rinderkdrper zu steigern. W5rtlich sagt er hierfiber folgendes:
“Increase of virulence by successive passages through calves. In
another experiment instituted by Dr. Leonard Pearson we have
proved that a typical tuberculosis can be produced in young cattle by
large and repeated doses of a human culture of moderate virulence;
and wbat is even more interesting and important, by successive passages
through calves we have succeeded in bringing about a marked increase
in the virulence of this culture. The culture employed was isolated from
human sputum in September 1899, and is designated “M”. The animals
were inoculated at intervals of a week, the amount of culture being
divided into four equal portions which were injected into the jugular
vein, the lung, the peritoneal cavity, and under the skin. Each week
the dose was increased by 10 c.c.
Two calves were infected in this manner, Nos 26 562 and 26563.
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• do Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 149
With the tissues of No. 26562 the serial inoculations were begun, the
details of which is given below. The result is shown in the following
table:
No.
Amount of injection
Length of l
1 Calf
26 562
925 c.c.
106 days
2
A 45020
16 „
48 „
3
A 45 035
13 „
23 „
4
A 45047
10 „
24 „
5
A 45073
14 „
24 „
Das Kalb 26562 war also wdchentlich auf 4 verschiedenen Wegen
injiziert worden, bis der Tod nach 106 Tagen erfolgte. Danach bekam das
Kalb 45 020 8 ccm in die Lunge und 8 ccm in die Bauchhdhle von einer
aus der Bronchialdriise des Kalbes 26 562 bereiteten Suspension; das
Tier starb nach 48 Tagen. Von einer Suspension des Omentums bekam
das Kalb 45035 5 ccm in die Lunge und 8 ccm in die Bauchhohle;
Tod nach 23 Tagen. Von diesem Kalbe wurde eine Suspension aus
Lunge und Bronchialdriise hergestellt, und davon wurden 5 ccm in die
Lunge und in die Bauchhdhle des Kalbes 45047 gespritzt; Tod nach
24 Tagen. Kalb 45073 bekam in derselben Weise 14 ccm einer Emul¬
sion, bereitet aus den Organen des vorigen Kalbes; Tod nach 24 Tagen.
Raven el schliedt aus diesen Versuchen auf eine nicht zu leugnende
Virulenzsteigerung des verwendeten Sputumbacillus mittels der K&lber-
passage. Eine derartige Schlufifolgerung ist wirklich moglich. Es ist
jedoch zu bedenken 1. das EinfQhren des Impfstoffes auf verschiedenen
Wegen zu gleicher Zeit und 2. die Verwendung der Organsuspensionen,
wodurch die Menge der eingebrachten Impfstoffe sich nicht bemessen laBt.
Ueber die Mdglichkeit der Virulenzsteigerung des Tuberkelbacillus
des Menschen mittels Tierpassage &udert sich sehr bestimmt v. Behring,
also eine Autorit&t auf diesem Gebiete. Er sagt (4), dad gegen einen
Artunterschied zwischen Menschen- und Rindertuberkelbacillus anzu-
fflhren ist: „die Moglichkeit, durch geeignete Tierpassage dem Menschen-
tuberkelbacillus eine hohe Rindvirulenz zu verleihen u , und weiter (auf
p. 15) heidt es: „Ebenso wie die vom Rinde stammenden Modifikationen
des Tuberkulosevirus schliede ich von der Verwendung fQr praktische
Immunisierungszwecke diejenigen vom Menschen stammenden Virus-
modifikationen aus, welche in ihrer Rindvirulenz den ersteren nahe
stehen. Dahin gehdren namentlich die Ziegenpassage- und Rindpassage-
kulturen."
Moeller (8) hat keine Virulenzsteigerung mittels Passage durch
den Ziegenkdrper erhalten. Rdmer, der Mitarbeiter v. Behrings,
sagt hierzu (9): „Neuerdings verdffentlichte Moeller einige Experimente
zur Frage der (Jebertragbarkeit der Menschentuberkulose auf Rinder
und Ziegen. Dabei erw&hnt er einen Infektionsversuch an einer Ziege,
die durch intraperitoneale Infektion mit Menschentuberkelbacillen an einer
ausgebreiteten Knotchenaffektion des Bauchfells erkrankte. Von den
zahlreichen Tuberkelbacillen enthaltenden Knotchen ubertrug er 20 auf
ein junges Rind i. p. (intraperitoneal), ohne eine Allgemeininfektion dieses
Tieres hervorzurufen. Moeller glaubt, dad die Virulenz durch die
Ziegenpassage nicht erhoht sei, was v. Behring von der Passage der
Menschentuberkelbacillen durch den Ziegenkdrper behauptet habe. Meiner
Meinung nach beweist der eine Versuch Moellers fiberhaupt nicht, was
er soli. Wie ich schon eingangs sagte, ist fflr das tierexperimentelle
Arbeiten mit Tuberkelbacillen speziell bei Infektionsversuchen, in denen
es sich urn Feststellung der Virulenz handelt, eine genaue Beach tun g
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150 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
der quantitative!! Verhfiltnisse, eine genaue Dosierung der zur
Infektion verwendeten Tuberkelbacillen und daher selbstverst&ndlich
Arbeiten mit Reinkulturen dringend erforderlich. In dem
Moellerschen Versuch kann daher von quantitativem Arbeiten nicht
die Rede sein. Ich mSchte Qbrigens hier darauf hinweisen, daB die
Passage durch den ZiegenkOrper durchaus nicht immer die Virulenz der
Tuberkelbacillen erhdhen muB. Wir verffigen selbst fiber mehrere der-
artige Erfahrungen, auf die ich weiter unten bei der Besprechung der
Kulturen 5 und 6 zurflckkoramen werde, und die uns zeigten, dafi die
Erhdhung der Virulenz der Menschentuberkelbacillen durch den Ziegen-
kfirper durchaus nicht eine gesetzm&Bige Erscheinung ist. tt
Gratia (10) konstatierte keine Virulenzsteigerung des menschlichen
Tuberkelbacillus nach Passage durch die Ziege und durch das Schwein.
Eine groBe Autorit&t auf dem Gebieto der Tuberkulose&tiologie ist
sicher Arloing in Lyon. Sein Urteil ist auch darum von groBer
Wichtigkeit, weil er durch seine Studien und seine wissenschaftliche
Stellung die Tuberkulose des Menschen ebensogut kennt wie die der
Tiere. Als Tuberkuloseforscher nimmt er eine hervorragende Stellung
ein, und zahlreich sind seine Untersuchungen auf diesem Gebiete und
auf dem der Identitytsfrage. Auf dem KongreB fflr Hygiene und Demo¬
graphic in Brfissel (1903) wurde von ihm ein hfichst merkwQrdiger
Bericht erstattet (11). Auffallend ist es, dort zu lesen, daB er Koch
und Schfitz und ihren Nachfolgern den Vorwurf macht, daB ihre
wissenschaftlichen Methoden und SchluBfolgerungen zu wfinschen flbrig
lassen, und daB die den ihrigen entgegengesetzten Resultate Anderer
von ihnen keine genfigende Anerkennung finden. Und weiter folgt eine
interessante Kritik der Untersuchungen von Koch und seinen Mit-
arbeitern und der von ihnen gemachten SchluBfolgerungen. Ffir Arloing
sind die abweichenden Resultate bei den Impfungen mit Tuberkelbacillen
nur die Folge von Virulenzunterschieden des Kochschen Bacillus und
auch — von der Resistenz der Tierart und des Individuums. Kultur-
und Formunterschiede findet er gar nicht konstant genug, urn Rinder-
und Menschenbacillen zu trennen; und diese Meinung ist darum so
wichtig, weil sie von dem Entdecker der homogenen Kulturen ausge-
sprochen wird.
Was die Virulenz weiter anbelangt. behauptet er, nicht nur Menschen-,
sondern auch Rinderkulturen von verschiedener Virulenz isoliert zu haben.
Er hat Rinderbacillen gezflchtet, welche, subkutan dem Rinde verimpft,
keine allgemeine Tuberkulose verursachten; das von Koch ange-
gebene Kriterium ist also unzuverl&ssig. Und auch hat er
experimentell die Virulenz der Menschenbacillen gesteigert, und zwar
schon mittels Meerschweinchenpassage. Weiter konnte er durch seine
homogenen Kulturen die Virulenz von Menschen- und auch von Rinder-
bacilleu abandern.
In jfingster Zeit hat Kar lift ski (12) eine Menge von Versuchen
an Ziegen ausgefflhrt; er konnte nach einmaliger Passage von mensch¬
lichen Tuberkelbacillen durch den Ziegenkorper eine deutliche Virulenz¬
steigerung fQr die Ziege wahrnehmen. Dasselbe meint er fQr das Kalb
beobachtet zu haben. Letztere Meinung ist jedoch nicht einwandsfirei,
denn das Kalb bekam keine progressive Tuberkulose.
FaBt man alles dasjenige, was in letzterer Zeit auf dem Gebiete der
Tuberkulose&tiologie, und speziell das, was fiber den Unterschied zwischen
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 151
Menschen- und Tiertuberkelbacillen verSffentlicht worden ist, zusammen,
dann f&llt es wirklich schwer, nicht zur SchluBfolgerung zu kommen,
daB zwischen diesen Bacillen kein prinzipieller, bestSndiger Unterschied
besteht, und daB die Differenz bezuglich der pathogenen Wirkung nichts
weiter ist, als eine Virulenzdifferenz, welche bei verschiedenen patho¬
genen Mikroorganismen als eine gewohnliche Erscheinung gedeutet wird.
Aber — dann mufi es doch auch gelingen, wie ich schon frfiher sagte,
auf experimentellem Wege in irgend einer Weise eine deutliche Virulenz-
Onderung zu stande zu bringen. Und nun hat sich hinsichtlich des dazu
eingeschlagenen Weges v. Behring am bestimmtesten geauBert.
Sei es nun Wahrheit oder nicht, was Arloing behauptet, daB
Koch und seine Freunde den Resultaten ihrer Gegner keinen groBen
wissenschaftlichen Wert beilegen, die Meinung von v. Behring hat
jedenfalls Eindruck gemacht. Die Untersuchungen, welche im Reichs-
gesundheitsamt unter Kossels Leitung zur Nachpriifung derjenigen
von Koch und Schtitz ausgefiihrt werden sollen, sind nur teilweise
abgeschlossen. Auf dem Programm ist aber erwahnt: „Ein- oder mehr-
malige Passage schwach virulenter Kulturen von Tuberkelbacillen durch
den Ziegenkorper (5 Ziegen) und Einspritzung der aus der Ziege ge-
wonnenen Kulturen bei 3—6 Monate alten Kalbern.“ Die Ziegen-
passage wird also systematisch erprobt werden. In der schon veroffent-
lichten Arbeit (1, p. 22) wird jedoch schon etwas milgeteilt von der
Passage durch den Rinderkorper. Die Untersucher haben bei Rindern,
welche mit Menschenbacillen geimpft worden waren, und bei denen nach
Ablauf von 4 Monaten die Veninderungen in der regionaren Bugdruse
nicht beendet waren, die Bacillen aus der Bugdruse herausgezOchtet
und auf ihre Virulenz fur das Rind gepriift. Eine Virulenzsteigerung
war nicht zu spuren, auch nicht bei Anwendung der intravenosen
Methode! !
Von der Virulenzsteigerung der Tuberkelbacillen, und speziell von
der Moglichkeit, den Bacillus des Menschen, welcher in der Regel
(ich spatiiere) wenig virulent fur das Rind ist, zu steigern zu der Virulenz,
welche der Rinderbacillus in der Regel (ich spatiiere wieder) fiir das
Rind hat, ist, wie aus dem Mitgeteilten sich ergibt, nur noch ziemlich
wenig bekannt. DaB dasselbe jedoch bestimmt moglich ist, wird ersicht-
lich sein aus den Versuchen, welche ich mitteilen werde.
Zum voraus will ich jedoch daran erinnern, daB man bei alien
Tuberkuloseinfektionsversuchen dafur zu sorgen hat: 1) daB gesunde
Tiere verwendet werden und 2) daB die Tiere gegen zuf&llige Tuber-
kuloseinfektion geschOtzt werden. Aus den ziemlich zahlreichen Ver¬
suchen, welche wir ausgefiihrt haben, sind uns die Gefahren der zu-
falligen Infektion bekannt; wir haben also unsere MaBnahmen so getroffen,
daB solche Infektionen nicht stattfinden konnten. Und solche Tiere,
welche auf Grund der nach bestimmten Regeln vorgenommenen Tuber-
kulinprufung nicht als ganz tuberkulosefrei betrachtet werden konnten,
wurden nicht verwendet. Bei den zu erw&hnenden Versuchen wurden
also nur gesunde Tiere genommen und ist jede zufallige Infektion aus-
geschlossen.
Far die Mitteilung der neuen Experimente muB ich zuruckverweisen
auf meine vor 1901 angestellten Untersuchungen und speziell auf die
Versuche III, V und VI (3). In diesen Versuchen wurden eine Ziege
und zwei Rinder intravenbs mit demselben vom Menschen herruhrenden
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152
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXYIIL Heft 2 .
Tuberkelbacillus infiziert. Dieser Bacillus, welcher damals eine geringe
Virulenz zeigte, ist auf einen starken Virulenzgrad gebracht worden.
Die beiden Rinder, ein zweijfihriges weibliches Rind und ein 2 Monate
altes Kalb, wurden nach der Impfung nur vorQbergehend krank, dann
augenscheinlich wieder gesund und zeigten nach der Schlachtung nur
eine sehr geringe Tuberkulose.
Auch bei der Ziege zeigte sich die geringgradige Virulenz des
Menschentuberkelbacillus, jedoch in anderer und hdchst interessanter
Weise. Das Schicksal dieser Ziege wurde teilweise mitgeteilt in dem
Bericht fiber die genannten Versucbe (3) und teilweise auf dem Kongreft
ffir Hygiene und Demographie in Brflssel (5). Erst spfiter erfolgte der
Tod des Tieres. Die Geschichte ist in kurzem folgende:
Am 3. April 1900 wurde einer Ziege mit einem Lebendgewicht
von 18,7 kg, welche vorher auf Tuberkulin nicht reagiert hatte, in die
recbte Vena jugularis eine fein zerteilte Suspension von menschlichen
Tuberkelbacillen gespritzt. Die Kultur der Tuberkelbacillen stammte
aus dem Laboratorium des Herrn Prof. Spronck in Utrecht. Sie war
von ihm am 4. Juli 1899 aus einer tuberkulosen menschlichen Niere
isoliert worden, auf Kartoffeln gezfichtet und am 11. November 1899
und 6. Januar 1900 auf Kartoffel fibergeimpft worden. Die Kultur wurde
von mir am 13. M&rz 1900 auf glycerinhaltiges Rinderserum gebracht,
und diese Serumkulturen wurden zur Infektion der Ziege benutzt
Nach der Infektion bekam die Ziege Temperatursteigerung, wurde
vorQbergehend ernstlich krank, nahm an Gewicht ab; der Tod erfolgte
jedoch nicht. Nach 46 Tagen schien die Todesgefahr ganz verschwunden,
obwohl die Temperaturen noch wahrend l&ngerer Zeit zu hoch blieben.
Aber das Tier wurde immer munterer, der Husten nahm ab. Am
1. September wurde das ursprfingliche Gewicht von 18,7 kg wieder er-
reicht, und nachher wurde das Tier schwerer.
An der Impfstelle hatte sich, weil beim Zurfickziehen der Spritzen-
kanfile einige Tuberkelbacillen in das subkutane Gewebe gelangt waren,
eine kleine teigige Infiltration gebildet Diese Schwellung blieb.
Es war ffir mich von grofiem Interesse, diese Ziege auf das Ge-
naueste weiter zu observieren und zu kontrollieren. Im Jahre 1887
n&mlich hatte No card (12) bei einer Ziege Tuberkelbacillen des Men-
schen in die Jugularis gespritzt, und das Tier war w&hrend drei
Jahren am Leben geblieben; dann war es jedoch an einer h'eftigen
Lungentuberkulose als Folge der Impfung verendet. Mir war aieser
Versuch immer so sonderbar vorgekommen, daft ich mich entschloB, den-
selben zu kontrollieren, sobald ich dazu in der Lage sein wfirde. Die
Gelegenheit dazu war jetzt da, und meine Versuchsziege wurde also
sorgffiltig beobachtet, und selbstverstindlich vor zufalliger Infektion
geschfitzt.
Am 31. Juli 1900 war die Temperatur genfigend gefallen, um eine
Tuberkulination zu gestatten. Die Reaktion war heftig, nicht nur ther-
misch, sondern auch organisch und lokal. Die Erscheinungen verschwanden
mit dem Herabsinken der Temperatur. Nach jener Zeit wurde das Tier
mehrmals zur Kontrolle verschiedener Tuberkuline verwendet.
Die Schwellung an der Impfstelle blieb immer fortbestehen; im
fibrigen zeigte das Tier keine krankhaften Symptome. Im Monat April
1903 jedoch, also drei Jahre nach der Impfung, verfinderte sich der
Zustand ganz, nachdem ich schon etwas frfiber wahrgenommen hatte:
1) daB die SchwelluBg an der Impfstelle sich vergrfifiert hatte, 2) daB
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 153
die rechte Bugdriise an Umfang zugenommen hatte und 3) daB das Tier
wieder hustete. Am 20. April abscedierte die Schwellung an der Impf-
stelle. In dem ausgestoBenen dicken Eiter wurden Tuberkelbacillen ge-
funden. Die rechte Bugdrtise wurde immer groBer, und man konnte
darin zwei grofie Knoten fiihlen. Die Temperatur fing wieder an zu
steigen. Nach dem 16. Mai verlor das Tier an Gewicht, der Husten
nahm zu und kostete immer mehr Miihe; die Atmung wurde frequent.
Die Ziege wurde allmahlich kranker und verendete in der Nacht vom
26. auf den 27. August 1900, also 3Jahre und 145Tage nach der
I m p f u n g.
Die Obduktion ergab folgendes: Aus der Maulhbhle flieBt ein wenig
schaumige Fliissigkeit. An der Impfstelle eine taubeneigroBe Schwellung
mit verkSstem Inhalt. Intima der rechten Jugularis normal. Zwischen
der Anschwellung und der Jugularis war ein kleiner verkaster Herd.
Fig. 1. Bugdrtise der am 2(i. August 1903 gestorbenen Ziege, mit zwei grofien
tuberkulosen Herden. •/,„ Grofie.
Beide retropharyngeale Lymphdriisen stark tuberkulbs mit verkasten
Herden, die rechte ist mehr krank als die linke. Submaxillare Lymph-
drusen etwas blutig. Rechte Bugdriise stark vergrbBert, besteht
aus zwei grofien Herden, der obere verkSst und teilweise verkalkt, der
untere nur verk&st (Fig. 1). Linke Bugdriise nur blutig geschwollen;
dasselbe gilt von den unteren Hals-, den Axillar- und den Kniefalten-
driisen. In der supramammaren Driise links ein verkaster Herd. Sub-
kutan am Brustbein einige kleinere Abscesse mit kasigem Eiter.
In der Bauchhohle war nur wenig veriindert. In Leber, Milz und
Niere waren keine Tuberkel zu sehen. Nur in der portalen LymphdrOse
ein verkalkter Herd. (SchluB foigt)
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Nachdruck verboten.
Zur Biologie schwachYirulenter Tuberkelbacillen
fAus dem pathologisch-anatomischen Institute (Prof. Weichselbanm)
in Wien.]
Von Assistent Dr. Julius Bartel und Dr. Bobert Stein.
Wenn ich trotz vorhandener reichlicher Arbeit auf diesem Gebiete
es in Gemeinschaft mit Dr. Stein unternahm, einen weiteren Beitrag
zu liefern, so veranlaBten in ich in erster Linie hierzu Beobachtungen,
die ich gelegentlich des Stodiums der Tuberkulosefrage macbte, dies
namentlich gelegentlich meiner Arbeit „Die Infektionswege bei der
Ffitterungstuberkulose". Es war besonders die sichere Deutung von
dfters gesehenen Befunden an Impftiereu, die ich anstrebte, die ich aber
an der Hand des bislang Bekannten nicht in befriedigender Weise finden
konnte. Diese Unklarheit der Deutung machte sich namentlich dort
gel tend, wo es auf die Beurteilung des Virulenzgrades von
nur eine lokalisierte Impftuberkulose hervorrufenden
Bacillen ankam, wenn das Ausgangsmaterial zu den Ver-
suchen nur sch wachvirulenten Tuberkelbacillenkulturen
entnommen war. Es ist die oft erdrterte und in manchen Punk ten
widersprechend behandelte Frage der Wirkung lebender und toter Tu-
berkelbacillen, die mit jener zusammenffillt, die noch immer einer end-
gfiltigen Ldsung bedarf. An K u 11 u rmaterial hoch virulenter Stfimme
hat diese Frage schon eingehende Bearbeitung erfahren. Herrscht auch
keine vdllige Uebereinstimmung in der Beantwortung derselben seitens
der verschiedenen Autoren — wir weisen hier nur kurz auf die Aus-
ffihrungen von Krompecher,Baumgarten, K el her und auf die Ab-
handlung Sternbergs hin, welch letztere gleichzeitig ein fibersichtliches
diesbezfigliches Literaturreferat enthfilt — so kdnnen wir doch diesen
Angaben so viel entnehmen, daB wir daran denken mflssen, daB auch
tote Tuberkelbacillenkultur en, hat es sich urn vorher hoch virulente
Stfimme gehandelt, am Impftier fihnliche Bilder erzeugen kdnnen, wie
es lebende Bacillen zu tun pflegen. Es ndtigen uns solche Beobach¬
tungen zu besonderer Vorsicht, wenn es sich urn Ffille von Impftuber¬
kulose mit nur lokalen, i. e. an die Impfstelle allein gebundene Ver-
finderungen spezifischer Natur handelt, es also nicht zu einer alige-
meinen Ausbreitung der Impftuberkulose gekommen ist Ob jene
Vorsicht in der Beurteilung der Impftuberkulose bezfig-
lich des Virulenzgrades der verursachenden Bacillen
auch geboten ist, handelt es sich einmal um sehr schwach
virulente Bacillen, des weiteren um Bacillen in sehr ge-
ringerZahl, die in dem von ihnen spezifisch ver finder ten
oder auch noch unverfinderten Gewebe in natfirlicher
Verteilungeingeschlossen sind, darfiber kdnnen wir je-
doch keinen sicheren AufschluB erhalten. Ob die bei hoch-
virulenten lebenden und abgetdteten, sowie sch wachvirulenten lebenden
und toten menschlichen Bacillenkulturen gemachten Beobachtungen sich
auf die eben erwfihnten Verhfiltnisse ohne weiteres fibertragen lassen,
erschien mir nach einzelnen Beobachtungen meinerseits ohne eine Prfi-
fung des entsprechenden Verhaltens nicht angfingig. Um diesem Ziele
nfiher zu treten, suchten wir in gemeinsamer Arbeit zunfichst zu er-
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 155
griinden, wie sich schwach virulente Bacillen in demvonihnen
spezifisch ver&ndertenGewebe in natiirlicherVerteilung steril
aufbewahrt bei allm&hlicher weiterer Abschwachung der Virulenz und
wohl auch mit der Zeit eintretenden Verminderung der Zahl in bio-
logischer Hinsicht verhalten und welches ihr Verhalten ist, wenn man
sie abtotet. Zugleich hatten die zu diesem Zweck unternommenen ex-
perimentellen Studien auch den Zweck, einige Nebenfragen beziiglich
Morphologie, F&rbbarkeit etc. im Anschlusse zu behandeln. DemgemaJB
wurde das Arbeitsprogranun, urn den verschiedenen sich eng beriihrenden
Fragen gerecht zu werden, folgendermaBen festgesetzt.
„Vor allem sollte ergriindet werden, inwiefern der
Tu berkelbacillus seine biologischen Eigenschaften an-
dert, wenn er in dem von ihm spezifisch ver&nderten Ge-
webe bei Abwesenheit an derweitiger Mik roorganismen
bei Bruttemperatur in feuchter Rammer gehalten wird. u
Die hierbei in Erwagung gezogenen Fragen waren folgende:
„Einmal zu priifen, ob unter den genannten Verhalt-
nissen eine Vermehrung der Tuberkelbacillen eintritt,
ob eine solche, wenn sie stattfindet, gtinstigere Ver-
haltnisse fiir die noch immerschwierigeKultivierungdes
Tuberkelbacillus bietet,
welcher Art die morphologischen V eranderun gen des
Tuberkelbacillus sind, desgleichen wie er sich in seinem
farberischen Verhalten an der t, endlich
inwieweit eine Abschwachung der Virulenz der Tuber¬
kelbacillen eintritt, und wie sich dieselbe BuBert. u
Im Anschlusse sollte gepriift werden
„Ob und inwieweit abgetotete, gleicherweise nur in
geringerZahl in dem von ihnen spezifisch ver&nderten
Gewebe in natiirlicher Verteilung vorhandene mensch-
liche Tuberkelbacillen — nur von solchen ist in unseren
Zeilen die Rede — am Impftier Ver&nderungen makro-
skopischer und mikroskopischer Natur hervorrufen und,
wenn solches der Fall ist, welcher Art diese Verande-
rungen sind.“
Technischer Vorgang.
Zum Ausgangspunkt der Versuche wurden lebenswarme exstirpierte
tuberkulos verSnderte Organe — Milz, Leber, Netz — von Meerschwein-
chen gew&hlt, welche Tiere mit schwachvirulentem tuberkulbsen Material
verschiedener Provenienz — sowohl Kulturmaterial wie auch tuber-
kulose Organe vom Menschen — geimpft worden waren. Da die Or¬
gane in einzelne TeilstOckchen — Proben — zerlegt zur Verimpfung
kamen, wurden mdglichst gleichmaBig verSnderte Organe gewahlt, um
fQr alle Proben mOglichst gleiche Verhaltnisse zu schaffen. Durch die
Wahl von Versuchsmaterial verschiedener Provenienz sollten Resultate
bei einer Anzahl verschiedener Tuberkelbacillenstamme gewonnen werden,
die dann ein mehr allgemein geltendes Urteil gestatten sollten.
Zur Gewinnung des Ausgangsmaterials wurde in folgender Weise
vorgegangen: Die mit tuberkulosem Material geimpften Meerschweinchen
wurden im Stalle in einem GlasgefaBe mit Chloroform getotet. Hierauf
wurde in dasselbe GlasgefaB eine heiBe hochprozentige Sublimatlosung
eingegossen. Nachdem das Fell des Tieres von derselben vdllig durch*
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156 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVUI. Heft 2.
trfinkt war, wurde es mit dem GeffiB ins Laboratorium gebracht und
daselbst rasch abgeh&utet. Die Gefahr einer Materialverunreinigung
durcb umherfliegende Haare war so onmdglich gemacht, and so eine
oberflachliche Sterilisation erreicht Der enth&utete Kadaver wurde
weiter neuerlich desinfiziert — Sublimat 2-prom., Alkohol 95-proz.,
Bunsenflamme —, mit sterilen Instrumenten — 5 Minuten langes Aus-
kochen derselben in Wasser mit folgendem Einlegen in Alkohol 95-proz.
— dessen Peritonealhbhle erdflfnet und die betreifenden Organe steril
entfernt, in eine sterile Petrischale gebracht, bei alien folgenden Mani-
pulationen wieder steril vorgegangen. Die Organe wurden nunmehr
in eine Reihe ann&hernd gleich groBer „Proben tt geteilt und jede der¬
selben gesondert in eine Glasschale mit Deckel gebracht — Probe I,
II etc. — bis auf ein Teilstiickchen, das frisch verarbeitet wurde —
frische Probe. — Die ersteren Proben wurden, und zwar die jeden Falles
fiir sich, in feuchter Rammer in den Brutofen bei 38 0 gebracht (Reihe I,
II, III, IV und V A). Einmal wurden sie daselbst bis zum 4. Tage in
trockener Rammer belassen und erst am 4. Tage die trockene Rammer
in eine feuchte verwandelt (Reihe V B). In ersterem Falle lagen die
Probestuckchen schon nach 24 Stunden in einer trBben, gelblichen
Flflssigkeit und nahmen eine gelbbraune Farbe an. Ihre Ronsistenz
wurde mit der Zeit sehr weich, das Gewebe leicht zerreiBlich, zunder-
artig. Im zweiten Falle waren die TeilstQckchen am 4. Tage einge-
trocknet und am Rande splitternd. Nachdem die trockene Rammer in
eine feuchte verwandelt wurde, glichen die ProbestQckchen in kurzer
Zeit aufierordentlich vollkommen jenen Proben, die von Anfang an in
feuchter Rammer gehalten waren. In zwei Fallen (Reihe VI und VII)
wurde das Material hohen Temperaturen ausgesetzt. Einmal wurden hier-
bei die betreifenden Organstucke in toto im Dampfsterilisator durch
l 1 /* Stunden der Wirkung des strbmenden Dampfes ausgesetzt (Reihe VI),
ein andermal die Organstflcke in Bouillon verrieben und dann durch
35 Minuten gekocht (Reihe VII). Die „frische Probe“ wurde, wie be-
reits erwahnt, sofort, die iibrigen in verschiedenen Zeitr&umen von Tagen
bis Wochen verarbeitet. Die Verarbeitung gescbah in folgender, sich
stets gleich bleibender Weise.
Die Proben wurden steril in kleine Stuckchen zerlegt und dieselben
verwendet:
1) Zu Aufstrichpr¶ten, die auf Tuberkelbacillen nach Weichsel-
baum gefarbt wurden,
2) zu Schnittpraparaten — Hamalauneosin und Tuberkelbacillen-
farbung nach Zie hi -Nielsen bei Alkoholfixierung und Parafiinein-
bettung,
3) zu Rulturzwecken — Bouillon, Agarplatte, Zuckeragar anagrob,
Glycerinagar und Glycerinkartoffel,
4) Tierversuch, und zwar teils subkutane, teils intraperitoneale Im-
pfung an Meerschweinchen. Fflr die frische Probe bildete hier der
Sektionsbefund des Tieres, dem das verarbeitete Organ entstammte, den
MaBstab fflr die Virulenz der eingeschlossenen Tuberkelbacillen.
Die Declcglaepraparate sollten Aufschlufi geben iiber Zabl, F&rbbarkeit und Form
der TuberkelbacUlen, sowie auch durch Vergleiche der Deckglaaer verscbiedener Proben
annahernde Schliisse gestatten iiber eine etwaige Vermehrung der BaciUen. In den
ersten Proben waren die Deckglaspraparate, von verriebenem Material hergestellt, wegen
der allzu groBen Verteiiung der Bacillen unbrauchbar.
Der Hfimalauneoeinsdanitt diente zur Orientierung iiber die Ver&nderungen dea
Gewebes unter dem Einflusse der angefiihrten Behandhing. Der Tuberkelb&ciUanachnitt
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Bartel a. Stein, Zur Biologic schw&chvirulenter Tuberkel bacillen. 157
gab AnfBchluS fiber das Lagerungsverbaltnis der Bacillen wie fiber deren Gruppierung
zneinander. Auch liefi eich erwarten, daS aus dem Schnittpraparat ieichter Anhalte-
pnnkte fiber etwaige Vermehrung von Bacillen zu gewinnen sein wfirden, als aus den
Deckglaabetunden. Auch fiber Form und Farbung der Bacillen sollten sie ein die
Deckcdasbefunde bestatigendes Urteil gestatten.
Das Kulturverfahren — Bouillon, Agarplatte aerob und Zuckeragar anaerob bei
4 —5-tagiger Beobachtung — sollte Aufschlufl fiber die Abwesenheit anaerweitiger Bak-
terienarten geben, wahrend Glycerinagar- und Glycerinkartoffelkulturen mehrerc Wochen
bei LuftabschluB in der Dunkelheit bei 38® beobachtet, zur Zfichtung der Tuberkel-
bacillen bestimmt waren. Auf den letztgenannten Nahrboden aufgegangene Kulturen
wurden zwecks Identifizierung mit dem Kochscheu Tuberkelbacillus gepruft, und zwar
nach ihrem langsamcn Wachstum unter den genannten Bedingungen und nach ihrer
Farbreaktion una ihrem morphologischen Verhalten.
Der Tierversuch endlich war bestimmt, Anhaltspunkte fiber den Virulenzgrad der
zur Verimpfung; gelangten Tuberkelbacillen zu geben. Zur Beurteilung des Tieryersuches
wurde einmal die genaue Sektion des Impftieres, weiter der genaue histologische Be*
fund — Hamalauneosin- und Tuberkelbacillenschnitt — herangezogen. Zur Verimpfung
wurde das Material mit Bouillon ohne Sand oder sonstige Fremdkorper ver-
rieben. Die injizierte Menge echwankte zwischen 2 und 3 ccm.
Zur Untersuchung wurden Tuberkelbacillenst&mme ver-
schiedener Herkunft herangezogen, und zwar:
1) Von einer bronchialen Lymphdriise — schwielige Tuberkulose —
eines Sektionsfalles vom 10. Dezember 1903 wurde ein Meerschweinchen
subkutan geimpft. Dessen vergroBerte, von kleinsten Tuberkeln gleich-
tnfiBig durcbsetzte Milz bildete das Ausgangsmaterial der Reihe I.
2) Von einem Falle allgemeiner Tuberkulose, wie sie von einer Reihe
von Autoren — es sei nur auf Grawitz, Askanazy etc. hinge-
wiesen — beobachtet und von P alt auf und Sternberg in neuerer
Zeit des nfiheren beschrieben und auf die Wirkung schwachvirulenter
Bacillen zurilckgeftlhrt wurden, wurde ein Tier mit Material aus den
HalslymphdrQsen subkutan geimpft, dessen gleichmfiBig von iniliaren
Tuberkeln durchsetzte Milz zur Verarbeitung in Reihe II verwendet. In
Reihe III erscheint das Netz des mit Material von der tuberkulQs ver-
ftnderten Lunge des gleichen Falles intraperitoneal geimpften Meer-
schweinchens verarbeitet. Znm Ausgangsobjekt der Reihe IV wurde die
mit iniliaren Tuberkeln gleichmfiBig durchsetzte Milz des Impftieres
herangezogen, das mit Material der III. Reihe geimpft worden war,
welches Material 9 Tage (1. Probe) im Brutofen in feuchter Rammer
geweilt hatte,
3) Mit Kulturmaterial — 4. Generation eines aus einer bronchialen
Lymphdrfise mit chronischer Tuberkulose auf Glycerinkartoffel gezflch-
teten Stamraes — wurde ein Meerschweinchen intraperitoneal geimpft.
Milz und Leber dieses Impftieres waren gleichmfiBig von miliaren Tu¬
berkeln durchsetzt und bildeten das Ausgangsmaterial in Reihe V. Zu
Reihe VI wurden die Milzen jener Meerschweinchen benutzt, die mit
Milzmaterial der Reihe V — vom 4. und 7. Tage resp. 1. und 2. Probe
subkutan geimpft worden waren.
4) Aus den Halslyraphdriisen eines mit Material von einer lange
Jahre fortgeztlchteten Tuberkelbacillenkultur geffltterten Kaninchens
wurde eine Tuberkelbacillenkultur gewonnen. Diese wurde an ein Meer¬
schweinchen verimpft, dessen Milz, verkfiste Bronchiallymphdrflsen und
verkfister Knoten der Infektionsstelle in Reihe VII verwendet.
Nunmehr wollen wir die ausfiihrlichen Protokolledereinzelnen
Versuchsreihen wiedergeben.
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Stamm 1.
I. E e i h a
(Objekte bei 38° in feuchter Kammer gehalten.)
Die verimpfte Bronchiallymphdriise zeigte histologisch peripher fibr5se, zentral
verkfiste Tuberkel.
Kultur. Behind aus derselben :
Bouillon: diffuse Trubun*, Indol positiv.
Agarstrich: Staphyl. alb., Bacter. coli.
Zuckeragar anaerob: Vergarung Tuberkelbacillenkulturen (Glycerinagar) erfnlglos.
Sektionsbefund des Impftieres: getdtet 65. Tag (13. Febr. 1904, zugleich Sektions-
befund des Impftieres der fnschen Probe):
Kasiges Infiltrat der Injektionsstelle, Schwellung und eingesprengte kleiue K&se-
herde in den beiderseitigen Inguinallymphdrusen, oehwellung mit einzelnen kleinen
Kndtchen und Kaseherden der Mesenterial-, Bronchial- und Halslymphdrusen, grofies
Netz makroskopisch frei von Veranderungen, Milz auf das Vierfacne vergrftflert, blut-
reich, von zahllosen dichtstehenden kleinsten Kndtchen durchsetzt, Leber vergroBert mit
zahlreichen konfluierenden Kaseherden, in den Lungen mafiig reichlich graue Kndtchen
in unregelmafiiger Verteilung.
Die Milz wurde in 7 annahernd gleich grofie Stiicke geteilt, eins hiervon sofort
verarbeitet (frische Probe), die anderen 6 unter den oben angefuhrten Kautelen in den
Brutofen gegeben.
Frische Probe (fr. Pr.) 13. Febr. 1904.
1) Deckglas: nichfc verwertbar.
2) Histologischer Behind: Die Milz von zahllosen dichtstehenden Epitheloidzellen-
tuberkeln mit einzelnen Eiesenzellen durchsetzt, die Tuberkel meist mit kleinen ver-
k as ten Zentrum.
Sparliche Tuberkelbacillen in den Tuberkeln einzeln und zu zweien als leuchtend
rot gefarbte nicht segmentierte schlanke Stabchen.
3) Kultur. Behind: steril.
4) Tierversuch: s. o.
1. Probe, entnommen am 4. Tag (17, Febr. 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Behind: Ziemlich reichliche, bald einzeln, haufiger zu zweien
liegende, deutlicn rot gefarbte Bacillen, die zumeist stark segmentiert erscheinen. An
einzelnen wenigen Stelien liegen 3—4 Paare von Bacillen ziemlich dicht beieinander in
den Tuberkeln.
3) Kultur. Behind: durchweg steril.
4) Tierversuch (alteres kraftiges Tier).
Sektionsbefund 26. Tag (24. Marz 1904): Subkutan rechte Bauchseite. Verkastes
Infiltrat der Injektionsstelle, Verkasung der rechtsseitigen Inguinallvmphdrusen, Lymph-
druse am rechten Muscul. psoas, sowie die Lymphdrosen des Bauchraumes ge-
schwollen, braune Atrophie der inneren Organe, Marasmus. Deckglas aus den verkaeten
Partien: zahlreiche leuchtend rot gefarbte unsegmentierte Stabchen.
Kultur auf Tuberkelbacillen steril.
Histologischer Befund: Die Milz enthalt keine auf Tuberkulose verdachtigen Herde.
In der geschwollenen Driise von der Gegend des Muse, psoas fanden sidi an einer
Stelle in einem Lymphsinus, der von lympnoiden Zellen dicht erfullt war, einige kleiue
Haufchen protoplasmareicher Zellen mit blaschenfbrmigem Kern. Tuberkdbacillen
waren hier sparlich, nicht segmentiert, deutlich rot nachweisbar.
2. Probe, entnommen am 9. Tage (22. Febr. 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: analog 1. Probe.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch (alteres kraftiges Tier).
Sektionsbefund 24. Tag (17. Marz 1904): Subkutan rechte Bauchseite. Braune
Atrophie der inneren Organe, Marasmus, Inguinallymphdriisen beiderseits etwas ge-
schwollen.
Histologischer Befund: Die geschwollenen Inguinallymphdrusen zeigen keine Ver¬
anderungen, die einen Verdacht auf Tuberkulose rechtfertigen kbnnten. Follikel sind
in den Lymphdriisen nicht zu unterscheiden.
Tuberkelbacillen konnten nicht nachgewiesen werden.
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 159
5. Probe, entnommen am 16. Tage (29. Febr. 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: Die Bacillen Bind vielfach blafirot gefarbt, sonst gleich
beechaffen wie in Probe 1 u. 2.
3) Kultur. Befund: Staphyl. albus (sparlich) auf Bouillon, Agarplatte und in
Zuckeragar, Glycerin agar steril.
4) Tierversuch (alteres kraftiges Tier).
Stektionsbefund 90. Tag (28. Mai 1904): Intraperitoneal. Tier gesund und kraftig,
im grofien Netz 2 kleine Knotchen.
Histologischer Befund: Das eine besteht fast durchweg aus grofien protoplasma-
reichen Zellen, die durchaus 2 und mehrere Kerne in unregelmafiiger Anordnung be-
sitzen. Das zweifce Kn&tchen erwies sich ala ein kleines Lymphknotchen.
Tuberkelbacillen konnten nicht nachgewiesen werden.
4. Probe, entnommen am 23. Tage (7. Marz 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: In dieser Probe groflere Tuberkel mit Btarker Verkaaung.
Tuberkelbacillen sind hier reichlich zu fiuden, und zwar oft zu dreien und auch
mehreren. Auch kleinere dichtstehende Gruppen sind stellenweise zu konstatieren.
DeutUch rot gefarbt, Bind die Bacillen durchwegs segmentiert.
3) Kultur. Befund: steriL
4) Tierversuch (junges Tier).
Sektionsbefund 19. Tag (20. Marz 1904): Intraperitoneal. Diffuse, eitrig fibrindse
Peritonitis, akuter Tumor aer Milz, grofies Netz stark verdickt, ddematos, an der In-
jektionsstelle ausgedehnte Hamorrhagie mit Verlotung des Darmes an der Serosa der
vorderen Bauchwand.
Histologischer Befund: Netz und Bindegewebe der Pankreas stark ddematfts, viel-
fach zahlreicne polyn ukleare Leukocyten enthaltend. An der Oberflache des grofien
Netzes vielfach Fibringerinnsel mit eingelagerten polynuklearen Leukocyten.
5. Probe, entnommen am 27. Tage (9. Marz 1904).
1) Deckglas: Mafiig reichlich blaGrot gefarbte, zumeist segmentierte Bacillen einzeln
und zu zweien.
2) Histologischer Befund: analog 3. Probe.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch (junges Tier).
Sektionsbefund 19. Tag (28. Marz 1904): Subkutan rechte Bauchseite. Tot aufge-
funden. Braune Atrophie aer inneren Organe, leichte Schwellung der Inguinal- und
BauchlvmphdruBen.
Histologischer Befund: Die Lymphdriisen erweisen sich mikroskopisch unver-
andert
6. Probej, entnommen am 30. Tage (12. Marz 1904).
1) Deckglas: analog 5. Probe.
2) Histologischer Befund: analog 5. Probe.
3) Kultur. Befund: Bouillon Staph, alb., sonst steriles Ergebnis der Kulturen.
4) Tierversuch (junges Tier).
Siektionsbefund 77. Tag (28. Mai 1904): Intraperitoneal. Tier in gutem Ernahrungs-
zustand, im grofien Netz menrere feine rundliche Knotchen.
Histologischer Befund: Die Knotchen sind aus dichtliegenden protoplasmareichen
Zellen gebildet, die einen bis mehrere bliischenformige Kerne enthalten. Mit der Zahl
der Kerne nimmt die Zelle an Grofie zu, und erscheinen dann die Kerne meist rand-
standig um das mit Eosin gleichmafiig rot gefarbte Zentrum der Zellen gelagert, manch-
mal jedoch liegen die Kerne auch zentral dicht beieinander. Im Lymphknbtchen des
grofien Netzes waren ebenfalls gleichartige Zellen unregelmafiig verteilt
Tuberkelbacillen lieSen sicn nicht nachweisen.
In der frischen Probe waren die Tuberkelbacillen in den teilweise
verk&sten Tnberkeln ziemlich gleichmaBig verteilt, nur in sp&rlicher Zahl
nachweisbar. Die Bacillen lagen einzeln und zu zweien, waren durch¬
wegs unsegmentierte, schlanke St&bchen, und zeigten einen leuchtend
roten Farbenton. Nach 4 Tagen (1. Probe) fanden sich Bacillen als
stark segmentierte, deutlich rot gef&rbte Stabchen in weitaus reichlicherer
Zahl als in der frischen Probe in den Tuberkeln eingeschlossen. Die
Bacillen lagen zu zweien und mehreren dicht beieinander. In den
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160
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII, Heft 2.
weiteren Proben Snderten die Bacillen ihr Verhalten nur insoweit, als
bei gleicher starker Segmentierung ihr Farbenton blasser rot wurde.
An Zahl kamen sie ungeffihr den Bacillen der frischen Probe gleich,
wie sie auch stets nur in den Tuberkeln zu fin den waren.
Kulturen auf Tuberkelbacillen batten ein negatives Ergebnis. (Die
N&hrbOden der 3. Probe durchwegs, die Bouillonkultur der 6. Probe
waren durch Staphyl. alb. verunreinigt. Da in den entsprechenden
Schnittpr¶ten keine Mikroorganismen aufier Tuberkelbacillen gefunden
wurden, mflssen die Mikroorganismen erst bei der Verarbeitung der
Proben nach Entnahme aus dem Brutofen in das Material gelangt sein.
Die aufgegangenen Staphylokokkenkolonieen waren nur in sp&rlicher Zahl
vorhanden.)
Die Bacillen der frischen Proben hatten eine allgemeine Tuber-
kulose beim Impftier hervorgerufen — Epitheloidzellentuberkel mit
Riesenzellen nnd Verkasung, Bacillenbefund der frischen Probe. — Am
4. Tage ergab die subkutane Verimpfung des Materials am Meerschwein-
chen ein verkfistes Infiltrat der Injektionsstelle mit Tuberkulose der re-
gionfiren Lymphdrusengruppe — Epitheloidzellentuberkel mit Riesen¬
zellen und VerkSsung, in den Tuberkeln leuchten rot geffirbte, nicht
segmentierte Bacillen in mfifiiger Zahl — ferner aufier Marasmus des
Impftieres keine Veranderungen. Das Impftier der Probe vom 9. Tage
zeigte bei subkutaner Impfung aufier leichter Schwellung der regionfiren
Lymphdrusengruppe — keine spezifisch tuberkulOsen Veranderungen —
und Marasmus nichts Pathologisches. Die intraperitoneale Verimpfung
der Proben vom 16. und 30. Tage ergab Kndtchenbefunde im grofien
Netz bei sonst kraftigen, gut genahrten Tieren — epitheloide und Riesen¬
zellen, nirgends Verkasung, vom Rande aus eindringende Kapillargefafie,
keine Bacillen. Die subkutane Verimpfung vom 27. Tage (5. Probe)
ergab an dem gut genahrten Impftier keine tuberkuldsen Veranderungen.
Ein Tier, geimpft mit Material vom 23. Tage (4. Probe) ging bei intra-
peritonealer Injektion an eitrig fibrinQser Peritonitis (Darmverletzung)
zu Grunde.
Stamm 2.
II. Reihe.
(Objekte bei '58° in ieuchter Kammer gehalten.)
Die verimpfte Halslymphdruse des SektionsfaUes zeigte bei starker Vergr&fierung
zahlreich eingesprengte Kaseherde.
Kultur. Refund aus derselben: Bouillon, Agarstrich, Zuckeragar anaerob, so wie
Glycerinagar und Glycerinkartoffel blieben durcbweg steril.
Sektionsbefund des Impftieres 62. Tag (17. Febr. 1904, zugleich Sektionsbefund des
Impftieres der frischen ProDe): Kasiges infiltrat der Injektionsstelle, Schwellung und
Verkasung der rechtsseitigen inguinalen Lymphdriisen, die Milz auf das ca. 15fache ver-
grbfiert, weich, blutreicb, von zahllosen kleinsten Knotchen durchsetzt, in der Leber
zahlreicbe konfluierende verkaste Herde von unregelmafiiger Gestalt, in der Lunge
sparlich graue Knotchen, die Lymphdriisen des Bauch- una Brustraumes geschwollen,
in denselben zahlreicbe kleinste Kndtchen, Marasmus.
Im Tuberkelbacillenschnitt sind nur sehr sparliche, stark segmentierte und schwach
gefarbte Bacillen nachweisbar.
Die Milz wurde in 6 Teile zerlegt, ein Stuck sofort verarbeitet, die 5 iibrigen Teil-
stucke in den Brutofen bei .SB" gegeben.
Frische Probe 17. Febr. 1904.
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: Zahlreiche dichtstehendeTuberkel mit Verkasung, in den
ineisten Tuberkeln zahlreiche Riesenzellen uud wechsclnde Zahl von Leukocyten. Tuberkel¬
bacillen fanden sich nur sehr sparlich — an einer Stelle ein unsegmentiertes, an einer
weiteren ein s^mentiertee Stabchen, beide deuthch rot gefarbt in Tuberkeln.
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 161
3) Kultur. Behind: Staphyl. albus in Bouillon, auf Agarplatte und in Zucker-
agar sowie auf Glycerinagar. Auf Glvcerinkartoffel zeigten sich nach 4 Wochen 6—8
Heine trockene Eolonieen aus deutlich die Farbreaktion der Tuberkelbacillen gebenden
unsegmentierten Bacillen. *
4) Tierversuch: 8. o.
1. Probe, entnommen nach 48 Stunden (19. Febr. 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: In einem Gesichtsfeld fanden sich 2 segmentierte, gut
gefarbte Bacillen in einem TuberkeL
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch: 24. Tag (14. Marz 1904).
Sektionsbefund: Subkutan, rechte Bauchseite (seit 12 Tagen deutlich fiihlbare
Inguinaldriisen). Verkastes Infiltrat der Injektionsstelle, Verkasung der bohnengroflen
recntsseitigen Inguinallymphdriisen, Milz geschwollen, blutreich, in Milz, Leber und
Lungen feinste Knotchen.
Deckglas aus verkasten Partieen: Zahlreiche leuchtend rot gefarbte, mehrfach seg¬
mentierte Bacillen.
Histologischer Befund: Die inguinalen Lymphdriisen nur in ihren Randpartieen
erhalten, sonst vollstandig von zentral erweichten Tuberkeln eingenommen. Letztere
sind in der Peripherie stark fibros, wahrend sie zentral dichte Anhaufungen polynuklearer
Leukocvten unci dazwischen zahlreiche Kerntriimmer enthalten. Auch sieht man zwischen
den Zellen vielfach mit Eosin gleichmaBig gefarbte unregelmaBige Massen.
In Schnitten fanden sich sehr sparliche, stark segmentierte Bacillen.
Kultur. Befund: Injektionsstelle Glycerinkartof fel nach 3 Wochen zahlreiche feinste
trockene Kolonieen, die in der Folge die ganze Kartoffel an der Impfseite iiberziehen,
Bacillen von der Farbreaktion der Tuberkelbacillen.
2. Probe, entnommen am 9. Tage (25. Febr. 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: Keine Bacillen aufgefunden.
3) Kultur. Befund: Sarcine auf Agarplatte und auf Glycerinkartoffel.
4) Tierversuch 4. Tag (1. Marz 1904): subkutan rechte Bauchseite.
Bektionsbefund: Marasmus, Magen kontrahiert. Das sehr junge und schwachliche
Tier war seit der Injektion frefiunlustig und ging am 5. Tage zu Grunde.
3. Probe, entnommen am 19. Tage (7. Marz 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: Ein segmentiertes, schwach rot gefarbtes Stabchen.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 31. Tag (7. April 1904).
Bektionsbefund: Intraperitoneale Injektion. Starker Marasmus, braune Atrophie der
inneren Organe, Magen kontrahiert. Darmschleimhaut atrophisch, Mesenteriallymph-
drusen etwas vergrofiert, in der Leb^r zahlreiche feinste weiBe Pflnktchen, starker Haar-
ausfall am ganzen Korper.
Histologischer Betund: Die Heinen Leberknotchen stellen mikroskopisch Herde in
der Leber dar, innerhalb deren die Leberzellen nekrotisch erscheinen, wahrend zwischen
denselben zahlreiche mono- und polynukleare Leukocyten eingestreut sind.
Tuberkelbacillen fanden sich in diesen Herden nicht.
4. Probe, entnommen am 21. Tag (29. April 1904).
1) DeckHas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: Keine Bacillen auffindbar.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 48. Tag (29. April 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Marasmus, Heines griinliches Knot¬
chen der Injektionsstelle, Inguinaldriisen recht9 etwas grofier als links, oraune Atrophie
der inneren Organe, Magen kontrahiert, Haarausfall am ganzen Korper, Tier gleich aera
von Probe 3 im Wachstum zuriickgeblieben.
Histologischer Befund: Das subkutane Infiltrat setzt sich aus analogen Zellen
zusammen, wie das Netzknotchen I. Keihe, 6. Probe, Tierversuch. Vom Rande sieht
man gelegentlich eine Kapillare in das Infiltrat hineinziehen.
Tuberkelbacillen fanden sich in diesem Infiltrat nicht.
Elite Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 2 . 11
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162
Centr&lbi. f. Bakt etc. 1. Abt. Originate. Bd. XXXYIII. Heft 2.
5. Probe, entnommen am 24. Tag (12. M&rz 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: Keine Tuberkelbacillen aufgefunden.
# 3) Kultur. Befund: steril.
4) Tiervereuch 77. Tag (28. Mai 1904).
fcjektionsbefund: Intraperitoneal. Im grofien Netz ein kleines rundliches Kndtchen,
ueben zwei langlichen griinlichen Herden.
Histologischer Behind: Ein Kndtchen erwiee sich ale ein vdllig verkaster Herd
mit derb biodegewebiger Kapsel. 1m verkasten Gewebe sind zahlreiche Kerne und
Kern trammer zu sehen. Anaere Kndtchen wiederum bestehen aus Zellen, die jenen
gleichen, wie sie das Netzknotchen 1. Keihe, b. Probe, Tiervereuch aufwiee.
Tuberkelbacillen konnten in diesen Herden nicht nachgewiesen werden.
Die Impftiere dieeer Keihe waren durchweg eehr junge echwachliche Tiere, die alle
eeit der Iojektion wenig fraBen, bis auf das Tier der 5. Probe, das bei der Sektion auBer
den beschriebenen Netzherden keine Veranderungen zeigte.
HI. Keihe.
(Objekte bei 38° in feuchter Kammer gehalten.)
Dieselbe umfafit Impfversuche mit 3 gleichfalls bei 38® steril in feuchter Kammer
aufbewahrten Teilstucken des tuberkulos veranderten grofien Netzes eines Meerechwein-
chens. Dasselbe war intraperitoneal mit verriebenen Lungenstflckchen geimpft worden,
die dem gleichen Obduktionsfalle entstammten, dessen Halslymphdriisen zur Impfung
des Meerechweinchens der 11. Keihe benutzt wurden. Zur Beurteilung der frischen Probe
wurde ein Stiickchen Lunge mit eingelagerten Tuberkeln benutzt.
Sektionsbefund des Tmpftieres 72. Tag (27. Febr. 1904, zugleich Sektionsbefund
des Impftieres der frischen Probe): An der Injektionsstelle findet sich ein flaches, heller-
groBes, kasiges Infiltrat. Die Inguinallvmphdrusen beiderseits sind bohnengroB und
verkast, desgleichen die Lymphdriisen des Bauchraumes und des Brustraumes, die Hals-
driisen sind geschwollen, jedoch ohne distinkte Herde. Die Milz enorm vergroBert, ist
blutreich, von zahllosen bis hirsekorngroBen Tuberkeln durchsetzt, in der Leber sind
gleichfalls zahllose verkaste, konfluierende Tuberkel vorhanden, in den Lungen sind
zahlreiche kleinere und grbBere verkaste Tuberkel zu sehen. Das Netz, verdickt und
verschrumpft, enthalt zahlreiche verkaste Herde.
Histologischer Befund der Lungen tuberkel: Dichtstehende, an Kiesenzellen reiche
Tuberkel mit teilweiser Verkasung.
Tuberkelbacillen sind darin maBig reichlich als deutlich rot gefarbte, meist seg-
mentierte Bacillen einzeln oder zu zweien gelagert nachzuweisen.
Frische Probe 27. Febr. 1904 (Lunge).
1) Deckglas: nicht verwendbar.
2) Histologischer Befund: s. o.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tiervereuch: s. o.
1. Probe, entnommen am 9. Tag (7. Marz 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: An Kiesenzellen reiche Tuberkel mit stellenweise aus-
gedehnter Verkasung. Teils sind die Tuberkd fibrbs. Die Kiesenzellen sind zumeist
aicht erfiillt von eng aneinandergelagerten, intensiv gefarbten Kernen.
Tuberkelbacillen fanden sich sehr sparlich als einzelne stark s^mentierte und blafl-
rot gefarbte Stabchen.
3) Kultur. Befund: In Zuckeragar Vergarung (Coliart), sonst steril.
4) Tiervereuch 52. Tag (28. April 1904).
Sektionsbefund: Subkutan reente Bauchseite ErbsengroBes, verkastes Infiltrat der
Injektionsstelle, rechts in inguine, erbsengroBe, vollig verkaste Ljrmphdrusen, im groBen
Netz 4 hirse- bis hanfkorngrofle, teilweise verkaste Kndtchen, Milz auf etwa das 4fache
vergroBert, gleichmaBig von hirsekorngroBen Tuberkeln durchsetzt, desgleichen hireekorn-
groBe TubeAel in den Lungen, rechts am Muscul. psoas eine erbsengroBe, zentral ver¬
kaste Druse.
Milz dieses Impftieres zu Vereuchsreihe IV verwendet.
Histologischer Befund: In den Inguinal lymphdriisen, dieselben fast vdllig ein-
nehmend, finden sich konfluierende, peripher fibrose Tuberkel, die zentral dichte Haufen
mono- und polynukleare Leukocyten enthalten. Zwischen denselben wie an der Peri¬
pherie dieser Zellen an hauf ungen sieht man unregelmaBig gestaltete, mit Eosin ^leich-
roafiig rot gefarbte Massen, die neben einzelnen Leukocyten zahlreiche Kerntrummer
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 163
enthalten. In die Mesenteriallymphdrusen sind zahlreiche konfluierende Herde aus
protoplasmareichen Zellen mit blaschenformigem Kern eingelagert.
Tuberkelbacillen fanden sich sehr sparlich. Schwach segmentiert sind sie deutlieh
rot gefarbt.
2. Probe, entnoromen am 11. Tag (9. M&rz 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: analog 1. Probe.
3) Kultur. Befund: Diffuse Triibung in Bouillon, sonst steril.
4) Tierversuch 38. Tag (16. April 1904).
Sektionsbefund: Subkutan recnte Bauchseite. Kasiges Infiltrat der Injektionsstelle,
Verkasung der rechtsseitigen, erbsengrofien Inguinallymphdriisen, mafiige Vergrbfierung
der Milz, mit zahllosen Tuberkeln bis Hirsetomgrofie, Tuberkel der Leber und der
Lungen.
Deckglas aus den verkasten Partieen: Mafiig reichlich segmentierte Bacillen von
der Art der Tuberkelbacillen.
Histologischer Befund: In den Inguinaldriisen dichtstehende konfluierende Herde
protoplasmareicher Zellen mit blaschenformigem Kern.
Tuberkelbacillen sind mafiig reichlich als gut gefarbte, segmentierte Stabchen
zu sehen.
3. Probe, entnommen am 14 Tage (12. Marz 1904).
1) Deckglas: nicht verwertbar.
2) Histologischer Befund: wie in den vorigen Proben.
3) Kultur. Befund: Staphyloc. albus auf alien Nahrbdden.
4) Tierversuch 77. Tag (28. Mai 1904).
Sektionsbefund: Tntraperitoneale Injektion. Tier ohne Veranderungen.
IV. Reihe.
(Objekte bei 38° in feuchter Kammer gehalten.)
Milz des Impftieres III. Beihe 1. Probe.
Dieselbe wurae in 7 Teile geteilt, eines der Teilstiicke sofort verarbeitet, die anderen
6 Proben bei 38° in den Brutofen gestellt.
Frische Probe 28. April 1904, 11 Uhr Vormittags.
1) Deckglas: Sehr sparlich einzeln liegende, leuchtend rot gefarbte, zumeist un-
segmentierte Bacillen.
2) Histologischer Befund: Zahlreiche kleinere und grftBere Tuberkel, die zumeist
aus mehrkernigen Zellen bestehen, zentral in den grftfieren Tuberkeln mono- undpoly-
nukleare Leukocyten sowie Kerntriimmer in verkastem Gewebe, nach aufien zu Zellen
von epitheloidem Charakter und vielfach mehrkernige Zellen.
Bacillen sind sehr sparlich, meist einzeln in der Randzone der zentralen, an
Leukocyten reichen Partieen zu finden. Dieselben sind leuchtend rot gefarbt, einzelne
segmentiert.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch s. III. Reihe, 1. Probe und IV. Reihe, frische Probe, histologischer
Befund.
1. Probe, entnommen nach 6 Stunden (28. April 1904, 5 Uhr Nachmittags.)
1) Deckglas: Sehr sparliche, nicht segmentierte, gut gefarbte Bacillen.
2) Histologischer Befund: Keine Bacillen nachgewiesen.
3) Kultur. Befund: Bouillon. Agarplatte und Zuckeragarschiittelkultur steril, auf
Glycerinkartoffel nach 3 Wochen feinste, sparliche, trockene lS)lonieen, die nach 5 Wochen
mehr gelbbraun und deutlieh gewachsen sind. Bacillen von der Farbreaktion und dem
Aussehen der Tuberkelbacillen. Schlanke, gut gefarbte, nicht segmentierte Stabchen
deutlieh rot.
4) Tierversuch 7. Tag (3. Mai 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite (Tier wahrend der Injektion sehr
unruhig, so daB die Injektionsnadel in die Bauchhdhle eindrang. Wegen starker Hin-
f&Uigkeit wurde das Tier am 7. Tage nach der Injektion getdtet), braune Atrophie der
inneren Organe. Am Milzrand ein grauweifies Knotchen, zahlreiche Knotchen gleicher
Art in der Leber, sehr sparliche Knotchen im rechten Lungenunterlappen, anscheinend
auch solche in den Mesenteriallymphdriisen, die wie samtliche iibrigen Lymphdrusen
leicht vergrbBert sind. Injektionsstelle unverandert, grofies Netz leicht verdickt, Magen
kontrahiert, Marasmus. (Forts, folgt.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 2.
Nachdruck verbotcru
Ueber die Konservierung der Lebensfahigkeit und Virulenz
der Mikroben im Markgewebe beim Austrocknen.
Vorlfiufige Mitteilung.
[Aus dem Bakteriologischen Institut in Kiew. Abteilung von Prof.
W. Wysokowicz.]
Von L. Czarnecka.
Im Jahre 1902 gelang es Herrn Dr. Palmirski, aus dem Or-
ganismus eines Kaninchens, das nach der Infektion mit dem Blnte eines
scharlachverdachtigen Kranken zu Grunde ging, den Streptococcus
zu zuchten. Das dem Kaninchen entnommene Rflckenmark wurde in
einer Flascbe mit trockenem Kali caust. hSngen gelassen und auf diese
Weise aufbewahrt. Da der genannte Forscher zu verschiedener Zeit
Stflckchen von dem Rflckenmark auf Bouillon verimpfte, macbte er die
Beobachtung, daB auch nach 6-monatlichem Austrocknen der Strepto¬
coccus seine Lebensfahigkeit noch erhalten hatte.
Von diesem Rflckenmark wurde Herrn Prof. W. Wysoko wicz ein
Stflckchen geschickt. und auf seine Anregung hin unternahm ich die
Nachprflfung dieses Mittels zur Konservierung auch anderer Arten von
Mikroben. Zu diesem Zwecke wurden mehrere Kaninchen mit ver-
schiedenen Mikroben geimpft. Nach dem Tode der Tiere wurde ihr
Rflckenmark in Flaschen mit trockenem Kali caustic, h&ngen gelassen
und davon am n&chsten Tage Abimpfungen auf Bouillon gemacht; wir
wiederholten die Entnahme von solchen Proben nach je 2 Wochen.
Eine Reihe von Versuchen zeigte, daB der von Palmirski er-
haltene Streptococcus auch nach 8-monatlichem Austrocknen im
Rflckenmark die F&higkeit zum Wachstum besafi. Der Diplococcus
Frflnkels, dessen geringe Resistenz auf verschiedenen Nflhrboden ge-
nug bekannt ist, lieB sich aus dem ausgetrockneten Rflckenmark inner-
halb 7 1 /* Monate leicht weiterzflchten; spfiter gelang der Nachweis des
Mikroben nicht mehr. B. anthracis, der, wie bekannt, im Organismus
keine Sporen bildet, behielt seine Wachstumsfflhigkeit auch nach 6 1 / a -
monatlichem Austrocknen im Markgewebe ; spflter waren die Abimpfungen
erfolglos.
Wir stellten uns auch die Frage, ob ausschlieBlich die Marksubstanz
hier von Bedeutung sei, oder ob die genannten Mikroben ihre Lebens¬
fahigkeit auch in anderen KOrpergeweben beizubehalten im stande seien.
Zur Ldsung dieser Frage bewahrten wir auf dieselbe Weise die Milz
der zu Grunde gegangenen Kaninchen auf; dabei erwies sich, dafi die
Mikroben in der Milz ihre Lebensfahigkeit nicht so lange behielten. Der
Diplococcus hflrte nach 1 Monat zu wachsen auf, der Strepto¬
coccus nach l 1 / 2 Monaten. Hieraus geht klar hervor, daB in der Mark¬
substanz besonders gfinstige Bedingungen zur Erhaltung der Lebens¬
fahigkeit der Mikroben vorhanden sind.
Es ist von grofiem Interesse, daB auch die Virulenz der Mikroben
nach der beschriebenen Methode sehr lange erhalten wird. Die letztere
Eigenschaft ist aus den folgenden Beispielen ersichtlich: Der im Rflcken¬
mark 8 l / 2 Monat lang aufbewahrte Streptococcus besaB die Fahig-
keit, Kaninchen innerhalb 36 Stunden zu tflten, der Diplococcus in
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Rothberger, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
165
18Stunden nach6-monatlichem Austrocknen, B.anthracisin 24Stunden,
auch nach 6 Monaten.
Bemerkenswert zeigen sich auch die folgenden von uns gemachten
Beobachtungen bezflglich des Wachstums der Mikroben. Der Diplo-
coccus, flber den wir bei unseren Versucheij verfflgten, stammte aus
einem Falle von Pneumonie mit letalem Ausgang. Bei sehr bedeutender
Virulenz fflr Eaninchen wuchs er auf den gewflhnlichen N&hrbflden —
Agar und Bouillon — sehr sp&rlich, manchmal sogar gar nicht Nach
dem Aufbewahren im Rflckenmark nahm seine Lebensf&higkeit deutlich
zu und auf denselben Nflhrboden war immer ein flppiges Wachstum zu
beobachten. Von nicht lange im Markgewebe gehaltenen B. anthracis
konnten wir Kulturen mit zahlreichen Sporen zfichten, nach 6-monat-
lichem Austrocknen gelang die Weiterziichtung nur mit MQhe (deut-
liches Wachstum zeigte sich auf dem Nahrboden nur nach 4—5 Tagen),
und die auf solche Weise hergestellten Kulturen waren fast sporenlos.
Unsere Versuche mit dem ausgetrockneten Rflckenmark sind noch
im Gange, doch dflrften die schon erzielten Resultate fflr ausreichend
genug gehalten werden, um die beschriebene Methode der Konservierung
einiger wenig widerstandsfahiger Mikroben zum allgemeinen Gebrauch
in den Laboratorien angelegentlichst zu empfehlen.
Nachdmck verboten.
Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
[Aus dem Institute fflr allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien
(Vorstand: Prof. Paltauf).]
II.
Experimentelle Analyse der Giftwirkung.
Von Dr. C. Julias Rothberger, Assistenten am Institute.
Im nachfolgenden soli flber die Wirkung eines akut wirkenden Bak-
terientoxins berichtet werden, welches Kraus 1 ) beim Vibrio Nasik
gefunden hatte. Ich habe mit der Kultur dieses Vibrios, welche mir
Herr Privatdozent Kraus freundlichst flberlassen hat, einige Versuche
gemacht, um festzustellen, welche Organe in erster Linie von der Gift¬
wirkung betroifen werden.
Die experimentelle Analyse der Wirkung eines Giftes begegnet
nun viel groBeren Schwierigkeiten, wenn dasselbe nicht einen ein-
heitlichen Korper darstellt, sondern aus einer Reihe von Substanzen
besteht, von welchen jede eine selbst&ndige Wirkung auf den Organis-
mus ausflben kann, und das ist ja bei einer Bakterienkultur der Fall,
in welcher sehr viele, ihrer Natur nach groBenteils unbekannte Sub¬
stanzen enthalten sind. Es wird daher nach der Einfflhrung einer
akut wirkenden Kultur in den Tierkflrper ein sehr vielgestaltiges Ver-
giftungsbild entstehen kSnnen und wir dflrfen von vornherein nicht er-
warten, die Angriffspunkte der Giftwirkung so klar zu erkennen, wie
nach der Anwendung eines chemisch einheitlichen Kdrpers. Insbeson-
dere ist die Mflglichkeit zu erw&gen, daB bei einer schw&cher wirken-
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. 1. Bd. XXXIV. 1903. p. 488.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 2.
den Kultur, welche erst nach Ifingerer Zeit tfitet, ganz andere Gifte zur
Wirkung gelangen und das Vergiftungsbild bestimmen kdnnen, als
bei den Kulturen von starker Toxizitat und kfirzester Inkubation. Tat-
s&chlich habe ich bei iiieinen Versuchen, welche sich aus auKeren
Grfinden fiber einen sebr langen Zeitraum erstreckten, Kulturen von sebr
wechselnder Wirksamkeit angewendet und dementsprechend nicht unbe-
deutende Abweichungen von dem am hfiufigsten vorkommenden Krank-
keitsbilde beobachtet. Auf diese werde ich am Schlusse meiner Aus-
ffihrungen noch kurz zurfickkommen.
Ich habe die Versuche an Kaninchen und Hunden angestellt und
ausschiieKlich die intravenfise Injektion von 10- und mehrtfigigen Bouillon-
kulturen angewendet, da ja schon Kraus festgestellt hatte, dafi die
bakterienfreien Filtrate ebenso wirken wie Bouillonkulturen und dafi nur
nach intravendser Injektion der charakteristische rasche Eintritt der Gift-
wirkung zu beobachten ist.
Injiziert man einem kleinen Kaninchen 1 / i —1 ccm einer stark toxi-
schen Bouillonkultur in die Ohrvene, so zeigen sich schon nach 5 bis
10 Minuten Zeichen einer allgemeinen Hinf&lligkeit: das Tier stfitzt den
Kopf auf die Unterlage, streckt die Extremit&ten von sich und bald
sinkt der Kopf zur Seite, das Tier liegt wie gelfihmt da. In diesem
Stadium ist die Atmung kaum ver&ndert. Von Zeit zu Zeit rafft sich
das Tier pldtzlich auf, hebt den Kopf und sitzt wie vor der Injektion,
aber sehr bald sinkt der Kopf wieder herab und es stellt sich die
frfihere Prostration wieder ein. Jetzt ist meist auch die Atmung ver-
langsamt, stofiweise, die erhfihte Mitbeteiligung der auxili&ren Hilfsmuskeln
verrfit den Eintritt der Dyspnofi. Diese nimmt nun immer mehr zu,
die Atemfrequenz und -tiefe nimmt gradatim ab und endlich erfolgt —
3—30 Minuten nach der Injektion — der Tod, welchem manchmal sehr
heftige, von Schreien begleitete Kr&mpfe vorhergehen; in anderen Fallen
fehlen diese und man beobachtet nur, dafi sich das Tier kurz vor dem
Tode noch einmal ffir kurze Zeit aufrafft. Oeffnet man sofort den
Thorax, so findet man ein maximal dilatiertes, fast immer von flflssigem
Blute geffilltes Herz, welches oft noch ganz oberflfichliche Pulsationen
ausffihrt. Der Cornealreflex bleibt bis zum Tode erhalten und wird nur
sub finero etwas trfiger. Nach dem Herzstillstande treten noch terminate
Atemzfige auf.
Bei der Anwendung weniger toxischer Kulturen, welche erst nach
1—2 Stunden tfiten, beobachtet man im wesentlichen dieselben Erschei-
nungen. Die geringere Toxizitat bedingt nur eine bedeutende Ver-
lfingerung der Inkubation, wfihrend welcher aber eine sehr konstante,
bei rasch wirkendem Gift nicht vorkommende Darmwirkung eintritt
Dieselbe besteht in einer bedeutenden Steigerung der Peristaltik, welche
am aufgebundenen Tier durch die Bauchdecken sichtbar ist, w&hrend
sie beim nicht gefesselten Tier zur Entleerung anfangs feuchter Skybala,
dann aber dfinnbreiiger oder flflssiger, oft sehr fibelriechender F&kal-
massen ffihrt. Aus der Beschaffenheit der Entleerungen kann man
schliefien, dafi dieselben zuerst aus dem Dick-, dann aus dem Dfinndarm
stammen, wthrend das Coecum, welches beim Kaninchen bekanntlich
stets mit breiigen Massen gefflllt ist, nicht zu erhohter Tfitigkeit an-
geregt zu werden scheint. Manchmal tritt, besonders nach Einverleibung
grofierer Mengen wenig toxischer Bouillonkultur, eine starke Harnent-
leerung in den Vordergrund, und dann kann die Darmwirkung entweder
ganz fehlen oder nur zur Ausstofiung etwas feuchterer Skybala fflhren.
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Rothberger, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
167
Diese eben beschriebene Darmwirkung, welche in ganz ahnlicher Weise
anch bei anderen, der Choleragruppe zugehorigen Vibrionen auftritt,
hat jedoch mit deni Gift, welches die rapide Wirkung des Vibrio Nasik
bedingt, nichts zu tun. Vor allem zeigt es sich, daB der Zeitpunkt
ihres Eintrittes — 40 Minuten bis 1 Stunde nach der intravenbsen In-
jektion unabhangig ist von der Toxizitat der angewendeten Kultur,
indem bei wenig giftigen Kulturen ein entsprechend langerer Zeitraum
zwischen dem Auftreten der Darmentleerungen und dein Tode verstreicht,
wahrend es bei foudroyantem Verlauf uberhaupt nicht zur Darmwirkung
konimt. AuBerdem zeigt sie keine wesentlichen Intensitfitsunterschiede,
welche mit der verschiedenen Giftigkeit der angewendeten Kultur in
Zusammenhang gebracht werden konnten.
Die Dauer der Inkubation laBt sich durch steigende Gift-
mengen sehr bedeutend abkiirzen; so trat bei einem 500 g schweren
Kaninchen der Tod schon 2 Minuten nach der Injektion von 3 ccm stark
toxischer Kultur ein, nachdem das Tier die verschiedenen Stadien der
Vergiftung (Prostration, Dyspnoe, Krampfe) in rapider Aufeinanderfolge
durchgemacht hatte. Die Sektion zeigte auch hier nur ein stark dila-
tiertes, mit flQssigem Blut gefiilltes Herz, nach dessen Erbffnung noch
die terminalen Atemziige erfolgten.
Zur weiteren Analyse der Erscheinungen, welche schon nach ober-
flachlicher Beobachtung auf den Respirations- oder Zirkulationsapparat
zu beziehen waren, ging ich nun vor allem daran, den Ablauf der Ver¬
giftung am Kymographion zu studieren, wobei der Blutdruck und die
spontane Atmung verzeichnet wurden.
Was zunachst die Atmung anbelangt, so zeigt dieselbe unmittel-
bar im Anschlusse an die Injektion keine Veranderung; wenige Minuten
nach der Einverleibung der Kultur tritt oft eine m&Bige Beschleunigung
der Respiration ein, welche aber bald voriibergeht und Qberdies keines-
wegs konstant ist. Die typische Dyspnoe, welche auch am nicht ge-
fesselten Tier stets deutlich zu sehen ist, setzt nach Ablauf der Inkuba¬
tion ziemlich plotzlich ein, indem zuerst eine starke, rasch fortschreitende
Abnahme der Frequenz, dann auch der Tiefe der Atemztige auftritt,
wahrend welcher das Tier zunachst Unruhe, dann typische Erstickungs-
krampfe aufweist, welche in kiirzester Zeit zum Tode fiihren.
Der Blutdruck zeigt meist bis zum Eintritt der Dyspnoe keine
nennenswerte Veranderung; eine zeitlich mit der Beschleunigung der
Respiration zusammenfallende Steigerung des Blutdrucks kann oft be-
obachtet werden, ist aber ebenfalls nicht konstant und kann bei be-
schleunigter Atmung fehlen. Mit dem Eintritt der Dyspnoe zeigt der
Blutdruck starke Schwankungen, welche zum Teil wohl auch der Unruhe
des Tieres zuzuschreiben sind; eine typische dyspnoische Steigerung
des Blutdrucks tritt aber nicht ein, vielmehr beginnt derselbe stetig zu
sinken, um kurze Zeit nach dem Aufhoren der Atmung, jedoch noch vor
den terminalen Atemziigen, die Abscisse zu erreichen.
Dieser Verlauf der Vergiftung schien ziemlich deutlich auf eine prim&re
Schfidigflllg der Respiration, wahrscheinlich zentraler Natur, hinzuweisen;
aber schon die nachsten Versuche zeigten die Irrigkeit dieser Aunahme,
mit welcher schon der Umstand nicht in Einklang zu bringen war, daB die
Einleitung der kdnstlichen Atmung im Stadium des fortschreitenden Blut-
druckabfalles nur in wenigen Ausnahmefallen im stande war, den Eintritt
des Todes hinauszuschieben. Ferner zeigte es sich, daB der Tod beim
kuraresierten, von vornherein kiinstlich geatmeten Tier nicht spater ein-
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163 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
trat als sonst, so daB nun an eine wesentliche Wirkung des Giftes auf
das Atemzentrum nicht mebr zu den ken war. Am kuraresierten Tier
trat nun die Wirkung auf die Kreislaufsorgane reiner zutage: Die
dem stetigen Druckabfall vorangehende Steigerung gehort hier zu den
typiscben Erscheinungen; wir mflssen sie also ftir wesentlich halten und
annebmen, daB sie beim spontan atmenden Tier aus irgendwelchen un-
bekannten Grunden verdeckt wird. Regelm&Big beobachtet man ferner
am kuraresierten Tier, daB zu der Zeit, wo der Druck eben abzusinken
beginnt, das Pulsbild sebr undeutlich wird und bald ganz verschwindet.
Die Ursache hierfiir konnte in vielen Fallen in ausgedehnter Blutge-
rinnung erblickt werden, welcbe oft eine auffallende Beschleunigung durch
die Injektion der Vibrionen erffchrt. In anderen Fallen fehlte aber die
Gerinnung und es konnte daber das Undeutlicbwerden der Pulse nur
einer Beeintrachtigung der Herzfunktion zugeschrieben werden.
Dieselbe wurde um so wahrscbeinlicher, als es sich zeigte, daB das bei
beginnendem Druckabfall blofigelegte Herz fast immer stark geblabt war
und eine ohne weiteres augenscheinlicbe Verkleinerung des Schlag-
volumens aufwies. Zum weiteren Studium dieser Herzwirkung verwen-
dete ich vor allem die Registrierung der vier Herzabteilungen
nach Knoll. Die Methode^besteht darin, daB die Vorhdfe und Ven-
trikel des blofigelegten Herzens rait je einem feinen Haken gefafit
werden, welcher durch einen langen, ilber Rollen laufenden Faden mit
einem Schreibhebel verbunden ist, so daB jede Herzabteilung ibre Kon-
traktionen auf der beruBten Fiache verzeichnet; an der Kurve ist nicht
nur die Frequenz der Herzschiage, sondern auch die GrQBe der Ex-
kursion jedes Scblages ersichtlich. Die mit dieser Methode angestellten
Versuche erganzen nun den scbon bei der Inspektion des blofigelegten
Herzens erbobenen Befund dahin, daB die Verkleinerung der Ausschiage
bei beginnender Biahung schon vor dem Abfall des Blutdrucks zuerst
am rechten Herzen auftritt, wahrend das linke Herz zunacbst noch un-
gescbwacht weiterarbeitet und daher den Blutdruck vorderhand noch un-
verandert zu halten vermag. Bei zunebmender Biahung des rechten
Ventrikels, welche zu einer Uinwaizung des Herzens von rechts nach
links fhhrt, werden dann auch die Ausschiage des linken Herzens
schwacher, und nun beginnt der Druck zu sinken. In anderen Fallen
entwickelt sich die Biahung in beiden Herzhalften ziemlich gleichzeitig.
Wenn nun auch der Umstand, daB die Biahung und das Undeut-
lichwerden der Pulse stets vor dem Abfall des Blutdrucks auftreten, es
sehr wahrscheinlich machte, daB diese beiden Veranderungen in kau-
salem Zusammenhange stehen, so muBte doch zur Sicherung dieser An-
nahme eine wesentliche Schadigung des Vasomotorenapparates
ausgeschlossen werden. Dies gelang durch einige Versuche, in welchen
die Injektion erst nach der Isolierung des Herz-Lungenkreis-
laufs nach Hering vorgenommen wurde und in welchen es sich
zeigte, daB der Verlauf der Giftwirkung stets stark beschleunigt war;
erkiart wird dieser raschere Verlauf durch die infolge der Einschrankung
des Strom gebiets relativ grQBere Konzentration des im Blute kreisenden
Giftes. Da nun bei der Isolierung des Herz-Lungenkreislaufs nicht nur
die Aorta, sondern auch alle Hirnarterien abgesperrt wurden, das Gift
also nicht ins Zentralnervensystem gelangen konnte, so ist damit zugleich
erwiesen, daB dieses letztere an der Vergiftung keinen wesentlichen An¬
ted hat.
Die Annahme, daB die Giftwirkung unserer Vibrionenkultur in erster
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Rothberger, Ueber ein akut wirkendea Bakterientozin.
169
Linie das Herz betreffe, wurde endlich dadurch zur Gewifiheit erhoben, daB
aUe jene Eingriffe, welche bei intaktem Herzen eine Steigerung des
stark gesunkenen Druckes zur Folge haben, bier fast wirkungslos waren.
Die Kompression der Aorta descendens, insbesondere aber die Kontrak-
tion der peripheren Gef&Be nach Injektion von Adrenalin ergaben nur
scbwache, allmfihlich sich entwickelnde Drucksteigerungen, ja ich konnte
sogar in einem Falle ein Herz durch Kompression des Unterleibes zum
Stillstand bringen — ein Zeichen hochgradiger Sohadigung des Herzens,
welcbes den dnrcb den vermehrten BlutzufluB erhflhten Anforderungen
nicht mebr gewacbsen war nnd in maximaler Blahnng seine Tatigkeit
einstellte.
War somit die Herzwirknng des Vibrionengiftes Qber jeden Zweifel
sichergestellt, so war doch noch die Frage zu beantworten, welcher Natur
diese Giftwirkung sei. Hier lenkte nun vor allem die oft eintretende
Bescblennigung der Blntgerinnung meine Anfmerksamkeit auf
sich. Dieselbe ist in den entsprechenden Fallen so in die Augen
springend, dafi eine Tanschung ausgeschlossen ist. Ich habe zu wieder-
holten Malen schon wenige Minuten nach der Injektion der Knltur die
in die Carotis eingebundene Kanflle mit einem festen Gerinnsel ausge-
gossen gefunden und in mehreren Fallen beobachtet, daB das Herz,
welches sofort post mortem erQffnet wnrde, in beiden Abteilungen mit
Gerinnseln vollstandig ausgefflllt war, was besonders fflr das linke Herz
einen ganz auffallenden Befund darstellt. Da es nun nahelag, diese
Beschleunignng der Blutgerinnung, welche zeitlich mit dem Sinken des
Blutdrucks zusammenfiel, mit der letalen Giftwirkung der Kultnr in
Znsammenhang zu bringen, so habe ich auch an Hunden nach voran-
gehender Peptoninjektion Versuche angestellt: diese letzteren sowie die
Erfahrung, daB man in der Oberwiegenden Mehrzahl der Falle sofort post
mortem flflssiges Blut im Herzen vorfindet, schienen nun der Beschleunigung
der Blutgerinnung jede Bedeutung fflr den letalen Verlauf zu nehmen.
Doch zeigte die mikroskopische Untersuchung des Blutes,
daB auch in Fallen, wo keine Beschleunigung der Gerinnung zu beob-
achten war, Veranderungen an den Erythrocyten auftreten kdnnen, welche
als Vorstufen der Hamolyse aufzufassen sind. Man sieht, bei Hunde-
hflufiger als bei Kaninchenblut, mitten im normalen Blute hyalin aus-
sehende Schollen schwimmen, welche aus zusammengebackenen roten
Blutkorperchen bestehen, deren Konturen meist nicht mehr deutlich
sichtbar sind. Tatsachlich hat ja auch Kraus festgestellt, daB der Vi¬
brio Nasik ein Hamolysin bilde, und es ist begreiflich, daB die Pepton¬
injektion, welche die Gerinnung des Blutes verhindert, der Agglutination
nicht vorbeugen konnte, da die hier in Frage kommenden Vorgange ja
ganz anderer Art sind. AuBer diesen Beobachtungen wiesen aber auch
andere Befunde auf die Bedeutung von Blutveranderungen hin: So
findet man recht haufig streifenfflrmige Blutungen im Herzmuskel sowie
unter dem Endocard, dann auch hamorrhagische Infarkte der Lunge.
Diese offenbar sekundar durch die Veranderungen des Blutes bedingten
Vorgange im Gewebe brauchen zu ihrer Entstehung eine gewisse Zeit
nnd finden sich daher meist nicht in den rapid in wenigen Minuten ver-
laufenden Fallen. Es war nun nicht unwahrscheinlich, daB das in seinen
morphologischen Elementen geschadigte Blut die Lungenkapillaren ver-
stopfen und so auf rein mechanische Weise durch enorme Erhflhung der
WiderstBnde im kleinen Kreislauf eine Lahmung des Herzens herbei-
fflhren konnte. Dafflr sprach ja auch die Beobachtung des blofiliegen-
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170 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2.
den Herzens, welche zeigte, daB fast immer das rechte Herz frflher ge-
blfiht wurde als das linke; das zu gleicher Zeit eintretende unaufhalt-
same Sinken des Blutdrucks konnte auf den verminderten Zuflufi zum
linken Herzen zurflckgefdhrt werden.
Ich schritt daher zur histologischen Untersnchung der
Langen. Dieselbe zeigte vor allem, daB in den rasch verlaufenden
Fallen das Lungengewebe wenig ver&ndert war; die Alveolen lufthaltig,
mancbmal nur spfirliche Gerinnsel und wenig abgesto&ene Epithelien
enthaltend. Bei einigen Prfiparaten fiel hochgradige Hyperfimie anf, so
dafi selbst die Kapillaren stark gefflllt erschienen, dabei waren die
Arterien so stark kontrahiert, daB ihr Lumen fast ganz verschwunden
war. Das in den groBeren Gef&Ben befindliche Blut zeigte stets deut-
liche Veranderungen; dieselben betrafen hauptsfichlich die Erythrocyten,
welche stellenweise derart zu homogenen Massen verquollen waren, dafi
man ibre Konturen nicht unterscheiden konnte. In einem Falle sah
man nur ganz ausnahmsweise deutlich erhaltene rote Blutkdrpercheu.
AuBerdem finden sich in den grOBeren GefaBen neben fadigen Fibrin-
gerinnseln fast immer kdrnig kriimelige Massen, welche einen grofien
Teil des GefaBinhaltes bilden und oft das Erkennen der nocb erhaltenen
roten Blutkorpercben verhindern.
Charakteristisch ist an diesen Blut veranderungen jedoch nur die
Verquellung der roten Blutkdrperchen zu ganz homogenen Schollen,
welche oft den ganzen Geffifiquerschnitt ausfflllen (globulSse Thrombose).
Die Schrumpfung der roten Blutkdrperchen sowie das Ausfallen der
kbrnig-krflmeligen Massen neben den fadigen Fibringerinnseln findet sich
auch nach anderen Todesarten und kann daher nicht als charakteristisch
angesehen werden.
Ferner habe ich die Kultur in die Carotis herzwarts in-
jiziert, so daB sie, mit dem Aortenblute gemischt, vor allem die
Kapillaren des grofien Kreislaufs zu passieren hatte. Ich nahm dabei
an, dafi die im stromenden Blute gebildeten Schollen in den Kapillaren
stecken bleiben wfirden, und dafi das Tier am Leben bleiben mttfite,
wenn wirklich nur die Hfiufung der hyalinen Schollen in den Lungen-
gef&Ben die Ursache des Todes wfire. Das Tier ist aber trotzdem nach
50 Minuten gestorben; diese VerzSgerung des Todes ist wohl dem Um-
stande zuzuschreiben, daB das Gift in gr68erer Verdunnung zur Wirkung
kam, da es mit dem gesamten Blute gemischt war, wfihrend bei der
Injektion in die rechte Jugularis das Gift in viel grdfierer Konzentration
direkt in das Herz gelangt. Die histologische Untersuchuug der Lunge
zeigt denselben Befund wie die der anderen Tiere.
Gegen die kausale Bedeutung der Blutverfinderungen sprichl ferner
der Umstand, daB sie bei Tieren, welche in akuter Weise dem Gifte er-
legen sind, auch vermifit werden kbnnen.
Urn aber die Frage von der Bedeutung der Blutverfinderungen
sicher zu entscheiden, habe ich Versuche am Bberlebenden
Katzenherzen gemacht, welches mit Lockescher LSsung (0,03 Proz.
NaHC0 3 , 0,042 Proz. KC1, 0,024 Proz. CaCl„ 0,9 Proz. NaCl, 1 Proz.
Dextrose) gespeist wurde. Trat auch hier, ohne Blut, die Giftwirkung
zutage, so mufite wohl angenommen werden, dafi die Blutverfinderungen
bei der letalen Wirkung der Kultur nicht die Hauptrolle spielen.
In die Aorta wird nach Ligatur der Kopfgeffifie herzwfirts eine Ka-
nfile eingebunden; in diese tritt unter konstantem Druck von 100 mm
Hg die DurchspQlungsfKlssigkeit ein; dabei werden die Semilunarklappen
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Rothberger, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
171
gestellt, die Fltissigkeit gelangt so nicht in den Ventrikel, sondern durch-
strfimt die KoronargefftBe und fliefit aus dem rechten Vorhof nach auBen.
Den konstanten Druck liefert eine mit einem Reduktionsventil versehene
SauerstofFbombe, die Fltissigkeit wird also vor ihrem Eintritt in das
Herz konstant von Sauerstoff durchstrdmt. Die Temperatnr wird kon-
stant auf 37—38° gehalten. Es wird nun zuerst das Herz reichlich mit
reiner Lockescher Losung durchspQlt und auf diese Weise grflndlich
von den zurflckgebliebenen Blutresten befreit. Dann wird die mit der
Bouillonkultur des Vibrio beschickte Locke-LOsung durch das Herz
geleitet, und zwar werden 4—8 ccm einer 8—10-tSgigen Bouillonkultur
mit 500 ccm der SalzlQsung verdQnnL Die Wirkung des Giftes
war stets eine prompte: Schon ‘/a—1 Minute nach Beginn der
Durchstrdmung wurden die Kontraktionen des Herzens kleiner und
dstierten bald ganz, meist noch bevor die ganze Giftmenge das Herz
passiert hatte. Zugleich mit der Abnahme der Schlaghohe erfolgte eine
deutliche Tonusherabsetzung, das Herz wurde schlaff. NacbtrSgliche-
Durchleitung reiner Locke- Ldsung vermochte im allgemeinen nicht das
Herz wieder zum Schlagen zu bringen, dagegen konnten fast immer
durch Si8tieren jeglichen Durchflusses krSftige und regelm&Bige, aller-
dings nicht lange anhaltende Kontraktionen ausgelfist werden, welche bei
neuerlicher DurchspQlung selbst mit reiner Locke-Ldsung sofort wieder
aufhdrten. Ihr Auftreten ist wohl auf einen der An&mie analogen Reiz
zurQckzufQhren.
Sterile Bouillon, in derselben Menge und Verdunnung durch
das Herz geleitet, bleibt entweder ganz wirkungslos oder ftthrt zu einer
Herabsetzung der Schlaghdhe, welche bei nachheriger DurchspQlung mit
reiner Locke-Losung wieder ihre frQhere H6he erreicht. Wenn das
einmal durchgeflossene Locke-Bouillongemisch zu wiederholten Malen
durch das Herz geleitet wird, so kann es endlich auch unter fort-
schreitender Abnahme der SchlagintensiULt zum Herztode kommen.
Wenn es sich somit auch zeigt, daB die sterile Bouillon nicht ganz
ungiftig tUr das Herz ist, so ist der Unterschied gegenQber einer toxi-
schen Kultur des Vibrio Nasik doch so auffallend, daB man an der
spezifischen Giftigkeit dieser letzteren nicht zweifeln kann.
Es liegt nun der Einwand nahe, daB die Wirkung der Bouillon¬
kultur durch ihre korpuskulQren Elemente bedingt sein kdnnte, welche
rein mechanisch durch Verstopfung der Kapillaren der KranzgefQBe zum
Stillstand des Herzens fQhren. Dagegen spricht jedoch der Umstand,
daB die Kultur in einem Falle ganz wirkungslos war; die nach dem
Versuche vorgenommene Injektion einer vorher entnommenen Probe des
betreffenden BouillonrQhrchens ergab, daB die Kultur auch fQr Kanin-
chen bei intravenSser Injektion unschQdlich war. Wahrscheinlich war
diese Kultur verunreinigt Zur Verstopfung der Herzkapillaren hatte
sie jedoch ebenso Veranlassung geben mQssen wie die wirksame Kultur.
Aufierdem habe ich Versuche gemacht, in welchen ich 7—8-tfigige
Coli-Bouillonkulturen durch das Herz leitete, und hier nie andere
Folgen gesehen, als sie auch nach Verwendung steriler Bouillon zur
Beobachtung gelangen. Wir kQnnen somit sicher sagen, daB
das Toxin des Vibrio Nasik ein Herzgift ist.
Ich mOchte daher das Resultat meiner Untersuchungen dahin zu-
sammenfassen, daB das Toxin des Vibrio Nasik den Organismus des
WarmblQter8 in verschiedener Weise schadigt:
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172 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
1) l&hmt es das Herz and fflhrt auf diese Weise schon nach wenigen
Minuten zam Tode;
2) ver&ndert es das Blut, indem es
a) (lessen Gerinnbarkeit erhdht, und
b) zu einer hochgradigen Verio derung der roten Blutkdrperchen
fQhrt, welche teils ibre Farbbarkeit verlieren nnd daher als Schatten
in den Gef&fien erscheinen, teils zu homogenen Schollen verquellen,
welche die Konturen der einzelnen Blutkdrperchen nicht mebr er-
kennen lassen. Diese Schollen sind nicht nnr in Proben des zir-
knlierenden Blutes, sondern auch insbesondere in Schnittpraparaten
der Lunge nachzuweisen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen
den Veranderungen des Blutes und dem Tode der Versuchstiere
ist nicht immer nachweisbar; dagegen wird man wohl die Bln-
tungen im Myocard und unter dem Endocard sowie die h&mor-
rhagischen Infarkte der Lunge auf sie zu beziehen haben.
3) Die dem Vibrio Nasik wie vielen anderen choleraahnlichen
Vibrionen zukommende Darmwirkung stehtin keinem Zusammenhang
mit der tddlichen Wirkung des Toxins.
Von atypisch verlaufenden Fallen erwahne ich nur die folgenden:
Kaninchen 11. 600 g. Liegt 50 Minuten nach der Injektion von
1 ccm 12-tagiger Bouillonkultur platt auf dem Bauche mit nach hinten
gestreckten Hinterextremitaten. Nach einer weiteren halben Stunde
sucht das Tier auf den Vorderextremitaten fortzukriechen und zieht
dabei den HinterkOrper nach. Nach einer weiteren halben Stunde ganz
normal. Tod 50 1 / 2 Stunden nach der Injektion.
Kaninchen 15. 1000 g (am Kymographion). 23 Minuten nach der
Injektion von 2 ccm 14-tagiger Bouillonkultur wird die Atmung pldtzlich
hdchst unregelmafiig und selten, der Blutdruck steigt bei starker Puls-
verlangsamung, dann treten Krampfe auf, die Atmung hflrt auf und der
Druck sinkt tief ab. Nun werden beide Vagi durchschnilten und die
kQnstliche Atmung eingeleitet, worauf sich der Druck wieder hebt und
die Spontanatmung wieder beginnt. Der Versuch wird nach einer Stunde
bei ausreichender Spontanatmung abgebrochen.
Kaninchen 22. 900 g (am Kymographion). 28 Minuten nach der
Injektion von 1 ccm Bouillonkultur beginnt pldtzlich starke DyspnoS
bei rasch abnehmender Tiefe der Atemzilge, der Tod erfolgt wenige
Minuten darauf. Der Blutdruck bleibt unver&ndert bis zum Eintritt der
Dyspnod, zeigt dann grdBere Schwankungen und sinkt erst nach
Sistieren der Atmung zur Abscisse ab.
Der erste der angeftihrten Ffille legt den Gedanken an eine Em¬
bolic ins RQckenmark nahe, in den beiden anderen besteht eine deut-
liche prim&re Wirkung auf die Respiration, indem bei Kaninchen 15 die
kQnstliche Atmung lebensrettend wirkte, was sonst nie zu beobachten
war, w&hrend bei Kaninchen 22 die Herzaktion ungewdhnlich lange den
Respirationsstillstand Qberdauerte.
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Klein, Ueber einen neuen tierpathogenen Vibrio — Vibrio cardii.
173
Nachdruck verboUn.
Ueber einen nenen tierpathogenen Vibrio — Vibrio cardii.
Von £. Klein in London.
W ah rend einer Reihe von Analysen fiber die Bakterien der Bivalven
(Anstern und Muscheln) habe ich in mehreren Fallen mittels des Dri-
galski-Conradischen Nfihragars die auf diesem Nahrboden auf-
kommenden blauen Kolonieen als Vibrionen erkannt, und kann ich die
Angaben von Hirschbruch nnd Schwer (dieses Centralblatt, Band
XXXIV. No. 6. p. 589, und Band XXXVI, No. 1. p. 144) fiber den
hoben Wert des Drigalski-Conradi-Nfihragars zur Isolierung der
Vibrionen im allgemeinen bestfitigen. Die Vibrionen, die ich aus Muschel-
tieren auf diese Weise isolierte — ich benutze den Nfihragar genau nach
der Drigalski-Conradi schen Formel — gehfiren zwei verschiedenen
Arten an:
1) Ein die Gelatine nicht verflfissigender, nicht pathogener Vibiro:
Deutliche Kommaformen, S-Formen und kurze Spirillen, ausgesprochen
beweglich, 1—3 Geifieln an einem Ende. Auf der Gelatine bildet er
eine durchscheinende Auflagerung; im Peptonsalzwasser ist das Wachstura
beschrfinkt und langsam, nach mehreren Tagen kein Oberflfichenhautchen,
kein Nitroso - Indol. Dieser Vibrio bildet runde kleine, himmelblaue
Kolonieen auf dem Drigalski-Conradi-Nfihragar, und wurde der-
selbe einmal aus einer Muschel — Mytilus myosus, mehrere Male aus
Kloakenjauche, zweimal aus den in beschmutztem Seewasser gelegenen
Austern isoliert.
2) Aus einer Herzmuschel — Cardium edule , wurde ein Vibrio
isoliert, der die Gelatine verflfissigt; in dieser Ffihigkeit halt er ungefahr
die Mitte zwischen dem Vibrio cholerae und dem Vibrio Finkler,
nahert sich dem ersteren mehr als dem letzteren, auch ist die verflfissigte
Gelatine weniger trfibe als beim letzteren. Die Stichgelatine zeigt die-
selbe trichterffirmige Einziehung wie beim Choleravibrio. Die
Kolonieen auf dem Drigalski-Conradi-Nfihragar sind blau, rund-
lich, im Centrum erhaben, flach am Rande also konisch; wo sie spfirlich
gelagert sind, erreichen sie in 2—3 Tagen den Durchmesser von mehreren
Millimetern. Die eine solche Kolonie zusammensetzenden Individuen
sind gut kommafdrmig, manche S-Formen und kurze Spirillen, sind etwas
kleiner als die Choleravibrionen. In den meisten anderen Nfihrmedien:
Gelatine, gewohnlicher Nfihragar, Bouillon, Peptonsalzwasser, Blutserum
sind die Vibrionen wfihrend der ersten Tage sehr klein, wenig gekrfimmt,
aufierordentlicb beweglich — 1—2 kurze Flagellen an einem Ende; spfiter
nehmen sie die typische Kommaform sowie die eines S mehr nach dem
Muster der auf dem Drigalski-Conradi-Nfihragar gewachsenen an.
Auf dem gewfihnlichen Nfihragar, auf der Gelatine und auf dem Blut¬
serum sind plankonvexe, bikonvexe und kugelige Formen reichlich vor-
handen 1 ).
1) Das Vorkommen von plankonvexen, bikonvexen und kugeligen Formen in
Kuitoren der Choleravibrionen, in manchen frischen Reiswasserstiihlen der Cholera
sowie namentlich in den auf Lein wand im feuchten Raume aufbewahrten Cholera-
schleimflocken ist von mir mehrmals wahrend der letzten 16—18 Jahre beschrieben und
abgebildet worden. Diese Formen wurden wegers ihrer Beweglichkeit und Teilungs- *
famgkeit als aktive, nicht in Degeneration bepiffene Involutionsformen angesprochen
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174
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Unser Muschelvibr.io w&chst gut in Peptonsalzwasser nod ge-
wfihnlicher N&hrbouillon, bildet nach raehreren Tagen ein unvollkommenes
H&utchen, das aus einer verfilzten Masse von wellenfSrraigen und spi-
raligen F&den besteht. Nitroso-Indol wird weder in Peptonsalzwasser
noch in N&hrbouillon gebildet. Litmusmilch wird gerdtet, doch bleibt
die Milch 8 Tage hindurch flOssig. Spfiter tritt Gerinnung ein. Er-
starrtes Blutsernm wird langsam zu einer syrupfisen braunen Masse
verflflssigt.
Subkutan ins Meerschweinchen injiziert, ruft unser Vibrio selbst
in groBen Dosen bloB lokalen Tumor hervor; intraperitoneal wirkt er
giftig, denn eine Oese einer 24—48 Stunden alten Agarkultur ins Peri¬
toneum eingespritzt, bewirkt den Tod des Tieres innerhalb 20 Stunden.
Bei der Sektion zeigt sich das Peritoneum und der D&rm stark in¬
jiziert und mit Ekchymosen besetzt. Die Peritonealhdhle enthalt viscides
trflbes Exsudat, das mit den Vibrionen dicht erfflllt ist. Der Herkunft
wegen erlaube ich mir, ffir unseren Mikroben den Namen Vibrio
cardii vorzuschlagen.
Nachdruck verboUn .
Ueber die Wirkung von Aspergillus niger und A glaucus
auf die Larven von Culei und Anopheles.
[Hygienisch-parasitologisches Institut der Universitfit Lausanne.]
Vorl&ufige Mitteilung.
Von Bruno Galli-Valerio und Jeanne Bochaz-de Jongh.
Mit 2 Figuren.
Im Laufe unserer Forschungen fiber die geeignetsten Mittel zur
Vernichtung der Larven der Culiciden befaBten wir uns auch mit Ver-
suchen mit pflanzlichen Parasiten. Indem wir aber mit B. mega¬
therium, B. subtilis, B. proteus, B. pneumoniae, Actino¬
myces chromogenes, Penicillium glaucum nur teilweise Oder
negative Resultate erzielten, konnten wir mit Aspergillus niger
und Aspergillus glaucus eine sonderbare Infektion hervorrufen,
welche sich hfiufig durch eine charakteristische Verletzung kennzeichnete.
Die Culex- und Anopheles-La.r\en wurden in kleine Wasserbehfilter
gestellt; dem darin enthaltenen Wasser mischte man Sporen von A.
niger oder A. glaucus bei, welche von Kulturen auf Rflbe herrfihrten.
Schon nach einigen Stunden sah man ein durch den Leib hindurch sich
abzeichnendes grfines oder schwarzes Band, je nachdem die gebrauchten
Sporen A. glaucus oder A. niger waren. Nach 24—48 Stunden war
dieses Band fiufierst augenscheinlich. Die Larven verloren ihr normales
Aussehen, indem sie hfiufig an Lebenskraft einzubfifien schienen. Mit
nicht infizierten Larven verglichen, sahen sie tr&ge aus, mit langsamen
und deren Formanderuog ale durch Vakuolisierung bedingt erklart. Microorganisms
and Disease, 2. Aufl. 1886; The Bacteria in Asiatic cholera, fp. 56—59, Fig. 15—19).
Kurzlich hat Almquist diesel ben Formen in Kulturen der Oholeravibrionen gesehen
* und als „neue Entwickelungsformen" beschrieben (Centralbl. f. Bakt Bd. XXXVII.
No. 1. p. 18).
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Galli-Valerio n. de Jongh, Wirkg. von A. niger u. A. glaucus auf Larven. 175
Bewegnngen. Bei der Mehrzahl der Larven aber, die mit A. niger in-
fiziert worden waren, lieB sich nach 24—48 Stunden eine eigentflmliche
Verletznng bemerken. An ihrem hinteren Ende war eine schwarze
fadenartige Verl&ngerung zu sehen, welche mehr nnd mebr wuchs, bis
sie oft die Kflrperl&nge der Larve Obertraf. Diese bot dann ein sonder-
Fig. 2. Culexlarve mit A. niger infiziert
bares Bild dar (Fig. 1 nnd 2). Die mit dieser Verl&ngerung behafteten
Larven schleppten sich mit Mflhe fort, blieben meistens auf dem Grunde
des Beh<ers, schflttelten sich, urn sich von diesem Anh&ngsel zu befreien,
nnd in der Mehrzahl der F&lle verendeten sie. In einigen F&llen hin-
gegen rifi die Verl&ngerung ab nnd einige dieser Larven konnten sich
noch weiter entwickeln und es bis zur Puppe und Bild bringen.
Wnrden diejenigen Larven mikroskopisch untersucht, welche die
fadenartige Verl&ngerung nicht aufwiesen, so wurde konstatiert, dafi das
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176
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVUL Heft 2.
grflnliche oder schw&rzliche, schon mit dem bloBen Auge bemerkbare,
schmale Band durch den Verdauungsapparat gebildet war, der fdrmlich
mit Sporen, Sporenkdpfen und auch Mycelium von Aspergillus voll-
gestopft war. H&ufig schien der Darmtraktus durch eine Reihe je einer
Anschwellung und einer Einschnfirung gebildet und erhielt so ein rosen-
kranzartiges Aussehen.
Die mikroskopische Untersuchung der mit einer Verlftngernng ver-
sehenen Larven liefi eine noch interessantere Tatsache feststellen: Diese
fadenartige Verl&ngerung war nichts anderes als der Darm; dieser war aus
der Bauchh5hle getreten und war gSnzlich mit Sporen, Sporenk5pfen
und Mycelium gefullt, welche man h&ufig aus der freien Extremit&t treten
sah, besonders wenn man das Pr¶t leicht preBte, in der Art, daB
diese Extremit&t oft leer erschien, wie es auf den Figuren zu sehen ist.
Welche Ursache ist dieser Erscheinung zuzuschreiben? Sie scheint
uns eine einfache mechanische Wirkung zu sein: Die Larven verschlucken
eine grofie Zahl Sporen, Sporenkopfe und Mycelium von Aspergillus,
der Darm wird davon verstopft, die Larven bemQhen sich, sie auszu-
stoBen, und wahrscheinlich unter der Einwirkung dieser Anstrengungen
fSngt der Darm an, hervorzustehen, um dann fast in toto herausgetrieben
zu werden. Die Tatsache, daB die Sporen und SporenkSpfe von A. niger
grdfier sind als diejenigen von A. glaucus, und folglich leichter eine
Verstopfung des Darmes zu stande bringen, kann erkl&ren, warum ob-
genannte Verletzung nur bei den mit A. niger infizierten Larven vor-
kommt
Es l&fit sich fragen, wie trotz dieser schweren Verletzung einige
Larven es zur kompletten Entwickelung bringen. Wir glauben, es handelt
sich in diesem Falle um fast vollst&ndig entwickelte Larven, welche im
Begriff stehen, sich in Puppen umzubilden. Wir untersuchten diese,
von infizierten Larven gebildeten Puppen und auch die aus diesen Puppen
entwickelten Bilder, konnten aber keine Sporen von Aspergillus
bei ihnen finden.
Wir stellten auch einen Versuch an, um die Infizierung mit A. niger
in einem 30 Liter haltenden WassertOmpel zu erzeugen, in welchem
zablreiche Culez- und Anopheles - Larven vorhanden waren. Diesem
Wasser mischten wir 2 zerstuckelte Kulturen von A. niger auf Rdbe
bei und rilhrten es ttichtig, um die Sporen m&glichst zu zerstreuen.
Schon 2 Tage darauf haben wir in diesem Tflmpel infizierte Larven
gefunden; 11 Tage sp&ter waren noch welche vorhanden und meistenteils
waren es Larven von Anopheles. Aber von der grofien Zahl Larven,
welche in dieser PfOtze enthalten waren, hatte sich nur die Minderheit
infiziert, und zwar hauptsachlich wenige CWear-Larven. Wir erneuten
dieses Experiment in einem Fasse, das eine Anzahl von Culex- und An-
opheles -Larven enthielt; wir konstatierten die Infizierung mehrerer Larven,
aber ohne die Bildung der charakteristischen Verlkngerung.
Zwei Ursachen k5nnen dem Fehlschlagen unserer zwei letzten Ex-
perimente zu Grunde liegen: 1) daB im Naturzustand die Larven reich-
liche Nahrung finden und folglich wenig geneigt sind, die Sporen von
Aspergillus anzugreifen; 2) daB es vielleicht in den Pffltzen viel
grOBerer Menge Asper gill us-Sporen bedilrfte, um gttnstige Resultate
zu erzielen, als die Menge, die wir in diesem Falle brauchten. Diese
QuantitBtsfrage f&nde ihre Bestatigung in einem von uns gemachten
Versuche, Larven dadurch zu infizieren, daB wir im gleichen BehSlter,
in welchem sie waren, lebende oder tote infizierte Larven hinzuffigten.
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Bruini, Ueber die thermophiie Mikrobenflora des menachlichen Dannkanals. X77
In den frflher nicht infizierten Larven wurden Sporen gefunden, aber
nie eine gut charakterisierte Infizierung. Wir haben vor, diese Versuche
nfichstes Jahr fortzusetzen.
Wir wollten auch konstatieren, ob etwa die Sporen von A. niger
eine schfidigende Wirkung auf Fische hat ten; zu diesem Zweck wurden
mehrere Cyprinus prasinus in einen Behaiter gestellt, dessen Wasser
reichlich Sporen von Aspergillus niger beigegeben wurden; die
Fische wiesen keine Krankheitserscheinungen auf.
Wir frugen uns auch, ob die Sporen von A. niger Oder A. glaucus
auf die erwachsenen Culiciden einwirken konnten. Zu diesem Experiment
strichen wir eine reichliche Menge Sporen auf Kirschen; diese Kirschen
wurden dann in Glaskastchen gehfingt, welche zahlreiche erwachsene
ChUex und Anopheles enthielten. Aber trotzdem diese Culiciden die
Kirschen mit Begierde aussaugten, konnten wir doch keine Infizierung
feststellen.
Diesen Experimenten gemfifi ist es also mflglich, nicht nur in vitro,
sondern auch in Pffltzen, wenngleich mit weniger Sicherheit, dnrch die
Sporen von A. niger eine fast immer tddliche Infizierung an Larven
von Culex und hauptsachlich der Anopheles -Larven zu erzeugen. Diese
Infizierung kennzeichnet sich durch eine Verstopfung des Verdauungs-
apparates mit Sporen, Sporenkdpfen, Mycelium des Aspergillus und
sehr haufig durch Extraflexio des Darmes. In seltenen Fallen kdnnen
die Larven trotz dieser Verletzung sich in Puppen umbilden, welche
nicht infizierte Bilder entwickeln.
Nachdruck verboten.
Ueber die thennophile Mikrobenflora des menschlicben
Dannkanals.
Von Dr. G. Bruini.
Mit 15 Figuren.
Fraulein Dr. Tsiklinsky hat im Marz 1903 eine sehr interessante
Arbeit fiber die thermophiie Mikrobenflora des menschlichen Darmes
verdffentlicht, was bis dahin noch nie ex professo geschehen war.
Me. Faydean und Blascall, L. Rabinowitsch, Gorini,
Schillinger, Pretti, Sames, Russell und Hastings,
Skotschko, Oprescu, Miquel, Ketzior und Laxa hatten aller-
dings schon frflher die Beschreibung einiger aus verschiedenen Mitteln,
d. h. aus dem Kot, dem Boden, dem Wasser, der Milch und der Luft
isolierten thermophilen Bakterien gegeben, doch hatte keiner von ihnen
bei Untersuchung des Kotes den obigen Standpunkt eingenommen.
Erst Fraulein Tsiklinsky hat diese Lficke ausgeffillt, ihr ver-
danken wir daher einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Darmflora.
Sie hat zu ihrem Studium 20 Sauglinge in Moskau, 18 in Paris und
8 erwachsene Personen herangezogen und deren Darmentleerung genau
geprfift und dabei, das Ergebnis der beiden Stadte vergleichend, eine
bedentende Verschiedenheit festgestellt.
Dieses sonderbare Ergebnis hat mich dazu veranlaBt, ahnlicheVer-
Ento Abt. On*. Bd. XXXVin. Heft 2. 12
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178
Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
suche auch in Turin vorzunehmen, woselbst ich 10 Kotproben von S&ug-
lingen und 10 von Erwachsenen einer n&heren Betrachtung unterzog.
Damit dann auch der Vergleich zwischen den Moskauer, Pariser und
Turiner Versnchen erleichtert werde, habe ich dieselben Untersuchungs-
verfahren angewandt wie FrSulein Tsiklinsky.
Ich site demnach die unter den grbBtmSglichen VorsichtsmaB-
regeln entnommenen Kotstoffe in einige verschiedenartige Nahrboden
(einfachen Agar, glycerinierten Agar und Glukose, einfacbe Fleischbriihe
und Laktose, Milch, Kartoffeln und geronnenes Ochsenblutserum) fassende
Rbhrchen ein.
Sobald in den Rdhrchen eine Entwickelung sich bemerkbar machte,
wurden die verschiedenen Arten in Petriscbe Schalen verbracht und
so die Reinkulturen erhalten, die ich nachstehend beschreibe.
Ich bemerke an dieser Stelle, daB ich nur nach den im Beisein von
Luft sich entwickelnden Mikroorganismen gesucht habe.
Thermophile aus dem Kote der Erwachsenen isolierte
Mikroben.
Die zu dieser Untersuchung dienenden Kotproben wurden ein und
derselben Person, aber zu verschiedenen Zeiten entnommen.
Bacillus No. 1 wurde
nur lmal isoliert Er ist ein
gerades Stabchen mit abgerun-
deten Enden, besteht nur selten
aus 2 Elementen, dagegen ge-
wdhnlich aus einem einzigen,
unregelmBBig liegenden. Seine
L&nge ist verschieden und
schwankt zwischen 4 und 5 /u,
seine Breite 0,8 /u (Fig. 1)*).
Nicht selten besitzt er ovale
Endsporen von 1,7 (i X 1,3 fi.
In den alten Kulturen bilden
sich oft lange, nicht leicht kolo-
rierbare Filamente, zuweilen
mit hellen, fast Oder ganz farb-
losen R&umen.
Er ffirbt sich mit alien
Anilinfarben und reagiert auf
Gram. Auf der Kartoffel bildet
er eine dicke, zuweilen eine
grauweiBe, an einigen Stellen auch rosarote, nicht selten auch schuppige,
trockene, nuBfarbene Patina, die dann braun wird, sich verflQssigt und
teilweise sich am Boden des Rohrchens ansetzt.
Auf dem Serum bildet er kleine, runde und weifiliche Kolonieen.
Die Milch bringt er nicht zum Gerinnen.
In Agar erzeugt er rundliche, schmutzig - weifie Kolonieen von
1—4 mm Durchmesser mit aufgequollenem Zentrum und durchsichtiger
Umfassung. Die Kolonieen flieBen leicht ineinander und bilden dabei
mit Vorliebe an nicht durchsichtigen Stellen eine ausgedehnte, unregel-
1) Die mikroekopischen Praparate entetammen im allgemeinen Bouillonkulturen.
— Zeiss, Ok. 3, Ob]. '/,* bomog. Immersion.
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Briiini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 179
mafiige, weiBliche Patina. Die Kultur gewabrt so einen marmorahnlichen
Anblick.
Die Bouillon wird gleichmaBig trtibe und hat nach einigen Tagen
einen weiBlichen Bodensatz. Dieser Bacillus entwickelt sich in alien
Medien. Bei 37° C entwickelt er sich nur mflhsam unter Form eines
feinen Taues (in Agar). Man beobachtet da viele involutive Stabchen-
formen, die sich gegen sich selbst zuriickbiegen und sich so zuweilen
sogar mit den Enden berlihren. Bei 37 0 C ein anderes Mai fibertragen,
entwickelt er sich nicht mehr. Bei 58° C nimmt er seine normalen
Kennzeichen wieder an.
Dabei ist er unbeweglich. Auf Lackmus-Milchserum erzeugt er
weder Sauren noch Alkalien. Aus den Kulturen entquillt kein Gas.
Weder dem Meerschweinchen noch der Maus gegeniiber ist er pathogen;
Qberdies absoluter Aerobe.
Bacillus No. 2 wurde 2mal isoliert, und zwar aus dem Kote eines
Erwachsenen und dem eines 6 Tage alten Kindes.
Er ist ein gerader Bacillus
mit abgerundeten Enden, der
zuweilen aus 2 Elementen
zusammengesetzt ist. Lange
2—3 j y, Breite 0,3—0,4 y (siehe
Fig. 2). In alien Kulturen
linden sich gesporte Bacillen,
in einigen sind die Sporen sehr
zahlreich. Diese Sporen sind
oval, messen 1,3 y X 0,6 bis
0,7 y , liegen fast immer zentral,
zuweilen auch in der N&he
eines Endes. Oft auch sind
sie geradezu Endsporen. Fast
niemals werden sie frei vor-
gefunden. Genannter Bacillus
f&rbt sich mit den gewohnlichen
Anilinfarben, reagiert auf
Gram und entwickelt sich in
alien Mitteln.
Auf der Kartoffel erzeugt er eine leichte blasse Ffirbung des
Mediums. Auf Serum entwickelt er feinste und unter sich getrennte
Kolonieen, die bis zu einem Durchmesser von 2 mm anwachsen. Die
Milch bringt er nicht zum Gerinnen. In Agar erzeugt er kleine runde
Kolonieen, die dann zusammenfiiefien, weiBlich werden und das ganze
Medium tlberziehen. In Bouillon bewirkt er eine starke Trflbung nebst
dfinnem H&utchen an der Oberflache, einem Ring langs der W&nde dee
Rdhrchens und Bodensatz. Bei 37 0 C langsame, sparliche Entwickelung
in Glycerinagar und Bouillon. Sparliche Erzeugung von Alkalien: 0,03 g
auf 100 g Kultur (in Soda ausgedrflckt). Der Bacillus ist tlberdies
immobil, absoluter Aerobe, entwickelt kein Gas und ist weder dem
Meerschweinchen noch der Maus gegeniiber pathogen.
Bacillus No. 3 wurde nur lmal isoliert. Er besteht aus einem
unbeweglichen, geraden Stabchen mit abgerundeten Enden, miBt 2—3 y
X 0,6—0,7 y, ahnelt dem Bacillus No. 1, ist jedoch etwas kiirzer und
dflnner. Zuweilen besitzt er ovale, Clostridium -fdrmige Sporen
von 1,4 y X 0,7 y. In alten Kulturen beobachtet man lange Filamente,
12 *
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180
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
die so aussehen, wie wenn sie aus mehreren einzelnen, durcb helle
R&ume — von der GroBe des Bacillus selbst — voneinander getrennten
Bacillen zusammengesetzt w&ren. Die F&rbung gelingt mit alien Anilin-
farben, nicht aber mit Gram.
Die Entwickelung ist, das Serum ausgenommen, auf alien Mitteln
mOglich: Auf der in der Mitte ausgehdhlten und weniger konsistenten
Kartoffel bilden sich in der Form einer feuchten und nach einigen Tagen
flttssigen Patina weifiliche Kolonieen. Die Milch gerinnt.
In Agar entwickeln sich weifiliche, fast farblose Kolonieen, die
zusamraenfliefien und der Oberflache des Mediums einen besonderen
Glanz geben und sie feucht aussehen lassen; aufierdem Niederschlag und
Trflbung des Kondensationswassers. In Bouillon tritt eine allgemeine
Trflbung auf, ein leichter Schleier an der Oberflache und Niederschlag.
Bei 37 0 C keine Entwickelung. Absoluter ASrobe. Der Bacillus erzeugt
kein Gas, aber 0,02 g Saure auf 100 g (in Schwefelsaure ausgedriickt).
Dieser Keim ist weder dem Meerschweinchen noch der Maus gegen-
flber pathogen.
Bacillus No. 4 ist nur ein einziges Mai vorgefunden worden. Er
ist gerade oder leicht gekrQmmt, isoliert und mifit 2—3 ju X 0,6 fj.
Im Innern des Bakteriums erblickt man entweder freie, 2//Xlf<
und selbst 2 ft X 1.3 /u, oder langliche, 2 n X 0,6 u messende Sporen.
Oft werden auch Filamente beobachtet, dagegen keine F&rbungsbesonder-
heit. Reagiert auf Gram.
Das Serum ausgenommen, entwickelt sich dieser Bacillus in alien
Mitteln. Auf der Kartoffel erzeugt er eine dichte, ausgedehnte, nicht
unterbrochene, nufifarbene Patina, die nach einigen Tagen flQssig wird.
Koaguliert die Milch und entwickelt sich stark im Serum.
In einfachem Agar wachst er schlecht, in Glycerin- oder Glukose-
agar produziert er weifiliche Patina, sowie einen leichten, reichlichen
Schleier auf dem nicht trdben Kondensationswasser. Auf Bouillon bildet
sich allgemeine Trflbung, kein Schleier und etwas Bodensatz.
Bei 37° C kein Wachstum; unbeweglich. Alkalierzeugung: 0,08 g
auf 100 g. Absoluter ASrobe; keine Gasentwickelung. Weder dem
Meerschweinchen noch der Maus gegenllber pathogen.
Bacillus No. 5 wurde
2mal vorgefunden. Er ist ge¬
rade, dick und kurz, zuweilen
besteht er aus 2 Elementen,
Ofters ist er auch in der Mitte
wie zusammengeschnQrt und
hat dann die Form eines kurzen
Biskuits, nicht selten sieht er
auch wie ein Coccus aus (siehe
Fig. 3). Der Bacillus ist 1,3
bis 2,6 iu lang und 0,5—1 fi
breit. In der Milch ist er
dflnner (0,4 ju), zuweilen beob¬
achtet man auch eine Spore,
aber niemals Einschnflrungen.
Er entwickelt sich in alien
Mitteln und besitzt keine Fflr-
bungsbesonderheit. Auf Gram
reagiert er.
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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 181
Auf der Kartoffel beobachtet man eine Vertiefung mit weiBlicher,
deutlich sichtbarer Patina. Auf dem Serum entwickeln sich kleine,
weiBliche Kolonieen von 2 mm Durchmesser. Die Milch gerinnt. Auf
Agar ausgedehnte, leicht weiBliche, durchsichtige Patina, die sich mit
besonderer Vorliebe da entwickelt, wo das Kondensationswasser mit dem
Mittel in Beruhrung kommt. In der Bouillon triiber, leichter Schleier
an der OberflBche und Bodensatz.
Kein Wachstum bei 37° C. Weder Alkali- noch SSureerzeugung;
unbeweglich. Keine Gasproduktion. Absoluter Aerobe. Weder dem
Meerschweinchen noch der Maus gegeniiber pathogen.
Bacillus No. 6 wurde ein
einziges Mai isoliert, besteht oft
aus 2—3 Elementen mit abge-
rundeten Enden. In der Mitte
ist er eingeschniirt und sieht wie
eine Vereinigung von 2 Kokken
aus. Ueberdies ist er eingekap-
selt (siehe Fig. 4), miBt ungefiihr
2,5 -3,5 /it X 0,4—0,5 //, besitzt
freie, ovale, 1,3 /i X 0,8 /< mes-
sende Sporen, fSrbt sich mit den
gewohnlichen Anilinfarben und
reagiert auf Gram.
Er entwickelt sich in alien
Mitteln. Auf der Kartoffel bildet
sich eine farblose, fliissige Patina,
auf dem Serum eine leichte Tru-
bung, die Milch bringt er zum
Gerinnen. In Agar erzeugt er
eine diffuse weiBliche Patina, in
der Bouillon eine Trubung und
leichten Niederschlag. Wachstum
ira Kondenswasser.
Bei 37 0 C entwickelt er sich
kraftig und gibt in Agar eine
dichte, faltige, auf die ganze
Oberfliiche des Mittels ausge¬
dehnte Patina. Der Bacillus ist
unbeweglich, erzeugt kein Gas,
ist ein absoluter Aerobe, erzeugt
ein wenig Alkali (0,04 g auf
100 g) und ist weder fiir das
Meerschweinchen noch fiir die
Maus pathogen.
Bacillus No. 7 wurde
2mal isoliert. Er ist ziemlich
groB, gerade, oft auch gewunden
oder gekrummt; oft finden sich
verschiedene Elemente reihen- Fig. 5.
weise beisammen oder in der
Form von ununterbrochenen Faden. Seine Enden sind abgerundet. Er
miBt 4—7 (i in der L&nge und 0,7—1 ft in der Breite (siehe Fig. 5).
Man beobachtet freie, ovale, 1 p. X 1«5 messende und farblose
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182 Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Sporen. Die F&rbung gelingt mit den gewdhnlichen Anilinfarbstoffen,
Qberdies reagiert er auch auf Gram.
Im Serum w&chst er nicht. Auf der Kartoffel erzeugt er runde,
weiBliche Kolonieen von 2 mm Durchmesser; zuweilen auch eine weiB-
liche, an einigen Stellen leicht rosarote Patina. Die Milch gerinnt In
Agar bewirkt er eine gelblich-weifie, gleichfOrmige Patina. Besonders
stark ist die Entwickelung dort, wo das Kondensationswasser mit dem
Mittel in Berilhrung ist.
Die Bouillon ist gleichm&Big trflbe. Bei 37 0 C keine Entwickelung.
Der Bacillus ist unbeweglich und absoluter Aerobe. Er entwickelt kein
Gas, erzeugt 0,08 g Alkali auf 100 g und ist weder ftlr das Meer-
schweinchen noch fQr die Maus pathogen.
No. 8, Streptothrix, wurde nur lmal vorgefunden. Ihre F&den
haben eine L&nge von ungef&hr 0,5 n und sind gewunden, besonders
die langen. Die kilrzeren F&den weisen oft pIQtzliche Krtimmungen nach
rQckw&rts auf; viele der F&den sind wirklich ver&stelt. Die Zweige
laufen in fast rechtem Winkel und unregelm&fiig von dem Stamm aus,
wonach auch die weitere Verzweigung keine regelm&Bigen Entfernungen
einh<. L&ngs der Ffiden bemerkt man zuweilen von einem leicht ge-
f&rbten Rande umgebene, helle R&ume, die an GrCBe denjenigen der
Sporen gleichen.
Die Dicke der F&den ist nur wenig verschieden. Es werden auch
freie, runde, mit den gewdhnlichen F&rbemitteln leicht f&rbbare Sporen
beobachtet. Die Streptothrix ist mit alien Anilinfarben f&rbbar und
reagiert auf Gram.
Auf der Kartoftel erzeugt sie eine sehr feine, gel blich-weiBe, kdrnige,
zuweilen auch orangefarbene Punktierung, dfters sieht man auch in alten
Kulturen einige weiBe Kornchen. Die zu-
erst vereinzelt auftretenden Kolonieen sehen
wie ein unregelm&Biger Haufen kleiner, im
Durchmesser */* mm betragender, brocke-
liger und leicht ldsbarer Kdrnchen aus;
sind die Kolonieen aber jung, so haften sie
dem Mittel an und sind daher vereinzelt
und in BerQhrung mit dem Mittel (siehe
die eine Kartoffel- und eine Agarkultur
darstellenden Figuren).
Besonders im einfachen Agar ent¬
wickelt sich diese Streptothrix nur
mQhsam und bildet weiBliche, kdrnige, nicht
zusammenflieBende, sondern sich Gber-
schichtende Kolonieen von ca. 1 mm Durch¬
messer. In der Bouillon entwickelt sie
sehr kleine, flockenartige, ziemlich schlecht
entwickelte Kolonieen, die sich am Boden
festsetzen und keine gleichartige weiBe
Masse bilden; das Medium bleibt klar.
Bei 37 0 C entwickelt sie sich ziemlich
stark und mit denselben Kennzeichen, er¬
zeugt kein Gas, wohl aber ein wenig S&ure
(0,04 g auf 100 g), ist unbeweglich und
weder fQr Meerschweinchen noch fQr M&use
Fig. 6. pathogen. Fig. 7.
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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 183
No. 9, Streptothrix, wurde 3mal aufgefanden. Die Kolonieen
bestehen aus langen, verzweigten, 0,4—0,6 fx messenden F&den. Die
Form dieser Ffiden uoterscheidet sich nicht von der bei Streptothrix
No. 8 beobachteten. Ihre Sporen sind rund, farblos und haben einen
Durchmesser von 0,8—1 ft. Die F&rbung gelingt mit alien Anilinfarben,
ebenso mit Gram, wobei jedoch einige F&den die Farbe verlieren.
Auf der Kartoffel nimmt sie eine weifiliche, blasse Farbe an, alte
Kulturen bilden eine kastanienfarbene, dicke Patina mit unregelm&Bigen,
mit weiBem, feinem Staube bedeckten Zonen. Die Milch gerinnt. Im
Serum linden sich Filamente. Auf Agar erhdlt man sehr eigentiimliche
Kolonieen. Die Entwickelung findet in konzentrischen Zonen statt und
nach einigen Tagen bemerkt man einige Hofe, die ahwechselnd durch-
sichtig und weiBlich sind. AuBerdem gehen
vom Zentrum das Medium durchziehende
Furchen aus, die sich leicht verzweigen und
dem ganzen ein strahlenformiges Aussehen
verleihen, was infolge der verschieden-
artigen Durchsichtigkeit der einzelnen Zo¬
nen stark ins Auge fallt (siehe Fig. 8).
Diese Kolonieen kdnnen einen Durch¬
messer von 3—4 cm erreichen. Dieser
Anblick bot sich bei den ersten Ueber- | /^ \
tragungen, spsiter verloren die Kolonieen
teilweise ihr charakteristisches Aussehen
und es fand sich nur noch eine farblose
Patina (siehe Fig. 9) mit rundlicher Ein-
fassung und einem 1—2 mm dickeren Zen¬
trum vor, deren Rand mit einem weiBen
Staube bedeckt und sehr unregelm&fiig war.
Die Kolonieen haben einen Durchmesser
von 1—l'/ g cm.
In der Bouillon entstehen vereinzelte
flockenfOrmige Kolonieen am Boden, im
Mittel selbst suspendiert, den WAnden des
ROhrchens entlang Oder an der Oberfl&che.
Ebenda nehmen sie die Form von oben
flachen und unten leicht flockenfbrmigen
Scheiben an; beim Veralten der Kolonieen
Fig. 8. n&hern sich die Scheiben bis zym Beruhren, Fig. 9.
ohne ihr weiteres Wachstum einzustellen.
So kommt es, daB ihre R&nder sich am BerQhrungspunkte in die Hbhe
richten und sich die W&nde von so und so vielen Zellen bilden, deren
Grund durch die ursprtingliche Scheibe gebildet wird. In diesem Falle
sieht die Oberfliche der Fliissigkeit gerade wie eine Membran aus, in
die kleine, wie Alveolarzellchen aussehende, teils mit weifiem Staub be-
deckte, teils farblose Zellen (siehe Fig. 10) eingesenkt sind; die Mitte
bleibt klar, die veralteten Grundkolonieen bieten sehr oft ein Aussehen
wie Detritus Oder Kristallnadeln.
Bei 37° C keine Entwickelung. Sie produziert kein Gas und ist
unbeweglich. Die Alkalierzeugung ist = 0,12 g auf 100 g. Absoluter
Aerobe und weder dem Meerschweinchen noch der Maus gegenfiber
pathogen.
Alles zosammenfassend, komme ich zu nachstehendem Ergebnis:
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXV ill. Heft 2.
1) Es wurden 9 Arten thermophiler Mikroorganismen
isoliert, 7 Bacillen und 2 Streptothricheen.
2) 4 Bacillen und 1 Streptothrix sind absolut
thermophil.
3) Alle sind absolute A6robien.
4) Alle reagieren auf Gram und sind Sporenerzeuger.
5) Alle wachsen auf Kartoffeln gut
6) Keiner ist pathogen.
7) Alle Kotproben fflhrten zur Entwickelung von Mikro¬
organismen.
Beschreibung der aus dem Kote Neugeborener
isolierten thermophilen Bakterien.
Die Kotproben wurden von gesunden, 3—8 Tage
alten Kindern geliefert und stammen aus der Entbindungs-
anstalt, dessen Direktor, Herrn Prof. Vicarelli, ich an
dieser Stelle meinen besten Dank fdr die freundliche Ab-
gabe des Materials abstatte.
Bacillus No. 10 wurde 2mal isoliert, lmal aus
6-tfi.gigem Kot, das andere Mai aus 5-tagigem. Er ist
gerade, an den Enden abgerundet, zuweilen auch gekrfimmt
und findet sich oft in Form von 5—6 Elemente enthalten-
den Schnflren vor. Seine GrbBe betrftgt 2—3 /u X 0,6 fi.
Nicht selten erscheint er unter Form von Filamenten.
Fig. io. Selten beobachtet man zentrale, ovale, 1,3 /< X 0,8 n raes-
sende Sporen, denn moistens sind sie frei.
Die F&rbung gelingt mit den gewbhnlichen Anilinfarben. Auf Gram
erfolgt Reaktion. Oefters bieten sich die Bacillen in der Mitte farblos
und an den Enden mit gut gef&rbten runden Kdrnchen dar. Zuweilen
erblickt man nur ein Ende ge-
f&rbt und nicht selten auch ein
Kdrnchen im Zentrum des Ba¬
cillen (siehe Fig. 11). Nur sehr
selten sind diese Kdrperchen
frei und bieten das Bild der
Kokken.
Er entwickelt sich auf alien
N&hrbdden, nicht aber auf dem
Serum. Auf der Kartoffel er-
zeugt er ein mit einer asch-
braunen, feuchten Patina be-
decktes Grflbchen, in der Milch
Koagulation, im Serum zahl-
reiche Bacillen und viele lange
FSden. Im Agar entsteht eine
ausgedehnte, weifiliche, fast
farblose Patina, im Konden-
sationswasser beobachtet man
11 * Entwickelung und weifilichen
Bodensatz, in der Bouillon
Trflbung des Mittels, einen gianzenden Schleier an der Oberflache, einen
dem Rdhrchen anhaftenden Rand und einen weiBen Bodensatz.
Bei 37° C entwickelt er sich und bewegt sich. Besonders die Faden
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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlicben Darmkanals. 185
haben rasche, schlangenahnliche Bewegungen. Die Alkalierzeugung ist
0,04 g auf 100 g. Keine Gasentwickelung. Absoluter Aerobe; weder
ffir Meerschweinchen noch M&use pathogen.
Bacillus No. 11 ist aus 6 Tage altem Kote isoliert worden. Be-
zOglich der Beschreibung sehe man den Bacillus No. 2 nach, dem er
vollstandig gleicht.
No. 12, Streptothrix, ist lmal aus 4 Tage altem Kot isoliert
worden, und zwar in der Form von geraden, zuweilen aus 2 Elementen
bestehenden Bacillen, oft auch in der Form von langen F&den. Diese
Bacillen sind 2,6—3,8 ft lang und 0,5 ft breit. Oefters linden sich auch
ovale, 1,3 n X 0*8 ft messende Sporen vor (siehe Fig. 12).
Bei 20 Uebertragungen be-
obachtete ich nur 3mal, und
zwar lmal auf der Kartoffel,
lmal im Agar und lmal in der
Bouillon, die Entwickelung einer
Streptothrix mit wirklich
ver&stelten, 0,2—0,6 ft dicken,
gewundenen Faden mit jungen,
immer dQnner werdenden Ver-
zweigungen des ursprQnglichen
Fadens und mit runden Sporen
von 1,3 ft Durchmesser. Die
Farbung gelingt mit alien Ani-
linfarben, auch mit Gram.
Sie entwickelt sich auf alien
Nahrbdden.
Auf der Kartoffel erzeugt
sie eine gelbliche, stellenweise
gelblich-rote, feuchte Patina, auf
dem Serum sehr kleine, farblose
Kolonieen von 1 mm Durch¬
messer, die wie Tau aussehen. Die Milch gerinnt. Im Agar entstehen
aschweiBe, runde Kolonieen mit dQnnerem, an der Peripherie durch-
sichtigem Zentrum. Die Kolonieen haben einen Durchmesser von
1—2 mm und fliellen dann zusammen. Zuweilen sind sie im Zentrum
dicker und bieten ebenda das Aussehen eines braunen Punktes dar; im
trflben Kondensationswasser ein Bodensatz. In der Bouillon zeigt sich
eine verbreitete Trtibung; nach einigen Tagen ein leichter Schleier an
der Oberflache und ein staubartiger Niederschlag am Boden und an den
Wanden des Rdhrchens.
Die Entwickelung unter Form einer Streptothrix bot dieselben
Kulturkennzeichen. Nur die Bouillon war nicht trflbe und in ihr
schwammen kleine, weiBe Flocken. Bei 37° 0 kein Wachstum. Die
Streptothrix ist unbeweglich, absoluter Aerobe. Ihre Saureproduktion
0,08 g auf 100 g. Keine Gasentwickelung. Sie ist weder fOr Meer¬
schweinchen noch far Mause pathogen. (Schlu£ folgt)
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186
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Nachdruck verboten.
Ueber eine bei Katzen aufgetretene, durch einen besonderen.
Mikroorganismus bedingte Epizootia
[Aus dem hygienischen Institute der k. Universit&t in Siena. (Direktor:
Prof. A. Sclavo.)]
Von Dr. Nello Mori, Tierarzt.
(Schlufi.)
Wirkung auf Neutralrot.
Es ist bekannt, daB einige Mikrobenarten das Neutralrot zu ent-
farben vermdgen, andere hingegen keine Wirkung auf dasselbe aus-
tlben.
Diese Eigenschaft bat man als differentialdiagnostisches Hilfsmittel
zur Unterscheidung des Bact. coli vom Typhusbacillus verwertet, das
in der Praxis in der Tat gute Dienste leistet.
A. Wolff 1 ) empfiehlt, wie folgt, zu verfahren: Einer Kultur auf ein-
fachem Oder mit Zucker versetztem Agar mischt man 1 oder 2 Tropfen
einer 1—2-proz. Neutralrotlbsung bei und giefit dann etwas Gelatine
oder Agar auf die Kultur, urn sie gegen den Sauerstoff der Luft zu
schtitzen. Hat der Keim, den man studiert, Wirkung auf diese Substanz,
so nimmt die Kultur in hdchstens 24— 48 Stunden eine charakteristische,
gelb fluoreszierende Farbe an.
Ich habe dieses diagnostiscbe Mittel h&ufig angewendet und kann
nur sagen, daB es seinem Zwecke vollstandig entspricht. Doch kommt
nach dem von Wolff angegebenen Verfahren die Entfarbung mitunter
weniger rasch und vollstandig zu stande, denn da es sich urn Bakterien
handelt, die, wie das Bact coli (besonders in mit Zucker versetztem
Nahrmittel), Gas erzeugen, bekommt der Agar leicht einen RiB oder 16st
sich von der Wand der R6hre ab, infolgedessen das Gas aus der Kultur
entweicht und die Luft in Bertihrung mit dem Neutralrot kommt, was
dessen Entfarbung zum Teil verhindert.
Eine rasche und vollstandige Entfarbung erhielt ich durch folgendes
Verfahren: Dem in der ROhre geschmolzenen Agar mischte ich 1—2
Tropfen einer sterilisierten 2-proz. NeutralrotlQsung bei, lieB ihn erkalten
und infizierte ihn mittels Einstiches. Hierauf goB ich 2—3 ccm sterilen
Paraffinols in die Rdhre, urn das Neutralrot gegen den Kontakt mit der
Luft zu schtitzen. Sobald sich Gas entwickelt, bekommt der Agar aller-
dings einen RiB, aber dieser wird durch das Paraffindl bedeckt und das
Gas entweicht in Blasen durch letzteres.
Noch bessere Resultate erhielt ich, wenn ich LSfflersche Bouillon
mit Neutralrot farbte, sie dann infizierte und Paraffindl aufgoB.
Durch diese Modifikationen konnte ich das Bact. coli vom Eberth-
schen Bacillus schon wenige Stunden nach Impfung der Rbhren difife-
renzieren.
Was den in Rede stehenden Keim anbelangt, so entfarbt er das
Neutralrot innerhalb 24 Stunden vollstandig.
1) Wolff, A. Die Differentialdiagnose des Typhusbacillus tod Bacterium coli,
auf Grand der Saurebildung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903. No. 8.
p. 645—647.)
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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic.
187
Wirkung auf oxygeniertes Wasser.
Prof. Sclavo toilte in diesem Jahre der Accademia dei Fisiocritici
in Siena die Resultate von Experimenten mit, die Dr. Giusti 1 2 ) fiber
die Zersetzong oxygenierten Wassers durch die Wirkung verschiedener
Nahrungsstoffe, verschiedener tierischer und pflanzlicher Gewebe, ver¬
schiedener Exkrete und Sekrete des tierischen Organismus und durch
Mikroorganismen ausgeffihrt hat, welche Experimente derselbe noch
fortsetzt.
Giusti hat beobachtet, dafi wenn man zu ungefS.hr 5 ccm Bouillon-
kultur der meisten Mikroorganismen 1—2 Tropfen 30-proz. Merck schen
oxygenierten Wassers zusetzt, dieselbe mehr oder weniger schnell eine
Zersetzung erfShrt, die durch sp&rliche oder reichliche Gasentwickelung
und Ansammlung der Gase in Form von Schaum an der OberflSche der
Flfissigkeit charakterisiert ist.
Diese Reaktion kann, wie leicht begreiflich, ein sehr wertvolles
Mittel zur bakteriologischen Diagnose bilden, angesichts der Tatsache,
dafi manche Keime, wie der Rotzbacillus, der Streptococcus und die
Choleravibrionen, oxygeniertes Wasser gar nicht oder in kaum merklicher
Weise zersetzen.
Derartige Versuche nahm ich auch an dem von mir isolierten Keime
vor; ich erhielt folgende Resultate:
Mischt man einer alten oder frischen Bouillonkultur 1—2 Tropfen
oxygenierten Wassers bei, so bildet sich gleich oder nach kurzer Zeit
Sauerstoff, der sich, zuweilen in grofier Menge, in Blfischen an der Ober-
flSche der Flfissigkeit ansammelt.
Filtrate von 7-tSgigen Bouillonkulturen zersetzen oxygeniertes Wasser
immer, wenn auch mit einiger Verzfigerung.
Dieses Vermdgen erhalt sich in 30 Minnten lang bei 70° gehaltenen
Filtraten unverfindert; in 30 Minuten lang bei 120° gehaltenen Filtraten
erfolgt die Sauerstoffentwickelung langsamer, nach fast 1 Stunde.
Aufsuchen des Protefnochroms Oder Tryptophans.
Vor kurzem haben Erdmann und Winternitz*) zur Differential-
diagnose einiger Bakterien eine nene Reaktion empfohlen, n&mlich die
Protelnochrom- oder Tryptophanreaktion.
Zum Aufsuchen dieses Kfirpers, der in Kulturen gewisser Mikro¬
organismen in mit 5 Proz. Pepton versetzter Bouillon mehr oder weniger
schnell anzutreffen sei, sfiuert man nach den Verff. dieselben mit Essig-
sfiure leicht an und ffigt unter Schfitteln der Rohre frisch bereitetes,
mit Chlor ges&ttigtes Wasser tropfenweise hinzu. Sind wahrnehmbare
Mengen von Protelnochrom vorhanden, so genfigen schon wenige Tropfen
Chlorwasser zur Hervorrufung einer deutlichen Rotf&rbung.
Nach diesem Verfahren forschte ich in jungen und alten Kulturen
des Typhusbacillus, des Bact. coli und meines Keimes wiederholt nach
dem Protelnochrom, erhielt aber, sowohl bei Zusatz kleiner als bei Zusatz
bedeutender Chlorwassermengen, inkonstante Resultate; so fand die Re-
1) Giusti, G., Sulla scompoeizione dell’acqua ossigenata. (Atti della R. Accademia
dei Fisiocritici in Siena. Ser. IV. Vol. XV.)
2) Erdmann u. Winternitz, Ueber das Protelnochrom, eine klinisch and bak-
teriologisch bisher nicht verwertete Farbenreaktion. (Munch, med. Wochenschr. 1903.
p. 982.)
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188
Centr&Ibl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
aktion mitunter in Bact. coli-Kulturen statt, wahrend sie in Typhus-
bacillenkulturen manchmal ausblieb.
Nach meinen Erfahrungen tnt man zur Erzielung der Rotf&rbung
besser, eine bedeutende Menge Cblorwasser auf einmal hinznzufflgen.
Eine deutlichere und konstantere Reaktion erhielt ich, wenn ich das
Chlorwasser in einer Menge von ungef8.hr 2 ccm an der Wand der
Rdhre hinabfliefien liefi, ohne diese irgendwie zu schfltteln. Das Chlor¬
wasser bleibt dann an der Oberflache der Kulturfltlssigkeit nnd anf der
Trennungsflache nimmt man bei Vorhandensein von Tryptophan einen
feinen, aber ganz deutlichen violettroten Hof wahr.
Bei diesem Verfahren gibt mein Keim schon nach 24 Stun den die
Protelnochromreaktion; in mehrere Tage alten Kulturen tritt dieselbe
rasch und ganz deutlich auf.
Bei diesem Verfahren geben auch Typhusbacillenkulturen sehr hdufig
die Farbenreaktion, die ich dagegen bei Kulturen verschiedener Bact.
c o 1 i - Exemplare nie wahrnahm.
Einlmpfung In Tiere.
Der von mir isolierte Bacillus erwies sich als virulent ftir alle Tiere,
denen ich ihn einzuimpfen Gelegenheit hatte: Meerschweinchen,
Kaninchen, Taube, weifie Maus, Katze, Igel.
Meerschweinchen. 1 ccm einer 24-stttndigen Bouillonkultur,
subkutan eingeimpft, tdtet Meerschweinchen in 18—20 Stunden, Vs ccm
in 28—48 Stunden.
Kurze Zeit nach der Impfung gewahrt man an der Impfstelle be-
dentendes ausgedehntes Oedem, das von einem konsistenteren Ring am-
geben ist; das Tier frifit nicht mehr und kauert sich zusammen.
Sp&ter hat es zerzaustes Haar, macht schwankende Bewegungen,
und aus dem Konjunktivalsack fliefit serds-schleimiger oder eiteriger
Katarrh.
(Pathologisch-anatoraischer Befund.) Haut an der Oedem-
stelle leicht zerreifibar, sero-gelatindses Exsudat mit H8morrhagieflecken
auf dem ganzen Kdrper und besonders an den Leisten- und Axillar-
drflsen; Muskeln blafi und zerreibbar.
Der Darm weist hier nnd dort subserdse Ekchymosen auf; der
Dflnndarm enthait fast nie Kot, dagegen Gas Oder fast farblose FlQssigkeit
Der Dickdarm ist gewdhnlich, besonders auf der Strecke des grofien
Grimmdarms, mit verdichteten Kotstoffen und zum Teil mit Schleim
gefQllt; manchmal enthait er aber gar keinen Kot, sondern nur schaumigen
Schleim. Die Darmschleimhaut, die blafi ist, weist keine scheinbaren
Lasionen auf.
Leber und Milz vergrdfiert, dunkelfarbig, mitunter mit hamorrhagischen
Punkten besat.
Die Niere weist makroskopisch nie Lasionen auf; die Nebennieren
dagegen erscheinen bald fast normal, bald ein wenig oder stark gerdtet
In der Harnblase ist mitunter dicker, weifier Schleim vorhanden.
Die Lunge ist leicht gerdtet; bei Einschnitt tritt flflssiges Blut aus.
Das Herz ist diastolisch und enthait ebenfalls geronnenes dunkles
Blut
Sowohl bei Meerschweinchen als bei den anderen Tieren wurden im
Blute nur wenige Bacillen angetroffen, in grdfierer Zahl in der Milz,
der Leber und den Qbrigen Organen (Lunge, Euter, Hoden), sowie in
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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic. 139
den Sekretions- und Exkretions- (Galle, Ham) und Exsudationsprodukten
(Oedem).
Kaninchen. 1 ccm einer 24-stflndigen Bouillonkultur tfltet Kanin-
chen in ungefflhr 3 Tagen.
Das Tier verliert bald alle FreBlust, weist Oedem, Konjunktival-
katarrh, schaumige DiarrhOe und zuletzt bedeutende Hypothermie auf.
Bei der Nekroskopie trifft man die gleichen anatomischen Lfisionen
wie bei Meerschweinchen an.
Im Mast- und Grimmdarm schaumiger, gelblicher Katarrh.
Tauben. Eine Taube, die mit Vs ccm einer 24-stflndigen Bouillon¬
kultur subkutan am Schenkel geimpft wurde, starb nach 6 Tagen.
Bei der Nekroskopie wurden beinahe die gleichen Lflsiouen wie bei
den yorgenannten Tieren angetroffen.
WeiBe Mfluse. Ein Tropfen einer 24-stflndigen Bouillonkultur
tdtet weiBe Mfluse in ungefflhr 48 Stunden. Der gleiche pathologisch-
anatomische Befund.
Katzen. Vs ccm einer 24-stflndigen Bouillonkultur, subkutan in-
jiziert, tfltet Katzen in 10—15 Tagen.
Die Krankheit beginnt innerhalb 24 Stunden mit einer Temperatur-
erhdhung von 2°, die bis zum 7. Tage anhfllt; dann nimmt die Ternpe-
ratur ab und wird am 10. Tage wieder normal, hernach sinkt sie immer
mehr bis zum Tode. In der Agonie konstatiert man Hypothermie von 1 °.
Wflhrend des ersten Stadiums zeigt das Tier ziemlich groBe FreB¬
lust, ist aber stark styptisch. Das Thermometer ist beim Zurflckziehen
aus dem Rectum mit dickem, flbelriechendem Schleim beschmutzt. Das
Tier weist bedeutendes, ausgedehntes, schmerzhaftes, warmes Oedem auf,
das aber nicht wie bei den erstgenannten Tieren von einem hflrteren
Ring umgeben ist; doch ist die Haut am abschflssigen Teile des Oedems
verdickt. Diese Symptome, denen sich noch Depression und Anorexic
hinzugesellen, nehmen wflhrend des zweiten Stadiums bis zum Tode zu.
Bei der Nekroskopie konstatiert man ausgedehntes Oedem, mit reich-
lichem serfls-hflmorrhagischem Exsudat; an der Oedemstelle sehr ver-
dickte harte Haut, die in ihrer Dicke seros-hflmorrhagisches Exsudat ein-
schlieBende, miteinander kommunizierende Hohlrflume enthfllt. Die Mus-
keln sind blafi und zerreibbar.
In der Bauchhflhle: Milz stark hypertrophisch, bis an die Vorscham-
gegend sich erstreckend; Leber vergrflBert, mit punktfdrmigen Hflmor-
rhagieen, Nieren und Nebennieren fast normal.
Der Dickdarm enthfllt, besonders auf der Strecke des groBen Grimm-
darmes, schokoladenfarbige, bis fast zum Rectum reichende Kotballen;
die Schleimhaut ist blafi. Das Rectum enthfllt Schleim.
Brusthdhle: Lungen leicht gerdtet. Herz diastolisch, bei der Er-
Offnung tritt blasses, flflssiges Blut aus.
Eine Katze, welcher 1 ccm einer 24-stflndigen Bouillonkultur in den
Verdauungskanal eingefflhrt worden war, wies vom 2.—6. Tage Tempe-
raturerhdhung von ungefflhr 1° und reichliche, in Entleerung schwflrz-
licher Massen bestehende Diarrhde auf; sie hatte dabei fast flbermflBige
FreBlust. In der Folge trat Verstopfung auf, die Temperatur sank all-
mflhlich bis zum Tode, der nach 17 Tagen erfolgte.
Bei der Nekroskopie wurde nichts Bemerkenswertes angetroffen,
aufier im Darm, der flhnliche Verflnderungen aufwies wie der Darm der
subkutan geimpften Katzen; im Blute und in den inneren Organen
wurden die spezifischen Bacillen nicht angetroffen.
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190
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2.
I gel. 1 ccra einer 24-st0ndigen Bouillonkultur, subkutan eingeimpft,
tdtete einen jungen Igel von 420 g Gewicht in ungeffihr 36 Stunden.
Bei der Nekroskopie konstatierte man h&morrhagisches Exsudat, das
sich von der Impfstelle auf die ttbrigen Teile des Bauches erstreckte.
Der Darm wies die gewdhnlichen anatomischen Verfinderungen anf;
Milz bypertrophisch mit hfimorrhagischen Flecken; Leber nnd Nieren
dunkelfarbig, Nebennieren stark gerdtet.
In alien Organen fanden sich Bacillen.
Immnnisatlon.
Zu den Agglntinationsversuchen, die ich vornehmen wollte, immuni-
sierte ich, urn mir ein spezifisches Serum zu bereiten, zwei grofie Kanin-
chen folgendermafien:
Kaninchen No. 1 Initialgewicht 1900 g
» . 2 - 1750 ,
Am 1. Tage injizierte ich beideD EaDinchen subkutan 1 ccm einer 24 Stunden alten,
20 Minuten lang bei 60° C gehaltenen Bouillonkultur; am 4. Tage 1 ccm einer 24 Stunden
alten, 20 Minuten lang bei 00° C gehaltenen Bouillonkultur; am 9. Tage 1 ccm einer
15 Tage alten Kultur in mit Olukose versetzter Bouillon, in welcher die Bacillen vor
einiger Zeit, infolge der Saure, die sich im Nahrmittel gebildet hatte, zu Qrunde ge-
gangen waren.
Kaninchen No. 1 Gewicht 1850 g
* ,2 „ 1760 „
Am 24. Tage injizierte ich jedem Kaninchen 1 ccm einer 24 Tage alten, 20 Minuten
lang bei 60° C gehaltenen Kultur in mit Laktose versetzter Bouillon.
Kaninchen No. 1 Gewicht 1801 g
* ,2 „ 1700 „
Am 28. Tage 2 ccm einer 10 Tage alten, 20 Minuten lang bei 60° C gehaltenen
Bouillonkultur.
Kaninchen No. 1 Gewicht 1999 g
„ „ 2 „ 1800 „
4 Tage n&ch der letzten Iujektion fand ich das Kaninchen No. 2
in der Seitenlage, mit schwerem, beschleunigtem Rippenbauchatmen.
Das Kaninchen No. 1 war etwas deprimiert und hatte eine Con¬
junctivitis catarrhalis.
Dem Kaninchen No. 2 dffnete ich unter den notwendigen Vorsichts-
mafiregeln die rechte Carotis und entnahm so viel Blut als ich konnte,
urn das Serum daraus zu sammelu.
Das Tier starb nach der Blutentziehung und ich nahm sogleich die
Nekroskopie vor.
Bauchhohle: reichliches seroses Peritonealexsudat, Koprostase be-
sonders im grofien Grimmdarm, subserSse ekchymotische Flecken. Magen
durch Gas stark ausgedehnt; sonst nichts Abnormes.
In den mikroskopischen Pr¶ten und den auf flotenschnabelfdrmig
erstarrtem Agar angelegten Kulturen erwiesen sich das Blut, das Peri¬
tonealexsudat, die Leber und Milz als steril.
Das Kaninchen No. 1 fand ich am 7. Tage nach der letzten Injektion
tot; die Augenlider waren durch serds-schleimigen Katarrh zusammen-
geklebt.
Bei der Nekroskopie wurden die gleiche Koprostase, die gleichen
subserftsen Ekchymosen im grofien Grimmdarm, das gleiche Peritoneal¬
exsudat und aufierdem auch etwas Exsudat in der Pleurahohle angetroffen.
Die inneren Organe und das Blut erwiesen sich als steril.
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Mori, (Jeber eine bei Katzen aufgetretene Epizootic.
191
Agglutination.
Zum Studium der Agglutinationserscheinungen bediente ich mich
zweier spezifischer Sera: des Serums, das ich aus dem dem Kaninchen
No. 2 entzogenen Blute gewonnen hatte und eines Antityphusserums mit
einem Agglutinierungsvermogen bis zu 1 : 10000.
Die Agglutinierungsversuche nahm ich ao dem von mir isolierten
Bacillus und an ganz frischeu Kulturen verschiedener sicherer Typhus-
bacillen- und B a c t. c o 1 i - StSmme vor, und zwar prflfte ich bei einigen
Experimenten verschieden titulierte Mischungen von Serum und Kulturen
am h&ngenden Tropfen, wfihrend ich bei anderen einige Tropfen Serum
in die KulturrOhren goB und die Agglutination nach dem in ihnen er-
folgten Niederschlag bestimmte.
Ich glaubte, vergleichshalber Versuche am Bact. coli und am
Typhusbacillus vornehmen zu miissen, weil der von mir isolierte Keim
bezfiglich einiger Merkmale eine gewisse Aehnlichkeit mit jenen Mikro-
organismen hat.
Serum vom Kaninchen No. 2. Nach 30 Minuten agglutinierte
es den Bacillus, der zur Immunisierung des Kaninchens verwendet wurde,
leicht bei 1 :500, gut bei 1 : 400, krfiftig bei 1 : 300.
Bei 1 : 100—200 erfolgte sofort Immobilisation und nach ungef&hr
1 Minute vollst&ndige charakteristische Agglutination.
Ein Tropfen Serum agglutinierte in 24 Stunden leicht 5 ccm einer
Bouillonkultur, 3 Tropfen agglutinierten sie in demselben Zeitraum fast
vollst&ndig. Zwei Bact. coli-St&mme * des Laboratoriums wurden im
h&ngenden Tropfen nicht einmal bei Mischung von Serum und Kultur
zu gleichen Teilen agglutiniert; 5 Tropfen Serum gaben in 5 ccm Kultur
gar keinen Niederschlag.
Ein anderes Bact coli des Laboratoriums wurde in Verdilnnung
1 : 10 leicht agglutiniert, in grOBeren VerdOnnungen gar nicht, und
Niederschlag fand selbst bei Zusatz von 5 Tropfen Serum zu 5 ccm
Bouillonkultur nicht statt
Zwei Typhusbacillenst&mme wurden in Verdfinnung von 1 :10 bis
1 : 20 nicht agglutiniert; 3—5 Tropfen Serum bewirkten in einer Bouillon¬
kultur in 24 Stunden keine Agglutination.
Antityphusserum. Dieses Serum bewirkte auch in Proportion
von 1 :10000 Agglutination in den Typhusbacillenkulturen.
Es agglutinierte meinen Bacillus leicht bei 1 :30, gut bei 1 : 10;
3—5 Tropfen Serum riefen in einer Bouillonkultur keinen Niederschlag
hervor.
Hftmolysln.
Ehrlich x ) war der erste, der die H&molyse durch die Stoffwechsel-
produkte des Tetanusbacillus in vitro studierte; nach ihm studierten
andere Forscher die H&molysine anderer Bakterien.
Besredka*) verOffentlichte im September 1903 einen'Artikel, in
welchem er alles, was bis dahin fiber die Bakterienh&molysine bekannt
war, zusammenfafite. Er teilt sie in Bezug auf ihr Verhalten der Hitze
gegenfiber in zwei Klassen, die thermolabilen und die thermostabilen
1) Ehrlich, Berl. klin. Wochenschr. 1898. No. 12. p. 273.
2) Beeredka, Lee h^molysines bact&iennes. (Bull, ae l’lnsti Pasteur. T. L No. 14
du 15 Septembre 1903.)
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192
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
H&molysine. Die ersteren werden durcb eine hohe Temperatur (100 bis
120°) zerstdrt, welcher dagegen die letzteren widerstehen.
Ich habe das H&molysin des von mir isolierten Bacillus bereitet and
stadiert and teile hier die Resultate meiner Untersuchungen mit:
200 ccm einer Ldfflerschen Mischung, entweder einer neutralen
oder einer in solchem Grade gesSuerten, dab 100 ccm derselben im
S&uregehalt 8 ccm einer lOfach normalen Oxals&ureldsung entsprachen *),
verteilte ich in mehrere Glaskolben, die ich nach vorgenommener Infektion
in den Brutschrank setzte; nach Verlauf einiger Zeit prflfte ich die
mittels BerkefeId-Filters erhaltenen Filtrate nach folgendem, allgemein
Qblichen Verfahren auf ihren H&molysingehalt:
Ich verteilte die zu untersuchende Filtratmenge in mehrere Gl&schen
und setzte von einer 0,85-proz. Chlornatriumldsung dem Filtrat 30 viel
zu, bis ich mit diesem zusammen 2 ccm hatte. Hierauf defibrinierte ich
Blot, zentrifugierte es, dekantierte dann das Serum und fflgte an dessen
Stelle eine gleiche Menge einer 0,85-proz. NaCl-Ldsung hinzu.
Nach wiederholter Sptilung schfittelte ich die Ablagerung in der
NaCl-Ldsung und god einen Tropfen davon in jedes der Kulturenfiltrat
enthaltenden Gl&schen.
Ich verwendete Hunde-, Rinder-, Meerschweinchen-, Kaninchen-
und Hflhnerblut.
Das mit anf&nglich nentraler Bouillon bereitete H&molysin hat bei-
nahe das gleiche Verm5gen wie das mit saurer Bouillon bereitete; das
eine und das andere werden bald alkalisch.
Die Filtrate von 2 Tage alten Kulturen haben kein h&molytisches
Vermogen, wenigstens nicht den Erythrocyten vom Hunde, Rind, Kanin-
chen, Meerschweinchen und Huhn gegenflber, an welchen ich sie prflfte.
Die Filtrate von 6 Tage alten Kulturen dagegen enthalten ein H&mo¬
lysin, das Hundeblut gegenflber ziemlich wirksam ist, aber auf Kaninchen-
blut nur wenig und auf Rinder- und Hflhnerblut gar keine Wirkung hat.
In den nachstehenden Tabellen habe ich den h&molytischen Grad
dieser Filtrate angegeben: — bedeutet, dafi H&molyse gar nicht vor-
handen ist,-h dab nur geringe Spuren bestehen, dab das von den
Blutkdrperchen diffundierte H&moglobin nur die unteren Schichten der
Flflssigkeitss&ule f&rbt, 2+ bedeutet Diffusion von H&moglobin in der
ganzen Flflssigkeit, aber mit Ansammlung der Blutkdrperchen am Boden
der Rohre, 3 + dafi die Flflssigkeit rot ist, aber am Boden der Rdhre
Blutkdrperchenstromata sich abgelagert haben, 4 + bedeutet vollst&ndige
H&molyse.
I. Defibriniertes Hundeblut.
Filtrat von 6 Tage alter Kultur
in neutraler Bouillon
in saurer Bouillon
J / 10 ccm +
-h
V 4 „ 2 +
2+
Kontrollrohre
V, » 4+
3+
n
1 „
4+
1) Kayser, (Zeitachr. f. Hyg. Bd. L 1903. p. 118—138) hat beobachtet, dafi
Cholyain our in diesen Sauregrad beeitzender Bouillon aich bildet.
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Mori, Ueber eine bei Katzen aufgetretene Epizootie. 193
II. Defibriniertes Kanin chenblut.
Filtrat von 6 Tage alter Kultur
in neutraler Bouillon
in saurer Bouillon
V,. ccm —
_
V« „ +-
—
Kontrollrohre
V* » +
+—
91
1 „ 2+
+
III. Defibriniertes Uundeblut.
Filtrat von 6 Tage alter Kultur,
30 Minuten lang Dei 60 0 erwfirmt
in neutraler Bouillon
in saurer Bouillon
‘/io ccm —
^ . 1
V. * +-
+—
Kontrollrohre
V, .. +
+
91
1 „ 2+
2+
IV. Defibriniertes Hundeblut.
Filtrat von 6 Tage alter Kultur,
30 Minuten lang bei 120° gehalten
in neutraler Bouillon
in saurer Bouillon
7, o ccm +
+
l U » 3+
3+
Kontrollrohre
V, „ 4+
1 If
4+
Dieses Hftmolysin gehdrt also zur Klasse der thermostabilen, denn
sein h&molytisches VerraOgen wird durch 30 Minuten langes Verweilen
im Thermostat bei 120° nicht beeintrSchtigt. Aus den Tabellen geht
jedoch etwas hervor, was paradox scheint, und was ich nicht zu erklaren
wflCte, nSmlich dad das h&molytische Vermogen des Filtrats bei 60° eine
AbschwSchung erf&hrt, bei 120° dagegen unver&ndert bleibt
Toxin.
Wie ich bereits bemerkte, gingen die Kaninchen, die ich zur Ge-
winnung eines spezifischen Serums zwecks Studiums der Agglutinations-
erscheinungen immunisierte, 28 Tage nach subkutaner Injektion von nur
6 ccm abgetdteter Kulturen verschiedenen Alters zu Grunde; aucb be-
schrieb ich bereits die bei den Kaninchen wahrend des Lebens auf-
getretenen Symptome sowie die bei der Nekroskopie konstatierten Ver-
ftnderungen, die in reichlichem serdsen Peritoneal- (bei einem Tiere auch
in Pleural-) Exsudat und subserdsen ekchymotischen Flecken, besonders
am groBen Grimmdarm, bestanden.
In der Folge habe ich einigen Kaninchen ein Filtrat in die Venen
injiziert, das ich aus einer 20 Tage lang im Thermostat gelassenen
Kultur erhalten hatte: 1 ccm dieses Filtrats rief bei einem Kaninchen
von 1500 g Gewicht nach 5—6 Tagen den Tod hervor; die Tiere, denen
ich Vi ccm injizierte, blieben entweder am Leben oder gingen erst nach
etwa 20 Tagen zu Grunde.
Die Tiere wurden nach der Injektion traurig, frafien wenig, hielten
die Augenlider halb geschlossen, die in der Folge ein serds-schleimiges
Snte Abt. On*. Bd. xxxvm. Heft 2. 13
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194
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Oder schleimig-eiteriges katarrhalisches Sekret absonderten; anfangs ent-
leerten sie hellen, etwas gl&nzenden Kot, aber 1—2 Tage vor dem Tode
hatte dieser nicht mehr Kugelform, sondern trat cylindrisch gestaltet
aus dem Rectum.
Bei der Nekroskopie wurdeu die gleichen Ver&n derun gen angetroffen,
wie bei den beiden Kaninchen, die der Immunisation unterworfen worden
waren.
Abschw&chung.
Vor kurzem wollte ich feststellen, ob der Keim, der ungef&hr
5 Monate lang in Agar als Saprophyt gelebt hatte, und w&hrend dieser
Zeit im Dunkeln bei etwa 20° gehalten worden war, nichts von seiner
Virulenz eingebiiBt babe.
Ich Qbertrug ihn zu diesem Zwecke in Bouillon und injizierte
jungen Meerschweinchen 1 ccm einer 24-stQndigen Kultur.
Das Resultat war, dafi die Meerschweinchen nicht mehr, wie es bei
den ersten Experimenten geschah, in 18—20 Stunden, sondern erst nach
3—5 Tagen zu Grunde gingen.
Dies tut dar, dad der Keim durch Weiterzflchtung auf einem kflnst-
lichen N&hrboden eine Abschwfichung in seiner Virulenz erfahren hat.
* *
*
So viele Nachforschungen ich auch in Btlchern und wissenschaft-
lichen Journalen machte, fand ich doch nichts, was auf einen Bacillus
hindeutete, der sich mit dem hier von mir beschriebenen identifizieren
lieBe. Ich halte ihn deshalb fflr eine neue Species und habe ihm, zu
seiner Charakterisierung, mit Bezug auf das Tier, von welchem ich ihn
in Reinkultur erhielt, den Namen Bacillus caticida gegeben.
* *
♦
Den Herren Proff. Sclavo und Ottolenghi, die mir bei vor-
liegender Arbeit mit Rat und Tat an die Hand gingen, sage ich meinen
aufrichtigsten Dank.
Nachdruck verboten.
Weitere Untersuchungen zur Kenntnis der Symptome und
Prophylaxe der experimentellen Lyssa,
[Mitteilung aus dem Institute fflr allgemeine Pathologie und Therapie
der kdnigl. ungar. Franz -Josef-Universit&t Kolozsv&r
(Direktor: Dr. Josef v. L6te, o. 6. Prof.)]
Von Dr. Daniel Konr&di, Assistenten.
In einer vorlfiufigen Mitteilung 1 ) berichtete ich flber Untersuchungen,
die den Zweck hatten, experimented zu erforschen, ob es nicht gelingen
wflrde, mit lokaler Behandlung, die in kurzer Zeit nach der Infektion
folgt, den Ausbruch der Lyssa zu verhindern.
1) Gentralbl. 1 Bakt. Abt L Orig. Bd. XXXHI. 1903.
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Konrddi, Weitere Untersuchungen zur Kenntnis der experimentellen Lyssa. 195
Die Untersuchungen, in denen beabsichtigt wurde, die Verhaltnisse .
der natilrlichen Infektion experimentell nachzuahmen, wurden folgender-
mafien geordnet:
Es wurde die Ohrspeicheldrfkse eines an experimenteller Wut ein-
gegangenen Hundes unter alien Kautelen zerschnitten, mit wenig 0,6-proz.
NaCl-Losung zerrieben und dann durch ein Tuch gepreBt. Mit diesem
Saft wurden die Versuchstiere infiziert.
Nach Abrasieren der Haare wurde die Haut des Oberschenkels ohne
vorlSufige Desinfektion skarifiziert, wobei dafflr gesorgt wurde, daB an
der Skarifikationsstelle kein Blut hervorquoll. Es wurde ein in Speichel-
drflsensaft getauchter Pinsel einmal fiber die Infektionsstelle gestrichen,
dann nach bestimmter Zeit mit 1-prom. Sublimatldsung gut ausgewaschen,
schliefilich nach der grflndlichen Desinfektion mit einem Verband ver-
sehen.
Im ganzen wurden 13 Kaninchen in der beschriebenen Weise in¬
fiziert, wovon 3 zur Kontrolle blieben, da sie gar nicht behandelt wurden.
Die behandelten Tiere blieben am Leben, die nicht behandelten
gin gen an typischer Wut ein.
Es war bei alien 3 Kontrolltieren sowohl die Dauer der Inkubation
als auch die des Stadium morbi auffallend lang. Das Stadium incu-
bationis dauerte 174, 177 bezw. 289, das Stadium morbi 12, 24 resp.
40 Tage.
Damals zog ich den praktischen Schlufi, daB es auch beim Menschen
gelingen wttrde, im Falle kleinerer Verletzungen mit einer innerhalb
10 Minuten unternommenen Lokalbehandlung den Aus-
bruch der Wutkrankheit zu verhindern, was in der Praxis,
besonders bei Laboratoriumsinfektionen, von der grfiBten Bedeutung sein
dflrfte.
Aus diesem Grunde wurden die Untersuchungen in derselben Weise
wie zuerst fortgesetzt, urn die Zeit zu erforschen, binnen welcher mit
einer Lokalbehandlung Erfolg erreicht werden kdnnte.
Die Versuche zerfallen in 2 Gruppen. In der I. Untersuchungs-
reihe wurde die Haut des Oberschenkels, in der II. die Nasenspitze
skarifiziert und nach der Infektion lokal behandelt.
I.
Am Oberschenkel wurden 23 Kaninchen infiziert am 25. November
1902. Diese sind in der folgenden Tabelle angefflhrt
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daB die Infektionsstelle des Kanin-
chens No. I nach 11, die des No. II, III—XX nach 12, 13—30 Minuten
lokal behandelt wurde. Kaninchen No. XXI und XXII blieben zur
Kontrolle, sie wurden nicht behandelt. Das Kaninchen No. XXIII wurde
subdural geimpft und ging nach 12 Tagen an typischer Wut ein, womit
ich mich fiber die Reinheit des Infektionsstofifes nicht nur durch Aus-
saaten auf Agar-Agar, sondern auch durch das Tierexperiment flberzeugen
konnte. Dieses Experiment zeigt auch die Virulenz des Virus, das zur
Infektion diente.
Ich muB auch zugleich bemerken, daB diese Tiere an einem sepa-
raten Orte lebten, wo andere nicht hinkommen konnten, und daB alle
mit einem sicher kennbaren Zeichen versehen waren.
Die Infektionsstelle heilte bei alien Tieren ohne eine fremde In¬
fektion, die Haare wuchsen wieder und sie ffihlten sich so wie die ge-
sunden.
13*
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196
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
TabeUe I.
Nummer des
Kaninchen*
Korpergewicht
(Gramm)
Zeit der Lokal-
beh&ndlung
Besultat
a
i
1900
nach 11 Minuten
Bleibt am Leben
ii
2100
77
12
77
77
77
77
in
1700
77
13
77
t an
Wut nach 465 Tagen
IV
1400
77
14
77
Bleibt
am
Leben
V
2000
U
15
77
77
>i
77
VI
1600
77
16
77
77
77
VII
2700
77
17
77
77
77
77
VIII
2900
77
18
77
77
77
7>
IX
2300
77
19
77
77
77
77
X
1500
77
20
77
77
77
77
XI
1900
77
21
77
77
77
77
XII
2400
77
22
77
77
77
XIII
1800
77
23
77
77
7/
77
XIV
2200
77
24
77
77
77
77
XV
1700
77
25
77
77
77
77
XVI
1400
77
26
77
77
77
77
XVII
1900
77
27
77
77
77
77
XVIII
1300
77
28
77
77
)7
77
XIX
1500
77
29
77
77
77
77
XX
1500
77
30
77
77
77
77
XXI
1600
Kontrolltier
t an
Wut nach 412 Tagen
XXII
1700
77
+ »
77
77
424 „
XXIII
1500
subdural geimpft
t „
M
77
12 „
Das Kontrolltier No. XXI ist am 404. Tage nach der Infektion
traurig, frifit nicht, zittert, der Hinterleib ist schwach, bald folgt eine
L&hmung der Hinterbeine. Das Tier geht nach einer Krankheitsdauer
von 8 Tagen zu Grunde. Gewichtsverlust um den dritten Teil des ur-
sprflnglichen. Die Sektion zeigte au&er der groBen Magerkeit und
Hyper am ie des Gehirns nichts Auffallendes. Die aus dem Gehirn an-
gelegten Aussaten blieben steril. 2 mit seinem verlfingerten RQcken-
marke unter die harte Hirnhaut geimpften Meerschweinchen gingen nach
20-tfigiger Inkubation und 4-tagiger Krankheit an typischer Wut ein.
Das zweite Kontrolltier, Kaninchen No. XXII zeigt 415 Tage nach
der Infektion dasselbe Bild und geht nach einer Krankheitsdauer von
9 Tagen an typischer Wut ein. Die von diesem Tiere subdural ge¬
impften Meerschweinchen erkrankten nach 21 Tagen an Wut und gingen
binnen 5 Tagen zu Grunde.
Die behandelten Kaninchen waren zu dieser Zeit noch alle gesund.
Am 25. Februar 1904, also nach 456 Tagen, bricht beim Kaninchen
No. Ill, dessen Wunde nach 13 Minuten behandelt wurde, die Wut aus
und totet das Tier nach einer Krankheitsdauer von 9 Tagen. Die mit
seinem Rhckenmarke geimpften Meerschweinchen bekommen die Wut
nach 18 Tagen und gehen nach 3, resp. 2 Tagen daran zu Grunde.
Die hbrigen behandelten Kaninchen sind nach 700 Tagen ge¬
sund, sie nahmen an Gewicht zu und vermehrten sich auch.
II.
An der Nasenspitze wurden 15 Kaninchen infiziert am 1. Dezember
1902. Diese sind in der TabeUe II angefflhrt.
Wie diese Tabelle beweist, wurde die Infektionsstelle des Kanin-
chens No. I nach 3, diejenige des No. II, III—XIII nach 4, 5—15 Mi¬
nuten lokal behandelt. Die Kaninchen No. XIV und XV blieben zur
Kontrolle, sie wurden nicht behandelt.
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Konrddi, Weitere Untereuchungen zur Kenntnis der experimentellen Lyssa. 197
Tabelle II.
Nuramer des
Kaninchens
Korpergewicht
(Gramm)
Zeit der Lokal-
behandlung
Resultat
i
1400
nach 3 Minuten
Bleibt am Leben
ii
2000
„ 4 „
f an Wut nach 382 Tagen
in
2300
ft ^ ft
Bleibt am Leben
IV
2500
ft b ,y
tt tt it
V
2400
7 „
tt ft tt
VI
2100
„ 8
tt tt tt
VII
1600
» 9
tt tt tt
VIII
1500
,» io „
tt tt tt
IX
2100
„ 11
tt tt tt
X
1600
„ 12 „
tt tt tt
XI
2000
„ 13
f an Wut nach 529 Tagen
XII
1300
», 14
Bleibt am Leben
XIII
2100
ft lb yy
tt tt tt
XIV
1700
Kontrolltier
f an Wut nach 453 Tagen
XV
1350
tt
i* ft ft ft 070 yy
Das Kontrolltier No. XIV erkrankt 446 Tage nach der Infektion
an Wut und geht nach 7-tfigiger Krankheitsdauer daran zu Grunde. Von
den 2 aus diesem subdural geimpften Meerschweinchen ging das eine
nach 25, das andere nach 29 Tagen unter den typischen Erscheinungen
der Wutkrankheit ein.
Das zweite Kontrolltier, Kaninchen No. XV, zittert 412 Tage nach
der Infektion; die Extremitaten, besonders das rechte Vorderbein, zeigen
eine spastische Kontraktion. Dieser Zustand dauert weiter, das Zittern
hingegen nur einige Tage. Am 567. Tage nach der Infektion wird das
Tier wieder krank, zittert, frifit nicht, bald folgt eine Beckenlahmung
und das Tier geht binnen 3 Tagen zu Grunde. Das aus demselben
subdural geimpfte Meerschweinchen ging nach 29 Tagen unter den typi¬
schen Symptomen der Wut ein.
Aus dieser Untersuchungsreihe bekamen die Wut auch zwei be-
handelte Tiere, nSmlich Kaninchen No. II und XI. Die Wunde des
ersten wurde nach 4, die des zweiten nach 13 Minuten behandelt. Das
Stadium incubationis dauerte beim Kaninchen No. II 368, bei No. XI
507 Tage, das Stadium morbi hingegen 14, resp. 22 Tage. Aus alien
beiden wurden Meerschweinchen subdural geimpft, welche an Wut er-
krankten, und zwar nach 26 Tagen die aus Kaninchen No. II infizierten,
und nach 30 Tagen diejenigen, welche aus No. XI trepaniert wurden.
Aus Kaninchen No. XI wurde auch unter die harte Hirnhaut von
Kaninchen geimpft. Dasselbe hat am 11. Tage nach der Infektion
Fieber, Status febrilis dauert 7 Tage lang. Am Ende desselben ist das
Tier traurig, frifit nicht, verliert 200 g seines Korpergewichtes, aber
nach 4-tagiger Krankheit geht es ihm wiederum besser, es frifit, die
Temperatur ist wieder normal, es erreicht sein urspriingliches Korper-
gewicht, wird sogar um 300 g schwerer. Am 157. Tage nach der In¬
fektion wird es wieder krank und geht jetzt unter den typischen Er¬
scheinungen der Wutkrankheit nach einer Krankheitsdauer von 9 Tagen
zu Grunde.
Also ein zweiter Fall, bei welchem die ausgebrochene Wut¬
krankheit beim Kaninchen ausheilt und sp&ter rezidi-
viert
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198 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Vergleichen wir diese Angaben mit den Erfahrungen, die bei der
Lyssaforschung gemacht wurden, da wird der grofie Unterschied im
Stadium incubatiouis und Stad. morbi sehr auffallend. Es sollen vor-
laufig nur diejenigen Ffille in Betracht genommen werden, iu welchen
der Iufektionsstoff unter die harte Hirnhaut, also au den empfindlichsten
Ort, gebracht wurde. Unter solchen Bedingungen erkrankt das Kaninchen
gewtthnlich nach 12—21 Tagen, das Meerschweinchen etwas frtther an
Lyssa, welche das Kaninchen binnen 3—5, das Meerschweinchen in 1
bis 2 Tagen totet. Wie lang sind diese zwei Stadien in den oben er-
wahnten Untersuchungen. Unwillkfirlich kommt der Gedanke, daB der
Infektionsstoff im langen Kampfe mit dem tierischen Organismus abge-
schwScbt wird.
Um dies zu beweisen, wurde aus dem Marke des Meerschweinchens,
welches aus Kaninchen No. XI der II. Untersuchungsreihe subdural
geimpft wurde und bei welchem die Inkubation 16, die ausgebrochene
Krankheit 14 Tage lang dauerte, unter die harte Hirnhaut von Kaninchen
und Meerschweinchen weitergeimpft. Das Meerschweinchen ging jetzt
unter den Erscheinungen der Wut erst nach 33 Tagen zu Grunde, das
Kaninchen hat am 11. Tage Fieber, ist dann 3 Tage hindurch fieberfrei,
darauffolgend hat es w&hrend 4 Tage wieder Fieber, bleibt aber am
Leben. Bei der Weiterimpfung aus dem Meerschweinchensmarke wird
das Meerschweinchen in der 4. Generation erst nach 55 Tagen wutkrank,
was deutlich beweist, daB der Ausbruch der Krankheit bei derselben
Tierspecies fortwShrend immer spfiter eintritt.
Dieser Umstand war uns nicht unbekannt. Prof. v. Ldte 1 ) hat bei
2 Untersuchungsserien bewiesen, daB, wenn das Lyssavirus in seiner
Virulenz derart abgeschw&cht wurde, daB es Kaninchen zu tSten nicht
mehr im stande ist, in einigen Generationen noch Meerschweinchen
ttttet, aber schlieBlich verankert das Virus auch in diesen Tieren.
Nach all diesen Untersuchungen ist die Dauer der Inkubation und
die des Stad. morbi auffallend lang. Das Stad. incubationis wechselt ja
zwischen 174 und 570 Tagen, das Stad. morbi kann auch 40 Tage lang sein.
Die Ursache dieses Umstandes kSnnte man in der kleineren Menge
des Virus suchen. ErfahrungsgemaB enthalten ja die Speicheldrtlsen eine
geringere QuantitSt des Lyssavirus als das Zentralnervensystem. Sehr
interessant sind in dieser Beziehung die Untersuchungen von Roux und
No card 2 ). Bei demjenigen Meerschweinchen, das mit solchem Speichel
infiziert wurde, welcher 1 Tag vor der Erscheinung der klinischen Sym-
tome entnommen war, dauerte die Inkubation 27 Tage, bei dem mit
2 Tage frtther entnommenen 40, und 55, wenn der Speichel 3 Tage
frtther entnommen wurde, zum Beweis, daB die Inkubation von der
Quantitat des Virus abhangt.
Die Inkubation hangt auch von der Stelle der Infektion ab. Es
ist ja allgemein bekannt, daB bei Kopfverletzungen die Inkubation kttrzer
ist, als bei denjenigen der ExtremitBten.
SchlieBlich spielt bei der Beurteilung solcher Fragen auch bei den
Versuchstieren die individuelle Empfanglichkeit eine grofie
1) Zur Kenntnis der experimentellen Hundswut. (Sitzungsbenchte der medizin.-
naturwisecnschaftl. Sektion dee „Elrd61yi Mdzeum Egylet". Bd. XXV. 1903.)
2) A quel moment le virus rsbique apparalt-il dans la bave des animaux enragds ?
(Ann. ae lTnst. Pasteur. T. IV. 1890. p. 163.)
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Hollack, Die Hflufigkeit der Trematoden bei Rana esculenta Lin.
199
Rolle. Auf diese Weise raeine ich erkl&ren zu kftnnen, dafi einige
frfiher behandelten Kaninchen erkrankten, und dafi die sp&ter behan-
delten am Leben blieben. Es seien in dieser Beziehung aufier den schon
in der vorlSufigen Mitteilung erw&hnten Fallen noch einige registriert.
Bei unserer jetzigen Serie erkrankte in der 66. Generation das eine
Kaninchen nach 12, das andere erst nach 35 Tagen, in der 71. Gene¬
ration derselben Serie bricht die Wut bei einem Kaninchen wieder nach
12 und beim anderen nicht einmal nach 105 Tagen aus.
Konklusion.
1) Den Ausbruch der Wutkrankheit kann man mit einer Lokal-
behandlung verhindern.
2) Diese Lokalbehandlung mufi bei Verletzongen der Extremit&ten
innerhalb 12, bei Gesichtswnnden binnen 3 Minuten folgen, kann aber
auch nach 30 Minuten von Nutzen sein.
3) Die Lyssa kann auch rezidivieren, wie die anderen Infektions-
krankheiten.
4) Das Lyssavirus scheiut im schweren Kampfe mit dem tierischen
Organismus in seiner Virulenz abgeschw&cht zu werden.
5) Die individuelle Empftnglichkeit soli auch bei Laboratoriums-
untersuchungen in Betracht genommen werden.
Kolozsv&r, am 28. Oktober 1904.
Nachdruck verboten.
Die Haufigkeit der Trematoden bei Rana esculenta Lin.
[Aus dem zoologischen Museum zu KSnigsberg i. Pr.].
Von Johanna Hollack.
Im 64. Jahrgang des Archivs for Naturgeschichte Bd. 1, p. 69 hat
Dr. Mhhling eine Tabelle, betreffend die Hfiufigkeit der in Rana escu¬
lenta Lin. vorkommenden Parasiten, ver6ffentlicht.
Im November vorigen Jahres untersuchte ich auf Veranlassung von
Herrn Prof. Dr. Braun sowohl Rana esculenta Lin. als auch I2ana
arvalis Nils. = Rana temporaria Lin. auf das Vorkommen von Parasiten;
von der letztgenannten Species kann ich jedoch keinen Prozentsatz far die
in Frage kommenden Helminthen angeben, da nur drei Exemplare zur
VerfOgung standen. Gleich das erste Individuum dieser Art besafi zwei
aufiergewohnlich zahlreich bevolkerte Lungensacke; in der einen Lunge
waren n&mlich 32 und in der anderen 23 Exemplare von Haplometra
cylindracea (Zed.). S&mtliche von mir untersuchten FrSsche waren An-
fang November gefangen und stammten aus der Umgegend von Fisch-
hausen (Ostpreufien).
In 83 Exemplaren von Rana esculenta Lin. fand ich:
Echinorhynchus ranae Schrank =
Echinorhynchus haeruca Rad., nec.
Lam. 54mal = 67,4 Proz., im ganzen 199 Individuen
Pleurogenes elaviger (Rud.) 47 „ = 56,7 „ „ „ 110
Diplodiscus subdavatus (Rud.) 44 „ =53 ,, „ „ 129
Oorgodera cygnoidee (ZecL) 41 „ = 49,4 „ „ „ 95
OpUtkioglyphe endoloba (Duj.) 25 „ -■ 30,1 „ „ „ 57
Prosotocus confu&us (Lsa.) 25 „ 30,1 „ „ „ 74
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200 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Pneumonoecet variegatus (Rud. e p.)
Lss. em.
20mal
= 24 Proz., im
ganzen
78
Individuen
Halipegus ovocaudatus (Vulp.)
17 ,,
= 20,7
II If
if
68
»
Pncumonoeces similis Lss.
16 „
= 19,2
If If
n
41
ii
Pleurogenes medians (Olss.)
13 „
= 15,6
If If
if
31
i>
Brandesia turgida (Brand.)
Nematoxys omatus Duj.
6 „
1 „
= 7
= 1,2
If If
1) If
»i
i>
15
1
>i
»i
Bei dieser Untersuchung fiel mir auf, daB die Darratrematoden, aus-
genoramen Prosotocus confusus (Lss.), entgegen der Erwartung durchweg
jflngere Exemplare waren, was wohl auf eine erst kurz vor dem Fang
erfolgte Infektion hinweist. Bemerkenswert ist auch der groBe Unter-
schied der Nematodenfauna der von mir und vonMflhling gegebenen
Tabellen, wahrend Mtihling 40 Proz. Nematoden konstatierte, habe ich
iiberhaupt nur 2 Exemplare gefunden: ein Weibchen von Nematoxys
omatus Duj. im Enddarm und einen anderen Nematoden, anscbeinend
eine Filaria, encystiert an der Wandung der Harnblase. Bezflglich
anderer encystierter Parasiten kann ich Angaben nur iiber Codonocephalus
mutabilis Dies, machen; derselbe war in Rana esculenta 44mal = 53 Proz.
vorhanden. Ueber die Haufigkeit bezw. die Zahl der von mir gefun-
denen Helminthen gibt folgende Tabelle AufschluB.
Bei einem Exemplar von Rana esculenta Lin. fanden sich:
nn
• 00
Name
Durch-
-Q -
IStck.
2Stck.
3Stck.
4Stck.
5Stck.
UStck.
7Stck.
8Stck.
ferner noch
schnitt
•O w
Echinorfiynchns ranae
3,6 St l7St
lOmal 18mal
9 mal
3 mal
7 mal
4 mal
—
2mal 9 Stck., 2mal
10 Stck u. lmal
17 Stck.
Pleurogenes claviger
2,3 „
7 ,,
21 „
9 „
7 „
7 „
3 ,,
—
lmal
—
Diplodiscus subclavatus
2,9 ,,
10 „
10 „
12 „
12 „
5 „
3 „
—
2 „
—
lmal 10 Stck.
Gorgodera cygnoides
2,3 „
8„
17 „
12 „
6 „
3 „
1 „
1 »
lmal
Opisthioglyphe endoloba
2,6 „
7,,
11 „
7 „
3 „
1 „
2 „
1 „
—
Prosotocus confusus
2,9 „
8 „
10 „
2 „
5 „
3 „
1 „
2 „
Pncumonoeces variegatus
3,9 „
20 „
10 „
3 ,.
9
1 ,,
—
?mal lOStck., lmal
11 Stck. u. lmal
20 Stck.
Halipegus ovocaudatus
4 „
16 „
4 ,,
4 ,.
4 „
1 „
—
1 „
—
1 „
lmal 10 Stck u.
lmal 16 Stck.
Pncumonoeces similis
2,5 „
8 „
7 „
3 „ 1
2 „
1 „
2 ,.
—
—
1 „
Pleurogenes medians
2 3
4, ,° ,,
11 „
7 „
2 „
3 „
—
—
lmal 11 Stck.
Brandesia turgida
2,5 „
5„
2 „
1 ,,
2 „ !
—
1 „
—
—
—
Nachdruek verboten,
Ueber den Einfluss des Aethylalkohols auf die Bildung
von agglutinierenden Stoffen bei Kaninchen
nach intravenflser Impfung mit 51. pyogenes aureus Oder mit
B. typhl.
[Aus dem hygienischen Laboratorium des k8nigl. karol. med-chirurg.
Institutes von Stockholm.]
Von Germ und Wirgin, Stockholm.
Von den Aerzten wird fast einstimmig anerkannt, daB der chronische
Gebrauch von Alkohol auf den Lauf infektidser Krankheiten einen
ungunstigen EinfluB ausiibt, eine AufFassung, die durch die Unter-
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Wirgin, EinfluB des Aethylalkobols auf die Bildung von agglut Stoffen etc. 201
sachungen von Laitinen 1 ) u. a. experimentelle Stiitzen gewonnen hat.
Fast ebenso einig ist man in der Ansicht von einer guns ti gen Ein-
wirkung des Alkohols, wenn derselbe als einmalige Oder wenige Mai
wiederholte Dose bei gewissen akuten Infektionskrankheiten gegeben
wird. Letztere Ansicht wird gestfitzt sowohl von den Beobachtungen
vieler Aerzte als von allgemeiner Erf ah rung. Mehrmals hort man namlich
Laien erzfihlen, wie ein anfangender Schnupfen, Influenza oder dergl.
durch eine einmalige, ziemlich grofle Alkoholdose unterdrflckt worden sei.
Auf dem Kongresse fflr Hygiene und Demographie in Brfissel Sept.
1903 hat Friedberger 2 ) Qber eine vergleichende Untersuchung fiber
die Bildung von Choleraambozeptoren bei alkoholisierten und nicht
alkoholisierten Kaninchen berichtet. Die Versuchstiere wurden mit
Vjoo—V coo Oese bei 60° C abgetfiteten Cholerakulturen geimpft. Der
Alkohol wurde in 30-proz. Losung mit der Schlundsonde in den Magen
gegeben. Die Grfifle der Alkoholdosen wird als klein bezeichnet.
Pfeiffer 3 ), welcher diese Versuche von F. erwfihnt, spricht sich
folgendermafien aus: „ Auffallig begfinstigt wurde die Immunkfirper-
produktion durch einmalige Verabfolgung von zwar berauschend, aber
noch nicht toxisch wirkenden Alkoholdosen vor oder gleich nach der
intravendsen Injektion des Vaccins. u Am 8. Tage nach der Irapfung
wurde der bakteriolytische Titre der Sera nach Pfeiffers Methode
untersucht. Die einmalige Darreichung von Alkohol vor der Impfung
erhohte das bakteriolytische Vermfigen des Serums um 2,5mal im Ver-
gleich mit dem gleichen Vermfigen der Sera von Kontrolltieren. (Wieder¬
holte Alkoholgaben setzten den Ambozeptorengehalt des Serums durch-
schnittlich bis zu Vl6 des Serums der nicht alkoholbehandelten Kontroll-
tiere herab.)
Durch diese Studien von Friedberger veranlaBt, habe ich mir
folgendes Thema vorgelegt: Wird die Bildung agglutinierender
Stoffe bei Kaninchen, die mit Micrococcus pyogenes aureus
oder mit Typhusbakterien geimpft worden sind, voneiner
nachfolgenden Darreichung von Alkohol beeinfluflt? Die
Kaninchen desselben Versuches wurden von mfiglichst gleichem Gewicht,
Alter, Geschlecht und gleicher Rasse ausgewfihlt. Die Impfungen wurden
in einigen Versuchen mit einer Kultur von M. pyogenes aureus,
die etwa 1 Monat vor meinem ersten Versuche aus dem Eiter eines
Panaritium isoliert worden war, in anderen Versuchen mit Typhus¬
bakterien (Typhus III des hygienischen Laboratoriums) vorgenommen.
Die 24-stfindigen Kulturen wurden in Kochsalzlosungen von 0,8 Proz.
emulgiert, wurden nachher durch Erwfirmung im Wasserbad von 75° C
wfihrend 20—30 Minuten abgetfitet. 1 ccm der Emulsion (etwa einer
Oese der Kultur entsprechend) wurde dem Kaninchen in eine Ohrvene
eingespritzt. Der Alkohol wurde in 10-proz. Mischung mit Wasser dem
Kaninchen mit Schlundsonde in den Magen eingegossen. Dem Kontroll-
kaninchen wurde auf dieselbe Weise die gleiche Menge von Leitungs-
wasser gegeben. Der Alkohol wurde teils unmittelbar nach der Impfung,
1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXXIV. 1900. p. 206.
2) Friedberger, E., Ueber den EinfluB dee Alkohols und der Mischvaccination
auf die Intensitat der Choleraambozeptorenbildung beim Kaninchen. (Congrbs intern,
d’hygibne et de demographie Bruxelles. 1903, Sept.)
3) Pfeiffer, Mode d’action et origine des substances actives dee serums prevendfs
et des serums andtoxiques. (Rapport a Congrfes intern, d’hygiene et de demographie
Bruxelles. 1903, 2.—8. Sept.)
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202
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
toils nach einem Oder mehreren Tagen gereicht. Nach Baer 1 ) ruftder
Aethylalkohol in der Dose von 2,4—4,1 g pro kg KOrpergewicht beim
Kaninchen nur geringe LShmungssymptome und mfiBige Herabsetzung
der Sensibilit&t hervor; erst 6,25—7,44 g pro kg verursachten grdfiere
L&hmungen und Exitus letalis. Die Alkoholdose wurde in meinen Ver-
suchen auf hochstens 1 g pro kg bemessen. Dieselbe Dose wfirde far
einen Menschen von 70 kg Kbrpergewicht der Alkoholmenge in y 8 1
scbwedischen Punsches, in einer Flasche (660 g) Bordeauxwein oder
in etwa 6 Schnapsen entsprechen. In der erwahnten Dose warden diese
alkoholischen Getranke — auf einmal genomraen — beim Menschen
sicherlich eine kraftige Alkoholwirkung verursachen, wenn auch die
Toxizitat der Dose als nicht besonders groB anzusehen ist. Von dieser
Dose von 1 g pro kg wurde das Kaninchen etwas berauscht, wurde
schiafrig, fraB nicht, bewegte sich wenig und trage. — In einigen Ver-
suchen wurde mit geringeren Alkoholmengen von y 2 , y 4 und l /io g
pro kg Kaninchengewicht probiert. — Kleine Aderiasse um etwa 1 ccm
wurden aus einer Ohrvene zwecks Serumgewinnung teils vor der Impfung,
toils ein oder mehrere Mai nachher gemacht. Das Serum wurde nach
24-standiger Aufbewahrung des AderlaBblutes im Eisscbranke abpipettiert.
Agglutinationsmethode I. Die Prafung des agglutinierenden
VermOgens der Sera wurde mit 24-standigen Kulturen und ausschlieBlich
makroskopisch vorgenommen. Es wurden mehrere VerdBnnungen der
Sera gemacht und 1 ccm aller Verdannungen in schmale, etwa 3 ccm
fassende ReagenzglSser gegossen. In jeder Probe wurde eine Oese von
der betreffenden Kultur emulgiert. Beobachtung der im Brutschranke
bei etwa 37° aufbewahrten Proben nach etwa 1 Stunde und nach etwa
24 Stunden. Kontrollemulsionen in 0,8-proz. Kochsalzlosung. Agglu¬
tination positiv, wenn anfangende FlOckchenbildung durch Lupe nach
1 Stunde nachweisbar war und die Probe nach 24 Stunden entweder
ganz klar oder grSfiere, scharf begrenzte Fldckchen in klarer Flussigkeit
enthielt.
Agglutinationsmethode II. In anderen Versuchen wurde
die Agglutination in Tropfchen der Serumverdannungen auf Objekt-
giasern ausgefahrt. Es wurde eine etwas trObe Emulsion der Bakterien
in dem Tropfen gemacht und die Agglutination als positiv betrachtet,
wenn innerhalb 2 Minuten in der Emulsion deutliche Gerinnung —
scharf begrenzte Flockcben in klarer Flhssigkeit — auftritt. Diese
Methode gibt natarlich niedrigere Werte des Agglutinationsvermbgens
der Sera als die vorher erw&hnte Methode. Der Gefahr der Verwechse-
lung mit Pseudoagglutination war unschwer zu entgehen.
Betrefifs der Bildung von agglutinierenden Stoffen im Blute von
Kaninchen ist durch die Untersuchungen von Madsen und JOrgensen 2 3 * )
und Levin 8 ) nachgewiesen, daB nach einmaliger Impfung mit Typhus-,
Cholera- und C o 1 i - Bakterien ihre Menge sich die ersten Tage nach
der Impfung wenig vermehrt, sich dann steigert, um gewdhnlich den
9.—11. Tag nach der Impfung die hochste Spitze der Kurve zu erreichen.
1) Baer, Beitrag zur Kenntnis der akuten Vergiftung mit verschiedenen Alkoholen.
(Arch. f. Anat. u. Physiol. Bd. XXII. 1898. p. 283.)
2) J3rgensen, Axel and Madsen, Thorvald, The fate of typhoid and
cholera agglutinins during active and passive immunisation. VI. (Salomonsens Festskr.
Kopenhagen 1902.)
3) Levin, Ernst, Coli agglutinins and their course of formation. VII. (Salo-
monsens Festskr. Kopenhagen 1902.)
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Original fro-m
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Wirgin, EinfluB des Aethylalkohols auf die Bildung von agglut Stoffen etc. 203
Aehnliches habe ich fttr die Sera von Kaninchen, die mit Pyogenes
resp. Typhus geimpft worden waren, gefunden. Als die Sache schon
vorher fast fertig war, habe ich nur 2 Kaninchen in dieser Beziehung
von Tag zu Tag untersucht.
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Ohne weiteres geht aus der Tabelle I hervor, daB der Gehalt des
Blutes an Agglntininen den 8. Tag nach der Impfnng denjenigen der
Tage vor und nach diesem Tage bedeutend fibertrifft. Die Form der
Kurve, welche in diesen Fallen die Steigerung der Agglutininbildung
veranschaulichen sollte, verl&uft nicht ganz so, wie die Kurve in fruheren
Untersnchungen anderer Forscher. Das beruht vielleicht auf UnShnlich-
keiten der Agglutinationsmethoden. Das wichtige Detail haben meine
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llVersuchs-No.l
204
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Kurven mit denjenigen anderer Autoren flberein, daB sie am 8. Tage
ihre hochste Spitze zeigen.
In meinem ersten Versuche fiber das vorliegende Thema schien die
einmalige Alkoholdose die Bildung von agglutinierenden Stoffen ganz
bedeutend zu steigem. Am 8. Tage nach der Impfung war namlich der
Wert des agglutinierenden Vermogens beim alkoholisierten Kaninchen
1 : 1200, wfihrend das Serum des Normalkaninchens ein agglutinierendes
Vermogen von 1 : 600 darbot. Eine derartige relative Steigerung des
Agglutinationsvermogens nach Alkoholdarreichung hat in den folgenden
Versuchen sich nicht wiederholt. Ich bin deshalb geneigt, dieses Ver-
halten des Serums beim alkoholisierten Kaninchen als von individuellen
Verhaltnissen abhangig anzusehen; das Tier litt an einer Seborrhoe-
ahnlichen Hautkrankheit mit Schtippchenbildung und Ausfall der Haare.
Im Versuche waren die Anordnungen fur die beiden Versuchstiere, von
der Alkoholdose abgesehen, gleich.
In den nachstfolgenden Versuchen scheint der Alkohol gar keine
Oder sogar eine ungfinstige Einwirkung auf die Agglutininbildung gehabt
zu haben, wie aus der Tabelle II ersichtlich ist.
Tabelle II (Agglutinationsmethode I).
Die Alkoholdose wurde unraittelbar nach der Impfung gegeben.
+3
a
* 6
rP
V
'%
0
■a
Agglutinations vermogen
OL
8
3
Alkoholdose
Tag der Impfung
I
G
<1
des Serums vor
am 7. Tage nach
der Kaninchen
der Impfung
der Impfung
,10
1450
weifi 9
kein Alkohol
14. I. 04
Pyogenes
1:10+ 1:20 —
1:320 + 1:640 —
11
1480
>» +
V* g P r <> k g
14. I. 04
1:20+ 1:40 —
1:320 + 1:640 —
am 8. Tage nach
der Impfung
12
2550
grau $ (belg.)
kein Alkohol
23. I. 04
1:160 +
1:1600+ 1:2560 —
13
3150
weifi (J (belg.)
7* g pro kg
23. 1. 04
1:80 j
1:320 + 1:800 —
am 6. Tage nach
13
2950
wei6 (belg.)
kein Alkohol
2. 11. 04
))
1:800 —
der Impfung
1:2000+ 1:3000 —
12
2500 ;
grau 3 (belg.)
1 g pro kg
2. II. 04
1:1000 +
1:1000+ 1:1500 —
Eine begiinstigende Einwirkung der einmaligen Alkoholgabe
von V 2 g P r0 kg auf die Agglutininbildung des Blutes scheint in Ver-
such 5 ganz ausgeschlossen. Wenn der Alkohol einen EinfluB in dieser
Beziehung ausgefibt hat, so ist es ein ungiinstiger. Die agglutinierende
Kraft des Normalserums des alkoholisierten Kaninchens (11) ist ur-
sprtinglich etwas hoher als diejenige des Kontrollkaninchens (10), zeigt
jedoch am 7. Tage nach der Impfung nur die gleiche Hohe wie diese.
In dem folgenden Versuch 7 (Tabelle II) tritt eine deutlich ungunstige
Einwirkung der Alkoholgabe von V 2 S P ro kg hervor. 15 Tage vor dem
Versuch 7, den 8. Januar 1904, hatte ich beide Kaninchen No. 12 und 13
auf die gleiche Weise mit Pyogenes geimpft; in demselben Versuch
hatte No. 12, das jetzige Kontrollkaninchen, Alkohol nicht bekommen;
Kaninchen No. 13 war V 2 g Alkohol pro kg gegeben worden. Leider
hatte ich nicht Gelegenheit, die Agglutininbildung nachher zu prfifen.
Dieses urn die nunmehr relativ hohen Werte der Sera zu erklfiren. DaB
die Agglutininbildung beim alkoholisierten Kaninchen geschwScht ist,
ist ganz deutlich. Man konnte vielleicht vermuten, daB Kaninchen No. 13
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Veraucha-No.
Wirgin, Einflufl des Aethylalkohols auf die Bildung von agglut Stoffen etc. 205
von Natur aus ein geringeres Vermogen besaB, agglutinierende Stoffe
im Blute zur Entwickelung kominen zu lassen. Der folgende Versuch 8
(Tabelle II) widerspricht dieser Annahme und bringt die gleiche
schwachende Wirkung von einer maBigen Alkoholdose noch einmal zum
Vorschein. 10 Tage nach der im Versuch 7 (Tabelle II) erwahnten
Irapfung wurden namlich die beiden Versuchstiere No. 12 und 13 wieder
mit Pyogenes geimpft. Kaninchen No. 13, dem im vorigen Versuche
Alkohol gegeben worden war, wurde nun als Kontrollkaninchen beuutzt,
und das friihere Kontrollkaninchen wurde alkoholisiert. Die geringere
Agglutininbildung beim alkoholisierten Kaninchen kommt deutlich zum
Vorschein. Beide Versuchstiere No. 12 und 13 haben also ohne Alkohol
eine viel kraftigere Anreicherung der Agglutinine als wenn Alkohol in
der Dose von Vs und 1 g pro kg gegeben wurde, gezeigt.
In den bisherigen Versuchen wurde der Alkohol den Tieren un-
mittelbar nach der Impfung gegeben. Moglich ware, dafi der Alkohol
weniger gflnstig gewirkt hat, weil er gegeben wurde, ehe sich das Tier
von dem Schw&chezustande, der von der intravenosen Impfung wahr-
scheinlich verursacht wird, erholt hatte. In den zwei folgenden Ver¬
suchen 9 und 10 (Tabelle III) wurde der Alkohol am friihesten den
Tag nach der Impfung gegeben. Alle die in den zwei untenstehenden
Versuchen geimpften Kaninchen waren Iriiher mit Pyogenes vacciniert
worden und hatten alle Alkohol schou 1—3mal vorher bekomraen. Etwa
6 Wochen waren aber vertlossen, seitdem die letzten geimpft worden
waren und Alkohol bekommen hatten.
Tabelle III (Agglutinationsmethode I).
8
55
1
00
J3
c.
l
«
>
§
~
co
CD
3
<
der Kaninchen
Gewicht
17. III. 04
Gewicht
31. III. 04
Tag der
Impfung
Alkoholdose
Tag nach
der
Impfung
Agglut
unmittelbar
vor der
Impfuug
ination
8 Tage nach
der Impfung
9
13
weifl (belg.)
3000
2950
18. III. 04
kein Alkohol
1 :200-1
1:1000 +
12
grau (belg.)
2600
2600
18. III. 04
1 g pro kg
3. Tag
1:200 q
2 •
1:1000 +
10
5
weifi
1600
1600
18. III. 04
kein Alkohol
1 :200 +
1:1000 +
6
weifl mit schwar-
“
zen Flecken
1700
1650
18. III. 04
1 g pro kg
1 . „
1:200 +
1: 500 +
7
weifi
1800
1600
18. III. 04
I >» l> M
5. „
1:200 +
1: 500 +
8
weifi
1700
1700
18. III. 04
1 M >1 »»
7. „
1:300 J
1:1000 +
Aus den in der obenstehenden Tabelle angefiihrten Versuchen
scheint mir klargelegt zu werden, daB die einmalige Alkoholgabe von
1 g pro kg bei keinem von den Versuchstieren dieagglutininbildende
Kraft wenigstens befordert hat. Wenn man den Versuch 10 ansieht,
scheint sogar eine sch&digende Einwirkung der Alkoholdose nicht ab-
gesprochen werden zu konnen. Die agglutininbildende Energie ist be-
sonders bei den beiden Versuchstieren vermindert, welche den Alkohol
am friihesten nach der Impfung bekommen hatten. Der Alkohol scheint
also bei keinem von den Versuchstieren einen stimulierenden EinfluB
auf die Agglutininbildung ausgeiibt zu haben; er scheint aber weniger
geschadigt zu haben, je sp&ter nach der Impfung er gegeben wurde.
Bisher habe ich nur von Versuchen berichtet, wo eine einmalige
Alkoholdose den Versuchstieren gegeben wurde. Ich habe auch einen
Versuch gemacht, um die Wirkung mehrerer Alkoholgaben auf die
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206
Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Agglutininbildung nach der Impfung mit Pyogenes-Kokken zu er-
forschen (siehe Tabelle IV).
Tabelle IV (Agglutinationsmethode I).
6
i
a
30
6
>
1
Tag der
Impfung
Agglutination
1 No.
!
Farbe
Gewicht
Alkoholdose
vor der
Impfung
am 7. Tage
nach der
Impfung
6
10
weifi $
1450
26. I. 04
kein Alkohol
1:200 +
1:1280 +
1:300 —
1:1600 —
11
„ ?
1500
26. I. 04
1 g pro kg unmittel-
1:200 +
1: 640 +
bar nach der Im¬
1:300 —
1 : 800-
j
i
pfung; die gleiche
Dose noch 5mal
wahrend d. nachsten
| 5 Tage
Der erhebliche Unterschied an agglutinierender Kraft bei dem
wiederholt alkoholisierten Kaninchen und beim Kontrollkaninchen geht
ohne weiteres aus der Tabelle hervor. Der sch&digende Einflufi des
Alkohols, wenn er in wiederholten Dosen gegeben wird, hat sich also
noch einmal bestfitigt. Beide Kaninchen No. 10 und 11 wurden auch
im Versuch 5 benutzt. Dem in Versuch 6 wiederholt alkoholisierten
Kaninchen war in Versuch 5 eine einmalige Alkoholdosis von Vs g
pro kg gegeben worden; wie aus Tabelle II ersichtlich ist, erreichte
das Serum von diesem Kaninchen damals die gleiche agglutinierende
Kraft wie das Kontrollkaninchen. Eine natQrliche Ungeneigtheit Agglu-
tinine zu bilden, kann also das in Tabelle IV niedergelegte Resultat
nicht verursacht haben.
In den vorausgehenden Versuchen sind die Tiere ausschliefilich mit
M. pyogenes geimpft worden. In einigen folgenden Versuchen habe
ich die Einwirkung von Alkohol auf die Bildung von Agglutininen im
Blute von Kaninchen nach Impfung mit B. typhi studieren wollen.
Die Alkoholgaben sind in diesen Versuchen niedriger gew&hlt: x / 4 und
Vio g pro kg. In dem ersten Versuche schien die Alkoholdose von
x f 4 g eine schw&chende Einwirkung auf die Agglutininbildung auszu-
ttben, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht.
TabeUe V.
Agglutinationsmethode II
Kontrollkaninchen, 1650 g, $
Vor der Impfung
1 . Tag nach der Impfung
3.
5.
6 .
7.
8 .
10 .
14.
Titre des Serums
1:4 + 1:5 -
1:4 + 1:5 —
1:22 + 1:25 —
1:160 + 1:175 —
1:300+ 1:350 —
1:400+ 1:500 —
1:500+ 1:600 —
B. typhi
Alkoholisiertes Kaninchen,
1600 g, ?
Y« g Alkohol pro kg, un-
mittdbar nach der Impfung
Titre des Serums
1:15 + 1:20 —
1:50 + 1:60 —
1:150 + 1:175 —
1:175+ 1:200 —
1:200+ 1:250 —
1:250 + 1:275 —
1:100+ 1:125 —
1:100+ 1:125 —
1:175+ 1:200 —
1:80 + 1:160-
Eine nachteilige Wirkung von ! / 4 g Alkohol ist, wenn man die
Tabelle V studiert, schwer zu verneinen. Ein paar folgende Versuche,
fiber welche in der Tabelle VI berichtet wird, deuten auf dieselbe Sache.
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VcTrtiichtvNo.
Wirgin, EinfluB des Aethylalkohols auf die Bildung von agglut Stoffen etc, 207
In den Versuchen der Tabelle VI ist auch die Wirkung von Vio g Alkohol
pro kg gepriift worden.
Tabelle VI (Agglutinationsmethode II)*
B. typhi.
o
5^
£
£
A
ZJ
bo
der Kaninchen
A
o
’E
CD
o
12 16,
Il7!
weifi
18 weifi mit
| gelben
Flecken
23. IV. 04
1450
1250
1000
13 17 weifi
1181
16
weifi mit
gelben
Flecken
weifi
4. VI. 04
1400
1300
1700
Tag der
Alkohol-
dose
nach der
Impfung
2 . V. 04 |
1475 24. IV. Olikein Alkoholj 7. Tag
1200
1085
24. IV. 04
24. IV. 04
18. VI. 04
1500
1350
1800
V* g P ro k g
*/
g pro kg
4. VI. 04
4. VI. 04
4. VI 04
kein Alkohol
'U g, pro kg
wahrend
3 Tagen
■/to g, pro kg|
wahrend
3 Tagen
7.
7.
4., 5. und
6 . Tag
do.
Agglutination ! AderlaS-
T)tre des tag nach
serums I
nach der | impfung
Impfung
Titre des
Normal-
serums
1:4+1:5—
1:4+1:5—
nicht 1:5
Aderlafi
3. Tag
nach der
Impfung
1:120 +
1:140 —
1:100 +
l:120 —
1:100 +
1:120 —
1:400 +
1:450 —
1:350 +
1:400 —
1:500 +
1:300 +
1:325 —
1:300 +
1:325 —
1:100 +
1:150 —
8 . Tag
8 . „
8 . „
7.
7.
Im obenstehenden Versuch 12 (Tabelle VI) scheint der Alkobol
eine weniger herabsetzende Wirkung auf die Agglutininbildung als im
vorigen Versuch (Tabelle V) gehabt zu haben. Dort schien die Alkohol-
dose eine Verminderung der Agglutininmenge um 50 Proz., mit dem
Kontrollkaninchen den 8. Tag nach der Impfung verglichen, herbei-
gefflhrt zu haben, w&hrend die Herabsetzung hier kaum mehr als 10 Proz.
betr3gt. Im Versuch 13 (Tabelle VI), wo der Alkohol 3 Tage nach-
einander gegeben wurde, hat dieselbe Dosis von V 4 g mOglicher-
weise die Agglutininbildung etwas begilnstigt. Ich schreibe mSglicher-
weise, denn, wenn man den letzterwahnten Versuch ansieht, findet man,
dafi die begflnstigende Einwirkung von x | 4 g Alkohol pro kg nicht ganz
klar ist. Bei dem mit dieser Alkoholdose behandelten Kaninchen hatte
sich das Agglutinationsvermdgen zu demselben Grade gesteigert wie
beim Kontrollkaninchen. Der Anfangstitre des Serums jenes Kaninchens
war aber etwas niedriger als derjenige des Kontrollkaninchens. Nur
auf dieses Verh<nis stfltzt sich die mOgliche Begflnstigung des
Agglutinationsvermdgens durch den Alkohol (V* g pro kg). Unmoglich
ist aber nicht, daB diese kleine Alkoholdosis auch in diesem Falle der
Agglutininbildung anstatt gentitzt, sogar geschadigt hat. Dieses Kaninchen
scheint ursprtlnglich eine grofie agglutininbildende Energie zu besitzen.
Im Versuch 12 (Tabelle VI) zeigt namlich dasselbe Tier einen vergleichs-
weise hohen Titre, welcher durch \ 0 g Alkohol pro kg wohl kaum ver-
scbuldet werden kann, wenn man sieht, dafi letztere Dose im Versuch 13
(Tabelle VI) keine Spur von stimulierendem Effekt auf die Agglutinin¬
bildung aufweist Nach diesem Ueberlegen scheint es nicht ausgeschlossen
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208
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
zu sein, daB das Blut dieses Tieres im Versuch 13 (p. 206) ohne Alkohol
ein viel betrachtlicheres Ansteigen des Agglutinationsvermogens als mit
Alkohol gezeigt hStte. Aus der gleichen Ueberlegung neige ich der
Ansicht zu, daB auch die Dose von VlO g Alkohol pro kg fdr die
Agglutininbildung ohue Nutzen gewesen ist Etwas Bestimmtes darQber
auszusagen, erlauben meine wenigen Versuche nicht.
Wenn ich meiuen ersten, p. 203 erwahnten Versuch ausnehme, in
welchem die Bildung agglutinierender Stoffe durch den Alkohol sehr
begQnstigt zu werden schien, so hat der Alkohol in alien spfiteren Ver-
suchen, in der einmaligen Dose von 0,5—1 g pro kg KQrpergewicht
nach der Infektion gegeben, nie einen begttnstigenden EinfluB auf die
Agglutininbildung ausgettbt. Wenn der Alkohol in Dosen von 1 g
pro kg wahrend mehrerer Tage nach der Impfung gereicht wurde, trat
eine deutlich herabsetzende Wirkung auf die Agglutininbildung ein. In
derselben Beziehung scheint auch die einmalige Gabe von 1 / i —1 g pro kg
zuweilen eine lahmende Einwirkung gehabt zu haben, besonders wenn
der Alkohol unmittelbar nach der Impfung gegeben wurde. Je longer
nach der Infektion die Darreichung der Alkoholdose aufgeschoben
wurde, je weniger schien die schwOchende Wirkung hervorzutreten.
Auch die geringe Dosis von 1 / i g Alkohol pro kg hat sich in 2 Ver-
suchen schadigend, in einem Versuch vielleicht etwas begQnstigend auf
die Agglutininbildung erwiesen. Die Dose von Vio g Alkohol scheint
in derselben Beziehung das eine Mai begQnstigt, das andere Mai ge-
schadigt zu haben.
In solchen Versuchen wie den ineinigen hangen die Resultate in
hohem Grade von der Individualitat der Versuchstiere ab. Das Blut
des einen Tieres hat von Natur eine bedeutende Energie, nach Vaccinie-
rung agglutinierende Stoffe zu bilden. Wenn ein derartiges Tier einer
maftig schwfichenden Behandlung ausgesetzt wird, kann seine natQrliche
Energie jedoch hinreichen, um gleiche oder sogar groBere Mengen von
Schutzstoffen zu bilden als ein anderes Tier, dessen schutzstoffbildende
Energie von Natur geringer ist, und umgekehrt. Durch meine Unter-
suchungen scheint sicher klargelegt zu sein, daB der Alkohol in Dosen
von 1 und 1 / 2 g die Agglutininbildung in der Regel nicht begQnstigte
und dieselbe meistens schadigte. Die von den individuellen Verhaitnissen
der Tiere kommende Fehlerquelle ist in den erwahnten Versuchen fast
ausgeschlossen dadurch, daB die Tiere des einen Versuches in dem
nOchsten Versuche die Rollen wechselten, so dafi das Normalkaninchen
des ersten Versuches als „Alkoholkaninchen“ im nOchsten Versuche
benutzt wurde und umgekehrt. Auf diesen individuellen Verhaitnissen
beruht es aber vielleicht, daB in den Versuchen mit den kleinen Alkohol-
dosen von 1 / i und V 10 g pro kg die Resultate der verschiedenen Versuche
sich widersprechen, so daB dieselbe Dosis bei 2 Tieren allem Anschein nach
schadigend, bei einem anderen Tiere mdglicherweise etwas begQnstigend
sich erwies, und daB die Alkoholdose von VlO g pro kg das eine Mai
die Agglutininbildung zu befQrdern, das andere Mai zu hemmen schien.
Wie ich schon vorher p. 207 hervorgehoben habe, neige ich persdnlich
der Ansicht zu, daB auch diese kleinen Alkoholdosen fOr die Agglutinin¬
bildung von keinem Nutzen gewesen sind.
Wenn meine Untersuchungen also das Resultat gebracht haben,
daB kleine Alhoholmengen von 1 g Alkohol pro kg und abwkrts unter
den gegebenen Versuchsbedingungen der Agglutininbildung in der Regel
nicht nur nicht genQtzt, sondern meistens sogar geschadigt haben, er-
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Liidke, Zur Spezifit&t der Antikdrper.
209
lauben meine wenigen Versuche die SchluBfolgerung nicht, daB die er-
wfihnten kleinen Alkoholdosen der Agglutininbildung immer unter alien
Bedingungen schadigen sollten, noch weniger kann man aus ihnen einen
Scblufi fiber den Wert des Alkohols als Heilmittel bei akuten Infektions-
krankheiten ziehen. Als ein Beitrag zn unseren Eenntnissen von dem
EinfluB des Alkohols anf den tierischen Organismus scheinen meine
Untersuchungen vielleicht etwas Interesse zu verdienen, und habe ich
sie deshalb ganz ohne Ansprflche veroffentlichen wollen.
Erst nachdem der obenstehende Aufsatz schon lange zum Druck
versandt worden war, wurde mir die Abhandlung von Paul Mfiller 1 )
bekannt Mfiller hat in der zitierten Schrift unter anderem auch den
EinfluB des Alkohols auf die Produktion von Agglutininen studiert.
Kaninchen wurden mit abgetfiteten Typhuskulturen intraperitoneal ge-
impft und die Agglutininmengen der Sera 2—4 Tage nachher bestimmt.
Der Alkohol wurde in 50-proz. Mischung subkutan eingespritzt. Die
erste Alkoholdosis wurde etwa 1 Stunde vor, die zweite etwa 1 Stunde
nach der Impfung eingespritzt. Auch die folgenden Tage erhielten die
Tiere Alkohol, so daB jedem Tier 30—40 ccm von absolutem Alkohol
gegeben wurde. Unter 19 Experimenten hatte die Alkoholgabe die
Agglutininbildung 2mal befdrdert, 12mal geschadigt, 5mal zusehends
nicht beeinfluBt. — Zu bemerken ist, daB meine Versuche mit erheblich
kleineren Alkoholdosen etwa die gleichen Resultate betreffs der Agglu¬
tininbildung gegeben haben.
Nachdruck verboten.
Zur Spezifltat der Antikorper.
Von Dr. H. Liidke, Barmen.
(Fortsetzung.)
Bakterienagglutinine. War der Streit um die Spezifit&t der
immunisatorisch erzeugten Reaktionskorper im Blutserum bei den meisten
erw&hnten Antistoffen lediglich auf wissenschaftlicher Basis gegrfindet,
so entspann sich auf dem Boden der klinisch-diagnostischen Forschung
in den letzten Jahren ein „kleiner Krieg“ um den Spezifit&ts-
charakter der Bakterienagglutini”^ Gehen wir zun&chst die
Ergebnisse diesbezfiglicher Untersuchungii' uei den verschiedenen,
klinisch wichtigen Bakterien durch:
Bei einigen akut verlaufenden Erkrankungen, wie Cholera, Pest,
kommt die spezifische Agglutinationsreaktion klinisch weniger in Frage;
es bandelt sich hier vielmehr um die Diagnostik des Infektions-
erregers. Zur Erkenntnis abgelaufener Cholerafalle ist nach Ko 11 e
und Gottschlich*) die Agglutination, mittels des Rekonvaleszenten-
serums ausgeffihrt, auBerordentlich zuverl&ssig. Cholera&hnliche Vibrionen
werden von einem hochwertigen choleraimmunen Tierserum so gut wie
gar nicht beeinfluBt Bei der Pest ist die Agglutinationsreaktion infolge
1) Muller, Paul Th., Ueber den Einflufi kunstlicher iStoffwechselalterationen
auf die Produktion der Antikdrper. (Arch. f. Hygiene. Bd. LI. 1904. p. 365.)
2) Kolle und Gottschlich, Untersuchungen fiber die bakteriologische Cholera-
diagnoetik und Spezifitat des Kochschen Choleravibrio. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions-
krankh. Bd. XLIV. 1903. Heft 1.)
Ente Abt. Ori*. Bd. XXXVIII. Heft 2. 14
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210
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVUI. Heft 2.
ihres sp&ten Auftretens weniger klinisch verwendbar; sie hat sich aber
nach den bisherigen Angaben als eine spezifische Reaktion bewahrt.
Ein Immunpestserum von Pferden bietet ein durchaus spezifisches Hilfs-
mittel zur Identifizierung des B. pestis [Markl, Kolle, Martini 1 )]*
Untersuchungen fiber andere Bakterien, Pneumokokken, Meningokokken,
Tuberkelbacillen, Rotzbacillen, Streptokokken und Staphylokokken, liegen
bisher in zu geringem Material vor, so daB ein abschlieBendes Urteil
noch nicht gefallt werden kann. Aus den bisherigen Untersuchungen
geht aber hervor, daB die Agglutination mit Erfolg zur Erkennung der
Infektion und zur Diagnose des spezifischen Krankheitserregers ver-
wandt werden kann.
Ueber den klinischen Wert und den damit eng verbundenen
Spezifitatscharakter der durch bakterielle Dysenteric erzeugten
Agglutinine existieren bis dato noch wenige sichere Resultate. Man
nahm ein inkonstantes Vorkommen der Agglutinine im ruhrkranken
Organismus an; es sollte die Reaktion namentlich bei schweren Fallen,
fehlen und im allgemeinen nicht stark ausgesprochen sein. Nach meinen
demnachst zur Publikation kommenden Untersuchungen ist jedoch diese
Annahme dahin zu modifizieren, daB die Agglutinationsreaktion in fast
jedem, ob leichtem, ob schwerem Dysenteriefall deutlich ausgesprochen
ist. Vollkommen spezifisch ist ferner die Agglutinationsreaktion in
diesem Falle zur Identifizierung des Dysenteriebacillus von verwandten
Arten durch ein entsprechendes hochwertiges Immunserum
Wahrend nun in letzter Zeit die Frage von der spezifischen Wirkung
der agglutinierenden Sera etwas in den Hintergrund gedrangt ist, be-
fassen sich die einschiagigen Arbeiten mehr mit dem Studium des
Wesens der Agglutination. Und doch ist ffir die Verwertung des Agglu-
tinationsphanomens zu klinisch-diagnostischen Zwecken die Spezifitats-
frage von grfiBter Bedeutung. In den folgenden Erfirterungen will icb
mich nur auf die Spezifitat der Agglutinationsreaktion bei B. typhi,
die klinisch am wichtigsten ist und in den letzten Jahren am meisten
angefeindet war, beziehen.
In dem vorstehenden Ueberblick fiber die Agglutination bei ein-
zelnen Infektionskrankheiten war von der fiberwiegenden Mehrheit
der Autoren eine Spezifitat der agglutinierenden Reaktionsprodukte im
Serum gefunden worden, die man von der Identifizierung des spezifischen
Krankheitserregers auf die spezielle klinische Erkenntnis des Krankheits-
bildes fibertrug, indem der positive Ausfall der Gruber-W r idalschen
Reaktion als eins der wichtigsten Symptombilder anerkannt wurde.
Dennoch ist in jfingster Zeit ofter die Spezifitat dieser eminent wichtigen
Reaktion in Zweifel gezogen worden. Die ersten Zweifel tauchten bei
vergleicheuden Messungen der Agglutinationsffihigkeit der Sera bei den
differentesten Erkrankungen mit dem Unterleibstyphus auf. Man nahm
schlieBlich nach Sterns Vorgang an, die Wida 1 sche Reaktion als eine
spezifische dann zu erklSren, wenn in einer Verdfinnung der Typhus-
bouillonkultur von 1 : 50 deutliche Haufchenbildung der Bakterien ein-
trat. Ffir praktisch - klinische Zwecke erwies sich auch bis zur Zeit
diese Grenzbestimmung als die geeignetste. — Weitere Bedenken ent-
standen in dem Moment, als von verschiedensten Seiten auch hfihere
Agglutinationswerte ffir nicht spezifische Erkrankungen
1) Markl, Kolle und Martini, cf. Dieudonn£ im Handb. d. pathog. Mikro*
organisraen von Kolle und Wassermann. 1902. Lief. 9.
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
211
gefunden wurden. Griinbaum 1 ) und Stern 2 ) hoben zuerst hervor,
daB das Serum Gesunder und Nichttyphuskranker bisweilen agglutinierende
Wirkung SuBerte. Solche Befunde, welche gegen die Spezifit&t der
Bakterienagglutinine zu sprechen schienen, wurden hauptsachlich
bei mit Ikterus einhergehenden Erkrankungen gemacht.
Bei einzelnen, besonders infektiosen, Ikterusformen schien in der Tat
eine gesteigerte Agglutinationskraft des Serums vorzukommen, was in
den meisten Arbeiten hieriiber auf die Gallenresorption ins Blut und da-
durch entstehende ver&nderte BlutzusammensetzungsverhSltnisse zurfick-
geffihrt wurde. Verf. :1 ) konnte so in 11 von 37 Ikterusfiillen eine Agglu¬
tinationskraft des Serums in einer VerdOnnung von 1 : 50 und daruber
nachweisen, was einen Prozentsatz von ca. 33 ausmacht.
Weiterhin fand Verf. bei 8 Fallen von Chlorose eine erhohte Agglu¬
tinationsfahigkeit des Blutserums, woriiber in noch zu publizierenden
Untersuchungen weiter berichtet werden soli.
Diese Falle einer erhohten Agglutinationsfahigkeit des Serums von
nicht typhuskranken Individuen lassen sich jedoch auf unkomplizierte
Art erklfiren. Stern 4 ) vertritt vor allem den Standpunkt, daB man den
positiven Widal bei Fallen ikterischer Erkrankungen fast immer auf
eine gleichzeitige Oder vorhergehende Infektion mit meist anderen
Bakterien als B. typhi zuruckfiihren kann und in der Tat muB man
dieser Anschauung ofter, besonders fur hohere Agglutinatiouswerte, bei-
pHichton, wenn auch meines Erachtens nicht nur eine Infektion die
Ursache dieser gesteigerten, nicht spezifischen Agglutinationsfahigkeit
bei ikterischen Erkrankungen ist. Es konnen in den Stoffwechsel ge-
brachte Substanzen — was von Kohler 5 ) nicht mit Unrecht fiir die
Gallenresorption acceptiert wurde —, es kann auch eine bloBe Aende-
rung in den Blutzusammensetzungsverhaltnissen (Chlorose), durch ge¬
steigerten Stoffwechsel (Graviditat) eine deutliche Steigerung des Agglu-
tinationstiters veranlaBt werden. Ich muB mich hierbei ganzlich auf die
Ehrlichsche Seite stellen und kann in der Entstehung der normalen
wie kiinstlichen Agglutinine nur einen Ausdruck der ahnlichen Zell-
sekretion sehen, die bei den Prozessen der Ernfihrung, der Assimilation
und Desassimilation tatig ist.
Auftallend erscheint mir jedoch bei der Untersuchung liber die
Agglutinationsfahigkeit des Blutserums Ikterischer, daB von den ein¬
zelnen Autoren ganz differente Prozentsatze erhohter Agglutinationskraft
hierbei zitiert werden. Steinberg 6 ) fand bei fiber 60 Proz. agglu-
tinieremle Wirkung des Serums bei Ikterus, Eckardt 7 ) in fast alien
Fallen Agglutination in einer Verdiinnung von 1 : 100, K am merer 8 )
nur bei etwas fiber 10 Proz., Lfidke bei 30 Proz. in einer Verdiinnung
von 1 : 50 und daruber. Die Ursache dieser differenten Angaben liegt
sehr wahrscheinlich, wie auch Kam merer angibt, an der Dignitiit des
jeweilig benutzten Typhusstammes fiir die Reaktion. Stets werden aber
altere Laboratoriumsstamme nach alien Urteilen besser agglutiniert als
1) Griinbaum, The Lancet. 1896. 19. Sept. u. Munch, naed. Wochennchr. 1897.
No. 13.
2) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 12.
3) Liidke, 1. c.
4) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1903. No. 30.
5) Kohler, Klin. Jahrb. Bd. VIII. 1902.
6) Steinberg, Munch, med. Wochenschr. 1904. No. 11.
7) Eckardt, Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 27.
8) Kammerer, Berl. klin. Wochenschr. 1904. No. 26.
14*
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212
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 2.
frisch gezfichtete und wenn auch unter den ersteren geringere Differenzen
bezfiglich ihrer Agglutinierbarkeit bestehen mfigen, so ergibt sich daraus
noch durchaus nicht die absolute Notwendigkeit im Ficker schen Typhus-
diagnostikum ein allein sicheres Mittel fflr die typische Serumdiagnostik
zu erkennen.
Jedenfalls mflssen wir bei ikterischen Erkrankungen, speziell
katarrhalischem Ikterus, eine hohe Agglutinationsfihigkeit des Serums
gerade dem Bact. typhi gegenfiber annehmen; denn es wird, wie Verf.
beschrieb, gerade das Bact. typhi intensiver und schneller hier agglu-
tiniert als andere in die Untersuchung gezogene Bakterien (Bact para¬
typhi A und B, Bact. coli, Vibrio cholerae, Bact. vulgare).
Das Typhusbakterium scheint mir in diesen Fallen einer nicht spezifischen
Agglutination die wirksamsten Agglutininrezeptoren zu besitzen, die ihr
haptophores Glied am stfirksten und h&ufigsten in solchen Fallen zu
verankern vermfigen. Voraussetzung ist dabei immer die Verwendung
eines filteren Stammes, um gleichm&Bige, zu Vergleichen dienende Re-
sultate zu erlangen. Ich kann demnach in keiner Weise der Ansicht
Kfimmerers zustimmen, der bei Ikterus nur sehr selten Agglutination
annimmt. Allerdings ist auch die Meinung Kfihlers, der eine Herab-
setzung des Wertes der Gruber-Widalschen Reaktion infolge des
hfiufigen Auftretens derselben bei Erkrankungen der Leber und seltener
des Blutes annahm, nicht berechtigt. Wir mflssen — und das Gros
der Untersucher fiber die Agglutinationskraft ikterischen Blutserums
gibt mir recht — eine gesteigerte Agglutinationsfahigkeit hier annehmen,
die teilweise durch eine begleitende Oder vorausgegangene Infektion mit
differenten Bakterien Oder durch Stoffwechselvorgfinge veranlafit werden
kann. Keinesfalls kann jedoch diese nicht spezifische
und auch nicht in der Starke und Schnelligkeit der
Reaktion wie bei Typhus auftretende Agglutination bei
Ikterischen in Konkurrenz mit der durchaus spezifischen
Reaktion beim Unterleibstyphus treten.
Der grofite Teil dieser nicht spezifischen Sera findet seine Deutung
in dem Phanomen der Gruppenagglutination Pfaundlers 1 2 ).
Unter Gruppenagglutination versteht man nach der ursprfinglichen
Pfaundlerschen Ansicht die nicht spezifische Beeinflussung anderer
Mikroben durch ein Immun- Oder Rekonvaleszentenserum, das durch
die Einwirkung einer ganz bestimmten Bakterienart entstanden ist.
Pfaundler war der Ansicht, dafi der Agglutinationswert in dem Ver-
hfiltnis sinke, wie sich der bezfigliche Mikroorganismus in der Arten-
reihe vom infizierenden entferne. Zahlreiche Untersuchungen fiber die
Gruppenagglutination ergaben aber, dafi diese chemische Bindungs-
reaktion nichts mit der Verwandtschaft der Arten, die in morphologischen
und biologischen Unterschieden besteht, zu tun hat. Stern*) ging, auf
Dunbarschen Anschauungen fufiend, dieser Pfaundlerschen Annahme
zu Leibe, indem er im Protoplasma zweier Bakterien, die
durch ein gleiches Serum zur Agglutination gebracht
werden, gemeinsame Agglutininrezeptoren annahm, die
im infizierten Organismus ihre passenden haptophoren
Gruppen finden. So wirkt spezifisch jedes Einzelagglutinin, wShrend
1) Pfaundler, Ueber Gruppenagglutination und das Verhalten des Bact. coli
bei Typhus. (Miinch. med. Wochenschr. 1892. No. 15.)
2 ) Stern, 1. c.
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
213
im allgemeinen als nicht streng spezifisch die agglutinierende Wirkung
eines Serums gegenQber dem infizierenden Bacillus angenommen werden
muB.
Die in Ehrlich-Pfeifferschen Bahnen gewounenen Vorstellungen
vom chemischen Aufbau und chemischer Wirkungsweise der Bakterien-
zelle und ibrer Produkte gewinnen also auch hier ein freies Feld und
verdrfingen die alten Anschauungen von den morphologischen, mecha-
niscben Gesetzen unterworfenen Formen.
Die Gruppenagglutination in diesern Sinne aufgefafit, erleichtert uns
wesentlich die Frage von der Spezifit&t der Bakterienagglutinine, so
daB wir von einer Spezifit&t eines Serums nur reden kfinnen, wenn wir
darunter die spezifische Einwirkung der einzelnen Agglutinintypen auf
ihre verwandten Gruppen im Protoplasma der Bakterien verstehen.
Ein zweites Faktum, das bei der Betrachtung des Spezifitfitsbegriflfes
der Agglutinine auszuschlieBen ist, gehort unter das Kapitel der nicht
spezifischen Abwehrvorrichtungen, der Alexine des Serums. Es
gibt Tiersera, so speziell das Ochsen- und Pferdeserum, die verschiedenen
Bakterien gegenfiber eine erhfihte Agglutinationskraft zeigen, ohne daB
eine entsprecbende Infektion stattgefunden hfitte. Analoge Beobachtungen
finden wir in dem Vorkommen von Antitoxinen im normalen Pferde¬
serum. Eine Mobilmachung dieser auch im menschlichen Serum haufiger
anzutreffenden, schwach ausgebildeten Agglutinine kann unter den ver-
schiedensten Verhfiltnissen geschehen; schon ein gesteigerter Stoffwechsel
genfigt, urn die Agglutinationsffihigkeit eines Serums zu steigern. Stfiubli 1 2 3 * )
konnte so bei graviden Meerschweinchen einen hfiheren Agglutinations-
titer nachweisen als bei nicht tragenden Tieren. P. Th. Mailer*) fand
bei hungernden Tieren (Tauben) ein einer bestimmten Bakterienart gegen-
fiber verschiedenes Verhalten der Agglutinine, indem die Hungertiere
nach Injektion von Bact. typhi und Bact. pyocyaneus stets einen
hdheren Agglutiningehalt aufwiesen als die Kontrolltiere, wfihrend mit
Bact. dysenteriae, Vibrio Metschnikoff und Bact. proteus
geimpfte Hungertiere einen niedrigeren Agglutinationstiter den Normal-
tauben gegenQber zeigten.
Es sind lediglich Schwankungen im Agglutiningehalt
eines Serums bei besonders disponierten Tieren Oder
Menschen, die bisweilen mit Steigerung, aber auch mit Herabsetzung
der ursprfinglichen, meist schwachen Agglutinationsffihigkeit des Serums
einhergehen konnen. Die Ffille von Ikterus, in denen eine Gruppen¬
agglutination nicht als bedingendes Moment angesehen werden kann,
ergeben wohl infolge einer mfifiigen Resorption von Galle ins Blut eine
befriedigende Erklarung.
Endlich kann, abgesehen von einem passiven Uebertreten mfltter-
licher Agglutinine ins kindliche Blut, den Agglutinin sezernierenden
Zellen ffir lange Zeit eine latente Energie innewohnen. Wenn auch in
den ersten Wochen des extrauterinen Lebens die passiv fibertragenen
Agglutinine ffir die fiufiere Beobachtung wieder verschwinden, so ist
doch nach diesbezfiglichen Untersuchungen Coles 8 ) den Agglutinin
1) Staubli, Ueber die Bildung der Typhusagglutmine und den Uebergang von
der Mntter auf die Deszendenten. (Centralbl. f. Bait. etc. 1904. No. 2/3.)
2 ) Muller, P. Th., Zur Theorie der mutterlichen und antibakteriellen Immunitat.
(Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXVI. 1903. No. 5.)
3) Cole, Ex penmen teller Beitrag zur Typhusimmunitat. (Zeitechr. f. Hygiene.
Bd. XLVL Heft 3.)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2.
sezernierenden Zellen die latente F&higkeit geblieben, unter gewissen
Reizzustanden mehr Oder weniger reicblich Agglutinin rasch zu pro-
duzieren.
Von dieser natfirlich vorhandenen Agglutinationsmfiglichkeit im
Blutserum muB also bei einer Beurteilung der Frage von der Spezifit&t
abgesehen werden. Eine schon vorbandene Qualitat der sezernierenden
Zellen wird hierbei — wie es scheint, wahllos — in Schwankungen,
die h&ufiger zu Steigerungen der Agglutinationskraft fflhren, gesetzt.
Bei der spezifischen Produktion durcb Immunisierung oder Infektion
haben wir es dagegen immer mit dem Uebergewicht eines spezifiscben
Agglutinins zu tun.
Ganz aus dem Rahmen der Spezifit&t endlich fallen die Versuche,
die sich mit der Agglutination verschiedener Bakterien durch differenteste
chemiscbe Substanzen befassen. So agglutiniert nach Blachstein 1 2 )
Chrysoidin den Cholerabacillus, Bossaert und Larabotte*) agglu-
tinierten den Typhusbacillus durch Formaldehyd; Safranin, Fuchsin und
Vesuvin sollte nach Malvoz 3 ) das Bact. typhi agglutinieren, ebenso
10-proz. Taurochols&ure nach KShier 4 ) den Typhusbacillus. Abgesehen
von dem niedrigen Agglutinationswerte handelt es sich hier, wie ich
mich besonders bei der Taurochols&ure fiberzeugen konnte, nicht nur
um eine durchaus inkonstante Erscheinung, sondern auch um
eine g&nzlich unspezifische Qualit&t, indem verschiedene Bakterien
in geringem Mafie in gleicher Weise durch dieselbe Drogue beeinflufit
werden. Analoge Versuche linden wir tlbrigens bezfiglich der spezifischen
Bindung des Tetanustoxins an bestimmte Organzellen angestellt. Stou-
densky 5 ) erbrachte den Nachweis, daB Karmin, mit Tetanustoxin ver-
mischt, eine Bindung des Toxins veranlaBte und glaubte diesen Befund
zu einer Deutung der spezifischen Bindung des Toxins an bestimmte
Organemulsionen als einer Art von Fl&chenadsorption benutzen zn
kOnnen, worin ihm jedoch von Wassermann 6 ) erfolgreich widersprochen
wurde.
Fur die Agglutination bei Erkrankungen nicht typhdser Natur geben
also das Ph&nomen der Gruppenagglutination wie die Erscheinung der
natiirlichen Resistenz, die auBer bakteriolytischen Antikorpern auch
Agglutinine zu produzieren vermag, befriedigenden AufschluB. Von
einer absoluten, qualitativen Spezifit&t der Agglutinine kann nicht die
Rede sein; doch mfissen wir, ebenso wie bei den natfirlich vorkommen-
den H&magglutininen, auch hier eine relative Spezifit&t der einzelnen,
differenten Agglutinine gegenfiber der entsprechenden Bakterienart
acceptieren, was im weiteren experiraentell festgelegt werden soli.
Eine absolute quantitative Spezifit&t linden wir dagegen bei der
kfinstlichen Immunisierung mit Typhusbakterien und in der fiberwiegen-
den Mehrzahl der F&lle bei der Typbusinfektion, und so handelt es sich
ferner darum, die Verh<nisse der spezifischen Agglutination des
Bact. typhi durch das entsprechende Immun- oder Rekonvaleszenten-
serum zu prfifen.
1) Blachstein, Munch, med. Wochenschr. 1896. No. 44/45.
2) Bossaert u. Lambotte, Bull, de l'acad. rovale de m4d. Belgique. 1897.
3) Malvoz, Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XI. 1897.
4) Kohler, 1. c.
5) Stoudensky, Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899.
6) Wassermann, Entstehung und Wirkungsweise der aktiven Stoffe im Immun
serum. (Ref. auf dem internet. Kongrefi f. Hyg. m Brussel. 1903. 8ept.)
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Liidke, Zur Spezifit&t der Antikorper.
215
Das nicht allzu seltene Fehlen der Gruber-Widalschen Reaktion
bei Typhus abdomiualis scheint nun dera Gegner der Spezifitatsfrage
einen willkommenen Anbaltspunkt zu bieten. Noch haufiger sind die
FSlle eines aufierst spSten Eintretens der Reaktion zu einer Zeit, in
der die Diagnose schon auf Grund anderer Symptome gesichert ist
{v. Leu be 1 ), Rumpf 2 )]. Verf. verfflgt flber einen Fall schwerer
Typhusinfektion, in dera bei wiederholter Untersuchung bis zum Exitus
(Ende der 2. Woche) keine Reaktion, weder auf Paratyphus- noch auf
Typhusbacillen eintrat. Ein spates Auftreten typischer Agglutinine bei
einer Infektionskrankheit, die im allgemeinen leicht zur Bildung dieser
Reaktionsstoife fflhrt, der Dysenterie, konnte Verf. in mehreren Fallen
beobachten, ohne dafi aber die Reaktion bei spateren Untersuchungen
ganzlich im Stiche liefi. In solchen Fallen, in denen zun&chst ein
negativer Ausfall der Reaktion stattfindet, kommt die weitere klinische
Diagnostik zu ihrem Recht. Ich glaube das Fehlen der Agglutinations-
reaktion so erklaren zu konnen, dad in der betreffenden infizierenden
Bakterienart die spezifische Komponente so toxisch ausgepragt war, dafi
sie die znr Abstofiung von Rezeptoren zugehdrigen Zellen lahmlegt,
entweder die agglutininbildende Fahigkeit nur fiir eine gewisse Zeit
paralysiert als gar ihr Verraogen, Rezeptoren zu sezernieren, vernichtet.
Um Antikorper und Reaktionsstoffe aus den bildungsfahigen Zellen
sezernieren zu lassen, bedarf es einer gewissen, mittleren Intensitat der
Bindungsreizung.
Ira^ allgemeinen wird man stets im Verlaufe der typhbsen Erkrankung
die spezifische Reaktion vorfinden; nur das nicht so seltene spate Auf¬
treten der Agglutination hat den Wert dieser Probe fflr den Kliniker
herabgesetzt. In der zweiten Woche oder schon am Ende der ersten
Woche pflegt jedoch allermeist die Prflfung des Serums auf Agglutinations-
fahigkeit positiv auszufallen. Aehnliche Verhaitnisse beobachtete ich bei
der Dysenterie, wo ich die Angaben frflherer Autoreu, dafi die Agglu¬
tination sehr selten vor dem 7. Tage auftritt, bestatigen konnte. Um
diese Zeit sind jedoch schon andere klinische Symptome in Erscheinung,
so dafi der positive Ausfall der Gruber-Widalschen Probe nur als
ein wertvolles Bestatigungssymptom zum Krankheits-
bilde hinzutritt In dem frfihen Auftreten (1. Woche) der Reaktion
bei hdheren Verdtinnungsgraden des Serums oder der Bouillonkultur
aber kflnnen wir, da sie spezifischer Natur ist, die Diagnose Typhus
abdominalis mit absoluter Sicherheit stellen, ohne dafi wir weiter auf
andere klinische Symptome grOBeren Wert zu legen brauchen. Die
Gruber-Widalsche Reaktion ist in solchen Fallen mehr
wie ein blofies Symptom. Der spezifische Charakter der Agglu¬
tinine erspart uns ferner hierbei den mtihsamen Nachweis der Bakterien
im Stuhl. Unter den Symptomen des Unterleibstyphus mufi die Reaktion
den ersten Platz einnehmen; daran mufi unter alien Urastanden fest-
gehalten werden. Nut bei einem Vergleich der Leukocyten- und Agglu-
tinationsbefunde fflr die Frflhdiagnose des Abdominaltyphus ist das
Symptom der Leukopenie, wie in jungster Zeit Kast und Giitig 3 ) in
ihrer wertvollen Arbeit flber Hypoleukocytose bei Typhus angeben, von
hflherem, diagnostischem Wert.
1) v. Leube, Mflnch. med. Wochenschr. 1898. No. 8.
2) Rumpf, BerL klin. Wochenschr. 1900. No. 24.
8) Kast u. Giitig, Ueber Hypoleukocytose beim Abdominaltyphus und anderen
Erkranknngen. (Dteches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXX. 1904. Heit 1/2.)
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Centralbl. f. BakL etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Em weiteres, storendes Moment fflr den Spezifitfitscharakter der
Agglutinine scheint in dero bisweilen anzutreffenden Vorkomranis zu
liegen, daB frisch aus dem erkrankten Organismus gezfichtete Bakterien
nicht von spezifischem Serum agglutiniert werden, wfihrend bei aiteren
Stfimmen in hohen Verdtinnungsgraden eines passenden Immunserums
Agglutination eintritt. Stern 1 ) teilt die interessante Beobachtung mit,
daB aus dem Blute eines Typhuskrauken mebrere unter sich ganz gleiche
Typhuskolonieen gezOchtet wurden, von denen jedoch nur einige durch
das Serum des Patienten beeinfluBbar waren. Es ist nun denkbar, daB
der in den Organismus eingedrungene Mikroorganismus im Kfirper einen
ModifikationsprozeB durchmacht, der ihn in der Entwickelung seiner
ihm originalen Funktion zeitweise hemmt. In solchen negativen Agglu-
tinationsbefunden mit einem frisch gezQchteten Stamm ein Versagen der
Serodiagnostik zu erkennen, erscheint aber vollig unberechtigt. Die
verloren gegangene Agglutinationsfahigkeit des infizierenden, eben ge-
ztlchteten Mikroben l&Bt sich bequem durch Ueberimpfen auf die ge-
wfihnlichen Nfihrboden wieder herstellen. P. Th. Mfiller 2 3 ) konnte, nach-
dem von Walker 8 ) fihnliche Verh<nisse beschrieben waren, experimentell
feststellen, daB die ZQchtung der Typhusbacillen in einer Mischung von
spezifischem Immunserum und Bouillon die Entstehung einer Basse zur
Folge hatte, die sich durch weit geringere Agglutinierbarkeit gegenfiber
einer aiteren Laboratoriumskultur auszeichnete. Wir mfissen demnach
hier nach Mtiller eine Hemmung resp. Abschw&chung der Rezep-
toren des Bakteriums durch den Kontakt mit den spezifischen Agglu-
tininen, wie er auch bisweilen im Serum eines mit Typhus infizierten
Kranken zum Ausdruck kommt. annehmen, ohne daB darin ein Fehler
in der spezifischen Reaktion vorlfige.
Verschieden von dieser Verminderung der Agglutinierbarkeit frisch
geztichteter oder im Immunserum gewachsener Typhusbakterien ist das
von Bail 4 ) beschriebene Phfinomen der Unempfindlichkeit der ins
Peritoneum eingeffihrten Typhusbakterien gegenfiber den Agglutininen.
Hier handelt es sich nicht urn die Entstehung einer inagglutinablen
Basse, sondern um eine Verankerung der agglutininbindenden Rezeptoren
durch Abbauprodukte der Agglutinine, die Bail als Agglutinophore be-
zeichnet Auch diese Unempfindlichkeit der Bakterien gegenfiber den
spezifischen Agglutininen geht bei der ersten Ueberimpfung in gewfihnliche
Nihrbfiden verloren. DieErzielung einer dauernd agglutininunempfind-
lichen Rasse gelang bisher, wie Kir stein 5 * ) ausfuhrt, nicht; dagegen
erhielt Kirstein eine fiber mehrere Generationen sich erstreckende
Agglutininresistenz, doch auch nur bei einzelnen Stfimmen. „Es ist
demnach nur die labile, agglutinophore Gruppe des Agglutininmolekfils
in Verlust gekommen und dadurch der dem Auge deutliche Agglutinations-
vorgang zerstfirt. Damit kdnnen natfirlich pathogene Mikroorganismen
der Diagnose durch die Agglutinationsreaktion entgehen, ohne daB die-
selbe damit aufgehoben ist“ (Kirstein).
Aehnliche Verhfiltnisse liegen auch in dem von Fait a und Nfigge-
1) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1903. No. 30.
2) Muller, P. Th., Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 2.
3) Walker, Zit. nach P. Th. Muller.
4) Bail, Versuche fiber Typhusagglutinine und -prazipitine. (Arch. f. Hygiene.
Bd. XLII. 1902.)
5) Kirstein. Ueber Beeinflussung der Agglutinierbarkeit von Bakterien, ins-
besondere von Typhusbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVI. Heft 2.)
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
217
rath 1 ) ktlrzlich erwahnten Bericht vor. Diese Autoren fanden bei einer
Typhusendemie im Serum der Patienten ein auffalliges Verhalten in der
Agglutination mit verschiedenen Stammen und suchten dies durch Ver-
schiedenheiten im Rezeptorenapparat der jeweilig krankmachenden Spiel-
arten des Bact. typhizu erklaren. Andererseits konnten sie in frischera
menschlichen wie tierischen Typhusserum haufiger Proagglutinoide nach-
weisen, die infolge groBerer Aviditat zu den Rezeptoren eine Einwirkung
der Agglutinine verdeckten. Wir sehen also hier wieder, daB ein Fehlen
der Reaktion auch in klinisch Oder bakteriologisch sichergestellten Fallen
den Wert der spezifischen Bindung nicht herabsetzen kaun.
Ein groBerer Teil der Typhusfalle mit negativer Agglutination ist
ferner auf ein Uebersehen der in letzter Zeit mehrfach zitierten Para-
typhusstamme zuriickzufiihren, so daB man in alien typhussuspekten
Fallen zur Sicherung der Diagnose nicht nur mit einer Agglutination
gegenuber dem Bact. typhi, sondern auch gegenuber den beiden, bis
jetzt bekannten Paratyphusstammen zu rechnen hat.
Es wurden nun in jfingster Zeit verschiedene brauchbare Methoden
zur Anstellung der G ruber-Widalschen Reaktion vorgeschlagen. So
die Verwendung abgetoteter Kulturen nach dem ersten diesbeziiglichen
Vorschlag von Widal und Si card 2 ) [Proscher 3 ), Roily 4 ), Lion 5 ].
Mit Formalin (40 Proz.) abgetotete Bouillonkulturen haben jedoch nach
meinen Erfahrungen den Nachteil, daB die spezifische Reaktion nicht
mehr in der Starke der Haufchenbildung, der Schnelligkeit des Eintritts
und dem Verdunnungsgrade eintritt, wie bei der Verwendung guter,
lebender Laboratoriumskulturen. Am besten scheint sich nach den bis-
herigen Angaben das Fickersche Diagnostikum zur Anstellung der
Reaktion zu eignen. Von Meyer 6 ), Ehrsam 7 ), Radzikowski 8 )
wurden recht befriedigende Resultate fiber die Verwendung dieses
Diagnostikums, das meines Erachtens aus mechanisch zerriebenen und
zertrfimmerten Bakterienleibern besteht, mitgeteilt. Schwankungen der
Agglutination, durch das Alter, die Virulenz, die individuelle Agglu-
tinationsffihigkeit des Stammes veranlaBt, scheinen hier weniger in Be-
tracht zu kommcn. Wertvoll erscheint auch der Vorschlag Faltas
und Noggeraths 9 ), ein gewissermaBen „polyvalentes Diagnostikum“,
aus verschiedenen Typhusstammen bestehend, zu verwenden.
Im allgemeinen genflgt jedoch die Ausffihrung der Reaktion mit
einer gut agglutinierbaren, aiteren, lebenden Kultur vollkommen, wenn
auch geringere Differenzen in der Titerhohe bei einzelnen Stammen
bisweilen zu beobachten sind. Der Wert der spezifischen
Agglutinations probe ftir die Klinik besteht allerdings
nicht in der Anerkennung der bloBen Agglutinierbarkeit
1) Falta u. Noggerath, Zur Bedeutung der Proagglutinoide fur die Gruber-
Widalsche Reaktion. (Ref. a. d. 76. Vers. Dtscner Naturf. u. Aerzte.)
2) Widal u. Sicard, Etude stir le s^rodiagnostic. (Ann. de l’Inst. Pasteur.
1897. No. 5.)
3) Pr6scher, Zur Anstellung der Widalschen Reaktion. (Centralbl. f. Bakt. etc.
Bd. XXXI. 1902.)
4) Rollv, Zur Diagnose des Typhus abdominalis. (Miinch. med. Wochenschr.
1902. No. 24.)
5) Lion, Die Methoden zur Ausfiihrung der Gruber-Widalschen Reaktion. (Miinch.
med. Wochenschr. 1904. No. 21.)
6) Meyer, J., Berk klin. Wochenschr. 1902. No. 45.
7) Ehrsam, Miinch. med. Wochenschr. 1904. No. 15.
8) Radzikowski, Wien. klin. Wochenschr. 1904. No. 10.
9) 1. c.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 2.
durch das Serum, vielmehr liegt in der Steigerung der
Agglu tinationsffihigkeit des wirksamen Blutserums die
d iagnostische Bedeutung des Gruber-Widal. Die Agglu-
tinationskraft ist eine schon natfirlicherweise dfter vorhandene (wenn
auch meist nur bei einer Verdfinnung von 1 : 1) Qualitfit, die auch in
nicht spezifischen Erkrankungen eine geringffigige Steigerung ihres
Wertes erhalten kann.
Wir mflssen uns bei der Frage der Spezifitat der Agglutinations-
reaktion immer bewufit bleiben, daB wir bei der Typhusinfektion, eine
einwandsfreie Technik vorausgesetzt, in den allermeisten Fallen mit einer
absoluten quantitativeu Spezifitat zu rechnen haben, daB jedoch in
qualitativer Beziehung infolge des Entstebens differenter Partialagglutinine
zusammen mit dem dem infizierenden Bacillus entsprechenden Haupt-
agglutinin in einzelnen Fallen eine nicht strenge, absolute Spezifitat
aucb bestehen kann, die sich den Partialagglutininen gegen fiber aller-
dings nur in niedrigen Verdfinnungen geltend macbt.
Der spezifische Charakter der Agglutinine kann aber
am sicbersten und reinsten in einem hochwertigen
Immunserum erkannt werden, das far die Diagnostik
des infizierenden Mikroorganism us die absoluteste
Dignitat besitzt. Aehnlich verhalt es sich mit Rekon-
valeszentenserum, das fast immer, bei richtiger Versuchsmethodik
in hfiheren VerdOnnungsgraden verwandt, die Diagnose der spezifischen
Krankheit mit absoluter Sicherheit teils bestfitigt, teilweise sogar allein
zur Erkenntnis des Krankheitsbildes fflhren kann. Nur eine ganz ober-
fiachlicbe Anscbauung und mangelbafte Uebung konnte den spezifischen
Charakter dieser Reaktionsprodukte im Serum in Abrede stellen.
Es sind jedoch in den letzten Jahren, in denen der Spezifitats-
charakter der Agglutinine dfter in Zweifel gezogen wurde, verschiedene
Befunde mitgeteilt, die auf Grund von experimentellen Untersuchungen
diese Spezifitat des Immunserums und Rekonvaleszentenserums in Mifi-
kredit brachten. Ich will mich hier nur auf wenige Zitate beschrfinken,
indem ich die Ergebnisse und Ansichten einiger Untersucher fiber die
Differenzierung einzelner Agglutinine in Immunseris anffihre. So be-
richten Arloing und Courmont 1 ) fiber die Eigenschaft von Typhus-
immunseris, hfiufiger auBer dem Eberthschen Bacillus auch den Koch-
schen Bacillus zu agglutinieren. Beide Autoren kommen hierbei zu
dem richtigen SchluB, daB man die Erklfirung dieser zweifach wirksamen
Agglutinationsffihigkeit nicht in einer Identifizierung der beiden Agglu¬
tinine oder in einer einander parallelen Entwickelung zu suchen habe.
Nach ihren Tierversuchen ist es nicht dieselbe Substanz, die im Serum
der Typhuskranken den Kochschen wie den Eberthschen Bacillus
zur Agglutination bringt Im Gegensatz zu Beobachtungen von Schott-
mflller 2 3 ), Kurth 8 ), de Feyfer und Kayser 4 ) fand Jfirgens 6 ) wie
Conradi und v. Drigalski 5 ) in Fallen von Paratyphusinfektion einen
positiven Widal in hdheren Verdfinnungen auch ffir den Typhusbacillus
und umgekehrt in einer Typhusendemie in vielen Fallen auch eine Mit-
1) Arloing und Courmont, Ref. im CentralbL f. Bakt. etc. 1904. Heft 3/4.
2) Schottmiiller, Dteche med. Wochenschr. 1900. No. 32.
3) Kurth, Dteche med. Wochenschr. 1901. No. 30.
4) de Feyfer und Kayser, MQnch. med. Wochenschr. 1902. No. 41/42.
5) Conradi, v. Drigalski u. Jurgens, Zeitschr. 1 Hyg. u. Infektionskrankh.
Bd. XLIL 1902.
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Liidke, Zur SpezifiUU der AntikOrper.
219
agglutination der Typhoidbacillen. Jurgens kommt daher zu dern
SchluB, dafi nicht allein das Agglutinationsphtnomen zur Klaruug der
Aetiologie verhelfen konne, sondern, wie uubedingt zugegeben werden
muB, in erster Linie die bakteriologische Untersuchung der Faeces.
Auch Immunisierungen von Ziegen und Kaninchen bewiesen nach vor-
stehendem Autor keine streng spezifische Beeinflussung der zur Infektion
verwandten Bakterien, indern bei Typhusinfizierung z. B. auch die Typhoid-
bakterien mitagglutiniert wurden. Analoge Untersuchungen liegen be-
zflglich einer Mitagglutination von Coli-Bacillen durch Typhusimmun-
serum und umgekehrt vor; jedoch scheint bier nur eine unbedeutendere
Beeinflussung der nicht zur Immunisierung verwendeten Bakterienart
vorzukommen [Kiihnau 1 ), Jatta 2 ), Pfaundler 8 ), Stern 4 ), Biber-
stein 5 ), Fodor und Riegler 8 ), Castellani 7 )]. Fiir eine Ab-
leugnung der Spezifit&t der Agglutinationsreaktion konnen diese nur zum
kleineren Teil abweichenden Befunde nicht verwertet werden, denD es
kann, wie schon ausgefiihrt, neben dem spezifischen Agglutinin sehr
wohl noch, der differenten Zusammensetzung des zur Immunisierung
verwandten Bakterium entsprechend, eine Mitagglutination anderer Arten
durch Partialagglutinine eintreten. AuBerdem muB stets eine Misch-
infektion mit anderen Arten, speziell mit Paratyphusbakterien, woruber
in einigen Arbeiten berichtet wurde, ausgeschlossen werden. Bei einer
derartigen Bakterienassociation werden natiirlich differente Rezeptoren
ins Serum abgestoBen und konnen die diagnostische Erkenntnis stark
beeinflussen. Wie nun aber die bakteriziden Schutzkbrper bei der
Tatigkeit eines zweiten oder mehrerer Organismen im Kbrper eine
Herabsetzung ihrer Wirksamkeit erfahren, konnen auch die Agglutinine
in ihrer Entstehung und Wirkungsweise sich gegenseitig beeinflussen.
So wird man hierbei geringere Titrewerte und besonders gleichm&Bigere
Agglutinationswerte (was bei der bloBen Mitagglutination nicht der Fall
ist) der einzelnen Stamme linden. Weiter miissen wir in gewissen
Grenzen sich bewegende individuelle Schwankungen bei der Bildung
und Entwickelung der einzelnen Agglutinintypen annehmen, die von
mehr oder weniger stark ausgepragten Komponenten des Bakterienleibes
sowie von der Reaktionsf&higkeit, d. h. der AffinitSt der agglutinin-
produzierenden Zellen, abh&ngen.
1) Kiihnau, Berl. klin. Wochenschr. 1897.
2) Jatta, Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXXIII. 1900.
3) Pfaundler, Miinch. med. Wochenschr. 1899.
4) Stern, Berl. klin. Wochenschr. 1897.
5) Biberstein, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 1898.
b) Fodor und Riegler, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXIII. 1898.
7) Castellani, Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XL. 1902.
(Fortsetzung folgt«)
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate* Bd. XXXVIII. Heft 2.
Nachdruck verboten.
Ueber den Einfluss erhohter Temperatur auf die bakterizide
Wirkung des normalen Serums.
[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universit&t Prag
(Vorstand: Prof. H u e p p e).]
Von Dr. Yonetaro Kikuchl.
Man hat bisher ohne besonders auf diesen Punkt gerichtete Unter-
suchungen gewissermafien als selbstverst&ndlich angenommen, daB die
verschiedenen Wirkungen, die das Serum auf Bakterien austlbt, ihr
Temperaturoptimum ungef&hr bei der Bluttemperatur haben, wAhrend
es feststand, daB unterhalb derselben ein weit langsamerer Verlauf
konstatiert wurde. Die Annahme war ganz natflrlich, sobald man den
bakteriziden, agglutinierenden und pr&zipitierenden Eigenschaften des
Serums eine wesentliche Bedeutung fflr den TierkOrper zuschrieb und
die Ergebnisse des Reagenzglasversuches auf die Verh<nisse im lebenden
Organism us flbertrug.
Nun hat aber Weil 1 2 3 ) fflr die Bakterienaggludnation festgestellt,
daB ihr Optimum weit hdher als die jemals mdgliche KOrpertemperatur,
bei etwa 50—55° C liegt.
Man braucht nur einen Versuch anzustellen, um sich zu flberzeugen,
wie unvergleichlich schneller und vollstfindiger der Verlauf der Agglu¬
tination bei 50° C im Vergleich zu dem bei 37° C erfolgt.
Was die bakterizide Seite der Serumwirkung betrifft, so wurden
fast alle Versuche bisher bei 37° C angestellt Nur ab und zu und
zu ganz besonderen Zwecken arbeitete man auch bei hdherer Tempe¬
ratur. So lieB Buchner*) in Anlehnung an Versuche von Pekel-
haring Serum auf Bakteriensporen bei 42° C einwirken, nur zu dem
Zwecke, um die Auskeimung der Sporen zu verhindern.
Es erfolgt Serumbakterizidie auch bei dieser Temperatur.
Die Feststellung eines hoheren Temperaturoptimums fflr die Bak-
terienabtfltung als es die KOrpertemperatur ist, hat ein ganz besonderes
Interesse. Denn auf den ersten Blick erscheint die bakterizide Kraft
des Blutes als eine so Qberaus zweckmflfiige Einrichtung, daB man trotz
vereinzelter Widersprflche kein Bedenken getragen hat, sie als das
wichtigste, wenn nicht einzige Schutzmittel des Organismus gegen Bak¬
terien zu betrachten. Von dieser scheinbaren Zweckm&Bigkeit geht viel
verloren, sobald sich zeigen lflBt, daB der Vorgang der Keimvernichtung
am besten erfolgt, wenn er unter Bedingungen verl&uft, die im lebenden
TierkOrper gar nicht vorhanden sind.
Temperaturen von 44 und 45° C, die in den folgenden Versuchen
angewendet wurden, erreicht der Kaninchenk5rper wohl niemals. Dabei
wird ganz abgesehen davon, daB im Organismus ja kein Serum, sondern
nur Blut vorhanden ist. Wenn man aber die Ergebnisse der Reagenz-
glasversuche auf den Tierkflrper flbertr>, so ist zu berflcksichtigen,
daB bei 45 0 C schon eine sehr betr&chtliche Losung von roten Blutkflr-
perchen erfolgt, die ihrerseits wieder nach Buchners 8 ) Ermittelung
die Bakterizidie herabsetzt.
1) Weil, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXVI. No. 5. Bd. XXXVII. No. 1.
2) Buchner, Archiv fiir Hygiene. Bd. XVII. p. 115.
3) Buchner, Archiv fiir Hygiene. Bd. X.
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Kikuchi, Einflufi erhohter Temperatur auf die bakt Wirkg. norm. Serums. 221
Id jfingster Zeit, als die nachstehenden Versuche bereits dem Ab-
schlufi nahe waren, teilten Detre and S el lei 1 ) mit, dafi auch fflr Hfi-
molyse das Optimum hOher als bei 37° C liege. In einer kurzen Be-
merkung weisen sie, ohne eigene Versuche mitzuteilen, darauf hin, dafi
dasselbe auch fflr die Bakteriolyse gelte.
Die Temperatur yon 44 und 45° C wurde in den folgenden Ver-
suchen gewfihlt, urn den sp&ter zu besprechenden Einwand, dafi hohe
Temperaturen an sich schon Bakterien schadigen, von Anfang an zu
berflcksichtigen. Gearbeitet wurde haupts&chlich mit Kaninchenserum
und den for bakteriolytische Versuche besonders geeigneten Typhus-
bacillen und Choleravibrionen.
Tabelie I.
Schafserum. Die Proben standen in Waseerbadern, die durch Thermoregulator
(Ostwaldschee Wasserbad) genau auf 37 und 44° C gehalten waren.
Zur Einsaat dient 12-stundige Bouillonkultur von Typhusbacillen.
Eineaat nach '/j Std. nach l 1 /, Std. nach4 , / 1 Std.
1) 2 ccm aktivee Serum
2) 2 „ Serum, V, Std. auf 60°
3) wie 1
4) wie 2
44° 1
37° |
oo
oo
3136
0
oo
152
oo
0
oo
0
oo
Tabelie II.
Schafeerum. Anordnung wie in Tab. I.
Einsaat von 12 Std. alter, gat durchgeschuttelter Cholerabouillonkultar.
Einsaat nach 7* Std. nach 1 Std. nach 4 Std.
1) 2 ccm aktivee Serum \ / 2 720 120 0
2) 2 „ Serum, 7» Std. auf 60 °j J no 00 00 oo
3) wie 1 1 o 7 o I ca. 20000 3200 0
4) wie 2 / l 00 00 00
Tabelie III.
Kaninchenserum* Die Proben standen im Wasserbad von 37 und 45° C.
Bouillonkultur von Typhusbacillen.
Einsaat nach l L Std. nach 1 Std. nach 4 Std.
1) 1 ccm aktivee Serum \ afx 0 / 1824 1000 0
2) 1 „ Serum, V s 8td.auf 60°/ 0 I _ 00 00 00
3) wie 1 | 37 ol -5440 2170 640
4) wie 2
oo
oo
oo
Tabelie IV.
Dasselbe Serum wie in Tab. III. Gleiche Anordnung mit Staphylococcus.
1) 1 ccm aktivee Serum 1
2) 1 „ Serum, V, Std. auf 60°/
3) wie 1 |
4) wie 2 j
45 ‘
37 •
Einsaat nach 1 L Std.
r 9 600
ca. 10000
ca. 20000
ca. 20000
ca. 15000
nach 1 Std.
4 800
ca. 10000
4480
ca. 10000
Kaninchenserum.
1) 1 ccm aktivee Serum
2) 1 „ Serum, 1 /, Std. auf 60°
3) wie 1
4) wie 2
Tabelie V.
Gleiche Anordnung mit Staphylococcus.
Einsaat nach V, Std. nach 1 Std.
3040 168
4640 1280
1440 704
4400 1952
j
,} 45 °|
> 37°|
7000
nach 2 Std.
2240
5440
3520
ca. 10000
nach 2 Std.
6
384
296
1248
1) Detre und Sellei, Wiener klin. Wochenschrift. 1904. No. 45.
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222
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Tabelle VI.
Dasselbe Serum und dieedbe Anordnung wie Tab. V.
Einsaat von Cholerabouilionkultur.
Einsaat
nach V. Std.
20a0
nach 1 Std.
nach 2 Std.
1) 1 ccm
aktives Serum 1
[ 45°
r
320
16
2) 1 „
Serum, ‘/ t Std. auf 60 # j
00
OO
OO
oo
3) wie 1
37°
3680
1408
672
4) wie 2
J
l
OO
OO
oo
Tabelle VII.
Kaninchenserum.
Dieeelbe Anordnunir wie Tab. VI.
Bouillon kultur von Typhusbacillen.
Einsaat
nach Vi Std.
5760
nach 1 Std.
nach 2 Std.
1) 1 ccm aktives Serum ]
45*1
f
1568
448
2) 1 „
Serum, */» Std. auf 60 °j
°°
OO
OO
oo
3) wie 1
37° |
ca. 10000
ca. 10000
2160
4) wie 2
l
OO
OO
oo
Tabelle VIII.
Dasselbe Serum und diesel be Anordnunir wie Tab. VII.
Cholerabouillonkultur.
Einsaat
nach V, Std.
nach 1 Std.
nach 2 Std.
1) 1 ccm aktives Serum 1
I 46 ’!
f
1152
1920
1780
2) 1 „
Serum, '/, Std. auf 60°J
1
OO
1
OO
OO
oo
3) wie 1
|37°|
ca. 10000
ca. 10000
ca. 10000
4) wie 2
J
l
OO
OO
oo
Aus den raitgeteilten Versuchen gebt ohne weiteres die st&rkere
und schnellere Bakterizidie bei 44 und 45° C hervor. Schwankungen
in einzelnen fin den dabei wie bei jeder grOfleren bakteriziden Versuchs-
reihe statt und Mngen offenbar mit der schwankenden, absoluten, keim-
tOtenden Kraft der Normalsera zusammen.
Es ist nur noch des obenerwfihnten Einwandes zu gedenken. Dafi
eine Temperatnr von 44° Bakterien schadigt, lftBt sich annehmen, anch
wenn das in der Platte nicht deutlich zum Ausdruck kommt, wie es
hier in der Mehrzahl der Falle zutraf. Es ist sofort zuzugeben, daB
Bakterien, die gleicbzeitig zwei verschiedenen Schadigungen ausgesetzt
sind, der hohen Temperatur einerseits, der Serumbakterizidie anderer-
seits, schneller verschwinden werden, als wenn nur eine einzige wirken
wflrde. Es wurde dieser Einwand zunachst so zu vermeiden gesucht,
dafi die zur Einsaat in die Proben bestiinmten Bakterien 2—3 Stunden
vorher bei 44° gehalten wurden, ohne dafi dies etwas am bisherigen
Resultate anderte. Docb ware auch damit der erwahnte Einwand nicht
vollstAndig beseitigt Dies mufi aber der Fall sein, wenn sich zeigen
lafit, dafi dort, wo bei 37° infolge des Fehlens oder mangelhafter Aus-
bildung der bakteriziden Kraft (Fehlen von ImmunkOrpern Oder Komple-
ment oder beider) keine Keimtdtung stattfindet, eine solche auch bei
45° unterbleibt. Etwas Derartiges zeigt sich bereits bei den Staphylo-
kokkenversuchen in Kaninchenserum. Bekanntlich ist der Staphylo¬
coccus in diesem Serum sehr Vviderstandsf&hig und wird nur verhaitnis-
mafiig wenig geschadigt. Tatsachlich kann hieran auch die hdhere Tempe¬
ratur nicht viel andern und bisweilen fehlte bei grofien Aussaaten,
sowohl bei 37° wie bei 44°, jede Bakterizidie oder kam nur angedeutet
zum Ausdruck.
Tabelle IX.
Kaninchenserum. Reichliche Einsaat von Staphylokokkenbouillonkultur.
1) 1 ccm aktives Serum 1
2) 1 „ Serum, l / ? Std. auf 60 # j
3) wie 1 '
4) wie 2
Einsaat
nach 1 Std.
vermindert
30
OO
OO
nach 2 Std.
OO
OO
OO
oc
nach 5 Std.
OO
OO
OO
OO
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 223
Koch klarer l&ftt sich dieser wichtige Befuud bei Verwendung von
Milzbrand und Schafserum erheben, welch letzteres nach den Unter-
suchungen von Bail und Pettersson niemals {Complement und oft
auch keinen Immunkfirper zur Milzbrandabtdtung besitzt
8
3)
4)
Tabelle X.
Schafserum. Diesel be VersuchsanordnuDg wie vorher.
Einsaat von 12 8td. alter, gut durchgeachfittelter Milzbrandbouillontultur.
Einsaat nach */, Std. nach l 1 /. Std. nach4‘/. Std.
2 ccm aktives Serum 1 ..o/ 3840 2560 2 800
2 „ Serum, 7, Std. auf 60 # J 44 1 7360 3520 3 840
wie 1 ta7*1 7360 3500 ca. 15000
wie 2 f 3 ' l 6400 3840 ca. 20000
Tabelle XI.
Dasselbe Serum und dieeelbe Anordnung wie Tab. X.
Einsaat von Milzbrandbacillen.
Einsaat nach X L Std. nach 1 Std. nach 4 Std.
1) 2 ccm aktives Serum \ 0 / 576 704 384
2) 2 „ Serum,»/, Std. auf 60°/ 44 I 7<u 800 960 1600
3) wie 1 I ., 7 o I 576 860 2200
4) wie 2 /[ 1120 1024 4160
Eine Vermehrung der Milzbrandbacillen konnte natfirlich bei 44°
nicht mehr erfolgen, aber auch von Bakterizidie ist nichts Deutliches zu
sehen. Es beruht also tatsfichlich die bessere Wirkung des Serums
nur auf einer Begfinstigung der bakteriziden Eigenschaften, der Bakterio-
lysine, und sie wird nicht durch eine Bakterienschfidigung infolge der
hSheren Temperatur vorgetauscht.
Prag, 1. Dezember 1904.
Nachdruek verboten .
Experimenteller Beitrag zur Hamolyse und zur Agglutination
der Streptokokken.
[Aus der bakteriologischen Abteilung des Hygiene-Instituts der Univer-
sitat Zflrich. Abteilungsvorstand: Privatdozent Dr. W. S i 1 b e r s c h m i d t]
Von Julius Kerner, cand. med.
Zu denjenigen Fragen, welche dank der neueren Forschungen auf
dem Gebiete der Immunitat in ein neues Licht gebracht wurden, geh6rt
die wichtige Frage der Identifizierung bezw. Trennung von pathogenen
Mikroorganismen. Wahrenddem frflher die kulturellen Merkmale allein
ausschlaggebend waren, ist es heutzutage nicht mehr statthaft, auf Grund
der kulturellen Untersuchungen Mikroorganismen zu trennen oder zu
identifizieren. Es ist vielmehr erforderlich, auch die Immunitatsreaktion
zu berflcksichtigen. Die grundlegenden Arbeiten von Pfeiffer fiber
die Typhus- und Cholerafrage haben den ersten AnstoB gegeben zu
dieser neuen Phase im Studium der Krankheitserreger. Zu denjenigen
Mikroorganismen, welche in dieser Hinsicbt noch nicht genfigend unter-
sucht sind, gehfirt der Streptococcus pyogenes. Ist es mdglich,
pathogene und nichtpathogene Streptokokken zu unterscheiden ? Giebt
es mehrere Arten des Streptococcus pyogenes? Diese Fragen
sind noch nicht endgfiltig beantwortet worden. Ich will hier nur an-
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224
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
fQhren, dafi die verschiedenen Forscher auf dem Gebiete der Strepto-
kokkenfrage, wieMarmorek, Besredka, Aronson, Moser, Mayer,
SchottmQller u. a. nicht zu flbereinstimmenden Resultaten ge-
kommen sind.
Auf Anregung von Herrn Dr. Silberschmidt habe ich es daher
Obernommen, das Verhalten verschiedener Streptokokken in Bezug auf
hfimolytische und auf agglutinierende Eigenschaften zu untersuchen und
will die erhaltenen Resultate hier in Kflrze mitteilen.
A. H&molysc der Streptokokken.
Die erste Aufgabe, die ich mir bei Beginn der diesbezOglichen Unter-
suchungen gestellt habe, war, mich zu aberzeugen, dafi die zu unter-
suchenden Streptokokken wirklich hfimolytische Eigen¬
schaften besitzen, wie es von vielen Autoren ffir Streptokokken-,
Staphylokokken-, Tetanus-, Typhus-, Pyocyaneus- und Coli-Stfimme
beschrieben worden ist. Der erste orientierende Versuch bestand darin,
dafi zu der gewbhnlichen, schwach alkalischen Bouillon steriles defibriniertes
Kaninchenblut zugefflgt, Streptokokken von verschiedener Herkunft reich-
lich geimpft, und das Ganze in den Brutschrank eingestellt wurde. Nach
24 Stunden zeigte es sich, dafi das Blut in vielen Rbhrchen deutlich
aufgelost worden war. Die Methode, die ich fQr den ersten Orientierungs-
versuch verwendet habe, ist schon lfingst bekannt und ist vor kurzer
Zeit eingehend von Riecke beschrieben worden. Es werden Bouillon-
rShrchen verwendet, der betreffende Streptococcus geimpft, wenige
Tropfen steriles defibriniertes Blut hinzugeffigt, und die RShrchen ;in
den Brutschrank eingestellt. Nach 1—2 Stunden sind die Blutkdrper-
chen am Boden des Rdhrchens, nach ungeffihr 6—8 Stunden beginnt
die Hfimolyse, indem der unterste Teil der Bouillon eine mehr oder
weniger ausgeprfigte Burgunderrotfarbe annimmt, welche allmfihlich auch
in den oberen Schichten der Flfissigkeit sichtbar wird. Nach 24 Stunden
werden die Rdhrchen geschQttelt, und dann ist die Bouillon diffus lack-
farben. Nach 3—4 Tagen wandelt sich hfiufig die Farbe in eine braun-
rote um, nach 6—7 Tagen tritt eine Aenderung der Farbe nicht mehr
ein. Zu den eigenen Versuchen wurde diese Methode angewandt, mit
dem Unterschiede, dafi das Schfitteln der Bouillonrfihrchen
vermieden wurde, da die H5he der burgunderrot geffirbten Sfiule
als gutes Kriterium ffir die Bestimmung der Jntensitfit des hfimolytischen
Prozesses dienen konnte, vorausgesetzt, dafi die Zusammensetzung und
die Menge der Bouillon bei alien analog angestellten Versuchen immer
konstant bleibt. Ich verwendete gewOhnliche, schwach alkalische Fleisch-
wasserpeptonbouillon in der Menge von je 10,0 ccm. Ffir die vorliegen-
den Untersuchungen benfitzte ich meistens Kaninchenblut, daneben
Menschen-, Meerschweinchen-, Hunde-, Ochsen- und Froschblut. Das
Blut wurde defibriniert und tfichtig mit physiologischer 0,8-proz. Koch-
salzldsung ausgewaschen, um die eventuelle Wirkung des Blutserums
auf das Wachstum der Streptokokken einerseits und auf die roten Blut-
kdrperchen andererseits auszuschliefien. Die Autolyse der roten Blut-
kSrperchen im homogenen Serum war besonders stark far Menschen-
und Hundeblut ausgepr>, am wenigsten far Kaninchenblut. Nach der
wiederholten Auswaschung mit 0,8-proz. NaCl-Lfisung blieb das Blut im
Eisschranke 1 — 2 Wochen unverfindert. Bei jeder PrOfung der HSmo-
lyse wurde ein Kontrollversuch angestellt, indem zu der Bouillon die-
selbe Blutart zugefUgt wurde, aber keine Streptokokken. Trat die Hfimo-
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse and zur Agglatinat der Streptokokken. 225
lyse im Kontrollrflhrchen ein, so schlofi ich den betreffenden Versuch
aus. Von den 16 untersuchten Streptokokkenst&mmen wurden 2 tier-
pathogene St&mme B nnd P vor 5—6 Jabren aus dem Paltaufschen
Institut in Wien bezogen und seitdem sehr h&ufig weiter geimpft und
durch Tierpassage virulent erhalten; ein tierpathogener Stamm M wurde
aus einem Falle von Mastitis beim Menschen isoliert und ebenfalls
einige Jahre lang weiter gezQchtet; die tibrigen Streptokokken wurden
alle von Krankheitsf&llen des Menschen gewonnen, rait Ausnahme der
Stfimme Rach I. und Each. II, welche ich aus dem normalen Rachen
isoliert hatte.
Es wurde zun&chst die h&molytische Wirkung von Strep¬
tokokken verschiedener Herkunft in vitro geprflft. Schon
1895 SuBerte sich Marmorek dahin, daB bei der H&molyse der
Streptokokken in vitro es sich nur urn leichte Abweichungen je nach
der Art der Abstammung handelt, wobei die Abweichungen nur im
Uebergange von einer Form zur anderen bestehen. Schott mailer
nimmt an, daB alle Streptokokken unter gewissen Bedingungen eine
h&molytische Eigenschaft zeigen kdnnen, nur in verschiedener Intensit&t
und unter verschiedenen Farbnuancen, was auch Riecke auf Grund
seiner spektroskopischen Untersuchungen in neuerer Zeit best&tigt hat.
Entgegengesetzte Behauptungen fand ich in den Arbeiten von Bes-
redka, Schlesinger, v. Lingelsheim, Lubenau u. a. Diese
Autoren schreiben das h&molytische Vermogen nur den Streptokokken¬
st&mmen zu, die sich als fflr Tiere pathogen erweisen. In der folgenden
Tabelle No. 1 wird die Intensit&t der H&molyse verschiedener Strepto-
kokkenst&mme angegeben nach den mit der oben beschriebenen Methode
erhaltenen Resultaten. Hier ist zu bemerken, daft in alien meinen
Untersuchungen die Hdhe der burgunderrot verf&rbten S&ule auffallend
genau mit der Intensit&t der Lackfarbe Qbereinstimmte. Eine Ausnahme
machte nur das Menscheublut, dessen Farbnuancen ohne nachweisbare
Ursachen sich hie und da &nderten.
Das Alter der fflr diesen Versuch verwendeten Kulturen war an-
n&hernd das gleiche (s. Tabelle 1).
Diese mehrmals wiederholten Versuche ergaben, dad ein und derselbe
Streptococcus auf Blutkflrperchen verschiedenerTierarten verschieden
wirken kann. Am st&rksten war n&mlich die H&molyse mit Hundeblut,
am schw&chsten mit Menschen- und Froschblut. Es muB hier hervor-
gehoben werden, dafi die Resultate fflr eine Blutart und fflr ein und
denselben Streptococcus-Stamm ziemlich konstant blieben.
Ferner geht es aus der Tabelle No. 1 hervor, daB die h&molytische
Wirkung der einzelnen Streptokokken gegenflber den geprflften Blut-
arten &ufierst verschieden war. Einige St&mme h&molysierten sehr in-
tensiv, andere gar nicht. 3 fflr Tiere hochpathogene St&mme B, P und M
wirkten alle energisch und konstant h&molytisch. Die burgunderrote
Verf&rbung der Bouillon war sehr stark ausgepr>. Von den 7 fflr
Versuchstiere nichtpathogenen St&mmen hamolysierten mit einer gewissen
Konstanz nur die 2 Scharlacbst&mme, die anderen 5 nicht. 5 St&mme,
welche von verschieden schweren Krankheitsf&llen des Menschen ge¬
wonnen worden waren, deren Tierpathogenit&t aber nicht genau geprflft
wurde, h&molysierten verschieden stark. Von den 16 untersuchten
St&mmen zeigten sich somit 11 als deutlich h&molysierend, 5 als nicht
h&molysierend. Die mehrmals wiederholten Versuche fielen stets flber-
einstimmend aus.
E nte Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 2. 15
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226
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Tabelle No. 1.
Hamolyse der S tr epto ko k k en.
Bezeich-
Pathogen i tat
•
c
0>
9
3
a
'3
*3
+3
3
3
43
3
nung
des
8 tarn mes
Herkunft
fur
a J2
a .q
CJ
s
6
-a jq
O c
c
a>
1
Versuchstiere
c-°
oj
a
a
w
£ I
|
O
—
B
? (Wien)
hoch pathogen
+
+
IT
+
+
<
P
? (Wien)
hoch pathogen
II
n
+
II
<
M
Phi.
Mastitis
Phlegmone
hoch pathogen
patnogen
II
ii
<
+
ii
II
II
<4
<
<
A
Sch. I
tSeptische Endocarditis
Scnarlachblut
nicht pathogen
<
n
%
<
0
Sch. 11
Scharlaehabscefi
nicht pathogen
<4
<
<4
<
Jon.
Miliartu berk u lose
h
0
0
W
Strumitis
<
Me.
Ohreiter
<
Er.
Erysipelas
<
0
<4
0
C
Cholecystitis
nicht pathogen
0
0
0
K
Septische Endocarditis
nicht pathogen
0
0
0
0
0
In.
Intestinal is
nicht pathogen
0
0
0
Rach. I
norm. Rachen
nicht pathogen
0
0
0
ftach. II
norm. Rachen
nicht pathogen
0
0
0
Erk la rung der Zeichen, die fur alle Tabellen beniitzt werden:
vollstandige Hamolyse. Burgunderrote Farbung des ganzen Bouillonrohrchens
-|- fast vollstandige Hamolyse. Das Rohrchen ist bis zu 5 /s burgunderrot ge-
farbt.
|| sehrdeutliche Hamolyse. Das Rohrchen ist bis zur Halfte burgunderrot ge-
farbt.
deutliche Hamolyse. Das Rohrchen ist %—1 cm hoch burgunderrot gefarbt.
< kaum angedeutete Hamolyse. Die Bouillon zeigt oberhalo des Bodensatzes
leichte burgunderrot verfarbte Wolken.
0 keine Hamolyse.
Neben den Versuchen mit gewbhnlicher 1 / s Proz. NaCl haltiger
Bouillon stellte ich gleichzeitig Versuche an, mit Kulturen in Bouillon,
welche 2 Proz. NaCl enthielt, urn den EinfluB des Kochsalzge-
haltes auf die Hamolyse zu priifen. Die Resultate dieser Unter-
suchung sind auf der Tabelle No. 2 angegeben.
Tabelle No. 2.
Hamolyse der Streptokokken in Bouillon mit 0,5 und mit 2 Proz.
K o c h s a 1 z.
Bezeich-
Hundeblut
Kaninchenblut
Meerschweinchenblut
nung
des
Gewonnl.
Bouillon mit
Gewohnl.
Bouillon mit
Gewohnl.
Bouillon mit
Stammes
Bouillon
2 Proz. NaCl
Bouillon
1 _ _
2 Proz. NaCl
Bouillon
2 Proz. NaCl
B
#
ii
+
0
-f"
0
P
+
<4
ii
0
ii
0
M
+
0
ii
0
Phi.
0
<4
<
< 4
<
Sch. II
<4
<
<
0
<
0
Er.
<4
0
<
0
0
0
Rach. I
0
0
0
0
K
0
u
0
0
A
ll
<
0
Jon.
0
0
1
0
0
0
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 227
Das Ergebnis des hier aufgefflhrten Versuches lautet somit in der
Weise, daB der Zusatz von 2 Proz. NaCl zur Bouillon die
H&molyse betr&chtlich abschw&cht. Auf die Wachstumshem-
mung konnte ich den Unterschied in der St&rke der H&molyse nicht
zurflckfflhren, weil die makroskopiscbe und mikroskopische Untersuchung
eine sehr deutliche Vermehrung der Streptokokken ergab.
Um die Frage zu prflfen, in welcher Weise sich die H&mo-
lysinbildung &ndert infolge der Passage durch den Tier-
kdrper und nach der Ueberimpfung aufkflnstliche N&hr-
bftden, wurden Versucbe mit dem tierpathogenen Streptococcus M
(Mastitis) angestellt Von verschiedenen Autoren ist die H&molyse als
Masstab fttr die Pathogenit&t der Streptokokken angegeben worden. Auch
meine Versuche scbeinen fflr diese Annahme zu sprechen, da diejenigen
Kulturen, welche am virulentesten fflr Kaninchen waren, auch am
st&rksten b&molytisch wirkten. Schlesinger, Besredka, Marmo-
rek haben schon die Steigerung der H&molyse in vivo im Laufe der
Tierpassagen konstatiert. Um dieselbe Frage fflr die H&molyse in vitro
zu beantworten, habe icb Versuche mit dem bochpathogenen Stamm M
vorgenommen; die Steigerung der Virulenz eines avirulenten und nicht
h&molysierenden Streptococcus mittels Tierpassage ist mir nicht ge-
lungen. Die Virulenz der nichtpathogenen St&mme K, Racb. I und
Racb. II wurde durch einige Injektionen auf M&use und auf Kaninchen
nicht erhdht. Die Versuche mit Streptococcus M wurden in folgender
Weise angestellt. Es wurde ein Kaninchen No. 1 mit einer lebenden
24-stflndigen Bouillonkultur von Streptococcus M subkutan geimpft
(0,25 ccm). Das Tier starb nach 19 Stunden. Herzblut deutlich lackiert.
Direkt mit dem Herzblut No. 1 wurde ein anderes Kaninchen subkutan
geimpft (0,25 ccm). Tod nach 12 Stunden, Herzblut hochgradig lackiert.
Mit dem Herzblute beider Tiere wurden Kulturen angelegt, und diese
t&glich wieder auf kflnstliche N&hrbdden flberimpft. Jede Kultur kam
nach 24-stflndigem Aufenthalt bei 37 0 C in den Eisschrank. Am Ende
der ersten Woche wurde die Prflfung der H&molyse in Kulturen von
verschiedenen Generationen vorgenommen.
Tabelle No. 3.
Hamolyse der Streptokokken in Kulturen verschiedener Generation.
Ausgangsmaterial
Kaninchen-
blut
Stamm kultur (3 Monate alt)
II
Herzblut No. 1
#
1. Generation (Agarkultur)
ii
2. Generation (Agarkulter)
ii
3. Generation (Agarkultur)
II
4. Generation (Agarkultur)
Herzblut No. 2
ii
#
1. Generation (Zuckeragarkultur)
1. Generation (Zuckerbouillonkultur)
ii
<
2. Generation (Zuckeragarkultur)
2. Generation (Zuckerbouillonkultur)
ii
<
3. Generation (Zuckeragarkultur)
3. Generation (Zuckerbouillonkultur)
Ii
<
Bemerkungen
Sehr deutliche Hamolyse schon nach
2 Stunden
Sehr deutliche Hamolyse schon nach
2 Stunden
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228
Centralbl. f. Baku etc. I. Aht. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Die drei Versuchsreihen lieferten flbereinstimmende Resultate: Der
direkt aus dem Tierkorper stammende Streptococcus wirkte besonders
stark hamolytisch, womit die bedeutende Zunahme des hamo-
lytischen Vermogens nach derTierpassage in vitro kon-
statiert wurde; nach einmaliger Ueberimpfung des Streptococcus
auf kiinstliche Nfihrboden wurde das erhaltene Vermbgen bis zum ur-
sprtinglichen Grade der Stammkultur herabgesetzt; die raehrfache Passage
durch kiinstliche N&hrbbden hat aber keine weitere Herabsetzung der
Hamolyse zur Folge gehabt. Passage durch Zuckerbouillon scheint be¬
sonders stark herabsetzend auf die Hamolysinbildung zu wirken.
Im ferneren wurde gepriift, wie lange verschieden alte, bei
Zimmertemp eratur aufbewahrte Bouillonkulturen von
Streptokokken hamolytisch wirken. Hier war ich genbtigt,
diese Methode etwas umzuandern, ahnlich, wie dieselbe von Neisser
und Wechsberg bei Priifung der StaphylokokkenhSmolyse, von
Schlesinger fur die Untersuchung der Hamolysinbildung der Strepto¬
kokken angewandt worden ist. Im Laufe eines Monats legte ich jeden
Tag eine Kultur in gewohnlicher Bouillon an, stellte dieselbe auf 24
Stunden in den Brutschrank, dann bewahrte ich sie im Dunkeln bei
Zimmertemperatur auf bis zu dem Momente der Verwendung fiir die Pru-
fung der Hamolyse. Es wurden dann in einer Reihe diesen Bouillon-
kulturrbhrchen je 3 Tropfen defibriniertes, ausgewaschenes Kaninchenblut
zugefiigt und nach 2-stiindigem Aufenthalt im Brutschrank in den Eis-
schrank gestellt. Die Hamolyse tritt dann nach 1—3 Tagen ein, selten
nach 5 Tagen, spater aber nicht mehr, im Gegensatz zu dem Befunde
mit Staphylokokken. In der folgenden Tabelle sind die erhaltenen Re¬
sultate zusammengestellt.
Tabelle No. 4.
Hamolyse mit verschieden lang bei Zimmertemperatur aufbewahrten
Bouillonkulturen von Streptokokken.
Alter
der
Bouillon¬
kulturen
Str. B.
Str. P.
Str. A.
Str.
K.
Str.
Rach.I
nach
24
Std.
nach
48
Std.
nach
5 Tg.
nach
24
Std.
nach
48
Std.
nach
5 Tg.
nach
24
Std.
nach
48
Std.
nach
5 Tg.
nach
5 Tg.
nach
5 Tg.
1 Tag
II
+
n
II
II
II
II
II
0
0
3 lage
II
+
+
ii
II
II
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24 ..
0
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<
28 „
0
0
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2 '/, Mon.
0
0
0
Wie aus dieser Tabelle ersichtlich ist, bleibt der Hamolysingehalt
der pathogenen Stamme in Bouillonkulturen in den ersten 7—14 Tagen
ziemlich konstant, dann scheint er allmahlich abzunehmen, wobei nach
ungefahr 28 Tagen nur leichte Hamolyse, und zwar sehr trage, eintritt;
beide fiir Tiere nichtpathogene Stamme wirkten auch in ihren alten
Kulturen nicht hamolytisch.
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Original fro-m
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 229
Weitere Versuche betrafen die Frage derWiderstandsfahig-
keit der Streptokokken ham oly sine gegen Erhitzung. Fur
jede Versuchsreihe wurde dieselbe Bouillonkultur aus einem Kolben be-
nutzt, urn jeglichen Fehler auszuschalten. Auch diese Versuche wurden
vielfach wiederholt, und zwar mit iibereinstimmenden Resultaten.
Tabelle No. 5.
Hamolyse mit erwarmten Kulturen von Streptokokken.
Angewandte Temperatur
Herzblut No. 2
Str. B.
Harao-
lytische
Filtrate
Kanin¬
chenblut
Meer-
schwein-
chenblut
Ochsen-
blut
Hunde¬
blut
Kanin¬
chenblut
nicht erhitzt
#
#
#
#
ii
15 Minuten lang auf 55° C
0
0
<
0
on **°
OV yy tj *JO 1)
0
0
0
0
0
1 Stunde lang auf 55° C
0
0
0
0
15 Minuten lang auf 65° C
0
0
0
0
30 yy yy yy 65 0 ,,
0
0
0
0
10 * „ „ 72° „
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0
0
15 yy yy yy i 2 ° „
0
0
0
0
30 „ „ „ 72° „
0
0
0
0
5 „ „ gekocht
0
0
0
0
Aus diesen Versuchen geht hervor, daB die Streptokokkenhamoly-
sine sich gegeniiber Erhitzung ziemlich labil erweisen. Eine 30 Mi-
nuten lang dauernde Erwarmung auf 55° C hebt die Ha-
molyse vollstandig auf; nach 15 Minuten auf 55° C wird die
Hamolyse schon deutlich abgeschwScht. Die Staphylolysine zeigen nach
Angaben der Autoren ein ahnliches Verhalten. Die hamolytischen
Filtrate, von denen ich noch zu sprechen habe, haben dieselbe geringe
Widerstandsfahigkeit gegeniiber Erhitzung gezeigt.
Von den anderen Methoden, die ich fiir meine Untersuchungen ver-
wendet habe, erwahne ich hier die Hamolyse auf dem Blutagar.
Er wurden frische Agarrohrchen verfliissigt, bis auf 45° C abgekflhlt,
je 3—4 Tropfen defibriniertes Kaninchenblut zugefiigt und rasch Platten
gegossen; dann wurden oberflachliche Kulturen mit wenig Material an-
gelegt. Nach ungefahr 18—24 Stunden merkt man um jede einzelne
Kolonie herum einen kleinen (2—3 mm im Durchmesser) hellen Hof,
was auf die Resorption des Hamoglobins der roten Blutkorperchen hin-
deutet. Die Reaktion ist sehr empfindlich und elegant, scheint aber fur
quantitative Bestimmungen nicht geeignet zu sein, weil der Durchmesser
des Hofes neben der Intensit&t der Hamolyse auch von der GroBe der
Kolonieen abhangig zu sein scheint. Werden die Streptokokken in den
fliissigen Agar geimpft, so ist die Hamolyse an den einzelnen Kolonieen
nicht so leicht zu konstatieren, dagegen tritt schon nach 12—24 Stuuden
eine Umwandlung der hellroten Farbe des Blutagars in eine deutlich
braunrote ein. Die Prufung der St&mme mit Kaninchen-, Meerschwein-
chen- und Hundeblut ergab, daB bei den Stammen, die in den Bouillon-
kulturen nicht hSmolysierend wirkten, auch auf den Blutagar keine Be-
einflussung auftrat. Hochpathogene Stamme haben die schdnste Reaktion
gegeben.
Weiter befaBte ich mich mit der Frage, ob dieStreptokokken-
hamolysine durch Bakterienfilter filtrierbar sind. Ver-
schieden alte Bouillonkulturen von Streptokokken, welche sich als hamo-
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230 Centr&lbl. f. Bakt etc. 1. Abt Originale. Bd. XXXYIII. Heft 2.
lytisch erwiesen hatten, wurden durch kleine Porzellanfilter filtriert uod
mit Blut vermengt. Eine H&molyse in den Filtraten konnte
nicht nachgewiesen werden. Nun fQhrte ich den Versuch unge-
f&hr in der Weise aus, wie es Besredka 1901 beschrieben hat. Es
wurden folgende 4 NfihrbSden benutzt;
a) normales Kaninchenserum 1 Teil + Hundeblutserum 2 Teile,
b) normales Kaninchenserum 1 Teil -f- Ochsenblutserum 2 Teile,
c) Kaninchenimmunserum P,
d) Kaninchenimmunserum B.
Hier sei bemerkt, dafi Kaninchen P und B im Laufe von 8 Monaten
wiederholt mit 30 Minuten lang auf 65° C erhitzten Kulturen von den
betreffenden Streptokokken immunisiert wurden. Agglutinationswertig-
keit fflr Serum P = l:25000, diejenige fflr Serum B= 1:3200.
Alle diese 4 N&hrb6den wurden V* Stunde auf 55° C erhitzt, um
die bakterizide und die makrocytische Wirkung der Sera zu vermeiden.
Dann wurden alle 4 ROhrchen mit Strepto coccus M (Herzblut No. 2)
reichlich geimpft und fflr Anregung der H&molysinbildung je 2 Tropfen
Blut verschiedener Art in folgender Reihe zugefflgt: in Serumgemisch a
— Hundeblut, in Serumgemisch b — normales Kaninchenblut, im Serum P
— normales Kaninchenblut, im Serum B — Blut von deraselben Tier B.
Nach 24-stflndigem Aufenthalte im Brutschranke wurden die R5hrchen
zu gleichen Teilen mit 0,8-proz. NaCl-LOsung vermengt und durch Por¬
zellanfilter vorsichtig filtriert. Nach der PrOfung der SterilitSt der Fil¬
trate wurden ihre h&molytischen Eigenschaften in folgender Weise ge-
prfift. Es wurden zu je 10,0 ccm physiologischer KochsalzlOsung
3—4 Tropfen defibriniertes Blut und 1,0 ccm Filtrat zugegossen und in
den Brutschrank gestellt. Die H&molyse trat nach 24 Stunden ein.
Nach der 15 Minuten lang dauernden Erhitzung auf 55° C trat keine
H&molyse ein. Als Kontrollversuch dienten eine Reihe von filtrierten
gewOlmlichen Bouillonkulturen von verschiedenem Alter, daneben auch
das filtrierte sterile Blutserum und filtrierte sterile Bouillon, wobei ich
keine Spur von H&molyse konstatieren konnte. Die Resultate sind in
folgender Tabelle No. 6 veranschaulicht.
Tabelle No. 6.
Hamolyse der Filtrate von Streptokokkenkulturen im Blutserum.
Art der Kultur
Norm.
Kanin¬
chenblut
Immun-
blut
B
immun-
blut
P
Hunde¬
blut
Norm. Kaninchenserum + Hundeblutserum
ii
B
ii
+
Norm. Kaninchenserum + Ochsenblutserum
ii
II
ii
+
Kaninchenimmunserum P
ii
II
ii
+
Kaninchenimmunserum B
ii
II
ii
4-
(Schlufi folgt.)
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Delfino, Immunis. des Kaninchens gegen dag Bakt der Geflugelcholera. 231
Nachdruck verboten .
Immunisienuig des Kaninchens gegen das Bakterium der
Genugelcholera (Yaccin Lignites).
Von Dr. Juan Carlos Delfino,
Direktor des bakteriologischen Institutes des nationalen Gesundheitsamtes Buenos Aires.
Sehr bekannt sind die Arbeiten Pasteurs fiber die Abschw&chung
der Virulenz des Erregers der ansteckenden, Geflflgelcholera genannten
Krankheit und fortwfihrend ffihrt man die Immunisierung der V5gel
gegen diese Infektion anf als ein, man kann sagen, klassisches Beispiel
der kfinstlichen Immunitfit.
Bei dem eingebenderen Studium der ansteckenden Krankheiten der
Tiere wurden bekanntlich von Hueppe unter dem Namen Septicaemia
haemorrhagica alle die von oviformen Bakterien verursachten Krank¬
heiten zusammengefafit, unter welchen die Septikfimie der Hfihner die
erste Stelle einnimmt, indem er zeigte, daB diese Bakterien sowobl
morphologisch wie biologisch eine ganze Anzahl gemeinsamer Merkmale
darbieten.
Mit Hilfe der Agglutination lernte man Bakterien voneinander unter-
scheiden, welche frflher irrtfimlicherweise zu ein und derselben Art zu
gehdren schienen.
Zur Zeit kennen wir genau unter diesen verwandten Bakterien aufier
dem Bacillus ovisepticus den der Schweineseuche, den der
Schweinepest, der Pasteurellosis ovis (Ligniferes) etc.
Unter den fflr diese Bakterien zugfinglichen Tieren besitzt das
Kaninchen eine fiuBerst starke Empfindlichkeit, weshalb es auch so
schwer war, fflr dieses Tier einen schfltzenden Impfstoff herzustellen.
Wassermann und Ostertag betonen dies auch mit Bezug auf die
Schweineseuche und Kitt spricht in seiner Abhandlung fiber Septi¬
kfimie der Vdgel in dem Handbuch der pathogenen Mikroorganismen
nur von der Preservation des Kaninchens gegen diesen Keim durch
Anwendung des Pferdeimmunserums. Jedoch ist der hierdurch ent-
standene Schutz nicht absolut und vermag den Tod nur um 4—25 Tage
zu verzflgern.
Prof. Ligniferes, der Arbeiten fiber die hfimorrhagischen Septi-
kfimieen verdffentlichte, hat im Institute von Palermo (Buenos Aires)
einen Impfstoff gegen die virulente Inokulation der Hfihnercholera im
Kaninchen hergestellt mit einer tatsfichlich immunisierenden Wirkung,
welche, unseres Wissens, bis jetzt noch kein einziges Vaccin auf-
gewiesen hat.
Wir haben diese Ueberzeugung durch eine Reihe von Untersuchungen
gewonnen, welche wir auf Veranlassung des Herrn Prof. Ligniferes
— der uns mit der Prflfung seiner wichtigen Entdeckung beehrte —
angestellt haben.
Untenstehend wollen wir die genannten Untersuchungen und ihre
Ergebnisse mitteilen.
Die Schutzimpfung umfafit 2 Inokulationen mit einer Frist von
10 Tagen zwischen der ersten und der zweiten Einspritzung. 10 Tage
nach der zweiten Impfung bleibt das Tier dauernd immun.
An der Impfstelle zeigen sich einzelne lokale Reaktionen (Ver-
hfirtungen, kleine Geschwflre).
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232
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2 .
Die Menge des eingespritzten Impfstoffes braucht, wie wir sehen
werden, nicht sehr groB zu sein, da eine Dosis von 1 ccm fflr die
Immunisierung sch&dlich sein wflrde.
Versuche.
4 Kaninchen, jedes ungef&hr l 1 /* kg schwer, erhalten die erste
Impfung, 2 injiziert man mit Vs ccm und die beiden anderen mit 1 ccm.
Nach 10 Tagen empfangen sie die zweite Impfung in derselben Quantitfit
wie das erste Mai. 10 Tage sp&ter zeigen sich nur einfache lokale Er-
scheinungen, die st&rker ausgepr> sind bei den Tieren, welche jedes-
mal 1 ccm empfangen batten. Nun spritzt man jedem der 4 Kaninchen
1 Tropfen einer virulenten Kultur unter die Haut ein und eine gleiche
Quantit&t einem 5. Kaninchen (Kontrolle), das nicht vorbehandelt wurde.
Das Kontrolltier starb nach 16 Stunden. Von den 4 Geimpften
starben die 2, welche jedesmal 1 ccm Vaccin empfangen batten, 15 Stunden
nach dem Kontrolltier.
Die 2, welche jedesmal */» ccm bekommen hatten, blieben am Leben,
ohne die geringste Verftnderung zu zeigen, und heute, 1V* Monate nach
dem Versuche, befinden sie sich vollkommen wohl und haben 1 / 3 an
Gewicht zugenommen.
Um festzustellen, ob die Immunisierung gegen grdfiere Dosen
virulenter Kulturen schtitzt, wurden 2 Kaninchen zu diesem Zwecke
vacciniert 10 Tage nach der letzten Impfung wurde einem der Tiere
1 / 4 ccm virulenter Kultur unter die Haut gespritzt und dem anderen
1 / 1 ccm derselben Kultur intravends einverleibt. Beide Kaninchen sind
am Leben geblieben, befinden sich in einem ausgezeichneten Gesundheits-
zustande und haben an Gewicht zugenommen.
Aus diesen Versuchen gehen die folgenden SchlQsse hervor:
1) Die Schutzimpfung Ligniferes gegen die Septik&mie der VOgel
im Kaninchen verleiht demselben eine kr&ftige Immunit&t, welche im
stande ist, der Wirkung von verhfiltnism&Big enormen Quantit&ten
virulenter Kulturen zu widerstehen.
2) Die Quantit&t des Impfstoffes kann nicht willkfirlich erhdht
werden, da die Kaninchen, welche 2mal 1 ccm erhielten, nicht zur
selben Zeit immunisiert waren wie diejenigen, welche jedesmal nur
1 1 3 ccm Vaccin erhielten.
Nach den Untersuchungen Prof. Ligni&res ist dieser Impfstoff
ein gegen die Hiihnercholera spezifischer, d. h. er hat keine Wirkung
gegen andere Pasteurellosen.
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UNIVERSITY OF CHICAGO
Miller, On the keeping qualities of antidiphtheritic serum.
233
Nachdruck verboten.
On the keeping qualities of antidiphtheritic serum.
By Dr. E. C. L. Hiller, Detroit, Mich.
It is generally understood that antidiphtheritic serum gradually
loses its potency, but no very definite information seems to exist as to
the rate or conditions of this deterioration. In “Medicine” for January
1902, the French Minister of the Interior is quoted as saying that “the
serum (antidiphtheritic) loses none its curative qualities by being kept
even for a year”. In the Journal of the Royal Army Medical Corps for
May 1904, is an editorial in which the results of some tests, made to
determine the relative keeping qualities of diphtheria antitoxin, when
kept in hospitals at home (England) and when sent in transports to
India, are given. These tests show that some deterioration occurred
in both instances, but not so much as to seriously impair the useful¬
ness of the serum. A period of rather more than a year elapsed be¬
tween these tests.
Because of this tendency to deteriorate, the manufacturers of anti¬
toxin stamp each package with a date after which they offer to take it
back and supply fresh serum in exchange. It occurred to me that
retesting these returned serums would demonstrate the keeping qualities
of antidiphtheritic serum, under the conditions met with in the ordinary
drug store, better than any other means. The firm of Messrs. Parke,
Davis & C o. kindly placed at my disposal a quantity of their returned
serums as well as their laboratory records from which the history of
each lot of serum could be traced. Most of these goods were more or
less shop-worn, many bore the retailer’s mark and some the druggist’s
name and address. As judged by these marks the goods came from
all parts of the United States, and had probably been kept under all
sorts of conditions — some good, some bad. A half dozen packages had
evidently been exposed to considerable heat as the serum in them was
firmly coagulated.
As a rule most of the returned goods come back soon after the
expiration of the time limit, but for the rest there is great irregularity —
some coming back before the time limit has expired, some long after¬
wards. Many packages were found which had been out from eighteen
months to three years and a few even longer. This firm makes a prac¬
tice of destroying these returned serum as fast as they come back, so
the ones here reported on came back within a short time of each other
most of them during June 1904. From these returned goods samples
were chosen, representing lots which had been on the market for vari¬
ous periods of time, and their tests with the history of each lot are
given in the accompanying table. The lots are arranged according to
the length of time which elapsed between the regular laboratory test,
before the serum was sent out, and my re-test. This time varies from
seven months to more than six years.
During the spring of 1901, the method of testing the potency of
antidiphtheritic serum in the laboratory was changed, the Ehrlich
standard test antitoxin being substituted for the one hundred lethal
doses of diphtheria toxin previously used as a standard, consequently
the tests made before that time cannot be accurately compared with the
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UNIVERSITY OF CHICAGO
234
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 2.
present tests, but from lot 2005 onward the serum was all tested ac¬
cording to the Ehrlich standard.
From lot 2005 onward there are in the table 82 lots of serum re¬
presented, and, of these, 25 lots or 30% show deterioration. The ori¬
ginal potency of the serum varied from 125 to 750 units per ccm, and
the different strengths of serum showed deterioration as follows:
7 7.
26°/.
26%
31°/,
50%
28%
100 %
of the lots testing 200 units per ccm showed deterioration
250 „ ,i >>
300 „ „ „
400 ,, „
500 „ „ „
600 „ „ „
750 „ „ „
This would seem to indicate that the high potency serums undergo
more deterioration than those of low potency.
As will be seen from the table these serums were held in the labo¬
ratory from 15 to 306 days before being sent out. It has been claimed
that serums held in the laboratory for some time show less deteriora¬
tion when sent out, but when the lots are rearranged according to the
length of time held in the laboratory, the first 41, containing serums
held from 15 to 66 days, show 14 cases of deterioration, while the se¬
cond 41, containing serums held from 66 to 306 days, show 11 cases
of deterioration. Emphasis should not be laid on either of these results
as the intervals at which the serums are tested are too large to make
them accurate. The serums are tested at 250, 300, (333), 400, 500, 600
and 750 units per ccm If a lot tests 400, but fails to test 500, it is
rated as 400, whereas it may test anywhere between 400 and 500, say
475. Should this deteriorate 50 units, bringing it down to 425, it
would be marked in the chart as showing no deterioration, as it still
tests 400. But, had it at first only tested 425, then 50 units deterio¬
ration would have brought it to 375, and it would be marked as show¬
ing 16% or 25% deterioration, depending on whether the next test
was made at 333 or at 300 units. From this it will be seen that the
twenty-five lots showing loss of potency are probably not the only ones
which deteriorated, but rather are the ones in which the loss showed
in the tests.
The most remarkable showing in the table is that from the time
of the adoption of the Ehrlich Standard every one of the eighty-two
packages examined contained at least as many units as were claimed
for it on the label, and (as will be seen from the last columm) most of
them contained from 6% to 25°/ 0 excess. Many of these serums had
been on the market two and three years, and hence it is clearly shown
that, with the excess usually allowed by manufacturers, antidiphtheritic
serum retains its therapeutic activity for a much longer period than is
commonly supposed.
The lessons learned from these tests may be stated as follows:
1) Antidiphtheritic serum undergoes gradual deterioration, the high
potency serums changing more rapidly than the weaker serums, but in
neither case is the loss of potency as rapid as is usually supposed.
2) The ordinary packages of serum, containing as they do the ex¬
cess allowed by the manufacturers, retain their full therapeutic value
for months or even years after their time limit, as stamped on the
label, has expired.
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Miller, On the keeping qualities of antddiphtheritic serum.
235
Operation
No.
Date of
bleeding
Date of test
Date of
issue from
Laboratory
No. davs held
in Lab.
No. days between
test and issue
No. months
between tests
Original potency
per ccm
Present potency!
per ccm
Deterioration %
Total units in
original pkg.
Labeled j
Total units in
returned pkg.
Ol
£
*4—<
O
230
Oct 28
'97
Nov. 10 '97
Nov. 23
’97
26
13
81
125
100
20
500
500
400
80
250
Nov. 9
’97
„ 11 '97
Dec. 9
'97
30
28
80
166
166
0
1162
1500
1162
77 V,
252
„ 9
'97
„ 11 '97
Nov. 26
*97
15
15
80
333
250
25
2331
2000
1750
V 2
272
23
'97
„ 27 '97
Dec. 10
'97
18
13
80
200
100
50
1200 1000
600
60
917
May 2
'99
May 26 '99
Aug. 29
'99
119
95
62
250
166
33
1750 1500
1162
77 V,
919
„ 2
’99
June 29 *99
„ 10
'99
100
42
61
166
111
33
664
500
444
89
976
June 6
'99
„ 29 '99
Sept. 25
'99
111
88
61
236
222
6
21242000
2000
100
977
6
'99
„ 29 '99
„ 13
'99
99
76
61
188
188
0
11284000
1128
113
1062
Aug. 23
'99
Sept. 8 ’99
„ 20
'99
28
12
58
500
400
20
10004000
800
80
1091
Sept. 6
'99
„ 8 '99
Nov. 1
'99
56
54
58
236
125
47
2124 2000
1125
56
1095
„ 9
'99
„ 11 '99
Oct. 16
'99
37
35
57
333
250
25
666
500
500
100
1431
April 18
’00
April 20 ’00
June 27
'00
70
68
51
200
143
28V,
600
500
429
86
1681
Sept 28
'00
Oct. 9 '00
Oct 24
'00
26
15
45
333
300
10
2331,2000
2100
105
2005
Mar. 12
'01
Mar. 21 '01
May 20
'01
69
60
39
250
250
0
12504000
1250
125
2029
„ 20
’01
June 12 ’01
July 3
'01
105
21
37
400
333
16V,
24002000
2000
100
2048
25
'01
„ 26 '01
Aug. 1
'01
129
36
37
200
166
16V,
16004000
1333
133
2213
June 12
'01
„ 26 '01
,, 9
'01
58
44
37
300
300
0
1800 1500
1800
120
2057
April 1
'01
July 17 '01
„ 16
'01
137
30
36
250
250
0
12504000
1250
125
2332
July 29
'Ol
Aug. 14 ’01
Sept. 16
'01
49
41
35
250
250
0
1250 1000
1250
125
2339
Aug. 3
'01
„ 21 '01
Aug. 30
'01
27
9
35
500
400
20
2500,2000
2000
100
2436
Sept. 9
'01
Sept 11 '01
Sept. 24
*01
15
15
34
500
400
20
20004500
1600406V,
2508
Oct 7
'01
Oct 17 '01
Nov. 4
'01
28
18
33
200
200
0
600
500
600420
2511
„ 7
'01
„ 15 '01
„ 13
'01
37
29
33
200
200
0
600
500
600420
2557
Nov. 2
'01
Nov. 7 '01
„ 21
'01
19
14
32
250
250
0
1750
1500
1750
116V,
2694
Dec. 16
'01
Dec. 19 '01
Jan. 6
'02
21
18
31
300
300
0
2400,2000
2400
120
2607
Nov. 26
'01
„ 4 '01
Dec. 11
'01
15
7
30
400
400
0
3600|3000
3600
120
2612
„ 27
'01
„ 4 '01
„ 12
'01
15
8
30
200
200
0
12004000
1200
120
2635
Dec. 3
'01
„ 10 '01
„ 20
'01
17
10
30
500
400
20
25002000
2000
100
2752
„ 31
'01
Jan. 22 '02
Mar. 7
'02
66
34
30
500
500
0
35003000
3500
!167,
2786
Jan. 15
'02
„ 22 '02
Febr. 5
'02
21
14
30
600
600
0
24002000
2400
120
03148
Mar. 8
'02
July 18 '02
Aug. 8
'02
153
21
23
200
200
0
600
500
600
120
03158A
„ io
'02
Aug. 28 '02
Sept 6
'02
180
9
23
200
200
0
600
500
600
120
03210
April 1
'02
„ 8 ’02
Aug. 18
'02
139
10
23
250
250
0
12504000
1250
120
03429
June 12
'02
July 11 '02
„ 1
'02
50
21
23
400
400
0
800
500
800
160
03218
April 4
'02
Aug, 25 '02
Sept 3
'02
152
9
22
300
300
0
2400|2000
24001120
03454
June 13
'02
„ 20 '02
„ 2
'02
81
5
22
250
250
0
12504000
1250425
03195
Mar. 28
'02
Sept. 29 *02
Oct. 4
'02
190
5
21
200
|200
0
600
500
600420
03207A )
April 1
'02
„ 11 '02
Sept. 18
'02
170
7
21
400
400
0
12004000
120012O
03325
„ 19
'02
„ 5 '02
„ 12
'02
146
7
21
250
2501
0
1250 1000
1250,125
03618
July 29
'02
„ 25 '02
Oct. 6
'02
69
11
21
300
250
16V,
1800
1500
1500400
03720
Aug. 27
'02
„ 30 '02
„ 6
'02
40
6
21
500
400
20
2000
150011600:1067,
03432
June 12
'02
Oct 24 *02
„ 31
'02
141
7
20
250
250
0
1250
1000; 1250 125
03440A
„ 12
'02
„ 31 '02
Nov. 10
'02
151
10
20
200
200
0
600
500
600,120
03748
Aug. 28
•02
„ 21 '02
„ 3
'02
66
13
20
300
250
16*/,
1800
1500:15001100
03772
Sept. 10
'02
„ 24 '02
„ 5
'02
55
11
20
300
300
0
2400
2000F400420
03840
„ 27
'02
„ 28 '02
„ 4
'02
37
7
20
500
400
20
2000
1500 1600 106V,
03584B
July 26
'02
Nov. 24 '02
Dec. 6
'02
133
12
19
200
200
! 0
600
500
600 120
03844
Sept. 27
'02
„ 11 '02
Nov. 24
'02
58
13
19
300
300
0
2400
2000,2400120
33863
Sept 30
'02
Nov. 26 '02
Dec. 5
'02
66
10
19
250
200 116V.
1250
10004000 100
33971
Oct. 22
'02
„ 26 '02
Jan. 15
'02
85
51
19
300
300
0
1800
15004800420
33972
„ 22
'02
„ 13 '02
Dec. 1
'02
40
50
19
250
200 16V,
1250 lOOOl 1000 100
33973
„ 22
'02
„ 7 '02
Nov. 14
'02
22
7
19
600
600
0
1800 15004800 120
33980
„ 24
'02
„ 7 '02
„ 13
'02
19
6
19
300
300
0
2400
2000
2400120
33982
„ 24
'02
„ 4 '02
„ 10
'02
17
6
19
750
600
20
2250
1500
1800120
33996B
„ 27
’02
„ 26 '02
Dec. 5
'02
39
1
1 9
19
400
400
0
1200
1000
1200 120
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236
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
6
©
i
O
Date of
bleeding
Date of test
Date of
issue from
Laboratory
No. days held
in Lab.
No. days between
test and issue
No. months
between teste
Original potency
per ccm
Present potency
per ccm
Deterioration °/ 0
Total units in
original pkg.
Labeled
Total units in
returned pkg.
% of
label
04000
Oct. 28 '02
Nov. 29 ’02
Jan. 16 ’03
80
49
19
200
200
0
600
500
600
120
04022A
Nov. 4 ’02
„ 13 ’02
Nov. 24 *02
20
11
19
500
500
0
2500
2000
2500
125
04023
„ 4 ’02
„ 24 ’02
Dec. 1 ’02
28
8
19
600
500
16*/,
3000
2000
2500
125
04027
„ 4 ’02
„ 19 ’02
Jan. 15 ’03
42
57
19
300
300
0
2400
2000
2400
120
04029
„ 4 ’02
„ 13 ’02
Dec. 6 ’02
33
24
19
400
300
25
800
500
600
120
04063
„ 17 ’02
„ 26 ’02
., 22 ’02
36
27
19
500
500
0
3500
3000
3500
116 r
03864B
Sept. 30 ’02
Dec. 3 ’02
Jan. 15 *03
107
43
18
250
250
0
12501000
1250
125
03994
Oct. 26 ’02
„ 8 ’02
„ 13 ’03
79
5
18
300
300
0
1800 1500
1800
120
04054
Nov. 17 ’02
„ 11 ’02
Dec. 23 ’02
37
12
18
500
400
20
25002000
2000
100
04055
„ 17 ’02
„ 17 ’02
Jan. 17 ’03
(52
31
18
400
333
1«7,
12001000
1000
100
04058
„ 17 ’02
„ 31 ’02
Febr. 10 ’03
86
41
18
300
250
167.
1800,1500
1500
100
04059
Nov. 18 ’02
Dec. 31 ’02
Jan. 31 ’03
74
31
18
400
333
16V«
120011000
1000
100
04064
„ 18 ’02
„ 8 ’02
„ 17 ’03
60
40
18
500
500
0
3500
3000
3500
116*;
04079
„ 25 ’02
„ 8 02
„ 16 ’03
53
39
18
500
500
0
2000
1500
2000
133*'.
04081C
„ 25 ’02
„ 12 ’02
Mar. 9 ’03
105
87
18
200
200
0
600
500
600
120
04083
„ 24 '02
„ 11 ’02
Jan. 19 '03
57
39
18
300
300
0
2400
2000
2400
120
04087
„ 25 ’02
„ 21 ’02
„ 14 ’03
50
24
18
500
500
0
2500
2000
2500
125
04177
Dec. 16 ’02
Jan. 14 ’03
Mar. 9 ’03
83
54
18
500
400
20
2000
1500
16a)
106*/,
04024
Nov. 4 ’02
„ 7 ’03
Jan. 26 ’03
53
19
17
250
200
167,
1250
1000
1000
100
04056A
„ 17 ’02
„ 7 ’03
„ 19 ’03
63
43
17
400
400
0
800
500
800
160
04077
„ 25 ’02
„ 17 ’03
Febr. 10 ’03
78
24
17
400
400
0
1200
1000
1200
120
04086
„ 24 ’02
„ 10 ’03
Mar. 26 ’03
123
75
17
500
400
20
2000
1500
1600
1067,
Otl 51A
Dec. 6 ’02
„ 30 ’03
Febr. 23 ’03
79
24
17
200
200
0
1200
1000,1200
120
04179
„ 16 ’02
„ 31 ’03
„ 13 ’03
59
13
17
500
500
0
2000
15002000
1337,
04180
„ 15 ’02
„ 24 ’03
Mar. 19 ’03
94
54
i 17
(500
500
167.
2400
20002000
100
011.32
„ 2 ’02
Febr. 13 ’03
„ 23 ’03
111
38
16
750
500
337,
3000
2000
2000
100
04240
Dec. 30 ’02
April 20 ’03
April 30 ’03
131
10
16
300
250
167,
1800
1500
1500
100
03427
June 12 ’02
Mar. 10 ’03
„ 14 ’03
306
35
15
200
200
0
600
500
600
120
04201
Dec. 22 ’02
„ 23 ’03
„ 28 ’03
127
36
15
400
400
0
1200
10001200
120
04049
Nov. 17 ’02
April 7 '03
June 6 ’03
202
60
14
250
200
167.
1250
10001000 100
04739
April 21 ’03
May 28 ’03
22 ’03
62
25
13
300
300
0
2400
20002400 120
04245
Dec. 29 ’02
Juno 11 ’03
July 13 ’03
196
32
12
600
600
0
2400
20002400 120
04262
Jan. 5 ’03
„ 5 ’03
„ 23 ’03
199
48
12
400
400
0
1200
10001200120
04307D
„ 20 ’03
„ 16 ’03
„ 15 ’03
176
29
1 12
600
(500
0
1800
15001800120
04308
„ 20 ’03
July 3 ’03
Sept. 11 ’03
234
70
11
500
500
0
3500
3000,35a) 1167.
04537
Mar. 13 ’03
„ 31 ’03
„ 2 ’03
173
! 33
11
400
400
0
800
500
800 160
04562C
„ 17 ’03
„ 31 ’03
Oct. 6 ’03
203
! 67
11
500
500
0
2000
15002000 133V,
04684C
April 14 ’03
Aug. 12 ’03
Sept. 28 ’03
167
47
10
600
600
0
3600
3000
3600120
05036
July 22 ’03
Nov. 3 ’03
Nov. 28 ’03
129
! 25
7
250
250
0
1875
1500
1875 125
05173
Aug. 22 ’03
„ 6 ’03
„ 11 ’03
81
5
7
250
250
0
1250
io 0 o
1250125
3) The demand frequently made for fresh antitoxin is therefore not
justified nor is it advisable, because the serum at hand may have passed
its time limit, to postpone the treatment of a case until the receipt of
fresh serum.
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Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
German, Ueber „Cyllin“.
237
Nachdrtick verboitn .
TJeber „Cyllin“.
Von Dr. German, Assistenten an der med. Poliklinik, Gottingen.
Mit 1 Figur.
Auf Anregung des Herrn Prof. v. Esmarch unternahm ich es, die
Wirkung eines seit neuerer Zeit mehr und mehr bekannt gewordenen
Desinfektionsmittels in einer fortlaufenden Versuchsreihe zu prtifen.
Von England aus unter dem Namen „Cyllin tt in den Handel gebracht,
ist es bereits von einer Reihe namhafter Autoren empfohlen worden.
Das Resultat unserer Untersuchungen war, um das gleich vorauszu-
schicken, ebenfalls ein auBerordentlich gflnstiges, wenn sich auch die
hier gewonnenen Resultate nicht immer mit den von den erw&hnten
Forschern mitgeteilten deckten.
Ein von Prof. Dr. S c h a 11 e n f r o h -Wien dem „Cyllin“ mitgegebener
Geleitsbrief stimmt in seinen Angaben durchaus mit unserem Befunde
Qberein. Es heiBt, da daB 1 / 4 -proz. VerdQnnungen von „Cyllin“ Qhnlich
wirkten wie 8 / 4 ‘P roz * LOsungen von Lysol und gQnstiger als 1-proz.
Karbols&ure. Und ferner „ergab sich, daB ‘/ 2 -proz. VerdQnnungen von
,Cyllin‘ in 5 Minuten einen Staphylococcus abtoteten tt .
Dasselbe konnen wir auf Grund unserer Beobachtung bestltigen,
wie aus der am Schlusse aufgefQhrten Tabelle zu ersehen ist. Ein-
schrknkend verdient wohl aber hervorgehoben zu werden, daB unter
sonst gleichen Bedingungen bei dem Versuche mit dem Typhusbacillus
die Grenze etwas hoher hinaufgerQckt war. Hier konnte wiederholt
noch nach einer zeitlichen Einwirkung von 8 Minuten mit 1 / 2 -proz.
CyllinlQsung deutliches Wachstum beobachtet werden. 10 Minuten
Einwirkungszeit brachte den Typhusbacillus zum Absterben.
Abweichend von dem Berichte des Herrn Prof. Schattenfroh
war unser Resultat mit der 1-proz. Kontroll-KarbolsaurelSsung. Auch
wir bedienten uns des Staphylococcus pyogenes aureus als
Testobjekt und der Karbolsfiure als Kontrolldsung. Als oberste Grenze
der zeitlichen Einwirkung seiner 1-proz. KarbolsQure gibt Prof. Schat¬
tenfroh 40 Minuten an, w&hrend wir noch nach 60 Minuten ein
weiteres Wachstum des Staphylococcus beobachteten. Bei dem
Typhusbacillus ferner bewegte sich die oberste Grenze sogar zwischen
65 und 70 Minuten, w&hrend 1 / 2 -proz. KarbolsSure selbst nach 3-stun-
diger Einwirkung kein Absterben des Typhusbacillus herbeizufQhren ver-
mochte.
Mehr Details seiner Versuche und Erlauterung des Verfahrens bei
den angestellten Untersuchungen gibt Prof. Dr. Klein-London. (The
Lancet. 1903. March 21.)
Er gebrauchte VerdQnnungen des „Cyllins“, wie folgt:
1 : 1500
1 : 1000
1: 500
1 : 2400
1 : 2200
Die zeitliche Einwirkung dieser LQsungen bewegte sich zwischen 5
bis 15 Minuten. Als Testobjekt kam der B. pestis zur Anwendung,
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UNIVERSITY OF CHICAGO
238
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
gewonnen von einer 48 - sttindigen Kultur. Seine Versuche ergaben
durchweg ein positives Resultat Nur in einem Falle wurde bei einer
Losung von 1 : 2400 nach 5 Minuten noch weiteres Wachstum des Pest-
bacillus erzielt.
Zu fast denselben Resultaten gelangten wir schliefilich bei unseren
Versuchen mit dem Diphtherie- und besonders mit dem Cholerabacillus.
So fanden wir als unterste Grenze der Wirksamkeit des Cyllins gegen
den Diphtheriebacillus eine LSsung von 1 : 1600 bei 5—10 Minuten Ein-
wirkungsdauer und fiir den Cholerabacillus Verdflnnungen von 1 : 2000
bei einer Einwirkungszeit von 15—20 Minuten. Vergleicht man in der
Tabelle die ffir den Typhusbacillus gefundene Zeitdauer, die erforderlich
war, um ihn mittels 1 / a - resp. 1 | 4 -proz. Cyllinlfisung zum Absterben zu
bringen, mit der bei dem Staphylococcus gefundenen, so zeigt sich
ein Unterschied in dem ersten Falle von 5, im anderen von 10 Minuten.
Die Grenze ist also hier in die Hohe gerflckt. Zieht man dagegen die
Resultate mit der 1- bezw. '/j-proz. Karbols&ure bei eben denselben
Bakterien in Betracht, so liegt der Unterschied zu Gunsten des „Cyllins tt
deutlich zutage.
Aehnliche Resultate, wie die bereits erwfihnten, erzielte auch Herr
Prof. Fraenkel -Halle. (Literatur fiber „Cyllin“ Carl Derbsch -Koln.)
Er brachte bei seinen Versuchen ein Verfahren zur Anwendung, wie es
auch in der im Mfirz 1904 erschienenen Dissertation von H. No then
aus Kdln „Beitrfige zur bakteriologischen Prfifung von Desinfektions-
mitteln tt angeffihrt ist Auch unsere Versuche be-
Desinfekt-
flQssigkeit
Bouillonkult
Steriles
Wasser
ruhen auf diesem Verdflnnungsverfahren.
Verfahren: 4 ccm sterilen Wassers wurden im
sterilen Reagenzglase mit 1 ccm in Bouillon geloster
Pilzkultur versetzt. Dazu wurde die gleiche Menge
(also 5 ccm) Desinfektionslfisung gegeben und davon
nach bestimmten Zeitabschnitten in Bouillon und
auf Gelatine abgeimpft. Und zwar wurden jedes-
mal 2—3 Proben mit der ausgeglfihten Platindse
davon entnommen.
Die Gelatin eplatten blieben eine Woche unter
Beobachtung. Die Bouillon blieb 24 Stunden im
Brfitschranke und wurde danach auf Agar weiter
verimpft, sobald sich eine Trfibung derselben wfih-
rend der Bebrfltung eingestellt hatte. Nach weiteren
12—24 Stunden konnte so der Nachweis erbracht
werden, ob und was daselbst gewachsen war.
Tabelle I.
Staphylococcus pyogenes aureus. 24 Stdn. alt.
Minuten:
Karbolsaure 1 Proz. 60 — 65 — 70 — 75
. V,
Cyllin '/j Proz.
120 — 145 — 160 — 180
+ + + +
2 — 5 — 8 — 10 — 15
5 - 8- 10 — 15 — 20 - 22 - 25 — 30
+ ++ + + (+—) — —
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German, Ueber „Cyllin“.
239
Tabelle II.
Karbolsaure 1 Proz.
B. typhosus. 24 Stein. alt
Minuten:
60 — 65 — 70 — 75
+ + — —
K V*
Cyllin V* Proz.
« V« ..
160 - 180
+ +
5 — 8—10 — 15
+ +- —
25 — 30 — 35 — 40 — 45
+ + — - —
Cyllin 1:800
„ 1:1600
Cyllin 1:1600
„ 1 :2000
Tabelle III.
a) Diphtheriebacillus.
Minuten:
2 — 4 — 5
+ — —
5 — 10 — 15
+ — —
b) Cholerabacillus.
| Minuten:
I 2 - 3 — 4 — 5
! + + + —
1 3 — 5 — 10 — 15
i + + + +
Aus dem Gesagten geht hervor, dafi wir in dem „ Cyllin “ einen sehr
dch&tzenswerten Desinfektionskorper gewonnen haben. Man hat deshalb
auch schon daran gedacht, das Mittel therapeutischen Zwecken dienst-
bar zu machen. So hat man es mit gutem Erfolge bei lokalen Erkran-
kungen des Mnndes und des Rachens, bei Diphtherie und Shnlichen
SchleimhautaflFektionen als Desinficienz angewendet und mittels eines
Zerstaubers direkt auf den Ort der Erkrankung einwirken lassen. Aber
auch bei tieferen Erkrankungen der Luftwege, bei Bronchitis und selbst
bei tuberkulOsen Lungenerkrankungen hat man „Cyllin“ einatmen lassen
und bereits recht gtlnstige Resultate damit erzielt. (Report Brit. Congr.
on Tuberculosis. London 1901.)
Wenn sich auch die Versuche bis jetzt nur in bescheidenen Grenzen
gehalten haben, so ermuntern sie doch nach der Richtung hin damit
fortzufahren.
Erst l&ngere praktische, besonders auch klinische Beobachtung, zu-
mal riicksichtlich der Intoxikationsgefahr, wird ein abschliefiendes Urteil
fiber den therapeutischen Wert des Mittels ermdglichen.
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240
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 2.
Inhalt.
Bartel, Julius und Stein, Robert, Zur
Biologie schwachvirulenter Tuberkel-
bacillen, p. 154.
Brnini, G., Ueber die thermophile Mi-
krobenflora des menschlichen Darm-
kanab, p. 177.
Csarnecka, L., Ueber die Konservierung
der Lebensf&higkeit und Virulenz der
Mikroben im Markgewebe beim Aus-
trocknen, p. 164.
Delfino, Juan Carloe, Immunisierung des
Kaninchen8 gegen das Bakterium der
Geflfigelcholera (Vaccin L i g n i 6 r e s),
p. 231.
Permi, Claudio und Bassu, E., Weitere
Untersuchungen fiber Anafirobiose, p. 138.
Gaehtgens, Walter, Der Bacillus jasmino-
cyaneus und der Bacillus flavo-aromati-
cus, zwei neue Farbstoff bildende Bak-
terien, p. 129.
Galli -Valerio, Bruno und Rochas - de
Jongh, Jeanne, Ueber die Wirkung
von Aspergillus niger und A. glaucus auf
die Larven von Culex und Anopheles,
p. 174.
German, Ueber „Cyllin“, p 237.
Ghon, Anton u. Sachs, Milan, Beitrfige
zur Kenntnis der anafiroben Bakterien
des Menschen. III. [Schlufl.], p. 131.
Hollack, Johanna, Die H&ufigkeit der
Trematoden bei Rana esculents Lin.,
p. 199.
de Jong, D. A., Die Steigerung der Viru-
lenz des menschlichen Tuberkelbacillus
zu der des Rindertuberkelbacillus, p. 146.
Berner, Julius, Experimenteller Beitrag
zur H&molyse und zur Agglutination der
Streptokokken, p. 223.
Kikuohi, Tone taro, Ueber den Einflufi
erhfihter Temperatur auf die bakterizide
Wirkung des normalen Serums, p. 220.
Klein, E., Ueber einen neuen tierpatho-
genen Vibrio — Vibrio cardii, p. 173.
Konr&di, Daniel, Weitere Untersuchungen
zur Kenntnis der Symptome und Pro-
phylaxe der experimentellen Lyssa, p. 194.
Lhdke, H., Zur Spezifitfit der AntikOrper.
[Forts.], p. 209.
Miller, E. C. L., On the keeping qualities
of antidiphtheritic serum, p. 233.
Mori, Bello, Ueber eine bei Katzen auf-
getretene, durch einen besonderen Mikro-
organismus bedingte Epizootic. [SchluB.],
p. 186.
Rothberger, C. Julius, Ueber ein akut
wirkendes Bakterientoxin. II., p. 165.
Vessprdmi, D., Kultur- und Tierversuche
mit dem Bacillus fuBiformis und dem
Spirillum, p. 136.
Wirgin, Germ und , Ueber den Einflufi
des Aethylalkohols auf die Bildung von
agglutinierenden Stoffen bei Kaninchen
nach intravenfiser Impfung mit M. pyo¬
genes aureus oder mit B. typhi, p. 200.
Die Redaktion des „CentrcUblatts fiir Bakteriologie und Parasitenkunde'
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um
Lie/erung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein -
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben *u
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturabxdge direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fiscner in Jena y gelangen %u lassen .
Fmmmiinasehfl Baohdrackerad (Hennaan Pohle) In Jena.
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CntralM. f. Bakt etc. I. ML Qriginale. Bi. XXXVIII. Brit 3.
Nachdruck verboten.
Weitere Untersuclmiigen liber Anaerobiose.
[Aus dem hygienischen Institute der kgl. Universit&t zu Sassari.]
II. Mitteilung.
Von Prof. Claudio Fermi, unter Mitwirkung von E. Bassu, stud.
Mit 13 Figuren.
(Fortsetzung.)
Jeder einzelne Versuch wurde stets von einem Kontrollversuche
begleitet, n&mlich mittels gleicher Kulturarten, indent wir das Chrom-
chlorflr durch Wasser ersetzten, um die Austrocknung der dflnnen
Agarschicht zu verhindern. Andere Cylinder liefien wir halb geflffnet,
um zu entscheiden, ob das Chromchlorflr der Entwickelung der An-
aflroben nur infolge seines Vorhandenseins, und abgesehen von seiner
reduzierenden Eigenscbaft, schadlich war. Diese Kontrollen zeigten
uns, dafi das Chromchlorflr auBer seiner reduzierenden Kraft keinen
anderen EinfluB auf die Anaflroben ausflbte, da wir immer Entwicke-
lungen von Schizomyceten, Hyphomyceten und Blastomyceten erzielten,
wenn wir erlaubten, daB nun auch in sehr geringer Quantit&t die atmo-
sph&rische Luft bis zu denselben gelangen konnte.
2. Versuch. Um eine grflfiere Anzahl von Kul-
turen nach der angegebenen Weise herstellen zu kdnnen
und um dieselbe zu vereinfachen, haben wir die Cylinder
durch die gewShnlichen Eprouvetten ersetzt (Fig. 5).
Dieselben wurden zu drei Vierteln mit Chromchlorflr
gefflllt, sodann luftdicht mit Korken, welche vorher in
Paraffin gekocht waren und auf der inneren Oberflflche
die Kulturplatte trugen, geschlossen. Der Kork wurde
dann an der flufieren Seite paraffiniert und mit Lanolin
bedeckt. Die auf diese Weise bereiteten Eprouvetten
wurden dann in Oel enthaltende Cylinder gesenkt.
Wir bedienten uns auch der Gummistflpsel, durch
welche wir ein kleines Glasstfibchen fflhrten, an welches
wir mittels Kitt die Impfglasplatte anbrachten.
Der Unterschied zwischen dem einen Oder dem anderen VerschluB-
system war unbedeutend.
Wie gewflhnlich, vergaBen wir auch in diesem Falle die Kontroll¬
versuche nicht, in denen wir immer eine Entwickelung wahrnahmen.
Resultat: Diese Methode ist sehr gut, verlangtjedoch
eine groBe Genauigkeit in der Bereitung, da sehr leicht
neue Luft, ja sogar reduziertes Chromchlorflr in die
Eprouvette gebracht werden kann.
In der Tat bemerkten wir mancbmal, wie das Chromchlorflr sich in
einigen Eprouvetten schneller oxydierte als in anderen desselben Ver-
suches, und dafi die Eprouvetten, welche ein wenig oxydiertes Chrom-
chlorflr enthielten, immer eine, wenn auch sparsame Entwickelung zeigten,
als andere, in denen das Chromchlorflr sich blau erhalten hatte.
3. Versuch. Um auf die Impfung einen stftrkeren EinfluB des
Chromchlorflrs wirken zu lassen, haben wir versucht, die freie Ober-
Ento Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 8. 16
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242
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVill. Heft 3.
flftche desselben fast mit dem Substrat in Berflhrung zu bringen. Za
diesem Zwecke bedienten wir uns gewflhnlicher Glasrflhren
(Fig. 6), welche wir fast bis an den Hals mit Chrom-
chlorflrlflsung fflllten. Diese Arbeit fand natQrlich in
Gegenwart von Kohlens&ureanhydrit statt Die R6h-
ren warden mit GummistSpseln verscblossen, an deren
innerer Oberfl&che die Kulturplatte, welche ans einem
runden, mit einer leichten Agarschicht bedeckten Ob-
jekttrSger bestand, angebracht wurde.
Resultat: Dieses System entsprach unse-
ren Bemflhungen, da das Chromchlorflr sicb
verbflltnism&fiig langsam oxydierte.
Wir entscblossen uns daher, diese Technik noch zu
verbessern, und zwar auf folgende Weise:
4. Versuch. Auf der inneren Oberfl&che des
Bodens gewdhnlicher kleinerer Kristallisatoren, in CO*
gelegen, breiteten wir eine dflnne Agarschicht aus
Nach der Impfung kehrten wir die Kristallisatoren in einer
Objekt-
deckel
• tr&gende
Strich-
kultur
Chrom-
’‘chloriir
Fig. 6.
(Fig. 7 A).
mit Chromchlorflrlflsung sp&ter zu fflllenden und mit hohen Seiten und
einem geschmirgelten Glasdeckel versehenen Kapsel urn. Wir befestigten
Strichkultur -
Im Chromchlorflr umgekehrte Schale-
Chromchlorflr*
Fig. 7.
dann den Boden des Kristallisators A an dem inneren Teil des Deckels
der Kapsel B, so dafl er in die FlGssigkeit zu stehen kam, ohne daft
dieselbe mit der Kultur in Berflhrung kommen konnte und damit leicht
herauszuziehen war.
Resultat: Da bei diesem guten System die Kultur-
kapsel sehr schnell in die andere gesenkt we^den muflte,
war die zwischen dem Chromchlorflr und der Kultur be-
findliche Gasschicht etwas grofi.
Im Chromchlorflr
umgekehrte Schale'
Chromchlorflr
Fig. 8.
5. Versuch. In Hinsicht
auf den in der vorigen Methode
wahrgenommenen Uebelstand er-
setzten wir die Krisallisatoren
durch den Petrischen Kapsel-
deckel (Fig. 8 A), auf dessen
innerem Boden wir das Substrat
ausbreiteten. Die Kapsel wurde
sodann an der inneren Ober-
flfiche des geschmirgelten Deckels der anderen, grdfleren Kapsel B be-
festigt. Auf diese Weise erreichten wir, daB die Chromchlorflrlflsung
fast das Substrat berflhrte.
Resultat: Bei dieser Methode behielt das Chrom¬
chlorflr seine blaue Farbe noch besser als im vorigen
Versuche, auch entspricht sie besser dem biologischen
Versuche, da der Entwickelungsunterschied der vorge-
nommenen Kontrollen sehr bedeutend war.
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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose.
243
6. Versuch. Wir bereiten Plattenkulturen, indem wir uns anstatt
der Eapsel der inneren Oberflache von WSgeglfischendeckeln bedienten
(Fig. 9).
Der Versuch wurde in einem Raume von KohlensSureanhydrit and
auf folgende Weise vorgenommen:
Mittels zweier Rippscher Apparate (Fig. 9 K K‘) ftlhrten wir einen
Strom von KohlensSureanhydrit in zwei sehr tiefe und weite Kristall-
glocken C G, auf deren Boden wir auf einer Schicht von zusammen-
gemischtem Paraffin und Vaselin V V' sowohl die Cylinder a o' als auch
die Stdpsel b b' der WSgegl&schen befestigten.
Nachdem wir die ganze Luft aus den Cylindern G C‘ getrieben
batten (wovon wir uns versicherten, indem wir eine Eprouvette mit ab-
gekochtem Ac. pyrog., in das wir ein Stuck Aetzkali warfen, auf dem
Boden derselben anbrachten), und nachdem wir noch einmal w&hrend
einer guten halben Stunde den Strom von Kohlensaureanhydrit batten
durcbziehen lassen, wobei wir besonders darauf acbteten, denselben in
die einzelnen Cylinder der Wageglaschen zu treiben, wie man bei a
siebt; gossen wir auf den Boden der Deckel der Wageglaschen eine
leichte Schicht von Agar, welchen wir vorber abgekocht hatten und
durch welchen wir lkngere Zeit hindurch einen Kohlensaureanhydrit-
strom hatten gehen lassen. Sobald der Agar dicht geworden war, nahmen
wir die Impfung der zu untersucheuden Mikroorganismen vor.
16 *
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244
Centndbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Nachdem wir sodann die St&rke des Kohlensfiureanhydrits, welches
dnrch das Rohr e des Chromchlorflr enthaltenden Apparats A herausstrflmte,
untersucht hatteo, leiteten wir mittels eines Glasrohres J, indem wir
den Drock des Apparats B steigerten, die gewflnschte Menge Chrom¬
chlorflr in die Cylinder der Wfigeglfischen. Die Druckpinzette F regu-
lierte den Durchzug.
Sobald jedes einzelne Wfigeglfischen geffillt war, wnrde es sofort
yerschlossen und der Deckel mit dem nntenstehenden Vaselinparaffin
bestrichen. Diese Methode ergibt folgende Vorteile:
1) Man arbeitet immer in einem Raume von Kohlensfiureanhydrit.
2) Das Gasvolumen, welches sich zwischen der freien Oberflfiche des
Chromchlorflrs und der Impfung befindet, ist von einem sehr starken
Himmelblau.
Resultat: Mit dieser Methode erlangten wir verschie-
dene Vorteile der vorhergehenden Methode gegenfiber;
sie entspricht folgenden Eigenschaften:
1) Entfernung des Sauerstoffs der Luft, indem dieser
dnrch Kohlensfiureanhydrit ersetzt wird.
2) Absorbierung des Sauerstoffs mittels Chromchlo¬
rflrs.
3) Reduktion des sich zwischen dem Chromchlorflr
und der Impfung befindenden Gasvolumens.
4) Entfernung des freien Sauerstoffs aus dem Sub-
strat mittels Aufkochens, indem wir einen Strom von
Kohlensfiureanhydrit hindurchziehen und dann das Sub*
strat in Gegenwart desselben gerinnen lieBen und ttber-
dies dasselbe verdtinnten.
5) Verhinderung des Eindringens des Sauerstoffs.
Nachdem dies geschehen war, stellten wir Versuche mit den ver-
schiedenen AnaSroben an.
Resultat: Wir bemerkten Spuren von Entwickelung
nur in den Kulturen, deren Chromchlorflr grfln geworden
war, was beweist, daB die Entwickelung in direkter Ver-
bindung mit den vorhandenen Spuren von Sauerstoff in
den Kulturen stand.
Die Entwickelung zeigte sich nie lfings der Impflinie
durch Bestreichung, seltener in denen durch Stich, als
in jenen durch Aussaat.
In alien Kontrollversuchen, in welche wir Luft
dringen lieBen, war die Entwickelung eine reichliche.
*
* *
Methode VI. Vorversuch fiber die reduzierende Kraft
des Phosphors — Vertreibung des O t durch Aufkochen
und CO,-Strom — Fixierung des 0 2 durch Phosphor und
Kali pyrogallicum.
Bekanntlich ist der beste Fixator des Sauerstoffs der atmosphfiri*
schen Luft der Phosphor, und ganz besonders der angezflndete. Die
schfidliche Wirkung aber, die er auf die Entwickelung der Mikroorga*
nismen ausflbt, macht ihn zu unserem Zwecke nicht sehr geeignet.
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Fermi u. Basso, Weitere Untersuchungen fiber AnaSrobiose.
245
1. Versoch. Phosphor bei gewOhnlicher Temperatur.
Wir bereiteten Strichkulturen verschiedener Mikroorganismen (Fig. 10)
und verschlossen dieselben luftdicht mittels ernes mit Paraffin bestrichenen
StOpsels (a), an welchem wir ein Stfick Phosphor (b)
vom Gewicht eines Gramms anbrachten. Sechs andere
ROhrchen, die zur Kontrolle dienten, verschlossen wir
einfach. Bevor wir die Enlturen in den Thermostaten
brachten, hielten wir sie einige Tage hindurch bei
niedriger Temperatur, um dem Phosphor Zeit zn lassen,
den Sauerston zu fixieren, ehe die Keime sich ent-
wickeln konnten.
Die Kontrollen machten wir in halb geOffneten,
ebenfalls Phosphor enthaltenden ROhrchen.
Resnltat: In den Phosphor enthalten*
den Rdhrchen fanden wir eine spfirlichere
Entwickelnng als in den KontrollrOhrchen,
in welchen sich sehr zahlreiche Kolonieen
zeigten.
Versuch. Ein Glasballon B (Fig. 11), welcher zuvor mit pyro-
gallussanrem Kali gewaschen wurde und in welchem sich eine LOsung
U~.b
Phosphor
.Btrich-
koltor
Fig. 10.
von Pyrogalluss&ure befand, wurde in eine weite Glocke A gesetzt,
durch welche bestfindig ein Strom von Kohlens&ureanhydrit geleitet
wurde.
Mittels eines Amianthfadens wurde ein Stfick Phosphor F am StOpsel
befestigt. Letzteres wurde angezfindet, indem wir es mit dem Ende
eines erhitzten Glasstfibchens berfihrten, und der Ballon wurde ge-
schlossen. Auf diese Weise wird der Sauerstoff im Ballon aufgesaugt
und die den Mikroorganismen sch&dlichen Pentoxydd&mpfe werden mittels
der unterstehenden LOsung von Pyrogalluss&ure fixiert.
Nachdem die weifien D&mpfe aufgehOrt haben, entfernt man den
StOpsel C vom Ballon und ersetzt ihn durch einen anderen C 1 , an
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246
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
welchem eine kleine Scheibe B mit der Agarschicht, die man in Gegen-
wart von Kohlensfiureanhydrit in derselben Glocke geimpft hat, ange-
bracbt wird. Bevor man den Ballon mit dem Kulturstopsel schliefit,
bringt man ein Stack Aetzkali in die LOsung von Pyrogallussfiure, urn
mit dem sich bildenden Kali pyrog. die letzten Spuren von Sauerstoff,
die mdglicherweise im Ballon zurflckgeblieben sind, zu fixieren.
Der Stdpsel wird ringsherum mit Paraffin oder Lanolin bedeckt,
und die Kultur in den Thermostaten gesetzt.
Diese Methode versetzt uns in die Lage, gleichzeitig folgende an-
aerobische Mittel zu benutzen:
1) Absorbierung des Sauerstoffs durch den angezfin-
deten Phosphor.
2) Absorbierung des Sauerstoffs durch das Kali pyrog.
3) Ausscheidung des Sauerstoffs aus dem Substrat
durch Aufkochen.
4) Absorbierung des Sauerstoffs des Substrats durch
einen darin aufgelfisten reduzierenden Stoff.
5) Reduktion bis zum Minimum des im Substrat sich
befindenden Restes von Sauer stoff, indem man denselben
in einer sehr dfinnen Schicht ausbreitet
6) In einem Raume von Kohlens&ureanhydrit zu ar-
beiten.
*
* *
Methode VII. Ftxierende Kraft der Blastomyceten.
In dieser Reihe von Versuchen haben wir versucht, die Gier, mit
welcher die Blastomyceten den Sauerstoff fixieren, auszunutzen. Vor
allem wollten wir uns fiberzeugen, ob die Blastomyceten die Entwicke-
lung der Anaerobien nicht verhindern. In der Tat haben wir infolge
besonderer Versuche feststellen konnen, dafi die Mikroorganismen sich
ebenso gut in lebenden als in toten Blastomycetenkulturen entwickeln.
Um uns zu fiberzeugen, ob die Blastomyceten wirklich eine grofie sauer-
stoffbindende Kraft besitzen, so dafi wir sie als Fixatoren des freien
Sauerstoffs im Substrat hfitten anwenden konnen, stellten wir folgende
Versuche an: Wir bereiteten Emulsionen (Kulturen) von reiner geprefiter
Hefe zu 2—5—10 Proz. in Fleischbrflhe, verteilten dieselben in Eprou-
vetten im Verhaltnis von 5 ccm und gossen, wie gewohnlich, 2 ccm
Paraffin darauf. Dieses wurde nachher durch Paraffin61 ersetzt, weil die
Gase, die sich infolge der Gfining der Blastomyceten bildeten, die auf der
Kultur ruhende Paraffin schicht Ifisten. Es war klar, dafi unter diesen
Bedingungen die Blastomyceten nur den im Substrat gel6sten Sauer¬
stoff ausnutzen konnten, und ihn daher nach und nach verzehren
mufiten.
Beim Giefien eines Sauerstoffanzeigers in das Substrat mufiten wir
uns von der mehr oder minder grofien Menge desselben im Substrat
fiberzeugen, und indem wir den Versuch in verschiedenen Rfihren und
Zeitrfiumen wiederholten, die allmfihliche Absorbierung des Sauerstoffs
durch einen Teil der Blastomyceten sehen.
Als Sauerstoffmdikator benutzten wir das gewohnliche Kali pyrog.
Wir gossen in die in gleicher Weise zubereiteten verschiedenen Rohre
eine gleiche Quantitfit einer gekochten L6sung von Ac. pyrog. und Aetz¬
kali, so oft wir den im Substrat sich befindlichen Sauerstoff untersuchen
wollten. Diese Untersuchung stellten wir im Augenblick des Versuchs,
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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber Anaerobiose.
247
nach 2, 4, 10, 24 Standen, nach 2, 3, 4 Tagen an. Aus der mehr Oder
minder starken Schw&rzung des Substrate schlossen wir auf die mehr
oder weniger starke Quantit&t von freiem Sauerstoff in demselben.
Resultat: Wir haben feststellen kbnnen, dafi in den
Kulturen, die 2—5—10 Proz. Blastomyceten enthielten,
der freie Sauerstoff des Substrats sofort fast ganzlich
fixiert wurde.
In der Tat zeigte sich keine SchwSrzung des Kali pyrog., welches
wir ins Substrat gegossen hatten, wahrend es genflgte, mittels eines
RChrchens durch die Paraffindlschicht in die Kultur hineinzublasen, um
eine schnelle und starke Schwarzung zu erhalten.
Die reduzierenden Eigenschaften der Blastomyceten nutzten wir auf
folgende Weise aus: In den vorhergehenden Methoden der Kulturen
durch Bestreichung brachten wir eine Schicht Blastomyceten zwischen
das Substrat und die Scheibe, auf welches das Substrat gegossen wurde.
Um diese Methode zu kontrollieren, breiteten wir die Schicht Blasto¬
myceten nur auf einer Halfte der anaeroben Kulturkapsel aus; und
erst nachdem die Blastomyceten Zeit gehabt hatten, sich des Sauer-
stoffs des Substrats zu bedienen, nahmen wir die Impfung vor.
In folgender Tabelle zeigen wir die durch diese Methode erlangten
Resultate:
Mikroorganismen
Ohne Blasto¬
myceten
Mit Blasto¬
myceten
B. tetani
+
B. oedem. maligni
+
—
B. anthracis symptomatici
+
+ ?
Anaerob aus Kase No. 1
+
—
7» V V « "
+
—
Anaeroben aus Faeces No. 1
+
— —
o
n v v w u
—
0
Anaeroben aus faulen Flutgraben No. 1
-f
+
+
—
Resultat: In Korrespondenz der Blastomycetenschicht
war die Entwickelung sparsamer Oder ganz aufgehoben.
Methode VIII. Vertreibung der Luft mittels eines
Stromes von CO, und der Quecksilberluftpumpe; Fixie-
rung des 0, mittels glflhenden Kupfers.
Wir erreichten das uns gesteckte Ziel auf folgende Weise (siehe
Fig. 12):
1) Man nahm ein langes Rohr (A) mit starker Wand in Gebrauch
beim Verbrennen organischer Substanzen und fiillte den Boden mit
einer gegebenen Menge Manganchlortir (a).
2) In eine gewisse Entfernung davon brachten wir eine gegebene
Menge KupferspSne (6).
3) Legten wir das Rohr horizontal und versahen es am Ende mit
einem Kflhler (B).
4) Fflhrten wir eine kleine Scheibe (e), auf der wir eine dfinne
Agarschicht mit den Stich- und Strichkulturen der zu studierenden An-
aSrobien mittels eines C0 2 -Stromes hatten verdichten lassen, in das
Rohr ein.
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248
CentralbL f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
5) Schlossen wir das Rohr mit einem guten Gummistbpsel, in
welchem sich ein Loch befand, durch welches ein kurzes Glasrohr (d)
fflhrte.
6) Beim Erw&rmen mittels einer Flamme entwickelte das Mangan-
chlorflr einen remen CO,-Strom nnd vertrieb die Luft
7) Als wir glaubten, daB die Luft fast g&nzlich vertrieben sein
konnte, fixierten wir die Spuren des Sauerstoffs, indem wir das Kupfer
mittels einer anderen Flamme zum Glflhen brachten.
8) Der Kflhler diente zur Verhinderung der allzn groBen Erhitzung
der Kulturscheibe.
9) Endlich, wShrend die Produktion des Kohlensfiureanhydrits unter-
brochen wurde, wurde das Vakuum ira Inn era des Rohres hergestellt,
indem man letzteres mit der Qnecksilberluftpumpe (c) in Verbindung
setzte.
10) Hierauf wurde das Rohr luftdicht verschlossen und in eine
Temperatur gebracht, welche die Entwickelung der Impfungen erlaubte.
Resultate: Mit dieser komplizierten Methode erlangten wir noch kein
sicheres Resultat.
Unter den verschiedenen Schwierigkeiten, auf die man stieB, ist
besonders das leichte Austrocknen der dQnnen Agarschicht hervorzu-
heben. (SchiuB foigt)
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Maid ague, Bacilles cTEberth dans un kyste de l’ovaire etc.
249
Nachdruek verbot&n,
Bacilles d’Eberth dans un kyste de l’ovaire apres la
guerison d’une flevre typhoide.
Par le Dr. L. Maldague,
Assistant 1.l’lnstitut bact4riologique de Louvain (Directeur: J. Denys).
A plusieurs reprises le bacille d’Eberth fat signal^ comme agent
causal de suppurations survenues plus ou moins longtemps aprbs la
gu6rison d’une fihvre typhoide. Parmi les localisations des affections
eberthiennes posttyphiques, on a rapports quatre fois seulement, k notre
connaissance, un kyste de l’ovaire pr^existant.
Le premier cas de ce genre fut relate par Worth en 1893 1 ). Or
A cette Ipoque, l’identification du bacille typhique 6tait encore extr^me-
ment difficile. On ne connaissait que ses caractbres culturaux, et l’on
sait combien il est douteux que Ton puisse d’aprfes les seuls caractbres
culturaux, 6tablir avec certitude l’identit6 du bacille typhique. Le coli-
bacille, en effet, et surtout toute la s6rie chaque jour plus nombreuse
des coliformes et des 6berthiformes ou paratyphiques, pr6sentent des
caracthres culturaux si serablables a ceux du veritable bacille typhique,
que Ton n’attribue plus aujourd’hui de valeur r6elle qu’h la reaction
d’agglutination du bacille k identifier par du s6rum de malade atteint de
fibvre typhoide, ou par du s£rum d’un animal fortement vaccin6 au
moyen d’un bacille typhique authentique.
Nous ne voulons pas mettre en doute que dans le cas rapports par
Worth, il s’agissait bien de bacilles typhiques; nous voulons seulement
faire ressortir combien ce fait serait douteux, si de nouvelles contri¬
butions, dans lesquelles la presence du bacille typhique est compl&tement
■dtablie, ne venaient l’affermir.
Le second cas, rapports par Sudeck en 1896 2 3 ), n’est pas plus
probant. Il Test plutot moins; car k c6t6 des bacilles typhiques, Sudeck
trouva dans la paroi du kyste d’abord, et plus tard dans le pus qui
s’6coulait de la plaie op6ratoire, un microcoque. Or on sait avec quelle
facilite le colibacille s’associe au streptocoque et au staphylocoque dans
les suppurations des organes pelviens chez la femme. Dans le cas de
Sudeck des colibacilles ou des coliformes, prSsentant les caract&res
culturaux du bacille d’Eberth, auraient done pu venir se localiser dans
le kyste ovarique en mgme temps que les coques.
Encore une fois nous ne voulons pas nier la presence de r6els
bacilles typhiques dans ce cas, mais simplement montrer l’insuffisance
de preuves, qu’il ne faut nullement imputer aux auteurs, mais k l’6poque
oh la reaction de Pfeiffer n’6tait pas encore en pratique courante.
Le troisihme cas est plus probant. Il fut publife par Pit’ha en 1897 8 ).
Cette fois l’agglutination fut essay6e au moyen du s4rum d’un sujet
typhisd, et reconnue positive. Mais l’auteur ne nous renseigne pas sur
le degr6 de l’agglutination. Or on sait que le s6rum de sujets atteints
de fihvre typhoide agglutine souvent en proportion radme notable les
colibacilles: parce que sans doute le colibacille s’associe dans un grand
nombre des cas au bacille d’Eberth.
1) Deutsche med. Wochenschr. 1893. p. 489.
2) Munch, med. Wochenschr. 1896. p. 498.
3) CentralbL f. Gynakol. 1897. No. 37. p. 1109.
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250
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Le quatri&me cas, rapports par Wallgreen en 1899 1 ), est toot i
fait d£monstratif. La nature des bacilles y est dtablie: 1° par les caract&res
cnlturanx; 2° par la reaction d’agglutination an moyen da s£rum d’pn
malade atteint de fifevre typholde; 3° par la reaction d’agglutination an
moyen du s£rum de cobayes pr£alablement vaccines avec le bacille dn
kyste. L’auteur s’est servi comme t6moin, dans ces trois ordres de preuves,
d’nn bacille typhique authentique qui pr£sentait les mgmes caract&res
culturaux et s’agglutinait dans les m§mes conditions et sensiblement
dans les mgmes proportions que le bacille du kyste.
A ces quatre cas de localisation du bacille d’Eberth dans un kyste
de l’ovaire nous pouvons en ajouter un cinquibme. II s’agit d’une femme
op£r£e par Monsieur le Professeur Debaisieux de Louvain, auquel
nous t£moignons nos remerdements pour la bienveillance avec laquelle
il nous a abandonn£ la relation de ce cas.
Cette femme, Madame A., est prise le 13 septembre 1904 de
douleurs abdominales. II y a de l’inapp£tence et de la constipation. Cet
6tat perdure quelques jours en s’aggravant et la malade se met au lit.
Le 20 septembre, Monsieur le Docteur Dieudonn£ de Louvain, auquel
nous sommes redevable de l’histoire de la malade avant son entree k
l’hopital, est appel£ auprfcs d’elle. Le Docteur Dieudonnd diagnostique
une fifcvre typholde, et son diagnostic est confirm^ le lendemain par
la reaction de Widal positive k II constate aussi la presence d’un
kyste de l’ovaire droit, gros comme une t§te d’enfant, mais ne pr£sen-
tant aucun signe inflammatoire. Jusqu’au 24 l’allure de la maladie est
b£nigne; la temperature ne d£passe pas 38,2° etle sensorium reste bon.
„Le 24 octobre u , 6crit le Docteur Dieudonnd, „apparaissent de
vives douleurs abdominales localises dans le flanc droit. Le pouls s’acc£lfere:
90; la temperature monte k 39°. Le ventre grossit; la palpation de
la turaeur est douloureuse. Jusqu’au 1« novembre le pouls oscille
entre 90 et 100; la temperature entre 38° et 39°. Le ventre augmente
de plus en plus de volume: matit£ partout, sauf dans le flanc gauche.
La tumeur a d£pass£ l’ombilic et atteint presque les fausses c6tes
droites. Les douleurs abdominales continues et souvent vives tourmen-
tent la malade. A partir du commencement de novembre les tempera¬
tures tombent Elies ne d£passent plus 37° vers le 19 Novembre. Le
ventre n’est plus douloureux, mais encore sensible. Les selles sont
devenues normales. La malade s’alimente avec plaisir et se lfeve. Elle
a beaucoup maigri; mais elle reprend k vue d’ceil. Elle parait gu£rie
le 19. Le 22 la fifcvre se rallume; la sensibilit£ abdominale est extreme
au moindre attouchement; les douleurs spontan£es sont plus aigues que
jamais. Le visage est tir£; le pouls est 4 100; la temperature & 38,7°.
La situation s’aggrave le 23. Craignant une rupture du kyste j’envoie
la malade k l’hopital. J’expose la situation k Monsieur le Professeur
Debaisieux et celui-ci decide d’intervenir imm£diatement u
La veille de l’op£ration la temperature etait le matin k 38,1° et
le soir k 38,8°. Le jour de l’op£ration il y avait 38 le matin et 37,8°
le soir. Le lendemain 37° le matin et 37,2° le soir. Depuis lors la
temperature n’a plus d6pass£ 37°.
L’op£ration fut classique, nous a dit Monsieur le Professeur De¬
baisieux. Le kyste etait gros comme une matrice k 9 mois. La poche
kystique etait constitu£e par une grande poche principale et par plusieurs
1) Archiv f. Gynakol. 1899. p. 15.
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Maidngue, Bacilles d’Eberth dans nn kyste de l’ovaire etc.
251
petites poches accessoires. Elle ne ressemblait en rien aux kystes der-
moldes. Ce kyste renfermait 6 litres \ d’un liquide inodore, blanc crS-
meux, tout-4-fait comme du pus. L’examen microscopique fut fait im-
mediatement: on ne trouva pas de bacilles; il n’y avait que quelqnes
rares noyaux de globules blancs, des debris cellulaires et des gouttelettes
de graisse.
Trois tubes d’agar non sucre ensemenc6s avec le liquide du kyste
et portes 4 la couveuse pr6sentaient tous trois, le lendemain, une abon-
dante culture continue et blanche, absolument pure, de b&tonnets cylin-
driques, 4 extremit6s arrondies, isol6s et quelquefois group4s deux
par deux.
R6ensemenc6s sur des agars sucres ces bacilles ne produisirent pas
de gaz.
Le lait ne fut pas coaguie par eux aprfcs six semaines de couveuse.
La recherche de l’indol dans les cultures de ce bacille, faites dans
de 1’eau additionn£e de peptones Witte 4 l°/ 0 , donna des resultats
n6gatifs.
Les cultures sur pommes de terre restfcrent complfetement invisibles.
Snr gelatine se d6velopp4rent des colonies en forme de petits disques
arrondis, transparents et leg&rement jaunitres.
Dans les preparations examinees 4 frais, les b4tonnets etaient animes
de mouvements vifs.
Les caract4res culturanx que 1’on assigne au bacille typhique ap-
S artenaient done au bacille du kyste. II ne nous restait plus pour con-
rmer son identite, que de le soumettre 4 Taction d’un serum agglu-
tinant le bacille typhique.
Nous possedons 4 l’institut bact6riologique de Louvain un serum
antityphique provenant d’un cheval fortement vaccine. Ce serum, ad¬
dition^ de |°/ 0 d’acide phenique. a conserve depuis plusieurs ann6es
nn pouvoir agglntinant considerable.
C’est d’abord avec ce serum que nous avons fait des essais d’agglu-
tination de notre bacille. Le resultat de ces essais apparait nettement
dans le tableau ci-contre. Pour mieux faire ressortir la valeur de l’ag-
glutination, nous n’avons pas seulement pris comme temoin un bacille
typhiqne authentique qui nous vient du laboratoire de Widal, mais
encore deux colibacilles d’origines differentes.
Agglutination du bacille du kyste compar4e 4 celle d’un bacille
typhique et de deux colibacilles.
Dilutions
Bacille
typhique
Bacille
du kyste
Colibacille A
Colibacille B
T 0*0 0
+ + +
+ + +
—
—
yoW
+ + +
+ + +
—
—
+ + +
+ + +
—
—
+ + +
+ + +
—
—
40 h 0 O'
+ + +
+ + +
—
!
Tandis que le bacille du kyste et le bacille typhique etaient agglu-
tin6s par les quantity infiniment petites de et cela en tr&s pen
de temps et d’une fagon tr4s complete, les colibacilles aux mtimes dilu¬
tions ne pr6sentaient pas trace d’agglutination. Pour mieux marquer
encore la difference entre les colibacilles et les bacilles du kyste, nous
avons recherche la limite d’inactivite de notre serum sur les colibacilles,
et nous sommes arrives aux resultats suivants.
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252 Centralbl. f. Bakt etc. I. AbL Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Essais d’agglutination dedeux colibacilles par un sdrum antityphique.
Dilutions
Colibacille A
Colibacille B
T J 6
+
! +
i Jo
+
: +
uto
+
+
4 Jo
—
—
bio
i
L’agglutination des colibacilles ne se faisait done qu’au s$ 0 \ et
encore faut-il faire remarquer que cette agglutination 6tait incomplete.
La partie supdrieure des tubes it reaction dtait claire; mais plus de la
moitie inf6rieure 6tait trouble, et au fond du tube il n’y avait qu’un
petit depot.
Ce r£sultat ne pouvait nous laisser aucun doute sur la nature du
bacille du kyste qui devait bien Stre consider^ comme un bacille typhi-
que. II nous a cependant paru intdressant de rechercher le pouvoir
agglutinant du sang de la malade vis-e-vis du bacille d’Eberth, des
colibacilles et de son propre bacille. Les rdsultats de ces recherches
sont consignee dans le tableau ci-dessous.
Agglutination du bacilie d’Eberth, du bacille du kyste et des coli-
bacilles A et B au moyen du s4rum de la malade.
Dilutions
Bacille
d’Eberth
Bacille
du kyste
Colibacille A
Colibacille B
i
1 o
4- 4-4
,
■
_
2 l O
+++
4-4-4-
—
—
A
4- 4- +
-^++
-
—
. 1
<; o
444
4-4-4-
—
—
8 0
4- 4-4
+ 4-4-
—
—
1
1 O 0
+ + +
4 4 4
—
—
2 o o
+ -f 4
+ 44
' —
a Jo
44 +
4 4- 4
—
, —
To o
444
444
—
i —
f» l o
+ 4
4- 4- 4
—
i
1
t> 0 0
44
44
—
1
-Ao
4
44
—
—
H 0 <1
1
i
i
4
—
—
» 0 0
—
—
Ainsi done le serum de la malade ne prdsentait aucun pouvoir ag¬
glutinant vis-a-vis de deux formes de colibacilles, tandis que son pouvoir
agglutinant vis-a-vis du bacille d’Eberth et du bacille du kyste 6tait
exceptionnellement intense. Si l’on songe que les infections colibacil-
laires developpent chez les sujets infectes un pouvoir agglutinant notable,
il apparaitra a l’evidence que les bacilles du kyste ne pouvaient pas £tre
des colibacilles.
Il rSsulte done des caractferes culturaux de notre bacille ainsi que
des r6sultats des agglutinations auxquelles il a 6t6 soumis, que e’est
bien un bacille typhique.
Il ne sera pas sans int6r§t de revenir un instant k l’histoire de la
maladie.
La convalescence de la fi&vre typhoide fut lente bien que la ma¬
ladie ait 6t6 b6nigne. Nous en trouvons l’explication dans la persistance
des bacilles typhiques dans le kyste. L’infection du kyste s’dtait faite
en effet pendant la maladie; et s’il fallait assignor une date k cette in-
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Maid ague, Bacilles d’Eberth dans un kyste de l’ovaire etc.
253
fection, il faudrait la faire coincider avec l’dpoque oil s’dveilldrent dans
le kyste des douleurs violentes, oh il devint plus volumiueux et od la
fidvre s’dleva nettement. Les bacilles d’Eberth trouvdrent dans le
liquide kystique un milieu 6minemment favorable k leur ddveloppement
et durent se multiplier en grand nombre. Ainsi s’expliquent les phdno-
mdnes franchement inflammatoires que prdsenta le kyste pendant le cours
de la maladie. L’effort de l’organisme vers la gudrison parvint k ddtruire
tous les bacilles typhiques qui circulaient dans le sang ou qui s’dtaient
arrdtds dans les organes od ils se rencontrent le plus habituelleraent,
comme les follicules clos de l’intestin, les plaques de Peyer et la rate.
Mais k cette lutte 1’organisme avait dd ddpenser une dnorme quantity
de phagocytes. Restaient encore l’dnorme quantity de bacilles retranches
dans le kyste. L’organisme envoya Id aussi ses forces defensives; mais
l’armde leucocytaire ne fut pas assez nombreuse pour remporter. un
triomphe complet. Les bacilles furent ddtruits en grand nombre: l’apyrexie
passagdre que prdsenta la malade ne s’explique que par l’absence de
ddversement de toxines dans le sang, c’est-d-dire par la destruction
presque compldte done des organismes dberthiens. Ce fut la pdriode de
convalescence et d’apparente gudrison. Mais les bacilles n’avaient pas
tous dtd ddtruits; et lorsque l’organisme eut dpuisd ses ressources ils
reprirent le dessus et l’auraient probablement conserve sans l’intervention
opdratoire. La fidvre s’dtait rallumde; la tension douloureuse du kyste
annongait le retour offensif des bacilles; tout cela fut coupd par le
couteau du chirurgien. Le lendemain de l’opdration la iidvre dtait pres¬
que totalement tombde et ne devait plus reparaltre.
De la relation de ce cas nous paraissent ddcouler plusieurs enseigne-
ments:
1° C’est un fait de plus en faveur de Taction pyogdne du bacille
d’Eberth.
2° C’est un remarquable exemple d’un sujet vaccine et chez lequel
des bacilles subsistent cependant k l’dtat latent, capables de ddvelopper
k un moment donnd une infection locale. (Il n’est pas possible dans
l’etat actuel de nos connaissances sur l’immunite, d’interprdter ce fait
bizarre qui se prdsente d’ailleurs encore pour d’autres bacilles et tout
particulidrement pour celui de la tuberculose.)
3° Au point de vue clinique, ce cas montre qu’il faut porter toute
son attention vers les lesions organiques prdexistantes k la fidvre typhoide
et susceptibles de devenir, dans le cours de celle-ci, un retranchement
pour les bacilles d’Eberth; et qu’enfin une intervention chirurgicale
rapidement et sagement deiiberee peut gudrir radicalement ces facheuses
complications.
Qu’il nous soit permis, en terminant, de tdmoigner k notre excellent
maitre, Monsieur le Professeur Denys, toute notre reconnaissance pour
les conseils edairds par lesquels il dirige nos travaux.
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254
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIIL Heft 3.
Nachdruck vcrboten.
Die Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkel-
bacillus zu der des Rindertuberkelbacillus.
Von Dr. D. A. de Jong in Leiden.
Mit 3 Kurven und 9 Figuren.
(Schlufl.)
In der Brusthohle keine FlQssigkeit. Die (Lungen sind nickt zu-
sammengefallen. An der rechten Seite riickenw&rts schwer zu zerreiBende
Adhasionen. Links ist die ganze Lunge mittels Bindegewebe und Fibrin
fest mit der Thoraxwandung verbunden.
Die Lungen sind stark vergroBert,
zumal die rechte, und liaben eine hocke-
rige Oberfl&che; sie zeigen viele Kaver-
nen (Fig. 2). Die rechte hat noch eine
ziemliche Respirationsoberflache. Die
linke ist. was den hinteren Lappen be-
trifft, ganz kavernos. Die vorderen
Lappen zeigen eine kasige Pneumonie.
Bronchial - und Mediastinaldriisen sind
stark tuberkulos mit ziemlich viel Kalk.
Die Trachea zeigt in der Lange der
ganzen Schleimhaut eine Menge tuber-
kuloser Geschwiire. In der Larynx befand
sich unter der Schleimhaut des linken
GieBkannenknorpels ein kleiner Tuberkel.
In der schaumigen Fliissigkeit der
Maulhohle (Lungenodem), in der rechten
Bugdriise, in dem AbsceB an der Impf-
stelle und in den Lungen wurden Tu-
berkelbacillen gefuuden.
Ein Meerschweinchen mit einem
Gewicht von 559 g wurde von der
rechten Bugdriise subkutan ge-
impft. Tod nach 86 Tagen mit einem
Gewichtsverlust von 44 g an heftiger
allgemeiner Impfungstuberkulose.
Die mikroskopische Untersuchung
Fig. 2. Schnittfiache des hinte- der Lunge, vorderen Mediastinaldriise,
ren Lappens der rechten Lunge der- rechten retropharyngealen Driise und
eelben Ziege. GrnBe. Schleimhaut der Trachea der Ziege lieB
starke tuberkulose Veranderungen er-
kennen. In Lungen und Mediastinaldriise waren verkfiste und verkalkte
Herde nebeneinander anwesend.
Der Verlauf dieses Versuches hatte also eine erstaunliche Ueberein-
stimmung mit dem von Nocard, welchen ich immer etwas bezweifelt
hatte. Damals starb das Tier auch erst nach 3 Jahren.
Auffallend ist weiter, daB unsere Ziege eine doppelte Infektion zeigte,
namlich eine subkutane, verursacht durch Bacillen, welche bei der
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 255
Einspritzung unter die Haut gelangt waren, und wodurch auch die
rechte Bugdriise angesteckt wurde, und eine pulmon&re als Folge der
intravenosen Injektion.
Vergleicht man weiter das Resultat des erwahnten Versuches mit
den von mir bei Ziegen mit andereu vom Menschen herriihrenden
Tuberkelbacillen erhaltenen (3), und zieht man dabei die geringgradige
Tuberkulose, welche der verwendete Bacillus bei Rindern verursachte,
in Betracht, dann muB sicher angenommen werden, daB dieser
Tuberkelbacillus des Menschen eine aufierst geringe
Virulenz besaB.
Nun war es aber interessant zu untersuchen, ob der dreijahrige
Aufenthalt in dem Ziegenkorper vielleicht seine Eigenschaften abge-
andert hatte.
Zu diesem Zwecke wurden Kulturen angelegt aus dem Meerschwein-
chen, welches nach Impfung mit Material aus der Bugdriise an Tuber¬
kulose gestorben war. Diese Kulturen, angelegt auf glycerinhaltigem
Rinderblutserum, zeigten bald Wachstum, und mit diesen Kulturen wurden
am 16. Januar 1904 neue Impfungen angestellt, welche den Anfang
einer doppelten Serie von Versuchen bildeten.
Von den aus dem Meerschweinchen erhaltenen Kulturen wurde
eine fein zerteilte Suspension gemacht, welche 0,150 g Bacillen auf
20 ccm sterilem Wasser enthielt, also weniger stark war als die, welche
von Koch und Schiitz in der Regel verwendet wurde. Eine Ziege
mit einem Gewicht von 13 kg, welche auf Tuberkulin nicht reagiert
hatte, erhielt davon 1,5 ccm an der rechten Halsflache subkutan. Das
Tierstarb nach 34 Tagen an heftiger
allgemeiner Impfungstuberkulose
mit einem Gewichtsverlust von 6 kg.
Der Bacillus hatte also fur die Ziege
stark an Virulenz zugenommen.
Am 20. Januar war die Impfstelle ange-
schwollen, und diese Anschwellung wurde lang-
sam groBer. Am 25. Januar folgte Vergrofie-
rung der region&ren Bugdriise, am 28. stieg
die Temperatur, welche nachher ein wenig
wechselte, urn nach dem 4. Februar iiber 40 0 C
zu steigen, und erst 2 Tage vor dem Tode
wieder herabzusinken. Am 5. Februar fing das
Tier an zu husten, nach dem 6 . verlor es an
Gewicht. Der Zustand verschlimmerte sich
dann immer mehr, und die Ziege starb am
19. Februar. Die Anschwellung der Impfstelle
und der Bugdriise hatten fortw&hrend an Um-
fang zugenommen.
Obduktion: HiihnereigroBe Geschwulst
an der Impfstelle (Fig. 3) mittels eines Stranges
mit der stark vergroBerten Bugdriise, welche
2 1 / i cm breit, 5 1 /* cm lang und 2 cm dick
war (Fig. 4), verbunden. Tuberkulose der
rechten Submaxillardriise, der rechten retro- Fig- 3. Scbnittflache der
pharyngealen Driise, der rechten unteren Hals- tul) erkuloeen Anschwellung
driise, der Leistendriisen, der rechten Kniekehl- *9 Februar 1904 ^eretorb™
driise, der MesenterialdrQsen, der portalen nen Ziege. 9 / 10 GroBe.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3,
Schnittfliiche der rechten Bugdriise derselben Ziege.
Schnittflache eines Lungenlappens derselben Ziege.
j Grofie.
Grofle
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 257
DrQsen, der Leber, der Milz und der Nieren; heftige Miliartoberkulose
der Lungen (Fig. 5) und der Bronchial- und Mediastinaldrflsen.
Das Temperaturverh<nis zeigt die Kurve No. 1.
Zn jener Zeit (am 19. Februar) war ich nicht im Besitz eines be-
sonders dazn geeigneten Kalbcs zur direkten Impfung mit den Organen
der Ziege. Ich mufite mich znfriedenstellen mit einem Qbrigens aus-
gezeichneten und sehr gesunden Kalbe von 2 Tagen (nflchternes Kalb),
mit einem Gewichte von 32 kg.
Von einer mediastinalen Drflse der Ziege wurde ein Teil mit
sterilem Wasser so fein wie moglich verrieben. In der in dieser Weise
erhaltenen Flflssigkeit waren viele Tnberkelbacillen anwesend. Davon
bekam das Kalb 5 ccm subkntan an der rechten Halsseite und neben-
bei wurde ein Meerschweinchen von 380 g subkutan mit 1 ccm derselben
Flflssigkeit geimpft. Die Impfungen fanden am 19. Februar 1904 statt.
Das Meerschweinchen starb am 21. Mflrz an allgemeiner Impfungstuber-
kulose, im Gewicht zurflckgegangen bis 282 g.
Das Kalb zeigte alsbald eine ziemlich grofie Anschwellung an der
Impfstelle und von der linken Bugdrflse, welche beiden Anschwellungen
durch einen schmerzhaften Lymphstrang verbunden waren. Nach einigen
Tagen jedoch wurde der Versuch gestflrt, indem das Tier Diarrhfle bekam
und an K&lberdiphtheritis erkrankte. Der Tod lied nicht lange auf sich
warten und das Tier verendete am 9. Mflrz. Die Obduktion zeigte ein
interessantes Bild der Mischinfektion mit Tuberkel- und Nekrose-
bacillen. Von rein tuberkulflser Natur war die Anschwellung an der
Impfstelle, eine tuberkulflse Infiltration des subkutanen Gewebes, worin sich
sehr viele Bacillen befanden. Die rechte retropharyngeale Lymphdrflse war
nahezu gfinzlich verkflst, enthielt viele Tuberkelbacillen, aber auch einige
Nekrosebacillen. Die rechte Bugdrflse, welche stark vergrSBert war, enthielt
einen grofien k&sigen Herd mit vielen Tuberkel-, jedoch keinen Nekrose¬
bacillen. Tuberkulos waren weiter die Darmbeindrflsen, die Nierendrflsen,
die Nieren, die Leber, die Milz und die Mesenterialdrflsen. In den
Lungen viele Tuberkel, aber daneben eine groBe Zahl von durch Nekrose¬
bacillen verursachten Herden; die bronchialen und mediastinalen Drflsen
waren tuberkulfls.
Es war klar, dafi faktisch die Infektion durch Nekrosebacillen starker
war als die durch Tuberkelbacillen. Fflr die Kenutnis der Infektion durch
Tuberkelbacillen hatte der Versuch also keinen Wert. Aber die Bacillen
hatten wflhrend 19 Tage in dem Korper des Kalbes verweilt
Geimpft wurden 1 Meerschweinchen von 548 g mit Material von der
rechten retropharyngealen Drflse und ein zweites von 601 g mit solchem
der rechten Bugdrflse, beide subkutan. Das erste starb nach 83, das
zweite nach 46 Tagen an allgemeiner Impfungstuberkulose. Aus den
Organen des zweiten wurden Kulturen angelegt; diese waren nach
etwa 4 Wochen flppig gewachsen.
Diese Kulturen sollten dazu dienen, aufs neue ein Kalb zu impfen
und zu sehen, ob die Virulenz eine derartige war, dafi bei dem Kalbe
eine progressive Impfungstuberkulose zum Vorscbein gerufen werden
konnte. Und ich wollte dabei genau den Weg befolgen, welchen Kossel
und seine Mitarbeiter bei ihren neuen Untersuchungen am Gesundbeits-
amt (1) eingeschlagen haben.
Es mufite also ein Kalb von 3—6 Monaten genommen werden. Am
9. Juli 1904, dem Tage der Impfung, verfflgten wir fiber ein Kalb,
welches am 12. M&rz geboren, und also gut 3 Monate alt war. Am
Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 3. 17
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258
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
13. Juni hatte es auf eine Tuberkulineinspritzung nicht reagiert. Das
Tier war munter and lebhaft, und wog 89,5 kg.
Von einer Kultur aus der Milz des obengenannten Meerschweinchens
wurden 35 mg abgewogen und mit 5 ccm sterilem Wasser verrieben;
diese Flflssigkeit wurde subkutan an der rechten Halsseite des Kalbes
eingespritzt.
Ich hebe hervor 1) dafi der verwendete Bacillus derselbe war, welcher
ursprunglich im Laboratoriura von Prof. Spronck aus einem Menschen
isoliert worden wor, und welcher keine genQgende Virulenz hatte, am
zwei Rinder nach intravendser Infektion zu tdten; welcher 37i Jahr
brauchte, um nach intravendser Infektion einer Ziege dieselbe zu
tdten, und welcher nachher successive den KOrper eines Meerschweinchens,
einer Ziege, eines Kalbes und eines Meerschweinchens passiert hatte;
2) dafi jetzt weniger Bacillen einverleibt wurden als bei den Kossel-
schen Versuchen.
Das Resultat des Versuches lieB an Deutlichkeit nichts zu wUnschen
fibrig. Das Kalb starb am 3. August, also nach 25 Tagen, an allge-
meiner Impfungstuberkulose, sowohl w&hrend des Versuches als bei der
Obduktion die Erscheinungen zeigend, welche nach Koch und SchQtz
und ihren Nachfolgern nur von Rinderbacillen verursacht werden kdnnen.
Kurve 2.
Schon am 11. Juli war die Impfstelle angeschwollen, und diese An-
schwellung hatte am 16. betr&chtlich zugenommen. Dann hatte sich auch
die rechte Bugdrflse vergrofiert; und beide Schwellungen nahmen fort-
wahrend an Umfang zu.
Am Abend der Infektion stieg die Temperatur bis 39,7 0 C, sank
danach wieder herab, stieg am 17. Juli bis 40° C und blieb nun fort-
w&hrend sehr hoch, um einige Tage vor dem Tode wieder zu sinken.
Der Fieberzustand ist aus der Kurve No. 2 ersichtlich. Nach dem
23. Juli fing das Tier an abzumagern; beim Tode war das Gewicht
72,5 kg. Am 27. Juli wurde Husten wahrgenommen und es entwickelte
sich eine schwere tuberkuldse Pneumonie. Wahrend der letzten Tage
war das Kalb so schwach, dafi es sich nicht ohne Hilfe erheben konnte.
Die Obduktion ergab folgendes:
Fast alle LymphdrQsen, sowohl oberflachliche als tiefe, sind tuber-
kulos. An der Impfstelle subkutan eine ausgebreitete tuberkuldse, ziem-
lich feste, kasige Anschwellung, 25 cm lang, 12 cm breit und 7 cm dick
(Fig. 6). Die rechte Bugdriise stark vergrdBert, 10 cm lang, 5 cm breit
und dick, aus festem, verkastem Gewebe bestehend (Fig. 7). In Leber
(Fig. 8), Milz und Nieren eine groBe Zahl von kleinen Tuberkeln. Die
Lungen von Miliartuberkeln flbersat (Fig. 9); die dazugehdrigen Lymph¬
drQsen, zumal rechts, in eine feste kasige Masse umgewandelt. An dem
Rippenbrustfell eine beginnende Perlsucht.
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 259
Nach der Kochschen Auffassung war das Tier an einer Infektion
mit Rinderbacillen gestorben, und doch hatte die Infektion stattgefunden
mit einem M en sc hen bacillns, welcher ursprunglich ein 2-jahriges Rind
und ein 2 l / 2 Monate altes Kalb auch nach intravenoser Infektion nicht
toten konnte.
Die Virulenz hatte also nach der Tierpassage zugenoimnen. Das
war schon ersichtlich gewesen aus der Infektion der zweiten Ziege,
welche gleichfalls nach der subkutanen Impfung in kurzer Zeit ge¬
storben war.
Fig. 6. Fig. 7.
Fig. 6. Schnittflache der Anschwellung an der Impfstelle de* am 3. August 1004
verendeten Kalbes. GrbBe.
Fig. 7. Rechte Bugdriise dcsselben Kalbes. "/to drofie.
Man konnte behaupten, daB wir zufallig mit wenig resistenten Tieren
gearbeitet hatten. Dieses wird durch die zweite zu erw&hnende Ver-
suchsreihe widerlegt.
Eine Uebersicht der stattgefundenen Virulenzsteigerung gibt fol-
gendes Schema (s. p. 260).
Die Virulenz des Rindertuberkelbacillus wurde also
vom Menschenbacillus erreicht nach Passage durch zwei
Ziegen und ein Kalb, liber dies hatte das Virus noch zwei
Meerschweinchen passiert.
17*
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260
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Bacillus tuberculosis homin is
Reinkultur aus Niere
womit geimpft:
2-jahriges Rind intra- Ziege 2'/. Monate altes Kalb
vends: 8. Mai 19U0, stirbt intravenos: 3. April 1900 intravenos: 8. Mai 1900,
nicbt; bekommt geringe tot: 26. August 1903 stirbt nicht; leichte Tuber-
Tuberkulose mit Neigung j kulose mit Neigung zur
zur Heilung. 1 Heilung.
mit rechter Bugdriise geimpft:
Meerschweinchen (tot 21. Nov. 1903. Kulturen)
mit Kultur Meerschweinchen geimpft:
Ziege
subkutan: 16. Januar 1904
tot: 19. Februar 1904
mit Mediastinaldriise geimpft :
Kalb
subkutan: 19 Februar 1904
tot: 9. Miirz 1904 (Mischinfektion von Nekrose-
| und Tuberkelbacillen)
mit rechtcr Bugdriise geimpft :
Meerschweinchen (tot 24. April 1904. Kulturen)
I
mit Kultur Meerschweinchen geimpft:
Kalb
subkutan: 9. Juli 1904
tot: 3. August 1904 (allgemeine Impftnberkulose).
Die zweite Serie von
Versuchen hat nicht weni-
ger deutliche Resultate er-
geben als die erste.
Wieder wurde Aus-
gang genommen von einer
Kultur, welche wir ge-
zuchtet hatten aus einem
Meerschweinchen, welches
aus der Bugdriise der am
26. August 1903 gestorbe-
nen Ziege geimpft worden
war. Diese Ziege war also
diesel be, welche nach intra-
venoser Impfung mit einem
menschlichen Tuberkel-
bacillus noch 3 1 /* Jahre
gelebt hatte.
Zur Impfung mit der
genannten Kultur war dis-
ponibel ein Kalb von
163 kg, welches nach einer
Einspritzung von 3 ccm
Tuberculine dilute nicht
reagiert hatte. Am 16. Ja¬
nuar 1904, d. h. am selben
Fig. 8. Leberschnittflache
desselben Kalbes. ,l /, 8 Grofle.
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de Jong, Steigemng der Virulenz des menschlichen Tuberkelbacillus etc. 261
Tage, worauf die Ziege der ersten Serie geimpft wurde, erhielt das Kalb
10 ccm der auch fur die Ziege verwendeten Injektionsfliissigkeit sub-
kutan an der rechten Halsflache. In den 10 ccm waren also 7,5 eg
Tuberkelbacillen suspendiert.
Am 18. Januar Schwellung der Impfstelle, am 20. der Bugdriise,
welche Anschwellungen immer groBer wurden bis zum 26. Januar, um
dann etwas zuriickzugehen. Die Temperaturen waren nur wenig erhoht,
Fig. 9. Lungenschnittflache desselben Kalbes. u /, 6 Grblic.
blieben unter 40° C. Nacli dem 6. M&rz fing das Tier an, etwas diirr
auszusehen. Das Gewicht blieb ziemlich stationSr, verminderte sich etwas
nach dem 16. Marz. Am 6. April wurde tuberkuliniert mit folgendem
Resultat (s. p. 262).
Die Reaktion betrug 2,3° C und war auch organisch.
Die Schwellungen an der Impfstelle und der Bugdriise blieben
bestehen. Am 13. Mai, also 116 Tage nach der Impfung, wurde das
Tier getotet. Die Obduktion ergab das folgende:
An der Impfstelle an der rechten Halsseite ein groBer tuberkuloser
AbsceB mit rahmigem Eiter, worin sich viele Bacillen befinden. In der
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Kurve 3.
262 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3.
5. IV.
5. IV.
G. IV.
G. IV.
7. IV.
7. IV.
7. IV.
7. IV.
7. IV.
7. IV.
Vorm.
Abds.
Vorm.
Abds.
Vorm.
Vorm.
Vorm.
Vorm.
Abds.
Abds.
7
9
7
7
(Infektion)
5
7
9
11
1
3
38,15
37,9
38
394
40,4
41,4
41,4
41,2
41
40,5
7. IV. 7. IV. 8. IV. 8. IV.
Abde. Abds. Vorm. Abds.
5 7 7 9
40,6 40,1 39,5 38,5
rechten unteren HalsdrOse eine ziemlich groBe Zahl von Tuberkeln,
wovon einige verkalkt sind. Bacillen warden gefunden. Die recbte Bug-
drftse stark vergrbBert, mit vielen tuberkulosen
Herden, wovon einige verkalkt sind. In der
vorderen MediastinaldrOse zwei Tuberkel, in der
hinteren 10 kleine Tuberkel. In beiden DrOsen
wurden Bacillen gefunden. Die Herde in den
vorerw&hnten DrOsen waren jUnger als die in
Halsund BugdrOse. In den Lungen und den
broncbialen DrOsen wurde nichts gefunden, und
auch in anderen Organen wurde keine Tuberku-
lose entdeckt.
Die Impfung hatte also eine progressive
Tuberkulose erzeugt, denn selbst die mediastinalen
DrOsen waren infiziert. Von spontaner Erkrankung
kann hier nicht die Rede sein. Der Zusammen-
hang zwischen Impfstelle, unterer HalsdrOse und
BugdrOse, alles rechts, war deutlich. Eine hef-
tige Tuberkulose war jedoch nicht entstanden.
Man kann hier fragen: Welche Infektion
nehmen hier Koch und SchOtz an, eine mit
Menschen- oder eine mit Rinderbacillen ?
FOr die WeiterzOchtung der verwendeten
Bacillen konnte natOrlich nur die BugdrOse in
Betracht kommen. Aus dieser DrOse wurden
direkt Kulturen auf glycerinhaltigem Rin der serum
angelegt. Ueberdies wurde damit ein Meerschwein-
chen von 247 g geimpft. Dieses junge Tier starb
erst nach 120 Tagen, und doch haben die Kul¬
turen aus der BugdrOse ein Kalb in kurzer Zeit
getotet. Ich mache auf .diesen Unterschied auf-
merksam.
Nach 4 Wochen waren die Kulturen aus der
DrOse deutlich und am 9. Juli Qppig gewachsen.
Es wurde ein Kalb genommen, welches am
10. M&rz geboren war und also am 9. Juli ein
Alter von 121 Tagen hatte. Das Gewicht betrug
8,75 kg. Am 3. Juni hatte es auf Tuberkulin-
einspritzung keine Spur von Reaktion gezeigt.
Von einer Kultur der BugdrOse wurden 35 mg
abgewogen und gemischt mit 5 ccm sterilem
Wasser. Diese FlOssigkeit wurde am 9. Juli sub-
kutan an der rechten Halsseite eingespritzt Die
Menge war also wieder geringer als die, welche
Kossel u. a. angaben.
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de Jong, Steigerung der Virulenz des menschlichen Tuberkelbadllus etc. 263
Ueber den Verlauf des Versaches kann ich mich kurz fassen, weil er
vollkommen flbereinstimmt mit dem des letzten Kalbes in der anderen
Serie.
Am 11. Juli Anschwellung an der Impfstelle, welche immer grSBer
wurde. Am 16. Anschwellung der rechten Bugdrflse. Am 18. wurde
Husten gehSrt. Schon am 15. stieg die Temperatnr fiber 40° (vergl. die
Knrve No. 3). Nach dem 23. frag das Tier an abzumagern. Der Zu-
stand verschlimmerte sich fortwfihrend, und am 8. August trat der Tod
era, also 30 Tage nach der Impfung. Das Gewicht war bis 72,5 kg
zurfickgegangen.
Die Obduktion ergab nahezu dieselben Verfinderungen wie bei dem
am 3. August verendeten Kalbe, so dafi eine nfillere Umschreibung Ober-
flfissig ist Die Abmessungen der Anschwellung an der Impfstelle be-
trugen: Lfinge 19, Breite 18 und Dicke 6 cm; in der Mitte befand sich
eine gelblich feste Masse. Die rechte Bugdrflse war 13 cm lang, 6 cm
breit und 6 cm dick, nahezu gfinzlich verkfist Die meisten Lymph-
drfisen waren tuberkulos, sowie Leber, Milz und Niere, wfihrend die
Lungen wieder eine schOne Miliartuberkulose zeigten. An der rechten
Pleura costalis eine beginnende Perlsucht. (Man vergl. mit den Ab-
bildungen der Organe des letzten Kalbes aus der anderen Serie.)
Also dasselbe Resultat wie bei dem anderen am 9. Juli geimpften
Kalbe; die subkutan eingespritzten Bacillen hatten eine Wirkung gehabt
welche nach der Kochschen Schule nur einem Rinderbacillus zukommt
Und doch waren es ursprfinglich sehr wenig virulente Menschenbacillen.
Folgendes Schema veranschaulicht die Virulenzsteigerung:
2-jahr. Bind intravends:
8. Mai 1900, stirbt nicht;
bekommt geringe Tuberkulose
mit Neigung zur Heilung.
Bacillus tuberculosis ho minis
Reinkultur aus Niere
womit geimpft:
Ziege
intravends: 3.April 1900
tot: 26. August 1904
2 1 /, Mon. altes Kalb intra-
vends: 8. Mai 1900, stirbt
nicht; bekommt leichte
Tuberkulose mit Neigung
zur Heilung.
mit rechter Bugdriise geimpft:
Meersehwelnehen (tot 21. Nov. 1903. Kulturen).
mit Kultur Meerschweinchen geimpft:
Kalb
subkutan* 16. Januar 1904
g e 161 e t: 13. Mai 1904 (progressive langs. verl. Tuberkulose;
| Kulturen aus r. B u gd r fi s e)
mit Kultur Bugdriise geimpft:
Kalb
subkutan: 9. Juli 1904
tot: 8. August 1904 (allgemeine Impftuberkulose).
Der Menschenbacillus hatte also den Kdrper einer Ziege und eines
Kalbes und fiberdies eines Meerschweinchens passiert.
Wie bereits gesagt, widerlegt die zweite Versuchsreihe die eventuelle
Behauptung, dafi das letzte Kalb der ersten Reihe eine geringe indi-
viduelle Resistenz gehabt haben sollte. In zwei verschiedenen Fallen
haben die ursprfinglich wenig virulenten Menschenbacillen ffir das Kalb
eine dem Rinderbacillus ahnliche Virulenz gezeigt. Und bei diesen
Kfilberversuchen haben wir die am Gesundheitsamt von Kossel u. a.
befolgten Versuchsverfahren berflcksichtigt.
Aus den erwfihnten Untersuchungen glaube ich aufs neue folgern
zu kOnnen, dafi kein prinzipieller, kein Artunterschied zwischen Tuberkel-
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264
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
bacillen des Menschen und des Rindes existiert, daB also die neue
Meinung der Kochschen Schule unrichtig ist. Ein schwach viru-
lenter Menschenbacillus lBfit sich mittels Tierpassage
steigern zu der Virulenz, welche der Rinderbacillus in
der Regel besitzt.
Leiden, den 21. September 1904.
Literatnr.
1) Kossel s Weber und H euss, Vergleichende Untersuchungen uber Tuberkelbacillen
verschiedener Herkunft. I. (Tuberkulose-Arbeiten a. d. kaiserl. Gesundheitsamte.
Berlin 1904.)
2) de Jong, D. A., Experiences comparatives but Faction pathogfene pour les animaux,
notamments pour ceux de l’espfcce bovine, des bacilles tubercuieux provenant du
boeuf et de lmomme. (Semaine mddicale. 1902. 15 janvier.)
3) --, De Eenheid der Zoogdiertuberculose. Leiden 1902.
4) Stuurman, W., Zur I den ti tat der Menschen- und Rindertuberkulose. Leiden 1903.
5) de Jong, D. A., La tuberculose humaine et ceJle des animaux domestiques sont-
elles dues k la m£me espfcce microbienne: le bacille de Koch? (XIII* Congrfes
international d’hygfene et de d6mographie. Bruxelles 1903.)
6) Raven cl, Mazyek P., The intercommunicability of human and bovine tubercu¬
losis. 1902.
7) v. Behring, Beitrage zur experimentellen Therapie, Heft 5.
8) Moeller, Zur Frage der Uebertragbarkeit der Menschentuberkulose auf Kinder
und Ziegeu. (Dtsche med. Wochenschr. 1902. No. 40. p. 718.)
9) Rdmer, Tuberkelbacillenstamme. (v. Behrings Beitrage zur experimentellen
Therapie. Heft 6.)
10) Gratia, La tuberculose humaine et ceile des animaux domestiques sont-elles dues
k la m&me espfcce microbienne: le bacille de Koch? (XIII* Congrfes international
d’hygifcne et ae d<$mographie. Bruxelles 1903.)
11) Arloing, XIII e Congrfcs international d’hygifcne et de demographic. Bruxelles 1903.
12) Karlinski, Zur Frage der Uebertragbarkeit des menschlichen Tuberkuloseerregers
auf Tiere. (Zeitschr. f. Tiermedizin. Bd. VIII. Heft 6.)
Aachdmck verboten.
Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute (Prof. Weichselbaum)
in Wien.]
Von Assistent Dr. Julius Bartel und Dr. Robert Stein.
(Fortsetzung.)
Histologischer Befund:
1) Leberherde: Dieselben zeigen in den zentralen Partieen Leberzellenbalken, die
vielfach in Auflosung begriffene Leberzellen aufweisen, die gegeniiber den Leberzellen der
Umgebung einen mehr hellroten Farbenton im Haraalauneosinschnitt aufweisen. Die
Kerne sind vielfach undeutlich, vielfach weisen sie keine spezifische Kernfarbung mehr
auf. Zwischen den Leberzellen liegen dicht gehauft mono- und polynukleare Leuko-
cyten. Diese zentralen Partieen erscheinen von einer Kapsel umgeben, scharf von der
umgebenden Leber abgegrenzt. Diese Kapsel ist gebildet aus spindeligen Zellen mit
kurzspindeligem Kern und enthalt stellenweise reichlich mononukleare Leukocyten.
In Schmtten konnten keine Tuberkelbacillen nachgewiesen werden.
2) Lvmphdruse: In derselben finden sich zahlreiche Herde, die zentral zumeist
dichte Anhaufungen mono- und polynuklearer Leukocyten zeigen, peripher gleich den
Leberherden kapselartig durch eine Zone anscheinend fibrosen Gewebes von der Um¬
gebung abgegrenzt sind. Die Zellen der letztgenannten Grenzzone sind spindelig mit
spindeligem Kern. Neben einzelnen mononuklearen Leukocyten liegen in dieser Zone
auch einzelne Riesenzellen, deren Kerne teils peripher, teils mehr gleichmafiig im Ptoto-
plasma verteilt angeordnet sind.
Tuberkelbacillen fanden sich nicht.
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 265
2. Probe, entnommen nacb 22 Stonden (29. April 1904, 9 Uhr Morgens).
1) Deckglas: Segmentierte, deutlich rot gefarbte Bacillen einzeln und zu zweien in
mafiiger Zahl, einzelne Bacillen unsegmentiert.
2) Histologischer Befund: analog fr. Probe. Eeine Bacillen gefunden.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 34. Tag (1. Juni 1904): Am 13. Mai 1904 machte sich ein kleines
Infiltrat der Injektionsstelle bemerkbar.
Sektionabefund: Kasiges Infiltrat der Injektionsstelle, verkaste, fast erbsengroBe,
inguinale Lymphdriisen der rechten Seite, desgleichen eine verk&ste, vergrofierte Druse
rechts am Muse, psoas, Milz vergroflert, gleichmafiig von iiber hirsekorngrofien Kndtchen
durchsetzt, in der Leber sparliche kleinste Kndtchen, braune Atrophie der inneren Organe,
Marasmus.
Histologischer Befund (durch den etwas faulen Zustand der Organe wurde bier
die Untersucnung einigermafien erschwert):
Leberknotchen: Diesel ben, etwa V 10 der Grdfie der Leberherde in Probe 1 dieser
Reihe, erwiesen sich als kleine Herde nekrotischen Gewebes, das eine mafiige Zahl er-
haltener Kerne sowie Kerntriimmer enthalt Eine Art fibidser Kapsel ist hier nicht
vorbanden.
Tuberkelbacillen konnten in diesen Herden nicht nachgewiesen werden.
Die Milzknbtchen zeigen ebenfalls ein nekrotisches Zentrum mit in mafiiger Zahl
eingestreuten Kernen und Kerntriimmern, in den Randpartieen oft eine breitere Zone
yon mono- und polynuklearen Leukocyten und auch eine mafiige Zahl oft ziemlich
grofier Riesenzellen mit zumeist randstandig angeordneten Kernen.
Tuberkelbacillen fanden sich hier in sehr sparlicher Zahl als zumeist blafirot
gefarbte, stark pigmentierte Stabchen.
3. Probe, entnommen am 4. Tag (1. Mai 1904).
1) Deckglas: negativ.
2) Histologischer Befund: An einer Stelle 2 segmentierte, deutlich rot gefarbte
Bacillen.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 30. Tag (30. Mai 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. An der Injektionsstelle kleines flaches
Infiltrat, von denselben nach abwarts sich erstreckend verkfiste bis erbsengrofie Lymph-
drfisen, braune Atrophie der inneren Organe, Marasmus.
Histologischer Befund: Das Infiltrat zeigt hier lediglich eine Anhaufung poly-
nuklearer Leukocyten nach Art eines Abscesses.
Tuberkelbacillen fanden sich in denselben sehr spfirlich in Form schwach rot ge-
farbter, stark segmentierter Stabchen, die stets einzeln lagen.
In den Lymphdriisen zeigen die Herde zentral zwischen nekrotischen Partieen
dichte Anhaufungen polvnuflearer Leukocyten, wahrend peripher ein breiter
2Saum protoplasmareicher Zellen mit meist einem, seltener 2 und 3 blaschenfdrmigen
Kernen zu sehen ist.
Tuberkelbacillen sind in diesen Herden von gleicher Art und Zahl wie im Infiltrat.
4 Probe, entnommen am 6. Tag (3. Mai 1904).
1) Deckglas: 2 segmentierte, gut gefarbte Bacillen.
2) Histologischer Befund: An 2 Stellen mehrere teilweise segmentierte, gut ge¬
farbte Bacillen.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 60. Tag (2. Juli 1904).
Sektionsbefund: iSubkutan rechte Bauchseite. Tier kraftig ohne Veranderungen.
5. Probe, entnommen am 12. Tag (9. Mai 1904).
1) Deckglas: Mehrfach bald deutlich, bald blaBrot gefarbte, zum Teil segmentierte
Bacillen einzeln und zu zweien.
2) Histologischer Befund: An zwei Stellen deutlich rot gefarbte, segmentierte
Bacillen.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 20. Tag (29. Mai 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Kleines brdckliges Infiltrat an der
Injektionsstelle, kleiner rundlicher Herd in der Leber, Marasmus, braune Atrophie der
Organe.
Histologischer Befund: Das Infiltrat zeigt in gleichformig nekrotisiertes Gewebe
eingelagerte mononukleare, seltener polynukleare Leukocyten in mafiiger Zahl. Hier
und da ist eine protoplasmareiche Zell© mit 2 Kernen zu sehen. An einzelnen rund-
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266
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Original®. Bd. XXXVIII. Heft 3.
lichen Stellen ist das Gewebe im Hamalauneoeinechnitt starker rot gefarbt, und ent-
halt dann auch zahlreiche Kerntriimmer.
Tuberkelbacillen fanden sich in diesem Infiltrate auflerordentlich sparlich (1 Bacillus
von mehr braunlich-roter Farbe).
Der Leberherd besteht aus prutoplasmareichen Zellen, darunter mafiig reichliche
Zellen mit 2 und mehreren in dem Zellprotoplasma gleichmafiig verteilten Kernen. An
einer kleinen zirkumskripten Stelle sind in nekrotischee Gewebe polynukleare Leuko-
cyten und Kerntriimmer eingelagert.
Tuberkelbacillen fanden sich in diesem Leberherd nicht.
6. Probe, entnommen am lt>. Tag (13. Mai 1901).
1) Deckglas: Keine Bacillen gefunden
2) Histologischer Befund: An einer Stelle 2 segmentierte, gut gefarbte Bacillen.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 50. Tag (2. Juli 1904).
Sektionsbef und: Subkutan rechte Bauchseite. Keine Veranderungen.
Samtliche Impftiere dieser Reihe waren ca. 3 Wochen alt
II. Reihe.
Tuberkelbacillen waren in der frischen Probe als sehr sp&rliche
segmentierte Stabchen von deutlicher Rotfarbung in den tuberkulbsen
Herden nachweisbar. Die Bacillen lagen zumeist einzeln. In den
spateren Proben nahmen die Bacillen an Zahl rasch ab, so dafi trotz
eifrigen Suchens in Schnitten vom 2. Tage (1. Probe) nur 2 stark
segmentierte Bacillen, in Schnitten vom 19. Tage (3. Probe) nur ein
einziger braunrot gefhrbter, ebenfalls stark segmentierter Bacillus ge¬
funden wurde. In den Schnitten vom 9. Tage (2. Probe), ferner vom
21. Tage (4. Probe) und vom 24. Tage (5. Probe) konnten Qberhaupt.
keine Bacillen nachgewiesen werden.
Aus der frischen Probe gelang es, in Kultur Tuberkelbacillen zu
erhalten — 8 feinste Kolonieen etwas plumper Bacillen vom morpho-
logischen und tinktoriellen Verhalten der Tuberkelbacillen — ferner ge¬
lang die Kultivierung von Tuberkelbacillen auch aus der verkasten In-
guinallymphdrflse des Impfderes vom 2. Tage (1. Probe). Die Kulturen
waren hier ziemlich reichlich aufgegangen und zeigten leuchtend rot ge¬
farbte, etwas plumpe Stabchen.
(Als Verunreinigung gingen aus dem Material von der frischen
Probe sparliche Kolonieen des Staphylococcus albus auf, wahrend
solche in Schnitten nicht nachgewiesen werden konnten.)
Die Bacillen der frischen Probe hatten beim Impftier bei subkutauer
Injektion allgemeine Tuberkulose hervorgerufen — Epitheloidzellen-
tuberkel mit Riesenzellen und Verkasung, sehr sparlich segmentierte
Bacillen von deutlicher Rotfarbung. — Bei subkutaner Impfung vom 2. Tage
(1. Probe) ergab sich als Resultat Tuberkulose mit Verkasung der In-
jektionsstelle sowie der regionaren Lymphdrflsengruppe, ferner Miliar-
tuberkulose in Leber, Milz und Lunge — in den Lymphdrusen peripher
fibrOse Epitheloidzellentuberkel mit roichlichen polynuklearen Leukocyten
und Kerntrflmmern in den zentral erweichten Partien, Bacillen auBerst
sparlich segmentiert und deutlich rot gefarbt. — Subkutane Verimpfung
vom 21. Tage (4. Probe) ergab ein kleines Intiltrat der Injektionsstelle
bei leichter Schwellung der regionaren LymphdrQsen — im Infiltrat
epitheloide und Riesenzellen mit oft randstandigen Kernen sowie mit
sparlichen, vom Rande eindringenden Kapillargefafien, keine Bacillen,
in den Lymphdriisen keine spezifischen Veranderungen. Bei intraperi-
tonealer Impfung vom 19. Tage (3. Probe) fanden sich in der Leber des
Impftieres feinste, gelblichweiBe Pflnktchen in groBer Zahl — zwischen
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Bartel a. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 267
nekrotischea Leberzellbalken eingelagerte zahlreiche mono- und polynuk-
lefire Leukocyten, keine Bacillen —, w&hrend das Tier sonst aufier
Marasmus keine Veranderungen zeigte. Bei intraperitonealer Verimpfung
vom 24. Tage (5. Probe) fand sich bei dem gut gen&hrten Tiere im Netz
ein kleines weifiliches Knotchen — verkaster, bindegewebig abgekapselter
Herd, in den verk&sten Massen zahlreiche Kerntrflmmer, keine Bacillen.
— Ein Impftier war bei subkutaner Impfung vom 9. Tage (2. Probe)
am 3. Tage nach der Injektion eingegangen. Als Sektionsbefund fand
sich lediglich ein hochgradiger Marasmus.
III. Reihe.
Die Bacillen sind im Schnittpr¶t der frischen Probe maflig
reichlich vorhanden, stark segmentiert und deutlich rot gefarbt. Gleicher-
weise verhalten sie sich weiterhin in der Probe vom 9. und 11. Tage
(1. u. 2. Probe). In der Probe vom 14. Tage gelang es nicht mehr,
Bacillen nachzuweisen.
Kulturen auf Tuberkelbacillen hatten ein negatives Ergebnis. (Als
Verunreinigung gingen aus dem Material der 3. Probe auf alien Nfihr-
boden sp&rliche Kolonieen des Staphyloc. pyog. alb. auf, w&hrend
im Schnitt Kokken dieser Art nicht aufgefunden wurden.)
Die Bacillen der frischen Probe hatten bei intraperitonealer Impfung
eines Meerschweinchens allgemeine Tuberkulose mit Verkasung — Epi-
theloidzellentuberkel mit Riesenzellen und Verkasung, maBig reichliche,
segmentierte und deutlich rot gefarbte Bacillen — hervorgerufen.
Das subkutan injizierte Impftier vom 9. Tage (1. Probe) zeigte ein
verk&stes Infiltrat der Injektionsstelle und kleinste Tuberkel im Netz,
Milz, Lunge — in den Inguinallymphdrflsen zahlreiche konfluierende,
peripher fibrOse Tuberkel, zentral dichte Haufen mono- und polynuklearer
Leukocyten; in den Mesenteriallymphdrflsen konfluierende Herde epi-
theloider Zellen, Bacillen sp&rlich segmentiert, deutlich rot gefflrbt —;
das Impftier vom 11. Tage (2. Probe) zeigte bei subkutaner Injektion
Verkasung der Injektionsstelle und der region Sr en Lymphdrflsen, Tuberkel
in der Milz, Leber und Lunge — in den Inguinallymphdrflsen konflu¬
ierende Herde epitheloider Zellen, maflig reichlich segmentierte, deutlich
rot gefarbte Bacillen. — Der Obduktionsbefund des Meerschweinchens
vom 14. Tage (3. Probe) war negativ.
IV. Reihe.
Die Bacillen, anfangs unsegmentierte, deutlich rot gefarbte Stabchen,
werden nach 22 Stunden (2. Probe) segmentiert. Die stets nur in sehr
spariicher Zahl nachweisbaren Bacillen sind im Deckglas vom 19. Tage
(6. Probe) nicht mehr nachweisbar, dagegen konnten solche an einer
Stelle in der Zweizahl im Schnitt vom 19. Tage gefunden werden.
Aus der Probe von 7 Stunden (1. Probe) gelang die Reinzflchtung
von Tuberkelbacillen. Dieselben prasentierten sich als schlanke, deutlich
rot gefarbte Stabchen. Alle tibrigen Kulturen blieben steril.
Die Bacillen der frischen Probe hatten bei subkutaner Injektion ein
verkastes Infiltrat der Injektionsstelle, Tuberkulose mit Verkasung der
regionaren Lymphdrflsen und miliare Tuberkel in Netz, Milz und Lunge
erzeugt (s. III. Tv. vom 9. Tage 1. Probe) — peripher fibrflse Tuberkel,
die zentral zahlreiche mono- und polynukleare Leukocyten enthalten in
den regionflren Lymphdrflsen, in den Mesenterialen diffuse Anhaufung
epitheloider Zellen, Bacillen in spariicher Zahl als segmentierte Stabchen.
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268
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
— Bei Verimpfung des Materials nach 6 (1. Probe) resp. 22 (2. Probe)
Stunden zeigte sich bei subkutaoer Injektion bei den Impftieren allgemeine
Tuberkulose mit Verk&sung — in den Leberherden von der 1. Probe nekro-
tische Leberzellbalken mit eingestreuten mono- und polynukle&ren Leuko¬
cyten bei fibrOser Abkapselung gegen die Umgebung in den Lymphdrflsen,
ebenfalls fibrfls abgekapselte Epitheloidzellentuberkel mit sparlichen
Riesenzellen und zentraler Anh&ufung von mono- nnd polynukle&ren
Leukocyten, keine Bacillen nachweisbar, in den Leberherden der 2. Probe
ebenfalls nekrotische Leberzellenbalken mit zwischen dieselben einge-
lagerten mono- und polynukle&ren Leukocyten, jedoch ohne periphere
Bindegewebswucherung, in den Milzherden (verk&ste Tuberkel) sparlich
stark segmentierte, gut rot gef&rbte Bacillen. — W&hrend das Impftier
vom 4. Tage (3. Probe) bei subkutaner Impfung neben verk&stem Infil-
trat Tuberkulose mit Verk&sung der region&ren Lymphdrflsen zeigte —
im Infiltrat neben nekrotischen Massen dichte Haufen mono- und poly-
nuklearer Leukocyten, peripher von gewuchertem Bindegewebe umgeben,
Bacillen in den dichten Zellenherdcn als sp&rliche segmentierte Stabchen
nachgewiesen, in den Lymphdrflsen Epitheloidzellentuberkel mit einzelnen
Riesenzellen mit gleichm&Biger Anordnung der Kerne und zentraler An-
h&ufung mono- und polynukle&rer Leukocyten — blieb das mit Material
vom 7. Tage (4. Probe) subkutan geimpfte Tier gesund. Dagegen fand
sich beim Impftier vom 13. Tage (5. Probe) bei subkutaner Injektion
ein Infiltrat der Injektionsstelle und ein Leberherd — im Infiltrat ne¬
krotische Massen mit sparlichen mono- und polynukle&ren Leukocyten,
Riesenzellen mit randstflndigen Kernen nnd sparlichen Bacillen, im Leber¬
herd Epitheloidzellentuberkel mit kleiner verkaster Stelle nnd daselbst
eingelagerten mono- und polynuklearen Leukocyten. Der Tierversuch
vom 19. Tage (6. Probe) blieb negativ.
Stamm 3.
V. R e i h e.
A. Milz eines mit Kulturmaterial (IV. general. 5 Wochen alt auf Ulycerinkar-
toffel gezuchtet, auf Glyceginagar fortgeimpft, aus einer tuberkuldsen BroucnialdruaeV
mtraperitoneal geimpften Meerochweincnens (22. April 1904), das am 21. Tage nach der
Injektion (13. Mai 1904) getotet wurde.
B. Leber desselben Meerschweinchens.
Sektionsbefund: GroBes Netz iD einen verechrumpften, von Easeherden durchsetzten
rundlichen derben Strang umgewandelt, die mesenterialen Lymphdriisen geschwollen,
Milz machtig vergrofiert, von zahlrachen kleinen Tuberkeln durchsetzt, in der stark
vergroBerten Leber zahlreiche konfluierende Kaseherde, Tuberkel in maBiger Zahl in
der Lunge.
6 Proben wie bislang samtliche Objekte in feuchter Kammer bei 38° im Brutnfen auf-
Frische Probe 13, Mai 1904,
1) Deckglas: MaSig reichliche Bacillen einzein, seltener zu 3 und 4, mit und
ohne Segraentierung deutlich rot gefarbt.
2) Histologiscner Befund: Zahlreiche konfluierende Herde grofier protoplasma-
reicher Zellen mit blaschenformigem Kern neben Epitheloidzellentuberkeln mit Kiesen-
zelien und Verka8ung. Tuberkelbacillen fanden sich einzeln, zu 3 und 4 beieinander,
oft stark segmentiert, deutlich rot gefarbt.
3) Kultur. Befund: Zarte Triibung der Bouillon (Staphyloc. pyog. alb.),
sonst steril.
4) Tierversuch: s. o. Sektionsbefund histologischer Befund, s. fr. Probe 2.
1. Probe, entnommen am 4. Tage (16. Mai 1904).
1) Deckglas: Beichlich Bacillen, oft zu 6 und 10 in einer Gruppe, mit und ohne
Segmentierung, verschieden stark gefarbt
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwach viral enter Tuberkelbacillen. 269
2) Histologischer Befund: Bacillen meist schwachrot geffirbt, vielfach segmentdert.
3) Kultur. Befund: steriL
4) Tiervereuch 57. Tag (12. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutane rechte Bauchseite verkastes Infiltrat der Injektionstelle,
verkaste Inguinallymphdrusen der gleichen Seite, verkfiste erbsengroBe Driise am Psoas
der rechten Seite, Milz wenig vergrbfiert, in dereelben vereinzelte Tuberkel, die bronchialen
Lymphdriisen vergroBert mit verkasten Herden, sparliche Tuberkel der Lungen, braune
Atrophie der Organe, Marasmus.
Histologischer Befund: Die Lymphdriisentuberkel sind stark fibrdser Natur und
konfluieren die ganze Lymphdruse fast erfiillend zu grofieren Herden. Riesenzellen
sind zahlreich und in alien Grofien in den Tuberkeln verstreut. Teilweise zeigen sie
den Langhansschen Typus, teds prasentieren sie sich als grdfiere Zellen mit zwei und
mehreren dichtetehenden Kernen. Verkasung ist in mehreren Stellen in Form unregel-
m&fiiger Herde vorhanden.
Tuberkelbacillen fanden sich sparlich in Form stark segmentierter Stabchen von
guter Farbbarkeit.
2. Probe, entnommen am 7. Tage (19. Mai 1904;.
1) Deckglas: analog 1. Probe.
2) Histologischer Refund: analog 1. Probe.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 54 Tag. (12. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutane rechte Bauchseite kasiges Infiltrat der Injektionsstelle,
verkaste vergrofierte Inguinallymphdrusen rechts, verkaste Driise am Muse, psoas der
f leichen Seite, Milz etwas vergroBert von an Zahl reichlicheren Tuberkeln wie beim
mpftier der 1. Probe durchsetzt, in den Lungen sparlichere Tuberkel, Tier verhaltnis-
mafiig gut ernahrt.
Histologischer Befund: Die Tuberkel der Lymphdriisen sind analog gebaut wie die
Tuberkel der Lymphdriisen der vorigen Probe (V. A. 1. Pr., 4. Tv., hist Bfd.). In
den verkasten Partieen sind jedoch hier eine grofle Menge polynuklearer Leukocyten und
Kern trammer eingestreut, so dafi bei schwacher VergroBerung das Bild der Nekrose
stark gegen die zahllosen eingestreuten polynuklearen Leukocyten und Kerntriimmer
zuriicktritt Tuberkelbacillen mnden sich sehr sparlich in Form stark segmentierter,
etwas braunlichrot gefarbter Stabchen.
3. Probe, entnommen am 9. Tage (21. Mai 1904).
1) Deckglas: analog den vorigen Proben 1 u. 2.
2) Histologischer Befund: analog den vorigen Proben 1 u. 2.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tiervereuch unterlassen.
4. Probe, entnommen am 12. Tage (24. Mai 1904).
1) Deckglas: starke Segmentierung an alien Bacillen, sonst Beiund wie vorher.
2) Histologischer Befund: analog aen friiheren Befunden.
3) Kultur. Befund: auf Agarplatte 1 Kolonie Staphyl. alb., sonst steriL
4) Tiervereuch 52. Tag (15. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite, verkastes, flaches, linsengroBes Infil¬
trat der Injektionsstelle, die gleichseitigen Inguinallymphdrusen erbsen^rofi, verkast, am
Muse, psoas rechts eine vergrofierte zentral verkaste Driise, gleicherweise die Bronchial-
lymphdrusen beschaffen, Milz mafiig vergrofiert, von iiber hireekorngroBen Tuberkeln
durchsetzt, in den Lungen 4 graue Tuberkel, Tier verhaltnismafiig gut genMirt.
Histologischer Betund: Analog 2. Pr., Tv. Auch hier liegen in den verkasten
Partieen der Tuberkel aufierordentlich zahlreiche polynukleare Leukocyten und Kern-
trammer.
Tuberkelbacillen nicht auffindbar.
5. Probe, entnommen am 16. Tage (28. Mai 1904).
1) Deckglas: analog den vorhergehenden.
2) Histologischer Befund: spfirliche Bacillen, analog den vorhergehenden Proben.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 48. Tag (15. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite, Tier in gutem Ernahrungszustand,
ohne Veranderungen,
Der Leber wurden 7 gleich groBe Stiicke wie die Teilstdcke der Milz entnommen,
eines hiervon sofort verarbeitet, die iibn^en 6 Teile kamen in den Brutofen bei 38°,
wo sie ohne feuchte Kammer bis zur Entnahme der 1. Probe eintrockneten. Nach
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270
Centralbl. f. Bakt. etc, I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Entnahme der 1. Probe (4. Tag) kamen die Objekte in eine feuchte Kammer. Die vorher
ganz getrockneten Stiicke wurden nunmehr wieder weich und lagen dann in einer
braun lichen, triiben Fliissigkeit, sowie die in feuchter Kammer von An fang an behan-
delten Objekte. Die Verarbeitung der einzelnen Proben geschah zu gleicner Zeit wie
die Milzproben der gleichen Reihe.
Frische Probe 13. Mai 1904.
1) Deckglas: maflig reichlich gut gefarbte Bacillen einzeln, seltener zu zweien.
2) Histmogischer Refund: In der Leber sind zahlreiche unregelmafiige Herde
nekrotischer Leberzellen balken vorhanden, in denselben stellen weise rundliche nekrotische
schollige Massen mit eingelagerten Leukocyten und Kerntrummern sichtbar. Daheben
finden sich mehrfach kleine rundliche Herde aus protoplasmareichen Zellen mit
blaschenformigen Kernen, sowie Leukocyten und zentraier Nekrose.
Tuberkelbacillen sind stellenweise segmentiert, auch zu mehr als 2 und 3 Exem-
plaren zu finden.
3) Kultur. Refund: auf Agarplatte 1 Kolonie StaphyL alb., sonst steriL
A) Tierversuch s. o., Sektionsbefund und histoL Befund siehe unter fr. Probe 2.
1. Probe, entnommen am 4. Tage (16. Mai 1904).
1) Deckglas: analog frische Probe.
2) Histologischer Befund: analog frische Probe.
3) Kultur. Befund: steriL
4) Tierversuch 21. Tag (5. Juni 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite, kleines kasiges Iufiltrat der Injektions-
stelle, Inguinaldrusen rechts etwas uber hanfkorngrofi mit kasigen Herden, die stellen¬
weise einen mehr kreidigen Eindruck machen, braune Atrophie der inneren Organ e.
Marasmus.
Histologischer Befund: Das InHltrat besteht aus dichtstehenden grofien Zellen,
die zumeist einen blaschenformigen Kern, mehrfach auch 2 und mehrere Kerne ent-
halten. Vom Rande aus dringen zahlreiche GefaBe, von Bindegewebsziigen bcgldtet,
in das Infiltrat ein. An einer Stelle ist eine dichte Anhaufung polynuklearer Leuko¬
cyten und zwischen denselben zahlreiche Kerntriimmer zu sehen. Sonst sind Leukocyten
in mafliger Zahl zwischen die grofien oben beschriebenen Zellen eingestreut
Tuberkelbacillen fanden sich in dem erwahnten Herde aus polynuklearen Leuko¬
cyten sehr sparlich als gut rot gefarbte, sark segmentierte Stabchen.
Die LymDhdriisen der rechten Inguinalgegend enthalten konfluierende Herd©
protoplasmareicher Zellen mit blaschenformigem Kern, die ihrerseits mehrfach Stellen
mit aichten Anhaufungen polynuklearer Leukocyten aufweisen, wie auch sonst solche
in reicher Zahl zwischen den oben beschriebenen Zellen vorhanden sind.
Tuberkelbacillen fanden sich sehr sparlich zu zweien als gut gefarbte, stark
segmentierte Stabchen (an 2 Stellen je 2 Bacillen) in dem dichten Leukocytenhaufen.
2. Probe entnommen am 7. Tage (19. Mai 1904.
1) Deckglas: sparliche Bacillen wie bei Probe 1.
2) Histologischer Befund: analog 1. Probe.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 44. Tag (2. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Ernahrungszustand,
ohne Veranderungen.
3. Probe entnommen am 9. Tage (21. Mai 1904).
1) Deckglas: An einer Stelle 15—20 Bacillen dicht beieinander, schwach gefarbt,
segmentiert.
2) Histologischer Befund: analog der vorigen Probe.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch unterlassen.
4. Probe entnommen am 12. Tage (24. Mai 1904).
1) Deckglas: Sparliche Bacillen zu zweien, seltener in der Einzahl, schlecht ge¬
farbt, segmentiert.
2) Histologischer Befund: analog dem Deckglas.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 39. Tag (2. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Emahrungszustand,
ohne Veranderungen.
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Breit, Znr Tuberkulosefrage der Kuhpockenlymphe.
271
5. Probe entnommen am 16. Tage (28. Mai 1904).
1) Deckglas: reichlich kornig zerfaiiene, oft rotbraune oder blafi gefarbte Bacillen.
2) Histologischer Befund : analog dem Deckglas.
3) Kultur. Befund: steril:
4) Tierversuch 35. Tag (2. Juli 1904).
Sektionebefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Ernahrungszustand,
ohne Veranderungen.
6. Probe entnommen am 20. Tage (2. Juni 1904).
1) Deckglas: nur sparliche, brbcklige Bacillen von schwachroter Farbe.
2) Histologischer Befund: analog 5. Probe.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch 33. Tag (2. Juli 1904).
Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite. Tier in gutem Ernahrungszustand,
ohne Veranderungen. (Schluff folgt.)
Nachdmck verboten.
Zur Tuberkulosefrage der Kuhpockenlymphe.
Mitteilungen aus der Zentralimpfanstalt in Stuttgart
Verdffentlicht von Medizinalrat Dr. Breit,
standigem Verfcreter des Zentralimpfarztee.
Durch Car in is Arbeit Qber „Kuhpockenlymphe und Tuberkulose“
in Bd. XXXVII. Heft 2 dieser Zeitschrift veranlafit, erlaube ich mir,
mit Zustimmung des KSnigl. Medizinalkollegiums, ebenfalls eine kleine
Reihe ahnlicher Versuche zu publizieren. — Um mich dabei mSglichst
kurz fassen zu kbnnen, darf ich wohl auf die dort angefilhrte Literatur
hinweisen und mochte ich meinerseits nur noch folgendes hinzufdgen:
In den Jahresberichten grofier Impfinstitute, wie in Wien, Hamburg und
MQnchen, ist es mir nicht gelungen, irgend einen Fall von Impftuber-
kulose, durch tuberkulosen Stoff hervorgerufen, aufzufinden. Voigt,
der bekannte Vorstand der Hamburger Anstalt, sagt vielmehr in seinen
Beobachtungen liber Impfschaden und vaccinale Mischerkrankungen
(V olkmannsche Sammlung klinischer Vortrage vom Jahr 1903, No. 355)
ausdrhcklich, dafi ihm wahrend seiner 30-jahrigen amtlichen Tatigkeit in
Hamburg nichts derartiges vorgekommen sei, obwohl er zugibt, dafi eine
schon vorhandene Tuberkulose von der Impfung an und fiir sich un-
gflnstig beeinfluBt, oder, wie Pfeiffer sich ausdrtlckt, evoziert werden
kdnne. — Auch der hiesige erfahrene Zentralimpfarzt, Sanitatsrat Dr.
Widenmann, sowie ich selbst, bei einer nunmehr 25-jahrigen Tatig¬
keit als Oflfentlicher Impfarzt, vermogen uns keines einzigen Falles zu
erinnern, wo die irnpfgegoerische Anklage, daB durch tierischen Impfstoff
Tuberkulose entstanden sei, sich bewahrheitet hatte. Die groBe Sorgfalt,
die man in Wiirttemberg, wie anderswo, auf die Auswahl der Impftiere
vor wie nach der Schlachtung verwendet, schliefit jede derartige Ver-
dachtigung von Anfang an aus. Und obwohl man vom wirtschaftlichen
Standpunkte aus eine Erleichterung in dieser Hinsicht wQnschen mOchte,
so bleibt doch bei grfindlicher Ueberlegung der ganzen Angelegenheit vor-
laufig nichts anderes flbrig, als in Carinis SchluBfolgerung einzu-
stimmen, dafi es zur Zeit noch nicht ratsam sei, von dem bewahrten
System in der Auswahl der Impftiere abzugehen, sofern man hier in-
dessen noch der bffentlichen Meinung im Interesse der friedlichen Durch-
fflhrung des Impfgeschaftes ein Zugestandnis machen mlisse.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3,
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Breit, Zur Tuberkulosefrage der Kuhpockenlymphe.
273
Der Uebersichtlichkeit wegen habe ich das ganze Material (nach
Car in is Vorgang) in mehrere Tabellen eingereiht und hoffe, dafi die-
selben leicht verstfindlich sind. Bemerken mull ich noch, dafi in WQrt-
temberg Qberhaupt nor Bullen im Alter von ‘/s Jahr und darllber zur
Stoffzucht verwendet werden.
Zu diesen Versuchen wurden im ganzen 17 Tiere verwendet, von
denen schon 10 nach 2—20 Tagen, eines aber erst nach 42 Tagen ein-
ging (s. Impftier 44, Meerschweinchen No. 4). Dasselbe wies jedoch bei
der Sektion am 30. VIII. keine Tuberkulose auf, so dafi man mit den
6 gesund gebliebenen im ganzen wenigstens bei 7 Versuchstieren keine
Impftuberkulose nachgewiesen hat. Auch die Gbrigen 10 Meerscbwein-
chen wurden seziert und nattirlich ohne Tuberkulose befunden, da sie
den Impfstoff Qberhaupt zu kurz beherbergt hatten, urn angesteckt zu
werden; sie kQnnen daher nicht als beweisend gelten. Der Impfstoff
selbst war allerdings nur bei Impftier 62 ganz frisch und war bei No. 38,
Meerschweinchen 3, bereits 66 Tage alt. Dies mdchte ich aber nach
Carinis Erfahrungen nicht ffir bedenklich halten, da der Impfstoff
hiernach, wenn er, wie im hiesigen Impfinstitut, kQhl aufbewahrt wird,
ziemlich lange, jedenfalls bis zu 3 Monaten, lebensfShige Tuberkelbacillen
beherbergen kann. Uebrigens hat gerade der frischeste Stoff, derjenige
vom Impftier 62, der nur 1 Tag alt war, noch nach 55 Tagen ein ge-
sundes Meerschweinchen leben lassen, obwohl der betreffende Bulle nach
dem tier&rztlichen Attest nicht nur verd&chtig auf Tuberkulose, sondern
tats&chlich tuberkulQs war.
Tabelle IL
Der von dem Euter einer Kuh, das stark tuberkultts war, bezogene Impfstoff wurde
2 Versuchstieren in die Bauchhdhle eingespritzt, in Portionen von */. ccm Lymphe auf
4 ccm Bouillon. — (Die Kuh stand durch giitigst gewahrtem Anschlnfi an die konigL
tierarztliche Hochschule zur Verfiigung.)
Meer
Zahl
schweinchen-
impfnng
Datum
ReBultate
Sektionsergebnis
1 .
2.
30. VII. 04
30. VII. 04
t 31. VIII. 04
bleibt gesund
jauchige Peritonitis; es war kein Tuberkelbacillen-
nachweis mbglich
nach Totung am 1. IX, fanden sich keine Tu¬
berkelbacillen vor
Hiernach ist es nicht wahrscheinlich, dafi der von einem eutertuber-
kuldsen Tiere gewonnene Impfstoff Tuberkelbacillen enthfilt.
Aus dem Versuch (Tab. Ill) geht hervor, dafi es den Alexinen des
Impfstoffs keineswegs mOglich ist, etwa vorhandene Tuberkelbacillen in
einem Zeitraum von 4 Wochen mit einiger Sicherheit abzutSten. Man
wird daher einen Impfstoff, der auf Tuberkelbacillen verdftchtig wire,
auch nach dieser Zeit nicht ohne vorherige Untersuchung freigeben
kOnnen (Tab. IV).
Als Resultat dieser Untersuchung kann jedenfalls gelten, dafi Tu¬
berkelbacillen auch noch nach einer 4-wflchigen Einwirkung des Gly¬
cerins virulent bleiben kOnnen, mithin ein auf Tuberkelbacillen verd&ch-
tiger Stoff vor dieser Zeit jedenfalls nicht zu verwenden sein dGrfte, trotz
der Qblichen Behandlung mit Glycerin.
Hier sei noch erwfihnt, dafi, urn die Einwirkung des Glycerins auf
die Versuchstiere Qberhaupt kennen zu lernen, einem Meerschweinchen
Ento Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 8. 18
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274
Centrmlbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3.
1 ccm Glycerin, pur. in die BauchhOhle eingespritzt wurde, jedoch ohne
ersichtlichen nachteiligen Erfolg fflr das Tier.
Tabelle III.
2 ccm Vaccine von dem ganz gesunden Impftier No. 52, ca. 12 Monate alter Limpurger
Bulle, der am 8. Juni 1904 abgeimpft worden war, warden am 14. Juli mit 1 Oese
virulenter Tuberkelbacillenkultur vermischt und dann in Portionen von 0,5 ccm Stoff
auf 4 ccm Bouillon tails noch am gleicben Tage, tails erst nach 4 Wochen auf je
2 Meerscbweinchen durch Einspritzung m die Baucbbohle ubertragen.
Meerschweinchen- !
impfung Resultate Sektioneergebnis
Zahl | Da tum
a) 1. 14. VII. 04 bleibt lebend 1 wird am 29. VIII. seziert; am Netz feine, hirse-
i | korngrofie Kndtchen, im Ausstrich sparliche
l I Tuberkelbacillen
2. 14. VII. 04 I do. wird am 29. VIII. seziert; aufier einem tuber-
| i kulosen AbsceO am Netz nichts besonderes;
| ! zahllose Tuberkelbacillen im Ausstrich
b) 1. 15. VIII. 04 do. wird am 25. X. seziert; im Netz einige opake
feinste Knotchen; im Ausstrich sparliche, aber
j deutliche Tuberkelbacillen
2.' 15. VIII. 04 do. wird am 25. X. seziert; Lymphdriisen intakt,
ebenso serdse Haute; im Ausstrich der Mesen-
terialdriisen und einiger Driisen des Netzes
j kein positiver Befund
Tabelle IV.
Um die Einwirkung des Glycerins auf die Tuberkelbacillen kennen zu lernen, wurden
virulente Kulturen dereelben in Glycerin, pur. eingelegt und in sich verlangernden Zeit-
abschnitten unter entsprechendem Zusatz von Bouillon den Versuchstieren m die Bauch-
h5hle eingespritzt.
Meerschweinchen-
impfung
Zahl | Datum
Dauer der
Einwirkung
des Glycerins
auf die Kult.
1
Reeultat
Sektionsergebn is
1 .
30. VII. 04
3 Tage
lebt
2. IX. getdtet: stark abgemagert, am
Dickdarm tuberkulftser Abscefi; massen-
hafte Tuberkelbacillen
2.
4. VIII. 04
6 „
t 5. VIII. 04
i
i
in den Organen nichts besonderes nach-
zuweisen. Milz und Leber leicht ge-
schwollen
3.
10. VIII. 04
10 „
lebt
2. IX. getotet: das Ergebnis der Unter-
suchung ist nicht einwandfrei
4.
15. VIII. 04
15 B
lebt
25. X. getotet: am Netzansatz feinste
Kndtchen; deutliche, wenn auch sp&r-
liche Tuberkelbacillen
5.
21. VIII. 04
21 „
lebt
25. X. getdtet: am Netzansatz feinste
Knotchen; im Ausstrich aus den Ge-
krosedrusen sparliche aber gut gefkrbte
Tuberkelbacillen
6.
28. VIII. 04
28 ,
lebt
25. X. getdtet: feinste Kndtchen an Pe¬
ritoneum u. Pleura; maseenhafte Tu¬
berkelbacillen
Schliefilich spreche ich noch Herrn Professor Dr. Zwick an der
hiesigen tier&rztlichen Hochschule, sowie dessen Assistent Herrn Dr.
Do bier meinen besten Dank fflr die vielf<ige UnterstQtzung bei
meinen Versuchen aus.
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Pfaff, Eine infektittse Erkr&nkung der K&narienvttgel.
275
Nachdruek verboten.
Eine infektiose Erkrankung der KanarienvogeL
[Aus dem k. k. Universitfltsinstitute fflr Seuchenlehre in Prag (Vorstand:
Prof. Dr. Theodor Kasparek).]
Von Tierarzt Franz Pfaff.
Neben den alien Vdgeln eigenen infektiosen Erkrankungen, wie
Cholera des ponies und Tuberkulose, wurden bei den Kanarienvdgeln
noch eigene seuchenartige Erkrankungen von Rieck, Kern und Zflrn
beobachtet. Was die Empfindlichkeit fflr die Vogelpest und die Diph¬
theric dieser VQgel betrifft, so wurde sie zwar bei vielen Singvflgeln
nachgewiesen, bei den KanarienvQgeln sind jedoch in der mir zugflng-
lichen Literatur speziell keine F&lle weder von experimentellen noch von
natflrlichen Erkrankungen dieser Art verzeichnet.
AuBerdem wurde noch von Klee eine Bronchopneumomykose der
Kanarienvflgel beschrieben.
Die von Rieck, Kern und Zflrn beobachteten Erkrankungen
wurden von No card und anderen gleich der Geflflgelcholera in die
Gruppe der h&morrhagischen Septik&mieen eingereiht, hochstwahrschein-
lich infolge der Aehnlichkeit ihrer Erreger in der Morphologic und
Pathogenitflt.
Die von Rieck im Jahre 1889 in Dresden eingehend studierte
Kanarienvogelseuche flufierte sich als echte Enteritis, war jedoch von
der Geflflgelcholera durch viele andere Merkmale verschieden. Aufier
den Ver&nderungen im Darmtrakte wurde in alien F&llen „eine rufi-
artige Verfarbung der Haut“ am Hals, an der Brust und am Bauch,
sowie Lebernekrosen gefunden. Die im Blute zahlreich vorgefundenen,
1,5—2,5 n langen, ovalen, lebhafte Eigenbewegung zeigenden Bakterien
lieBen sich mit alien gewflhnlichen Farbstoffen leicht fflr ben, die Gram-
sche Fflrbung behielten sie nicht. Auf Agar entwickelten sich scharf
konturierte, fein gekdrnte Kolonieen. Auf Kartoffel flppiger, graugelber
Belag; im Gelatinestich zusammenhflngender Faden. Die Bouillon wird
in 24 Stunden gleichm&Big getrflbt. „Bei den der Impfung erlegenen
Versuchstieren“ findet Rieck „eine eigentflmliche, partielle Leber-
nekrose. In rotbrauner Lebersubstanz sind zahlreiche, nicht scharf um-
schriebene, gelbgraue Herde eingesprengt, welche sich nicht tief in das
Parenchym erstrecken. In Vesuvinschnitten ist hier das Gewebe in eine
gleichm&Big gefarbte, vollstflndig kernlose Masse umgewandelt, in welcher
einzelne schwach gef&rbte Rundzellen auftreten; die Querschnitte der
stark erweiterten BlutgeffiBe sind mit Bakterienhaufen ausgefflllt, daher
intensiv braun gefarbt. In manchen Fallen war die ganze Leberoberflfiche
nekrotisch. Niemals Milzverflnderung. u Subkutan geimpft verendeten
Sperlinge in 24 Stunden, Tauben in 3 Tagen, weifie Mfiuse in 4 Tagen.
Im Herzblute, sowie in der Leber dieser Tiere konnte das oben be-
schriebene Bakterium mikroskopisch und kulturell nachgewiesen werden.
„An der Impfstelle, flhnlich wie bei Typhoid, im subkutanen und intra-
muskulflren Gewebe schwefelgelbe, derbsulzige Masse. Im Gewebssaft
zahlreiche Bakterien. tt Die bei Hunden und M&usen vorgenommenen
Ffltterungsversuche waren nur bei Mflusen von Erfolg.
Die Kernscbe Kanarienseuche wird als eine der Cholera des ponies
flhnliche Erkr&nkung und ihr Erreger als ein unbewegliches, Gram-
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276 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
negatives Bakterium, welches sowohl morphologisch als auch in seiner
Pathogenit&t von der Gefliigelcholera verschieden ist, geschildert Auf
Agarplatten aus dem Herzblute geimpft, w&chst dieses Bakterium in
erhabenen, weiBlichen, durchdringenden Geruch verbreitenden Kolo-
nieen. Die Kartoffelkultur erscheint als schmutzigweiBer Rasen. Im
Gelatinestich feine Knotchen. In Zuckeragar GSrung und Gasbildung;
in der Bouillon entsteht eine Trflbung mit leicht verteilbarem Boden-
satz. Mit Reinkulturen gefQtterte Sperlinge, H&nflinge, Distelfinken und
Kananen starben in 6—7 Tagen. Subkutan geimpfte Sperlinge gingen
in 3—6 Tagen ein. Tauben und Hiihner erwiesen sich unempfindlich.
Auch von ZGrn wird in der Literatur eine Infektionskrankheit bei
Kanarien unter dem Namen Kanarienseucbe angefflhrt, soli jedoch nach
Nocard der Kernschen Kanarienseucbe analog sein.
Eine den angefiihrten Kanarienseuchen klinisch ahnliche Infektion
hatte ich Gelegenheit, vor einem Jahre bei mehreren Kanarien vSgeln
zu untersuchen.
Da sich diese Erkrankung bakteriologisch und auch in ihrem patho-
logisch-anatomischen Bilde von den erw&hnten Krankheiten auffallend
verschieden erwies, sah ich mich veranlaBt, weitere Untersuchungen liber
diese Seuche vorzunehmen.
Anamnestisch wurde festgestellt, daB der Eigentflmer — ein Vogel-
h&ndler — schon viele Stflcke von Kanarien unter denselben Er-
scheinungen, d. i. Abnahme und schliefilich g&nzliches Aufhoren der
FreBlust, Durchfall und Schlafrigkeit, verloren hatte. Und zwar hatte
er die Krankheit zuerst bei den „Harzern u , welche er vor kurzem
kaufte, beobachtet. Von diesen verbreitete sich alsbald die Seuche auf
seine eigene Zucht.
Die pathologisch-anatomischen Ver&nderungen der Organe der er-
krankten Kanarien boten folgendes Bild dar:
Die Milz und die Leber war von zahlreichen gelblich-weiBen Herden
durchsetzt. Entzundung der Darmschleimhaut; an den Lungen, im
Herzen und in den ubrigen Organen keine Verfinderungen.
Im Herzblute, besonders aber in der Milz und Leber waren zahl-
reiche Bakterien von gleichem Aussehen zu finden.
Die erwBhnten L&sionen konnten bei 4 Kanarienvftgein, die mir zur
Untersuchung flberbracht wurden, beobachtet werden. In einem dieser
Ealle waren auBerdem in der Darmschleimhaut stecknadelkopfgrofie,
gelblich-graue Knbtchen zu sehen.
Die histologische Untersuchung der verBnderten Organe fQhrte zu
folgendem Resultate:
In den mit Hamalauneosin gefarbten Schnitten der Leber sieht man
bei schwacher VergroBerung zahlreiche, sich deutlich von dem Gbrigen
Gewebe abhebende, verschieden groBe, unregelmaBig gestaltete, dunkler
gefiirbte Partieen, welche keine bestimmte Struktur — bei st&rkerer
VergrbBerung feine Granulierung — erkennen lassen und den frGher
beschriebenen, makroskopisch sichtbaren, gelblich-weiBen Herden ent-
sprechen. Das flbrige Gewebe der Leber ist sehr blutreich, die grbBeren
Pfortaderkste, sowie auch die interlobulSren BlutgefaBe sind stark mit
Blut gefullt. Hie und da sind kleine H&morrhagieen zu sehen. In den
noch erhaltenen Partieen macht sich schwache Verfettung bemerkbar.
Auch die Milz bietet ein Shnliches Bild dar. In dieser sind ebenfalls
solcbe fast strukturlose, dunkler gef&rbte, unregelm&Bige Inseln in groBer
Menge zu finden. Die noch erhaltenen Teile sind stark hyper&misch.
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Pfaff, Eine infektiOso Erkrankung der Kanarien vOgel.
277
In den durch die im Darm vorgefundenen KnQtchen gefOhrten
Schnitten sieht man die oberflachlichen Epithelien desquamiert; die
tiefer liegenden, welche teils verschwommene Konturen zeigen, nebmen
die Kernfarbung nicht an. Kleinere Teile der Drfisenschl&uche sind
noch erhalten. Das Kndtchen, ein patbologisch verfinderter Lymph-
follikel, zeigt an der Peripherie noch deutliche Struktur. Die Mitte ist
fast homogen, mit einigen etwas dunkler gef&rbten, leicht granulierten
Stellen, welche bei st&rkerer VergroBerung zu sehen sind.
Nach Unna mit Polychrommethylenblau geffirbte Prfiparate zeigen,
daB die in der Leber und in der Milz vorgefundenen nekrotischen Herde
fSrmlich aus Anh&ufungen gleichartiger Bakterien zusammengesetzt sind.
Derselbe Befund wurde auch an den dunkleren Stellen der nekrotischen
Partieen des Darmfollikels konstatiert.
Der aus dem Blute in alien Fallen reingezQcbtete Mikroorganismus
war ein 0,5 \i breites und 1—2 /u langes, keine Verbande bildendes,
unbewegliches Bakterium. Bei der GeiBelfarbung nach Ldffler konnten
weder anhaftende noch abgerissene GeiBeln konstatiert werden. Sporen-
bildung keine. Alle gewobnlichen Anilinfarben wurden bei der Farbung
gut angenommen, nach Gram jedesmal Entfarbung. Nach Ziehl-
Gabbet nicht farbbar. Sein Temperaturoptimum die Warme des Korpers.
Aus dem Herzblute auf Agarplatten gezflchtet bildete das Bak¬
terium nach 24 Stunden durchscheinende, gelblich-graue, nicht kon-
fluierende, scharf abgegrenzte, bei schwacher VergrdBerung grob granu-
lierte, koherente, ziemlich trockene Kolonieen. Dasselbe Bild, nur be-
deutend zahlreichere Menge der Kolonieen in den aus der Milz und aus
der Leber angelegten Plattenkulturen.
In der Bouillon nach 24 Stunden Bildung von feinen Flocken, die
allmahlich zu Boden sanken, wodurch nach einigen Tagen die Bouillon
wieder klar wurde. GleichmaBige Trflbung wurde nie beobachtet.
Auf schragem Agar ein gelblich-weiBer Belag. In der Gelatine
biaulich-weiBer Ueberzug. Im Zuckeragar entwickelte sich die Schflttel-
kultur in den oberen zwei Dritteln in Form von flockenfdrmigen
Kolonieen ohne Blasenbildung. Die Reaktion des Zuckeragars wird in
48—36 Stunden sauer. Im Stich sowohl im Agar als auch in der
Gelatine bildet sich ein zarter, in der Tiefe verlierender Faden. Die
Milch wird nicht vergoren, ibre Reaktion bleibt auch in gut wachsenden
Kulturen alkalisch. In Bouillonrohrcben konnte nach 6—7 Tagen keine
Indol- und auch keine SH 2 -Bildung nachgewiesen werden. Mit Neutral-
rot gefarbte Bouillon verandert nicht ihre Farbung. Auch in Kulturen
bildet das Bakterium keine Verbande. Was die Bildung der Toxine
dieses Bakteriums betrifft, so konnten diese aus 48 Stunden alten Kul¬
turen durch Erwarmen und Filtrieren isoliert werden, und es konnte
mit 0,25 ccm des Toxins ein Kanarienvogel getbtet werden.
Diese charakteristischen Bakterien konnten in alien Fallen morpho-
logisch und kulturell nachgewiesen werden und es gelang jedesmal, sie
aus dem kranken Materiale in Reinkulturen herauszuzuchten.
Die Pathogenitat dieses Bakteriums wurde an Kanarien, Sperlingen,
Zeisigen, Hflhnern, Tauben, weiBen Mausen, Meerschweinchen und Ka-
ninchen geprfift.
Langere Zeit mit Kulturen gefiitterte Kanarien reagierten nicht.
Es wurde noch die Empfindlichkeit von Individuen mit affizierter Schleim-
haut gegen diese Seuche geprtift, aus welchem Grunde ihre Darm-
schleimhaut vorher mit Ricinusol Oder mit Senfsamen gereizt wurde.
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278 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Nachdem den Vfigeln mit anf diese Art gereizter Darmschleimhaut ver-
dflnnte Bouillonkultur als Getrknk vorgelegt worde, zeigten diese 5 Tage
sp&ter Abgeschlagenheit, verminderte FreBlust und DurchfSlle. Nach
2-tagiger Krankheitsdauer gingen dieselben zu Grunde, wahrend zur
Kontrolle beobachtete, nicbt infizierte Vogel diese Darmreizung gut ver-
trugen. Der Sektionsbefund ergab: Multiple nekrotische Herde in der
Leber und in der Milz, die Darmschleimhaut geschwellt, mit kleinen
gelblichen Knotchen. Aus dem Herzblute, aus der Leber und aus der
Milz konnten kulturell die typischen Bakterien, welche auch mikro-
skopisch flberall zu finden waren, herausgezflchtet werden.
Ein subkutan geimpfter Kanarienvogel ging in 3 Tagen unter ahn-
lichen Erscheinungen ein; die Sektion, wie auch die mikroskopische und
bakteriologische Untersuchung boten dasselbe Bild wie bei den ge-
ffltterten Versuchsvdgeln dar.
Subkutan infizierte Sperlinge erlagen in 4 Tagen der Infektion.
Futterungsversuche ohne und mit gereizter Schleimhaut waren bei ihnen
ohne Erfolg.
Dagegen reagierten Zeisige sowohl auf die Fiitterung wie auch auf
die subkutane Einverleibung der Kultur. Ein gefiitterter Zeisig er-
krankte ahnlich wie die Kanarienvdgel nur nach vorhergegangener
Reizung der Darmschleimhaut und ging in 10 Tagen unter den typischen
Symptomen zu Grunde. Auch was die pathologisch-anatomischen Ver-
knderungen, den mikroskopischen und bakteriologischen Befund betrifft,
konnten dieselben Wahrnehmungen gemacht werden. Die Ergebnisse
der subkutanen Impfung beim Zeisig, welcher 3 Tage nach der Infektion
verendete, waren ebenfalls mit den geschilderten Erscheinungen konform,
nur waren die pathologisch-anatomischen Ver&n der ungen makroskopisch
nicht so ausgepragt, und im Blute sehr wenig Bakterien zu finden.
Eine mit 5 ccm frischer Kultur subkutan geimpfte Henne erwies
sich diesem Krankheitserreger gegentiber unempfindlich.
Tauben erlagen der subkutanen Infektion nach 2-tagiger Krank¬
heitsdauer (Mattigkeit, DiarrhOe) bereits nach 5 Tagen. Bei der Sektion
wurden hirsekorngroBe, gelbliche Kndtchen in der Milz und in der Leber
gefunden. Aus dem Herzblute, sowie aus der Leber und der Milz liefi
sich ebenfalls sowohl mikroskopisch als auch kulturell unser Bakterium
nachweisen. Durch die Fiitterung konnte bei 3 Tauben selbst mit ge¬
reizter Darmschleimhaut die Krankheit nicht hervorgerufen werden.
0,2 ccm ca. 24 Stunden alter Bouillonkultur subkutan geimpft
toteten weiBe M&use in 4 Tagen. Die Milz und die Leber zeigten mul¬
tiple nekrotische Herde. Diese und auch das Herzblut enthielten die
beschriebenen Bakterien, welche auch reingeziichtet werden konnten.
GrbBere Versuchstiere, wie Kaninchen und Meerschweinchen, er¬
lagen der intraperitonealen Infektion, und zwar Meerschweinchen in 6,
Kaninchen in 11 Tagen. Bei beiden Versuchstieren rief die Infektion
eine Peritonitis, miliare, nekrotische Herde in der Lunge, in der Leber,
Milz, in den Nieren und in dem Darme hervor. Im Peritonealexsudate,
im Blute und in den verfinderten Organen zahlreiche, die vorher be¬
schriebenen , fur unsere Kanarienseuche charakteristischen Bakterien.
Subkutane Infektion war nur beim Meerschweinchen von letaler Er-
krankung mit chronischem Verlauf begleitet, wahrend das Kaninchen
am Leben blieb. Bei dem erst nach 4 Wochen umgestandenen Meer¬
schweinchen konnten bei der Sektion dieselben Verknderungen wie nach
der intraperitonealen Infektion beobachtet werden.
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Pfaff, Eine infektiOoe Erkrankung dor KanarienvOgel.
279'
Die histologisch nntersuchten Organe der verendeten Versuchstiere
waren in derselben Weise ver&ndert wie bei der natfirlichen Infektion.
Tabelle I.
Uebersichfc der Pathogenitat unseres Bakteriums gegenuber einzelnen
Versuchstieren.
Kanarien
Sperlinge
Zeisige
Hiihner
Tauben
Weifie
Manse
Meer¬
schweinchen
Kaninchen
4-
+
+
—
+
+
+
+
Was die weiteren biologischen Eigenschaften un seres Bakteriums
anbelangt, konnte ferner konstatiert werden, daB die Tenazit&t seiner
Virulenz ziemlich stark ist. Eine 2 Monate alte Agarkultur war noch
fttr weifie MSuse und Tauben pathogen. 60° W&rme t6ten das Bakterium
nach 5 Minuten ab. Den gebr&uchlichen Desinfektionsmitteln gegentiber
erwies sich das Bakterium im Vergleiche mit anderen etwas resistenter.
Mit 1-prom. Sublimatl5sung und 2-proz. Karbols&ureldsung durchge-
ffihrte Untersuchungen nach Sternberg-Miquel-Yersinscher Me-
thode ergaben, daB die bezeichneten L5sungen von den zwei Desinfek¬
tionsmitteln bereits in einer Minute dieses Bakterium vernichten.
Die Ergebnisse der angefuhrten Untersuchungen, mit den Angaben
fiber die anderen, bei den Kanarienvogeln beobachteten seuchenartigen
Erkrankungen — soweit dies durchffihrbar — verglichen (Tabelle II),
weisen deutlich darauf hin, daB es sich in unserem Falle urn eine be-
sondere Infektion, welche (lurch einen eigenartigen, von den der anderen
erwfihnten Seuchen verschiedenen Krankheitserreger hervorgerufen wird,
handelt. Unser Bakterium zeigt deutliche, sowohl morphologische wie
kulturelle und pathogenetische Unterschiede. Was die Form anbelangt,
fibertrifft unser Bakterium sowohl das ovoide Bakterium wie auch das
Kernsche an Grfifie; kulturell unterscheidet es sich in der Bouillon
durch Bildung von feinen Flocken, auf der gewfihnlichen Kartoffel wie
auch auf der Glycerin kartoffel durch das Ausbleiben des Wachstums.
Hfihner konnen nicht mit ihm infiziert werden. Bei den der Infektion
erlegenen Tieren findet man nekrotische Herde, welche in alien Fallen
auch in der Milz vorkommen.
Von der Kernschen Kanariencholera, soweit wir die Angaben von
Kern fiber dieselbe mit unseren Untersuchungen vergleichen konnten,
unterscheidet sich unsere Kanarienseuche dadurch, daB die Bouillon-
kulturen nicht wie die der Kernschen Kanariencholera gleichm&fiig ge-
trfibt sind, auf der Kartoffel kein Wachstum wahrzunehmen ist, im
Zuckeragar keine Gasblasen entstehen. Auch der von Kern beobachtete
durchdringende Geruch seiner Kulturen fehlt. Wfihrend mit unserem
Bakterium Tauben, Meerschweinchen und Kaninchen letal infiziert
werden kfinnen, sind Tauben gegen die Kernsche Kanariencholera
immun, Meerschweinchen gehen erst in 50 Tagen an der Infektion zu
Grunde.
Was die Angaben fiber die Eiecksche Kanarienseuche anbelangt,
so differieren sie mit den typischen Eigenschaften unserer Infektion
darin, dafi unser Bakterium kfirzer ist, keine Eigenbewegung zeigt, in
der Bouillon keine gleichmfiBige Trttbung hervorruft und auf der Kar¬
toffel nicht w&chst. Auch die von R i e c k beschriebene charakteristische
„ruBartige Verf&rbung der Haut u wurde bei unserer Infektion nie be-
obachtet. Wfihrend Rieck die Milz stets unverfindert sah, war sie in
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*280 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Uebersich ts tabelle II.
Form-
anordnung]
Beweglich -
keit
Waehstum
Platten
(Agar)
Bouillon
Schrager
Agar
Kartoffel
Hiihnercholera 1 )
Kurze Stabchen, 1 jx,
lang, 0,25 [x breit, an
den Enden etwas ab-
gerundet. Fiirben sich
charakteristisch, wach-
sen zu Schein faden aus
Nicht beweglich
Kleine, runde, weiBliche,
durchscheinende, we-
nig erhabene Kolonieen
Diffuse Triibung
Kernsche Kanarien -
seuche
Riecksche Kanarien-
seuche
1
Kurze Stabchen
Nicht beweglich
MohngroBe, deutlich
markierte, erhabene
Kol. Durchdringender
Geruch
1,2—2,5 fi lange Bak-
terien
Lebhaft beweglich
0,5 n breites und 1—
2 jx langes Bakterium.
Bildet keine Ver-
bande
Nicht beweglich
Triibung, verteilbarer
I Bodensatz
Weifllicher, glanzender WeiBer Streifen mitge-
Ueberzug , zacktem weiflen Rande
Bei gewohnl. Tempe-
ratur kein Wachstuin.
Bei Briittemperatur in
einigen Tagen gelblich-
grauer, durchscheinen-
aer Rasen
Nichtverfliissigt. Zarter
Faden
Keine Garung, keine
Gasbildung
Gerinnt nicht
Langsam
Gelatine
(Stich)
Zucker-
agar
Milch
Schnellig-
keit des
Wachst.
Sporenbil- |Keine
clung
Tempera- Gedeiht bei gewbhn-
turverhalt- hcher Temperatur und
nisse bei Korpertemperaturj
Luftbe- Aerob
diirfnis
Verhalten Polfarbung.
zu Anilin- gativ
farbstoffen
Gram-ne-
Pathogeni-
tat
Sektions-
befund
Hiihner, Tauben, Sper-
linge, Fasanen und an-
dere Vogel sterben in
1—2 Tagen. Mausel
und Kaninchen auch
empfanglich
Hamorrhagische Ente¬
ritis. Hamorrhagieen
in der Lunge, oft Pneu¬
monic. Hamorrhagieen
unterdera Epi-u.Endo-
cardium. Im Blute
zahlreiche Bakterien
Scharf konturierte,lGelblieh-graue,durch-
fein gekornte Kolo- scheinende, nicht
nieen. AeltereKolo- konfluierende, scharf
nieen zeigen Ringe abgegrenzte,grobgra-
nulierte, zieml. erha¬
bene, koherente Kol.
Verbr. keinen Geruch
Gleichmafi. Triibung Bildung von feinen
Flocken
Gelbl.-weiBer Belag,
im Kondenswasser
kleine Flocken, spa-
ter Bodensatz
Ueppiger, schmutzig-
weiBer, gelbl. Rasen
Gelbgrauer Belag
Nicht verfliissigt. Im
Stich weiBePiinktchen
Vergoren mit Gasbil¬
dung
?
Schnell Schnell
Keine
Zusammenhangender
Faden
Gram-negativ
Gram-negativ
Kanarien , Sperlinge, Kanarien , Tauben,
Distelfinken,Hanflinge Sperlinge, weiBe
sterben in 3—6 Tagen, Mause empfindlich
Meerschweinchen in 50
Tagen. Tauben und
Hiihner unempfindlich
Darmwandverdickt(Ge-
schwiir). Subrnucosa
f elbsulzig infiltriert,
auptsachl. im Duode-
naltrakte. Auch Ha¬
morrhagieen. Hamor¬
rhagieen in der Lunge
und am Herzmuskel
RuBartige Verfarbung
der Haut, akute En¬
teritis. Nekrosen in
der Leber. Niemals
Milzveranderung.
Zalilreiche Bakterien
im Blute
Kein Waehstum
Nichtverfliissigt. Zar¬
ter Faden
Keine Gasblasenbil-
dung
Gerinnt nicht
Schnell
Keine
Bei gewohnlicherTem-
peratur und bei K5r-
pertemperatur
Aerob
Gleiclimafiig mit alien
Anilinfarbstoffen.
Gram-negativ
Kanarien, Sperlinge,
Zeisige,Tau ben, weiBe
Mause, Meerschwein¬
chen und Kaninchen
empfindlich. Hiihner
reagieren nicht
Nekrotische Enteritis.
Nekrotische Herde
in der Leber und in
der Milz. Wenig Bak¬
terien im Blute
1) Nach James Eisenberg, Bakt. Diagnostik.
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 281
alien unseren Fallen von natflrlicher Erkrankung und auch bei den
Versuchstieren von nekrotischen miliaren Herden durchsetzt. In den
Eieckschen Fallen waren zahlreiche Krankheitskeime im Blnte zu
finden, in unseren Fallen waren sie dagegen entweder schwer Oder nur
sparlich mikroskopisch nachweisbar.
Aus diesen Grfinden sehen wir uns veranlaBt, die von uns be-
obachtete und nntersuchte Infektion von den bisher be-
schriebenen, oben angeffihrten infektiosen Krankheiten
der Kanarienvogel als eine selbstandige, typische, durch
ein besonderes eigenartiges Bakterium hervorgernfene
senchenartige Erkrankung zu trennen.
Am Schlusse erlaube ich mir, hiermit Herrn Dozenten Dr. Rud.
Hartl fflr die liebenswflrdige Ueberlassung des ursprfinglichen Materials
und f(ir seine Ratschiage bei der Untersuchung desselben im bakterio-
logischen Laboratorium an der tierarztlichen Hochschule in Wien und
Herrn Prof. Dr. Theodor Kasparek fflr seine Unterstiitzung und
Hilfe bei der Ausarbeitung des bakteriologischen und experimentellen
Teiles, welche ich nach meiner Uebersiedelung nach Prag in seinem
Institute durchffihrte, meinen warmsten Dank abzustatten.
Literatur.
1) Friedberger und Fr5hner, Lehrbuch d. speziellen Pathol. u. Therapie. Bd. II.
p. 464 u. 577.
2) Kern, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. XXII. 1896. p. 171.
3) Klee, Baumgartens Jahresbericht. Bd. IX. 1893. p. 447.
4) Nocard et Leclainche, Les maladies microbiennes des animaux. 2. Edition,
p. 12, 33, 34.
5) Rieck, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. XV. 1889. p. 69.
Nachdruek verboten.
Ueber den Transport des Tetanusgiftes zu den Kiicken-
markszentren durcb die Nervenfasem.
[Institut fflr allgemeine Pathologie zu Florenz (Direktor:
Prof. A. Lustig).]
Von Dr. N. Tiberti,
Privatdozent fur Bakteriologie an der k. Universitat Florenz.
Mit 1 TafeL
I. Das Tetanustoxin.
Bekanntlich erzeugen die Tetanusbacillen ein spezifisches Gift, das
im stande ist, beim Menschen und bei einigen Tieren ein Krankheitsbild
hervorzurufen, welches durch schmerzhafte tonische Krampfe charak-
terisiert wird; letztere beginnen in einzelnen Muskelgruppen und gehen
allmfihlich in fortschreitendem Mafie auf den ganzen Kfirper fiber.
Dieses, auch unter dem Namen Tetanospasmin bekannte Gift
ist ein wahres Toxin im Sinne Ehrlichs, d. h. ein Gift, das zwei Atom-
gruppen besitzt, eine haptophore Gruppe, vermittelst welcher es sich
auf dem Protoplasma der Zellenelemente festsetzt, und eine toxophore
Gruppe, vermittelst welcher es seine zerstfirende Wirkung entfaltet.
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282
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVUL Heft 3.
Dieses ist aber nicht das einzige Toxin, das der Tetannsbacillus er-
zeugt; es existiert noch ein anderes, das eine dentlich ausgesprochene
aufldsende Wirkung anf die Erythrocyten austlbt und den Namen Tetano-
lysin hat
Das Tetanospasmin oder das eigentliche Tetanustoxin wird
dnrch die Tetanusbacillen entweder an der Einimpfungsstelle im lebenden
Organismus erzeugt oder auf kttnstlichen Nahrboden, von denen es zu-
erst Knud-Faber im Jahre 1890 erhielt. Er filtrierte durch Porzellan-
filter Bouillonkulturen von Tetanusbacillen und erhielt eine vollkommen
atnikrobische Fliissigkeit, die in kleiuen Dosen im stande war, bei den
fttr Tetanus empfanglichen Tieren dieselben Erscheinungen hervorzurufen
wie die Inokulation einer vollstandigen Kultur des Nicolaierschen
Bacillus. Knud-Faber best&tigte also die vorher durch Nicolai er
aufgestellte Hypothese, dafi der Tetanusbacillus in situ ein ldsliches
Gift erzeugen mfisse, dessen Verbreitung die fur den Tetanus charak-
teristischen Erscheinungen hervorriefe.
In demselben Jahre isolierten Kitasato undWeyl, Brieger
und Frank el fast gleichzeitig ans Kulturen des Tetanusbacillus ein
Toxalbumin, das sie als ein in Wasser ldsliches Gift erkannten. Die
Arbeiten von Tizzoni und Cattani, Vaillard, Vincent und
Ron get, die nacheinander veroffentlicht wurden, trugen viel zur Er-
kenntnis der Eigenschaften und der chemischen Natur dieses Toxins bei.
Vaillard und Vincent erhielten ein mit sehr grofier Wirksamkeit
ausgestattetes Toxin, indem sie eine 18 Tage alte Bouillonkultur von
Tetanus filtrierten und eine neue Aussaat auf diesem Nahrboden machten,
nachdem sie zuvor weitere Nahrflussigkeit hinzugefugt hat ten. — Fermi
und Pernossi sahen, dafi Kulturen auf Agar in einer Stickstoff-
atmospbfire den hdchsten Grad von Giftigkeit besitzen. — Brieger
und Cohn erhielten ein aufierst wirksames Toxin, als sie dem Nahr¬
boden den alkoholischen Niederschlag einer alten Typhuskultur oder
verfaulten Fleisches hinzusetzten.
Desbrand erzielte dieselbe Wirkung dadurch, dafi er den Tetanus¬
bacillus zugleich mit dem Bacillus subtilis ztichtete.
Das Tetanustoxin ist aufierordentlich empfindlich
gegen physische und chemische Agentien und verliert beim
Aufbewahren sehr schnell einen grofien Teil seiner ursprflnglichen
Giftigkeit.
Das diffuse Licht ist an und ffir sich fflr das Tetanusgift von
geringer Schadlichkeit; sehr schadlich gestaltet sich seine Einwirkung
in Gegen wart des Sauerstoffes der Luft, der das Gift in kurzer Zeit
bedeutend abschwacht; letzteres wird nach Kitasato durch das Sonnen-
licht in 15—18 Stunden vernichtet. Die filtrierten Kulturen mfissen des-
halb im Dunkeln und unter Luftabschlufi aufbewahrt werden; dafflr
sorgt man gewbhnlich dadurch, dafi man vor der Sterilisierung in die
Rezipienten eine dOnne Oelscbicht hineinbringt; diese schwimmt auf der
Oberflache der Fliissigkeit und schtltzt das Toxin sehr gut.
Das Tetanustoxin ist ferner sehr empfindlich gegen die Einwirkung
der Warme (Vaillard, Kitasato, Marie), der Elektrizitat (Fermi
und Pernossi), des Alkohols (Tizzoni und Cattani), der oxy-
dierenden Substanzen (auch sehr verdiinnte Kaliumpermanganatlosung).
der unter Druck befindlichen Kohlensfiure (Roux und Vaillard), der
meisten Sfiuren und des Jodtrichlortirs. — Eine Vsoo Jodlosung wirkt
auf eine ganz eigentiimliche Weise, indem sie die immunisierenden Eigen-
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rtickenmarkszentren etc. 283
schaften des Toxins dnrcbaus nicht verandert. Hier handelt es sich ohne
Zweifel um eine schnelle ZerstOrung der toxophoren Gruppe des Giftes,
mithin nm die Bildung von Toxoid.
II. Empf&nglichkeit der Tiergattungen gegentiber dem
Tetanustoxin.
Die Toxizitat des Tetanusgiftes schwankt sehr je nach den ver-
schiedenen Tiergattungen, namentlich wenn es subkutan injiziert wird.
Die Versucbstiere konnen auf folgende Weise in Klassen eingeteilt
werden hinsichtlich ihrer Empfanglichkeit fflr das Tetanustoxin, wenn
man die Menge Toxin in Betracbt ziebt, die zur Totung des Tieres er-
forderlich ist, obne die Gewichtsunterschiede zu berQcksichtigen: weifie
Maus, Meerscbweinchen, Kaninchen, Frosch (unter besonderen Umstanden),
Einhufer, Hund, Taube, Hubn. — Zieht man dagegen, statt die Dosis
zu berQcksichtigen, welche im stande ist, ein Tier zu tdten, diejenige in
Betracht, welche erforderlich ist, um 1 g des Tieres zu tQten, so Qndert
sicb die Reihenfolge der Empfanglichkeit. So bemerkt Knorr, indem
er von der Dosis spricht, die 1 g Pferd tbtet, dieses Tier sei das
empfanglichste von alien. Nimmt man die Dosis, welche 1 g Pferd
totet, als Einheit an, so siebt man, dafi um 1 g Meerschweinchen zu
tdten, die doppeltc Menge Toxin erforderlich ist, 1 g Ziege die 4fache,
1 g Maus eine 13mal grdfiere Quantitat Toxin, 1 g Kaninchen eine
2000mal grQBere Menge Toxin.
III. Wirksamkeit des Tetanustoxins mit RQcksicht auf
die Inokulationsstelle.
Die Wirksamkeit des Tetanustoxins ist eine sehr verschiedene mit
RQcksicht auf die Inokulationsstelle. So zeigt nach Tizzoni und
Collin a die subkutane Injektion beim Kaninchen eine viel grSfiere
Wirkung als die im Kreislauf Oder unter der Dura ausgefQhrte. Dieselben
Dosen Gift, welche die Kaninchen in 3—5 Tagen tdten, wenn sie sub¬
kutan injiziert werden, zeigen sich unzuianglich Oder fQhren den Tod
einige Tage spater herbei, wenn sie zur Injektion ins Gehirn verwendet
werden. Um dieselben Wirkungen durch Injektionen in den Kreislauf
zu erzielen, sind 2—3mal grQBere Dosen erforderlich als diejenigen,
welche hinreichen, um das akute Krankheitsbild des Tetanus und den
Tod nach 4 Tagen herbeizufQhren, wenn man sie unter die Haut injiziert.
Im allgemeinen jedoch erhdht sich die Wirksamkeit des Toxins ganz
betrdchtlich, wenn es in das Spatium subdurale oder in das Gehirn
injiziert wird. Beim Huhn z. B., das ziemlich unempfQnglich gegen den
Tetanus ist, gelingt es ganz leicht, Tetanuserscheinungen vermittelst
intracerebraler Injektionen von Toxin hervorzurufen.
Das auf gastrischem Wege auch den fOr dasselbe empfanglichen
Tieren beigebrachte Tetanustoxin bleibt ohne irgendwelche Wirkung. —
Ransom nahm an, dafi es unverQndert durch den Darm hindurchgehe
und glaubte es in den Faeces wiedergefunden zu haben, was aber von
Carrifcre nicht bestatigt wurde, auch nicht nach Darreichung starker
Dosen von Toxin auf dem Verdauungswege. Im Gegenteil, er wies nach,
dafi das auf diesem Wege beigebrachte Toxin durch die Speicheldiastase
unwirksam gemacht wird; eine geringere Wirkung auf das Toxin Qbt
das Pepsin aus, eine etwas betrSchtlichere das Trypsin. Die Verdauungs-
sQfte (Galle, Pankreassaft) zeigen eine bemerkenswerte neutralisierende
Wirkung und eine besondere das Gift zerstQrende besitzt nach Vin-
cenzi die Galle der vom Tetanus befallenen Tiere.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
IV. Vorhandensein des Tetanustoxins im Blute.
Wenn man einem Tiere subkutan Tetanustoxin einimpft, so geht
letzteres schnell in den Kreislauf fiber, verschwindet jedoch daraus
wieder in verhaitnismaBig kurzer Zeit, namentlich bei den fdr Tetanus
empfanglichen Tieren. Marie behanptet, das Tetanustoxin sei im Blute
des Kaninchens 18 Stunden nach der Inokulation nicht mehr nachweisbar,
und Blumenthal bemerkte, es sei nicht mehr moglich, es deutlich
nachzuweisen beim ersten Auftreten der Tetanuserscheinungen, selbst
dann nicht, wenn man betrachtliche Dosen von Toxin verwendet habe.
2 ccm Blut von einem schwere Tetanuserscheinungen zeigenden Kaninchen
riefen, als sie einer Maus unter die Haut inokuliert wurden, keine
Krankheitserscheinung hervor. Bruschettini traf Tetanustoxin an im
Blute von an Tetanus gestorbenen Menschen wie auch in den inneren
Organen (Leber, Milz, Nieren). In diesen n&mlichen Organen wurde von
Immerwahr konstant bei den von Tetanus ergriffenen Kaninchen das
Tetanustoxin angetroffen.
Camara Pestana traf das Tetanustoxin an im Blute der an
Tetanus leidenden Kaninchen; vom Blute aus wird es dann auf die
Lungen, Nieren, die Milz und namentlich die Leber Qbertragen und setzt
sich in ihnen fest.
Behring, Kitasato und Brunner sahen, daB das Blut sowie
das serdse Transsudat der Brusthdhle der mit Tetanustoxin geimpften
Tiere sich konstant als toxisch erwiesen.
Stern fand das Blut giftig in 2 Fallen von Tetanus puerperalis
und N is sen erhielt ebenfalls positive Resultate mit dera Blute von
Tieren, die vom Tetanus befallen waren; dagegen erhielt Kohlmeyer
stets negative Resultate.
Stintzing beobachtete, daB, wEhrend bei Mausen die Inokulation
des Blutes von an Tetanus leidenden Tieren konstant wieder Tetanus
hervorrief, das Blut der an Tetanus leidenden Menschen niemals irgend
eine Erscheinung von Tetanus erregte. Das namliche Resultat erhielten
Moritz, Engelmann, Henoch und Tauber. Nur Blumenthal
gelang es, Tetanus hervorzurufen, indem er Blut eines an Tetanus
leidenden Menschen injizierte. Nach der Ansicht dieses Autors findet
man das Tetanustoxin im Blute der an Tetanus leidenden Menschen
stets in sehr geringer Menge. Die oft erhaltenen negativen Resultate
hangen von den geringen Mengen von Blutserum ab, die man verwendet
hat Um ein positives Resultat zu erhalten, muB man bei der Maus
2—6 ccm Blutserum vom Menschen injizieren.
Im Laufe dieses Studienjahres wurde in die medizinische Klinik zu
Florenz ein an traumatischem Tetanus leidender Mann aufgenommen;
der Fall war kein schwerer und endete mit der Genesung des Patienten.
Das Blutserum dieses Kranken inokulierte ich 3 Mausen und 2 Meer-
schweinchen, aber ich konnte bei keinem der geimpften Tiere die ge-
ringste Erscheinung von Tetanus wahrnehmen.
V. Vorhandensein des Tetanustoxins im Zentral-
nervensystem.
Das Tetanustoxin wurde von zahlreichen Forschern mit verschie-
denem Erfolg beharrlich in den zentralen Nervenorganen gesucht. Von
den alten fruchtlosen Inokulationsversuchen des Zentralnervensystems
bei den mit Tetanus behafteten Tieren sind zu erwahnen die von
Nocard, Kirmisson, Scamel und Pollaillon. Von den in
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den RQckenmarkszentren etc. 285
neuerer Zeit mit negativem Erfolg angestellten Untersuchungen wollen
wir an die von Kitasato und Camera Pestana erinnern.
Positive Resultate infolge Inokulation von Substanz aus zentralen
Nervenorganen von mit Tetanus behafteten Tieren erhielten Verhoogen
und Baert, Eduardo F. PIS, Lingard, Shakspeare, Sanchez-
Toledo und Veillon (nur in einigen F&llen), Immerwahr, Brun¬
ner und Bruschettini; der letztere brachte die sichersten Beweise
herbei fflr die Giftigkeit der zentralen Nervenorgane.
Dafi die Versuche, vermittelst Inokulationen vonTeilchen des Nerven-
systems den Tetanus zu erregen, bald gelungen sind und bald nicht,
erklSrt sich vielleicht durch die von Wassermann gefundene Tat-
sache, dafi das normale Gehirn und das Riickenmark antitoxische Eigen-
schaften besitzen. Aufierdem mufi man bedenken, dafi die zur Inokulation
dienende Nervensubstanz nicht immer von einer gewissen Menge Flussig-
keit der Gewebe frei ist. Es unterliegt keinem Zweifel, dafi das Tetanus-
gift auch im Riickenmark vorhanden ist, wenn es sich in genfigender
Menge im Organismus befindet. So fand Blumenthal es im Rficken-
mark von Meerschweinchen, wenn er das 200fache der tddlichen Dosis
des Giftes injizierte; bei geringeren Dosen fand er es nie.
In der cerebrospinalen Flfissigkeit, die er vermittelst
Lendenpunktion in 2 Fallen von schwerem Tetanus beim Menschen er-
halten hatte, konnte Stintzing das Vorhandensein des Tetanustoxins
nachweisen. Die Injektion dieser Fliissigkeit bei Mfiusen erzeugte wieder
das Krankheitsbild des Tetanus. Da es dem Autor nicht gelungen ist,
bei den Mfiusen vermittelst Injektion des Blutes derselben Kranken
Tetanuserscheinungen zu erregen, wie oben angedeutet wurde, so nimmt
er an, die cerebrospinale Fliissigkeit enthalte das Tetanustoxin in wirk-
samerer Form und verhfiltnism&Big in stfirkerer Konzentration als das
Blut. Er meint, es sei beim Toxin eine grofiere Affinit&t vorhanden zu
der Fliissigkeit, welche die Nerven und das Riickenmark bespfilt als
zum Blute. Bei einem dritten klinischen Fall von Tetanus, den der-
selbe Forscher mitteilt, ergab die Injektion von cerebrospinaler Fliissig¬
keit bei MSusen ein negatives Resultat. Aber der Fall war ein sehr
leichter und die bakteriologische Diagnose zu stellen war nicht mfiglich
gewesen.
Blumenthal fand das Tetanustoxin nicht in der Cerebrospinal-
flflssigkeit bei einem Falle von Tetanus puerperalis und bei der Ziege.
— Ransom fiihrte intravendse Injektionen von Tetanustoxin beim
Hunde aus und suchte danach in der cerebrospinalen Flfissigkeit. Die
mit der letzteren geimpften Mfiuse zeigten nur Spuren von Tetanus,
vielleicht weil bei der Entnahme der cerebrospinalen Flfissigkeit sich
etwas Blut darunter gemischt hatte. Aus diesen Experimenten schliefit
Ransom, dafi nach intravenoser oder subkutaner Injektion wenig oder
gar kein Gift in der cerebrospinalen Flfissigkeit erscheint, auch wenn
die Dosis des injizierten Giftes sehr stark war: „mithinkann man
nicht annehmen, dafi das Tetanustoxin den Weg der
Cerebrospinalflttssigkeit nimmt, um zu den Zellen des
Nervensystems zu gelangen.“
VI. Vorhandensein des Tetanustoxins im Ham.
Die Frage des Vorhandenseins des Tetanustoxins im Harn ist eine
sehr strittige. — Bruschettini gelang es, durch den Harn eines an
Tetanus leidenden Mannes Tetanus zu erregen. Kartulis, Jacob,
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286 Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3*
Knorr, Marie, Courmont und Doyon u. a. sahen nie im Harn
bei natQrlichem Tetanus das Toxin erscheinen. Kartulis jedoch be-
obachtete das Vorhandensein des Tetanustoxins im Harn bei experi-
mentellem Tetanus nur bei Anwendung starker Dosen von Toxin (20 ccm
filtrierter Bouillon). — Auch C h a r r i n konnte einige Male das Tetanus-
toxin nachweisen im Harn von Kaninchen, denen auf experimentellem
Wege Tetanus eingeimpft war.
Goldberg stellt das Vorhandensein von Tetanustoxin im Harn der
Kaninchen in Abrede, wenn man auch 40 ccm filtrierter Bouillonkultur
von N icolaierschen Bacillen injiziere.
In letzter Zeit nahm Blumenthal das Thema wieder auf und wies
nach, daB bei Tieren, denen man Tetanustoxin injiziert hat, das letztere
sehr schnell aus dem Blute verschwindet, aber nicht mit dem Harn aus-
geschieden wird. Das Gift setzt sich in den Organen fest, die nach der
Besredkaschen Methode behandelt (d. h. mit physiologischer NaCl-
LSsung emulsioniert), das Vorhandensein von Tetanustoxin in ihnen zu
erkennen geben. Die meisten anderen Organe zeigen sich in schwScherer
Weise toxisch als das Nervensystem; nur die Milz besitzt eine grSBere
toxische Kraft.
Im Verlauf meiner Experimente inokulierte ich Offers normalen
Mkusen und Meerschweinchen den Harn von tetanischen Meerschweinchen
und Kaninchen, ohne jemals irgend eine Erscheinung von Tetanus zu
beobachten. Auch der Harn des oben erwkhnten Patienten, bei M&usen
in einer Dosis von 2 ccm, bei Meerschweinchen in einer solchen von
4—6 ccm eingeimpft, ergab mir stets negative Resultate.
In der Milch von tetanischen Ziegen konnte das Tetanustoxin nach-
gewiesen werden.
In der Galle wurde es von Vincenzi gefunden,
VII. Beziehung des Tetanustoxins zum Zentral-
nerven sy stem.
Das Tetanospasmin flbt eine elektive Wirkung auf die Zellen des
Zentralnervensystems, namentlich des Rflckenmarkes aus und alle funk-
tionellen Erscheinungen der Vergiftung, die Zunahme der Reflexe und
die tonischen Kontraktionen der Muskeln sind abhSngig von dieser Ver¬
giftung des Rflckenmarkes.
Die direkten Beziehungen des Tetanustoxins zu den Zellen des Zentral¬
nervensystems wurden zum ersten Male beobachtet von Shakspeare,
Verhoogen und Be art, welche Tiere vermittelst subduraler Injektion
von Substanz aus dem Zentralnervensystem tetanischer Tiere vergifteten.
Besredka liefi eine lange Zeit hindurch Gehirn vom normalen
Meerschweinchen in Bertihrung mit einer grofien Menge Toxin im Eis-
schranke stehen und entfernte den UeberschuB von freiem Toxin ver¬
mittelst sorgfaltiger Waschung. Mit diesem Brei konnte er Tetanus auf
Mfiuse fibertragen.
Goldscheider, Flatau, Joukowsky u. a. konnten die Wir¬
kung des Tetanustoxins auf die Ganglienzellen, namentlich des Vorder-
hirnes, direkt unter dem Mikroskope nachweisen.
Wassermann undTakaky sahen, als sie sehr kleine Bruchstflcke
von Zentralnervenorganen von Meerschweinchen, Kaninchen und Pferden
in Tetanustoxin enthaltende Flflssigkeiten eingetaucht aufbewahrten, daB
die letzteren ihren ganzen Gehalt an Toxin verloren und vollst&ndig
unwirksam blieben.
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Tiberti, Transport dee Tetanusgiftes zu don Ruckenmarkszentren etc. 267
Ransom injizierte einigen Tauben betrfichtliche Mengen Tetanus-
toxin und suchte dann nach dem Toxin selbst in verschiedenen Organen;
er beobachtete, dafi Emulsionen von Gehirn und RQckenmark kein
toxisches Vermogen besafien, weil das Toxin, mit dem sie in Berfthrung
gekommen waren, durch die Zellenelemente, aus welchen diese Organe
bestehen, festgehalten und neutralisiert worden war. Aufierdem be¬
obachtete er, dafi keine Intoxikation stattfand, wenn er fiir Tetanus
empfSnglichen Tieren Mischungen von Tetanustoxin und Emulsion aus
Nervenorganen normaler Tiere injizierte.
Wassermann erklfirte diese Resultate als eine experimentelle
Bestfitigung der Seitenkettentheorie. Dieselben Rezeptoren, welche im
Gehirnbrei und im lebenden Gehirn im stande sind, das Gift zu fixieren,
sind auch diejenigen, welche als freie Rezeptoren im Blute zirkulieren.
Aus der aufierordentlich grofien Affinitat des Tetanustoxins zum
Nervensystem ergeben sich sehr wichtige Folgerungen, unter denen die
hauptsSchlichste in der Schwierigkeit besteht, die Verbindung des Toxins
mit den betreffenden Rezeptoren, wenn sie einmal zustande gekommen
ist, zu zerstdren, d. h. in der Schwierigkeit, den Tetanus zu heilen. Mit
jeder Stunde, die seit dem Beginn der Vergiftung vergeht, wird die
Fixierung des Toxins eine bestfindigere und die Einwirkung des Serums
eine geringere. In der Tat wurde bei Heilversuchen am Menschen
mehrmals nachgewiesen, dafi nach Auftreten der Tetanuserscheinungen,
resp. nach Ablauf des Inkubationsstadiums auch kolossale Dosen von
Antitoxin im allgemeinen nichts mehr helfen.
Wir kSnnen nicht mit Bestimmtheit sagen, welches in den fflr das
Gift erapffinglichen Zellen die Teile sind, welche die Molekiile des
Tetanustoxins anziehen. Behring glaubt jedoch, dafi diese Teile so-
wohl im Kern als im Cytoplasma zu suchen sind und dafi in letzterem
auch gewisse granulfise Teile, die wahrscheinlich das Aequivalent der
Trophoplasten (Arthur Meyer) der Pflanzenzellen sind, das Gift
fixieren kdnnen.
Uebrigens kann man, wenn man auch annimmt, dafi die Ganglien-
zellen des Rflckenmarkes es sind, die direkt von dem Tetanustoxin er-
griffen werden, den Fall nicht ausschliefien, dafi auch andere Nerven-
elemente haptophore Gruppen darbieten, die fflr dieses Toxin geeignet
sind. So sahen Roux und Borrel, als sie Tetanustoxin unter der
Dura mater des Gehirns injizierten, wie es ausschliefilich auf den Ge-
hirnzellen fixiert wurde und sich so das Bild des sogenannten Tetanu s
cerebralis darbot.
Bei Kaninchen ist es leichter, Erscheinungen tetanischer Intoxikation
durch intercerebrale Injektion als auf subkutanem Wege hervorzurufen.
Bekanntlich lfifit sich ebenfalls das Huhn, das gewohnlich so wenig
empfanglich ffir das Tetanustoxin ist, leicht durch intercerebrale Injektion
vergiften.
Dafi aufier den im Zentralnervensystem gelegenen Ganglienzellen
noch andere Elemente existieren, die im stande sind, die Einwirkung
des Tetanustoxins zu erleiden, ist auf verschiedene Arten nachgewiesen
worden. Donitz und Mjyamoto beobachteten, dafi bei Kaninchen
das Tetanustoxin unter gewissen Umst&nden so eifrig von anderen hapto-
phoren Gruppen fixiert werden kann, die nicht diejenigen der Zellen des
Zentralnervensystems sind, dafi das Tier erliegt, ohne Kontrakturen zu
zeigen (Tetanus ohne Tetanus).
Behring nimmt als notwendig die Hypothese an von dem Vor-
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
handensein anderer Zellenkorper, die aufier den Ganglienzellen des
Zentralnervensystems Objekt der Reizung seitens des Tetanustoxins sein
kSnnten, wenn man bedenke, dafi letzteres in relativ hoher Dosis im
stande sei, Exsudate zu erzeugen. In der Tat bemerkt man das Auf-
treten reicblicher Exsudate unter der Haut und zuweilen in KOrperhbhlen,
wenn dem Toxin der Weg zum Zentralnervensystem durch das zir-
kulierende Antitoxin verschlossen ist und dem Tiere Dosen eingeimpft
werden, die im stande sind, die Krankheit hervorzurufen, aber nicbt
den Tod.
Aus dieser Tatsache schliefit Behring, das Tetanustoxin greife
auch andere Zellen an, namentlich die zum vasomotorischen Apparat
gehorigen. Er beobachtete, dafi ganz besonders bei erwachsenen Kanin-
chen baptophore Gruppen fflr das Tetanustoxin vorhanden sind in den
Zellen der W&nde kleiner Geffifie; damit mufi in Zusammenhang stehen
das Vorhandensein einer Diastase, die eine spezifische Wirkung auf das
Tetanustoxin austtbt und die man in der Extraktflflssigkeit der fein zer-
riebenen Lungen von Kaninchen findet.
VIII. Wege, auf denen das Tetanustoxin zu den Nerven-
zentren gelangt.
Es unterliegt keinem Zweifel, dafi die Stelle, an der das Tetanus¬
toxin sich mit Vorliebe festsetzt, die Zellen des Zentralnervensystems
sind, namentlich aber die motorischen Zellen des RQckenmarkes, auf
die es seine Wirkung ausflbt Auf welchem Wege aber gelangt
das Tetanustoxin von seiner Entstehungsstelle aus, resp. von der
Stelle aus, wo es injiziert wurde, zu den Nervenzentren? Diese
Frage war es, deren L6sung zahlreiche Forscher erstrebten, aber die
ersten in dieser Hinsicht bemerkenswerten Untersucbungen waren die
von Bruschettini, der durch eine Reihe von Experimenten nacbwies,
dafi das Tetanustoxin sich nicht nur durch das Blut, sondern auch durch
die Nervenbahnen verbreitet. Die Lendenschwellung erwies sich in der
Tat als toxisch in einigen Fallen nach Injektion von Toxin unter die
Haut eines Gliedes und erwies sich stets als toxisch, wenn das Toxin
in den Nervus ischiadicus injiziert wurde.
Bruschettini folgert aus seinen Experimenten, dafi das Tetanus¬
toxin ahnlich dem Virus der Tollwut sich dem Nervensystem entlang,
nicht nur durch das Blut verbreite, und zwar sowohl bei direkter Ein-
impfung des Toxins in die Nerven als auch unter die Haut
Camara Pestana nimmt an, der Uebergang des Tetanustoxins
ins Zentralnervensystem geschehe einzig und allein durch das Blut
Tizzoni und Cattani sahen, als sie das Tetanustoxin direkt einem
Nervenstamm einimpften, dafi klassische Tetanuserscheinungen hervor-
gerufen wurden; logischerweise folgerten sie daraus, dafi das Tetanus¬
toxin vermittelst der Nervenst&mme in die entsprechenden Ab-
schnitte des RQckenmarkes geleitet werden mflsse. Wie jedoch bekannt-
lich das Toxin durch subkutane Injektion zu den Nerven gelangt so
kann es auch bei intraneuraler Injektion wieder zurtickfliefien und auf
anderem Wege zu den Nervenzentren gelangen. Mithin ware nach
Gumprecht der positive Erfolg der Inokulation in die Nerven kein
entscheidender Beweis fOr die Fortleitung des Toxins lfings der Nerven
selbst. (Forts, folgt)
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Ludke, Untersuchungen uber die bacill&re Dysenterie.
289
Nachdruck verboten.
[Jntersiiclmiigeii liber die baciUare Dysenterie.
I. Ueber das Dysenteriegift.
Von Dr. H. Lttdke.
Um den Organismus gegen die Mikroorganismen wie gegen die
Gifte derselben zu schfitzen, sind mannigfache Versuche unternommen,
die im wesentlichen die Ausqrbeitung der wirksamen Komponenten des
Bakterienleibes einerseits, andererseits die Erzeugnng hochgiftiger extra-
cellulfirer Toxine im Auge hatten.
Zur Erwerbung aktiver Immunitat snchte man mdglichst virulente
Bakterienkulturen heranzuzfichten, wobei man als natfirlichen MaBstab
die Tiervirulenz in Betracbt zog. So — um nur ein Beispiel anzufflhren
— hebt Wright bei seinen im stidafrikanischen Feldzug erworbenen
Erfahrungen fiber aktive Immunisierung gegen Typhus den Wert viru-
lenter Kulturen hervor, verhehlt jedoch die unangenehmen Nebenwir-
kungen nicht, die nach Einverleibung geringer Dosen lebender Kulturen
eintraten, wie Kopfschmerzen, Uebelkeit, GliederreiBen, Temperatur-
steigerungen, Infiltrate an der Injektionsstelle.
Diese stfirenden Nebenerscheinungen anderten sich nur wenig, als
man nach den Vorschlfigen Wassermanns, Kitasatos und Briegers
statt lebender abgetdtete Kulturen verwandte, von denen eine einmalige
Injektion zur Erzeugung eines Immunserums genfigte und die bei ihrer
praktischen Verwendung grofieren Schutz ffir den immunisierenden Arzt
boten.
Erst in jfingster Zeit erkannte man, daB nicht dieVirulenz das
ausschlieBlich MaBgebende bei der Ausldsung der immunisierenden
Wirkung sei.
Es brach sich die Erkenntnis Bahn, daB nicht in dem infizierenden
Agens lediglich die Ursache der Immunit&t auslosenden Ffihigkeit ge-
geben sei, in Wirklichkeit spezifischen Zellen die Produk-
tion der Immunkfirper obliege.
Die Natur dieses spezifischen Zellsekretionsprozesses ist uns bislang
dunkel geblieben; durch den Nachweis der Produkte der Zelltfitigkeit
im Serum konnte man zu neuen Erkenntnissen und Gesetzen gelangen,
welche einen intimeren Einblick in den biologisch-chemischen ProzeB
der Immunitat gewfihrten und der, wie nochmals betont werden rauB,
sein Hauptcharakteristikum in der spezifischen Tfitigkeit bestimmter Zellen
hat, so beim Typhus abdominalis besonders in der Tatigkeit der blut-
bildenden Organe.
Ein neues Gesetz daher war es, als von Wassermann 1 ) beim
Typhus nicht die Virulenz als maBgebender Faktor ffir die Immunitat
hervorbringende Kraft nachgewiesen wurde, vielmehr sich zeigte, daB
in der quantitativen Feststellung des Bindungsvermogens der Bakterien-
art ffir die Ambozeptoren ein weit ausschlaggebenderes Moment beruhte.
Wassermann stellte sich hierbei auf den Boden Ehrlichscher An-
schauungen, die in den abgestoBenen Reaktionskorpern die freien, mit
spezifischer Wirkungssphare begabten Rezeptoren der spezifischen Zellen
1) Wassermann, Experimen telle Beitrage zur Frage der aktiven Immunisierung
des Menschen. (Festschnft fur Koch. Jena [G. Fischer] 1903.)
Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 3. 19
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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
annehmen. Es war also eine notwendige Konsequenz, daB diese spezi-
fische Produktion von Immunkbrpern im Blutserum quantitativ durch
Bindung an bestimmte Stamme von grOBerer Oder geringerer Virulenz
gemessen wurde. Jedoch erscheint es mir noch zweifelhaft, bierher ge-
hdrige Befunde Strongs, der unter Wassermann arbeitete, zu ver-
allgemeinern. Strong will keinen Unterschied in der Bindungsfahigkeit
der empfindlichen Zellen irgend einer Tierart gesehen haben, sondern
in proportionalem Verhaitnis wurde die gleiche QuantitSt Ambozeptoren
aus dem Serum unterschiedlicher Tiere absorbiert. Der adequate Reiz
kann aber selbst bei der gleichen Art auf differenzierte, individuell
schwankende Verhaltnisse in den sezernterenden Zellbezirken s to Ben;
vielmehr noch ist dies bei differenten Arten der Fall, so daB ich die
Resultate Strongs nicht als allgemeingiiltige auffassen kann.
Wir mflssen uns des Grundsatzes, daB nur den spezifischen Zellen
des Organismus eine fflr adequate Reize eingestellte Sekretionsfunktion
gegeben ist, auch bei den Antitoxinen bewuBt bleiben.
Auch bei der Antitoxinproduktion haben wir es mit einer spezifi¬
schen Qualitat des Protoplasmas zu tun, die je nach der Tierrasse, den
allgemeinen Ern&hrungsverh<nissen, der Empfindlichkeit der sezernie-
renden Zellen und der Ausbildung der Toxizitat der Bakterien variiert
werden kann.
Anf&nglich sah man nun darauf, ein mdglichst krfiftiges und reich-
liches Toxin zu erhalten, was bei den beiden Infektionskrankheiten,
bei denen es gelang, ein besonders wirksames Toxin zu produzieren —
Diphtherie und Tetanus — der Fall war. Bei der bacillaren Dysen¬
teric, die das Thema dieser Mitteilung bilden soil, sind bisher nur
wenige Versuche zweeks einer Toxingewinnung angestellt worden.
Beginnen wir mit Untersuchungen des Entdeckers des Bacillus
dysenteriaein Deutschland, Kruse 1 ), so finden wir in einer seiner Ar-
beiten die Behauptung aufgestellt, daB von dem Dysenteriebacillus keine
besonders kraftigen Toxine gebildet wflrden. Ihm stimmt Conradi 2 3 * )
zu, der weder bei subkutaner, noch intraperitonealer, noch intravenoser
Injektion groBerer Mengen von 8, 14 oder 30 Tage alten Bouillonkultur-
filtraten den Tod der behandelten Meerschweinchen oder Kaninchen
eintreten sah. Zu gleichen Resultaten kamen Vaillard und D op ter 8 ).
Grofie Mengen von Bouillonkulturfiltraten tdteten nach ihren Angaben
Kaninchen bei intraperitonealer Injektion nicht. Auf dem natfirlichen,
bisher gebrauchlichen Wege der Toxingewinnung war demnach eine
Ausbeute nicht zu erwarten. Verf., der verschiedene Tage alte Kulturen
weificn Mausen und Kaninchen injizierte, konnte sich von der Richtig-
keit der vorigen Angaben iiberzeugen.
Es wurde nun ein weiterer Weg eingeschlagen, das Toxin dieses
Bacillus darzustellen; Conradi gab hier als erster das Verfahren der
aseptischen Autolyse an. Etwa 20 Stunden alte Dysenteriekulturen
werden von der Agaroberfiache abgekratzt, mit physiologischer Kochsalz-
lOsung versetzt und 1—2 Tage bei 37° C gehalten. In die LOsung
gehen dabei die wirksamen Substanzen iiber, und nach der Filtration
1) Kruse, Die Blutserumtherapie bei der Dysenterie. (Deutsche med. Wochenschr.
1903. No. 1.)
2) Conradi, Ueber ldsliche, durch aseptische Autolyse erhaltene Giftstoffe von
Typhus- und Dysenteriebacillen. (Ibid. No. 2.)
3) Vaillard et Dopter, La dysenterie 4pid4miqu& (AnnaL de l’Inst. Pasteur.
1903. No. 7.)
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Ludke, Untersuchungen liber die bacill&re Dysenterie.
291
durch Tonkerzen und Einengen im Vakuumapparat erb9.lt man das in
Wasser losliche Gift, das zu 0,1 ccm ein Kaninchen in etwa 24 Stunden
totete.
Shiga undNeisser 1 ) verfolgten das gleiche Prinzip, nur mit der
praktischen Verbesserong, daB sie filtrierte Hitzeextrakte benutzten.
0,5—0.2 ccm dieser filtrierten Aufschwemmung tdteten Kaninchen inner-
halb 2 Tagen.
Rosenthal 2 3 * * ) in Moskau schlug noch einmal den alten Weg der
natfirlichen Gewinnnng von Toxinen ein. In schwach alkalischer, bei
37° C gehaltener, ca. 3 Wochen alter Martinscher Bouillon erzielte
er ein Toxin, von dem 0,2—0,1 ccm filtrierter Kultur genilgte, um ein
2 kg schweres Kaninchen bei subkntaner Injektion in 24—48 Stunden
zu tdten. Das klinische Bild entspricht hierbei der Infektion mit Bak-
terien: Parese der Hinter- und Vorderbeine, haufige Stuhlentleerungen,
starkes und rasches Sinken der Korpertemperatur, rapide Gewichtsab-
nahme. Kollaps. — Unter den pathologischen Erscheinungen heben wir
besonders, in Uebereinstimmung mit unseren Befunden, dies hervor:
BlShung des Dickdarmes, stellenweise hamorrhagische Infiltrationen und
oberflachliche Nekrose desselben. Starke Blasendehnung. Rosenthal
gibt noch eine Hyperfimie des Duodenum und Ffillung desselben mit
schleimigen, mitunter blutig-schleimigen Massen an. Ffir eventuelle
therapeutische Zwecke wichtig ist das Resultat Rosenthals, daB er
mit dem Serum dieser mit seinem Toxin behandelten Tiere einen Schutz
gegen die Infektion mit Bacillen erreichte.
Wir stoBen nach diesen Darstellungsweisen des Dysenteriegiftes also
auf die beiden, bisher geltenden Anschauungen fiber die Gewinnung
loslicher Toxine aus Bakterien, die in weiteren Grenzen dem Prototyp
des Bact. typhi zugehfiren. Nach den erwfihnten Befunden 'scheint
hier beim Bact. dysenteriae die schroffe Gegenfiberstellung von
Endotoxin und lQslichem Sekretionsprodukt nicht am Platze zu sein.
Wir haben scheinbar die Mdglichkeit, das Dysenterietoxin als bloBes
Sekretionsprodukt und als Endotoxin zu erhalten, w&hrend wir nach der
allgemeinen Anschauung bisher nur von einer Darstellung der Endo-
toxine hier reden dfirfen.
Rodet, Lagriffoul und Wahby 8 ) scheint es nach einer kfirz-
lich mitgeteilten Nachricht gelungen zu sein, mittelst recht junger, gut
alkalischer Bouillonkulturen eine Toxizitat der Kulturfiltrate auch von
Bact. typhi in allerdings relativ grofien Dosen zu erzielen. Nach dem
erscheint es — bei oberflSchlicher Betrachtung wenigstens — nicht mehr
zweifelhaft, daB es auch bei Bact. typhi gelingt, ein Toxin als Sekre¬
tionsprodukt in die Bouillon zu erhalten, falls man junge Kulturen und
genfigenden Luftzutritt verwendet. Die auf dem Filter gesammelten
Bakterien waren n&mlich nach obigen Autoren nicht giftiger als das
Filtrat, so daB sie von der Ansicht, das Bact typhi besitze nur in
seinem an dem Protoplasma haftenden intracellulSren Endotoxin seine
Giftigkeit, abkommen muBten. Jedenfalls bleibt bisher immer noch die
Schwierigkeit bestehen, den dem Bact. typhi inkorporierten betrScht-
1) Shiga und Neisser, Ueber freie Rezeptoren von Typhus- und Dysenterie-
bacillen und iiber das Dysenterietoxin. (Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 4.)
2) Rosenthal, Das Dysenterietoxin (auf natfirlichem Wege gewonnen). (Deutsche
med. Wochenschr. 1904. No. 7.)
3) Rodet, Lagriffoul et Wahby, La toxine soluble de bacille d’Eberth.
(Centralbl. fur Bakt eta Bd. XXXVI. 1904. No. 5.)
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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. AbL Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
lichen Toxinanteil in die Bouillon sezernieren zu lassen, ohne dafi im
Prinzip die MQglichkeit einer vQlligen Ausbeute dieses Toxins ausge-
schlossen wire.
Eine grQndliche Erweiterung der Methodik zur Gewinnung von giftig
wirkenden Substanzen aus Bakterienleibern geschah in mehrfachen Publi-
kationen von Macfadyen und Rowland 1 ). Mittelst eines kompli-
zierten, sinnreichen Apparates und bei Verwendung tiefer Temperaturen
gelang es diesen Autoren, giftige Extrakte aus dem Protoplasma einzelner
Bakterien zu erhalten. In KQrze ausgefQhrt gingen beide so vor: Die
Typhusbacillen wurden in gefrorenem Zustande — durch Eintauchen in
ein GefaB mit flQssiger Luft — vermittelst eines elektrisch getriebenen
Zertriimmerungsapparates zerkleinert, die Zelltriimmer in Kochsalzlosung
aufgeschwemmt und von der anhaftenden Materie durch sorgfaltiges
Zentrifugieren befreit. Mittelst dieser Zellextrakte erhielten Macfadyen
und Rowland eine Giftwirkung auf den tierischen Organismus, der den
der virulentesten Kultur noch Qbertraf. AuBer Bact. typhi wurden
noch aus Streptococcus pyogenes, Staphylococcus aureus,
B. enteritidis (GSrtner), B. tuberculosis und B. diphtheriae
gleiche toxische ZellflGssigkeiten gewonnen.
Meine bisherigen Versuche Gber die Gewinnung solcher toxischen
Produkte aus Bakterienleibern erstreckten sich auf den Dysenterie-
bacillus Kruse.
Da mir ein derart komplizierter Apparat, wie ihn Macfadyen und
Rowland benutzten, leider nicht zur Verfiigung stand, versuchte ich
mittelst manueller Zerreibung von mit flQssiger Luft flbergossenen Bak¬
terien eine moglichste ZertrQmmerung derselben herbeizufuhren. In
jQngster Zeit wurden, nachdem ich meine Versuche bereits begonnen
hatte. von Bassenge und Mayer im Centralbl. fflr Bakteriol. etc.
Bd. XXXVI. 1904. No. 3 Qhnliche Versuche zur Gewinnung eines
Typhustoxins angestellt; diese Versuche verliefen jedoch ohne grQBeren
Erfolg: weder die Giftigkeit der so gewonnenen Zells&fte war eine der
Angabe Macfadyens entsprechende, auch die antitoxische und bakteri-
zide Kraft des Serums der mit diesem Gift behandelten Kaninchen
war eine ganz unerhebliche.
Ich fQhre die von mir angewandte Methodik hier etwas ausfflhrlicher
an: Versuche, die ich zunQchst in den Farbenfabriken zu Elberfeld,
vorm. Fr. Bayer & Co. mit der dankenswerten Unterstfltzung Herrn
Chemikers Wesenberg ausfuhrte und die eine Zerreibung der Bak¬
terien in einer durch flQssige Luft gefUhrten KugelmQhle bezweckten,
schlugen fehl.
Darauf wurden zu verschiedenen Malen Versuche unternommen,
durch manuelle ZertrQmmerung der Ruhrbakterien im Morser das Ruhr-
endotoxin zu erhalten. Diese Versuche muBten mit der grQBten Vor-
sicht unternommen werden, da ich zum Teil lebende Bakterien verwandte;
es blieb dabei nicht aus, daB Verf. sich infizieren muBte und etwa 10
Tage lang die unangenehmen Symptome einer leichteren Ruhrerkrankung
zeigte.
Agarkulturen in kleinen und groBen Petri-Schalen, Kolleschen
1) Macfadyen and Rowland, Upon the intracellular constituents of die
typhoid bacillus. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXIV. 1903.) — Ueber das Vorkommen
und den Nachweis von intracellularen Toxinen. [Eigenbericht uber den der 75. Ver-
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte gchmtenen Vortrag.] (Deutsche med.
Wochenschr. 1903. No. 40.)
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Ludke, Untersuchungen fiber die bacill&re Dysenteric.
293
Flascben (in einer Flache von ca. 100—250 qcra) wurden mit einem von
Herrn Prof. Kruse-Bonn freundlichst flberlassenen Ruhrstamm, von
dem */*o Agarkultur ein mittelschweres Kaninchen in 48 Stunden tfltete,
geimpft und etwa 24 Stunden im Brutschrank bei 37° C gelassen.
Danach wurde der Rasen mit moglichst wenig steriler physiologischer
Kochsalzlflsung abgeschwemmt und die Aufschwemmung im Vakuum-
exsikkator bei Zimmertemperatur getrocknet; es resultierte eine blatterige,
splitterige, graugelbliche Masse. Die Quantitaten derart getrockneter,
vorher noch durch langes, sorgfaitiges Zentrifugieren von beigemischten
Agarpartikelchen befreiten Bakterienmasse waren stets auBerordentlich
gering, meist etwas mehr als 0,1 g. Diese getrockneten Bakterien
wurden After mit flflssiger Luft flbergossen und mit dem Pistill mit An-
wendung starksten manuellen Druckes zerrieben, so lange, bis im mikro-
skopischen Praparat nur noch ganz vereinzelte intakte Ruhrbacillen
sichtbar waren. Die so erhaltene Bakterienmasse wurde danach mit
etwa 20—40 ccm steriler Kochsalzldsung aufgeschwemmt und zur Be-
freiung von bei diesen Prozeduren etwa hineingelangten Keimen durch
die Pukallzelle filtriert SchlieBlich wurde eine wasserhelle, sterile
Flflssigkeit erhalten, die zur Injektion tauglich schien.
In meinen bisherigen Versuchen wurde eine grflBere Anzahl von
Tieren, meist Kaninchen, mit diesen sterilen Zellfliissigkeiten injiziert
und zwar in der Regel intravenfls. Dabei erhielt ich im wesentlichen
stets dieselben Resultate.
0,5—0,2 ccm dieser gifthaltigen Flflssigkeit genflgten, urn 1500 g
schwere Kaninchen in etwa 18—24 Stunden zu tflten; 0,1 ccm verur-
sachte in einigen Fallen innerhalb 48 Stunden den Tod der Versuchs-
tiere, in anderen Fallen rief diese Injektion ein auBerordentlich charak-
teristisches Symptomenbild hervor, das dem Krankheitszustand nach
Injektionen lebender Oder abgetdteter Ruhrbacillen analog war. Das
beste Resultat erhielt ich bei einer intravenflsen Injektion von 0,05 ccm
Zellflflssigkeit, die den Tod des Tieres in 36 Stunden nach sich zog.
Einige Meerschweinchen, die 0,5—0,1 ccm intraperitoneal erhielten,
starben ebenfalls in einem Zeitraum von 1 bis hflchstens 2 Tagen.
Ratten von etwa 175—200 g Gewicht starben nach noch kflrzerer Zeit.
Im allgemeinen schien nach meinen Befunden eine zwischen 0,1 bis
0,05 ccm liegende Dosis geeignet, ein krflftig entwickeltes Kaninchen
mit allerdings sehr schweren Gesundheitsschadigungen am Leben zu er¬
halten. Die klinischen Erscheinungen vor dem Exitus und nach sub-
letalen Dosen waren diese: Konstant war eine intensive Abmagerung
der Versuchstiere, die bei Tieren von ca. 1200 g bisweilen innerhalb
2—3 Tagen bis zu 200 g betrug. Ebenso regelmaBig trat ein starker
Temperaturabfall ein, der auf meist 2—3° C kam. Durchfalle waren
nur bei einer kleinen Anzahl von Tieren zu konstatieren. Lahmungen
der Extremitaten, zunfichst der hinteren, traten nach ca. 18—24 Stunden auf.
Wir sehen also, daB die klinischen Erscheinungen genau den Sym-
ptomen entsprechen, die bei Injektionen lebender oder abgetdteter Bak¬
terien eintreten. Die Sektionen ergeben dieses Bild: An den serosen
Hfiuten wurden im groBen und ganzen wenig Veranderungen bemerkt,
seltener einzelne hyperamische Stellen. Ein getrflbtes oder blutiges Ex-
sudat in der Bauchhflhle konnte ich nach meinen bisherigen Beobach-
tungen nicht linden. Die Hohlenflflssigkeiten erwiesen sich in jedem
Fall als steril. Leber, Milz, Niere, Herz und die weiteren Organe wiesen
makroskopisch keine Lflsionen auf. Auffallender war die Starke Fflllung
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294 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
des Dflnndarmes im Vergleich zu der des Dickdarmes. Hyper&mie der Darm-
schleimhaut, in der Dickdarmschleimhaut bisweilen Blutextravasate, wurde
in wenigen Fallen beobachtet, Geschwflrsbildung an der Bauhinschen
Klappe oder im Dickdarm selbst niemals bisher gefunden. Bei subkutanen
Injektionen trat lediglich ein weicbes Oedem an der Injektionsstelle auf.
Die Wirkungsfahigkeit dieser sterilen Zellfliissigkeit schien zeitlich
stark begrenzt zu sein; es bedurfte nach 8-tSgigem Aufbewahren der
Fliissigkeiten im Eisschrank einer weit groBeren Dosis zur Totung des
Tieres. Eine weitere, weit wichtigere Tatsache fflr eventuelle praktische
Verwertung dieser gifthaltigen Zellfliissigkeiten zur Erzeugung von Im*
munitat scbeint mir aber — und darin liegt der Gegensatz zwiscben
meinen Resultaten und denen Macfadyens und Rowlands — darin
zu liegen, daB es nacb der Injektion einer subletalen, mit ausgesprocbenen
Krankheitssymptomen verlaufenden Dosis der gleichen Menge bedurfte,
urn die Versuchstiere in kflrzerer Zeit zu toten. Bakterizide, wie anti-
toxische Qualitaten des Blutserums der bebandelten Tiere konnte icb
demnacb nicbt beobacbten.
Icb will nur einige eklatante Beispiele der Toxinwirkung anfflhren:
(Die einzelnen Injektionen wurden gleich nach der Filtration durch die
Tonzelle oder gewohnlich einen Tag spater gemacht.)
Einem weiBgrauen, weiblichen Kaninchen von 1150 g Gewicht,
38,4° C Temperatur, wurden intravenbs 0,03 ccm GiftlSsung injiziert
2 Tage nach der Injektion betrug das Gewicht 970 g, die Temperatur
36,3° C; also eine Gewichtsabnahme um etwa 200 g, ein Temperatur-
abfall um ca. 2 0 1 AuBerdem war eine deutliche Parese der hinteren
Extremitaten zu bemerken. Am 4. Tag war die alte Temperatur wieder
erreicht, wflhrend die Gewichtszunabme nur minimal war. Nach 6 Tagen
war die Parese so gut wie verschwunden. — 6 Wochen spater wurden
demselben Tier, das jetzt 1500 g wog und sich vollstandig erholt batte,
0,1 ccm eines neu hergestellten Giftes, dessen Toxizitat dem frflheren
gleich kam, intravenos injiziert Am folgenden Morgen, nach 15 Stunden,
stirbt das Kaninchen, das, in Agone gewogen, ein Gewicht von 1290 g
und eine Temperatur von 36,5° C aufwies (Normaltemperatur 39,2° C).
Andere Kaninchen, die mit 0,3 und 0,1 ccm einer Giftlflsung intra-
vends behandelt wurden, starben innerhalb 24, hSchstens 48 Stunden
unter den Erscheinungen des Kollapses, Paresen der Hinter- und Vorder-
beine, starker Temperatursenkungen, Gewichtsabnahme, heftiger Dyspnoe.
Subkutan gegeben, mufite die letale Giftdosis um ein betrachtliches
erhSht werden. Bei geringeren Dosen — so 0,5—1,5 ccm — traten
deutliche Symptome in Erscheinung: konstant war hier aber wieder eine
starkere Abmagerung in kflrzester Frist, wahrend die Temperaturkurven
im allgemeinen nicht als charakteristisch angesehen werden konnten.
MaBgebend konnten nur Temperatursenkungen sein, die in der grSBten
Mehrzahl der beobachteten Faile auftraten. Diese Temperatursenkungen
sind demnach, wie fflr andere Bakteriengifte, auch fflr das Dysenterie-
gift charakteristisch, und ich ware geneigt, in den von mir beobachteten
Ruhrfailen bei Menschen die relativ niedrige Temperatur (im Durchschnitt
36,0—36,3° bei einer Pulsfrequenz von durchschnittlich 90—110 Schlflgen
in 1 Minute) auf eine Einwirkung des Toxins zurflckzufflhren. Bei
kleinen Injektionsdosen traten meist geringereTemperatursteigerungenauf.
Ein erheblich wichtigeres Kennzeichen der Intoxikation bietet das
Verhalten der Leukocyten. Ich will hier einen Versuch, der die Tempe¬
ratur-, Gewichts- und Leukocytenkurve veranschaulicht, anfflhren:
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Liidke, Untersuchungen fiber die badll&re Dysenterie.
295
Einem schwarzen, maunlichen, kraftigen Kaninchen wurden am 5. Dez. 1904 1 ccm
einer Loeung, die 0,05 ecm Toxin entbielt, intravenoe injiziert.
5. Dez, 1904 Gewicht \ 2300 g
Temperatur 39,2 0 C
Leukocyten 10000
6. Dez. 1904 Gewicht 2240 g
Temperatur 38,3 0 C
Leukocyten 12 000
7. Dez. 1904 Gewicht 2200 g
Temperatur 38,1 0 C
Leukocyten 14 000
8. Dez. 1904 Gewicht 2080 g
Temperatur 38,9 0 C
Leukocyten 12 400
9. Dez. 1904 Gewicht 2140 g
Temperatur 39,3° C
Leukocyten 20 800
10. Dez. 1904 Gewicht 2060 g
Temperatur 39,3° C
Leukocyten 12 000
Am 10. Dez. 1904 intravenoe 1 ccm dereelben Toxinloeung.
11. Dez. 1904 Gewicht 2130 g 13. Dez. 1904 Gewicht 2100 g
Temperatur 39,1° C Temperatur 39,3° C
Leukocyten 20 000 Leukocyten 16 000
12. Dez. 1904 Gewicht 2080 g 17. Dez. 1904 Gewicht 2230 g
Temperatur 39A 0 C Temperatur 39,4° C
Leukocyten 16 000 Leukocyten 13 000
Am 17. Dez. 1904 1 ccm Toxinloeung intravends injiziert.
18. Dez. 1904 nicht untereucht
19. Dez. 1904 Gewicht 2200 g
Temperatur 39,4° C
Leukocyten 14 000
Am 19. Dez. 1904 dieeelbe Dosie wie am 17. Dez. injiziert.
20. Dez. 1904 Gewicht 2280 g 21. Dez. 1904 Gewicht 2260 g
Temperatur 39,6° C Temperatur 39,1° 0
Leukocyten 13 200 Leukocyten 14 400
23. Dez. 1904 Gewicht 2240 g
Temperatur 39,3° C
Leukocyten 9200
Die Temperaturkurve bietet in diesem Falle keine besondere Ab-
weicbung. Interessanter ist die Beobachtung der Schwankungen in den
Leukocytenwerten. Am 3.-4. Tage pflegte nach meinen Beobachtungen
eine Starke Erhbhung der Leukocyten werte einzutreten, und zwar waren
dieselben in der Regel um das Doppelte, h&ufig auch um das Dreifache
vermehrt, um in den n&chsten Tagen wieder zur Norm zurilckzukehren.
Nach einer neuen Injektion — der angefiihrte Fall erscheint weniger
charakteristisch, weil stets dieselbe Giftlbsung benutzt wurde — trat
gewohnlich am nfichsten Tage die starke Erhbhung wieder auf, und bei wei-
teren Injektionen erfolgte eine nur geringfQgige Vermehrung. Demnach
war die neutralisierende Fahigkeit des Blutserums an Stelle der phago-
cytaren Reaktion getreten. Im gefarbten Prfiparat — genauere Z&hlungen
wurden erst in einer fur eine giiltige Erklarung zu geringen Anzahl
bisher ausgefQhrt — fiel die starke Vermehrung der eosinophilen Formen
auf, die den polynukle&ren neutrophilen beim Menschen entsprechen.
In wenigen Fallen gelang es, Leukocytenzahlungen wahrend der Agone
zu veranstalten. Hier erfolgte, was von anderen Autoren speziell bei
Pneumonie ausgefflhrt wurde (Limbeck und A. Frankel) eine inten-
sivste Herabsetzung der Leukocyten werte, eine deutliche Hypoleukocytose.
Jedenfalls konnen solche Leukocytenbefunde niemals schematisiert werden;
ich fQhrte deshalb nicht das pragnanteste Beispiel einer sehr starken
Hyperleukocytose an; in der allergrdfiten Mehrzahl von mittelstarken
Injektionsdosen pflegte jedoch der erwahnte Befund in Erscheinung zu
treten.
Man st6Bt zuweilen auch auf Falle, in denen das Leukocytenzahlbild
nur wenig verschoben, wo die Reaktion nur eine geringfiigige ist
Andererseits stehen mir zwei extreme Blutbilder zur Verfflgung, wo
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296
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
nach Injektion einer subletalen Dosis eine rapide Herabsetzung der
Leukocyten schon nach 6 Stunden eintrat, nach 3 Tagen nur noch 240
weiBe Blutscheiben ira Kubikmilliraeter gezahlt wurden. Zugleich war
damit eine starke Temperatursenkung, Parese der Hinterbeine und —
was seltener zu Gesicht kam — Darmkatarrh aufgetreten. In den
nachstfolgenden 3 Tagen erfolgte ein allm&hliches Steigen der Leuko¬
cyten werte, urn am 4. Tage nach dem starken Abfali einer auBerordent-
lichen Hyperleukocytose Platz zu machen.
Von einem charakteristischen Leukocytenzahlblutbild konnte nur,
ganz allgemein betrachtet, die Rede sein: indem bei stark wirkenden
Dosen zunhchst eine Herabsetzung, danach eine Steigerung der Zahlen-
werte, bei mittleren bis geringen Dosen gleich eine weniger pr&gnante
Steigerung eintrat.
Demnach erscheint es fiir eine eingehendere Erkenntnis der hama-
tologischen Verhaitnisse geboten, weniger auf die Zahl und Mischungs-
verhaltnisse der einzelnen Leukocytenformen Gewicht zu legen, als viel-
mehr auf morphologische Veranderungen in ihrer Struktur, speziell ihrer
Kernformen, wie dies zuerst durch die interessanten Untersuchungen
J. Arneths 1 ) an den neutrophilen Leukocyten bei Infektionskrankheiten
geschehen ist.
AuBer den reaktiven Prozessen an den Leukocyten untersuchte ich
in der Mehrzahl der Falle des AgglutinationsvermSgen des Blutserums
der bebandelten Tiere. Vielleicht treten hier meine Beobachtungen in
Kontrast mit den von Macfadyen und Rowland gemachten Befunden.
In fast alien Fallen erbielt ich, im Gegensatz zu Macfadyen und
Rowland, in den ersten Tagen nach erfolgter Einspritzung keine Er-
hohung des Agglutinationstiters des Serums der Kaninchen und Meer-
schweinchen. Wahrscheinlich beruhte dieses Fehlen der Agglutination
hier darauf, daB von mir nicht ganz frische Losungen injiziert wurden,
ferner, daB es nur relativ schwer gelingt, gerade Kaninchen eine hdhere
Agglutinationsfahigkeit des Serums gegenflber dem Bact. dysenteriae
zu verleihen. Aehnliche Beobachtungen machte P. Th. Mil Her 2 ) bei
Injektionen lebender und abgetbteter Dysenteriekulturen. Nur in zwei
Fallen gelang es, nach 2 Wochen ein maBig stark es Agglutinationsver-
mOgen zu erzielen. Untersuchungen fiber die bakterizide Schutzwirkung
des Serums von mit Ruhrgift behandelten Tieren stehen noch aus, werden
aber in Baide folgen. In Analogie mit den Untersuchungen Macfadyens
und Rowlands ist aber auch bei dieser Bakterienart eine Bildung von
spezifischen Ambozeptoren anzunehmen.
Anders scheint es sich mit der Bildung von Antitoxinen zu
verhalten:
Experiment I.
Einem grauen, weiblichen, 1050 g schweren, gutgenahrten Kaninchen
werden 0,1 ccm einer Toxinlosung intravenos injiziert. Das Tier bleibt
nach schwerer Erkrankung, die sich wieder in Temperaturabfall, Abma-
gerung, Paresen der Hinteriaufe auBerte, am Leben. Nach etwa
2 1 /* Wochen, nachdem vblliges Wohlbefinden, normale Temperatur, Ge-
wichtszunahme eingetreten war, wurden wieder 0,1 ccm einer frischen
Giftlosung eingespritzt. Nach etwa 20 Stunden starb das Tier unter
1) Arneth, Die neutrophilen weiflen Blutkfirperchen bei Infektionakrankheiten.
Jena (G. Fischer) 1904.
2) Muller, P. Th., s. Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 12.
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Lfidke, Untersuchungen fiber die bacillftre Dysenteric.
297
den Erscheinnngen des Kollapses, tiefer Ternperatur, rapiden Gewichts-
verlustes, Lfihmungen, st&rkster Dyspnoe.
Experiment II.
Ein silbergraues, weibliches, 2300 g schweres Kaninchen erhfilt
0,05 ccm einer frischen Giftlosung intravends. Das Tier ertragt obne
allzu starke Krankheitserscheinungen den Eingriff gnt and wird rait der-
selben Giftlosung 3 Tage darauf wieder eingespritzt. Nach ca. 16 Stunden
liegt das Tier in Agonie.
In anderen Experimenten erhielten wir fihnliche Resultate. Ich muB
jedoch von vornherein betonen, daB nur mittelst frischen Giftldsungen
der Exitus der Versuchskaninchen bei einer zweiten Injektion, die der
ersten an Giftkonzentration entsprach, herbeigefflhrt werden konnte.
Wie Experiment I zeigt, war zwischen beiden Injektionen ein relativ
groBer Zwischenraum, so daB eine vollst&ndige Wiederherstellung des
Kaninchens vorausgesetzt werden konnte. Die Untersuchung der Ge-
wichtsverh<nisse, Ternperatur, Leukocyten ergab auch einen entsprechen-
den Befund. Trotzdem ging das Tier an der gleichstarken, zweiten
Giftldsung innerhalb 24 Stunden zu Grunde. Ich muB demnach den
Satz aufstellen, daB eine Antitoxin pro duktion in diesen
Fallen von Injektion der Giftldsungen des Bact dysen-
teriae Kruse bei Kaninchen, sofern diese Giftldsungen
bei jedem Injektionstermin frisch verwandt werden, nicht
zu stande kommt.
In letzter Zeit, wahrend ich meine Untersuchungen vollendete, er-
schienen die interessanten Mitteilungen A. Wolffs 1 ) fiber Endotoxine,
die ahnliche Resultate nicht allein ffir Bakteriengifte, sondern auch jedes
kdrperfremde EiweiBgift angeben.
Wir mfissen, nach unseren bisherigen Erfahrungen wenigstens, einen
prinzipiellen Unterschied zwischen den von einzelnen Bakterien sezer-
nierten Stoffwechselprodukten, den echten Toxinen, und den am
Protoplasma haftenden, wahrscheinlich die Individualitfit des Bakterium
ausmachenden Giften, den Endotoxinen, machen.
Gemeinsam ist beiden Giften die Ldslichkeit und Durclfgfingigkeit
durch Filterkerzen. — Der Vorgang des Freiwerdens beider Gifte ist
grundverschieden: Toxine werden einfach in die Bouillon sezerniert,
Endotoxine konnten bisher lediglich nur durch kfinstliche Autolyse ge-
wonnen werden, Oder sie werden in der Peritonealhfihle auf Einwirkung
von Normal- Oder Immunserum frei.
Zur Autolyse ist jedenfalls auch, wie W'olff meint, das Vorkommen
von giftig wirkenden Bouillonkulturfiltraten von B. typhi, B. dysen¬
ter iae zu rechnen.
Die Angaben Rodets, Lagriffouls und Wahbys fiber ein in
die Nahrflfissigkeit sezerniertes Typhustoxin und die Rosenthals fiber
das Dysenterietoxin sind also meines Erachtens in dera Sinne zu er-
gfinzen, daB wir es hier nicht mit reinen Toxinen, sondern mit Endo¬
toxinen zu tun haben.
Fassen wir am Ende unsere bisherigen Erkenntnisse fiber die Bak-
terienendotoxine zusammen: Zunfichst liegt in der verbesserten Methodik
der Giftdarstellung, die von Macfadyen und Rowland angegeben
1) Wolff, A., Untersuchungen fiber einige Immunitatsfragen. (Berl. klin.
Wochenschr. 1904. No. 42/43.)
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298 Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVUI. Heft 3.
wurde, ein wesentlicber Vorteil, indem es gelingt, mdglichst reine, ldsliche
Giftextrakte zu erzielen.
Von weiterem Nutzen erscheint auch der Umstand, daB derartige,
ldsliche Bakterienextrakte schneller tddlich wirken als die viralenteste
Bakterieninfektion, so dafi deren toxisches Prinzip damit zum vollen
Ausdruck kommt. Die bisherigen Methoden, den Prefisaft der Bakterien
in genOgender Konzentration und Wirkungsf&higkeit zu gewinnen, sind
so ilbertroffen. Die Wirkung auf die Immunkftrper produzierenden Or-
gane ist hier eine weit schnellere und intensivere, als bei Anwendung
ganzer Zellen, so daB hier durch den spezifischen Reiz dem Zellproto-
plasma die spezifische Direktion erteilt, eine exzessive Zellt&tigkeit ange-
regt wird, d. h. eine erfolgreiche AbstoBung von Rezeptoren erfolgen kann.
Im Grunde genoramen ist in den Versuchen Macfadyens und
Rowlands, wie denen von Conradi, Neisser und Shiga eine ge-
wisse Uebereinstimmung gegeben, indem beide Parteien das physiolo-
giscbe Vorbild, die Aufldsung der ganzen Zellen innerhalb des Orga-
nismus und das Freiwerden des gifttragenden, ldslichen, den Zellen
charakteristischen Substrats, auBerhalb des Tierkbrpers imitierten.
Diskutabel erscheint mir vorerst noch die Frage, ob es unmdglich
ist, ein antitoxisches Serum gegenflber den Endotoxinen zu gewinnen.
Es w&re immerhin denkbar, mittelst mdglichst kleiner Dosen oder mit
abgeschw&chten endotoxinhaltigen Ldsungen doch vielleicht ein Anti-
endotoxinprodukt zu erhalten.
Von Wolff ist allerdings in jttngster Zeit darauf hingewiesen, daB
wir mittelst der Endotoxine nicht dem Organismus ein Blutserum schaffen
kSnnen, das imstande ist, bei der Injektion von Bakterien losgeldste
Endotoxine zu neutralisieren. Der Haupteifekt der Einverleibung von
endotoxinhaltigen FlOssigkeiten besteht nach Wolff lediglich in der
Ausldsung von Ambozeptoren, die ihrerseits bei einer neuen Infektion
mit Bakterien neue Endotoxine aus diesen Bakterien frei werden lassen.
Nach den Befunden Macfadyens und Rowlands wie Rosen¬
thals scheint jedoch die Mdglichkeit, ein Serum mit bakteriziden und
antitoxischen Eigenschaften zu erzielen, nicht g&nzlich ausgeschlossen;
es scheinen daher jedenfalls dahingehende Versuche am Platze zu sein.
Herrn Dr. med. Markwald, Leiter der bakteriologischen Untersuch-
ungsstation der Stadt Barmen, danke ich ergebenst fflr die freundlichst
gewShrte Ueberlassung der Hilfsmittel des Instituts.
Nachdruek v&rboten.
Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen
Daimkanals.
Von Dr. G. Brulni.
Mit 15 Figuren.
(Schlufl.)
Bacillus No. 13 wurde nur lmal aus 6-t£gigem Kot isoliert, ist
unbeweglich, gerade, miBt 2—3 /u X 0*5 ^ un d besteht nicht selten aus
2 Elementen oder FSden. An den Enden ist er abgerundet. Die F£r-
bung geschieht mit den gewbhnlichen Anilinfarben und auch mit Gram.
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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora.des menschlicben Darmkanals. 299
Zuweilen finden sich jedoch auch Bacillen, die sich schlecht f&rben.
Sporen habe icb nie beobachtet.
Er entwickelt sich auf alien Nfihrbbden, nur nicht im Serum. Auf
der Kartoffel bildet sich eine Einhdhlung mit weiBlicher Patina, die
nachher gelbbraun und zuweilen in der Mitte goldgelb wird. Die Milch
gerinnt. Auf dem Agar entsteht eine ausgedehnte, diinne, weiBlicbe
Patina. In der sehr getrubten Bouillon ein leichter Schleier an der
Oberfl&che und nach einiger Zeit ein Bodensatz.
Bei 37° C w&chst der Bacillus stark, ist absoluter A&robe, entwickelt
kein Gas und nur wenig Alkali (0,06 g auf 100 g) und ist weder fflr
Meerschweinchen noch fiir M&use pathogen.
No. 14, Streptothrix, wurde 2mal isoliert, das erste Mai aus
dem Kote eines 8-tSgigen Kindes, das andere Mai aus dem eines
6-tSgigen.
Sie zeigt in der Bouillon
wellenfdrmige, glatte, lange Ffi-
den, im Agar dagegen viel hau-
figer gewundene. Die Dicke der
F&den ist je nach dem Alter
derselben verschieden, die neuen
Verzweigungen sind immer dfln-
ner als der Ast, von dem sie
ausgehen, ihre Dicke schwankt
zwischen 0,1—0.5 u (s. Fig. 13).
Viele Aeste gehen von den Haupt-
f&den aus und verzweigen sich
nicht selten von neuem.
Zuweilen gehen von den
F&den andere am Ende keulen-
artig verdickte F&den aus und
nicht selten sind diese keulen-
fOrraigen Gebilde derart grup-
piert, daB sie dann den ge-
keulten Entartungsformen der
Tuberkulose stark &hneln. Diese Gebilde wurden in den Kulturen der
gewbhnlichen NahrbSden ohne Anwendung jedes besonderen Zilch tun gs-
mittels beobachtet.
Die F&rbung gelingt mit alien Anilinfarben gut, ebenso mit Gram.
Einige Faden bleiben zuweilen fast farblos, an ihrer Dicke erkennt man
sie als auf dem Wege der Involution begriffene Filamente, mehrmals
dagegen bleiben nur ganz kurze Strecken farblos und nicht selten er-
blickt man im Innern des Fadens Serien von runden Piinktchen, die
viel mehr gef&rbt sind als die F&den und vielleicht das erste Anzeichen
einer Sporenbildung darstellen. Sporen sind wahrscheinlich auch die
in den F&den beobachteten Unterbrechungen, wenngleich diese letzteren
l&nger und nicht so groB und so gl&nzend sind, wie die sonst frei be¬
obachteten Sporen. Die freien Sporen sind rund, farblos Oder leicht
koloriert und haben ca. 0,8 /u im Durchmesser. Wahrscheinlich hat man
da eine Gliedersporenbildung und eine Endsporenbildung.
Die Streptothrix w&chst auf alien N&hrbOden, nur nicht auf dem
Serum. Sie koaguliert die Milch nicht. Auf der Kartoffel erzeugt sie
runde Kolonieen mit einem ca. x / 8 cm grofien, erhabenen und von einem
aschgrauen, glatten Hof umgebenen weifilichen Zentrum. Die alten
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300
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Kolonieen nehmen eine braune Farbe an und zeigen nur da vollst&ndig
weiBe Stellen, wo sich die von den hochst&ndigen F&den gebrachten
Sporen angeh&uft haben.
Auf Agar finden sich runde, gelbliche Kolonieen,
von denen einzelne vollst&ndig mit weifiem Staube be-
deckt sind, und so den Glauben erwecken, daB sie von
einem weiBen, strahlenartig gefurcbten HSutchen flber-
zogen seien; um dieses herum findet sich ein kleiner
farbloser Hof (s. Fig. 14). Betrachtet man die Kolonie
bei schwacher VergrSBerung, so erkennt man deren
strahligen Bau leicht, denn man erblickt da viele von
der Mitte nach der Peripherie laufende und sich dabei
ver&stelnde Faden. Zweimal wurden gerade Strahlen
wahrgenommen, die vom Rande aus wie feinste Kan&l-
chen in das Zentrum eindrangen.
In der Bouillon beobacbtet man sehr deutliche, im
hellen Medium unter Form von kleinen Flocken schwim-
mende Kolonieen, die dann niederstQrzen und eine weifie
nebelhafte Masse bilden. Nach ungef&hr 12 Ueber-
tragungen ist das Wachstum der Streptothrix ver-
ringert; sie entwickelt sich dann unter Form von Bacillen
weiter ohne die Strep tothrix-Form wieder anzu-
nehmen; diese Bacillen haben keine besondere Form,
messen 2—4 X 0,5 n und haben ovale Sporen.
Die Strep tothrix ist ein absoluter Aftrobe, er-
zeugt weder Gas noch Alkali Oder S&ure, ist unbeweg-
lich, entwickelt sich bei 37° nicht und ist weder fflr
Meerschweinchen noch fflr MSuse pathogen.
No. 15. Streptothrix wurde zweimal isoliert,
einmal aus dem Kote eines 4-tfigigen Kindes, ein anderes
Mai aus 5-tagigem Kote. Sie
ist aus ver&stelten 0,2—0,5 n
messenden F&den zusammen-
gesetzt, die sich mit den Anilin-
farben gut f&rben (s. Fig. 15)
und auch auf Gram reagieren.
Freie, runde Sporen von ca. 1 ft
Durchmesser finden sich vor.
Bei Innesten in Bouillon
bei 37 0 entwickelte sie sich
aber unter Form eines geraden,
wellen- oder zickzackformigen
2,5—5 X 0,3— 0,5 messenden
BacilleD, nicht selten auch unter
Form von FSden. In l-t&giger
Bouillonkultur fanden sich
lange, farblose (wahrscheinlich
von der Uebertragung bei 58 °)
Filamente, in deren Innerm
die vorbeschriebenen Bacillen
reihenweise vorhanden sind.
Auf der Kartoffel entwickelt sie eine feine, gelblich-weifie Patina,
die fast der Farbe des Mediums gleichkommt und sich nur durch eine
Fig. 14.
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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora des menschlichen Darmkanals. 301
etwas blassere Farbe unterscheidet; auch fehlen einige weiCe Punkte
nicht.
In Glycerinagar wachst eine sehr feine, farblose, dem Mittel an-
haftende Patina hervor; weder in einfacbem Agar nocb in Serum wurde
Wacbstum beobachtet. In Fleischbrflhe entstehen flockenfihnliche, ira
Mittel schwimmende Kolonieen, die sich dann als weiBe, nebelhafte
Masse am Boden ansammeln. Die Milch gerinnt nicht. Die Strepto-
thrix entwickelt kein Gas, ist unbeweglich, erzeugt aber S&ure, und zwar
0,09 g auf 100 und ist absoluter Agrobe.
Alles zusammenfassend, gelangt man zu folgendem Grgebnis:
1. Es wurden 6 Arten thermophiler Mikroorganismen, 3 Strepto-
tricheen und 3 Sorten Bacillen isoliert, von denen nur einer mit einem
anderen aus dem Kote Erwachsener isolierten flbereinstimmt.
2. Nur einer der Bacillen zeigte sich nicht sporenerzeugend.
3. Bei 37 0 entwickelten sich 3 Bacillenarten und 2 Streptothricheen
unter Form von Bacillen.
4. Alle reagieren auf Gram.
5. Alle sind absolute Aerobien.
6. Keiner ist pathogen.
7. 4 Kotproben gaben nicht die geringste Entwickelung.
Vergleicht man nun die Resultate mit denen Tsiklinskys, so er-
geben sich nicht unbedeutende Unterschiede.
In Paris und Moskau:
1. 48 Prflfungen gaben 20 Sorten isolierter
Mikroorganismen: 18 Bacillen, 2 Strepto-
tricheen.
2. Es wurden 12 absolute und 9 fakulta-
tive thermophile Bakterien isoliert.
3. Alle Arten der absoluten thermophilen
Bakterien (mit Ausnahrae von einem
einzigen) sind absolute Aerobien und die
fakultativen thermophilen sind fakul-
tative Aerobien.
4. Die Mikroorganismen wachsen auf Kar-
toffeln nicht.
5. 11 Arten wurden ein einziges Mai, 6
‘ zweimal, 1 dreimal, 1 viermal und 1
andere fiinfmal vorgefunden.
In Turin.
Auf 20 Priifungen kommen 15 Arten iso¬
lierter Mikroorganismeu: 10 Bacillen
und 5 Streptothricheen.
Dagegen 6 absolute und 9 fakultative
thermophile Bakterien.
Sowohl die absoluten wie die fakulta¬
tiven thermophilen Bakterien sind ab¬
solute Aerobien.
Sie wachsen darauf so gut, dafi man
die Kartoffel fur ihr bestee Ziich-
tungsmittel erklaren mufi.
9 Arten wurden ein einzigen Mai, 5
zweimal, keine dreimal ermittelt
Koines der isolierten Bakterien gleicht
den in Moskau und Paris isolierten.
Die thermophilen Bacillen in der Natur.
Wie kann es Bakterien gebeo, die sich bei 58 0 C und dar fiber ent-
wickeln, w&hrend doch solche Temperaturen in der Natur guBerst selten
und nur vorQbergehend vorkommen?
Gerbig vermutet, dafi sich diese Mikroorganismen in den oberen
Schichten des Bodens aufhalten, woselbst die Sonne durch ihre Wgrme
die zu ihrem Wachstum notwendige Temperatur erzeuge.
Gegen diese Vermutung kdnnen jedoch verschiedene Einwendungen
gemacht werden.
1. Es ist nicht zu leugnen, dafi die Sonne zu diesem Wachstum der
thermophilen Bakterien genilgen kann (Same s), doch kann die erforder-
liche Temperatur nur in einer sehr kurzen Periode des Jahres herrschen.
2. Es mttBten somit die Sporenformen diejenigen sein, die die
Arten erhalten, doch sind die Sporen der thermophilen Bacillen nicht
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302 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
so widerstandsf&hig wie die der anderen Bakterien, und sterben leicht,
besonders aber bei Temperaturfall (Sanies), somit konnen sie also doch
schwerlich der ziemlich lange anhaltenden Kfilte unseres Klimas wider-
stehen.
3. Es ist nicht erwiesen, dafi alle thermophilen Bakterien Sporen
treiben. Cohn halt es ftir mdglich, dafi diese Bacillen dank der Selbst-
erhitzung der Baumwolle, des Dangers, des Heues, Strohes, Weizens
und Tabaks existieren kbnnen.
Die Temperatur jedoch, die in trockenen Heu-, Stroh- und Weizen-
haufen erreicht werden kann, h&ngt immer von den Schwankungen der
Aufientemperatur ab, deren hbchste beim Heu nach Bonelli 23° erreicht,
beim Stroh weniger. Nur wenn GSrung oder F&ulnis eintritt, kbnnen
hohe Temperaturen obwalten.
In den gesunden Silos steigt die Temperatur bis auf 70°, in den
Dflngerhaufen einige Tage nach der Anhfiufung bis auf 70° und 80° C,
bei der GSrung der TabakblStter bis zum Maximum von 55° C 1 ).
In den Baumwollenballen herrscht, solange keine F&ulniserschei-
nungen eintreten, keine erhbhte Temperatur.
Hohe Temperaturen linden sich also in diesen Materialien nur dann
vor, wenn ein GSrungs- oder F&ulnisprozefi stattfindet. In diesen Fallen
glaube ich an das Vorbandensein von thermophilen Bakterien.
Schillinger glaubt, dafi sie sich bei normaler Temperatur gut
entwickeln, und dafi ihre Widerstandsfahigkeit sie dazu bef&higt, sich
bei hoher Temperatur einige Generationen hindurch zu vermehren, da-
gegen spricht jedoch die Tatsache, dafi viele dieser Bakterien, in nor-
male Temperatur versetzt, nicht wachsen, wfihrend sie doch, eben weil
sie ihre normalen Lebensbedingungen wiedergefunden haben, noch viel
krSftiger wachsen mlifiten.
FrSulein Tsiklinsky ist der Ansicht; dafi es sich hier um weiter
nichts als Variet&ten der gewdhnlichen, nicht thermophilen Mikroben
handle, die alle von demselben Stamme ausgegangen sind, der entweder
nicht thermophil oder, was wahrscheinlicher, thermophil war und sich
somit dann entweder die thermophilen Bakterien langsam an die hohen
Temperaturen oder aber die gewohnlichen Mikroben sich an die niederen
Temperaturen gewdhnt hat ten.
McFadyean, Blaxall und L. Rabinowitsch glauben, dafi
diese Bakterien bei eintretender Fermentation, die in der Natur oft mit
hoher Temperaturentwicklung vor sich geht, sehr wohl geignete Lebens¬
bedingungen vorfinden kftnnen, dafi diese Fermentation dann von den
gewflhnlichen Mikroorganismen der F&ulnis hervorgerufen werde und
dafi diese sekund&r bei den Fermentationen einwirken, eine Ansicht, der
ich mich vollstSndig anschliefie.
Hinsicbtlich ihres Ursprungs sind meiner Meinung nach die ther¬
mophilen Mikroben Bakterien, die sich nur der normalen Temperatur
angepafit haben, aber nicht ftir so kurze Zeit, dafi man dies fflr eine
Generationen hindurch andauernde Widerstandsfahigkeit gegenflber hohen
Temperaturen erklkren kbnnte, und auch nicht derart, dafi sie, wie
Tsiklinsky glaubt, als stabile und ausschliefilich thermophile Arten
angesehen werden kdnnen. Die mehr oder weniger lange Dauer dieses
Anpassungsvermogens liefie sie als fakultativ oder absolut thermophile
Bakterien erscheinen. Ich stehe nicht an, dieses anzunehmen.
1) R. Istituto Sperimentale per la cultivazione dei tabacchti in Scafati.
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Bruini, Ueber die thermophile Mikrobenflora dee menschlichen Darmkanals. 303
1. Wegen der thermophilen Eigenschaften, die viele nicht thermo¬
phile Bacillen aufweisen.
a) in den RShrchen, in die ich die Kotsorten einsfite, entwickelten
sich viele Bacillen und Kokken, die nach den Innesten kein weiteres
Wachstum zeigten. Eine Streptothrix 1 ), die ich aus der Vaccine iso-
lierte, entwickelte sich im ersten Rohrchen (in Agar) kr&ftig; in Agar
oder anderen N&hrboden bei 58° weiter Qbertragen, wuchs sie Oberhaupt
nicht mehr.
b) Der Bacillus subtilis des Laboratoriums und ein anderer aus
dem Kr&lschen Laboratorium kommender wuchsen bei 58° nach der
ersten und den folgenden Uebertragungen sehr gut, eine Tatsache, die
flbrigens schon von Dr. Tsiklinsky beobachtet worden war; ebenso
der Bacillus mesentericus fuscus et vulgatus, und wahr-
scheinlich wird dies auch bei vielen anderen Bacillen der Fall sein.
2. Wegen der Aehnlichkeit vieler dieser thermophilen Bacillen mit-
einander und mit anderen nicht thermophilen.
Es wurden schon viele thermophile Bakterien beschrieben, doch
glaube ich, daft man in jedem zu prflfenden Medium deren viele neue
linden kann, was auch aus der Verschiedenheit der von Tsiklinsky
in Paris und Moskau und von mir in Turin gefundenen hervorgeht.
Viele dieser Arten haben jedoch eine grofie Aehnlichkeit und nur
wenige nicht gemeinsame Kennzeichen (Tsiklinsky hat 5 sich fast voll-
st&ndig gleichende Arten beschrieben) und fiihren leicht zu der Ver-
mutung, daft alle diese von einem nicht sehr entfernten gemeinsamen
Stamme herrflhren und es sich hier um eine Anpassung an besondere
Verhaltnisse des Milieus handle.
Zu diesem Gedanken fQhrt auch die Tatsache, daft diese Bakterien
nach vielen Uebertragungen und in verschiedenen Medien nicht allein
die ZQchtungskennzeichen, sondern besonders auch die Form ganz be-
deutend ftndern. Einige Arten, die ich zuerst vom Standpunkte der
Morphologic und der ZQchtungskennzeichen aus fiir verschieden hielt,
haben zuletzt vollst&ndig dieselbe Form angenommen.
Die T&tigkeit der thermophilen Bacillen im Darme.
Von den von Tsiklinsky nach 46 Kotpriifungen isolierten Bakterien
ist nur einer 5mal, ein anderer 4mal, einer 3mal vorgekommen, wfthrend
alle Qbrigen nur 1- Oder 2mal vorgefunden worden sind.
Bei meinen 20 Kotprtlfungen wurde keiner der vorgefundenen Mikro-
organismen mehr als 3mal konstatiert
Von den zu Moskau isolierten Bakterien gleicht nur einer den zu
Paris isolierten. Von den meinen stimmt keiner mit denen von Paris
nnd Moskau (therein.
Es tritt somit die Verschiedenheit und Unbest&ndigkeit der einzelnen
Arten in dieser Darmflora besonders im Vergleich mit der gewdhnlichen,
normalen und sehr gleichm&ftigen Flora beim Kinde und dem Erwachsenen
klar zu Tage.
Diese voile Unbestfindigkeit der Darmflora und der Umstand, daft
die KOrpertemperatur des Menschen in keiner Weise den Temperatur-
anforderungen dieser thermophilen Bakterien entspricht, l&fit den Weg
zu zwei Vermutungen offen:
1) In Agar bot sie sich dem Auge des JBeobachters wie eine Patina mit gefurchter,
hellbranner OberflSche; mikroekopisch unterechied sie sich nicht von den anderen
Streptothricheen.
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304 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
1. Dafi namlich diese thermophilen Bakterien nur vorflbergehende
Gfiste des Darms seien, daB die Verschiedenheit der daselbst \forhan-
denen Arten direkt von den in der Luft 1 2 ) und den Nahrungsmitteln *)
lebenden Arten abhangen und dafi sie schliefilich bei den Gfirungs- und
Faulnisprozessen des Darmes nicht im geringsten mitwirken. Tsik-
1 in sky neigt zu dieser Auffassung bin, die ibre Rechtfertigung anch
darin tindet, dafi, wenngleicb sich viele Arten dieser Bakterien in den
D&rmen vorfinden, sie numerisch doch schwach vertreten sind. Gez&hlt
habe ich sie allerdings nicht, wohl aber wahrgenommen, dafi die Ent-
wickelung nach Aussaat in die Rdhrchen nur langsam vor sich ging,
und es nur selten gelang, auf den festen Medien mehr als 2 Oder 3
Kolonieen zu erblicken, obschon das Prilfungsraaterial sebr reichlich ein-
gesat worden war.
2. Dafi sie bei Kommensalismus mit anderen Mikroorganismen
passende Lebensbedingungen vorfinden kOnnen, die es ihnen erlauben,
auch bei niedrigerer Temperatur als der gewohnlichen zu leben. In
diesem Falle kfinnte ihnen eine mehr oder minder wichtige Teilnahme
an den Ffiulnis- oder Garungsprozessen des Darminhaltes wohl nicht
abgesprochen werden.
Welches kfinnte nun diese Einwirkung sein? Wahrscheinlich eine
dem Organism us schadenbringende.
Denn injiziert man dem Meerschweinchen Starke Dosen 3-tfigiger
Kulturen dieser Bacillen (1 ccm), so tritt der Tod nach einiger Zeit ein
und zwar in 6—18 Tagen, je nach der inokulierten Kultur. Die Organe
dieser Tiere zeigten dabei keine besonderen Verfinderungen; nur bei
dreien wurde je eine Hyperamie des Darmes, des Peritoneums und der
Leber festgestellt. Diese Todesfaile mfissen also toxischen Erzeugnissen
zugeschrieben werden, die in den Kulturen existieren und von den Bak¬
terien ausgearbeitet wurden.
Diese Mikroorganismen kbnnten somit als Giftstoffe ausarbeitende
Bakterien im menschlichen Darm eine nicht zu gering zu schfitzende
Bedeutung gewinnen.
Die thermophilen Streptothricheen.
Bis heute sind verschiedene Arten von thermophilen Streptothricheen
beschrieben worden. Tsiklinsky kennt deren 4, von welchen 2 dem
Kote und andere 2 dem Boden entstammen. Ketzior beschreibt eine
in Kloakenwasser aufgefundene. Globig eine aus dem Boden. Pretti
eine ebenfalls dem Boden entstammende, Sames eine aus der Milch
isolierte. Andere sind meines Wissens noch nicht aufgefunden worden.
Alle diese bieten mikroskopisch fast dasselbe Aussehen; die Dicke
der Faden schwankt zwischen 0,3—0,8 , u, doch ist auch in ein und der-
selben Streptothrix diese Dicke innerhalb der gegebenen Grenzen ver-
schieden. Dagegen sind sie alle verastelt und mehr oder weniger ein-
gebuchtet.
1) Es wurden die Agarplatten einige Zeit in dem Ranine belassen, in dem sich die
den Kot liefernden Kinder aufhielten, wonach ich 2 Arten sich gleichender oder wahr¬
scheinlich gieicher thermophiler Bacillen isolierte, von denen der eine dem Bacillus
No. 4 und der andere dem Bacillus No. 13 ahnelte.
2) Garini fand in der Milch einen thermophilen Mikroben, Russel u. Hastings
einen thermophilen Micrococcus in sterilisierter Milch. Trotz verschiedener Pro ben mit
gekochter Milch, wie solche den Kindern der Turiner Entbindungsanstalt dargereicht
wird, habe ich nie ein Wachstum thermophiler Bakterien entdeckt.
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Bruini, Deber die thermophile Mikrobenflora dee mensehlichen Darmkanals. 305
Die ZQchtungsmerkmale sind nicht ganz dieselben and ebensowenig
ihre vitale Widerstan dsf&higkeit dem Sauerstoff, den verschiedenen Tem-
peraturen etc. gegendber.
Ich selbst habe 5 Arten vorgefunden. Anch diese gleichen sich
unter dem Mikroskop fast vollst&ndig, so dafi es schwer halt, sie tlber-
haupt voneinander gut zu unterscbeiden. Die Dicke der F&den und
der Durchraesser der Sporen schwankt bei jeder Art, da die jungen
Filamente weit dflnner als die alten sind.
Die Kulturen dagegen sind fast immer charakteristisch, wenngleich
sie kein feststehendes unver&nderliches Aussehen haben.
Streptothrix No. 8 entwickelt sich unter Form von feinsten
gelblichen Wucherungen, die zuweilen angeh&uft sind und wie Warzen
aussehen.
Streptothrix No. 9 hat in den Agarkulturen etwas Aehnlichkeit
mit der Streptothrix No. 14, docb besitzt diese die klaren konzen-
triscben Kreise nicht und erzeugt auch in Bouillon niemals das zellen-
f&rmige H&utchen an der Oberfl&che.
Streptothrix No. 16 erzeugt in der Bouillon reichliche Flocken
und w&chst in Agar schlecht und unter der Form von gleichm&fiiger
Patina.
Streptothrix No. 12 wies bei ihrer Entwickelung keine beson-
deren Merkmale auf; es fanden sich da in der Bouillon die gewOhnlichen
Flbckchen und die runden Kolonieen vor, die in Agar klein blieben und
nach einigen Tagen zusammenflossen, sowie TrObung der Bouillon, wo
es sich um Bacillenformen handelte.
Ungleich sind sie nun gerade der vorgenannten Merkmale wegen.
Alle haben Kennzeichen, die von anderen nie beschrieben worden sind.
Bei einigen habe ich eine sonderbare Tatsache notiert und zwar, dafi
sie unter dem Einflusse besonderer Umst&nde auch als Bacillen auftreten
kdnnen.
Bezflglich der Streptothricheen hat man auch von Pleomorphismus
gesprochen; dann sind die Autoren zu dem Schlusse gekommen, dafi dieser
Pleomorphismus nur scheinbar existiert, und man zu dem Glauben an
seine Existenz gelangte, weil man hie und da in diesen Streptothricheen
Ketten von Kokken erblickte, die Streptokokken vort&uschten, und kleine
bacillenfihnliche F&den, die demnach nichts als aus den Sporen hervor-
gegangene und in Umwandlung begriffene F&den w&ren.
1. Nun hat sich aber die auf 37° Qbertragene Streptothrix immer
unter Form eines Bacillus entwickelt und nicht nur vorflbergehend,
denn sie behielt diese Form bei. Nach Uebertragung auf 58° kehrte
die Streptothrix-Form zurtlck.
Streptothrix No. 14 hat sich nach vielen Uebertragungen unter
Form von Bacillen entwickelt, ohne sp&ter diese Form zu verlieren.
Streptothrix No. 12 entwickelte sich gewOhnlich unter Form
von Bacillen, zuweilen auch von verzweigten Filamenten.
2. ist eine Streptothrix alba beschrieben worden, die in Bacillen-
form wuchs und zu dem Bacillus Zopfi eine gewisse Beziehung zu
haben schien.
3. ist es sehr selten, in den Kulturen mit Streptothricheen wahre
Bacillenformen vorzufinden.
4. sind diese Bacillen fast immer dicker als die F&den der Strepto¬
thricheen oder wenigstens dicker als die jungen F&den derselben.
5. W&hrend ich in den Streptothricheen immer runde Sporenformen
Erato At*. Ori*. Bd. XXXVIII Heft 8, 20
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306 Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
sah, habe ich in den von diesen herrflhrenden Bacillen nur ovale Sporen
beobacbtet.
Alter Wahrscheinlichkeit nach haben diese Streptothricheen zwei Arten
von Sporenbildung; so ist denn nicht ausgeschlossen, dafi sie verschieden-
fdrmige Sporen erzeugen (wie dies far eine Streptothrix von Sames
beschrieben wurde). In diesem Falle wQrden sich die einige Male in
den Filainenten beobachteten runden Punkte also in die hellen R&ume
verwandeln und auf diese Weise die Bildung der ovalen Sporen vor sich
gehen, die in fihnlicher Weise auch bei den Bacillen auftritt, die runden
Sporen warden sich nar an dem Ende der hochst&ndigen Filamente
bilden.
Wenngleich nun vorbesagte helle R&ume h&ufig sind, so habe ich
in den von mir isolierten Streptothrix-Kulturen niemals freie ovale
Sporen beobachtet
Ich behalte es mir vor, diese Formver&nderung und ihre Ursache,
die wahrscheinlich aufier der Temperatur auch vom Kulturmittel und
anderen Ursachen abhSngt, sp&ter noch eingehender zu studieren. Ueber-
dies bin ich nicht abgeneigt zu glauben, dafi diese Streptothricheen hohen
Temperaturen gegenflber starker sind als die Bacillen und ihrer Form
wegen geeigneter sind, sich auch unter nicht sehr gflnstigen Ern&hrungs-
verhfiltnissen ernfthren zu kdnnen, sowie dafi einige Baeillen unter be-
stimmten Umstfinden sich in ver&stelte Filamente umwandeln kdnnen.
Tatsfichlich veranlassen uns:
1) das Auffinden von Streptothricheen, die zuweilen durch viele Gene-
rationen hindurch, ohne bei irgend einer Uebertragung die ver-
fistelte Form zurQckzuerhalten (Streptothrix No. 14), zu¬
weilen sprungweise und ohne zu entdeckende Ursache — wenn¬
gleich es mir schien, als ob der Wechsel in den Streptothricheen
leichter auf der Kartoffel als auf anderen N&hrbdden statthabe
(Streptothrix No. 12) — nicht selten auch unter dem direkten
Einflufi der Temperatur, das Aussehen wirklicher Bacillen haben,
2) die Fadenformen, die sich so h&ufig als besonderes Bild vieler,
gewohnlicher Bacillen vorfinden,
3) die bei einigen Streptothricheenkulturen ohne jede kfinstliche Bei-
hilfe (Streptothrix No. 14) angetroffene Keulenform, auf die
man viel leichter nach besonderen Ver&nderungen der Nihrbdden
stCfit, und die den Actinomyces bovis in den Dfirmen eigen
ist, eine Form, die mit den von Casagrandi und anderen
beschriebenen degenerativen Formen der Tuberkulose, und den
vom Diphtheriebacillus gebotenen Formen — nach Berichten und
Zeichnungen von Prof. Concetti — eine grofie Aehnlichkeit hat,
daran zu glauben und zu der Ansicht hinzuneigen, dafi die Be-
ziehungen, die zwischen Streptothricheen und Bacillen bestehen,
sehr eng sind.
Litemtur.
Globi^, Ueber Bakterienwachstum bei 50—70°. (Zeitechr. f. Hygiene. Bd. IH. 1888.
—, Ueber einen Kartoffel bacillus mit ungewdhnlich wideretandsfahigen Sporen. (Zeit-
schr. f. Hyg. Bd. III. 1888. p. 332.)
McFadye&n ABlaiall, Thermophilic bacteria. (Brit Med. Journal 1894. Vol. II.
p. 644.)
-, Journ. of Pathol, and Bacteriol. Vol III. 1894.
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage. 307
Rabinowitech, Lydia, Ueber die thermophilen Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd.XX.
p. 154.)
Garini, Studi critici speriment. sulla sterilizzazione d. latte. (Giorn. d. Soc. Igiene.
No. 1.)
Schillinger, Ueber thermophile Bakterien. (Hyg. Rundschau. Bd. VIII.)
Sames, Zur Kenntnis der bei hdherer Temperatur wachsenden Bakterien. (Zeitechr.
f. Hyg. Bd. XXXIII. p. 13.)
Skotscnko, Ueber thermophile Bakterien. (Berichte der kaukas. mediz. Gesellsch.
No 7.)
Oprescu, Studien iiber thermophile Bakterien. (Arch. f. Hyg. Bd. XXXIII. 1898.
p. 164.)
Miquel, Monogr. d’un bacille vivant au-del& de 70°. (Annales de microgr. T. I. 1888.
p. 4-10.)
Ketzior, Ueber eine thermophile Cladothrix. (Arch. f. Hyg. Bd. XXVII. p. 328.)
Tsiklinsky, Sur la flore microb. thermoph. du canal intestinal de Phomme. (Annales
Pasteur. Vol. 27. 1903.)
—, O mikrobach jinwuschich pri wisokdch temperaturach. (Russ. Arch. f. Path. etc.
Bd. V. 1898.
Rossi-Doria, Bu di alcune specie di Btreptothrix trovate nelT aria. (Annali d’lgiene
speriment. 1891).
Gasperini, Ricerche morfolog. e biolog. etc. (Annali d’lgiene speriment. 1892.)
C asagran di, Sulle relazioni tra batten proto-, meta- e paratrofi etc. (Annali d’lgiene
speriment. 1901.)
Concetti, Forma actinomicotica del bac. d. difter. (Annali d’lgiene speriment. 1901.)
Russel A Hastings, A micrococcus, the thermal dead limit, of which is 76° C.
(Centralbl. f. Bakt Abt. H. Bd. VIII. p. 339.)
Nachdruck verbolen
Beitrag zur Trypanosomenfrage.
Von Dr. Hans Ziemann,
Marineoberetabsarzt und RegierungBarzt in Kamerun.
Im Anschlufi an die wicbtigen Mitteilungen von Herrn Geheimrat
Koch „Ueber die Trypanosomenkrankheiten" in No. 47 (1904) der Dtsch.
med. Wochenschr. seien mir bei dem hohen praktischen Interesse der Sache
einige kurz orientierende Bemerkungen gestattet fiber Trypanosomen-
krankbeiten der Tiere in Kamernn. Die eigenartigen Verhaltnisse der
westafrikanischen Kflste dfirften eine besondere Besprechung des Materials
rechtfertigen, soweit dasselbe infolge starker Inanspruchnahme und bei
der Ffille der herantretenden anderweitigen Aufgaben bis jetzt gesammelt
nnd bearbeitet werden konnte. Wo nocb keine Beweise zu erbringen
sind, sollen in bescbeidenster Weise wenigstens die Bedenken gegen
andersartige Ansichten erfirtert werden, zum Teil unter Verwendung
einiger neuer Gesichtspunkte.
Einige Notizen betreffend frfihere Untersucbungen fiber diesen
Gegenstand finden sich bereits an anderer Stelle l-i ).
1898 1 * * * 5 6 ) hatte Verf. zum ersten Male die feinere Btruktur der Trypanosomen mit
Hilfe der von ihm bei den Hamosporidien zur allgemeinen Anwendung gebrachten
1) Ziemann, Tse-tse-Krankheit in Togo, Westafrika. (Berl. klin. Wochenschr.
1902. 2STo. 40.) — 2) Vorlaufiger Bericht uber das Vorkommen aer Tse-tse-Krankheit im
Kustengebiet Kameruns. (D. med. Woch. 1903. No. 15.) — 3) Vorlaufiger Bericht iiber das
Vorkommen des Texasfiebers der Kinder und weiteres iiber die Tse-tse-Krankheit und
Tiermalaria. (D. med. Woch. 1903. No. 16.) — 4) Zur Bevolkerungs- und Viehfrage in
Kamerun. (D. KolonialbL 1904. 1. Juli) und Danckelmans Mitteilungen von For-
schungsreisenden in deutschen Schutzgebieten. 1904. September.
5) Ziemann, Eine Methode der Doppelfarbung bei Flagellaten, Pilzen, Spiriilen
und Bakterien, sowie bei einigen Amdben. (Centralbl. f. Bakt. 1898. No. 25.)
20 *
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308
Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3.
8ogenannten Romano wskiacheo Farbemethode darzusteUen gesucht, insbeeondere bei
Trypanosoma rotatorium das verschiedene farbensche Verbal ten der Geifielwurzel (Blepharo-
plaet, Centrosoma) und dee Kernes, damals noch als Makro- und Mikronucleus auf-
gefaflt, schon angedeutet.
Zur allgemeinen Orientierang fiber die Trypanosomenfrage flber-
haupt verweise ich auch auf die Arbeiten von Kempner und Rabino-
witsch 1 ), Salmon und Stiles 2 ), Musgrave 3 ) und vor allem
Laver an 4 5 ) und Mesnil.
Doch sehen wir jetzt ab von den nichtpathogenen Trypanosomen,
wie man sie auch bei verscbiedenen Fiscben und bei Vfigeln findet,
z. B. in Kamerun zuweilen bei Eisvbgeln ( Alcyon ).
Wir teilen die mehr oder veniger pathogenen Trypanosomen im An-
schlufi an Koch ein in Gruppe A der wohlcbarakterisierten
Trypanosomen, Gruppe B der voneinander schwieriger,
bez. nach Koch flberhaupt nicht deutlich zu trennenden
Trypanosomen.
Unter A sei erw&bnt:
1) Trypanosoma Theileri.
2—3mal so grog wie die anderen unter B erwahnten. Bisher in Sudafrika, Ost-
afrika und Togo gefunden.
2) r Rattentrypanosoma.
Von den den Ratten trypanosomen nahe verwandten Hamstertrypanosomen konnen
wir hier ebeDfalls absehen.
Geheimrat Koch trennt 1 und 2 scharf von den Para-
siten unter Gruppe B, da sie in ihren wichtigsten Eigen-
schaften konstant erscheinen, und zwar hinsichtlich des
morphologischen Verhaltens, der Virulenz und ihres
Verhaltens zum Wirtstier, indem sich die Theilerschen nur auf
die Rinder, die Rattentrypanosomen, wie Koch durch seine bekannten
Versuche erwiesen, nur auf Ratten Qbertragen lassen. Letzteres konnte
auch in Kamerun bestatigt werden. Zur Gruppe B gehoren die Trypano¬
somen, welche bedingen:
1) Die Tse-tse-Krankheit der Haustiere in Afrika.
Mause, Ratten, Kaninchen sind bei ktinstlicher Infektion sehr empf&ng-
lich. 2) Die Surrakrankheit der Haustiere in Asien, Mauritius,
Philippinen und Abessinien, besonders gefahrlich Pferden und Kamelen.
3) Mai de caderas, den Pferden in SQdamerika gefahrlich. 4) Die
Dourine in Marocco, Algier, Sildfrankreich und Spanien, besonders
bei den Pferden vorkommend. 5) Die Trypanosomiasis des
Menschen, welche von Dutton und Forde am Gambia gefunden
ist, und deren Infektionskeime eventuell auch als Erreger der Schlaf-
krankheit dienen kdnnen. Die letztere ist bekanntlich nach den schdnen
Untersuchungen Castellanis und Bruces ebenfalls als eine Trypano¬
somiasis zu betrachten.
Es wiirde femer dazu eventuell gehdren das Trypanotoma Congolente *), welches nach
Broden sich durch QeiSellosigkeit auszeichnen soil. Dasselbe scheint, auf andere
1) Kempner und Rabinowitsch, Die Trypanosomen in der Menschen- und
Tierpathologie, so wie vergleichende Trypanosomenuntersuchungen. (CentralbL f. Bakt.
1903. p. 804).
2) Salmon and Stiles, Emergency on surra. Washington 1902.
3) Musgrave and Clegg, Trypanosoma and Trypanosomiasis. Manila 1903.
4) Laveran et Mesnil, Trypanosomes et Trypanosomiases. Paris 1904.
5) Broden, Les infections & Trypanosomes au Congo chez l’homme et les ani-
maux. (BulL de la soci^td d’dtudes colonial es. 1904. F6vner.).
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Zi emann, Beitrag zur Trypanosomenfmge.
309
Wirtstiere iiberpflanzt, sich morphologisch leicht zu verandern, indem wieder Geifiel-
bildung auftritt. Die betreffenden Untersuchungen bedurfen noch weiterer Erganzung
und Bestatigung. Sodann ware eventuell die Infektion durch den unten
zu besprechenden, vorlaufig von mir Trypanosoma vivax genannten
Parasiten in Kamerun hier anzufiihren.
Ein Trypanosoma bei Dromedaren x ), von Cazalbou gefunden, hat
sich mittlerweile schon durch Untersuchungen in Alfort als Surraparasit
herausgestellt. Wahrend nun einige Forscher die unter B genannten
Parasiten samtlich, bez. zum Teil als besondere Species auffassen, fassen
Koch und Musgrave dieselben als voneinander nicht abgrenzbare
Parasiten auf. Dieselben waren nach Koch in den gesamten Haupt-
eigenschaften schwankend, indem sie 1) sich morphologisch nicht
abgrenzen lassen, 2) ihre Virulenz eine in weitem Grade
schwankende sei und 3) sie nicht auf einen bestimmten
Wirt angewiesen seien.
In der Tat sind im gefarbten Praparat die genannten Parasiten, wie schon
Kempner und Babinowitsch dargetan, nicht oder nicht mit Sicherheit zu unter-
scheiden. Wir werden indes sehen, aafl bei haufiger verglei chen der Unter-
suchung im lebenden Praparat sich weitere biologische Unterschiede
erkennbar machen, jedenfalls bei Trypanosoma vivax gegeniiber den Tse-tse- oder
Naganaparasiten. Man kann nicht ausschliefilich oder fast ausschliefilich das gefarbte
Praparat zum Mafistabe der Beurteilung machen. Wir haben aufierdem bei den Trypano¬
somen mit einer mehr oder weniger angedeuteten Differenzierung in indifferente, mann-
liche und weibliche Trypanosomen zu rechnen, was raorphologische Differenzen innerhalb
einer Trypanosomenspecies rechtfertigen wiirde. Cfr. meine Betunde beim Tse-tse-Parasiten
weiter unten. Geheimrat Koch zieht ausseinen Forschungen den Schlufi, dafi die Trypano-
somen von Gruppe B erst eine kurze Zeit in ihren Wirten lebten und daher sich noch
nicht zu festen Arten entwickelt hatten. Auch die Trypanosomen der Menschen, bez. die
Erreger der Schlafkrankheit liefien sich von denjenigen der Tse-tse und Surra nicht
unterscheiden, weder morphologisch noch beziiglich ihrer pathogenen Eigenschaft gegen-
iiber den Haus- und Versuchstieren. Auch in Bezug auf die allgeraeinen Krankheits-
symptome verhielte sich die menschlicheTrvpanosomenkrankheit ebenso wie die bei Tieren
beobachtete, wegen der relativ iangen, unbemerkt bleibenden Latenzperiode der Infek¬
tion, des unregelmalBigen Fiebers, der Anamie, Abmagerung, Oedeme, Schwellung der
Lymphdriisen und der Milz.
Wir kttnnen bekanntlich auch bei der Malaria beobachten, dafi sowohl der wohl-
charakterisierte und artverschiedene Tertian, wie der Quartan, wie auch der halbmond-
bildende Parasit eine Beihe pathologischer V eranderungen schafft, wie Anamie, Melan-
amie etc., die alien Malariainfektionen gemeinsam sind.
Geheimrat Koch macht ferner gegen Laveran und Mesnil, welche sich darauf
berufen, Tiere, welche gegen Tse-tse immunisiert wurden, nachtraglich mit Surra infiziert
zu haben, Bedenken geltend und erkennt ihre Versuche als nicht beweiskraftig an. Die
Versuche seien an Ziegen angestellt, welche fur beide Krankheiten fast unempfanglich
und deswegen fur Infizierung mit Surra und Tse-tse ungeeignet seien. Auch Musgrave
lafit Ziegen und Schafe relativ immun sein gegen Surra (^apparently not susceptible
to natural infection**). Das Experiment hatte aann auch einen Verlauf gehabt, wie er
nicht anders zu erwarten gewesen ware. Die mit Surra infizierten Tiere waren nicht
krank geworden und ware nur durch den Tierversuch festgestellt, dafi sie einige sparliche
Trypanosomen hatten. Es sei ferner nicht ermittelt, ob dieae Trypanosomen von der
Vor- oder Nachimpfung herruhrten, was geschehen hatte mussen, da auch immunisierte
Tiere noch lange Zeit Trypanosomen in ihrein Blute haben konnen. Es wird an Laveran
und Mesnil sein, auf diese Einwurfe zu antworten.
Ich m6chte hier nur kurz bemerken, dafi bei meinen Untersuch¬
ungen in Kamerun sich die Schafe und Ziegen, wie wir sehen
werden, als durchaus nicht unempfftnglich gegen die Try-
panosomeninfektion verhielten, sondern in einem erheb-
lichen Prozentsatze sich spontan infiziert zeigten, und
1) Vall6e et Panisset, Sur les rapports du Surra et de la Mbori. (Extrait des
comptes rendus des Acad&nie des sciences. 1904. stance du 21. Nov.)
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310 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3.
auch durchaus nicht selten starben an spontaner In-
fektion.
Zur Illustrierung der Unbest&ndigkeit, insbesondere der Virulenz, der Parasiten
von Gruppe B fiihrt Herr Geheimrat Koch folgenden Versuch an: Ein schwerkranker
Hengst, stammend aus Togo in Westafrika, zeigte Trypanosomen, welche auf Pferde, Esel,
Hunae, Ratten und Mause iiberimpft, diese Tiere tse-tsekrank machten und in kurzer
Zeit eingehen liefien. Die Trypanosomen im Blute dieses Hengstes hatten also eine
sehr hohe Virulenz besessen. Das zweite Pferd, eine Togostute, liefi nicht das geringste
Zeichen von Tse-tee-Krankheit erkennen. Erst nach Ueoerimpfung von 20 ccm Blut in
die Bauchhohle von jungen Hunden wurden Trypanosomen nacngewiesen. Wahrend
nun die mit dem Hengstblut geirapften Hunde imraer in kurzer Zeit eine schwere
Tse-tse-Krankheit bekamen, waren aie von der Stute geimpften nur leicht krank ge-
worden, ja geimpfte Pferde, Ratten und Mause wurden ebenfalls nur leicht oder gar
nicht krank. Schliefilich erlag die Stute einer kiinstlichen Infektion mit dem Hengst-
blute in kurzer Zeit. Wir hatten also in derselben Gegend, nebeneinander vorkommend,
hochvirulente und fast avirulente Trypanosomen. Der avirulente Stamm der Togostute
hatte durch Verimpfung auf Pferde und dann fortlaufend auf Hunde eine erhebliche
Zunahme erhalten. Andererseits ware ihm in Dar-es-Salam die Herabsetzung der
Virulenz durch Passagen von Trypanosomen, welche fiir Kinder sehr virulent waren,
durch Ratten und dann durch ilunde gelungen. Durch alle diese Versuche sei die
Unbestandigkeit der Virulenz der Tse-tse-Parasiten bewiesen. Bei der Malaria hatte
man ahnlicne Zustande der Verwirrung durch Aufstellen zu vieler Parasitengruppen
erlebt. Meines Wissens haben aber von namhaften Malariaforschern, die nicht an die
Einheit samtlicher Malariaparasiten glaubten, nur Mann a berg und einige Italiener
wie Gras si und Feletti etc. fruher drei Species der Malariaparasiten angenommen.
Die verschiedenen Malariaparasiten werden aufierdem von Moskitos, und zwar samtlich
nur von der einen Gattung Anopheles, in der die geschlechtliche Entwickelung
vor sich geht, ubertragen, wahrend die von Koch als gewisse Einheit aufgefafiten
Trypanosomen des Typus B von stechenden Insekten verschiedener Gattung ubertragen
werden konnen. Die Moglichkeit aber, dafi auch die Trypanosomen in
den stechenden Insekten eine weitere Entwickelung durchmachen,
ist nicht von der Hand zu weisen. Wir werden diese Annahme weiter unten
durch Beobachtungen zu stiitzen suchen. Dann aber ware es nicht gezwungen, an-
zunehmen, dafi in diesen ganz verschiedenen Gattungen von stechenden
Insekten sich auch die Entwickelung der einzelnen Trypanosomen
verschieden abspielt. Mit anderen Worten, die Trypanosomen des Typus B kdnnten
trotz der vielen Aehnlichkeiten, die sie miteinander wahrend der Entwickelung im Blute
der infizierten Saugetiere haben, doch artverschieden sein. Bekanntlich zeigen
die artverschiedenen Tertian- Quartan- und halbmondbildenaen
Parasiten umgekehrt wahrend ihrer geschlechtlichen Entwickelung
im Anopheles kaum oder wenig Differenzen.
Ich wurde jede Diskussion, ob einzelne oder alle Trypanosomen
des Typus B verschiedene Species darstellen, fiir unwichtig halten,
wenn die Uebertragung der Trypanosomen durch die stechenden In¬
sekten von einem Tier auf das andere ausschliefilich direkt und rein
mechanisch mit dem Stechriissel ohne Vermehrung im Fliegenkdrper
erfolgte. Dem scheinen aber meine epidemiologischen Erfahrungen
in Suellaba (cfr. unten) zu widersprechen. Wiirde die Uebertragung rein
mechanisch erfolgen, ware es gleichgultig, od die Trypanosomen durch Glossinen oder
Tabaniden ubertragen werden. Dieselben Trypanosomen kdnnten dann bald durch den
Stich der infizierten Glossiim vwrsiians die Tse-tse-Krankheit, bald durch den der in¬
fizierten Tabanide etc, die Surra bedingen.
Wir werden ferner bei Besprechung des Immunisierungsprinzipes sehen, dafi die
eventuelle Trennung einzelner oaer aller Trypanosomen des Typus B in verschiedene
Species eventuell auch praktische Vorteile bieten konnte. Doch kehren wir zu Kochs
Versuch zuruck.
Schilling hat in Togo, also der Kolonie, wo Kochs 2 Versuchspferde mit den
so verschieden virulenten Trypanosomen herstammten, neben dem gewhhnlichen Tse-tse-
Parasiten auch den Parasiten wiedergefunden, den ich bereits fruher in Kamcrun An-
fang des Jahres 1903, gefunden, una bereits als TV. vivax vom Tse-tse-Parasiten ge-
trennt hatte. Derselbe ist, wie wir sehen werden, oft aufierordentlich virulent. Die, wenn
auch entfernte Moglichkeit, dafi es sich bei dem Togohengst und der Togostute Kochs
von vornherein um zwei, wohl aufierst nahe verwandte aber doch verschiedene, im gefarbten
Praparat nicht oder kaum unterscheidbare Parasiten gehandelt hat, ist also nicht ganz-
lich abzuweisen. (Indes sei immerhin erwahnt, dafi ich bisher diesen Parasiten in
Kamerun noch nicht bei spontan infizierten Pferden gefunden habe.)
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage.
311
Ich m5chte in diesem Zusammenhange noch betonen, daB in Eamerun selbst die
Ratten trypanosomen etwas verschiedene Virulenz zu zeigen schienen, indera infizierte,
augenscheinlieh kranke Tiere gefangen warden, wahrena andere Ratten mit geradezu
ungeheueren Mengen Tr. sich scheinbar vollig wohl fiihlten. Wohlverstanden waren
Verletzungen infolge des Fanges oder sonstige krankheitserregende Ursachen, soweit
ich erkennen konnte, bei den scheinbar krankenTieren ausgeechlossen. Ein Sch wanken
in der Virulenz findet man auch bei anderen Parasiten, die einer ganz
bestimmten Species angehoren. Ich erinnere nur an die kolossale Difterenz
in der Virulenz aer einzelnen Malariaparasiten, je nach Ort und Zeit des Auftretens.
Die Malaria, bedingt durch den halbmondbildenden Malariaparasiten, den ich zum
ere ten Mai in der lombardischen Ebene 1897 festgestellt 1 ), ist himmelweit verschieden in
ihrer Wirkung von der unseres Kameruner Parasiten.
Die bisher bekannt gewordenen Beobacbtungen lassen jedenfalls
schliefien, 1) daB die Trypanosomen der Gruppe B schon prim&r eine
verschiedene Virulenz zeigen kOnnen, was sie mit anderen Para¬
siten gemeinschaftlich haben, 2) daB ihre Virulenz bei artifi-
ziellen Passagen durch andere Tiere je nach Wahl der letzteren gesteigert
Oder geschwHcht werden kann.
Schwerer wiegt der Einwurf, daB die Parasiten der Gruppe B, fiber-
impft auf andere Tiere, morphologisch sich andern kSnnen, wodurch ihre
Mutabilitat sich erweist.
So wird z. B. von den Tse-tse-Parasiten berichtet, daB sie verhaltnismafiig klein
sind und ein stumpfes hinteres Ende im Blute der Ratten, Rinder und Hunde haben,
dagegen grofi sind mit spitzem lang ausgezogenem Ende im Blute der Pferde, im Kanin-
chen- und Hundeblute auffallend lange, im Schweineblut auff&llend kurze Geifieln
haben. Ich habe beilaufig bei Trypanosoma vivax diese morphologi-
sche Mutabilitat bei Ueberimpfungen bis jetzt nicht gefunden, wohl
aber Mutabilitat in der Beweglichkeit bei Eintritt des Immunisierungsprozesses. Der
oben gemachte Einwurf wurde meines Erachtens noch an Kraft gewinnen, wenn dieselbe
starke Mutabilitat im morphologischen Verhalten, z. B. der Geifiellange, Korperlange
etc. nicht bloB bei den artverschiedenen Tieren sich fande, sondern in den primar, d. n.
natiirlich infizierten Tieren; wenn also z. B. die mannlichen erwachsenen Tse-tse-Parasiten
eines Rindes bald mehr plump mit stumpfem Ende, bald mehr schlank und spitz
ausgezogen wie Ratten trypanosomen erschienen. Das aber scheint nicht der Fall zu
sein. Man konnte einwerfen, daB die betreffenden Trypanosomen durch Anpassung an
den betreffenden Wirt gerade in diesem sich zur konstanten Form in morphologischer
Beziehung herangeziichtet hatten.
Es wiirde aber ferner die Wahrscheinlichkeit, daB die Parasiten der Gruppe B
eine Einheit darstellen, verstarken helfen, wenn die Parasiten, z. B. der Tse-tse-Krank-
heit, wenigstens bei dem primar und spontan erkrankten Wirtstier, sagen wir einem
Rinde, sich morphologisch und biologisch genau so verhielten, wie die Surraparasiten
bei einem ebenfaUs primar und spontan erkrankten Rinde derBelben Rasse. welches
unter denselben aufieren Bedingungen sich befindet. Ich werde aber zu zeigen ver-
suchen, daB wenigstens Trypanosoma vivax gegeniiber dem Tse-tse- oder
Naganaparasiten in demselben primar und spontan erkrankten Wirts¬
tier trotz Gleichheit samtlicher aufieren Lebensbedingungen etwas
verschieden sich zu verhalten scheint, in Beweglichkeit, Gestalt, Virulenz,
pathologisch-anatomischer Wirkung, und von diesen weniger schwer wiegenden Momenten
abgesehen, vor allem, weil Ueberstehen der Tse-tse-Krankheit keinen Schutz gegen
Trypanosoma vivax gewahrt, und im Gegensatz zum Tse-tse- oder N agana-Parasiten a as
Trypanosoma vivax wenig oder kaum sexuale Differenzen aufweist.
Die Ergebnisse, gewonnen durch kiinstliche Ueberimpfung auf Versuchstiere, die
der betreffenden natiirlichen Infektion sonst nicht unterliegen, m&ssen bei
Erdrterung und Verfolgen prinzipieller morphologischer und biologischer Fragen etwas
mit Reserve betrachtet werden. Diese Tiere stellen c.granosalis eben keinen
f anz natiirlichen Nahrboden dar, und ist eventuell dieses Moment zur Er-
larung mit heranzuziehen, wenn in morphologischer und biologischer Beziehung bei den
geimpften Versuchstieren Veranderungen der Trypanosomen auftreten. Uebrigens soil
ja durchaus nicht geleugnet werden, dafi die Trypanosomen auch bei naturhcher In-
1) Ziemann, Neue Untersuchungen iiber die Malaria und den Malariaerregern
nahestehende Blutparasiten. (Dtsche med. Wochenschr. 1898. No. 8.)
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312
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
friction je nach den verechiedenen wannblutigen Wirten rin verechiedenes morphologischee
Verbal ten zeigen. Das hat schon Bruce in seinen klassischen Untereuch ungeo Wont.
Diese Mutabilit&t der Trypanosomen ist durch Kochs geistvolle Aus-
fflhrung aufs neue demonstriert Ich mOchte aber empfehlen, beiVer-
gleich der Tse-tse-, Surra-, Mai de Caderas-, Dourine-
Krankheit etc. nur die primflr and spontan infizierten Wirtstiere je
derselben Rasse hinsichtlich der Infektion und der infizierenden Trypano-
somen miteinander in Beziehung zu bringen, bezw. mit dem Blute jener
geimpfte Tiere derselben Rasse und jedes Moment, das modifizierend
wirken kdnnte, wie eventuell verschiedenes Klima, Nahrung, verschiedene
Rasse, Immunisierang, auszuschalten.
Nur wenige Untersucher durften die prim&ren und spontanen
Infektionen durch Trypanosomen des Typus B in verscliiedenen
Landern bei denselben Tierrassen unter denselben aufieren Bedin-
gungen verfolgt haben.
Mit unseren letzten Ausfflhrungen berflhren wir bereits den
dritten Einwurf, dafi die Parasiten desTypusB nicht auf
einen bestimmtenWirtangewiesen seien. Wir mttssen unter-
scheiden zwischen natflrlicher und kflnstlicher Infektion; nur die erstere
kommt fOr uns in epidemiologischer und praktischer Beziehung zun&chst
in Frage.
Wir wissen, dafi die Trypanosomen des Typus B sich auf Versuchs-
tiere Qbertragen lassen, wir wissen aber auch, dafi z. B. der Mensch,
der der natflrlichen Infektion durch die Trypanosomen
der menschlichen Trypanosomiasis unterworfen ist, der
natflrlichen Infektion durch den Tse-tse-Parasiten nicht
ausgesetzt ist Mit anderen Worten, die Krankheitserreger, d. h. die
betreffenden Trypanosomen des Typus B sind wfthrend ihrer Entwickelung
im Blute der Warmblflter sicherlich wenigstens sehr fihnlich, die Krank-
heiten selbst aber sind verschieden.
Bleiben wir bei dem wichtigen, oben schon erw&hnten Faktum
stehen, dafi die zweiten Wirte der Trypanosomen des Typus B, die
verschiedenen stechendenlnsekten, durchaus verschieden
sind. Der Tse-tse-Parasit z. B. wird durch Olossina morsitans oder
longipalpis Wied. flbertragen, der Surraparasit voraussichtlich durch
Stomoxys oder Tabaniden, der Parasit der Schlafkrankheit durch Glossina
palpalis Rob.-Desv. Die Rolle der Culiciden bei Uebertragung der Try¬
panosomen ist noch nicht gendgend geklfirt
Ich will hier von Dourine, Mai de Caderas und den von Broden be-
schriebenen Infektionen absehen, und wollen wir bei Besprechung
der Kameruner Befunde zu vergleichenden Zwecken nur
folgende Parasiten des Typus B berflcksichtigen.
1) Die Parasiten der menschlichen Trypanosomen-
krankheit sind auch bereits aus dem Hinterlande Kameruns fest-
gestellt 1 ), nachdem ich bereits frflher das Vorkommen der Schlafkrank¬
heit daselbst erwiesen.
Im Kflstengebiet habe ich trotz sehr vieler Untersuchungen Try¬
panosomen bei dortigen Eingeborenen noch nicht gefunden. Auch
neuere Untersuchungen bei anthropoiden Affen, d. h. bei 2 Schimpansen
und 1 kleinen Gorilla, waren negativ.
1) Gunther u. Weber, Ein Fall von Trypanosomenkrankheit beim Menschen.
(Munch, med. Woch. 1904. No. 24.)
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Ziemailn, Beitrag zur Trypanosomenfrage.
313
Indessen gelang es mir auf der Heimreise 1900 bei 1 Schimpansen ')
aus dem Kongogebiet an Bord des Dampfers Trypanosomen zu finden,
welche ich damals in ihrem morphologischen Verhalten im unge-
f&rbten Prfiparat mit dem Rattentrypanosoma (Trypanosoma Lewisi) ver-
glich, nur daB die GeiBel betrachtlich ktlrzer war. Als Rattentrypano-
somen konnten sie schon deswegen nicht aufgefaBt werden, da ja diese,
wie sehon lfingst bekannt, nor in Rattenblut sich finden.
Der Affe zeigte ein etwas teilnahmloses Verhalten. Leider wurden von dem Besitzer
weitere Untersucnungen nicht gestattefc. ~ ~ ‘
-dafl der betreffende Parasit zur
welche die Trypanosomenk rankl
Surra etc. bedingen.
Man weifi, dafi die Trypanosomen des Menschen, auf Affen kiinstlich iiberimpft,
bei den Tieren ebenfalls sen were Schfidigungen verureachen kdnnen. Da nun nach
meinen Erhebungen auch i^/aria-Embryonen, welche sich morphoiogisch in nichts von
denen der Filaria perstan* des Menschen unterschieden, von mir schon zweimat bei
natiirlich infizierten Schimpansen gefunden wurden (von Man son bestatigt), durfte
diesem Trypanosomenbefunde von 1900 bei natiirlich infizierten Affen eine gewisse prak-
tische Bedeutung innewohnen, nach dem sp&ter auch beim Menschen pathogene Try¬
panosomen gefunden wurden. Der einzige, der noch vor meinem Befunde bei Schim¬
pansen, bei Menschen Trypanosomen gesehen hat, scheint Nepveu gewesen zu
aein (1898) *).
Es ist dieser Fall von Infektion bei einem anthropoiden Affen aus dem Kongo-
staat auch schon deswegen interessant, weil gerade vom Kongo eine auBerst h&unge
Infektion des Menschen aurch den Erreger der Schlafkrankheit gemeldet ist.
An der Kiiste Kameruns sind von mir im ganzen bisher nur 2 sporadische, ein-
geechleppte Falle beobachtet 1 2 3 ) 4 ).
Glossina palpalu findet sich an verschiedenen Stellen, auch im Kustengebiet, z. B.
in Victoria, Buea, Barombi etc. Die Bedingungen zu einer weiteren Verbreitung der
Schlafkrankheit wflrden also immerhin gegeben sein.
Betrachten wir 2) die Tse-tse-Krankheit in Kamerun.
Historisch sei hierzu folgendes erwfihnt:
im Jahre 1900 gelang es, an der westafrikanischen Kiiste, und zwar in Togo, die
Tse-tse-Krankheit festzustellen, was dutch Schilling spater bestatigt wurde. Schon
damals machte ichauf das f&rberisch differente Verhalten der Tse-tse-
Parasiten aufmerksam, indem ich unter den betreffenden Trypano¬
somen mannliche und weibliche Formen absonderte (L c.). Aucn eine
Konjugation der Parasiten wurde behauptet Die weiblichen Formen unter-
scheiden sich durch ihr tief er blau gefarbtes Protoplasms, und, wieich
hinzufiigen mochte, durch die grbBere Anhaufung von Beservestoffen,
von den mannlichen, die ein mehr homogenes zartes, mehr lichtblau gefarbtes Proto¬
plasms aufweisen. Die weiblichen Formen unterscheiden sich ferner durch ihre etwas
plumpere Form und schwachere GeiBel von den gewohnlichen Parasiten, auch durch
geringere Beweglichkeit, wahrend die mannlichen, blafi gefarbten Formen eine langere
GeiBel zeigten. Auch w r urde bei den Togopraparaten bereits eine starkere Verteilung
des Chromatins in dem Plasma der mannlichen Parasiten erwahnt (Lc.). Es scheint
die damalige Deutung von sexuellen Formen, welche zweifellos ge¬
wisse Analogien mit den M al ar i a paras i ten schafft, und von prinzipieiler
Bedeutung ist, wenig Beachtung gefunden zu haben.
v. Prowazek bestatigt im Prinzip meine Befunde in bezug auf Tryp. Brucei oder
Tse-tse-Parasiten in seiner Publikation iiber Herpetomonas 5 ). Die Togo-Tse-tse-Parasiten
1) Ziemanu, Ueber das Vorkommen von Filaria perstans und von Trypanosomen
beim Schimpansen. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Ba. VI. 1902.)
2) Nepveu, Sur un trypanosome dans le sang de Ihomme. (Compt. rend, de la
soc. de biol. 1898. p. 1172.)
3) Ziemann, Ist die Schlafkrankheit der Neger eine Intoxikations- oder In-
fektionskrankheit ? (CentralbL f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXII. 1902. No. 6.)
4) Ziemann, ueber das Vorkommen der Lepra, der Schlafkrankheit, Beri-beri in
Kamerun. (Deutsche med. Woch. 1903. No. 11.)
5) v. Prowazek, Die Entwickelung von Herpetomonas. (Arb. a. d. kais. Gesund-
heitsamte. Bd. XX. 1904. Heft 3.)
iti s ist mit oicnerneit anzunenmen,
Gruppe der Trypanosomen gehbrte.
ieit des Menscnen, die Tse-tse und
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314
Centralbl. f. Baku etc. 1. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 3.
entsprachen ganz der von Bruce gegebenen Beechreibung. Ich kannte also die leben-
den Tse-tee-Farasiten bereite gut genug, um nunmehr Vergleiche anstellen zu kbnnen
mit anderen Trypanosomen.
November 1902 wurde nach meiner Ankunft in Kamerun die Untersuchung wieder
aufgenommen, und zeigten sich dort bei zahlreichen Untersuchungen der Haiie tiere
zwei scheinbar verschieaene Trypanosomeninfektionen: 1) Die Tse-tse-Krankheit, wie wir
sie aus Siidafrika, Ostafrika und Togo bereite kannten; 2) eine davon scheinbar ver-
schiedene Infektion, bedingt durch einen Paraeiten, welcher speziell im lebenden Praparat
eich deutlich von dem Tee-tee-Parasiten unterscheiden liefi. Dieeer Parasit, der morpho-
logisch den Beschreibungen nach, an den eog. Surraparsiten erinnern
konnte, erhielt von mir provieoriech den Namen Trypanosoma vivax. Von einem
eventuellen Vorkommen dee Surraparasiten in Weetafrika war damals jedenfalls noch
nichts bekannt. Es steilte sich nun das intereseante Faktum heraus:
a) Dafi der sog. Tee-tee-Parasit bie jetzt von mir mit Sicherheit nur bei 2 Pferden,
(1 aus Jaunde, 1 aue Tinto), 1 Maultier und 2 Buckelrindern gefunden wurde, welche
aus dem Innern etammten, und sofort nach Ankunft an der Kiiste untersucht
wurden, femer bei 1 Eeel. Deseen Tee-tee-infektion wurde aber erst einige Wochen nach
Ankunft an der Kiiste festgestellt. Die Moglichkeit, dafi eie eventuell auch im Kiisten-
E '' vorkommt, will ich nicht im geringsten bestreiten. Wurden doch einige Male
e bezw. Ziegen beobachtet, deren Herkunft, ob aus dem Inneren stammend, min-
deetene zweifelhaft war, und welche mdglicherweise eine Miechinfektion von Tee-tse-
Paraeiten und von Trypanosoma vivax aufwiesen (bez. Uebergangeformen zwischen diesen
Paraeiten ?). Der Tee-tse-Parasit diirfte aber sicher im allgemeinen im Kiietengebiet viel
eeltener sein, ale Trypanosoma vivax.
b) Dafi die Glossina morsitans bezw. longipalpis im Kiietengebiet fehlte, wahrend
im Hinterlande nach den freundlichet mir gemachten m und lichen Angaben des Zoologen
Dr. Grunberg in Berlin die der Glossina lonaipalpis nahestehende, aber kleinere Species
Glossina tachinoides Weetw. eich findet, welche also im Hinterlande moglicherweiee die
Tse-tse-Krankheit iibertragt.
Von eonetigen Gloeeinen ist nach Dr. Grunberg bis jetzt nur noch Glossina
fusea Walk, veremzelt, bei Joh. Albrechts-Hohe, festgestellt.
c) Dafi die Tse-tee-Infektion der genannten Tiere, die mit anderen Tieren zu-
sammenetanden und zusammen weideten, nicht auf dieee letzteren, wenigstens nicht in
dem Hauptorte Kamerune in Duala, iiberging, dies zu einer Zeit, ale frisdie Infektionen
durch Trypanosoma vivax daeelbet bei dort geborenen Schafen beobachtet wurden. Der
entsprechende Uebertrager schien also zu fehlen.
d) Dafi von Haustieren die Pferde und Maultiere, welche in der Kfisten-
gegend geboren waren, bis jetzt sich noch nicht infiziert zeigten.
Allerding8 war die Zahl dieeer an der Kiiste zur Blutuntereuchung gelangten Pferde
nicht gro6 (18 im ganzen). Herr Gouverneur v. Puttkamer, dem ich meine ersten
Befunde mitteilte, aafi wir eine Art aufierst verbreiteter Tse-tse-Krankheit in der Kolonie
hatten, schuttelte anfangs sogar unglaubig den Kopf, »ja, aber unsere Pferde gedeihen
doch hier ausgezeichnet und erkranken nicht wie in Togo und Lagos u .
Uebertragungen von grofieren Mengen Blutes dieeer Tiere auf Versuchstiere, um
latent© Infektionen auszuschliefien, eina allerdings noch nicht vorgenommen infolge
bereite erwahnter Griinde, auch vor allem aus Mangel an disponiblen Fonds.
Wenn man aber bedenkt, dafi in der nahen engliechen Kolonie Lagos, in der ich
1903 ebenfalls die Trypanosomenkrankheit (Tse-tse) aer Haustiere als erster feststellte
(1. c.), die Pferde oft an Tse-tse erkranken und sterben, in der Kiistengegend Kamerune
aber sich die Pferde scheinbar gut halten, wahrend Kinder, Schafe und Ziegen oft
erkranken, wird man ziemlich sicher auf Abwesenheit der naturlichen Trypanosomen¬
krankheit bei den Pferden des Kustenstriche von Kamerun rechnen konnen.
Die Befunde an Trypanosoma Brucei konnen hier iibergangen werden, da sie sonst
nichts Neues boten. Da Glossina morsitans nicht zu erhalten war, auch nicht genugend
andere Gloeeinen, konnten auch Infektionsvereuche mit ihnen nicht stattfinden.
Es gelang leicht, eine Katze mit Trypanosoma Brucei von einem chronisch tee-tse-
kranken Pferde am 24. Nov. 1902 todlich zu infizieren. Die Krankheitsdauer betrug
30 Tage, das Inkubationsstadium bis zum ersten, mikroskopisch festgee tell ten Auftreten
des Trypanosoma Brucei 5 Tage. (Schlufl folgt.)
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StebbinB. Occurrence of a large sized parasite of the Karyolysus order etc. 315
Nachdruck verboten .
On the occurrence of a large sized parasite of the Karyolysus
order, in the blood of Rana clamata.
By Dr. James Stebblns jr., New York.
With 2 plates.
In a previous paper entitled „upon the occurrence of Haemosporidia
in the blood of Rana catesbiana , with an account of their probable life
history a (Transactions American Microscopical Soc. Vol. XXV. 1904.
p. 55). I hinted at the presence of certain large, and peculiar parasites
which differed so radically from those then under observation, that I
was led to infer that they represented a new species, distinct from
Haemogregarina catesbianae. Further investigation has fully confirmed
this surmise, and it was therefore thought that a more detailed de¬
scription of the peculiarities and morphology of this interesting parasite,
would not be out of place.
This parasite which for want of a better name, I have called Karyoly¬
sus clamatae, was originally observed in thee blood of Rana catesbiana ,
but, since then I have found it in large numbers in the blood of Rana
clamata , both in the extra-corpuscular, intra-corpuscular, and encysted
states.
Extra-corpuscular parasite.
Karyolysus clamatae in the free state, somewhat resembles Haemo¬
gregarina catesbianae , but, is considerably longer, and broader, and has
a much blunter head.
When fully extended, this parasite has a length of 22,8 microns, with
extremes of 16,66, to 23,8 microns. The diameter of its head is on an
average 4,23, while that of the body at its widest part is 2,38, to
3,72 microns.
It will thus be seen that we here have a vermicular or worm-
shaped parasite with a large round anterior end, or head, which
gradually tapers from there to a sharply pointed posterior end, or tail.
It swims with its large rounded end, head-first
It is provided with a large nucleus centrally located. The Latter
may be either round, or elongate, and stains of a purplish, to carmine
color with the Goldhorn, or methylene-azur, and eosin stains.
The body cytoplasm stains light bluish; contains numerous fine
granulations, and may, or may not be provided with one, or more
vacuoles.
It is able to enter and leave the blood corpuscles with the greatest
ease, and rapidity, and always, mutilates the corpuscles badly in so doing.
It seems to attack both the leucocytes, and erythrocytes, but shows a
marked preference for the red cells.
Wat I have said in my previous paper (l° c - cit) concerning the
ease with which the microgametocyte of Haemogregarina catesbianae is
able to enter and leave the blood corpuscles, applies equally as well to
this organism.
When about to penetrate an erythrocyte, this parasite will glide up
to the same with its blunt rounded end, first, and when in contact with
the corpuscle, a marked change in the anterior portion of the bod will
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316 Centralbl. f. Bakt ptc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
be seen to take place. This change consists in the formation of an
annular swelling, or bulging out of the anterior portion of the body,
extending from the nucleus close up to the head of the organism. This
hnnul&r swelling of the body is caused by a hyaline, protoplasm-like
substance, clearly defined against the dark background of the main
portion of the body (PI. I, tig. 1). While in this condition the parasite
easily penetrates the corpuscle which it attacks. In so doing all that
can be observed is a slight indentation of the cell protoplasm at the
point of contact (PI. I, fig. 2), when the latter will be seen to yield to
the pressure exerted from without by the organism, and before one can
realize it, the vermicule has completely hurried itself within the cor¬
puscle (PI. I, fig. 3), and leaving as a rule no other evidence of its
presence within than a slight distortion and wrinkling of the cell pro¬
toplasm. At other times however its movements may be easily followed
as it explores all parts of the corpuscle, not even respecting the nucleus
which it frequently pierces, and mutilates.
In a short while the organism will leave the corpuscle which it
has invaded, and usually when this is about to occur, a protuberance
will be formed upon the side of the corpuscle from which the parasite
is about to emerge. The bulging out of the cell protoplasm gradually
increases in unison with the progress of the vermicule, until just before
it leaves the corpuscle, the latter is drawn out pear-shaped (PI. I, fig. 4).
By this time the parasite has practically emerged from the cell, but is
still connected with the latter by a very fine hyaline gelatinous thread,
nealy invisible in the unstained condition, and with which it tows the
vacated corpuscle around for some distance before the thread is even¬
tually ruptured.
It frequently happens that the parasite when leaving a corpuscle
may tear away a portion of the cell protoplasm, which it will carry
around for some time attached to the before - mentioned gelatinous
thread.
As already stated, Karyolysus clamatae has the property of greatly
mutilating the erythrocytes which it has invaded. This state of affairs
is particularly well shown up in the stained specimens. In these the
position of the parasite may be easily demonstrated by the presence of
furrows, single in some corpuscles, and in others so numerous as to com¬
pletely honeycomb the cell protoplasm, and nuclei (PI. I, fig. 5).
An other common occurrence is to see a parasite emerge from a
mutilated erythrocyte towing the cell nucleus after it, attached to the
same by the before-mentioned fine gelatinous thread, which after a while
is ruptured, thus leaving the nucleus in a free state in the blood plasma,
and if a sample of this blood is examined under the microscope, large
numbers of free cell nuclei will be found.
It has been stated elsewhere in this paper that an annular swelling
is formed at the anterior end of the body, when a parasite is about to
enter a blood corpuscle! I have however since discovered that such
annular swellings are to be found at times in almost anypart of the
body, thus giving the latter a beaded appearance.
Intra-corpuscular parasite.
The extra-corpuscular parasite, after a life in the free state of
unknown duration, finally enters a red blood corpuscle and becomes so
to say dormant, or encysted without however surrounding itsself with
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CcntralbL f. Baht. Abt. 1. Oriy. Bd. XXX VIII. Plate I. Stebbins , Extra-corpuscular
form of Karyolysus ciamatae . x 1000.
Fig. 1. Fig. 2.
Fig. 5.
Fig. 3. Fig. 4.
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Vcrlair
von <*ustnv Fischer in Jena.
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Stebbins, Occurrence of a large sized parasite of the K&ryolysus order etc. 317
a membrane, or capsule. As some of the parasites are considerably
longer than the blood corpuscles, they are obliged in order to acommo-
date themselves to the dimensions of their habitat, to sometimes curl
up, and fold over on themselves U-fashion (PI. II, fig. 1).
No sooner has a red blood corpuscle become invaded by a so to
say resting parasite, than its nucleus becomes greatly enlarged (PI. II,
fig. 2), and a the same time the cell cytoplasm begins to show signs of
granular degeneration.
Occasionally too the corpuscles become hypertrophied, but, this is
not the rule. After a while the cell nuclei which at first were simply
en larged, now begin to show signs of division (PI. II, fig. 3), first
splitting up into two (PI. II, fig. 4), then into four (PI. II, fig. 5), and
finally into numerous parts (PI. II, fig. 6).
An other peculiarity of the red corpuscles in this stage of the para¬
site’s life history, is the peculiar manner in which they stain.
The uninfected erythrocytes, and even those which have been muti¬
lated by the extra-corpuscular parasite, assume as a rule a light blue
to purplish cytoplasm stain, while their nuclei stain purplish, or fiery-:
red with the Goldhorn polychrom methylene blue, and eosin, or methylen-
azur, and eosin stains, while on the other hand both the cytoplasm,
and nuclei of the erythrocytes infected with the resting .or encysted
parasite, stain of a peculiar, and characteristic purplish-red, almost carmine
shade.
In its peculiar behavior towards the red corpuscles, this organism
therefore diners from any with which I am acquainted.
Langmann 1 ), it is true refers to an organism which has some
analogy to the one above described, but, he states „the body of the
large intra-cellar organism, sometimes, but seldom, shows a nucleus 14 ,
whereas the intra-cellar form of Karyolysus clamatae on the contrary,
is characterised by a pronounced nucleus. Therefore the only points in
common between the two organisms, are their large size, and their
karyolytic action upon the nuclei of the red blood corpuscles.
The next stage in the parasite’s life history is the formation of
cysts. The exact manner in which these cysts are formed, I am at
present unable to state. At all events the organism gradually becomes
more ovoid in shape (PI. II, fig. 7), possibly due to an over-folding, and
coalescing of the two U-shaped loops of the same, in some such manner
as was shown to occur in the asexual cycle of Haemogregarina catesbianae.
At the same time the nucleus splits up into several fair sized chromatin
particles, which become scattered over the body of the parasite, and
whose cytoplasm at the same time assumes a more granular appear¬
ance,
The ovoid shape finally goes over into a spherical shape, or true
cyst without apparently being surrounded by a capsule (PI. II, fig. 8),
and having all the appearances of being a cytocyst. By carefully
examining the figures, it will be noticed that this cyst contains a number
of small ovoid bodies containing nuclei, which in turn surround two
masses of residual protoplasm. These small bodies have the appearance
of being schizonts or merozoites, but, of this I at present have no de¬
finite proof.
1) Studies from the Department of Pathology of the College of Phys. and Surg.
Columbia University. Vol. VI. 1898—1899. p. 12.
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318
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 3.
Id this absence of capsule, the above described cysts differ very
markedly from the cyto- and sporocysts of Haemogregarina catesbianae ,
which on the contrary have well-defined capsules.
I am still in the dark as to the life history of this interesting
parasite, but, am gradually gathering more data together relating to the
same, and hope to be able at some future time to throw more light
upon the subject.
Nachdruck verboten.
Eine zweite Rattenlaus aus Abessinien.
Von Dr. med. P. Speiser, Bischofsburg (OstpreuBen).
Mit 1 Figur.
G. Neumann hat vor 2 Jahren 1 2 3 * ) eine Laus beschrieben, die von
den Reisenden Frhr. v. Erl anger und Hilpert auf Ratten in
Abessinien gesammelt worden war. Die Art, welche er Haematopinus
praecitus nennt, wurde kiirzlich von G. Enderlein*) als vermutlich
zu seiner fiir die Lause der kleinen Nagetiere [eine Art, die auBer auf
Spitz miusen auch auf verschiedenen echten MSusen lebt, bildet eine
nahe verwandte eigene Gattung 8 ), die Lause des Hasen und des Kanin-
chens zusammen eine zweite] neu geschaffenen Gattung Polyplax ge-
hflrig bezeichnet (irrtflralich als H. praecisus Neum. angefuhrt).
Vor mehreren Jahren fand ich nun auf einer kleinen Ratte mit
sehr dicken stachelartigen Haaren in der Sammlung des Zoologischen
Museums zu K5nigsberg i. Pr., die nebst 2 anderen Jfus-Arten in dem-
selben Glase als aus Salomons in Abessinien stammend bezeichnet war,
2 weibliche Lause, die offenbar zu Enderleins Gattung gehdren, aber
von Neumanns Beschreibung so weit abweichen, daB ich sie als neue
Art betrachten muB. Es iuuB- sogar dieser Art wegen die Kennzeich-
nung der Gattung insofern geSndert werden, als der Satz Jede Pleura
hinten mit 2 (selten 1) kraftigen, meist kurzen Stacheln“ auf sie nicht
zutrifft. Er mufi die Fassung erhalten: „Die Mehrzahl der Pleuren mit
mindestens einem, meist sogar zwei kraftigen kurzen Stacheln. u Ich
gebe im folgenden die Beschreibung der neuen Art unter dem Namen
(pelov weniger):
Polyplax miaccmtha non. spec. $.
Lange 1,5—1,75 mm. Schmutzig weifigelb. Kopf gut l7*mal so
lang als breit; vor den FQhlern bogenformig vorgezogen, so dafi die
Ftlhler gar nicht so sehr weit vorn, sondern erst etwa hinter den vorder-
sten */ 5 der Kopfiange eingelenkt sind. Am Vorderende mehrere feine
Harchen, Hinterkopf jederseits mit 2 feinen Borsten vor den Hinter-
winkeln. Ftlhler 7s 80 lang als der Kopf, erstes Glied verdickt wie bei
1) Neumann, G., Deux nouvellee P4diculines. (Arch, de Paraaitologie. VoL V.
1902. p. 600—601.)
2) Enderlein, G., Lause-Studien. Ueber die Morphologie, Klassifikation und
systematiache Stellung der Anopluren etc. (Zool. Anzeiger. Bd. XXVIII. 1904. No. 4.
p. 121—147.)
3) Enderlein, G., Lauae-Studien. Nachtrag. (Zool. Anzeiger. Bd. XXVIII.
No. 6. p. 220-223.)
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Speiser, Eine zweite Rattenlaus aus Abessinien.
319
den verwandten Arten, kflrzer (bei einem Stflck) Oder doch nicht lfinger
(beim anderen) als das zweite, 3 und 4 gleich lang und gleich breit,
kflrzer als 2, das Endglied wenig mehr als halb so dick als das vor-
letzte, welches an seinem hinteren unteren Rande stumpf dornartig ver-
lflngert ist. Thorax vorn schmfller als der Hinterkopf, nach hinten etwas
breiter werdend, 1 Anger als hinten breit, dorsal ohne Beborstung. Ventral
bleibt zwischen den Hflften ein wappenschildfflrmiges Sternum frei, das
jedoch nicht dunkler ist als die Umgebung, und dicht hinter seinem
Vorderrande, vor den Mittelhflften, durch eine helle Linie geteilt wird
(? entsprechend der „tache sternale u bei Neumann?). Vorderbeine
ganz dfinn und zart, mit starkem Daumenhocker an der Tibia und
winzigem Tarsenglied, mit zarter aber langer Kralle. Mittelbeine krAf-
tiger, mit krAftigen, zwar ziemlich dicken, aber doch schlanken braunen
Krallen, die etwa noch 4mal so lang als breit sind; der Daumenhdcker
der Tibia ist kurz und stumpf. Die Hinterbeiue sehr krAftig, kurz
und gedrungen, wenn auch noch immer lAnger als die
Mittelbeine; der Daumenhflcker der Tibien sehr breit und
groB, die stumpfe Spitze ist durch eine Einkerbung, in
welche die Kralle hineinpafit, in 2 Hocker geteilt; die
Kralle ist sehr auffallend braun, sehr dick und kurz, kaum
doppelt so lang als an der Wurzel breit und ziemlich
stumpf. Das Abdomen weicht' nur, wie schon oben be-
merkt, insofern von den allgemeinen Gattungskennzeichen
ab, als es nur an 4 Pleuren je 1 Dorn trAgt, sie ent-
sprechen den Segmenten 4—7; sonst ist zur Beschreibung
des Abdomens nichts zu bemerken.
Did Art weicht also von Haematopinus (oder Polyplax?) praecitus
G. Neumann vor allem ab in der Gestaltung der Fflhler, insbesondere
von deren Endgliede, sowie anscheinend auch im UmriB des Kopfes.
Der Sternalfleck bei der genannten Art ist nicht genau genug, und das
Abdomen in seinen wichtigsten Merkmalen so gar nicht beschrieben,
daB ein Vergleich da schwierig ist. Bemerkt sei noch, daB Neumann
offenbar irrtflmlich den Daumenhflcker auf das Femur verlegt, wAhrend
er wohl auch bei seiner Art auf der Tibia sitzen dflrfte. — Die einzige
sonst aus Nordafrika bekannte Laus endlich, Polyplax spiculifer (Gerv.)
von Mus barbarus (nicht barbatus , wie beiEnderlein irrtflmlich steht)
aus Algier, ist nicht ausfuhrlich genug beschrieben, urn ein vflllig
sicheres Urteil zuzulassen, doch scheinen auch ihre Fflhler, und wiederum
namentlich das Endglied, anders als bei meiner Art gestaltet zu sein.
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320
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Nachdruck verboUn .
Zur Spezifitat der Antikorper.
Von Dr. H. Lfidke, Barmen.
(Fortsetzung.)
Eine fernere Arbeit, die sich mit der Spezifitat der Agglutinations-
reaktion besch&ftigt, ist die von Posse It und v. Sagasser 1 2 ). Hieran
schliefien sich erst kfirzlich veroffentlichte Untersuchungen von Hetsch
nnd Lentz 3 ) ans dem kgl. Institute fiir Infektionskrankheiten an.
Beiden Arbeiten lag, wie es scheint, das praktische Bediirfnis zu Grande,
die von Castellani angegebene Absorptionsmethode ffir die ver-
schiedenen, im normalen wie anch I m man serum vorkommenden Agglu-
tinine nachzuprfifen. Castellani 8 ) hatte die Frage von der Misch-
infektion und ihren Agglutinationsverh<nissen mit glficklichstem Erfolge
aufgenommen und war zu folgenden Schlfissen gelangt: Eine spezifische
Absorption der einzelnen durch kflnstliche Infektion mit mehreren
Bakterienarten hervorgerufenen Agglutinine ist gegeben, wenn bei
totaler AbsSttigung mit einem Stamme die Agglutinationsffihigkeit aus
dem Serum ffir diesen vollst&ndig verschwindet, wfibrend alle anderen
Bakterienagglutinine in ihrem Agglutinationswert unbeeinfiufit bleiben.
Bei der Mitagglutination dagegen verschwinden zugleich mit dem ab-
gesfittigten Agglutinin auch die fibrigen Agglutinine. Erkl&rlich wird
die letztere Tatsache dadurch, dafi wir hier eine Entstehung von Partial-
agglutininen neben dem Hauptagglutinin annehmen mfissen, deren Ab¬
sorption leicht mit dem Hauptagglutinin erfolgt.
Posse It und v. Sagasser kamen auf Grund ihrer Untersuchungen
zu dem Resultat, dafi man in einem Normaltierserum, wie Immun- Oder
Rekonvaleszentensernm noch eine andere Gruppe von Agglutininen
differeuzieren mfisse, die eine gewisse Selbstfindigkeit den Absorptions-
versuchen gegenfiber bewahrte und die man daher in eine Stufe mit
den sogenannten Partialagglutininen bei Mischinfektion zu stellen hat.
Sie bezeichnen diese selbstandigen Agglutinine als „Nebenagglutinine“.
Allerdings nehmen sie im allgemeinen eine, wenn auch nicht rein ab¬
solute, Spezifitat eines Immun- oder Krankenserums an, indem sie auf
den stets die Nebenagglutinine weit fibersteigenden Titrewert des Haupt-
agglutinins hinweisen. Jedenfalls mufi man wenigstens dem Postulat
beider Autoren zustimmen, in zweifelhaften Fallen jedesmal zur exaktesten
Diagnose die Endgrenzen der Agglutinationsffihigkeit des betreffenden
1 Serums ffir die einzelnen agglutinierten Stfimme festzustellen. Eine
Rechtfertigung ffir die Bezeichnung „Nebenagglutinine“ mfifite in dem
Umstande zu erkennen sein, dafi Posselt und v. Sagasser nach der
Absorption eines Agglutinins ein Erhaltenbleiben resp. ein Ansteigen
im Werte der anderen Agglutinine konstatieren konnten. Damit steht
ihr Befund im strikten Gegensatz zu den Castellanischen Unter-
1) Posselt u. t. Sagasser, Ueber Beeinflussung der Agglutinine durch spezifische
Abeorptionen, nebst Bemerkungen fiber den Wert der Serodiagnostik bei Typhus und
Dysenteric. (Wien. klin. Wochenschr. 1903. No. 24.)
2) Hetsch u. Lentz, Beitrag zur Frage nach der Spezifitat der im Serum des
normalen und choleraimmunisierten Pferdes enthaltenen Agglutinine. (Festschr. f.
R. Koch. 1903.)
3) Castellani, 1. c.
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Ludke, Zur Spezifitit der AmikOrper.
321
suchungen. Hetsch und Lentz dagegen konnten ein Ansteigen der
iibrigen Agglutinine nach Absorption eines Agglutinins nicht linden.
Allerdings geben sie den selbst&ndigen Charakter der Nebenagglutinine
unumwunden zu, wenngleich auch bisweilen eine Mitausfallung derselben
stattfinden kann. Aber der niedrige Titrewert dieser Nebenagglutinine
zwingt sie zu der richtigen Erkenntnis, dafi diese in keiner Weise den
Wert der spezifischen Reaktion beeintrSchtigen kOnnten.
Schon vor der Publikation von Hetsch und Lentz hatte ich fihn-
liche Untersuchungen unternommen, die im wesentlichen zu den gleichen
Ergebnissen fflhrten. Zunfichst untersuchte ich das spezifische Verhalten
der im normalen Rinderserum vorkommenden differenten Agglu¬
tinine mittels der Absorptionsmethode. Dafi in einem normalen Rinder¬
serum ziemlich hohe Agglutinationswerte fttr verschiedene Bakterien,
speziell far Bact. typhi, sich vorfinden, war bekannt [G. Mailer 1 2 3 ),
Verf. *)].
Ira folgenden will ich nur einige Untersuchungen aber die Spezifitat
dieser Norraalagglutinine anftihren.
Die Methodik war hier, wie bei den mit Immunserum angestellten
Versuchen, die: In eine bestimmte, gut agglutinierend wirkende Ver-
dOnnung des betreffenden Serums wurden die einzelnen Stamme ein-
getragen, indem entweder auf Schrfigagar gewachsene Bakterienmassen,
haufiger wiederholt, in das Serum eingebracht wurden Oder eine Ab-
schwemmung der auf Agarplatten gewachsenen Bakterien mit dem Serum
vermischt wurde. Nach 2—6-stOndiger Einwirkungszeit bei Zimmer-
temperatur wurde die SerumflOssigkeit durch energisches Zentrifugieren
von den agglutinierten Bakterien vbllig getrennt, so dafi die Uber-
stehende klare Flfissigkeit zu den weiteren Agglutinationen benutzt
werden konnte. Diese Agglutinationen wurden im hangenden Tropfen
mit Oelimmersion vorgenommen; Kontrollpraparate wurden in jedem
Falle zum Vergleiche herangezogen.
Normales Rinderserum I 8 ).
Stamm
1:20
1:50
1:100
1:200 Stamm
1:20
1—• J
o ;
_i
1:100
1:200
B. vulgare
+
+
+ !
— B. dysenteriae
B. dysenteriae
(Flexner)
+
+ !
_
(Kruse)
- V. cholerae
+
+:
—
—
B. dysenteriae
B. coli
+!
—
—
—
(Shiga)
+!
—
—
— B. paratyphi A
—
--
—
B. dysenteriae
B. paratyphi B
— .
—
—
(MiUler)
+
-H
—
— B. typhi
+!
—
—
—
Dieses Rinderserum wurde in der ffir die meisten oben zitierten
Stfimme gut wirksamen Verdhnnung von 1 :20 zu je 1 ccm in kleine
Reagenzrohrchen gefailt und von Schragagar abgeschabte Bakterien-
massen eingetragen und nach ca. 6 Stunden scharf zentrifhgiert. Verwandt
wurden die vom Normalserum stark agglutinierten Stamme: B. vulgare,
B. dysenteriae Flexner, Stamm Mailer und Kruse. Nach dem
Zentrifugieren war die aberstehende Serumflttssigkeit nur nach der
Absorption von B. vulgare vollstandig klar.
1) Muller, G., Die Agglutinine normaJer Tiersera. [Diss.] Bern 1901,
2) Ludke, 1. c.
3) Positive Agglutination = 4-; negative Agglutination = —; Grenzwert = -f!.
Ercte Abt. Orig. Bd. XXXVin. Heft 3. 21
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322
Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
b) Nach Absorption von B. dysenteriae
a) Nach Absorption von B. vulgare. Flexner.
Stamm
1:1
1:10
1:20
1:40
Stamm
1:1
1:10
1:20
1:40
B. vulgare
B. dyaenteriae
(Flexner)
B. dyaenteriae
+!
—
—
B. vulgare
B. dyaenteriae
+
+
+
+!
+
+
+
+!
(Flexner)
B. dyaenteriae
+ !
—
—
—
(Muller)
B. dyaenteriae
(Kruae^
+
+!
—
—
(Miiller)
B. dyaenteriae
+
+!
—
—
+
+
+! 1
(Kruae)
+!
—
—
_
c) Nach Absorption von B. dyaenteriae Muller.
Stamm
1:1
1:10
1 1:20
1:40
| 1:66
B. vulgare
+
i
+
+
+
+ !
B. dyaenteriae (Flexner)
+
+ !
—
—
—
B. dyaenteriae (Muller)
—
—
—
i
—
B. dyaenteriae (Kruae)
+!
—
—
—
d) Nach Absorption von B. dyaenteriae Kruse.
Stamm
1:1
1:10
.
1:20
1:40
1:66
B. vulgare
+ !
+
+ i
+
+!
B. dyaenteriae (Flexner)
B. dyaenteriae (Miiller)
+
+ !
+
+! ;
—
B. dyaenteriae (Kruae)
+ !
—
— |
—
—
Normales Binderserum II.
Stamm
1:20
1:40
1:66
| 1:100
1:200
1:333
B. dyaenteriae (Shiga)
+
+
+
+
+!
_
B. dyaenteriae (Flexner)
+
+
+
+
4-
+!
B. dysenteriae (Muller)
+
+
+
+
+!
—
B. dyaenteriae (Kruse)
+
+
+!
—
—
—
B. vulgare
+ !
—
—
—
—
—
B. coli
+
+ !
—
—
—
—
B. typhi
—
—
—
—
—
—
V. cholera©
i
— 1
—
—
—
—
B. paratyphi A
i
— '
—
—
—
—
B. paratyphi B
— 1
—
—
—
—
Eine Agarplatte der Stamme Shiga, Flexner, Miiller und B. coli
wurde mit 5 ccm 0,875-proz. Kochsalzldsnng abgeschwemmt und zu
dieser in Kochsalzwasser fein suspendierten Bakterienaufschwemmung
je 0,5 ccm — also in Verdfinnung von 1:10 — des Normalserums hinzu-
gefiigt. Nach 6-stflndigem Stehen bei Zimmertemperatur wurde energisch
zentrifugiert Die Abgflsse nach Absorption von Stamm Shiga nnd
Flexner waren vollstfindig klar, nur geringe Trflbung ergaben die Ab¬
gflsse nach Absorption von Stamm Mflller und B. coli.
a) Nach Absorption von B. dyaenteriae Shiga.
Stamm
1:1
1:10
1:20
1:40
| 1:68
B. dysenteriae (Shiga)
—
—
—
—
+!
B. dyaenteriae (Flexner)
+
+
4-
4-
B. dyaenteriae (Muller)
+
+
+■
—
—
B. coli
+
+:
—
—
—
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Liidke, Zur Spezifitftt der AntikOrper.
323
b) Nach Absorption von B. dysenteriae
Flexner.
1:1 I 1:10 I 1:20 I 1:40
Stamm
dy sente]
(Shiga)
c) Nach Absorption von B. dysenteriae
Muller.
B. dysenteriae
(Shiga)
B. dysenteriae
(Flexner)
B. dysenteriae
(Muller)
B. coli
Stamm
1:1
1:10
1:20
1:40
B. dysenteriae
(Shiga)
+
+
+!
—
B. dysenteriae
(Flexner)
+
+
+!
B. dysenteriae
(Muller)
+ !
B. coli
+
+!
—
—
d) Nach Absorption von B. coli.
Stamm
1:1
1:10 1:20
1:40
B. dysenteriae (Shiga)
+
+! 1 -
__
B. dysenteriae (Flexner)
+
+ +
+ !
B. dysenteriae (Muller)
+ !
— ; —
—
B. coli
+!
— 1 —
—
Normales Binderserum III.
Stamm j
B. dysenteriae
(Shiga)
B. dysenteriae
(Flexner)
B. dysenteriae
(Kruse)
B. dysenteriae
(Muller)
1:20 I 1: 40 I 1:66 I 1:100
+ ! -
Stamm 1:20 I 1:40 1:66 1:100
. _ t___ _
B. vulgare -f! — — —
B. coli - — — -
B. paratyphi A +1 — — —
B. paratyphi B + — — —
B. typhi
Stamm 89 + + +! —
B. typhi
Stamm 184 + + -f! —
Eine Agarplatte der St&mme B. dysenteriae Shiga, B. typhi
Stamm 89 und Stamm 184 wurde mit 5 ccm steriler physiologischer
Kochsalzlosung sorgfaltig abgeschwemmt und zu den 5 ccm Aufschwem-
inung je 0,5 ccm des Normalserums gebracht; das Gemisch tflchtig
durchgeschflttelt und ca. 6 Stunden bei Zimmertemperatur stehen ge-
lassen. Nach dem Zentrifugieren verhielt sich die Agglutinationsf&hig-
keit der AbgQsse folgendermaBen:
a) Nach Absorption von B. dysenteriae
Shiga.
b) Nach Absorption von B. typhi
Stamm 89.
Stamm
B. dysenteriae
(Shiga)
B. typhi 89
B. typhi 184
1:1 1:10 1:201:40
+ ! -
Stamm
1:1
Is 10
1:20
| 1:40
B. dysenteriae
(Shiga)
B. typhi 89
B. typhi 184
1 1 +
| + 1 1
1
—
—
c) Nach Absorption von B. typhi Stamm 184.
Stamm i lTl I 1:10 I 1:20 j
B. dysenteriae (Shiga) + + +! —
B. typhi 89 + +! — —
B. typhi 184 +! — — —
Aufier diesen 3 in Tabellen angeftihrten Untersuchungen normalen
Rinderserums wurde noch eine weitere Anzahl in Shnlicher Weise anf
die spezifischen Absorptionsverbftltnisse geprilft; in alien Fallen ergab
sich ein durchaus gleicbes Resultat.
21 *
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324 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYUI. Heft 3.
Einmal mUssen wir bei diesen Agglutinationsprobeu durch norraales
Rinderserum eine erhebliche agglutinierende Kraft auf ver-
schiedene Bakterienarten konstatieren. Im Gegensatz zu
den Befunden mit Kaninchen- und Meerschweinchen serum, desseu agglu¬
tinierende Kraft auf Dysenteriebacillen nach P. Th. M tiller 1 2 3 ) und
Posselt und v. Sagasser*) eine sehr geringftigige ist, fand ich beim
Rinderserum bfiufiger hdhere Werte (bis 1 : 200) ftir einzelne Ruhr-
stfimme.
Wir kdnnen far diese erheblich hohen Agglutinationswerte bislang
keine gentigende Erklarung abgeben; am ehesten mtissen wir sie als bei
Stoffwechselprozessen nebenher abgestoBene Zellrezeptoren auffassen.
Erklfirlicb erscheint bei diesen hohen Werten auch die Forderung
K o 11 e s s ), zur Erhaltung eines absolut spezifischen hochwertigen Immun-
serums solche Tiere zu benutzen, deren Agglutinationskraft im normalen
Zustand nur minimal ist resp. bei denen dieselbe g&nzlich fehlt. In-
wieweit solche normalen Agglutinine bei Herstellung von Immunseris
die Ausbildung der spezifischen Agglutinine beeinflussen kdnnen, werden
wir weiter sehen.
Ein Vorherrschen einer Bakterienart im Agglutinationscharakter des
normalen Serums konnte ich in zahlreichen Untersuchungen nicht er-
kennen; vielmehr ergab sich eine — vielleicht scheinbar nur — wahl-
lose Einstellung auf verschiedene Arten.
Es gelang nun durchaus nicht in jedem Falle, eine vdllige Absorption
der einzelnen Agglutinine ftir ihre Bakterienart zu erzielen; h&ufig
genug war die tiberstehende Serumfltissigkeit noch mehr oder weniger
stark getrtibt; die mikroskopische Beobachtung im h&ngenden Tropfen'
ergab in gleicher Weise ofter eine nur schwache Absorption des be-
treffenden Stammes durch sein spezifisches Agglutinin.
Mit Hetsch und Lentz tibereinstimmend, konnten wir nach Ab¬
sorption einer bestimmten Bakterienart eine Mitausffillung anderer Arten
wahrnehmen; niemals trat, was Posselt und v. Sagasser behaupten,
ein Steigen im Agglutinationswert der nicht beeinfluBten Agglutinine
ein; in der weitaus groBten Zahl der Untersuchungen fand ein stfirkeres
Abnehmen des Agglutinationswertes ftir nicht zur Absorption gebrachte
Bakterien statt.
In anderen Versuchsreihen wurde die Beeinfiussung eines Immun-
serums auf nicht zur Vorbehandlung verwandte, jedoch mit verwandtem
Rezeptorenapparat versehene Bakterien und die spezifische Absorption
der einzelnen Komponenten des Bakterienleibes geprtift. Dabei kntipfte
ich an einen bereits frtiher von mir publizierten Fall einer Mitagglutination
von Bact. typhi durch ein mit Proteus-Bacillen infiziertes Kaninchen-
blutserum an 4 ).
Agglutination von Bact. proteus durch Typhusimmunserum wurde
in mehreren Fallen von verschiedenen Autoren gefunden, w&hrend das
umgekehrte Verhaitnis bisher in nur 2 Fallen erwfihnt wurde. Lubowski
und Steinberg 5 ) berichten fiber 2 Falle von Otitis media, in denen
1) Muller, Th. P., Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 12.
2) Posselt u. v. Sagasser, 1. c.
3) Kolle, Die Spezifitit der Infektionserreger. (Handb. d. pathog. Mikroorga-
aismen. 1902. 2. Lief.)
4) Lijdke, l. c.
5) Lubowski und Steinberg, Ueber Agglutination von Typhusbacillen bd
Proteus- und Staphylokokkeninfektion. (Dteches Arch. f. klin. Med. Bd. LXXTX.
Heft 5/6.)
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
325
das Seram Bact. typhi wie Proteas -Bacillen in hOheren Verdflnnungs-
graden agglutinierte und fanden in diesbezQglichen Tierversuchen, dafi
eine Agglutination des Bact. typhi bisweilen nach einer Infektion mit
Bact. proteus stattfinden kann. Einen ahnlichen experimentellen Be-
weis fflr eine st&rkere Agglutination des Typhusbakterium infolge einer
Proteus-Infektion konnte auch Verf. erbringen. In neuerlichen Unter-
suchungen fand ich diesen Befund vollauf bestatigt.
Ganz besonders will ich jedoch hier hervorheben, dafi es weder
Lubowski und Steinberg noch mir bei wiederholten Versuchen
gelang, Proteus-Bacillen durch hochwertiges Typhusimmunserum zur
stfirkeren Agglutination zu bringen; wflhrend ein sehr hoher Agglutinations-
titre fflr Bact. typhi erreicht wurde, agglutinierte das Immunserum
Bact. proteus hflchstens in einer Verdflnnung von 1 :20.
Wir mflssen uns daher auf Grund dieser Erfahrungen in striktesten
Gegensatz zu den Befunden anderer Autoren setzen, die eine st&rkere
Mitbeeinflussung von Proteus-Bacillen durch Typhusimmunserum an-
nehmen. Lubowski und Steinberg machten die damit uberein-
stimmende Beobachtung, dafi gegen Cholera hochimmunisierte Kaninchen-
sera zu keinem Zeitpunkt der Behandlung einen Bacillus der Typhus-
gruppe agglutinierten.
Es folgen die Versuche einer Immunisation mit Proteus-Bacillen.
Experiment I.
Einem krfiftigen, grauen, weiblichen Kaninchen von 1970 g Gewicht
warden am 29. Juli 1904 5 ccm einer bei 60° abgetbteten Proteus-
Bouillonkultur subkutan injiziert. Vor den Injektionen agglutinierte das
Serum dieses Kaninchens in einer Verdflnnung von 1 : 20 weder Bact.
proteus noch B. typhi, B. paratyphi A, B. paratyphi B,
B. dysenteriae, Stamm Shiga, Stamm Kruse, Stamm Mflller, B. coli,
V. cholerae; in der Verdflnnung 1 : 20 nur andeutungsweise B. dys¬
enteriae, Stamm Flexner.
Am 3. August 1904 wurde 1 / s Oese lebender Kultur intravends in¬
jiziert; Gewicht 1970 g.
Am 20. August 1904 wurde 1 Oese lebender 24-stflndiger Agarkultur
injiziert; Gewicht 1800 g.
Am 12. September 1904 wurde l 1 /* Oese lebender 24-stflndiger Agar¬
kultur injiziert; Gewicht 1895 g.
Am 21. September 1904 wurde das Tier getdtet; das Blut zur Serum-
gewinnung aufgefangen.
Das Serum dieses Proteus-immunen Kaninchens zeigte erst nach
der 2. Injektion (lebende Kultur) eine erhflhte Agglutinationsf&higkeit
gegen Proteus-Bacillen; Bact. typhi wurde erst nach der 3. In¬
jektion in hflherer Verdflnnung, bei 1 :50, gut agglutiniert. Nach der
5. Injektion waren die Agglutinationsverhfiltnisse diese: Bact. proteus
bei einer Verdflnnung von 1 : 8000 noch gut agglutiniert, Bact. typhi
bei 1:66 vollst&ndig, bei 1:100 noch andeutungsweise zusammengeballt
Aufier dem Bact. typhi wurde am letzten Terrain der Blutentnahme
noch B. dysenteriae Kruse in einer Verdflnnung von 1 : 66 wirksam
agglutiniert, desgleichen Bact coli, letzteres ergab bei Verdflnnung
1 :100 hur Spur von Hfiufchenbildung. Die flbrigen vor den Injektionen
auf Agglutination geprflften Stfimme, B. cholerae, B. dysenteriae
Shiga, B. dysenteriae Mflller, wurden nicht weiter beeinflufit. Auch
auf Paratyphusbacillen konnte keine hdhere Agglutinationsf&higkeit dieses
Immunserums erkannt werden. Der bequemeren Uebersicht wegen will
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326
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
ich die Agglutinationsverh<nisse dieses Kaninchenserums vor und nach
den Injektionen tabellarisch veranschaulichen:
I. Vor den Injektionen.
Stamm
1:10
1:20 |
1:40
Stamm
1:10
1:20
1:40
B. proteus
B. coh
f- "
1 +!
—
—
B. dysenteriae
(Flexner)
+
+ !
B. typhi
—
—
—
B. aysenteriae (Kruse)
—
—
—
B. paratyphi A
—
—
—
B. dysenteriae
B. paratyphi B
B. dysenteriae (Shiga)j
i +I
—
—
(Muller)
V. cholerae
—
—
—
II. Nach den Injektionen.
Stamm
1:20
1:40
1:66
1:100
1:8000
B. proteus
+
+
+
+
+!
B. coli
+
+
+
+!
—
B. typhi
+
+
+
+ !
—
B. paratyphi A
—
—
—
—
B. paratyphi B
B. dysenteriae (Shiga)
+!
—
—
—
B. dysenteriae (Flexner)
+!
—
—
—
—
B. dysenteriae (Kruse)
+
+
+!
—
—
B. dysenteriae (Muller)
V. cholerae
—
—
—
—
Die Absorptionsversuche wurden in der gleichen Weise, wie bei
den Normalseris beschrieben, angestellt.
III. Absorptionsversuche.
a) Nach Bindung an B. proteus.
Stamm
1:20
1:40
* 1:06
1:100
1:2000
1:5000
1:8000
B. proteus
+
+
+
+
+!
_
_
B. typhi
+1
—
—
—
—
—
—
B. coli
+
+!
—
—
—
—
—
B. dysenteriae (Kruse)
b) Nac!
h Bindi
i
ling an
1
B. typ
hi
Stamm
1:20
1:40
1:66j
1:100
1:2000
1:5000
1:8000
B. proteus
+
+
+
+
+
+!
_
B. typhi
+!
—
*—
—
—
—
—
B. coli
+!
—
—
—
—
—
—
B. dysenteriae (Kruse)
+!
— |
—
—
—
—
—
c) Nach Bindung an B. coli.
Stamm
1:20
1:40
1:100
1:2000
1:5000
1:8000
B. proteus
+
+
+
+ !
—
—
B. typhi
+
+ !
—
—
—
—
B. coli
+!
—
—
—
—
—
B. dysenteriae (Kruse)
+ !
—
—
—
—
—
d) Nach Bindung an B. dysenteriae Kruse.
Stamm
1:20
1:40
1:100
1:2000
1:5000
1:8000
B. proteus
+
+
+
+!
_
' _
B. typhi
+
+!
—
—
—
—
B. coli
+!
—
—
_
_
—
B. dysenteriae (Kruse)
+ !
—
—
—
—
—
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Liidke, Zur Spezifitfit der AntikOrper.
327
Schon der niedrige Agglutinationstitre ftir die mitagglntinierten
Bacillen — in Verdiinnung 1 : 100 wurden B. typhi und B. coli noch
in Spuren agglutiniert — gegenflber dem hohen Wert (1 : 8000) fflr den
zur Immunisation verwandten Stamm spricht entschieden gegen die Auf-
fassung, daB ein hochwertiges Immunserum ftir die diagnostische Er-
kenntnis des infizierenden Mikroorganismus nicht genugend spezifisch
sei. In dem gleichzeitigen Ansteigen des Agglutinationswertes fflr
Bact. typhi, B. coli und Stamm Kruse erkennen wir lediglich wieder
den Ausdruck einer Gruppenverwandtschaft des Mikroorganismus; im
Protoplasmaleib der zur Verwendung gelangten Bakterien miissen wir
verwandte Agglutininrezeptoren annehmen. Diese im chemischen Auf-
bau des Bakterienleibes gegebene Affinitat braucht, wie bei den benutzten
St&mmen ersichtlich, durchaus nicht mit der systematischen Familien-
verwandtschaft zusammenzufallen.
Es erscheint erklarlich, wenn einzelne Komponenten des Bakteriums,
die beim Zerfall desselben in der Blutbahn zur freieren Wirksamkeit
gelangen, kraft ihres starker ausgepragten individuellen Charakters eine
starkere AbstoBung von dazu passenden Rezeptoren veranlassen. Viel-
leicht werden auch in der grdfieren Mehrzahl der Faile schon in minimaler
Intensitat im Blute kreisende Normalagglutinine durch den spezifischen
Reiz in ihrer Wirksamkeit verstarkt.
Wie ferner Lubowski und Steinberg berichten, findet haufiger
bei fortgesetzten Immunisierungen ein Absinken des Agglutinationswertes
der mitagglutinierten Bakterien statt, was auf Schwankungen im Agglu¬
tinationstitre solcher normalen, labilen Agglutinine zurflckzufflhren ist.
Nach allem liegt demnach nicht der geringste Grund vor,
an einer direktenabsolutenSpezifitateineshochwertigen
Immunserums zu zweifeln.
Die Absorptionsversuche boten ein den spezifischen Absorptions-
versuchen der frflher erwahnten Immunkdrper ahnliches Bild. Nach der
Absorption des zur Immunisation benutzten Proteus-Stammes war
der Agglutinationswert ffir samtliche mitagglutinierte Bakterien stark
gesunken; ein Beweis ffir die Anschauung Castellan is. Es erscheint
bei der schwierigen Versuchsmethodik selbstverstandlich, daB keine
vOlllge Ausfailung der spezifischen Agglutinine erreicht werden konnte.
Aus den ttbrigen Absorptionsversuchen geht weiterhin deutlich hervor,
daB eine, wenn auch nicht vollkommene, spezifische Bindung der ein-
zelnen Agglutininfraktionen an ihre spezifischen Bakterien stattfand.
Danach scheint mir mit Hetsch und Lentz die spezifische Ausfailungs-
methode fflr die praktische Verwertung der Identifizierung einer be-
stimmten Bakterienart von nur geringem Nutzen.
(Schluft folgt)
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Origsinal fro-m
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328
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Nachdruck verboten.
Berichtigung.
Von M. LOwlt, Innsbruck.
M. A. Rodet 1 2 ) hat vor kurzera Einwendungen gegen jenen Toil
meiner Beobachtnngen fiber Niederschlagsbildung bei der Agglutination
erhoben *), der sich auf die Desagglutination bezieht. Ich kann die-
selben hier in Kfirze berichtigen, da Rodet mir Behauptungen zu-
schreibt, die ich niemals gemacht habe.
Rodet ffihrt die von mir angegebene Beobachtung an, dafi die im
Normalserum von Kaninchen agglutinierten Typhusbacillen durch kurzes
Erw&rmen (2—5 Minuten) anf 55—60° C wieder desagglutiniert werden,
eine Erscheinung, die ich am Normalsernm von Meerschweinchen nicht
beobachtet habe. Rodet ffihrt dann wSrtlich an (p. 715): „L. explique
cette desagglutination par la chaleur moddree, en supposant que la
chaleur a pour effet dans ce cas de d£truire la combinaison de l’agglu-
tinine avec la substance bacillaire, de s4parer l’agglutinine des bacilles;
d’ou il conclut que, dans 1’agglutination par les scrums normaux, par
certains sdrums du moins, l’union entre la substance bacillaire et l’agglu-
tinine est moins intime, moins solide, quelle ne Test dans les cas des
agglutinines sp6cifiques.“ Aber eine so scharfe Unterscheidung zwischen
der Agglutination im Normal- und im Immunserum habe ich nie ge¬
macht, und ich kann mir nur vorstellen, dafi Rodet auf Grand einer
mangelhaften Uebersetzung meiner Mitteilung zu einem derartigen Mifi-
verstfindnisse geffihrt wurde.
Meine Angaben fiber die verschiedene Desagglutinierbarkeit aggln-
tinierter Mikroben durch War me, Sfluren und Alkali (p. 162, 163) be-
ziehen sich vorwiegend auf Normalsera verschiedener Tiere (Kaninchen,
Meerschweinchen, Katzen). Der von mir dort angeffihrte Satz, der
wahrscheinlich die Grandlage des Mifiverstfindnisses bildet (p. 163):
„Hier scheint also die Bindung zwischen Agglutinin und agglutinabler
Substanz eine festere und die Desagglutination der agglutinierten Mi¬
kroben eine schwerere als im Normalserum zu sein“, bezieht sich aus-
schliefilich, wie dort ganz klar ausgeffihrt ist, auf die differenten Ver-
hfiltnisse im Normalserum von Kaninchen und Meerschweinchen. Auf
die chemischen Differenzen der agglutinierten Mikroben im Normalserum
und im Immunsernm der gleichen Tierart bin ich dort n&her nicht ein-
gegangen und mOchte das auch heute nicht tun, da ich diese Frage
noch nicht ffir spruchreif halte.
Auch bezfiglich der Deutung der Desagglutination habe ich mir die
grdfite Reserve auferlegt und habe von einer Trennung des Agglutinins
von den Bacillen bei der Desagglutination (s6parer l’agglutinine des
bacilles) nirgends gesprochen. Ich habe vielmehr die Desagglutination
nur ganz im allgemeinen anf eine Aufhebung der Bindung zwischen
Agglutinin und agglutinabler Substanz zurfickgeffihrt, wobei ich aber
auf die Moglichkeit einer anderen, von anderen Autoren bereits vor-
genommenen Deutung hingewiesen habe (p. 163). Selbst der von mir
1) Rodet, M. A., A propos de la propri6t£ agglutinative de certains s4rums
normaux pour le bacille d’EbertL (CentralbL r. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVII.
1904. p. 714.)
2 ) Ebendaselbst. Bd. XXXIV. 1903. p. 156 u. 251.
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 329
nachgewiesene Umstand, dafi man nach erfolgter Desagglutination der
Mikroben (im Normal- and Immanserum) die Niederschlagsbildungen
urn die Mikroben and die sogenannten „Anh&ngsel u derselben nicht
mehr nachweisen kann, wurde nicht ausschliefilich als der Ausdruck
einer durch die Desagglutination erfolgten Ldsung der Zwischensubstanz
in den agglutinierten Haufen und der sogenannten „Anh&ngsel tt an den
freien Mikroben gedeutet (p. 253).
Weiterhin wendet Rodet gegen die mir zugeschriebene Deutung
der Desagglutination ein, dafi vorher auf 55—60° erw&rmtes Normal-
serum vom Kaninchen Typhusbacillen nicht mehr zu agglutinieren ver-
mag, woraus er auf eine Destruktion Oder Alteration des Agglutinins
schliefit. Rodet meint daher, daB auch bei der Desagglutination bereits
agglutinierter Mikroben durch Wftrme eine analoge Ver&nderung Platz
greifen muB. Demgegenllber sei aber doch bemerkt, dafi die beiden
Beobachtungen direkt miteinander nicht identifiziert werden kOnnen,
denn es ist ja leicht, sich davon zu tiberzeugen, dafi nach erfolgter
Agglutination in der Regel freies Agglutinin nicht mehr vorbanden,
dasselbe vielmehr von den Mikroben gebunden ist und auch nach er¬
folgter Desagglutination als freies Agglutinin in der Regel nicht mehr
nachweisbar ist. Deshalb entspricht auch die von Rodet gemachte
Voraussetzung, dafi die durch W&rme desagglutinierten Bacillen bei Ab-
kflhlung des Serums wieder agglutiniert werden milfiten, den tatsfichlichen
Verh<nissen nicht, ohne eine bestimmte Entscheidung bezflglich der
Frage nach der ZerstOrung oder Alteration des Agglutinins infolge des
gelinden Erw&rmens wegen differenter Bedingungen in den beiden Be¬
obachtungen zu ermdglichen, denn nach erfolgter Desagglutination im
Serum ist eben freies Agglutinin in der Regel nicht mehr vorhanden.
Es bedarf aber die Frage, ob das im Serum freie, nicht an die Mikroben
gebundene Agglutinin durch desagglutinierende Mittel in der gleichen
Weise wie das nach der Agglutination an die Mikroben gebundene be-
einflufit wird, wohl einer gesonderten Prtifung, selbst wenn man die
Annahme einer Ldsung der agglutinierten Substanz als Ursache der
Desagglutination vollst&ndig vernachl&ssigen wollte, was gewifi gleichfalls
nicht als zul&ssig bezeichnet werden kdnnte.
So viel glaubte ich zur Richtigstellung der von Rodet erhobenen
Einwendungen anfflhren zu sollen.
NachdrucJc verbot&n.
Experimenteller Beitrag zur Hamolyse und zur Agglutination
der Streptokokken.
[Aus der bakteriologischen Abteilung des Hygiene-Instituts der Univer-
sit&t ZQrich. Abteilungsvorstand: Privatdozent Dr. W. S i 1 b e r s c h m i d t]
Von Julius Kerner, cand. med.
(SchluB.)
Damit wurde die Existenz der h&molytischen Eigenschaften in den
Filtraten nachgewiesen, obschon die Menge der H&molysine in den Fil-
traten im Vergleich zu den nicht filtrierten Kulturen bedeutend abge-
nommen hat. Einen deutlichen Unterschied in der Wirkung einzelner
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330
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Filtrate auf verschiedene Blutarten konnte ich nicht konstatieren. In
flhnlicher Weise konnte ich h&molytische Filtrate von Streptococcus B
erhalten, deren Eigenschaften mit denjenigen von Streptococcus M
flbereinstimmend sind: m&fiige Intensit&t, labile Konstitu-
tion, keine mit Deutlichkeit nachweisbare Spezifizitat
fflr bestimmte Blutarten. Die Filtrate der virulenten Strepto-
kokkenkulturen waren in Menge von 0,5 ccm fflr kleine Versuchstiere
nicht schadlich.
B. Agglutination der Streptokokken.
Der eigentlichen Schilderung der Resultate, die ich bei der Prflfung
der agglutinierenden Eigenschaften einzelner Streptokokkensera erhalten
habe, mochte ich einige Bemerkungen Qber die Methoden, die ich fflr
die Herstellung der agglutinierenden Sera und fflr die Prflfung der
Wertigkeit derselben verwendet habe, vorausschicken.
Fur die Immunisierung der Kaninchen B I und B II benutzte ich
die halbstundig auf 65° C erhitzten l-t&gigen Zuckerbouillonkulturen
des hochpathogenen Stammes B; die erhitzten Kulturen waren auf Steri-
litat geprflft worden. Das erste Tier (B I) wurde intravenfls, das zweite
(BII) intraperitoneal injiziert, wobei die Einzeldosis im Laufe von
3 Monaten allmahlich von 0,5 auf 10,0 ccm gesteigert wurde. Beide
Kaninchen reagierten nach der Injektion, und es war fast regelm&fiig
eine Gewichtsabnahme von 50—200 g zu beobachten; die n&chste In¬
jektion wurde ungef&hr nach 10 Tagen ausgefflhrt, nachdem das ur-
sprflngliche Kflrpergewicht wiedererlangt worden war. Die Wertigkeit
des Serums des ersten, intravenfls injizierten Tieres war bedeutend
hdher als diejenige des zweiten, mit intraperitonealen Injektionen be-
handelten Kaninchens (1:3200 gegenflber 1:400). Den Unterschied
konnte ich aber kaum auf die Verschiedenheit der Injektionsstellen zu-
rflckfflhren, da die Wertigkeit des zweiten Serums doch nicht gestiegen
war, nachdem ich das zweite Tier gleich dem ersten auch mit intra-
venflsen Injektionen zu behandeln begonnen hatte. Bei der Immuni¬
sierung des dritten Kaninchens (P) mit dem ebenfalls hochpathogenen
Stamm P verwendete ich 3 Monate alte, nicht erhitzte, bei Zimmertemperatur
im Dunkeln autbewahrte Zuckerbouillonkulturen, die sich auch als steril
gezeigt hatten. Die Injektionen wurden intravenfls vorgenommen, die
Dosierung war ann&hernd die gleiche, wie in den ersten 2 Fallen. Die
Agglutinationswertigkeit dieses Serums war viel hflher (1:25000) als
diejenige der beiden ersten Sera; die Reaktion des Kaninchens war ge-
ring. Das vierte Tier (K) wurde mit dem Streptokokkenstamm K be-
handelt; die Kultur, welche aus dem Blute eines an Endocarditis
septica leidenden Kindes gewonnen worden war, erwies sich als nicht-
pathogen fflr die Versuchstiere. Es wurden daher von Anfang an groBe
Dosen (10,0 ccm auf einmal) intraperitoneal Oder intravenfls injiziert
Eine Reaktion (Gewichtsabnahme) war nicht zu beobachten. Im Gegen-
satz zu den anderen mit virulenten St&mmen vorbehandelten Tieren
zeigte das Serum des Kaninchens K auch nach wiederholten (7) Injek¬
tionen nur geringe agglutinierende Eigenschaften (1 :200). Es wurde
versucht die Agglutininbildung mittelst gleichzeitiger Injektionen von
Proteus vulgaris zu steigern. Gleichzeitig mit den Strepto¬
coccus-Kulturen wurden l-t&gige x /* Stunde lang auf 65° C erhitzte,
sterile Bouillonkulturen von Proteus vulgaris in Dosen von 0,5 bis
5,0 ccm injiziert. Das Tier reagierte sehr deutlich, die Agglutinations-
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Kerner, Exp. Beitrag zur Hfimolyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 331
wertigkeit des Serums ist sofort gestiegen und erreichte bis 1:3200.
Leider fehlt es mir hier an Versuchen, um diesen scheinbaren Zusammen-
hang weiter zu verfolgen.
Was die Steigerung der Agglutinations wertigkeit im
Laufe der Immunisierung anbetrifft, so zeigtc es sich, dafi der
Hflhepunkt zwischen dem 2. und 4. Monate der Immunisation liegt; die
Kurve bleibt eine Zeitlang auf derselben H6he, fallt dann etwas ab
und steigt trotz weiteren Injektionen nicbt mebr. Sechs Monate nach
der letzten Injektion sind keine Spuren von Agglutininen mehr vor-
handen. Aus auBeren Grflnden konnte ich das Verlorengehen der
Agglutinine w&hrend der Ferien nicbt genau verfolgen. Wie aus folgen-
der Tabelle ersicbtlich ist, verhait sich die Agglutininbildung nicht direkt
proportional der Zahl der Injektionen Oder der injizierten Menge von
Streptokokkenkulturen. Dieselbe Beobachtung wurde von St&ubli und
in neuester Zeit von Nicolie bei der Bildung der Typhusagglutinine
gemacbt
Tabelle No. 7.
Eildung von Streptokokken-Agglutininen im Serum vorbehandelter
Kaoinchen.
Bezeichnung |
dee Tieree |
i
Aggluti-
natione-
werdgkeit
mit aem
homologen
Stamm
Maximum
der Aggluti-
nine im
Serum nach
1
Gesamt¬
menge der
injizierten
Kulturen
Zahl der
Injektionen
Injizierte Kulturen
B I
B II
P
K
1:3200
1:400
1:25000
1:3200
37* Mon.
3 „
2 „
4 „
70 ccm
40 „
20 „
1130 d
\ 30 „
14
10
7
I 13
Erhitzte Kulturen von Str. B
« i, Str. B
Alte Kulturen von Str. P
Lebende, 1-tag. Kulturen von Str. K
Erhitzte Kulturen von Prot vulg.
Die PrQfung der Agglutination
wurc
e mikroskopisch und makro-
skopisch vorgenommen. Fflr die Herstellung der Verdflnnungen ver-
wendete ich mit geringen Modifikationen die von Prflscher angegebene
Methode. Dieselbe Methode diente mir auch fflr makroskopische Unter-
suchungen, mit dem Unterschiede, daB ich bei der Herstellung der
Pr¶te im h&ngenden Tropfen Aufschwemmungen der l-t&gigen Agar-
kulturen in Bouillon -|- 0,8-proz. NaOl-Losung, fflr die Agglutination im
Reaganzglase hingegen Bouillonkulturen + 0,8-proz. NaCl-L6sung ver-
wendet habe. In alien Fallen betrug die Menge der physiologischen
Kochsalzldsung Vio der Gesamtmenge. Bekanntlich tritt die Agglutination
mit unbeweglichen Bakterien spflter ein, als mit beweglichen Mikroorga-
nismen. In meinen Versuchen war die H&ufchenbildung der Strepto¬
kokken mit wirksamen Seren hflufig schon nach einigen Minuten sichtbar,
in starkeren Verdflnnungen erst nach Stunden. Als langste Beobach-
tungsdauer fflr die Feststellung der Agglutination im hangenden Tropfen
und im Reagenzglas wurde die Zeit von 18 Stunden angenommen. Fflr
die Prflfung der Agglutination im Reagenzglase wurden die von F i c k e r
fflr die makroskopische Typhusagglutination angegebenen Rflhrchen ver-
wendet
Den grflfiten Wert legte ich auf das Verhalten der Kontrollpraparate,
da viele Streptokokken eine grofie Neigung haben, Pseudoh&ufchen
zu bilden, die die Agglutination vortauschen kflnnen. Es zeigen zwar
die Pseudohaufchen nur selten die fflr die agglutinierten Streptokokken
charakteristische zweigartige Anordnung der Ketten; vielmehr sind die
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIEL Heft 3.
Pseudohfiufchen im hfingenden Tropfen von kompakterem, dichterem
Aussehen; ferner beginnt die Pseudohfiufchenbildung nicht in der
charakteristiscben Weise wie die Agglutination, indem im letzteren Falle
zuerst die Diplokokkenformen sich allmfihlich an die
lfingeren Ketten seitlich anschraiegen, dann ziehen sich
alle diese zweigartigen Ketten fiber das Gesichtsfeld zu-
8ammen. Und doch sehen hier und da die Pseudohfiufchen der Agglu¬
tination so fihnlich, daB nnr die Besichtigung des Kontrollprfiparates,
wo kein Serum zugeffigt wurde, die Entscheidung geben kann. Auch
bei der makroskopischen Reaktion ist das Verhalten des Kontrollrfihr-
chens von grofier Wichtigkeit und ist sogar einzig und allein mafigebend.
Um die Pseudohfiufchenbildung zu vermeiden, verfuhr ich in der Weise,
daB ich durch die Aufschwemmungen der Agarkulturen oder durch die
Bouillonkulturen etwa 5—10 Minuten lang die Luft durchstrdmen lieB.
Das Resultat dieses Verfahrens war im allgemeinen sehr gfinstig, nur
in 2 Kulturen (Er. und Rach. I) trat die Pseudohfiufchenbildung stets
auf, und zwar sofort nach der Herstellung der Prftparate, so daB diese
Slfimme nicht genau untersucht werden konnten.
In der folgenden Tabelle No. 8 stelle ich die Resultate zusammen,
die ich bei der wiederholten Prflfung der Streptokokken von verschie-
dener Herkunft mit 3 Serumarten erhalten habe. Es sind dieselben
16 Stfimme, deren hfimolytische Eigenschaften ich oben geschildert habe.
Vergleichende Untersuchungen mit Serum B II wurden wegen der ge-
ringen Wertigkeit desselben nicht ausgeffihrt.
Tabelle No. 8.
Agglutination der Streptokokken mit homologem und heterologein
Serum.
Strepto¬
kokken-
Serum B I
i
Serum P
Serum K
stamm
mikr.Agg.
makr. Agg.
mikr. Agg.
makr. Agg.
mikr. Agg.
makr. Agg.
B
1:3200
1:3200
1:400
1:100
!
P
1:800
1:800
1:25000
1:12 800
—
—
M
1:800
1:1600
1:800
1:800
—
—
A
1:800
1:800
1:200
1:100
1:50
—
K
—
—
1:3200
1:800
Sch. I
—
—
—
—
1:100
1:50
Sch. II
'1:200
1 :50
1:200
1:50
1:100
1:50
Er.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
W.
1:100
1:50
1:50
—
. —
—
Me.
1:50
—
1:50
1:30
—
—
In.
—
_
—
—
1:50
—
C
1:200
—
1:200
1:100
1:50
Roch. I
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Pseudo.
Roch. II
1:50
_
1:50 !
_
—
—
Jon.
1:100
1:30
—
—
— -
—
Phi.
1:50
—
1:50
1:30
—
—
Bev
or ich z
;ur n&hereE
l
i Betrachtu
1
ng dieser 1
rabelle fibe
irgehe, will
ich einige Ansichten der Autoren fiber die Spezifizitfit der Streptokokken-
agglutination in Kfirze anffihren. Die erste Publikation fiber die
Agglutination der Streptokokken lieferte 1897 Van de Velde; die
Streptokokkenagglutination wurde nur mit dem homologen Serum er¬
halten. In spfiteren Untersuchungen von Marmorek, Aronson,
Neufeld ist aber festgestellt worden, daB die Streptokokken auch in
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zor Agglutinat der Streptokokken. 333
heterologen Streptokokkenseren agglutiniert warden kOnnen; dagegen
wurde die Frage fiber die Differenzierang von pathogenen und nicht
pathogenen Streptokokken nicht fibereinstimmend beantwortet. In nenerer
Zeit ist hauptsfichlich die Frage fiber die Spezifizitfit der Scharlachstrep-
tokokken zahlreichen Untersuchungen unterworfen worden; es gehen aber
die Ansicbten der Autoren weit auseinander; die meisten Forscber
neigen aber dazu, keine Spezifizitfit der aus Scharlachffillen ge-
wonnenen Streptokokken anzunehmen, und zwar auf Grund der Agglu-
tinationsreaktion. So konnten z. B. Besredka und Dopter keinen
Unterschied in der Agglutination der Scharlach- and der gewdhnlicben
Streptokokken konstatiereu. Jogischess hat keine Spezifizitfit der
Sera der scharlachkranken Menschen gegenfiber den verschiedenen Strepto-
kokkenstfimmen in Bezug auf die Agglutination gesehen. Neufeld
leugnet die Spezifizitfit der Scharlachstreptokokken ebenfalls, iudem er
bei der Agglutination nicht die Spezifizitfit, sondern die Virulenz der
Streptokokken ffir maBgebend halt.
Kehren wir zu der Tabelle No. 8 zurfick, so mull konstatiert werden,
dafi die erhaltenen Resultate ein allgemein gfiltiges Gesetz in Bezug auf
die Agglutination der Streptokokken nicht aufzustellen gestatten. Ich
will nicht die Frage beantworten, ob die Agglutination eine Identi-
fizierung bezw. Differenzierung der untersuchten Streptokokken gestattet.
Es genfigt hervorzuheben, dad die 3 ffir Kaninchen hoch pathogenen
Streptokokken verschiedener Herkunft sich in Bezug auf die Agglutination
fihnlich verhielten, urn die Vermutung auszusprechen, daB bei der Agglu¬
tination der Streptokokken die Anpassung eine groBe Rolle spielt.
Es gelingt durch Injektionen virulenter Stfimme (die Tiere wurden mit
erhitzten jungen Kulturen oder mit filteren, mehrere Monate alten Kul-
turen vorbehandelt) ein Serum zu erhalten, welches den betreffenden
Streptococcus deutlich agglutiniert. Diese Agglutination ist nach-
weisbar im hfingenden Tropfen sowohl wie im Reagenzglas; letztere
Methode lieferte in der Regel etwas niedrigere Werte. Am stfirksten
wurde der homologe Stamm agglutiniert; von den fibrigen vergleichs-
weise geprfiften Kulturen lieBen sich diejenigen Streptokokken am deut-
lichsten agglutinieren, welche ffir Kaninchen pathogen waren. Die nicht
pathogenen oder auf Pathogenitfit nicht genau geprfiften Streptokokken
wurden nicht Oder nur in geringerem Grade agglutiniert. Scharfe
•Grenzen lassen sich aber in Bezug auf das Agglutinationsvermdgen
nicht ziehen, und eine Einteilung der Streptokokken je nach ihrem Ver¬
halten gegenfiber den agglutinierenden Eigenschaften des Immunserums
ist nicht mfiglich.
Eine besondere Besprechung erheischt das Kaninchen K. Wie
weiter oben angefflhrt, stammt der Streptococcus K aus dem Blute
eines an septischer Endocarditis erkrankten Kindes. Dieser Strepto¬
coccus wurde auch in hohen Dosen reaktionslos ertragen, und das
Serum lieferte geringe Werte, bis gleichzeitig eine abgetbtete Proteus-
Kultur zusammen mit dem Streptococcus injiziert wurde. Es ge-
lang dann, ein bis auf 3200 agglutinierendes Serum zu erhalten, welches
die pathogenen Stfimme nicht agglutinierte (B, P und M), wfihrenddem
5 von den fibrigen Kulturen eine geringe Agglutination (bis 1 : 100)
zeigten.
Was die 2 Scharlach stfimme anbelangt, so wurde einer von derselben
(Scharlachabscefi) von alien 3 Serumarten bis 1:200 agglutiniert, der
andere (Scharlachblut) wurde nur von Serum K bis 1 : 100 agglutiniert
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Erwahnt sei, dafi Streptokokken, mit Immunserum vermengt, in
Pr¶ten im hangenden Tropfen hftufig lange Ketten bilden, viel langer,
als in gewdhnlichen Kulturen. Diese „Kettenreaktion u war bei den
meisten Stammen zu beobachten. Ein Parallelismus zwischen derselben
und der Agglutinationsreaktion laBt sich aber nicht aufstellen.
Nacbdem die vorliegenden Untersuchungen abgeschlossen waren,
erschien aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten in
Bern eine Arbeit von Fischer Qber die Beobachtung der Agglutination
zur Diagnose der pathogenen und saprophytischen Streptokokken. Die
in dieser Arbeit mitgeteilten Resultate stimmen im allgemeinen mit den
unserigen tiberein.
Streptokokkenprazipitation. Die Prazipitation der Strepto¬
kokken wurde mit 3—4 Monate lang bei Zimmertemperatur im Dunkeln
aufbewahrten Bouillonkulturen vorgenommen. Es wurde die obere klare
Schicht sorgfaitig entnommen und ahnlich wie bei Untersuchungen auf
Agglutination mit bestimmten Mengen Serum vermengt. In der Tabelle
No. 9 sind die Resultate dieser Versuche zusammengestellt.
Tabelle No. 9.
Prazipitine in alteren Bouillonkulturen von Streptokokken.
Serum
Strepto¬
coccus
Prazipitationswerte
1:10 |
1:30
1:100
1:200
B 1
B
deutlich
I
B I
K
! —
—
_
—
B II
B
—
—
—
—
P
P
sehrdeutl.
deutlich
deutlich
—
P
B
deutlich
—
—
—
P
K
—
—
—
—
K
K
—
—
—
Wie dies von anderen Autoren angegeben worden ist, sind die
Prazipitinwerte viel kleiner, als die bei der Agglutinationsreaktion er-
haltenen.
SchluBfolgerungen.
A. Hamolyse der Streptokokken.
1) Von den 16 untersuchten StreptokokkenstAmmen verschiedener
Herkunft und verschiedener Virulenz fflr Versuchstiere zeigten 11 deut-
lich hamolytische Eigenschaften. Bei den 3 hochpathogenen Stammen
war die Hamolyse besonders stark; von den 7 fflr Tiere nicht patho¬
genen Stammen hamolysierten nur 2 aus Fallen von Scharlach gewonnenen
Streptokokken.
2) Die H5he der burgunderroten Verfarbung des BouillonrQhrchens
ist unter gleichen Versuchsanordnungen ziemlich konstant und gestattet
eine Messung des hamolytischen Vermdgens.
3) Auf Agar mit Blutzusatz bildet sich ein heller Hof rings um die
Streptokokkenkolonie herum. Die Reaktion ist sehr empfindlich, scheint
aber fflr quantative Bestimmungen nicht geeignet.
4) Der direkt aus dem Tierkflrper stammende Streptococcus
wirkt besonders stark hamolytisch; die Ueberimpfung auf kQnstliche
Nahrbflden, insbesondere auf Zuckerbouillon, setzt das hamolytische Ver-
mogen bedeutend herab.
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Kerner, Exp. Beitrag zur H&molyse und zur Agglutinat. der Streptokokken. 335
5) Bei Aufbewahrung der Bouillonkulturen bei Ziramertemperatur
bleiben die h&molytischen Eigenschaften in den ersten 7—14 Tagen ziem-
lich konstant, dann nehraen sie allm&hlich ab.
6) Ein Zusatz von 2 Proz. Kochsalz zn der Bouillon wirkt hemmend
auf die H&molyse.
7) Eine 30 Minuten lang dauernde Erhitzung der Streptokokken-
kulturen auf 55 0 C genflgt, um die H&molyse vollst&ndig aufzubeben;
nach 15 Minuten lang dauernder Erhitzung auf 55° C wird die H&mo-
lyse schon bedeutend abgeschw&cht Aehnlich verhalten sich die h&mo-
lytischen Filtrate.
8) Filtrate von Bouillonkulturen von Streptokokken zeigten keine
h&molytische Wirkung; hingegen gelang es, h&molytisch wirkende Filtrate
zu erhalten aus Kulturen in flflssigem Blutserum. Die h&molytische
Wirkung dieser Filtrate war schw&cher als diejenige der nicht filtrierten
Kulturen und nicht spezifisch gegenflber der einzelner Blutarten.
B. Agglutination der Streptokokken.
9) Mittelst wiederholter Injektionen von erhitzten oder klteren Kul¬
turen eines hoch pathogenen Streptococcus gelingt es, ein Serum
zu erhalten, welches gegenflber dem betreffenden Streptococcus deut-
lich agglutinierende Eigenschaften aufweist.
10) Der Titer des Serums ist nicht proportional der injizierten
Menge und der Zahl der Injektionen.
11) In meinen Versuchen stieg der Agglutinationswert etwa 2 bis
4 Monate lang, blieb dann ungef&hr station&r trotz weiterer Injektionen.
Nach Sistierung der Injektionen nimmt der Agglutinationswert allm&h¬
lich ab. 6 Monate nach der letzten Injektion konnten im Blutserum
keine Agglutinine mehr nachgewiesen werden.
12) Die Streptokokken werden vom homologen Stamm am st&rksten
agglutiniert.
13) Bei vergleichenden Untersuchungen konnte festgestellt werden,
daft das homologe Serum den eigenen Stamm am st&rksten agglutiniert;
die anderen hochvirulenten St&mme wurden auch, allerdings schw&cher,
beeinfluflt. Von den geprflften nicht tierpathogenen Streptokokken waren
einige agglutiniert, andere nicht. Von den 2 aus Scharlachf&llen ge-
wonnenen Streptokokken wurde der eine (ScharlachabsceC) mit alien
Serumarten, der andere (Scharlachblut) nur mit einem Serum aggluti¬
niert. Eine Gesetzm&Qigkeit war nicht nachweisbar.
14) Das Serum K, das von einem Kaninchen stammt, welches mit
lebenden Kulturen eines fflr Tiere nicht pathogenen Streptococcus
(zusammen mit abgetdteten Pr oteus-Kulturen) vorbehandelt worden war,
agglutinierte den eigenen Stamm bis auf 1:3200, die hoch pathogenen
St&mme hingegen nicht.
15) Die stark agglutinierend wirkenden Sera haben auch die Pr&zi-
pitationsreaktion ergeben, allerdings in viel schw&cherem Grade.
16) Im Urin der vorbehandelten Kaninchen konnten keine Agglu¬
tinine nachgewiesen werden.
17) Meine Untersuchungen flber die h&molytischen und agglutinieren-
den Eigenschaften der 16 Streptokokken verschiedener Herkunft und
verschiedener Virulenz gestatten keine Entscheidung der Frage flber
Arteinheit bezw. Artvielheit der Streptokokken. Es lieSen sich keine
scharfen Grenzen zwischen den Eigenschaften einzelner Streptokokken-
st&mme aufstellen. Die fflr Kaninchen hoch pathogenen Streptokokken
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
wirkten auf BlutkSrperchen verschiedener Blutarten am starksten hfimo-
lytisch und zeigten mit Kaninchenimmunserum die hftchsten Aggluti-
nationswerte. Die fGr Versuchstiere nicht patbogenen, meist von Krank-
heitsfallen bei Menschen stammenden Streptokokken verbielten sich ver-
schieden in Bezug auf H&molyse und auf Agglutination. Dieser Befund
spricht far die Bedeutung der Anpassung der pathogenen Mikro-
organismen. _
Zum Schlnsse ist es mir eine angenehme Pflicht, aucb an dieser
Stelle Herrn Privatdozent Dr. Silberschmidt, durch dessen An-
regung und unter dessen kundiger Leitung es mir vergSnnt war, meine
Untersuchungen auszufflhren, meinen innigsten Dank anssprecben zu
dbrfen.
Herrn Dr. Simon danke ich ebenfalls far die liebenswbrdige Er-
laubnis, seine zahlreichen Streptokokkenst&mme zu benatzen.
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54) Fischer, Die Bedeutung der Agglutination zur Diagnose der pathogenen und
saprophytischen Streptokokken. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXVIL)
338
Centralbl. f. Bakt. etc, I. Abt Original©. Bd. XXXYIII, Heft 3.
Nachdruck verboteru
Die Wirkung des Aetfliylathers auf die hamolytischen und
bakteriziden Sera.
[Aus dem Hygienischen Institut der k. Universit&t in Siena
(Direktor: Prof. A. Sclavo).]
Experimentelle Untersncbungen von Dr. D. Ottolenght nnd Dr. N. Mori.
Bei einigen an Hirschknhblutserum vorgenommenen Untersuchnngen
bemerkte Prof. Sclavo 1 2 ), daB der Aethyl&ther, wenn er eine ge-
■wisse Zeit lang mit diesem Seram in Kontakt gehalten wird, demselben
das h&molysierende VermSgen, das er normalerweise besitzt, zu ent-
zieben vermag.
Es scbien nns nan von einigem Interesse, zun&chst festzustellen,
ob diese Eigenschaft des Aethers sich nur dem Hirschkuhserum oder
anch anderen Sera gegentiber entfaltet, and dann den Mechanismus dieser
Wirkang za studieren.
Unsere ersten Versache nahmen wir in der Weise vor, daB wir
einige normalerweise h&molytische Sera in einem gewOhnlichen Schflttel-
trichter mit einem UebermaB von ganz reinem, auf Natrium destilliertem
Aetber schuttelten, das Gemisch einige Stunden stehen lieBen, die Sera
dann vom Aether abschieden und sie an roten Blutkdrperchen, fflr die
sie ursprflnglich aktiv waren, prflften. Die Resultate, die wir erhielten,
nnd die in Tabelle I zusammengestellt sind, tun deutlich dar, daB der
Aether das h&molytische VermSgen, das die von uns geprttften normalen
Sera besitzen, wirklich immer entweder ganz aufbebt oder bedeutend
herabmindert *). Wenn jedoch einige von diesen Sera durch den Aether
leicht inaktiviert werden, wozu gewohnlich schon ein 2—3-stflndiger
Kontakt zwischen Aether und Serum gendgt, so erheischen andere, und
zwar die am st&rksten h&molytisch wirkenden, wie das Rinderserum den
roten Blutkdrpercben des Meerschweinchens und Kaninchens, und das
Hundeserum den roten Blutkorperchen des Meerschweinchens und Kanin¬
chens gegenuber, eine viel l&nger fortgesetzte Behandlung mit Aether.
Das schon erw&hnte Rinderserum z. B., das in einer Dose von 0,1 ccm
die roten Blutkdrperchen sowohl des Kaninchen als des Meerschwein¬
chens (bei Verwendung der gewdhnlichen Menge von 1 ccm einer Blut-
kdrperchenaufschwemmung in 5 Proz. einer 0,85-proz. Kochsalzldsung)
vollst&ndig h&molysiert, verliert bei der gleichen Dose von 0,1 ccm seine
Wirksamkeit nach 6-stflndigem Kontakt mit Aether; aber bei grdBeren
Dosen, z. B. einer solchen von 1 ccm, verliert es seine Wirksamkeit
1) Sclavo, A., Contribute alio studio del potere toesico del siero di sangue.
(Rivista d’igiene e sanit& pubblica. Anno XU. 1903.)
2) Dem nach scheinen in manchen Fallen die mit Aether behandelten Sera ihr
hamolytisches Vermogen, wenigstens zum groflen Teile, zu bewahren. Dies geschieht
namentlich, wenn man bedeutende Serumdosen (1 ccm oder mehr) zu den Vereuchen
verwendet; aber wenn man dann den Aether aus den Sera sorgfaltigst vertreibt, erbennt
man durch das nunmehrige ganzliche Ausbleiben der hamolytischen Wirkung leicht,
daB die vorher erhaltenen Resultate nur davon abhingen, daB im Serum noch eine
Menge Aether enthalten war, die fur sich allein zur Hervorrufung der Hamolyse hin-
rachte. Gewohnlich jedoch, und dies kann man direkt nachweisen, reicht die Aether-
menge, die, auch nach mehrstiindiger Behandlung, den fcera beigemengt bleibt, be-
sonders wenn man nicht groBere Serumdosen als I ccm verwendet, zur llervomifung
der Hamolyse nicht aus, oder sie bewirkt doch nur ganz geringe Spuren einer solchen.
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Ottolenghi a. Mori, Wirkg. des Aethyl&thers auf hftmolyt u. bakt Sera. 339
Tabelle 1.
Serumart
Behandlung des
Serums
Menge
des Serums
ccm
Blutart
Ausfall
der HamolyBe
_
0,1
Spuren
—
0,25
fast komplett
—
0,50
komplett
Kaninchen -
Aether w&hrend 3 Std.
1
0,1
» Huhn
komj>lett
do.
0,25
0
do.
0,50
0
(
do.
1
0
—
0,1
minimale Spuren
—
0,25
Spuren
—
0,50
stark
Kaninchen <
Aether wahrend 3 Std.
1
0,1
> Tanbe
fast komplett
0
I
do.
0,25
0
I
do.
0,50
0
l
do.
1
)
0
—
0,1
minimale Spuren
—
0,25
maflig
—
0,50
stark
Esel ] ) .
Aether wahrend 3 Std.
1
0,1
> Kaninchen
fast komplett
0
do.
0,25
i 0
do.
0,50
0
1
do.
1
0
—
0,1
stark
—
0,25
fast komplett
—
0,50
komplett
Bind <
Aether wShrend 6 Std.
1
0,1
> Kaninchen
komplett
minimale Spuren
do.
0,25
stark
do.
0,50
fast komplett
do.
1
komplett
—
0,1
komplett
—
0,25
komplett
—
0,50
komplett
Bind
Aether w&hrend 6 Std.
1
0,1
* Meerschweinchen
komplett
do.
0,25
minimale Spuren
do.
0,50
fast komplett
do.
1
komplett
—
0,1
stark
—
0,25
fast komplett
—
0,50
komplett
Hund
Aether wahrend 6 Std.
l
Kaninchen
komplett
do.
0,25
0
do.
0,50
minimale Spuren
do.
1
*
Spur
' —
0,1
fast komplett
—
0,25
komplett
—
0,50
komplett
Htznd
Aether wahrend 6 Std.
1
0,1
> Meerschweinchen
komplett
do.
0,25
0
do.
0,50
0
do.
1
minimale Spuren
Die zur Verwendung gekommene Blutmenge war 1 ccm einer 5-proz. Blutkbrperchen-
aufschwemmung in 0,85-proz. Kochsalzltfsung. Die Blutkbrperchen wurden vorner stets
mit Kochsalzldsung mehrraals ausgewaschen.
Die Bohrchen wurdeo mit Kochsalzldsung auf gleichee Volumen (2 ccm) aufgefiillt,
2 Stunden im Thermostaten bei 37°, dann 20 Stunden bei 0° gehalten.
1) Nicht alle Em
Kamncherfsr Jfoteijjlk
dsera besitzen ein Hamolysin gegen die Blutkdrperchen des
raktiven bemerkt man aucn Unterschiede in der Kraft.
^ UNIVERSITY OF CHICAGO
340 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
nur, wenn es 24—48 Stunden mit dem Aether in Kontakt geblieben
ist J ). Und bemerkenswert ist die Tatsacbe, auf die wir weiter unten
noch zurflckkoramen werden, daB nach 24-stundigem Kontakt mit Aether
die h&molytische Wirksamkeit den roten BlutkSrperchen des Kaninchens
gegenflber aufhort, wShrend die hamolytische Wirksamkeit den roten
Blutkdrperchen des Meerschweinchens gegenflber noch bestehen bleibt,
die erst nach 48 Stunden verscbwindet.
Bei diesen ersten Versuchen sowohl als bei den in der Folge vor-
genommenen, behandelten wir die Sera mit einem starken Uebermafi
von Aether. Das Gemisch teilte sich nach dem Schfltteln in eine untere,
aus klarem Serum bestehende, und eine obere, vom Aether gebildete
Schicht, und diese beiden Schichten waren mitunter durch eine dritte
trflbe Schicht voneinander getrennt, die aus einer Emulsion von Serum
und Aether bestand, welche Emulsion erst nach einem ziemlich langen
Zeitraum — oft erst nach einigen Tagen — spontan verschwand. Im
Serum blieb natflrlich eine gewisse Menge Aether aufgelOst zurflck, die
wir in einigen Fallen in der gleichen Weise bestimmten wie es Sclavo 2 )
bei seinen Untersuchungen an Hirschkuhserum getan hatte, indem wir
namlich bestimmte Volumina Serum und Aether in einem Rdseschen
Apparat schflttelten, den wir dann so lange stehen lieBen, als notwendig
war, urn dem zu untersuchenden Serum durch den Aether das h&mo-
lytische Vermflgen zu entziehen. Nach der HOhe der fiber dem Serum
gelegenen Aetherschicht lieB sich nun, Unter Berflcksichtigung der bei
solchen Gemischen stattfindenden geringen Kontraktion, leicht sehr an-
nahernd der Prozentsatz des aufgeldsten Aethers berechnen. Auf diese
Weise konstatierten wir, daB z. B. Hundeserum bei 16° nach 6 Stunden
10,5 Proz. Aether, Rinderserum bei 24° nach 6 Stunden 12 Proz. Aether
last. Auch bemerkten wir, daB mit der Dauer des Kontakts zwischen
Serum und Aether auch die im ersten aufgelflste Menge Aether zu-
nimmt; so stieg beim Rinderserum das Volumen aufgeldsten Aethers,
das nach der ersten Stunde und bei der gew5hnlichen Zimmertemperatur
(24— 26° C) = 11 Proz. des Serums war, nach 3—6 Stunden auf 12 Proz.,
nach 12—24 Stunden auf 13 Proz., bei weiterer Steigerung der Kontakt-
dauer nahm es nur noch sehr schwach zu.
Wir fragten uns nun natflrlich, ob es, um einem Serum das h&mo-
lytische Vermdgen zu entziehen, wirklich notwendig w&re, daB man das-
selbe mit einem starken UebermaB von Aether behandelte, d. h. daB
sich in ihm Aether bis zur S&ttigung aufloste, Oder ob zu dem Zwecke
auch geringere Mengen Aether gentigten. Zahlreiche Versuche, die wir
zur Losung dieser Frage mit Rinderserum, den roten Blutkdrperchen
des Meerschweinchens gegenflber, ausfflhrten, taten dar, daB die Aether-
menge, die als Minimum erforderlich ist, um bei 6*stflndigem Kontakt
0,1 ccm dieses .Serums das h&molytische Vermdgen zu entziehen, sehr
1) Um genauer festzustellen, in welchem Grade der Aether inhibitorisch wirkt,
haben wir jedes der von uns studierten Sera, nach der Behandlung mit Aether, bei
grofleren Dosen als den gewohnlich verwendeten, namlich bei Dosen von 2 ccm oder
mehr, auf seine hiimolytische Wirksamkeit gepriift; nunwohl, nach einer angemessenen
Einwirkungsdauer, die ungefahr die in Tabelle I angegebene ist (das Binderserum aus-
genommen, das, wie erwiihnt wurde, eine 24—48-stiindige Behandlung erheischt), konnte
auch bei diesen groCeren Dosen die hamolytische Wirksamkeit als vollstandig crloschen
angesehen werden. Naturllch wurde bei diesen Versuchen der in den Sera zuriickge-
bliebene Aether vorher vertrieben, um das ihm eigene hamolytische Vermogen auszu-
schlieflen.
2) S. 1. c.
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Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethylfithers auf Mmolyt u. bakt Sera. 341
ann&hernd gerade durch die Menge dargestellt wird, die sich bei der
gleichen Einwirkungsdauer im Serum 16st uud die ungefShr 12 Proz.
Serum gleichkommt.
Nachdem im allgem einen festgestellt worden war, dafi der Zusatz
von Aether den h&molytischeu Sera diese ihre Wirkung entzieht, mufite
erforscht werden, wodurch dies bedingt ist. Die erste Vermutung, die
sich aufdr&ngte, war, dafi die Erscheinung von dem in den Sera gelOsten
Aether abh&nge, der bei Vermischung der Sera mit den roten Blut-
kbrperchen diesen letzteren irgend eine Substanz entziehe Oder in ihnen
eine Substanz ver&ndere, mit welcher die Ambozeptoren sich verbinden
oder mit der sie reagieren miissen, urn die Hamolyse zu stande kommen
zu lassen, oder in irgend einer anderen Weise die roten Blutkdrperchen
den spezifischen Sera gegentiber unangreifbar mache.
Gegen diese Annahme konnten wir bald einige Tatsachen erheben,
die wir hier kurz aufzShlen wollen:
1) Versetzt man einen Bruchteil der in 5-proz. Kochsalzlbsung ge-
machten Blutkdrperchenaufschwemmung mit einem Prozentsatz Aether
gleich demjenigen, der in einem bestimmten, gegen jene roten Blut¬
kdrperchen aktiven Serum nach der zur Inaktivierung erforderlichen
Zeitspanne aufgeldst bleibt, und bereitet dann rasch das Gemisch: Blut-
kdrperchenaufschwemmung mit Aether + Serum, sowie
vergleichshalber das Gemisch: Blutkdrperchenaufschw.emmung
ohne Aether + Serum — in beiden Fallen Blutkdrperchen und
Serum von der gleichen Qualitat und in der gleichen Quantitat ver-
wendend — und bringt diese verschiedenartigen Geraische mittelst Koch-
salzldsung auf das gleiche Volumen, so erfolgt in beiden Hamolyse von
dem gleichen Grade.
2) Versetzt man die Sera mit so vielem Aether als hinreicht, um
ihnen das hamolytische Vermdgen zu entziehen, und bringt sie dann
gleich mit den roten Blutkdrperchen in Kontakt, so bemerkt man, dafi
die Sera aktiv geblieben sind; ihre Aktivitfit erlischt aber, wenn man
den Aether eine gewisse Zeitlang auf sie einwirken lafit.
3) Wenn man durch Verdampfung bei nicht hdherer Temperatur
als 40°, 45® C 1 ), oder mittelst des durch eine gute Wasserpumpe er-
zeugten Vakuums den Aether bis auf die letzten Spuren aus den Sera
vertreibt, so dafi man auch beim Schdtteln keinen Aethergeruch mehr
wahrnimmt, bleiben die Sera ebenso inaktiv wie sie es vor dieser Ope¬
ration waren. Da sich jedoch vermuten liefi, dafi bei diesem Verfahren
noch einige, durch den Geruch nicht mehr wahrnehmbare Spuren Aether
in den Sera zurflckgeblieben sein kdnnten und die Hfimolyse zu stdren
1) In den Fallen, in denen wir die Verdampfung durch Hitze vomahmen, stellten
wir neben das Behaltnis, in welchem sich das mit Aether behandelte Serum befand,
stets ein ganz ahnliches, eine gleiche Dose einfachen Serums enthaltendes Behaltnis auf
das Wasserbad. Sobald das erstgenannte Serum genug erhitzt war, priiften wir das
hamolytische Vermdgen des letztgenannten, um festzustellen, ob es durch die Erhitzung
modifiziert worden ware. Natiirlich tat der Versuch stets dar, dafi eine, auch 1—2-
stundige Erhitzung bei 40—45° C durchaus unschadlich ist; wir hatten also, zur Ver-
treibung des Aethers die Verdampfung durch Hitze anwendend, nicht zu furchten, dafi
sich daaurch Fehlerquellen in unsere Versuche einschlichen. Uebrigens sei bemerkt,
dafi wir bei fast alien Versuchen, zur grOfieren Sicherheit, gleichzeitig Bruchteile von
mit Aether behandelten Sera verwendeten, denen der Aether mittelst der Pumpe, auf
kaltem Wege, entzogen worden war, und Bruchteile, bei denen wir den Aether durch
Erhitzung verdampft hatten, und dafi die Resultate stets vollkommen iibereinstimmten.
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342
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
vermochten, setzten wir in einen Exsikkator, der Schwefels&nre und eine
groBe Anzahl mit Paraffin durchtr&nkter Papierstreifen enthielt, neben
eine gegebene Menge eines mit Aether behandelten Serums, die gleiche
Menge einfachen Serums. Der Exsikkator wnrde im Thermostaten bei
37 0 gehalten, bis die Sera vollst&ndig eingetrocknet waren (48 Stunden);
hierauf brachten wir die Sera durch Zusatz von destilliertem Wasser
auf gleiches Volumen und prOften sie zum Vergleich von nenem auf
ihr hamolytisches Vermogen. Nunwohl, nach diesem Verfahren, durch
welehes der Aether offenbar vollsUlndig vertrieben sein mufite, war. das
mit Aether behandelte Serum ebenso inaktiv wie eine andere Serum-
probe, die wir w&hrend dieser Zeit auBerhalb des Exsikkator, im
Dunklen, gehalten hatten, w&hrend das einfache Serum ganz deutlich
h&molytisch geblieben war, wenn sich auch diese Kraft in etwas ge-
ringerem Grade auBerte als ursprOnglich.
Die bisher erw&hnten Tatsachen scheinen also einstimmig darzutun,
daB das Aufhdren des h&molytischen Vermogens in den mit Aether
geschfittelten Sera nicht einfach dem Vorhandensein von Aether in
den Sera, als einer die H&molyse st5renden Substanz, und auch nicht
einer Veranderung der roten Blutkflrperchen zuzuschreiben ist, sondern
einer direkten Einwirkung des Aethers auf die Sera, die zu ihrer Ent-
faltung einer bestimmten Zeitspanne und auch einer gewissen Reagenz-
menge bedarf.
Es war deshalb von Interesse, zu erforschen, ob der Aether den Sera
irgend eine zum Zustandekommen der H&molyse notwendige Substanz
zu entziehen vermbge. Unsere diesbezuglichen Versuche nahmen wir
an Rinder- und Hundeserum vor, weil sich von diesen Tieren leicht an-
sehnliche Mengen Serum erhalten liefien. Diese Sera nun mit starkem
UebermaB von Aether schflttelnd und dann den in klarer Schicht sich
absondernden Aether mittelst der Pumpe im Vakuum eindunstend, er-
hielten wir nur eine weiBe (Hund) oder gelbgef&rbte (Rind), in abso-
lutem Alkohol, in Aether, Chloroform leicht g&nzlich sich losende, in
Wasser Oder Kochsalzlosung, in verdiinnten Alkalien und S&uren unl6s-
liche Substanz, die Kohlenstoff, aber weder Stickstoff noch Phosphor,
noch Schwefel enth<, die die Akrolelnreaktion und die Salkowski-
sche Cholestearinreaktion gibt, die sich leicht verseifen l&Bt und unter
dem Mikroskop als aus ganz feinen olartigen, mit wenigen Cholestearin-
krystallen vermischten Trfipfchen bestehend erscheint.
Die sp&rliche Menge, die sich von dieser Substanz, selbst aus be-
deutenden Serumdosen erhalten lSJlt, gestattete keine genauere Unter-
suchung; aber die gesammelten Daten lassen es far sehr wahrscheinlich
halten, daB sie, auBer aus Spuren von Cholestearin, wesentlich aus Fett
besteht und beim Rinde vielleicht auch eine gewisse Menge eines Lipo-
chroms enth<, denn in Aether gelbst, zeigt sie im Spektroskop zwei
Absorptionsstreifen in F und zwischen F und G.
(Schlufl folgt)
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Original fro-m
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Sudmersen, Ueber eine infektiose Pneumonie der Kaninchen etc.
343
Nachdruck verboteru
Ueber eine infektiose Pneumonie der Kaninchen und
deren Bekampfung mit Antiserum.
[Aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten, Universitfit
Bern (Direktor: Prof. Dr. Tavel).]
VorlSufige Mitteilung.
Von Dr. H. J. Sfidmersen.
Da Kaninchen und Meerschweinchen besonders haufig als Versuchs-
tiere in der Bakteriologie gebraucht werden, so ist die Kenntnis der
Epidemieen von grofiem Wert, denen diese Tiere bisweilen unterworfen
sind. Aus der Erkenntnis der Ursache ergeben sich dann manchmal
brauchbare Mittel, diese Krankheiten zu bek&mpfen. Bis jetzt sind nur
wenige Forschungen auf diesem Gebiet gemacht worden. In der Zeit-
schrift ffir Hygiene und Infektionskrankheiten (1882) liegt eine Arbeit
vor von Beck und im gleichen Journal (1897) eine solche von Kraus
fiber eine infektifise Pneumonie bei Kaninchen. Spfiter erschien eine
Arbeit in russischer Sprache von Tartakowsky, von welcher mir ein
Beferat im Centralblatt ffir Bakteriologie (1899) zur Verfflgung stand,
fiber eine fihnliche Pneumonie bei Meerschweinchen. SchlieBlich hat
Schwer fiber denselben Gegenstand eine Publikation im Centralblatt
ffir Bakteriologie (1902) veroffentlicht.
Es ist von Interesse zu bemerken, dafi der Bacillus, den Tarta¬
kowsky aus den Lungen erkrankter Meerschweinchen isolierte, wenn
nicht identisch, so doch demjenigen sehr fihnlich ist, den Kraus in
den Lungen erkrankter Kaninchen fand. Dagegen sind diese beiden
sicher verschieden von dem Bacillus, den Beck in den Lungen von
Kaninchen nachwies, die von einer fthnlichen Epidemic befallen waren.
Seit l 1 /, Jahren bin ich mit dem Studium pneumonischer Erkran-
kungen bei Kaninchen beschfiftigt Die Versuche sind im Institut zur
Erforschung der Infektionskrankheiten, Bern, gemacht worden. Es zeigte
sich, dafi die meisten Pneumonieepidemien, welche ich beobachten konnte,
durch einen Bacillus verursacht sind, der mit dem schon von Kraus
und Tartakowsky beschriebenen in den Haupteigenschaften Qberein-
stimmt. Der Bacillus von Schwer gehfirt fibrigens auch zu derselben
Gruppe. Den gleichen Bacillus fand ich in den Lungen von Meer¬
schweinchen wie von Kaninchen, die an einer epidemisch auftretenden
Pneumonie zu Grunde gingen. Der Bacillus hat folgende Eigenschaften:
Er ist ein sehr kurzes und dfinnes Stfibchen, oft zu zweien gelagert;
nach Gram entffirbbar; er ist beweglich. Auf Agar und Gelatine er-
zeugt er einen dicken, scbleimigen, matt-grauen Belag; Gelatine wird
nicht verflfissigt; Milch nicht koaguliert; in Zuckerbouillon wird kein
Gas entwickelt und in Peptonbouillon kein Indol gebildet. Auf Kar-
toffeln&hrbfiden ist ein rfitlich-gelb-wachsartiges Wachstum charakteri-
stisch. Er gehdrt also zu der Coli-Gruppe. In einer Temperatur von
60° C wird er nach 10 Minuten getfitet. In der Bouillonkultur ent¬
wickelt sich ein Toxin, welches bei intravendser Injektion eine starke
Wirkung auf Kaninchen ausfibt. Im Gegensatz zu dem gewdhnlichen
Darmcolitoxin bleibt es ohne Wirkung, wenn es einem Frosche injiziert wird.
Kulturen, welche durch 20 Minuten langes Erhitzen
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344
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
auf 60—62° C abgetfltet wurden, hatten bei intraperi-
tonealer Injektion auf Kauincheu eine vaccinierende Wir¬
kung. Nach wiederhol ten Inj ektionen zeigt dasBlut vom
Kaninchen ausgesprochene agglutinierende und bakteri-
zide Eigen schaften und besitzt die F&higkeit, erkrankte
Tiere zu schfltzen.
Diese Versuche und Resultate sollen in einer sp&teren Arbeit aus-
fflhrlich besprochen werden.
Naehdruek verboten.
TJeber die Unterscheidung von Fermenten mit Hilfe von
Seramreaktionen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institut in Wien
(Vorstand: Prof. W eichselbaum).]
Von Dr. Karl Landsteiner.
In diesen Zeilen wird kurz flber einige die ArtspezifiziUit von
Verdauungsfermenten betreffende Erfahrungen berichtet 1 2 3 ).
Als durch eine Reihe von Untersuchungen flber Immunisierungs-
prozesse die Kenntnis erworben war, daB viele sebr nahe verwandte
Substanzen, die verschiedenen Pflanzen- oder Tierarten entstammen,
zwar nicht durch die flblichen chemischen Reaktionen, wohl aber durch
Serumreaktionen zu diiferenzieren sind, habe ich auf die MOglichkeit
hingewiesen, auch die scheinbar gleichartigen Fermente verschiedener
Tierspecies auf diese Weise zu unterscheiden *). Es war mir damals
nicht gelungen, wie ich wflnschte, spezifische Antifermente zu erzeugen,
doch lieBen Versuche flber die hemmende Wirkung verschiedener Nor-
malsera auf die Trypsine einiger S&ugetierarten wegen der dabei be-
obachteten Differenzen der Hemmungswirkung mit einer gewissen Wahr-
scheinlichkeit den SchluB ziehen, daB die untersuchten Trypsine ver-
schieden seien.
Alsbald wurde von mehreren Autoren die Herstellung von anti-
fermentativem Serum mit gesteigerter Wirkung erzielt, und solche durch
Fermentinjektionen modifizierte Sera lieBen sich zur Differenzierung
der Fermente benfltzen. Allerdings wurde dieser Erfolg nicht leicht er-
reicht und die Antifermente hatten im Vergleich zum normalen Serum
bei weitem nicht jene hohe Wirksamkeit, die sich bei vielen anderen
Immunisierungsvorgflngen einstellt.
Auf diese Weise unterschied Morgenroth 8 ) Cynarase und tieri-
sches Lab. Auch in diesem Falle konnte das Verhalten normaler Sera
gegenflber den beiden Fermenten mit Wahrscheinlichkeit fflr die An-
nahme ihrer ungleichen Beschaffenheit verwertet werden. Bordet und
1) Eine geoauere Mitteilung beabsichtigt Dr. M. v. Eisler, der die Versuche
ausfiihrte, in den Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. in Wien zu geben. Dort
soli auch die Fallbarkeit der Antifermente des Serums durch Ammonsulfat besprochen
werden.
2) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXVII. p. 357. Ein ahnlicher Verauch war durch
v. Dungern fur Bakterienfermente schon gemacht worden. (Ref. Munch, med.
Wochenschr. 1898. p. 1040.)
3) CentralbL f. Bakt. etc. Bd. XXVII. p. 721.
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Lan detainer, Unterecheidg. von Fermenten mit Hilfe von Serumreaktionen. .345
Gengou 1 ) fanden so Unterschiede zwischen den Fibrinfermenten ver-
scbiedener Tiere auf und zu Ahnlichen Folgerungen kamen Muraschew 2 3 4 5 )
und Loeb 8 ) mit Hilfe der Untersuchung normaler gerinnungsbeschleu-
nigender Stoffe. Moro 1 ) konnte jAngst das Serum mit Rinderlab behan-
delter Kaninchen zur Unterscheidung von menschlichem und tierischem
Lab benAtzen.
Unsere eigenen Versuche wurden an Pepsin, Trypsin und Lab an-
gestellt und zwar nach dem Vorschlage von Sachs 6 ) mit Verwendung
lies Serums von GSnsen, denen kAufliche Pr Spa rate dieser Fermente durch
lAngere Zeit in grofien Mengen injiziert worden waren. Zur Injektion
wurde Pepsin (und Lab) vom Schwein, Trypsin vom Rind genommen
und die Sera wurden, wenn sich eine namhafte Steigerung der anti-
fermentativen Wirkung im Vergleich zu normalem Serum erkennen liefi
gegenAber Pepsin vom Schwein und Hund, Lab vom Schwein, Rind
und Huhn und Trypsin vom Menschen, Schwein, Rind und Huhn ge-
prAft. Bei diesen Versuchen ergab es sich, dafi eine Steigerung der
Hemmungswirkung in irgendwie erheblichem Made nur in Bezug auf
die zur Injektion verwendete Fermentart eingetreten war.
Als Beispiele fAr eine grdfiere Anzahl von Versuchen, die mit
variierten Mengen der Stoffe an gestellt wurden, sollen hier die folgenden
zwei dienen.
Es wurden in mehreren Rdhrchen zu je 1 ccm 10-proz. verflAssigter
Gelatine 10 Tropfen (= 0,25 ccm) Trypsinldsung von Rind, Schwein,
Huhn und Mensch, die mit Gelatine auf ann&hernd gleiche tryptische
Wirkung eingestelit waren, hinzugefAgt. In andere Rdhrchen kamen
dieselben Mischungen aber mit ZusAtzen von 1 Tropfen eines normalen
Gansserums einerseits (NS.), des Serums einer mit Rindertrypsin vorbe-
handelten Gans (IS.) andererseits.
Die Rdhrchen wurden nach dem Mischen des Inhaltes 2 Stunden
bei 38° C gehalten, dann zur Erstarrung in kaltes Wasser gebracht.
Nun wurde durch laugsames in bestimmter Weise vorgenommenes ge-
meinsames ErwArmen der Rdhrchen im Wasserbad die VerflAssigungs-
temperatur der Gelatine bestimmt
Es wurde gefunden:
10-proz. Gelatine ohne Zusatz
VerfluseigUDgs-
temperatur
29-30°
10
11
II
+ Rindertrypsin
11—12°
10
1*
II
+ ii
+ NS.
22—23°
10
»
II
+ ii
+ IS.
26—27°
10
*>
II
+ Schweinetrypein
+ NS.
8-9°
10
II
II
4* ii
21°
10
)t
II
4 n
+ IS.
20°
10
II
II
+ Hiihnertrypsin
+ NS.
8-9°
10
II
II
4 n
20°
10
II
1}
4 ii
+ IS.
18-19°
10
II
II
4- Menschentrypein
+ NS.
8°
10
II
11
4 n
20—21°
10
II
II
4 ii
+ IS.
20°
In Ahnlicher Weise wurde 1 ccm 10-proz. Gelatine mit 0,5 ccm
1-proz. HC1 versetzt, ferner mit 0,1 ccm von Ldsungen von Schweine-
1) Annal. de l’Inst. Pasteur. T. XV. p. 129.
2) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. LXXX.
3) Hofmeisters Beitr. Bd. V. p. 534. Virchows Arch. Bd. CLXXVI.
4) CentralbL f. Bakt etc. Bd. XXXVII. 1904. p. 485.
5) Fortschr. der Med. Bd. XX. 1902. p. 425.
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346- Centralbl. f. Bakt etc. 1. Abt Originale. Bd. XXXYIIL Heft 3.
und Hundepepsin and in anderen ROhrchen noch mit 0,1 und 0,2 ccm
normalem Gansserum (NS.) Oder ebensoviel Serum einer mit Pepsin des
Schweines behandelten Gans (IS.).
Ergebnis:
VerfluasigungB-
temperatur
10-proz. Gelatine nur mit HC1 versetzt
27—28°
10
n
„ + Schweinepepein
22°
10
»>
„ + „ + 0,1 NS.
e
CO
10
„ + ii 4* o,i is.
24—25°
10
i>
„ 4* » 4- o^ ns.
23—24°
10
99
n + i» + 0,2 IS.
27—28°
10
»>
„ -f Hundepepsin
22—23°
10
n
n 4“ n + 0,1 NS.
24°
10
»
7} 4- 77 + 0,1 IS.
24°
10
n
79 + 99 4" 0,2 NS.
24—25°
10
99
„ + „ o^ IS.
24—25®
(In den Versuchen wurde in den Kontrollrbhrchen ohne Ferment-
bezw. Serumzusatz das Volumen mit dem der Obrigen dnrch Zufflgen
von Kochsalzldsung gleich gemacht.)
Die Versuche deuten demnach auf eine verschiedene Beschaffenheit
des Trypsins, Pepsins und Labs der verschiedenen Tierarten. Allerdings
ist sowohl hier als bei alien anderen vorliegenden ahnlichen Ergebnissen
nicht zu ttbersehen, daft die verwendeten Fermentlosungen aufter den
wirksamen Substanzen noch viele andere entbalteu und demgemSft die
Resultate nicbt absolut eindeutig sind, wenn auch die daraus abgeleitete
Folgerung wahrscheinlich ist.
In einer Reihe von Versuchen wurde ferner die Wirkung der nor-
malen Sera mehrerer Tierspecies gegenOber verschiedenen Trypsinen ganz
entsprechend der von mir schon einmal benutzten Versuchsanordnung
geprflft.
Die gleiche Anordnung hat spater Glaessner 1 ) verwendet
Glaessner gibt auf Grund seiner Experimente an, daft das Serum
einer Tierart betr&chtlich starker auf deren Trypsin als auf das anderer
Arten hemmend wirke.
Bei unseren Versuchen verglichen wir die normalen Sera und Tryp-
sine immer von je zwei Tierspecies in ihrer wechselseitigen Einwirkung
und fanden einige Male, aber durchaus nicht immer, das von G. angege-
bene Verhaitnis. Wir fanden auch Falle, wo Trypsin durch artfremde
Sera starker beeinfluftt wurde, als durch das zugehdrige Serum.
Unsere Versuche unterscheiden sich nun insofern von denen von
G., als wir nicht koaguliertes Eiweift, sondern Gelatine verdauen lieften,
und dadurch eine Differenz des Ergebnisses bedingt sein kOnnte, anderer-
seits aber wOrden die wenigen von G. mitgeteilten Versuchsdaten keines-
wegs far die Aufstellung einer so allgemeinen Schluftfolgerung genQgen.
Auch die hier erhaltenen Resultate aber die trypsinhemmende
Wirkung der normalen Sera sprechen konform mit meinen frttheren
wieder far das Bestehen von Unterschieden zwischen den nahe ver-
wandten Fermenten der verschiedenen Tierarten. Es hemmte z. B.
normales Gansserum starker das Trypsin des Huhnes als das des Rindes,
normales Rinderserum starker das Rinder- als das Hahnertrypsin.
1) Hofmeisters Beitr. Bd. IV. p. 79.
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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nfihrbodens fur die bakt. Typhusdiagnose. 347
Nachdruck verboten .
Die Bedeutung des Endoschen Nahrbodens fiir die
bakteriologische Typhusdiagnose.
[Aus dem hygienischen Institute der Universitat Heidelberg.
(Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Knauff.)]
Von Dr. F. Marschall, Privatdozent an der Universitat.
In jiingster Zeit sind in dieser Zeitschrift*) zwei Arbeiten erscbienen,
welche sich — und zwar die eine ausschlieftlich — mit der Brauchbarkeit
der von Endo 1 2 ) vor etwa Jahresfrist zur DifFerenzierung von Typhus
und Coli angegebenen Verfahren beschaftigen. Verff. gelangen dabei
zu einem wesentlich voneinander abweichenden Urteil. Wahrend Petko-
witsch auf Grund zahlreicher und verschiedener Versuche den Endo¬
schen Nahrboden als einen recht brauchbaren bezeichnet, spricht Ruata
demselben in Anbetracht seiner Herstellung bezw. Zusammensetzung
und der UngewiBheit des Farbenumschlages nur einen sehr bedingten
Wert zu.
Da bei der W'ichtigkeit, welche die Frage einer mdglichst schnellen
und sicheren Typhusdiagnose besitzt, jedes eine Erleichterung in dieser
Hinsicht bietende Verfahren, sofern es wirklich diesem Postulat ent-
spricht, als eine wertvolle Bereicherung unseres bakteriologischen dia-
gnostischen Hilfsmaterials zu begriiften ist, glaube ich Veranlassung
nehmen zu sollen, zur weiteren Kiarung der in Rede stehenden Frage
die von mir mit dem Endoschen Nahrboden gemachten Erfahrungen
an dieser Stelle in knapper Form wiederzugeben.
Ehe ich auf die Einzelheiten eingehe, mbchte ich, wie das ja auch
Petkowitsch betont, vorweg bemerken, daft dieser Nahrboden selbst-
verstandlich ebensowenig wie alle anderen, aus ahnlichen Erwagungen
hervorgegangenen, fur sich allein im stande ist, ohne weiteres die bakterio¬
logische Diagnose eines echten Typhus zu gewahrleisten.
I. Herstellung. Dieselbe ist einfach und wenig zeitraubend, be¬
sitzt somit vor dem sonst vielfach gebrauchten und gewifi nicht zu
unterschatzenden D rigalski- Con radi-Nahrboden einen grofien Vor-
zug. Daft die Bereitung des letzteren recht viel Zeit und Sorgfalt
erfordert, namentlich die zu demselben erforderliche Herstellung der
Lackmustinktur nach Kubel-Tiemann, da die kaufliche Lackmus-
tinktur fflr die feinen Farbenumschlage vOllig unzuianglich ist, wird
jeder bestatigen, der denselben anzufertigen gendtigt ist.
Indem ich bezflglich der Einzelheiten der Herstellung des Endo¬
schen Nahrbodens auf die eben zitierte Originalarbeit verweise, mbchte
ich, in Uebereinstimmung mit Petkowitsch, bemerken, daft der genau
nach der Vorschrift hergestellte Nahrboden so gut wie farblos ist. Un-
erlaftlich hierfflr aber ist die Verwendung einer jedesmal frisch bereiteten
Ldsung von ganzlich unverwitterten Natriumsulfitkristallen.
1) Petkowitsch, Drag. S., Beitrag zur Frage des diagnoetiflchen Wertes einiger
Nahrboden fur die Typhusdiagnose. (Ceotralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVI.
p. 304. — Ruata, Guido Q., Das Verfahren von Endo zur Differenzierung des
Bacillus von Eberth vom Colibacillus. (Ibid. p. 576.)
2) Endo, 8., Ueber ein Verfahren zum Nachweis des TyphusbacUlus. (CentralbL
t Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXV. p. 109.)
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Centralbl. f. fiakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
DaB eine Rotfarbung dieses durch Natriumsulfit zur Farblosigkeit
reduzierteD Fuchsin-Milchsaure-Nahrbodens aufier durch skurebildende
Bakterien auch durch den Sauerstoff der Luft, namentlich bei gleich-
zeitiger Einwirkung erhbhter Temperatur — also beim Verweilen im
Thermostaten — eintreten kann und da in der Tat auch gelegentlich
in niafiiger Weise eintritt, ist bei der leichten Zersetzlichkeit des Natrium-
sulfits erklkrlich. Indem nun Ruata diesen vermeintlichen Uebelstand
— daB derselbe wirklich ein verraeintlicher ist, soil weiter unten dar-
gelegt werden — durch eine weit flber die von Endo gegebene Vor-
schrift hinausgehende Vermehrung des Natriumsulfits zu beheben ver-
sucht, ohne indessen nach seinen eigenen Angaben ein wesentlich besseres
Resultat zu erzielen, schafft er einen viel grSBeren Uebelstand, er be-
eintrfichtigt dadurch die Farbenempfindlichkeit des Endoschen N&hr-
bodens in der bedenklichsten Weise. Derselbe vermag, ganz analog dem
Drigalski-Conradischen LackmusnShrboden, die feinen Farben-
umschlSge mit Sicherheit nur zu gewkhrleisteu, wenn die hierbei aus-
schlaggebende Substanz sozusagen sich im labilen Gleichgewicht befindet.
Es ist daher leicht erkl&rlich, daB das B. coli, welches das in eine
Leukobase flbergefflhrte Rosanilin durch seine Skureproduktion wieder
in rotes Fuchsin umwandeln soil, diese Aufgabe nicht erfflllen kann,
wenn ein gewaltiger UeberschuB von reduzierendem Natriumsulfit in
dem Nahrboden seine Arbeit im Keime erstickt. Vornehmlich auf
diesen Umstand ist meines Erachtens das ungflnstige Ergebnis der von
Ruata mit dem Endoschen Nahrboden angestellten Versuche und
sein demzufolge abfalliges Urteil flber den letzteren zurflckzufflhren.
Dazu kommt, als weiteres zu dem unbefriedigenden Resultate bei-
tragendes Moment, daB Ruata gleichzeitig wiederholt den Fuchsinzusatz
reduzierte, sowie schlieBlich die Art der Beschickung des Nahrbodens
mittels paralleler Striche. Dieselbe muB, um gute Erfolge zu verbflrgen,
d. h. eine genflgende Isolierung der Kolonieen zu erreichen, nach der
von Drjgalski-Conradi zuerst in Vorschlag gebrachten Methode
mittels | — -Glasstaben geschehen, wie dies auch von Endo selbst an-
gegeben ist.
II. Haltbarkeit. Im Dunkeln und kfihl aufbewahrt, halt sich
der Endo-Boden unverflndert etwa 2 Wochen. Spflter nimmt er auch
unter diesen Kautelen in den oberfiachlichen Schichten infolge Luft-
oxydation eine rfltliche Fflrbung an. Im Hinblick auf die Gefahr einer
Zersetzung des Milchzuckers durch lflngeres Kochen empfiehlt es sich,
analog wie beim Drigalski-Conradi -Lackmusnflhrboden, den Endo-
schen in kleineren Portionen abgeteilt vorrfltig zu halten, wie sie der
jedesmaligen Anlage einer Plattenserie entsprechen.
III. Aussaat des zu untersuchenden Materials. Es ist
unbedingt notig, dieselbe so zu bewerkstelligen, daB mdglichst samt-
liche Kolonieen isoliert zur Entwickelung kommen. Dies kann, wie
schon erwflhnt, in befriedigender Weise nur erreicht werden durch die
peinlichste Befolgung der von Drigalski-Conradi angegebenen Vor-
schriften, bezflglich deren Einzelheiten ich demnach auf die Original-
arbeit dieser Autoren *) verweise.
Nun wissen wir in der Regel nichts flber die Keimzahl eines zu
untersuchenden typhusverdachtigen Materials und stehen somit einem
l) v. Drigalski-Conradi, Ueber ein Verfahren zum Nachweis der Typhus-
bacillen. (Zeitschr. t Hyg. Bd. X X X I X. 1902. p. 283 ff.)
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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nftbrbodens fttr die bakt. Typhusdiagnose. 349
unbekannten Faktor gegeniiber. In diesem Punkte befinden wir uns
also bezfiglich der zu bewerkstelligenden Aussaat in einem gewissen
Dilemma und zwar gilt dies in erhtthtem Made bei der Benutznng des
Endoschen Bodens, welcher ein wesentlich leichteres und weiteres
Diffundieren der durch B. coli-Kolonieen erzeugten Verfttrbung als der
Drigalski-Conradi-Boden ermOglicht. Gehen wir beispielsweise
bei der Verarbeitung eines Typhusstuhles, um ja isolierte Kolonieen zu
erhalten, mit der Verdtinnung desselben zu weit, so kann es sich er-
eignen, dad bei einem an Typhuskeimen armen Stuhl ttberhaupt keine
Typhuskeime ausgesfit werden und somit die in ersterem tatsfichlich
vorhandenen Typhusbacillen der Untersuchung entgehen. Treiben wir
andererseits, in Befttrchtung eben dieses Umstandes, die VerdQnnung
nicht weit genug, so erleben wir es wohl, dad die Platten von B. coli
ttberwuchert werden und die vielleicht nur fiufierst spfirlich vorhandenen
zarten Typhuskolonieen durch die von den ersteren ausstrahlende inten¬
sive RStung gewissermaden zugedeckt werden.
Dieser Gefahr lfifit sich dadurch begegnen, dad man eben eine
grbdere Anzahl Platten anlegt. Analog dem Verfahren von Drigalski-
Conradi stellt man sich 2 Verdttnnungen her, und zwar etwas weiter-
gehend, als es von diesen Autoren fttr ihren Nfihrboden empfohlen wird,
eine im Verhfiltnis 1:50 und eine zweite 1:100. Hiermit beschickt
man 2 Serien von etwa 4—5 groden Schalen. Der geringe Mehr-
aufwand an JZeit und Mtthe fSllt hierbei nicht ins Gewicht, und die
Scheu vor einem allzu reichlichen Verbrauch des ohnedies billigen und
relativ leicht herzustellenden Nfihrbodens ware eine falsch angebrachte
Sparsamkeit.
Die erste Platte ist, wie dies auch Drigalski-Conradi angeben,
mit verschwindenden Ausnahmen fibers at und fttr die Untersuchung
nicht zu gebrauchen; man verwendet daher fttr dieselbe zweckmfidig
eine kleine, gewohnliche Petri-Schale.
IV. Zeitdauer, innerhalb welcher zuverlfissige Re-
sultate erreichbar sind. Manchmal gelingt es schon, wie es Endo
angibt, nach 15 Stunden bei 37° verdfichtige Kolonieen zu erkennen.
Es kommt aber nicht so selten vor, dad Kolonieen, welche um diesen
Zeitpunkt als Typhus Oder Paratyphus angesprochen werden kdnnten,
innerhalb weniger Stunden bei weiterem Aufenthalte im Thermostaten
doch, von einem oft winzigen roten Punkte im Zentrum beginnend, tlef-
rot werden und somit fttr die Diagnose auszuschalten sind. Es empfiehlt
sich daher, die Prttfung der verdfichtigen Kolonieen und deren Abimpfung
nicht vor der 20. Stunde, am besten etwa nach 22 Stunden Auf-
enthalt im Thermostaten vorzunehmen, um vor Enttauschungen sicher
zu sein und unntttze Materialverschwendung sowie flberflttssige Mtthe zu
vermeiden.
Vor diesem Zeitpunkt ist auch auf Drigalski-Conradi-Boden
im allgemeinen eine sichere Abschfitzung der in Frage kommenden
Kolonieen nicht moglich, somit steht der Endosche Nfihrboden hinter
demselben in dieser Hinsicht keineswegs zurttck.
V. Wachstum und Aussehen der verschiedenen Kolo¬
nieen. Die an dieser Stelle niedergelegten Beobachtungen sind in
erster Linie die Resultate einer Reihe von Versuchen mit
a) Reinkulturen und deren Mischungen;
b) kttnstlichem Typhusstuhl;
sodann von
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Centr&lbl. f. fiakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
c) Untersuchungen eingesandter typhusverdfichtiger
Stable;
wobei ich bemerke, dad dieselben gleichzeitig auf auf Drigalski-
Conradi-Boden angestellt wurden.
Was die sub a) angefflhrten Versucbe anlangt, so wurden bezflglich
ihres Verhaltens auf Endo-Boden folgeude Arten geprdft:
1) B. coli commune, aus normalem menscblichen Stuhl ge-
zflchtet.
2) Typhus No. 3, Institutssammlung.
3) Typhus No. 5, ebenfalls.
4) Typhus W, aus der Milz eines an Typhus Verstorbenen ge-
ziichtet
5) Typhus K, aus dem Stuhl eines typhuskranken Kindes geziichtet.
6) B. typholdesliquefaciens. Dieser Bacillus wurde aus einem
verdSchtigen Brunnenwasser in H. geziichtet, gleicht in seinem morpho-
logischen sowie biologischen Verhalten im allgemeinen durchaus dem
echten B. typhi, unterscheidet sich jedoch von demselben durch eine
geringere Beweglichkeit und die Neigung, gelegentlich — aber nicht
regelmSdig — die Gelatine duderst langsam zu verfldssigen. Ich glaube
daher, dad er identisch ist mit dem von Petruschky und Pusch 1 )
in mehreren WSssern gesehenen und zuerst unter diesem Namen be-
schriebenen Bacillus.
7) Paratyphus „A“ Freiburg.
8) Paratyphus „B“ Freiburg.
Beide aus dem hygienischen Institute der UniversitSt Freiburg.
9) Paratyphus „A tt Miinchen.
10) Paratyphus „B“ Miinchen.
Beide durch Vermittelung der hiesigen medizinischen Klinik.
11) Paratyphus „A tt Berlin.
12) Paratyphus „B“ Berlin.
Beide aus dem kgl. Institute filr Infektionskrankheiten in Berlin.
13) B. enteritidis Gartner.
Aus dem hygienischen Institute der Universitfit Jena.
Die vorstehenden Arten wurden wiederholt in Eeinkulturen aut
Endo-Boden ausgesdt und, wie schon oben erwfihnt, zum Zwecke der
Kontrolle auch eine Aussaat auf Drigalski-Conradi-Boden be-
werkstelligt, auf welchem dieselben — abgesehen von B. c o 1 i natflrlich —
ausnahmslos blau wuchsen.
Ausgangsmaterial waren durchwegs 24 Stunden bei 37° gehaltene
Bouillonkulturen in entsprechender Verdflnnung 2 ).
In gleicher Weise wurden Mischungen von B. coli mit Typhus,
Paratyphus sowie B. enteritidis zur Aussaat gebracht.
Nach 20—22 Stunden bei 37° war das Bild dann folgendes:
Der Ndhrboden war, mit Ausnahme einer einige wenige Male
aufgetretenen mSdigen Rotung, nahezu oder ganz farblos.
Auf demselben pr&sentieren sich die Kolonieen der einzelnen Arten
in nachstehend beschriebener Weise.
1) Petruschky u. Pusch, Bacterium coli als Indikator fur Fakalverunremigung
von Wassem. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIII. 1903. p. 306.)
2) Fur Zwecke des Kolonieenstudiums bezw. der Demonstration kommt man mit
3 Endo-Platten aus, wenn man zur Beschickung derselben von einer Verdiinnung aus-
geht, welche auf 5 ccm Aq. steril. 1 Oese der entsprechenden Bouillonreinkulturen ent-
nalt. Man erhalt dann auf der letzten Platte nur noch ganz wenige, ganzlich isoliate
Kolonieen.
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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nfthrbodens filr die bakt Typhusdiagnose. 351
1) B. coll Tiefrote, nahezu runde und am Rande deutlich er-
habene, ziemlich grofie Kolonieen. Intensive Rfitung des N&hr-
bodens rings urn dieselben, welche von Stunde zu Stunde zu-
nimmt and sich weiter ausbreitet Gegen die 24. Stunde, Ofters auch
schon frfiher, schillert die Oberfl&che der Kolonieen in dem grfinen
Metallglanze, wie ihn die Fuchsinkristalle besitzen.
2) B. typhi. Alle 4 St&mme wachsen nahezu gleich als farblose
bezw. blasse, m&fiig grofie, kreisrunde Kolonieen, welche von der
Mitte aus deutlich gegen die dtlnneren R fin der abfallen. Glatte
Oberfl&che, keine Nabelbildung.
Falls der N&hrboden rbtlich gef&rbt ist, sind die Typhuskolonieen
von einera lichten, farblosen Hofe umgeben.
3) B. typholdes liquefaciens. Ziemlich kleine, farblose,
kreisrunde Kolonieen, im fibrigen Verhalten durchaus den echten Typhus¬
kolonieen gleichend.
4) B. paratyphi Typ. „A“. Die 3 St&mme verhalten sich unter-
einander vdllig fibereinstimmend. Die Kolonieen gleichen durchaus
denen des echten Typhus, nur sind sie nicht ganz so blafi wie
diese.
5) B. paratyphi Typ. „B U . Die 3 St&mme „Berlin tt , „Freiburg“
und „Mfinchen“ wachsen tibereinstimmend farblos, verhalten
sich indessen nicht gleich beztlglich der Form sowie Grdfie ihrer Kolo¬
nieen und zwar w&chst:
Paratyphus „B“ Berlin in runden Kolonieen mit glatter Ober-
fl&che, die denen des echten Typhus sehr fihnlich aber grdfier sind und
entschieden tippiger entwickelt.
Paratyphus „B“ Mfinchen gleichfalls in runden, typhus&hnlichen
Kolonieen, aber kleiner als die eben beschriebenen.
Paratyphus „B U Freiburg in flachen, nicht glattrandigen, son-
dern mit gelappten R&ndern versehenen Kolonieen, welche grdfier als
die beiden vorstehend geschilderten sind und tiberdies eine fein gekdrnte
Oberfl&che besitzen. Keine Nabelbildung.
Falls der N&hrboden rdtlich verf&rbt ist, sind die Kolonieen alter
3 St&mme, und zwar des zuletzt erw&hnten in exquisitem Mafie, von
einem farblosen Hofe umgeben.
6) B. enteritidis G&rtner. Grofie, farblose Kolonieen wie
Paratyphus „B“ Freiburg, aber nicht ganz so flach wie diese. Ebenfalls
in verf&rbtem N&hrboden von einer lichten Zone umgeben und hier
aufierdem eine deutliche Andeutung eines Nabels.
Kurz zusammengefafit wachsen also auf Endo-N&hrbOden:
Rot: B. coli.
Blafi bis farblos: Echter Typhus, Typholdes liquef.,
Paratyphus Typ. „A U und „B“, B. enteritidis G&rtner.
Erhdht man den Natriumsulfitzusatz fiber die von Endo
angegebene Menge und setzt beispielsweise statt der vorgeschriebenen
25 ccm 10-proz. NatriumsulfitlOsung 33 ccm hinzu, so erhSlt man unter
alien Umst&nden einen auch bei noch so langem Verweilen im Thermo-
staten absolut farblos bleibenden N&hrboden. Allerdings wird
dann die soeben beschriebene Differenz in der Gestaltung der Kolonieen
wesentlich beeinflufit. Es w&chst nun z. B. der B. enteritidis G&rtner
glattrandig und ohne Nabelbildung, ebenso B. paratyphi „B“ Freiburg
nahezu rundlich, w&hrend die Kolonieen des B. coli die von Endo als
charakteristisch hervorgehobene Aufwulstung der R&nder zun&chst nicht
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Gentralbl. f. Bakt. etc I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Reft 3.
zeigen, an GrOBe erheblich zurflckbleiben und das Auftreten des Metall-
glanzes in reflektiertem Lichte verzdgert wird. Der Farbenunter-
schied, also die Hauptsache, bleibt indessen bestehen und zwar in
noch eklatanterem MaBe. B. co 1 i wflchst in tief dunkelroten kleinen
Kolonieen mit rot ausstrahlendem Hofe auf dem v&llig farb-
losen Nflhrboden, alle anderen genannten Arten als zarte,
gfinzlich farblose, runde Kolonieen.
Hiernacb erscheint es mir unverst&ndlich, wie Ruata am Schlusse
seiner Abhandlung den Beweis dafflr erbracht zu haben glaubt, „daB
sowobl der Bacillus von Eberth als der Colibacillus mehr Oder
weniger den Nahrboden rbten Oder daB sie ihn gar nicht rdten etc.“
Die Erkiarung hierfttr vermag ich nur in den schon eingangs erwahnten
durch Ruata selbst herbeigefflhrten Abweichungen bezflglich der Zu-
sammensetzung und der Beschickung des Endoschen Nahrbodens zu
sehen. Ob nicht vielleicht auch eine zu reichliche Sterilisierung des
Nahrbodens stattgefunden hat und damit ein weiteres ungunstiges
Moment hinzugekommen ist, entzieht sich meiner Beurteilung, und
mflchte ich diesen Punkt nur als eine immerhin denkbare Mbglichkeit
nicht unerwahnt lassen.
Ebensowenig vermag ich es zu verstehen, wenn Petkowitsch,
der im flbrigen dem E n d o schen Boden voile Gerechtigkeit widerfahren
lafit, zu dem Satze gelangen kann, daB die sogenannten Paratypben bezw.
Fleischvergifter zum Teil nach einiger Zeit den Fuchsinagar nach Art
der Coli-Bakterien verandern. Demgegenuber mOchte ich feststellen,
dafi samtliche von mir untersuchten Paratyphusst&mme und der B. en¬
ter itidis Gartner auch nach 5-tagiger Beobachtung hierzu absolut
nicht im stande sind.
Es nehmen wohl einzelne derselben innerhalb dieses Zeitraumes,
welcher fflr die Diagnose von einer praktischen Bedeutung ja nicht
mehr ist, eine gewisse fleischfarbene Rfltung an, aber nie die typische,
in die Umgebung ausstrablende tiefe Fuchsinrotfarbe
und den grQnlich schillernden Metallglanz, welche beide fflr das
B. coli so charakteristisch sind.
Ich sehe in dem, so wohl gegenflber dem echten Typhus wie den
Paratyphen beider Typen, was die Farbe anlangt, flbereinstimmenden
Verhalten des Endoschen Nahrbodens einen groBen Vorzugdesletzteren,
da meines Erachtens die Erkrankungen an Paratyphus vom sanitaren wie
prophylaktischen Standpunkte genau ebenso zu beurteilen sind, wie echte
Typhuserkrankungen, und befinde mich in diesem Punkte in voller
Uebereinstimmung mit der von Kayser 1 ) im gleichen Sinne ausge-
. sprochenen Forderung.
a) Mischungen von B. coli mit B. typhi, paratyphi und
enteritidis.
Von denselben gilt durchwegs das oben Gesagte bezflglich des
Verhaltens der Kolonieen der verschiedenen Arten, wofern man nur
dafflr Sorge tragt, das auszusflende Material hinlflnglich zu verdflnnen,
so daB wenigstens auf der letzten Platte alle Kolonieen sich frei ent-
wickeln kdnnen. Das Bild ist bei diesen Mischungen eigentlich noch
charakteristischer als bei den nur mit Reinkulturen beschickten Platten:
Die dunkelroten, fast undurchsichtigen B. coli-Kolonieen stechen in
1) Kayeer, Heinrich, Die Bakteriologie des Paratyphus. (Centralbl. f. Bakt. etc.
Abt. I. Orig. Bd. XXXV. p. 154.)
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Marschall, Bedeutg. des Endoschen N&hrbodens fur die bakt Typhusdiagnose. 353
der markantesten Weise von alien Typhus-, Paratyphus-, sowie den
B. enteritidis-Kolonieen ab und die von den ersteren ausstrahlende,
intensive Verf&rbung des Nahrbodens macht, wie von einer unsichtbaren
Hand gehindert, in der N&he der anderen Kolonieen Halt, die ihrerseits
in einer farblosen Zone eingebettet liegen, welche bei l&ngerer Be-
obachtung an Ansdehnung noch zunimmt.
Dieser durchaus charakteristische Befund erf&hrt auch inner-
halb der n&chsten 24 Stunden im groBen und ganzen keine wesent-
liche Verfin derung. Es sei daher nur kurz erwShnt, daB die
Kolonieen s&mtlicher untersuchten Arten -an GrOBe zunehmen, wobei
die Typen Paratyphus „B“ sowie B. enteritidis alien anderen flber-
flflgeln. Wahrend die Paratyphen „A“ und „B“ auch weiterhin nahezu
vOllig farblos bleiben, stellt sich bei den Kolonieen des echten Typhus
und des B. enteritidis manchmal *— in der Aufsicht betrachtet —
eine zarte Rosaffirbung ein, und auBerdeui kommt es bei der Gruppe
der Paratyphen „B tt zur Bildung eines blassen Randwulstes, so daB die
letzteren in der Durchsicht nun deutlich doppelt konturiert erscheinen.
A lie diese eben genannten VerBnderungen indessen kon-
trastieren in der sch&rfsten Weise rait den B. coli-K-olonieen,
die um diese Zeit im reflektierten Lichte intensiven metallischen
Fuchsinglanz zeigen, vbllig undurchsichtig sind und ihre Um-
gebung weithin intensiv gerStet haben.
b) Kttnstlicher Stuhl.
Analog den Ergebnissen bei Gemengen von Reinkulturen gelang
die Erkennung der jeweils zugesetzten Typhus- bezw. Paratyphusbacillen
zu normalem Stuhl stets ohne besondere Schwierigkeit, sofern das
Mischungsverhaitnis zwischen den ersteren und Stuhl in runder Zahl
1 :4000 nicht unterschritt. Dieses Ergebnis ist zwar kein ideales, in¬
dessen mit Rflcksicht auf die geringe Menge Material, welche bei einer
inittels | — -Glasstaben zu bewerkstelligenden Beschickung — gleichviel
ob Endo- oder Drigalski-Conradi-Boden —zur Aussaat gelangen
kann, t auch nicht als ungflnstiges zu betrachten, wie folgende kurze Er-
w&gung illustrieren m5ge. Wird 1 ccm Stuhl mit Vio Oese Typhus-
bouillonkultur versetzt und das Ganze zwecks Erreichung hinreichend
isolierter Kolonieen im Verhaitnis 1 : 100 yerdttnnt, so mtiBten, da an
einem in eine Suspension eingetauchten | -Glasstab im Durchschnitt
freiwillig nicht mehr als 0,05 ccm = 1 gtt hangen bleibt, theoretisch —
gleichmafiige ideale durch Schfltteln bewirkte Verteilung vorausgesetzt
— bei dem angegebenen Mischungsverhaitnis insgesamt rund
200000 B. coli- und 50 Typhuskeime auf samtlichen Platten zur Aus¬
saat gelangen.
Durch die von Roth 1 2 ) entdeckte wichtige Tatsache, daB K off ein
fQr Typhusbacillen elektiv entwickelungshemmend wirkt, indem es, aller-
dings nur innerhalb einer gewissen Breite, gleichzeitig anwesende Coli-
Bakterien am Auskeimen verhindert, ist die Mbglichkeit gegeben, in der
Form einer Vorkultur erheblich gOnstigere Resultate zu erzielen, wie
es auBer Roths eigenen Versuchen die Arbeiten von Hoffmann und
Ficker*) beziiglich des Nachweises von Typhusbacillen im Wasser und
StOhlen, ferner unter anderem eine nach der Methode dieser Autoren
1) Hyg. Rundsch. Bd. XIII. 1903. p. 489 sowie Arch. f. Hyg. Bd. XLIX. 1904.
p. 199.
2) Hyg. Rundsch. Bd. XIV. 1904. Heft 1 sowie Arch. f. Hyg. Bd. XLIX. 1904.
Heft 3.
Erete Abt. Orig. Bd. xxxviii. Heft 3. 23
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354 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIIL Heft 3.
erfolgreiche Untersuchung der Moldau sowie des Prager Leitungswassers
durch v. Jaksch und Rau 1 2 ) und die Untersuchung von Kloumann*)
beweisen. Eine gewisse Gefahr indessen wfirde in der prinzipiellen
Verallgemeinerung einer Koffei'nvorkultur bei Untersuchung verdfichtigen
Materials insofern liegen, als nach der Angabe des zuletzt genannten
Autors Paratyphus Typ. „Schottmfiller A“ durch Koffeln noch starker
als B. coli gescbadigt wird.
c) Typhusverdfichtige Stfihle.
Das Material war einmal der Zahl nach ein beschrfinktes, und dann
in noch hoherem MaBe der Unostand erschwerend, daB es in der Mehr-
zahl klinisch meist unklare Faile waren, fiber deren spfiteren Verlauf
leider nichts in Erfahrung gebracht werden konnte.
Gleichwohl glaube ich aber auch an der Hand dieser wenigen Daten
die Brauchbarkeit des E n d o -Bodens zeigen zu konnen. Im ganzen kli¬
nisch sichergestellt waren 5 Ffille. In 2 davon, welche das Bild eines
echten Abdominaltyphus boten, gelang es beidemal ohne weiteres, auf
den Endoplatten die typhusverdfichtigen Kolonieen zu erkennen und die-
selben durch die weiteren fiblichen Methoden als echte Typhusbacillen
zu identifizieren. In dem ersten dieser Ffille stammte das Material aus
der 3. Woche, zu welcher Zeit ein Zweifel fiber die Art der Erkrankung
nicht mehr bestand; im zweiten Faile handelte es sich urn den Verdacht
eines beginnenden Typhus. In diesem letzteren Faile konnte auf den
Drigalski-Conradi-Platten zwischen den zahlreichen B. coli-
Kolonieen nach angestrengtestem Suchen nur eine blaue Kolonie kon-
statiert werden, wfihrend das Auffinden diverser Typhuskolonieen
auf den entsprechenden Endo-Platten sofort gelang.
In den 3 anderen Fallen ergab die bakteriologische Untersuchung
auch nicht eine einzige verdfichtige Kolonie, und die weitere klinische
Beobachtung bestfitigte dann diesen negativen Befund.
In den fibrigen Fallen, welche sfimtlich von auswfirts, meist mit der
lakonischen Bemerkung „Stuhl eines Typhusverdfichtigen 44 zur Unter¬
suchung eingesandt waren, konnte 2mal Paratyphus, sowie je lmal
B. enteritidis und B. faecalis alcaligenes nachgewiesen werden.
Leider waren, wie schon erwfihnt, Berichte fiber den weiteren klini-
schen Verlauf nicht erhfiltlich, und somit entziehen sich diese Ffille einer
kritischen Besprechung.
Auch 3 vorher mittels Desinfizientien behandelte Stfihle gelangten
zur Untersuchung. Ich wfirde diese Tatsache nicht erwfihnen, wenn
nicht einer derselben — zwei erwiesen sich als absolut keimfrei! — in¬
sofern ein gewisses Interesse besitzt, als bei dessen Verarbeitung auf
Drigalski-Conradi-Boden eine Anzahl Kolonieen besonders wider-
standsffihiger Kokken sich entwickelte, wfihrend die gleichzeitig be-
schickten Endo-Platten vfillig steril blieben.
Diese Beobachtung, daB die Kokken des Stuhls auf Drigalski-
Conradi-Platten noch zum Auskeimen gelangten, wfihrend dieselben
auf den korrespondierenden Endo-Platten sich fiberhaupt nicht mehr ent-
wickelten, konnte ich wiederholt machen.
Bei einem Vergleiche von En do-Stuhlplatten mit solchen von Dri-
galski-Conradi mfichte ich im wesentlichen folgende Punkte hervor-
heben:
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVI. 1904. Heft 4. p. 584.
2) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVI. 1904. Heft 2. p. 312.
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Marschall, Bedeutg. des Endoschen N&hrbodens flir die bakt Typhusdiagnose. 355
1) Die Kokken des Stahles, deren Entwickelung auch durch das
zu diesem Zwecke dem Drigalski-Conradi-Boden zugesetzte Kri-
stallviolett durchaus nicht immer zurflckgehalten wird, sind der flber-
wiegenden Mehrzahl nach ausgesprochene S&urebildner und wachsen
dementsprechend auf diesem N&brboden rot, manchmal den ganzen N&hr-
boden total verfSrbend, so daB andersfarbige Kolonieen in demselben
nicht mehr zu erkennen sind, falls die ersteren, wie nicht selten, in
grofien Mengen vorhanden sind. Daneben kommt bisweilen eine nicht
s&urebildende Kokkenart vor, welche auf Drigalski-Conradi-Boden
in kleinen blauen Kolonieen w&chst. Beide Gruppen, die saurebilden-
den und die letzteren, gelangen auf dem Endoschen Boden, welcher
fflr dieselben offenbar sehr ungunstige Lebensbedingungen bietet, im
allgemeinen viel seltener und sp&rlicher bezw. gar nicht
zum Wachstum; namentlich die ersteren werden in exquisitem MaBe
in der Entwickelung behindert und fast immer g&nzlich zurflckgehalten.
Die nicht s&urebildende Gruppe w&chst, falls es flberhaupt zum Aus-
keimen kommt, in sehr kleinen, nahezu farblosen Kolonieen, welche
schon wegen ihrer auffallenden Kleinheit bei dem Suchen nach verdUch-
tigen Kolonieen ohne weiteres auszuschalten sind.
2) Verd&chtige Kolonieen sind entschieden leichter auf
Endo-Boden zu erkennen als auf Drigalski-Conradi-Boden. Das
Gesamtbild ist nicht ein so buntes wie beim letzteren, auf dem
sehr oft alle moglichen Ueberg&nge von blau bis rot herrschen und
namentlich, wenn die Kolonieen dicht gedr&ngt stehen, das Material arm
an Typhus- bezw. verwandten Keimen ist und infolge einer nicht immer
absolut gleichm&Big ausfallenden Beschaffenheit der Lackmustinktur die
Pr&gnanz der Farbenunterschiede EinbuBe erleidet, die Erkennung der
fraglichen Kolonieen mitunter recht mflhsam und zeitraubend ist
3) Eine Anzabl anderer, auf Stuhlplatten Afters wachsender Kolo¬
nieen gehAren der Mehrzahl nach der Gruppe des B. sub til is sowie
des B. proteus an, gelegentlich zeigt sich auch B. flu ore see ns.
Dieselben wachsen — wie es schon von Dr i gal ski und Con rad i in
ihrer eingangs zitierten Originalarbeit angegeben ist — auf Lackmus-
boden mehr Oder weniger blau. Auf Endo-Boden verhalten sie
sich nicht ganz flbereinstiramend, indem die Vertreter der beiden
erstgenannten Gruppen bereits nach 22 Stunden bei37° den
in der unbeschickten Kontrollplatte g&nzlich farblos bleibenden N&hr-
boden in toto rAtlich verf&rben und in der Form von rosa bis
fleischfarbenen Kolonieen wachsen, die weder mit B. coli
noch mit Typhus die geringste Aehnlichkeit haben. B. fluo- #
rescens liquefaciens dagegen w&chst, ohne den N&hrboden im*
geringsten zu beeinflussen, in farblosen, dem Typhus an
GrABe sehr &hnlichen Kolonieen mit leicht gezahneltem Rande.
Die Ueberimpfung auf eine Reihe weiterer NahrbAden, hier in erster
Linie Gelatine, eventuell in Verbindung mit der spezifischen Serum-
reaktion, gibt sehr bald den wflnschenswerten AufschluB.
VI. RAtung des N&hrbodens. Eine gewisse, mauchmal beim
Aufenthalt im Thermostaten sich einstellende Rotfarbung, welche,
wie eingangs erw&hnt, in erster Linie, wenn nicht ausschlieBlich, auf die
Verwendung nicht g&nzlich unverwitterten Natriumsulfits zurflckzufflhren
ist, schadet in keiner Weise. Icb mAchte im Gegenteil be-
haupten, daB, sofern die RAtung keinen sehr erheblichen Grad erreicht,
dadurch die Auffindung verd&chtiger Kolonien erleichtert
23*
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356
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
wird, da dieselben durch einen von ihnen ausstrahlenden lichten Hof,
welcher sehr scbnell vOUig farblos wird, sofort in dem rdtlich ver-
fflrbten Nflhrboden auffallen.
VILVerhalten bei kflnstlicbem Licht. 1st man gezwnngen,
bei kflnstlichem Lichte zu arbeiten, wie es im Winter zwecks
Untersuchung eintreffender Stflhle oft unvermeidlich ist, so gelingt die
Erkennung verdflchtiger Kolonieen auf Endo-Boden viel
leichter als auf Drigalski-Conradi, bei welchem die oft nur
zarten Farbendifferenzen, namentlich bei Auerlicht, so verftndert
bezw. geradezu ausgeloscht sind, daB eine sicbere Beurteilung einfacb
nicbt mebr mCglich und Trugschlfls.se unvermeidlich sind. •
VIII. Definitive Identifizierung der als verdfichtig
angesprochenen Kolonieen. Dieselbe hat naturgemflB analog der
Benutzung von Drigalski-Conradi-Boden in der heute wohl allge-
mein Qblichen Methode einer gleichzeitigen Impfung der verschiedenen
hierfflr in Betracht kommenden Nflhrsubstrate zu erfolgen, also Bouillon,
Gelatine, Traubenzuckeragar, Neutralrot, Lackmusmolke und Milch. Das
entscheidende Wort hat schlieBlich die spezifische Serum-
reaktion zu sprechen. — Bezflglich des Rothber ger-Scheffler-
schen Neutralrots mochte ich bemerken, daB dasselbe in der von Olde-
kop 1 ) angegebenen Modifikation — Zusatz von nur 0,3 Proz. Agar —
weitaus die besten Resultate ergibt. Die Konsistenz des Neutralrots
wird dadurch zwar zu einer gallertigen und die Erkennung von Gas-
bildung, sofern dieselbe nicht fluBerst energisch erfolgt, illusorisch, da
die Gasblasen aus dem fast halbflflssigen Nflhrboden, ohne erheblichen
Widerstand zu linden, entweichen. Dafflr tritt aber die Fluoreszenz
und die beginnende Entffirbung des Neutralrots sicher innerhalb
16 bis lflngstens 20 Stunden bei 37° ein, wflhrend bei hflherem
Agargehalt das oft erst nach 48 Stunden und noch spflter der Fall ist.
Da nun die Schnelligkeit des Eintrittes der charakteristischen
Verflnderung des Neutralrots jedenfalls die Hauptsache ist,
so ist die Oldekopsche Modifikation als eine sehr glflckliche zu be*
trachten. Zur Erkennung der Gasbildung dient dann eben das
gleichzeitig zu impfende Traubenzucker-Agarrdhrchen.
Was die Anstellung der spezifischen Serumreaktion in der Form der
Agglutination anlangt, so sei es mir gestattet, an dieser Stelle auf einige
Punkte in mSglichster Kflrze hinzuweisen.
In sttirmischen Epidemiezeiten, wenn Gefahr im Verzuge, mag man
wohl getrost direkt von einer verdachtigen Kolonie eine Agglutinations-
j)robe anstellen, und bei zweifelhaftem bezw. fraglich erscheinendem
Befund lieber einen Fall als suspekt anmelden, der sich spflter nicht
als ein solcher erweist Innerhalb lflngstens 20 Stunden weiterer Beob-
achtung ist man in der Lage, die abgegebene Diagnose definitiv zu be-
stfltigen oder entsprechend zu berichtigen. Der entgegengesetzte Fall
wtirde verhflngnisvolle Konsequenzen nach sich ziehen, und ich schlieBe
mich,.unter der eben gemachten Einschr&nkung, der Ansicht Dri*
gal skis und Conradis, welche sich in diesem Sinne aussprechen,
durchaus an.
Im allgemeinen aber halte ich es fflr richtiger, die Aggluti-
nationsprobe nicht direkt von der Platte weg anzustellen.
Denn einmal ist die Menge Bakterien, die bei einer Entnahme
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt L Orig. Bd. XXXV. 1904. p. 120.
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Marschall, Bedeutg. des Endoschen Nfthrbodens fiir die bakt. Typhusdiagnose. 357
mittels der Nadel an dieser baften bleibt, eine sehr schwankende, und
bekanntermaBen die Anzahl der bei der Agglutination beteiligten Bak-
terien von erheblicbem EinfluB auf die Art sowie den Verlaut des Zu-
standekommens derselben.
Sodann zeigen die direkt von einer Kolonie entnommenen Bakterien
gar nicht selten eine auffallend geringe Beweglichkeit, welche die Er-
kennung des Eintritts der Agglutination, sofern sicb dieselbe (iberhaupt
in maBigen Grenzen halt, zum mindesten verzdgert Diese unliebsamen
Erscheinungen erfahren dann noch eine erhebliche Verstarkung, wenn
die betreffenden Stamme ohnedies die Neigung baben, sich im hangen-
den Tropfen am Deckglas zu kleinen Kliimpchen auch im Kontrollpr&pa-
rate zusammenzuschlieBen. SchlieBlich ist, vorausgesetzt, daB zu Zwecken
der AgglutinationsprQfung lediglich Typhusserum zur VerfQgung stehen
sollte, aucb damit zu rechnen, daB manche Paratyphen im Verhaltnis
von 1 :500 und dardber — so z. B. der in vorliegenden Versuchen be-
nutzte Stamm Paratyphus B „Freiburg tt — eine deutliche Agglutination
mit echtem Typhusserum liefern. Wenngleich ich nun dem zuletzt be*
tonten Punkte aus dem friiher erwahnten Grunde nur eine relative
Bedeutung zuerkennen, so ist derselbe doch nicht ganzlich unberQck-
sichtigt zu lassen, da nach den bisher vorliegenden Literaturangaben die
Erkrankungen an Paratyphus im allgemeinen leicbter verlaufen und so-
mit bezuglich der Prognose die bakteriologische Diagnose immerhin
ihren Wert beh<.
Alle diese eben aufgefiihrten MiBstande vermeidet man, wenn man
von einer jungen Bouillonkultur bebufs Anstellung der Agglutinations-
probe ausgeht. Hier vermag man genau zu dosieren und kann mit
ruhigem Gewissen ein positives Gutacbten abgeben, wenn die mikrosko-
pische Agglutination — vorgenommen mittels spezifischer Tiersera von
Typhus Oder Paratyphus „A U und „B U von einem Titre von 1 : 10000
— sofort das typische Bild der echten Agglutination bietet: ausge-
dehnte Schollenbildung und Immobilisierung der liberwiegenden Mehr-
zahl der freien Bakterien in einer Konzentration von 1 : 1000.
Gleichzeitig haben sich dann auch die auf den anderen N&hrbOden an-
gelegten Kulturen — l&ngstens nach weiteren 20 Stunden — so weit
entwickelt, daB dieselben zur Stfltzung bezw. Entscheidung der bakterio-
logischen Diagnose beizutragen im stande sind.
Feblt jede Spur einer Gasbildung im Traubenzuckeragar, jede Spur
einer Fluoreszenz im Neutralrot, ist Milch nicht geronnen, Lackmus-
molke fast unverindert oder deren Farbenton nur leicht gegen Rot ver-
schoben, gleichzeitig dabei klar geblieben, und erfolgt prompte, typische
Agglutination gegenilber Typhusserum unter den angegebenen Bedin*
gungen, so ist an der Identifizierung eines echten Typhus kein Zweifel,
da B. typhoides liquefaciens, der auf den betreffenden N&hr-
bdden genau so w&chst, durch Typhusserum in dem angezogenen Ver-
haitnis nicht beeinfluBt wird, B. faecalis alcaligenes urn diese Zeit
die Lackmusmolke gebl&ut haben muB, und der Shiga-Krusesche
Dysenteriebacillus schon durch seine Unbeweglichkeit von vornherein
auszuschalten ist.
Ist dagegen auf Traubenzuckeragar Gasbildung eingetreten, Neutral-
rot fluoreszierend oder bereits im Stadium der Entf&rbung, Milch nicht
geronnen, Lackmusmolke leicht bis deutlich rot bei gleichzeitiger Klar-
heit oder hdchstens zarter Trfibung, so wird es sich im wesentlichen
nur um Paratyphus oder Bacillen aus der Gruppe der Fleischvergifter
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358
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
handeln. Die Entscheidung liefert auch hier die Agglutinationsprobe mit
Paratyphusserum beider Typen.
Sollte endlich, infolge einer vielleicht bei sich drSngender Arbeit vor
der 20. Stunde vorgenommenen Abimpfung versehentlich eine B. coli-
Kolonie Qbertragen worden sein, welche samtliche soeben aufgefflhrten
Veranderungen in den bescbickten Nahrbfiden in exquisitein MaBe ver-
ursacht — wobei neben der ausgesprochenen Rotung der Lackmusmolke
eine deutliche Trfibung Hand in Hand geht — und sollte fiberdies der
betreffende B. col i - Stamm die Eigenschaft einiger Vertreter dieser
Gruppe teilen. Milch erst nach lfingerer Zeit, nach etwa 30—40 Stunden,
zur Gerinnung zu bringen, so genfigt schon die Revision der abgeimpften
Kolonie auf der Endo-Platte nach weiteren wenigen Stunden, welche
dann sicher fuchsinrot geworden ist, urn den Irrtum aufzuklfiren, so d&fi
jede Agglutinationsprobe flberflflssig wird.
Znm SchluB mfichte ich mein Urteil fiber den Wert des
Endoschen Nfihrbodens folgendermaBen kurz zusammenfassen:
1) Derselbe ist einfach und schnell herstellbar, dabei
billig bezfiglich der zu seiner Bereitung notigen Mate-
rialien.
2) Er ermfiglicht, richtig zubereitet, die mfihelose
Unterscheidung derB. coli-Arten vonTyphus, Paratyphus
„A“ und „B“ sowie von B. enteritidis Gartner innerhalb
lfingstens 24 Stunden bei 37°, indem B. coli fuchsinrot,
alle anderen genannten nahezu Oder g&nzlich farblos
wachsen.
3) Er ist in dieser Hinsicht dem Drigalski-Conradi-
schen Nfihrboden nicht nur ebenbtirtig, sondern dem-
selben, namentlich beim Arbeiten mit kflnstlichem Lichte,
entschieden fiberlegen.
4) Er halt die Entwickelung der Kokken des Stuhles
weit mehr, als dies der Lackmusboden trotz Kristall-
violettzusatz vermag, zurfick bezw. verhindert dieselben
Qberhaupt am Auskeimen.
5) Vertreter der Subtilis- sowie der Proteus-Gruppe,
welche im Stuhl nicht so selten vorkommen und auf
Lackmusboden blauwachsen, lassen sich aufEndo-Boden
gegen die 20. Stunde sowohl von den Typhus- sowiePara-
typhus- und Enteritidis-Bacillen einerseits wie von B.
coli andererseits ohne weiteres unterscheiden.
6) Eine gewisse Rotfarbung des Endoschen Nahr-
bodens schadet nichts, ist im Gegenteil ffir die leichte
Erkennung verdachtiger Kolonieen eher von Vorteil.
Heidelberg, Dezember 1904.
Nachschrift.
Nach AbschluB vorstehender Abhandlung gelangt eine Arbeit von
Klinger 1 ) zu meiner Kenntnis, welcher an der Hand eines auBer-
ordentlich reichen Materials — dem Verf. s tan den 355 Typhus- bezw.
typhusverdachtige Stfihle zur Verffigung — die neuesten Verfahren zum
1) Klinger, P., Ueber neuere Methoden zum Nachweie dee Typhuebacillus in
den Darmentleernngen. [Inaug.-Oiss.] 8tra6burg 1904. (Ref. im Centralbl. f. Bakt.
etc. Bd. XXXV. 1904. Heft 19/21. p. 655.)
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Blumenthal u. Lipskerow, Bewertg. different Meth. z. Diphtheriebacillenf&rbg. 359
Nachweis der Typhusbacillen sowohl auf ihren absoluten Wert wie anf
ihr diesbezflgliches Verhalten zueinander untersuchte. Es wurden ein-
mal Drigalski-Conradi- sowie Endo-Boden in gleichzeitigen Ver-
suchen geprflft, aufierdem die Anreicherungsverfahren mittels Malachit-
grfln und Koffeln. Klinger gelangt dabei zu dem Urteil, daB der
Endo-Boden aus verschiedenen Griinden — es sind dies zum groBen
Teil dieselben, welche ich oben eingebend geschildert habe — dem
Lackmnsboden bei gleichen Vorteilen Qberlegen ist, und
beweist dies durch entsprechendes Zahlenmaterial. Durch Anwendung
von Vorkulturen mittels Malachitgriinagar nach Lentz und Tietz so¬
wie der Koffelnbouillon nach Ficker und Hoffmann konnten die
Kesultate wesentlich verbessert werden, wobei Verf. dem Malachit-
grQn den Vorzug erteilen zu sollen glaubt. Lediglich durch
letzteres Verfahren gelang ihm in 3 Fallen der Nachweis von
Para typhus — tiber das Wachstum des letzteren auf Endo-Boden
ist allerdings nichts mitgeteilt — wodurch die von Kloumann ge-
machte Beobachtung einer direkten Schadigung des Paratyphus „A U
durch Koffeln, auf deren Bedeutung ich im vorstehenden hingewiesen
habe, eine Bestatigung erfahren durfte.
Nackdruck verboten .
Vergleichende Bewertung der diferentiellen Methodeu zur
Farbung des Dipbtheriebacilliis.
[Aus dem chemisch-bakteriologischen Institut des Dr. Ph. Blumenthal
in Moskau.]
Von Dr. J. M. Blumenthal und Dr. 91. Lipskerow, Moskau.
Der Diphtheriebacillus nimmt jeden beliebigen Farbstoff auf und
bietet infolge seines Polymorphismus erhebliche Schwierigkeiten fiir eine
exakte und schnelle mikroskopische Diagnose dar. Eben deswegen waren
die Bestrebungen samtlicher Forscher darauf gerichtet, eine differentielle
Methode zur Farbung der Diphtheriebacillen zu finden. Zu diesem Zwecke
benutzte Hunt eine aus Methylenblau, Gentianorange und Gerbsaure
bestehende L5sung, Crouch hingegen eine L6sung von Metbylgrfln und
Dahlia (1-proz. Methylgriin 5 Teile, 1-proz. Dahlia 1 Teil und destill.
Wasser 4 Teile). Bei diesem Verfahren waren die Diphtheriebacillen
schwach grffn, die beiden Polkbrner dagegen rStlich gefarbt. Seine Farbe-
methode bezeichnete Crouch als „Reaktion auf die Ldfflerschen
Stabchen“. Es folgte bis auf Neisser eine ganze Reihe von anderen
Forschern (Gossage, Kanthack, Gross u. a.), welche ebenfalls ihre
Farbemethoden empfahlen, aber diese erwiesen sich als praktisch nicht
recht brauchbar. Im Jahre 1897 trat Neisser mit seinem Verfahren
hervor, welches im folgenden besteht:
Auf das fixierte Praparat wird fflr V*—1 Minute eine LOsung von
Methylenblau 1,0
Alkohol (95-proz.) 20,0
Acid, acetic, glacial. 50,0
gegossen; sodann wird das Praparat unbedingt mit destilliertem Wasser
(Kurth) abgespQlt, wonach auf dasselbe eine halbe Minute lang mit einer
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360
Centralbl. f. Baku etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
1-prom. w&sserigen Ldsung von Bismarckbraun *) eingewirkt wird. Bei
der mikroskopischen Betrachtung der so geffirbten Prfiparate stellen die
Diphtheriebacillen blaBgelbe Stabchen mit dunkelblauen KSrnern an den
beiden Enden und in der Mitte, Oder nur an den Enden, dar. Das
Frinzip dieses Verfahrens besteht in dem Verdrangen eines schwachen
FarbstofFes seitens eines starkeren. Die Kdrner, welcbe den intensiven
blauen Farbstoff aufgenommen haben, farben sich nicbt mehr mit dem
scbwScberen geiben. Das Neisserscbe Verfahren gewann allgemeine
Beacbtung und verdrangte bald alle Qbrigen bis dahin gebrauchlicben
Methoden.
In der Tat kann dieses Verfahren als eine differentielle F&rbe-
methode for Diphtheriebacillen bezeichnet werden, und gegenw&rtig
tragt jedes Verfahren zur differentiellen (Pol-)Farbung der Diphtherie¬
bacillen die Bezeichnung „Neisserf&rbung“. Die Pseudodiphtheriebacillen
weisen bei seiner Anwendung keine Kdrner auf; die intensiv blau ge-
fkrbten Kdrner der Diphtheriebacillen heben sich scharf vom hellgelben
Hintergrunde ab, was eine exakte Diphtheriediagnose bei der mikro¬
skopischen Untersuchung gestattet. Als aus den in der Folge erschienenen
Arbeiten verschiedener Forscher (Bronstein, sodann Neisser selbst)
ersichtlich wurde, daB mit diesem Verfahren auch in den unmittelbar
aus den Rachenbelagen gefertigten StrichprSparaten noch vor der Ge-
winnung von Kulturen vortreffliche Resultate erzielt werden kdnnen,
was die Mdglichkeit verlieh, die bakterioskopische Diagnose am 16Stunden
frflher zu stellen, trat die Neisser sche Methode vollends an die erste
Stelle. Nichtsdestoweniger sind seit der Zeit, wo Neisser sein Ver¬
fahren verdffentlicht hat, bis zur Gegenwart 13 verschiedene Modifi-
kationen seiner Methode in Vorschlag gebracht worden. Dieser Um-
stand weist unzweifelhaft darauf hin, daB die Neisser sche Methode
demnach nicht alien Anforderungen entspricht, welche an eine ideale
F&rbungsmethode zu stellen sind. Ausgehend von diesem Gesichtspunkte
und vor die Notwendigkeit gestellt, bei der Untersuchung des enormen
Diphtheriematerials unseres Laboratoriums uns an irgend ein bestes
und zweckmaBigstes Verfahren zu halten, machten wir es uns zur Auf-
gabe, zu prflfen, inwiefern jede der bis jetzt empfohlenen Methoden fQr
Laboratoriumszwecke anwendbar ist. Die Anforderungen, welche unseres
Erachtens an eine ideale differentielle F&rbungsmethode zu stellen sind,
sind folgende:
1) Die F&rbung darf keine Kdrnungen in Pseudodiphtheriebacillen
erkennen lassen.
2) Die Kdrner in den Diphtheriebacillen mQssen scharf hervortreten
und womdglich in s&mtlichen St&bchen vorhanden sein.
3) Die St&bchen selbst mQssen deutlicbe Konturen und Zeichnung
aufweisen.
4) Die das empfohlene Gemisch zusammensetzenden Farbstoffe mQssen
Kontrastfarben sein.
5) Das F&rbungsmittel muB zufriedenstellende Resultate in Strich-
pr¶ten aus Kulturen und, was noch wichtiger ist, in solchen aus
Bel&gen liefern.
Untergeordnete Anforderungen:
1) Die AusfQhrung der F&rbung muB in dem kQrzesten Zeitraum
vor sich gehen.
1) Der Farbstoff muB in heiiJem Wasser gelost werden.
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Blumenthal u. Lipskerow, Bewertg. different Meth. z. Diphtheriebacillenf&rbg. 361
2) Die Einwirkung des Leitungswassers beim Abspfllen des Pr&-
parates muB behoben werden.
3) Es ist ein solches Farbengemisch herzustellen, dessen Bestand-
teile die St&bchen in die eine, die Kdrner in die andere, und zwar in
die Kontrastfarbe zu tingieren h&tten.
Nachdem wir uns zur Aufgabe gestellt hatten, die bis jetzt empfoh-
lenen Methoden einer kritischen Prflfung zu unterziehen, und die an
ein ideales Verfabren zu richtenden Ansprflche stipuliert waren, schritten
wir an die Arbeit.
Als Material far nnsere Untersuchungen dienten 60 von uns ge-
zflchtete Reinkulturen von Diphtheriebacillen, 10 Reinkulturen von Pseudo-
diphtheriebacillen und an die 3000 Diphtheriemembranen.
Die Gewinnung von Reinkulturen wurde von uns auf die allgemein
flbliche Weise vorgenommen. Eine Oese Material wurde auf eine Petri-
Schale rait geronnenem Serum verimpft und diese fflr 16 Stunden in
den Brutschrank bei 37° gestellt; hierauf machten wir mit der Nadel
aus einer Kolonie eine Ueberiinpfung in ein Rohrchen mit erstarrtem
Blutserum, aus welchem wir nach Verlauf von 16 Stunden behufs Kontrolle
der Reinheit der Kultur auf Glycerinagar Qberimpften. Anfangs ver-
suchten wir Reinkulturen nacb der Methode von Banti-Schabad zu
gewinnen (eine Oese des Impfmaterials wird in ein Rdhrchen mit Gelatine
flbertragen, das in den Brutschrank bis zur Verfliissigung der Gelatine
gestellt wird, aus welcher erst eine Oese zur Verimpfung auf erstarrtes
Serum genommen wird). Bald jedoch gaben wir dieses Verfahren wegen
seiner Kompliziertheit auf. Recht gute Resultate erzielten wir auch mit
der Methode von Drigalski, welche gewdhnlich zur Reinzflchtung
von Typhuskulturen angewendet zu werden pflegt (eine Oese des Impf¬
materials wird in ein Rdhrchen mit steriler Bouillon oder Wasser flber¬
tragen, sodann wird ein Teil der geimpften Flflssigkeit in eine Petri-
Schale mit erstarrtem Serum gegossen und mit einem besondern Glas-
stfibchen gleichm&Big flber die ganze Oberfl&che des Serums verteilt).
Methode von Crouch.
Auf das fixierte Pr¶t wird fflr 1—2 Sekunden eine Mischung
von folgender Zusammensetzung gegossen:
1-proz. Ldsung von Methylgrfln 5 Teile
1-proz. Ldsung von Dahlia 1 Teil
Wasser 4 Teile.
Mit dem Verfahren von Crouch haben wir in vielen Fallen keine
befriedigenden Ergebnisse zu verzeichnen gehabt. Nach Crouch wird
keine Kontrastf&rbung erzielt, so dafi die Diphtheriebacillen in verun-
reinigten Kulturen oder Rachenbel&gen nur mit Mflhe aufgefunden werden
kdnnen; aufierdem ist es uns trotz alien Bemflhens nicht gelungen, rdt-
lich gef&rbte Kdrner, wie sie Crouch beschreibt, in den St&bchen
sichtbar zu machen: St&bchen wie Kdrner waren gleichm&Big violett
gef&rbt, wobei die letzteren nicht deutlich wahrzunehmen waren.
Methode von Neisser.
Diese Methode ist bereits oben beschrieben worden. DaB sie nicht
alien Anforderungen entspricht, die an eine ideale F&rbungsmethode zu
stellen sind, erhellt schon daraus, daB gegenw&rtig N e i s s e r selbst eine
neue Modifikation seines Verfahrens empfohlen hat (s. u.). In der Tat
re8ultieren bei Anwendung dieser Methode solch zarte Bilder, die Kon-
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362
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
turen der Stfibchen sind derartig undeutlich, daB ein ungettbter Unter-
sucher die Kdrner der Diphtheriebacillen als Kokken ansprecheo kann,
besonders wenn in dem Strichprfiparate aufier den Diphtheriebacillen
noch zahlreiche andere Mikroorganismen vorhanden sind, was auch der
Fall zu sein pflegt.
Zu den weniger erheblichen Mfingeln dieses Verfahrens gehdrt das
unbedingte Erfordernis, sich zum Abspfilen des Prfiparates destillierten
Wassers zu bedienen, da sonst die F&rbung hfiufig nicht gelingU
Modifikation von Bronstein.
Im Jahre 1899 erschien eine Arbeit von Bronstein fiber die
bakterioskopische Diagnose der Diphtheriebacillen, in welcher er als
erster empfahl, die Neissersche Ffirbung ffir die Bakterioskopie von
Strichprfiparaten aus Belfigen zu benutzen, und unter anderem eine
Modifikation des Neisserschen Verfahrens beschreibt, die darin be-
steht, daB das Methylenblau durch den Farbstoff Dahlia ersetzt wird,
welcher, worauf Roux hinweist, gewissermaBen eine grdBere Affinitfit
zu den Kdrnern der Diphtheriebacillen besitzt als das Methylenblau.
I. Dahlia 1,0
Alkohol (95-proz.) 20,0
Acid, acetic, glacial. 50,0
ffir */ 2 —1 Minute, sodann Abspfilung des Prfiparates mit destilliertem
Wasser. Darauf
II. Bismarckbraun 1,0
Aq. destill. 100,0
ffir Vs Minute.
Bei der Ffirbung mit Dahlia treten die Polkfirner viel inteusiver
hervor als bei der mit Methylenblau, aber daffir kommt mitunter keine
Doppelffirbung zu stande, wfihrend nach Neisser die Kdrner stets
deutlich sichtbar sind. Alles in allem haben wir mit diesem Verfahren
keine besseren Resultate erzielt als mit der Neisserschen Methode;
fiberdies ist aus den Ausffihrungen des Autors selbst zu ersehen, daB
er seinem Verfahren keine besonderen Vorzfige zuerkennt
Modifikation von Coles.
Im selben Jahre empfahl Coles, zwischen die erste und zweite
Neissersche Farbstofflosung die Lugolsche Lfisung einzuschalten.
1) I. Neissersche Ldsung (10—30 Sek., mit "Wasser abspfilen).
2) J+JK-hH 2 0 (1:2:300) (10—30 Sek., mit Wasser abspfilen).
3) II. Neissersche Ldsung (10—30 Sek.).
Die Einschaltung der Lugolschen Ldsung ist unstreitig von Be-
deutung. Bei unseren Nachprfifungen waren die Kdrner in einer grdfieren
Anzahl von Diphtheriebacillen sichtbar, die Stfibchen selbst waren recht
scharf konturiert. Die diesem Verfahren anhaftenden Mfingel bestehen
darin, daB es komplizierter ist als die Neissersche Methode, wfihrend
die mikroskopischen Bilder nur wenig deutlicher sind als die mit der
letzteren Methode erzielten.
Methode von Piorkowsky.
Im Jahre 1900 empfahl Piorkowsky seine Methode, welche in
folgendem besteht. Auf das Prfiparat wird Ldfflersches Blau gegossen
und 1—2 Minuten lang 1 ) stark erhitzt; hierauf wirkt man auf das Prfi¬
parat 1 Sekunde lang mit 3-proz. Salzsfiurealkohol ein, spfilt mit Wasser
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ab und giefit fflr 10 Sekunden eine 1-proz. wfisserige Eosinlflsung auf. Die
Kflrner sollen dabei eine intensiv blaue F&rbung annehmen, wShrend
die Stabchen sich rosig fflrben. Trotz alien Bemflhens ist es uns jedoch
nicht gelungen, solch deutliche Bilder zu erzielen. Die Stabchen f&rben
sich allerdings schfln rosig, aber ibre Konturen sind undeutlich, die Pol-
kOrner klein und nicht scharf umgrenzt. Die Methode ist kompliziert:
3 verschiedene Gemische, die Notwendigkeit, das Praparat zn erwarmen
— alles dies erschwert die Verwendung dieses Verfahren fflr Labora-
toriumszwecke.
Methode von Pitfield.
Im Jahre 1901 empfahl Pitfield seine Farbungsmethode:
A)
B)
C)
5,0
5,0
3 ccm
1,0
5 ccm
10 ccm
10 Tropfen
10 ccm
Farbstofflosung A
ge-
Argent. nitric.
Aq. destill.
Gesfittigte alkohol. Fuchsinlflsung
Acid, pyrogallic.
10-proz. Natronlauge
Aq. destill.
Earbol-Fuchsin
Aq. destill.
1) Auf das fixierte Strichprflparat wird die
gossen und bis zum Kochen erhitzt.
2) Abspfllen mit Wasser.
3) AufgieBen der Ldsung B und abermaliges Erhitzen bis zum Kochen.
4) AufgieBen der Lflsung C und 2 Min. lang einwirken lassen.
5) Abspfllen mit Wasser, Trocknen u. s. w.
Dieses Verfahren lieferte mitunter prachtige Bilder. Die Diphtherie-
bacillen farbten sich schOn rot, die Polkflrner schwarz und traten scharf
hervor. Die Ausfflhrung dieser Methode ist jedoch so sehr kompliziert,
erfordert so groBe Sorgfalt und nimmt so viel Zeit in Anspruch, daB sie
in der taglichen Praxis wohl kaum ausgedehnte Anwendung linden kann.
Methode von De Rovaart
De Rovaart (1903) erkiart sich mit dem ersten Teil der Methode
von Piorkowsky (L5fflersches Blau fflr 1—l l / 3 Min.) einverstanden,
halt jedoch die Behandlung mit salzsaurem Alkohol fflr flberflflssig und
empfiehlt auBerdem anstatt der Eosinldsung eine Vesuvinldsung.
Ausfflhrung: 1) Lofflersches Blau (erwarmen 1—l 1 /* Min. lang);
2) Abspfllen mit Wasser;
3) 1—l 1 /* Min. lange. Behandlung mit Vesuvin 1-prom.
Bei diesem Verfahren sind die Polkflrner grOBer und scharfer kon-
tnriert.
Nach unseren Beobachtungen besitzt diese Methode, was die Deut-
lichkeit des Bildes anlangt, keine besonderen Vorzflge vor dem Neisser-
schen Verfahren und ist flberdies bei weitem komplizierter.
Methode von Falifcres.
Im Jahre 1902 empfahl Falibres eine Modification der Neisser-
schen Methode, welche darin besteht, daB anstatt des Acid, acetic, glacial.
Borax benutzt wird.
1) Wir benutzten die uns vom Herrn Verfasser liebenswurdigst iibereandte Original-
arbeit, in welcher die enteprechenden Zahlen von ihm selbst abgeandert waren.
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364
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Methylenblau 2,0
Boracis 0,5
Aq. destil]. 100,0
Alcohol, absol. gtts. VIII
Mit Leitungswasser abspiilen; hierauf eine halbe Minute lang
eine 1-prom. wAsserige VesuvinlAsung einwirken lassen.
Mit die8em Verfahren erzielten wir vorzAgliche Resultate; die Pol-
korner waren grABer als bei der Neisserschen Methode, fArbten sich
dunkelblau und traten scharf aus dem hellbraunen Grunde hervor; Pol-
kArner wurden in einer grAfiern Anzahl von Bacillen wahrgenommen,
die Umrisse der StAbchen waren deutlich sichtbar. Das PrAparat kann
mit Leitungswasser abgespiilt werden, worunter die Deutlichkeit des
Bildes nicbt im geringsten leidet
Methode von Schaufler.
Fast gleichzeitig mit Fali&res verAffentlichte Schaufler seine
Methode, welche darin besteht, dafi das fixierte PrAparat 1 Minute lang
mit einer LAsung von LAfflerschem Blau, Pyronin und 3-proz. Salz-
sAure-Alkohol behandelt wird.
Filtrierte LAsung von LAfflerschem Blau 10,0 ccm
„ „ „ PyroDin GrAbler (5-proz.) 1,5 „
3-proz. SalzsAure- (25 Proz.) Alkohol 0,5 „
(Die genaue Vorschrift entnehmen wir der uns von Herrn Pior-
kowsky liebenswQrdig Abersandten Schauflerschen OriginalarbeiL)
DiePolkArner sollen sich dabei intensiv rot, die Bacillenleiber blau ffirben.
Schon a priori ist es wohl kaum anzunehmen, dafi LAfflers Me¬
thylenblau als Kernfarbe dem Pyronin den Platz einrAumen wird, und
in der Tat haben wir auch bei sorgfAltigster Herstellung der Farbstoff-
lAsung und der PrAparate keine solchen mikroskopischen Bilder erzielen
kAnnen, wie sie der Autor beschreibt. In der Mehrzahl der FAlle war
das ganze StAbchen mitsamt den in ihm eingeschlossenen KArnchen gleich-
mafiig rot gefArbt, wobei die Granula sich nur undeutlich abheben. Falls
die Farbe derartige Resultate liefern wArde, wie der Verfasser angibt,
so wAre sie ein ideales FArbungsmittel, da in dem Gemisch die eine
Komponente dem Bacillenkorper, die andere den Granula verschiedene
Kontrastfarben mitteilen wArde.
Methode von Ficker.
Im Jahre 1902 empfahl Ficker fAr die FArbung der Diphtherie-
bacillen eine 1-prom. Losung von Methylenblau, zu welcher 2 ccm von
Acid, lactic, puriss. zugesetzt werden. Mit dieser LAsung wird auf ein
DeckglasprAparat eine Minute lang eingewirkt. Durch diese Diphtherie-
bacillen fAr bung sollen sehr schone Bilder zu stande kommen: in jedem
Individuum werden 2—3 dunkelblau gefArbte Kornchen wahrgenommen,
wAhrend der ubrige Teil des Bacillenleibes ungefArbt bleibt. Durch das
angegebene Verfahren wird erreicht, dafi der Farbstoff nur in der gra-
nulAren Substanz abgelagert wird.
Mit dieser Methode haben wir jedoch keine befriedigenden Ergebnisse
erzielt. Schon der Umstand, dafi bei dem bezeichneten Verfahren auch
die KOrnchen der Pseudodiphtheriebacillen zum Vorschein treten, macht
es zu einem praktisch unbrauchbaren. Dieser Uebelstand ist auch Ficker
nicht entgangen, welcher in seiner Arbeit mitteilt, dafi von 11 Pseudo-
diphtheriekulturen 9 nach 20-stAndigem Verweilen im Brutschrank KArn-
chen aufwiesen, und 2 Kulturen nach 12-stAndigem Verweilen ira Thermo-
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Blumenthal a. Lipskerow, Bewertg. different. Meth. z. Diphtheriebacillenf&rbg. 365
Staten solche Kdrnchen erkennen lieBen, so daft die Knlturen mit echten
Diphtheriebacillenkulturen verwechselt werden konnten. Infolgedessen
rat Ficker, nicbt auf die Neissersche Methode zu verzichten. Im
Qbrigen verdient die Fickersche Arbeit alle Beachtung, da der Autor
in ibr bis zu einem gewissen Grade die Natur der Diphtheriebacillen-
kdrnung klarlegt Leider gestattet es uns der Raum nicbt, bier anf
diese wichtige und bis jetzt nocb nicbt v511ig aufgekiarte Frage nSher
einzugehen.
Metbode von Peck.
Zu Beginn des Jahres 1903 verdffentlichte Wicliff Peck sein
Verfahren, welches darin besteht, dafl auf das PrSparat 3—4 Sekunden
lang mit Lofflers Methylenblau eingewirkt, das PrSparat abgespfllt und
fflr V* Minute eine 2-prom. Vesuvinldsung aufgegossen wird (Ldffler-
Neissersche Methode).
Dieses Yerfabren soil auch in AusstricbprSparaten aus BelSgen gute
Resultate liefern und auch dort befriedigende Ergebnisse aufweisen, wo
die Neissersche Methode versagt. Wir jedocn konnten bei unseren
Versuchen nicht konstatieren, dafl die Pecksche Methode vor der
Neisserschen irgend welche Vorzflge besSBe.
Neue Methode von Neisser.
Mitte 1903 empfahl Max Neisser selbst eine Modifikation seines
frflher von ihm verOffentlichten Verfahrens.
a) Methylenblau
1,0
Alkohol
20,0
Aq. destill.
100,0
Acid, acetic, glac.
50,0
b) Kristallviolett (Hdchst)
1,0
Alkohol
10,0
Aq. destill.
300,0
Yon der Ldsung a werden 2 Teile, von der Ldsung b ein Teil ge-
nommen und darait eine Sekunde lang gefSrbt, sodann das PrSparat mit
Wasser abgespfllt und fflr 3 Sekunden eine Chrysoidinldsung (1,0 Cbry-
soidin auf 300 ccm heifies Wasser) auf dasselbe gegossen; hierauf aber-
mals Wasserspfllung. Mit dieser Methode erzielten wir mitunter hervor-
ragend deutliche Bilder, in der Mebrzahl der FSlle jedoch war sie minder
leistungsf&hig als die alte Neisser-Ffirbung.
Methode von Ljubinsky.
Vor einigen Monaten, als unsere Arbeit bereits im Gange war, de-
roonstrierte uns Dr. Ljubinsky (Kiew) seine noch unveroffentlichte
Methode und gestattete uns in liebenswflrdigster Weise, uns ihrer zu
bedienen. Sie besteht darin, daB auf das fixierte PrSparat fflr l / t —2 Min.
folgende Losung appliziert wird:
Pyoktanin „Merck“ 0,25
Acid, acetic. (5-proz.) 100,0
Abspfllen mit einfachem Wasser und hierauf Nachf&rbung mit einer
1-prom. Ldsung von Vesuvin (V* Min.).
Diese Methode lieferte uns vorzflgliche Resultate. Die schwarzblau
gefSrbten Kdrnchen der Diphtheriebacillen sind voluminds und in fast
sSmtlicheD StSbchen zu sehen. Die Eonturen der dunkelviolett gefSrbten
StSbchen sind scharf umgrenzt. Offenbar ist das Pyoktanin das beste
KernfSrbungsmittel.
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366
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 3.
Da wir nach einer noch grfifieren Deutlichkeit des mikroskopischen
Bildes strebten, so modifizierten wir dieses Verfahren in der Weise,
dafi wir in dem ersten Teil der Vorschrift die Ljub in sky sche Farb-
lOsung beliefien, in dem zweiten Teile hingegen das Vesuvin dnrch das
Chrysoidin substituierten, nur dafi wir eine dreimal so starke LOsung
nahmen. Die Deutlichkeit des Bildes gewann dadnrch noch um ein Be-
deutendes, und gegenwfirtig wird in unserem Laboratorium nnr diese
Metbode angewendet
Wenn wir zum Schlufi s&mtliche bis jetzt empfohlene Methoden mit-
einander vergleichen, so mtissen wir konstatieren, dafi als die besten
von ihnen uns die Methoden von Fali&res und Ljub in sky erschienen
sind. Bei der Wahl dieser Oder jener geeigneten Methode spielt der
Subjektivismus eine sehr grofie Rolle. Uns z. B. schienen die mit dem
Ljubinskyschen Verfahren erzielten Bilder die vortrefflichsten zn
sein. Bei dieser Ffirbungsraethode sind die Diphtheriebacillen so scharf
konturiert und so sehr typisch, dafi sie sofort in die Augen fallen und
sie sogar ein wenig geflbter Untersucher von den fibrigen im Ausstrich-
pr¶t enthaltenen Mikroorganismen leicht unterscheiden kann.
Zum Schlufi ist es uns eine angenehme Pflicht, Herrn Dr. J. Bron-
stein ftir seine Anregung zu dieser Arbeit und fflr seine freundliche
Anleitung bei der Ausftihrung derselben unseren besten Dank auszn-
sprechen.
Literatur.
1) Neisser, Max, Zur Differentialdiagnose des Diphtheriebacillus. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. XIV. p. 443.)
2) Erast, Ueber Kern- und Sporenbildung in Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. V.
1889. p. 428.)
3) Bronstein, Ueber die bakterioskopische Diagnose der Diphtheria. (1899.)
4) De Nigris, Sui metodi per la ricerca dei granuli polari nell bacillo della difteria.
(Centralbl. f. Bakt Bd. XXXI. 1902. No. 15. Referate.)
5) Erbrich, Neuere Untersuchungsmethoden der Diphtheriebacillen. (Centralbl. f.
Bakt. Bd. XXXII. 1902. No. 3. p. 83.)
6) Peck, Wicliff, A new differential Stain for the Klebs-Ldffler-Bacillus of Diph¬
theria. (The Lancet 1903, 10./I. p. 92.)
7) Golowkoff, J. A. I., Ueber die Differentialdiagnose der Diphtheriebacillen und
der Pseudodyphteriebacillen nach der Methode von Neisser. (Wojenno-medizinsky
Shurnal. 1899. No. 1. p. 187.)
8) Piorkowsky, Ueber eine Modifikation der Diphtheriebacillenfarbung. (Sitzung
der Berliner med. Gesellschaft vom 19. Dez. 1900.)
9) Pit field, I. On the Diagnosis of Diphtheria. II. A double Stain for the Bacillus
of Diphtheria. (The University of Pennsylvania medical Bulletin. September 1900.
P. 177.)
10) Kitai, Ueber die Differentialfarbung der Diphtheriebacillen. (Jeschenedelnik. 1900.
No. 42. p. 177.)
11) De Rovaart, Zur Neisserschen Farbung der Diphtheriebacillen. (Centralbl. f.
Bakt Bd. XXIX. No. 13. p. 575.)
12) Ficker, Martin, Eine neue Methode der Farbung von Bakterienkdmchen. (Hyg.
Rundschau. 1902. 12. Jahrgang. p. 1131.)
13) Schauffler, W. G., A new Stain for Diphtheria Bacilli. (Medical Record. 1902.
6. Dezbr.) — Zur Farbung von Diphtheriebacillen und Choleravibrionen. (CentralbL
f. Bakt Bd. XXXII. p. 212.)
14) Faliferes, E., Dee granulations polaires du bacille diphtherique. (Dissertation).
15) Bosse, Bruno, Der Deyckesche Pepsin-Trypsin-Agar, ein Nahrboden fur Diph¬
theriebacillen. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXIII. 1903. No. 6.)
16) Coles, The British Medical Journal, 1899. (Zit im Handbuch der pathogenen
Mikroorganismen. Bd. I. p. 827.)
17) Sahli, Methoden der klinischen Diagnostik.
18) Predteczensky, Lehrbuch der klinischen Mikroskopie (russisch).
19) Schabad, Die klinische Bakteriologie der Diphtherie.
20) Neisser, M., Hygienische Rundschau, 13. Jahrgang. 1903. No. 14.
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Dschunkowsky u. Luhs, Apparat zum sterilen Blutentnehmen etc. 367
Nachdmck verboten .
Apparat zum sterilen Blutentnehmen zwecks Unter-
suchungen.
[Aus der Antirinderpeststation Surnabat.]
Von £. Dschunkowsky und S. Luhs.
Mit 1 Figur.
Die Notwendigkeit einer vielseitigen Untersuchung sterilen undefi-
brinierten Blutes zur Feststellung von Parasiten hat uns veranlaBt, die
einfachste Verfahrungsart zur Gewinnung des betreffenden Materials zu
suchen.
Ein Apparat zur sterilen Blutentnahme ist schon vor einiger Zeit
von einem von uns beschrieben '), man kann ihn jedoch nur bei Ge¬
winnung groBer Mengen defibrinierten Blutes verwenden, welches dann
entweder zur Hyperimmunisation oder zu einfacher Vaccination gebraucht
wird. Zur Untersuchung des Blutes von einer grSBeren Anzahl von
Tieren sind diese Apparate infolge ihrer GroBe jedoch unbequem, auBer-
dem werden bei der Defibrinierung des Blutes solche zarte Parasiten,
wie z. B. Trypanosomen, welche im Blutplasma leben, mit dem geron-
nenen Fibrin entfernt, und das defibrinierte Blut erscheint in diesem
Fall steril, trotzdem es eine groBe Anzahl Parasiten enthalten hat.
Wir nehmen eine gewohnliche Ampulle (sie
sind verschiedener GroBe, von 3—100 ccm Inhalt)
von der Art, wie sie in einigen Laboratorien zum
Ausftillen von Heilseris verwendet werden. Solche
Ampullen, mit ausgezogenem, langem Halse sind
sehr bequem zum Aufbewahren steril gewonnenen
Serums, da die Glash&lse sehr gut zu verschmelzen
sind, sogar auf einer gewohnlichen Spirituslampe.
Auf den Hals ziehen wir (siehe unsere Zeich-
nung) ein gleich weites, ca. 10 cm langes Gummi-
rohr.
Vorher wird die Ampulle mit einer 5-proz.
zitronsauren Natronlosung bis zu */ t0 des Volumens
gefullt. Natrium citricum hindert, wie be-
kannt, das Gerinnen des Blutes, wobei sich alle
seine morphologischen Bestandteile, sowie etwaige
Parasiten sehr gut erhalten. Auf das Gummirohr
wird ein Quetschhahn gesetzt und das offene Ende
wird mit einer groBen Spritze von 50—100 ccm ver-
bunden. Durch einige Bewegungen des Kolbens
entfernen wir aus der Ampulle einen bedeutenden Teil der Luft, so daB
das Gummirohr flach wird. Jetzt entfewen wir die Spritze und verbinden
das Rohr mit einer Hohlnadel. Die Nadel setzen wir in ein Probier-
glas von entsprechender Gr6Be. In solcher Gestalt wird der Apparat
wie gewohnlich im Autoklaven sterilisiert.
Die Benutzung des Apparates ist sehr einfach. Die Nadel wird aus
1) Dschunkowsky, E., Apparat zur Bterilen Defibrinierung des Blutes. (Cen-
tralbl. f. Bakt. Bd. XXXII. 1904.)
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368
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
dem Probierglas in die Vene gesetzt (Vena jugnlaris), wobei das
Glas entweder mit den unbesch&ftigten Fingern der rechten Hand ge-
halten wird Oder frei auf derselben steht Nacb der EinfGhrung der
Nadel in die Vene wird der Quetschhahn gedffnet, das Blut flieBt schnell
in das Glas und fflllt es in einigen Sekunden. Dann wird der Quetsch-
hahn geschlossen und die Nadel wieder in das Probierglas gesteckt.
1st es wiinschenswert, so kann man nach der FQllnng des Ampullen-
halses denselben verschmelzen.
Solche kleine. sehr portative Apparate konnen einen grofien Dienst
bei speziellen Expeditionen erweisen, wenn man das Blut nicht an Ort
und Stelle genau untersuchen kann. Dank ihrer geringen Grofie, kann
man eine genGgende Anzahl der Ampullen mit sich fQhren, ohne sein
Gep&ck zu belasten.
: . — ■ - -■ 1 -?■— ■ — —.. 't sjssi-. : .. -M
Die Redaktion des „Centralblatts /Ur Bakteriologie und Parasitenkunde ? c
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn
Lieferung von besonderen AbdrUcken ihrer Aufsdtxe entweder bei der Ein*
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturaoxiige direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fiscner tn Jena , gelangen %u lassen.
Inhalt.
Bartel, Julius und Stein, Robert, Zur
Biologie schwachvirulenter Tuberkel-
bacillen. (Forts.), p. 264,
Blumenthal, J. M. und Upskerow, M.,
Vergleichende Bewertung der differen-
tiellen Methoden zur Fftrbung des Diph-
theriebacilluR, p. 359.
Breit, Zur Tuberkulosefrage der Kuh-
pockenlymphe, p. 271.
Bruini, O., (Jeber die thermophile Mi-
krobenflora des menschlichen Darm-
kanals. (SchluB.), p. 298.
Dscbunkowsky, E. und Luka, S., Appa-
rat zum sterilen Blutentnehmen zwecks
Untersuchungen, p. 367.
Fermi, Claudio und Bassu, E., Weitere
Untersuchungen iiber Ana6robiose.
(Forts.), p. 241.
de Jong, D. Die Steigerung der Yiru-
lenz des menschlichen Tuberkelbacillus zu
der des Rindertuberkelbacillus. (Schlufi.),
p. 254.
Berner, Julius, Experimenteller Beitrag
zur H&molyse und zur Agglutination der
Streptokokken. (Schlufi.), p. 329.
Landsteiner, Karl, Ueber die Unter-
scheidung von Fermenten mit Hilfe von
Serumreaktionen, p. 344.
Ldwit, M., Berichtigung, p. 328.
Lftdke, H., Untersuchungen fiber die ba-
cillkre Dysenterie, p. 289.
—. —, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
(Forts.), p. 320.
M aldague, L., Bacilles d’Eberth dans un
kyste de Tovaire apr&s la gudrison d'une
fidvre typhoSde, p. 249.
Marscball, F„ Die Bedeutung des Endo-
schen N^hrbodens fiir die bakteriologi-
sche Typhusdiagnose, p. 347.
Ottolenghi, D. und Mori, B., Die Wir-
kung des Aethyliithers auf die h&mo-
lytischen und bakteriziden Sera, p. 338.
Pfaff, Frans, Eine infekddse Erkrankung
der Kanarienvflgel, p. 275.
Speiser, F., Eine zweite Rattenlaus aus
Abessinien, p. 318.
Stebbins jr., James, On the occurrence
of a large sized parasite of the Raryo-
lysus order, in the blood of Rana cla-
mata, p. 315.
Sftdmersen, H. J., Ueber eine infektiOse
Pneumonic der Kaninchen und deren
Bekfempfung mit Antiserum, p. 343.
Tiberti, N., Ueber den Transport des Te-
tanusgiftes zu den Riickenmarkszentren
durch die Nervenfasem, p. 281.
Ziemann, Hans, Beitrag zur Trypano-
somenfrage, p. 307.
Fromm&nnsche Bochdruckerd (Hermaao Pohle) In Jena.
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Centnlbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Nackdruck verboten .
Weitere Untersuchungen liber Anaerobiose.
[Aus dem hygienischen Institute der kgl. Universit&t zu Sassari.]
II. Mitteilung.
Von Prof. Claudio Fermi, unter Mitwirkung von E. Bassu, stud.
Mit 13 Figuren.
(SchluB.)
Entwickelung von auf Strichkulturen kultivierten
Anaerobe n.
Da die neuen Kulturmethoden einmal festgestellt waren, blieb uns
nicbts anderes mehr tibrig, als zu sehen, wie die genannten Anaeroben sich
in denselben verhielten. Da wir aufierdem zu unserem Studium Kul-
turen auf Oberfl&chen brauchten, wie jene, in denen sich besonders die
Wirkung der reduzierenden Mittel auf die Mikroorganismen zeigt, so
haben wir uns mit dieser Frage besch&ftigen mflssen. Die taglichen
Beobachtungen hatten uns gezeigt, dafi die Anaeroben sich selbst unter
den besten Bedingungen der Anaerobiose nur schwer auf der Oberfl&che
entwickeln. Dies liefi uns vermuten, dafi die AnaSroben aufier der Ab-
wesenheit des Sauerstoffs auch in das Substrat gesenkt und weit von der
freien Oberfl&che und somit unter einem hohen Druck sich befinden sollen.
Diese Hypothese, weiche tibrigens dem entspricht, was sich im
Tiere zeigt, in welchem die Anaeroben sich mit Vorliebe in die Tiefe
der Gewebe versenken, mufite besonders fQr uns sehr wertvoll werden.
*
* *
Versuch. Die Technik dieses Versuchs war folgende:
Mittels Paraffin befestigten wir an der Oberfl&che des Deckels eines
Kristallisators (Fig. 13) den Boden einer Petrischen Schale, weiche,
auf diese Weise zube-
reitet, nattirlich umge-
kehrt in den Kristalli- Glasplatte
sator kam, wenn dieser
zugedeckt wurde. Kali
Durch Aufstrei- pyrogail.
chen impften wir wie
gewdhnlich den gan-
zen Durchmesser der
Schale, nur den mittleren Teil der Impflinie bedeckten wir mit einer
kleinen Glasscheibe a , die mit Paraffin befestigt wurde, w&hrend wir an
beiden Enden der Scheibe die Impfungen frei an der Oberfl&che liefien.
Wir kehrten den Kulturapparat im Kristallisator, in dem sich Kali
pyrog. befand, urn, bis derselbe den freien Rand der Kapsel berfihrte,
und brachten ihn in den Thermostaten.
Mit diesem Versuche erzielten wir, dafi die Mikroorganismen einer
und derselben Impfung sich gleichzeitig unter ein und derselben an-
a&robischen Bedingung und unter verschiedenen Druckverh<nissen be-
fanden.
Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle sichtbar:
Ento Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4.
24
Original from
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370
Contralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Entwickelung auf
freier Oberflache
Versuch
Entwickelg. unter
der Glasplatte
Versuch
1
2
3
4J
5
1
1 2
1 3
4
lA
B. tetani
+
+
4-
4-
+
4-
4-
+
_
_
B. anthracis symptomatici
+
+
—
4-
—
+
—
—
4-
—
B. oedemat. maligni
4-
4-
4-
—
—
+
—
+
—
—
Kiiseanaeroben No. 1
+
—
—
4-
4-
+
—
_
+
4-
o
+
+
+
—
4-
4-
+
+
—
—
» tt ^
+
i +
+
—
—
4-
+
+
—
—
Faecesanaeroben No. 1
—
+
4-
+
—
_
+
+
—
9
it 11 **
—
I —
+
+
4-
—
—
+
—
—
Anaeroben aus faulen Flutgraben No. 1
+
+
+
4 .
4 .
4_
+
+
+
+
9
tt tt tt yy yy u
4-
1 4-
i +
+
+
+
+
1 4-
Resultat. Die Entwickelung zeigte unter tier Glasplatte wie auf der
freien Oberflache keinen groBen Unterschied.
Auch aus diesem Versuche konnte man sehen, daB Stichkulturen
stets iippiger waren als Strichkulturen.
Resultat: Die im allgemeinen sp&rliche Entwickelung
der Strichkultur war ungefahr gleich sowohl unter der
Glasscheibe als auch auBerhalb derselben. Auch bei
diesem Versuche best&tigte sich die Tatsache, daB die
Entwickelung sich besonders bei den Impfungen ent-
weder durch Aussaen vor dem Erstarren des Agars Oder
bei Stichkulturen zwischen Glas und Agar zeigte, spar-
lich und mangelhaft aber in jenen bei Strichkulturen.
Entwickelung der Anaeroben
Mikroorganismen
I. Methode
II. Methode
<D
*8
ja
M
o
s
Kon troll versuche
Methode
Kontr.-
Versuch
i
Ungekochter Agar
Gekochter Agar
is
a a
>
;i
N ei
S 2
tl. >,
<2 a,
Gekochter Agar und
Paraffinschicht
Agarkultur. in Rea-
genzglasern in Kali
! pyrog. umgekehrt
C2 4?
c tc
E
a P
i.g>
1 *1
B. tetani
+ +
4
+
+
+ +
B. anthracis symptomatici
—
+ +
4
+
+
—
+ +
B. oedemat. maligni
—
+
+
+
+
-1
+ +
Anaeroben aus Kase No. 1
—
+
4
+
+
— —
+ +
9
yy yy yy yy u
0
+ +
4
+
—
—
+ +
Q
yy yy yy »» °
—
+ +
4
+
+
—
+ +
Anaeroben aus faulen Fliissigkeit. No. 1
—
+ +
4
+
i _
—
+
yy yy yy yy 2
—
+ +
-4-
+
—
—
+
Q
yy yy n » yy °
—
+ +
4
+
+
+
Anaeroben aus Faeces No. 1
— —
+ +
4
+
+
— 1
+
9
yy yy yy yy *
—
+ +
4
+
+
—
+
yy yy yy yy ^
—
+ +
4
+
+
—
+
Anaeroben aus Boden No. 1
—
1 + +
4
+
+
— —
+
9
yy yy yy yy u
—
+ +
4
+
+
—
+
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
Fermi u. Bassn, Weitere Untersuchungen tiber Anaerobiose.
371
Versuche mit neuen, oben beschriebenen Kultur-
m etho de n.
Die hier mitgeteilten Versuche batten uns in die Lage versetzt,
sehr erfolgreiche Methoden bei der Zubereitung anaerobiseher Kulturen
zur Verfiigung zu haben. Wir benutzten dieselben nun, um die uns
gesetzten Probleme zu studieren.
Die Technik der einzelnen Methoden befolgend, impften wir den
Tetanusbacillus, den Bacillus des malignen Oedems, Bac. anthracis
symptomatici sowie andere aus Kase, aus fauligen Fliissigkeiten, aus
Kot von Sauglingen isolierte Anaeroben und einige andere aus dem
Boden, ohne jedoch die Kontrollproben zu vergessen. Letztere bestanden
teilweise in gewohnlichen anaeroben Kulturen derselben Mikroorganis-
men, bei welchen Kulturen 0 2 , wie wir bewiesen haben, stets zuriick-
bleibt, teilweise in gleichen von uns angewandten Kulturen, zu welchen
man jedoch die Luft dringen lieB.
Wir werden die Ergebnisse in folgenderTabplle (p.370 u.371) sammeln.
Resultat: Aus den Tabellen geht hervor:
1) Dafi die Anaeroben sich in Gegenwart des vorhan-
denen freien Sauerstoffs entwickeln.
2) Dafi ihre Entwickelung mit dem Verschwinden des
letzteren nachlaBt.
*
* *
Sauerstoffbinden de Wirkung des Kali pyrogallicum
im Substrat.
In der Voraussetzung, dafi die Mikroorganismen sich der geringsten
Spuren des trotz der zur Entfernung desselben angewandten Methoden
nach den neuen Ku It ur methoden.
24*
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372
Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
im Substrat zurflckgebliebenen freien oder im Augenblick der Impfung
tibertragenen Sauerstoffs bedienen konnen, kamen wir auf den Gedanken,
dem Substrat Kali pyrog. beizumischen.
Doch war es vor allem notwendig, festzustellen, in welchen Pro-
portionen letzteres noch unschadlich fflr die Mikroorganismen war.
Wir studierten daher zuerst einzeln die entwickelungshemmende
Wirkung des Ac. pyrog. und des Aetzkali in verscbiedenen Proportionen
und dann des Kali pyrogallicum.
1) In welchen Verhaltnissen hemmt Pyrogallussftnre
die Entwickelung der Mikroorganismen?
Um festzustellen, in welchen Proportionen die dem Substrat beige-
fflgte PyrogallussSure nicht antiseptisch wirkt, bereiteten wir ein Sub¬
strat mit Va—1 —2 1 l 3 —5 Promill, und 1 Proz. Ac. pyrog. und impften
verschiedene Mikroorganismen sowohl in Kapseln durch Aufstreichung
als auch in Rohren durch Stich.
Resultat: Die Pyrogallussfture start selbst im Ver-
haitnis von 2 1 / g Promille gewflhnlich die Entwickelung
nicht.
2) In welchen Verhaltnissen hemmt Kalihydrat die
Entwickelung der Mikroorganismen?
Dieser Versuch ist in Bezug auf die Technik dem vorhergehenden
gleich. Der Zweck desselben war, die den Mikroorganismen unter den
gegebenen Bedingungen ertraglichen Proportionen von Kalihydrat fest¬
zustellen.
Resultat: Das Kalihydrat beginnt in den Proportionen
von 5 Promille die Entwickelung der Mikroorganismen
zu verhindern.
3) In welchen Verhaltnissen hemmt Natriumkarbonat
die Entwickelung der Mikroorganismen?
Wir machten mit diesem Stoffe, wie mit den beiden vorigen, Ver-
suche und erhielten folgendes
Resultat: Das Natriumkarbonat hindert nicht einmal
im Verhaltnis von 1 Proz. die Entwickelung der beobach-
teten Mikroorganismen.
4) In welchen Verhaltnissen hemmt Kali pyrogalli¬
cum die Entwickelung der Mikroben?
Nachdem wir die hemmende Wirkung von Ac. pyrog. und Aetzkali
festgestellt hatten, versuchten wir in derselben Weise die hemmende
Wirkung des Kali pyrogallicum festzustellen.
Resultat: Das Kali pyrogallicum stort in den Verhaltnissen von
2 1 / g Promille die Entwickelung nicht.
Die Ergebnisse dieser letzten Reihe von Versuchen sind in folgender
Tabelle (p. 373) angegeben
Resultat: Auf Kulturen nach den Methoden 1, 2, 3, 4 bei Zu-
fligung von Kali pyrogallicum fehlte, wie aus der Tabelle zu ersehen
ist, die Entwickelung oft vollstandig.
Da das dem Substrat beigemischte 2 1 /j-promill. Kali pyrog. die
Entwickelung der zu studierenden Anaeroben noch erlaubt, wiederholten
wir die Methoden 1, 2, 3, 4 bei Zufiigung von Kali pyrogallicum zu dem
Kulturboden (p. 373).
Resultat: Die mit dieser Methode erhaltene vollkom-
mene AnaSrobiose hemmt, anstattsie zu begflnstigen, die
Entwickelung der echten Anaeroben.
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373
Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen iiber Anaerobiose.
Wirkung des Kali pyrogallicum im Substrat auf die Mikroorganismen.
Mikroorganismen
Pyrogallussiiure
KOH
Natrium
carbon at.
Kali pyrog.
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Die neuen Methoden bei Zufiigung von Kali pyrogallicum im Substrat.
do h.ali
ltkalt.
1
Methoden
Mikroorganismen
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UNIVERSITY OF CHICAGO
374
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Allgemeiner Ueberblick auf die erhaltenen Resultate.
1) Aus der kritisch-experimentellen Arbeit ergibt sich, daB in den
nach den alten bekannten Methoden angestellten AnaSrobenkulturen stets
freier Sauerstoff vorhanden ist
2) Wir haben dagegen verschiedene neue Anaerobiosenmethoden
bescbrieben, in welchen 0 2 mit den gewdhnlichen Mitteln nicht nach-
weisbar ist.
3) Man erh< eine vollstSndigere Anaerobiose, wenn man den
Kultursauerstoff mittels einer reduzierenden Substanz aufsaugen lafit,
als wenn man die Kulturatmosphare durch ein anderes Gas ersetzt.
4) Mittels Aufkochens entfernt man leichter den Sauerstoff aus der
Gelatine als aus der Fleischbriihe, und noch viel leichter aus dem
Agar.
5) Die Substanzen, die am geeignetsten sind, das Substrat wahrend
des Abkochens gegen das Eindringen von 0 2 zu schfltzen, sind Paraffin,
Vaselin oder Paraffinol — Vaselin steht etwas den zwei anderen nach.
6) Betreffs der in Kali pyrog. umgekehrten Kulturen sind die
Strichkulturen in Kapseln den Stichkulturen in Rdhren vorzuziehen.
7) Das durch die Mischung von 10 g Aetzkali, 10 g Pyrogallussaure
und 100 g Wasser erhaltene Kali pyrog. ist am aktivsten, denn wir er-
zielten mit demselben das Maximum der Absorption in 2 Stunden, wSh-
rend wir bei anderer Zusammensetzung dasselbe nach 48 Stunden er-
langten.
8) Das sublimierte Chromchloriir ist ohne Zweifel aktiver und
weniger schadlich als das nach der Recouraschen Methode zubereitete
Chromchloriir.
9) Das sublimierte Chromchloriir ist schon sehr wirksam in den
Verhaltnissen von 0,4 : 30. In 24 Stunden saugt es den ganzen Sauer¬
stoff in der Atmosph&re eines gewdhnlichen, von uns gebrauchten Ge-
fafies auf.
10) Der Phosphor hindert in Hinsicht auf unsere Versuchsbedin-
gungen, abgesehen von seiner reduzierenden Wirkung, nicht die Ent-
wickelung der Keime.
11) Die Anaeroben entwickeln sich sehr gut sowohl in Symbiose mit
den lebenden Blastomyceten als auch in toten Kulturen und Produkten
des Stoffwechsels derselben.
12) Die Blastomyceten besitzen eine stark reduzierende Wirkung,
die jeDer vieler chemischen Substanzen nicht nachsteht.
13) Die Anaeroben entwickeln sich besser in Stich- als in Strich¬
kulturen.
14) Samtliche bekannten absoluten Anaeroben entwickeln sich in
Gegenwart des freien Sauerstoffs und sind somit im engeren Sinne des
Wortes keine obligaten Anaerobien.
15) Die Entwickelung der Anaeroben ist kr&ftiger, wenn sich im
Substrat Spuren von freiem Sauerstoff vorfinden, als wenn dieselben fast
verschwunden sind.
16) Die PyrogallussSure im Verhaitnis von 2 1 /* Promille stdrt ge-
wohnlich die Entwickelung der von uns studierten AnaSroben nicht.
17) Kalihydrat ertragen die von uns studierten Mikroorganismen
auch im Verhaitnis von 5 Promille, das kohlensaure Natron zu 1 Proz.
18) Die absoluten Anaeroben entwickeln sich sehr gut in einem
mit 2 1 /, Promille Kali pyrog. versetzten Nahrboden.
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UNIVERSITY OF CHICAGO
Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen fiber Anaerobiose.
375
19) Folglich kbnnen wir den Schlufi ziehen, dafi es keine wirklich
absoluten Anaeroben gibt, da sich alle in Gegenwart von Sauerstoff ent¬
wickeln. Wir haben in der Tat im ersten Teile unserer Arbeit ge-
zeigt, dafi in alien in der Bakteriologie bekannten Anaerobenkultur-
methoden sich freier Sauerstoff befindet, und im zweiten Teile, dafi die
Entwickelung der Anaeroben immer mehr nachlafit, je mehr die Spuren
des freien Sauerstoffs aus der Kultur entfernt werden.
20) Dafi es auch keine wirklich fakultativen Anaeroben gibt, inso-
fern, dafi keines derselben sich auf strengen Anaerobenkulturen nach den
besten von uns beschriebenen Methoden entwickelt.
*
* *
Schlufibetjrachtungen.
In unserer Arbeit haben wir bewiesen, dafi die bishenge Enteilung
in Aeroben und obligate und fakultative Anaeroben nicht vollstfindig
richtig ist. Wir halten es jedoch ffir angemessen, uns noch mit dieser
raerkwflrdigen Grnppe von Mikroorganismen, die bisher als vom allge-
meinen Gesetze der Biologie ausgeschlossen galten, jetzt aber, unserer
Meinung nach, sich demselben anschliefien, zu beschaftigen.
Gibt es in der Natur den Fall eines vollstandigen Mangels des
Sauerstoffs, dieses so allgemein verbreiteten Gases?
Untersuchen wir ein wenig die natfirlichen Lebensbedingungen der
Anaeroben. Wir finden dieselben sowohl in den lebenden Organismen
als auch in der aufieren Welt.
In den Infektionen, z. B. beim Tetanus, dringen sie ein mittels
tiefer Wunden, besonders Stichwunden, wo der Sauerstoff der Luft nicht
hingelangen kann, und kbnnen sich infolgedessen ungestort entwickeln.
Ebenso finden wir sie in den Zersetzungen der Flfissigkeiten, wo ihr
Leben durch die Symbiose mit anderen Arten von aeroben Mikroorga¬
nismen begflnstigt wird.
Die Tatsache aber, dafi dies der Entwickelung der sogenannten An¬
aeroben gQnstige Bedingungen sind, sagt uns nicht, dafi sie sich ohne
den Sauerstoff entwickeln; man mfifite beweisen, dafi dieses Gas an den
Lieblingsaufenthaltsorten dieser Gruppe von Mikroorganismen absolut
fehlt.
Wenn Pasteur die Tatsache hervorhebt, dafi an der Oberflfiche
einer stinkenden Flfissigkeit sich ein H&utchen von sich entwickelnden
anaeroben Mikroorganismen bildet, welche den Sauerstoff der Flfissig-
keit verzebren, das fernere Eindringen dieses Gases verhindern und auf
diese Weise erlauben, dafi in der Tiefe die AnaSroben ihr Werk be-
ginnen, so beweist dies noch nicht den vollstandigen Mangel des Sauer¬
stoffs am Entwickelungsorte der Anaeroben; und wenn Bienstock 1 )
mittels genauer Versuche mit reinen Kulturen diese Tatsache behauptet,
so beweist er die wirkliche Existenz des anaeroben Lebens nicht; denn
er glaubte, nicht beweisen zu mflssen, ob in der Entwickelungsfliissigkeit
Sauerstoff vorhanden war. Dies ware notwendig gewesen, um den Ver-
such erschdpfend durchzufflhren.
Kedro wski 2 3 ) und Scholtz 8 ) geben uns in diesem Punkte recht,
denn sie saben, indem sie bewiesen, dafi auch die strikten Anaeroben
1) Bienstock, Arch. f. Hye. Bd. XXXVI. Heft 5. p. 335.
2) Kedroweki, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XX. 1895.
3) Scholtz, Zeitschr. f. Hyg. Ba. XXVII. 1898. p. 132.
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Original fro-m
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376
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4.
sich in Flflssigkeiten und in offenen Gef&Ben ohne AusschluB des Sauer-
stoffs knltivieren lassen, wenn sie nur agrobische Saprophyten mit ibnen
zusammen wachsen lieBen, daB die Luft die Entwickelung der Anaeroben
nicht verhindert. Diese wird nur durcb einen starken Sauerstoffstrom
(5 1 stflndlich in 5—10 can N&hrflGssigkeit) gehemmt.
Diese Versnche zeigen uns, daB, wenn die AnaSroben natflrlicher-
weise des Zusamenlebens mit den Agroben bedflrfen, urn sich in faulen
Flflssigkeiten entwickeln zu kdnnen, die vollstandige Abwesenheit des
Sauerstoffs nicht absolut notwendig ist.
Dies haben flbrigens Kitt 1 2 3 ) fflr den B. anthracis symptoma-
tici, Braatz*), Belfanti und Pescarolo 8 ), Sanchez Toledo
und Veillon 4 5 ), Vaillard und Vincent 6 ), Grisconi 6 ), Ferran,
Sanfelice, Valagussa 7 ) und Tarozzi 7 ) in Bezug auf Tetanus-
bacillus, und Beijerinck 8 ) in Bezug auf das Granulobacterium
gezeigt.
Aus dem, was wir gesagt haben, geht hervor, daB, wie fflr die ver-
schiedenen Arten der obligaten Agroben, der zur Entwickelung not-
wendige Spannungsgrad des freien Sauerstofts verschieden ist, wie dies
Engelmann 9 ) und Beijerinck 10 ) beweisen, so auch fflr die An-
agroben ein Optimum der Spannung besteht, in welchem sie sich vor-
zugsweise entwickeln, wie dies in Bezug auf die Temperatur, das Licht,
die Konzentration der N&hrsubstrate, die Menge der Salze, des Wassers
u. s. w. der Fall ist. Auch fflr diese besteht in der Tat, wie wir in
unseren Versuchen gesehen haben, eine Partialspannung des Luftsauer-
stoffs, flber welche hinaus eine Entwickelung nicht mehr mSglich ist.
Es ist dies dieselbe Tatsache, welche die beiden genannten Autoren
in Bezug auf die obligaten Aeroben bemerkten, welche, mikroskopisch
in flflssigen Kulturen gesehen oder mit dem Mikroskop im h&ngenden
Tropfen betrachtet, sich je nach dem grgfieren oder geringeren Bedflrf-
nisse von Sauerstofif und im Verh<nis zu der Entfernung von der
Quelle des letzteren verhielten, indem sie geometrische Figuren an-
nahmen, stets den Punkt des Optimums der Sauerstoffspannung inne-
haltend; dieselbe Tatsache, sage ich, zeigt sich bei den Anagroben.
Auch diese suchen den* Punkt des Optimums der Spannung des Sauer-
stoffs und entwickeln sich dort mit Vorliebe, wie dies Sanfelice be-
merkte und wie dies beim Vergleichen der peripheren Kolonieen mit
den zentralen bei den bedeckten Scheibenkulturen leicht zu sehen ist.
Die Mikroorganismen verhalten sich also dem Sauerstoff gegenflber
verschiedentlich, je nach ihrem Optimum der teilweisen Spannung in
Bezug auf dieses Gas.
Sinkt das Verh<nis des Sauerstoffs in der Tat unter das Opti¬
mum der Spannung, so gewahrt man in gewissen Mikroorganismen ein
Nachlassen gewisser Funktionen (Pigmentbewegung, G&rung u. s. w.).
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. p. 168.
2) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. p. 168.
3) Giorn. della r. accad. med. di Torino. Turin 1898. Mai.
4) Arch, de m4d. expdr. 1890. p. 709.
5) Ann. d’igiene sperim. della r. univ. di Roma. Vol. VIII. p. 406.
6) Ann. d’igiene eperim. della r. univ. di Roma. VoL VIII. p. 406.
7) Ann. d’igiene sperim. della r. univ. di Roma. Vol. VIII. p. 406. — Atti della
R. accademia dei fisicritici Serie IV. Vol. XV.
8) Arch. Norland. T. II. S4r. 2. 1899. p. 397.
9) Engelmann, Botan. Ztg. 1881. p. 441; 1882. p. 338; 1888. p. 626.
10) Beijerinck, Centralbl. i. Bakt. etc. Bd. XIV. 1893. p. 837.
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Fermi u. Bassu, Weitere Untersuchungen uber Anaerobiose.
377
und wenn man eine Steigerung der Spannung hat, so kann die Ent-
wickelung g&nzlich fehlen, wie Sanfelice 1 ) in Bezug auf den Pro¬
teus vulgaris, den Bacillus subtilis indes; Obici*) in Hin-
sicbt auf den Tuberkelbacillus; Engelmann*) in Bezug auf die
Spirillen und Chudiakow 4 ) in Hinsicht auf den Bac. subtilis be-
merkten.
Andere Anaeroben entwickeln sich hingegen mit Vorliebe nur in
Spuren von freiera Sauerstoff. Unsere Versuche fiber die Symbiose als
Mittel anaerober Kultur haben uns auBerdem gezeigt, dafi die Anaeroben
sich nicht nur mit den Blastomyceten zusammen kultivieren lassen, son-
dern sich auch mit den Produkten des Stoffwechsels derselben ent¬
wickeln. Diese Tatsache bringt uns auf den Gedanken, dafi die An-
afiroben sich von selbst den Weg zur Entwickelung mit den Produkten
ihres Stoffwechsels bahnen, indem sie sich so eine der ibrem Leben not-
wendigen Bedingungen schaffen.
Trenkmann 6 ) bemerkte in der Tat, dafi Schwefelwasserstoff die
Entwickelung der Anaeroben in Gegenwart des freien Sauerstoffs be-
gfinstigt. Wir wissen auBerdem, dafi der N&hrboden, auf welchem die
Anafiroben sich entwickeln, immer von Schwefelwasserstoff durchdrungen
ist, und dafi die Entwickelung besonders auf sauerlichem, von Gehirn
gebildetem Boden krfiftig ist.
An diese Tatsache schliefien sich die Versuche Kedrowskis 6 ),
Novys 7 ), Kitts 8 ), Braatz’ 9 ) und Hiblers 10 ) fiber die Entwicke¬
lung der Anafiroben in reinen Kulturen, in flfissigem Boden und in
Gegenwart der Luft an. Uns erscheint daher die Erkl&rung, welche
Scholtz ll ) in dieser Hinsicht gibt, wahrscheinlich. Letzterer sagt,
dafi die Anafiroben im Innern der Kulturteilchen oder auch auf dem
Boden der Kulturgef&Be einen vollstfindig aeroben Raum linden, und
dafi sie selbst daran denken, denselben anaerobisch zu machen, indem
sie den Nfihrboden mit den Produkten ihres Stoffwechsels fallen. Sie
wfiren also ffihig, sich selbst die notigen Lebensbedingungen zu schaffen.
Dafi der Sauerstoff wirklich, selbst bei geringen Spuren, zum Stoff-
wechsel der Anaeroben notwendig ist, beweist Beijerinck 12 ), welcher
beobachten konnte, dafi der vollstandige Mangel an Sauerstoff nicht das
zu ihrer Entwickelung gfinstige Optimum der Verh<nisse darstellte,
da sie sich in Gegenwart der geringsten Spuren von Sauerstoff meist
krfiftiger entwickeln. Auch Chudiakow 13 ) zeigte durch erschfipfende
Versuche, dafi die kleine Menge von Sauerstoff (0,5 Proz.), welche der
Entwickelung des Bacillus des malignen Oedems und dem des Tetanus
gfinstig ist, sich nicht wie ein gleichgfiltiges Gas verhfilt, sondern tat-
s&chlich im Stoffwechsel verzehrt wird.
1) Sanfelice, Ann. d’igiene sperim. della r. univ. di Roma. Vol. 1892. p. 348.
2) Obici, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XIX. 1896. No. 9/10.
3) Loc. cit.
4) Chudiakow, Ref. Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. IV. 1898. p. 389.
5) Trenkmann, Centralbl. f. Bakt etc. Abt. I. Bd. XXI 11. 1898. p. 1030,
1087.
6) Kedroweki, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankheiten. Bd. XX. 1895.
7) Novy, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XIV. 1893. p. 581.
8) Kitt, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. 1895. p. 168.
9) Braatz, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XVII. 1895. p. 737.
10) Hibler, Centralbl. f. Bakt. etc. 1899. p. 517.
11) Scholtz, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 1898. p. 132.
12) Beijerinck, Ref. Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. VL 1900. p. 341.
13) Chudiakow, Ref. Zeitschr. f. Hyg. Abt II. Bd. IV. 1898. p. 389.
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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Gunning 1 2 3 ) und Beijerinck*) bewiesen ebenfalls, dafi sich die
AnaSroben besser in Gegenwart geringer Spuren von Sauerstoff ent-
wickeln.
Man wfirde aber nicht begreifen kfinnen, wie diese Anaferoben sich
so riesig vermehren kfinnen, da sie ja nur die geringsten Spuren von
Sauerstoff zur VerfQgung haben, wie dies natflrlicherweise in den Ein-
geweiden der Fall ist, w&hrend wir durch Lfibbert 8 ), der zuerst die
Atmung der Bakterien, und durch Hesse 4 5 ), welcher dieselbe ein-
gehender studierte, wissen, dad die Entwickelung im Verh<nis zu dem
Gaswechsel steht
Es bleibt daher keine andere Hypothese als die, dafi sie die Eigen-
schaft besitzen, den fehlenden Sauerstoff aus den Substanzen zu ziehen,
welche das Substrat bilden.
Beijerinck bemerkte in der Tat, dafi die AnaSroben einer leicbt
umwandelbaren Substanz bedQrfen, gerade weil sie den Sauerstoff aus
dem Substrat ziehen, wodurch sich der Zweck ihrer bedeutenden G&rungs-
f&higkeit erkl&rt.
Die gleiche Tatsache beobachtete auch Hesse. Er bemerkte, dafi
die Entwickelung der Anafiroben durch die Amidosfiuren, Naphthole u. s. w.
begfinstigt wird, w&hrend die oxydierenden Substanzen, wie z. B.
Chromkali, Jods&ure, ihr sch&dlich sind.
Aufierdem wissen wir, dafi aus dem Stoffwechsel sich freier, aktiver
Sauerstoff entwickeln kann, wie es Wurster 6 ) bewiesen hat, indem
er Tetramethylparaphenylendiaminpapier als Reaktiv benutzte.
Da wir nun gesehen haben, dafi die Anafiroben weniger gut in
einem g&nzlich an Sauerstoff freien Mittel gedeihen, so folgt, dafi
sie zu ihrer Entwickelung immer einer gewissen Menge freien Sauer-
stoffs bedfirfen, welche sie in die Lage versetzt, sich dieses Gas selbst
verschaffen zu kfinnen, indem sie dasselbe aus dem Substrat ziehen.
Wir sagen: Zu ihrer Entwickelung, denn da sie, wie die anderen
Bakterien, auch die Eigenschaft besitzen, im latenten Leben zu existieren,
so kdnnen sie natOrlicherweise in diesem Zustande mehr oder weniger
auf den Sauerstoff verzichten.
Auch B o m y bewahrte verschiedene luftdicht verschlossene Kulturen
von Mikroorganismen 4—5 Jahre lang im Zustande des latenten Lebens.
Die oben angeffihrte Hypothese wfirde eine Analogie mit der Tat¬
sache haben, die man in Zellen aller vertebralen Gewebe wahrnimmt,
welche nicht mit dem freien Sauerstoff in Beriihrung kommen, sondern
den Sauerstoff infolge ihrer chemischen Oxydierung dem Oxyhfimoglobin
entziehen, und w&re somit unbedingterweise dem Gesetze der allge-
meinen Physiologie unterworfen, wdlches Verworn®) infolge der Er-
kl&rung der von Hermann 7 ) beobachteten Tatsachen fiber die erhaltene
Reizbarkeit des Musculus gastrocnemius eines Frosches, der in einen mit
1) Gunning, Journ. f. prakt Chemie. N. F. Bd. XVI. No. 17. p. 20.
2) Beijerinck, Centralbl. f. Bakt etc. Bd. XI. 1892. p. 73.
3) Lubbert, Biolog. Spaltpilzuntereuchung dee Staphyl. pyog. aur. 1886. p. 5,
38 ff.
4) Hesse, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskr. Bd. XVII. p. 17, 183; Bd. XXV.
1897. p. 477.
5) Wurster, Anwendung des Tetramethylparapbenylendiamins fiir quantitative
Schatzung aktiven Sauerstoffs.
6) Verworn, Max, Fisiologia generate. Saggio sulla teoria della vita.
7) Hermann, Untersuchungen zur Physiolone der Muakeln und Nerven. Bd. III.
Berlin 1868.
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Fermi u. Bassu, Waiter© Untereuchungen fiber Anaerobiose.
379
Stickstoff gefQllten Cylinder gelegt war, feststellte. Hermann bediente
sich dieser Tatsache, um zu beweisen, dafi, wenn der an Sauerstoff
Mangel leidende Muskel noch Kontraktionen zeigt, derselbe auf Kosten
der Scheidungsprozesse arbeiten mull; denn nach dem Zerstflckeln und
dem Ansbluten desselben konnte mit der Pumpe kein Sauerstoff mehr
entzogen werden.
Verworn fand die Erklfirung nicht entsprechend und unwahr-
scheinlicb, denn aus der Tatsache, dafi man dem Muskel keinen freien
Sauerstoff mehr entziehen kann, darf man nicht schliefien, dafi sich im
Muskel kein ffir die Oxydierungsprozesse brauchbarer Sauerstoff mehr
befindet, und er halt es ffir wahrscheinlicher, dafi im Muskel und beson-.
ders im Sarkoplasma der Fibrillenbfischel kombinierter Sauerstoff vor-
handen ist, der bestfindig von den dehnbaren Teilchen infolge ihrer
Oxydierung verzehrt wird.
Von dieser Hypothese geht Verworn zu dem Schlusse fiber, dafi
in den Zellen, die noch eine gewisse Zeit ohne Sauerstoff leben, noch
Oxydierungsprozesse vor sich gehen, denn gewisse Atomkomplexe der
lebenden Substanzen, welche Sauerstoff enthalten, entziehen den Sauer¬
stoff infolge eigener Oxydation anderen Atomkomplexen, in denen der
Sauerstoff feiner kombiniert ist, bis der Sauerstoff endlich vollstfindig auf-
gezehrt und mit den Trennungsprodukten kombiniert ist. Doch wie dies
auch sei, Verworn schliefit daraus, dafi, sobald der Sauerstoff nach
einer lSngeren Oder kfirzeren Zeit zu fehlen beginnt, alle anderen Orga-
nismen zu Grunde gehen; also ohne Sauerstoff gibt es kein Leben.
Dieses Gesetz, von welchem genannter Autor die Anafiroben aus-
schlofi, ist ffir uns ein allgemeines physiologisches Gesetz, dem auch
diese unterworfen sind.
Diese Ausnahme in der genialen Hypothese Mayers fiber das
Atmen des freien Sauerstoffs besteht also nicht, und wenn die Oxyda-
tionsprozesse in der Keihe der Stoffwechselprozesse einen wesentlichen
Prozefi bilden, ist es klar, dafi die Gegenwart des Sauerstoffs zum
Leben der Anafiroben notwendig und dafi die Anaerobiose nur eine
scheinbare Ausnahme im Gesetze der Natur ist
Die Anaeroben sind daher unserer Meinung nach Mikroorganismen,
deren Leben im VerhSltnis zu einem Optimum der Minimalspannung
des Sauerstoffs sich befindet, und welche aufierdem die Eigenscbaft be-
sitzen, dieses Gas infolge ihrer Entwickelung den Stoffen zu entziehen,
mit denen sie sich in Berfihrung befinden.
Dafi diese Eigenschaft in Verbindung steht mit dem Vorhanden-
sein eines besonderen Enzyms, welches die Zersetzung der schw&cheren
Kombinationen des Sauerstoffs leitet, kfinnte den Gegenstand weiterer
Forschungen bilden.
Die erwfihnte Eigenschaft und die Tatsache, dafi es mdglich ist,
die Anafiroben daran zu gewfihnen, unter einem, selbst lOmal grfifieren
Sauerstoffdruck zu wacbsen, als der ist, den sie gewfihnlich ertragen,
und der ihr Optimum darstellt, bringt uns auf den Gedanken, dafi fihn-
liche Ueberg&nge und das Sichanpassen in ihrem Leben von grofier
Wichtigkeit in der Natur sind.
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Braatz, Centralbl. f. Bakt etc. Bd. XVII. 1895. p. 737.
Nachdruck verboten.
Ueber das Verbalten des in Erdboden eingesaten
Typhusbacillus.
[Aus dem hygienischen Universit&tsinstitute in Mflnchen.]
Von Dr. W. Kallmann.
Bezugnehmend anf die unter obigem Titel 1901 von mir verOffent-
lichte Arbeit 1 ), kann ich jetzt deren Fortsetzung bringen.
Die damals erhaltenen Resultate zeitigten die Absicht, den Typhus-
bacillus nach Einsaat in sterile Erden, deren absolute Keimfreiheit
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXX. 1901. No. 8.
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Rullmann, Verhalten des in Erdboden einges&ten Typhusbacillus.
381
und Reinhaltung von anderen Bakterien wahrend einer Zeitdauer von
mindestens einem Jahre mit aller Sorgfalt herbeizufiihren sei, in mor-
phol ogischer und biologischer Hinsicht zu studieren. DaB erst
jetzt diese Fortsetzung erscheinen kann, ist dadurch begriindet, daB
mehrfach angestellte Versuche die groBe Schwierigkeit ergaben, Erde in
Mengen von 0,5—1 kg uberhaupt vollkommen keimfrei zu machen und
fflr lfingere Zeit steril zu erhalten. So kam es, daB zwei grofiere Ver-
suchsreiheu trotz aller verwendeten Mfihe schlieBlich als miBlungen an-
gesehen werden muBten.
Infolgedesseu wurden dann sogenannte Saftflaschen gewflhlt, die
zu '/» gefflllt jedesmal nur 50 g Erdmaterial entbielten; je 6 solcher
Flaschen wurden mitgewaschenem roten FluBsand,durchgesiebtem
Humus und Bauschutt beschickt. Nach wiederholten Sterilisations-
versuchen zeigte sich in den mit Humus beschickten Gl&sern immer
noch ein sporenbildender Bacillus, dessen Kolonieen sehr typhusahnlich
wachsen und wohl mit dem von mir seiner Zeit 1 ) beschriebenen identisch
waren. Endlich aber war vollkommene Abtfltung erreicht und im Gegen-
satze zu den frfiheren Versuchen erhielt jede Flasche nur ein zum
Durchfeuchten notwendiges Quantum sterileu Wassers. Abermaliges
Einstellen in den Briitschrank und 48-stQndiges Belassen daselbst brachte
dann nach Einsaat geringer Mengen aus jeder Flasche in ein Bouillon-
rShrchen den Beweis, daB endlich vollkommene Keimfreiheit erzielt war;
hierauf erhielt dann jede Flasche e i n e n ccm einer 48-stflndigen Typhus-
bouillonkultur (Stamm Mesenterialdriise) zugesetzt. S&mtliche Flaschen
wurden dann noch leicht mit Papierbogen flberdeckt, um hierdurch
schwebende und sp&ter sich senkende Luftkeime von dem Auffallen und
Durchdringen der Wattestopfen abzuhalten und so eine nachtragliche
Verunreinigung zu vermeiden; so vorbereitet, wurden diese Kulturen am
20. Dezember 1902 in einen selten geflffneten Schrank des Laboratoriums-
saales gestellt.
Die Darstellung von Typhusbouillonkultur fflr obigen Zusatz gab
Veranlassung, vergleichende Untersuchungen fiber das Eintreten der
Nitrosoindolreaktion anzustellen und wurden zu diesem Zweck vou
unseren s&mtlichen zehn St&mmen Gelatineplatten angelegt und von jeder
3. Platte eine isoliert liegende charakteristische Kolonie abgestochen
und in Bouillon bei 37 0 gezflchtet. Es zeigte sich, daB von den 24-
stflndigen Bouillonkulturen nur der Stamm Indien sofort eine leichte
Reaktion ergab. Diese Kulturen nach 20-tSgigem Stehen abermals unter-
sucht, ergaben fflr folgende Stfimme innerhalb einer Stunde leichte Reak¬
tion: Krdl, Mesenterialdrflse, Chiari, Martius, 96, Maurer,
Milz-Berlin. Keine Reaktion ergaben in dieser Zeit: Halle,
Indien und Alt. Demnach war nur in der frischen Bouillonkultur
vom Stamm Indien die F&higkeit der die Nitrosoindolreaktion herbei-
fflhrenden Peptonzersetzung vorhanden und die 20-tflgige Kultur hatte
sie eingebflfit. Durch Kitasato 2 ) ist bekannt, daB manche Coli-
Stflmme entgegen dem Verhalten der meisten flbrigen kein Indol bilden;
so ware es auch moglich, daB hier einige ausnahmsweise Indol bildende
Typhusbacillenstamme vorlagen. —
Im Mai 1903, also im 6. Monat nach der Einsaat, kam je eine
Kultur zur Untersuchung; die Erden waren noch gleichm&fiig feucht und
1) CentralbL f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXIX. No. 25. p. 969.
2) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. VII. 1889. p. 515.
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382
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
mit sterilem 0,2 g fassenden Ldffel wurden Proben entnommen ond m
Bouillon bei 37 0 gegeben. Bei alien drei Proben hatte sich die Bouil¬
lon nach 24 Stunden ohne H&utchenbildung getrflbt, gleichfalls
bei alien dreien war lebhafte, gerade fflr den Typhusbacillus so charak-
teristische Eigenbewegung im hflngenden Tropfen nachzuweisen und
Einstiche in Zuckeragar riefen keine Gftrung hervor.
Die Agglutination trat ein bei:
Humus in 10240-facher Verdtinnung
Sand „ 40 960 „ „
Bauschutt „ 40 960 „ „
Nach diesen befriedigenden Resultaten verblieben die flbrigen Kul-
turen am bisherigen Aufbewahrungsorte und wurden erst ein Jahr spfiter
— Mitte Juni 1904 — wieder untersucht.
Bei fluBerer Besichtigung zeigte sich, daft w&hrend Jahresfrist alle
Kulturen staubtrocken geworden waren.
Zun&chst gelangten nur geringe Erdmengen zur Einsaat in Bouillon;
nachdem solche aber nach 24-stflndigem Belassen bei 37 0 kein Wachs-
tum ergeben hatten, wurde entsprechend frflherer Erfahrung jedesmal
der ganze (ibrige Inhalt einer Saftflasche mit steriler Bouillon durch-
feuchtet und in den Brfltschrank gesetzt. Nach 48 Stunden gelangte
dann je 1 Oese auf 3 Gelatineplatten zur Aussaat. Die Platten von
Sand gaben kein Ergebnis; der eingesfite Typhusbacillus war voll-
st&ndig zu Grunde gegangen. Die Humusplatten dagegen zeigten
vereinzelte und die Bauschuttplatten zahlreiche typhusbacillen-
Shnliche Kolonieen. Auffallend war bei den Humusplatten die Ent-
wickelung abnormer Kolonieen, wie sie von Lehmann und
Neumann aufTafel 19 fflr Colonbacillen angegeben sind; solche geben
jedoch abgestochen und abermals zur Plattenkultur verwendet das zweifel-
los reine Bild von Typhusbacillenkolonieen.
Isoliert liegende Kolonieen dieser beiden Plattenarten dienten dann
nach 24-stflndigem Wachstum in Bouillon zum Nachweise der Eigen¬
bewegung, NichtvergSren von Traubenzuckeragar, Nitrosoindolreaktion,
Aussaat auf Kartoifeln u. s. w. und dann haupts&chlich zur Bestimmung
der Agglutinationsf&higkeit.
Hierbei ergab sich fflr beide das gleiche Resultat, indem Humus
in 2500-facher Verdflnnung noch sehr deutlich, bei 5000-facher Ver-
dflnnung aber schwach agglutinierte und Bauschutt sich genan
ebenso verhielt.
Nach dieser Zeit angestellte Versuche mit den noch flbrigen Erd-
kulturen blieben jedoch ergebnislos, da in keinem Falle eine Entwicke-
lung von Keimen nachzuweisen war. Somit war bei diesen Versuchs-
reihen nur bei Humus und Bauschutt eine Lebensdauer der Typhus-
bacillen in zuletzt vollkommen staubtrockner Masse festzustellen, wfihrend
er in der Sandkultur schon frflher vernichtet war.
Diese Resultate ergaben somit, daB
1) die Lebensfahigkeit des eingesflten Typhusbacillus in sterilen
Erden, welche zuletzt staubtrocken waren, fflr 18 Monate nachgewiesen ist;
2) daB biologische Ver&nderungen nach dieser Frist nur bezflglich
der Agglutination zu bemerken sind, indem solche . von 10 000- und
40000-facher Verdflnnung auf 2500 zurflckging;
3) die bei Humus platten nachgewiesenen abnormen Kolonieen-
wohl als belanglos zu bezeichnen sind, da solche abgeimpft und wieder
zu Plattenkulturen verwendet, die regelm&fiige Typhuskolonieform mit
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Ellermann* Einige F&ile von bakterieller Nekrose beim Menschen. 383
alien notwen digen Eigenschaften ergaben und sonstige morphologische
UnregelmfiBigkeiten nicbt beobachtet wurden.
Die in meiner eingangs angefuhrten Arbeit niedergelegte Anschauung,
daC die chemische Beschaffenheit der Erde wesentlichen Einflufi auf
die Lebensffihigkeit des eingesaten Typhusbacillus ausfibe, wird aufier
von Martin 1 2 ) anch von Levy und Kayser*) geteilt; auch die vor-
liegenden Resultate diirften wobl aufs neue diese Anschauung verstfirken,
da in dem an organischer Substanz firmeren und ilberdies noch besonders
ausgewaschenen Flufisande der eingesfite Typhusbacillus unter sonst
ganz gleichen Umstfinden eher als in dem Humus und Bauschutte
abgestorben ist.
MQnchen, den 31. Januar 1905.
Nachdruck verboten.
Einige Falle von bakterieller Nekrose beim Menscben 3 ).
[Mitteilung aus dem Blegdamshospital zu Kopenhagen.]
Von V. Ellermann, 1. Assistenten.
Mit 1 Tafel.
Bevor ich zu meinen eigenen Fallen iibergehe, muB icb in aller
Kfirze einige der Mikroben besprechen, welche bei nekrotischen Pro-
zessen der Tiere und des Menschen gefunden worden sind. Der best-
bekannte derselben ist der Nekrosebacillus. Dieser Bacillus wurde von
Loeffler bei der Kaiberdipbtherie gefunden. Spfiter wies Bang seine
S rofie Bedeutung in der Tierpathologie nach. Es gelang ibm auch, den
acillus in Reinkultur zu gewinnen. Im nekrotischen Gewebe liegen
die Bacillen in groBer Menge dicht an der Grenze des lebenden Gewebes,
in dem vereinzelte Bacillen eine Strecke weit ins lebende Gewebe ein-
dringen. Die Bacillen wachsen anaerob, und zwar nur auf serumhaltigen
Nfihrbfiden.
Der Nekrosebacillus wurde bei einer ganzen Reihe verschiedener
Tiere nachgewiesen. Beim Menschen wurde er aber bis jetzt nicht ge¬
funden. Nur Schmorl berichtet fiber unbedeutende Laboratoriums-
infektionen, nfimlich kleine Abscesse mit Nekrosebacillen im Eiter. Die
Vermutung, es handle sich bei der Noma urn eine Nekrosebacillen-
infektion, ist mehrfach aufgestellt, aber niemals bewiesen worden.
Bei den menschlichen Nekrosen hat man gewohnlich zwei andere
Mikroben, nfimlich einen spindelformigen Bacillus, Bacillus fusi¬
form is, sowie eine feine Spirochfite gefunden. Dieselben sind neulich
von Beitzke 4 ) in einer zusammenfassenden Uebersicht beschrieben
worden, weshalb ich nicht nfiher auf sie einzugehen brauche.
Es kfinnte also aussehen, als gehfirte der Nekrosebacillus ausschliefi-
lich den Tieren, und dafi der Fusiformis und die Spirochfite den
menschlichen Nekrosen eigentfimlich wfire. Die Ursache hiervon kdnnte
1) British Medical Journ. 1898. Jan. 8.
2) Centralbl. t Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903. No. 7.
3) Nach einem Vortrag, gehalten in der biologischen Qesellschaft zu Kopenhagen
am 27. Oktober 1904.
4) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXV. 1904. No. 1 u. 2.
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384
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
in besonderen Immunit&tsverhaitnissen gesucht werden, derart, daB z. B.
der Nekrosebacillus fflr den Menschen avirulent sei. Man kdnnte an-
nehmen, daB die reinlichere Lebensweise des Menschen einen Unterschied
bewirkte. Scbliefilich sei die Moglichkeit erw&hnt, daB diejenigen, welche
die Nekrosen der Tiere untersucht haben, wesentlich die Nekrosebacillen
berflcksichtigt, w&hrend umgekehrt die Mediziner die Fusiformes ge¬
sucht und gefunden haben.
Fail I.
9-monatlicher Knabe. Aufoenommen am 11. Novbr. 1903 wegen Krup. Heine
Infektionekrankheiten friiher. Von Aneteckung ist keine Bede. In den letzten drei
Tagen Heiserkeit, wozu sich spftter Husten und Atembeschwerden hinzugeeellten. Bei
der Aufnabme beetand etwae Heiserkeit und leichte Btenose. Respiration 36. Puls 128.
Temperatur 39,9. Nichts Besonderes bei der Brustuutersucbung. Kein Exanthem.
Dampfzimmer. Mixt. camphorat. Serum 4000 I.E.
12. November. 40,9/40,5. Benommen und kurzatmig. Kein Schlaf. Bei der
Morgenvisite cvanotisch und kalt. Um 9 Uhr gestorben.
Serumkultur: Keine Diphtheriebacillen.
Klinische Diagnose: Laryngitis. Pneumonie.
Die Sektion ergab folgendes: Diphtheritis faucium, Diphth. naao - pharyngealis,
Diphtb. laryngis, Adenitis colli. Pneumonia 1. inf. utriusque.
Die Belage waren gelb, fest, nicht abide bar, sahen aus wie die nekrotischen Scar-
latinabelage. Eine neue Serumkultur zeigte ebenfalls keine Diphtheriebacillen. In Leber
und Milz wurde nichts gefunden.
Schnitte der Uvula
zeigen im Innern die normalen Gewebsbestandteile, lymphoides Gewebe,
quergestreifte Muskelfasern, Schleimdrflsen. Das Epithel fehlt im ganzen
Umkreise; an seiner Stelle findet man eine teilweise ziemlich dicke Schicht
nekrotischen Gewebes, das durch seine Bl&sse sich gegen das lebende
Gewebe stark abhebt. DaB es sich um eine Nekrose und nicht etwa
um eine diphtheritische Membran handelt, ist daraus zu ersehen, daB
die Weigertsche Fibrinf&rbung ein negatives Resultat gibt; ferner
daraus, daB man ini blassen, kernlosen Gebiete thrombosierte Gef&Be
voll Kokken sieht. In Schnitten, die nach Claudius gef&rbt sind,
sieht man unter der Oberflfiche verschiedene Bakterien, besonders Kokken
in grofier Menge. Darauf folgt eine Schicht mit sp&rlichen Kokken und
Bacillen. Endlich begegnet man ganz in der Tiefe der Nekrose, an der
Grenze des lebenden Gewebes, einem dicbten Filz langer Bacillen, ge-
wdhnlich ohne Beimischung von anderen Mikroben (Fig. 1). Sie sind
palissadenfdrmig angeordnet derart, dafi sie senkrecht zur Grenzlinie
zwischen lebendem und totem Gewebe stehen. Diese groBe Anh&ufung
von Bacillen liegt also im nekrotischen Gewebe, aber vereinzelte Bacillen
gehen auch eine Strecke weit ins lebende Gewebe hinein (Fig. 2). Das
lebende Gewebe ist an dieser Stelle etwas mit Leukocyten infiltriert.
Die Bacillen f&rben sich mit gewOhnlichem Methylenblau schwach, besser
mit dem Loefflersehen Methylenblau. Sie enthalten oft stark gef&rbte
Babes-Ernstsche Kbrnchen (Fig. 3). Sie f&rben sich nicht nach
Gram, dagegen nach Claudius und nach Weigert Es zeigt sich,
dafi es nicht die Pikrins&ure oder das Jod-Jodkali ist, worauf es an-
kommt. Es ist die Entf&rbung, die entscheidend ist, und zwar derart,
daB Nelkenfll und Anilin die F&rbung bewahren, w&hrend Alkohol ent-
f&rbend wirkt — SpindelfCrmige St&bchen oder Spiroch&ten wurden
nirgends gefunden.
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Ellermann, Einige Falle von bakterieller Nekrose beim Menschen. 385
Schnitte des pneum onischen Lungenstiickes
zeigten starke Erweiterungen der Alveolenkapillaren; in den Alveolen-
hdhlen lagen teils kornige Massen, teils Leukocyten, teils Fibrinfasern,
ferner an den meisten Stellen zahlreiche Erythrocyten. Bacillen wurden
nicht gefunden, dagegen ziemlich haufig Haufen von Kokken.
Dieser Fall scheint mir eine groBe Aehnlichkeit mit einer Nekrose-
bacilleninfektion darzubieten. Es ist natflrlich eine gef&hrliche Sache,
einen Bacillus ohne Kultur, bloB mittels morphologiscber Kennzeicben
bestimmen zu wollen. Es ist indes nicht allein die Form der Bacillen,
die tlhnelt Auch die Ffirbungen stimmen: Sie enthalten Kbrnchen,
die mit Methylenblau metachromatisch gefSrbt werden. Sie far ben sich
nach Claudius, entfarben sich nach Gram. Hierzu kommt die
typische Lagerung der Bacillen dicht an der Grenze; endlich die biologische
Wirkung — die Nekrose.
Wenn man bedenkt, daB die Krankheit mit Kehlkopfsymptomen an-
gefangen hat, wozu spater Zeichen einer Lungenaffektion kamen, so ist
es nicht unwahrscheinlich, daB es sich um eine prim&re Nekrose-
bacilleninfektion handelt.
' Fall II.
23-jahriges Madchen, am 28. Novbr. 1903 wegen Scharlach aufgenommen. Es war
kein besonders schwerer Fall. Die Zunge war zuerst belegt, spater frei. Im Bachen
zerstreute Belage; das Exanthem schwach; Temperatur ca. 39®. In der Folge leichte
Gelenkaffektionen und deutliche Abschuppung. Die ganze Zeit waren Zeichen einer
Anamie vorhanden. Pat. fuhlte sich miide, hatte Ohrensausen, Schwindelempfindung.
Erster Herzton ausgezogen, das Aussehen anamisch. Nachdem sie 17 Tage im kranken-
haus gewesen war, entwickelte sich eine Gingivitis, von cariosen Zahnen ausgehend.
Die Entziindung verbreitete sich inimer niehr, bekam bald ein ausgesprochen nekrotisches
Aussehen. Starker Foetor ex ore, die Temperatur stieg wieder. Trotz der Behandlung
wanderte die Nekrose bestandig weiter. Die Schleimhaut der Backen und Lippen wurde
mitergriffen. Allgemeinzustand immer schlechter. Die Nekrose war eben im Begriff,
die Oberiippe zu aurchbrechen, als Pat. 27 Tage nach dem Anfang der Stomatitis ver-
endete.
Diagnose: Scarlatina, Diphtherit. fauc. D. B., Rheumatismus, Stomatitis gangrae-
nosa, Anaemia.
Die Sektion zeigte folgendes : Stomatitis gangraenosa, Adenitis colli, Ulcera laryngis,
Ekchymosis pleurae, pericardii et endocardii, Pleuritis adhaesiva dextra, Bronchitis puru-
lenta, Broncnopneumoniae L inf. dext., Perisplenitis fibrosa, Infarctus lienis, magno
gradu, Anaemia et Deg. parench. organor.
Um zu erl&utern, ob es sich auch in diesem Falle um eine Nekrose-
bacilleninfektion handelte, wurden kleine StQckchen des nekrotischen Ge-
webes Kaninchen und Mftusen subkutan eingeimpft. Ferner wurden
Stttckchen fflr die Mikroskopie fixiert, indem einige derselben schon 11 Stun-
den, andere erst 36 Stunden nach dem Tode der Leiche entnommen
wurden. Auch Kulturversuche mit Serumagar wurden gemacht.
Einimpfung des nekrotischen Gewebes auf Tiere.
Im ganzen wurden 3 Kaninchen und 9 M&use subkutan geimpft.
Das Resultat war stets dasselbe, n&mlich Abscesse mit dickem, etwas
flbelriechendem Eiter. Bei den Kaninchen wurden lange, nekrotische
Bindegewebsfetzen ausgestoBen. Im Eiter fanden sich spSrliche Bacillen
mit blassen K6rnchen. Bei einem Kaninchen wurde ein StQck exzidiert.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte folgendes: In den tieferen
Teilen der Haut sieht man viele polynukle&re Leukocyten; ganz unten
im Schnitte teils AbsceBbildung, teils schdne Fibrinnetze. Ferner in
einem kleinen Gebiete typische Nekrose. Man sieht n&mlich hier deut-
Errte Abt. Orig. Bd. XXXVIIl. Heft 4. 25
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386 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4
liche Gewebsstruktur, die Kernf&rbung fehlt aber ganz. Nach F&rbung
mit dem Loefflerschen Methylenblau sind in dem nekrotischen Gewebe
toils Kokken, teils zerstreute, oft bflschelfflrmig geordnete, schlanke,
gerade Bacillen zu sehen. Sie enthalten keine Babes-Ernstschen
KQrnchen. Oft sind ihre Enden zugespitzt. Offenbar handelt es sich
hier urn spindelfbrmige Bacillen. Spiroch&ten wurden nirgends gesehen.
Die Abscesse verliefen bei alien Tieren ohne KompUkationen, und
die Tiere genasen.
Kulturversuche.
Mit Material aus der Tiefe der Nekrose warden hochgeschichtete
Serum-Agarrbhrchen geimpft. Unter anderen Bakterien karaen auch
Eolonieen von scblanken St&bchen zum Yorschein. Es gelang aber
nicht, trotz vieler Mflhe, dieselben reinzuzflchten. Das lag wesentlich
daran, daB ich einen anderen, sebr schnell wachsenden Bacillus nicht
eliminieren konnte. Dieses Stflbchen wuchs sowobl aerob wie anaSrob;
es entwickelte reichlich Gas und verflflssigte den Nahrboden. Dieser
Versuch miBglflckte also, dagegen gelang es auf andere Weise, eine Rein-
kultur zu gewinnen, indem ich einigen Kaninchen die unreinen Kulturen
einimpfte. Bei einem derselben entstand ein AbsceB, in dessen Eiter
nur spindelformige Bacillen, keine anderen Mikroben, vorhanden waren.
Es war nun ein leichtes, den Bacillus fusiformis reinzuzflchten.
Die Kultur soil spflter bespr.ochen werden.
Mit ein wenig Eiter aus dem erwflhnten Fusifor mis-Abscefi impfte
ich ein Kaninchen. Nach einigen Tagen entwickelte sich ein AbsceB
mit spindelfflrmigen Bacillen. Mit dem Eiter wurde ein neues Kaninchen
geimpft u. s. w., im ganzen 7mal. Im Eiter wurden stets nur Fusi¬
form es gefunden. Dann wurde der Versuch nicht weitergefflhrt Es
zeigt sich also, daB die spindelformigen Bacillen allein, ohne
Beihilfe anderer Bakterien, pathogen wirken konnen.
Untersuchung der Schnitte.
Im ganzen wurden 8 Stflcke untersucht, n&mlich aus dem Backen,
der Lippe, der Gingiva, der Zunge, des Larynx. Sie wurden in Alkohol,
Formol Oder Mflllerscher Flflssigkeit fixiert. Es wurde Celloidin-
einbettung und darauf F&rbung mit H&matoxylin - Eosin, w&Brigem
Methylenblau, Loefflers Methylenblau, Karbolfuchsin, ferner F&rbung
nach Gram, Claudius und Weigert angewandt.
Fast alle Stflcke boten genau dasselbe Bild dar. Nach Alkohol-
fixierung und F&rbung mit Loefflerschem Methylenblau sieht man fol-
gendes: Im lebenden Gewebe findet sich ein wenig Infiltration mit
Leukocyten. In der N&he der Nekrose bieten die Leukocytenkerne eine
eigentflmliche Degenerationsform dar, da sie mit zahlreichen ver-
zweigten Ausl&ufern versehen sind. Diese Erscheinung ist auch von
Ranke beschrieben worden. Auch die Bindegewebskerne zeigen ver-
schiedene Degenerationserscheinungen. Die kleinen Venen sind mit
Leukocyten vollgestopft. Die Grenze zwischen lebendem und nekro-
tischem Gewebe ist oft ziemlich scharf, bald geradlinig, bald zackig.
Das nekrotische Gewebe hat seine ursprflngliche Struktur grflBtenteils
beibehalten; Kernf&rbung fehlt ganz. Bei der Weigertschen Fibrin-
f&rbung werden keine Fibrinfasern nachgewiesen. Im nekrotischen Ge¬
webe farben sich nur die Bakterien, die MastzellenkOrnchen sowie un-
regelm&Big geformte KSrnchen und Klumpen, die eine Strecke weit von
der Nekrosegrenze entfernt liegen. Die Bakterien sind folgenderm&Ben
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Ellarmann, Einige Fftlle you bakterieller Nekrose beim Menschen. 387
verteilt: Unter der Oberflache liegt eine dicke Schicht von Kokken.
Hierauf folgt eine Schicht mit fadenformigen Bacillen, die oft Schlingen
Oder Ringe bilden. Ferner eine Schicht mit groBen Massen von schlanken,
spindelformigen Bacillen, welche mit feinen Spirochaten und plumpen,
kommaformigen Stabchen vermischt sind. Die letzten behalten nach
Gram die Farbung, wahrend die spindelfdrmigen Bacillen und die
Spirochaten sich entfarben. Die Lagerung der spindelfdrmigen Bacillen
ist durch die Struktur des Gewebes bestimmt, indem sie z. B. in den
Zwischenraumen der Bindegewebsfasern gelegen sind. Am zahlreichsten
sind sie eine kleine Strecke von der Nekrosegrenze entfernt zu finden;
hier sind sie in fast reinem Zustande vorhanden. Zwischen dieser
„Fusiformis-Zon6 tt und der Nekrosegrenze sieht man einen helleren
Raum, der sparliche Fusiformis enthait, aber hauptsachlich aus
einem dichten Filz der feinen Spirochaten besteht. Bei
Farbung mit gewohnlichem Methylenblau entgehen sie leicht der Auf-
merksamkeit; sie entfarben sich ebenfalls nach Gram und Claudius.
Einigermafien kraftig werden sie von dem Loeffler schen Methylenblau
gefarbt. Sie sind erst mit Immersion deutlich zu sehen 1 ). Die Spiro¬
chaten dringen nun, von sparlicheren Fusiformes begleitet, eine Strecke
weit ins lebende Gewebe hinein (Fig. 4). In der Fig. 5 sieht man die
Spirochaten allein, in die Bindegewebsraume vordringend. — In den
formolfixierten Stiicken sind die Spirochaten nur sehr schlecht farbbar.
Wie gesagt, fixierte ich 2 Stiicke in Kalium bichromicum in der
Absicht, die von C. 0. Jensen angegebene spezifische Nekrosebacillen-
farbung anzuwenden (Toluidinsaffranin, alkoholische Saffraninlosung,
Fluorescin-Nelken6l, Methylgrfln). Das Resultat war ein vollig negatives.
Bei Methylenblaufarbung wurden hauptsachlich Kokken gesehen, auBer-
dem sparliche Bacillen. Verrautlich ist die Fixierung nicht zweckmafiig
gewesen.
Ein etwas abweichendes Bild wurde in einem einzelnen Stuck
(Gingiva) gefunden. In der schmalen nekrotischen Schicht lagen namlich
aufler Kokken ziemlich zahlreiche, schlanke, etwas gekrflmmte Bacillen
mit metachromatischen Kornchen. Diese Bacillen glichen etwas den
Nekrosebacillen, sie waren jedoch nicht so massenhaft vorhanden und
so typisch gelagert, wie in dem Fall I. An anderen Stellen fehlten sie,
und an ihrer Stelle fanden sich die Fusiformes.
Sieht man von diesem letzten Falle weg, so hat man Oberhaupt keinen
Grund, eine Nekrosebacilleninfektion anzunehmen. Bei den geimpften
Tieren entwickelte sich keine fortschreitende Nekrose. Die spezifische
Nekrosebacillenfarbung gab ein negatives Resultat. Die histologische Unter-
suchung zeigte, daB man in den tiefen Teilen der Nekrose und in den
angrenzenden Teilen des lebenden Gewebes spindelformige Bacillen und
Spirochaten nachweisen konnte. Diese Bakterien spielten hier augen-
scheinlich dieselbe Rolle wie die Nekrosebacillen in dem Fall I. Ich
mdchte glauben, daB die Spirochaten ein wichtiger Faktor bei der Nekrose
seien; mit Bezng auf diesen Punkt kann aber voriaufig nichts Sicheres
gesagt werden.
Eine andere Frage ist die: „Findet man bei der Noma imraer
1) Dm die Spirochaten got sehen UDd sie von den Gewebsteilen bequem unter-
scheiden zu konnen, wandte ich mit Vorteil gelbes Licht an. Eine Losung von Kalium
bichromicum wurde als Filter benutzt. An Stelle eines durchweg blauen Praparats
erhidt ich dunkdbraune Bakterien auf hellgrunem Untergrunde. Bindegewebs- und
elastische Fasern sahen grun aus.
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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
die beiden genannten Mikroben als Ursache?“ Nach den Angaben in
der Literatur kdnnte es ausseben, als ob verschiedene Bakterien dabei
wirksam wSren. Ein Teil der FSJle ist aber hbchstwahrscheinlich mit
dem meinen Obereinstimmend, so die FOlle von Bartels, Perthes,
Seiffert, Ranke, Bernheim, Popischil, Hofmann, Kfister.
Mehrere dieser Forscher erw&hnen, wie ich oben hervorgehoben, daB
der Nachweis der Spirochfiten schwierig ist Es ist deshalb sehr wahr-
scheinlich, dad sie in anderen Fallen wegen unzweckmaBiger Technik
ubersehen worden sind. Perthes wandte Karbolfuchsinfarbung wahrend
24 Stunden an und erhielt dadurch eine kraftige F&rbung der Spirochaten.
Er meinte, dentliche Uebergauge von spindelfbrmigen Bacillen in Spiro¬
chaten gesehen zu haben. Solche Bilder habe ich mentals gefunden;
im Gegenteil ist es mir fast immer mOglich gewesen, die beiden Arten
in den Schnitten unterscheiden zu kbnnen. Der eine Fall Perthes
hat eine besondere Bedeutung dadurch, dad das nomatdse Stack exzidiert
und im frischen Zustande fixiert wurde. Die Moglichkeit einer post-
mortellen Bakterieninvasion ist also ausgeschlossen. Ueberhaupt haben
die frQheren Untersucher nur sehr dttrftige Beschreibungen gegeben,
Oder wie Perthes, ihre Befunde anders, als ich es getan, gedeutet.
Freymuth, Petruschky, Passini, Leiner fanden bei Noma
Diphtheriebacillen und betrachteten dieselben als Ursache der Krankheit.
Ich finde diese Annahme etwas gewagt, ich wOrde vielmehr glauben, die
Diphtheriebacillen w&ren in diesen Fallen lediglich als Komplikation vor-
handen.
In den anderen Organen lieBen sich beim Fall II keine Bakterien
nachweisen. Untersucht wurden Schnitte der Leber, der Niere, der Milz
und einer HalslymphdrOse.
Kultur und Biologie der spindelfdrntigen Bacillen 1 ).
Aufier dem oben erw&hnten Stamm gelang es, einen spindelformigen
Bacillus aus einem Anginafall reinzuzUchten. Ein wenig des Belages wurde
in sterile Bouillon verrieben und Serumagarrohrchen in 3 Verdunnungen
damit beschickt. In dem Rohrchen I und II wurden nur Kokken-
kolonieen gefunden. Im Gl&schen III waren nur ganz vereinzelte Kolo-
nieen, unter denen eine von Fusiformis und eine andere mit kleinen
kurzen Spirillen. Die beiden Fusiformis-St8mme verhielten sich ganz
gleich, weshalb ich sie auf einmal beschreiben kann.
In hochgeschichtetem Serumagar (2 Teile Agar, 1 Teil flussiges
Pferdesernm, bei 52° gemischt) erscheinen die Kolonieen ca. 36 Stunden
nach der Aussaat. Die kleinsten Kolonieen sehen aus wie Basche, die
von den EiweiBklampchen des N&hrbodens auswachsen (Fig. 6). Sie
kdnnen bis 2 mm groB werden. Die Form ist prismatisch, die Farbe
leicht gelblich. Die Kulturen riechen etwas unangenehm; gewdhnlich
werden keine LuftblSschen gebildet; bei dichter Aussaat wird zuweilen
ein vereinzeltes gesehen. Die Kolonieen entwickeln sich nur anaerob,
in den obersten 2—3 Centimetern des Substrates findet gar kein Wachs-
tum statt. Der N&hrboden wird getrhbt; nicht verflOssigt. In Serum-
bouillon, unter Stribolts PyrogallussaureverschluB, bilden sich nach
24 Stunden weifie Flocken, die sp&ter zu Boden sinken, wShrend die
FlOssigkeit selber klar bleibt. An der Oberflkche von Serumagar, auf
1) Eine vorlaufige Mitteilung iiber die Kultur der fusiformen Bacillen wurde in
dieser Zeitschrift, Bd. XXXVII, 1904, verOffentlicht
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Ellermann, Einige Fftlle von bakterieller Nekrose beim Menschen. 389
ahnlicbe Weise gegen den Sauerstoff geschfltzt, bilden sich nach 2 bis
3 Tagen kleine, durchsichtige, streptokokken&hnliche Kolonieen oder ein
zusammenhangender, feinkorniger Belag. In gewShnlicherBouillon
oder Agar bekam ich kein Wachstum, ebensowenig in Hesses
Agar. Traubenzuckeragar oder erstarrtem Serum.
Die Fusiformes sind schlanke, ziemlich gerade Stabchen, deren
Enden oft zugespitzt sind. Die Lange betragt 5—12 u ; bisweilen werden
sebr lange F&den gebildet. Oft hangen sie zu zweien mit den Enden
znsammen, seltener sieht man Ketten von 3—4 Individuen. In Serum-
bouillon werden nicht langere Formen als auf festem Nahrboden ge¬
bildet.
Der Bacillus ist unbeweglicb.
Er farbt sich unregelmaBig; gewohnlich schwacher als diejenigen,
die dem menschlichen Organismus entnommen sind. Nach Claudius
entfarbt er sich sehr scbnell. Nach Gram oder Weigert behalt er
die Farbung bei kurzer Entfarbung. Er enthait keine Babes-Ernst-
scben Kornchen.
Abweichende Formen habe ich ein paarmal beobachtet. Das eine
Mai fand ich auBer den normalen viele langere Individuen, die an der
Mitte eine spindel- oder kugelfdrmige Aufschwellung hatten. Diese
Formen, die vOllig identisch mit den von Perthes in seiner Fig. 8 ab-
gebildeten sind, habe ich nur ein einziges Mai gefunden, ohne daB ich
die Ursache ihrer Entstehung erkiaren kann. Die Kultur war nicht
verunreinigt. Das Bild erinnert ein wenig an die Erscheinung, die als
Plasmoptyse bekannt ist. Mdglicherweise kdnnte es sich auch urn eine
Dauerform handeln. — Die andere ungewbhnliche Form entstand, nach-
dem langere Zeit als gewbhnlich zwischen zwei Weiterimpfungen ver-
gangen war. Die Bacillen waren in diesem Falle blaB und geschwollen,
aber mit stark gefarbten Einschnflrungen versehen. Viele Bacillen boten
das Aussehen ungefarbter Faden mit 5—6 gefkrbten KSrnchen dar.
Diese EinschnOrungen oder Kbrnchen farbten sich nicht wie die meta-
chromatischen Kdrnchen, dagegen kraftig mit verdOnntem Karbolfuchsin
in feuchtem Praparate, genau wie die analogen Bildungen bei den Diph-
theriebacillen.
Mit der Reinkultur wurden zwei Kaninchen subkutan, zwei intra-
peritoneal geimpft. Bei einem der ersten entwickelte sich ein AbsceB,
in dessen Eiter sparliche Fusiformes gefunden wurden. Die Obrigen
Tiere blieben gesund.
Die hier geschilderten Kulturverhaltnisse weichen in mehreren Be-
ziehungen von den bisher beschriebenen ab. Die meisten Untersucher
haben unreine Knlturen gehabt, weshalb auf ihre Angaben nicht zu
viel Gewicht gelegt zu werden braucht. Nur die Kultur Veil Ions und
Zubers kann mit der meinigen verglichen werden. Ihre fusiformen
Stabchen stammten aus Appendicitisfallen. Sie wuchsen anaerob in
Traubenzuckeragar und hatten Oberhaupt mit meinen Stammen eine ge-
wisse Aehnlichkeit. Ein Unterschied ist der, daB V. und Z. die Kolonieen
als braunlich beschreiben, wahrend meine nur gelblich sind. Ein weiterer
Unterschied besteht darin, daB ihre Kulturen nur 4—5 Tage lebensfahig
waren, wahrend meine Kulturen 2—3 Wochen haltbar waren. Die Ur¬
sache hiervon ist vielleicht darin zu suchen, daB V. und Z. Trauben-
zuckerzusatz anwendeten. Der Hauptunterschied ist indessen, daB meine
Fusiformes nur auf serumhaltigem Nahrboden wachsen kSnnen. Die
vielen miBlungenen oder nur halbwegs gelungenen Kulturversuche
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4 .
kdnnten sebr wohl darauf deuten, daB die Fusiformes gewdhnlich an-
spruchsvoll seien und nur beim Serumzusatz gut gedeihen. Was die
gelungenen Kulturversuche Veillons uud Zubers betrifft, so l&Bt sich
denken, daB sie zuf&llig mit weniger anspruchsvollen Stammen zu tun ge-
babt haben. Die Ursache davon, daB die Kultur gewdhnlich miBlungen
ist, raufi also teilweise darin gesucht werden, daB die Bacillen serophil
sind; weiter darin, daB sie sich langsamer als die Kokken entwickeln.
Die Kokken vergiften den N&hrboden, der also fflr die Fusiformes
unbrauchbar wird. Endlich sind vielleicht die meisten Bacillen im Aus-
saatmaterial schon tot Oder geschw&cht.
Die oben beschriebenen Fusiformes entsprechen der langen Form
der Vincentschen Bacillen. Die Kulturen haben niemals Spiroch&ten-
formen enthalten, woraus zu schlieBen ist, daB Fusiformes und Spiro-
ehaten zwei verschiedene Arten sind.
Es ist ferner fraglich, ob die kurzen, stark gekrfimmten und ge-
bogenen Formen den Fusiformes zugehdren. In dem Falle von Angina,
den ich untersuchte, waren die kurzen, dicken Formen mit einem kleinen
Spirillum identisch.
Dieses Spirillum, dessen Reinztichtung auch glflckte, ist, wie der F u si -
f or m i s, anaerob und serophil. Die Kolonieen erscheinen erst nach 3 Tagen,
bleiben klein, ca. */ 2 mm im Diameter. Sie sind sehr fest zusammen-
hangend, lassen sich als kleine Kliimpchen aus dem Serumagar heraus-
holen. Die jungen Individuen haben eine lebhafte, schraubenartige oder
wirbelnde Bewegung. Ihre Lange betragt 2—5 /a. Sie entfarben sich
nach Gram und Claudius. Vielleicht sind sie mit den Spirillen
identisch, welche Salomon bei ulcerosen Anginen gefunden hat.
Was die Frage der Beweglichkeit der spindelf5rmigen Bacillen be-
trifft, so haben die meisten Untersucher gefunden, daB sie unbeweglich
sind. Einige haben aber langsame, wackelnde Bewegungen gesehen, und
Graupner bildet sogar geiBeltragende Fusiformes ab. Meine Fusi¬
formes waren immer unbeweglich, und ich bin deshalb geneigt, zu glauben,
daB Graupner eine ganz andere Art vor sich gehabt hat Vielleicht
konnte es Spirillum serpens gewesen sein; dasselbe lebt in faulenden
Flflssigkeiten und hat eine derart flache Schraube, daB es tats&chlich
dem Fusiform is Shneln kann.
Da die spindelf&rmigen Bacillen den Nekrosebacillen in mehreren
Beziehungen ahnlich sein konnen, ist es vielleicht niitzlich, die beiden
Bacillen nBher zu vergleichen.
Beide sind sie schlanke St&bchen, die oft kornig sind, die anaSrob
auf serumhaltigen N&hrboden wachsen und bei nekrotischen Prozessen
zu linden sind.
Sie unterscheiden sich in folgenden Punkten:
Form
Farbung
Ernstsche Kornchen
Lagerung im Gewebe
Metastasen
Einimpfung auf Tiere
Form der Kolonieen
Gasbildung
Serumboufllonkultur
Fusiformis
Oft zugespitzte Enden
beeeer nacn Gram als nach
Claudius
atypisch
Abecefi
wohlbegrenzt, eckig
kurze Formen
Nekros ebacillus
Abgerundete End«i
besser nach Claudius als
nach Gram
+
typisch
+
Nekroee
buschig
+
lange Faden
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& s
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Ellermann, Einige Fftlle von bakterieller Nekrose beim Menschen. 391
Zum Schlnsse sei es mir erlaubt, dem Vorsteher des Krankenhauses,
Herrn Prof. Dr. med. SQrensen, raeinen herzlichsten Dank auszn-
sprechen sowohl fGr die Erlaobnis, die Journale zu benutzen, sowie fflr
die Liebenswdrdigkeit, womit er seine Sammlung makro- und mikro-
skopischer Pr¶te mir zur Verfiigung stellte.
Iiitaratur.
Bang, Om Aarsagen til lokal Nekrose. (Maanedsskrift for Dyrlaeger. 1890.)
Bartel*, Ueber Noma. Inaug.-Diss. Gottingen 1892.
Beitzke, Ueber die fusiformen Bacillen. [Uebersichtsartikel.] (Centralbl. f. Bakteriol.
Abt. I. Referate. Bd. XXXV. 1904.)
Bernheim und Popischil, Zur Klinik und Bakteriologie der Stomatitis ulcerosa.
(Jahrb. f. Kinderheilkunde. Bd. XLVI. 1898. p. 434.)
Ellermann, Ueber die Kultur der fusiformen Bacillen. (Centralbl. f. Bakt. Abt I.
Orig. Bd. XXXVII. 1904.)
Freymuth und Petruschky, Ein Fall von Vulvitis gangraenosa. (Dtsche med.
Wochenschr. 1898.)
Graupner, Ueber Angina diphtberoides. Sitz. (Munch, med. Wochenschr. 1902.)
Hofmann und Kiister, Ein Beitrag zur Bakteriologie der Noma. (Munch, med.
Wochenschr. 1904. p. 1907.)
Jensen, Der Nekrosebacillus. (Kolle und Wassermanns Handbuch.)
Loeffler, Mitteilungen aus dem kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. II. 1884.
Passini und Leiner, Ueber einen Fall von Noma faciei. (Wiener klin. Wochenschr.
1899. p. 743.)
Perthes, Ueber Noma und ihren Erreger. (Arch. f. klin. Ohirurgie. 1899. p. 111.)
—, Erfahrungen aus der arztlichen Praxis bei Chinesen. (Munch, med. Wochenschr.
1902. p. 1968.)
Ranke, Altes und Neues zur pathologischen Anatomie des nomatdsen Brandes. (Munch,
med. Wochenschr. 1903. p. 13.)
Salomon, Bakteriologische Befunde bei Stomatitis und Tonsillitis ulcerosa. (Dtsche
med. Wochenschr. 1&&9. p. 297.)
Schmorl, Deutsche Zeitschrift fur Tiermedizin. Bd. XVII. 1891.)
Seiffert, Aetiologie der Noma. Sitz. (Munch, med. Wochenschr. 1901. p. 1988.)
Veil Ion und Zuber, Recherches sur quelques microbes strictement anaerobies. (Arch,
de m6d. exp^rimen tale. 1898. p. 517.)
Erkl&nmg der Abbildungen.
Fig. 1. Fall I. Schnitt der Uvula. Farbunjg nach Claudius. Obj. 3, Ok. I.
Mikrophotographie. Oberflachlich die Kokken, nach unten die Nekrosebacillenzone.
Fig. 2. Fall I. Dasselbe Praparat. Obj. 7, Ok. I. Zeichnung. Dichte Anhau-
fung von Nekrosebacillen an der Grenze des lebenden Gewcbes.
Fig. 3. Fall I. Schnitt der Uvula. Methylenblaufarbung. Imm. 2 mm. Komp.-
Ok. IV. Zeichnung. Nekrosebacillen mit metachromatischen Kornchen.
Fig. 4. Fall. II. Schnitt der Lippe. Farbung mit Loef f lerschem Methylenblau.
Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 8. Zeichnung. Lebendes Gewebe dicht an der Grenze der
Nekrose. Zwischen den Zellen Fusiformes und Spirochaten.
Fig. 5. Fall. II. Dasselbe Praparat. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 4. Zeichnung.
Bindegewebe mit Spirochaten in Langs- und Querschnitt
Fig. 6. Rein kultur des B. fusiformis. 4 Tage alt. Serumagar. Photographic.
Fig. 7. Stichkultur des B. fusiformis. Serumagar. Photographic.
Fig. 8. Kleinste Fusiformis-Kolonie. Serumagar. Obj. 5, Ok. II. Zeichnung.
Fig. 9. B. fusiform is aus Kultur. Karbolfuchsmfarbung. Imm. 2 mm, Komp.-
Ok. 8. Mikrophotographie.
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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Nachdruek verboUn.
TJeber die Verbreitung des Bacillus enteritidis Gaertner
in der Kubmilcb.
Von E. Klein in London.
Von 39 Milchproben, die verscbiedenen Farmen einer Anzahl von
englischen Landbezirken entstammen und die auf Tuberkelbacillen ge-
prflft worden, zeigte sich, daB 10 Proben Oder 25,5 Proz. nach Injektion
des Miichabsatzes (von je 300 ccm gesammelt) subkutan in die Leiste
oder peritoneal bei Meerschweinchen eine chronische Krankheit der Milz
hervorriefen, welche Krankheit in der VergrSBerung der Milz und der
Anwesenheit in derselben miliarer Knotchen mit eiterigem Zentrum be-
steht. Die Gr8Be der Knfitchen variiert zwischen der eines Stecknadel-
kopfes und einer kleinen Erbse. Die Meerschweinchen, die mit dem
Milchabsatze injiziert wurden, scheinen bei der TStung — 4 Wochen
nach der Injektion — normal zu sein, bei der Obduktion zeigten alle
[14 Tiere X )J die Milz in dem eben beschriebenen Zustande. Die subku¬
tan injizierten hatten keine vergroBerten Inguinaldriisen und waren auch
alle iibrigen Organe, mit Ausnahme der Milz, anscheinend normal.
Ausstrichpr¶te der Milzknfitchen zeigten keine Tuberkelbacillen,
auch keine anderen sfiurefesten Mikroben, doch enthielten sie sehr
reichlich ovale bis cylindrische bewegliche Bacillen, die, wie das Kultur-
verfahren lehrte, einer und derselben Species angehdren, n&mlich der des
Bacillus enteritidis Gaertner 1 2 ). Von alien Tieren wurden von
den Milzkn5tchen ohne weiteres Reinkulturen gewonnen, die unter-
einander so wie mit dem typischen B. Gaertner durch Abimpfung in
die verschiedensten N&hrbOden verglichen wurden.
Unser aus der Milz gewonnener Mikrobe zeigte sich hochvirulent,
indem die subkutane Injektion von Vso—V200 eines Kubikcentimeters
einer einen Tag alten Bouillonkultur Meerschweinchen von 300 g mit
Sicherheit akut tOtete, mit den bekannten Erscheinungen der lokalen
h&morrhagischen Infiltration, der dunkeln, vergroBerten, erweichten Milz;
das subkutane, blutige Exsudat, das Herzblut sowie die Milz enthielten
die Mikroben in groBer Zahl.
Nach Fiitterung von Meerschweinchen und M&usen mit Milchkultur
oder Milch, der Bouillonkultur zugeffigt wurde, geht die H&lfte der
Tiere am 5. Tage ein, das Ileum fiber der Ileocokalklappe zeigt ausge-
breitete H&morrhagieen, der untere Teil des Ileum mit blutigem Schleim
erffillt
Was die kulturellen Charaktere unseres Mikroben in den verschie-
denen Nfihrboden anlangt, so sind sie in aller und jeder Hinsicht die
des Bacillus enteritidis Gaertner, die nicht einzeln aufgezfihlt zu
werden brauchen, da sie in dem van Ermengemschem Artikel in
Kolle und Wassermann zur Genfige bekannt sind. Entscheidend
fflr die Diagnose unseres Milchmikroben sind:
a) blaue Kolonieen auf Drigalski,
b) Bl&uung der Litmusmilch,
1) 4 Proben riefen in beiden Tieren, die iibrigen 6 Proben nur in dem peritoneal
oder nur in dem subkutan injizierten Meerschweinchen die Krankheit hervor.
2) Schnitte durch die Milz zeigten in dem nekrotischen Zentrum grofie und kleine
dichte Gruppen der Bacillen, sowie auch vereinzelt das Zentrum durchsetzend.
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen.
393
c) reichliche lange, dtlnne, wellige Flagellen wie bei Typhus,
d) entschiedene und rasche Agglutination durch Blutserum eines
mit dem typischen B. Gaertner immunisierten Kaninchens.
Dafi unser Mikrobe in den Milchproben (zehn verschiedenen Farmen
entstammend) nur in sehr beschr&nkter Zabl vorhanden sein konnte, be-
weist einmal der Umstand, dafi keines der mit dem Milchabsatze inji-
zierten Meerschweinchen (10 subkutan, 10 peritoneal) akut eingegangen,
zweitens von den 10 Proben nur 4 in beiden Meerschweinchen, 6 jedoch
nur in einem der beiden Tiere die Milzkrankheit bedingte. Experimented
liefi sich ferner nachweisen, dafi bei ganz kleinen Dosen (7 1000 , Vsooot
Vtooo ccm einer einen Tag alten Bouillonkultur) die Tiere nicht akut
eingehen, und vom 9. Oder 10. Tage an bei der Sektion die allmahliche
Entwickelung der eiterigen Milzkndtchen aufweisen.
Die flblichen Erkundigungen, die in den betrefTenden Farmen ange-
stellt wurden, liefien von erkennbaren Erkrankungen der KOhe nichts
eruieren, nur waren Qberall die Zustande betreffs der Abmilchung der
Kflhe hochst unrein.
Die Proben wurden durch einen erfahrenen Sanitatsinspektor bei
ihrem Anlangen in grofien Kfibeln in den verschiedenen Bahnstationen
in sterile Flaschen gefflllt und direkt ins Laboratorium gebracht. Dafi
solche Milch, wenn an einem warmen Orte stehen gelassen, Oder in der
heifien Jahreszeit im rohen, ungekochten Zustande genossen, nicht ohne
Gefahr ist, darf als wahrscheinlich angenommen werden.
Nachdruck verboten.
Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute (Prof. Weichselbaum)
in Wien.]
Von Assistent Dr. Julius Bartel und Dr. Bobert Stein.
(ScbluB.)
V. Reihe. A. W ah rend in Deckglaspr¶ten der frischen Probe
Bacillen nur in m&fiig reichlicher Zahl als deutlich rot gef&rbte, bald
segmentierte, bald unsegmentierte Stabchen zu 3 und 4 beieinander
vorhanden waren, linden sich in den Deckgiasern vom 4. Tage (1. Probe)
und auch weiterhin Bacillen in grdfierer Zahl und Gruppen bis 6 und 10
Bacillen mit und ohne Segmentation. Am 20. Tage (6. Probe) ist ein
starker Zerfall und braunrote Farbung wahrzunehmen. Diese Befunde
haben sich auch in Schnitten bestatigt.
Kulturen auf Tuberkelbacillen waren ergebnislos (das Bouillon-
rbhrchen der frischen Probe und die Agarplatte vom 12. Tage (4. Probe)
waren durch Staphyl. alb. verunreinigt).
Die Bacillen der frischen Probe hatten bei intraperitonealer Injektion
am Impftier eine allgemeine Tuberkulose mit Verkasung — Epitheloid-
zellentuberkel mit Riesenzellen und Verkasung, Bacillen einzeln oder zu
3 und 4 in sparlicher Zahl als gewohnlich segmentierte, deutlich rot
gefarbte Stabchen — erzeugt, bei subkutaner Impfung vom 4. Tage
resultierte gleicherweise beim Impftier eine allgemeine Tuberkulose die
verimpfte Probe vom 7. Tage (2. Probe) und vom 12. Tage (4. Probe)
hatten ein gleiches Ergebnis. Das histologische Bild der Tuberkel
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
anderte sich bei diesen letzten Impftieren vom 7. Tage und vom 12. Tage
nur insofern, als sich eine reichlichere Anh&ufung mono- und poly-
nukleSrer Leukocyten, sowie von Kerntrflmmern in den zentral verk&sten
Tuberkeln bemerkbar machte. Die daselbst in den Tuberkeln des Tieres
vom 7. Tage sp&rlich vorhandenen Bacillen zeigten bei starker Segmen-
tierung einen mehr br&unlichroten Farbenton. Weiterhin konnten beim
Impftier vom 12. Tage keine Bacillen mehr gefunden werden. Subkutane
Verimpfung vom 16. Tage (5. Probe) und vom 20. Tage (6. Probe)
blieben ergebnislos.
V. Reihe. B. Auch hier waren die Bacillen in der frischen Probe
m&Big reichlich vorhanden und deutlich, sowie vollstandig rot gefarbt.
Die Zahl blieb weiterhin sparlich bis auf den Befund eines kleinen
Haufchens von 15—20 Bacillen im Deckglas vom 9. Tage (3. Probe).
Mit der Zeit wurden die Bacillen stark segmentiert, farbten sich blafirot,
gelegentlich auch rotbraun und zeigten vom 16. Tage (5. Probe) an einen
brockligen Zerfall. Die Schnitte bestatigten die Deckglasbefunde, doch
gelang es hier nicht, Bacillen an einer Stelle in gr6Berer Zahl zu linden.
Mit Ausnahme einer Kolonie des Staphylococcus pyogenes
a 1 b u s auf der Agarplatte der frischen Probe blieben samtliche Kulturen
steril.
Die Bacillen der frischen Probe hatten in der Leber teilweise Nekrose
der Leberzellenbalken, teilweise Epitheloidzellentuberkel mit Verkasung
erzeugt, als Teilbefund einer Allgemeintuberkulose. Die Verimpfung
eingetrockneten Materials vom 4. Tage (1. Probe) ergab bei subkutaner
Inokulation ein kasiges Infiltrat der Injektionsstelle und Tuberkulose mit
Verkasung der regionaren Lympbdrusen, an der Injektionsstelle Riesen-
zellentuberkel mit stellenweise dichter Anh&ufung polynuklearer Leuko¬
cyten und beginnender Organisation in den erweichten Herden sehr
sparlich segmentierte Bacillen, in den Lymphdrflsen gleichfalls in eitriger
Einschmelzung begriffene konfluierende Herde, die in den nicht erweichten,
peripheren Partieen mit mono- und polynuklearen Leukocyten unter-
mischte epitheloide Zellen zeigen. Alle weiteren Tierversuche blieben
ergebnislos.
VI. Reihe.
A. Milz des Impftieres V. Reihe, A, 1. Probe.
B. Milz des Impftieres V. Reihe, A. 2. Probe.
Von beiden Impftieren wurde die Milz in eine Petrischale gegeben und durch
eine Stunde der Wirkung stromenden Dampfes im Sterilisator ausgesetzt. Die Organe
blieben ungeteilt. Nach Entnahme aus dem Dampfapparat wurden die Organe in Teil-
stiicke zerlegt und dieselben analog den bisher behandelten Proben verarbeitet.
A.
Frische Probe (vor der Behandlung im Dampfapparat) s. Befund bei V. Reihe,
A, 1. Probe.
Probe nach Behandlung mit strdmendem Wasserdampf 12. Juli 1904.
1) Deckglas: sparlich braunrote, stark segmentierte Tuberkelbacillen.
Histologischer Befund: In der Milz erscneinen die Kerne noch intensiv mit Ham-
alaun gefarbt. Einzelne Zellen sind jedoch nicht mehr unterscheidbar.
In einem Tuberkel fanden sich maBig reichlich zu zweien gelagerte, stark segmen-
tierte, etwas rotlichbrau gefarbte Tuberkelbacillen.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch.
a) Scktionsbefund: Subkutane Injektion rechte Bauchseite, 55. Tag (5. Septbr. 1904).
Tier in gutem Erniihrungszustand.
b) Scktionsbefund: Intraperitoneal 55. Tag (5. Septbr. 1904). Tier im Wachstum
zuriickgeblieben. Am Lungenhilus befindet sich ein bohnengroBer derber Knoten.
Histologisch zeigt derselbe eine fibrose Beschaffenheit. An einzelnen Stellen enthalt er
Herde aicht angehaufter polynuklearer Leukocyten. Einzelne Knorpelstiicke erscheinen
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frei in solche Eiterherde eingelagert. Riesenzellen finden sich im fibrinosen Gewebe
in mafiig reichlicher Zahl eingelagert.
B.
Frische Probe (vor der Behandlung im Dampfapp&rat) 8. Behind bei V. Reike,
A, 2. Probe.
Probe nach Behandlung mit strfimendem Wasserdampf 12. Juli 1904.
1) Deckglas: keine Tuberkelbacillen nachweisbar.
2) Histmogischer Befund: Gewebe analog beschaffen wie VI. Reihe, A, nach der
Behandlung im stromenden Wasserdampf.
In einem Tuberkel fand sich ein stark segmentierter braunrot gefarbter Tuberkel -
bacillus.
3) Kultur. Befund: steril.
4) Tierversuch.
aj Sektionsbefund: Subkutan rechte Bauchseite 55. Tag (5. Septbr. 1904). Tier in
gutem Ernahrungszustand.
b) Sektionsbefund: Intraperitoneal 55. Tag (5. Septbr. 1904). Tier in gutem Er¬
nahrungszustand .
VI. Reihe. Die im tuberkulos veranderten Gewebe durch Ein-
wirkung strfimenden Dampfes durch eine Stunde abgetoteten Tuberkel¬
bacillen haben weder bei subkutaner noch auch bei intraperitonealer
Injektion Veranderungen hervorgerufen. Die Impftiere befanden sich
dabei in gutem Ernahrungszustande. Der Knoten am Lungenhilus des
Impftieres kann nach dem Sektionsbefund nicht auf die Impfung zurflck-
geffihrt werden, muB vielmehr als ein zufalliger Befund betrachtet werden,
der die eindeutige Entscheidung fiber den Sektionsbefund nicht beein-
flussen kann.
Stamm 4.
VII. Reihe.
Die tuberkulosen Orgjane, die den Ausgangspunkt dieser Reihe bildeten, ent-
stammten einem Meerschweinchen, das folgenden Obduktionsbefund bot:
Bei intraperitonealer Injektion von Kulturmaterial aus den Halslymphdrusen eines
mit Tuberkelbacillen von sehr schwacher Virulenz gcfiitterten Kaninchens zeigte das
Meerschweinchen am 99. Tage folgende Veranderungen.
Verkasung in den vergrofierten rechtsseitigen Inguinallymphdrusen, desgleichen
der bronchialen Lymphdriisen, in der stark vergroBerten Milz zanlreiche bis hanfkorn-
grofle verkaste Herde, in Lunge und Leber zahlreiche kleine griine Tuberkel, Tier in
verhaltnismaBig gutem Ernahrungszustand.
Die tuberkulos veranderten Organe dieses Tieres wurden verrieben und teils sofort
an ein Meerschweinchen subkutan, zura anderen Teil nach 7 4 -stiindigem Kochen —
Einstellen des mit Bouillon vernebenen Materials in einer Eprouvette in kochendes
Wasser — an zwei Meerschweinchen verimpft. 16. Septbr. 1904.
1. Sektionsbefund des mit virulentem Material geimpften Meerschweinchens;
subkutane Impfung 39. Tag (25. Oktober 1904).
Tier in gutem Ernahrungszustande, rechts in inguine ein fiber haselnuSgrofler
Tumor, bestehend aus mehreren fast vollig verkiisten Lymphdriisen, am rechten Muscul.
psoas eine erbsengrofie verkaste Lymphdriise, die Milz auf das Vielfache vergrofiert, von
zahlreichen kleineren und groBeren verkasten Herden durchsetzt, zahlreiche gleichfalls
verkaste Knotchen der Leber und griine Tuberkel beider Lungen, die Bronchiallymph-
driisen vergroBert, derb, mit verkasten Herden, die MesenteriaJlymphdriisen vergroBert,
ohne deutliche Zeichen von Tuberkulose.
2. Sektionsbefund der mit abgetotetem Material geimpften Meerschweinchen:
intraperitoneale Impfung 38. Tag (24. Oktober 1904). Tier in gutem Ernahrungszustand,
keinerlei Veranderungen.
Subkutane Impfung 38. Tag (24. Oktober 1904). Tier in gutem Ernahrungs¬
zustand, keinerlei Veranderungen.
VII. Reihe. Abtfitung von in tuberkulos verfinderten Organen
eingeschlossenen Tuberkelbacillen durch 3 / 4 -stfindiges Kochen in sieden-
dem Wasser bewirkte, daB Impfversuche mit dem so behandelten Material
durchweg negative Resultate ergaben. Die Impftiere blieben stets ge-
sund und befanden sich in gutem Ernahrungszustand. Demgegenfiber
zeigte das Kontrolltier, geimpft mit nicht abgetfitetem Material gleicher
Herkunft, ausgedehnte tuberkulSse Veranderungen.
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396 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Ueberblicken wir nunmehr unsere Ergebnisse, so kommen wir zu
folgenden Resultaten:
Was zunfichst die Frage einer Vermehrung von Tuberkelbacillen
unter den zu Grunde gelegten Verhfiltnissen betrifft, so kdnnen wir
hier keine sichere Entscheidung treffen. In mehreren Fallen —
I. Reihe, 1. Probe vom 4. Tage, V. Reibe, A, 1. Probe vom 4. Tage,
und auch die weiteren Proben, endlich V. Reihe, B, 3. Probe vom 9. Tage
— machten wir Beobachtungen toils in Deckglas-, teils in Schnittprapa-
raten, die den Gedanken einer stattgefundenen Vermehrung nahelegen
kdnnen. Andererseits sahen wir, wie Bacillen allm&hlich sich dem Nach-
weise entzogen — II. Reihe vom 9. Tage an, III. Reihe vom 14. Tage
an. — Allerdings war letzteres der Fall bei Objekten, die Yon vorn-
herein sehr bacillenarm waren. Beobachtungen tlber eine etwaige Ver¬
mehrung von Tuberkelbacillen post mortem in dem von ihnen spezifisch
veranderten Gewebe liegen unseres Wissens nicht vor. Versuche einer
Anreicherung von Tuberkelbacillen wurden bereits mehrfach angestellt.
Wir verweisen hier nur auf Jochmann und Beizke. Doch kdnnen
wir, da es sich bei diesen Versuchen um eine Anreicherung in Sputis
handelt, hier nicht des naheren auf jene Angaben eingehen. Im allge-
meinen wird eine postmortale Vermehrung in Sputis behauptet. Wohl
fanden wir Angaben fiber die Dauer der Erhaltung der Virulenz von
Tuberkelbacillen in tuberkuldsen Organen post mortem, mit welcher
Frage wohl auch jene der erhaltenen Vermehrungsffihigkeit zusammen-
tailt, doch handelt es sich um Versuche an tuberkuldsen Organen, die,
eingegraben, der Verwesung ausgesetzt waren. So will Schottelius
unter so bewandten Umstfinden in den eingegrabenen tuberkuldsen
Organstucken noch nach 2 1 / 2 Jahren (!) virulente Bacillen gefunden
haben. Petri gelangte bei gleichen Bedingungen zu wesentlich anderen
Resultaten, indem er nur bis nach 3 Monaten und 6 Tagen Virulenz der
Tuberkelbacillen fand. Ldsener fand unter fihnlichen Versuchsbedin-
gungen virulente und lebensf&hige Bacillen bis zu 60 Tagen sicher, nach
95 Tagen nicht mehr mit voller Bestimmtheit, nach 123 Tagen dagegen
nicht mehr vorhanden. Klein fand, daB nach 7—10 Wochen bei gleicher
Versuchsanordnung die Virulenz verloren gegangen war. In getrockneten
und zerkleinerten tuberkuldsen Organen fand Cadeac und Malet so-
wie Galtier die Virulenz 38—42 Tage erhalten. Das Verhalten unter
den von uns geschaffenen Bedingungen erscheint jedoch nirgends be-
rflhrt, die Frage einer nachweisbaren Vermehrung wird gleichfalls von
den genannten Autoren nicht erortert. Bei unseren Versuchsbedingungen
wfirde eine Vermehrung ganz gut denkbar sein, da ja ein entsprechendes
N&hrsubstrat bei einer der Tuberkelbacillenentwickelung zusagenden
Temperatur in Dunkelheit und bei Abwesenheit anderweitiger Mikro-
organismen vorhanden war; doch wollen wir mit einem sicheren Urteile
bei der Inkonstantheit der Befunde zurfickhalten.
Ffir die leichtere Kultivierung scheinen die von uns geschaffenen
Verhfiltnisse keine gflnstigeren Vorbedingungen ergeben zu haben.
Es gelang die Kultur in einem Falle aus dem tuberkuldsen Gewebe un-
mittelbar post mortem — 2. frische Probe. Ferner gelang sie im gleichen
Falle aus den tuberkuldsen Organen des Impftieres von der 1. Probe
vom 2. Tage der gleichen Reihe und endlich von der 1. Probe nach
7 Stunden der IV. Reihe, welche Reihe eine Fortsetzung der II. Reihe
bildete. Die Tuberkelbacillen gingen dabei reichlich auf und lieBen sich
auch leicht weiterzfichten. Der Umstand. daB hier bei sehr schwach
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virulentem Ausgangsmaterial die Kulturen grofie Wachstumsenergie
zeigten, mag eine weitere Bestfitigung bilden dafiir, dafi Saprophytis-
mus und Parasitismus in umgekehrtem Verh<nis zueinander stehen.
So sagt R6mer in seiner Arbeit: „Wir haben fifters die Beobachtung
machen kOnnen, dafi die FShigkeit, unter gfinstigen Kulturbedingungen
fortzukommen, im umgekehrten Verhfiltnis zur krankmachenden Energie
der Bacillen stand, dafi also Saprophytismus und Parasitismus einen ge-
wissen Gegensatz bildeten. 14
Morphologisch und tinktoriell finderten sich die Tuberkelbacillen in
unseren Versuchen insoweit, dafi sie mit der Zeit stark segmentiert
wurden, bald mehr etwas blafirot, bald mehr braunrot bei gleichen F&rbe-
bedingungen sich tingierten. In den bei Bruttemperatur eingetrockneten
Proben zeigten die Bacillen schliefilich einen kornigen Zerfall — V B
5. Probe vom 16. und 6. Probe vom 20. Tage. — Gleiche Beobachtungen
liegen auch sonst vor, und wir verweisen diesbeziiglich auf die bereits
oben erw&hnte Arbeit von ROmer. Die Bacillen der einen Kultur
— IV. fr. Probe — zeigten im Deckglas zahlreiche Y-Formen, die den
Eindruck echter Verzweigungen machten. Gelegentlich war der eine
der Schenkel der Y-Form kfirzer, gelegentlich zeigte ein Schenkel der
Y-form eine weitere Verzweigung. Segmentierung fand sich an den
Bacillen nicht. Gleiche Beobachtungen von Verzweigungen liegen von
mehreren Autoren vor. So ffihrt Koppen Jones auf Grund seiner
diesbezfiglichen Untersuchungen aus: „Mitunter in den Sekreten und
immer in filteren Agarkulturen erscheinen fadenfihnliche Formen, welche
a) nicht septiert sind und zugleich b) mehrere Verzweigungen zeigen.“
Fischel gelangt bei dem Studium schwachvirulenter Bacillen seiner-
seits zu folgenden Resultaten: „1) Der Kochsche Tuberkelbacillus ist
die parasitische Form eines ursprfinglich saprophytisch vorkommenden,
verzweigte Faden bildenden Mikroorganismus. Die in geffirbten Prapa-
raten hfiufig beobachteten, unter einem Winkel voneinander abgehenden
Bacillen dfirften oft noch Andeutungen der urspriinglichen Zweigbildung
sein. 2) Die Artbestimmung ist noch nicht mfiglich, doch besteht eine Ver-
wandtschaft zwischen dem Actinomyces-Pilz und dem Tuberkelbacillus.
3) Die parasitische Form variiert in dem Sinne, dafi die segmentierten
Bacillen bald l&nger, bald kfirzer, bald schm&ler, bald breiter erscheinen.
.... 5) Der Erreger der Tuberkulose ist ein pleomorpher und variabler
Mikroorganismus. 14 Die unter Punkt 3 von Fischel angeffihrten Be¬
obachtungen fanden auch wir best&tigt. Beobachtungen fiber echte Ver¬
zweigungen machten Hayo Bruns, Mafucci, Nocard und Roux.
Um weiterhin auf die bei den Impftieren gemachten Erfahrungen
einzugehen, so ergibt sich aus denselben, dafi die Tuberkelbacillen unter
den geschaffenen Bedingungen eine Abschwfichung ihrer Virulenz er-
fahren haben. Einige Zeit hindurch haben die Tuberkelbacillen die
Fahigkeit, eine fiber die Injektionsstelle hinausgehende, i. e. zur Propa¬
gation ffihrende Impftuberkulose zu erzeugen, bewahrt. So hat Stamm 1
(I) diese Eigenschaft noch nach 4 Tagen (am 9. Tage nicht mehr),
Stamm 2, Milzmaterial (II) bis zum 2. Tage (am 9. Tage ebenfalls nicht
mehr). Stamm 2, Netzmaterial (III) bis zum 11. Tage (am 14. Tage
nicht mehr). Stamm 3, Milzmaterial V A bis zum 7. Tage bewahrt,
wfihrend hier gleichfalls nach 9 Tagen keine Allgemeininfektion konsta-
tiert werden konnte. Die Bacillen der Reihe IV — stammend aus der
tuberkuldsen Milz eines mit Netzmaterial der Reihe III (Stamm 2) vom
9. Tage (I. Probe) infizierten Meerschweinchens — waren so weit abge-
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schw&cht, daB sie nur bis zum 4. Tage fiber die Impfstelle hinaus-
gehende Infektion bewirkten. Bei dem Umstande, daB das Impftier
Stamm 2 II (2. Probe vom 9. Tage) bei subkutaner Impfung schon am
4. Tage danach an Marasmus einging, daher ffiglich nicht zur Beurtei-
lung des Abschw&chungsgrades berangezogen werden kann, ergibt sich,
daB schwachviru lente Bacillen unter den obwaltenden
Verhaltn issen im allgemeinen ungeffihr eine Woche die
FShigkeit, eine fiber die Impfstelle hinausgehende Tuber-
kulose zu erzeugen, bewahren.
Von den genannten Zeiten an hatten die Bacillen der
verschiedenenStfimmesoweiteineVirulenzabschw&chung
erfahren, daB nunmehr bei den Verimpfungen gelegent-
lich nur eine an die Impfstelle gebundene, also lokali-
sierte Tuberkulose sich ergab, sei es in Form eines subkutanen
Infiltrates Oder eines Netzknotchens, je nach der Art der Einverleibung
des infektifisen Materiales. Auch bei subkutaner Impfung sich er-
gebende isolierte Herde der Leber konnten wir bei der bereits mehrfach
beobachteten direkten Infektion derselben durch angestochene Venen nur
als lokalisierte Tuberkulose betrachten. Bei Stamm 1 fand sich eine lokali-
sierte Tuberkulose noch nach 30 Tagen (I 6. Probe), bei Stamm 2 nach
24 Tagen (II, 5. Probe) resp. nach 12 Tagen (IV, 5. Probe). Ueber die
Zeit von 30 Tagen hinaus haben wir keine Versuche angestellt. Wenn
wir unter dieser Zeit an Impftieren negative Befunde erhoben haben,
so ist es ebensogut mSglich, dafi in einzelnen Proben .die Bacillen be¬
reits abgestorben sein konnten, oder die tuberkulosen Produkte wegen
ihrer Kleinheit Qbersehen wurden; es ist auch nicht auszuschliefien, daB
entstandene tuberkulose Bildungen abgeheilt sein konnten oder auch die
Zeit von der Impfung bis zur Obduktion zu kurz war, um augenf&llige
Verfinderungen zu erzeugen. Demgemfifi schalten wir auch diese Ffille
bei unseren Schlufifolgerungen aus.
Des weiteren zeigte sich, sofern nicht sehr junge
Meerschweinchen (3 Wochen alte Tiere, Stamm 2 (IV) sfimtliche
Proben) zur Verwendung kamen, oder ein zuffilliges Acci-
denz (Peritonitis) eintrat, daB die Impftiere fast durchweg
sich in gutem Ern&hrungszustande befanden undklinisch
nicht den Eindruck infizierter Tiere machten.
Besonders wichtig erscheint uns die bistologische Beschaffenheit der
durch die a priori schon schwachviruleuten und durch die eingeschlagene
Versuchsanordnung bis an die Grenze der Virulenz abgeschwfichten
Bacillen hervorgerufenen spezifischen Verfinderungen. Baumgarten,
Orth und andere Autoren haben aus der Wirkung des Tuberkelbacillus
auf das lebende Gewebe geschlossen, daB demselben eine Einflufinahme
nach verschiedenen Richtungen zukomme. Sie unterschieden einmal
eine nekrotisierende, des weiteren eine exsudative und endlich
eine produktive Komponente.
Nach Baumgarten fiberwiegen bei Tuberkelbacillen von geringer
Menge und Virulenz die Proliferationsprozesse, wahrend bei grofien
Mengen stark virulenter Bacillen mehr die Exsudationsprozesse in den
Vordergrund treten. Er erwfihnt hierbei, daB im letzteren Falle der
ProliferationsprozeB geradezu umgangen werden kann, der Tuberkel mehr
einem Abscesse fihnlich wird. Bei unseren untersuchten Bacillenstfimmen
zeigten sfimtliche tuberkulose Produkte des Ausgangsmaterials mikro-
skopisch die Zeichen der Gewebssch&digung nach den genannten drei
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Bartel u. Stein, Zur Biologie schwachvirulenter Tuberkelbacillen. 399
Richtungen, indem wir fiberall neben verkaste Stellen enthaltenden, teil-
weise peripher fibrosen Epitbeloidzellentuberkeln eine wechselnde Zahl
von mono- and polynuklearen Leukocyten fanden. Bei der durch unsere
Versuchsbedingungen hervorgerufenen Abschwachung der Bacillen zeigte
sich, dafi diese Trias der genannten Eigenschaften nicbt in gleichem
Verhaitnisse erhalten blieb; Stamm 1 zeigte namlich in der Folge ein
Ueberwiegen der produktiven Tendenz, wahrend bei Stamm 2 (Reihe II,
III, IV) neben der produktiven die exsudative Komponente stark
hervortrat Stamm 3 nahert sich in seinem Verhalten mehr dem
Stamme 2.
Solange die Tuberkelbacillen ihre Eigenschaft, eine
fiber die Impfstelle hinausgehende Tuberkulose zu er-
zeugen, bewahrt hatten, war keine dor drei Wirkungs-
weisen vollstandig verloren gegangen. War jedoch die
Abschwachung der Tuberkelbacillen soweit fortge-
schritten, dafi sich am Irapftier nur mehr eine lokali-
sierte Tuberkulose als Resultat ergab, so zeigte es sich,
dafi dann eine der genannten Komponenten vollig ge-
schwunden war. Zugleich liefien solche Falle lokalisier-
ter Tuberkulose deutliche Organisationsvorgange er-
kennen.
Die Kndtchenbildungen bei diesen an die Injektionsstelle allein ge-
bundenen Verfinderungen zeigten fast durchweg eine grofie Zahl mehr-
kerniger Zellen, indem in einer oft sehr breiten Protoplasmamasse zwei
und mehrere Kerne, manchmal randstandig oder unregelmfifiig verteilt,
eingelagert waren. Diese vorwiegende Bildung von Riesenzellen durch
Einwirkung schwachvirulenter Bacillen findet auch anderweitig Bestati-
gung; so konnte Krompecher durch Injektion einer 6 Jahre auf
kfinstlichen Nahrboden gewachsenen Kultur Tuberkel erzeugen, die blofi
aus 1—2 Riesenzellen und wenigen Leukocyten bestanden.
Die bei unseren Versuchen entstandenen L e b e r tuberkel weisen
ahnliche Bilder auf, wie sie Miller auf hamatogenem Wege bei Kanin-
chen erzeugte.
Bacillen, die wir bei zur Propagation ffihrender Tuberkulose stets,
wenn auch manchmal in geringer Zahl, nachweisen konnten, waren bei
den blofi auf die Impfstelle beschrankten Prozessen nur einmal zu finden.
Das bacillenarme Ausgangsmaterial des 2. Starames — Reihe II, III, IV
— erzeugte auch weiterhin bei den Impftieren bacillenarme Tuberkel-
bildung.
Ueberblicken wir endlich die Obduktionsergebnisse bei Verirapfung
schwachvirulenten lebenden Materials einerseits und von durch Hitze
abgetoteten Materials gleicher Provenienz andererseits, so finden wir,
dafi gegenfiber der Tuberkulose erzeugenden Fahigkeit des ersteren,
letzteres diese Eigenschaft vollstandig eingebfifit hatte. Es zeigten
die mit abgetfiteten tuberkulfis veranderten Gewebs-
stfickchen geimpften Meerschweinchen keine auf Grund
der Impfung entstandenen spezifischen Verfinderungen
nund blieben in gutem Ernfihrungszustande; sie verhielte
sich also vollstandig normal.
Handelt es sich urn vor der AbtOtung hochvirulentes Kultur-
material, so kdnnen wir die Frage nach der Wirkungsweise toter Tu¬
berkelbacillen , wie wir schon ausffihrten, auf Grund der Arbeiten
Masurs,Krompechers, Sternbergs und Engelhardts als nahe-
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400 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
zu entschieden betrachten. Krompecher spricht sich dahin aus, daB
hochvirulente tote Bacillen Tuberkulose erzeugen konnen, die er im
Gegensatze znr I n fe k t i o n s tuberkulose, hervorgerufen durch lebende
Bacillen als Intoxikationstuberkulose auffaflt. Es wird zwar durch
die Einwirkung der Hitze die Lebensf&higkeit der Bacillen zerstdrt, je-
doch bleiben dessen am Bacillenleibe haftenden Gifte erhalten.
„Es ist also, ebenso wie Buchner Garung ohne Hefezellen erzeugte,
mbglich, auch tuberkuldse Ver&nderungen ohne lebende Bacillen hervor-
zurufen. Diese beiden Prozesse unterscheiden sich jedoch, abgesehen
davon, daB die Zymase ihre Eigenschaften bei 120° verliert, auch darin
voneinander, daB es nicht gelingt, das toxische Tuberkulose erzeugende
Element vom Bacillenleibe zu isolieren. Die Analogic besteht bloB in der
UnabhSngigkeit der beiden Prozesse vom Leben der Mikroorganismen.“
Versuche, die Krompecher mit einer jahrelang auf kQnstlichen
N&hrbdden fortgeziichteten und vor der Verimpfung abgetoteten Kultur
anstellte, ergaben durchweg negative Obduktionsbefunde. Krom¬
pecher bezeichnet diesen 6 Jahre lang auf kiinstlichem N&hrboden ge-
wachsenen Stamm als a virulent. Auf Grund seiner Beobachtungen
an Kulturmaterial filhlt sich der genannte Autor zu dem Schlusse be-
rechtigt, daB der durch tote Bacillen hervorgerufeneEffekt
verschieden ist, je nach ihrem Virulenzgrad. In einer
spateren Arbeit konstatiert Sternberg bei Verwendung hochvirulenten
Kulturmateriales, daB durch Hitze abgetdtete Bacillen im Tierkdrper
dieselben Ver&nderungen hervorrufen kbnnen wie lebende.
Einige Differenzen in den Angaben verschiedener Autoren beztiglich
der VerkSsung durch hochvirulentes abgetbtetes Kulturmaterial erkl&rt
Sternberg aus der groBeren oder geringeren Dichtigkeit der ver-
impften Aufschwemmungen. Des weiteren schlieBt er, daB die patho-
gene Wirkung geknflpft ist an eine im Bacillenleibe enthaltene Substanz;
dieselbe wird durch hohe Temperatur nicht gesch&digt, wohl aber extra-
hiert Oder vernichtet durch Alkohol oder Aether. Es ergibt sich also
aus dem vorher Gesagten beztiglich der Verimpfung von Kul¬
turmaterial, daB hochvirulente abgetbtete Bacillen In¬
toxikationstuberkulose erzeugen kdnnen, schwachvirulente
tote ein vollst&ndig negatives Resultat liefern. Ein Hauptzweck
nun unserer Versuche war es, zu prtifen, ob beztiglich der Wirkungs-
weise nur schwachvirulenter Bacillen, gelangen sie in dem von ihnen
spezifisch ver&nderten Gewebe in natiirlicher Verteilung eingeschlossen,
zur Verimpfung, das Gleiche gilt, was nach den Untersuchungen Krom-
pechers an lebendem und totem schwachvirulentem Kulturmaterial
beobachtet wurde. Es erschien uns eine KISrung dieser Frage insofern
von Bedeutung, als es dann mbglich w&re, aus positiven Impfbefunden
— in erster Linie lokalisierten Tuberkelbildungen — nach Inokulation
von Organteilen, stammend aus mit schwachvirulenten Bacillen infizierten
Versuchstieren, die Anwesenheit lebender Erreger mit Bestimmtheit zu
erschlieBen zu kbnnen.
Unsere SchluBfolgerungen lassen sich in folgende S&tze zusammen-
fassen:
„Eine Vermehrung von Tuberkelbacillen post mortem
in dem von ihnen spezifisch ver&nderten Gewebe bei Ab-
wesenheit anderer Mikroorganismen unter den gtinstigen
Temperaturbedingungen von 37° und in feuchter Kammer
erscheint uns nur wahrscheinlich.
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Bartel n. Stein, Znr Biologie schwachvirolenter Tuberkelbacillen. 401
Die weitere Frage, ob durch die in unseren Versuchen
gesetzten Verh<nisse gflnstigere Kultnrbedingungen
geschaffenwerdenk6nnen,konntenwirnichtinpositivem
Sinne entscheiden, wiewohl nns die Kultivierung ge-
legentlich leicht gelang.
Morphologische Ver&nderungen, wie Segmentierung,
korniger Zerfall, Verzweigung, bald mehr plumpe, bald
schlanke Bacillenformen, sowie Aendernngen des f&rbe-
rischen Verhaltens — blafiroter oder mehr brannroter
Farbenton — waren wir gleichfalls in der Lage zu kon-
statieren.
Ferner glanben wir nns dahin aussprechen zukOnnen,
dafi bezfiglich der Wirkungsweise schwachvirulenter
lebender and toter Tuberkelbacillen, sind dieselben in
dem von ihnen spezifisch ver&nderten Gewebe in natttr-
licber Verteilung eingescblossen, das Gleiche gilt, was
Krompecher bezQglich scbwachvirulenten lebenden und
toten Kulturmateriales gefunden hat, namlich:
Scbwachvirulente abeetOtete Tuberkelbacillen in den von ihnen
spezifisch verfinderten Organen in natttrllcher Verteilung einge-
schlossen, sind nicht im stande, am Impftiere Ver&nderungen spe-
zlfiseher Natur Oder auch nur Marasmus zu erzeugen.
Findet man infolgedessen bei Impftieren, die ledig-
lich mit sicber schwachvirulenten Bacillen infiziert
wurden, Tuberkelbildungen, so kann man aus denselben,
auch wenn es sich nur um lokalisierte Tuberkulose han-
delt, auf die Anwesenbeit lebender Erreger schliefien,
wenn auch von sehr herabgesetzter Virulenz und von ge-
ringer Zahl. Durch fortgesetzte Abschw&chung gelang es
uns, Tuberkel zu erzeugen, die fast ausschliefilich aus
Riesenzellenbe8tanden;ausge8procheneVerkasungsaben
wir dann nur ausnahmsweise; auch Bacillen waren nur ge-
legentlich noch nachzuweisen.
Zugleicb konstatierten wir an lokalen tuberkulosen Produkten Aus-
heilunsprozesse. _
Ueber die histologischen Ver&nderungen in den bei 37° und der
Einwirkung der feuchten W&rme, sowie der eingeschlossenen Tuberkel¬
bacillen ausgesetzten tuberkulds ver&nderten Gewebsstiickchen wollen
wir bier nur so weit uns aussprechen,- daG wir die charakteristische Struktur
der Gewebe noch nach 31 Tagen — unsere ISngste Beobachtung — er-
halteu fanden. Wohl trat mit der Zeit ein Kernzerfall ein und es fanden
sich dann im Gewebe verteilt zahlreiche intensiv mit Kernfarbstoffen
f&rbbare Kerntrflmmer; hochgradigere Ver&nderungen des Gewebes
machten sich mit der Zeit in einer schmalen Eandzone des Organ-
stflckchens bemerkbar, indem daselbst die Kerne ihre F&rbbarkeit ver-
loren und das Gewebe dann einen mehr gleichm&fiigen Eosin-Farbenton
annahm. Diese Erscheinung in den Randpartieen ist wohl auf den Ein-
flufi der Flflssigkeit, in der die Stfickchen nach einiger Zeit schwimmend
vorgefunden wurden, zurQckzufflhren, und nicht auf Rechnung der
Tuberkelbacillen zu setzen.
Eine Zunahme des verk&senden Prozesses in den Tu-
berkeln konnten wir nicht sehen. Auch in jenem Falle, wo wir
Bnte Abt. Ori*. Bd. XXXVm. Heft 4. 26
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402
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4
das Gewebe bei 37 0 der Austrocknung aussetzten, blieb die Kemf&rbnng
und Struktur leidlicb erhalten. Der postmortale Einflufi der
sp&rlich vorhandenen Tuberkelbacillen auf das Gewebe
scheint demnach ein auBerorden tlich geringer zu sein.
Es stimmen unsere Beobachtungen mit deneu Goldmauns Oberein,
welche der genannte Autor an aseptisch aufbewahrten GewebsstQckchen
anstellte.
Ancb von Ed lbs, der Tuberkelbacillenaufschwemmungen in die
Venen steril herauspr&parierter Kaninchennieren injizierte, wurde diese
Tatsache best&tigt.
Idteratur.
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1904. No. 15.)
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(Arb. a. d. kais. Ges.-Amt. Bd. VII. 1894.)
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Bert&relli, Einige Untersuchungen iiber die Tuberkulose der Reptilien. 403
Nachdruck verboten .
Einige Untersuchungen iiber die Tuberkulose der Reptilien.
[Aus dem hygienischen Institut der KOnigl. Universitfit Turin (Direktor:
Prof. Dr. L. Paglioni).]
Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozenten und Assistenten.
Mit 1 Tafel und 1 Figur.
Die Tuberkulose der Reptilien ist nur sehr selten beobachtet worden,
und was die spontane Tuberkulose anbetrifft, so liegt da meines Wissens
nur der Fall Friedmanns 1 ) vor. Dieser Forscher beobachtete, wie
bekannt, bei 2 Schildkroten einen tuberkulOsen ProzeB, welcher von
einem von ihm ausftihrlich beschriebenen Keim bervorgerufen worden
war, welch letzterer in verscbiedener Hinsicht an den Tuberkelbacillus
der Sfiugetiere erinnert.
Auch bezfiglich der experimentellen Tuberkulose der Reptilien ist
mir auBer den Versuchen Friedmanns mit der SchildkrOte keine
andere Uebertragung eines solchen Infektionsprozesses bekannt geworden.
Ebensowenig finden sich in der kQrzlich erschienenen, synthetischen
und experimentellen Studie Herzogs 2 ) Gber die Tuberkulose der Kalt-
blGter Andeutungen Qber kQnstliche oder natQrliche Tuberkulose der
Reptilien.
Eine derartige Nachforschung entspricht heute aber keiner einfachen,
biologischen Neugierde mehr, sondern hat eine weit Qber diese Grenzen
hinausgehende Bedeutung erworben.
Sehen wir auch von dem Interesse ab, das die Frage bietet, ob
nfimlich die Reptilien fQr eine Tuberkuloseinfektion empfindlich sind,
ob die tuberkulOsen Formen dieser Wirbeltiere an die der Sfiugetiere
erinnern, und lassen wir dann auch all das beiseite, was bei diesen
Fragen ausscbliefilich an die Biologie geknfipft ist, so hat die Tuber¬
kulose der Reptilien nach den kfirzlichen Mitteilungen Friedmanns
und MOilers doch ein unserer vollsten Beachtung wQrdiges Bild an-
genommen.
Allgemein ist bekannt, wie es Friedmann 3 ) gelungen ist, Meer-
schweinchen und, wie es scheint, auch andere Tiere mit Hilfe des bei
Schildkrdtentuberkulose isolierten Bacillus gegen die Tuberkulose der
Sfiugetiere aktiv zu immuuisiereren. MO Her 4 ) dagegen behauptet,
das Meerschweinchen erfolgreich gegen Sfiugetiertuberkulose geimpft und
zur aktiven Immunisation die ersten der von ihm gefundenen, zuerst
aber durch die Blindschleiche passierten sfiurefesten Bacillen verwandt
zu haben.
Auf das von diesen beiden Forschern verfolgte Verfahren, auf die
Ergebnisse ihrer Immunisationsversuche und auf die dadurch hervor-
gerufenen ErOrterungen nfiher einzugehen, ist mir hier nicht gestattet.
1) Friedmann, F. F., Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXIV, so wie
Zeitschr. f. Tuberk. a. Heilstattenw. Bd. IV.
2) Herzog, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXI. 1902, sowie Bd. XXXIV.
1903. Ebenda findet sich die bedentendste Literaturzusammenstellung iiber die Tuber¬
kulose der Kaltbliiter.
3) Friedmann, F. F., Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 50, sowie 1904.
No. 5.
4) Moller, Zeitschr. f. Tuberk. u. Heilstattenw. Bd. V.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Es genfigt, an dieser Stelle zu bemerken, daB die von Friedmann
erhaltenen Ergebnisse derart zufriedenstellend waren, daB seine Methode
im Begriffe steht, im Handel weitgehende Verwendung zu finden, was
anch zuverlSssige Kritiker nicht abzuraten scbeinen. Die neuesten Mit-
teilungen Friedmanns’) bestatigen die gehegten Erwartungen voll-
stfindig und erwecken den Glauben, daB die Immunisation gegen die
Tuberkulose damit in eine neue Periode eingetreten ist *).
Das Studium der biologischen und praktischen, mit dem Problem
der Reptilientuberkulose zusammenhangenden Seiten wird somit aufierst
bedeutungsreich.
Abgesehen von wenigen Varietaten von Schildkrdten und Eidechsen,
sind nun in unseren Gegenden die Reptilien so sparlich vertreten, so
klein und von so beschrankter Lebensfahigkeit, daB die betreffenden
Nachforschungen wegen Materialmangels nur schwer durchgefiihrt werden
konnten. Ein glflcklicher Zufall aber setzte mich in die Lage. fiber ein
auBerst reiches Studienmaterial zu verffigen, denn, dank dem freund-
licben Entgegenkommen und der wissenscbaftlicben Einsicbt des Herrn
Prof. Grafen Peracca, welcher in Turin des Studiums und Vergnflgens
halber eine unfibertroffene Sammlung lebender Reptilien aus warmen
Landern besitzt, war es mir mfiglich, mich eben dieses Materials be-
dienen zu kdnnen. Ich hatte so auch die Gelegenheit, mit verschiedenen
groBen Reptilien Versuche anzustellen und verschiedene andere zu se-
zieren. Und die ersten damit erhaltenen und im nachstehenden kurz
zusammengefaBten Ergebnisse legen uns ohne weiteres den Gedanken
nahe, daB auf diesem Gebiete der Pathologie der Tuberkulose noch in-
teressante Tatsachen und Beobachtungen angesammelt werden kdnnen.
Vor allem war es mir darum zu tun, die Infizierung der Rep¬
tilien mit Menschen- und Hfihnertuberkulose zu studieren.
Wer sich die Formen und die Zfichtungseigentfimlichkeiten des
von Friedmann aus der Schildkrdte isolierten Tuberkulosekeims ver-
gegenwartigt, wird sehr leicht dahin gebracht werden, anzuerkennen, daB
die Form der Schildkrdtentuberkulose der des Menschen auBergewdhn-
lich nahe und vielleicht auch gleichkommt. Die Unterschiede in der
Leichtigkeit, mit der bei relativ niedereren Temperaturen Zfichtungen
vorgenommen werden kdnnen, kdnnten logischerweise eventuell auch als
eine Veranderung des Anpassungsvermdgens aufgefaBt werden, die der
Keim wfihrend seines Aufenthaltes im Tierorganismus erfahrt. Und
daran kann um so leichter gedacht werden, als der Friedmannsche
Tuberkulosebacillus auch bei 37° gut gedeiht.
Meine ersten Versuche wurden an 2 prfichtigen Exemplaren von
Varanus varius (Shaw) vorgenommen. Es waren dies 2 ca. 1,15 m lange,
aus Sfidost-Australien gekommene Tiere, die seit mehreren Jahren in
Gefangenschaft gelebt und sich dem Leben im Kafig ziemlich gut ange-
paBt batten. Sie waren zumeist Fleischfresser und befanden sich in guten
1) Friedmann, F. F., Deutsche med. Wochenschr. 1904. No. 46.
2) Meine Arbeit war schon in Druck gegeben, als die Veroffentlichung von Bi 1-
bert und R u p p e 1 erschien (Deutsche med. Wochenschr. 1904. No. 4 u. 5), in der die
Ergebnisse Friedmanns heftig angegriffen werden und behauptet wird, dafi der
TuberkelbacilluB der Schildkrdte die Saugetiere nicht griindlich immunisiert, und bei
Injektion von groBen Quantitaten einer pathogenen Wirkung nicht entbehrt. Fried¬
mann hat auf diese Kritik geantwortet und wird auch weiterhin auf diese Angriffe
antworten.
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Bertarelli, Einige Untersuchungen fiber die Tuberkulose der Reptilien. 405
Gesundheitsverhflltnissen. Sehen wir dann ab von der Notwendig-
keit, den Boden des von ihnen bewohnten Kflfigs stets auf ca. 20°
halten zu miissen, so verlangten sie weiterhin keine besonderen Rflck-
sichten.
Im Mflrz 1904 wurde je einem Varanus eine Hflhnertuberkulose-
und eine Menschentuberkulosekultur injiziert, und zwar subkutan. Die
Menschentuberkulosekultur war sehr wenig aktiv, obgleich der betreffende
Keim aus dem Sputum eines
Schwindsflchtigen isoliert wor-
den war. Die Hflhnertuberku-
lose kam von Kr&l.
Die Dosen des verwandten
Kulturmaterials waren ziemlich
stark, aber trotzdem war das
Ergebnis negativ. Nach langer
als einem Monat wurde die In-
okulation wiederholt, wiederum
aber zeigten sich auch bei Be-
tastung nicbt die geringsten
Krankheitserscheinungen.
Im Juni 1904 nahm icb
ohne weiteres an einem der
Varani die Injektion einer klei-
nen Quantitat eines von einem
Schwindsflchtigen herrtihrenden
Sputums vor. Zu dieser sub-
kutanen Inokulation dienten
0,2 ccm einer bacillenreichen
Sputum-Bouillonemulsion. Nach
ca. einem Monate zeigte sich
an der Inneststelle ein deut-
liches, maiskorngroBes Knot-
chen, das allmahlich bis zur
GroBe einer kleinen Kirsche
anwuchs. Das umliegende Ge-
webe sah wie infiltriert aus und
fuhlte sich hart an. Im August
begann das Tier jede Speise-
aufnahme zu verweigern und
blieb trotz der hohen Tem-
peratur niedergeschlagen im
Kflfig, ohne die gewohnte
Lebhaftigkeit an den Tag ZU Varanus rarius.
legen.
Im September kommt der Krflfteverfall noch deutlicher zum Aus-
druck, das Tier sieht stark abgemagert aus. Gegen Ende September
bewegt es sich flberhaupt nicht mehr, so daB man es ohne Vorsichts-
maBregeln beruhren und stechen kann.
Das Hautknotchen erschien wie vergroBert und ringsherum dehnte
die sich bei Druck hart anfflhlende Infiltrationszone stets weiter aus.
In den ersten Oktobertagen wurde das Tier getfltet.
Bei der Autopsie ergab sich der nachfolgende interessante Befund:
Herz und Lungen gesund. In der Bauchhflhle beobachtete man ver-
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406
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
grofierte, gl&nzende, perlige GekrSseganglien. Einige davon sind dent-
lich verkSst, andere aber zeigen sich gerade so schnittresistent, wie wenn
sie fibrSs w&ren. Auch einige wenige pr&vertebrale Ganglien sind ver-
grSCert und grau. Die Nieren, die Milz und die Eileiter sind normal.
Die Leber weist hie und da einige kleine, rundliche, nicht genau abge-
grenzte, weiflliche Flecken auf.
Anf der Haut, und zwar nahe bei der EinfQhrungsstelle, beobachtet
man das Vorhandensein nicht genau abgegrenzter nnd untereinander
zusammenflieBender KnStchen. Einige befinden sich allem Anschein
nach auf dem Wege der Verk&sung, andere dagegen sind widerstands-
fahig und graulich. Dem Zentrum der Kndtchenmasse zu bemerkt man
eine kleine, mit aufien nicht in Verbindung stehende, aber ein kleines
Stflckchen nekrotischer Masse enthaltende HOhlung. Die Kndtcheninfil-
tration erstreckt sich 5 cm weiter vom Sitz des Innestes.
Es werden nun Stticke in Alkohol und Sublimat fixiert und mit
wenigen nicht verk&sten Abdominalganglien dann nach vorhergegangener
Feinzerknetung Kulturen auf Glycerinagar und Blutagar hergestellt.
Die Kulturen werden auf 37° belassen; aus von mir unabh&ngigen
Grflnden werden keine anderen Kulturen in anderer Temperatur be¬
lassen.
Einige andere Ganglien werden subkutan und in verschiedenen
Dosen 6 Meerschweinchen inokuliert
Die histologische Prflfung der Stiicke hat zu interessanten Be-
stfitigungen gefiihrt. Mehr oder weniger boten alle Ganglien einen
typischen tuberkulosen AbsceB dar, der zuweilen das Ergebnis der Ver-
schmelzung mehrerer Tuberkel war.
In Fig. 1 habe ich einen Teil eines dieser Ganglien dargestellt Im
Zentrum sieht man die nekrotische, verkSste Masse und ringsherum einen
wahren Zaun von umfangreichen, vielkernigen Zellen. Einige derselben
zeigen zahlreiche dicht aneinander liegende Kerne, die Qberdies an der
Peripherie nicht reihenweise angeordnet sind. Diese Zellen erinnern
nun ziemlich stark an die Riesenzellen der tuberkuldsen Prozesse bei
S&ugetieren. Andere Zellen wiederum sind zwar vielkernig, doch haben
sie nur wenig zahlreiche kleine Kerne und scheinen zuweilen von der
Verschmelzung von 2 oder mehr epithelioiden Zellen herzurQhren.
Einige dieser Zellen haben weniger Aehnlichkeit mit den tuberkuldsen
Riesenzellen der S&ugetiere (und dieses ist gerade bei Fig. 1 der Fall).
Alle diese Zellen weichen dann uberdies von den unter denselben Ver-
h<nissen bei S&ugetieren angetroffenen hinsichtlich ihrer allgemeinen
Form etwas ab, sind im allgemeinen mehr l&nglich und fallen ihrer
Form nach oft mit einer dreieckigen Figur zusammen; die Kerne sind
zahlreich, relativ groB, in einigen Ausnahmefallen fallen sie auch den
Zentralteil des Zellkorpers aus. Inmitten der Riesenzellen und um die
von ihnen besetzten Zonen herum beobachtet man lymphoide Zellen,
die sich nach auBen hin anhaufen und so die Tuberkel genau abgrenzen.
Die epithelioiden Zellen sind dagegen weniger zahlreich und fehlen zu¬
weilen fast vollst&ndig. Um die Tuberkel herum und auch in ihrem
peripherischen Teile konnen mit dem Pappenheimschen Verfahren
Plasmazellen in m&Biger Zahl sichtbar gemacht werden.
Ich habe an den Schnitten zwecks Auffindung von Tuberkelbacillen
alle Kunstmittel in Anwendung gebracht, trotzdem aber war es mir nicht
mdglich, in den Tuberkeln oder um dieselben herum irgendwelche Art
von Bacillenformen wahrzunehmen. S&urefeste Bacillenformen fehlten
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Bertarelli, Einige Untersuchungen fiber die Tuberkulose der Reptilien. 407
ebenso ganz und gar in alien geprflften Ganglienscbnitten, und es ware
aberflflssig, hinzazufOgen, dafi schliefilich ebenso aoch jede andere Bak-
terienform fehlte. Es darf jedoch dabei nicht vergessen werden, dafi
die zur mikroskopischen Prflfung herangezogenen Ganglien gerade die
am meisten in Verkfisung befindlichen waren, w&hrend die sehr wenigen
nicht verkfisten Ganglien zur Herstellung der Kulturen und Inokulation
der Meerschweinchen dienten.
In den anderen der Untersuchung unterworfenen Organen werden
keine bemerkenswerten Verletzungen angetroffen, wenn wir absehen von
der Leber, in der wir eine beschr&nkte Zone in Nekrobiose befindlicher
Leberzellen antreffen. In der Milz feblen die Tuberkel, dagegen finden
sich da ttberaus zablreicbe eosinophile Leukocyten vor, die weite Milz-
zonen vollauf ausfQllen. In der Haut sind die tuberkulSsen Verletzungen
starker hervorgetreten, was aucb noch ziemlich weit von der Inneststelle
entfernt deutlich der Fall ist.
Man sieht da wirkliche Tuberkel mit verkfisten Zonen im Zentrum
und sparlichen Riesenzellen an der Peripherie, wfihrend ringsherum eine
von kleinzelligen Elementen infiltrierte Zone znm Vorschein kommt
Dabei fehlen diesen Tuberkeln jedoch immer genaue Abgrenzungen.
Die Riesenzellen werden dann in geringer Anzahl flberall in den tiefen
und Oberflachenschichten angetroffen. Sie erinnern in jeder Hinsicht
an die von Friedmann bei der Schildkr5te beobachteten, haben zwar
verschiedene Formen und Durchmesser, neigen aber im allgemeinen zur
fast ovalen, unregelmfifiigen Form hin.
Farbt man die Schnitte mit Ziehlscher Ldsung, so werden in fast
alien Riesenzellen saurefeste Bacillenformen sichtbar, die in jeder Hin¬
sicht an den Tuberkelbacillus erinnern. Uebrigens kann betreffs dieser
Reptilien nicht der Zweifel bestehen, der gelegentlich der Tuberkulose
des Frosches 1 ) zum Ausdruck gebracht wurde, dafi namlich die in der
Milz und in anderen Organen angetroffenen saurefesten Bakterienformen
Formen von gewbhnlichen, mit den Nahrungsmitteln dem Kdrper ein-
verleibten und dann zufailig in den Organismus eingetretenen saure¬
festen Substanzen darstellen, denn die Kulturen haben, wie wir weiter
unten sehen, jeden diesbezflglichen Zweifel gehoben.
Einige Keime werden auch frei zwischen den Elementen angetroffen.
Was dabei aber am meisten interessiert, ist der Umstand, dafi man ganz be-
sonders in den Riesenzellen zuweilen das gewtthnliche Mafi an Lange weit
flberschreitende, etwas gewundene oder gebogene Bacillenformen zu sehen
bekommt, welche von der Form, die der Bacillus in dem zur Inokulation
des Varanus verwandten Sputum innegehabt hatte, bedeutend abstechen.
Fig. 2 stellt eine dieser Riesenzellen mit langlichen Keimformen dar.
Verzweigte Formen habe ich nicht beobachtet. Hie und da aber
traten sehr dichte Massen Tuberkelbacillen zu Tage, die verschieden-
artig untereinander vermengt sind und zuweilen den Bacillenkdrper an
Dicke flbertreffende Enden besitzen.
Mit anderen Worten gesagt, lassen die durch den Bacillus bei diesen
kutanen Lokalisationen gegebenen Bilder den Gedanken an eventuelle
involutive, ganz besonders durch die Verlfingerung der typischen Ba-
cillenforro gekennzeichnete Formen nahe treten.
1) Dieser Zweifel ist schon von verschiedenen Verfassent erhoben worden und findet
eine indirekte fiestatigung auch in der kiirzlich erschienenen Arbeit von A. Weber
und Tsute: Zur Frage der Umwandlung der Tuberkelbacillen im Kaltbluterorga-
n ism us. (Deutsche mea. Wochenschr. 1904. No. 28.)
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408 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Die mit den wenigen, nicht verkfisten Ganglion angefertigten Kul-
tnren warden auf 37 0 gehalten. In einigen Kulturen fassenden Rflhrchen
beobachtete man 10 Tage nach dem Innest kleine, trockene, krusten-
artige Kolonieen, die in den folgenden Tagen indes nnr wenig Neignng
zeigten, sich ansznbreiten. Es ergab sich, dafi die Kolonieen selbst aus
sfiurefesten, vollaaf an den Tuberkelbacillns erinnernden Bacillen be-
standen (siehe Fig. 3), die jedoch bedeutend kflrzer waren als die in
der Haut angetroffenen. Die nachfolgenden Uebertragungen bei 37°
und 27° waren nicht im geringsten lebensf&hig. Es kam eine Ent-
wickelung sehr kleiner Kolonieen zustande, welche nach der dritten
Uebertragung ihre VitalitSLt vollst&ndig verloren.
Von den mit Ganglion material inokulierten Meerschweinchen ver-
endeten 2 am 3. Tage ohne dem Tuberkelbacillns zuschreibbare Pro-
zesse, die anderen 4 blieben am Leben.
Im November wurde eines derselben getbtet, wies aber nur ein
sehr kleines Kndtchen an der Inneststelle auf. Den anderen 3 fflr ge-
sund erkannten Meerschweinchen wurden im November kleine Quanti-
tftten tuberkulQsen Auswnrfs inokuliert, und es sei schon hier gesagt,
dafi bei alien eine Tuberkuloseinfektion eintrat, an deren Folgen sie zu
Grunde gingen.
Eben diese Kulturen wurden, wenn auch in geringer Quantit&t, und
dies eben, weil das Wachstum der Kulturen sehr schwach war, anderen
4 Meerschweinchen injiziert, doch war der Erfolg negativ. Keines der
inokulierten Meerschweinchen erkrankte an Tuberkulose, wie auch keines
derselben nach dem darauffolgenden Inneste Zeugnis von einer beson-
deren Widerstandsf&higkeit ablegte.
Der zweite mit HQhnertuberkulose injizierte Varanus ertrug aufier-
ordentlich grofie Keimquantit&ten, ohne irgend ein Zeichen von Krank-
heit oder Unwohlsein abzugeben.
In den letzten Septembertagen des Jahres 1904 wurde ihm an
einer der Stelle der ersten Injektionen entgegengesetzten Seite tuber-
kuloses Sputum inokuliert Einen Monat nachher treten an der Innest¬
stelle und urn dieselbe herum einige grofie Knoten hervor. Gleichzeitig
beginnt das Tier leicht abzumagern, doch scheint es nicht lange unter
dem Einflufi des eingefQhrten Materials zu stehen.
Auch der am Inokulationspunkt aufgetretene Knoten verschwand
nach kurzem und das Tier hielt sich in leidlichem Zustande, die frQhere
Lebhaftigkeit freilich kehrte nicht wieder zurflck. Ende Oktober wurde
es ein zweites Mai, und zwar immer an einer anderen Stelle, die der
mit Hflhnertuberkulose injizierten entgegengesetzt war, mit einem ba-
cillenreichen und nur wenig andere Keime enthaltenden Sputum inji¬
ziert. Die Reaktion war tatsfichlich leichter Art, das Tier magerte
etwas ab, gab aber keine Zeichen von wirklichem Marasmus.
Auch die an der Inneststelle aufgetretenen Erscheinungen zeigten
keine Neigung, weiter um sich zu greifen.
Am 12. Dezember wurde das Tier getOtet. Bemerkenswerte L&sionen
traten nicht zu Tage. Nur im Gekrdse fanden sich einige etwas ange-
schwollene, aber nicht verkfiste Ganglien, in der Leber stiefi ich auf
2 kleine, ziemlich gut umschriebene Knoten. Da, wo das tuberkuldse
Sputum eingeffihrt worden war, nahmen wir 2 kleine, nekrotische Fetzen
enthaltende Hohlr&ume wahr.
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Berta re Hi, Einige Unterauch ungen uber die Tuberkulose der Reptiiien. 409
Ringsherum war die Unterhautschicht infiltriert und schnittresistent;
es fehlte jedoch an typischen Knotchen, wie solche beim 1. Varanus be-
obachtet worden waren.
Angesicbts der Geringfiigigkeit der Verletzungen verzichtete ich auf
die Anfertigung von Kulturen und fixierte nur einige StQcke in Alkohol
und Sublimat.
Die mikroskopische PrGfung der verschiedenen Organe und Ge-
kroseganglien ergab keine tuberknlOsen Lasionen. Dagegen lieferte
die Prflfung der Unterhautschicht der um die Inneststelle herumliegen-
den Zone einen unerwarteten Befund. Die L&sionen beschrankten sich
auf nachfolgendes: MaBige Einwanderung kleinzelliger Elemente, Vor-
handensein einiger Riesenzellen und weniger Plasmazellen. Hie und da
bestand ein Anzeichen von Tuberkulose, d. h. Tuberkelbacillen mit einem
mit den gewohnlichen Verfahren schlecht f&rbbaren Zentrum, das man
auf den ersten Anblick hin mit einer in Verk&sung befindlichen Zone
verwechseln konnte. Mit der F&rbung nach Ziehl-Neelsen (siehe
Fig. 5) erkannte man, daB die ganze Zone mit Myriaden von Tuberkel¬
bacillen angefiillt war. Diese fast normalformigen, haufenweise
herumlagernden, runden und annahernd runden Bacillen hielten alle
Rauine zwischen Zelle und Zelle besetzt. Die Zentren der Kndtchen
oder der histologischen Tuberkeln ahnelnden Bildungen, die nach Fkr-
bung mit Hamatoxylineosin aus verkasten Zonen zu bestehen schienen,
waren dagegen nichts anderes als verwirrte Eeimhaufen. Auch 6—7 cm
von der Injektionsstelle entfernt fanden sich diese wirklichen Bacillen-
kolonieen. Einigen nicht stark veranderten Keimen begegnete ich auch
im Innern der wenigen Riesenzellen.
Der Befund war in Anbetraclit der Fiille der vorhandenen Keime
auBergewOhnlich und legte den Gedanken an eine in einem Kaltbliiter
erfolgte Lebensanpassung des Tuberkelbacillen des Menschen nahe.
In dieser Richtung erinnert der Befund an den von einigen anderen
Autoren mit Tuberkelkulturen in der Milz der Frosche erhaltenen.
War nun dieser Keim, der sich dem Organismus angepafit und sich
in situ, ohne schwere Lasionen zu erzeugen, so ungemein vermehrt hat,
wirklich auch den S&ugetieren gegenuber abgeschw&cht?
Diese Frage war von groBtem Interesse. Leider war es aber bei
der geringfdgigen und unbedeutenden Grofie der Lksionen unterlassen
worden, Kulturen anzufertigen, und so ist es mir also unmbglich, auf
diese Frage zu antworten.
Es lieB sich also aus den vorbeschriebenen Fallen folgern, daB man
zuweilen im Varanus eine Tuberkulose erzeugen kann, und zwar wenn
man dem Reptil dem Sputum des Menschen entstammende Tuberkel¬
bacillen inokuliert, daB die Ansteckung jedoch bisweilen mit Schwierig-
keiten verbunden ist und nur langsam vor sich geht, daB die hauptsach-
lichen Lasionen in Oberhaut- und Unterhautgewebetuberkeln in der
Nahe des Innestortes, so wie in maBigen tuberkulosen Veranderungen des
Brustfells bestehen konnen, obgleich das Tier deutliche Zeichen von
Marasmus und Kachexie abgiebt. Es liefi sich aus vorstehendem Ver-
such weiterhin ableiten, daB der Bacillus der Menschentuberkulose im
Organismus des Varanus abgeschwacht wird und somit nicht mehr fahig
ist, die Meerschweinchen zu infizieren, daB er fernerhin auch vom
morphologischen Standpunkte aus verschiedene Veranderungen erfahrt,
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410 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXX VIII. Heft 4.
die wahrscheinlich von einem involutiven ProzeB des Keimes selbst be-
dingt sind.
Diese Versuche fflhren also aufierdem den Beweis, daB in einigen
Fallen die Gewflhnung des (direkt dem Sputum entstammenden) Tu-
berkelbacillus des Menschen an eine Art saprophytischen oder fast sapro-
phytischen Lebens in der Unterhautschicht der Kaltblflter im Bereiche
der Mflglichkeit liegt, und liefern uns eine wertvolle Probe fflr die
Tbeorie des Anpassungsvermdgens des Tuberkelbacillus, dessen kflnst-
liche Zflchtung so grofie Umst&ndlichkeiten bereitete.
Wenngleich nun diese Versuche auch dargetan haben, daB der Keim
stark abgeschw&cht werden kann, so gestatten sie doch nicht, daran zu
denken, dafi der Keim wenigstens die Meerschweinchen gegen mensch-
liche Tuberkulose schiitzen konne.
Fiihrte also auch die Untersuchung zu biologisch interessanten
Ergebnissen, so hat doch der praktische Versuch, der darauf hinaus-
ging, durch Passage des menschlichen Tuberkulosebacillus durch diese
Varietat von Tropenreptilien einen Schutzstoff zu schaffen, fehlge-
schlagen.
Es tritt nun an uns die Frage heran: Stellt der Friedmannsche
Bacillus wirklich eine sehr seltene oder durchaus zuf&llige Varietat eines
Tuberkelbacillus dar, oder sind seine Eigenschaften alien oder vielen
Tuberkelbacillen der Reptilien gemein?
Wie ich bereits erwahnt habe, besitzen wir keine Angaben flber
die natflrliche Tuberkulose der Reptilien, somit ist es auch nicht m6g-
lich, mit Bestimmtheit zu sagen, ob die tuberkulose Infektion dieser
Wirbeltiere eine seltene oder entsprechend h&ufige Krankheitsform ist.
Wenn die Friedmannschen F&lle best&tigt werden, so kflnnen
die F&lle von natflrlicher Tuberkulose bei den Reptilien fflr die Zu-
bereitung der Schutzstoffe die Bedeutung der F&lle von cow-pox bei den
Kflhen gewinnen.
Die Notwendigkeit, nachzuforschen, ob die Tuberkuloseinfektion bei
diesen Tieren 5fters vorkommt, lag also auf der Hand.
Die betreffende, aus den bis heute von mir vorgenommenen Ver-
suchen hervorgehende Antwort kann nicht erschflpfend sein, immerhin
aber ist es schon jetzt m&glich, zu antworten, dad man zuweilen bei
den Reptilien einen ProzeB beobachtet, der dem tuberkuldsen ProzeC
bei S&ugetieren wahrscheinlich analog ist.
Es sei hier erw&hnt, dafi Graf Peracca, der Gelegenheit hatte,
zahlreiche Reptilien zu sezieren, zuweilen Lungenver&nderungen und
Krankheitserscheinungen in den serosen H&uten wahrgenommen hat,
die im groBen und ganzen wie eine Anh&ufung von verschieden groBen,
grauen oder gelblich-grauen Knotchen aussahen, die in der Tat au einige
tuberkulose Verletzungen bei S&ugetieren erinnerten. Bei einer Schild-
krflte, deren Stflcke ich, trotzdem sie im Museum fflr vergleichende
Anatomie aufgehoben worden sind, bis jetzt nicht aufhnden konnte,
schien die tuberkulose L&sion der Lunge und der Milz unzweifelhaft,
und all dies schon bei makroskopischer Prflfung.
Ganz hiervon absehend, habe ich aber auch einige viel bestimmtere
Tatsachen ansammeln konnen.
In den ersten Novembertagen sandte mir Prof. Peracca einen
pr&chtigen Macroscincus Coctaei (Dum et Bibr.) aus der Gruppe der
Scinddi von zwei Inseln der Kap Verdeschen Inselgruppe.
Das Tier magerte seit l 1 /* Monaten zusehends ab und lieferte An-
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Bertarelli, Einige Untersuchungen iiber die Tuberkulose der Reptilien. 411
zeichen von starkem Marasmus. 2 Tage nach Uebergabe des Tieres in
meine H&nde verendete es.
Der Autopsiebefund ergab folgendes: Der linke Lungenlappen hing
mit der Pleura zusammen und die ganze umliegende Zone befand sich
in starkem kflsigen Zerfall. Die Lasion war vollstandig auf die Pleura-
hflhle beschrUnkt, zog kleine OberflSchenschichten in Mitleidenschaft und
bot das Bild einer wahrscheinlich alten kasigen Pleuritis. In der Milz
waren 2 oder 3 kleine, hirsekorngroBe und gelblich-grau aussehende
Tuberkel zu erblicken. Einige GekrQseganglien waren vergroBert und
auf dem Wege der Verkasung. In der Leber waren einige blasse, schlecht
abgegrenzte Flecken sichtbar und im Herzen in der Spitzengegend ein
graues, subepicardisches Tuberkel, wahrend ein ahnlicher Tuberkel sich
in der Nahe der rechten Herzvorkammer abhob.
Es wurden nun Ausstrichpraparate und Kulturen hergestellt und Stflcke
in Alkohol und Sublimat fixiert. In den Ausstrichpraparaten von Ganglien
und Milz konnten mit dem flblichen Farbeverfahren oder nach Gram
keine gewQhnlichen Keime, noch saurefeste Bacillen aufgefunden werden.
Die mit einigen zu Brei verriebenen Ganglien und einer der Herz-
tuberkel hergestellten und auf 27 0 und 37 0 gehaltenen Kulturen blieben
bis zum 5. Tage, an dem sie durch Unachtsamkeit anderer zerstflrt
wurden, steril. Sie konnten also nichts weiter besagen, als daB aus
diesen Verletzungen keine gewflhnlichen Keime auf den flblichen NShr-
bflden (Glycerinagar, Glycerin serum, Blutagar) isoliert werden konnten.
Der histologische Befund der Stflcke war sehr belehrend, die Pleura-
lasion zeigte klar, daB es sich da urn einen Lunge und Pleura in Mit¬
leidenschaft ziehenden EntzflndungsprozeB mit kleinzelliger Infiltration,
Zerstorung der Gewebe, und Verkasungszonen handelte. Darum herum
bemerkte man an einigen Stellen Riesenzellen, die den bei der Tuber-
knlose der Sflugetiere angetroffenen stark ahnelten. Gebilde aber, die
geradezu mit dem Tuberkel verglichen werden kflnnten, waren nicht
vorzufinden.
Die Knfltchen der Milz und des Herzens dagegen, sowie die
Ganglien hatten das Aussehen typischer Tuberkel, d. h. kasige Entartung
des Innenraumes, Vorhandensein zahlreicher lymphoider Elemente, so¬
wie eine bedeutende Anzahl Riesenzellen, die mit den bei Sflugetier-
tuberkulose angetroffenen identisch waren, und schlieBlich sparliche
epitheloide Zellen.
Fig. 4 gibt eines der grofien Milzknfltchen wieder.
Die auf das Hervorbringen saurefester Keime bedachte FSrbung
blieb durchaus ergebnislos. Auch mit anderen Verfahren gelang es
nicht, in den Verletzungen die Gegenwart irgendwelchen Keimes nach-
zuweisen. Das gilt flbrigens fflr die Schnitte aller geprflften Stflcke.
Fehlt nun also auch der direkte bakteriologische Nachweis, so
machen doch die histologische Natur der Verletzungen, die auch mit
Kulturen dargelegte Abwesenheit anderer Keime, sowie der makro-
skopische Charakter der pleuropulmonaren Lflsionen die Diagnose von
Tuberkulose zu einer stark wahrscheinlichen, wenn nicht absoluten.
Aus diesem Falle will ich nun noch nicht ableiten, daB man die
Tuberkulose nicht fluBerst selten bei den Reptilien der warmen Lander
antreffen kann. Gewifi aber besagt er, daB die Wahrscheinlichkeit besteht,
daB die Friedmannschen Ffllle keine sonderbaren Ausnahmen sind,
und drflngt uns, in dieses neue Kapitel der Pathologie der Tuberkulose
einzudringen, das reiche, praktische Erfolge zu versprechen scheint.
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Man fibersehe dabei jedocb nicht, dafi nicht alle makroskopisch als
sichere tuberkulflse Verletzungen erscheinende L&sionen der Reptilien
wirklich auch solche sind. VergrflBerte Ganglien findet man in den
Reptilien und besonders in deren prflvertebralen Gegenden und im Ge-
krose nicht selten. Bei zahlreichen von mir an einheimischen Reptilien
und denen warmer Lander ausgefflhrten Untersuchnngen erlaubte das
GrOBerwerden der Ganglien es weder bei der Prflfung mit Knlturen
noch beim histologischen Examen und noch weniger nach den Innesten,
mit einer tuberkulflsen L&sion in Beziehung gebracht zu werden.
Zuweilen bieten sich umfangreiche Lungenveranderungen, die makro¬
skopisch an eine wahre Lungentuberkulose glauben lassen, fftr die aber
auf keinem Wege die tuberkulflse Natur nachweisbar ist.
So hatte ich im November 2 schone Iguanae tuberculatae aus Zentral-
amerika, von denen eine seit einem Monate Zeichen von schwerem
Marasmus nebst Atmnngsbeschwerden, FreBunlust an den Tag legte,
erhalten.
Die Autopsie wies eine schwere Lungenver&nderung auf. Die Lunge
war ganz gelblich-grau und schnittresistent. Auf der auBeren und der
SchnittoberMche traten kleine, graue oder gelbliche Knoten hervor, von
denen einige verk&st zu sein schienen. Der Zentralraum der Lunge
war in eine wahre Hohle umgewandelt.
Die Prflfung der Kulturen lieferte einen dem B. coli ahnelnden
Keim in der Lunge. Das Keimmaterial der Tiere bewirkte das Verenden
einiger Meerschweinchen an Peritonitis oder infolge eines sonderbaren
hepatischen Abscesses, lieferte aber niemals — trotz Heranziehung zahl-
reicher Tiere — einen der Tuberkulose auch nur verd&chtigen Befund.
Von diesem Gesichtspunkte aus war auch das histologische Examen aller
Organe negativ.
Man beachte, daB auch hier bedeutende VergrftBerung der Ganglien
und das Vorhandensein von Nierenknotchen verzeichnet werden konnte,
trotzdem aber war es nicht moglich, eine zur Tuberkulose hinneigende
Form der Elemente ausfindig zu machen, noch fanden sich Riesenzellen
und viel weniger noch waren sfiurefeste Keime nachzuweisen.
Alles Vorhergesagte zusammenfassend, ergibt sich somit, daB man
bei Verwendung aktiven Tuberkelsputums die menschliche Tuberkulose
auf den Varanus flbertragen kann, er allem Anscheine nach jedoch der
Tuberkulose nicht leicht erliegt. Wenn sich diese aber weiter entwickelt,
so sind die mit Vorliebe auf die Injektionsstelle und auf die serdsen
Haute des Abdomens beschr&nkten Veranderungen nicht sehr ausgedehnt
Beim Durchgang durch dieses Reptil wird der Keim bedeutend ab-
geschwacht, ohne jedoch dem Meerschweinchen gegenflber besondere
Schutzeigenschaften an den Tag zu legen. Auch die Lebensfflhigkeit des
Keimes scheint stark herabgesetzt zu sein, so daB er nach dem Durch¬
gang durch den Varanus bei Serienflbertragungen nur schlecht wfichst.
Zusammen mit dieser Tatsache wird im Organismus des geimpften
Tieres flberdies eine morphologische Ver&nderung des menschlichen Tu-
berkelbacillus wahrgenommen. Es neigt dieser n&mlich dazu hin, evo¬
lutive, lflngliche Formen mit leicht abgerundeten Enden anzunehmen,
die sich sehr leicht untereinander verschlingen. Aufierdem vermehrt
sich zuweilen der im menschlichen Sputum enthaltene und dem Varanus
subkutan injizierte Tuberkelbacillus in situ auBergewohnlich stark und
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(hitralbhilt f. BakUriologie Aht.I.Bd.XXXVI/f. BcrtaniH Tnbcrkulose dvrHvjjtilivn .
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FUj. 5
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rtickenmarkszentren etc. 41i3
dies, ohne auffallende Verletzungen zu verursachen, wobei er also ein
Anpassnngsvermdgen verrfit, das man dem neuen Medium gegenfiber
fast saprophytisch nennen konnte.
Andererseits lassen die wenigen bis jetzt gemachten Nachforschungen
zum mindesten darfiber Zweifel aufkommen, ob die Tuberkulose bei den
Reptilien eine auBergewdhnliche Krankheitsform ist oder nicht Zweifel-
los aber besagen sie, dafi bei den Reptilien der warmen Zonen zuweilen
stark an tuberkulose Verletzungen erinnernde Lfisionen beobachtet werden.
Dagegen war es nicht mdglich, bei den in grofier Anzahl untersucbten
Reptilien unserer Gegenden fihnliche Veranderungen vorzufinden.
Wfihrend nun diese Bestatigungen einerseits uns vergewissern, dafi
im Organismus dieser Klasse von kaltes Blut ffihrenden Wirbeltieren auch
der Tuberkelbacillus des Meuschen abgeschwficht wird, ohne jedoch einen
Impfstoff abzugeben, und wahrend sie zu Gunsten einer saprophytischen
Anpassung des Keimes sprechen, lassen sie uns gleichzeitig der Hoff-
nung leben, dafi in den Reptilien der warmen Lander tuberkuldse Ver¬
letzungen angetroffen werden kdnnen, die sich zur Isolierung des Keimes
und Anfertigung von Kulturen eignen. Sie laden uns also dazu ein,
diesem neuen Kapitel der Pathologie der Tuberkulose unsere vollen
Krafte zu widmen.
Tafelsrkl&rung.
Fig. 1. Teil eines Abdominal ganglions eines Varanus in Verkasung. Hamatoxylin-
Eos in. Koritska, Obj. 5, Ok. 3.
Fig. 2. Riesenzelle einee Hautknbtchens des Varanus mit langlichen Formed des
Tuberkelbacillus. Zieh 1-Neelsen. Apochrom. Zeiss, 2 mm. Komp.-Ok. 8.
Fig. 3. Aus dem Varanus isolierte Tuberkelbacillen. Aus Blutagarkultur. Ko-
ristka, J /it> Ok. 3.
Fig. 4. Tuberkelknotchen der Milz des Macroscincus. Hamatoxylin-Eosin. Ko-
ristka, Obj. b, Ok. 3.
Fig. 5. Tuberkelbacillus in der Unterhautschicht des 2. Varauns. Ziehl-
Neelsen. Zeiss’ Apochrom., 2 mm. Komp.-Ok. 8.
Nachdruck verboten.
TJeber den Transport des Tetanusgiftes zu den Riicken-
markszentren durch die Nervenfasem.
flnstitut ffir allgemeine Pathologie zu Florenz (Direktor:
Prof. A. Lustig).]
Von Dr. N. Tiberti,
Privatdozent fur B&kteriologie an der k. Universitat Florenz.
Mit 1 TafeL
(Fortsetzung.)
Man hatte aber die Tatsache nicht in Zweifel ziehen kdnnen, wenn
man im Nerven entweder den Bacillus des Tetanus oder sein Toxin hatte
nachweisen kdnnen.
Die Bacillen des Tetanus hat man selten in den Nerven gefunden.
Nor Nicolaier fand sie einmal im N. ischiadicus.
Genauer sind die Angaben fiber die Toxizitfit der Nerven.
Kitasato fand, dafi die Nerven tetanischer Tiere keine Toxizitfit
besafien; dasselbe fanden Fermi, Celli und Camara Pestana
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4.
Leider mifilingt oft nach Gumprecht der Nachweis des Tetanustoxins
im N. ischiadicus in Fallen von lokaletn Tetanus, welch letzterer noch
sehr der Aufkl&rung bedarf. Es l&fit sich indessen nicht ausschliefien,
dafi bisweilen, auch wenn die peripherischen Nerven tetanischer Tiere
Toxin enthalten, das letztere wegen der geringfflgigen Dosis nicht nach-
gewiesen werden kann.
Dafi das Tetanusgift einfach vom Blute aus zu den
Nervenzentren hintibergeleitet werde, war a priori nicht
anzunehmen angesichts der Vorliebe, welche das Toxin fur die
Nervenzentren des Inokulationsgebietes zeigt, was man als lokalen
Tetanus bezeichnet. Zur Erkl&rung des letzteren nahm man an, dafi
die Uebertragung des Tetanustoxins im Anfangsstadium den Nerven ent-
lang erfolge und dafi nach und nach, wenn ein l&ngeres Inkubations-
stadium vergangen sei, durch Vermittelung des Blutes der allgemeine
Tetanus eintrete.
Stint zing fand, wie wir schon andeuteten, in 2 Fallen von schwerem
Tetanus beim Menschen die cerebrospinale Fliissigkeit in hohem Grade
toxisch fttr M&use; dies wiirde zu Gunsten des Transportes des
Tetanustoxins den Nervenscheiden entlang sprechen. Es
scheint, wenigstens nach Stintzing, dafi eine grofiere Affinitat des
Toxins fiir die die Nerven umspOlende Fliissigkeit als filr das Blut vor-
handen ist. Daraus folgerte er, das durch den N i c o 1 a i e r schen Bacillus
an der Stelle, wo er sich festgesetzt hat, erzeugte Toxin gelange zum
Teil. in die Blutbahn und kdnne von dieser aus seine Wirkungen ent-
falten, zum grbfiten Teil jedoch werde eszumRiickenmarkgeleitet,
den Nerven der Umgebung entlang, wahrscheinlich in die
Maschen des Perineuriums, da dieser Fliissigkeit eine besondere
Anziehungskraft eigen zu sein scheine.
Hat das Toxin die subarachnoidale Fliissigkeit und unmittelbar
darauf das ROckenmark erreicht, so wirkt es auf die Zellenelemente ein,
an denen es sich zuerst festsetzt, und es zeigt sich der lokale Tetanus;
wird das Toxin in hinreichender Menge erzeugt und greift es andere
Nervenzentren an, so tritt allgemeinerTetanus auf. Dies geschieht
beim experimentellen Tetanus; aber auch beim Menschen kann nach
Stintzing der Vorgang der n&mliche sein, nur treten die tetanischen
Kontraktionen nicht mit der Regelmafiigkeit auf, die man bei den
Versuchstieren wahrnimmt, wahrscheinlich weil das Toxin sich in der
die Lymphspalten ausfiillenden Fliissigkeit schneller ausbreitet
Moschowitz ist der Ansicht, dafi die Auslegung Stintzings die
annehmbarste sei, d. h. dafi ein kleiner Teil des Toxins seinen Weg zu
den Nervenzentren auf den Blutbahnen finde, dafi aber der grdfite Teil
den Nervenscheiden entlang weiter geleitet werde.
Nach Goldscheider findet die Beriihrung des Tetanustoxins mit
den Zentralnervenorganen vermittelst des Kreislaufes statt
Courmont und Doyon neigen zu der Hypothese von der Ueber¬
tragung des Tetanustoxins auf dem Nervenwege, verfolgen
aber diese Auffassung nicht weiter.
Brunner beobachtete bei seinen Untersuchungen iiber den Kopf-
tetanus, dafi nach der Resektion des N. facialis das Tetanustoxin keine
Kontrakturen des Gesichtes bewirken kann. Das Toxin, welches nur auf
die Nervenst&mme der Inokulationsstelle eine Wirkung ausQbt, wird auf
den N. facialis ilbertragen und steigt in dessen Innern empor bis
zu den Zentralnervenorganen, indem es nur auf die mit den kleinen
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rfickenmarkszentren etc. 415
Aesten des N. facialis selbst in Verbindung stehenden Ganglienzellen
einen Reiz ausQbt
Nach Gumprecht erklfirt sich der lokale Tetanus leicht, wenn
man annimmt, daB die Verbreitung des Giftes weniger auf dem
Wege durch die Lymph- und Blutgeffifie als den Nerven
entlang stattfindet.
Marie und Morax wiesen nach, daB die Uebertragung des
Tetanustoxins auf die Nervenzentren durch die moto-
rischen und vasomotorischen Nerven geschieht, die es aus
den organischen Flfissigkeiten, die damit Qberladen sind und mit denen
sie in Berfihrung stehen, vermittelst ihrer letzten Auslfiufer absorbieren.
Nach diesen Autoren findet ein wahrer Kreislauf des Toxins in dem
Achsencylinder statt; es breitet sich lfings des letzteren aus und schiagt
eine zentripetale Richtung ein. Der Transport des Toxins langs der
Nerven ist gebunden an die Integritat der Achsencylinder, so daB, wenn
letzterer z. B. infolge Nervendurchtrennung degeneriert ist, der Transport
langs des letzteren vollstandig aufhdrt.
Meyer und Ransom behaupten auf Grund einer Reihe von zahl-
reichen und gut durchgefiihrten Experimenten, das Tetanustoxin gelange
nicht direkt zum Zentralnervensystem durch die Blut- und Lymphbahnen,
sondern es werde von den Nervenendigungen in der Peripherie auf-
genommen und zu den Markzentren elnzig und allein auf dem
Wege der Nerven geleitet.
Auch Behring nimmt in einer jiingst verSffentlichten Arbeit an,
das Tetanustoxin erreiche die Nervenzentren, dem Achsen¬
cylinder entlang sich weiter bewegend, und wenn letzterer degeneriert
sei, so sei er nicht mehr im stande, das Gift weiterzubeffirdern. Ist
das Toxin an der Stelle, wo es erzeugt oder injiziert worden ist, von den
innerhalb der Muskeln liegenden Nervenenden absorbiert worden, so
geht es weiter bis zum Nervenstamm und zu den Ganglienzellen des
Rfickenmarkes in der Weise, daB die im Boden aufgeldsten Substanzen
vermittelst der Wurzeln in den Stamm des Baumes und von dort aus
in die Endorgane des Baumes selbst gelangen. Zuerst werden einzelne
Ganglien ergriffen und es zeigt sich lokalerTetanus; nach und nach
gelangt das Toxin zu anderen Ganglien, breitet sich aus und es zeigt
sich allgemeiner Tetanus.
IX. Eigene Untersuchungen.
Nach dieser kurzen Darlegung dessen, was sich auf das Tetanustoxin
und die Bahnen bezieht, auf denen es zu den Nervenzentren gelangt,
gehe ich zur Beschreibung meiner eigenen Untersuchungen fiber, die, wie
man nach dem bis jetzt Gesagten begreiflich finden wird, namentlich zu
dem Zwecke angestellt wurden, die Behauptungen anderer Forscher zu
kontrollieren, sei es nun, indem ich schon gemachte Experimente wieder-
holte und dabei die Bedingungen fin der te oder nicht, oder indem ich
neue Experimente durchfflhrte.
Als Versuchstiere dienten mir Mfiuse, Meerschweinchen, Kaninchen
und Hunde. Das Tetanustoxin wurde mir freundlichst durch das Institut
Pasteur in Paris geliefert; sogleich nach der Prfiparation totete dieses
Toxin Meerschweinchen mit ^oo ccm und Mfiuse mit Vioooo ccm.
Bei einer ersten Reihe von Experimenten beabsichtigte ich, zu
untersuchen, ob nach Injektion von Tetanustoxin unter die Haut der
Hinterbeine von Meerschweinchen das Toxin in den Nervenstfimmen
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original *eBd. XXXVIII. Heft 4.
nachgewiesen werden konne, welche die Injektionsstelle mit dem Zentral-
nervensystem in Verbindung setzen.
Meerschweinchen I. Gewicht 440 g.
25. Jan. 1904, 9 Uhr vonn. Injektion von l / 4 ccm Tetanustoxin unter die Haut
der linken Wade.
26. Jan. 1904, 3 Uhr nachm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von all¬
gemeinem Tetanus; es wird getotet. Ich entnehrae dem Herzen 2 ccm Blut und lasse
das Serum sich ausscheiden; ccm von diesem Serum inokuliere ich subkutan einer
kleinen weifien Maus, die am folgenden Tage Tetanuserscheinungen zeigt und 3 Tage
nach der Inokulation an Tetanus verendet. — Ich bereite eine Emulsion aus 3 g Gehirn-
substanz und 3 ccm steriler Bouillon. Von dieser Emulsion mache ich bei einer Maus
eine subkutane Injektion von 3 / 4 ccm; das Tier zeigt wahrend der folgenden Tage keine
Tetanuserscheinung und bleibt am Leben.
Ich verreibe 2 g Ruckenmark in 2 ccm steriler Bouillon und inokuliere ccm
dieser Emulsion unter die Haut einer Maus. Keine Tetanuserscheinung wahrzunehmen.
Ich impfte unter die Haut der linken Weiche einer Maus den N. ischiadicus des
Meerschweinchens, der der Seite entspricht, auf welcher die Injektion vorgenommen
wurde (linker N. ischiadicus). Nach ca. 36 Stunden zeigt die Maus eine deutnche Kon-
traktur des linken Hinterbeines (lokaler Tetanus); der Schwanz ist starr. Nach 4 Tagen
verendet sie unter Erscheinungen von allgemeinem Tetanus.
Meerschweinchen II. Gewicht 395 g.
27. Jan. 1904, 5 Uhr nachm. Injektion von V 4 ccm Tetanustoxin unter die Haut
der linken Wade.
29. Jan. 1904, 9 Uhr morgens. Ich finde das Meerschweinchen verendet. Am
vorhergehenden Tage hat es Erscheinungen von allgemeinem Tetanus dargeboten.
Mit Herzblut^ Emulsion von Gehirn und Ruckenmark in denselben Dosen, wie
beim vorigen Meerschweinchen angegeben, inokuliere ich 3 Mause. Nur die mit dem
Blutserura, das dem Herzen des tetanischen Meerschweinchens entnommen war, geimpfte
Maus zeigte deutliche Erscheinungen von Tetanus und uberlebte; die beiden anderen
Mause boten kein Anzeichen von Tetanus.
Einer anderen Maus wurde unter der Haut der linke N. ischiadicus des Meer¬
schweinchens eingepflanzt; diese Maus zeigte wahrend der folgenden Tage eine starke
Kontraktur des rechten Beines, unter dessen Haut der Nerv inokuliert worden war;
diese Kontraktur verschwand langsam nach 7—8 Tagen und die Maus uberlebte.
Aus diesen beiden Experimenten ergibt sich, daC das Blut
tetanischer Meerschweinchen und der N. ischiadicus der
Seite, auf welcher die Injektion von Tetanustoxin ausge-
ftihrtwurde, toxische Wirkungen entfalten, diebeiM&usen
bisweilen todlich sind, bisweilen wieder nicht tbdlich; das Gehirn und
das Rflckenmark derselben Meerschweinchen zeigen sich nicht im stande,
auf Mfluse die geringste Tetanuserscheinung zu erzeugen.
Folglich: Nach Injektion von Tetanustoxin unter die Haut eines
Gliedes bei einem fflr Tetanus empf&nglichen Tiere findet man eine
gewisse Menge dieses Toxins in den Nervenst&mmen des
Gliedes selbst.
Diese Experimente best&tigen nur das, was Marie und Morax,
Meyer, Ransom u. a. nachgewiesen haben.
X. Das Tetanustoxin dringt in die Nerven ein durch ihre
peripherischen Auslfiufer.
Nachdem die Anwesenheit des Tetanustoxins im Umfang der peri-
pherischen Nerven als Tatsache angenommen worden war, mufit ich
untersuchen, auf welchem Wege es hineingelange, ob durch die peri-
pherischen Ausl&ufer oder durch die Kapillaren des Nerven. Um diese
Frage aufzukl&ren, durchschnitt ich bei 3 Meerschweinchen den N. ischia¬
dicus einer Seite in der H6he der Incisura ischiadica und injizierte un-
mittelbar nachher in die Muskeln der entsprechenden Wade eine mehrfach
tddliche Dosis von Tetanustoxin. Bei 3 anderen Meerschweinchen durch¬
schnitt ich den N. ischiadicus in der H&he der Kniekehlengrube und
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenm&rkszentren etc. 417
injizierte gleichfalls unmittelbar nachher Tetanustoxin in die Wade der-
selben Seite. Nach 24 Stunden, als die Tetanuserscheinungen allgemein
eingetreten waren, tfltete ich die Meerschweinchen, entnahm ihnen den
der Injektionsseite entsprechenden N. ischiadicus und pflanzte ihn bei
M&usen ein, um seine ToxizitSt zu erproben.
Meerschweinchen III. Gewicht 390 g.
29. Januar 1904, 4 Uhr nachm. Recision des linken N. ischiadicus in der Hohe
der Incisura ischiadica. Unmittelbar nachher injiziere ich in die Muskeln der ent¬
sprechenden Wade l / 4 ccm Tetanustoxin.
30. Januar 1904, 4 Uhr 30 Min. nachm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen
von allgeraeinem Tetanus. Heftige Kontraktur des linken Bernes. Ich entnehme aen
N. ischiadicus dieser Seite und pflanze ihn ein unter die Haut einer Maus, die am
folgenden Tage Zeichen von Tetanus darbietet und nach 2 Tagen verendet.
Meerschweinchen IV. Gewicht 15 g.
30. Januar 1904. Dieselbe Behandlung wie beim vorigen. Der N. ischiadicus der
mit Tetanustoxin injizierton Seite, den ich entnahm, als die Tetanuserscheinungen deut-
lich ausgepragt waren, erwies sich als toxisch fur eine Maus, die nach Einpflanzung
des Nerven dem Tetanus erlag.
Meerschweinchen V. Gewicht 390 g.
4. Februar 1904. Dieselbe Behandlung wie bei den 2 vorigen. Nachdem ich den
N. ischiadicus der mit Tetanustoxin injizierten Seite wie bei Meerschweinchen IV ent-
nommen und ihn unter der Haut einer Maus eingepflanzt habe, zeigt letztere wahrend
der folgenden Tage deutliche Anzeichen von lokalem Tetanus, uberlebt jedoch.
Meerschweinchen VI. Gewicht 510 g.
29. Janur 1904. Recision des linken N. ischiadicus in der H5he der Kniekehlen¬
grube. Unmittelbar nachher injizierte ich in die Muskeln der Wade derselben Seite
V 4 ccm Tetanustoxin.
Am Vormittag des 30. Januar, als die Erscheinungen des allgemeinen Tetanus
ausgepragt sind, entnehme ich den N. ischiadicus und impfe ihn unter die Haut einer
Maus ein, die wahrend der folgenden Tage ganz leichte Erscheinungen von lokalem
Tetanus darbietet und iiberlcbt.
Meerschweinchen VII. Gewicht 425 g.
31. Januar 1904. Recision des linken N. ischiadicus in der Hdhe der Kniekehlen-
grube. Injektion von Tetanustoxin wie oben.
Nach 24 Stunden entnehme ich den linken N. ischiadicus und impfe ihn unter
die Haut einer Maus ein, die iiberhaupt keine Erscheinungen von Tetanus wahrend der
folgenden Tage darbietet
Meerschweinchen VIII. Gewicht 475 g.
4. Februar 1904. Dieselbe Behandlung wie bei den 2 vorigen.
5. Februar 1904. Ich tdte das Meerschweinchen, das Erscheinungen yon Tetanus
darbietet, entnehme den linken N. ischiadicus und verpflanze ihn unter die Haut der
linken Weiche einer Maus. Letztere zeigt wahrend der folgenden Tage deutliche An¬
zeichen von lokalem Tetanus, uberlebt jedoch.
Aus diesen Experimental) ergibt sich, daB der an der Incisura ischia¬
dica durchschnittene, d. h. von seinem Ganglienzentrum getrennte, aber
immer noch mit den mit Tetanustoxin injizierten Muskeln in Verbindung
stehende N. ischiadicus des Meerschweinchens sich stets stark toxisch
fiir MOuse erweist, wfthrend der in der H6he der Kniekehlengrube,
d. h. von den Muskeln, in weiche das Tetanustoxin injiziert wird,
durchschnittene N. ischiadicus im stande ist, bei M&usen leichte Er¬
scheinungen von lokalem Tetanus hervorzurufen, die sehr bald ver-
schwinden und daB das Tier Uberlebt.
Marie und Morax beobachteten bei Ohnlichen Untersuchungen
niemals die geringste Erscheinung von Tetanus, wenn sie unter die
Haut von M&usen den N. ischiadicus eines tetanischen Meerschweinchens
einimpften, der von den Muskeln* getrennt war, die er innerviert und in
weiche das Toxin inokuliert worden war.
Ich glaube, daB dieser Unterschied in den Resultaten dem Umstande
zuzuschreiben ist, daB man bei Durchschneidung des N. ischiadicus in
der H6he der Kniekehlengrube in Wirklichkeit nicht jede Verbindung
Erste Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 27
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418
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
des Hauptstammes mit den Muskeln der Wade aufhebt; denn ich konnte
bei sorgfaltiger Ausfdhrung des Schnittes manchmal kleine kollaterale
Nervenkste wahrnehmen, die, vom Hauptstamme des N. ischiadicus aus-
gehend, sich in den Muskeln des Beines verlieren. Aller Wahrschein-
lichkeit nach kann durch die Aeste eine gewisse Menge Tetanustoxin
von der Injektionsstelle aus zum Hauptnervenstamm gelangen, die in
der Kniekehlengrube durchschnitten wurde.
Aus den vorausgehenden Experimenten ergibt sich, daB das
Tetanustoxin in die Nerven eindringt durch ihre peri-
pherischen Ausl&ufer, insofern, als die mit den Muskeln, in welche
das Toxin injiziert wurde, in Verbindung stehenden Nerven sich immer
als in hohera Grade giftig fflr M&use erweisen im Gegensatz zu den-
jenigen, welche von den Muskeln getrennt sind, und deren leichter Grad
von Giftigkeit sich durch das Vorhandensein von kollateralen Aesten er-
kl&ren l&Bt, die von der Peripherie aus eine kleine Qu anti tat Toxin zum
zentralen Stumpf des durchschnittenen Nerven hinfQhren.
XI. Beziehung des Tetanustoxins zur Cylinderachse des
peripherischen Nerven.
Nachdem nachgewiesen war, daB das Tetanustoxin in die Nerven
eindringt durch die peripherischen Ausl&ufer der letzteren, war zu unter-
suchen, auf welche Weise es im Nerven selbst vordringt, bis es die
Nervenzentren erreicht Und angesichts der besonderen Bedeutung,
welche die Autoren dem Achsencylinder bei dem Transport des Toxins
beilegen, handelte es sich darum, zu untersuchen, ob der Transport des
Toxins in den degenerierten Nerven erfolge. Zu diesem Zweck ftthrte
ich, indem ich die von Marie und Morax gemachten Experimente
modifizierte, bei 4 Meerschweinchen und 3 Eaninchen die Durchschnei-
dung des N. ischiadicus in der HShe der Incisura ischiadica aus und
inokulierte dann nach verschiedener Zeit von dieser Operation das Te¬
tanustoxin in beide Waden; hierauf, wenn die Tiere deutliche Erschei-
nungen von Tetanus zeigten, exstirpierte ich den durchschnittenen sowie
den unverletzten N. ischiadicus und stellte vergleichende Versuche hin-
sichtlich der Toxizitat der beiden Nerven an, indem ich sie bei Mausen
unter die Haut einimpfte.
Meerschweinchen IX, Gewicht 395 g.
19. Februar 1904, 10 Uhr vorm. Durchschneidung des linken N. ischiadicus in
der Hohe der Incisura ischiadica.
21. Februar, 11 Uhr vorm. Injektion von */« 00111 Tetanustoxin in die Wade auf
beiden Seiten.
22. Februar, 4 Uhr nachm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von hefti-
gem Tetanus. Es wird getotet. Zwei Bruchstucke von gleicher Lange (ca. 2 cm) ernes
jeden N. ischiadicus weraen entnommen und zwei Mausen unter die Haut geimpft.
Die mit dem unverletzten N. ischia¬
dicus geimpfte Maus bietet wahrend der
folgenden Tage sehr ausgepragte Erschei¬
nungen von Tetanus und verendet.
Die mit dem durchschnittenen N.
ischiadicus geimpfte Maus verendet nach
3 Tagen unter Erscheinungen von Tetanus.
Jewicht 480 g.
Uhr vorm. Durchschneidung des linken N. ischiadicus
in
19. Februar 1904, 10*/,
der Hohe des Incisura ischiadica.
28. Februar. Injektion von */* ccm in jede Wade.
29. Februar, vorm. Das rechte Hinterbein zeigt starke Kontrakturen.
29. Februar, 2 Uhr nachm. Das Meerschweinchen zeigt heftige Starrkrampfe, die
besonders bei Reizung des Tieres hervortreten. Es wird um 5 Uhr nachmittags getdtet.
Zwei Mause weraen geimpft wie oben.
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Original fro-m
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 419
Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N. ischia-
gdmpfte Maus verendet unter Erscheinun- dicus geimpfte Maus zeigt nach 4 Tagen
gen von Tetanus. eehr leichte Erscheinungen von lokalem
Tetanus, die nach und nach verschwinden
und die Maus fiberlebt.
Meerschweinchen XI. Gewicht 462 g.
19. Februar 1904, 10 Uhr 45 Min. vorm. Durchschneidung dee linken N. ischiadicus
in der Hohe der Incisura ischiadica.
4. Marz, 9 Uhr vorm. Injektion von V 4 ccm Tetanus toxin in die Wade.
5. Marz, vorm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von Tetanus, die sich
wahrend des Tages deutlich auspragen.
5. Marz, 5 Uhr nachm. wird es getotet. Die N. ischiadici werden zwei Mausen
eingeimpft, wie oben.
Die mit dem unverletzten N. ischiadicus : Die mit dem durchschnittenen N.
geimpfte Maus zeigt wahrend der folgen- ischiadicus geimpfte Maus zeigt wahrend
aen Tage Erscheinungen von Tetanus, der 3 ersten auf die Impfung folgenden
Wird tot aufgefunden am Vormittag des Tage gar keine Erscheinungen von Tetanus.
9. Marz. Am 4. Tage zeigt sie eine ganz leichte Kon-
traktur des rechten Hinterbeines, die immer
mehr verschwindet und die Maus uberlebt.
Meerschweinchen XII. Gewicht 420 g.
19. Februar 1904, 11 Uhr 15 Min. vorm. Durchschneidung des linken N. isehia-
dicus in der Hohe der Incisura ischiadica.
19. Marz 1904. Injektion von Tetanustoxin, wie oben. Verendet in der Nacht
vom 21. zum 22. Marz.
22. Marz, 9 Uhr vorm. Wie gewdhnlich, werden die N. ischiadici zwei Mausen
eingeimpft
Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N.
geimpfte Maus verendet an Tetanus. ischiadicus geimpfte Maus zeigt gar keine
Erscheinung von Tetanus.
Kaninchen I. Gewicht 2,400 kg.
23. Januar 1904. Durchneidung des N. ischiadicus in der Hohe der Incisura
ischiadica.
24. Januar 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Injektion von 9 L ccm Tetanustoxin in jede
Wade.
27. Januar 1904. Das Kaninchen zeigt einen gewissen Grad von Starrheit in den
Hinterbeinen. Es wird getdtet. Von jedem N. iscniadicus wird ein Stuck genommen
und zwei Mausen eingeimpft, wie oben.
Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N.
geimpfte Maus zeigt Erscheinungen von ischiadicus geimpfte Maus verendet unter
Tetanus und verendet. Erscheinungen von Tetanus.
Kaninchen II. Gewicht 2,175 kg.
23. Januar 1904. Durchschneidung des linken N. ischiadicus in der Hohe der
Incisura ischiadica.
3. Februar 1904. Injektion von Tetanustoxin, wie oben.
4. Februar. Ich entnehme die N. ischiadici und impfe 2 Mause.
Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N.
O fte Maus zeigt deutlich ausgesprochene ischiadicus geimpfte Maus zeigt gar keine
einungen von Tetanus, uberlebt aber. Erscheinungen von Tetanus.
Kaninchen III. Gewicht 2,110 kg.
23. Januar 1904. Resektion des N. ischiadicus in der Hohe der Incisura ischiadica.
23. Februar, 9 Uhr 30 Min. vorm. Gewicht 2,340 kg. Injektion von 3 / 4 ccm
Tetanustoxin in jede Wade.
24. Februar. Ich entnehme jedem N. ischiadicus ein Stuck und impfe es zwei
Mausen ein.
Die mit dem unverletzten N. ischiadicus Die mit dem durchschnittenen N.
geimpfte Maus beginnt am 3. Tage deut- ischiadicus geimpfte Maus beginnt am 5.
Eche Anzeichen von Tetanus zu zeigen. Tage ganz leichte Erscheinungen von Te-
Die Erscheinungen vermehren sich wahrend tanus lm linken Hinterbein zu zeigen (lo-
der folgenden Tage noch starker. Verendet kaler Tetanus). Sckwanz etwas starr. Es
am 5. Tage. treten keine Erscheinungen von allge-
meinem Tetanus ein und die Maus iiberleDt.
(Fortsetzung folgt.)
27*
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Nachdruck vcrboten.
Beobachtungen iiber bacillare Dysenterie *).
[Aus dem Laboratorium des k. und k. Milit&rsanitfitskomitees in Wien
(Vorstand: Oberstabsarzt Dr. L. Kamen).]
Von Dr. R. Doerr, k. und k. Regimentsarzt in Wien.
Im Jahre 1904 brachen unter den in Krakau und Wien stationierten
Truppenkfirpern Dysenterieepidemieen aus, bei welchen ich mit der
Durchffihrung bakteriologischer Untersuchungen, sowie serotherapeutischer
Versuche betraut wurde.
In Krakau wiesen die Erkrankungen einen ziemlich schweren Cha-
rakter auf und ein wenn auch kleiner Bruchteil derselben verlief letal;
in den Entleerungen fand sich in alien untersuchten Fallen der Shiga-
sche Bacillus. Das Serum der Kranken agglutinierte von der 2. Krank-
heitswoche an diesen Bacillus und alle mit ihm identischen Stamme;
Flexnersche Stfibchen wurden zwar auch nicht selten beeinfluBt, aber
doch in niedrigeren Verdiinnungen (Tabelle V). Die Erfolge der Be-
handlung mit einem antitoxischen, im Wiener serotherapeutischen In¬
stitute (Prof. Paltauf) hergestellten Serum, das bei einer allerdings
kleinen Zahl von Fallen zur Verwendung kam, sollen an anderer Stelle
kritisch besprochen werden. Die morphologischen, kulturellen und bio-
logischen Eigenschaften der gezfichteten Ruhrstabchen wichen in keiner
Richtung von dem Kruse-Shigaschen Tvpus ab, der ja in den vielen
Mitteilungen fiber bacillare Ruhr eine eingehende und erschopfende
Besprechung erfahren hat.
Anders verhielt sich die Epidemie in Wien, bei der es gelang, in
zablreichen Fallen Stabchen nachzuweisen, die mit den von Flexner
zuerst beschriebenen identifiziert werden konnten. Die Seltenheit der-
artiger Beobachtungen rechtfertigt gewiB eine Mitteilung der erhobenen
Befunde; auBer englischen und amerikanischen Autoren [Flexner 1 2 3 ),
Strong 8 ), Vedder und Duval 4 )] hat nur Jflrgens eine Flexner-
Epidemie (in Gruppe) studiert; seine fleifiigen und umfangreichen Unter¬
suchungen sind in Bd. LI der Zeitschr. f. klin. Med. verfiffentlicht. Die
von Leiner 5 ) bei Kinderdysenterie gefundenen Mikroorganismen sind
mit dem Flexnerschen Bacillus nur nahe verwandt, aber nicht art-
gleich, wie spater noch genauer erfirtert werden soli.
Der Nachweis aber, daB dieser Ruhrerreger auch in unseren Gegen-
den haufiger auftritt, als es bisher den Anschein haben kfinnte, hat nicht
nur einen theoretischen Wert, sondern muB auch bei alien Bestrebungen
einer atiologischen Ruhrtherapie und Prophylaxe in Hinkunft berfick-
sichtigt werden.
Die folgenden Details fiber die Art der Verbreitung der Epidemie
und den klinischen Verlauf der Erkrankungen verdanke ich Herrn Stabs-
arzt Dr. Franz (Chef der Infektionsabteilung des Garnisonsspitals No. 1
1) Nach einem Vortrage, gehalten in der Sitzung dee wiseenschaftlichen Vereinee
der MiJitararzte in Wien am 14. Januar 1905.
2) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXVIII. 1900, Bd. XXX. 1901.'
3) Journ. Amer. med. assoc. Vol. XXXV. 1900. p. 498 and Report of the sur¬
geon general of the army. Washington 1900.
4} Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902.
5) Wiener klin. Wochenschr. 1904.
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Do err, Beobachtungen ilber bacillftre Dysenterie.
421
in Wien), dem ich auch sonst fOr die liebenswtirdige Forderung meiner
Arbeit zn grofiem Danke verpflichtet bin.
Die Epidemie betraf die in der Rudolfskaserne in Wien dislozierte
Mannschaft des Infanterieregimentes No. 60, des 2. bosnischen und
21. Feldjagerbataillons, ferner des Ulanenregimentes No. 3. Der erste
Ruhrkranke wurde anfangs Juni dem Spital iibergeben. Derselbe war
wenige Tage zuvor aus Bosnien nach Wien eingeriickt, hatte also die
Infektion in seiner Heimat oder zumindest am Wege acquiriert. Zwischen
diesem und dem nachsten Falle lag aber ein Intervall von 6 Wochen,
so daB ein ursachlicher Zusamraenhang dieser eingeschleppten Er-
kranknng mit den folgenden Fallen von vornherein unwahrscheinlich war.
Die bakteriologische Untersuchung der Faeces ergab in der Tat bei
diesem ersten Patienten Kruse-Shigain Reinkultur, bei alien spateren,
wie scbon erwahnt, immer nur Flexnersche Stabchen. Demnach mull,
da eine Einscbleppung von anderer Seite nicht eruierbar war, die Epi¬
demie, die sich im ganzen auf 51 Soldaten erstreckte, als eine autoch-
thone bezeichnet werden.
Die Verbreitung des Ansteckungsstoifes geschab, wie mit Sicherheit
festgestellt wurde, durch die mit der Defakation verbundene Verun-
reinigung der Aborte. Die Durchftthrung energischer Mallnahmen, die
dem ungleichen Bilduugsgrade der Soldaten angepaiit waren und haupt-
sachlich darin bestanden, daB die Aborte mit Kalkmilch desinfiziert, die
Wande, Sitzbretter, Tflren, besonders die Klinken mit demselben Des-
infektionsmittel mehrmals taglich uberttincht wurden, ferner darin, daB
eine sorgfaitige Reinigung der Hande vor den Mahlzeiten und nach
jedem Stuhlgange angeordnet und strenge iiberwacht wurde, fiihrte tat-
sachlich ein baldiges Erloschen der Seuche herbei.
Der klinische Verlauf der einzelnen Falle konnte im allgemeinen
als ein milder bezeichnet werden. Der Symptomenkomplex war stets
charakteristisch: Entweder keine oder nur kurz andauernde Prodromal-
erscheinungen, bestehend in Mattigkeit, unbestimmten leichten Schmerzen
im Abdomen; dann traten plbtzlich unter Temperatursteigerung diar-
rhoische Entleerungen auf, welche anfangs meist nur wasserig und braun
gefarbt waren, bald aber schleimige, von blutigen Streifen durchsetzte
Massen enthielten und endlich nur mehr aus Blut und Schleim be¬
standen. 'Die Kranken klagten liber hochgradigen Tenesmus und
Schmerzen im Unterleibe, welche bei Palpation immer am intensivsten
in der Gegend des Colon descendens und der Flexura sigmoidea
empfunden wurden; nur selten war die Druckempfindlichkeit auch auf
den Blinddarm und den absteigenden oder queren Colonanteil ausge-
dehnt. Die Temperatur, die am 1. Tage zuweilen 40 0 erreichte, begann
gewohnlich schon nach 24 Stunden zu sinken und erreichte am 3. oder
4. Krankheitstage normale Werte. Die Zahl der Entleerungen ver-
ringerte sich jedoch mit dem Temperaturabfalle nicht, sondern ging erst
nach mehreren Tagen herunter. Dann n&herte sich auch das Aussehen
der Faeces allmahUch dem normalen, doch blieb selbst der geformte
Stuhl noch l&ngere Zeit hindurch in blutigen Schleim eingehiillt Von
Begleiterscheinungen waren im allgemeinen hervorzuheben: Einge-
nommensein des Kopfes, Geftlhl von hochgradiger Schwache, in schweren
Fallen Somnolenz. Das Verhalten des Herzens und Pulses war in den
ersten Tagen der Erkrankung der H5he des Fiebers entsprechend; im
spateren Stadium nach dem Temperaturabfalle und wahrend der Re-
konvaleszentenperiode zeigte sich die Herzaktion vielfach grofien Schwan-
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422
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 4.
kungen unterworfen. Etwa in einem Drittel aller Falle bestand nament-
lich bei horizontaler Lage Bradykardie; Pulsfrequenzen von 48 und
auch weniger PulsschlSgen von mehrt&giger Dauer gehQrte nicht zu den
Seltenheiten. Nach der geringsten korperlichen Anstrengung, oft schon
durch bloBe VerSnderung der Korperlage, stieg die Frequenz unverhait-
nismaBig hoch, manchmal auf 120—132, wobei zuweilen auch leichte
Stdrungen in der rhythmischen Folge zu verzeichnen waren. Von
sonstigen Komplikationen ist einmal aufgetretene, bei Dysenterie schon
mehrfach beschriebene starke Conjunctivitis hervorzuheben. In einem
anderen Falle kam w&hrend der Rekonvaleszenz Appendicitis zur Ent-
wickelung, von der schwer zu entscheiden war, ob sie im unmittelbaren
Zusammenhange mit der Ruhrerkrankung oder auf anderer Grundlage
entstanden war. Dasselbe gilt auch von einem weiteren Falle, wo sich
kurze Zeit nach iiberstandener Dysenterie typische Erscheinungen eines
ZwSlffingerdarmgeschwflres einstellten.
Alle 51 Fklle endeten mit Genesung, und zwar durchschnittlich nach
28 Tagen. Die bakteriologische Untersuchung der Ruhrsttihle wurde
in Wien in 29 Fallen durchgefGhrt und konnte der dem Typus Flex-
ner zuzurechnende Bacillus bei 12 Kranken nachgewiesen werden. Von
den 17 negativen Resultaten entfallen 7 auf die ersten Mitte Juli auf-
getretenen Erkrankungen, die nicht das typische klinische Verhalten
echter Dysenterie zeigten, sondern unter dem Bilde eines heftigen Entero-
katarrhs verliefen. Die Stflhle waren nicht schleimig-blutig, sondern
wasserig, rochen schwach f&kulent, waren gallig gefarbt; auf Drigalski-
Platten entwickelten sich ausschlieBlich Coli-Kolonieen, und zwar bei
approximativ gleicher Menge der Aussaat in viel grSBerer Anzahl als
Ruhrkolonieen aus den dysenterischen Sttihlen dieser Epidemie, so daB
die 3.—4. Verdttnnung noch immer sehr dichte Platten ergab, wahrend
bei typischen Ruhrfallen die 2. Platte nur wenige, die 3. in der Regel
keine Keime mehr aufwies. ZahlenmaBig wurden diese Verhaitnisse
allerdings nicht bestimmt; doch war das Ztlchtungsverfahren in alien
Fallen das gleiche, insbesondere wurden, wie betont, die Platten immer
mit mdglichst gleichgroBen Stuhlmengen beschickt, und die Differenz
war eine so bedeutende, daB man auch bei der F1 e x n e r - Dysenterie
eine auffallige Keimarmut der Entleerungen gegenflber den Faeces bei
Enterokatarrhen und im Verhaltnis zu CholerastGhlen konstatieren muB.
Ueber die Kruse-Ruhr ist Aehnliches von vielen Seiten (Kruse,
Drigalski, Doerr etc.) berichtet worden. 8 andere Falle mit nega-
tivem Ausfall der Stuhluntersuchung waren solche, bei denen die Ent¬
leerungen erst zu einer Zeit zur Untersuchung gelangten, wo die Aus-
leerungen das charakteristische Aussehen bereits verloren hatten, kotig
waren und nur wenige oder gar keine schleimig-eiterigen Partieen mehr
enthielten. Ueber die restlichen 2 Falle soil spater berichtet werden.
Zur Zfichtung wurde ausschlieBlich Drigalskisches Agar ver-
wendet. Die blauen, durchsichtigen Kolonieen wurden nach 24 Stunden
in Traubenzuckeragar abgeimpft; trat nach weiteren 24 Stunden keine
Gasbildung ein, so wurden sie auf die Barsiekowschen Nahrbdden
flbertragen. Die Stamme, die hier das fUr Flexner-Bacillen typische
Verhalten zeigten (Mannit- und TraubenzuckerrShrchen rotlich, schwach
opalisierend, Milchzuckerrohrchen blau), wurden dann der weiteren
PrGfung mit einem hochwertigen Flexner-Immunserum unterzogen
und schliefilich ihr Verhalten auf Kartoffeln, im Garungskdlbchen, in
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Do err, Beobachtungen iiber bacillftre Dysenteric.
42a
Bouillon, auf Gelatine, in Peptonwasser (Indolbildung) und in Lackmus-
molke (SSurebildung) festgestellt
Tabelle I.
No.
Krank-
heitstag
Beschaffenheit der Stuhle
Zuchtungsresultat auf Drigalski-
Agar
1
3.
diffus hellrot gefarbter Schleim (him-
beergeleeartig) mit eingesprengten,
gelbweiBen, eiterigen IStreifen,
Spermageruch.
Ruhrbacillen in vollstandiger Rein-
kultur.
2
5.
rotlich-braun, spermaahnl. riechend,
reichl. eitrig, wenige Schleimflocken.
Ruhrbacillen, nur vereinzelte Coli.
8.
do., fade riechend.
Ruhr- und Colibacillen zu gleichen
Teilen.
11.
do.
do.
13.
do.
iiberwiegend Coli, vereinz. Ruhrbac.
16.
kotig, fakulent riechend.
nur Coli, Ruhrb. nicht nachweisbar.
3
2.
waaserig, braun, reichlich Schleim-
und Eiterflocken, nicht fakulent
riechend.
mafiig reichlich Ruhrbacillen, zahl-
reiche Coli.
4
3.
so wie 3.
iiberwiegend Ruhrbac., daneben Coli.
5
4
so wie 1.
uberwiegend Coli, daneben mafiig
reichliche Ruhrbacillen.
6
5.
blutig, mit Schleim- u. Eiterflocken.
so wie 5.
7
5.
do.
do.
8
3.
blutiger Schleim mit eitrigen Streifen.
Ruhrbacillen in Reinkultur.
9
3.
wa8serig, galliggefarbt, fade riechend,
mit groBen Schleimflocken.
uberwiegend Ruhrbacillen, daneben
mafiig reichlich Coli.
10
3.
so wie 1, Spermageruch.
Ruhrbacillen in Reinkultur.
11
3.
do.
Ruhrbacillen faat in Reinkultur, ver¬
einzelte Coli.
12
4.
do.
do.
Die gezflchteten 12 St&mme verhalten sich morphologissh und kul-
turell vollkommen gleich.
Es bandelt sich um plumpe, kurze, dicke St&bchen, die sich mit
Anilinfarben leichttingieren lassen, Gram-negativ sind, Polkorner zeigen
und vollkommen unbeweglich sind. Nur beobachtet man im hangenden
Tropfen mit der Immersionslinse h&ufig lebhaftes molekulares Zittern.
Die Darstellung von GeiBeln glQckte weder nach Loeffler noch nach
van Ermenghem, wobei KontrollprSparate von Coli-, Typhus-, Para-
typhusst&mmen, unter denselben Bedingungen hergestellt, stets gelangen.
Bouillon wird gleichmSfiig getriibt und bleibt trube, ein Oberflachen-
hSutchen gelangt nicht zur Entwickelung. Desgleichen bleibt wenigstens
bis zu 30 Stunden die Bildung von mikroskopischen H&ufchen aus, so
daB die Bouillonkulturen sich gut zu mikroskopischen Agglutinationen
mit Patientenseris eignen. Der Krusesche Bacillus verhalt sich in
dieser Hinsicht etwas abweichend; 2 von Kruse herriihrende Stamme
lassen die Bouillon klar und bilden ein Sediment, zeigen also eine Ten-
denz zur Spontanagglutination, die ich allerdings bei anderen Stammen
der Kruse-Shiga-Gruppe nicht wieder antraf.
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424
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Tabelle II.
12. Stamme
Flexner
JOrgens
Kruse-Shiga-
Leiner
aus Wien 1904
(Krai)
(Gruppe)
Stamme
Gretlinger
Brunner
Hammer
Bouillon
diffus, ge-
triibt, keine
Oberflachen-
haut, klart
i sich nicht |
do.
' do.
1
do. (nur Ori¬
ginal -Kruae-
Starame las-
sen die Bouil¬
lon klar, bil-!
denbediment)
! wie Flexner
Gelatine
weinblattartig, zarter als gleichaltriges
iColi aus normalem Stuhl, diktyodrome
Zeichnung undeutlich
do., diktyo¬
drome Zeich¬
nung deutl.
wie Flexner
Agar
weiBer, iippi-
ger Rasen,
; Sperm ager.
do.
do.
do.
i
do.
do.
do.
Drigalski-Agar
blau, tau tropfenahnlich,
nach 24 Stunden diktyo¬
drome Zeichnung
do.
do.
do.
do.
do.
i
Milchzucker
blau, wenigl
getriibt 1
do.
do.
do.
do.
do.
do.
a
g
Traubenzucker
rot, opalisie
rend
do.
do.
do.
do.
do., stark
opalisier.
rot, opali-
sierend
Man nit
rot, leicht ge-
triibt
do.
do.
blau
rot
rot, opaii-
sierend
rot
Petruschkysche
Lackmusmolke
|anfanglich Saurebildung, s pater Umschlagen der Reaktion ins Alkalische; das
Aciditatemaximum bei Smgaschen Stammen etwas geringer als bei Flexner
Kartoffel
Traubenzucker-
stich
Peptonwasser
Neutralrot
Milch
Wird agglutiniert
durch Flexner-
I mm un serum
Durch Kruse-Im-
munserum
Durch Patienten-
sera der Wiener
Epidemic
typhusahnlich, gelblich-weifier Rasen
kein Gas,
Wachst.langs
d.Stichkanals
do.
do.
do.
do.
do.
do.
—
Indol
Indol
Indol
Indol
Indol
nicht redu-
ziert
do.
do.
do.
do.
do.
do.
nicht koagu-
liert
do.
do.
do.
do.
do.
do.
1:2000
1:2000
1:2000
e
1:400
1:800
1:100
0
0
O
1:2000
0
0
1:400
1:400
1
1:400
0
nicht ge-
priift
1: 100
nicht ge-
pruft
(SchluB folgt.)
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van Loghem, B&kt Behind bei spontaner vesikaler Pneumaturie etc. 425
Naehdruck verboten.
Bakteriologischer Befiind M spontaner vesikaler Pneumat-
urie eines diabetischen Kranken.
fAus dem pathologischen Laboratorium (Prof. Ruitin ga) der Universi¬
ty in Amsterdam.J
Von Dr. J. J. ran Loghem, Assistenten.
Spontane Pneumatnrie ist ein relativ seltenes Symptom, fiber
welches in bakteriologischer Hinsicht nur ganz unvollst&ndige Daten
vorliegen; es sei also gestattet, fiber einen Fall, der einer genaueren
Untersuchung unterzogen worden ist, an dieser Stelle zu berichten.
Der 65-jfihrige J. H. wurde am 2. Nov. 1904 auf die chirnrgische
Abteilung des Herrn Dr. D. Mac Gillavry im hiesigen Krankenhanse
der „Gereformeerde Vereeniging voor Ziekenverpleging“ mit Harn-
beschwerden aufgenommen. Der Kranke gab an, stets gesund gewesen
zu sein — eine Bandwurrakrankheit vor 26 Jahren ausgenommen —
bis er am 28. Okt 1904 plfitzlich nicht urinieren konnte; am Abend
desselben Tages wurde diese Retention von wiederholten Entleerungen
kleiner Portionen Harnes gefolgt. Groller Schmerz und Neigung zur
Def&kation begleiteten diese Pollakurie. Nach einigen Tagen kam eine
Hfimaturie dazu. Dann wurde Patient aufgenommen und sofort bei
seiner Aufnahme katheterisiert (1200 ccm).
Aus dem Status praesens, am n&chsten Tage (3. Nov.) erhoben,
fflhre ich nur an, daB bei dem seiner Schmerzen wegen sehr unruhigen
Kranken ein fortw&hrendes Harntrfiufeln bestand, indem die Blasen-
dfimpfung bis zum Nabel reicbte. Mittels Katheterisierung wurden etwa
1000 ccm trfiben, nur wenig alkalisch riechenden Harnes entleert.
Die Flfissigkeit war stark blutig tingiert und cnthielt Koagula. Bei
rektaler Untersuchung fand man eine m&fiige VergrfiBerung der Prostata
und eine hfirtere, etwas hdckerige Stelle der hinteren Blasenwand, ins-
besondere nach links; letztere war beweglich in Beziehung zur Prostata.
Temperatur normal, Respiration frequent. Herztone nicht ganz rein.
Defakation normal. Bronchitis catarrhalis.
Der Kranke wurde wfihrend seines Aufenthaltes im Spital t&glich
katheterisiert, die Blase darauf anfangs mit Salicylsfiureldsung '/eoo*
spfiter mit 1-prom. Silbernitrat ausgespfllt. Die Harnmenge betrug etwa
I 1 /* -2 1, wovon zwei Drittel bis die Hfilfte spontan entleert wurden.
Am 6. Nov. (4 Tage nach der Aufnahme), als der Kranke
katheterisiert wurde, spritzteder Ham stark sch&umend
aus dem Instrumente heraus, sobald dieses in die Blase
gelangte. Auch am n&chsten Tage entleerte sich gashaltiger Urin;
dann verminderte sich die Pneumaturie aUmfihlich und war am 14. Nov.
ganz verschwunden. Vom 9. Nov. an war die Blase anstatt mit Salicyl
mit Silbernitrat gespfilt worden.
Die Harnuntersuchung, von Dr. Steensma vorgenommen, ergab:
saure Reaktion; sp. G. 1026; Geruch nach flfichtigen Fetts&uren:
viel EiweiB; Glykose (9. Nov 2,5 Proz., 12. Nov. 0,8 Proz., 14. Nov.
0,2 Proz. [seit 12. Nov. antidiabetische Difit]). Reaktion auf Aceton und
Diacets&ure negativ. Spur Alkohol.
Reichlicbes Sediment, bestehend aus roten und weifien Blutzellen.
Keine Hefezellen. Viele Stfibchen, teils beweglich.
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426
Centr&lbl. f. Baku etc. 1. Abt. Originate. Bd. XXXVIIL Heft 4.
Bei der Analyse des Gases (am 8. Nov. waren 360 ccm zu diesem
Zwecke wfihrend der Katbeterisation aufgefangen) wurde die Hfilfte als
Kohlensfiure bestimmt; die andere H&lfte, ohne Geruch, brannte mit
blauer Flam me.
Nachdem die Pneumaturie ganz verschwunden war, stellten sich im
weiteren Verlauf Remissionen ein, die erbeblich geringeren Grades waren.
Der Harnbefund blieb fibrigens im allgemeinen derselbe, nur war die
TrObung etwas gebessert.
Am 16. Nov. fing der Kranke an zu fiebern, die lokalen Symptome
einer katarrhalischen Pneumonie traten hinzu. Der Exitus letalis er-
folgte am 30. Nov.
Aus einer Portion Harn, von Dr. Mac Gillavry unter asepti-
schen Kautelen der Blase entnommen und behufs bakteriologiscber
Untersuchung mir flbersandt, gelang es, zwei Mikroorganismen — einen
Coccus und einen Bacillus — reinzuziichten, welche beide sQwohl
in den anafirob (Metbode Roux unter Wasserstoff) als in den afirob
angelegten Kulturen gewachsen waren.
Den Coccus, der sicb nicht nach Gram entf&rbte, die Gelatine
nicht verflQssigte, keine Eigenbewegungen zeigte, auf Agar als grau-
weifie, wenig prominente, isolierte Kolonieen wuchs, und im normalen
sowie im diabetiscben Harne ohne Gasbildung einen ammoniakalischen
Geruch herbeifflhrte, habe ich nicht weiter verfolgt.
Ueber den Bacillus aber, der aucb schon bei der mikroskopiscben
Untersuchung des Harnes konstatiert worden war, fast alle Kolonieen
der Gelatineplatten gebildet hatte und unter gewissen Bedingungen
Kohlens&ure und brennbares Gas zu bilden sich im stande zeigte, kann
ich die Resultate einer genaueren Untersuchung mitteilen.
Der Bacillus ist ein an beiden Enden abgerundetes St&bchen von
inkonstanter L&nge und Breite.
In den jQngeren Kulturen flberwiegen die l&ngeron Formen, in den
Slteren die kQrzeren. Der Organismus ist stark eigenbeweglich; die
Bewegungen sind wackelnd und erinnern an jene des Bacillus sub¬
til is. Er f&rbt sich mit den gewohnlichen F&rbemitteln, am schdnsten
mit Karbolthionin nach N i c o 11 e, durch welches sehr deutlich zu Tage
tritt, dafi die beiden Pole sich bedeutend intensiver f&rben als der
mittlere Teil des Korpers. In jflngeren Kulturen linden sich viele Indi-
viduen, welche sich nach Gram nicht entf&rben, in Kulturen, die filter
als 24 Stunden sind, zeigen sich solche nur sporadisch.
Im allgemeinen sind die Stfibchen voneinander isoliert, in den Kul¬
turen findet man Formen, die aus zwei, selten aus drei Individuen bestehen.
Cilienffirbung nach Ldffler, ohne Modifikation, gelingt am schOnsten
mit auf Glykose gewachsenen Bacillen; die L&nge der Cilien ist
2—3mal so groB wie jene des BakterienkOrpers. Sporenbildung wurde
nicht beobachtet.
Gewbhnliche Nfihrbouillon wird durch das Wachstum dieser Stfib¬
chen in 24 Stunden bei Zimmertemperatur getrtibt; bei 24° und auch
bei 37° bildet sich in derselben Zeit aufierdem ein Bodensatz und ein
weiBer Ring an der Wand des Glases in der H5he der Oberflfiche der
N fibril Ossigkeit. Die Kultur klarifiziert sich nicht.
Auf Agar-Agar bilden die Organisraen in 24 Stunden einen grau-
weiBen, schleimigen Belag; dieser ist durchscheinend, etwas unregelmfifiig
fleckig. Auf der Oberflfiche von Glykoseagar hat der Belag eine etwas
hellere Farbe.
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van Logham, Baku Befund bei sppntaner vesikaler Pneumaturie etc. 427
In Glykose enthaltenden Nahrboden tritt starke Gasbildung auf;
die GlykoseagarsBule wird gespalten and mit linsenfbrmigen Blasen
durchsetzt
In Gelatineplatten erscheinen nach 48 Stunden bei 24° C kleine,
gelbweiBe Kolonieen, die am nhchsten Tage einen deutlichen Ver-
fliissigungshof aufweisen. Die jQngeren Kolonieen sind mikroskopisch
homogen und scharf konturiert; die aiteren sind granuliert und es
treten von diesen einzelne Partikel in den VerflQssigungshof hinein.
In der Gelatinestichkultur ist der Stichkanal nach 24 Stunden weiB-
lich getrflbt und von kleinen weiBen Kolonieen wie von einem Spitzen-
schleier umgeben. Der Anfang der Verflflssigung ist an der Oeffnung
des Kanales schon sichtbar. Nach 48 Stunden ist der Kanal in einer
Verflflssigungstasche aufgenommen, die wieder von kleinen weiBen Kolo¬
nieen umgeben ist. Keine Gasbildung.
In 2 Proz. Peptonwasser konstatiert man nach einigen Tagen eine
starke Indolbildung.
In normalem Ham veranlassen die Organismen ammoniakalische
Gftrung; auch auf Schwefelwasserstoff kann nach geringem Schwefelzusatz
leicht reagiert werden.
Im diabetischen Harne (5,8 Proz. Glykose) tritt nach 12—24 Stunden
(bei 37° C) starke Gasbildung bei schwachsaurer Reaktion auf; brenn-
bare Gase wurden nicht nachgewiesen, nur Kohlens&ure.
In gewdhnlicher Nahrbouillon, mit etwa 1 Proz. sterilen HQhner-
eiweifies gemischt, fand bei 37 0 auch Gasbildung statt. Dieses Gas war
brennbar.
Eine 5 Tage alte, lebendige Bouillonkultur wurde durch eine
25 Minuten dauernde Erhitzung auf 58—60° C getotet.
Die Pathogenit&t konnte fiir Kaninchen und Cavia festgestellt
werden; 2 ccm einer Bouillonkultur, unter die Haut einverleibt, fiihrten
innerhalb 18 Stunden den Tod herbei. Die Bacillen konnten in groBen
Mengen in der Milz und der PeritonealflQssigkeit wiedergefunden und
aus dem Blute des rechten Herzventrikels und aus der Milz des
Kaninchens wieder gezQchtet werden. Eine cellul&re Reaktion an der
Injektionsstelle fehlte.
Charakteristisch war der Unterschied zwischen den bacill&ren Formen
in der Milz des Kaninchens und in demselben Organ der Cavia; beim
Kaninchen erreichten die Individuen eine entschieden gr5Bere L&nge.
Die genannten Eigenschaften des Bacillus — d. h. die fakultative
Anabrobie, der Pleomorphismus, die Eigenbeweglichkeit, das Verhalten
gegenflber Farbemitteln, die Fahigkeit, Gelatine zu verfltlssigen, Indol,
Schwefelwasserstoff und brennbares Gas zu bilden, Glykose und Ureum
zu vergfiren und die Pathogenitat fflr Kaninchen und Caviae — besitzt
der Proteus vulgaris (Hauser).
Proteus vulgaris ist kein seltener Befund in der Hampathologie.
Zuerst wurde dieser Mikroorganismus von Krogius im patholo-
gischen Ham nachgewiesen und beschrieben als Urobacillus lique-
faciens septicus. Schnitzler ztichtete ihn 16mal in 25 Fallen
von Cystitis.
Als Erreger der Pneumaturie wurde Proteus vulgaris bis jetzt
nie genannt
Im Jahre 1883 hat Guiard 7 Falle von Pneumaturie aus der
Literatur und aus eigener Erfahrung zusammengestellt; seitdem ver-
offentlichten Dum4n il (1883), Senator (1888), Miiller (1889), Heyse
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428 Gentralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 3.
(1894), Schnitzler (1894) und Naunyn (1898) jeder einen einzelnen.
In den meisten Fallen handelte es sicb, wie in unserem, am di&betische
Patienten. In zwei von Guiard und in den beiden von Heyse und
Schnitzler beschriebenen Fallen soil keine Glykosurie im Spiele ge-
wesen sein.
In den alteren Fallen, sowie aucb in denjenigen Senators und
Naunyn8 wurden Hefepilze als Ursacbe der Pneumaturie angenommen
oder gefunden. Im Falle Mailers, in welchem das Gas aus Wasser-
stoff, Kohlensaure, Stickstoff und geringen Mengen Methan und Sauer-
stoff bestand, gelang es nicht, den Erreger zu bestimmen.
Heyse fand bei seinem nicht diabetischen Kranken den Bacillus
lactis agrogenes; Schnitzler isolierte den Bacillus coli com¬
munis; es bleibt indessen unklar, aus welchen Substanzen, falls Glykose
nicht zugegen war, der Coli Gas gebildet hat.
Weil der Tod bei dem Patienten von Dr. Mac Gillavry eintrat, an
demselben Tage, als die Reinzachtung der Harnorganismen eben beendet
war und die weitere Charakterisierung anfangen sollte, war es mir
unmdglich, den gasbildenden Bacillus auf seinem urspranglichen Nfihr-
boden (welcher EiweiB und andere Blutbestandteile enthielt) zu zachten,
urn auf diese Weise eine Gasbildung bervorzurufen, welche auch quanti-
tativ jener, w&brend des Lebens beobachteten entsprach.
GewiB gehen wir aber nicht fehl, wenn wir den Mikroorganismus
der in einer betr&chtlichen Menge im Harne des Kranken vorhanden
war und in glykose- und eiweiBhaltigen FlOssigkeiten Kohlensaure
und brennbares Gas zu bilden im stande war, als den Erreger der
von uns beobachteten Pneumaturie betrachten.
An diese Mitteilung mOchte ich die Bemerkung anschlieBen, dafi ich
zum Indolnachweis mit Erfolg die Methode benutzte, welche mein
Kollege Dr. Steensma zur Isolierung einiger Farbstoffe im Harne
ausgearbeitet hat (Ned. Tijdschr. v. Geneeskunde. Bd. II. 1904. p. 425).
Man gibt zu 100 ccm einer Peptonwasserkultur 10 ccm einer Ldsung
basischen Bleiacetates (nach der Pharm. Nederl. Ed. Ill hergestellt).
Nach Filtration setze man zu dem Filtrate ein wenig Essigs&ure hinzu bis
zur saueren Reaktion und schattle zweimal mit einer gleichen Menge
Aether aceticus in einem Scheidetrichter aus. Der Aether aceticus wird
mit einer 1 / i seines Volumens betragenden Menge 10-proz. KOH-LQsung
ausgeschQttelt. Ein Tropfen einer 0,5-proz. NaN0 2 -L5sung genflgt —
nachdem etwas konzentrierte Salzs&ure hinzugefQgt worden ist — um
die violette Farbe, viel schdner als in der trOben Kulturflttssigkeit, her-
vorzubringen.
Dr. S. wird Ober die Anpassung seiner Methode an bakteriologische
Zwecke spftter ausfQhrlicher berichten.
Februar 1905.
Benutste Literatur.
Guy on, F., Lemons cliniques sur lee maladies dee voice urinairee. T. I. 1894. p. 608.
Heyse, Zeitschrift f. klin. Med. Bd. XXIV. 1894. p. 130.
Kraus, R., Handbuch der Urologie (v. Frisch und Zuckerkandl). 1903.
Krogius, A., M&noiree de la Soci6t6 de biologie. 1890. p. 65.
Mac4, E., Traits de bact^riologie. 1904. p. 1062.
Muller, F., fieri, klin. Wochenschr. Bd. XXVI. 1889. p. 889.
Naunyn, B., Der Diabetes mellitus (Nothnagel). 1898. p. 203.
Schnitzler. Refer. Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. XV1I1. p. 230.
Zuckerkandl, 0., Handbuch der Urologie Bd. I. p. 773.
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage.
429
Nachdruck verboten.
Beitrag zur Trypanosomenfrage.
Vod Dr. Hans Ziemann,
Marin eoberatabaarzt und Regierungaarzt in Kamerun.
(SchluB.)
Wenden wir uns nun zu dem Trypanosoma vivax in Kamerun. Dasselbe
fand sich bei Rindern, Schafen und Ziehen b ehr haufig und in dem ganzen
Urwaldgebiet der Kiiste, besonders in den Flufimederungen (cfr. meinen Bericht iiber
die Expedition zur Erforachung der Bevdlkerungs- und Viehfrage). 3 einheimische
Hunde, 2 europaische Terrier, 6 Katzen, 23 Schweine zeigten sich
bisher uberhaupt niemals natiirlich infiziert, indes sei bemerkt, dafi aua den achon
erwahnten Griinden Uebertragungsverauche grofierer Mengen vom Blute dieaer scheinbar
gegen die natiirliehe Infektion mit Trypanosoma vivax immunen Tiere auf andere Ver-
auchatiere etc. nicht stattfanden. Unterauchungen bei 2 Seekiihen ( Manatus ), 1 wilden
Buffel (Bos brachyceros) , 1 Leoparden, 7 Zwergantilopen ( Cephalolophus melanorrheus
Gray), 7 grauen Meerkatzen, 1 Gorilla, 2 Schimpanaen blieben ebenfalls negativ.
Nur bei einer Zwergantilope gelang ea, in Suellaba 23. Okt. 1903 im Herzblute
und im Blute der inneren Organe eine halbe Stunde nach eingetretenem Tode zahlreiche
kleine, ca. 3—8 u lange, apindelformige, !2 ji breite, ziemlich acharf konturierte,
achwach granulierte Paraaiten mit atarrem Plaaraaleibe zu finden, welche meist an dem
einen Ende mit einer feinen, 2—4 jjl langen GeiBel versehen schienen und mit wackelnder
Bewegung, welche haufig etwaa Rotierendea hatte, sich durch das Geaichtafeld bewegten,
daa Geifielende voran.
Leider konnte der intereaaante Organiamua, da weitere Hilfamiltel wegen Ent-
fernung von Duala nicht zur Stelle waren, nicht weiter verfolgt werden (cfr. untenk
Sofort vorgenommene Ueberimpfung des Herzblutea auf 2 geaunde Schafe, die ich nacn
Duala mitnahm. Blutunter8uchung dea einen am 26. Okt., 29. Okt., 3. Nov., 7. Nov.,
11. Nov. 1903 negativ. Das zweite Schaf 26. Okt., 29. Okt., 3. Nov., 5. Nov. negativer
Refund. Am 8. Nov. tot im Stalle gcfunden vom Lazarettgehilfen. Leber hatte aus-
gesehen wie getiipfelt von kleinen, stecknadelkopfgroBen, weiBgelb lichen Herden. Organe
leider in meiner Abweaenheit fortgeworfen.
Trypanosoma vivax zeichnet aich in akuten und friachen Fallen
zunachat durch aeine oft ungeheure Beweglichkeit aua. Dieselbe laftt ihn
wie einen Hecht von einem Ende dea Geaichtafeldes quer zum anderen in einer einzigen
mehr oder weniger geraden Linie achieBen, so dafi eine Beobachtung vollig unmoglich
ist. Daa Voltenschlagen der Tae-lae-Paraaiten, deren Beweglichkeit ja aucn aehr groB
aein kann, die aber auf einen raumlich beachrankten Platz meist beachrankt bleibt,
wurde fast niemala featgeatellt.
Der im Gegensatz zu Trypanosoma Brucet auch am hinteren Ende meist zuge-
apitzte, schlanke, mit GeiBelu veraehene, 18—26 jjl, ja zuweilen bis 30 p. lange, durch-
achnittlich 2—2 A / a n breite Parasit erinnerte durch seine schlanke Figur sehr an Ratten-
bezw. Surratrypanoaomen, nur daB seine Beweglichkeit in den ganz akuten Fallen fast
noch grofier zu Bein achien ala die der Rattentrypanoaomen. 8tets geht daa GeiBelende
voran.
Die Rattentrypanoaomen machen im Durchachnitt mehr unregelmaBige Vorwarta-
bewegungen, indem aie Kurven beschreiben, bezw. plotzlich ruckweiae nach anderer
Richtung aich vorwarta achnellen. Mit giitiger Erlaubnis von Prof. Oatertag und
Mitwirkung seines Asaiatenten Dr. Krautatrunk wurde daa Ultramikroakop benutzt,
um bei nur 200-facher VergroBerung eine m6glichat groBe Blutmenge durchmuatern
und bei nur sparlicher Infektion die lebhaft beweglichen Paraaiten
auffinden zu konnen.
Die Resultate waren nicht unbefriedigend bei 3-facher Verdunnung dea betreffenden
Blutea. Wahrend man bei Ratten, natiirlich infiziert durch Rattentrypanoaomen und
kun8tlich durch Tae-tae oder Nagana, die beiden Paraaiten species ziemlich gut achon im
lebenden Blute unteracheiden kann, war dieses bei durch Rattentrypanoaomen infizierten
Ratten, die mit Trypanosoma vivax: noch kunatlich geimpft waren, unmoglich. Im ge-
farbten Praparat traten aber die Unterschiede deutlidi hervor, indem die Ratten try pano-
somen sich durch die charakteriatische Lage des Blepharoplast (Centrosoma, GeiBel-
wurzel) auszeichneten. Trypanosoma vivax erinnerte gefarbt an den Surraparasiten hin-
sichtlich des Blepharoplaaten, Kerns, undulierender Membran und GeiBel.
Der Blepharoplast (GeiBelwurzel) lie^t also nicht, wie beim Ratten trypanosoma,
an der Greuze zwischen mittlerem und ninterem Korperdrittel, sondern mehr oder
weniger ziemlich unmittelbar in der Nahe des hinteren Korperendes.
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430
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Professor Laveran, dem ich eine grbflere Reihe von Praparaten
sandte, konnte in diesen morphologisch nicht den geringsten Unter-
schied gegeniiber den Sti rraparas 1 ten bemerken. Die Teilung erfolgt
durch Langsteilung nach dem Schema, wie es bereits fur den Tse-tse-Parasiten beschrieben
ist. Details betreffs Teilung des Blepharoplasten, des Kerns, der GeiBel etc. eriibrigen
sich an dieser mehr der epidemiologischen Betrachtung gewidmeten Stelle, Ueber ein
etwaiges Auftreten von gescnlechtlichen Parasiten, wie ich sie beim
Tse-tse-Parasi ten gefunden, sowie eventuelle Konjugation will ich mich erst
nach AbschluB der Untersuchungen auBern. Auch bei ihnen haben wir, selbst in
frischen Infektionen, neben den sehr beweglichen weniger bewegliche Formen zu unter-
scheiden. Mindestens ist bei Trypanosoma vivax eine geschlechtliche Differenzierung
viel schwieriger wie beim Nagana- oder Tse-tse*Parasiten ( Trypanosoma Brucei).
Eine Mutabilitat bei den kunstlich geimpften Tieren hinsichtlich der Form,
lieB sich, wie erwahnt, nicht feststellen, nur schien die Beweglichkeit
allmahlich nachlassen zu konnen, und bemerkte ich dies besonders bei Try -
pano8oma vivax in chronischen Fallen und wahrend der Heimreise, indem, in je kalteres
Klima wir kamen, die Be weglichkeit immer geringer wurde, speziell bei einem deutschen
Schafe, welches von einem immunisierten, aber noch zeitweise Trypanosomen im Blute
aufweisenden Schaflamm geimpft wurde. Klimaveranderung wirkt bekanntlich bei
Malariakranken meist sehr giinstig.
Verbreitung des Trypanosoma vivax.
Dasselbe fand ich auBer in Kamerun bisher noch bei Schafen aus
der spanischen Kolonie Batta im Siiden Kameruns. Wieweit Trypano¬
soma vivax im Innern Kameruns vorkommt, mdgen weitere Unter¬
suchungen lehren. In Jaunde kommt Trypanosomeninfektion vor, auch
in der Landschaft Tinto, hOchstwahrscheinlich auch in den Niederungen
von Adamaua. Die von mir wahrend der Expedition im gebirgigen
Hinterlande (Bakossi, Manenguba) und im Kamerungebirge unter-
suchten Rinder waren bis jetzt tiberhaupt frei von Trypano¬
someninfektion. In den ungeheuren Urwaldgebieten Kameruns sind,
wie schon erwahnt, von den Haustieren die Rinder, Schafe und Ziegen
Trager der Infektion.
Ich kann hier unmoglich die recht komplizierte Viehfrage Kameruns erortern,
verweise daher auf den Expeditionsbericht (1. c.), woselbst sich auch Hinweise auf andere
Tierkrankheiten finden.
Die Vieharmut, speziell an Rindern, ist im Kustengebiet eine grofie. Es spielen
dabei eine Rolle nicht nur Trypanosomen und Piroplasmen [letztere trotz ihrer Ver¬
breitung bei dem einheimischen Vieh im allgemeinen von geringerer pathologischer Be-
deutung, mit Ausnahme der scheinbar ziemlich pathogenen Esel- und Katzen piroplasmen
(1. c.)|. Auch eine Fiille anderer Faktoren, wie Mangel an Weide, MiBorauche im
Weidegange etc. kommen in Betracht. Die Verbreitung des Trypanosoma vivax
ist jedenfalls nach Ort, Zeit und Art der gehaltenen Haustiere ver¬
se hied en. In Kribi fand ich z. B. am 30. Dezember 1902 unter 8 Ziegen keine, unter
8 Schafen nur 1 Infektion mit Trypanosoma vivax .
Rinder.
Die einzelnen Rinder, die, aus dem Gebirge zur Kiiste getrieben, zur Beobachtung
gelangen, geben keinen MaBstab fur die Verbreitung der Infektion, da dieselben als
schon mehr oiler weniger immun gewordener Rest zu betraehten sind. Trotzdem fand
ich bei den regelmaBigen Untersuchungen der jeden Dienstag und Freitag geschlachteten
Rinder noch 3 von 40 = 0,75 Proz. infiziert. Rindertuberkulose habe ich, bei-
laufig gesagt, bei im ganzen untersuchten 133 Rindern in Duala, soweit
es sich um einheimische Rasse handelte, noch nie gefunden, wohl aber 2mal bei
aus Deutschland (Allgau) nach Bula im Kamerungebirge importierten Rindern, ebenso bis
jetzt noch nie Lungentuberkulose bei Negern, die mit Sicherheit noch nie den Kusten-
8trich verlassen hatten. Mindestens 80 Proz. der Gebirgsrinder, welche nach der K listen-
gegend zur iSchlachtung kommen, sterben vorher, auf Grund vergleichender Unter¬
suchungen unzweifelhaft nauptsachlich an Trypanosomeninfektion, nachdbereinstimmenden
Mitteilungen der Neger oft. schon 4—5 Tage, nachdem sie in der Ebene an gel an gt. 6 nach
Jabassi bei Duala geschaffte, auBerst kraftige Rinder aus Madeira starben dort in der
W5rmannfaktorei innerhalb 2 Monaten. In Duala war eine kleine Herde Gebirgsvieh von
21 Kdpfen, von dem Hauptling Manga Bell gehalten. Von dieser fielen im Jmi, August
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Ziem&nn, Beitrag zur Tryp&nosomenfrage.
431
1908 aonahernd 50 Proz. einera epidemieartigen Ausbruch einer Krankheit, die mit Sicher-
heit als Tryp&nosomeninfektion wegen der klinischen Symptome zu bezeichnen ist, zum
Opfer, trotzdem die Tiere schon Monate, zum Teii Jahre dort waren. Nachdem die
Herde in einer neuen trockneren Fenz sich acclimatisiert hatte, fand ich bei mikro-
skopischen Untersuchungen im November 1902, soweit solche bei der Wildheit der Tiere
m5glich, 20 Proz. noch im Zustande der chronischen Infektion; doch waren die von
Natur kleiuen Tiere im beaten Ernahrungszustande. Auf dem Weideplatze der katho-
lischen Mission gediehen die Rinder ebenfalls bis jetzt gut. In einer kleinen Herde von
22 Kopfen aus GroB-Batanga im Siidbezirk fand ich Januar 1903 bei 9 untersuchten
Kalbern 3 = 33'/ s Proz. cnronisch infiziert. Daselbst hatte sich bei relativ gutem
Futter und frischer Seebrise erne junge Zucht gebildet. Im Mungothal in Bombe waren
Dezember 1903 die wenigen Tiere des Dorfes, 9 Stuck, sehr elend, eins zeigte Trypanosoma
vivax im peripheren Blute. Die 16 Rinder der Station Johann Albrechts-Hohe schienen
samtlich der chronischen Intektion verdachtig (Dezember 1903). Das Tal des Mungo
bringt fur gesundes Rindvieh, welches, von dem Manengubagebirge hindurch kommend,
nach den Pflanzungen des Kamerungebirges getrieben wurde, fast sicheres Verderben.
Bei wiederholten Versuchen mit kleineren Transporten aus dem Bakossigebirge gingen
stets 80—90 Proz. ein. In Nyanga am Dibombe waren 3 von 6 Rindern = 50 Proz.
infiziert (November 1903). (cfr. Bericht.) Die Infektion schien im Bereiche der SuB-
wasserzone etwas starker als im Bereiche der Brackwasserzone.
Schafe und Ziegen.
Einen besseren MaBstab fflr die Verteilung des Trypanosoma vivax gibt die Infektion
der in den Negerdorfern des Urwaldgebietes verstreut sich findenden Scnafe und Ziegen.
Die letzteren werden im Gegensatz zu den Rindern, die meist vom Gebirge gehanaelt
werden, an Ort und Stelle geboren, scheinen also immerhin eine gewisse Resistenz
gewinnen zu konnen. Die aus dem Hochlande des Innern angetriebenen Schafe und
Ziegen gehen auch zu durchschnittlich 40—8^ Proz. nach Passieren der trypanosomen-
verseuchten Niederungen ein (cfr. Expeditionsbericht). Schafe und Ziegen waren ziem-
lich in gleicher Weise betroffen, Schafe vielleicht durchschnittlich noch etwas mehr als
die Ziegen. In Duala fand ich Januar 1903 die Infektion mit Trypanosoma vivax bei 4
von 24 Kopfen = lb,6 Proz., in Suellaba Dezember 1902 bei 9 von 41 Kopfen =
22,0 Proz., ebenfto im Oktober 1903 in Jabassi am Wuristrora bei 6 von 12 = 50 Proz.
und dito in Mundame am Mungo Dezember 1903 bei 4 von 8, im Vorgelande des Ma-
nengubagebirges, in Lum, in 220 m Hohe November 1903 nur noch bei 1 von 21 Kopfen
= 4,8 Proz., in Nyanga beim Dibombeflusse bei 2 von 12 Schafen = 16,6 Proz. u. s. w.
Die Zahl der gelegentlich untersuchten Schafe und Ziegen, die zur Schlachtung
kamen, ist noch grbBer.
AeuBerst wichtig ist ffir Nachuntersuchungen, dafi zeitlich je nach
der Jahreszeit die Infektion eine sehr verschiedene war. Ich habe auf-
fallenderweise bei Beginn der Regenzeit und zwar Ende April, Mai,
Juni, Juli 1903, also fiber 3 Monate lang keine frische Infektion in Duala
feststellen konnen, konnte aus diesem Grunde auch keine Versuchstiere,
wie.verlangt war, nach Togo schicken.
Auf der Hdhe und am Ende der Regenzeit, Ende Juli, August und
an fangs September 1903 kam es zu einem starken Ausbruch der Epidemie,
die auch einheimisches, bezw. schon bis dahin acclimatisiertes
Vi eh ergriff und zum Teil dahinraffte, darunter selbst Schafe und
Ziegen. Wir mfissen uns vorstellen, daB die Infektion an
sich wfihrend des ganzen Jahres durch die chronischen
Ffille unterhalten wird, wie ich durch die stftndigen Blutunter-
suchungen erweisen konnte, daBaberdieNeuinfektionen in eine
bestimmte Periode des Jahres fallen, oder noch pr&ziser,
daB sie in gewissen Monaten desJahres mindestens recht
selten werden.
Ich glaube daher, ganz fihnlich wie bei der Malaria,
das Vorhandensein einer nach der Jahreszeit wechseln-
den Kurve bezfiglichHfiufigkeit der frischen Trypanosoma
rit;aa;-Infektion behaupten zu dflrfen. Diese ffir die Epi-
demiologie und Prophylaxe so wichtige Annahme bedarf
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432
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIH. Heft 4.
natflrlich ‘noch weiterer Untersuchungen, um so mehr als die Regenzeit
und Trockenzeit 1903 raanches Absonderliche boten.
Es wird also unsere Aufgabe sein mflssen, die Epidemiologie der
Trypanosomeninfektion in mehij&hriger Beobachtung genau so in &hn-
liche Beziehung zur Biologic der die Infektion flbermittelnden stechenden
Insekten zu bringen, wie wir es bei der Malaria getan haben.
Die Morbiditat und Mortalitat der nicht im Kflstengebiet oder
in angrenzenden Gebirgsgegenden geborenen Hinder
und Schafe bezw. Ziegen ist im Kttstengebiet eine geradezu un-
geheure.
Ich will absehen von einem Transport von im ganzen 160 Rindern, Pferden,
Eeeln aus dem hochgelegenen Adamaua im Hinterlande, von denen 33 Hinder, 4 Pferde,
6 Esel als eventuell resistenter (imrnun gewordener) Best in jammerlichem Zustande die
Kiiste am 14. Februar 1903 erreichten, und die gleich nach ihrer Ankunft von mir unter-
sucht wurden. Unter wiederholt untersuchten 23 Buckelrindern dieses Transports fanden sich
nur 2 infiziert durch sparliche Tse-tse-Parasiten. Dieselben kamen mit 3 anderen Buckel¬
rindern Mitte Mai nach Duala. Die Tse-tse-Parasiten schwanden aus dem peripheral
Blute allmahlich bei gleichzeitiger Arseniktherapie. Im Juli und August starben 4 Bucket-
rinder plotzlich an akuter neuer Infektion durch Trypanosoma vivax. Von 5 weiteren
Buckelochsen, die zum Teil aus Lagos in Ober-Guinea etamraten, wurden 2 im gesunden
Zustande geschlachtet, 1 alter Stier blieb gesund, wahrscheinlich immun, 1 starb im
August an akuter, 1 im Dezember an chronischer Infektion durch Trypanosoma vivax .
£)ie Piroplasmose betraf hauptsachlich die Esel. Die schreckliche Dezimierung dee
Viehtransportes war in diesem Falle aufier durch die Krankheiten auch bedingt durch
sinnloses Treiben durch den Urwald und Mangel an Futter.
Um der Fleischnot in Duala abzuhelfen, liefi ich Anfang August 1903 in Verbin-
dung mit dem Bezirksamtmann aus St. Paul de Loanda, Portugiesisch-Westafrika, 5 er-
wachsene Rinder von dem groflen romanischen Schlage kommen. Trypanosomeninfektion
der Rinder in Loanda scheint den Gewahrsleuten nach nicht vorzukommen. Die Tiere
wurden sofort mit Ausnahme von einem sehr wilden, taglich untersucht, anfangs ganzlich
negativ. Am 7. Tage waren noch samtliche Tiere worn und bei mikroskopischer Unter-
suchung ohne Parasiten, am 8. Tage war eins schwerkrank mit ungeheuren Mengen von
Trypanosoma vivax im Blute und starb in der Nacht (Notschlachtung), am 9. dito zwoi
weitere. Bei alien dauerte die Krankheit nur 1, hochstens 2 Tage. Eine
einzige Kuh zeigte sich auch in den folgenden Monaten nicht infiziert und bekam auch
ein lebendes Junges. Dasselbe wurde dem Hauptling Manga Bell fur seine neue Vieh-
fenz, in der keine neuen Infektionen aufgetreten waren, ubergeben, soil spater auch
gestorben sein. Der letzte Loandaochse wurde, noch bevor die mitroskopisch am 14. Tage
festgestellte Infektion todlich endete, geschlachtet.
Der Importversuch zeigte also ein sehr trauriges Resultat. Von 20 langbeinigen
Haussaschafen, die der Bezirksamtmann aus Lagos zu Zuchtversuchen aus Versenen
statt des von mir empfohlenen stain mi gen Lagosschlages erhalten, gingen im Laufe
weniger Monate alle ein durch Infektion mit Trypanosoma vivax .
Kiinstliche Infektionen mit Trypanosoma vivax wurden bei subkutaner
Impfung, meist unter prinzipieller Verwendung von nur stark virulentem Blut von impor-
tierten Rindern oder akut erkrankten Schafen erzielt bezw. zu erzielen versucht, Dei:
1) 8 grauen Ratten, nachdem sie an Rattentrypanosomen gelitten. Tod bei alien
nach 8, 9 und 11 Tagen. WeiSe Ratten und Meerscnweinchen standen leider nicht zur
Verfiigung;
2) eiDer weifien Ratte von Dr. Schilling erhalten, negativ (zweite Ratte starb vor-
zeitig);
3) einem seit Jahren hier befindlichen deutschen Hunde, welcher leichte Parese
der Hinterbeine infolge von Piroplasmose hatte. Nach 10 Tagen sparliche Trypano-
somen, nach 3 Tagen verschwindend, bei wiederholten Untersuchungen stets negativ.
Spater angeblich Exitus unter plotzlichen heftigen Krampfen (Piroplasmose?). Ein-
heimische Hunde waren leider fur Impfzwecke nicht zu haben, da die Duala wegen
Hundesteuer fast alle Hunde getotet haben;
4) 2 Gansen und 3 Enten, Resultat negativ. Schilling ubertrug Tse-tse-Para¬
siten auf Ganse mit Erfolg;
5) 6 einheiraischen liuhnern, 3 jungen, 3 alten n^ativ. Voges fand Huhner ffir
Mai de Caderas empfanglich. Die Versuche mit Geflugel waren daner zu wiederholen,
da die iiberimpften Trypanosoma vivax von einem chronisch erkrankten Schafe Stamm ten;
6) 2 Truthuhnem, jiingeren, negativ (cfr. ad 5);
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Ziemann, Beit rag zur Try panosomenf rage.
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7) einer gesunden einheimischen Katze, geimpft 8. August 1903 mit dem sehr viru-
leuteu Blut einer Loandakuh (efr. oben). Impfung noch 2mal in 3 Wochen wiederhoit
mit virulentem Trypanosoma vtvajr-Blut. Nach 2-monatlicher Beobachtung stets negativ.
Die durch Tse-tse-Parasiten infizierte Katze starb nach 30 Tagen;
8) 2 einheimischen Schweinen, 1 jiingerem und 1 alterem, letzteree negativ, bei
ersterem leichte Infektion nach 7 Tagen, nur 2 Tage dauernd;
9) 4 von den 6 kleinen Haussaeseln, stammend aus dem erwahnten Viehtransport,
14. Februar 1903 an der Kiiste angelangt, sehr abgemagert, aber spater in etwas besserem
Ernahrungszustande. Die Esei hatten die Anstrengungen des Transportes aus dem
Hinterlande am’ besten iiberstanden. Unter ihnen aneeblich nur 25 Proz. Verluste,
genaue Zahlen nicht zu erhalten. 9. April 1904 nach Duala. Bei 1 Esel erst dort voriiber-
f ehend sehr sparliche Tse-tse-Infektion im Blute. Samtliche 6 Esel Piroplasmose zeigend,
ziemlich reichlich; nie die typischen Doppelbirnformen des Pirosoma bigeminum , Para-
siten mehr semmel-, ei-, ring- oder stabchenformig, grofite Diameter 2 ,u, die kleinsten
als feinste, stark lichtbrechende Piinktchen im roten Blutkorper, aufierst beweglich 1 2 3 !.
Charakteristisch war starke Vermehrung der eosinophilen Zellen. Chinin 14 Tage taglicn
2 g intravenos ohne Resultat. 15. Mai 1903 Impfung von 4 bis d&hin trypanosomenfrei
befundenen Eseln mit Trypanosoma vivax von chronisch krankem Schaf. Infektion spar-
lich und selten. Dauer der Infektion bis zum Tode 52, 168, 245, 290 Tage. (Bei einem
schon friiher, 4. Januar 1903, mit Trypanosoma vivax geimpften Esel aus Adamaua be-
trug die Infektionsdauer 63 Tage.)
Wahrend der Infektion der Esel erneute 14-tagige Chininkur, taglich 2 g intra-
muskular, ohne Resultat. Exitus durch allmahlich zunehmende Entkraftung (Piro-
plasm a wirkung?), niemals Oedeme. 2 nicht mit Trypanosoma vivax geimpfte Esel,
deren Piroplasmose zuriickging, stets ohne Trypanosomen. Gegeniiber den Rindern
haben also die Esel eine sehr erhebliche Resistenz bewiesen gegen die natiirliche und
kiinstliche Infektion (cfr. auch die lange Krankheitsdauer). Im Gegensatz dazu be-
richten Bruce und Schilling von aufierst akutera Verlauf der Tse-tse-Krankheit
beim Esel. In Schillings 5 Fallen, *Ueber die Tse-tse-Krankheit tt , Arbeiten a. d.
Kaie. Gesundheitsamte. Ba. XXVI. Heft 3, werden als Krankheitsdauer 10, 12, 18, 14,
12 Tage angegeben. (Nach Koch waren die Massai-Esel immun gegen Tse-tse.)
Verlauf der Trypanosoma v*vax-Infektion.
Dieser kann sowohl bei Rindern als auch bei Schafen und Ziegen
ein enorm akuter sein, wie wir bei den importierten Loandaochsen und
auch den Buckelochsen und bei dem einheimischen Gebirgsvieh gesehen.
Ein khnlich rapider Verlauf dilrfte bei den ilbrigen
1) Anm. Mehrfach kam 2-, seltener 3-, 4—5-fache Infektion eines roten Blutkdrpers
durch Piroplasmen von oft ungleicher Grofie zur Beobachtung (Diplococcus-Formen).
Die grofieren Parasiten lebhaft ambboid beweglich. Die ziemlich plumpen Stabchenformen
mit abgerundeten Ecken konnten auch lokomotorische Beweglichkeit zeigen, indem.sie
sich um ihre Langsachse drehten. Die kleinsten Formen zogen in irregularen Bahnen
durch das ganze rote Blutkorperchen. Die Piroplasmen der Kinder, Schafe und Ziegen
ganz ahnlich den oben erwahnten Formen. Nur schienen sie nicht ganz die Grbfie aer
ersichtlich sehr pathogenen Esel piroplasmen zu erreichen. Cfr. Dtsche med. Wochen-
schrift 1903. No. 15 u. 16. Die kleinsten Formen schienen im gefarbten Praparat
fast nur aus Chromatin zu bestehen. Cfr. Dschunkowsky u. Luhs, J., Die Piro-
plasmosen der Binder. fCentralbl. f. Bakt etc. Bd. XXXV. 1904. p. 486. Fig. 3 der
Abbildungen.) Nur ein Fall von schwererer, chronischer Rindermalaria (Piroplasmoee)
kam bei einem kleinen Ochsen aus Joh. Albrechts-Hohe 21. Januar 1903 zur Beobach¬
tung. Notschlachtung.
Soweit ich entnehmen kann, glaube ich zum ersten Male auf-
merksam gemacht zu haben auf:
1) die allgemeine Infektion der Haustiere durch Piroplasmen in
Westafrika;
2) die vorzugsweise Infektion der jungen Tiere, welche dadurch
spater immun (resistent) werden gegen die im allgemeinen gutartige
Erkrankung;
3) den Unterschied der westafrikanischen Rinderpiroplasmose
f egeniiber dem echten Texasfieber infolge Mangels der dem echten
exasfieber eigen tu ralichen Birnformen der Parasiten und Nicht-
bezw. seltenen Auf tr etc ns von Hamoglobinurie (1. c.). R. Koch fand be-
kanntlich in Siidafrika auch Unterschiede zwischen seinem Kustenfieber der Binder und
dem echten Texasfieber.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXVIII.
Heft 4.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Trypanosomeninfektionen zu den Ausnahmen gehoren 1 ).
Der Verlauf kann aber auch ein sehr chronischer werden und sich auf
Monate bis zu 1 Jahr und eventuell darflber ausdehnen. In letzterem
Falle kann es scheinbar bei Schafen und Ziegen zur Heilung kommen,
indem, wenigstens bei mikroskopischer Untersuchung der auBerlich sehr
oft vollig gesund erscheinenden Tiere, schlieBlich keine Parasiten mehr
nachweisbar sind. Es kann aber auch zu erneutem, mehr oder weniger
akutem Auftreten der Infektion beim Zutritt auBerer Schadlichkeiten,
wie Durchnassung, Darmkatarrh etc., kommen. Auf diese Weise konnen
wiederholt Rezidive, unterbrochen durch langere Perioden scheinbaren
Wohlseins, auftreten. Auch hier kann es schlieBlich zur Genesung im
klinischen Sinne kommen, oder aber die auBerlich gesund erscheinenden
Tiere werden eines Morgens tot im Stalle gefunden. Ich hatte mehrfach
Gelegenheit, in solchen Fallen zuweilen enorifle Mengen von Trypano-
somen bei der Sektion zu linden. In anderen Fallen stand die geringe
Zahl im Herzblut, ja auch im Knochenmark in auffallendem Widerspruch
zur Schnelligkeit des Todes. Es konnten aber auch bei den zur Zeit der
ersten Untersuchung gesund erscheinenden und auch bleibenden Schafen
und Ziegen groBe Mengen Parasiten im Blute auftreten bei gleichzeitiger
Temperatursteigerung, urn nach wenigen Tagen zu verschwinden. Die
Infektion war dann von Anfang an eine leichte. Bei Rindern habe ich
ahnliches bis jetzt noch nicht gesehen. Bei ihnen scheint die Neu-
infektion immer nur akut einzusetzen, um entweder todlich zu verlaufen
oder chronisch. Im letzteren Falle kann es nach scheinbarer Heilung
nach einem oder mehreren Rezidiven zum Exitus kommen. Falle von
sicherer Heilung habe ich jedenfalls bis jetzt bei Rindern noch nicht ge¬
sehen. Das eventuelle Verschwinden der Parasiten aus der Zirkulation
erfolgte nie ganz plotzlich, sondern meist im Verlaufe von einigen Tagen.
Die sehr ausgedehnten Fieberkurven der zum Teil viele Monate lang be-
obachteten Tiere konnen hier aus auBeren Griinden nicht gegeben werden.
Es bestand bei den infizierten Tieren ein ganz unregelmafiiges Fieber,
unterbrochen durch tagelange Remissionen. Auch hier zeigte sich, daB
Trypanosoma vivax unter erneuten Fiebersteigerungen im Blute auftrat.
In den ganz akuten Fallen, die blitzahnlich in ein bis zwei Tagen ver-
liefen, traten bei Schafen und Ziegen haufig tonisch klonische Zuckungen
auf, bei Rindern nur ausnah ms weise. In den ganz akuten Fallen trat
oft sehr schneller, vblliger Appetitverlust auf. Etwaige erhebliche Darm-
stbrungen traten gar nicht bei dem rapiden Verlaufe in Erscheinung.
In zwei akuten Fallen bei Rindern bemerkte ich leichte Albuminurie.
In chronischen Fallen konnte die FreBlust, wie das auch bei der
Tse-tse-Krankheit beobachtet ist, ungestdrt sein. Bei den Rindern
wie auch bei den ktinstlich infizierten Eseln war das Fell struppig
bezw. rauh. Die Haussahirten kannten dies Symptom wohl. In
akuten Fallen lagen die Rinder, am Tage vorher noch ganz wohl, am
Boden, einen schwerkranken Eindruck machend, Augen trfibe, glasig.
leichte Conjunctivitis. Aus dem Maule oft etwas glasiger Schleim. Puls
und Atmung beschleunigt. Vor dem Exitus oft terminale Temperatur-
erniedrigung. Oedeme und Petechien der Haut auch in chronischen
Fallen bisher nicht gesehen, im Gegensatz zur Naganakrankheit.
1) Cfr. Sander, L., Bericht liber eine im Auftrage des Kaiserl. Gouvernements
von Ostafrika untemommene Reise von Tanga nach Moshi, um das Voi kommen der
Tse-tse-Fliege festzustellen. (Beit rage z. Kolonialpolitik u. Kolonialwirtschaft. Jahrg. V.)
S. beobachtete in ganz akuten Fallen auch nur 1—4-tagigen Verlauf.
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage.
435
In alien Fallen war mehr oder weniger Anamie zu bemerken, in
den akuten ganz kolossale, und zwar sank der Hamoglobingehalt schneller
als die Zahl der roten Blutzellen; oft sah das Blut direkt wie hellrotes
Wasser aus. Die Zahl der roten Blutkorper konnte sinken bis anf
2130000, Hg bis auf 22 Proz. (Fleischl). Basophile Kornung wurde
mehrfach gesehen.
PustulOse Ekzeme kamen nur einmal zur Beobachtung bei einem
chronisch tse-tsekranken Pferde.
Von weiteren Resultaten sei, kurz resumierend bez. Tryp. vivax
noch erwahnt:
1) Dad die Infektion oft nicht hinderte an der Austragnng eines
lebenden Jungen; bei 2 Rindern, 1 Ziege, 4 Schafen gesehen; Verwerfen
wie bei Blutharnen relativ selten;
2) dad im Fruchtwasser eines infizierten Rindes und im Herzblut
der Frucht keine Parasiten gefunden wurden, dito nicht bei 3 Schafen,
dad also die Infektion nicht vererbt zu werden scheint;
3) dad die Nachkommen infizierter Muttertiere nicht iinmun sind,
weder gegen natflrliche noch kfinstlicbe Infektion, wie das in 6 Fallen,
bei 4 Schafen, 1 Ziege, 1 Rind zu verfolgen war. Cfr. dagegen den
Bericht fiber die Jagdhtindinnen der Barotseneger in Sfidafrika, die,
selber an der Infektion eingehend, vorher immune Junge gebfiren sollen;
4) dad die Inkubationszeit bei natfirlicher Infektion und subkutaner
Impfung annfihernd dieselbe zu sein schien, 5—8 Tage. Bei Impfen
groder Blutmengen Inkubation scheinbar durchschnittlich 1 Tag kfirzer;
5) dad Tiere mit heller Haut in derselben Zahl infiziert schienen
wie dunkle.
Pathologisch anatomischer Befund wird an der Hand der
mitgenommenen Pr¶te noch des n&heren bearbeitet Daher erfibrigt
sich hier Wiedergabe der Protokolle. In den akuten Fallen kam es nie
zn Milz- und Lebertumor. Auffallend wenig Parasiten in den Aus-
strichen der inneren Organe, auch der Milz, mehr im Knochenmark.
SerQse Ergfisse gering, meist nur im Pericard. In dem Nierenkelch
meist deutlich gelblich sulzige Massen, ebenso auf dem Pericard. Zu-
weilen, besonders bei Schafen, ziemlich festhaftende, flockige, streifige,
fibrinose Auflagerungen auf Leber und Pericard. D fir me meist anfimisch.
Differentialdiagnose zwischen Trypanosoma vivax and
Trypanosoma Brucei.
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich Manches, welches ein von der
echten Tse-tse-Krankheit etwas abweichendes Verhalten erkennen lfidt:
1) hinsichtlich Gestalt des Trypanosoma vivax ;
2) grfiderer Beweglichkeit desselben;
3) grQderer Virulenz;
4) Schwierigkeit einer sexualen Diiferenzierung im Gegensatz zu
Tryp. Brucei ;
5) Art der natflrlich infizierbaren Tiere, indem scheinbar nur Rinder,
Schafe, Ziegen von den Haustieren betroffen werden.
Trotzdem wttrden die angegebenen Momente nicht hin-
reichen,die Trypanosoma t>*»aa;-In fek tion von derTse-tse-
Krankheitzutrennen, wenn nicht auch noch folgende Beobachtnngen
ffir eine Trennung sprfichen.
Ich bekam auf mein Ersuchen aus Togo am 30. August 1903, also
zur Zeit der erwfihnten Trypanosomen-Epidemie in Duala 2 Togoschafe
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436 Centralbl. f. fiakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
und 2 Togoziegen, welche mit dem Tse-tse-Parasiten in Togo kfinstlich
geimpft waren. Die Tiere zeigten bei wiederholten Untersuchungen die
mir schon wohlbekannten Tse-tse-Parasiten nur zeitweise und in einer
fiuBerst spSrlichen Zabl. Die Tiere kamen in elendem Zustande an, er-
holten sich aber und waren nacbber s&mtlich recht munter. SchlieBlich
verschwanden mit Ausnahme eines Schafes (Togobock No. II) innerhalb
8 Tagen die Trypanosomen aus dem peripheren Blute g&nzlich, soweit
man nach wiederholter mikroskopiscber Untersuchung beurteilen konnte.
Bei den 2 Ziegen und dem scheinbar immun gewordenen Schafe (Togo¬
bock No. I) erfolgte am 10. September neue Impfung mit 5 ccm Impf-
einheiten (cfr. unten) von tse - tseparasitenhaltigem Blut, stammend
von Schaflamm, welches von einer Buckelkuh mit Tse-tse abgeimpft
war. Alle 3 Tiere reagierten nach 6—7 Tagen durch eine leichte
T.-Steigerung. Aber nur bei einem (Togobock I) lieBen sich vorfiber-
gehend wieder sehr spfirliche Tse-tse-Parasiten feststellen. Sie waren
also gegen die Wirkung der Tse-tse-Parasiten immun geworden.
Verimpfung von Blut einer dieser Ziegen erfolgte auf zwei graue
Ratten. Leider entliefen dieselben, und stand damals kein weiteres Impf-
material zur VerfQgung. Die 2 Togoziegen und das eine Togoschaf
(Togobock I), die scheinbar immun geworden gegen Tse-tse, wurden der
kleinen Herde des Bez.-Amtes (iberwiesen, um dort besser Gelegenheit
zur naturlichen Infektion durch Trypanosoma vivax zu bekommen.
Dort erkrankte der Togoschaf-Bock No. I an Trypanosoma vivax und
starb nach 43, dito die beiden Togoziegen nach 60 bezw. 109 Tagen
nach der Ankunft. Togobock No. II blieb in dem Tierstall des Hospitals
und verlor allm&hlich die Tse-tse-Parasiten aus dem peripheren Blute.
Kfinstliche Infektion desselben mit ca. zwei Impfeinheiten von sehr viru-
lentem, Trypanosoma viwur-haltigem Blut eines einheimischen, in 1 Tage
eingebenden Dualarindes vom Aboflusse. Danach leichte Infektion des
Togobock No. II durch Trypanosoma vivax. Erneute Impfung mit viru-
lentem Trypanosoma vivax resultatlos. An Bord mitgenommen nach
Deutschland am 17. April 1904. Dritte Impfung dito ohne Resultat.
9 Tage nach dritter Impfung des Togobocks No. II Verimpfung seines
Blutes auf weiBe Ratte ohne Resultat. Bock No. II also scheinbar gegen
Tse-tse-Parasiten und Trypanosoma vivax immum geworden.
Der Unterschied im Blut desselben Tieres zwischen dem neuauf-
tretenden, ungeheuer beweglichen Trypanosoma vivax und dem viel
tr&geren, anfangs beobachteten Tse-tse-Parasiten in demselben Tiere,
welches die Tse-tse-Krankheit so gut Qberstanden hatte, war ein BuBerst
charakteristischer. Man kann hQchstens einwerfen, diese Togotiere waren
in Togo kQnstlich geimpft, infolge des eintretenden Immunisierungs-
prozesses die Beweglichkeit der Parasiten daher geringer geworden, so
dafi der Unterschied zwischen den weniger beweglich gewordenen frflheren
Tse-tse-Trypanosomen und den neuen undeutlicher wurde. Indes konnte
man bei Tieren derselben Rasse bisher nicht von Unterschieden
in der Virulenz zwischen natQrlich und kilnstlich flberimpften Trypano¬
somen sprechen. Ein zweiter Versuch ist folgender:
2 abgemagerte Buckelochsen, welche ich aus Kribi von dem schon
erwBbnten Viehtransport aus dem Innern am 20. Mai 1903 in Duala
zur Untersuchung erhalten hatte, zeigten, wie ebenfalls schon erw&hnt,
eine natflrliche Tse-tse-lnfektion, die allmahlich immer geringer wurde.
Der Ern&hrungszustand der Tiere nahm zu. Ich bemerke gleichzeitig,
daB bei diesen beiden die sp&tere kurz zu besprechende Arseniktherapie
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage.
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zar Anwendung gelangte. Auch diese beiden Tiere erkrankten
gleichzeitig mit den Loandaochsen 9. August 1903, also
w&hrend einer damals grassierenden Epidemie, nachdem
die Arsenikkur schon ausgesetzt war, und erlagen der n e u e n Epidemie,
mit den so charakteristischen, enorm beweglichen Para-
si ten innerhalb weniger Tage. Versuche, wie bei den Togoschafen,
den eventuell stattgehabten Eintritt der Immunitat gegen die Tse-
tse-Infektion zu prtifen durch neue Injektionen tse-tseparasitenhaltigen
Blutes wurden bei ibnen nicht gemacbt, da bei der Vieharmut in Duala
die Tiere als Schlachttiere dienen sollten. Man kfinnte hier einwerfen,
daB das Aussetzen der Arseniktherapie in diesem Falle ein neues Auf-
flackern der nur latent gebliebenen Tse-tse-Infektion bedingthatte. Indes,
selbst bei der akutesten, spontanen, primaren Tse-tse-Infektion, die ich
gesehen, bei einem deutschen Terrier in Togo, der innerhalb eines Tages
einging, waren die Trypanosomen nicht entfernt so lokomotorisch be-
weglich wie in diesem Falle das Trypanosoma vivax. Selbstverstfindlich
sind trotzdem weitere Versuche notig.
Am 17. August 1903 starb auch eine bis dahin scheinbar ganz ge-
sunde, einheimische Kuh eines Negers, die schon seit Monaten in Duala
war, an akut in 1 Tage tfidlich verlaufender Infektion durch Trypano¬
soma vivax , am 21. August 1903 dito in 1 Tage eine erst kfirzlich an-
getriebene, im besten Ernfihrungszustande befindliche Kuh des Bezirks-
amtes Duala.
Urn, wie auch gegenfiber den Tse-tse-Parasiten, Trypanosoma vivax
gegen den Surraparasiten durch Immunisierungsversuche abzugrenzen,
wurden aufier einem mit Piroplasmose infizierten Lamrae 5 Schafe, durch
Trypanosoma vivax infiziert (darunter Togobock No. II), nach Deutschland
mitgenommen. Leider starben die Tiere infolge mangelnder Ernfihrung
in Hamburg, ehe die Schwierigkeiten betreffs Einfuhr beseitigt waren
(cfr. spater). Es lfifit sich also bis jetzt nicht mit Sicherheit sagen, daB
das Trypanosoma vivax nicht der Surraparasit ist. Ich lege nicht
den geringsten Wert darauf, einen neuen Parasiten gefunden zu haben.
Nurdasglaube ich behaupten zu dfirfen, daB der vorlfiufig
von mir Trypanosoma vivax genannte Parasit sich bei Sum-
mierung aller erwfihnten Momente unterscheiden 1HBt
von dem Tse-tse-Parasiten. Wenn er wirklich, entgegen meiner
Annahme, keine besondere Art darstellt, so reprfisentiert er doch min-
destens eine Varietfit mit bereits erheblich konstant gewordenen Eigen-
schaften.
Versuche fiber die agglutinierende und parasiticide Wirkung des
Serums von Tieren, welche an Trypanosoma Brucei bezw. vivax litten
Oder gelitten hatten, sind noch zu vervollstSndigen 1 ).
Uebertragungsmodus des Trypanosoma vivax.
Zur Untersuchung fiber diesen Punkt eignete sich vorzfiglich die
sandige Landzunge Suellaba, auf der das schfine Kfistensanatorium
Kameruns sich befindet. Suellaba ist durch ein weites Seebecken von
dem fibrigen Lande getrennt und steht mit der fibrigen Kfiste nur durch
einen schmalen, vdllig unbewohnten Waldgtirtel in Verbindung.
1) Die wichtigen Versuche Me Neals und Novys fiber kiinstliche Kultivierung
der Trypanosomen auf Blutserum-Agar-Agar gelangten erst nach Fertigstellung der
Arbeiten zu meiner Kenntnis: „On me cultivation of Trypanosoma Lewisi.“ (Contri-
butation to medical research, dedicated to Victor Clarence Vaughan. Michigan Univ.
1903. June.)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Nach Suellaba war vor meiner Ankunft Vieh (Schafe und Ziegen)
hingeschafft wurden, das zweifellos nach den Mitteilungen Trypanosomen
gehabt hatte und zu fiber 50 Proz. eingegangen war. Dort geborenes
Vieh war auch spontan erkrankt. Bei dem in dem benachbarten Ur-
wald befindlichen Wilde waren Trypanosomen bisher nicht gefunden
worden, wenigstens nicht bei einem dort geschossenen untersuchten
wilden Bflffel Bos brachyceros, 7 Zwergantilopen Cephalophus melanorheus
Gray, 5 grauen Meerkatzen Cercocebus collaris Gray. Ein alter, spfiter
getoteter wilder Bfiffel bildete einen ganz sporadischen Befund, wie sorg-
ffiltige Erhebungen ergaben, ebenso 2 vor meiner Ankunft getotete
Leoparden. Elefanten treten ebenfalls nur sporadisch in der Nahe eines
gut 2 Stunden entfernten Sumpfes auf. Ein altes FluBpferd, Hippo¬
potamus , das frflher mehrfach Visiten in der Nfihe des Sanatoriums machte,
wurde seit fiber 3 / t Jahr nicht mehr gesehen. Der Kreislauf der Infektion
muBte sich also voraussichtlich in erster Linie zwischen den dort vor-
handenen Haustieren des Sanatoriums und den vorhandenen stechenden
Insekten abspielen. Bemerkt sei noch, dafi die farbigen Arbeiter da-
selbst bei mehreren Untersuchungen sich als durchaus gesund erwiesen.
Ala die Rrankheit ubertragende Tiere batten in Frage kommen konnen:
1) Anopheles, in Suellaba aber nicht vorhanden.
2) Cut ices, sparlich, Species in Suellaba noch nicht samtlich festgestellt.
In dem nahen Duala kommen nach Bestimmung meiner Sammlungen durch
Dr. G run berg in Betracht: a) Co lex fatigans Nieden, b) Cid. dissimilis Theobald,
c) Gul. mountlus Theobald, d) Mansonia africana Theobald, e) Eretmapodites qurnque costatus
Theobald.
3) Stegnmyia fasciata, erst einmal gesehen, moglicherweise eventuell bei dem hau-
figen Bootsverkehr dorthin nur gelegentlich verschleppt, also wohl als causa nocens
auszuschlieBen. Nach brieflicher Mitteilung von Dr. Eysell (Cassel) scheinbar ver-
schieden von Stcgomyia fas data aus Habana.
4) GIo8situi-Anen y dieselben wurden aber in Suellaba bisher nicht gefunden.
5) Sandflohc, sehr haufig, unter den Saugetieren aber bisher von mir nur bei
Katzen in den Ohren gefunden, aber wohl auszuschliefien als Uebertrager der Trypano¬
somen, da Sandflohe auch vorkommen in Gegenden, wo kein Trypanosoma.
6) Zecken, gefunden Jlaemophysalis pannata n. sp., in Togo scheinbar noch nicht
f efunden, ferner Rhipicephalus annulalus (Say) und Rhipicephalus Ziemanni n. sp. von
‘rof. Neumann (Toulouse) bestimmt. lxodidae finden sich auch im Gebirge, wo kerne
Trypanosomen vorkommen.
7) Lause, wie z. B. der Schafharling, Trichodectes sphaerocephalus Nietzsch, in der
Kiistengegend haufiger. In Suellaba erkrankten aber auch Schafe, die wegen einer in-
fektiosen Hufkrankheit taglich mit Lysol gebiirstet wurden.
8) Stomoxys-Arteu, gesammelt in Duala, Barombi, Buea, noch nicht bestimmt.
Ueber das eventuelle Vorkommen von Tibuliden, Mycetophiliden, Chironomiden, ferner
von Raubfliegen, wie z. B. von der Gattung Asilvs, Dasypogon und Laphria , ist noch
nichts sichcres bekannt (Dr. Griinberg).
9) Tabaniden, in Suellaba ziemlich haufig, mittelgrofie und grofie Ftf&am/*-Arten,
die noch nicht bestimmt sind, sog. Mangofliegen, die aufierst schmerzhafte Stiche auch
den Menschen versetzen. Unter innen wurde bereits bestimmt Chrysops dimidiatus v. d.
Wulp, den ich auch in dem beriichtigten Mungolhal besonders bei Bombe gefunden.
Tabaniden erscheinen besonders verdachtig als Uebertrager der Trypanosomeninfektion.
Ich machte nun in Suellaba deD V ersuch, die Herde
dort vollig von Trypanosomen dadurch zu befreien, daB
ich systematisch durch immer wiederholte Blutunter-
suchungen die sfimtlichen erkrankten Tiere schlachten
bezw. nach Duala fortschaffen lieB, im ganzen 9, und sie
durch L&mmer, derenBlut in Duala von Geburt an unter-
sucht war, ersetzte. (Cfr. Kamerun. Gesundheitsverh<nisse. Ber.
d. Verf. Arbeiten aus d. kais. Gesundh.-Amt. Bd. XXL 1904. Heft. 3.)
Ein ahnlicher Versuch ist mir aus der Literatur noch nicht bekannt
geworden. In der Tat war auch in Suellaba Monate hindurch, wie in
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfrage.
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Duala im April, Mai, Juni, Juli 1903, keine neue Infektion zu bemerken,
auch nicht im August 1903; da zeigten sich plotzlich am 23. Oktober
1903 bei neueren Untersuchungen von einer Herde von zuletzt unter-
sucbten 23 Kopfen 9 Tiere durch Trypanosoma vivax infiziert, 4 jflngere
und 5 aitere Tiere, die bis dahin als noch nicht infiziert befunden
waren. Es handelte sich also sicher um neue Infektionen und eine Art
Epidemie wie in Duala. Wo hatten nun die betreffenden stechenden
Insekten die Infektionskeime herbekommen? Es ware ja moglich ge-
wesen, daB trotz aller Sorgfalt in dem Blute der frfiher mit negativem
Erfolge und dort noch nicht durch neue ersetzten Tiere doch Trypano-
somen der Beobachtung entgangen waren; dann aber konnte die Menge
der Trypanosomen im peripheren Blute jener Tiere nur eine auBer-
ordentlich geringe gewesen sein. Es hatten also schon die Stiche recht
vieler Insekten dazu gehort, aus dem Blute jener Tiere die Infektion rein
mechanisch durch den Stechrflssel auf andere zu iibertragen.
In der Tat waren Juli und August 1903 in Suellaba in der Regen-
zeit, damals etwas abnormal verlaufend, Tabaniden scheinbar in etwas
vermehrter Zahl zu entdecken.
Wir wissen nun, daB im Blute chronisch trypanosomiasiskranker
Tiere sich die Trypanosomen fiber 1 Jahr erhalten kdnnen.
Wir wissen ferner durch Bruce, daB wenigstens Glossina morsitans
im stande ist, noch nach 48 Stunden, nachdem sie Blut eines tse-tse-
kranken Tieres gesogen, die Tse-tse-Parasiten durch den Stechrflssel auf
andere bis dahin gesunde Tiere zu iibertragen.
Ftir das nach lfingerer Pause explosionsartige Auf-
treten der kleinen Epidemie in Suellaba (gleichzeitig in
Duala [Buckelrinder, Loandarinder etc.]) gab es nun 2Er-
klarungen. Entweder die jungen stechenden Insekten (Fliegen)
hatten trypanosomeninfizierte Tiere gestochen, und deren infektioses
Blut rein mechanisch auf andere bis dahin gesunde Tiere iibertragen.
Wir sahen aber, daB ich mit Sorgfalt aus dem frfiher erw&hnten Grunde
alle infiziert gewesenen Tiere entfernt und ersetzt hatte durch zweifel-
los gesunde Lfimmer (vom Reg.-Hospital Duala) und daB die nicht ge-
wechselten Tiere bei mehrfachen mikroskopischen Untersuchungen sich
vdllig frei von Parasiten gezeigt hatten.
Diese Erkl&rung hatte also wenig ffir sich. Aber gesetzt auch,
in dem Blute eines oder zweier Tiere w&ren trotzdem zeitweise frfiher
fibersehene, wenige Trypanosomen gewesen, so hfitte die Infektion bei
rein mechanischer Uebertragung durch die Stechrflssel doch immer nur
allmahlich von Tier zu Tier iibertragen werden kdnnen. Wir wfirden
dann nicht von einem explosiven, epidemischen Charakter der Infektion
sprechen kdnnen, die bei mehreren Individuen gleichzeitig die Krankheit
ausbrechen lfiBt, sondern die Infektion wiirde so lange ununterbrochen
gedauert haben, als die betreffenden stechenden Insekten und infizierte
und noch nicht infizierte Schafe und Ziegen vorhanden waren.
Ein zweiter Grund gegen die alleinige Gfiltigkeit der rein me-
chanischen Uebertragung der Trypanosomen von Sfiugetier zu Saugetier
durch die Stechrflssel der Insekten ist folgender. Wir wissen und ich
glaube, das aus Kamerun durchaus beziiglich des Trypanosoma vivax
bestatigen zu kdnnen, daB, je mehr Trypanosomen kfinstlich iibertragen
werden, desto schneller und schwerer die Infektion verlSuft, wenigstens
im allgemeinen. Man wird sich vorstellen, daB bei spflrlicher Uebertragung
die Schutzstoffe des Organismus leichter den Kampf gegen das Virus
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
aufnehmen kdnnen. (Die Neuinfektionen im August und September 1903
verliefen aber, wie wir in Duala sahen, recht schwer).
Nun kdnnen zweifellos Stechrussel, Pharynx und Hypopharynx der
Stechfliege, wenn von einem trypanosomenreichen Blute ge-
sogen ist, genilgend Trypanosomen fflr eine neue Infektion aufnehmen.
Unsere in Frage kommenden Tiere in Suellaba, deren Infektion
eventuell doch flbersehen war, hatten aber, wenn Oberhaupt,
sicherlich nur AuBerst wenige Trypanosomen in zirkulieren-
dem Blute. Ich kann mir kaum denken, daB eine stechende Fliege mit
dem von letzteren Tieren aufgenommenen, so &ufierst wenig Parasiten
baltenden Blut durch Hilfe des Stechrtissels mehr als allerhochstens
ein einziges anderes Tier infizieren kdnnte.
Alles dr&ngt vielmehr zwingend zu dem Schlusse, daB
die Infektionskeime nicht als einziger Trypanosome die
Proboscis des stechenden Insektes wieder verlieBen,
sondern sich stark schon im Insektenkftrper in einem ge-
wissen Zeitraum vermehrten, wie auch die Malariaparasiten sich
in Anopheles stark durch die dann erst einsetzende geschlechtliche Teilung
(Sporogonie) vermehren. Die geradezu ungeheure Menge der Trypano¬
somen in den von mir erwihnten, blitz&hnlich schnell verlaufenden
Fallen lafit ebenso darauf schlieBen, daB dielnfektionskeime vor-
aussichtlich nicht von einem einzigen Keime herstammen,
sondern dafi mit dem einzigen Stich des betreffenden in-
fizierten Insektes gleich eine groBe Menge Infektions¬
keime inokuliert wurden.
Die lange Zeitdauer zwischen den letzten positiven
Beobachtungen im Blute der dort infiziert geweseneu und
von dort entfernten Tiere und dem neuen Auftreten der
Infektion lafit abervor allemauchan eine Wanderung der
eventuell sich umwandelnden und in dem betreffenden
In sektvermehrenden Trypanosomen auf die Nachkom men-
schaft der betreffenden Insekten schlieBen. Wir kennen be-
reits auf Grund der klassischen Untersuchungen von Theobald Smith
das Ueberwandern der Erreger des Texasfiebers (ft rosoma bigeninum)
auf die Nachkommen der infizierten Zecken. Koch konnte das in Afrika,
Verf. in Venezuela einwandsfrei experimentell nachprflfen und be-
statigen 1 ). In den betreffenden Zeckeneiern selbst konnte ich bisher
aber keine Parasiten entdecken. Leider erhielt ich erst in der allerletzten
Zeit meines Aufenthaltes trotz fleifiiger Bestrebungen in Duala mehrfach
Mengen von Chrysops und Stomoxys durch Neger zur Untersuchung,
und untersuchte ich nun mehrfach deren Eierstocke.
Mit auBerster Reserve sei folgender Befund mitgeteilt, den ich ge-
legentlich eines Aufenthaltes in Suellaba am 23. Oktober 1903, zur selben
Zeit machte, als die interessanten flagellatenartigen Gebilde bei der
Zwergantilope gefunden wurden. Es wurden mir mehrere Stechfliegen auf
mein Ersuchen von den Negern gefangen, angeblich und auch augen-
scheinlich frisch gefangen. Nach nachtr&glichen Vergleichen mitExemplaren
von Chrysops dimidiatus , die Dr. GrQnberg mir als solche bezeichnete,
glaube ich die betreffenden Insekten als Chrysops dimidiatus ansprechen
zu kOnnen. Bereits bei dreien hatte ich Magen, Eierstocke und Malpighi-
1) Ziemann, Ueber Lomadera, eine Art auBerst verbreiteten Texasfiebers in
Venezuela. (D. med. Wochenschr. 1902. No. 20. p. 385.)
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Ziemann, Beitrag zur Trypan osomenfrage.
441
sche Gefafie durchraustert, ohne Resultat. Da fand ich im Zupfpraparate
der Eierstdcke des vierten Exemplars, dem physiologische Kochsalzlosung
zugesetzt war, aufterhalb der Eier eine betrSchtliche Anzahl kleinster flagel-
latenartiger Organismen, spindelfSrmig, deutlich konturiert, abnlich den
schon im Bint der Zwergantilope gefundenen Flagellaten, nur viel kleiner
and zierlicher als jene, ca. — Durchmesser eines menschlichen roten
Blutkdrpers lang; die groftte Breite betrug durchschnittlich etwa 1 /% — 1 li 0
der Lange. Die Beweglichkeit war verschieden. Einige waren mehr Oder
weniger bewegungslos, andere zeigten die lebhafte, wackelnde, rotierende
Beweglichkeit der Antilopenflagellaten, wobei auch ihr KSrperplasma
eine ahnliche gewisse Starre zeigte wie die Antilopenflagellaten, also
sehr verschieden von der Schmiegsamkeit des Tse-tse-Trypanosoma.
Uebrigens ist auch schon das Plasma von Trypanosoma vivax nicht so
schlangengleich verschieblich wie das der Tse-tse-Parasiten. Das sehr
zierliche Flagellum der kleinen Flagellaten betrug ca. */* der Kbrperiange.
Bei den unbeweglichen Formen war ein Flagellum im ungefarbten Prkpa-
rate nicht mit Sicherheit zu entdecken. Im Innern des Plasmas waren
wenige, meist 1—3, feinste, lichtbrechendo Kornchen zu entdecken. Die Be-
wegung erfolgte mit dem Geiftelende scheinbar stets voran. Leider unter-
brach eins der Haustiere, das von einem Neger zur Untersuchung neben
dem Mikroskoptisch gehalten wurde, viel zu vorzeitig die auch sonst unter
schwierigen Verh<nissen stattfindende Untersuchung, indem es Mikroskop,
Tisch etc. in den Sand stiefi. Ob die kleinen Flagellaten aus dem Eier-
stock des Chrysops in Beziehung stehen zu den grdfieren, ahnlichen Flagel¬
laten der Antilope, oder gar, was recht unwahrscheinlich, zu dem
Trypanosoma vivax der Schafe etc., ist nicht zu sagen. Jedenfalls teilte
ich die Beobachtung betreffend die Flagellaten der Antilope und des
Chrysops gleich meinen Freunde Oberstabsarzt Heuermann in Duala mit.
Da sp&tere Untersuchungen bei 22 Chrysops in Duala bis jetzt noch kein
fihnliches Resultat gaben, mflssen Versuche mit selbstgezflchteten Chrysops,
die trypanosomenhaltiges Blut sogen, baldigst wieder aufgenommen werden.
Vor allem mfifiten auch die die abgelegten Eier umhttllenden Massen auf
verdfichtige Parasiten untersucht werden.
Zu bemerken ist noch, daft die Schafe und Ziegen in Suellaba
auch Piroplasmose, oder richtiger gesagt, Tiermalaria zeigen konnten.
Von Piroplasmen kann man kaum sprechen, da die betreffenden Para¬
siten keine Birnformen zeigen. Es waren also auch noch die eventuellen
Beziebungen der Eierstocksflagellaten des Chrysops mit den Erregern
der Tiermalaria (1. c.) zu erbrtern.
Therapeutisch kam bei den zwei durch Tse-tse infizierten Buckel-
ochsen, wie schon erwahnt, Arsenik zur Anwendung, derart, daft be-
gonnen wurde mit Injektion von Solutio Fowleri 1,0 taglich, steigend urn
0,1 bis 2,0 taglich, und dann zurtickgehend bis 1,0. Bei den Buckelochsen,
welche eine scheinbar milde Tse-tse-Infektion hatten und wahrend der
Verabfolgung von Arsenik in dem Ernahrungszustande zunahmen, konnte
Arsenik das Neuauftreten von todlichen Infektionen durch Trypanosoma
vivax nicht hindern. Bei zwei chronisch an Tiermalaria (Piroplasmose)
erkrankten Haussaeseln, die mit noch zwei anderen Eseln trotz Im-
pfung mit Trypanosoma vivax nur eine sehr chronische Trypanosomen-
infektion davontrugen, blieb Chininbimuriat. taglich 2,0, 14 Tage hin-
durch intramuskuiar, ohne Wirkung, sowohl auf die Tiermalariaparasiten
(Piroplasmen) als auf die Trypanosomen. Von den Versuchen, durch
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442 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIIL Heft 4.
MalachitgrQn und Trypanrot die Trypanosomen im Blnte abzutbten, wufite
ich noch nichts 1 2 ).
Prophylaxe.
Schon Herr Geheimrat Koch hatte gezeigt, dafi es im Prinzip gelang,
Tse-tse-Trypanosomen durch Passagen durch and ere TierkOrper in der Vi*
rulenz abzuschw&chen, so dafi die mit den abgeschwfichten Trypanosomen
geimpften Tiere immun erschienen gegen sp&tere Infektionen. Schilling
hat diese Versuche in grdfierem Mafistabe wieder aufgenommen. Neuer-
dings verwirft Koch diesen Modus der Immunisierung, indem er nach-
wies, dafi die geimpften Tiere trotz ihrer scheinbaren Immunit&t docb
die Krankheitskeime in ihrem KOrper behielten; es hiefie also kdnstlicb
die Infektion durch die Verimpfung auf bis dahin gesunde Tiere immer
weiter Qbertragen. Aeufierst wertvoll erscheint die Angabe Herrn
Geh.-Rat Kochs, dafi ganz im Gegensatz zu seiner frflhe-
ren Annahme bei scheinbar immun gewordenen Tieren
sich die Krankheitskeime im infektionsf&higen Zustande
noch weiter erhalten. Verf. hat in Bezug auf die Ma¬
laria schon von Anfang an betont, dafi, im Gegensatz zu
den Befunden in Neu-Guinea, bei den Eingeborenen
Westafrikas keine Immunit&t in dem Sinne auftr&te, daft
mit zunehmendem Alter die Malariaparasiten mitSicher-
heit g&nzlich aus dem Kdrper verschw&nden. Daher wSren
also auch die Kinder im Alter von 1—6 Jahren durchaus nicht allein
die Trfiger der Infektion. Verf. hat sich daher so ausgedrftckt,
dafi die Neger mit zunehmenden Jahren eine zunehmende
Resistenz gegen die Malaria gewinnen. Da ich die oben-
erw&hnte Immunisierungsmethode seinerzeit von Koch und Schilling
weiter verfolgt wufite, auch abwarten wollte, ob die Tierpassagen bei den
eigenartigen und schwierigen Verh<nissen Westafrikas, speziell Kame-
runs, sich wfirden durchfQhren lassen, sah ich von der Verfolgung jener
Methode ab, und ging von anderen Erw&gungen bei den Immunisierungs-
versuchen aus*).
Geheimrat Koch empfiehlt, urn die Trypanosomen zn vernichten,
ein Vorgehen in der Weise, dafi alle infektiOsen Tiere aufgesucht werden r
welche entweder durch Vernichten Oder Abschlachten sofort unschfidlich
gemacht werden sollten, oder zu isolieren wftren, so dafi sie andere
Tiere nicht mehr infizieren kOnnen. Er beruft sich auf die Inseln Java
und Mauritius. Auf Mauritius, wo man die eingeschleppte Surra nicht
zeitig genug erkannt hatte, seien innerhalb zweier Jahre fast s&mtliche
Pferde und Maultiere und der grOfite Teil der Rinder vernichtet worden.
Auf Java dagegen hatte man durch Vernichtung bezw. Isolierung der
infizierten Tiere die Senche zum Stehen gebracht
Ich bemerke dazu, dafi 1) Java und Mauritius Inseln sind, durch
das Meer abgeschlossen, wo sich erforderliche Mafinahmen dieser Art
radikal durchffihren liefien im Gegensatz zu Kamerun, wo die ganz&
mfichtige Kolonie durch Urw&lder, bewohnt von wenigen Wilden, mit
den benachbarten Kolonieen, in denen fihnliche Verhfiltnisse herrschen.
1) Wendeletadt, H., Ueber die Wirkong von Malachitgr&n und auderen ver-
schiedenartigen Stoffen gegen Naganatrypanoeomen bd wdfieu Batten. (Deutech. med.
Wochenschr. 1904. No. 47. p. 1711.1
2) Theoretisch miiBten auch Me Neals und Novys Versuche mit kUnstlich ge-
ziichteten Trypanosomen zur Zuchtung schwach virulenter St&mme fflhren kdnnen.
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Ziemann, Beitrag zur Trypanosomenfragtt.
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im Zusammenhange steht; 2) daB Java und Mauri tins alte wohlentwickelte
Kolonieen sind, deren BevOlkerung auf einer uneudlich viel hOheren und
disziplinierteren Stufe stehen, wie die Buschneger Westafrikas, daB in
jedem Dorfe eine wohlgeordnete Verwaltung besteht, und beide Inseln
von einem Netz von beaten Wegen durchschnitten werden.
Herr Geh.-Bat Koch bringt ferner das Schwinden der Tse-tse mit dem
Schwinden der Mheren Massen des grofien Wildes in SQdafrika zusammen,
welches der mordenden Bflchse des Boeren erlag. Wir haben in den
riesigen Urwfildern Westafrikas, wie ganz allgemein bekannt, relativ
fiuBerst wenigWild. Auch der Bfiffel, FluBpferd und Elefant wird
langsam mehr und mehr dahinschwinden. Trotzdem aber wird in den
undurchdringlichen Waidern sich noch auf Hunderte von Jahren hinaur
eine Anzahl von kleinerem Wild aller Art halten, welches mdglicher-
weise ebenfalls der Trfiger der Trypanosomeninfektionen ist (cfr. meine
Beobachtungen beim Schimpansen). Es ist ganz unmfiglich, dieses Wild
an8zurotten. Wir haben aber ferner gesehen, daB ein enorm hoher
Prozentsatz des ganzen einheimischen Viehstandes durch Trypanosomen
infiziert ist Wenn 50 Proz., wie in Mundame und Jabassi, sich stellen-
weise schon bei einfacher mikroskopischer Untersuchung infiziert zeigten,
wenn ferner auch scheinbar gesundes Vieh bei Uebertragung von
Blut desselben in gesunde Versuchstiere sich infiziert zeigt, werden
die gegen die Trypanosomeninfektion zu ergreifenden
Mafinahmen de facto sich auf alle Tiere erstrecken
mfissen. Mit anderen Worten, wir mfifiten das ganze Vieh der
KQste aufessen, vernichten Oder isolieren. Das aber wtlrde sofort zu
Aufst&nden der Eingeborenen an alien Orten fflhren, wo mfihsam eine
Beruhigung eingetreten ist, da es unmoglich ist, dem Neger den Grund
eines solchen Vorgehens klar zu machen. Es sind noch andere Grfinde,
die gegen ein solches Vorgehen sprechen. Selbst wenn, was ausge-
schlossen ist, die europ&ische Bevdlkerung sich selbst das Opfer auf-
erlegte, bis zur Schaffung eines neuen Viehstandes kein frisches
Fleisch zu essen, und wenn die Neger durch Gewalt in ihrem Wider-
stande geb&ndigt wflrden, wSre ein Erfolg nur dann zu hoffen, wenn
die benachbarten Kolonieen in derselben radikalen Weise vorgingen.
Das aber ist bei der schon enden, meist vorbildlichen Eingeborenen-
politik Englands gegen die Eingeborenen seiner Kolonieen und bei
den Verhfiltnissen in der Kolonie Batta unmdglich, selbst wenn
die enormen Schwierigkeiten, die die Urwfilder und die
Erschwerung der WegeverhSltnisse durch Strbme und
Gebirge darbieten, nicht vorhanden wfiren. Man muB es, wie
Verf. auf seiner Expedition selbst, erlebt haben, wie ein einziges tro-
pisches Gewitter in wenigen Stunden eine ganze Landschaft unpassierbar
machen kann.
Die Forderung, nach erfolgter Blutuntersuchung jedes infizierte Tier
unsch&dlich zu machen, ist, da auch die SBugetiere des Urwaldes unsch&d-
lich zu machen wftren, nicht durchfiihrbar. Ich habe bereits 1902—1904, vor,
w&hrend und nach der Expedition alles Vieh, dessen nur irgend habhaft
zu werden war, untersucht Die unglaubliche TOlpelhaftigkeit der Neger,
die nicht mit dem Vieh umzugehen wissen, die Wildheit der Binder
lieBen nicht eine Untersuchung s&mtlicher Binder zu (cfr. Zahlenangaben
im Expeditionsbericht 1. c.). An manchen Stellen flohen aus den bei
meiner Expedition berQhrten Ddrfern die Neger mit ihrem Vieh in die
Urw&lder, sobald sie von meinen Blutuntersuchungen Kenntnis bekamen,
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Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4
dieses trotz durch Dolmetscher etc. allgemein verbreiteter ZusicheraQg
meiner friedlichsten Absichten.
Herrn Geheim rat Kochs Vorschlag also, der ffir alte wohlentwickelte
Kolonieen, speziell auch Inseln, seine Berechtigung hat, wfirde in Ka-
merun nicht verwendbar sein.
Wenn, wie wir oben als mOglich angenommen, die Tlypanosomen
auf die Nachkommenschaft der stechenden Insekten fibergehen sollten,
w&re anch der Kampf gegen die betreffenden stechenden Insekten zn
erdffnen. Wir wissen fiber die Entwickelungsbedingungen derselben
noch wenig, soweit Stomoxys und Tabaniden in Frage kommen. Da die
letzteren, die mir am meisten verd&chtig erschienen, ihre Eier in Wasser
ablegen, wfirde die Bodenassaniernng von bestem Resultat sein mfissen,
und hoffe ich, fiber diesen Punkt speziell in Duala nach Durchftthrung
weiterer Assaniernng berichten zn kfinnen. Gleichzeitig wfirde damit
anch gegen die Moskitos, falls diese bei Verbreitung der Trypanosomen
beteiligt sein sollten, vorgegangen werden. K&me Stomoxys in Frage,
welche sich im Dong entwickelt, so wfirde ffir peinlichste Beseitignng
des Dunges in der Nfihe der Tierst&lle zu sorgen sein und durch helle
luftige Stalle den Fliegen der Aufeuthalt mdglichst unbehaglich gemacht
werden mfissen. In Suellaba ist bereits in diesem Sinne vorgegangen.
Unter diesen Umst&nden halte ich es ffir das praktischste, wenn,
wie es mir in Kamerun geglfickt ist, eine der Kfiste mdglichst nahe,
leicht zug&ngliche, znr Viehzucht geeignete Gegend erkundet wird, in der
durch systematische Blutuntersuchung der Haustiere, speziell auch des
Klein- und Jungviehes die Trypanosomenkrankheit aus-
geschlossen werden kann. Dort mufi man rationelle Viehzucht
beginnen, und das Vieh durch gefibte Treiber in einer Jahreszeit, wo
die stechenden Insekten am wenigsten schw&rmen, auf mdglichst kurzem
Wege zu den Orten des Konsums bringen. W&hrend des Marsches ist
ffir ausgiebigen mechanischen Schutz gegen stechende Insekten zu sorgen.
L&ngs des Weges sind in geeigneten Zwischenstfinden Weidepl&tze mit
Wasser zu errichten und mit Unterst&nden ffir das Vieh, in denen w&hrend
der Anwesenheit von Vieh Feuer zum Vertreiben der Insekten unter-
halten wird.
Ich entdeckte eine solche wunderbar fruchtbare, noch dazu g&nzlich
malariafreie Gegend in den Hochl&ndern vor und am Manenguba, von
wo das Vieh bequem in 3V 2 —4 Tagen zur Kfiste gelangen kann. In-
telligenten Landwirten erdffnen sich dort sp&ter gute Aussichten. Hat
Kamerun erst eine Bahn, welche die Hochl&nder des Innern mit der
Kfiste verbindet, so kann sehr wohl aus dem viehreichen Hinterlande
sogar ein Export nach anderen Teilen der Kfiste stattfinden, falls man
das Vieh w&hrend des Bahntransports durch Drahtgaze gegen Insekten-
stiche schfitzt.
Selbstverst&ndlich mufi man trotzdem nach einer wirksamen, selbst
afrikanischen Verh<nissen angepafiten Methode suchen. Dahin geht ja
das Streben aller beteiligten Nationen. Ich will hier, absehend von
einigen nicht ermutigenden Versuchen passiver Immunisierung (D. Ko-
lonialbl. 1904. Juli) mit Serum von Tieren, die die Infektion fiberstanden
hatten, das Prinzip einer aktiven Immunisierungsmethode
erw&hnen, die, wenn sie von mir auch nur bei Schafen
und Ziegen wegen Mangels an K&lbern erprobt wurde,
wegen ihrer leichten Ausffihrbarkeit weiter verfolgt
werden mufi. Ich benutzte die Beobachtung, dafi in Kamerun so-
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Ziemann, Beitrag zur Trypan oeomenfrage.
445
wohl bei den Ratten wie ancb bei den eingeborenen Hans*
tieren nur die jflngeren Tiere hauptsfichlich und schwerer
erkrankten, wfthrend die ftlteren im Verhftltnis zu den
jOngeren seltener nnd leichtere Infektionen aufweisen.
Die ftlteren Tiere gewannen also, ohne iramer die Krankheitskeime
gftnzlich bezw. mit Sicherheit zu verlieren, durch das Ueberstehen frflherer
Infektionen eine vermehrte Resistenz 1 ).
Da nun, wie wir sahen, das ganze Vieh in einem erheblichen Pro*
zentsatze, zum Teil bis zu 50 Proz., mehr oder weniger gleich mikro-
skopisch nachweisbare Oder latente Trypanosomeninfektion aufwies und
daher mindestens hochverdftchtig blieb, konnte man von einer kflnst-
lichen Verbreitung der Trypanosomen durch ktlnstliche Impfung kaum
noch sprechen in einer Gegend, wo fast mit Sicherheit jedes Tier fiber
kurz oder lang auf natfirlichem Wege von Trypanosomen infiziert wird.
Genau so, wie es dort fast alien Menschen mit den Malariaparasiten
ergeht Warum also nicht das Werk der Natur durch die mftfiigende
Hand des Menschen dirigieren?
Im AnschluB an meine Immunisierungsversuche gegen das „Blutharnen
der Rinder u in Oldenburg 2 ), wo ich die jungen Milchkftlber absichtlich
mit dem Blute chronisch kranker, ftlterer Tiere infizierte, urn eine
leichte kflnstliche Infektion, zu erzielen und damit Schutz gegen eine
schwerere spfttere natOrliche Infektion, impfte ich in Kamerun junge
Saugl&mmer der Schafe und Ziegen mit dem Blute chronisch trypano-
somenkranker Tiere, deren Trypanosomen augenscheinlich relativ geringe
Virulenz zeigten. Die Versuche fanden also nicht statt bei erwachsenen
Rindern etc., deren etwaige frflhere Infektionen zu irrefQhrenden
Resultaten fflhren konnten, sondern bei bis dahin gesunden
Lftmmern 8 —10 Tage nach der Geburt, deren ktlnstliche
Infektion spftter unter stftndiger mikroskopischer Kon-
trolle war.
Um mit einigermaBen konstanten Verhftltnissen rechnen zu kdnnen
binsichtlich der Trypanosomenmenge in dem subkutan zu flberimpfenden
Blute, wfthlte ich m&glichst Blut, welches im Deckglasprftparat im Ge-
sichtsfelde 1—2 Trypanosomen aufwies. 1 Tropfen dieses Blutes wShite
ich als Einheit und verdtlnnte bei stftrkerem Trypanosomenbefunde das
Blut in entsprechendem Grade im Verhftltnis zur Zahl der Trypano¬
somen.
Da hier nur das Prinzip der Impfnng mitgeteilt werden soil, sei
kurz erwfthnt, daB wie bei den erwachsenen, so auch bei den jungen
Tieren die Impfung anfangs zu widersprechenden Resultaten fQhrte,
indem grofie Verschiedenheiten in der Empfftnglichkeit ffir die kflnst¬
liche Infektion sich ebenso wie bei der natOrlichen Infektion bemerk-
bar machten. Bald starben die Tiere infolge der Impfung, bald ertrugen
sie die Infektion gut Bald verschwanden die Parasiten spftter scheinbar
g&nzlich aus dem Blute, und reagierten die Tiere dann auch nicht auf
erneute Infektion durch stark virulente Trypanosomen, bald blieben die
Parasiten mit Unterbrechungen im peripheren Blute sichtbar, wenn auch
nur in geringen Mengen, und ertrugen die Tiere ohne Reaktion, eventuell
abgesehen von leichten T.-Steigerungen, erneute Impfungen mit stark
1J Wenn Mub grave auf den Philippinen altere und jungere Tiere in gleichem
Mafle infiziert eah, kann das daran li^en, daB die Seuche eret vor kurzem dort einge-
SColcOOt y Bf ,
2) Z., 1. c. (D. med. Wochenschr. 1903. No. 16.)
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
virulenten Trypanosomen. Wir sahen bereits, dafi der eine nach Deutsch¬
land mitgenommene Togo-Schafbock sowohl gegen Tse-tse als gegen
Tr. vivax scheinbar immunisiert worden war. Impfung seines Blutes
auf eine weiBe Ratte war, wie wir sahen, negativ. ScblieBlich stellte
sich heraus, daB einmalige Injektionen grQBerer Mengen virulenten
Blntes durchschnittlich schlechter vertragen wurden als die mehrfach
wiederholten Injektionen kleiner Mengen far die Versuche ausgew&hlten,
schwach virulenten Blutes in vorsichtig gesteigerter Dosis. Zuletzt
wurde derart vorgegangen, daB
am 8. Tage nach der Gebnrt dee Schaflammes 101 Impfeinheiten von Bhit chroniach
„ 18. „ „ „ „ „ „ 20 i innzierter, scheinbar sonst gee under
„ 28 . „ „ „ „ „ ,, 40 j Schafe injiziert wurden.
Unter den 5 nach Deutschland mitgenommenen, mit Trypanosomen
infizierten Schafen waren 3 nach dieser Methode behandelt; 2 derselben
zeigten vor und wfihrend der Reise nur sehr spBrlich und tageweise
Trypanosomen, ziemlich trkge im Verh<nis znr sonstigen Beweglichkeit
des Tr. vivax und reagierten auf eine neue Impfung mit dem Blute
eines nicht vorbehandelten, ziemlich stark durch Tr. vivax infizierten,
abgemagerten Schafes nicht.
Impfung mit Blut dieser 2 Schafe auf ein deutsches Schaf an Bord
des Dampfers infizierte dieses zwar. Indes, trotz zeitweise ziemlich
reichen Auftretens von Trypanosoma vivax und der T.-Steigerung schien
das dentsche Schaf nicht im geringsten krank zu sein. Die Parasiten
des letzteren wurden auch dem Schiffsarzte demonstriert
Das dritte der 3 vorbehandelten Schafe war, wie der Togo-Schafbock,
immun geworden, reagierte auch nicht auf neue Impfung mit Trypanos.
viwiz-Blut und schien sein Blut auch nicht infektiOs mehr fflr die weiBe
Ratte.
Bei sfimtlichen subkutan geimpften Schafen kam es zu Drflsen*
schwellungen in Vorder- und Hinterschenkelbeuge.
Leider machte das Eingehen der Tiere in Hamburg durch Nach-
lSssigkeit des Wftrters nach meiner Abreise die Fortsetzung de# Ver¬
suche unmdglich. GewiB, die Versuche waren aus Mangel an Mitteln
und Material nur sehr sp&rlich und mfissen daher wiederholt werden. Vor
allem mttfite auch bei Rindern in Duala experimentiert werden kOnnen,
und whrde ich empfehlen, eventuell die erwBhnte Methode
mit einer ftufierst vorsichtigen Arsenikkur zu kombi-
nieren.
Wenn es dahin kommen sollte, daB bei den nach dieser Methode
immunisierten Oder anders ausgedrflckt, resistant gemachten Tieren die
Zahl der Parasiten im peripheren Blute immer geringer wird bezw. ganz
verschwindet, wird auch fflr die stechenden Insekten die Mbglichkeit
immer geringer, die Krahkheitskeime auf andere Tiere zu Qbertragen.
Mit anderen Worten, theoretisch bestftnde die MOglichkeit, die Krank-
heit allmhhlich auszurotten, auch wenn zwei verschiedene Trypanosomen-
infektionen in einem Lande sich finden.
Wir sehen, welche Ffllle von Aufgaben unserer noch harrt Ins-
besondere wird auch noch auf das schwierige Kapitel der Tiermalaria
(Piroplasmose) der Haustiere zurflckzukommen sein 1 ), sowie auf die
1) Z., L c. (D. med. Wochenacbr. 1903. Ho. 16) u. /. em ann, Ueber die Kiefer-
krankheit der Pferde und Maultiere Kamemna. (Aren. f. >v iasei ntcbaftliche n. praktiache
TierheUkunde. 1905. Heft 1.)
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Widakowichy Ueber Nematoden an der Hypophysis cerebri etc.
447
eventuelle Piroplasmose des Menschen (cfr. vorlaufige Mitteilung in
meinem Bericht „Kamerun, Gesundheitsverhfiltnisse im Jahre 1902/03.“
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XXL p. 581).
Auch die ungemein intereesante Spirochateninfektion eines kleinen Kalbee aus Grofi-
Bat&uga, Siidkamerun, 1. Januar 1903, welches neben Tiermalariaparasiten (Piroplasmen)
eine schnell voriibergehende Infektion durch Spirochaten von aer durchschnittlich 5-
fachen Lange des Diameter eines roten Blutkorperchens aufwies, wird weiter untersucht
werden mQssen. In der betreffenden Herde herrschte auch Infektion durch Trypanosoma
vivax.
Von dem Befunde wurde La reran baldigst Kenntnie gegeben, der mir eine fast
gleichzeitig gemachte, ihm ubermittelte Beobachtung Theilers aus Sudafrika mit-
teilte 1 ). Die Spirochaten hatten in meinem Falle im Gegensatz zu denen Theilers
xiemlich alle die gletche Lange. Dieselben zeigten lebhafte schlSngelnde, auch loko-
motorische Beweglichkeit.
Das Kalb wurde mit dem Dampfer nach Duala mitgenommen. Nach der zwei-
tagigen Seefahrt waren die Spirochaten fdr immer aus dem Blute verschwunden.
Impfung vom Blute des Kalbes auf ein ebenfalls Tiermalariaparasiten (Piroplasmen)
aufweisendes Schaflamm, da ein Kalb nicht zur Verfiigung stand. Impiung negativ.
Es ist zu erwarten, dafi die genialen Un tersuch ungen
Sehaudinns 2 ) 3 ), des unbestrittenen FQhrers derraodernen
Protozoenforschung, far alle diese Untersuchungen in
den Tropen reichste FOrderung bringen werden.
Naohdruck verdoten .
Ueber Nematoden an der Hypophysis cerebri von Felis
domestica.
Von cand. med. Victor Wldakowleh,
Aseietenten am embryolog. Institute der Univereitat m Wien.
Mit 8 Figuren.
In dem 1904 erscbienenen Bande der „Arbeiten aus dem neurologi-
schen Institute der Wiener UniversitUt" beschreibt V. Bnnzl in einem
fl Zur Parasitologie des Gehirnes tt betitelten Anfsatze einen trichinen-
artigen Parasiten im Hirne des Maulwurfes und gibt im Anschlnsse
daran einen Ueberblick fiber die in diesem Organe bereits beobachteten
Parasiten. Diese erste Zusammenstellung der im Gehirn des Menschen
and der Tiere vorkommenden Parasiten nennt die Hypophysis nicht als
von Parasiten befallenen Hirnteil. Wegen der Seltenheit von Angaben
fiber Parasiten im Hirne von Tieren and als Ergfinzung zur Arbeit von
V. Bnnzl sei folgender merkwfirdige Befund an der Hypophysis der
Katze kurz besprochen.
Bei der Durchsicht einer von mir im Institute des Herrn Prof,
v. Apdthy verfertigten Schnittserie durch die Hypophysis cerebri einer
aasgewachsenen Katze zeigte es sich, dafi das die Hypophysis umgebende,
sie mit der Duralauskleidung der Sella turica verbindende Gewebe an
mehreren Stellen gewnchert and stark pigmentiert war and zahlreiche
Qnerschnitte dnrch Wnrmleiber barg (bis 18 Querschnitte pro Schnitt).
1) La reran, Sur la epirilloee des bovidds. [Separatabdr.]
2) Bchaudinn, Stodien fiber krankheitserregenae Protozoen (Plasmodium vivax).
(Arbeiten aus d. Kais. Ges.-Amt. Bd. XVIII. 1902. Heft 3.)
3) Bchaudinn, Generations- und Wirtswechsel bei Trypanosomen und Spiro-
chaete. (Arbeiten ans d. Kais. Gee.-Amt. Bd. XX. 1904.)
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448
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Cb.T
Fig. 7.
Bd.G
Fig. 8.
(Samtliche Figuren sind mit Hilfe der Oberhauserschen Camera gezeichnet.)
Fig. 1 gibt ein Uebersichtsbild von der Hypophysis und zeigt die £age der Quer-
schnitte dimm die Wurmleiber. Dr.T drusiger, G.T Gefiifi-, Cb.T cerebraler Teil der
Hypophysis. Inf Infundibulum, L.R Lymphraum, Qu.Schn Querschnitt durch die
Parasiten. Vergr. ca. 1: 16.
Fig. 2—5. Querschnitt durch die Parasiten. H Hoden, Sp. a, b, c Sperma-
tozoen auf verschiedenen Entwickelungsstufen, a am wenigsten, c am weitesten in
der Entwickelung vorgeschritten. Vergr. ca. 1:186 fur die Querschnitte durch die Para¬
siten, ca. 1 :1100 fur die Spermatozoon.
Fig. 6 ist ein Bild von einem Querschnitte durch ein von Bindegewebe einge-
kapseltes Ei, dessen Inhalt zerfallen ist Vergr. ca. 1 :280.
Fig. 7 zeigt zwei Querschnitte durch Eier, deren Einkapselung weit vorgeschritten
ist. Vom Ei selbst scheint nichts mehr vorhanden zu sein, das Bindegewebe, das die
Kapsel lieferte und den Eiinhalt ersetzte, ist eine eigentumliche Degeneration einge-
gangen. Vergr. ca. 1: 280.
Fig. 8. Querschnitt durch ein in Furchung befindliches Ei, um dessen Chitinschale
sich Bindegewcbszellen legen. Ch.Sch Chitinschale, Bd.G Bindegewebe. Vergr. ca. 1 :400.
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Widakowich, Ueber Nematoden an der Hypophysis cerebri etc.
449
Fig. 1 gibt eine Uebersicht dieser Verh<nisse. Man sieht links den
drflsigen „thyreoiden“ Teil der Hypophysis, der nach rechts in den Ge-
f&Bteil Qbergeht, welcher seinerseits den cerebralen Teil der Hypophysis,
der an der Stelle der Schnittfflhrung noch vom Infundibulum durch-
bohrt ist, umgibt. Zwischen Drflsenteil und GeffiBteil einerseits, Gef&fi-
teil und Hirnteil andererseits ist je ein Lymphraum. Im Bindegewebe
sieht man eine Anzahl von Querscbnitten dnrch die Parasiten teils vom
Bindegewebe eingescblossen, teils frei zwischen einzelnen Bindegewebs-
zflgen liegen. Die erste Frage, die sich aufwirft, ist wohl die nach dem
Wege, den die Parasiten genommen haben, um an diesen scheinbar un-
zug&nglichen Ort zu gelangen. Bei der Enge der hier vorhandenen Ge-
fS.Be ist ein Weg via Blut- Oder Lymphbahn nicht anznnehmen und der
Weg von den Hirnkammern her durch das Infundibulum mit Durch-
brechung der Hypophysis wahrscheinlicher. Die Durcbsicht der Serien-
schnitte bestfitigt nun letztere Annahme. An mehreren aufeinander-
folgenden Schnitten ist der nervflse Teil der Hypophysis so zerstOrt, daB
bei Rekonstruktion ein cylindrischer Kanal zn stande kommt. Nach
diesen Schnitten folgt eine Reihe unverletzter, auf diese eine Reihe, in
der die GefSBschicht und der drflsige Teil etwa in den in Fig. 1 mit X
bezeichneten Steilen durcbbrochen ist. Die Zerstflrung der GefSBschicht
ist derart, daB einzelne mit der Hauptmasse derselben zusammen-
hSngende Fetzen in den perforierten drflsigen Teil hineingezogen er-
scheinen. Interessant ist, daB diese mit der Hauptmasse im Zusammen-
hange gebliebenen Teile keinerlei Degeneration erkennen lassen, wSh-
rend der durchbohrte drflsige Teil von einem feinen Detritus erfQllt ist,
der sich auch in den Sufieren Lymphraum ergossen hat
Offenbar sind die Schmarotzer vom Him in einen Ventrikel durch*
gebrochen, von wo sie in das Infundibulum gelangten. Von hier ans
erfolgte die Dnrchbohrung des Hirnteiles der Hypophysis, worauf die
Parasiten zwischen diesem nnd der GefSBschicht ein StQck weiter wan*
derten. um dann nach Durchbrecbung dieser und des drflsigen Teiles in
das die Hypophysis umgebende Bindegewebe zu gelangen.
Leider war es nicht mdglich. die Art der Parasiten zu bestimmen.
Sicher ist daB dieselben zu den Nematoden gehflren. Cuticula, Muskel*
schlanch mit der typischen Muskulatur, Seitenfelder, ein mit zelligen
Wandnngen versehenes, muskelloses Darmrohr sind deutlich zu er*
kennen. Der Wurm ist getrenntgeschlechtlicb. Fig. 2—5 zeigen unter
anderem Querschnitte durch verschiedene Hflhen des Hodens, in denen
die Spermatozoon auf verschiedenen Entwickelungsstufen stehen (Sp. a,
b, e ). Aufier den leicht kenntlichen Querschnitten durch die Nematoden-
leiber fanden sich in groBer Zahl ca. 100 p im Durchmesser zShlende
Querschnitte von wabigem Ban, die durch radial verlaufende Septen
in Sektoren geteilt sind. In einer gewissen Zahl von Maschen liegt je
ein kugeliger KOrper von ca. 6 Durchmesser. Die Bedeutung dieser
Gebilde war zunSchst unklar. Bei der Durchsicht der Leuckartschen
Arbeit 1 ) Qber Sphaerularia bomb* und Allantonema gibbosum , Wflrmer,
bei denen eine Art Prolapsus uteri in der Art zu stande kommt, daB
der vorgestfllpte Uterus so zu wachsen beginnt, daB er schliefilich den
Wurm an GrflBe bedentend flbertrifft und nach AbstoBung seines TrSgers
gleichsam als selbstSndiges Wesen sich noch eine Zeitlang weiter ent-
1) Leuckart, R, Nene Beitrage zur Kenntnis des Bauee und der Entwickelung
der Nematoden. Leipzig 1887.
Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 29
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450
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate; Bd. XXX VIII. Heft 4.
wickelt, kam ich auf den Gedanken, dafi es sich auch in diesem Falle
um freie Uteri handeln konnte. Herr Prof. Hatschek, dem ffir die
Dnrchsicht meiner Prfiparate herzlichst zu danken ich mir hier erlaube,
hatte ebenfalls den Eindrnck, freie Uteri vor sich zu haben. Die Re-
konstruktion einer Anzahl von Querschnitten ergab nan den bemerkens-
werten Befund, dafi es sich tats&chlich um einen ringfdrmig prola-
bierten Uterus handelte, dessen Volumen das des Qbrigen Wurmkorpers
fibertraf. Leuckart berechnete, dafi das Volumen des Uterus den
Qbrigen Leib der Sphaerularia um das 16—20000-fache Qbertreffen kann.
Bei unserem Parasiten betrug das Volumen des Uterus schfttzungsweise
das Doppelte des ubrigen Tieres.
Aufier diesen besprochenen Querschnitten, aus denen sich die An-
wesenheit von mindestens einem mannlichen und einem weiblichen Tiere
beweisen liefi, fanden sich noch zahlreiche Durchschnitte von Gebilden,
die in Fig. 6 und 7 abgebildet sind. Sie machten den Eindruck von
kleinen, von Bindegewebe eingekapselten Fremdkorpern. Ihre Bedeutung
wurde vQllig klar, als sich ein wohlerhaltenes, in Furchung begriffenes
Nematodenei fand, um dessen Chitinschale sich sp&rliche Bindegewebs-
zellen legen. Fig. 8 zeigt das Ei, an dem die Furchung deutlich zu er-
kennen ist. Zur Zeit der Fixierung in Sublimatalkohol war also dieses
Ei noch nicht abgestorben. Ein Bild von einem bereits abgestorbenen
Ei, bei dem die Einkapselung weiter vorgeschritten ist, gibt Fig. 6.
Hier sieht man, dafi der Inhalt des Eies bereits zerfallen ist und die
Kapsel eine relative Dicke erlangt hat Fig. 7 zeigt ein vollkommen
eingekapseltes Ei, dessen Kapsel eine Art hyaliner Degeneration ein-
gegangen ist. Zu der bemerkenswerten Tatsache, dafi im Gewebe eines
Tieres, zumal an einem anscheinend so unzug&nglichen Orte, Nematoden-
eier bis zur Furchung gelangen, konnte ich in der Literatur kein Ana-
logon finden. Auf diesen Befund soli hier speziell hingewiesen werdeni
Es ist schwer, auf die Frage, wie diese Eier in das die Hypophysis
umgebende Gewebe kamen, richtig zu antworten. Keinesfalls stammen
sie aus den freiliegenden Uteri, da die in diesen enthaltenen unreifen
Eier keinen grQfieren Durchmesser als 6 ft haben, das abgebildete Ei
aber einen solchen von ca. 50 n besitzt. Die eine MOglichkeit ist, dafi
Eier auf demselben Wege wie die Warmer, vielleicht ohne intimen Zu-
sammenhang mit diesen, an die in Frage stehende Oertlichkeit ge-
langten, die andere, dafi sich ein reifer, freier Uterus in einem Teile
des lockeren Bindegewebes befand, der bei der Pr¶tion verloren ging.
BezQglich der Literatur fiber Parasiten im Gehirn verweise ich auf
V. Bunzels Arbeit
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Lddice, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
451
Nachdruck verboten.
Zur Spezifitat der Antikorper.
Von Dr. H. Lfldke, Barmen.
(Fortsetzung.)
Zwei weitere Vera ache, die ich in alter Kflrze erwahnen will, wurden
mit Staphylokokkenimmunserum gemacht Lubo wski und Steinberg
gaben zuerst eine bisweilen auftretende MitagcUtiuation yon anderen
Bakterienarten als Staphylokokken an. Es gelang rair von 5 Tieren
2 Kaninchen nach monatelangem Immunisieren zu einer erheblichen
Agglutinationsfahigkeit ihres Serums gegenflber zwei differenten Staphylo¬
kokken stHm men und einer geringeren Agglutinationskraft des Bact. typhi,
B. paratyphi A und B zu bringen. Jedoch war auch hier das Ver-
h<nis in der HShe des Agglutinationswertes ein auBerordentlich un-
gleiches; die mitagglntinierten Bakterien wurden (B. typhi in Ver-
dflnnung 1:66, B. paratyphi A und B in Verdflnnung 1 : 40) gegen¬
flber Staphylococcus pyogenes aureus (in Verdflnnung etwa
1 :2000) in weitaus geringerem Grade als der zur Immunisierung ver-
wandte Stamm agglutiniert. Die Absorptionsverh<nisse boten im wesent-
lichen kein von den bei B. proteus gemachten An gaben abweichendes
Verbal ten.
Wollen wir zum Schlufl die Frage von der Spezifitat der Bakterien-
agglutinine entscheiden, so mflssen wir vornehmlich diese beiden Ge-
sichtspunkte erwflgen: Einmal, ist der Organismus resp. die Agglutinin
sezemierenden Zellen im stande, die Eeaktionskflrper grflndlich auszu-
bilden und besitzt weiter der Mikroorganismus die Agglutinin verankernde,
ihm nur spezifische Komponente.
Die Eigenscbaft, spezifische Agglutinine zu produzieren, ist nicht
direkt dem infizierenden Bakterium zu vindizieren; durcb dasselbe wird
nur der raaximalste, adequate Reiz auf bestimmte Zellkomplexe aus-
gefibt, der die Ausldsung spezifiscber Stoffe zur Folge bat.
Eine nur relativ spezifische, d. h. auf einzelne Bakterienarten wahllos
beschrankte, qualitativ differenzierte Agglutininproduktion tritt bei einer
Aenderung der normalen Zellsekretion auf; bei einer gesteigerten Zell-
tfitigkeit, bei der Einwirkung von die Zellleistungen in bestimmter Weise
anregenden Stoffwechselprodukten (Ikterus) tritt eine geringfflgigere
Agglutininbildung auf. Stoffwechselvorgange beherrschen die Entwicke-
lung und Ausbildung solcber Reaktionskflrper, rufen unter ver&nderten
Bedingungen Schwankungen, Steigerungen wie Abnahme hervor und
sind auch bei der unter normalen physiologischen Verhaltnissen ent-
stebenden Agglutininsekretion wirksam.
Den adflquaten Reiz erhalten wir erst bei der Produktion der spezi-
fischen Agglutinine durch einen infizierenden Mikroorganismus; absolute
Spezifitat tritt endlich auf den Angriff des jeweilig spezifischen Bakterium
ein; denn eine erhdhte Agglutinationsffihigkeit wird auch durch nahe-
stehende Arten mit verwandtem Rezeptorenapparat erreicbt (Gruppen-
agglutination). Solche Agglutinationsformen bei infektiflsen Erkrankungen
kflnnen jedoch keineswegs in Konkurrenz mit der Gruber-Widalschen
Reaktion bei Typhus abdominalis infolge des geringen Prozentsatzes der
zu beobachtenden Faile und des geringen Intensitatsgrades der Reaktion
treten. Am Krankenbett des Typhuskranken bietet der Gruber-Widal,
29*
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452
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
wenn fClr die FrQhdiagnose positiv, mehr wie ein bloBes Symptom, in
spfiteren Stadien der Krankheit ein hfichst wertvolles Bestfitigungs-
symptom. Seine Dignitfit besteht nicht in dem positiven Ausfall der
Probe, vielmehr liegt in der Steigerung der Agglutinationsf&higkeit des
wirksamen Blntserums die diagnostische Bedeutung dieser Reaktion.
Aufier auf die Agglutinin bildenden Zellen kommt es auf die Aus-
bildung der spezifischen, Agglutinin verankernden Komponente im Bak-
terium selbst an. Hier kann eine Abschwfichung (in Bouillonimmun-
serum gezfichtete oder ganz frisch aus dem infizierten Organismus ent-
nommene Stfimme) dieser spezifischen Eigenschaft besteben. Weiterhin
kfinnen entstandene Proagglutinoide im Serum eine grdfiere Aviditfit
zum Rezeptor ausfiben. So kann der spezifische, fflr den fiuBeren Nach-
weis unsicbtbare BindungsprozeB, durch das Fehlen der ffillenden Gruppe
gehemmt werden. Jedoch konnte bisher dieser BindungsprozeB nicht
gfinzlich aufgehoben werden.
Wir gel an gen so von der praktischen Seite der Anwendung des
Agglutinationsphfinomens auf die wissenschaftlichen Untersuchungen fiber
den Wert der Agglutination als einer spezifischen Reaktion und haben
in einigen Versuchsreihen fiber natfirlicbe wie Immunagglutinine folgende
Resultate verzeicbnet: In Normalseris sind mebrere Agglutinine anzu-
treffen. Eine vOllige spezifische Absorption jedes einzelnen Agglutinins
lftfit sich schon infolge der schwierigen Versuchsmethodik bis jetzt nicht
erreichen. Bei diesen natfirlichen Agglutininen hat meist keins derselben
eine vorherrschende Stellung; es kann demnach auch eine gegenseitige
Vertretung der einzelnen Teilagglutinine stattfinden; nur wo in einzelnen
Ffillen ein Agglutinin starker hervortritt, kann man ein starkeres Sinken
im Agglutinationswert nach elektiver Absorption dieses Agglutinintypus
finden.
Bei Immunisierungen mit Proteus-Bacillen und Staphylokokken
tritt, wie auch Lubowski und Steinberg nachwiesen, eine Mit-
agglutination anderer Bakterienarten auf (Bact. typhi, B. coli,
B. dysenteriae), der niedrige Titre dieser Teilagglutinine aber be-
einflufit in keiner Weise den Wert der spezifisch wirksamen Iramun-
sera. Meist beruht das Auftreten solcher nebenher entstehenden Agglu¬
tinine lediglich auf einer Steigerung normal vorhandener Agglutinations-
verbaitnisse ffir einzelne Bakterien, eine Anschauung, die durch den
tatsachlichen Nachweis solcher Normalagglutinine und die Schwankungen
in ihrem Agglutinationstitre wfihrend der Immunisierung gestfitzt wird.
Bezfiglich der allgemeinen Bewertung des Agglutinationsphanomens
muB ich auf Grund meiner Untersuchungen die Ansicht aussprechen,
daB wir in der Agglutination mit einer sekundfiren Qualit&t eines Bak-
terium zu rechnen haben, indem unter gewissen Bedingungen, die haupt-
sachlich in der Ausprfigung der individuellen Eigenart, der Virulenz,
der Resistenz des befallenen Organismus bestehen, mit einer Variability
in der Ausbildung des Sekretionsprozesses der Agglutinine zu rechnen
ist, so daB einmal eine sehr starke agglutinierende Wirkung, das andere
Mai nur eine schwache, sehr selten gar keine von demselben Bakterium
produziert wird. Das Agglutinin ausldsende Prinzip kann meines
Erachtens zu einer variablen, sekundfiren Eigenschaft des Bakterium
werden.
Wie wir gewisse morphologische Modifikationen einer Art zu er-
zeugen im stande sind, gelingt es auch, Aenderungen in den biologischen
LebensfiuBerungen der Bakterien auf die Reaktion der befallenen Zellen
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Lfidke, Znr Spezifitat der AndkOrper.
453
hervorznbringen nod so agglutinablere and mehr oder minder inagglu-
tinable Stfimme zn differenzieren. Unter diesen teils natflrlichen, toils
kQnstlich gesetzten Modifikationen erkennen wirjedoch immer das Grund-
gesetz der Spezifitat, des spezifischen, einseitigen, konstanten Wirkungs-
▼organges.
Wir stellen endlich diese Leitsatze anf:
Der spezifiscbe Charakter der Agglutinine kann am
deutlichsten and reinsten in einem hochwertigen Immun-
serura erkannt werden, das fflr die Diagnostik des In-
fektionserregers die absoluteste Dignitfit besitzt
Das Rekonvaleszentenserum ist, auch bei hohem
Agglatinationstitre, nicht absolut zuveriassig fflr die
Diagnostik des infizierenden Mikroorganismus; es bietet
nur eine wahrscheinliche Sicherheit im Symptomen-
komplex; unter den Symptomen des Abdominaltyphus
nimmt die Agglutinationsreaktion jedoch den hervor-
ragendsten Platz ein.
Die Gruber-Widalsche Reaktion hat somit bisher in
keiner Weise eine Einbufie ihres Wertes erlitten.
PrAztpltine. Scbwieriger als die bisber behandelten Kapitel erwies
sich die Bearbeitung und Beurteilung des Spezifitatsbegriffes bei den
beiden zuletzt zu erwahnenden immunisatorisch erzeugten Reaktions-
kdrpern, den Prazipitinen und Cytolysinen.
Bei beiden liegt die Schwierigkeit der Erkennung der Spezifitat in
der mannigfachen Affinitat, die diese Antikdrper zu den Zellen resp. den
differenten Eiweifiarten des behandelten Organismus zeigen.
Bei den Prazipitinen — ich will mich nur auf die kQnstlich erzeugten
beziehen — mflssen wir 2 Gruppen bei der Frage nach ihrem Spezifitats-
charakter unterscheiden: Einmal die Spezifitat in der Unterscheidung
von Eiweifiarten unterscbiedlicher Tiere, andererseits die Spezifitat der
einzelnen, chemisch verschieden charakterisierten Eiweifikflrper.
Was die Unterscheidung der Eiweifiarten der verschiedensten Tiere
anlangt, so steht nach den bisherigen Untersuchungen fest, dafi wir in
qualitativer und quantitativer Beziehung eine Spezifitat der durch In-
jektion der Eiweifiart eines Tieres erhaltenen Prazipitine ftir samtliche
EiweifikSrper derselben Tierart annehmen mflssen. So ist den in
forensischer Beziehung wichtigen Unterscheidungsmerkmalen von Blut-
arten, der Milch, des Fleisches, des Sperma etc. verschiedener Tierspecies
durch die Spezifitat der Prazipitinreaktion eine eingehende Ausarbeitung
angediehen. Nuttall 1 ) konnte allerdings auch hier geringfflgige Diffe-
renzen nachweisen, indem er bei einer sehr grofien Untersuchungsreihe
verschiedener Tierarten Prazipitine fand, die auch auf die Eiweifikdrper
nicht desselben Tieres, sondern auch auf die verwandter Tiere ein-
wirkten. So z. B. prflzipitierte Menschenblutprazipitin auch das Serum
anthropoider Affen. Hier treten jedoch bedeutendere Unterschiede in
der Wirkungsintensitat zu Tage, so dafi auf Grund dieser Befunde von
einer Ableugnung der spezifischen Wirkung der Prazipitine nicht die
Rede sein kann.
Mit grOBerer Schwierigkeit waren die Untersuchungen verbunden,
die eine Spezifitat der Eiweifiarten desselben Tieres zum Nachweis
1) Nuttall, zitiert nach Uhlenhuth, Unterecheidung verschiedener Eiweifiarten
mit Hilfe spezifiacher Sera. (Festachr. f. Rob. Koch. 1903.)
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454 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
bringen wollten. Auch hier gelang es nach allerdings bis jetzt spfirlicher
vorliegenden Mitteilungen in einzelnen Fallen, dem Spezifitatscharakter
solcher arteigener Eiweifikdrper znr Anerkennung zu verhelfen.
Die Spezifitat der Antikdrperbildung ist gerade bei den Prazipitinen
der am feinsten differenzierteste Vorgang, da wir mit den einzelnen
Komponenten der Zellen zu rechnen haben, aber auch andererseits
wieder am kompliziertesten, da in den verschiedensten Zellarten homologe
Eiweifikdrper existieren, die ihrerseits zur Absattigung der erzeugten
Prazipitine fflhren und dadurch eine Nichtspezifitat vortauschen kdnnen.
Je weiter sich eine Zellgruppe durch eine nur ihr eigene
Ausbildung von den flbrigen zum Verband des Organis-
mus gehdrenden Zellen entfernt, desto deutlicher wird
die individuelle Ausbildung des Spezifitatscharakters
der Reaktionsprodukte dieser Zellen ausgearbeitet sein.
So wird gerade bei den Prazipitinen die Ausbildung auch wcniger
spezifischer Reaktionsprodukte neben dem vOllig spezifischen Haupt-
prazipitin in Erscheinung treten mtissen. Bei der Entstehung spezifischer
Produkte im Serum durch abgeschlossene, einheitliche Zellen, die zum
Zerfall kommen (Bakterien, Erythrocyten), wird die „ Gruppenreaktion*
nicht so ausgesprochen sein wie bei den geldsten einzelnen Eiweifikdrpern.
In einem Eiweifimolekfil haben wir eben auch verschiedene Substanzen,
die, analog den bakteriellen Prozessen, ins Blut eines geeigneten Orga-
nismus ihnen entsprechende Gegengruppen sezernieren lassen, die eines-
teils strong spezifisch auf die zur Vorbehandlung dienende Eiweifiart,
andererseits auch eine Reihe von ahnlichen Nebenantikdrpern entstehen
lassen, die zur Erkenntnis der Spezifitat des gewollten Prfizipitins aus-
zuscheiden sind.
Das Hauptmoment bei der Entstehung spezifischer Prazipitine muB
jedenfalls, wie v. Dungern 1 ) experimentell bewiesen hat, den prazipitin-
liefernden Zellen zukommen. Es ist den einmal nach Einfflhrung einer
bestimmten Eiweifiart zur Mehrproduktion von typischen Rezeptoren
angeregten Zellen eine bestimmte, spezifische Direction erteilt worden,
die sich vielleicht in Modifikationen der Protoplasmastruktur anatomisch
ausdrucken kdnnte, und die bei einem neuen Reiz die spezifischen Pra¬
zipitine schneller ins Blut abstofien lafit als bei Normaltieren. v. Dun¬
gern suchte nun nachzuweisen, ob die Eigenschaft, dafi aktiv immuni-
sierte Kaninchen eine vermehrte Bindungsfahigkeit gegenflber dem
prazipitablen, zur Vorbehandlung dienenden Eiweifikdrper zeigen, eine
spezifische ist Oder ob sich dieselbe auch auf andere Eiweifikdrper er-
streckt In fast alien Fallen ergab sich hierbei, dafi eine Beschleunigung
der Antikdrperbildung fflr den einen Eiweifikdrper durch Vorbehandlung
mit dem anderen, fremdartigen nicht eintrat, lediglicb bei verwandten
Eiweifiarten trat zu Beginn eine verfrflhte, ffir beide Eiweifie gemein-
same Prazipitation auf.
Wir milssen also eine Spezifitat der Prazipitine der Eiweifikdrper
verschiedenen Tieren gegenflber annehmen und haben es mit einer
„Artreaktion“ zu tun, bei der das Antiserum nur auf natflrliche wie
denaturierte Eiweifie derselben Art ohne jeglichen Unterschied ein-
wirkt.
Die Methodik der Prfizipitinuntersuchung war bislang noch nicht
differenziert genug, urn die verschiedenen Eiweifikdrper ein und des-
1) v. Dungern, Spezifitat der Antikdrperbildung. (Feetechr. 1 Bob. Koch. 1903.)
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Lfidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
455
selben Organism as genau unterscheiden zn kdnnen. Allerdings behaup-
teten Leblanc 1 ) and Ide*) anfangs, fflr das Albumen und Globulin
des Blutserums in der Prizipitation eine strong spezifische Reaktion
gefunden zu haben; ihre Angaben wurden jedoch durch die nachfolgenden
Untersuchungen von Obermeier und Pick 3 ), Rostoski 4 ), Umber 5 )
etc. widerlegt Erst in letzter Zeit wurde die Frage von den spezifischen
Differenzen verschiedener EiweiBarten durch den Pr&zipitationsvorgang
wieder mit glflcklichem Erfolge aufgenommen. Schlossmann und
Moro 8 ), Hamburger 7 ), Uhlenhuth 8 ) vermocbten Kaseln und Al¬
bumin der Milch derselben Tierart deutlich zu differenzieren. Fflr die
Linsensubstanz des Auges gab Uhlenhuth 9 ) ein durchaus spezifisches
Pr&zipitin an, das mit dem Blutserum derselben Tierspecies und anderen
EiweiBlOsungen keine Reaktion gab. Ascoli 10 ) will mittels der Ab-
sorptionsmethode die einzelnen Eiweiflfraktionen in gewissem Grade
spezifisch nachweisen kflnnen. Kluck und Inada 11 ) konnten in einer
unter Rostoskis Leitung verfaBten Arbeit Eiklarlflsungen von Eigelb-
lfisungen durch die Prflzipitationsreaktion absolut scharf unterscheiden.
Dabei trat jedoch nicbt nur in der Eigelb- (resp. Eiklar-)16sung des-
selben Vogels eine deutliche F&llung auf, sondern auch in denen anderer
untersuchten Tiere ohne bemerkenswerte quantitative Unterschiede.
Den bislang besten Beweis fflr die spezifische Natur der Pr&zipitine
lieferte Weichardt 1 *), indem er den Ehr 1 ichschen Absorptionsversuch
hier zur Anwendung brachte. Durch mehrfaches Zufflgen von Affen-
serum zu einem an pr&zipitabler Substanz fflr Menschen- wie Affenblut
reichen Kaninchenserum waren nur die fflr Menschenblutserum spezi¬
fischen PrSzipitine nachzuweisen und umgekehrt. In gleicher Versuchs-
anordnung konnte Weichardt einen deutlichen Unterschied zwischen
den Reaktionen mit 2 Leichenblutsorten erkennen. K is ter und Wei¬
chardt 13 ) konnten ebenso fflr Pferdeblutserum nach elektiver Absorption
die heterologe Reaktion auf Menschenblutserum g&nzlich ausschalten und
so eine absolut spezifische Reaktion erzielen.
1) Leblanc, La cellule T. I. 1901. No. 18.
2) Ide, Fortschr. d. Med. 1901. p. 234.
3) Obermeier und Pick, Wien. klin. Rundschau. 1902. No. 13.
4) Rostoski, Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 18.
5) Umber, Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 28.
6) Schlossmann und Moro, Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 14.
7) Hamburger, Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 49.
8) Uhlenhuth, Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 4.
9) Uhlenhuth, Festschr. f. Koch. 1903.
10) Ascoli, Nach Autorreferat im Biochem. Centralbl. 1903. No. 19.
11) Kluck und Inada, Dtschs Arch. f. klin. Med. Bd. LXXXI. 1904. Heft 3/4.
12) Weichardt, Hyg. Rundschau. 1903. No. 15.
13) Kister und Weichardt, Zeitschr. f. Medizinalbeamte. 1902. No. 20.
(Sehlufi folgt)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Naehdruek verboten.
Ueber hamolytische und hamotrope Sera.
[Aas dem Institute filr Infektionskrankheiten zu Berlin.]
Von Dr. F. Neufeld und Dr. H. TOpfer.
Die vorliegenden Versuche fiber spezifische, gegen BlutkOrperchen
fremder Species gerichtete Substanzen, die wir im Blutserum vor-
behandelter Tiere neben den Hfimolysinen auftreten sahen, knfipfen an
die Untersuchungen von Neufeld und Rimpau 1 2 3 ) fiber die Antikfirper
der Streptokokken- und Pneumokokkenimmunsera an. Diese Unter¬
suchungen batten zu dem Ergebnis geffihrt, dad die Wirkung der genannten
Sera auf einem spezifischen Stoffe beruht, welcher die Aufnahme der
hochvirulenten Kokken durcb die Leukocyten vermittelt, in deren Innern
sie alsdann mehr Oder weniger schnell der Aufldsung unterliegen. Diese
Vorgan ge liefien sich in durchaus analoger Weise in der BauchhOhle
von Mfiusen wie im Reagenzglase beobachten, sobald die Kokken, mit
flberlebenden Kaninchen- oder Meerschweinchenleukocyten und einer
kleinen Menge spezifischen Serums gemischt, eine Zeitlang bei 37° ge-
halten wurden.
In beiden Fallen, sowohl im Tierkdrper wie in vitro, liefien sich
neben diesen neuartigen Stoffen keine Bakteriolysine nachweisen, auch
nicht bei Zusatz von frischem, normalem Serum als Komplement.
Metschnikoff vertritt bekanntlich die Annahme, dafi die intracellulfire
AuflOsung von Bakterien (resp. von Zellen) durch 2 Substanzen, nfimlich
Makro- und Mikrocytase, die er mit dem Buchnerschen „Alexin u
identifiziert, vermittelt wird, und dafi diese selben Substanzen bei der
Gerinnung des Blutes in das Serum fibergehen. Der soeben erwfihnte
Befund beweist, dafi eine solche Annahme zum mindesten in der All-
gemeinheit, wie Metschnikoff sie ausspricht, nicht haltbar ist; denn
wfihrend die Leukocyten im stande waren, verhaitnismafiig sehr grofie
Mengen von virulenten Kokken zu verdauen, liefi sich irgend eine Ab-
gabe dieser wirksamen Stoffe in das Serum nicht nachweisen.
Durch die Anwendung des Biudungsversuches nach Ehrlich und
Morgenroth gelang es Neufeld und Rimpau festzustellen, dafi die
von ihnen gefundenen Stoffe nicht, wie Metschnikoff angenommen
hat, stimulierend auf die Phagocyten, sondern ausschliefilich direkt ver-
findernd auf die Bakterien einwirken; diese werden nunmehr sekundftr
yon den Zellen aufgenommen. Metschnikoff und seine Schule hatten
ihrer Auffassung entsprechend die von ihnen supponierten Stoffe als
„Stimuline“ bezeichnet und glaubten sogar „Antistimuline“ nachweisen
zu kdnnen, welche eine spezifische Hemmung der „Stimuline“ bewirken
sollten [Besredka*), Metschnikoff 8 )]. Diese Bezeichnungen sind
nicht mehr aufrecht zu erhalten und Neufeld und Rimpau haben
daher in einer zweiten, im Druck befindlichen Arbeit die von ihnen
studierten Substanzen im Gegensatz zu den bakteriolytischen als
bakteriotrope bezeichnet Diese allgemein gehaltene Bezeichnung
sagt nur aus, dafi die Wirkung des Serums in einer Art „Umstimmung u
1) Dtache med. Wochenschr. 1904.
2) Ann. de L’Inst. Pasteur. T. XV.
3) Metschnikoff, Die immunitat bei Infektionskrankheiten.
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Neufeld und Tftpfer, Ueber h&molytische and h&motrope Sera.
457
der Bakterien besteht, und es diirfte sich wohl empfeblen, dieselbe vor-
lfiufig zu acceptieren, bis wir etwa fiber die Art dieser Verfinderung
etwas Bestimmteres aussagen kfinnen 1 ). Im AnschluB an diese Be-
nennung werden wir im folgenden die Ausdrficke „cytotrop tt und
„hfimotrop u ffir die entsprechenden spezifischen Substanzen eines
Serums gebrauchen, welche auf Zellen resp. Blutkdrperchen derart ver-
findernd einwirken, daB sie von Phagocyten aufgenommen werden kfinnen.
Wie erwfihnt, konnten Neufeld und Rimpau wenigstens in den
von ihnen untersuchten Serumproben neben diesen „bakteriotropen“
keine bakteriolytischen Substanzen nachweisen und sie halten auch eine
Angabe von Denys und Leclef 2 ), die eine direkte Abtfitung von
Streptokokken durch Immunserum obne Vermittelung von Zellen so wohl
im Tierkorper wie im Reagenzglase beobachtet zu haben glaubten, nicht
ffir erwiesen. Wenn es hiernach wahrscheinlich ist, daB das gegen
Streptokokken und Pneumokokken gerichtete Serum den Typus eines
rein bakteriotropen darbietet, so ist damit natfirlich die Mfig-
lichkeit, daB beide Arten spezifischer Substanzen zu-
gleicb in einem Serum vorkomraen, nicht ausgeschlossen;
es wfire das ein analoges Vorkommnis, wie das von Wasserinann 3 )
festgestellte gleichzeitige Auftreten von Antitoxinen und bakteriziden
Antikfirpern bei der Immunisierung gegen den B. pyocyaneus.
Durch die Annahme, daB sich bei der Immunisierung gegen manche
Krankheitserreger gleichzeitig bakteriolytische und bakteriotrope Stoffe
bilden, wfirden manche Differenzen zwischen der Metschnikoffschen
und der Pfeifferschen Schule ihre Erledigung linden, und es schien
uns daher von Interesse, nach den neu gewonnenen Gesichtspunkten
die Untersuchung eines spezifischen Serums vorzunehmen, in dem wir
beide Arten von Stoffen vermuten durften. Nach einigen orientierenden
Versuchen entschlossen wir uns jedoch, zunfichst ein gegen Blut¬
kdrperchen gerichtetes Serum zu untersuchen; hat doch das Studium
solcher Sera bereits die wichtigsten Anregungen ffir die ganze Immu-
nitfitslehre gegeben. Nach den frfiheren Beobachtungen von Metsch-
nikoff fiber die Aufhahme von fremden Blutkdrperchen durch die
Phagocyten im Peritonealraume von Tieren durften wir erwarten, das-
selbe Phfinomen auch im Reagenzglase erzielen zu kdnnen. Nach Ab-
schluB unserer Versuche fanden wir bei Durchsicht der Literatur, daB
gerade bei roten Blutkdrperchen bereits Savtchenko 4 ) und Taras -
sewitsch 5 ) derartige Versuche in vitro vorgenommen haben. Wir
kommen auf die Resultate dieser Autoren, die in dem ffir uns wichtig¬
sten Punkte mit den unserigen nicht fibereinstimmen, alsbald zurfick.
Wir stellten uns zunfichst ein spezifisches Serum her, indem wir
einem Kaninchen 3mal je 30—50 ccm Ziegenblut intraperitoneal inji-
zierten. Wir erhielten ein hfimolytisches Serum, das, inaktiviert, bei ge-
eignetem Komplementzusatz (frisches Ziegenserum) in der Dosis von
0,01 noch gerade 1,0 Ziegenblut komplett ldste. Wie Ehrlich und
1) Wright hat die die Phagocytose befordemden Substanzen als opsonische be-
zeichnet. Diese Beuennung mochten wir deshalb nicht fiir die hier beschriebenen Stoffe
annehmen, da die Wrightschen sich im wesentlichen von diesen dadurch unterscheiden,
daB sie thermolabil und von ihm nur im normalen Menschenserum gefunden sind
(vergl. Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 52. p. 1929).
2) La cellule. 1895.
3) Zeitechr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXII.
4) Ann. de Pinst. Pasteur. 1902.
5) Ibid. p. 150-152.
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458 Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVU1. Heft 4.
Morgenroth, verwandten wir stets eine 5-proz. Aufschwemmung
der Blutkorperchen und fiillten alle ROhrchen mit Kochsalzlosung auf
2,0 auf. Nebenher sei bemerkt, dafi dasselbe Serum auBerdem die
Ziegeu blutkdrperchen kraftig agglutinierte.
Dieses Kaninchenserum untersuchten wir nunmehr auf den Gehalt
an „hamotropen“ Substanzen. Um dabei eine AuflOsung der Blutkorper¬
chen zu vermeiden, wurde es stets durch halbstiindiges Erhitzen auf
56—60° inaktiviert. Im iibrigen war unsere Technik folgende: Die
Ziegenblutkorperchen verwandten wir wiederum meist im Verhaitnis
von 1 : 20 mit 0,85-proz. Kochsalzlosung aufgeschwemmt, jedoch mit
dem Unterschiede, dafi sie zuvor sorgfaltig 2—3mal mit Kochsalzlosung
gewaschen und abzentrifugiert wurden. Die Leukocyten gewannen wir
entweder von Kaninchen durch intrapleurale oder von Meerschweinchen
durch intraperitoneale Injektion einer dicken Aleuronataufschwemmung.
Ein sehr wesentlicher Punkt ist es, dafi man nur gut be-
wegliche und lebenskrSftige Leukocyten zum Versuche
verwendet;.bei einiger Uebung kann man meist schon am hangen-
den Tropfen beurteilen, ob die Leukocyten von geeigneter Beschaffenheit
sind oder nicht. Nicht jedes Exsudat liefert gentigend bewegliche Leuko¬
cyten, und zwar hatten wir in dieser Beziehung bei Kaninchen viel
h&ufiger MiBerfolge als bei Meerschweinchen. Meist benutzten wir 24-
stiindige Exsudate, in anderen Fallen 2- und 3-tagige, ohne einen prin-
zipiellen Unterschied zu konstatieren. Durch schnelle und ausgiebige
Verdiinnung gelingt es meistens, die nachtraglishe Gerinnung der Ex¬
sudate zu verhindern. Nachdem die ROhrchen zentrifugiert waren, wurde
die tiberstehende Fliissigkeit abgegossen, die Reste derselben mit Fil-
trierpapier mOglichst vollstandig abgesogen und darauf der Bodensatz
vor dem abermaligen Zentrifugieren sorgfaltig in neuer Kochsalzlosung
verrieben. Durch derart 3mal wiederholtes, ausgiebiges Waschen mit
groBen Mengen physiologischer Kochsalzlosung wurden die Leukocyten
nach MOglichkeit von anhaftenden Exsudatresten befreit. Auf die Wich-
tigkeit des grfindlichen Auswaschens der Leukocyten kommen wir noch
zurQck.
Zu den Versuchen nahmen wir meist 0,2 einer recht konzentrierten
Leukocytenaufschwemmung; dieselbe mufi bei PrOfung im hangenden
Tropfen mit Immersion etwa 20—30 Zellen im Gesichtsfelde enthalten,
die zum Teil einzeln, zum Teil in kleinen Gruppen liegen. Dazu setzten
wir im Reagenzglase 0,2 der BlutkOrperchenaufschwemmung und 0,2 des
zu prufenden Serums, bezw. eine entsprechende Verdiinnung des Serums.
Die ROhrchen wurden durchgeschiittelt und in den Briltschrank gestellt,
von Zeit zu Zeit entnahmen wir Proben zur Untersuchung im hangen¬
den Tropfen. Die suspendierten Zellen sinken schnell zu Boden und
kleben ziemlich fest an der Kuppe des Reagenzglases an; es ist des-
halb nOtig, die ROhrchen vor der Entnahme stark zu schiitteln oder mit
der Platinnadel die Zellschicht vom Glase abzukratzen.
Mischten wir nun in der beschriebenen Weise das spezifische,
gegen Ziegenblutkorperchen gerichtete Serum unseres Kaninchens (das
natiirlich stets inaktiviert wurde, um die Hamolyse zu vermeiden) mit
Ziegenblutkorperchen und mit Leukocyten, so sahen wir eine auBerst
lebhafte Phagocytose eintreten, die meist in etwa 1V 2 Stunden ihren
HOhepunkt erreichte. Bisweilen waren um diese Zeit annahernd samt-
liche Leukocyten mit roten BlutkOrperchen vollgestopft, in einzelnen
Leukocyten vermochten wir 6—8 davon zu zahlen. Die aufgenommenen
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Neufeld und Tflpfer, Ueber hilmolytiache und h<iinotrope Sera.
459
BlutkSrperchen werden im Innern der Phagocyten aufgelSst; soweit
unsere Beobachtungen darOber reichen, erfolgt die AuflSsung ziemlich
langsam und ungleichmfiBig.
An der Phagocytose beteiligen sich sowohl die einkernigen wie die
polynukleSren Leukocyten; wenn auch die Aufnahme durch die ersteren
etwas schneller und ausgiebiger geschieht (im Gegensatz zu dem umge-
kehrten Verhalten bei der Phagocytose der Streptokokken), so konnten
wir doch einen prinzipiellen Unterschied zwischen den „Makro“- und
„Mikrophagen u nicht linden.
Kontrollen wurden sowohl mit normalem (inaktiviertem) Kaninchen-
serum als auch mit KochsalzlSsung angestellt.
Urn die Befunde in diesen KontrollrShrchen zu beurteilen, muB man
sich daran erinnern, daB sich schon in den meisten Aleuronatexsudaten
vereinzelte Leukocyten finden, die ein oder ein paar BlutkSrperchen
des eigenen Tieres aufgenommen haben; so darf man sich naturlich
nicht wundern, daB man in jeder Kontrolle ab und zu ein BlutkSrper¬
chen im Innern eines Leukocyten sieht. Anfangs begegnet es uns je-
doch Sfter, daB in denjenigen Kontrollen, die anstatt des spezifischen
Serums nur Kochsalzlosung enthielten, eine etwas reichlichere Phago¬
cytose auftrat, wenn auch niemals in ahnlichem Grade wie bei Zusatz
des spezifischen Serums. Je mehr wir uns jedoch Miihe geben, in der
oben beschriebenen Weise die Leukocyten von den letzten Resten des
Exsudates zu befreien, um so reiner fielen die Kontrollen aus, und
schlieBlich erhielten wir in der Regel Kontrollen, die nur ganz ver¬
einzelte Phagocytose zeigten. Wir mochten daher annehmen, daB in
den Exsudatfliissigkeitcn Stoffe enthalten sein kSnnen, welche fremde
BlutkSrperchen zur Aufnahme in einen Leukocyten geeignet machen.
DaB das normale Kaninchenserum ebenfalls derartige hfimotrope
Substanzen enthalten kanu, schlieBen wir aus denjenigen Kontroll-
rShrchen, bei denen das spezifische Serum nicht durch KochsalzlSsung,
sondern durch normales Kaninchenserum ersetzt wurde. Hier sahen
wir bei Zusatz von 0,2 Serum nicht ganz selten Phagocytose auftreten.
Diese Phagocytose war jedoch an Intensitat nicht mit der durch spezi-
fisches Serum erzeugten zu vergleichen und blieb ganz aus, sobald wir
das normale Serum auf 1:10 mit KochsalzlSsung verdflnnten, wahrend
das spezifische Serum in dieser Verdfinnung noch seine voile Wirksam-
keit behielt. Die untere Grenze der Wirksamkeit haben wir nicht fest-
gelegt.
Um die Spezifitfit unseres durch Injektion von Ziegenblut gewonnenen
Serums weiterhin zu prflfen, nahmen wir statt der ZiegenblutkSrperchen
solche von Kaninchen, Meerschweinchen und Tauben. Es zeigte sich,
daB das Serum die Phagocytose bei diesen Blutarten nicht beforderte
oder doch nicht in hSherem Grade als ein normales Kaninchenserum.
Andererseits zeigt unser Serum bei der Verwendung von Ziegenblut seine
hamotrope Kraft jedesmal, gleichviel ob wir dieselbe an Kaninchen- oder
an Meerschweinchenleukocyten erprobten.
Das Serum verhalt sich also elektiv gegen BlutkSr¬
perchen, aber nicht elektiv gegen Leukocyten, unddieses
Verhalten spricht deutlich dafflr, daB es nicht „stimu-
lierend“ auf die Phagocyten, sondern verfindernd auf die
BlutkSrperchen einwirkt: die Phagocyten nehmen nun-
mehr sekundiir die „sensibilisierten“ BlutkSrperchen auf.
Bewiesen wird diese Auffassung des weiteren durch den Bindungs-
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
versuch, den wir in derselben Weise und mit demselben Resnltat an-
stellten, wie er in der Arbeit von Neufeld und Rimpau fttr das
Strepto- und Pneumokokkenimmunserum angegeben ist. Wir versetzten
0,1 des (inaktivierten) spezifischen Serums einmal mit 1,0 der 5-proz.
Suspension von Ziegenblutkbrperchen, andererseits 0,1 desselben Serums
mit 0,5 einer Leukocytenaufschwemmung; die RQhrchen liefien wir
1 / 2 Stunde teils bei 37°, teils bei 0° stehen, zentrifugierten dann nach
reichlichen Zusatz von Kochsalzlosung ab und wuschen noch zwei-
mal auf das sorgf<igste in der oben geschilderten Weise.
Setzten wir zu den abzentrifugierten und gewaschenen Blutkorperchen
frische Leukocyten zu, so trat lebhafte Phagocytose ein; dieselbe blieb
dagegen aus, wenn wir zu den abzentrifugierten Leukocyten Blutkdr-
perchen zusetzten. DaB die Leukocyten nicht etwa durch die Prozedur
des wiederholten Waschens an sich die F&higkeit zur Phagocytose ein-
gebiiBt hatten, wurde durch Kontrollversuche festgestellt Also nicht
die Leukocyten, sondern die roten Blutkorperchen gehen
mit dem spezifischen Bestandteil des Serums eine Bin-
dung ein.
Wir haben diese bereits abgeschlossenen Versuche nochmals wieder-
holt, nachdem wir bei Durchsicht der Literatur gefunden hatten, daB
frtthere Autoren, Savtchenko 1 2 ) und Tarassevitch*), zu dem Er-
gebnis gekommen sind, daB der spezifische Bestandteil des gegen Blut¬
korperchen einer fremden Species gerichteten Serums nicht nur von
diesen Blutkorperchen, sondern auch von den Leukocyten der anderen
Tierart gebunden wird. Savtchenko arbeitete mit dem Serum von
Kaninchen, die mit Meerschweinchenblutkorperchen vorbehandelt waren,
und konstatierte, daB die roten Blutkorperchen, wenn sie 1 / 2 Stunde bei
Zimmertemperatur in Kontakt mit dem (inaktivierten) Serum gelassen
werden, den „Fixator“ binden; wurden sie einem Meerschweinchen in
das Peritoneum injiziert, so trat eine lebhafte Phagocytose auf. Sav¬
tchenko hat auch bereits im Reagenzglase die „sensibilisierten“ Blut¬
korperchen mit Meerschweinchenleukocyten, die er durch Injektion von
Bouillon in die Bauchhbhle erhielt, zusammengebracht und auch unter
diesen Bedingungen die Phagocytose eintreten sehen. Er schlieBt hier-
aus, daB die Blutkorperchen in der Tat den „Fixator“ des fremden
Serums binden konnen; bis hierher decken sich also seine Befunde mit
den unserigen.
Aber auch die Phagocyten konnen nach Savtchenkos Ansicht
den Fixator an sich reiBen. Hier ist die Versuchsanordnung des Autors
allerdings eine andere als die unserige, die, wie berichtet, zu dem ent-
gegengesetzten Resultat fiihrte. S. hat die Bindung des spezifischen
Serumbestandteiles durch die Leukocyten nicht im Reagenzglase, son¬
dern im TierkSrper beobachtet. Er injizierte Meerschweinchen intra-
peritoneal das spezifische Serum mit Bouillon versetzt, um durch letztere
zugleich ein leukocytenhaltiges Exsudat hervorzurufen. Am n&chsten
Tage wurde den Tieren zur Verdflnnung dieses Exsudates 2,0 auf 37°
erwarmte Kochsalzlosung injiziert; unmittelbar danach wurden sie ge-
totet, das Exsudat zentrifugiert, der Bodensatz mit 10,0 Kochsalzldsung
unter sorgfaltigem Schiitteln aufgeschwemmt und nochmals zentrifugiert.
Nach AbgieBen der Fliissigkeit wurde der Bodensatz nunmehr in 1,0
1) Ann. de PInstitufc Pasteur. 1902.
2) Ebenda, p. 150—152.
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Neufeld und TOpfer, Ueber h&molytische nnd h&motrope Sera.
461
Kochsalzlosung aufgeschwemmt und mit (mehrfach gewaschenen, eben-
falls in physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmten) Meerschwein-
chenblutkorperchen versetzt: darauf sah der Autor Phagocytose ein¬
treten, die er auf das von den Leukocyten gebundene „Stimulin“ zuriick-
fflhrt.
Einen weiteren Beweis dafflr, dafi die Leukocyten den „ Fixator"
absorbieren, sieht Savtchenkoin folgendem. Injizierte er Meerschwein-
chen, bei denen er ein leukocytenhaltiges Exsudat in der Bauchhohle
hervorgerufen hatte, zuerst das spezifische Serum und danach Blutkor-
perchen, so sah er, daB diese Blutkdrperchen ausschlieBlich durch Phago¬
cytose, nicht durch Hamolyse zu Grunde gingen; auch wenn er eine
betrachtliche Dosis von frischem Serum als Komplement mit einspritzte,
blieb die Hamolyse aus. Hieraus schlieBt der Autor, daB in diesem
Falle die Erythrocyten bei ihrer Aufnahme durch die Exsudatzellen nicht
mit Fixator beladen waren, denn sonst hatte bei Gegenwart von Komple¬
ment Hamolyse eintreten milssen: also muBten Leukocyten den
Fixator an sich gerissen haben, „ce qui determine le changement de
leur sensibility. u
Tarassevitch wiederholte die Versuche Savtchenkos in der-
selben Anordnung, indem auch er die Bindung des Fixators durch die
Erythrocyten im Reagenzglase, durch die Leukocyten dagegen nur im
Tierkdrper erfolgen lieB. In beiden Fallen sah er Phagocytose eintreten,
die in letzterem Falle allerdings schwacher als in dem
ersteren war. Er glaubt sich zu dem Schlusse berechtigt: „L’influence
stimulante des fixateurs sur la fonction phagocytaire est done bien 4vi-
dente.“
Unsere Versuche haben uns, wie erwahnt, zu dem entgegengesetzten
Ergebnis gefiihrt, daB namlich die spezifische hamatrope Substanz des
Serums nur von den Blutkdrperchen, auf die sie eingestellt ist, nicht
aber von den Leukocyten fixiert wird, ganz in derselben Weise, wie es
sich in der Arbeit von Neufeld und Rimpau fflr die bakterio-
tropen Antikorper ergeben hatte. Die Ursache fflr das entgegengesetzte
Resultat der beiden angeffihrten Untersucher mdchten wir in Mangeln
ihrer Versuchsanordnung suchen. Die Angabe von Tarassevitch,
daB die Phagocytose bei der Bindung durch die Leukocyten deutlich
schwacher gewesen sei, als bei der Bindung durch die Blutkdrperchen,
laBt die Mdglichkeit nicht von der Hand weisen, daB sie bei sorgfaitigerem
Waschen der Leukocyten noch geringer geworden ware, daB es sich
also urn mechanisches Anhaften des Serums gehandelt hat. Nach
unseren Erfahrungen halten wir es ftir moglich, daB bei ungenugendem
Waschen der Leukocyten durch das mechanische Anhaften hamotroper
Substanz eine spezifische Bindung vorgetauscht sein dtirfte. Anderer-
seits scheint uns aber nur eine Bindung in vitro, insbesondere eine
solche bei niederer Temperatur, absolut beweisend zu sein; demgegen-
ttber mochten wir bei den komplizierten Verhaltnissen am lebenden Tiere
die entfernte Moglichkeit, daB bei dem Stoffwechsel der lebenden Zellen
etwa zugleich mit anderen Bestandteilen eines fremden Serums auch
spezifische Immunkorper aufgenommen werden, die spater wieder aus-
geschieden werden konnten, nicht fQr ganz ausgeschlossen erklaren.
In jedem Falle sehen wir unsere Versuchsanordnung
als die einfachere und als eine absolut eindeutige an,
und das Resultat, zu dem sie uns gefiihrt hat, als das ein-
zige, das sich mit den festen Grundlagen, auf denen das
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462 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
von Ehrlich und seinen Mitarbeitern errichtete System
beruht, in Einklang bringen lfiBt. Trotz der AusfQhrungen, in
denen Metschnikoff 1 ) seine Annahme der „Stimuline“ mit der Seiten-
kettentheorie als wohl vereinbar erklfirt, vermfigen wir uns die Bildung
der die Phagocytose auslfisenden bakteriotropen resp. cytotropen Sub-
stanzen nur so vorzustellen, daB bei Vorbehandlung eines Tieres mit
fremden Blutkdrperchen Stoffe entstehen, die eben zu diesen Blutkorper-
chen oder bei Vorbehandlung mit Streptokokken Stoffe, die wiederum
zu diesen Streptokokken eine spezifische Verwandtschaft haben. Die
Annahme dagegen, daB gleichviel, ob wir einem Kaninchen die Blut-
kbrperchen eines Meerschweinchens, oder einem Pferde, einem Kanin¬
chen, einer Ziege Streptokokken oder Pneumokokken einspritzen, daB in
alien diesen Fallen Substanzen sich bilden sollten, die sfimtlich ihren
Angriffspunkt in den Leukocyten der verschiedensten Tierarten haben —
diese Annahme scheint uns mit der tirundidee der Ehrlichschen
Theorieen vfillig unvereinbar.
Natfirlich haben wir uns die Frage vorgelegt, ob die Serumbestand-
teile, deren Wirkungen wir geschildert haben, etwa mit anderen bereits
bekannten Stoffen identisch sind. Eine Identitat mit den Agglutininen
erschien uns von vornherein sehr wenig wahrscheinlich, und wir balten
diese Frage durch die Beobachtung von Neufeld und Rimpau, die
unter ihren stark bakteriotropen Serumproben auch eine solche hatten,
die gar nicht agglutinierte, sowie durch unseren unten nfiher mitge-
teilten Versuch fur erledigt, in welchem umgekehrt ein Serum starken
Gehalt an Hamagglutininen, aber gar keine Mmatrope Wirkung zeigte.
Dagegen muBte bei* der Untersuchung des Streptokokken- und
Pneumokokkenimmunserums die Frage offen bleiben, welche Beziehungen
zwischen den bakteriotropen und den bakteriolytischen Antikfirpern be-
stehen. Moglicherweise konnten beide Stoffe im Grunde identisch sein
und die extracelluiare Aufldsung bei diesen Mikroorganismen nur des-
wegen ausbleiben, weil der Ambozeptor wenigstens in dem Serum der
von uns untersuchten Tierarten kein passendes Komplement findet. Bei
der Immunisierung mit anderen Bakterien dagegen, gegen die sich ein
immunisiertes Tier sowohl durch extracelluiare Auflosung der Bakterien
als auch durch Phagocytose schfitzt, durften wir hoffen, die Frage zu
entscheiden, ob beide Vorgange durch denselben spezifischen Stoff oder
durch zwei verschiedene Stoffe ausgelfist werden. Wir haben auch hier
zunachst die Verhaltnisse bei der Immunisierung mit Blutkbrperchen
untersucht, glauben aber, mit Sicherheit ein analogesVer-
haltenbeiderbakteriellenlmmunitatannehmenzukdnnen.
Savtchenko sowohl wie Tarassevitch gehen, wie die obigen Zitate
ergeben, iramer von der Ansicht aus, daB die Phagocytose befordernde
Substanz des Serums mit dem „Fixator“, d. h. dem Hamo- bezw. Bakterio-
lysin identisch sei. Wenn sich nun im Gegenteil erweisen
lafit, daB beide Stoffe v611ig voneinander verschieden
sind, so erscheinen uns viele strittige Fragen fiber das
Zustandekommen und die Bedeutung der Phagocytose in
einem ganz anderen Lichte.
Unsere bisher mitgeteilten Beobachtungen bezogen sich auf das
Serum von Kaninchen, die mit Ziegenblut vorbehandelt waren; dieses
Serum hatte sich zugleich als stark hfimolytisch und hfimotrop erwiesen.
1) Immunitfit bei Infektionskrankheiten.
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Forssman, Antitoxinbildung bei aktiver Immunisierung gegen Botulismus. 463
Wir behandelten dud einige Kaninchen rait Meerschweinchenblut und
erhielten nach mehreren Injektionen ein Serum, von dem (bei Ver-
wendung iuaktivierten Serums und geeignetem Komplementzusatz) 0,01
bis 0,02 in der eingangs angegebenen Versuchsanordnung 1,0 einer
5*proz, Aufschwemmung von Meerschweinchenblut noch stark, bezw. fast
komplett 18ste; in Bezug auf h&molytisches Vermogen entsprach es also
ungefEhr dem oben beschriebenen gegen Ziegenblut gerichteten Serum,
daneben war auch die Agglutination stark ausgesprochen. Dieses Serum
nun befSrderte in keiner Weise die Phagocytose: wir haben es mehrfach
wiederholt mit Meerschweinchen-BlutkSrperchen und gut beweglichen
Leukocyten von Meerschweinchen Oder Kaninchen im Reagenzglase zu-
sammengebracht und stets negativen Erfolg gehabt. Nun hat Sav-
tchenko 1 ) bei Benutzung derselben Tierarten und sonst entsprechender
Versuchsanordnung starke Phagocytose auftreten sehen. Wir mSchten
diese Beobachtung in keiner Weise anzweifeln, sondern ein individuell
verschiedenes Verhalten, wie es sich vielfach bei der Bildung von Anti-
korpern findet, annehmen.
Wir haben also einen Fall vor uns, in welchem nur
hEmolytische.aberkeinehEraotropenAntistoffeauftreten,
und schlieden daraus, da8 beide Arten von Stoffen nicht
identisch sind. Nebenher sehen wir die frfihere Feststellung be-
statigt, dad auch die Agglutinin e nichts mit den hEmo- resp. bakterio-
tropen Substanzen zu tun haben.
Wir glauben diese Schludfolgerung (ohne dad wir damit die weiteren
Details unserer Versuche iiber hEmotrope Sera schematisch auf die noch
nicht erforschten VerhEltnisse bei bakteriotropen Seris anwenden wollen)
auch auf die Immunity gegen Bakterien iibertragen zu dfirfen und
nehmen also an, dad es sich in denjenigen Seris, von denen man nach
den bisher vorliegenden Beobachtungen vermuten mud, dad sie zu gleicher
Zeit bakteriolytisch und bakteriotrop wirken, um zwei vollig verschiedene
Substanzen und nicht etwa um einen Stoif handelt, der zwei verschiedene
Wirkungen auszulosen im stande ist. Aus Euderen Griinden konnten
wir selbst unsere Versuche nach dieser Richtung nicht fortsetzen.
Nachdruejc verboten.
Studien iiber die Antitoxinbildung bei aktiver
Immunisierung gegen Botulismus.
[Aus dem bakteriologischen Institut der UniversitEt Lund.]
Von Prof. Dr. J. Forssman, Lund.
Mit 2 Kurven.
Vor einigen Jahren verfiffentlichten Dr. E. Lundstr6m und Verf.
dieses 2 ) Angaben iiber den Verlauf der Antitoxinkurve beim Botulismus.
Ich habe mich seitdem von Zeit zu Zeit mit Untersuchungen fiber die
ImmunitEt gegen dieses Gift besch&ftigt und werde im folgenden einige
der hierbei erhaltenen Resultate mitteilen.
1) a. a. O.
2) Forssman et LundstrSm, Annales de l’lnstitut Pasteur. 1902.
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464 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Im Verlaufe der regen, nach der Behringscben Entdeckung des
Tetanusantitoxins erfolgten Versuche, Antitoxine (Sera) darzustellen,
machte man bald die Erfahrung, daft die Serumfabrikation mit viel
groBeren Schwierigkeiten, als man anfangs vermntete, verbunden war.
Es stellte sich insbesondere als absolut unmoglich heraus, die quantita¬
tive Antitoxinausbeute einer Immunisierung im voraus zu berechnen.
Nicht nur verscbiedene Tiere einer und derselben Art erwiesen sich als
sehr ungleicbwertige Antitoxinproduzenten, auch bei einem und demselben
Tiere rufen ganz gleicbe Toxindosen bei verscbiedenen Gelegenheiten,
obgleich an derselben Stelle des Tieres injiziert, das eine Mai eine sehr
starke, das andere Mai nur eine fast belanglose Antitoxinproduktion
hervor. Eine Gesetzmafiigkeit in diesen Verh<nissen herauszufinden,
ist auch bis jetzt nicht gelungen.
Man hat jedoch bei den seitdem ausgefuhrten, flberaus zahlreichen
Immunisierungen selbstverst&ndlich viele diesbezugliche, fiir die Serum¬
fabrikation maBgebende Beobachtungen verzeichnen konnen. Unter an-
derem fiel es bald auf, daB es bei der Immunisierung gegen Diphtheric-
toxin sehr unzweckm&Big war, das Toxin intravenos einzuspritzen. In
letzterem Falle bekam man n&mlich entweder fast gar kein Antitoxin oder
bestenfalls nur sehr wenig im Verh<nis zu der durch eine ebenso
groBe subkutan injizierte Toxindose hervorgerufenen Menge.
Auf diese Beobachtungen gestQtzt, hat Dzierzgowski 1 ), der auf
diesem Gebiete eine sehr groBe Erfahrung besitzt, die Meinung ausge-
sprochen, dafi ,,1’injection de la toxine dans le torrent circulatoire ne
contribue pas k la production d’antitoxine u , und fiir diese Auffassung
viele Anh&nger gewonnen. Er findet tibrigens, daB sie mit unseren
theoretischen Anschauungen sehr gut ubereinstimmt: „Ce fait devient
comprehensible si Ton se souvient que le melange de toxine et d’anti-
toxine in vitro n’est gufere capable k produire dans l’organisme d’anti-
toxine et que par l’injection de toxine dans la veine on realise les
conditions comparables 4 celles que l’on observe dans un tube & essai tt .
Nach Dzierzgowski sollte also das Toxin, das in die Blutbahn
hineingelangt, sogleich vom zirkulierenden Antitoxin neutralisiert und
ihm in dieser Weise jeder EinfluB auf die Antitoxinbildung entzogen
werden. Und dasselbe gilt natfirlich nicht nur vom intravasal inji¬
ziert en Toxin, sondern auch ebenfalls von dem Toxin, das bei subku-
taner Injektion nach erfolgter Resorption in das Gef&fisystem eindringt.
DaB subkutane Toxininjektionen nichtsdestoweniger bei einem immuni-
sierten Tiere die Bildung von oft sehr grofien Antitoxinmengen hervor-
rufen konnen, wiirde nach Dzierzgowski da von abh&ngen, daB der
Antitoxingehalt in der Subcutis im Verhaltnis zu dem des Blutes sehr
gering ist, und daB aus diesem Grunde nur sehr wenig des subkutan
injizierten Toxins an der Injektionsstelle neutralisiert werden kann,
dagegen der grbBte Teil auf die dortigen Zellen fixiert wird und diese
nachtr&glich zur Antitoxinbildung anregt.
Nach dieser Auffassung w&re die Antitoxinbildung als ein ProzeB
nur lokaler Art zu betrachten.
Die hier besprochene Deutung ist ursprhnglich nur fiir die Ver-
haltnisse bei der Diphtherieimmunisierung ausgesprochen worden. Aller
Wahrscheinlichkeit nach sind aber die Prozesse, die sich bei den Im¬
munisierungen gegen die verscbiedenen Toxine im Organismus abspielen,
1) Dzierzgowski, Arch, dee sciences biolog. de St. P&ersbourg. T. V et IX.
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Forssman, Antitoxinbildung bei aktiver Immunisierung gegen Botulismus. 465
prinzipiell dieselben. Es wSre ja auch nach unserem jetzigen Wissen
schwer zu verstehen, warum z. B. das fintravasale Tetanus- oder Botu-
lismusantitoxin das in die Gef&Be eingedrungene entsprechende Toxin
nicht ebensogut zu neutralisicren im stande sein sollte, als es bei der
Diphtherie der Fall ist.
DaB das Gewebe auf der Injektionsstelle yon Bedeutung fflr die
Antitoxinbildung des Organismus ist, zeigen mehrere Tatsachen; und
dies nicht nur bei der Diphtherieimmunisierung, sondern auch bei
anderen Toxinimmunisierungen. So zeigt z. B. RSmer in seinen be-
kannten Versuchen fiber Abrinimmunisierung, daB auf einer bestimmten
frflhen Stufe der Immunit&t diejenige Conjunctiva, von welcher aus
die Immunisierung vorgenommen wird, eine gegebene Giftdosis neutrali-
siert, wfihrend die andere Conjunctiva gar keine neutralisierende Ein-
wirkung auf das Gift ausfibt, was ja nicht anders gedeutet werden kann,
als daB bier eine lokale Antitoxinbildung in der erstgenannten Conjunc¬
tiva stattgefunden hat.
DaB aber das in die Zirkulation eingedrungene Toxin ohne jede
Bedeutung fflr die Antitoxinbildung war, scheint uns andererseits keines-
wegs sichergestellt, ebensowenig als die oben erwfihnte Anschauung
Dzierzgowskis fiber die Neutralisationsverhfiltnisse des Toxins und
des Antitoxins innerhalb der GefflBe. Denn es ist gar nicht bewiesen
worden, daB die Neutralisation zwischen Toxin und Antitoxin hier auf
dieselbe Weise wie in vitro verl&uft. Man weiB sogar nicht, ob im
immunisierten Tiere das Antitoxin als solches oder vielleicht als ein
Vorstadium desselben vorkommt, das erst beim Auslaufen des Blutes
oder beim Tode des Tieres in Antitoxin flbergeht*). Eben in Bezug auf
die Frage fiber die intravasale Neutralisation bin ich durch einige Be-
obachtungen zu einer Ueberzeugung gekommen, die derjenigen Dzierz¬
gowskis ganz entgegengesetzt ist; ich meine n&mlich, daB die Neu¬
tralisation zwischen Toxin und Antitoxin (oder deren Vorstufen) inner¬
halb und auBerhalb des Organismus in verschiedener Weise verl&uft. •
Aus diesem Grunde glaubte ich auch, daB das Toxin, in die Zirkulation
eingespritzt, zur Antitoxinbildung Veranlassung geben kOnnte; und
wenn dies wirklich der Fall wfire, hatte man zu erwarten, daB die Anti¬
toxinbildung nicht nur quantitativ verschieden, sondern geradezu nach
einem ganz anderen Schema als bei der subkutanen Toxininjektion ver-
laufen sollte, weil dann in den beiden Fallen wahrscheinlich verschiedene
Zellengruppen die Antitoxinproduktion fibernehmen werden.
Urn diese Frage zu eruieren, habe ich folgende Versuche mit einer
gegen Botulisraustoxin immunisierten Ziege gemacht, welches Tier schon
frfiher angewandt worden ist, um die Botulismusantitoxinkurven nach
subkutanen Toxininjektionen zu bestimmen.
Beim betreffenden Tiere wurde nun, nachdem ihm zuerst eine kleine
Blutprobe (20 ccm) entnoramen worden war, in die Vena jugularis 100000
Testdosen 1 2 ) des Botulismustoxins injiziert. Die injizierte Toxinlosung,
die 87 ccm betrug, wurde sehr langsam, es dauerte 5 Minuten, in die
Vene eingespritzt, damit sie sogleich mit grfifieren Blutmengen in Be-
rfihrung kommen sollte, teils darum, weil das Tier bei schnellerer In-
jektion sehr kurzatmig wurde.
1) Dafl ee gelungen ist, Antitoxin in Citrat- and Oxalatplasma nachzuweisen, be-
weist hierbei nicht viel, weil das Blut durch solche Zusatze erheblich verandert wird.
2) Eine Teetdosis = eine Toxindosis, die in 48 Stunden ein Meerschweinchen ron
• 250 g tiJtet.
Ente AbU Orig. Bd. XXXVIII. Heft 4. 30
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466 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Jeden oder jeden 2. Tag wurden dann Blutproben entnommen und
die hieraus gewonnenen Sera au£ ihren Antitoxingehalt geeicht. Bei dieser
Eichung wurde zu einem bestimmten Serumquantum so viel Toxin ge-
setzt, bis die Mischung ein Meerschweinchen von 250 g in 4—5 Tagen
t6tete; die Zahl der hierfiir pro Kubikzentimeter Serum notigen Testdosen
wurde als die Wertigkeit des Serums bezeichnet. In den friiheren von
Lundstrom und mir publizierten Kurven bezeichnen die Serumwerte
die Zahl von Testdosen pro Kubikzentimeter Serum, die hinzugefugt
werden muBten, um ein Meerschweinchen in 48 Stunden zu tSten.
Die Todeszeit der Meerschweinchen von 48 Stunden auf 4—5 Tage
zu verlangern, bedeutet, daB im letzten Falle genau nur eine todliche
Dosis in der Mischung frei enthalten ist: denn die Tiere, die nicht in
dieser Zeit nach der Injektion sterben, uberleben. Durch vergleichende
Versuche, um die grSBere Scharfe der einen oder anderen Technik klar-
zulegen, habe ich gefunden, daB die jetzige die bessere ist. Jetzt, eben-
sowohl als frtiher, haben die Injektionen der Mischungen von Toxin und
Antitoxin immer bei bis 100000-wertigen Sera 200 Testdosen, bei noch
hoherwertigen Seren 500 Testdosen enthalten. DaB die Sera einer
Kurve immer mit derselben Toxinlosung, die wahrend der ganzen Zeit
der Bestimmung samtlicher Sera konstante Giftigkeit beibehalten muBte,
geeicht sind, ist ganz klar. Die ToxinlOsung (d. h. die filtrierte Kultur-
flQssigkeit) ist immer ohne weitere Verdiinnung angewandt worden.
Nach diesen Bemer-
kungen lasse ich jetzt die
nach der intravasalen
Toxininjektion gefundene
Antitoxinkurve (Kurve I)
folgen. Die Ordinaten
bedeuten wie gewohnlich
die Serumwerte, die Ab-
scissen die Zahl der Tage
nach der Injektion.
Nachdem ich diese
Kurve gefunden hatte,
habe ich, ohne die gan¬
zen Kurven aufzuzeich-
nen, noch 2mal nach
erneuerten intravasalen
Toxininjektionen das
Verh<nis der Serum¬
werte am 10. bezw.
15. Tage nach den Injek¬
tionen kontrolliert und
dabei folgende Werte der
gepriiften Sera erhalten;
in einem Falle 72000
bezw. 50000, im anderen 125000 bezw. 115000. RegelmSBig sind also
hier die Serumwerte entschieden hoher am 10. als am 15. Tage, was
eben das Gegenteil zu dem bildet, das man nach einer subkutanen
Toxininjektion beobachtet. Auf den nach diesen letztgenannten Injek¬
tionen gewonnenen Antitoxinkurven, von denen ich zum Vergleich die
eine (Kurve 2) wiedergebe, befindet sich immer der Scheitelpunkt auf
dem 15. Tage.
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Forssman, Antitoxinbildung bei aktiver Immunisierung gegen Botulismus. 467
Dies bildet tibrigens nicht den einzigen Unterschied zwischen den
nach den intravenosen und den subkutanen Toxininjektionen erhaltenen
Enrven. Aber die Kurven nach der subkutanen Injektion stammten
aus dem Jabre 1900, und ich konnte die Moglichkeit nicht verneinen,
daB vielleicht die Form ebensowohl als die Hohe der Antitoxinkurven
von Zeit zu Zeit wechseln konnten, daft mit anderen Worten die Kurve
nach einer subkutanen Injektion vielleicht jetzt von den friiher ge-
zeichneten Kurven nach subkutanen Einspritzungen abweichen und
moglicherweise mit denjenigen nach den intravenosen Injektionen uber-
einstimmen wQrde. Urn zu prflfen, wie sich dies in der Wirklichkeit
verhalt, spritzte ich jetzt eine ToxinlOsung der Ziege subkutan ein. In
den hiernach gewonnenen Sera fand ich aber die alte Antitoxinkurve
wieder, wie ich sie zusammen mit Lundstrom 1900 ermittelt hatte.
Ihr hOchster Punkt lag auf dem 15. Tage; die Serumwerte des 10. und
des 15. waren resp. 305000 und 355000.
Durch diese Versuche ist es also klar bewiesen worden, daB beim
Botulismus auch durch das intravends eingespritzte Toxin eine Antitoxin-
bildung hervorgerufen wird. Der Serumwert stieg in den drei unter-
suchten Fallen, im ersten Fall von 10000 auf 75000, im zweiten von
10000 auf 70000 und im dritten 13000 auf 125000.
Die Kurven erheben sich jedoch nach den intravenosen Injektionen
niemals zu einer solchen Hdhe, wie nach den subkutanen; die Antitoxin-
produktion ist in jenem Falle bedeutend kleiner als in diesem; wie es
fflr die Bildung der Diphtherieantitoxine der Fall ist, so hat augen-
scheinlich auch hier das subkutane Gewebe eine grofie Bedeutung fur
die Antitoxinproduktion.
Wie ersichtlich, enthielt das unmittelbar vor den Toxininjektionen
gewonnene Serum so erhebliche Mengen Antitoxin, daft nach Berechnung
einige Zehntel Kubikzentimeter ausreichend waren, um das injizierte
Toxin zu neutralisieren. Da dessenungeachtet nach den intravasalen
Injektionen eine reichliche Antitoxinbildung zu stande kam, die ja nicht
von einer neutralen Mischung von Toxin und Antitoxin ausgeldst wird, so
scheint mir dies anzudeuten, daB die Neutralisation zwischen Toxin und
Antitoxin im Organismus und in vitro nicht in derselben Weise verlauft
Die SchluBfolgerungen, die ich hier vorgetragen habe, gelten, strong
genommen, nur fiir das Toxin und Antitoxin des Botulismus, aber wahr-
scheinlich treffen sie auch fflr andere Toxine und Antitoxine zu. In
Bezug auf die Verh<nisse bei der Diphtherie ersieht man auch aus
den Versuchstabellen Dzierzgowski, daB die einzigen mit intra¬
vasalen Toxininjektionen behandelten Pferde, die er erw&hnt (Pferde
No. 163 und 158) in Wirklichkeit Antitoxin produziert haben. Da die
Menge aber relativ klein war, so nimmt Dzierzgowski hierauf keine
Rflcksicht, sondern spricht sich, wie oben angefflhrt wurde, dahin aus,
daB so gemachte Injektionen ohne Bedeutung fflr die Antitoxinbildung
sein sollten. Beim Dzierzgowskischen Pferde 163 stieg doch der
Antitoxingehalt bis zu 20 I.-E.; wie die Antitoxinkurve hier aussah, ist
unbekannt; mOglich ist, daB Dzierzgowski hdhere Werte bekommen
hatte, wenn er das Aderlassen zu anderen Zeitpunkten gemacht hatte,
denn es ist nicht wahrscheinlich, daB er zufillligerweise gerade auf den
Gipfelpunkt der unbekannten Antitoxinkurve nach intravasalen Toxin¬
injektionen gefallen ist
Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, haben alle diejenigen
Kurven, die nach subkutanen Toxininjektionen erhalten werden, unter
30*
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468 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
sich die gemeinsame Eigenschaft, dafi ihr Maximum auf dem 15. Tage
nach den Injektionen liegt, ebenso wie andererseits der 10. Tag den
hdchsten Punkten der Antitoxinkurven nach intravenosen Injektionen
entspricht.
Dies scheint sehr konstant zu sein, wie viel die Kurven auch sonst
untereinander variieren mOgen.
Diese durchgehende Verschiedenheit zwischen den Antitoxinkurven
der subkutanen und den der intravasalen Injektionen rflhrt wahrschein-
lich daher, dafi verscbiedene Zellengruppen mit verschiedenem Sekretions-
vermbgen in Wirksarakeit treten, oder dafi wenigstens die Antitoxin-
beitr&ge der Zellen in den beiden Fallen verschieden ausgiebig werden.
Wenn man voraussetzt, dafi Rezeptoren fflr ein bestimmtes Gift in
mehreren ungleichwertigen Geweben des Organismus zu finden sind, so
ist es auch sehr plausibel, dafi man ebensoviele verschiedene Antitoxin¬
kurven bekommt, wie solche rezeptorenhaltige Gewebe existieren.
Auf dieselbe Weise, wie ich jetzt durch mtravasale Injektion eine
von den nach subkutanen Toxininjektionen verschiedene Antitoxinkurven
gefunden habe, gelingt es vielleicht, eine spezielle renale, intracerebrale
etc. Antitoxinkurve nach Injektionen des Toxins in die Niere, ins Gehirn
u. s. w. zu erhalten; nachdem das eine oder andere Gewebe durch die
Injektionen haupts&chlich interessiert wird.
Doch geht ja immer ein wenig Toxin durch Resorption ins Blut
hinfiber und dadurch wird immer die intravasale Kurve sich zu den
flbrigen addieren.
Es ist klar, dafi man durch ein systematisches Studium der diesbe-
zfiglichen Verhflltnisse eine genauere Kenntnis der Bildungsst&tten des
Antitoxins erhalten wird, wie es auch von praktischer Bedeutung fflr
die Antitoxinfabrikation ist, nach Aufsuchen desjenigen Gewebes, das
der kr&ftigste Antitoxinproduzent des Organismus ist, in grofiter Aus-
dehnung dasselbe auszunfltzen. Beim Botulismus wird es z. B. sehr
zweckm&Big sein, um eine grofie Antitoxinausbeute zu bekommen, das
subkutane Gewebe durch eine Menge kleinerer Toxininjektionen zu in-
filtrieren anstatt alles Toxin an einer und derselbe Stelle einzuspritzen,
da in jenem Falle das subkutane Gewebe, das sich als ein hervor-
ragender Antitoxinproduzent dokumentiert hat, in grofierem Umfange zur
Antitoxinbildung angeregt wird. Auf diese Frage werde ich spfiter zu-
rflckkommen.
Nachdruch verboten.
Die Wirkung des Aethylathers auf die hamolytisehen und
bakteriziden Sera.
[Aus dem Hygienischen Institut der k. Universitflt in Siena
(Direktor: Prof. A. Sclavo).]
Experimentelle Untersuchungen von Dr. D. Ottolenghi und Dr. N. Mori.
(Schlufi.)
Ob jedoch in der mit Aether extrahierten Substanz, aufier diesem
Fett, in minimaler Menge noch ein anderer Kflrper vorhanden ist, kflnnen
wir nicht mit Sicherheit sagen, wie es uns andererseits nicht mdglich
ist, anzugeben, welcbe Bedeutung die Substanz fflr die H&molyse hat.
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Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethyl&thers auf h&molyt. u. bakt. Sera. 469
Denn diese Sera werden durch Zusatz der besagten, in etwas Kochsalz-
lOsung emulsionierten Substanz nicht reaktiviert, und ferner, wenn man
einem rait Aether versetzten Serum den Aether vollstandig entzieht, so
dafi alles, was von ihm gelost wurde, im Schofie des Serums bleibt;
bleibt doch jede hSmolytische Wirkung aus.
Wie bereits erw&hnt wurde, beobachtet man bei einigen Sera nach
dem Schfltteln mit Aether zwischen den beiden gewOhnlichen Schichten,
in die sich das Gemisch trennt, eine dritte, Emulsionsschicht. Auch
diese prQften wir auf das hamolytische VermOgen, und auch sie besafi
keines, ganz wenige Faile ausgenommen, in denen jedoch die Hamolyse
offenbar durch die bedeutende Menge Aether, die in der Emulsion vor-
handen war, bedingt wurde; denn sie hOrte nach Vertreibung des Aethers
gleich auf.
Da diese und andere Versuche zur chemischen Erkiarung der vom
Aether auf die Hamolyse ausgeflbten Wirkung keinen Erfolg hatten,
suchten wir zu erforschen, ob diese sich auch mit irgend einer merk-
lichen Modifikation der beiden fiestandteile der Hamolysine: — Ambo-
zeptoren, Komplemente — offenbare.
Zu diesem Zwecke bedienten wir uns folgender Kombinationen von
hamolytischen Sera und roten Blutkorperchen:
1) Hundeserum — rote Blutkorperchen des Meerschweinchens;
2) Rinderserum — rote Blutkorperchen des Kaninchens;
3) Kaninchenserum — rote Blutkorperchen des Huhns;
4) Kaninchenserum — rote Blutkorperchen der Taube;
5) Eselserum — rote Blutkorperchen des Kaninchens.
Von der Annahme ausgehend, dafi in den mit Aether behandelten
Sera Vernichtung entweder der Ambozeptoren Oder der Komplemente
vorliege, studierten wir zunfichst das Verhalten der Sera den roten
Blutkorperchen gegenflber bei 0°; denn wenn unter dieseu Verhfiltnissen
die roten Blutkorperchen sensibilisiert wQrden, mufite man schliefien,
dafi die Ambozeptoren intakt waren, wenn dagegen keine Sensibilisation
erfolgte, konnte das Fehlen der Hamolyse entweder einer Vernichtung
der Ambozeptoren allein oder einer Verfinderung beider Bestandteile
des Hfimolysins beigemessen werden; und so war gleich der Weg fdr
weitere Untersuchungen vorgezeichnet.
Beim Hunde- und Rinderserum befolgten wir, da man im Meer-
schweinchenserum eine gute Quelle von den Ambozeptoren jener beiden
Sera sich anpassenden Komplementen hat, folgendes Verfahren: Nach-
dem man die zur Hervorrufung einer vollstandigen Hamolyse in 1 ccra
der gewOhnlichen BlutkOrperchenaufschwemmung erforderliche Minimal-
dose frischen Serums bestimmt hat, bereitet man folgende Gemische:
5 ccm BlutkOrperchenaufschwemmung + 5 Minimaldosen einfachen
Serums;
5 ccm BlutkOrperchenaufschwemmung -f- 5 Minimaldosen mit Aether
behandelten Serums (dabei die aufgelOste Aethermenge berflcksichtigend,
am das richtige Volumen dieses Serums zuzusetzen);
5 ccm Blutkorperchenaufschwemmung + 5 Minimaldosen mit Aether
behandelten Serums, dem aber der Aether mittelst der Pumpe entzogen
worden ist.
Durch Zusatz von Kochsalzl&sung bringt man die drei Gemische
auf das gleiche Volumen von 10 ccm. Ein viertes, zur Kontrolle dienen-
des Giaschen, enthfilt einfach Blutkorperchenaufschwemmung.
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470
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 4.
Die Gemische werden einige Stunden lang in Eis gehalten, dann
zentrifugiert und auf das Sediment, das man in 5 ccm Kochsalzlosung
suspendiert und in 5 Teile von je 1 ccm teilt, l&Bt man das reaktivierende
Serum einwirken 1 2 3 ).
Tabelle II.
Seram vom Hunde*) — Bote BlutkSrperchen des Meerschweinchens.
Aufsch wemmung A = Seram 0,5 ccm + 5 % Blutk5rp.-Aufsch wemmung in 0,85 % NaCl-Lsg.
. B -= 6 Std. 1 r. m. Aether
behandeltes Seram
0,55 ccm s ) +5 %
C = Serum wie bei B,
Aether mittelet der
Pumpe entzogen,
0,5 ccm + 5 °/ 0
D- - +5°/.
„ 0,85 7.
» 0,85 7.
„ 0,85 7.
9*1
\l% a
2*6
Diese Aufschwemmungen bleiben 4 Stunden bei 0°, dann werden sie zentrifugiert;
jedes Sediment wird mehrmals mit Kochsalzldsung ausgewaschen, hierauf in 5 ccm der-
selben Losung suspendiert. 1 ccm jeder so erhalteuen Fliissigkeit behandelt man, wie
folgt:
Ausfall der
Hamolyse
o < — > _
Blutkorp.aus d.Aufschwemmung A ..
A + frisches Meerschweinchenserum 0,5 ccm I o
g la ® Kru
B + do.
C.
C + do.
D.
D+ do.
0
fast kompL
0
kompi.
“a^-g
g O 2 QQ
fast kompL
0
0
In Tabelle II sind die Resultate zusammengestellt, die wir bei der
Kombination: Hundeserum — rote BlutkSrperchen des Meer¬
schweinchens erhielten; die bei der Kombination: Rinderserum
— rote BlutkSrperchen des Kaninchens erhaltenen Resultate
sind gl&nzlich die gleichen.
Bei den anderen Kombinationen: Kaninchenserum — rote
Blutkorperchen der Taube oder des Huhns dagegen, wendeten
wir kein fflr die Komplemente fremdartiges Serum an, sondern verfuhren,
wie folgt:
Nachdem wir die beiden Gemische: rote Blutkorperchen +
mit Aether behandeltes Serum und rote B1 utkSrperchen
1) Wir machten vergleichehalber auch andere Versuche, bei denen wir das kom-
plettierende Serum, statt es den bei 0° mit hamolytischem Serum behandelten und dann
gespiilten roten BlutkSrperchen zuzusetzen, direkt dem Geraisch: Blutkorperchen + zu
untersuchendes inaktives Serum beimischten; aber dieses einfachere und schnellere Ver-
fahren hat uns keine so deutlichen Resultate gegeben wie das oben beschriebene; die
Reaktivierung machte sich immer nur wenig bemerkbar. Dies hangt vielleicht davon
ab, dafi in den mit Aether behandelten Sera die Komplemente in Komplementoide um-
f ewandelt worden sind, sich jedoch ohne Hamolyse hervorrafen zu aonnen, mit der
omplementophilen Gruppe der Ambozeptoren zu verbinden vermogen, aber verhindemd,
dafi die durch Zusatz des komplettierenden Serums in das Gemisch eingefiihrten aktiven
Komplemente sich mit ihnen verbinden. Ob jedoch der Aether wirklioi nur die Eigen-
Bchait hat, die Komplemente innerhalb des angegebenen Zeitraums in Komplementoide
umzuwandeln, oder ob er sie auch vollstandig vernichtet, dies lafit sich vielleicht wohl
besser dadurch feststellen, dafi man den Tieren durch Aether inaktive Sera injiziert und
dann untersucht, ob ihr Serum dadurch antikomplementare Eigenschaften erlangt hat
oder nicht.
2) 0,1 ccm Hundeserum = minimale Dosis zur vollstan digen Hamolyse von 1 ccm
einer 5-proz. Meerechweinchenblutkorperchen-Emulsion in 0,85-proz. Kochsalzlosung.
3) Da das Hundeserum ca. 10 Proz. des Aethers ldst, wurde die Menge desselben
entprechend erhoht.
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Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethyl&there auf hamolyt. u. bakt. Sera. 471
-f- einfaches Serum hergestellt und sie geniigend lange Zeit in Eis
gehalten hatten, zentrifugierten wir sie, gossen die zentrifugierte Flussig¬
keit ab und prfiften dann an den gut ausgespfilten und in Kochsalz¬
losung aufgeschwemmten Sedimenten die Wirkung der abgegossenen
Flussigkeit.
Enthielt das mit Aether behandelte Serum Ambozeptoren und Kom-
plemente, so muBte Sensibilisation der Blutkorperchen erfolgen und dann
bei Zusatz der eigenen zentrifugierten oder der durch Zentrifugierung
des Gemisches: rote Blutkorperchen + einfaches Serum er-
haltenen Flussigkeit Hamolyse stattfinden; fehlten die Komplemente,
aber waren die Ambozeptoren vorhanden, so konnte nur Sterilisation
der Blutkbrperchen erfolgen, erkennbar durch die Hamolyse bei Zusatz
der aus dem Gemisch: Blutkorperchen 4- einfaches Serum
zentrifugierten Flussigkeit; waren nur die Komplemente vorhanden, dann
muBte die Sensibilisation der roten Blutkorperchen ausbleiben, aber die
zentrifugierte Fliissigkeit muBte beim Sediment des Gemisches: Blut¬
korperchen + einfaches Serum Hamolyse hervorrufen; waren
endlich sowohl Komplemente als Ambozeptoren vernichtet, dann muBte
die Sensibilisation der Blutkorperchen ausbleiben und die zentrifugierte
Flussigkeit muBte sich zur Reaktivierung der sensibilisierten roten Blut¬
korperchen als unfahig erweisen.
Die Versuche, die wir nach dieser Methode unter Vornahme von
Kontrollversuchen an den roten Blutkorperchen der Taube ausfuhrten,
Tabelle III.
Serum von Kaninchen. — Rote Blutkorperchen der Taube.
Serum a = Serum von Kaninchen *)•
Serum b = 3 Stunden Iang mit Aether behandeltes Serum von demselben Kanin¬
chen wie Serum a: vor dem Versuch wurde der Aether durch die Erhitzung des Serums
auf dem Wasserbad ausgetrieben.
Serum c = Serum von demselben Kaninchen wie Serum a, ohne Aether, gleich-
zeitig mit Serum b auf dem Wasserbad erhitzt.
Aufechwemmung Serum a + Blutkorp. \ 1 5 ccm Serum a + 0,25 ccm gewasch. Taubenblutkorp.
Ip,, „ b + 0,25
0,85 -/«
NaCl-Li
b +
c +
»g- +
d. h. 5
0,85 »/c
NaCl-
c + 0,25
Esg. 4" 0,25 ,, ,, .,
Die Rohrchen mit diesen Aufechwemmungen werden 4 1 /, Stunden bei 0“ gehalten,
dann schnell zentrifugiert: so erhalt man ein Sediment und einen Abgu6; dad gut aus-
gewaschene Sediment wird in 5 ccm Kochsalzlosung aufgeschwemmt, und 1 ccm jeder
dieser Fliissigkeiten wird mit je 0,5 ccm der verschiedenen Abgiisse versetzt, unter Zu¬
satz von Kochsalzlosung auf gleiches Volumen (2 ccm) gebracht, sodann 2 Stunden bei
37° und 20 Stunden bei 0° gehalten.
Blutkorperchen wahrend
4 l /-» Stunden bei 0° in
Nachdem man zentrifugiert und ausgewaschen hat, setzt
man 0,5 ccm des Abgusses zu, welcher nach Zentri¬
fugierung jeder folgenden Aufschwemmung entsteht
Beruhrung mit
Serum a
Serum b
Serum c
0,85 % Nad-
-f Blut-
+ Blut-
■f Blut-
Lsg. -f Blut-
korperchen
korperchen
korperchen
korperchen
a) Serum a
sehr stark
0
stark
0
(5) Serum b
stark
0
stark
0
y) Serum c
sehr stark
0
stark
0
i) 0,85-proz. KochsalzloBung
Spuren
0
minimale Spuren
0
Ausfall der Hamolyse
D 1 ccm Serum a = minimale Dosis zur fast vollstandigen Hamolyse 0,05 ccm
Blutkorperchen oder 1 ccm einer 5-proz. Blutkorperchenaufschwemmung in 0,85-proz.
Kochsalzlosung.
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472
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
gaben, wie aus Tabelle III ersichtlich, ganz deutliche Resultate. Da-
gegen gaben die an den roten Blutkorperchen des Huhns ausgefiihrten
Versuche ein weniger klares Resultat; weil es bei 0° nicht gelang, in
deni Gemisch: rote Blutkorperchen — einfaches Serum, die
Ambozeptoren von den Komplementen gut zu trennen; in der zentri-
fugierten Fliissigkeit war deshalb noch eine bedeutende Dose von den
ersteren vorhanden und die Fliissigkeit selbst war auch fur die mit
keinem Serum behandelten, sondern zur Kontrolle in Kochsalzlbsung ge-
haltenen Blutkorperchen hamolytisch.
Durch ahnliches technisches Verfahren konnten wir endlich fest-
stellen, daB auch das Eselserum, durch Behandlung mit Aether, wegen
Inaktivierung der Komplemente, das hamolytische Vermogen verliert.
Da die beschriebenen Versuche dartaten, daB binnen gewisser Zeit-
grenzen die Wirkung des Aethers auf die hamolytischen Sera sich darauf
beschrankt, deren Komplemente anzugreifen, schien es uns interessant,
zu erforschen, ob bei langerer Aetherbehandlung auch die Ambozeptoren
beeintrachtigt wiirden. Von den diesbeziiglichen Versuchen, die wir
bisher ausschlieBlich an Rinderserum vornahmen, geben wir ein Beispiel
in Tabelle IV, das deutlich dartut, daB dieses Serum, nach 48-stundiger
Tabelle IV.
Rinderserum. — Rote Blutkorperchen von Kaninchen.
Serum a = Rinderserum *).
Serum b = 48 Stunden lang mit Aether behandeltes Serum von demselben Rinde
wie Serum a.
Serum c — wie Serum b, aber vor dem Versuch wurde der Aether durch Er-
hitzung des Serums auf dem Waeserbad ausgetrieben.
Serum d = wie Serum a, gleichzeitig mit dem Serum c auf dem Wasserbad
erhitzt.
Aufschwemmung Serum a -f Blutkorp.
» n b 4- »
» yj ® “I - n
»» n ^ 4* ii
* „ 0,85 °/o
NaCl-Lsg. -f „
1 2 ccm Serum a 4- 0,40 ccm Kaninchenblutkorp/
2 n n b -f- 0,40 „ „
>d. h.
I 6 - ii
2 „
0,85
Lei
ii c + 0,40 „ „
ii d + 0,40 ,, ,t
Vo NaCl-
Leg. + 0,40 „ „
Diese Aufschwemmungen werden 3 Stunden bei 0° gehalten, sodann zentrifugiert:
so erhalt man ein Sediment und einen Abgufi. Das gut ausgewaschene Sediment wird
in 8 ccm Kochsalzlbsung aufgeschwemmt: 1 ccm jeder dieser Fliissi^keiten wird je mit
0,5 ccm der verschiedenen Abgiisse versetzt, unter Zusatz von Kochsalzlbsung auf
gleiches Volumen (2 ccm) gebracht, hierauf 2 Stunden bei 37° und 20 Stunden bei 0°
gehalten. Der Ausgang des Versuches ist folgender:
Blutkorperchen wahrend
3 Stunden bei 0° in Be-
Nachdem man zentrifugiert und ausgewaschen hat, setzt man
0,5 ccm des Abgusses zu, welcher nach Zentrifugierung jeder
folgenden Aufschwemmung entsteht
riihrung mit
Serum a
+ Blut-
korperchen
Serum b
+ Blut¬
korperchen
Serum c
+ Blut¬
korperchen
Serum d
+ Blut¬
korperchen
0,85 % NaCl-
Lsg. + Blut¬
korperchen
at) Serum a
(S) Serum b
y) Serum c
fi) Serum d
e) 0,85-proz. Kochsalzlosg.
sehr stark
sehr stark
sehr stark
sehr stark
Spuren
0
Spuren
0
0
0
0
Spuren
0
0
0
sehr stark
sehr stark
sehr stark
sehr stark
Spuren
0
Spuren
0
0
0
Ausfall der Hamolyse
1) 0,25 ccm Serum a = minimale Dosis zur vollstandigen Hiimolyse 0,05 ccm
Kaninchenblutkorperchen oder 1 ccm einer 5-proz. Kaninchenblutkorperchenaufschwem-
mung in 0,85-proz. Kochsalzlbsung.
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(8 ccm) mit
0,85 °/ 0 NaCl-
Ixg, gebracht
Ottolenghi u. Mori, Wirkg. des Aethyl&thers auf hftmolyt u. bakt Sera. 473
Behandlung mit Aether die roten BlutkQrperchen des Kaninchens noch
gut zu sensibilisieren vermochte.
Und hier ist es angebracht, zweier bemerkenswerter Eigentflmlich-
keiten Erwflhnung zu tun. Wie schon gesagt wurde, ist eine 24-stflndige
Behandlung mit Aether erforderlich, um dem Rinderserum das hflmo-
lytiscbe Verm5gen den roten Blutkdrperchen des Kaninchens gegenflber
zu entziehen und eine ungef&hr 48-stflndige, um es gegen die roten
Blutkdrperchen des Meerschweinchens unwirksam zu machen. Da je-
doch nach 48-stflndiger Behandlung mit Aether die spezifischen Ambo-
zeptoren fflr Kaninchenblut noch intakt sind, l&Bt sich mit aller Wahr-
scheinlichkeit schlieBen, dafi im Rinderserum zwei verschiedene hflmo-
lytische Komplemente vorhanden sind, von denen das eine auf die roten
Blutkdrperchen des Kaninchens wirkt und durch den Aether leichter
angegriffen wird, wahrend das andere, gegen den Aether resistentere,
auf die roten Blutkdrperchen des Meerschweinchens wirkt.
Die andere Eigentumlichkeit, auf die wir hinweisen mdchten, ist
folgende. Das Rinderserum hat die Eigenschaft, dafi es die roten Blut¬
kdrperchen des Kaninchens sehr stark agglutiniert, und eine ahnliche
Eigenschaft haben das Kaninchenserum den roten Blutkdrperchen der
Taube und das Eselserum denen des Kaninchens gegenflber. Nunwohl,
wahrend der Aether nach einer gewissen Einwirkungsdauer die h&mo-
lytische Wirksamkeit bei diesen Sera aufzuheben vermag, vermag er jedoch
innerhalb des gleichen Zeitraumes durchaus nicht das Agglutinierungs-
vermdgen, das sie besitzen, zu modifizieren.
Die beschriebenen Experimente, die dartaten, dafi der Aether auf einen
der beiden Bestandteile des Hamolysins, auf das Komplement, vorzugs-
weise wirkt — mag diese Wirkung nun in einer Veranderung seiner
toxophoren Gruppe, Oder in Herabminderung seiner Affinitat fttr den
Ambozeptor, oder in ganzlicher Vernichtung des Komplements, oder in
irgend einer anderen, vor der Hand noch nicht prazisierbaren Modi¬
fication bestehen — liefien natflrlich die Frage aufkommen, ob der Aether
das Vermdgen habe, alle Komplemente des Serums anzugreifen, oder
ob sich dieses Verm5gen nur den hamolytischen Komplementen gegen¬
fiber entfalte.
In der That haben Kyes und Sachs 1 ) neuerdings behauptet, dafi
frisches Meerschweinchenserum, wenn man es mit Aether schfittelt, aufier
der aktivierenden Wirkung fflr das Cobragift (welche aktivierende Wir¬
kung doch durch Komplement bedingt sein mull), auch die anderen
komplettierenden Funktionen verliert
Zur Ldsung der Frage wahlten wir, als fflr unseren Fall geeigneter,
Kaninchenserum, dessen Verbalten gegen Aether wir schon studiert
batten und dessen hervortretende komplettierende Eigenschaften fflr das
Hunde-, Rinder- und Eselserum dem Milzbrandbacillus (der vegetativen
Form) gegenflber ebenso bekannt sind wie sein bedeutendes bakterizides
Vermdgen gegen diesen Keim.
Die Versuche nahmen wir an Bruchteilen des gleichen Serums vor,
das wir, nachdem es 6 Stunden lang mit Aether behandelt worden war,
auf seine Wirksamkeit den roten Blutkdrperchen der Taube gegenflber
geprfift hatten, mit ganz den gleichen Resultaten, wie die schon mitge-
teilten.
1) Berlin, klin. Wochenschr. 1903. No. 2—4.
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474
Gentralbl. f. fiakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVHI. Heft 4.
Zum Studium des bakteriziden Vermogens bedienten wir uns des
technischen Verfahrens, das eioer von uns 1 2 ) neuerdings als geeignet fflr
solcbe Zwecke angegeben hat.
Nunwohl, wenn wir Portionen von 1 Stands lang bei 55° erhitztem
Hunde- oder Rinderserum oder von 1 Stunde lang bei 58° erhitztem
Eselserum, Portionen, die an und fflr sich den Milzbrandbacillus nicht
zu schadigen vermochten, kleine Mengen von mit Aether behandelten
and dann von diesem befreiten Kaninchenserum beimischten, erlangte
das betreffende Serum eine fast ebenso starke bakterizide Wirkung gegen
den Milzbrandbacillus wie bei Zusatz von gleichen Dosen einfachen Serums
(8. Tabelle IV und V).
Tabelle V.
Einsaat = 4240 Eolonieen.
(Die Ausdrucke Serum a, Serum b, Serum c haben dieeelbe Bedeutung wie in
Tabelle III.)
nach 3 Stunden bei 37°
Eolonieen
1) Hundeserum 1
2 )
3)
ccm
6) Serum a
7) „ b
8) „ c
1
1
1
1
0,05
0,05
0,05
+ Serum a 0,05 ccm
+ „ b 0,05 „
+ ,, c 0,05 „
+ Aether 0,05 „
1380*)
1
25
0
1023*)
6893
5300
5325
Mit 0,85-proz. Eochsalzldeung alle BOhrchen auf gleichee Volumen aufgefullt, zu
jedem Rdhrchen 3 Tropfen Bouillon zugeeetzt.
(Die Ausdrucke Serum a,
1)
2 )
3)
4)
5)
6 )
7)
Tabelle VI.
Einsaat = 12964 Eolonien.
Serum b. Serum c haben dieselbe Bedeutung wie in
Tabelle III.)
nach 3 8td.
bei 37°
Eolonieen
> 0 erhitztes Rinderserum 1 ccm 16 399
8) Serum
9) „
10 ) ,,
11) 1 Stun
12 ) 1 „
— - c
ft
„ 55*
ft
tt
1
tt
+ Serum b 0,05
ccm
1099
tf
„ 55*
ft
it
1
it
+
»
c 0,05
tt
1188
ft
„ 58°
>>
Eselserum
1
>>
8993
ft
„ 58°
ft
1
ii
+
11
a 0,05
it
2645
ft
„ 58"
ft
tt
1
n
+
11
b 0,05
tt
4202
ft
„ 58®
11
ii
1
t>
+
11
c 0,05
tt
6 406
a 0,05
ccm
14283
b 0,05
ft
15935
c 0,05
ft
13 539
de lane auf 55°
erhitztes Rinderserum 1
ccm
+ Aether 0,05
tt
15 729
tt
.. 58°
if
Eselserum
i
tt
+
tt
0,05
r
8 464
Mit 0,85-proz. Eochsalzldeung alle Rdhrchen auf gleichee Volumen angefflllt, zu
jedem Rdhrchen 3 Tropfen Bouillon zugeeetzt.
Und diese Wirkung konnte nicht dem Vorhandensein von Spuren
von Aether (dessen bakterizides Vermflgen bekannt ist) in dem mit
Aether behandelten Serum beigemessen werden; denn wenn wir dem
Hunde-, Rinder- oder Eselserum Aetherdosen zusetzten, die im Volumen
der bei diesen Versuchen von uns angewendeten Menge mit Aether be¬
handelten Serums gleichkamen — also Aethermengen, die sicherlich viel
groBer waren als die nach Verdampfung im Serum zurflckgebliebenen —
1) Ottolenghi, D., Ueber das Vorhandenseio von Eomplement im Fibrin.
(Centrab). f. Bakt. II. Abt. 1904.)
2) Viele Eolonieen sind sehr grofi.
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Jorgensen, Schwankungea des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 475
erlangten die besagten Sera doch keine ebenso deutliche bakterizide
Eigenschaft.
Man ist also zn dem Schlnsse gezwungen, daft — wenigstens beim
Kaninchenserum und in der angegebenen Zeitdauer der Aetherein-
wirkung — zwar die hamolytischen Komplemente vernichtet oder in
ibrer Wirkung beeintrfichtigt wurden, aber keine merkliche Modifikation
der bakteriziden Komplemente stattgefunden hat. Also auch anf diesem
Wege kame man zu der Annahme, daft zwei verschiedene Klassen von
Komplementen bestehen: bakterizide Komplemente, die der
Aetherwirkung widerslehen, und hamolytische Komplemente, die
empf&nglich fflr dieselbe sind.
Aus der Gesamtheit unserer Untersnchungen, scheint uns nnn, lassen
sich betreffs der von uns studierten Sera folgende SchlQsse ziehen:
1) Der Aethyiather bat die Eigenschaft, daft er normalen Sera, die
normalerweise hamolytisches VermSgen besitzen, dasselbe entzieht.
2) Zur Aufhebung des hamolytischen Vermdgens durch den Aethyi¬
ather bedarf es einer bestimmten Menge dieses Mittels und einer be-
stimmten Zeitdauer der Einwirkung.
3) Die Aufhebung des hamolytischen Vermdgens ist, aller Wahr-
scheinlichkeit nach, ausschlieftlich durch eine Veranderung der hamo¬
lytischen Komplemente bedingt
4) Der Aether Qbt, wenigstens beim Kaninchenserum und in dem
Zeitraum der zur Vernichtung seines hamolytischen Vermdgens genflgt,
keine merkliche Wirkung auf die bakteriziden Komplemente aus.
5) In dem zur Aufhebung des hamolytischen Vermdgens erforder-
lichen Zeitraum entzieht der Aether den Sera nicht die Eigenschaft, die
roten Blutkdrperchen zu agglutinieren.
Nachdruck vcrboten .
Schwankungen des Agglutinationsvennogens des Blutes
im Verlaufe des Typhus abdominalis.
[Aus dem Statens Seruminstitut in Kopenhagen.]
Klinische und experimentelle Untersnchungen 1 ).
Von Axel Jdrgensen.
Mit 44 Figuren.i
Ein leitung.
In „Festskrift ved Indvielsen af Statens Seruminstitut u , Kopenhagen
1902, habe ich zusammen mit Dr. Th. Madsen die Ergebnisse eines
recht umfassenden Studiums der Agglutininschwingungen bei aktiver
und passiver Immunisierung gegen Typhus und Cholera dargestellt Die
nachsteheuden Untersuchungen bilden zum grofien Teil eine Fortsetzung
jener Arbeit, und einzelne in derselben angegebene Kurven finden sich
im 3. Kapitel des vorliegenden wieder.
1) „Svingninger i Blodete agglutinerende Evne ved febris typhoidea.* Kliniske og
experimentelle Unaerefigelser. [Habilitationsechrift] Kopenhagen 1904. April.
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476
Centralbl. f. Bakt etc. I. AbL Originale. Bd. XXXV III. Heft 4 .
Bei der Aufstellung dieser Untersuchungen babe icb meinen Stoff
in der Weise geordnet, daB ich zuerst die Technik bespreche und zwar
besonders die MeBmethode erklSre.
Im 2. Kapitel wird eine Anzahl von Untersuchungen fiber die
Agglutininschwingungen bei Typhuspatienten, und im 3. Kapitel eine
Reihe von Versuchen an Tieren mitgeteilt. Es sind einzelne von diesen
Versuchen schon frfiher in der obengenannten Festschrift verOffentlicht
worden.
SchlieBlich werde ich in einem SchluBabscbnitt versuchen, die Re*
sultate zusammenzufassen, die sich mir aus dem vorliegenden Material
zu ergeben scheinen.
Kapitel I.
Zu den Versuchen wurde ausschlieBlich die makroskopische Bestim-
mung benutzt, weil sie vor der mikroskopischen den Vorteil hat, den
schnellen und genauen Vergleich zwischen einer groBeren Reihe von Sera
zu gestatten.
Im folgenden wird eine kurze Beschreibung der angewandten Me-
thoden gegeben, die von Jdrgensen und Madsen x ) frfiher dargestellt
wurde und die sich auf das gleiche Prinzip stfitzt, wie die von Mad¬
sen *) beniitzte kolorimetrische Methode zur Messung von Hfimolysin;
vorher jedoch sollen die einzelnen benutzten Faktoren erw&bnt werden.
Der Typhusbacillus, der bei alien Versuchen benutzt wurde, rflhrt
von einem Stamme her, der mehrere Jahre hindurch auf kfinstlichem
NShrsubstrate gezogen wurde und der nur schwach virulent war, indem
5 ccm 24 Stunden alter Kulturen nur in einzelnen Fallen Kaninchen
von 2000 g tdteten. Die angewandten Coli- und Cholerakulturen
kamen ebenfalls aus alten Laboratoriumsstammen, waren aber etwas
starker virulent als der benutzte Typhusbacillus.
Die Kulturen waren in einer gewfihnlichen Fleischpeptonbouillon
(0,5 Proz. NaCl, 1 Proz. Pepton) angelegt, die schwach alkalisch auf
Lackmuspapier reagierte, aber mit Phenolphthalein keine Rotfarbung
zeigte.
Schon bei friiher verSffentlichten Versuchen wurde ein recht be-
deutender Unterschied der Agglutination in verschiedenartigen Bouillons
beobachtet, wesentlich wohl in der Starke, aber auch in anderen Be-
ziehungen (dem Zeitpunkt des Eintretens der Reaktion und in der Farbe,
Form und Gr6Be der Flocken). Es wurden deshalb stets so groBe
Mengen auf einmal zubereitet, daB alle die zu vergleichenden Versuche
mit derselben Bouillon (aufbewahrt im Dunkeln und auf Eis) ausgeffihrt
werden konnten.
Inzwischen muB bei der Bestimmung der Agglutininschwingungen
das Hauptgewicht auf das gegenseitige Verhaitnis der einzelnen Sera von
demselben Patienten zueinander gelegt werden, und die Bestimmung dieser
Sera wurde deshalb gleichzeitig und in der gleichen Kultur ausgeffihrt.
Zu einem grofien Teil der in Kapitel III erwfihnten Versuche sind
gekochte Kulturen benutzt worden, die sich langere Zeit unverfindert
halten kfinnen. Ein grdBeres Quantum derselben Bouillon wurde gleich¬
zeitig gesfit und die 24 Stunden alte Kultur wurde nach der Verteilung
1) Jorgensen og Madsen, The fate of typhoid and cholera agglutinins during
active and passive immunisation. (Festskrift vea Indvielsen af Statens Seruminstitut.
Kopenhagen 1902.)
2) Madsen, Th., Ueber Tetanolysin. (Zeitschr. f. Hygiene etc. Bd. XXXII.
1899.)
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 477
in kleinere sterile Gefafie anf 115° C erwSrmt und dann in Eiskammern
bei 2—4° C aufbewahrt.
Es warden stets 24 Stunden alte Kulturen benutzt, und unmittelbar
vor den Versuchen wurde ‘/a-promill. Formaldehyd zugesetzt, um die
Infektion der Kulturen wihrend der Versuche in den offenen Glasern,
sowie das Wachsen der Bacillen, wenn lebende Kulturen benutzt wurden,
zu vermeiden.
Die Blutproben wurden bei Patienten durch Stiche in den fiufieren
Ohrrand und bei Ziegen und Kanincben von der Hals- bezw. Ohrvene
gewonnen. Das Blut wurde in sterilen Glasern gesammelt und das nach
34—36 Stunden ausgeschiedene Serum in andere sterile Glaser (Widal-
Glaser) Obergefflhrt und in der Eiskammer zu gleicbzeitiger Untersuchung
aufbewahrt
Da es sich gezeigt hat, dafi die Schwingungen im Blute oft mit grofier
Schnelligkeit vor sich gehen, so dafi ihre Starke sich schon im Laufe
weniger Stunden bedeutend verandern kann, wurden die Blutproben an
den verschiedenen Tagen, soweit mbglich, um dieselbe Stunde genommen.
Die Messung wird auf folgende Weise ausgeifihrt:
Eine groCe Anzahl, soweit mdglich einheitlicher Reagenzgiaser 1 ),
angebracht in langen Metallstandern, werden mit genau der gleichen
Menge der betreffenden Kultur gefflllt. Zu einzelnen Versuchen an
Ziegen wurden grbfiere Reagenzgiaser mit 10 ccm Kultur in jedem be¬
nutzt, aber da die bei den oft wiederholten Aderlassen an Menschen
und Kaninchen gewonnene Serummenge verhaitnismafiig nur gering war,
wurden zur Messung dieser Sera ausschliefilich mit 1,5 ccm Kultur ge-
ffillte kleine Reagenzgiaser (11 X 70 mm), die sogenannten Widal-
Glaser, benntzt.
Zu diesen gleichgrofien Kulturmengen wurden die verschiedenen
Sera dann so abgemessen, dafi man von jedem eine ganze Reihe von
Glasern mit nach einer bestimmten Skala, mit dicht nebeneinander
liegenden Dosen abnehmende Serummenge erhielt. Um inzwischen die
zum Abmessen von Serum ndtige Zeit mSglichst zu verkQrzen, wurde
stets vorher — durch einen orientierenden grbberen Versuch — der
Agglutinationswert der einzelnen Sera annfiherungsweise bestimmt, so
dafi man sich im Hauptversuche mit einer verhaitnismafiig kleinen An¬
zahl von Glasern (8—12) ftlr jede Serumprobe begntigen konnte.
Die Serummenge wurde mittels 1 ccm-Pipetten mit Vioo-Einteilung
abgemessen und zur Verdfinnung wurde steriles 0,85-NaCl benutzt.
Nach der Abmessung wurden Serum und Kultur durch Schiitteln
sorgfaltig gemischt und die Stander 2 Stunden in Ostwalds Wasser-
thermostaten (37° C) niedergelassen.
Bei den Versuchen, zu denen frische Kulturen angewandt wurden,
jedoch nur l 1 /* Stunden, da die Agglutination schon nach dieser Zeit
so weit vorgeschritten war, dafi sie sich zur Ablesung eignete, wurden
nach Ablauf der genannten Zeit die Stander mit den Glasern aus dem
Thermostaten entfernt und jede Serie von Glasern enthielt dann eine
fortlaufende Skala von Agglutination, von einer fast vollstandigen
Klarung der Flttssigkeit in den Glasern mit den grofiten Seruramengen
durch eine immer feinere und dichtere Flockung bis zu einer nicht
mehr wahrnehmbaren Agglutination in den Glasern mit den geringsten
1) Die Gl&ser wurden vor jedem Versuche bei 160° C trocken sterilisiert, um die
geringen Mengen von Agglutinin, die mOglicherweise — trotz sorgfaltiger Reinigung —
in einzelnen zuriickgeblieben sein konnten, sicher zu destruieren.
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478
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Serummengen. Jedes dieser Glaser mit nicht allzu vorgescbrittener
Agglutination l&Gt sich dann mit genflgender Leichtigkeit und Sicher-
heit durch die Feinheit und Dicbtigkeit der Flocken von den Nachbar-
giasern unterscheiden. Mit einem solchen Glase als Ausgangspunkt
ist es bei Vergleichungen leicht, das Glas in jeder der anderen Serien
zu bestimmen, das genau den gleichen Grad von Agglutination zeigt
Zur Kontrolle der Messung wird ein Vergleich mit einem anderen
Glase als Ausgangspunkt wiederholt.
Die Messung muG moglichst schnell ausgefiibrt werden, da die Ag¬
glutination im MeGglase nach einiger Zeit infolge des Schflttelns das
Aussehen verandert.
Durcb die Anordnung der Messung in dieser Weise ermbglicht man
die Bestimmung des Verhaitnisses der Agglutinationsfabigkeit all der
untersuchten Sera.
Um die Werte der verschiedenen Versuche vergleichen zu kOnnen,
babe icb als MaG ein „Standardserum“, von einer immunisierten Ziege
genommen, benutzt. Wo ich bei den Versuchen gekochte Kulturen an-
gewandt habe, hat dies Standardserum unter gleichartigen Umstanden
fast konstant dieselbe Agglutinationskraft gezeigt. Bei frischen Kul¬
turen variierte der Grad der Agglutination etwas, doch selten mehr als
2—3 Glas in der Skala.
Ein Beispiel dtlrfte die Methode am besten illustrieren.
Einem frischen Kaninchen wurde am 27. Juni 1903 1 ccm 24 Std.
alter Typhusbouillonkultur intraperitoneal injiziert, und man wflnschte
die Variationen des Agglutiningehaltes im Serum des Tieres in der fol-
genden Zeit bis zum 18. Jub zu bestimmen. Mit passenden Zwischen-
rfiumen wurden Blutproben, im ganzen 11, genommen, und das jedesmal
gewonnene Serum wird gleich im Dunkeln auf Eis gesetzt bis zum Ver-
suchstage, dem 22. Juli.
Tabelle 1.
Glas
No.
1 0,15
2 0,1
3 0,08
4 0,06
5 0,05
6 0,04
7 0,035
8 0,03
9 0,025
10 0,02
11 0,017
12 0,013
13 0,01
14 0,008
15 0,006
16 0,005
17 0,004
18 0,0035
19 0,003:
20 0,0025
21 0,002 •
22 0,0017
23 0,0013
24 0.001-
25 0,0008
26 0 (Kontrolle)
S ^ d -27./6. 30./6. 2./7. 5./7. 6./7.
X
Serum vom
x
6
7./7. 9./7. 11./7. 13./7.
o
X
0
X o
X
6
x
x
6
x o
:>o :
>x
>o
16./7. 18./7.
>x
>Xo
0
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 479
Wie aus vorstehender Wiedergabe des Versuchsprotokolls hervor-
geht, warden zur Messung von Standardserum 10 Glaser und zu jedem
der anderen Sera 12 Glaser Kultur benutzt.
Die Zahlen in der ersten Kolonne der Tabelle geben die Skala der
Serumdosen, nnd die Mengen, die jeder Serie zugesetzt wurden, sind
dnrch Punkte vor der Skala angegeben.
Nach 2 Stunden langem Aufenthalt im Wasserthermostaten wurden
die Stander aufgenommen und die Messung begann. Als Mafi wurde
Glas 7 der Standardserie (Glas 14 der Skala), das in der Tabelle
mit O bezeichnet ist, benutzt, und das Glas in jeder Serie, welches
denselben Grad von Agglutination zeigte, wurde mit dem gleichen
Zeichen versehen. Bisweilen wurde die entsprechende Agglutination in
keinem der Glaser gefunden, sondern lag zwischen zweien — so am
9. Juli zwischen Glas 9 und 10 (19 und 20 der Skala) — das ist in
der Tabelle durch > zwischen den entsprechenden Punkten bezeichnet.
Fand man, daB der als Ausgangspunkt benutzte Agglutinationsgrad dem
einen oder anderen der beiden Glaser naher lag, so wurde dies — so
wie am 7. Juli — durch > bezeichnet In der gleichen Weise wurde
der dem Standardglase No. 5 (Mrk X) entsprechende Agglutinationsgrad
fflr alle Sera bestimmt
In der Voraussetzung, daB derselbe Agglutinationsgrad der gleichen
Menge freien Agglutinins entspricht, hat man in den reziproken Werten
der gefundenen Dosen den Agglutiningehalt per 1 ccm des entsprechen¬
den Serums ausgedrfickt in willkflrlichen Einheiten (die Agglutininmenge
in dem zum Vergleiche benutzten Mefiglase).
Obenstehendes Beispiel ergibt also folgendes:
Tabelle 2.
Serum vom
0,008 ccm vom
Standardeerum
r~\
reziproker Wert
0,013 ccm vom
Standardeerum
y
reziproker
27./6.
<0J5
0
<0,15
0
30./6.
0,04
25
0,06
16,7
2./7.
0,0035
285,7
0,006
166,7
400
5./7.
0,0017
588,2
0,0025
6./7.
0,0013
769,2
0,002
500
7.S7.
0,0019
526
0.003
333,3
9./7.
0,0027
370
0,004
250
11./7.
0,004
250
0,006
166,7
13./7.
0,006
166,7
0,009
111
16./7.
0,01
100
0,015
66.7
18./7.
0,013
76,9
0,022
45,5
Diese gefundenen Werte sind in Figur 1 graphisch dargestellt, wo
an der Abscissenachse die Zeit in Tagen und an der Ordinatenacbse die
Werte (Anzahl der Einheiten) per Kubikcentimeter Serum angemerkt sind.
Die gleiche Methode wurde bei Experimenten mit B. coli und V.
cholerae benutzt, doch wurde fflr V. cholerae jedem Glase Ascites
im Verhaltnis von 0,3 ccm Ascites zu 10 ccm Kultur zugesetzt.
Um nun die Brauchbarkeit der Methode beurteilen zu kdnnen,
mflssen wir auf einzelne Umstande naher eingehen und sehen, mit
welchen Fehlern gearbeitet wird.
Wie frflher erwahnt, ergaben die verschiedenen Nahrsub-
strate einen erkennbaren Unterschied der Reaktionsweise. Ich habe
deshalb in einem Einzelversuche einen Vergleich angestellt zwischen der
Agglutination in Kulturen in 4 Bouillons (I—IV) und in dem von
Courmont angegebenen Substrat (V) (bestehend aus 2 Teilen Pepton,
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480
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
1 Teil Zucker and 100 Teilen Wasser). Die Bouillons waren ganz genau
auf gleiche Weise zubereitet, aber zu verschiedener Zeit und vom Fleische
verschiedener K&lber; zu I, III und V wurde Pepton Witte benutzt und
zu II und IV bezw. belgisches Pepton und Pepton Chapautdt.
Die Agglutination von I—IV ergab eine
recht auffallende Verschiedenheit. Wah rend
die Flocken in I und III in der ganzen Flfls-
sigkeitssaule recht abgegrenzt und ziemlich
gleichartig waren, zeigten sie sich in II und
IV loser und unregelm&Biger mit Neigung zu
zerstreuter, grdberer Zusammenballung. Fer-
ner wurde beobachtet, daB die Eeaktion in
II schon von Anfang an im Verhaitnis zu
den anderen etwas versp&tet war. Im grofien
und ganzen war jedoch ein Vergleich zwi-
schen den Agglutinationen in den verschie-
denen Bouillons recht leicht und der graduelle
Unterschied zwischen den einzelnen Giasern
einer Serie in derselben Bouillon genOgend
deutlich, wenn auch die Messung in Bouillon I
und III absolut leichter war als in II und IV.
Im Gegensatzbierzuergab Courmonts
Substrat ganz andere Verhaitnisse. Die Kultur
zeigte hier eine Agglutination, deren Flockung
so bedeutend feiner war, daB eine Verglei-
chung mit der Agglutination in den 4 Bouil¬
lons Qberaus schwierig wurde. AuBerdem war
der Uebergang von Glas zu Glas in der Serie
so fein und der Unterschied so gering, daB
ein Erkennen desselben oft ganz unmdglich
war.
Daraus ergibt sich also, daB einzelne
Bouillons sich besser zur Messung eignen
als andere, und daB es auf einem Zufall be-
ruht, ob man die rechte triflft Wenn des-
halb im folgenden einzelne Messungen sich
genauer erweisen als andere, so beruht das vielleicht zum Teil auf einem
solchen Zufalle.
Die Verschiedenheit des Aussehens der Agglutination in den ver-
schiedenen Bouillons und der so oft beobachtete Unterschied des St&rke-
grades macht es inzwiscben notwendig, zu untersuchen, ob das relative
Verh<nis zwischen den Serumwerten durch ihre Bestimmung in der
einen oder anderen Bouillon verandert wird.
Um dieses zu beleuchten, wurden die Agglutinationswerte einer Reihe
von Sera gleichzeitig in den 5 obengenannten N&hrsubstraten bestimmt.
Tabelle 3.
Serum vom
Substrat I
n
III
IV
V
23./10.
0,002
0,003
0,0019
0,0019
0,0022
26./10.
0,0016
0,0025
0,0014
0,0015
0,0017
29./10.
0,001
0,0014
0,0009
0,001
0,0008
31./10.
0,0006
0,0009
0,00055
0,0006
0,0005
l./ll.
0,0005
0,00065
0,00043
0,00047
0,00035
2./11.
0,00065
0,001
0,0006
0,0007
0,0005
4./11.
0,00075
0,0011
0,00065
0,00075
0,00065
7./11.
0,0008
0,0012
0,0007
0,0008
0,00075
Ufa fa 3 9 15 17
Fig. 1.
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
Jorgensen, Schwankungen deg AgglutinationsrermOgens des Blntes etc. 481
In den obenerw&hnten Versuchen betrug die groBte gegenseitige
Verschiedenheit zwischen den Reihen I—IV 9 Proz. und in der H&lfte
der Faile unter 3,1 Proz. Folglich muB das Verhaitnis zwischen den
Werten dasselbe sein in den 4 Reihen oder mit anderen Worten, die
Form der Knrve ist die gleiche, ob sie nun in der einen oder anderen
der 4 Bouillons bestimmt wurde.
Vollstandig hiervon abweichende Verhaitnisse ergab Courmonts
Substrat (V), aber vielleicht liegt das daran, dafi die Agglutination in
diesem Nahrsubstrat ein etwas anderer ProzeB ist und sich flberhaupt
mit der Agglutination in Fleischpeptonbouillon nicht vergleichen laBt.
Einen entsprechenden Fehler fand ich bei einer Doppelbestimmung
(a und b) in derselben Bouillonkultur, indem der grSBte Fehler unter
7 Proz. lag (s. Tabelle 4).
Tabelle 4.
Serum vom
23./10.
26./10.
29./10.
31./10.
1. /ll.
2 . / 11 .
4./11.
7./11.
a
b
Dieselbe Kultur auf
115° C erwarmt
0,0025
0,0025
0,015
0,002
0,0019
0,012
0,00115
0,0012
0,0065
0,0008
0,00075
0.0045
0.000575
0,0006
0,0035
0,000825
0,000825
0,00475
0,0009
0,0009
0,005
0,001
0,00095
0,0055
Durch die momentane Erwarmung auf 115° einer Typhuskultur
wird ihre Agglutinationsfahigkeit sehr bedeutend geschwacht Die Ag¬
glutination tritt langsam ein und die Flockung ist feiner. Es ist des-
halb schwierig, die Agglutination in der erwarmten Kultur mit der in
der lebenden Kultur zu vergleichen, wenn auch nicht so sehr wie bei
der Kultur in Courmonts Substrat Ich habe indessen versucht, diese
Schwierigkeit zu umgehen, indem ich den Starkegrad meines Standard-
serums sowohl in der frischen als in der gekochten Kultur bestimmte.
Nach dem Wasserbade vergleicht man die beiden Standardseri und sucht
die beiden Glaser — eins aus jeder Reihe — in denen der Agglutina-
tionsgrad so genau als moglich der gleiche ist Das Standardglas von
frischer Knltur wird dann als MaB bei Ablesungen von Sera in frischer
Kultur, das von gekochter Kultur zu Seris in gekochter Kultur benutzt.
Auf diese Weise habe ich einen Vergleich zwischen der Bestimmung
einer Kurve in einer frischen Kultur und in der gleichen auf 115° C
erwarmten Kultur (s. Tabelle 4) angestellt und gefunden, daB der Fehler
in diesem Versuche unter 6 Proz. lag. Aus der Tabelle geht gleich-
zeitig hervor, daB der Starkegrad der Agglutination in der gekochten
Kultur ca. schwacher war als in der frischen. Inzwischen muB aus-
drlicklich darauf aufmerksam gemacht werden, daB nicht alle Faile Ueber-
einstimmung der Resultate zwischen der Anwendung von frischer und
von gekochter Kultur aufweisen. Unter gewissen Umstanden kbnnen die
Abweichungen recht bedeutend werden. Es muB daher als richtig betrachtet
werden, zu Versuchen, deren Resultate verglichen werden sollen, stets, so-
weit mQglich, die gleiche Kultur anzuwenden, und nur mit Vorbehalt die
erzielten Ergebnisse auf Verhaitnisse in anderen Kulturen zu dbertragen.
Bei der Abmessung von Serum in einer Serie von Giasern kann
die Menge der hinzugefflgten Flussigkeit von 0,06 ccm bis zu 0,5 ccm
variieren. Da nun die Kulturmenge in jedem Glase nur 1,5 ccm be-
tragt, dttrfte es das Richtige sein, die FlQssigkeitsmenge durch NaCl-
AuflOsung stets auf ira ganzen 2 ccm abzurunden. (Forte, folgt)
482
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Nachdruck verboten.
Ueber die Agglutination des Pestbacillus.
[Aus dem Kaiserl. Institut fur Infektionskrankheiten in Tokio
(Direktor: Prof. Dr. S. Kitasato).]
Von Dr. G. Shibayama, Abteilungsvorsteher im Institut.
Gs ist eine bekannte Tatsache, dafi die verschiedenen Stfimme einer
Bakterienart von demselben Immunserum nicht immer bei derselben
Verdflnnung agglutiniert werden. R. Pfeiffer und Kolle haben ge-
zeigt, dafi ein virulenter Choleravibrio von Choleraziegenserum bei der
VerdOnnung von 1:1000, ein avirulenter aber bei 1: 100000 agglutiniert
wird. In einer umfangreichen Arbeit von Kolle, Gotschlich(l)
etc. Qber Choleravibrionen sagen die Autoren: „Unterschiede in der
AgglutinabilitQt der Kulturen spielen dabei keine Rolle, da nur so hoch-
wertiges Serum zur Differenzierung herangezogen werden kann, welches auch
die am schwersten agglutinierbaren Kulturen rasch (innerhalb 1 Stunde)
zur Agglutination bringt. Gruppenreaktionen scheinen bei den vibrionen-
agglutinierenden Serumproben nicht vorzukommen etc. u Aber aus unserer
genaueren Betrachtung von Kolles Untersuchungen kdnnen wir schliefien,
dafi ein Cholerapferdeserum (Tabelle IV in Kolles Arbeit) einige Vi-
brionen bei ^qoo und andere bei V*oooo und ein Cholerakaninchenserum
(Tabelle VI) einerseits in der VerdQnnung 1:2000 und andererseits bei
1:10000 oder 1:20000 agglutiniert. Also ist die Schwankungsbreite
in der Agglutinabilitat ziemlich groG. Unseres Grachtens ist dieses Ver-
halten nicht zu vernachlQssigen.
Bei Untersuchung der Pestratten, welche im Mai dieses Jahres in
einem St&dtviertel in Tokio gefunden wurden, habe ich erfahren, dafi
jede Pestbacillenkultur aus zwei Pestratten von einem unserer Pest-
pferdeserum verschieden agglutiniert wurde. Die eine Kultur wurde bei
der VerdQnnung von 1:50 und die andere bei 1:100 agglutiniert
Daraus glaubte ich schliefien zu k6nnen, dafi die verschiedenen Pest-
st&mme gegen dasselbe Immunserum verschiedene Agglutinabilit&t zeigen
kdnnen. Daraufhin habe ich die Agglutination von Qber dreifiig Pest-
kulturen unseres Pestlaboratoriums geprQft. Die Herkunft der geprfiften
Pestkulturen ist wie folgt:
Tabelle I.
Verzeichnis und Herkunft der gepriiften Kulturen.
No. Herkunft der Kulturen
1
2
3
4
5
6
7
8
aus dem Pestkranken in Kobe, 1899
„ „ „ „ Wakayama, 1900
tf >» »i « Osaka ,,
ft V ft ft ft ft
»> tt tt tt tt tt
„ Pestkatze (Bpontaninfektion!) in Wakayama, 1900
„ dem Pestkranken des Dampfers „Hiroshima-Maru u , 1900
„ „ „ in Kobe, 1900
10
tt
tt tt
it
tt
tt
11
tt
Peetratte
t$
„ 1902
13
tt
dem Pestkranken
tt
Nagasaki, 1902
14
tt
tt tf
tt
tt
tt
15
tt
tt *>
tt
tt
tt
16
tt
tt tt
tt
It
tt
17
tt
tt tt
tt
Hongkong, 1902
18
ft
tt tt
ii
Yokohama, „
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bv Google
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
Shibayama, Ueber die Agglutination des Pestbacillus.
483
No.
19
20
21
22
23
24
25
26
29
30
34
35
36
38
39
Herkunft der Kulturen
aus dem Pestkranken in Yokohama, 1902
tt yy yy i» yy >»
yy yy yy >> yy yy
yy yy yy yy yy >»
yy yy p yy yy yy
yy yy yy yy yy n
„ Pestkatze (Spontaninfektion!) in Yokohama, 1902
„ dem Pestkranken in Tokio, 1902
yy yy »» yy yy yy
yy yy yy yy yy »
„ Pestratte in Tokio, 1902
yy >y yy yy yy
yy yy yy yy yy
yy yy yy yy yy
„ dem Pestkranken des Dampfers „Kagoshima-Maru“, 1903
Tabelle II.
Agglutination mit Pe6tpferdeserum A.
NB. Peetpferdeserum A ist das Gemisch von Sera der hoch gegen Pest
immunisierten rferde No. 10, 15, 13, 19 und 27; alie Pferde sind mit Kultur
No. 1 immunisiert.
Kultur
in 32* C
No.
Serumverdiinnung
.
1:25 |
1:50
1:100
1:200
1:300 j
1:500
1:600
1
+ +
1
2
+
4-
—
—
—
—
—
3
+
+
—
- 1
| -
—
4
+ +
+
+
—
—
5
+ +
+
+
—
—
—
—
6
+ +
+ +
+ +
+ +
+
4-
4-
7
+ +
+ +
+ +
+ +
+
4-
+
8
+ +
+ +
+ +
+
4-
4-
+
10
+ +
+
—
—
—
—
—
11
+ +
+ +
+
—
—
—
—
13
+ +
+ +
+
—
—
—
—
14
+ +
+
—
—
—
—
—
15
4 +
+ +
—
—
—
—
—
16
+ +
+ +
—
—
—
—
—
17
+ +
+
—
—
—
—
—
18
+ +
+ +
—
—
—
—
—
19
+ +
+
—
—
—
—
—
20
+ +
+
—
—
—
—
—
21
+ +
+
+
—
—
—
—
22
+ -
+ +
+
+
—
—
—
23
+ +
+ +
+ +
+ +
+
4-
4
24
+ +
+ +
+ +
4-
4-
4
25
+ +
+ +
+
—
—
—
—
27
+ +
+ +
+
+
—
—
—
29
+ +
+ +
+
4-
—
—
—
30
+ +
+
—
—
—
—
—
31
+ +
+ +
+
+
—
—
—
34
+ +
+ +
-F
—
—
—
-
35
+ +
+ +
+
—
—
—
—
36
+ +
+
—
—
—
—
—
38
+ +
+
—
—
—
—
—
39
+ +
+
—
—
—
—
—
Die Reaktion wurde nach 24-stflndigem Verweilen im Brfltschrank
makroskopisch beobachtet. ++ totale Kl&rung der FlQssigkeit;
+ kleine Flockenbildnng; + teilweise Flockenbildung; — totale Trfl-
bung der Aufschwemmang.
31*
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484
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Original©. Bd. XXXYIII. Heft 4.
Tabelle III.
Agglutination mit Pestpferdeserum B.
NB. Pestpferdeserum B ist das Gemisch von Sera der hochimmunisierten
Pferde No. 11, 17, 20, 21 und 28; alle fiinf Pferde wurden mit Pestkultur No. 1
behandelt.
Kultur
in 32“ C
No.
Serumverdimnung
1:25
1:50
1:100
1:200
1:300
1:500
1:600
1
+ +
+
_
_
_
_
2
+
+
—
_
—
—
—
3
+
+
—
—
—
—
—
4
+
+
—
—
—
—
5
+ +
—
—
—
—
6
+ +
+ +
+ +
+ +
+
4
4
7
+ +
+ +
+ +
+ +
+
+
4
8
+ +
+ +
+ +
+ +■
4
+
+
10
+ +
+
—
—
—
—
11
+ +
—
—
—
—
13
+ +
4*
+
—
—
—
—
14
+ +
+
T
—
—
—
15
+ +
+
—
—
—
—
—
16
+ +
+
—
—
—
—
—
17
+ +
+
+
±
—
—
—
18
+ +
+
—
—
—
—
—
19
+ +
=F
—
|
—
—
—
20
+ +
+
—
—
—
—
21
+ +
—
—
—
—
—
—
22
+ +
+
+
+
—
—
—
23
+ •
++
1 + +
+ +
+
4
4
24
+ +
+ +
; + +
+ 4-
+
4
4
25
+ +
+
i —
—
—
—
26
+
—
—
—
—
—
29
■+ +
+
+
—
i — i
—
—
30
+ +
+
, +
—
—
—
—
31
+ +
+
' +
—
—
—
—
34
+ +
++
+
+
4~
—
—
36
+ +
+
—
—
i —
— ;
—
38
+ +
i +
—
! —
!
—
39
+ +
I +
—
i —
—
—
Aus diesen Prfifungen habe ich festgestellt, daB die
Kulturen bei 32° C durch dasselbe Immunserum ver-
schieden stark (1:25—1:600) agglutiniert wurden.
Paltauf hat schon gezeigt, daB die Agglutination eines Pest-
pferdeserums bei verschiedenen S tarn men nicht gleichm&Big auftrat, so
daB sie bei einem Stamm (Kitasato) viel frflher und st&rker hervor-
trat, als bei einem anderen (Roux-Stamm). Nach Klein (2) zeigte
aber das Blut geimpfter Meerschweinchen ungefahr 14 Tage nach der
Impfung eine Agglutinationswirkung in der VerdQnnung von 1:20 oder
1:30 in 15 Minuten. Verschiedene StSmme aus Indien, vom Kap, Sud-
amerika, Alexandria, Smyrna und Hongkong agglutinierten alle ganz
gleich. Markl (3) fand auch, daB Sera von zwei mit abgetdtetem
Pestagar oder Pestbouillonkulturen immunisierten Pferden noch in Ver-
dunnung 1:100 binnen 1 / 8 —1 Stunde bei Brflttemperatur alle unter-
suchten sechs Peststfimme (Pg, Pm, Po, Roux, Kitasato und London)
agglutinierten, Pariser-Serum und Messina-Serum aber in 1:2 innerhalb
2 Stunden bei Brtittemperatur keinen von den untersuchten sechs
St&mmen. Nach Aujeszky und Wenhardt (4) wurde eine von einem
Glasgower Pestfall stammende virulente Kultur durch ein aus dem Pa-
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Shibayama, Ueber die Agglutination dee Pestbacillus.
485
riser Institut Pasteur bezogeues Serum bei 1:50 stark, bei 1:100
jedoch nur kaum agglutiniert. Kolle und Martini (5) berichten, daB
das Pariser Trockenserum eine ganze Anzahl Stamme verschiedener
Virulenz und verschiedener Herkunft in Verdiinnung von 1:1000 bis
1:6000, je nach Virulenz, agglutiniert Ihre Meinung ist, daB je
weniger virulent eine Kultur ist, desto starker sie von einem spezifisch
agglutinierenden Serum agglutiniert wird, wie Pfeiffer und Kolle bei
Typhus und Cholera bestatigt hatten.
Dies differente Verhalten bei der Agglutination der
Pestkulturen in 32° C erklkrt sich nach meiner Beobach-
tung daraus, daB alle schwer agglutinierbaren Kulturen
stark fadenziehend nnd zahe sind. Die differente Agglu-
tinabilitat diirfte also von differenter Zahigkeit der
Kultur abhangen. Weitere Untersuchungen stimmen mit dieser
Erkiarung ganz flberein.
Kulturen No. 3 und 21 bei 32° C, welche schwach (1:50) agglu¬
tiniert werden, und Kulturen No. 23 und 24 bei 32° C, welche starker
(1:600) agglutiniert werden, habe ich auf Agar geimpft und bei 37° C
aufgestellt. Nach 48 Stunden sind alle Kulturen stark zah und
fadenziehend und man findet darin kaum Unterschiede
der Agglutinabilitat, welche bei Kulturen von 32° C stark her-
vortreten. Die Agglutinationsprobe mit diesen zahen Kulturen fallt
bei Verdiinnung 1:100 durchweg negativ aus (Tabelle IV).
Tabelle IV.
Kultur
in 37° C
No.
Serumverdiinnung
1:50 |
1:100
1:200
1:300
3
+
_
_
_
21
+
—
—
—
23
+
—
—
—
24
+
—
—
—
Wenn man nun aus diesen vier Kulturen wieder auf Agar impft
und sie bei 32° aufstellt, so wachsen die Kulturen No. 3 und 21 zah
und fadenziehend, wahrend die No. 23 und 24 ganz wenig fadenziehend
sind. Bei Anwendung dieser verschieden zahen Kulturen fallt die Agglu¬
tination auch verschieden aus, wie Tabelle II und III zeigen.
Dagegen haben die 72-stiindigen Kulturen im Eis-
schrank(Temperatur 5—8° C) kaum zahe und fadenziehende
Beschaffenheit, welche bei Briittemperatur stark ausgeprSgt ist.
Die Agglutinabilitat mit diesen Eisschrankkulturen war
so Qberraschend, daB fast alle Kulturen bei Serumver-
dilnnung von 1:1000 oder 1:2000 prompt agglutiniert
wurden (s. Tabelle V).
Aus den oben ausgefiihrten Untersuchungen ist es ohne weiteres
zu erklaren, daB die leichte oder schwere Agglutinabilitat
der Pestbacillen mit der Beschaffenheit der Kultur ver-
bunden ist. Die zahe und fadenziehende Kultur ist die schwer agglu-
tinierbare, die leicht agglutinierbare dagegen ist keine zahe und faden¬
ziehende Kultur. Das erhellt auch aus anderen Versuchen. Wenn man
eine zahe, fadenziehende resp. schwer agglutinierbare (1:50) Kultur
mehrmals durch Schiltteln in physiologischer Kochsalzlosung (0,8 Proz.)
und durch Zentrifugieren von Schleim befreit, so wird sie bei
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486
Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Tabelle V.
Agglutination der Eisschrankkulturen mit Pest-
pferdeserum B.
Eisschrank-
kulturen
No.
Serumverdiinnung
1:100
1:300
1:500
| 1:1000
1:2000
1
' + +
+ +
+ +
+
—
2
+ +
+ +
+ +
+
—
3
i + +
+ +
+ +
+
+
4
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+ +
+ +
+
4-
5
: + +
+ +
+ +
4-
+
6
+ +
+ +
+ +
+
—
7
+ +
+ +
+ +
+
+
8
+ +
+ +
+
—
—
10
+ +
+ 4-
+
—
—
11
+ +
++
+ +
+
-i-
13
+ +
++
+ +
+
+
14
+ +
++
+ +
+
+
15
+ +
++
+ +
++
4-
16
+ +
++
+ +
+
—
17
+ +
++
+ +
+
—
18
+ +
++
+ +
+
4-
19
+ +
+ 4"
+ +
+
—
20
+ +
++
+ +
++
—
21
+ +
++
+ +
++
—
23
+ +
++
+ +
++
—
24
+ +
++
+ +
++
—
25
+ +
++
+ +
+
+
26
+ +
-F +
+ +
++
+
35
+ +
+ +
+ +
+
+
38
+ +
+ +
+
+
+
Verdtinnung von 1 : 200 deutlich agglutiniert Wie schon bekannt, hat
die Pestbacillenkultur eine zShe, schleimige und fadenziehende Beschaffen-
heit, welche man als ein spezifisches Merkmal der Pestkultur ansieht.
Die 8sterreichiscbe Pestkommission (6) beschreibt: „Bei Strichkultur auf
Agar entwickelt sich bei 30° C nach 36—48 Stunden entlang des Impf-
striches ein zarter, granweiCer Rasen, der beim Bertthren mit dem
Platindrahte eine zahe, schleimige Beschaffenheit verr&t. Die Kultnr
haftet nicht sehr stark an dem Substrat. Bei dem Versuche, sie ab-
zuheben, zieht sich die Pestbacillensubstanz in mehr Oder weniger lange
Ffiden aus.“ Kolle (7) sagt: „Schon makroskopisch zeigten die Kulturen
untereinander gewisse Unterschiede, die sich nicht nur in einem mehr
oder weniger Oppigen Wachstum, sondern auch darin zeigten, daB einige
der Kulturen auf Agar fadenziehend waren, w&hrend andere diese Eigen-
schaften nicht erkennen lieBen. Die Eigenschaft der Kulturen, faden¬
ziehend zu sein, hangt ja offenbar mit der schleimigen Hfille zusammen,
welche die einzelnen Bakterien umgibt. Worin indessen die Ursache
zu suchen war, weshalb einige Kulturen diese schleimige Beschaffenheit
zeigten, wahrend sie anderen fehlte, das konnte nicht ermittelt werden.
Nur das konnte festgestellt werden, dafi die Ursache nicht in der Be¬
schaffenheit des Nahrbodens zu suchen war; denn die fadenziehenden
Kulturen behielten konstant diese Beschaffenheit auf den verschiedensten
NahrbSden bei, und andererseits zeigten die nicht fadenziehenden Kulturen
die schleimige Beschaffenheit nicht.“ Wenn nach unserer Beobachtung
auch die Reaktion des Nahrbodens einen gewissen EinfluB auf die Be¬
schaffenheit der Kultur ausQbt, so daB sie bei alkalischer Reaktion sehr
feucht, fadenziehend sind, aber leicht in Wasser sich gleichmafiig ver-
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UNIVERSITY OF CHICAGO
Shibayama, Ueber die Agglutination des Pestbacillus.
487
teilen, w&hrend bei sauerer sie wenig feucht sind and die Aufschwemmung
im Wasser infolge der Z&higkeit schwerer geschieht 1 ), behalten die
Kulturen bei 32° C doch ihre Beschaffenheit bei. Aber bei den Kulturen
in Brat- and Eisschranktemperatnr konnen wir eine mehr gleichartige
Beschaffenheit konstatieren. Alle Kulturen bei 37° C haben eine z&he
and fadenziehende Beschaffenheit, wahrend die bei Eisschranktemperatur
gebaltenen nicht schleimige, fadenziehende and ganz leicht gleichm&Big
im Wasser verteilbare Eigenschaften zeigen. Wenn man aus der nicht
scbleimigen Kultur bei 32° C auf Agar aberimpft und bei 37° C kulti-
viert, so w&chst ein schleimiger, fadenziehender Rasen. Impft man aus
einer schleimigen, fadenziehenden Kultur bei 32° C auf Agar aber und
kultiviert im Eisschrank, so w&chst ein nicht schleimiger, nicht faden¬
ziehender Rasen. Aus diesen Tatsachen kdnnen wir schlieBen, dafi die
z&he, schleimige und fadenziehende Beschaffenheit der
Pestbacillenkultur keine konstante ist, sondern von der
Wachstumstemperatur abh&ngig ist, und zwar nur bei
gewissen Temperaturen, z. B. 32° C, auftritt. Ich mdchte also
sagen, eine z&he und schleimige Beschaffenheit der Pest-
kultur h&ngt von der Wachstumstemperatur und die
schwere oder leichteAgglutinabilit&t von der Beschaffen¬
heit der Kultur ab.
Wie ich schon oben erw&hnt habe, behaupten Kolle und Martini,
daB die Agglutinabilit&t von der Virulenz abh&ngig ist. Daraber babe
ich auch einige Versuche gemacht. Wenn die Behauptung von Kolle
richtig ist, rnttssen die Kulturen No. 3 und 21 virulenter sein als die
Kulturen No. 23 und 24, da die ersteren schw&cher agglutiniert werden.
Ich habe die oben genannten 4 St&mme bei 32° C 48 Stunden lang
kultiviert und an Mfiusen, Ratten und Meerschweinchen ihre Virulenz
gepraft. Unter den Methoden der VirulenzprOfung von Pestkulturen
ist die kutane Infektion der Meerschweinchen, welche von Weichsel-
baum, Albrecht und Ghon zuerst angegeben wurde, die vorzOglichste.
Nasenschleimhaut- und Augenbindehautinfektion der Ratten erfolgt nur
bei Verwendung ganz hochvirulenter Kulturen. DaB M&use sehr un-
gleich empf&nglich fOr Pest sind, wissen wir durch allt&gliche Erfahrung.
Bei Ratten habe ich Pestkulturaufschwemmungen sorgsam auf die
Augenbindehaut gebracht, so daB keinerlei Verletzung erfolgte; aber
alle Tiere blieben ganz gesuud. Bei M&usen habe ich sehr kleine
Mengen (Vioooooo und '/ 5 ooo<»o Oese) aller Kulturen intraperitoneal
geimpft. Kolonieenzahl auf Gelatineplatten von Vsooooo Oese der
4 Kulturen war ca. wie folgt:
No. 3 8321 „ u
No. 21 820j zahe Kulturen
No 24 574 J nicht z&he Kulturen
Die M&use sind 2—10 Tage nach der Infektion zu Grunde gegangen;
aber wir kdnnen den Virulenzgrad der Kulturen davon nicht wissen,
da die Zeitdauer bis zum Tode mit der Bacillenmenge in keinera Ver-
h<nis steht, wie Tabelle VI zeigt.
1) Bei der alkalischen Reaktion wird die schleimige Hulle der Pestbacillen mehr
oder weniger auf gel Set und infolgedeesen fadenziehender und leichter im Wasser ver-
teilbar.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Tabelle VI.
Mauee
Korpergewicht
Kultur
Menge
1
2
11 g
11 „
No. 3
„ 21
h ^oo ooo
3
11 ,,
„ 23
do.
4
11 „
„ 24
do.
5
t>
11
11 »
3
,, 21
/bjoooo
7
11 „
„ 23
do.
8
11 »
» 24
do.
Reeultat
Tod nach 7 Tagen
10 „
6
6
2
8
4
10
>1
99
Bei kutaner Impfung der Meerschweinchen konnte ich die Virulenz
der 4 Kulturen beinahe erkennen. Eine Oese Pestkultur wurde in
10 ccm physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt und 2 groBe
Oesen von dieser Aufschwemmung wurden auf der mit Gewalt rasierten
Bauchhaut der Meerschweinchen (je 250 g schwer) verrieben. Bei den
Tieren, welche mit Kulturen No. 3 und 23 infiziert wurden, war die
Anschwellung und RQtung der Impfstelle und Bubonen der Inguinal-
drflsen schon 2 Tage nach der Impfung sehr deutlich und die Infiltration
nahm mit^ der Zeit zu, w&hrend bei den mit Kulturen No. 21 und 24
geimpften Tieren keine Infektion eintrat. Weiter habe ich die Virulenz
der Eisschrankkulturen, welche mit einem Serum gleich stark agglutiniert
werden, geprflft, urn zu wissen, ob unter den gleich agglutinierbaren
Kulturen ein Virulenzunterschied vorhanden ist Oder nicht. Dazu be-
nutzte ich auch die Kulturen No. 3, 21, 23 und 24, welche 3 Tage lang
im Eisschrank kultiviert wurden, und Meerschweinchen als Versuchs-
tiere. Bei diesen Fallen erfolgte die Infektion auch nur bei den mit
Kulturen No. 3 und 23 behandelten Tieren, wahrend sich bei Tieren,
welche mit Kulturen No. 21 und 24 behandelt wurden, gar keine Er-
krankung zeigte.
Aus den oben angeftihrten Versuchen konnen wir schliefien, daft
die Agglutinabilitat der Pestkulturen keinen Zusammen-
hang mit ihrer Virulenz hat, sondern die Beschaffenheit
der Kulturen die Hauptrollespielt Wenn Kolle bei avirulenter
Kultur starkere Agglutinabilitat gefunden hatte, so wird die Kultur
gerade nicht fadenziehend gewesen sein, d. h. in Bezug auf Agglutinabilitat
der Pestkultur spielt die Virulenz keine Rolle, sondern nur die Be¬
schaffenheit der Kultur. Bei dieser Gelegenheit mbchte ich auch die
Agglutinierbarkeit der Cholerakulturen beriihren. Kolle (8)
meint, daB es unter echten Cholerastammen von gleicher Virulenz er-
hebliche Unterschiede in der Agglutinierbarkeit und umgekehrt bei
frischen avirulenten Kulturen den gleichen Agglutinationstiter wie bei
virulenten gibt. An diese neue Beobachtung knfipft er die Bemerkung:
„Worauf die Unterschiede in der Agglutinierbarkeit beruhen, ist zur
Zeit noch nicht aufgekiart. u Ja, nach meiner Ansicht ist die Agglu¬
tinierbarkeit der Cholerakulturen auch von der Be¬
schaffenheit der Kultur abhangig. Es ist schon eine bekannte
Tatsache, daB alte in den Laboratorien auf kfinstlichen Nahrboden fort-
geztichtete Cholerakulturen sich haufig schon in physiologischer Kochsalz-
ldsung in feinkSrniger, sandiger Form zusammenballen und nie gleich-
mafiig sich in der FlQssigkeit verteilen. Solche Kulturen sind in der
Konsistenz ganz anders als gewdhnliche Cholerakulturen und ahneln
einer Diphtheriekultur auf Glycerinagar. Aus diesen Grilnden sind
solche Kulturen naturgemaB fQr die Agglutinationsprobe unbrauchbar.
Einmal fand ich bei einer alten avirulenten Cholerakultur, welche 2 Jahre
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Shibayama, Ueber die Agglutination des Pestbacillus.
489
lang ohne Tierpassage nor auf NShragar fortgezQchtet und bei Zimmer-
temperatur gestanden hatte, eine ganz schleimige Beschaffenheit. Diese
schleimige Kaltur wurde mit Testserum (1 : 5000 Titer) nur bei Ver-
dQnnung von 1 : 500 agglutiniert. Aus solchen Griinden bin ich der
Meinung, daB die Agglutinabilit&t der Cholerakultur auch von der Be¬
schaffenheit und zwar von der schleimigen Konsistenz abh&ngig ist.
Cole (9) hat neulich die Beobachtung bei Typhusbacillen gemacht,
daB die groBere Agglutinationsfahigkeit mit grdBerer Bindekraft filr
Agglutinine und die geringere Agglutinationsfahigkeit mit der Ver-
minderung in der Anzahl der Rezeptoren verbunden sind. Ich habe
weiter dieses Verh<nis bei Pest untersucht Zu diesem Zwecke wurden
stark agglutinierbare Kulturen, No. 7 und 23, bei 32° C in 1 :100 ver-
dQnntem Serum aufgeschwemmt und im BrQtschrank gehalten. Nach
24 Stunden zeigten alle Rbhrchen totale Agglutination. Der FlGssigkeit,
welche durch Zentrifugieren vom Niederschlag getrennt wurde, wurden
die stark agglutinierenden Kulturen No. 7 und 23 bei 32° C wieder
zugefflgt. Die Agglutination kam nach 24 Stunden im BrQtschranke
ganz schwach zu stande. Mit ganz derselben Methode wurden die
schwach agglutinierenden Kulturen No. 1 und 2 bei 32° C behandelt,
welche nach 24 Stunden im BrQtschranke keine Agglutination zeigten.
Durch Zentrifugieren habe ich das klare Zentrifugat gewonnen und
dazu stark agglutinierbare Kulturen, No. 7 und 23, bei 32° C zugesetzt.
In diesem Falle war die Agglutination auch ganz schwach oder negativ.
Weiter habe ich dieselbe Probe mit schwach agglutinierenden (No. 3
und 21) und stark agglutinierenden Kulturen (No. 23 und 24) gemacht.
Wenn die stark agglutinierenden Kulturen st&rkere agglutino-haptophore
Gruppen haben, mGssen die Kulturen bei Eisschranktemperatur starker
als die bei 37° C die Agglutinine des Serums absorbieren; infolgedessen
mGssen die Agglutininmengen im Zentrifugate untereinander einen groBen
Unterschied zeigen. Aber bei meinen Versuchen fand ich kaum merk-
bare Unterschiede. Der Gang des Versuches ist wie folgt.
Man schwemmt die oben genannten 4 Kulturen bei Eisschrank- und
BrGttemperatur in 1:100 verdGnntem Pestserum auf. Nach 24-stBndigem
Verweilen im Thermostaten zeigten die Kulturaufschwemmungen bei
Eisschranktemperatur sehr deutliche Agglutination, wQhrend sie bei
BrQttemperaturkulturen ganz negativ blieb. Zum Zentrifugate der beiden
Versuche fQgte ich die stark agglutinierbaren Kulturen bei Eisschrank¬
temperatur zu* Die Ergebnisse sind aus folgenden Tabellen zu ersehen.
Weiter wurde es versucht, ob durch Injektion einer der leicht agglu¬
tinierbaren Kulturen bei Kaninchen sich ein Serum herstellen l&Bt,
welches eine grbfiere Agglutinationskraft hat als ein solches Serum, das
mittels schwerer agglutinierbaren Kulturen gewonnen ist. Es wurden
4 Kaninchen durch 2-malige subkutane Impfungen (im ganzen 6 Oesen)
der auf 60° C x /» Stunde lang erhitzten Pestagarkulturen No. 3 und
TabeUe VII.
Zentrifugate der Kulturen bei 37° C.
Zentri-
fugierung
mit Kulturen
Neu zugefiigte Kulturen
No. 3
No. 21
No. 23
No. 24
No. 3
_
_
_
„ 21
i
+
+
+
„ 23
—
+
+
„ 24
+
+
+
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Tabelle VIII.
Zentrifugate der Kulturen bei Eisechranktemperatur.
Zentri-
fugierung
mit Kulturen
Neu zugefugte Kulturen
No. 3 i
No. 21
No. 23
No. 24
No. 3
_
+
+
+
21
—
T
+
„ 23
—
T
+
„ 24
—
=f
5
+
24 bei Brllt- und Eisschranktemperatur behandelt. 10 Tage nach der
letzten Impfung wurden die Sera auf Agglutinationskraft mit Eisschrank-
kulturen geprflft. In der Agglutinationskraft dieser Kaninchensera konnte
ich keine merkbare Differenz linden, da die Eisschrankkulturen durch
alle Sera bei der Verdtlnnung 1 : 1000 deutlich, bei 1 :2000 aber nicht
agglutiniert wurden. Aus diesem Versuche darf man nicht schlieBen,
da B die leicbt agglutinierbaren Kulturen mehrere hapto-
phore Gruppen besitzen; wenngleich es zwischen Agglu-
tinierbarkeit der Kulturen bei Brflt- und Eisschrank¬
temperatur eine groBe Differenz (Schwankung zwischen
1:50 bis 1:2000) gibt, so kdnnen wir doch zwischen beiden
Kulturen nicht merkbare Differenzen der Absorption der
Agglutinine und der Produktion der Agglutinine imTier-
kbrper nachweisen.
SchlufisBtze.
1) Die Pestkulturen bei 32° C werden nicht gleichm&Big durch ein
und dasselbe Pestpferdeserum agglutiniert; die Agglutinabilit&t schwankt
zwischen 1 :25 und 1 :600 bei meinem Versuche.
2) Die schwer agglutinierbaren (1 : 50) Pestkulturen haben eine z&he
und schleimige Beschaffenheit, die leicht agglutinierbaren (1: 600) sind
dagegen wenig schleimig.
3) Die wenig schleimige und zugleich leicht agglutinierbare (1 : 600)
Kultur bei 32° C wir schleimig und schwer agglutinierbar (1 : 50), wenn
sie bei Brflttemperatur kultiviert wird.
4) Alle schleimigen und schwer (1 :50) agglutinierbaren Kulturen
bei 32° und 37° C werden wenig schleimig und leicht (1 :2000) agglu¬
tiniert, wenn sie bei Eisschranktemperatur kultiviert werden.
5) Die schleimigen und schwer (1 :50) agglutinierbaren Kulturen
bei 37 0 C werden starker (1 :200) agglutiniert, wenn sie mit physio-
logischer Kochsalzlosung mehrmals ausgewaschen werden.
6 ) DaB die schwer agglutinierbare Kultur eine virulente sei, wie
Kolle behauptet, konnte ich nicht bestatigen.
7) DaB eine schwer agglutinierbare Kultur eine geringere Anzahl
der haptophoren Gruppe hat, wie Cole beim Typhusbacillus beobachtete,
konnte ich bei Pestkulturen nicht nachweisen.
8 ) Also steht die Agglutinabilitat mit der Beschaffenheit der Kultur
im Zusammenhang und die Beschaffenheit ist von der Wachstums-
temperatur abbangig.
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Stros8, Wachstum der Gonokokken auf serumhaltigen N&hrbflden.
491
Literatur.
1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIV. 1903. Heft 1.
2) Lancet 1901. vol. I.
3) CentralbL f. Bakt. etc. Bd. XXIX. No. 21.
4) BauragartenB Jahresber. 1901.
5) Dtsche med. Wochenschr. 1902. No. 3.
6) Erforschung der Peet im Jahre 1897.
7) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 1901. Heft 3.
8) Zeitschr. L Hyg. Bd. XLIV. 1903. Heft 1.
9) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVI. 1904. Heft 3.
Nachdruck verboten.
Ueber das Wachstum der Gonokokken auf serumhaltigen
Mhrbbden.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien (Vorstand:
Prof. Weichselbaum).]
Von Dr. Oskar Stross.
Die Eigentflmlichkeiten des Wachstums der Gonokokken auf kflnst-
lichen Nahrboden bieten insofern besonderes Interesse, als es nahe liegt,
die Begflnstigung des Wachstums dieser Organismen durch Serum mit
den pathogenen Eigenschaften derselben in Beziehung zu setzen. Trotz-
dem ist dasVerhalten der Gonokokken bei der Zuchtung auf kunstlichen
Nahrbbden noch nicht nach alien Richtungen analysiert und es bleiben
einige Fragen offen. Diese betreffen erstens den Wert des tierischen
Serums im Vergleiche zum menschlichen in Bezug auf seine F&higkeit
als Nahrsubstrat zu dienen, zweitens die Rolle, die das Serum bei der
Eultur Oberhaupt spielt
Ueber die Verwendbarkeit der menschlichen und der tierischen Sera
berichten die bisher erschienenen Arbeiten folgendes:
Der erste, der ein Serum agar als Nahrboden verwendete, war Stein-
schneider 1 ). Dieser beniitzte Agar mit Hydrokelenfltissigkeit im Ver-
haitnis von 1:2—3 gemischt. Wertheim 2 3 ) goB Menschenserumagar
in Platten. Steinschn eider 8 ) erhielt auf Menschenserumagar gutes
Wachstum, auf Agar mit Zusatz von Rinder- und Hundeserum sparlicbes,
von Hammelserum kein Wachstum. Finger, Ghon und Schlagen-
haufer 4 ) bezeichnen auch nur das menschliche Serum als sicheres Nahr-
medium, Rinderserum gebe haufig schlechte Resultate. Wright 5 ) er-
zielte mit Rinderserum ungenflgende Resultate. Steinschneider und
Schaffer 6 ), ferner Wassermann 7 ) erkiaren in erster Linie Menschen-
serum als guten Nahrboden, in zweiter Linie erst kbnne Tierserum
verwendet werden. Auf Serum vom Pferd und Rind beobachtete
de Christmas 8 ) kein Oder nur schlechtes Wachstum, gutes auf
1) Berl. klin. Wochenschr. 1890.
2) Arch. f. Gyn. 1892.
3) Berl. klin. Wochenschr. 1893.
4) Arch. f. Derm. u. Syph. 1894.
5) Americ. Journ. of the med. sc. 1895. Febr. Ref. in Baumgartens Jahresber.
6) Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 45.
7) Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 32.
8) Ann. de Tlnst Pasteur. 1897.
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492
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 4.
Menschenserum. Foulerton 1 ) hatte sehr wechselnde Resultate mit
Rinder-, Schaf-, Meerschweinchen- und Pferdeserum. Nach Veillon 2 )
versagen die Sera von Rind, Kaninchen und Meerschweinchen Mufig.
Wertheim 3 4 ) hat die Beobachtung gemacht, dafi sich nicht jedes mensch-
liche Serum zur Zttchtung von Gonokokken eigne. Nach Scholtz 1 )
sind nur Nahrbbden mit menschlichen serosen FlQssigkeiten vollkommen
veriafilich; auf dem Serum von Tieren kommen nur die kr&ftigeren
Keime zur Entwickelung. Groenouw 5 ) hatte mit Rinderserum nur
einmal Erfolg, sonst mifilangen ihm auf diesem Nahrboden die Kulturen
stets. Wassermann 6 ) stellte einen Nahrboden mit Hilfe von Nutrose
und Schweineserum her. Es finden also die meisten Autoren, dafi mensch-
liches Serum als Zusatz zum Nahrboden vorzuziehen ist. Gewifi sind
aber die Angaben nicht so klar, dafi man sich ein vollstandiges Bild
von den Verhaltnissen machen kbnnte.
Ich habe die Frage neuerdings aufgenoramen und in einer ziemlich
grofien Zahl von Versuchen Gonokokken auf Nahragar einerseits mit
Zusatz von menschlichem, andererseits von tierischem Serum in variierten
Mengen flberimpft und die Ergebnisse verglichen. Das verwendete frische
Serum wurde gewohnlich mehrere Male durch eine Stunde auf 60° er-
hitzt und vor der Verwendung auf Sterilitat geprQft Der Nahragar
wurde nach der gewohnlichen Vorschrift aus Rindfleisch hergestellt und
mit Lackmuspapier auf deutlich alkalische Reaktion eingestellt. Dann
wurde bei jedem Stamme das Wachstum auf einfachem Agar ausprobiert
Die Kulturen wurden in Petri-Schalen angelegt. Der Nahrboden wurde
nur verwendet, wenn es sich zeigte, dafi er mit etwa einem Drittel
Menschenserum versetzt, Gonokokken Qppig wachsen liefi, nicht aber
ohne Serumzusatz. Das Serum wurde gewbhnlich in Mengen von 0,25
und 3 ccm, dfter auch von 1 ccm als Zusatz zu 10 ccm Agar ange-
wendet. Der Gonococcus wurde immer von einer frischen Menschen-
serum-Agarkultur abgeimpft und gewbhnlich wurden nicht zu lange —
bis etwa zur 20.—25. Generation fortgeziichtete Kulturen angewendet.
Unsere Versuche ergaben, dafi das menschliche Serum (Placenta-
serum) in alien Fallen und zwar sowohl in der Menge von 0,25 als 1,0
und 3,0 ccm gute Kulturen gab. Dagegen verhalt sich das Tierserum
individuell auffallend verschieden. Wir untersuchten das Serum von 34
verschiedenen Rindern, 23 Pferden und einigen Kaninchen. Es fand
sich ein 3-fach verschiedenes Verhalten. Eine Anzahl der Sera gab gute
Kulturresultate, so gut oder beinahe so wie Menschenserum. Einige
wenige Sera waren vollkommen unbrauchbar fflr die Gonokokkenkultur,
und bei einer Anzahl zeigte sich das merkwdrdige Verhalten, dafi zwar
ein geringer Zusatz, z. B. 0,25 ccm, gutes oder doch deutliches Wachstum
gestattete, wahrend bei Zusatz grofierer Mengen (1,0—3,0 ccm) das
Wachstum ausblieb oder sich verschlechterte.
Ein Schlufi, der sich aus den angefflhrten Versuchen ziehen lafit,
ist, dafi das Serum der verwendeten Tiere grofie individuelle Verschieden-
heiten zeigt, ein Verhalten, das anderen, durch verschiedene Reaktionen
bisher schon konstatierten individuellen stofflichen Differenzen des Blut-
1) Transact, of the Brit. Inst, of prev. med. VoL I.
2) Ann. de Derm, et 8yph. 1898.
3) Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. LI.
4) Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. XUX.
5) Grafes Arch. f. Ophth. Bd. LII.
6) Berl. klin. Wochenschr. 1897. No. 32.
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Stross, Wachstum der Gonokokken auf serumhaldgen N&hrbfiden.
493
serums an die Seite zu stellen ist. Es ist dadurch verst&ndlich, daB
die praktische Verwendnng tierischer Sera nicht so empfehlenswert ist
als die des menschlichen Serums und daB darflber widersprechende An-
gaben vorliegen. Ein zweiter SchluB, der sich ziehen l&Bt, ist der, dafi
manche Tiersera Substanzen enthalten, die das Wachstum der Gono¬
kokken hemmen und deren Wirkung unter gewissen Bedingungen merk-
lich wird. DaB es sich um irgend eine Form von Hemmung des Wachs-
tnms und nicht einfach um ein Zuwenig an N&hr substanzen handelt,
geht daraus hervor, daB eben h&ufig kleine Mengen des Serums ein
Wachstum zulassen, groBere nicht. Dabei w&re es aber moglich, daB
dieselben StofFe in geringen Quantit&ten dem Wachstum fbrderlich sind,
in groBeren dasselbe hindern. Die Ursache dieser Hemmung kbnnte
man entweder in den EiweiB - resp. Kolloidsubstanzen des Serums
suchen oder in den kristallinischen und anorganischen Bestandteilen.
Wir sind eher geneigt, an den EinfluB der kolloidalen Substanzen zn
denken und nicht an die Wirkung der Salze oder die Wirkung be-
stimmter Alkaleszenzgrade, wie es schon mehrfach angenommen wnrde.
Dafflr sprechen uns Versuche, von denen wir die folgenden als Beispiel
anfflhren.
Bezeichnung des
Gonokokken-
stammes
Art des Serum zusatz es
Wachstum
B.
XIII. Generation
3,0 ccm Rinderserum (I.)
8teril
do.
0,25 ccm Rinderserum (L)
sehr gut auf alien Strichen
do.
3,0 ccm Rinderserum (I.)
+ 0,25 ccm Menschenserum
gut auf alien Strichen
A.
XXI. Generation
3,0 ccm Rinderserum (V.)
steril
do.
0,5 ccm Rinderserum (V.)
ein Strich schwach
do.
3,0 ccm Rinderserum (V.)
+ 0,3 ccm Menschenserum
gut, fast iippig
do.
0,5 ccm Rinderserum (V.)
+ 0,3 ccm Menschenserum
gut
do.
3,0 ccm Rinderserum (V.)
-1- 0,2 ccm Menschenserum
«
alle Striche gut, fast iippig
do.
0,5 ccm Rinderserum (V.)
4* 0,2 ccm Menschenserum
diirftiges Wachstum
do.
3,0 ccm Rinderserum (V.)
+ 0,1 ccm Menschenserum
mittleres Wachstum
do.
0,5 ccm Rinderserum (V.)
schwaches Wachstum auf einem
+ 0,1 ccm Menschenserum | Strich
Es ist nach diesen Versuchsergebnissen nicht anzunehmen, daB es
sich bei den hier angeffihrten Wachstumshemmungen um einen EinfluB
der Salze oder der Alkalien handeln kOnne, da man nicht leicht ver-
stehen kann, wie eine solche Einwirkung durch den Zusatz von sehr
geringen Mengen von Menschenserum aufgehoben werden konnte, um
so mehr, da solche Substanzen, die an und fflr sich das Wachstum der
Gonokokken befordern, wie die Versuche zeigen, auch im verwendeten
Kinderserum vorhanden sind und nicht erst durch das Menschenserum
hinzukamen. Diese Versuche lassen es als wahrscheinlicher erscheinen,
daB es sich hier sowohl bei der Hemmung als auch bei der Aufhebung
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494 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 4.
dieser Hemmung durch Menschenserum urn Reaktionen zwischen hoch
zusammengesetzten Stoffen, vermutlich den EiweifikQrpern der Sera and
den Bakterien handeln dfirfte. Man wird so auf die zweite aufgeworfene
Frage gefdhrt, namlich die, welchen Einflufi das Serum Qberhaupt aus-
fibt, aus welchem Grunde das Serum wachstumsffirdernden Einflufi be-
sitzt. Es kann sich dabei gewifi nicht einfach urn die Anwesenheit hoch
zusammengesetzter Eiweifistoffe des Serums im Gegensatze zu den in
den gewdhnlichen Nahrsubstraten vorhandenen Albumosen handeln, denn
es kommt die Eigenschaft, das Gonokokkenwachstum zu fQrdern, nicht
unterschiedslos alien Eiweifikorpern zu. Es mfissen vielmehr auch die
besonderen Eigentfimlichkeiten der zur Verwendung kommenden hoch
zusammengesetzten Stoffe in Frage kommen, und es ist wohl daran zu
denken, dafi die in Betracht kommenden Beziehungen zwischen dem
Serum und den Mikroben nach fihnlichen Prinzipien zu erklfiren sind
wie die spezifischen Beziehungen zwischen Bakterien und Antikfirpern.
Fflr diese Auffassung sind als Stfitzen die oben angefflhrten Versuche
anzusehen, ferner die Erfahrung, dafi viele sogenannte native Eiweifi¬
stoffe ungeeignet oder doch schlechter brauchbar fflr das Gonokokken¬
wachstum sind als die Bestandteile des Serums. Wir fin den in der
Literatur uber die Verwendung anderer Eiweifikorper als der des
Serums folgende Angaben: Im Jahre 1889 veroffentlichten Schrfitter
und Winkler 1 ) ^.ngaben fiber erfolgreiche Fortpflanzungen von Gono-
kokken auf in Rfihrchen erstarrtem Kibitzeiweifi. Steinschneider 2 )
hatte mit eiweifihaltigem Urinagar keine gfinstigen Resultate, ebenso-
wenig mit mucinbaltigen Nahrbfiden (Zusatz von sterilisiertem Speichel).
Im Gegensatz dazu fand Hammer 3 ), dafi eiweifihaltiger Urin als
Zusatz zum Agar ein guter Nahrboden sei. Einen neuen wachstum-
ffirdernden Zusatz fand Nastjakoff 4 ) im Eigelb, ebenso auch See 5 ).
Eiweifihaltiger Urin und Hfihnereiweifi wurden als Nahrboden auch
von de Christmas 6 ) verwendet; er hatte kein oder schlechtes
Wachstum auf den so zusammengesetzten Nahrbfiden. Auch Stein¬
schneider 7 ) verwirft Fleischwasser, Eiweifiwasser, Pepton als Nfihr-
boden, findet aber im Eidotter einen zwar undurchsichtigen, doch recht
verlfifilichen Nahrboden 8 ). Sparliches Wachstum erhielt Heimann 9 * * )
auf Agar mit eiweifihaltigem Urin versetzt; bessere Resultate berichtet
fiber diesen Nahrboden Wagner u ). Ein franzfisischer Autor, V e i 11 o n 12 ),
prfifte die von Schrfitter-Winkler, Nastjakoff und See ge-
machten Angaben nach und findet alle diese Nahrbfiden unverlafilich; auch
Hamoglobin und Globulin seien zum Gonokokkenwachstum unzureichend.
Nach Scholtz kommen in Eiweifi-Urinagar sowie (v. o.) in Tierseren
nur die kraftigeren Keirae zur Entwickelung, Eidotteragar ergibt un-
gleichmafiige Resultate. Mit Eiereiweifi hatte J u n d e 11 1S ) keine brauch-
1) Aus dem Wien, embryolog. Inst. 1890. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 1890.
2) Berl. klin. Wochenschr. 1893.
3) Dtsche med. Wochenschr. No. 51.
4) Wratsch 181)3. Ref. in Baumgartens Jahreeber.
• 5) Paris, Alkan. Ref. in Baumgartens Jahreeber. 1896.
6) Ann. de l’Inet. Pasteur. 1897.
7) Wien. med. Wochenschr. No. 13.
8) Berl. klin. Wochenschr. No. 18.
9) Med. Record. New York. Vol. L. Ref. in Baumgartens Jahreeber.
11) Bull, of the John Hopkins Hosp. VoL VHI. Ref. in Baumgartens Jahreeber.
12) Ann. de Derm, et Syph. 1898.
13) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXIX.
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Stross, Wachstum der Gonokokken auf serumhaltigen N&hrbOden. 495
baren Resultate; schlieBlich berichtet Lipschfitz 1 ) kfirzlieh fiber seine
Versuche mit einera im Handel erhfiltlichen Praparat .^Albumin aus
Eiern pulv. subt“, mit welchem er gute Erfabrungen machte.
Auch ich habe Versuche mit anderen Stoffen als denen des Serums
aasgeffihrt und habe kein Wachstum bekommen bei Zusatz von kristalli-
siertem Hemoglobin, Nutrose, Aleuronat und Kasein; auf letzterem ein-
mal sehr spfirlich. Mit Eidotter habe ich im allgemeinen recht gfinstige
Erfahrungen gemacht, ebenso mit Milch, die ich entweder durch Kochen
Oder mehrmaliges einstfindiges Erhitzen sterilisierte; diese beiden Zu-
sfitze haben den Nachteil der Undurchsichtigkeit. Mit zentrifugierten
nnd gewaschenen roten Blutkorperchen lieBen sich auch regelmfiBig die
Gonokokken in fippiger Weise zum Wachstum bringen; die Zusatzmenge
betrug 1 ccm zu 10 ccm Agar.
Ich habe ferner Versuche angestellt mit Hilfe von Ammonsulfat
nach dem bekannten Verfahren (Pick), die EiweiBkSrper zu fraktionieren,
und es wurde dabei in den angestellten Versuchen kein einheitliches
Resultat gefunden. Gewohnlich lieBen die AlbuminlSsungen deutlich
besseres Wachstum zu als die Globulinldsungen.
Es wurde ferner noch festgestellt, dafi durch Erhitzen die wachstum-
begfinstigende Wirkung des Serums nicht verloren geht, indem verdfinntes
Serum aufgekocht und das abfiltrierte Koagulat zu dem Nfihragar hin-
zugeffigt wurde. Auch so erhielt ich gutes Wachstum bei sterilen
Kontrollplatten auf dem ohne Zusatz gebliebenen Nfihragar. Wurde das
Koagulat durch Trypsin in LSsung gebracht, so konnte man durch Zu¬
satz der gewonnenen Fltissigkeit nicht ffir Gonokokkenwachstum geeignete
NfihrbSden erzielen. Doch sind die diesbezfiglichen Versuche noch nicht
zu Ende geffihrt. Diese Beobachtung der Hitzebestfindigkeit der wirk-
samen Substanzen spricht nicht gegen die oben geauBerte Auffassung,
da ja auch eine Anzahl von spezifischen Reaktionen beobachtet wurde,
deren Substrate bei Erhaltung der spezifischen Eigenschaften der Koch-
hitze ausgesetzt werden kSnnen (Prfizipitation gekochter EiweiBkorper,
Pick und Obermayer). Meine Meinung wird ferner nicht dadurch
widerlegt, daB unter gewissen Umstfinden Gonokokken auf NfihrbSden
wachsen, denen kein Serum und keine natives EiweiB enthaltende Flfissig-
keit zugesetzt wurde, wie dies Thalmann 2 3 ), Wildboltz 8 ) und viele
andere beobachteten; denn es ist der hfiufigere Fall, daB die gewShn-
lichen NfihrbSden nicht ausreichen, um das Gonokokkenwachstum zu
ermSglichen und eben ffir diese Ffille gilt das Gesagte. Auch wir konnten
gelegentlich Gonokokkenkulturen auf den gewShnlichen NfihrbSden er-
halten, aber nur mit gewissen Stfimmen bezw. Generationen, wie auch
zu bemerken ist, daB bei Versuchen, wie den unsrigen, auBer der Ver-
schiedenheit der Sera auch die Verschiedenheit der fibrigen Nfihr-
substrate und der Kokkenstfimme eine betrfichtliche Rolle spielt. Den
EinfiuB aller dieser Umstfinde im besonderen aufzuklfiren, erfibrigt noch.
Die Ergebnisse der Untersuchun gen sind, daB verschiedene Tier-
sera, wenn man sie in Bezug auf ihre Eigenschaft, das Gonokokken¬
wachstum zu fSrdern, untersucht, von Tier zu Tier stark schwankende
Eigenschaften haben. Menschenserum gibt dagegen regelmfiBige Resultate.
Da manche der verwendeten Tiersera unter gewissen Bedingungen zwar
1) CentralbL f. Bakt. etc. 1904.
2) Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. LXIV.
3) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI.
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496
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Origin&le. Bd. XXXVIII. Heft 4.
in kleineren Mengen nicht, wohl aber in grOBeren Mengen wachstums-
hemmend wirken, so ist in ihnen die Anwesenheit von wachstums-
hemmenden StofFen anzunehmen. Fiir alle diese Verhaltnisse dfirfte die
Beschaffenheit der EiweiBkSrper bezw. Kolloide eher von maBgebender
Bedeutung sein, als die der einfach zusammengesetzten Stoffe, z. B. der
Salze, namentlich mit Rficksicht auf die geringen wirksamen Serum-
mengen (s. o.), Das besondere Verhalten des menschlichen Serums
gegenflber einer Reihe tierischer Sera beim Kulturversuch ist schwer-
lich ohne jede Beziehung zu der Disposition gerade des Menschen fflr
die Gonokokkenerkrankung.
Die Redaction des „Centralblatts fUr Bakteriologie und Parasitenkundf
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bet der Ein ■
sendung der A bhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u
wollen oder sp&testens nach Empfang der ersten Korrekturabxdge direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fischer tn Jena , gelangen %u lassen.
Inhalt
Bartel, Julius und Stein, Robert, Zur
Biologic schwachvirulenter Tuberkel-
bacillen. (Schlufi.), p. 393.
Bertarelli, E. f Einige Untersuchungen
fiber die Tuberkulose der Reptilien,
p. 403.
Boerr, R., Beobachtungen fiber bacillfire
Dysenteric, p. 420.
Bllermann, V., Einige Fftlle von bakte-
rieller Nekrose beim Menschen, p. 383.
Fermi, Claudio und Bassu, E., Weitere
Untersuchungen fiber Anafirobiose.
(Schlufi.), p. 369.
Forssman, J., Studien fiber die Antitoxin-
bildung bei aktiver Immunisierung gegen
Botulismus, p. 463.
J&rgensen, Axel, Schwankungen des Ag-
glutinationsvermOgens des Blutes im Yer-
laufe des Typhus abdominalis, p. 475.
Klein, E. f Ueber die Verbreitung des Ba¬
cillus enteritidis Gaertner in der Kuh-
milch, p. 392.
▼an Loghem, J. J., Bakteriologischer Be-
fund bei spontaner vesikaler Pneumatu-
rie eines diabetischen Kranken, p. 425.
Lftdke, H. y Zur Spezifitat der Antikfirper.
[Forts.], p. 451.
Neufeld, F. und Tftpffer, H., Ueber hfimo-
lytische und h&motrope Sera, p. 456.
Ottolenghi, D. und Mori, V., Die Wir-
kung des Aethyl&thers auf die h&molyti-
schen und bakteriziden Sera. (Schlufi.),
p. 468.
Rullmann, W., Ueber das Verhalten des
in Erdboden eingesftten Typhusbacillus,
p. 380.
Shibayama, O., Ueber die Agglutination
des Pestbacillus, p. 482.
Stross, Oskar, Ueber das Wachstum der
Gonokokken auf serumhaltigen Nfthr-
bfiden, p. 491.
Tiberti, H., Ueber den Transport des Te-
tanusgiftes zu den Rfickenmarkszentren
durch die Nervenfasern. (Forts.), p. 413.
Widakowich, Victor, Ueber Nematoden
an der Hypophysis cerebri von Felis
domestica, p. 447.
Ziemann, Hans, Beitrag zur Trypano-
somenfrage. (Schlufi.), p. 429.
Frommanniche Bnchdruckerel (Hermann Pohle) In Jena.
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CntnlU. f. BakL etc. I. Abt. Originate. 8i. XXXVIII. left S.
Nachdmck verboten .
Paratyphus in Japan.
[Aus dem kais. Institute far Infektionskrankheiten in Tokio
(Direktor: Prof. Dr. S. Kitasato).]
Von Dr. 6. Shlbayama, Abteilungsvorsteher im Institute.
Seit Ch. Achard und Bensaude zuerst im Jahre 1896 zwei
Falle von Paratyphus mitgeteilt hatten, wurde diese Krankheit in
verschiedenen LSndern: Nordamerika (Baltimore, New York, Philadelphia),
Deutschland (Hamburg, Bremen, Strafiburg, SaarbrOcken), England
(Liverpool), Holland (Eisbergen) und Rum&nien (Jassy) beobachtet und
beschrieben.
Im Oktober 1902 habe ich in unserer Krankenabteilung einen
Kranken beobachtet, der die Symptome von klassischem Typhus abdo-
minalis darbot und im Laufe der Tage keine deutliche Widalsche Re-
aktion zeigte. Dr. Saito, Assistent im Institute, hat aus dem frisch
gelassenen, blutig getrfibten Harn dieses Kranken ein Stabchen
(Stabchen A) gezttchtet, welches durch Serum des Pa-
tienten bei einer VerdQnnung von 1:5000 agglutiniert
wurde und kulturell sich wie Schottm0 Hers Paratyphus-
bacillen verhielt.
Fast gleichzeitig, aber unabh&ngig von uns, hat Dr. Okasaki in
der Provinz Shim an e drei ahnliche Falle beobachtet und publiziert.
Dafi die Stabchen, welche Okasaki aus Kot der Kranken isoliert hat,
ganz dieselben wie die unseren sind, wurde durch unsere nachtraglichen
Vergleichsuntersuchungen festgestellt. Im folgenden Jahre (1903) wurden
ahnliche Falle in der Provinz Kanagawa und Formosa und in diesem
Jahre (1904) wieder in Formosa und Tokio beobachtet und beschrieben.
In unserer Krankenabteilung habe ich auch 1903 einen
Fall (B) und in diesem Jahre zwei Falle (C und D) beob¬
achtet und aus Kot, Roseolen und Harn jedes Patienten
ein Stabchen isoliert. welches mit dem Patientenserum
spezische Reaktionen gab.
Agglutination des StSbchens 6 und des Typhusbacillus durch Patient-B-Blutserum.
Serum vom 10. Tage nach dem Krankheitsbeginn:
gegen Stabchen B A. «* 1:5000
„ Typhusbacillus A, «= 1:200
Serum vom 89. Tage nach dem Krankheitsbeginn:
gegen Stabchen B A, <= 1:1000
„ Typhusbacillus A, = 1 :50
Agglutination des Stabchens 0 und des Typhusbacillus durch Patient-C-Blutserum.
Serum vom 11. Tage nach dem Krankheitsbeginn:
gegen Stabchen C A, = 1:200
„ Typhusbacillus A a = 1:200
Serum vom 44. Tage nach dem Krankheitsbeginn:
gegen Stabchen C A, = 1:800
„ Typhusbacillus A s = 1:20
Agglutination des Stabchens D und des Typhusbacillus durch Patient-D Blutserum.
Serum vom 14. Tage nach dem Krankheitsbeginn:
gegen Stabchen D A, = 1:800
„ Typhusbacillus A g = 1:50
Ente Abt. Orig. Bd. xxxvm. Heft 5. 32
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Morphologische und biologische Eigenschaften der
drei Stabchen.
Unser Stabchen gehOrt zu den Bakterien und zeigt ziemlich leb-
hafte Eigen bewegung. Es nimrat leicht die gewdhnlichen Anilinfarbungen
an, die Gramsche Farbung aber nicht. Bei Brflttemperatur wachst'es
besser als bei Zimmertemperatur und gehdrt zu den fakultativen An-
afiroben. Auf Agar wachst es tlppig, grau durchscheinend und bildet
haufig Gasblasen. Die Kolonieen auf Gelatine (nach 48 Stunden bei
20° C) sehen speckig-grau durchscheinend aus. Unter dem Mikroskop
sehen die oberflachlichen Kolonieen rundlich, gelblich und feinkdrnig
aus; sie zeigen nach 4 Tagen eine irisartige Struktur, pamlich die
aufiere Schicht ist dQnn, hellgelb und feinfaserig und die innere Schicht
ist dunkelgelblich und grobkdmig. In Traubenzuckeragar- Stichkultur
findet starke Gasbildung statt In Neutralrotagar tritt grflne Fluoreszenz
auf. Bouillon und Peptonwasser werden gleichmaBig getrflbt, aber Indol-
bildung fehlt. Das Wachstum auf Kartoffel ist unsichtbar. Milch bleibt
unverSndert Lackmusmolke ist schon nach 20 Stunden gerdtet Die
TierpathogenitSt (Meerschweinchen, 250 g schwer) schwankt von bis
Vio Oese (1 Oese = 2 mg) bei intraperitonealer Infektion. Durch
Immunitatsreaktion der Stabchen (A, B, C und D) gegen-
einander habe ich festgestellt, daB sie ganz identisch
sind.
Nach den oben mitgeteilten Ergebnissen war ich der Meinung, daft
die typhusahnliche Krankheit in Japan verursacht wird durch ein Stab¬
chen, dessen Eigenschaften der Beschreibung nach von dem B. para-
typhosus Typus B von Keyser nicht zu unterscheiden ist, und
es sich bei dieser Krankheit vielleicht urn Paratyphus handele. Ich
konnte aber nicht mit Sicherheit sagen, daB Paratyphus auch in Japan
existiert, da ich keine Gelegenheit hatte, vergleichende Studien zwischen
unserem Stabchen und dem Paratyphusbacillus anzustellen.
Ende September dieses Jahres hat Herr Dr. K. Shiga eine Para-
typhuskultur (Typus B) aus Deutschland, die ihm von Herrn Dr. Con¬
rad i in SaarbrGcken flberreicht wurde, uns mitgebracht und mir Gber-
lassen, wofilr ich beiden Herren meinen aufrichtigen Dank ausspreche.
Bei den vergleichenden Untersuchungen unseres Stab-
chens mit diesem Paratyphusbacillus, Typus B, faud ich,
daB die beiden Stabchen ganz identisch sind.
Einige Protokolle der Immunitatsreaktion lasse ich hier folgen:
Agglutination dee Paratyphuskaninchenserums (PKS) gegen Paratyphusbacillus
und unser Stabchen.
Serumverdiinnung
Paratyphusbacillus
Stabchen A
Stabchen C
1 :50
+
+
+
1:100
+
+
+
1:200
+
+
+
1:400
+
+
+
1:800
+
-h
+
1:1000
+
+
+
1:2000
+
4 -
+
1:4000
+
—
—
Schutzwirkung des Paratyphuskaninchenserums (PKS) gegen Paratyphusbacillus
und unser Stabchen.
Meerschw. 1 erhalt intraperitoneal PKS 0,005 + 1 Oese Paratyphuskultur, lebt
» 2 ,, ,, ,, 0,01 + 1 „ ,, *,
„ 3 „ „ */ 4 Oese Paratyphuskultur, tot nach 20 Stunden
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rttckenmarkszentren etc. 499
Meerschw. 4 erhalt intraperitoneal PKS 0,005 + 1 Oeee A-Kultur, lebt
it & ,, n 11 0,01 ■+■ 1 I, 11 11
„ 6 „ „ l / 4 Oeee A-Kultur, tot nach 24 Stunden
„ 7 „ „ PKS 0,005 + 1 Oeee C-Kultur, lebt
a 8 >1 n 11 0,01 ♦- 1 1, ,, n
„ 9 „ „ */ 6 Oeee C-Kultur, tot nach 18 Stunden
Agglutination dee Stabchen-C-Kaninchenserums gegen Paratyphusbacillus und andere
Stabchen.
Serum verdunnung
Paratyphusbacillus
Stabchen A
Stabchen B
Stabchen C
1:50
-f
+
+
+
1:100
+
+
+
+
1:200
+
+
+
+
1:400
+
+
+
+
1:800
+
+
+
+
1:1000
+
+
+
+
1:2000
+
+
+
+
1:4000
+
+
+
+
1:5000
—
—
+
NB. Die Immansera warden durch 2malige (im ganzen 3 Agar-
kulturen) subkutane Injektion von 18-stflndigen, bei 37° C gewachsenen
and Vs Stande lang auf 60° C erhitzten Agarkulturen gewonnen.
Die Agglutination wurde nach einer Stande im BrQtofen makrosko-
pisch untersucht.
Durch die vorstehenden Untersachungen habe ich nun
mit Bestimmtheit festgestellt, dafi Paratyphus auch in
Japan existiert.
Tokio, November 1904.
Nackdruck verboten.
Ueber den Transport des Tetanusgiftes zu den Kiicken-
markszentren durch die Nervenfasem.
[Institut fflr allgemeine Pathologic zu Florenz (Direktor:
Prof. A. L us tig).]
Von Dr. N. Tiberti,
Privatdozent fur Bakteriologie an der k. Univereitat Florenz.
Mit 1 TafeL
(Fortsetzung.)
Aus diesen Experimenten ergibt sich, dafi beim Meerschweinchen
und beim Kaninchen der 2 Tage vorher in der Incisura ischiadica durch-
schnittene N. ischiadicus im stande ist, das Tetanustoxin aufzunehmen
und es zu den Nervenzentren hinzuleiten, und zwar weder in hOherem
noch in geringerem Grade als der unverletzte N. ischiadicus.
Der 10, 15 Tage oder 1 Monat vorher durchschnittene N. ischiadicus
erweist sich nur in ganz leichtem Grade toxisch, und dieser sehr ge-
ringe Grad von ToxizitSt rflhrt vielleicht von Spuren von Toxin her, die
im Blut und in der Lymphe des Nerven enthalten sind.
Aus meinen Darlegungen ergibt sich als unzweifelhaft sicher die
Bedeutung, welche die Integrit&t der Achsencylinder
fflr die Resorption und den Transport des Tetanustoxins
besitzt.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF CHICAGO
500
Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Durch die vorhergehenden Experimente wurde die Tatsache er-
wiesen, daB das in die Wadenmuskeln injizierte Toxin sich im ent-
sprechenden N. ischiadicus vorfindet, so dafi dieser, wenn man ibn unter
die Haut einer weifien Maus inokuliert, Tetanuserscheinungen verursacht,
anf die in den meisten Fallen der Tod folgt.
XII. Wie lange nach der Injektion das Tetanustoxin im
Blute und in den Nerven nachweisbar ist.
Es entsteht nun die Frage: Wie lange nach der Injektion in die
Muskeln findet sich das Tetanustoxin in bedeutender Menge in den
Nervenstammen, durch welche die Muskeln innerviert werden?
Urn diese Frage zu beantworten, habe ich die folgenden Experimente
ausgefiihrt, bei denen ich gleichzeitig die Toxizitat der Nerven und des
Blutes untersuchte, urn einander gegenfiberstebende Termine festsetzen
zu konnen bezQglich der Zeit, die zum Eindringen des Toxins in die
Nerven und in das Blut erforderlich ist.
Meerschweinchen XIII. Gewicht 320 g.
21. Marz 1904, 10 Uhr vorm. Ich injiziere in die Muskeln der rechten Wade
V, ccm Tetanustoxin. Nach 10 Minuten tote ich das Meerschweinchen, nehme ein
l 1 /, cm langes Stuck des N. ischiadicus derselben Seite und inokuliere es unter die
Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage gar keine Erscheinungen von Tetanus
zeigt. Demselben Meerschweinchen entnehme ich ca. 1 ccm Blut aus dem Herzen und
injiziere es einer anderen Maus unter die Haut. Diese Maus zeigt ganz leichte Er¬
scheinungen von Tetanus und iiberlebt.
Meerschweinchen XIV. Gewicht 380 g.
21. Marz 1904, 3 Uhr nachm. Injektion von Tetanustoxin, wie oben.
3 Uhr 30 Min. nachm. Ich inokuliere unter die Haut einer Maus ein Stuck vom
rechten N. ischiadicus des Meerschweinchens. Die Maus zeigt wahrend der folgenden
Tage gar keine Erscheinungen von^ Tetanus. Ich entnehme dem Herzen des Meer¬
schweinchens 1 ccm Blut und inokuliere es einer anderen Maus unter die Haut. Letz-
tere zeigt wahrend der folgenden Tage ganz deutliche Erscheinungen von Tetanus,
iiberlebt aber.
Meerschweinchen XV. Gewicht 350 g.
21. Marz 1904, 4 Uhr 30 Minuten nachm. Injektion von Tetanustoxin, wie oben.
5 Uhr 30 Min. nachm. Ich t5te das Meerschweinchen und fiihre die gewohnlichen
Versuche aus mit dem rechten N. ischiadicus und mit dem Herzblut.
Die mit dem N. ischiadicus geimpfte Die mit dem Blute geimpfte Maus zeigt
Maus zeigt keine Erscheinungen von Te- Erscheinungen von Tetanus. Verendet m
tanus. der Nacht vom 24. zum 25. Marz,
Meerschweinchen XVI. Gewicht 420 g.
22. Marz 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Injektion von Tetanustoxin in die rechte
Wade.
11 Uhr vorm. Ich tote das Kaninchen und fiihre die gewohnlichen Versuche an
Mausen aus.
Die mit dem N. ischiadicus geimt>fte Die mit dem Blute geimpfte Maus zeigt
Maus zeigt Erscheinungen von lokalem Erscheinungen von Tetanus und Tod am
Tetanus nach 2 Tagen — iiberlebt. 24. Marz vormittags.
Aus diesen Experimenten ergibt sich die SchluBfolgerung, daB das
in die Wadenmuskeln eines Meerschweinchens inokulierte Tetanustoxin
sich im Blute in solcher Menge findet, daB es, wenn auch sehr leichte,
Erscheinungen von Tetanus schon 10 Minuten nach der Inokulation her-
vorruft. Im Blute findet es sich in solcher Menge, daB es bei der Maus
nach 1 Stunde todlich verlaufenden Tetanus erzeugt, wenn nicht weniger
als 1 ccm Blut zur Impfung verwendet wird.
Das in die Wade eines Meerschweinchens inokulierte Tetanustoxin
trifft man in dem entsprechenden N. ischiadicus nicht in solchen Mengen
an, daB es eher als l 1 /, Stunde nach der Injektion Erscheinungen von
lokalem Tetanus hervorruft
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rflckenmarkazentren etc. 501
XIII. Iutranervdse Inokulation von Tetanustoxin.
Nachdem ich durch die vorhergehenden Untersuchungen die groBe
Affinitat der peripherischen Nerven zum Tetanustoxin nachgewiesen hatte,
wollte ich untersuchen, welche Wirkungen seine direkte Inokulation in
das Parenchym der NervenstQmme zur Folge hat, analog den Versuchen,
die Di Vestea und Zagari bezQglich des Virus der Tollwut angestellt
haben.
Zu Versuchstieren wahlte ich Kaninchen, Hunde und Meerschwein-
chen, der Nerv, der mir zu diesem Zweck als der am meisten geeignete
erschien, war der N. ischiadicus.
Ich versuchte stets, die Injektion in das Parenchym des Nerven zu
machen, indem ich eine ganz feine und etwas gekrGmmte Nadel benutzte.
Damit die Injektion gut gelingt, mull man eine sehr geringe Menge
Toxin injizieren und die FlQssigkeit ganz langsam weiterdrQngen, indem
man die starke Ausdehnung der LymphgefUBe soviet als mdglich ver-
meidet. Wenn die Injektion gut gelingt, so bemerkt man wahrend ihrer
AusfQhrung, daB die FlQssigkeit auf einen besonderen Widerstand stoBt;
maclit man dagegen die Injektion einfach unter der Nervenscheide, so
st8Bt die FlQssigkeit auf keinen Widerstand, die Nervenscheide dehnt
sich betrachtlich aus, und wenn man mit der Injektion fortfahrt, so
kann sie zerreifien, so daB die FlQssigkeit sich in die benachbarten Ge-
webe ergieBt.
Vor AusfQhrung der Inokulation ins Innere der Nerven habe ich
stets den Nerven sorgfQltig isoliert und unter ihn ein StQckchen Perga-
mentpapier eingeschoben, urn zu verhindern, daB das Tetanustoxin zu-
failigerweise die benachbarten Gewebe benetzte. Nachdem ich die In¬
jektion ausgefQhrt und die Nadel zurQckgezogen hatte, verschloB ich das
kleine Loch durch etwas elastisches Kollodium, zog das Pergamentpapier
heraus und brachte den Nerven wiederum an seine Stelle.
Kaninchen IV. Uewicht 1,850 kg.
15. Miirz 1904. Ich isoliere die beiden N. ischiadici auf die soeben beachriebene
Weise und inokuliere in dieselben eine kleine Dosis Tetanustoxin, indem ich die Fliissig¬
keit ganz langsam weitertreibe. Ich bemerke den besonderen Widerstand, der, wie ich
Bchon sagte, ein Anzeichen dafiir 1st, dafi die Injektion gelingt und wirklich das Paren¬
chym erreicht. Ich ziehe die Nadel zuriick, schliefie das kleine Loch mit Kollodium
und vernahe die Wunde.
111. Marz. Es ist keine Erscheinung von Tetanus zu beobachten. Die Hinterbeine
sind durchaus nicht starr.
17. Marz vorm. Das rechte Hinterbein zeigt starke Kontrakturen, das linke in
geringerem Grade.
18. Marz vorm. Die Kontraktur im linken Hinterbein ist stSrker.
18. Marz abends. Es beginnen sich Erscheinungen von allgemeinem Tetanus zu
zeigen, die am 19. Marz nocn deutlicher werden. Das Kaninchen verendet in der
Nacht vom 19. auf den 20. Marz.
Kaninchen V. Gewicht 1,670 kg.
15. Marz 1904. Dieselbe Behandlung wie beim vorigen. Es verendet am 19. Marz
unter heftigen Erscheinungen von Tetanus.
Zwei Kontrollkanincnen (VI und VII), die ungefahr dasselbe Gewicht haben wie
die vorigen. werden gleiche Dosen, d. h. einige Tropfen Toxin injiziert, einen in die
Vena marginalia des rechten Ohres, den anderen unter die Haut der rechten Pforte.
Sowohl das eine als das andere der beiden Kaninchen zeigt nicht die geringsten
Erscheinungen von Tetanus.
Meerschweinchen XVIII. Gewicht 590 g.
16. Marz 1904. Ich isoliere die beiden N. ischiadici auf die oben erwahnte Weise
und injiziere Tetanustoxin in dieselben. Die Injektion gelingt nicht so gut wie bei
dem N. ischiadicus des Kaninchens, und zwar wegen des geringen Volumens des
Nervenstammes.
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502
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Am folgenden Tage zeigt das Meerschweinchen starke Kontrakturen in den Hinter-
beinen und verendet unter Erscheinungen von Tetanus am 18. Marz.
Meerschweinchen XVII. (Kontrolltier.) Subkutane Injektion von Tetanustoxin
in einer Dosis, die ungefahr der Geeamtdosis dee Toxins gleich 1st, die in die N. ischiadici
dee vorigen Meerschweinchens injiziert wurde. Wahrend der folgenden Tage zeigt es
keine deutlichen Erecheinungen von Tetanus.
Hund I. 5,860 kg.
22. Marz 1904. Nachdem ich die N. ischiadici auf die gewohnte Weise blofigelegt
habe, injiziere ich in dieselben kleine Dosen Tetanustoxin.
Am folgenden Tage keine Erscheinungen von Tetanus. Die Hinterbeine sind voll-
standig frei.
24. Marz. Das rechte Hinterbein zeigt bemerkenswerte Kontrakturen (man be-
obachtete, dafi die Injektion ins Parenchym im wahren Sinne dee Wortes besser
am rechten N. ischiadicus gelang als am linken, wo ein groSer Teil des Toxins sich in
der Scheide des Bmdegewebes ausbreitete).
25. Marz. Die Kontrakturen im rediten Hinterbein sind starker. Leichter Grad
von Starre im linken.
26. Marz. Dieselben Erscheinungen wie am vorigen Tage.
27. Marz. Die beiden Hinterbeine zeigen starke Kontrakturen; es treten Erschei¬
nungen von Tetanus an den Vorderbeinen, am Halse und im Rumpf auf. Wird der
Hund gereizt, so zeigen sich allgemeine Kontrakturen.
28. Marz. Morgens finde ich ihn verendet.
Aus diesen meinen Experimenten ergibt sich, dafi bei direkten
Injektionen von Tetanustoxin ins Parenchym sehr kleine
Dosen hinreichen, um Erscheinungen von schwerem Te¬
tanus hervorzurufen, auf die der Tod folgt Werden diese n&m-
lichen Dosen von Gift Tieren von demselben Gewicht subkutan oder in
den Kreislauf inokuliert, so folgen darauf nicht die geringsten Erschei¬
nungen von Tetanus. Diese Tatsache ist meiner Ansicht nach eine der
besten Beweise zu gunsten der Hypothese von dem Transport des
Tetanustoxins vermittelst der Nerven.
Das Kaninchen, welches bekanntlich verh<nism&Big wenig empffing-
lich fQr das Tetanustoxin ist, wenn letzteres subkutan Oder in den Kreis¬
lauf injiziert wird, ist sehr dafflr empf&nglich, wenn es in das Parenchym
der Nerven injiziert wird.
Meyer und Ransom beobachteten, dafi, um beim Hunde tOdlichen
Tetanus hervorzurufen, bei Injektion in die Nerven 5mal geringere Dosen
per Gramm des Tieres genflgten, als diejenigen, welche sie injizieren
muBten, um dieselbe Wirkung durch Injektion von Tetanustoxin auf
subkutanem Wege zu erreichen. Beim Kaninchen wurden durch In¬
jektion einer lOmal geringeren Dosis von Toxin in die Nerven, als zur
Erzeugung eines tOdlichen Tetanus durch subkutane oder intravendse
Injektion erforderlich war, sehr schwere Erscheinungen von Tetanus mit
AbkQrzung des Inkubationsstadiums hervorgerufen. Die n&mlichen Tat-
sachen ungefahr wurden bei Meerschweinchen beobachtet.
Das Resultat der Injektion in das Parenchym der Nerven ist von
vielfachen Umstanden abMngig: vor allem zeigt sich leicht ein Extra-
vasat, wenn man die Injektion bei einem sehr dOnnen, zarten Ast aus-
fiihrt; die Injektionsmasse wird in der Nervenscheide aufgehalten, es
findet eine Anhaufung von Leukocyten statt und man erzielt nicht eine
energischere, sondern eine viel schwachere Wirkung. Dieselbe Tatsache
nahm Burdach an, um die Erfolglosigkeit der Inokulation des Virus
der Tollwut in den Nerven zu erklaren, die er 5mal bei 7 inokulierten
Hunden konstatiert hatte. Er nimmt an, wenn man das Virus der Toll¬
wut einfach unter die Nervenscheide injiziere, so bewirke die injizierte
virulente FlQssigkeit, daB eine groBe Menge von Phagocyten auswandere.
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Tiberti, Transport des Tet&nusgiftes zu den Rtkckenm&rkszentren etc. 503
welche die spezifischen Erreger der Tollwut verschlfingen, verdaaten und
aaf diese Weise den Organismus unempfSnglich macbten.
Di Vestea und Zagari beobacbteten bei ihren Versuchen in
Bezug auf die Uebertragung des Virus der Tollwut vermittelst der Nerven,
daB, w&hrend beim Kaninchen die Inokulation in das Parenchym des
Nerven ganz sicher mit der durch Trepanation bewirkten gleichen Wert
bat, die Inokulation in die Nerven bei Hunden und Meerschweinchen
keine konstante Wirkung zeigte, indem man bald positive, bald negative
Resultate erhielt. Die Forscber scbreiben diese erfolglosen Versuche
haupts&chlich MSngeln der Technik zu, die unvermeidlich seien wegen
der Kleinheit der Nerven beim Meerschweinchen und der in hervor-
ragendem Grade faszikuldsen Struktur des N. ischiadicus beim Hunde.
Sie glauben mit vollem Recbt, es konne vorkommen, daB die vermeint-
lich in die eigentliche Nervensubstanz geleitete Injektion wirklich in den
Bindegewebshflllen verloren gehe.
Auch andere Momente kdnnen nach Meyer und Ransom auf den
Ausgang der Injektion in die Nerven einen EinfluB ausiiben. So er-
hielten sie bei Injektion einer tSdlichen Dosis Toxin in den N. facialis
eines Hundes nur eine schwache Wirkung, was urn so auffallender er-
scheint, als beim Menschen der Gesicbtstetanus in besonders schwerer
Form verl&uft.
XIV. Experim ente von Eintauchen der Nerven inTetanus-
toxin.
In der Absicht, den Transport des Tetanustoxins den Nervenstammen
entlang immer grflndlicher zu untersuchen, dacbte ich daran, nachdem
ich die Untersuchungen binsichtlich der direkten Inokulation des Toxins
in die peripherischen Nerven durchgefQhrt hatte, die Resorption des
Tetanusgiftes in der Weise zu untersuchen, daB ich die Nerven des
lebenden Tieres eine mehr oder weniger lange Zeit bindurch in das
Gift eintauchte und darin lieB. Dabei verfuhr ich auf folgende Weise:
Ich isolierte den N. ischiadicus beim Meerschweinchen und Kaninchen
auf der Strecke, die von der Incisura ischiadica bis zur Kniekehlengrube
verlBuft. Hierauf durchschnitt ich den Nerven entsprechend der letzteren
dnrch einen Schnitt mit der Schere und fflhrte ihn in eine kleine
Phiole hinein, die ich durch zwei Stiche an der Operationswunde be-
festigte. Alsdann brachte ich den Kontentionsapparat, auf dera das
Tier gehSrig befestigt war, in vertikale Lage und fflllte vermittelst einer
mit einer feinen Nadel versehenen Pravazschen Spritze die kleine
Phiole bis zu einer gewissen H5he mit Toxin, so daB der in die Phiole
eingefOhrte Nerv nur auf einer gewissen Strecke darin eintauchte. Beim
Hineinbringen des Tetanustoxins in die kleine Phiole wandte ich die
grdfite Sorgfalt an, damit auch nicht die geringste Spur des Toxins in
die umgebenden Gewebe sich ergieBe. Auf diese Weise wuBte ich ganz
sicher, daB der Nerv allein in Beziehung zum Toxin trat, eine Be-
rflhrung mit den anderen Geweben aber absolut ausgeschlossen war.
Das Stlick des Nerven liefi ich verschiedene Zeit hindurch im Te-
tanustoxin eingetaucht, zog es dann heraus, und nachdem ich es sorg-
ffiltig mit LSschpapier abgetrocknet oder auch nachdem ich das kleine
in die FlOssigkeit eingetauchte Stock abgeschnitten hatte, brachte ich es
wieder an seine Stelle, entfernte die kleine Phiole und vern&hte die
Operationswunde.
Auf diese Weise fflhrte ich verschiedene Experimente an Meer-
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504
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVUL Heft 5.
schweinchen und Kaninchen aus, deren N. ischiadicus entweder unver-
letzt Oder zu verschiedenen Zeiten abgeschnitten war. Hier berichte
ich fiber die wichtigsten Experimente.
Meerschweinchen XIX. Gewicht 425 g.
14 April 1904. Ich isoliere den linken N. ischiadicus und lasse ihn nach der so-
eben beschriebenen speziellen Methode eine Stunde lane in Tetanustoxin eingetaocht
Imogen. Nach Verlauf dieser Zeit durchschneide ich aen N. ischiadicus in gleicher
Hohe mit der Stelle, an der er in die kleine Phiole eindringt. Dieses abgeschnittene
Stuck vom Ischiadicus, das 1 cm lang ist, umfafit den Teil dee Nerven, der in das
Toxin eintauchte, und den Teil, der sich oberhalb der Fliissigkeit befand. Ich bringe
den N. ischiadicus in seine Lage zuriick und vernahe die Wunde Das abgeschnittene
Stuck des N. ischiadicus wird sorgfaltig mit Loschpapier abgetrocknet una nach Ent-
fernung der Scheide unter die Haut emer Maus geeimpft, die wahrend der folgenden
Tage sehr deutliche Erscheinungen von lokalem Tetanus darbietet. Das Meerscnwein-
chen zeigt an dem der Operation folgenden Tage (15. April) eine merkliche Kontraktur
des linken Hinterbeines, und diese Kontraktur prSgt sich noch deutlicher aus wahrend
der folgenden Tage. Es verendet am 20. April unter Erscheinungen von allgemeinem
Tetanus.
Kaninchen VIII. Gewicht 1,950 kg.
15. April 1904. Nach der gewohnten Methode bringe ich den N. ischiadicus in
Beruhrung mit dem Tetanustoxin. Dauer des Eintauchens 1 Stunde. Ich ziehe den
Nerv aus der kleinen Phiole heraus, schneide ein V/ ? cm langes Stuck davon ab, nach-
dem ich es mit Loschpapier abgetrocknet habe und impfe es einer Maus unter die Haut
ein. Ich bringe den Nervenstamm wieder in seine Lage und vera&he die Wunde.
Die Maus zeigte nur einen sehr leichten lokalen Tetanus; ebenso das Kaninchen.
Beide uberlebten.
Kaninchen IX. Gewicht 1,830 kg.
16. April 1904. Dieselbe Behandlung wie beim vorigen Kaninchen, nur wird die
Eintauchung des Nerven in das Toxin 2 Stunden lang fortgesetzt. Ein so in Be¬
ruhrung mit dem Toxin gehaltenes Stuck des N. ischiadicus ruft bei der Maus die
deutlichsten Erscheinungen von lokalem Tetanus hervor. Das Kaninchen zeigt wahrend
der folgenden Tage Erscheinungen von Tetanus und verendet am 21. April.
Aus dieseu Experimenten ergibt sich, dafi der in Tetanustoxin ein-
getaucht gehaltene N. ischiadicus das Toxin schnell aufnimmt, so daB
ein Stfick von ihm sich als zieralich giftig ffir die Maus erweist. Das
Meerschweinchen erliegt den Folgen einer solchen Behandlung. Um
beim Kaninchen dieselbe Wirkung zu erreichen, mufi man die Berfihrung
des Nerven mit dem Toxin lfinger andapern lassen. Diese Tatsache
findet vielleicht ihre Erklfirung in der anderen, auf die ich spfiter zurfick-
kommen werde, dafi der N. ischiadicus des Kaninchens im Vergleich zu
dem des Meerschweinchens eine geringere Affinitfit zum Tetanustoxin
besitzt.
Aus diesen Experimenten ergibt sich auBerdem als augenscheinliche
Tatsache, dafi der Transport des Tetanustoxinszu den Nerven-
zentren den Nervenstfimmen entlang erfolgt
Kaninchen X. Gewicht 1,785 kg.
14. April 1904. Durchschneiden des N. ischiadicus an der Incisura ischiadica.
21. April 1904. Ich isoliere den degenerierten Nerv und bringe ihn auf die weiter
oben beschriebene Weise in Beruhrung mit dem Tetanustoxin. Dauer der Beruhrunjg
2 Stunden; alsdann schneide ich ein Stuck des Nerven heraus, trockne es ab mit
Lftschpapier und impfe es subkutan einer Maus ein. Letztere zeigt wahrend der folgen¬
den Tage keine Erscheinung von Tetanus. Der iibrige Teil des Nerven wird wieder
an seine Stelle gebracht una die Wunde vernaht. Das Kaninchen zeigt nicht die leich-
teste Erscheinung von Tetanus und fiberlebt
Kaninchen XI. Gewicht 1.690 kg.
14. April 1904. Durchschneiden des linken N. ischiadicus an der Incisura
ischiadica.
29. April 1904. Der infolge des Durchschneidens degenerierte Nerv zeigt sich
nach 15 Tagen, als er mit dem Tetanustoxin in Beruhrung gebracht wird, als nicht
fahig, es zu resorbieren.
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Tiberti, Transport des Tetannsgiftes zu den Riickenmarkszentren etc. 505
Kaninchen XII. Gewicht 1,720 kg.
Der linke N. ischiadicus wird an der Incisura ischiadica durchschnitten und nach
21 Tagen mit seinem abgeschnittenen distalen Ende in das Tetanus toxin eingetaucht
gehalten.
Das Kaninchen zeigt wahrend der lolgenden Tage keine Erscheinung von Tetanus.
Aas diesen Experimented hinsichtlich des Eintauchens von Nerven,
die infolge ihrer Trennung vom Stamm degeneriert sind, in Tetanus-
toxin ergibt sich auf noch augenscheinlichere Weise als aus der anderen
Reihe der frflher besproebenen Experimente beziiglich der Injektion
des Toxins in die Wade in verschiedenen Zeitabschnitten nach der
Durchschneidung des N. ischiadicus derselben Seite die Bedeutung
der Achsencylinder fflr denTransport des Tetanustoxins
zu den Rflckenmarkszentren.
XV. Subkutane Oder intravendse Injektion von Tetanus-
toxin nach vorheriger Injektion von Tetanusantitoxin in
die Nerven.
Nachdem durch die vorhergehenden Experimente die Annahme ge-
rechtfertigt war, dafi das T etanustoxin, um zu den Nerven-
zentren zu gelangen, den Nerven bahnen folgt, wollte ich
sehen, ob es mir, wenn ich in einen Nervenstamm Tetanusantitoxin
injizierte, und hierauf das Toxin, entweder in den Kreislauf Oder sub-
kutan, moglich ware, die Nervenzentren zu schfltzen, in die der Nerven¬
stamm einmfindete.
Zu diesem Zweck schritt ich zu folgenden Experimenten:
Kaninchen XIIL Gewicht 2,180 kg.
16. April 1904. Nachdem ich den rechten N. ischiadicus blofigelegt habe, injiziere
ich einige Tropfen Tetanusantitoxin aus dem serotherapeutischen Institut zu Mailand.
Um die Moglichkeit zu verhindern, dafi etwas Antitoxin sich in die Gewebe ergiefie
und darin seine neutralisierende Wirkung auf das Toxin ausiibe, isoliere ich den Nerv
wohl, bringe eine Briicke von Pergamentpapier darunter an und verschliefie nach Ana-
fuhrung aer Injektion die kleine Wunae mit Kollodium, um zu verhindern, dafi
das Antitoxin zuriickfliefit. Hofort danach wurde in jede Wade */♦ ccm Tetanustoxin
injiziert.
17. Juni 1904. Ich beobachtete keine Erscheinungen von Tetanus.
18. Juni. Im linken Bein macht sich eine deutuch ausgeprfigte Kontraktur be-
merkbar. Das rechte Bein ist volikommen frei, schlaff, und erhalt sich auch in diesem
Zustand wahrend der folgenden Tage.
20. Juni. Starre der Vorderbeine, des Halses und des Bumpfes. Das rechte
Hinterbein zeigt sich noch immer frei.
22. Juni. Verendet unter Erscheinungen von allgemeinem Tetanus; dennoch zeigt
sich im rechten Hinterbein nicht das geringste Anzeichen einer Kontraktur.
Bei einem weiteren Kaninchen (XIV), das gerade so behandelt wurde wie das
vorige, zeigte sich im rechten Vorderbein, an dem der Injektion von Toxin die von
Antitoxin in den entsprechenden N. ischiadicus vorausgegangen war, im Gegensatz zum
vorigen Falle eine leichte Kontraktur, wahrend die Kontraktur der anderen Glieder sehr
deutlich ausgepragt war. Diese Tatsache mufi meines Erachtens daraus erklart werden,
dafi die Injektion von Antitoxin in diesem Falle nicht in das eigentliche Parenchym hinein
gelang wie in dem vorhergehenden Falle. Auf jeden Fall war, wie schon bemerkt, die
Kontraktur im Gliede, dessen N. ischiadicus durch Antitoxin geschiitzt war, eine minimale.
Kaninchen XV. Gewicht 2,430 kg.
17. Juni 1904. Ich lege die Juguiaris interna blofi und injiziere 1 ccm Tetanus-
toxin. Nach einer Stunde lege ich die N. ischiadici und crurales auf beiden Bei ten
blofi und inokuliere in dieselben Tetanusantitoxin. Wahrend die Iniektion in die
N. ischiadici gelingt, ist dies bei den N. crurales nicht der Fall wegen ihrer Diinnheit.
18. Juni 1904. Hochgradige Kontraktur in den Muskeln des Halses, Rumpfes
und der Vorderbeine. Die Hinterbeine sind etwas starr.
19. Juni vorm. Ich finde das Kanichen verendet, Vorderbeine volikommen steif,
starke Kontraktur der Muskeln des Halses, Riickens und Bauches. In den Hinterbeinen
bemerkt man nur einen leichten Grad von Kontraktur.
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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYUI. Heft 5.
Kaninchen XVI. Gewicht 2345 kg.
18. Juni 1904. lch injiziere in die Jogolarie interna 1 ccm Tetanustoxin; nach
2 Btunden lege ich die N. ischiadici sowie die N. femoral es bloB und injiziere Anti*
toxin in dieeeiben. Die namlichen Tateachen wie die beim vorigen Kaninchen beobach*
teten d. h. wahrend der folgenden Tage Auftreten Ton tetaniscben Kontrakturen in
den Muskeln dee Rumpfes, Halses und der Vorderbeine. Im Hinterteil leichter Grad
von Kontraktur, vielleicht etwas deutlicher ausgepragt ale im vorhergehenden Falle.
Das Kaninchen verendet in der Nacht vom 20. zum 21. Juni.
Aus diesen Versuchen ergibt sich, dafi, wenn man den N. ischiadicus
sozusagen durch Antitoxin sperrt und hierauf Tetanustoxin in die Waden-
muskeln injiziert, der Zutritt des Toxins selbst zu den entsprechenden
Nervenzentren verhindert wird und keine Erscheinungen von Tetanus
in den durch den geschiitzten Nervenstamm innervierten Muskeln be*
obachtet werden. Injizierte ich Toxin in den Kreislauf und Antitoxin
in die Hauptnervenst&mme der hinteren Glieder, so gelang es mir nicht,
die Muskeln der Glieder selbst von Tetanuserscheinungen vollkommen
frei zu erhalten, wahrscheinlich weil es mir, wie oben erw&hnt, wegen
der DQnnheit des N. cruralis durch die lnjektion nicht gelang, ihn hin-
l&nglich durch Antitoxin zu verschanzen und es sich so nicht vermeiden
liefi, dafi etwas Toxin zu den entsprechenden Nervenzentren gelangte.
Uebrigens ist darauf hinzuweisen, dafi Meyer und Ransom bei
fihnlichen Versuchen auch in dem durch Antitoxin geschQtzten Gliede
erst spfit einen m&fiigen Tetanus auftreten sahen, was sie durch die
Tatsache erkl&ren, dafi das Antitoxin nicht von den Nerven festgehalten
werde und dafi eine gewisse Dosis Toxin, die nach und nach zu ihnen
gelange, die Nervenbabn wieder frei finde.
Wie aber das Tetanustoxin, wenn man es in den Kreislauf injiziert,
gleichmSBig flberall verteilt und stark verdQnnt wird, so braucht es auch
l&ngere Zeit, urn sich in den Nerven zu sammeln; wfihrend dieser Zeit
kann wenigstens ein Teil des Antitoxins aus dem Nervenstamm ver-
schwunden sein, und es ist mbglich, dafi der dort zurQckgebliebene Teil
nicht dazii hinreicht, durch seine BerQhrung das dort anlangende Toxin
zu neutralisieren.
Meyer uDd Ransom gelang es, die Hinterbeine einer Katze, der
Tetanusantitoxin in die N. femorales und ischiadici injiziert wurde, 4 bis
47> Stunden nach der lnjektion von Tetanustoxin in die Vena jugularis
von Tetanuserscheinungen vollkommen frei zu erhalten. Aber auch der
Umstand, dafi man in den durch Antitoxin geschQtzten Gliedern Tetanus¬
erscheinungen auftreten sah, vermindert durcbaus nicht den Wert der
Beobachtung und ihre Bedeutung zu gunsten des Transports des
Tetanustoxins durch die Nerven; wenn man die letzteren recht-
zeitig durch Antitoxin verschanzt, so verspQren die entsprechenden
Ganglien des RQckenmarkes nichts von der Wirkung des Tetanusgiftes.
Man kQnnte einwenden, das Antitoxin sei in den Nerven dem Toxin
nicht begegnet, sondern es sei vermittelst der Lymphgef&fie der Nerven
in den subarachnoidalen Raum sowie in die Zentren des RQckenmarkes
gelangt und babe dort das durch das Blut beforderte Toxin neutralisiert.
Man bedenke aber, dafi die nicht geschQtzten Teile von Tetanus befallen
wurden und dafi die eingefQhrte Menge von Antitoxin nicht fQr eine
allgemeine Neutralisation des Giftes in die FlQssigkeit der Gewebe bin-
gereicht h&tte.
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 507
XVI. Nerveninjektion von Tetanustoxin nach Durch-
schneidung des Ruck enmarkes.
Um zu untersuchen, ob das einem Nerven eingeimpfte Tetanustoxin
wirklich keinen anderen Weg der Uebertragung in die Nervenzentren
zur Verfflgung habe als die Substanz des Nerven selbst, wollte ich sehen,
ob es nach Durchschneidung des RQckenmarkes gelftnge, die Wirkungen
des Toxins auf das mit dem Sitz der Inokulation in Verbindung stehende
Segment des RQckenmarks zu beschr&nken und ob es sich verhindern
liefie, daB das Tetanustoxin sich in den oberen Gegenden des RQcken¬
marks ausbreite.
Zu diesen Experimenten verwendete ich kr&ftige Hunde, da durch
die weiter oben erwfthnten Experimente von Di Vesteaund Zagari
bekannt ist, welche Schwierigkeiten es bereitet, Kaninchen nach
einer so schweren Operation einige Tage lang am Leben zu erhalten.
Oft entstehen in den durch die Resektion des RQckenmarkes gel&hmten
Gliedern Wunden durch Dekubitus, auf die septikamische Erscheinungen
folgen kOnnen. AuBerdem treten infolge Lahmung der Blase und even-
tuell des Rectums katarrhalische Erscheinungen in den Exkretionswegen
auf, die der Ausgangspunkt von Vergiftungen durch Bakterien werden 1 ).
Um diese schweren Uebelstande zu vermeiden, muB man die Tiere
mit der grOBten Sorgfalt behandeln und sie in groBter Reinlichkeit er¬
halten. Um zu verhindern, daB die beiden StQmpfe des Markes mitein-
ander in BerQhrung kamen, gofi ich, nachdem ich ein kleines StQck des
RQckenmarkes durchschnitten hatte, etwas hartes Paraffin in den Zwischen-
raum.
Hand II. Gewicht 10 kg.
15. MSrz 1904. Chloroiormnekrose und subkutane Morphiuminjektion. Nach
vorausgegangener sorgfaltiger Desinfektion lege ich die Wirbelbogen des 2. und 3.
Lendenwirbels blofi und mache mit Hilfe dee Skalpells eine Oeffnung; durch dieee
hindurch zerstore ich die Substanz des Riickenmarkes auf einer Lange von 1 cm und
gieBe in den Zwischenraum bei 60° geschmolzenes Paraffin. Doppelte Naht der Muskeln
und der Haut. Die Operation verlauft ohne Zwischenfall. Der Hund zeigt sich sehr
niedergeschlagen, als er sich von der Wirkung des Chloroforms erholt hat Das Hinter-
teil ist vollstandig gelahmt und der Hund schleppt sich mit grofier Miihe auf den
Hinterbeinen weiter.
16. Marz. Ich lege die beiden N. ischiadici bloB und injiziere in ihr Parenchym
ca. V 4 ccm Tetanustoxin per Nerv.
18. Marz. £s beginnt sich ein gewisser Grad von Kontraktur in den Hinterbeinen
zu zeigen.
19. Marz. Die Kontraktur in den Hinterbeinen hat sich sehr deutlich ausgepragt.
Vorderbeine, Muskeln des Halses und Rumpfes vollkommen frei.
19. Marz abends. Der Hund ist sehr niedergeschlagen. Auch zeigt sich die Kon¬
traktur in den Hinterbeinen noch scharfer ausgepragt. Nichts Bemerkenswertes an den
Vorderbeinen und im vorderen Teile des Rumpfes.
20. Marz. Ich finde den Hund verendet
Hund III. Gewicht 6,500 kg.
25. Marz. Vermittelst derseloen Technik, wie ich sie im vorigen Falle ausgeiibt
habe, schneide ich das Riickenmark durch in der H5he zwischen dem 3. und 4. Leuden-
wirbel.
26. M&rz. Nachdem ich die N. ischiadici bloBgelegt habe, injiziere ich in ihr
Parenchym Tetanustoxin wie oben.
28. Marz. Leichte Kontraktur in den Hinterbeinen; keine in den Vorderbeinen
und im Halse.
29. Marz. Die Kontraktur der Hinterbeine ist bedeutend gesteigert Der Hund
ist sehr niedergeschlagen; er frifit wenig und es gehen diarrhoische Stuhle ab.
1 ) Di Vestea e Zagari, Nuove ricerche sulla rabbia. (Giomaleinternazionale
delle scienze mediche. Anno XI. 1889. p. 101.)
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508
Centralbl. f. Baku etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
30. and 31. Marz. Die Hinterbeine vollkommen starr. Die Diarrhoe halt an und
die Faeces sind blutig gefarbt Vorderbeine und Kopf vollstandig frei.
1. April. 1st verendet.
Bei der Sektion zeigt aich der Befund einer akuten Enteritis.
Hund IV. (Kon troll tier.) Oewicht 5,000 kg.
26. Marz 1904. Ich isoliere die N. ischiadici und injiziere in sie Tetanustoxin
wie oben.
27. Marz. Leichte Kontraktur am rechten Hinterbeine; deutlicher ausgepragte
Kontraktur am linken Hinterbein. Do* Hund geht hinkend herum. Das linke Hinter-
bein ist zuruckgezogen, die Vorderbeine sind frei.
28. Marz. Die Kontraktur im rechten Hinterbein ist starker geworden; am linken
besteht die Kontraktur unverandert weiter.
29. Marz. Unveriinderter Zustand.
30. Marz. Die Tetanuserschein ungen haben sich auch auf die Vorderbeine ausge-
dehnt Der Hund liegt auf dem Boden und wird jeden Augenblick vom Tetanus ge-
schuttelt, namentlich wenn er gereizt wird. Der Kopf wird ausgestreckt getragen. Die
Vorderbeine sind steif.
31. Marz. Allgemeiner Tetanus. Das Tier ist sehr niedergeschlagen und friBt
nichts.
1 . April. Wird verendet aufgefunden.
Aus diesen Experimenten ergibt sich, dafi man vermittelst der
Durchschneidung des Rflckenmarkes das Aufw&rtssteigen
des Tetanastoxins za den oberen Nervenzentren verhin-
dern kann, so dafi, w&hrend bei dem als Kontrolltier verwendeten
Hunde mit unverletztem Rflckenmark auf die Injektion von Tetanustoxin
in die N. ischiadici zuerst lokaler, d. h. auf den HinterkSrper beschr&nkter
Tetanus folgt, dem nach und nach Tetanuserscheinuugen des Rumpfes,
Halses und der Vorderbeine folgen, bei dem vermittelst Durchschneidung
des Rflckenmarkes in der Lendengegend operierten Hunde die Tetanus-
erscheinungen strenge auf die Hinterbeine lokalisiert bleiben.
Di Vestea und Zagari fflhrten bei ihren Untersuchungen bezflg-
lich der Uebertragung der Tollwut auf dem Nervenwege Experimente
aus vermittelst Durchschneidung des Rflckenmarkes, nachdem sie vorher
das Virus der Tollwut in den N. ischiadicus inokuliert hatten. Sie
konnten in einigen Fallen beobachten, dafi die Durchschneidung des
Rflckenmarkes den Durchgang des Virus der Tollwut zum oberen Teil
des Markes und zum Gehirn nicht verhinderte; diesen Umstand er-
klflrten die Autoren durch die Tatsache, dafi die Stflmpfe des Markes
bisweilen einander berflhren kflnnten, da sie in dieser Hinsicht begfln-
stigt wArden durch die Krflmmung der Wirbelsfiule, die bei der Ab-
tragung eines halben Wirbelbogens, wie auch infolge der Unruhe des
Tieres fortbestehe. Als sie aber ihre Versuche wiederholten und bessere
experimentelle Bedingungen dabei benutzten, d. h. die vollstandige
Trennung der Stflmpfe des in seiner Leitung unterbrochenen Rflcken¬
markes sicher durch fflhrten, konnten Di Vestea und Zagari mit voll-
kommener Sicherheit behaupten, dafi die Durchschneidung des Rflcken¬
markes ein wirksames Mittel sei, urn den Durchgang des Virus der
Tollwut zu hemmen. Auf den Einwand, den man erheben kflnnte, dafi
n&mlich die Uebertragung des Virus der Tollwut durch die Lymphr&ume
der Nerven erfolgen kflnne, da bekanntlich in den letzteren die Lymph-
wege ein vollkommen (Key und Retzius) oder beinahe (Ranvier)
den Lymphgef&fien des umgebenden Bindegewebes gegenfiber isoliertes
System bildeten und dafi dieses System gewohnlich nur mit den eigent-
lichen lymphatischen Lakunen des Zentralnervensystems, mit dem
Spatium subdurale und den Spatia subarachnoidea in Verbindung stehe,
antworten dieselben Autoren, von ihrem Gesichtspunkte aus betrachtet
seien die beiden Ansichten gleichwertig, wenn man von einem Lymph-
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den RQckenmarkszentren etc. 509
system spreche, das gar nicht mit den gewOhnlichen Lymph gefafien des
Bindegewebes in Verbindung stehe, und die Tatsache bleibe erwiesen,
dafi nach Durchschneidung des RQckenmarkes in seiner L&nge das Virus
keinen anderen Weg findet, auf dem es weiter vordringen kann.
Diese Beobacbtungen von Di Vestea und Zagari lassen sich
vollst&ndig dem anpassen, was ich in Bezug auf die Weiterbefdrderung
des Tetanustoxins zu den Nervenzentren vermittelst der peripherischen
Nerven dargelegt habe; nur halte ich es far angezeigt, darauf hinzu-
weisen, dafi es wOnschenswert gewesen wfire, dafi die von mir der
Durchschneidung des ROckenmarkes ausgesetzten Hnnde ltngere Zeit
hindurch Qberlebt h&tten, um meinen diesbezQglichen Untersuchungen
den absoluten Wert zu verleihen, den dieUntersuchungen von Di Vestea
und Zagari besitzen.
XVII. Tetanusgiftinjektion in die enervierten Muskeln.
Marie und Morax begrOnden die Hypothese von dem Transport
des Tetanustoxins zu den Nervenzentren durch die Nerven durch zwei
Haupttatsachen: 1) Die Injektion einer Dosis Toxin in den N. ischiadicus
eines Kaninchens, die nicht dazu hinreicht, Tetanuserscheinungen auf sub-
kutanem Wege oder auf dem Wege des Blutes zu erregen, folgen Te¬
tanuserscheinungen und Tod; 2) durchschneidet man bei einem Kanichen
den 2. N. cervicalis auf einer Seite so nahe als mdglich an seiner Aus-
trittsstelle, lahmt auf diese Weise das vordere Glied derselben Seite
vollst&ndig und injiziert nach und nach, wenn die Operationswunde ver-
narbt ist, Tetanustoxin in einen der Muskeln des gel&hmten Beines, so
erhait man keine Tetanuserscheinungen.
W&hrend ich durch meine Untersuchungen die erste Tatsache in
vollem Umfange best&tigen konnte, habe ich nicht einmal einen Versuch
zur Bestatigung der zweiten unternommen, weil ich nicht einsehe, wie
man vermittelst der Durchschneidung eines einzigen Nerven, des 2. N.
cervicalis, ein vorderes Glied vollst&ndig lahmen kann. Um diese
Wirkung zu erreichen, mflfite man alle Aeste des Plexus brachialis
durchschneiden, der beim Kaninchen aus dem 4., 5., 6., 7. und 8.
N. cervicalis und dem 1. N. dorsalis besteht. Allerdings stellte ich in
diesem Sinne einige Experimente an, mufite mich jedoch sehr bald da-
von fiberzeugen, dafi die Verletzung infolge der Operation zu schwer
war, denn gewdhnlich verendeten die Kaninchen nach 1—2 Tagen.
Alsdann versuchte ich das Problem auf anderem Wege zu ldsen;
ich durchschnitt namlich die Nerven des hinteren Beines und suchte
letzteres mehr oder weniger vollstandig zu lahmen. Zu diesem Zwecke
ffihrte ich die folgenden Experimente aus.
Kaninchen XVII. Gewicht 1,950 kg.
12. Jani 1904. Ich durchschneide den N. ischiadicus und den N. cruralis auf der
rechten Seite bei ihrem Austritt aus der Wirbelsaule. Ich inokuliere V* ccm Tetanus-
toxin in das rechte Bein,
14. Juni. Rechter Schenkel steif. Bein unterhalb des Knies vollkommeu frei.
15. Juni. Dieselben Erschein ungen wie am vorhergehenden Tage.
16. Juni. Es beginuen Erscheinungen von allgemeinem Tetanus aufzutreten; das
rechte Bein vom Knie abwarts bleibt fortwahrend frei.
17. Juni. Das Kaninchen zeigt Erscheinungen von schwerem Tetanus. Es ver-
endet um 4 Uhr 45 Min. nachmittags. Das rechte Bein vom Knie abwarts hat sich
bis zum Ende frei erhalten.
Kaninchen XVIII. Gewicht 1,890 kg.
12. Juni 1904, 9 Uhr vorm. Durchschneidung des rechten N. ischiadicus und
cruralis wie oben. Injektion von Tetanustoxin in beide Beine.
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13. Juni 5 Uhr nachm. Es beginnt sich ein leichter Grad von Starrheit im linken
Hinterbein bemerkbar zu machen.
14. Juni. Starke Kontraktur dee linken Hinterbeinee. Im rechten Hinterbeine
betrachtlicher Grad von Starrheit dee Schenkels; unterhalb dee Knies iet das Bein voll-
kommen frei und halt sich so wahrend der folgenden Tage.
Das Kaninchen verendet am 16. Juni.
Kaninchen XIX. Gewicht 1,975 kg.
13. Juni 9 Uhr 30 Min. vorm. Ich durchschneide den N. ischiadicus, den cruralis
und den obturatorius auf der rechten Seite bei ihrem Austritt aus der Wirbelhdhle.
Unmittelbar nachher inokuliere ich l / t scm Tetanus toxin auf der operierten Seite und
ebensoviel auf der gesunden Seite.
Wahrend der folgenden Tage zeigt das Kaninchen Erscheinungen von allgemeinem
Tetanus; nur das rechte Hinterbein erhalt sich in seinem ganzen Umfang voukommen
frei und es zeigt sich darin niemals der geringste Grad von Kontraktur.
Das Kaninchen verendet am 19. Juni.
Aus diesen Experimenten ergibt sich, dafi in den vermittelst Durch-
schneidung der entsprechenden Nervenst&mme vollkommen enervierten
Muskeln infolge der Injektion von Toxin keine Erscheinungen von Te¬
tanus auftreten. Wenn wir den N. ischiadicus und den N. cruralis auf
einer Seite so hoch als mOglich durchschneiden, so berauben wir nur
den unterhalb des Knies gelegenen Teil dieses Gliedes vollstandig der
Innervation. Auch die Schenkelmuskeln werden, obschon sie infolge
dieser Operation grSBtenteils nicht mehr in Verbindung mit den N erven-
zentren stehen, nicht vollstandig ihrer Nerven beraubt, und diese wenigen
Fasern genflgen, am das Tetanustoxin zu den entsprechenden Nerven-
zentren zu leiten und Kontrakturen im Schenkel selbst zu erregen; nur
treten die Kontrakturen etwas spater auf.
Ein ganzes Glied kann nur dann vollstandig von den Tetanus-
erscheinungen verschont bleiben, wenn alle motorischen Nerven des-
selben durchschnitten werden, was man vermittelst Durchschneidung des
N. ischiadicus, des cruralis und des obturatorius erreicht. Nur wenn
man auf diese Weise verfahrt, findet das Tetanustoxin keine Moglichkeit,
zu den Rdckenmarkszentren zu gelangen, welche diesem Gliede ent-
sprechen, dafi stets von Tetanus frei bleibt Auf dem Blutwege aber
verbreitet sich das Toxin im ganzen Organismus und wird vermittelst
der unverletzten Nervenbahnen zu den entsprechenden Nervenzentren
geleitet; daher Tetanus in den anderen Gliedern, in denen die Innervation
normal ist, im Rumpf und im Hals.
Diese Experimente besitzen, wie mir scheint, einen entsprechenden
Wert fQr die Hypothese von dem Transport des Tetanustoxins
zu den Nervenzentren durch die Nerven.
(Forteetzung folgt.)
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Do err, Beobachtungen fiber bacillftre Dysenterie.
511
Nachdruck verboten .
Beobachtungen iiber bacillare Dysenterie.
[Aus dem Laboratorium des k. und k. MilitBrsanitatskomitees ia Wien
(Vorstand: Oberstabsarzt Dr. L. Kamen).]
Von Dr. R. Doerr, k. und k. Regimentsarzt in Wien.
(SchluB.)
Weder die von mir aus der Brucker und Krakauer Epidemic gezflchteten
Eulturen, noch der Bacillus von Shiga, ein Kruse-Stamm von Jiirgens,
von M ti 11 e r oder die Stamme aus Doberitz zeigen ein derartiges Verbalten.
Dementsprechend liefern auch alle Agarkulturen von Flexner-St&mmen
(Flexner, Jiirgens, Wien) und von alien S h i g a - St&mmen, bis auf
die Kruseschen Originalkulturen, mit 0,85-proz. NaCl-Ldsung emulgiert,
bomogene Suspensionen, in denen spontane Haufchenbildung nicht ein-
tritt und die auch nach 24 Stunden sich nicht klSren. Die Kruse schen
Original stamme, wenigstens die 2, die ich prufen konnte, zeigen dagegen
in aus Agarkulturen hergestellten Kochsalzemulsionen eine grofie Neigung
zu spontaner Sedimentierung und unter der Einwirkung selbst stark
verdflnnter Normalsera auch KrQmelbildung, so daB bei der Kolleschen
Methode der makroskopischen Agglutination sowohl als auch bei Be-
nfitzung von Bouillonkulturen zur mikroskopischen Agglutination leicht
Irrtfimer entstehen konnen. Dies ist auch der Grund, warum ich diese
sonst nebens&chlichen Verh<nisse so ausfilhrlich erSrtert habe, da
wenigstens bis jetzt die Agglutination nicht nur fflr die Frage nach der
Utiologischen Bedeutung der Ruhrstabchen, sondern auch fQr die Art-
gleichheit der verschiedenen Stamme entscheidend ist.
In Peptonwasser bilden die Wiener St&mme kein Indol, auch nicht
nach langerem Aufenthalt im Brfltofen. Ein Stamm von Jiirgens,
einer von Flexner (von Kr&l bezogen) und die Stamme von Leiner
bilden deutlich Indol, w&hrend die von Jiirgens angestellte Prflfung
bei seinem und dem Krdlschen Flexner-Stamm negativ ausfiel.
Die Indolbildung ist, wie lange bekannt, so variabel und der Aus-
fall der Reaktion derart von den verwendeten Reagentien abhangig [be-
sonders von der Peptonsorte X )J, daB man wohl in Hinkunft von der
Verwendung dieses Merkmales zur Charakterisierung der Art absehen
kdnnte, urn so mehr, als l&ngere Zeit fortgezGchtete Coli-Rassen, die
in der 1. Generation noch starke Indolproduktion nach 24 Stunden
zeigten, sphter wenig oder kein Indol auch bei Verwendung der gleichen
Reagentien aufweisen.
Auf schragem Agar ist das Wachstum nicht charakteristisch, aber
entschieden Gppiger als bei den Bacillen der Shiga-Gruppe. Die Kul-
turen zeigen einen deutlichen spermaartigen Geruch, wie flbrigens auch
oft die Stflhle, eine Tatsache, die von mehreren Beo bach tern hervor-
gehoben wurde.
Auf Drigal ski -Agar sind die Eolonieen klein, durchsichtig, tau-
tropfenartig, blau, und zeigen bei schwacher VergrdBerung in jugend-
lichem Zustande (24 Stunden) eine deutliche diktyodrome Zeichnung, die
vollst&ndig an das Aussehen junger Typhuskolonieen auf der Gelatine
erinnert.
1 ) Im vorli^enden Falle wurde Pepton Witte verwendet
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512
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Traubenzucker wird nicht vergoren, Neutralrot bleibt unverSndert.
Im Gfirungskfilbchen bleibt h&ufig das Wachstum im anaeroben Schenkel
aus, an dessen Beginn die getrttbte Flflssigkeit mit einer scharfen Linie
absetzt.
In die Barsiekowschen Flflssigkeiten verimpft, bleibt das Milch-
zuckerrfihrchen blan und ziemlich klar, das Traubenzuckerrflhrchen wird
gerfltet und schwach opalisiqrend, doch erfolgt keine Koagulation des
Kaseins, das Mannitrohrchen wird nur gerdtet und leicht getrilbt. Diese
Prflfung mit Hilfe der 3 leicht herzustellenden N&hrboden mdchte ich
nochmals empfehlen; sie ermSglicht zunfichst die Feststellung, ob es
sich um Ruhrstabchen flberhaupt handelt, und das Mannitrohrchen von
mir und spater von Hetsch angegeben, gestattet als zweckmaBiger
Ersatz des Lenzschen Mannitagars auch rasch eine Wahrscheinlichkeits-
diagnose, ob der gefundene Bacillus in die Shiga- Oder Flexner-
Gruppe einzureihen ist Mit Sicherheit lassen sich diese Entscheidungen
erst mit Hilfe eines hochwertigen Immunserums und, wie noch gezeigt
werden soil, durch das Experiment am Kaninchen treffen. In einer
ersten Mitteilung hatte ich mich allerdings auf Grund der Beobachtungen
in Bruck (1902) und vergleichender Prflfungen der verschiedensten an
anderen Orten kultivierten Ruhrstamme auf den Standpunkt gestellt,
dafi das kulturelle Verhalten gegen die 3 Zuckerarten und Nutrose als
Ersatz der Agglutinationsprflfung fungieren kbnne, der sehr willkommen
ware einerseits der Einfachheit wegen, andererseits weil Sera, ob in
trockenem oder fldssigem Zustande konserviert, ihre agglutinatorische
Kraft ganz oder teilweise einbflfien und die Herstellung frischer
Priifungssera immerhin mehrere Wochen erfordert. In der neueren
Dysenterieliteratur linden sich auch keine Mitteilungen, die mich zwingen
kflnnten, wenigstens bezflglich der K r u s e - Gruppe, diesen Standpunkt
zu verlassen. Wohl aber habe ich in Krakau sowohl als in Wien
Stamme aus dysenterischen Sttihlen kultiviert, deren kulturelles uud bio-
logisches Verhalten mich bestimmt, der Prflfung mit den Barsiekow-
schen Flflssigkeiten nur einen provisorischen Wert zu vindizieren und
die Entscheidung der Agglutinabilitat durch hochwertige Immunsera
und dem Tierexperiment zu reservieren.
Auf sauren Kartoffeln ist das Wachstum typhusahnlich, die Ober-
flache der Kartolfel erscheint nur feucht, ein Bakterienrasen ist nicht
sichtbar. Doch variiert das Wachstum bei Flexner sowohl als Kruse-
Stimmen sehr und erscheint bei anderen Kartoffeln ein gelblich-weifier,
ja sogar gelbbraunlicher Rasen.
Das Wachstum auf Gelatine habe ich bei einer sehr groBon Reihe
von verschiedenen Dysenteriebacillen beider Gruppen geprflft und mit
den Gelatinekolonieen zahlreicher Typhus- und Coli-Stamme ver-
glichen. Dieser Punkt war ja von jeher kontrovers und erschien es
aus diesem Grunde zweckmaBig, gleichzeitig und unter Verwendung des
namlichen Nahrbodens mit den bisher bekannten Stammen neue Unter-
suchungen vorzunehmen. Es zeigte sich, daB Unterschiede zwischen
den bekannten Flexner-Stammen nicht bestehen. Alle zeigten wein-
blattahnliche Formen (nach 48 Stunden bei 22° C), etwas grflfler als
gleichaltrige Typhus- und kleiner als Coli-Kolonieen, zarter und trans-
parenter als letztere; unter dem Mikroskope erschien die Kolonie gelb-
lich, das Zentrura gelblich-braun, der Rand farblos, vielfach gebuchtet;
die netzlflufige Zeichnung war sehr undeutlich ausgepragt.
Bei Kruse-Shiga-Stammen ist das Verhalten entweder identisch
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Do err, Beobacbtongen fiber bacill&re Dysenteric.
513
mit dem geschilderten oder es ist (Kruse, M (tiler) die Blattrippen-
zeichnung mehr ausgeprflgt, so dafi die Ansiedelungen unter dem Mi-
kroskope typhusfihnlicher erscheinen.
Die Pathogenitfit ffir Versuchstiere verhielt sich bei den in Wien
gezfichteten Stfimmen ahnlich wie bei den Stammen von J dr gens und
Flexner und wies auffallende, diagnostisch sehr wohl verwertbare
Differenzen gegenflber den Kruse-Shiga -Stammen auf. WeiBe Manse
gin gen bei intraperitonealer Injektion von 0,3—0,5 Oesen lebender,
24-stflndiger Agarkultur irgend eines Flexner-Stammes nach 18—24
Stunden ein und zeigten reichliche Bacillen in dem sparlichen, klebrigen
Peritonealexsudat. Das Herzblut war steril oder enthielt nur wenig
Keime der injizierten Art.
Meerschweinchen (200—250 g) gingen erst bei Dosen von 3—5 Oesen
(intraperitoneal) nach 24 Stnndenein, jedoch nicht regelmfiBig; bisweilen
waren die Tiere am nachsten Tage schwer krank, erbolten sich jedoch
auffallend rasch und tiberlebten den Eingriff. Weder bei den Flex¬
ner schen noch bei den Wiener Stammen oder dem von J fir gens lieB
sich eine Konstanz der Wirkung oder eine Steigerung der Virulenz
durch Passage erzielen trotz zahlreicher Versuche. Manches Tier ver-
endete nach 2 Oesen, manches fiberlebte die Injektion von 5 Oesen,
und diese Abhangigkeit der Wirkung von der Individualitfit der Tiere
trat bei jeder Versuchsreihe immer wieder in Erscheinung. Die Sektion
ergab bei den verendeten Meerschweinchen eine Peritonitis mit sehr
reichlichem. serdsem, bisweilen leicht hfimorrhagischem Exsndat, in dem
zahlreiche Fibrinflocken schwaramen. Die Serosa des Darmes und
namentlich auch der Leber war von membrandsen Fibrinexsudationen
bedeckt. Das Herzblut war meist steril.
Sehr merkwfirdig war die geringe Wirkung auf Kaninchen bei sub-
kutaner Applikation gegenflber den Stammen der Kruse-Shiga-
Gruppe. J fir gens hat diese Tatsache ebenfalls beobachtet, aber meines
Erachtens in ihrer Bedeutung zu wenig gewfirdigt. Ich habe in
dieser Rich tun g geprfift einerseits die Flexner- Stamme von Flexner
(Kr41), Jfirgens. Leiner und die 12 Stamme der Wiener Epidemie,
andererseits alle mir flberhaupt zugfinglichen Kulturen aus Kruse-
Epidemieen (Krakau 1904, Bruck 1902), sporadischer, verschleppter Fall
aus Sfidungarn, 1904 in Wien beobachtet, Shiga, Kruse (2 Stamme),
Mflller, Jfirgens und fand, dafi Kaninchen die subkutane Injektion
von 1 — 2 Oesen lebender oder 1 Stunde bei 60° abgetfiteter Flexner-
Stfimme gut vertragen, wfihrend bei sfimtlichen K r u s e - Kulturen
1 / 2 Oese abgetfiteter Kultur subkutan ausnahmslos genflgte, urn nach
2—3 Tagen auffallende Hypothermie (an den Loffeln deutlich zu kon-
statieren), Cyanose, Paralyse der hinteren Kfirperhfilfte (vollstandige
Lahmung der Sphinkteren und hinteren Extreraitfiten) und nach weiteren
24—48 Stunden den Exitus herbeizuffihren. Ffir die Feststellung, ob
ein Stamm in die Kruse-Gruppe gehQrt, wird man wohl auf diese
einfache Prttfung der Toxizitat ffir Kaninchen reflektieren mfissen, wenn
nicht etwa weitere Beobachtungen Ausnahmen von diesem Gesetze er-
geben, und kann dieser Tierversuch die Agglutination in ahnlicher
Weise ersetzen wie der Meerschweinchenversuch bei der Diphtherie 1 ).
1) Diese Tatsachen haben inzwischen durch eine Publikation von Todd, Dysentery
toxin and antitoxin (Journ. of hyg. Vol. IV. p. 480) eine weitere Bestatigung erfahren.
Das genaue Studium der Kruse-Toxine bilaet ubrigens auch den Gegenstand einer
demnichst erscheinenden Arbeit von R. Kraus.
Erato Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 33
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514
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Fur die FI ex ner-Stain me konnten ahnliche Verhaitnisse, wie gesagt,
nie eruiert werden, auch bei Variation der Versuchstiere; hier bleiben
wir auf die Agglutination mit hochwertigem Serum angewiesen.
Ich habe diese Prufung bei den Wiener Stammen auch durchge-
fiihrt mit Immunseris, die sich von Kaninchen bei der geringen Toxizitat
der Kulturen leicht erhalten lieBen, und zwar mit einem Flexner-
Serum, hergestellt mit dem von Krdl bezogenen Stamme und einem
zweiten Serum, gewonnen (lurch Injektion eines Wiener Stammes. Das
Resultat ist aus Tabelle III ersichtlich.
Tabelle III (Serum Flexner-Krdl).
Stam¬
me aus
Wien |
Flex¬
ner
Jtir-
gens
Leiner
Kruse
Paratyphus
Gretlinger
Hammer
Brunner
Bruck
1902
Muller
A
B
1 : 100
4
4
+
+
4
4
1 : 200
4
4
+
+
4
+
—
—
—
—
1: 400
4
4
+
+
4
-
—
—
—
—
1 : 800
4
4
+
±
±
—
—
—
—
—
1:1000
4
-j-
+
—
—
—
—
—
—
—
1:1600
4
4
+
—
—
—
—
—
—
—
1 :2000
4
4 i
—
—
—
—
—
—
Serum desselben Kaninchens war vor der Immunisierung auf samt-
liche Stamme (auch bei Verdunnungen von 1:10) wirkungslos.
Aehnlich war das Resultat mit dem 2. Immunserum, hergestellt
mit einem Wiener Stamm (Wert 1:2000).
Kruse-Serum war auf samtliche FI ex ner-Stamme wirkungslos.
Auch mit Flexner-Seris anderer Provenienz (eines, vom Kaninchen
stammend, wurde mir von Dr. Leiner zur Verfiigung gestellt, ein zweites
wurde durch langere Immunisierung von Ziegen im serotherapeutischen
Institut (Prof. Paltauf) gewonnenj ergaben stets die Identitat der
Wiener Stamme mit denen von Flexner und J Urge ns.
Ueber die atiologische Bedeutung der gefundenen Stabchen fiir das
Zustandekommen des dysenterischen Krankheitsbildes kann ich mich
kurz fassen, da alle hier in Betracht kommenden Gesichtspunkte von
Jurgens ausfiihrlich und sehr klar dargelegt wurden. Es ist ein
groBes Verdienst dieses Autors, die Dysenterieliteratur der letzten Jahre
kritisch beleuchtet und betont zu haben, daB die Anwesenheit eines In-
fektionserregers nicht geniigt, um die Diagnose einer Infektionskrankheit
zu stellen, sondern daB die reaktiven Vorgange, mit welchen der Or-
ganismus die Infektion beantwortet, vor allem genau beobachtet und
mit Vorsicht verwertet werden milssen.
Es sei also nur hervorgehoben, daB mir weder bei der Kruse-
Epidemie in Krakau noch bei der Flexner-Epidemie in Wien der
Nachweis von Amoben in den Stuhlen gelang. Weder Amoeba histo¬
lytica Schaudinn noch Amoeba coli konnten gefunden werden, trotzdem
die Stuhle wiederholt und stets in ganz frischem Zustande untersucht
wurden. Auch war es nicht moglich, aus den Entleerungen in Wien
Kr use-Bacillen oder aus denen in Krakau Flexner-Stamme zu iso-
lieren; hierzu sei bemerkt, daB es nie mit dem Abimpfen einer charak-
teristischen Kolonie sein Bewenden hatte, sondern daB fast immer Serien
von Kolonieen in Traubenzuckeragar abgeimpft und die nicht vergaren-
den stets in Mannit-Nutrose-Lackmus-Rbhrchen auf ihre Zugehbrigkeit
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Do err, Beobachtungen fiber bacill&re Dysenterie.
515
zu einer der beiden Gruppen geprflft wurden. Dagegen fanden sich in
Stflhlen der Krakaner Epidemic, und zwar in den sp&teren Krankheits-
perioden, zu einer Zeit, wo die Ausleerungen mehr eiterig waren. wenig
Schleim nnd Blut enthielten, K r u s e - Bacillen nicht mehr nachweisbar
waren und das Serum der Kranken einen hohen agglutinatorischen Titre
fflr Kruse angenommen hatte, neben reichlichem Coli auch vereinzelte
blaue Kolonieen, die kulturell, namentlich in ihrem Verhalten gegen
Zuckerarten, eine weitgebende Aebnlichkeit mit Kruse-StUmmen auf-
wiesen, aber weder vom Serum der Patienten noch von hochwertigem
Kruse-Serum agglutiniert wurden, noch auch die charakteristische
Toxizitat fflr Kaninchen zeigten; immerhin liefien sich diese StSmme
doch auch kulturell von Kruse- Bacillen differenzieren. Dagegen waren
in der Wiener Epidemie 2mal Bacillen in den Stflhlen vorhanden, die
kulturell von Flexner-Stflmmen flberhaupt nicht differierten, das
eine Mai neben Coli, das zweite Mai in Reinkultur. Es sind das die
2 restlichen negativen F&lle von den 29 in Wien durchgefflhrten Unter-
suchungen. Diese StSmme wurden durch F1 exner-Serum nicht bo-
einfluBt. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre flber inagglutinable
TyphusstSmme konnte es sich im vorliegenden Falle um analoge Vor-
kommnisse handeln. Es wurden also mit diesen 2 St&mmen neue Sera
hergestellt, die sich aber auf Flexner-St&mme ebenfalls unwirksam
erwiesen. Das Serum dieser Patienten agglutinierte die fraglichen
StSmme nicht, wohl aber FI ex ner-Bacillen. Das klinische Bild glich
vollkommen dem der echten Dysenterie. Es dflrfte sich hier um C o 1 i -
VarietSten handeln, die sich auf der erkrankten Darmschleimhaut ent-
wickeln und mit dem Prozefi, wie das Fehlen der Agglutination durch
das Serum der betreffenden Kranken und das positive Ergebnis der
Reaktion mit echten Flexner-StSmmen beweist, Stiologisch nichts zu
tun haben. Eine solche VerSnderlichkeit von Coli-Rassen, namentlich
nnter krankhaften Bedingungen, ist seit langem bekannt. Es sei nur
erinnert an die Beobachtungen von Escherich flber das Auftreten
neuer Eigenschaften des Darmcoli bei Colitiden der Kinder. Ferner
wurde im obigen Laboratorium ein Fall von periproktitischer Eiterung
beobachtet, bei dem der Eiter ausschlieBlich eine Coli-VarietSt ent-
hielt, die Traubenzucker nicht vergor und wo flber die Provenienz des
Coli und seine ursprflnglich gasbildende Eigenschaft schwer ein Zweifel
mCglich ist Daraus ergibt sich aufs neue die Notwendigkeit, bei
jedem einzelnen Stamme, selbst im Verlaufe einer grdBeren Epidemie,
durch Feststellung der biologischen Eigenschaften die Zugehorigkeit zu
den Ruhrbacillen flberhaupt und zu einer der beiden Gruppen insbe-
sondere zu ermitteln.
Die agglutinatorischen Eigenschaften des Krankenserums wurden
bei 20 Patienten in Wien und 15 in Krakau geprflft, und zwar geschah
die Untersuchung stets sowohl makroskopisch wie mikroskopisch. Ma-
kroskopisch kam die Kollesche Methode zur Verwendung (1 NormalOse
20-stflndiger Agarkultur verrieben in 1 ccm der betreffenden Serum-
verdflnnung), zur mikroskopischen Agglutination wurde 1 Oese Bouillon-
kultur (14-stflndig), mit 1 Oese der halb so starken Serumverdflnnung
vermengt. Die Beobachtungszeit betrug bei den makroskopischen Re-
aktionen 4, bei den mikroskopischen 1 Stunde. Bei beiden Epidemieen
wurden solche FSlle untersucht, wo der Bacillennachweis im Stuhl ge-
glflckt war, neben solchen, wo die Diagnose Ruhr sich lediglich auf den
klinischen Symptomenkomplex stfltzte und der Nachweis der Erreger
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5.
in den Faeces entweder nicht versucht Oder nicht gelungen war. Jedes
Serum wurde geprflft:
1) mit dem von Kr&l bezogenen FI ex n er-Stamm;
2) mit einem Kruse-Stamm aus der Brucker Epidemie (1902).
Die Kruseschen Originalst&mme waren wegen ihrer Neigung zu spon-
taner Verklumpung nicht brauchbar. Vielleicht ist auf die Nichtbeach-
tung dieses Umstandes ein Teil jener Beobachtungen zu beziehen, wo
bei Nachweis von Flexner-Bacillen in den Entleerungen das Kranken-
serum nicht nur diese, sondern auch Kruse-Stamme agglutinierte;
Tabelle IV (Agglutinationswerte der Krankensera der Wiener Epidemie).
No.
Agglutiniert
Flexner
(Krai)
Kruse
(Bruck)
Wien 1904
Krakau 1904
Leiner
(St. Brunner)
homologer
Stamm
1
100
0
100
0
50
100
2
200
0
200
0
50
—
3
400
0
400
0
50
—*)
4
400
0
400
0
100
500
5
200
0
200
0
50
—
6
200
50
200
50
25
—
7
50
0
50
0
0
—
8
50
0
50
0
0
50
9
400
0
400
0
100
400
10
25
0
25
0
0
50
11
200
25
100
10
50
200
12
50
0
50
0
0
—
13
100
0
100
0
10
—
14
50
0
50
0
0
50
15
50
0
50
0
0
50
16
10
0
10
0
0
25
17
100
0
100
0
25
—
18
10
0
10
0
0
25
19
50
0
50
0
0
50
20
200
10
200
10
50
200
Tabelle V (Krankensera aus Krakau).
No.
Agglutiniert
Flexner
(Krdl)
Kruse
(Bruck)
Wien 1904
Krakau 1901
Leiner
(St. Brunner)
homologer
Stamm
1
0
100
0
100
o
2
0
100
0
100
0
—
3
25
200
25
200
0
—
4
25
200
50
200
0
—
5
25
400
25
400
10
—
6
50
100
50
100
25
7
25
400
50
400
0
400
8
0
50
0
50
0
9
25
100
25
100
0
100
10
50
200
50
200
25
—
11
0
200
0
200
0
—
12
0
25
0
25
0
13
0
50
0
50
0
_
14
100
200
100
200
25
—
15
0
100
0
100
0
1 ) Dieses Serum agglutinierte auch ein aus dem Stuhl des Kranken geziichtetes
Coli im Verhiiltnis von 1:50.
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Doerr, Beobachtungen fiber bacill&re DyBenterie.
517
3) mit einem Stamm aus der Wiener Epidemic (Flexner) 1904;
4) mit einem Stamm der Krakauer Epidemic (Kruse) 1904;
5) mit dem Stamm Brunner, den Leiner aus Kinderdysenterieen
erhalten, und endlich
6) eventuell mit dem homologen, d. h. aus dem Stuhl des Patienten
gezflchteten Stamm.
Diese Resultate sind ganz fihnlich den von JQrgens erhaltenen.
1m allgemeinen lfiftt sich sagen, daft bei Flexner-Ruhr seltener Ag¬
glutination ffir K r u s e - Bacillen beobachtet wird als umgekehrt und
daft dieselbe sich auch in viel niedrigeren Werten bewegt, so daft man
fiber die Natur des Hauptagglutinins nicht im Zweifel sein kann. Bei
Kruse-Ffillen findet sich dagegen fifter Agglutination von Flexner-
Bacillen und erreicht dieselbe auch hohe Titres, was wohl damit im
Zusammenhang steht, daft schon viele Normalsera Oder Sera von anders-
artig erkrankten Individuen Flexner-Bacillen in Verdfinnungen bis
1:20, seltener 1:30 agglutinieren. Auch normale Tiersera, insbesondere
Pferdesera, wirken auf Flexner-Stfimme noch in Verdfinnungen von
1:100; bei Ziegenseris sind die Werte geringer (1:30), bei normalen
Kaninchenseris fehlt, soweit ich nach meinen Erfahrungen schlieften
kann, diese Eigenschaft ganz, so daft diese Tiere sich auch aus diesem
Orunde gut zur Herstellung agglutinierender Flexner-Sera eignen.
Bezfiglich der Zeit des ersten Auftretens der Agglutinationswirkung im
Serum, ihres Ansteigens wfihrend des Krankheitsverlaufes stimmen meine
Beobachtungen mit den von J fir gens erhobenen Befunden fiberein.
Ein Parallelismus zwischen der Schwere des Infektes und der Hfihe
des Titers ffir den betreffenden Erreger konnte gleichfalls nicht kon-
statiert werden.
Schliefilich wurde noch geprfift, ob die Stfimme von Flexner,
J fir gens und die aus der Wiener Epidemic gezflchteten einerseits und
die von Leiner aus Kinderdysenterieen erhaltenen andererseits wirk-
lich vollkommen identisch sind Oder nicht. Zweifel in dieser Richtung
werden zunfichst wachgerufen durch den Umstand, daft die ersterwfihnten
Rassen sfimtlich echten Dysenterieepidemieen entstammen, die Leiner-
schen Stfimme aber fihnlich wie die Ruhr der Irren nur sporadisch auf-
tretende Ffille betreffen, ferner durch die Tatsache, daft Flexner-Sera
nicht gleichmfiftig auf die Stfimme epidemischer Ruhr und Kinderruhr
oinwirken. So blieben Krankensera von Flexner-Ffillen oft (siehe
Tabelle V) auf den Stamm Brunner wirkungslos oder hatten nur einen
bedeutend niedrigeren Titer als ffir Flexner-Stfimme.
Ebenso differierten auch Immunsera. Ein Serum (1:400, Kaninchen)
agglutinierte z. B. den Stamm Brunner gar nicht. Hochwertige Sera
<1:2000, Kaninchen, siehe Tabelle III) agglutinierten den
Stamm Gretlinger 1:400
„ Hammer 1:400
„ Brunner 1:100 (200 inkompl.)
Ein zweites Immunserum mit dem Titer 1:1600 ffir FI exn er lieferte
bezfiglich der Leinerschen Stfimme ein ganz analoges Resultat. Es
mufi hier der Verdacht rege werden, daft es sich um Mitagglutination
naher verwandter Arten handle, fihnlich der Wirksamkeit hochwertiger
Typhussera auf Paratyphuskulturen Typus B. Um fiber diese Verhftlt-
nisse Aufschluft zu bekommen, wurde der Castellanische Versuch
der elektiven Absorption in Anwendung gezogen, der folgendes Resultat
•ergab:
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518
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Von einem Flexner-Serum (1:1600) wurde 1 ccm der Verdfln-
nungen (1:10, 20, 40, 80, 100, 200, 400, 800, 1600) mit je einer Oese
a) des Stammes Hammer,
b) „ „ Brunner,
c) „ „ Gretlinger
versetzt, das Serum nach Agglutination und Sedimentierung der Krflmel
abpipettiert und je eine Oese Flexner-Kultur darin emulgiert
Andererseits wurden dieselben Verdflnnungen zunflchst mit Flex¬
ner-Kultur und nach Abpipettierung des klaren Serums dieses mit je
einer Oese der Stflmme Hammer, Brunner, Gretlinger versetzt.
Im ersten Falle trat prompt Agglutination in alien Verdflnnungen ein,
in der zweiten Reibe nur bei 1:10, es war durch Bindung des Haupt-
agglutinins das Mitagglutinin nahezu quantitativ ausgef&llt worden, aber
nicht umgekebrt.
Bei den Wiener St&mmen trat nach vollst&ndiger Absorption des
FI ex ner- Agglutinins durch den homologen Bacillus keine aggluti-
natorische Beeinflussung auf, wie auch andererseits die Wiener St&mme
im stande waren, das Agglutinin den Serumverdflnnungen so vollst&ndig
zu entziehen, dafi diese auf den zur Immunisierung verwendeten Flex-
ner-Stamm wirkungslos blieben.
Auf Grund dieser Tatsachen erscheint der Bacillus
Flexner neben dem Typus Kruse als ein zweiter durch
seine Agglutinationsreaktion gut charakterisierter und
von den aus sporadischen Fallen gezflchteten St&mmen
[Pseudodysenterie, Ruhr der Irren, Kinderdysenterie
(Leiner)] leicht abzugrenzender Erreger der epldemischen
Ruhr.
Fflr die Ueberlassung des Materials bin ich meinem hochverehrten
Lehrer, Herrn Oberstabsarzt Dr. L. Kamen, zu w&rmstem Danke ver-
pflichtet.
Nachdruck verbolen.
Bakteriologische Untersuchungen des Blutes bei Flecktyphus.
[Aus dem Sokolnitscheski Krankenhaus in Moskau.]
Von M. Kireeff.
Der Flecktyphus gehOrt zu den ansteckendsten akuten Infektions-
krankheiten. Der Krankheitsverlauf ist ein sehr schwerer und die Mor¬
tality schwankt zwischen 15—20 Proz.
Der Erreger dieser Krankheit ist bis jetzt noch nicht bekannt, obgleich manche
Forscher im Blute der Kranken verschiedene Mikrooraanismen fanden, die sie als Fleck-
typhuskontagium beschrieben. Aber andere Autoren Destatigten diese Funde nicht, und
die Natur des Flecktyphusgiftes ist noch nicht aufgeklart, trotz der vielfachen Forech-
ungen. Im Jahre 188$ beobachtete Mott (1) bewegliche Spirillen im Blute von Fleck-
typhuskranken.
Im Jahre 1888 beschrieben Moreau und Cochez (2) ein, dem Eberth-Bacillus
ahnliches 8tabchen, welches sie im Blute der Flecktyphuskranken fanden und das sie
fur den Erreger der Krankheit hielten. 1892 konstatierte Lewaschew (5), daii im
Blute der Flecktyphuskranken eigenartige Organismen vorkommen, welche eine hohe
diagnostische Bedeutung hatten. Wenn man einen Blutstropfen aus der Milz einee
Flecktyphuskranken unter das Mikroskop bringt, findet man kleine. rundliche, stark
lichtbrechende, in frischen Praparaten sicn hdchst energisch bewegenae Gebilde. Wenn
man diese Gebilde sorgfaltig weiter untersuche, bemerke man oft, dafi einer ihrer Pole
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Kireeff, Bakteriologische Untersuchungen des Blutes bei Flecktyphus. 519
sich verlangert und in ein feines, sich schnell bewegendes Fadchen iibergeht. Im An-
fangsstadium der Krankheit erschienen sie grofienteils ala rundiiche Korperchen ohne
Faaen, nach der Krisis verschwanden sie.
Diese Gebilde konnte Verf. oft, aber nicht konstant, finden; im normalen oder von
anderen Kranken stammenden Blute seien sie niemals anzutreffen.
Die bakteriologischen Untersuchungen des Flecktyphusblutes hatten positive Re-
sultate ergeben. Als rfahrboden nahm Verf. Ascitesflussigkeit und stellte aus demselben
1—1,5-proz. Serum agar her.
Es entwickelten sich schon nach 24 Stunden bei 37° in den tieferen Schichten
kleine, weiCliche, durchsichtige, wolkenartige Kolonieen. Unter dem Mikroskop konnte
man sich iiberzeugen, dafl sie aus einer Reinkultur von Mikrokokken zusammengesetzt sind.
In demselben Jahre stellten Toinot und Calmette (3) einen neuen Erreger der
Krankheit auf, welchen sie in Gestalt von amobenartigen Gebilden beschrieben.
1894 fanden Dubief und Briihl (4) im Blute mit Kapseln versehene Dipio-
kokken. Sie zuchteten diese Gebilde auf verschiedenen der gebrauchlichen Nahrboden
und erhielten auf Agar orangegelbe Kulturen.
1895 fiihrte Afanasieff (6) einen keimfreien Seidenfaden subkutan ein, der am
nachsten Tage herausgezogen, in kleine Stiicke zerschnitten und in verschiedene Nahr-
boden gelegt wurde. In 14 Fallen wuchsen Kulturen von Bakterien, die man fur spe-
zifisch bei Unterleibs typhus hielt.
1902 fand Hlava (9) im Blute Flecktyphuskranker den Leuconostoc hominis
und glaubt dafi ihm eine wesentliche Rolle bei den akuten Exanthemen zufallt. Ob der
Leuconostoc spezifisch fiir die einzelnen exanthematischen Krankheiten ist, lafit sich
vorlaufig durch Experimente nicht nachweisen. Am besten gedeiht Leuconostoc in
Zopfscher Bouillon (Wasser 1000,0, Weinsaures Ammonium 10,0, Monokaliumphosphat
5,0, Magnesiumsulfat 2,5, Tricalciumphosphat 0,5, Pepton 10,0, Kandiszucker 140,0).
In dieser Bouillon bildet sich bei 37 0 C nach 12—24 Stunden eine schleierartige, weifi-
liche Membran, die allmahlich kompakter wird und nach einigen Tagen sich zu Boden
setzt. Untersucht man diese Kulturen mikroskopisch, so findet man zunachst eine aus-
gesprochene Membranbildung, in welcher einzelne Kettenkokken oder Kettenkokken-
familien eingebettet liegen. Die Kettenglieder sind kurz, bestehen zumeist aus Diplo-
kokken oder Diplokokkenketten von rundiicher Form, oder 6cheibenformigen Kettenreihen,
die aber auch ovoide Form annehmen; ja einzelne Glieder sind gro£, ovoid, bauchig,
lanaer gestreckt und nehmen deutlich Stabchenform an. Der Leuconostoc farbt sidi
na<m der Gramschen Methode.
Gotschlich (7) (im Jahre 1903) wies im Blute von 6 Kranken ein Protozoon
nach. Der Parasit tntt sowohl im Innern der roten Blutkdrperchen auf, als auch frei
in der Blutfliissigkeit. Zur Farbung der endoglobularen Formen eignet sich vortreff-
lich die stark verdiinnte Borax-Methylenblaulosung (die ganz ebenso wie bei Malaria
angewandt wird); fur den Nachweis der extraglobularen Formen bewahrte sich dem Autor
am besten ganz kurzdauernde Farbung mit dem unverdiinnten Ziehlschen Karbolfuchsin.
In der endoglobularen Form ist der Parasit am haufigsten von birnformiger Gestalt,
wobei seine Grofie zwischen 1 Mikron und etwa der Halfte eines Erytrocythen schwanken
kann. Die Kontur des Parasiten ist glatt und regelmafiig, im Innern zeigen sich kleine^
runde Kornchen. Im lebenden, ungefarbten Praparat besitzt der Parasit Iebhafte Eigen-
bewegung. In einem Falle fand der Autor cystenfbrmige und in 4 Fallen spermato-
zoonartice Gebilde.
1904 bringt Newjadomski (8) in seiner vorlaufigen Mitteilung zur Kenntnis,
dafi es ihm gelungen ist, den Flecktyphuserreger zu finden, der nichts mit den bis jetzt
von anderen Autoren beschriebenen Erregern gemein hat.
Im Jahre 1902/3 beschUftigte ich mich in der Flecktyphusabteilung
des Krankenhauses, wo ich die Veranderung des Blutes Flecktyphus¬
kranker untersuchte. Gleichzeitig mit den eben genannten Untersuch¬
ungen des Blutes beschloB ich, mehrere der oben erw&hnten bakterio-
logischen Untersuchungen zu wiederholen. Einer Roseola oder der
Spitze eines reingewaschenen Fingers entnahm ich zu diesem Zweck
durch einen Stich einen Blutstropfen, iibertrug ihn in Glasrdhren mit
N&hrl5sungen und stellte dieselben in den Brfttschrank bei 37° C.
AuBerdem entzog ich mit einer Pravaz-Spritze der Vena mediana
Blut und fibertrug es ebenfalls in eine Reihe von Glasr5hren. Als N&hr-
b6den dienten mir gewfihnlich zubereitete Bouillon, gewQhnlicher Agar
und Zopfsche Bouillon. Die in den Thermostaten gestellten GlasrOhren
beschaute ich jeden Tag und wenn sich in ihnen kein Wachstum zeigte*
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520
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
stellte ich sie wieder in den Schrank zurfick. Wenn die Nihrbbden im
Verlaufe einer Woche steril blieben, hielt ich die Resnltate ffir negativ.
Jedesmal gebrauchte ich nicht weniger als 9 Glasrbhren, je 3 von
jeder Nahrlbsung.
Aus der angefflhrten Tabelle ist zu ersehen, daB alle Resultate
negativ waren. Diejenigen drei F&lle, wo in Bouillon eine Streptokok-
kenkolonie war, muB man ffir eine zufallige, ans der Luft oder von der
Haut des Fingers herrtthrende Verunreinigung halten, weil in diesen
Fallen alle llbrigen Glasrbhren kein Wachstum aufwiesen.
No.
Name und
Familie
Datum
Krank-
heitatag
Tempe-
ratur
_
Das Blut ruhrte her
Die Resnltate
1
A. Z.
26. 1.
5.
40
aus
einer Roseola
negativ
>» » !
29. 1.
8 .
38,7
tt
dem Finger
neg. y aufler einem Glas-
rohr m. gewfihnl. Bouil¬
lon, wo Streptokokken-
kultur gewachsen war
2
J. B.
28. 2.
5.
39,4
tt
einer Roseola
negativ
»» n
1. 3.
6 .
393
tt
der Vena mediana
tt .
3 ,
J. A.
14. 3.
11 .
39,9
tt
tt tt tt
tt
LL ’’
17. 3.
14.
40
tt
tt tt tt
tt
4
B. N.
tt tt
3. 4.
4. 4.
6 .
7.
393
39,4
tt
einer Roseola
tt
tt
5
D. A.
10. 4.
6 .
393
tt
dem Finger
tt
tt tt
17. 4.
13.
38,1
tt
tt tt
neg., aufier einem Glas-
rohr ro. gewdhnLBouil-
lon, wo Streptokokken-
kultur gewachsen war
6
A. F.
16. 4.
7.
40
tt
der Vena mediana
negativ
ft ft
19. 4.
10 .
39,4
tt
tt tt tt
tt
7
A. E.
17. 4.
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39,6
393
tt
tt tt tt
tt
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19. 4.
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8
E. B.
23. 4.
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dem Finger
tt
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25. 4.
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P. B.
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einer Petechie
tt
10
N. S.
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dem Finger
neg., aufier einem Glas-
rohr m. gewohnL Bouil¬
lon, wo Streptokokken-
|
kultur gewachsen war
1
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30. 4.
10 .
39
tt
der Vena mediana
negativ
11
M. B.
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12 .
40
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tt « fi
einer Petechie
if
ft ft
15. 8.
15.
39
tt
if
12
F. W.
17. 8.
5.
39,5
rt
der Vena mediana
if
Bei meinen Untersuchungen fiber Verfinderung des Blutes bei 25
Flecktyphuskranken studierte ich in mehr als 100, doppelt mit Eosin nnd
Methylenblau gefarbten Prfiparaten die Morphologic der weifien Blut-
kOrperchen, fand aber kein einziges Mai in diesen Pr¶ten die von
Gotschlich beschriebenen Parasiten. Einige Prfiparate waren mit
Zielschem Karbolfuchsin geffirbt, aber die extraglobulfiren Formen waren
nicht zn entdecken.
Es ist anzunehmen, daB, wenn der Erreger des Flecktyphus im Blute
vorhanden ist, die Sichtbarmachung und Reinkultur desselben eine be-
sondere Nfihrlosung erfordert
SchlieBlich spreche ich dem Herrn Privatdozenten W. Woronin
und dem Herrn Prosektor P. Newjadomski meinen ergebensten
Dank aus.
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Cohn, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art?
521
Iiitaratnr.
1 ) Mott, Brit. med. Journal 1888. Zitiert nach Curschmann, spezielle Pathologie
und Therapie, herausgegeben von Nothnagel 1900.
2) Moreau und Cochez, Contrib. h Tdtude de typh. exanth6mat. (Gaz. hebd. 1888.
Zitiert ibid.)
3) Toinot und Calmette, Note sur queiques examens de sang dans le typh. exanth.
(AnDales de l’inst. Pasteur. 1892. Zitiert ibid.)
4) Dubief et Briihl, Contribut. h lMtude anatomo-pathologique et bact6riologique du
typh. exanth£mat. (Arch, de m&i. experiment. 1894.)
5) Lewaschew, Ueber die Mikroorganismen des Flecktyphus. (Dtsche med. Wochen-
schrift 1892.)
6 ) Afanasieff, Bakteriologische Untersuchungen des Flecktyphus. (Wratsch. 1895.
Russ, medicin. Journal.)
7) Got8 chlich, Ueber Protozoenbefund im Blute von Flecktyphuskranken. (Dtsche
med. Wchnschr. 1903.)
8 ) Newjadomski, Ueber die Erreger akuter exanthematischer Infektionskrankheiten.
(Russkij Wratsch. 1904.)
9) Hlava, Leuconostoc hominis und seine Rolle bei den akuten exanthematischen
Krankheiten. (CentralbL f. Bakt. etc. 1902.)
Nachdruck verboten.
Endgiiltige Entgegnung an Dr. Villi. Jensen auf seine
Frage: „Ist die Kleinsche Hefe eine besondere Art?“
Von Dr. Erich Cohn, Assistenten an der med. Poliklinik in Bonn.
Die Verneinnng der in der Ueberschrift gestellten Frage durch
Dr. Vilh. Jensen in seiner Habilitationsschrift: „Unders0gelser over
patogen gaer Ul ) hatte mich, da ich in meinen Verflffentlichungen iiber
die genannte Hefe dieselbe fflr eine besondere Art angesehen hatte,
veranlaBt, mich in Bd. XXXVI. p. 369 vorliegenden Centralblattes noch-
mals zu dieser Frage zu fluBern. DaB ich diese Auseinandersetzung
nicht rein sachlich vornehmen konnte, sondern aufier den wissenschaft-
lichen Behauptungen Jensens auch dessen personliche Angriffe gegen
meine Arbeiten zurflckweisen muBte, glaubte ich nicht sowohl meiner
Person, als vor allem der raeines hochverehrten Lehrers, Prof. Carl
Fraenkels, an dessen Institute und unter dessen Leitung ich diese
Arbeiten ausgefflhrt babe, schuldig zu sein. Allerdings behauptet
Dr. Jensen in einem neuerdings (in diesem CentralbL Bd. XXXVIII.
p. 51) erschienenen Aufsatze, der eine Entgegnung auf meine eben
erw&hnten Ausftihrungen darstellen soil, meine Beschwerde iiber per-
sdnliche Angriffe sei „vollig aus der Luft gegriffen u , hat aber gleich-
zeitig die Freundlichkeit, die betreffende Stelle seines Buches, die zu
meiner Beschwerde Veranlassung gab, durch Abdruck in deutscher
Uebersetzung alien an dieser Streitfrage Anteil Nehmenden zug&nglich
zu machen. Ich habe hierauf nur zu erwidern, daB, wenn jemand die
Arbeiten eines fremden Kollegen ohne sachliche Begrilndung als n un-
vollstandig“ und „mangelhaft tt bezeichnet, und dies nicht fflr personliche
Angriffe hS.lt, ich mit der Feststellung der Differenz unserer Ansichten
diesen Teil der Angelegenheit fflr erledigt haite, und mdchte Herrn
Jensen nur noch auf das Eine aufmerksam machen, daB, wenn er
selbst zugibt, die Kleinsche Verflffentlichung im Journal of Hygiene*)
1) -Untersuchungen iiber pathogene Hefe.*
2 ) Vol. 1. p. 90.
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522
(Jentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
nur aus meinem Referate zu kennen und in demselben Satze dieses
Referat als „unvollst&ndig“ bezeichnet, ihm der in diesen Worten liegende
Iogische Widerspruch entgangen ist.
Znr Sache bemerkt Dr. Jensen in erster Linie, ich h&tte es ganz
iibersehen, daB, w&hrend meine Anschauung von der Klein schen Hefe
als besonderer Art sich nur anf die Literatur stfltzte, von ihm eigene
Untersuchungen zum Vergleiche der verscbiedenen Hefearten angestellt
worden seien. Wie kann ich das wobl flberseben haben, wenn ich mir
auf 9 Drockseiten die MQhe gegeben babe, nachzuweisen, daB diesen
Untersuchungen — ihre Richtigkeit, die zu bestreiten ich kein Recht
hatte, vorausgesetzt — jede Beweiskraft abgeht? Diesen Vorwurf und
den der Unterlassung eigener Nachuntersuchungen kann mir Jensen
nur deshalb machen, weil er meine AusfGhrungen, wie im einzelnen,
so vor allem in ihrem Grundgedanken vollst&ndig mifiverstanden hat.
Wer von uns hieran die Schuld trSgt, mdge dabei ganz dahingestellt
bleiben, wiewohl ich meine, dafi selbst jemand, der meine AusfQhrungen
mifiverstanden hat, doch wenigstens so viel daraus h&tte ersehen mfissen,
dafi ich nicht, wie Jensen meint, die Schwierigkeit einer Differential-
diagnose der verschiedenen Hefearten untersch&tze. Abgesehen davon,
will ich aber, wie gesagt, mit der MQglichkeit rechnen, dafi meine Dar-
stellung zu den Mifiverst&ndnissen Anlafi geben konnte, und da mir an
der genauen Feststellung meines Standpunktes in der hier behandelten
Frage gelegen ist, m6gen es mir die Leser des Blattes nachsehen, wenn
ich ihn in diesem Zusammenhange nochmals pr&zisiere: Ich habe sagen
wollen, und wiederhole es jetzt, dafi ich Untersuchungen mit Hefepilzen,
die vor Jahren aus ihren natttrlichen Verh<nissen isoliert, seitdem an
verschiedenen Stellen unter nicht zu kontrollierenden Einfiussen fort-
gezQchtet worden sind, nicht soviet Beweiskraft zuerkennen kann, um
auf Grund derselben die von den ersten Untersuchern der betreffenden
Hefen bald nach ihrer Gewinnung gemachten und in der Literatur
niedergelegten Beobachtungen fur ungQltig zu erkl&ren. Es ist doch
sonst in der Bakteriologie meines Wissens nicht iiblich, von derartig
retrospektiven Untersuchungen die Entscheidung wissenschaftlicher Fragen
abh&ngig zu machen, geschweige denn, wenn es sich um Mikroorganismen
handelt, deren Variabilit&t, was ja auch Jensen zugibt, erwiesen ist.
Von diesem Standpunkte aus ist es mir auch erkl&rlich, und brauche
ich es durchaus nicht, wie Jensen meint, „tragisch u zu nehmen, wenn
Sanfelice in einer neueren Arbeit 1 ) drei frflher von ihm als different
behandelte Hefearten nunmehr fflr unter sich und iiberdies noch mit
der Plimmersehen Hefe identisch erkl&rt. Sagt doch Sanfelice an
der betreffenden Stelle gleich darauf selbst, dafi sein Saccharomyces
neoformans bei intraperitonealer Impfung von Meerschweinchen ur-
sprQnglich einen anderen Befund gegeben habe, und geht auch sonst
aus seiner eigenen Darstellung hervor, dafi doch noch gewisse Unter-
schiede, wenn auch in diesem Falle nur gradueller Natur, zwischen
den beschriebenen Hefearten bestanden. Mithin l&Bt sich also dieser
Gegensatz, in welchen sich Sanfelice zu seinen frflheren, von mir als
Sttitze fur meine Ansicht verwendeten Angaben gesetzt hat, auch jetzt
noch mindestens ebensogut zu Gunsten meiner Auffassung als wider
dieselbe in Anspruch nehmen; doch ist dieser Gegensatz wenigstens —
1 ) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIV (nicht wie bei Jensen zu lesen: Bd. XXXIV).
p. 378.
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Cohn, 1st die Kleinsche Hefe eine besondere Art?
523
und dies sei Jensen zugegeben — in Wirklichkeit vorhanden. Ganz
anders steht es aber mit dem Gegensatze, den Jensen zwischen Curtis,
Busse, Petersen und Exner auf der einen Seite und mir auf der
anderen Seite konstruiert; denn wenn er bebauptet, die genannten
Forscher h&tten „gezeigt, daB Curtis’ Hefen sich mit Vorliebe im
Zentralnervensystem ansiedeln“ und es „ganz unverstfindlich“ findet,
wie ich es „wagen“ kann, „so vielen Forschern gegenfiber das Gegen-
teil zu behaupten u , so findet dieses „Wagnis“ seine einfache Erklarung
darin, daB
1) in der bekannten Arbeit von Curtis 1 ) fiber die von ihm ent-
deckte Hefe von einer Ansiedelung derselben im Zentralnervensystem,
geschweige denn von einer Vorliebe hierffir nicht ein einziges Wort
steht, daB
2) Petersen und Exner 2 3 ) mit Hefe Curtis gar nicht gearbeitet
haben und Jensen offenbar fiberhaupt nicht (lie Hefe Curtis’, sondern
die Bussesche meint, und daB es
3) auch ffir diese nicht stimmt; denn, wenngleich Busse 8 ) sowie
Petersen und Exner fiber Ansiedelung von Hefen im Gehirn von
M&usen und dadurch bedingte pathologische Veranderungen berichten,
so sehe ich in diesem Befunde doch durchaus kein Analogon zu der
von mir hervorgehobenen Eigenschaft der Kleinschen Hefe, bei drei
verschiedenen Tierarten (Meerschwein, Kaninchen, Hund) pr&dilektorisch
nicht bloB das Gehirn, sondern vor allem auch das Rfickenmark zu be¬
fallen und dadurch charakteristische Krankheitserscheinungen bervorzu-
rufen, w&hrend ich gerade zum Unterschiede von der Busse schen Hefe
darauf hingewiesen habe, daB bei M&usen das Zentralnervensystem so
gut wie vfillig verschont bleibt.
Da hatte doch Jensen mit grfiBerem Recht — man sieht, ich komme
ihm in meinem Streben nach Objektivitfit sogar so weit entgegen, daB
ich ihn auf Literaturstellen aufmerksam raache, die er zu meinen Un-
gunsten auslegen kann — sich wiederum auf die von. ihm bereits an-
geffihrte Arbeit von Sanfelice berufen konnen, der bei Hunden nach
Hefeimpfung Knfitchen auch im Rfickenmark und Krankheitserscheinungen
schildert, die mit den von mir beschriebenen in der Tat Aehnlichkeit
haben 4 5 ). Indessen habe ich ja in meinem Aufsatze „Ein Beitrag zum
Vergleich der Klein schen Hefe mit anderen pathogenen SproBpilzen“
bereits ausdrficklich gesagt: „Immerhin ist es ja gar nicht ausgeschlossen,
daB eine pathogene Wirkung, die bei einer bestimmten Hefeart regel-
mfiBig eintritt und ffir dieselbe charakteristisch ist, sich zuf&llig auch
einmal bei anderen Arten zeigt 6 ); auBerdem mogen vielleicht gerade
Hnnde — auch Sternberg hat bei Hunden nach Impfung mit einer
von Sanfelices Hefen Granulationsgeschwfilste im Gehirn beobachtet 6 )
— ffir derartige Erkrankungen der nervfisen Zentralorgane besonders
empfanglich sein. Wie dem auch sei, ich glaubte die Erw&hnung dieses
nachtr&glich bekannt gewordenen Befundes von Sanfelice der wissen-
schaftlichen Wahrheit schuldig zu sein; eine Revision meines Stand-
punktes brauche ich darum auf Grund des eben Gesagten doch nicht
1) Ann. Pasteur. T. X. 1896. p. 449.
2) Beitr. z. klin. Chir. Bd. XXV. p. 769.
3) Monographie. Berlin (Hirschwald).
4) &, ft a Q t n < 386.
5) CentralbL f. Bakt. etc. Bd. XXXVI. p. 377.
6) Zieglers Beitr. Bd. XXXII. p. 1 bezw. p. 78/79.
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524 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
vorzunehmen. Und das von Jensen gegen mich vorgebrachte Literatur-
material ist, wie ich gezeigt habe, auch nach seiner richtigen Umdentung
hierfflr vOllig belanglos.
Des weiteren bestreitet Dr. Jensen, dafi die zweite von mir als
cbarakteristisch fflr die Kleinsche Hefe angesebene — auf alle F&lle
aber zuerst bescbriebene — pathogene Eigenschaft derselben, vom Blut-
kreislauf aus Entzflndungen der Schleimhfiute, insbesondere der Augen-
bindehaut, zu erregen, fflr diese Hefeart spezifisch sei, und nimmt an
meiner Aeufierung Anstofi, dafi ich es wunderbar ffinde, wenn andere
Hefen ebenfalls diese Eigenschaft haben sollten, ohne dafi ibre Unter-
sucher dariiber berichten, wozu er bemerkt, ich hfitte mich vielmehr
darfiber wundern miissen, dafi Klein bei seinen Untersuchungen fiber
dieselbe Hefeart diesen Befund nicht erhoben hat. Nun, darfiber habe
ich mich auch — ich will dies Jensen nachtrfiglich gestehen — ge-
wundert, wenngleich ich e? nicht fflr nfitig befonden habe, dies druck-
schriftlich niederzulegen; ich habe es mir aber so zu erklfiren versucht,
dafi bei Meerschweinchen — wie ich dies ohnehin an anderer Stelle
ausgefflhrt habe 1 ) — sich im Verhalten gegenfiber pathogenen Hefen
Unterschiede geltend machen, die mfiglicherweise auf der Verwendung
verschiedener Rassen dieses Versuchstieres beruhen; und dafi bei den
wenigen Kaninchen — ich kannte damals nnr die erste VerOffentlichung
Kleins, in der von 2 Kaninchen die Rede ist — irgend welche Zu-
ffilligkeiten die Erhebung eines solchen Befundes verhindert haben. Es
wfire fibrigens interessant, wenn Klein, der jetzt jedenfalls fiber ein
grfifieres Beobachtungsmaterial verffigt, Gelegenheit nfihme, sicb zn dieser
Frage zu fiufiern.
Weit weniger hat es jedenfalls raeine Verwunderung erregt, dafi
mir Jensen mangelnde Beherrschung der einschlfigigen Literatur vor-
wirft, da dieser Passus in jeder polemischen Arbeit formularmfifiig
wiederzukehren pflegt (leider war es ffir mich bei der Sachlage diesmal
nicht zu umgehen, von demselben Formulare Gebrauch zu machen);
dafi Jensen aber diesen Vorwurf auf Grund der Behauptung erhebt,
ich hfitte die Kapsel als etwas Besonderes fflr die Klein sche Hefe an-
gesehen, wfihrend ich doch in Bd. XXXIII. p. 690 dieses Blattes noch
dazu in einer Ueberschrift ausdrficklich gesagt habe: „Ein sehr inter-
essanter, auch anderen pathogenen Hefen eigener Bestandteil der Zelle,
ist weiterhin die Kapsel u , sollte selbst in einer polemischen Arbeit nicht
vorkommen. Harmlos ist es hingegen, dafi Jensen leider auch meine
Schlufibemerkung — das Einzige, was ihn in meiner Arbeit interessiert
hat! — mifiverstanden hat, denn er hat diese Bemerkung offenbar ffir
ernst genommen. Ich fiberlasse es den Lesern, den Sinn meiner
Worte zu deuten, und mdchte damit meinerseits die Diskussion fiber
diesen Gegen stand schliefien.
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXJCVI. p. 375.
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H&lberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 525
Nachdruck verboten .
Untersuchungen bei experimentellen Trypanosomen-
erkrankungen.
[Aus der kgl. Universit&tsklinik fflr Hautkrankheiten zu Breslau (stell-
vertretender Direktor: Privatdozent Dr. Klingmflller).]
Von Dr. Ludwig Halberstaedter, Assistenzarzt der Klinik.
Mit 1 Tafel.
Herr Geheimrat Neisser hatte die Liebenswiirdigkeit, mich mit
einigen experimentellen und histologiscben Untersuchungen bei ver-
schiedenen Trypanosomenerkrankungen von M&usen und Kaninchen zu
betrauen, und zwar wurden mir zur Verfiigung gestellt Mai de Caderas-,
Nagana- und Dourinetrypanosomen. Die Mai de Caderas- und Nagana-
trypanosomen waren uns von Herrn Gehoimrat Ehrlich, die Dourine¬
trypanosomen von Frau Dr. Lydia Rabinowitsch gfltigst iiberlassen
worden, und ich gestatte mir auch an dieser Stelle hierftir meinen er-
gebensten Dank auszusprechen.
Bezfiglich der bereits sehr reichhaltigen Literatur iiber Trypanosomen
verweise ich auf die ausfiihrlichen Literaturverzeichnisse in den Arbeiten
von Rabinowitsch und Kempner in Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXX.
p. 251 und Centralbl. f. BakL etc. Orig. Bd. XXXIV. p. 804, ferner auf
die kQrzlich erschienene Monographic von Lave ran und Mesnil:
Trypanosomes et Trypanosomiases. Paris 1904.
Im Qbrigen beschr&nke ich mich auf die Wiedergabe einiger Er-
gebnisse meiner eigenen Untersuchungen.
Ich gebe zun&chst eine kurze Uebersicht iiber den Verlauf der
Infektion mit Dourine-, Mai de Caderas- und Naganatrypano-
somen bei weiBen MSusen und Kaninchen. Es liegen hieriiber bereits
eine grOBere Anzahl von Berichten vor und meine Beobachtungen weichen
von den bisher bekannt gegebenen kaura ab.
Auf weiBe Mfiuse lieBen sich die mir zur Verfiigung stehenden
3 Trypanosomenarten stets prompt flbertragen. Zur Uebertragung wurde
der Schwanzspitze entnommenes, reichlich trypanosomenhaltiges Blut mit
etwa der 10—15fachen Menge physiologischer Kochsalzlosung verdiinnt
und von dieser Aufschwemmung 0,2—0,3 ccra einer frischen Maus intra-
peritoneal injiziert Nach einer Latenzzeit von 24— 48 Stunden lieBen
sich im Blute dieser Tiere bei mikroskopischer Untersuchung im h&ngen-
den Tropfen Trypanosomen nachweisen, die sich in den n&chsten Tagen
konstant vermehrten. Am 4.—6. Tage nach der Infektion gin gen die
Tiere zu Grunde. Irgend welche Krankheitserscheinungen traten bei
keinem der infizierten Tiere auf, erst kurz vor dem Tode stellten sich
klonisch-tonische Zuckungen ein. Bei der Sektion zeigte sich konstant
eine sehr erhebliche VergrSBerung der Milz, aber sonst keine makro-
skopisch wahrnehmbaren Ver in derun gen an inneren Organen. Es war
weder in dem Verlauf der Infektion noch in dem Sektionsbefund ein
Unterschied bei den mit Nagana, Dourine oder Mai de Caderas infizierten
weifien M&usen zu finden.
Mit derselben Sicherheit wie auf M&use lieBen sich die 3 Trypano¬
somenarten durch intraperitoneale Iujektion einer trypanosomenhaltigen
Blutaufschwemmung in physiologischer Kochsalzlbsung auch auf
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526 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Kaninchen flbertragen. Hier entwickelte sich aber stets eine chro¬
ll isch verlaufende Erkrankung, die nach durchschnittlich 6—8 Wochen
zum Tode der infizierten Tiere fiihrte und durch mehr Oder weniger
deutlich ausgepragte lokale Erscheinungen charakterisiert war. Diese
lokalen Erscheinungen sind speziell fflr die Dourine von Rouget sehr
genau beschrieben, aber auch bei Nagana und Mai de Caderas beobachtet
worden. Die Ver&nderungen bestehen in starken odematflsen Schwellungen,
die sich an Lidern, Lippen, Hufieren mfinnlichen und weiblichen Geni-
talien lokalisieren, mitunter auch andere Stellen des Kopfes, besonders
Nasenrficken, Ohrgegend und die Ohren selbst, befallen. Besonders
charakteristisch sind die Schwellungen der Lider bei gleichzeitig be-
stehender eitriger Conjunctivitis und st&rkerer Sekretion aus der Nase;
ferner das Befallensein der SuBeren Genitalien, bei denen besonders die
starke Schwellung der Testikel auffallend ist. Bei einigen Tieren 1st
die Skrotalhaut ilber den angeschwollenen Testikeln nekrotisch geworden.
Diese lokalen Ver&nderungen begannen gewflhnlich nach etwa 14 Tagen,
bei Naganainfektion schon etwas frflher. Allm&hlich magerten die Tiere
immer mehr ab, kurz vor dem Tode stellten sich klonisch - tonische
Krampfe ein.
Was den Nachweis von Trypanosomen bei den erkrankten
Tieren betrifft, so habe auch ich die bereits von vielen Seiten bemerkte
Beobachtung gemacht, daft man bei der flblichen Blutuntersuchung im
h&ngenden Tropfen sehr h&ufig gar keine Oder nur sehr sparliche
Trypanosomen findet, trotzdem deutliche Symptome der Erkrankung
bestehen. Ligni&res fand in den Hautddemen bei Mai de Caderas-,
Rouget in solchen bei Dourine-Kaninchen Trypanosomen. Ich habe fast
immer bei Nagana-, Mai de Caderas- und Dourinekaninchen in dem
Gewebssaft, der sich nach Einritzen der Epidermis ddematdser Haut-
stellen, am besten der Oberlider, ausdrucken liefi, reichlich Trypanosomen
gefunden, wfihrend dieselben bei gleichzeitig vorgenommener Unter-
suchung der Ohrvene entnommenen Blutes nicht Oder nor in sehr
geringer Anzahl auffindbar waren. Trotzdem man h&ufig bei Unter-
suchung des Blutes erkrankter Kaninchen mikroskopisch Trypanosomen
nicht nachweisen kann, war dasselbe, wie dies alle Autoren berichten,
doch stets infektifls fflr M&use, die Inkubationszeit aber verl&ngert, meist
5—8 Tage, ich habe auch wiederholt bei Impfung von Kaninchen auf
Maus Inkubationszeiten von 10—12 Tagen gesehen.
Wie verhalten sich nun solcbe M&use, bei denen mikro¬
skopisch noch keine Trypanosomen nachweisbar sind?
Um zu entscheiden, ob das Blut solcher von Kaninchen infizierter
Mfiuse bereits vor der Mdglichkeit des mikroskopischen Nachweises der
Trypanosomen infektifls ist, also in der sogenannten Inkubationszeit,
habe ich folgende Versuche gemacht. Von einem Mai de Caderaskaninchen
wurde durch intraperitoneale Injektion einer Blutaufschwemmung in
physiologischer Kochsalzldsung eine Maus A infiziert. Von dieser
Maus A wurde t&glich in der flblichen Weise durch intraperitoneale
Injektion einer Blutaufschwemmung in physiologischer Kochsalzlflsung
eine neue Maus A 1, A 2 u. s. w. infiziert und gleichzeitig das Bhit im
h&ngenden Tropfen untersucht.
Bei einer solchen Versuchsreihe zeigte sich folgendes: Maus A vom
Kaninchen am 24. September 1904 infiziert, zeigte am 30. September 1904
Trypanosomen im Blute und starb am 2. Oktober 1904.
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Halberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 527.
Von Maus 'A warden infiziert:
infiziert am zeigt Trypanosomen stirbt
A 1
27. September 1904
5.
Oktober
1904
9.
Oktober
1904
A 2
28. „ 1904
1.
n
1904
4.
yj
1904
A3
29. „ 1904
2.
1904
4.
m
1904
A 4
30. „ 1904
2.
V
1904
5.
77
1904
Eine zweite derartige Versuchsreihe ergab folgendes Resultat:
Maus A am 20. Dezember 1904 vom Kaninchen intraperitoneal in¬
fiziert, hatte am 2. Januar 1905 mikroskopisch nachweisbare Trypano¬
somen im Blute und starb am 4. Januar 1905.
Von Maus A wurden infiziert:
infiziert
am
zeigt Trypanosomen
stirbt
A 1
21.
Dezember 1904
6 Wochen sp&ter keine Trypanosomen
A 2
22.
77
1904
10. Januar 1905
12. Januar
1905
A 3
23.
77
1904
11. „ 1905
13. „
1905
A 4
24.
77
1904
30. Dez. 1904
1- „
1905
A 5
26.
7 )
1904
1. Januar 1905
2. „
1905
Es
war
also in
dieser
zweiten Serie das Blut
von Maus A
schon
nach 48 Stun den infektids, trotzdem die nach dem mikroskopischen
Nachweis von Trypanosomen bemessene Inkubationszeit 13 Tage betrug.
Es ware dies also ein analoges Verhalten wie bei den Kaninchen, bei
denen, wie oben erw&hnt, der mikroskopische Nachweis von Trypano¬
somen im Blute meist negativ ist, trotzdem dasselbe sich bei Ueber-
tragung auf die Maus als infektiOs erweist.
In der zweiten Versuchsreihe habe ich bei 2 M&usen beobachtet,
daB Trypanosomen in geringer Anzahl im Blute mikroskopisch bereits
nachweisbar waren, aber nach 1—2 Tagen wieder verschwanden, um
3—4 Tage darauf wieder aufzutreten und dann sich konstant zu ver-
mehren. Es sind dies die beiden einzigen Ausnahmen, die ich gesehen
habe, von der Regel, dafi bei M&usen die Trypanosomen, sobald sie
einmal im Blute mikroskopisch nachweisbar geworden sind, sich konstant
vermehren bis zum Tode des Tieres und dafi eine Verminderung oder
ein Verschwinden bei unbehandelten Tieren nicht beobachtet wird.
Laver an und Mesnil erw&hnen, dafi sie solche voriibergehende Ver¬
minderung der Trypanosomen im Blute von M&usen gesehen haben, die
von naganakranken Schweinen oder Hammeln infiziert waren und nacb
der Infektion 5—9 Tage lebten.
BezGglich der Wirkung des Trypanrots auf die Mai de Caderas-
erkrankung der M&use habe ich bei einer grSBeren Anzahl von Versuchen
dieselben Resultate erzielt, wie sie von Ehrlich und Shiga (Farben-
therapeutische Versuche bei Trypanosomenerkrankungen. [Berl. klin.
Wochenschr. 1904. No. 13 u. 14]) angegeben wurden. Durch subkutane
Injektion von 0,5 ccm einer 1-proz. Trypanrotlbsung am Tage der intra-
peritonealen Infektion mit Mai de Caderas gelang es stets, den Eintritt
der Erkrankung zun&chst zu verhindern. Wurde das Auftreten von
Trypanosomen im Blute erst abgewartet, so konnten durch die Trypanrot-
injektion die Trypanosomen stets prompt zum Verschwinden gebracht
werden, selbst wenn die Injektion erst 1 Tag vor dem zu erwartenden
Exitus erfolgte. BezGglich der Rezidive sind dieselben Erfahrungen
gemacht worden, wie sie von Ehrlich und Shiga ausfOhrlich an¬
gegeben sind.
Ann&hernd dieselben Resultate bezGglich der Wirkung des Trypan¬
rots, wie sie bei Mai de Caderas an M&usen konstatiert wurden, habe
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
ich bei Dourineversuchen an M&usen gemacht. Auch hier lieB
sich stets prompt durcb gleicbzeitig mit der intraperitonealen Infektion
vorgenommene subkutane Injektion von 0,5 ccm 1-proz. TrypanrotlSsung
der Eintritt der Erkrankung verhindern, bereits im Blute nachweisbare
Trypanosomen verschwanden nach der Trypanrotinjektion ebenso wie bei
Mai de Caderas. Auch bezflglich der Rezidive weichen die Ergebnisse
nicht von den bei Mai de Caderas ab. Laver an und M esnil erwShnen
ebenfalls die prompte Wirkung des Trypanrots bei Dourine der M&use,
aber auch das frfihere Oder sp&tere Auftreten von Rezidiven. Bedeutend
geringer war dagegen die Einwirkung des Trypanrots bei Nagana der
Mfiuse gewesen, wie dies auch bereits von Ehrlich und Shiga und
Laver an und M esnil berichtet wird. Bei rechtzeitiger Injektion des
Trypanrots sind in meinen Versuchen bei Nagana allerdings auch die
Trypanosomen im Blute nach 48 Stunden verschwunden, aber sehr bald,
meist schon nach wenigen Tagen, Rezidive eingetreten. Keinen Einfiufi
auf den Verlauf der Erkrankung habe ich in meinen Versuchen bei
Mai de Caderas der Kaninchen gesehen. Es wurden bei einigen
Kaninchen gleichzeitig mit der intraperitonealen Infektion subkutan
5,0 ccm 1-proz. Trypanrotlosung injiziert, die Tiere erkrankten aber in
derselben Weise wie die unbehandelten. Auch bei einem Kaninchen,
welches am Tage der Infektion, am Tage darauf und noch einmal einige
Tage sp&ter je 5,0 ccm 1-proz. Trypanrotlosung subkutan erhielt, konnte
der Eintritt der Erkrankung nicht verhiudert werden.
Bei den mit Trypanrot behandelten M&usen sind mir in dem
Verhalten der Trypanosomen einige Besonderheiten aufgefallen. Wenn
man bei einer Maus, welche bereits reichlich Trypanosomen — z. B.
Mai de Caderas — im Blute zeigt, eine Trypanrotinjektion in der oben
angegebenen Weise vornimmt, so sind nach 24 Stunden gewOhnlich noch
reichlich, nach 48 Stunden nur noch sehr sp&rliche oder gar keine
Trypanosomen mehr im Blute nachweisbar. Unter den nach 24 Stunden
noch vorhandenen Trypanosomen findet man bei Untersuchung im
bfingenden Tropfen meist sehr reichlich solche, die sich in lebhafter
Bewegung befinden und scheinbar noch nicht gesch&digt sind. Macht
man aber von einer solchen Maus in der ilblichen Weise eine Blut-
aufschwemmung in physiologischer KochsalzlSsung, die bei mikro-
skopischer Untersuchung eine reichliche Menge gut beweglicher
Trypanosomen enth<, und infiziert mit dieser eine frische Maus intra-
peritoneal, so tritt nicht der gewohnliche akute Verlauf der Erkrankung
ein, sondern ein sehr protrahierter. Bei den ersten derartigen Versuchen
habe ich geglaubt, dafi die mit diesem Material infizierten Mause flber-
haupt nicht erkranken wurden, da nach 14 Tagen bis 3 Wochen noch
keine Trypanosomen im Blute nachweisbar waren. Diese Tiere wurden
dann mit Blut von unbehandelten M&usen infiziert und erkrankten
darauf prompt in der typischen Weise. Bei weiteren Versuchen zeigte
sich, dafi das Blut mit Trypanrot behandelter M&use, welches 24 Stunden
und l&nger nach der Injektion noch lebbaft bewegliche Trypanosomen
enth<, fiir eine neue Maus zwar infektids ist, dafi bis zum Auftreten
von Trypanosomen bei dieser aber bis zu 4 Wochen vergehen konnen.
Von einer grofieren Anzahl derartiger Versuche erw&hne ich folgenden.
Eine Maus A wurde am 22. November 1904 mit Mai de Caderas in¬
fiziert. Am 26. November wurden, nachdem sich bereits sehr reichlich
Trypanosomen entwickelt hatten, 0,5 ccm Trypanrot subkutan injiziert.
Am 27. November waren noch sehr reichlich Trypanosomen vorhanden,
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Halberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 529
ebenso am 28. November, an diesem Tage starb das Tier, die Trypanrot-
injektion war also zu split erfolgt. Von diesem Tiere wurde 1 Stunde
ante exitum, als das Tier bereits krampfartige Zust&nde zeigte, eine
Blutaufschwemmung, welche sehr reicblich gut bewegliche
Trypanosomen enthielt, einer Mans B intraperitoneal injiziert. Bei
dieser Mans B waren erst 11 Tage nach der Infektion Trypanosomen
im Blute nachweisbar.
Dieselben Ergebnisse hatte ich bei dieser Versucbsanordnnng mit
Dourine. Z. B.: Eine am 28. November 1904 mit Donrine infizierte
Mans erbielt am 1. Dezember, nacbdem reichlich Trypanosomen vor-
banden waren, 0,4 ccm Trypanrot subkutan. Am 2. Dezember waren
nocb reicblicb gut bewegliche Trypanosomen nachweisbar, an diesem
Tage wnrde eine Blutaufschwemmung intraperitoneal auf Maus B flber-
tragen. Am 3. Dezember ist A trypanosomenfrei und blieb es bis zum
20. Dezember, wo sie an unbekannter Ursache starb. Die am 2. De¬
zember 1904 von A infizierte Maus B zeigte erst am 30. Dezember 1904
Trypanosomen und starb am 1. Januar 1905, also nach 4 Wochen.
Bei Nag an a war dagegen die Inkubationszeit nicht erheblich, nur
um einige Tage, verlSngert und es dokumentiert sich auch hierin die
geringere Einwirkung des Trypanrots bei Nagana.
Diese Resultate sind auffallend, wenn man dagegen folgende Tat-
sachen berflcksichtigt. Man findet h&ufig bei der mikroskopischen Unter-
suchung des Blutes gestorbener Tiere nur noch unbewegliche und schwach
bewegliche Trypanosomen und doch zeigt sich bei der intraperitonealen
Verimpfung auf eine frische Maus, daB die Virulenz nicht oder nur
wenig abgeschw&cht ist Ferner erwiesen sich Trypanosomen, die aufier-
halb des Tierkdrpers starken Sch&dlichkeiten ausgesetzt waren, h&ufig
noch in den F&llen virulent, in denen das sch&dfiche Agens die Trypano- /
somen bereits unbeweglich gemacht hatte. Solche Versuche sind von
Laver an und Mesnil gemacht worden, um den Einflufi der K<e
und der Hitze auf Trypanosomen zu studieren. Eine reichlich Nagana-
trypanosomen enthaltende Blutaufschwemmung in physiologischer Koch-
salzlSsung, die durch fiflssige Luft auf —191° abgekflhlt war, zeigte nach
einer K<eeinwirkung von 5 Minuten bereits unbe egliche Trypano¬
somen, erwies sich aber bei intraperitonealer Vwimpfung auf M&use
selbst nach einer K<eeinwirkung von 25 Minuten noch als virulent,
die Inkubationszeit war nur auf 5 Tage verl&ngert. Nach einer 1-stfln-
digen Einwirkung von 41° W&rme waren in den Versuchen von Laver an
und Mesnil die Naganatrypanosomen u tbeweglich, deformiert
und fast unkenntlich geworden, ware^ aber noch im stande, eine
Maus mit geringer Verl&ngerung der Inkubationszeit zu infizieren.
In meinen Versuchen habe ich das Blut der mit Trypanrot behandelten
M&use nur dann zur Uebertragung bonutzt, wenn sich reichlich lebhaft
bewegliche Trypanosomen in demselben befanden, und trotzdem die
auffallend langen Inkubationszeiten von durchschnittlich 14Tagen eventuell
aber noch von 3—4 Wochen gesehen.
Ehrlich und Shiga nehmen an, daB nach der Injektion von
Trypanrot sich im TierkQrper antiparasit&re Stoffe bilden. Ich habe nun
an die allerdings nicht sehr wahrscheinliche Mdglichkeit gedacht, daB
bei der Uebertragung von Blut einer mit Trypanrot behandelten Maus
gleichzeitig mit den Trypanosomen eine gewisse, wenn auch sehr geringe
Menge dieser antiparasit&ren Stoffe auf die zu infizierende Maus mit-
Qbertragen wird, die im stande ist, die Weiterentwickelung der Trypano-
Ente Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 5. 34
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530 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXX YIII. Heft 5.
somen in derselben zu verhindern. Es scheint mir folgende Versuchs-
anordnung dagegen zu sprechen. Wenn eine Blutaufschwemmung
hergestellt wird, zu welcher eine geringe Menge trypanosoraenhaltiges
Blut einer unbebandelten Maus und eine viel grOBere Menge Blut
einer 24 Stunden vorher mit Trypanrot behandelten normalen Maus
genommen wird, so kann mit derselben eine Maus infiziert werden, ohne
dafi die Inkubationszeit verlfingert ist.
Als Gegenstfick zu den eben erwfihnten Versuchen mfichte ich noch
folgenden anfuhren. Bei einer am 31. Dezember 1904 mit Mai de
Caderas infizierten Maus A waren die bereits reichlich vorhandenen
Trypanosomen nach einer am 4. Januar 1905 vorgenommenen Trypanrot-
injektion am 6. Januar verschwunden. Am 24. Januar waren mikro-
skopisch sparliche Trypanosomen nachweisbar, dieselben waren am 25.
reichlicher, am 26. wieder vermindert, am 27. verschwunden, ohne dafi
eine nachtr&gliche Behandlung stattgefunden hatte. Am 24. Januar
wurde mit dem sparliche Trypanosomen enthaltenden Blute eine Maus B
in der ttblichen Weise infiziert. Bei dieser zeigten sich nacb 5 Tagen
Trypanosomen im Blute und sie starb nach 7 Tagen. Es handelte sich
also um nur wenig in ihrer Virulenz abgeschwachte Trypanosomen, die
trotzdem bei Maus A wieder spontan verschwanden.
Bereits erkrankte, durch Trypanrot geheilte M&use erlangen nach
Ehrlich und Shiga eine vorfibergehende Immunitat, d. h. sie er-
kranken nach einer nochmaligen Infektion nicht akut Diese Immunitat
erstreckt sich natfirlich nur auf die Trypanosomenart, mit der das Tier
ursprfinglich infiziert war. Ich habe in einer Anzahl von Versuchen
Mause, die durch Trypanrotbehandlung gegen Mai de Caderas immun
geworden waren, prompt mit Dourine infizieren kfinnen; nachdem
durch eine zweite Trypanrotinjektion die Mause wieder trypanosomenfrei
geworden waren, konnten sie akut mit Nagana infiziert werden.
Mit einigen Worten mdchte ich noch auf die histologischen
Untersuchungen der inneren Organe und affizierten Hautstellen eingehen,
zumal gerade fiber diesen Punkt bisher nur sehr sparliche Mitteilungen
vorliegen. Speziell fiber den Nachweis von Trypanosomen in
Organen erkrankter Tiere finden sich bisher nur wenig Angaben. In
der mir zugfinglichen Literatur finde ich ein Referat fiber einen Vortrag
von Neporojny und Jakimoff „Ueber einige pathologisch-anatomische
Veranderungen bei experimentellen Trypanosomen“ (Centralbl. f. Bakt
Ref. Bd. XXXV. p. 467) und die neuerdings erschienene ausffihrliche
Arbeit von Marchand und Ledingham „Ueber Infektion mit Le is li¬
man schen Kdrperchen und ihr Verhfiltnis zur Trypanosomenkrankheit K
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLVII. p. 1).
Ich habe bei einer grfiBeren Anzahl erkrankter Tiere, Mause und
Kaninchen, verschiedene Organe histologisch untersucht und besonders
auf den Nachweis von Trypanosomen im Gewebe Rficksicht genommen.
Nach Ausprobieren verschiedener Fixierungsflfissigkeiten glaube ich die
besten Resultate nach Fixierung in Sublimat-Eisessig:
Konzentr. wfisser. Sublimatlfisung
Aqu. dest. ana 150,0
Acid. acet. glac. 4,0
erhalten zu haben und habe dann nur noch dieses Fixierungsmittel an-
gewandt. Die Trypanosomen farben sich im Schnitt mit den meisten
ttblichen Kernfarbstoffen. Neporojny und Jakimoff benutzten
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Halberstaedter, Untersuchungen bei exp. Trypanosomenerkrankungen. 531
Safranin und Indigokarmin, man kann auch die Romanowskische
Oder Giemsasche FSrbung mit einigen Modifikationen benutzen.
Am einfachsten schien mir eine F&rbung mit polychromem
Methylenblan, das auch von Marchand und Ledingham in der
oben erw&hnten Arbeit als vorteilhaft gefunden wird. Sehr gut haben
sich in Schnittpr¶ten Nagana- und Dourinetrypanosomen f&rben lassen,
Mai de Caderastrypanosomen f&rbten sich in meinen Pr¶ten schwerer
und schlechter.
Bei trypanosomenkranken M Hu sen finden sich, wenn man die
Stiicke unmittelbar nach dem Tode einlegt, bei der histologischen Unter-
suchung flberall in den Blutgefafien Trypanosomen. Die schonsten
Bilder erhalt man bei Schnittpr¶ten der Leber, in der alle Kapillaren
reichlich mit Trypanosomen angeftillt sind (Fig. 1). Aber auch in alien
anderen inneren Organen und in der Haut findet man in Schnittpr&pa¬
raten innerhalb der Blutgef&lle mehr Oder weniger reichlich Trypano¬
somen.
Anders liegen die Verh<nisse bei den histologischen Untersuchungen
erkrankter Kaninchen. Hier habe ich in den Schnittpr¶ten der
inneren Organe, Leber, Milz, Niere, Lunge, keine Trypanosomen finden
kdnnen. Dagegen konnte ich die Trypanosomen in den Schnittpr&pa¬
raten der wie oben angegeben ver&nderten Hautstellen nachweisen. Be-
sonders in den ddematds geschwollenen Lidern und in der gleichfalls
ddematdsen Haut der Nasengegend lieBen sie sich reichlich finden. Hier
liegen sie aber nicht wie bei den M&usen innerhalb der Gef&Be, sondern
zwischen den durch das Oedem auseinandergedr&ngten Gewebszellen
unterhalb des Epithels bis tief ins subkutane Bindegewebe hinein; inner¬
halb der Blutgef&fie habe ich sie dagegen bei Kaninchen nie gefunden.
Auf die flbrigen Ver&nderungen will ich hier nicht n&her eingehen,
nur noch auf die eigen tQmlichen Hodenanschwellungen hinweisen,
die, wie oben erw&hnt, ein ziemlich konstantes Symptom bei den trypano¬
somenkranken Kaninchen darstellen. Bei der histologischen Untersuchung
solcher Hoden fand sich zwischen den Hodenkan&lchen eine sehr reich-
Uche Rundzelleninfiltration, das Epithel der Hodenkan&lchen selbst
war fast vollst&ndig degen eriert, kaum hie und da noch ein Zellkern
gef&rbt. Trypanosomen habe ich in solchen Schnittpr¶ten vom Hoden
nicht finden kdnnen.
Die relativ einfache histologische Technik, wie sie mir beim Nach- '
weise der Trypanosomen gute Dienste geleistet hat, ist kurz folgende:
Einlegen kleiner Stiicke mdglichst unmittelbar nach dem Tode der
erkrankten Tiere in Sublimat-Eisessig. 12—24 Stunden.
Ausw&ssern in fliefiendem Wasser. 24 Stunden.
Alkohol steigend und Paraffineinbettung.
Moglichst dflnne Schnitte.
F&rben 10 Minuten mit polychromem Methylenblan.
Abspiilen in Wasser.
Einige Sekunden absoluter Alkohol (nicht zu stark entf&rben!).
Xylol. Kanadabalsam.
Das Gewebe ist auf diese Weise stark (lberf&rbt und nicht gut
differenziert.
Zum Schlufi ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem hochver-
ehrten Lehrer und Chef, Herrn Geheimrat Neisser, fflr die Ueber-
tragung der Arbeit und ihm wie Herrn Oberarzt K ling mo Her fflr
das rege Interesse zu danken, mit dem sie dieselbe forderten.
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ErklAnmff der Abbildnn^an.
Fig. 1. Schnitt yon der Leber einer an Dourine geatorbenen Mails. Sublimat-
Eisessig. Polychromes Methylenblau. Leitz, homogene Immersion, Okular 1. In den
Leberkapillaren zahlreiche Trypanosomen.
Fig. 2. Schnitt von aer odematQsen Lidhaut eines an Nagana erkrankten
Kaninchena. Behandlung wie daa vorige Dieselbe Vergrdfierung. Unterhalb dea
Epithels in dem odematosen Oewebe zahlreiche Trypanosomen. Rundzelleninfiltrat.
Nachdruck verboten .
StroDgyloides Fulleborni n. sp.
Von Dr. t. Linstow, Gottingen.
Mit 1 Tafel.
Herr Marine-Stabsarzt Dr. F 011 e b o r n, z. Z. im Seemannskranken-
hause und Institut ftir Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg, fand
eine neue Strongyloides- Art in afrikanischen Affen und erzog in der Luft
ausgesetzten Fakalkulturen die zweigeschlechtliche, freilebende Form; er
hatte die Gate, mir die PrSparate zur Beschreibung zu Qberlassen.
Die parasitischen, hermaphroditischen oder parthenogenetischen Weib-
chen leben im Darm von
Anthropopithecus troglodytes, Afrika und
Cynocephalus babuin , Afrika.
Der KOrper ist sehr schmal und langgestreckt (Fig. 1); das Vorder-
ende ist verdQnnt; die LSnge betrSgt 3,78 mm und die Breite 0,067 mm,
so dafi die Breite sich zur LSnge verhSlt wie 1:56; die Cuticula ist
glatt, am Kopfende stehen 6 kleine Lippen im Kreise; das Schwanz-
ende ist abgerundet; die Vulva liegt erheblich hinter der Mitte; der
durch sie gebildete vordere Korperabschnitt verhSlt sich zum hinteren
wie 12:7; der Oesophagus ist lang und hinten ohne Anschwellung; er
nimmt l /* der ganzen LSnge ein, das Schwanzende l /iS ? im Uterus liegen
etwa 30 Eier, die 0,052 mm lang und 0,031 mm breit sind.
In den Exkrementen der Affen bemerkte Herr Dr. Ffl lie born
keine Eier, sondern nur Larven, was ihn auf die Vermutung brachte,
die Art mOchte eine andere als Strongyloides intestinalis Bavay des
Menschen sein.
Diese Larven (Fig. 2) sind schlank. ihre LSnge betrSgt durchschnitt-
lich 0,52—0,54 mm, die Breite 0,018—0,021 mm; das Kopfende ist ab¬
gerundet; der Oesophagus macht V 4 , das Schwanzende V 7 der Gcsamt-
lSnge aus; der Oesophagus ist in der Mitte etwas verdQnnt; das
Schwanzende ist fein zugespitzt; die Geschlechtsorgane sind nicht ent-
wickelt.
Diese Larven, welche massenhaft in den Faeces enthalten waren,
liefi Herr Dr. FQlleborn sich an der Luft entwickeln zur freilebenden,
rhabditisartigen Geschlechtsform.
Die Cuticula derselben ist ungeringelt; die MundOffnung ist von 6
Papillen umgeben und fQhrt in ein kurzes Vestibulum (Fig. 6 vs)-, der
Oesophagus, welcher in beiden Geschlechtern V 6 der ganzen LSnge ein-
nimmt, hat einen vorderen, cylindrischen, breiten Teil, der */ 8 — 7 / 1( des
ganzen Organs ausmacht; hierauf folgt eine halsartige VerdQnnung und
dann eine kolbenfdrmige Anschwellung, die einen trichterfdrmigen Chitin-
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v. Linstow, Strongyloides Fttllebomi n. sp.
533
apparat enthait, der im optischen Querschnitt wie ein Y anssieht. Das
Mannchen (Fig. 3 u. 4) ist 0,79 mm lang und 0,042 mm breit; der fein
zugespitzte, eingekriimmte Schwanz miBt V 16 der KOrperl≱ die
beiden sSbelfOrmig gebogenen Cirren sind 0,039 mm lang und hinter
ihnen liegt ein rhombischer, 0,023 mm langer StQtzapparat; vor der
Kloakenflffnung steht jederseits eine pr&anale und in der Mitte des
Schwanzes eine postanale Papille (Fig. 4 pp.).
Das Weibchen hat eine Lange von 0,87—0,92 und eine Breite von
0,055—0,065 mm; die Vulva hat prominente Lippen und liegt in der
Mitte des K5rpers; unmittelbar hinter ihr ist der Kflrper ventral tief
ausgeschnitten; die Verdiinnung betragt 1 / 6 des Korperdurc'hmessers
(Fig. 5 t>); das zugespitzte Schwanzende nimmt 1 / 6 — 4 / 7 der ganzen Tier-
lknge ein; die Eier, deren man meistens 8 im Uterus findet, sind sehr
dickschalig; sie sind 0,049 mm lang und 0,039 mm breit und sind
farblos.
Vom Genus Strongyloides kennt man jetzt aufierdem 3 Arten.
Strongyloides intestinalis Bavay
= Anguillula intestinalis und stercoralis Bavay,
= Leptodera intestinalis Cobbold,
= Rhabdonema strongyloides Leuckart,
= Pseudorhabditis intestinalis Perroncito.
Die Art lebt im Darm des Menschen in Cochinchina, auf den An-
tillen, in Brasilien, in Afrika, Sibirien, Europa (Italien, Belgien, Nieder-
lande, OstpreuBen).
Das im Darm lebende Weibchen ist 2,2 mm lang und 0,034 mm
breit; der Oesophagus nimmt 1 l i , der Schwanz Vis der ganzen Lange
ein; die Vulva teilt den KOrper im Verhaitnis von 12:5; die Cuticula
ist quergeringelt, am Eopfende stehen 3 Lippen; der Uterus enthdlt
5—9 Eier, die 0,067—0,070 mm lang und 0,037—0,045 mm breit sind;
diese Eier erscheinen massenhaft in den Faeces.
Die Larve der parasitischen Form, welche in Kulturen an der Luft
erzogen wurde, ist 0,21—0,24 mm lang und 0,025 mm breit; der Oeso¬
phagus ist Vs* der Schwanz Vs* der ganzen L&nge groB.
In der Beschreibung der freilebenden Geschlechtsform folge ich
meistens den Angaben Perroncitos.
Das Mannchen hat eine Lange von 0,68 und eine Breite von 0,034 ram;
der Oesophagus ist der Schwanz Vs -5 der Gesamtlange groB; die
vordere Oesophagusanschwellung macht 56 / 96 des ganzen Organs aus;
am Schwanzende stehen jederseits 3 prBanale Papillen, postanale fehlen.
Das Weibchen ist 0,950 mm lang und 0,052 mm breit; der Oeso¬
phagus nimmt l | 8 . g , der Schwanz 1 / n * der ganzen Lange ein; die vor¬
dere Oesophagusanschwellung betragt 64 /n6- Die Vulva liegt nicht ventral,
sondern rechts, sie teilt den KSrper im Verhaitnis von 79:80; der
KOrper ist hinter ihr nicht verdflnnt; im Uterus liegen etwa 42 Eier,
von denen 12 den entwickelten Embryo enthalten; sie sind dhnnschalig,
gelblich oder braunlicb, und 0,070 mm lang und 0,045 mm breit; die
Larve der freilebenden Form ist 0,20—0,30 mm lang und 0,014—0,016 mm
breit; der Oesophagus mifit V<» der Schwanz l / 1 der ganzen Lange.
Strongyloides longus Grassi und Segrd,
== Strongyloides suis Lutz,
aus Chris aries, Sus scrofa, Lepus cuniculus , Foetorius vulgaris , Foetorius
putorius und Mus decumanus , in Europa, ist 6 mm lang.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Strongyloides viviparus Probstmayer.
= Anguilluta y Oxyuris , Rhabdonema vivip
aus Equus caballus, Europa, ist 2,5 mm lang.
Tafelerkl&mng 1 .
6* Oesophagus; d Darm; v Vulva; n Nervenring; b Bulbus; vs Vestibulum;
a Anus ; s Spiculum; st Btiitzapparat; p Papillen.
Fig. 1. Parasitisches Weibchen.
Fig. 2. Von ihm produzierte Larve.
Fig. 3. Freilebenaes Mannchen.
Fig. 4. Dessen ISchwanzende, starker vergrofiert.
Fig. 5. Freilebendes Weibchen, von rechts.
Fig. 6. Kopfende der freilebenden Geschlechtsform.
Nachdruck verboten.
Dipylidium caninum (L.) als Schmarotzer des Menschen.
Von F. Zschokke, Basel.
Vor einiger Zeit berichtete ich (3) fiber eine Beobachtung des Vor-
kommens des weitverbreiteten Hunde- und Katzenbandwurmes Dipyli¬
dium caninum (L.) im Dickdarm eiDes etwa 40-jfihrigen Mannes. Zu dec
mit Sicherheit festgestellten 36 Fallen, in denen der Cestode als Schma¬
rotzer des Menschen angetroffen wurde, kann ich heute Daten fiber einen
weiteren Befund ffigen.
Aus dem Kinderspital zu Basel erhielt ich Gliedstrecken von D. ca¬
ninum, und Herr Sekund&rarzt Dr. J. Fahm teilte mir in sehr ver-
dankenswerter Weise fiber den Fall etwa folgende Notizen mit. Dem
Patienten, einem ungefshr 4-jfihrigen Knaben, der seit l&ngerer Zeit
krfinkelte und stark abmagerte, wurden & oder 6 Exemplare der Tfinie
von 12—15 cm Lange abgetrieben. Die Gegenwart der Wfirmer lieB
sich durch den Abgang von Proglottiden leicht erkennen. Auch fiber die
Infektionsquelle herrscht kein Zweifel, da der Parasitentrfiger sehr viel
mit Haushunden verkehrte und seine Pflege und Haltung zu Hause an
Beinlichkeit zu wfinschen fibrig lieB.
Aus der Schweiz liegen nun 7 Beobachtungen fiber Parasitismus von
D. caninum im Menschen vor, 5 aus Zfiricb und 2 aus Basel. Auf-
fallend bleibt es, dafi, im Gegensatz zu den sonst gesammelten Erfah-
rungen, der Schmarotzer in der Schweiz sich hfiufig in erwachsenen
Personen einstellt.
Seit meiner frfiher verdffentlichten Notiz fanden Braun (1) und
Kohl (2) den Bandwurm bei Kindern. Besonderes Interesse verdient
der von dem letztgenannten Autor beschriebene Fall wegen des jugend-
lichen Alters des Patienten. Das mit dem Wurm behaftete Kind war
erst 40 Tage alt.
Utmtu.
1) Braun, M., Fufinote zum Aufsatz dee Verfaesera im Centralbl. f. Bakt. etc. Orig.
Bd. XXXIV. 1903. No. 1.
2) Ktthl, O., Taenia cucumerina bei einem 6 Wochen alten Kinde. (Miinch. med.
Wchnechr. 1904. No. 4.)
3) Zschokke, F., Ein neuer Fall von Dipylidium caninum beim Menschen. (Centralbl.
f. Bakt. etc. Orig. Bd. XXXIV. 1903. No. 1.)
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7\ Limt07(\ Strongyloides FUllebomL
Centralblatt f Bakteriologie Abt. /. I hi. XXX VIIL
/
v Linslow del.
Verlap von (iimlav Flwher, Jena.
P. Waist, Uth.Jtna.
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Speiser, Zur Kenntnis ektoparasitischer Milben.
535
Naehdruck verboten .
Zur Kenntnis ektoparasitischer Milben.
Von Dr. med. P. Speiser, Bischofsburg (Ostpreufien).
Mit 1 Figur.
I. Das M&nnchen von Spinturnix plecoti A. C. Oudemans.
A. C. Oudemans hat im Februar 1903 x ) eine Flughautmilbe der
Ohrenfledermaus unter dem Namen Spinturnix plecoti neu beschrieben,
kennt aber nur das Weibchen; als Vaterland ist „Deutschland“ angegeben.
Ich habe die Art hier in Bischofsburg auf einem Plecotus auritus (L.)
wiedergefonden, welcher am 23. Oktober 1904 in dem von mir bewohnten
Hause gefangen wurde. Da sich unter raeinen Exemplaren auch ein
M&nnchen findet, gebe ich hier dessen Beschreibung.
Die L&nge ist etwas geringer als beim Weibchen, ohne das Capi-
tulum 0,8 mm. Gestalt und Farbe wie gewohnlich, die Beborstung der
Beine stimmt ganz mit der Originalbeschreibung Qberein. Der Rflcken
bietet dieselbe sp&rliche Beborstung wie sie fflr das Weibchen beschrieben
nnd bei meinem weiblichen Stflck vorhanden ist, der RQckenschild aber
ist hinten nicht breiter als vorne, sondern hat ganz die Gestalt einer
Raute mit abgerundeten Ecken, wie sie Oudemans fur S. carnifex
(C. L. Koch) abbildet (1. c. Tab. 4 Fig. 51); er ist, flbrigens auch beim
Weibchen, mit zahlreicheren Gruben bedeckt als Oudemans zeichnet.
Ventral f&llt als unterscheidend den verwandten Arten gegeniiber zun&chst
das Sternalschild in die Augen, dessen Umrifi ich hier
abbilde. Seine Gestalt erinnert an die Qblichen botani-
schen Exkursionsspaten, d. h. von einer winklig scharfen
Spitze aus gehen die Seitenr&nder in sanftem Schwunge
schliefilich in fast parallels Richtung tiber bis zu einer
ebenfalls winkligen Ecke, dann stumpfwinklig abbiegend
nach dem Stiel, welcher hier nach vorne zu noch etwas
verjGngt wird. Die Lage dieses Schildes ist dieselbe wie
bei der soeben schon genannten anderen Art. Das kleine
Jugular* und die beiden winzigen Interkoxalschilder sind
auch hier beim M&nnchen vorhanden, aber kleiner, die
Lage der Drflsenmflndung zum Peritrema ist dieselbe wie beim Weib¬
chen. Das Analschild ist l&nger (in der L&ngsachse des K6rpers) als
breit, etwa von der Gestalt eines normal beschnittenen Fingernagels, es
tr> bei meinem Stflck links eine, rechts zwei winzige braune BQrst-
chen. Vor ihnen, zwischen den Hinterhflften stehen noch 2 Paare dflnner
Bdrstchen; mehr kann ich von Beborstung nicht wahrnehmen.
II. Eine Sarkoptidenart vom Haselhuhn.
Der Freundlichkeit des Herrn Oberfflrster Krause in Sadlowo ver-
danke ich die mehrfache Gelegenheit, in seinem Forstbezirke erlegte
Haselhflhner ( Bonasia bonasia L.) auf Ektoparasiten zu untersuchen. Bis-
her wurden solche noch nicht auf dieser Vogelart gefunden. Ich fand
darauf Milben, welche einer bisber nicht beschriebenen Art der Gattung
Megninia Berl. angehdren und will sie hier beschreiben unter dem Namen
1) Notes on Acari. VII Series. (Tijdschrift d. Nederlandsch Dierkondig Vereenig.
Ser. II. Deel VIII. Afl. 1. p. 17 ff. p. 32.)
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt, Originate. Bd. XXX VTTT. Heft 5.
Megninia barthonica l ) nov. spec.
GehOrt zur Gruppe der Species Lobatae und ist unter diesen am
nOchsten verwandt mit M. columbae (Bucbh.). Sie unterscheidet sich
yon ibr scbon durch eine betrOchtlichere GrOBe, vor all era aber durch
die Beborstung der Anallappen und die Gestalt der Membran zwischen
denselben, endlich durch die etwas abweichende Form des Dorns an
den Vorderbeinen.
Etwa 450 /u lang und 200 fi breit. KOrperform wie gewOhnlich, das
Abdomen hinten ziemlich tief gespalten, die Membran zwischen den
Lappen ist hinten halbkreisfSrmig so weit ausgeschnitten, daB sie knapp
die HOlfte des Raumes ausffillt, sonst nur die Lappen sOumt. Das erste
Hinterbeinpaar fiberragt die Spitze des Abdomens mit gut ty* des vierten
und dem ffinften Gliede. Die Epimeren sind sOmtlich frei und nicht
untereinander verbunden. Der Dorn am vierten Gliede hat, am ersten
Vorderbeinpaar deutlicher ausgesprochen als am zweiten, die Form eines
schiefen Kegels; am ersten Paar ist der distale Kontur fast senkrecht
auf der Achse des Gliedes, der proximate fast gerade, am zweiten Paar
ist der distale nicht ganz so steil als am ersten Paar. Beborstung: Auf
der DorsalflOche ein Paar sehr langer, bis zum Beginne der Anallappen
reichender Borsten in der HOhe des zweiten Beinpaares am hinteren
Ende einer glatten FlOche ohne die bekannte Riefenskulptur; ein zweites
Paar, kiirzer, weiter auseinanderstehend, zwischen der HOhe des ersten
und zweiten Hinterbeinpaares, ein Paar ebenfalls kfirzerer Borsten nahe
dem Seitenrande jederseits etwas vor den Anallappen. Von den Anallappen
trfigt jeder am Ende 3—5 dfinnere und kflrzere und 2 lange Borsten,
welch letztere aber unter sich nicht gleich lang sind. Vielmehr ist das
innere, fast genau an der Spitze der Lappen stehende Paar nur halb so
lang als das OuBere. SchlieBlich verdient noch eine sehr lange und
krOftige Borste auf der RfickenflOche des vierten Gliedes des ersten
Hinterbeinpaares Erwahnung. Die AnalnOpfe sind einander so nahe ge-
rfickt, daB weniger als der Durchmesser des einen Zwischenraum bleibt
$. Wenig longer als das MOnnchen, von dem gewOhnlichen UmriB,
Hinterende breit gerundet, von der Dorsalnaht ab leicht verschmOlert.
Die lan gen charakteristischen Borsten am Hinterleibsende sind ganz
ebenso gestellt und zeigen dasselbe LOngenverhOltnis wie beim MOnnchen.
Das Paar fast kOrperlanger Borsten auf dem Vorderschild steht viel
dichter vor der Naht. AuBer ihm noch zwei Paar lOngerer Borsten,
welche auf den Seitenteilen des Hinterschildes stehen. Hinterstes Bein-
paar gerade noch etwas fiber die Hinterleibsspitze hinausragend. Geni-
talOffnung etwas vor der HOhe der Epimeren des ersten Hinterbeinpaares.
Protonympha des <?: Vor der Mitte am breitesten, verschm alert sich
nach hinten rasch und ist am Ende abgestutzt, mit gerundeten Ecken.
Ventral ragt fiber diese Ecken noch jederseits ein rundliches, blfischen-
fOrmiges, aber flacbes Gebilde etwas hervor. In der Mitte des Hinter-
randes eine deutliche Einkerbung, an den Ecken jederseits 2 Borsten,
deren fiuBere etwas longer ist als die innere; daneben noch je 2
1) Barthonia *= Bartenland, derjenige der elf G&ue des alten Preufienlandes, in don
der Fundort des Tieres liegt. Dam it, daU ich diesen altehrwurdigen Landschaftsnamen
hier benutze, folge ich im Interesse der Belebung heimischer Naturforschung geme
den Beispielen, die in den Namen der Wassermilbe A turns natanaensis Protz, des
8chmetterlings MelUaea athalia ab. samonica Biesen and des Turbellars Mctotuma
masovicum Doraer gegeben sind.
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Liidke, Zur Spezifitftt der Antikftrper.
537
ganz kurze Borsten. Auch die beim reifen Tiere beschriebenen langen
Borsten auf dem vorderen Riickenscbild sind vorhanden, aber viel kiirzer.
Protonympha des ?: Elliptisch, am Hinterende gleichmaBig gerundet,
dicht vor dem Hinterrande jederseits zwei dicht nebeneinander stehende
Borsten, deren innere halb so lang als die SuBere ist.
Die Milben waren nicht sehr zahlreich auf den untersucliten Hfihnern.
Corrigendum.
Beriehtigung, betrefPend Stel lung elner FIgur.
Von Dr. med. P. Spelser, Bischofsburg.
Meiner kurzen Notiz ,,Eine zweite Rattenlaus aus Abessinien" auf p. 318—319 dies.
Bandes ist versehentlich eine Figur beigedruckt, die durch&us nicht dahin gehOrt auf
die auch in der Beschreibung der Polyplax miaeantha nov. spec, kein Bezug genommen
ist Da dieselbe aber dennoch geeignet ist, irrezufiihren, sei hier besonders auf den
Irrtum hingewiesen, der erst nach der Korrektur entstanden ist Die Figur stellt das
Sternalschild einer Milbe, Spintumix plecoti A. C. Oud., dar und gehOrt in eine an
dieser Stelle erschienene Arbeit, wo sie, eben am richtigen Ort, noch einmal reprodu-
ziert ist
Nachdruck verboUn.
Zur Spezifitat der Antikorper.
Vod Dr. H. Liidke, Barmen.
(SchluB.)
Die strenge Spezifitat der Niederschiage in Bouillonkulturfiltraten
endlich, denen Immunserum zugesetzt ist, ist bereits in der ersten
Publikation von Krauss 1 ) betont worden. Der Spezifitatscharakter
erstreckt sicb bierbei bei Beacbtung des Intensitatsgrades der Reaktion
auch auf deutlich erkennbare Differenzen zwischen einzelnen Stammen
einer Bakterienart Mit dem zur Immunisierung verwandten Stamm
tritt die Failungsreaktion im Filtrat bedeutend massiger und schneller
ein als in anderen verwandten Stammen; beziiglich der Dysenteriestamme
Shiga, Mfiiler, Flexner, Kruse konnte ich ahnliche Differenzen bemerken,
worauf ich noch in einer weiteren Arbeit zurlickkommen will.
Cytolysine. Die charakteristische Eigenschaft der spezifischen
Wirkungsweise der Immunkorper kommt endlich den zuletzt zu be-
sprechenden Antikorpern zu, den Cytolysinen. War jedoch bei alien
bisher erwahnten Reaktionsk8rpern im Serum die Spezifitat eine scharf
prkzisierte Erscheinung, so treten hier weitgehende Schwankungen,
mannigfache Rezeptorenverwandtschaften auf, die bei oberflachlicher
Ansicht den Spezifitatsbegriff in Frage stellen konnten. Aehnlich wie
bei den Prazipitinen haben wir in diesem Falle mit einem Uebergreifen
der spezifischen Wirkung auch auf andere, nicht gerade verwandte Tiere
zu rechnen. Es scheint ilberhaupt bei alien diesen Untersuchungen
der Affinitatsgrad der Species keine wesentliche Rolle zu spielen, viel-
mehr scheinen einzelne Zellgruppen differenter Tiere hinsichtlich ihres
chemischen Aufbaues verwandte Beziehungen erraten zu lassen.
Weiter mflssen wir bei den Cytolysinen vor allem der plurimistischen
1) Krause, Wien. klin. Wochenschr. 1897. No. 32.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Theorie beipflichten, daB das einzelne Cytolysinelement aus einzelnen
Typen, deren jedes fflr sich eine spezifische Wirkung hat, zusammen-
gesetzt ist.
Bei der Betrachtung der durch den Zerfall verschiedenster Zellarten
abgestoBenen Cytolysine kdnnen uns die am eingehendsten erforschten
Hamolysine in vielen Beziehungen vorbildlich sein, wenngleich einige
Unterschiede nicht unbeachtet bleiben dflrften, so vornehmlich der, daB
nur das Lysin fflr die Erythrocyten diese Zellart zur vollstflndigen
Auflflsung bringt, was fflr die flbrigen Cytolysine nur in beschrflnktem
Mafie gilt.
Es flberschritte den Rahmen dieses Themas, wollte ich alle bisher
erzeugten Cytolysine bezflglich ihres Spezifitatscharakters anfflhren. Nor
einige markante Exempel, ein Ueberblick flber die bis jetzt vorliegenden
Befunde und ein eigenes Experiment mflgen genflgen.
Schon bei der Erforschung der unter den Cytolysinnntersnchungen
dnrch den Stillstand der Eigenbewegung sich auszeichnenden Spermo-
lysinen konstatierte Moxter 1 2 3 ), daB ein derartig spezifisches Serum
nicht allein auf die zur Vorbehandlung dienenden Spermatozoen, sondern
auch auf Erythrocyten lytische Eigenschaft besflBe. Eigentflmlich istdabei,
daB die Rezeptorengemeinschaft zwischen Erythrocyten und Spermatozoen
nur fflr die spermolysinhaltigen Sera besteht, wflhrend hamolytische Sera
nicht spermatozoenlosende Eigenschaften besitzen. Dera analog erzielte
v. Dungern*) auch durch Injektion von Eiplasma spermolytische Quali-
taten des Serums. Derselbe Autor 8 ) wies auBerdem ein scheinbar un-
spezifisches Verhalten eines mit Ochsen - Trachealepithel behandelten
Kaninchen- und Meerschweinchenserums nach; ein solches Immunserum
vermochte auch eine losende Wirkung auf die Blutkflrperchen des Rindes
auszuflben. Vielleicht haben wir in diesen Versuchen flber die gleich-
zeitige Wirkung eines cytolytischen Immunserums auf differente Zellarten
einen ersten VorstoB auf dem dunklen Gebiete der Zellverwandtschaft
zu sehen.
Spezifische Veranderungen an den betreffenden Organen wurden
ferner vornehmlich durch Hepatotoxine und Nephrolysine erzeugt Alle
diese Versuche wurden mit Beobachtungen klinischer wie pathologisch-ana-
tomischer Erscheinungen unternommen. Die klinischen Erscheinungen
leiteten sich aus einer Insuffizienz der betroffenen Organe ab, indem je
nach dem injizierten Lysin deutlichere klinische Krankheitssymptome auf-
traten, die auf spezifische Veranderungen hinwiesen. Pathologisch-anato-
misch ergaben sich die hauptsachlichsten Veranderungen in der grofieren
Mehrzahl dieser Untersuchungen in den spezifischen Organen; sie bestehen
in Zerfall der betreffenden Zellen, fettiger Degeneration und eventuell
in starkerer Auspragung der bindegewebigen Zellen.
In einigen Fallen wurden solche spezifischen cytolytischen Versuchs-
resultate zum Anbau neuerer Forschungsgebiete benutzt; so wurde von
verschiedener Seite in die Biologie der Schwangerschaft der Begriff und
die Versuche mit Syncytiolysinen eingefflhrt Diese Syncytiolysine
ergaben nach allgemeiner Auffassung das klinische Bild der Eklampsie,
was mit der von Schmorl ausgesprochenen Ansicht der Deportation
von Placentarzotten in gutem Einklang steht
1) Moxter, Dteche med. Wochenechr. 1900. No. 4.
2) v. Dungem, Zeitechr. fur allgem. Physiologic. Bd. I. 1901.
3) t. Dungern, Mflnch. med. Wochenschr. 1899.
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
539
Spezifische klinische and pathologisch-anatomische Erscheinungen
erhielt man weiter durch Einwirkung der Neurotoxine und Leuko-
toxine auf die entsprechenden Zellen. Bei den Neurotoxinen beobach-
teten allerdings einige Autoren, wie Boeri 1 ) und Sartirana 2 ), auch
eine Beeinflussung der roten Blutkorperchen, wie andererseits eine
Einwirkung der Hamolysine auf das Nervensystem konstatiert werden
konnte. Die flbrigen Cytolysine ergaben keine wesentlich abweichenden
Befunde; anffihren will ich nur, daft ich bei Versuchen liber die
Ovariotoxine zugleich hfimolytische Wirkungen des ovariotoxischen
Serums erhielt.
Ueberschauen wir nun die Resultate dieser Untersuchungen mit
Berficksichtigung unseres Themas, so mfissen wir gestehen, daft die
Mehrzahl der Autoren eine spezifische Wirkung der Cytolysine ffir
zweifelhaft halt und nur ein kleinerer Teil von einer direkten spezifischen
Einwirkung wissen will.
Ein cytolytisches Serum findet, der komplizierten Zusammensetzung
dieser Gegenkorper entsprechend, Angriffspunkte auch in anderen als
gerade den zur Vorbehandlung verwandten Zellen und kann leicht durch
Absorption seiner Teilelemente von verwandten Rezeptoren seines spe¬
zifischen Charakters verlustig gehen.
Wir unternahmen es nun, nachzuweisen, ob durch Injektion von
Schilddrfisenextrakten von Hunden im Kaninchenorganismus ein ffir
die Hundeschilddrfise spezifisch klinisch und pathologisch-anatomisches,
cytolytisches Serum entstfinde 3 ).
Vorerst will ich jedoch in aller Kfirze die bislang verzeichneten
Untersuchungen fiber die Schilddrflsenlysine erwfihnen.
Demoor und van Lint 4 5 ) erhielten bei haufigen Injektionen von
frischen Hundeschilddrfisenemulsionen in die Peritonealhohle verschiedener
Tiere ein ffir den Hundeorganismus hochtoxisches Serum, das den
Charakter des Hypothyreoidismus hervorrief. Klinisch, wie pathologisch-
anatomisch wurde eine Insuffizienz der Sekretion und Atrophie der
Drfise nachgewiesen. Bei einigen Hunden, denen dies cytotoxische Serum
injiziert war, wies die Schilddrfise Zellhaufen mit Bildern hochst ge-
steigerter Funktion auf.
Ghedini 6 ) konstatierte nach Injektionen von Schilddrfisenbrei von
Meerschweinchen und Kfilbern, der Hunden eingespritzt war, nach Mo-
naten entzfindliche Verfinderungen auch in anderen Organen, wie Achsel-
und Inguinaldrfisen, Niere, Leber, Milz; die Schilddrfise selbst befand
sich in hyperfunktionierendem Zustande.
Sartirana 6 ) injizierte Hfihnern Hundethyreoiden und erhielt ein
Serum mit ausgesprochener cystolytischer Wirkung auf die Schilddrfise
des Hundes; das Serum rief krankhafte Erscheinungen nicht nur am
Nervensystem dieses Tieres, sondern auch an dera des Meerschweinchens
hervor; hier jedoch trat keine spezifische Beeinflussung der Schild¬
drfise auf.
Die interessantesten Befunde bietet schlieftlich Gontscharn-
1) Boeri, Ref. im Bioch. Centralbl. 1903. No. 8.
2) Sartirana, Ref. im Bioch. Centralbl. 1903. No. 7.
3) Weitere Untereuchungen iiber dieeea Gegenstand, die ich mir vorbehalten
mochte, werden in Balde erscheinen.
4) Demoor und van Lint, Ref. im Bioch. Centralbl. 1904. No. 428.
5) Ghedini, Ref. im Biochem. Centralbl. 1904. p. 247.
6) Sartirana, Biochem. Centralbl. 1903. No. 590.
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540 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
kows 1 ) Arbeit „Ueber die Herstellung eines fQr die SchilddrQse spezi-
fischen Serums 14 . Gontscharnkow injizierte K&lbern in langeren
Intervallen Schilddriisenbrei von Hunden und verwandte das derart vor-
behandelte Kilberserum zur Injektion von gesunden Hunden. Am
3. Tage nach der letzten Injektion traten bei dem einen Tiere ty-
pische Erscheinungen auf: unsicherer, spastischer Gang, Tr&nen der
Augen, Zittern, deutliche, vermikul&re Zuckungen der Kaumuskulatur,
erhbhte Sebnenreflexe. Nacbdem innerbalb 10 Tagen eine Besserung
des Befindens eingetreten war, wurde eine neue Injektion gemacht, die
eine bedeutende Steigung der von der letzten Einspritzung gebliebenen
Erscheinungen hervorrief. Die SchilddrQse dieses Hundes ergab auf
dem Durchschnitt eine Verminderung der kolloidalen Substanz in alien
Follikeln, in vielen auch ein vollstandiges Fehlen derselben, in fast alien
Follikeln eine Vakuolisierung und Chromatolyse der Epitbelkerne. Ein
zweites Experiment ergab ein gleiches Resultat, so dafi Gontscharn¬
kow zu der Annahme eines tbyreoidtoxischen Serums in seinen Fallen
gefuhrt wird.
In meinem Falle lagen die Verh<nisse folgenderraaBen 2 3 ):
Einem m&nnlichen, grauroten Kaninchen von 1850 g Gewicht wurden
in Zwischenrfiumen von 8 Tagen — 7 Wochen lang — je 5 ccm
Thyreoidextrakts, von frischen HundeschilddrQsen gewonnen, subkutan
injiziert. Danach wurde 2 Wochen lang ausgesetzt, darauf winder 6 ccm,
dann, in nachster Woche, noch 5 ccm eingespritzt WShrend dieser Zeit
zeigte das Kaninchen keinerlei Storungen in seinem Befinden; die In-
jektionen verliefen s&mtlich ohne AbsceBbildung. Erst in den letzten
2 Wochen nahm die Frefilust des Tieres ab, es verhielt sich apathisch
und magerte stark ab. 4 Tage nach der letzten Injektion wurde das
Tier getdtet und skmtliches Blut zur Serumgewinnung benutzt. Die
SchilddrQse des Kaninchens ergab auf dem Durchschnitt diesen Befund:
Es war weder eine st&rkere Wucherung des interfollikularen Gewebes,
noch irgend eine Chromatolyse des DrQsenepithels eingetreten; hfichstens
eine Verodung einzelner Follikel ergab eine geringfQgige Abweichung
vom normalen Kontrollpraparat. Trotz der langen, intensiven Behand-
lung mittels subkutaner Injektionen zeigten sich also die von Ballet
und Enriquez 8 ) beschriebenen pathologischen Veranderungen an der
SchilddrQse nicht.
Das ausgeprelite Serum wurde nun zu Injektionen fQr einen m&nn¬
lichen, weillschwarzen, ca. 16 Pfund schweren Spitz verwandt. Zu-
nachst wurden 15 ccm Serum in die rechte vordere Vena dorsalis pedis
eingebracht. Der vorher ziemlich teilnahmlose Hund zeigte in den
folgenden Tagen starkes Aufgeregtsein, seine Frelllust nahm anf&nglich
ersichtlich zu. Nach weiteren 3 Tagen wurden 30 ccm (4 ccm auf 1 kg
Tier) intravends injiziert. Danach trat schon am nachsten Tage ein
sehr deutliches Zittern in den Extremit&ten, besonders den hinteren,
ein; der Gang war unsicher geworden. Das Tier bewegte sich augen-
scheinlich ungern auf den Beinen, versuchte sich immer wieder nieder-
zulegen. Die Sehnenreflexe waren im Vergleich zu denen anderer Tiere
stark erhdht; das Trousseausphe Symptom wie in den Gont-
1) Gontscharnkow, Ueber die Herstellung eines fiir die Schilddriise apeii-
fischen Serums. (Centralbl. f. allg. Pathol, u. pathol. Anat. Bd. XIII. 1902.)
2) Herm Tierarzt Dr. phiL Meyer-Barmen danke ich an dieser Stelle fur frdl.
geleistete Unterstutzung mit Material verbindlichst.
3) Ballet und Enriquez, Bull, de eoc. mdd. d. hOp. 1894. 16 nor.
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Liidke, Zur Spezifitat der AntikOrper.
541
scharn.kowschen Versuchen deutlich auageprSgt. AuBerdem trat eine
Gewichtsabnahme von ungefahr 1 */ 2 Pfnnd ein. 5 Tage nach der letzten
Injektion wurde der Hund erschossen nnd einzelne Organe zur patho-
logisch-anatoraischen Untersuchung fixiert. (Herrn Prosektor Dr. raed.
Marckwald spreche ich an dieser Stelle meinen ergebensten Dank fflr
die freundlichst erteilten Ratschiage ans.)
Das klinische Bild, das der Hund, dessen Blut mit diesen Cyto-
lysinen flberschwemmt war, bot, war also dem Symptomenkomplex nach
Exstirpation der Schilddrflse ziemlich analog. Leider entbehrten die
pathologisch-anatomischen Ergebnisse — die Durchschnittsbilder der
Thyreoidea dieses Tieres — fast gfinzlich der von den zitierten Autoren
hervorgehobenen Kennzeichen:
Leber, Milz, Lymphdrflsen, Lunge, Hoden, Herz ergeben keine Ab-
weichungen von normalen Befunden. In der Thyreoidea war weder im
interstitiellen Gewebe noch an den Epithelzellen eine charakteristische
Verfinderung nachzuweisen; hflchstens sprachen einige Stellen fflr eine
stfirkere Zellvermehrung zu Ungunsten der follikulflren Substanz. DaB
nebenher in dem einen Schilddrflsenlappen eine kropfige Entartung ge-
funden wurde, konnte schwerlich auf Rechnung der Wirksamkeit des
spezifischen Serums gesetzt werden.
Um nicht flber den Rahmen unseres Themas „Spezifitat der Anti-
k6rper u zu weit hinauszugehen, haben wir nur die Spezifitat der wichtig-
sten normalen wie der durch Immunisation gesetzten Antikorper be-
sprochen. Die weiteste Ausdehnung gewflnne die Arbeit, welche es sich
zur Aufgabe machte die spezifische Wirkungsweise aller der Gegen-
korper, die in der Zelle vorgebildet liegen, und nur des adfiquaten Reizes
zur AbstoBung ins Serum bedtirfen, zu erflrtern.
Wie uns Pfeiffer und Ehrlich lehrten, sind so auch die auf
Injektionen eines Immunserums im fremden Organismus entstehenden
Reaktionsprodukte, Antiambozeptoren und Antikomplemente, spezifischer
Natur, d. h. sie wirken nur auf die zur Vorbehandlung verwandten Aus-
gangselemente. Auch bei diesen dem Serum abgewonnenen Reaktions-
korpern mflssen wir dem plurimistischen Standpunkt Ehrlichs bei*
treten, dafi. in einem derart vorbereiteten Serum eine Schar differenter,
aber auf ihre zugehdrigen Gruppen spezifisch eingestellter Antikomple¬
mente und Antiambozeptoren existiert
Seit den ersten Versuchen flber die Vielheit der Komplemente und
Ambozeptoren im Serum, die Ehrlich, Morgenroth und Sachs
entgegen der unitarischen Anschauung Bordets anstellten, wurde in
den weiteren Arbeiten fiber den gleichen Gegenstand der plurimistischen
Ansicht Ehrlichs zum endlichen Siege verholfen.
Im Normal- und Immunserum haben wir mit differenten, einander
nahestehenden Gegenkflrpern zu rechnen, von denen jeder eine deutlich
erkennbare, experimentell beglaubigte Spezifitat zu seinem passenden
Rezeptor besitzt. In aufsteigender Linie bewegt sich der Grad der
Spezifitat: Vom normalen, in physiologischem Gleichgewichtszustand be-
findlichen Serum, in dem scheinbar wahllos eine ungeordnete Reihe ver-
schiedenster Typen von Reaktionskorpern mit geringer Ausbildung ihrer
spezifischen Wirkungsfahigkeit zerstreut liegt, fflhrt der Weg flber die
Sera, die sich auf der Grenze zwischen normalen und unter patho-
logische Zustande gesetzten Verhaitnissen bewegen, bis zu dem hoch-
wertigen, kflnstlich erhaltenen Immunserum, in dem ein Antikflrper
vollkommen in seiner Spezifitat ausgebildet wurde.
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542
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Wir erkennen, daB wir die Spezifitat als absoluten Charakter eines
Serums nur fOr ein Immunserum reservieren dfirfen, wo wir eine ge-
wissermafien neue, dauernde Qualitat des Blutes geschaffen haben.
Die komplexen Alexine des normalen Serums gehOren, wenn ihnen
auch eine relative, d. h. eine auf passende, als verwandt erkannte Zelleu und
Zellenderivate bezugliche Spezifitat zuzuerkennen ist, immerhin doch nicht
zu den direkt spezifischen Abwehrvorrichtungen des Organismus, den
Schutzvorrichtungen, die z. B. im Flimmerepithel, der Magensalzsaure, und
nicht zuletzt den Leukocyten gegeben sind. In der Mobilmachung
dieser Schutzkrafte spricht sich lediglich der Ausdruck der lokalen
Rfistungsfahigkeit des Korpers aus, der erst durch das spezifische, gleich-
sam neu entstandene Reaktionsprodukt am wirksamsten komplettiert
wird.
Wo schon natiirlicherweise SchutzkSrper Oder Reaktionsprodukte
im Serum vorhanden sind, kommt es bei der Infektion resp. Immuni-
sierung zur Steigerung der relativen Spezifitat zur absoluten; die eben
angedeutete Funktion, Gegenstoffe sezernieren lassen zu k6nnen, erfahrt
durch den spezifischen Reiz den machtigsten, vollkommenen Antrieb.
Eine neue Erscheinung ist damit jedoch nicht aufgetreten; die physio-
logische Fahigkeit ist kunstlich auf ein UebermaB ihrer Tatigkeit ge-
steigert worden.
Wir kommen hiermit auf die Art resp. die Spezifitat des Reizes zu
sprechen.
Neben der bisher als spezifisch anerkannten einfachen Bindung des
haptophoren Gliedes an seinen Rezeptor haben wir nach Wasser-
raann 1 ) vornehmlich mit der Reizwirkung der funktionellen Gruppe,
die mit der Bindung einher- Oder derselben vorausgeht, zu rechnen.
Diese Reizwirkung hat nun nichts Spezifisches an sich. Der Reiz
ist ein ganzlich variabler Faktor, kilnstlich veranderlich und in der Norm
auch verschieden. Normale Ernahrungsprozesse verm6gen, auBer dem
adaquaten Reiz des mit spezifischer Wirkungsintensitat versehenen Bak-
terienprotoplasmas, die AbstoBung von Antitoxinen, Ambozeptoren anzu-
regen; mit Aenderungen des Stoffwechsels gehen Schwankungen in der
Produktion von Reaktionskorpern einher. Die KSrperzellen a 11 ein
reagieren auf den nicht spezifischen Reiz mit einer spe¬
zifischen Reaktion. Wir miissen uns demnach zu dem Schritt
entschlieBen, eine spezifische Energie der Zelle anzunehmen,
wie dies von Hueppe 2 ) neuerdings wieder in tiberzeugendster Weise
betont wird. — Die spezifische, in der Zelle aufgespeicherte Energie
lafit auf variable, natfirliche (Ernahrung) und kilnstlich gesetzte, ahnliche
(Immunisation) Reize, ein fiir begrenzte Zeit nachweisbares Produkt,
das Endglied einer Entwickelungsreihe vom inaktiven Zustand innerhalb
der Zellhillle bis zum mit aktivem Bindungsvermogen ausgestatteten
Reaktionsprodukt entstehen.
Spezifisch ist nur der in der Zelle sich abspielende
AktivierungsprozeB. Der Mittelpunkt muB daher auf die spezi¬
fische Energie der Zelle verlegt werden, die auf variable Reize, die
allerdings in den Rah men allgemeiner Stoffwechselprozesse passen, mit
einer spezifischen Tatigkeit antwortet. Ueber dem Studium der spezifi-
1) Wassermann, 1. c.
2) Hueppe, Antitoxinforschuug und Hygiene. (Festschr. f. Koch. 1903.) Jena
(G. Fischer) 1904.
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Liidke, Zur Spezifit&t der AntikOrper.
543
schen Reaktionsprodukte haben wir zeitweise den Ausgangspunkt, die
spezifische Zelltatigkeit, aus den Augen verloren.
Der Unterschied zwischen Normal- und Immunserum liegt SuCer-
lich wahrnebmbar in dem quantitativ st&rkeren Vorhandensein von
Antikdrpern; in Wirklichkeit ist den in Tfitigkeit versetzten Zellen eine
bestimmte Direktive erteilt, welche zunSchst im UebermaB nach der
einen Richtung fortarbeitet Diese spezifische, drflsige Funktion der
KQrperzellen bleibt als eine ihnen spezifische erhalten, mdgen sie auch
ihr Reaktionsbediirfnis auf ein geringes reduziert Oder dem direkten
Nachweis entzogen haben. Die Immunitat bleibt lknger als ein ihnen
aufgepr>es Zeichen erhalten, wovon wir uns in genflgenden Beispielen
Oberzeugen konnten. Blutentziehungen, die das Serum des Antikdrper-
vorrats gclnzlich berauben kdnnen, nehmen den Zellen nicht das Ver-
inogen der Neuproduktion [Roux und Vaillard*) bezQglich der Anti-
toxine, Verf. *) bezuglich der Hamolysine].
Dem immunisierenden Experimentator liegt nun die Reizbeeinflus-
sung in der Hand, d. h. zun&chst die Beeinflussung durch den wirk-
samsten, den adaquaten Reiz, und diese spezifische aktive Immunisierung
vermag in mannigfacher Weise modifiziert zu werden, um die Ausarbei-
tung der Spezilitat durch eine gewisse Reizintensitat ins Werk zu setzen.
So versucht man durch Imitation des physiologischen Vorgangs, des
Zerfalls der Bakterien im Organismus, durch vorherige Aufldsung und
freiere Entfaltung ihrer wirksamen Komponente, eine groBere Menge von
spezifischen Reaktionskdrpern zu erzielen.
Die Spezilitat der sezernierenden Korperzellen ist endlich abhangig
von der Ausbildung der wirksamen Komponenten des Bakterienproto-
plasmas und der Modifikationsfahigkeit der Zellen selbst, gewisse Elemente
zu passenden Rezeptoren einzustellen.
Wir lernen damit auch die frtihere Ausdrucksweise von einem „ge-
eigneten Organismus* 4 durch den Spezifitatsbegriff besser zu wOrdigen.
Den spezifischen ProzeB der Bindung des haptophoren Gliedes an
seinen Rezeptor erkennen wir besser, wenn wir uns bewuBt bleiben, dafi
ein ins Serum abgestoBenes aktives Element eine Qualitat der Zelle, in
der sich der erste und eigentliche spezifische ProzeB abspielte, mitge-
nommen hat.
Bisher haben wir uns mit einer morphologischen und biologischen
Gesetzen folgendeu Registrierung der Infektionstrager zufriedengestellt;
eine andere Perspektive erbffnet sich, wenn wir der Reaktion und spe¬
zifischen Gegenreaktion des befallenen Organismus eine grbfiere Be-
achtung und Wtirdigung scbenken.
Fflr den Augenblick erscheinen die Resultate dieser Forschungen
nocb zu kompliziert und einer oberflachlichen Anschauung nicht in alien
Punkten prazisiert genug.
Die Komposition der Kdrperzellen wie Bakterienzellen aus einzelnen
Elementen, die gegenseitig eine spezifische Bindung erfahren kdnnen,
erschwert einfachere Anschauungen und gibt in der bislang angewandten
Methodik, der elektiven Absorption der aufeinander passenden Elemente,
keine durchaus einwandsfreie Versuchstechnik an die Hand.
1) Eoux et Vail lard, Contribution & l’ltude du t^tanos. (Ann. de l’lnstitut
Paateur. 1893.)
2) Liidke, Beitrage zur Hamolyae. (Centralbl. fur Bakt etc. Bd. XXXVII. 1904.
Heft 2/3.)
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544 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Jedenfalls aber mflssen wir unbedingt daran festhalten, dafi wir
in der spezifischen T&tigkeit der KOrperzellen zun&chst einen Mafistab
fflr die Beurteilung der einzelnen dieser spezifischen T&tigkeit ent-
springenden Reaktionsprodukte gcgeben haben.
Ftir die freundliche Ueberlassung der Hilfsmittel der bakteriologi-
schen Untersuchungsstation zu Barmen danke ich dem Leiter des In¬
stitute, Herrn Prosektor Dr. Marckwald, ergebenst.
Nachdruck verboten .
Ueber die Hamolysinbildimg durcb Injektion kleinster
Mengen von Blutkorperchen und liber den Einfluss des
Aderlasses auf die Intensitat der Bildung hamolytischer
Ambozeptoren beim Kaninchen 1 ).
[Aus dem kgl. hygienischen Institute der Universit&t Konigsberg i. Pr.
(Direktor: Prof. R. Pfeiffer).]
Von Privatdozent Dr. Frledberger, I. Assistenten am Institute
und Dr. Dorner.
1. Immunisierung von Kaninchen mit kleinsten Mengen
von Erythrocyten.
Durch die Untersuchungen des einen von uns (Festschr. zum 70. Ge-
burtstag E. v. Leyden s) ist es bekannt, dafi zur Bildungbakteriolytischer
Choleraambozeptoren ira KaninchenkSrper bei intravendser Injektion
aufierordentlich geringe Mengen des bei 60° abgetoteten Virus gentigen,
am noch eine betr&chtliche Bildung von Antikdrpern hervorzurufen. So
vermochte die intravenose Injektion von 1 / 10oo Oese Cholera einen
Titer von durchschnittlich 3 mg zu erzeugen.
Es schien uns nun von Interesse, zu untersuchen, ob sich auch mit
entsprechend kleinen Mengen von Blutkorperchen bei intravendser In¬
jektion die Bildung einigermafien betr&chtlicherer Mengen von H&mo-
lysinen nachweisen liefie. Wir stellten diese Versuche zunSchst an
Kaninchen an, denen mehrmals mit physiologischer Kochsalzlosung ge-
waschene Ziegenerythrocyten in 5-proz. Losung in die Ohrvene injiziert
wurden.
Es ergab sich in einer Reihe von Versuchen, dafi noch Mengen von
1 — 1 l i mg der 5-proz. Erythrocytenaufschwemmung genflgten, urn die
normale geringe hfimolytische Kraft des Kaninchenblutes fflr Ziegenblut-
kbrperchen aui das 5- bis selbst 20-fache des Normalwertes zu steigern.
Als Grenzdosis der Blutkorperchen zur Erzeugung einer deutlich nach-
weisbaren Vermehrung der h&molytischen Ambozeptoren ergab sich uns
eine Menge, die in den einzelnen Versuchen zwischen 2 und 0,5 mg der
5-proz. Ldsung lag.
Wenn wir die Zahl der Erythrocyten bei der Ziege mit 9 Millionen
pro Kubikmillimeter annehmen (cf. Hermann, Lehrb. d. Physiologie),
1) Wir beschranken uns hier auf eine kurze Daretellung der ReBultate unserer
Versuche; die ausfuhrlichen Vereuchsprotokolle und genauen Literaturangaben sind
nebst weiteren experimentellen Beitragen zur Hamolysiulehre in der Dissertatiou tod
D o r n e r-Konigsberg i. Pr., 1905, nieaergelegt.
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Friedberger u. Dorner, Hftmolysinbildg. durch Injekt. von BlutkOrperchen etc. 545
so genQgen nach unseren Versuchen 300000—900000 Erythrocyten der
fremden Tierspecies, urn, dera Kaninchen intravenSs beigebracht, einen
deutlichen hamolytischen Titer zu erzeugen.
FQr Bakterien hatte bereits Mertens (Dtsche med. Wochenschr.
1901) den Nachweis erbracht, daB bei subkntaner Injektion zur Ge-
winnnng eines deutlichen Titerwertes eine viel grSBere Vaccinraenge
nfitig war als bei intravenSser. In analoger Weise konnten wir be-
obachten, daB auch bei subkntaner Injektion von Erythrocyten bedeuten-
dere Mengen erforderlich waren, um eine Steigerung der normalen hamo¬
lytischen Kraft des Serums zu erreichen.
Die durch intravenOse Injektion kleiner Dosen erzielten Hamolysine
fQr Ziegenblut erwiesen sich als streng spezifisch bei der Prflfung mit
dem Blute von Hund, Taube, Katze und Meerschweinchen. Es ist auch
bei der Immunisierung mit kleinen Dosen vielleicht eine strengere Spe-
zifitat der Hamolysine zu erwarten als bei Injektion grOBerer Mengen
artfremder Blutkorperchen an das Versuchstier. In letzterem Falle
kbnnen kleinere Mengen von Rezeptoren der Erythrocyten, die verschie-
denen Tierspecies gemeinsam sind, bei der an und ftlr sich sehr groBen
Menge der eingespritzten Blutkbrperchen ein nicht streng spezifisches
Partialhamolysin erzengen, wie das Ehrlich und Morgenroth in der
Tat vielfach beobachtet haben.
Es sei noch erwahnt, daB auch betrachtliche hamolytische Werte,
die beim Kaninchen mit kleinen Dosen erzeugt waren, in auffallend
kurzer Zeit, zuweilen schon in 14 Tagen, ganzlich wieder verschwanden.
Die Moglichkeit, mit minimalen Dosen von Blutkdrperchen einen
bakteriolytischen Titer zu erzeugen und die Feststellung der Grenzdosis
an Erythrocyten schien uns nicht nur von theoretischem Interesse zu
sein. Falls diese Befunde, wie wir sie beim Kaninchen durch Injektion
von Ziegenblut erhoben, sich von allgemeiner Geltung erwiesen, war
uns damit eine neue, praktische Metbode zum forensischen Nachweise
des Menschenblutes gegeben, die gewissermaBen ein Experimentum
crucis fQr die bisher Qblichen biologischen Methoden darstellen wQrde.
Wenn wir bedenken, daB die Blutkorperchenmenge eines Tropfens
Blut etwa der von 1 ccm einer 5-proz. Erythrocytenaufschwemmung
entspricht, so schien uns mit unserer Methode der kleinen Dosen die
MQglichkeit an die Hand gegeben, durch Injektion von Menschen-Blut-
flecken beim Kaninchen ein spezifisch hamolytisches Serum zu erzeugen.
Freilich wQrde eine derartige Methode der von Uhlenhuth sowie von
Wassermann und Schfitze empfohlenen bezQglich der Bequemlich-
keit der AusfQhrung nachstehen. Aber es mufite doch jede neue Form
des biologischen Menschenblutnachweises, die in den in Betracht kom-
menden wichtigen forensischen Fragen zuveriassigen AufschluB geben
konnte, willkommen sein. Leider gelang es uns jedoch mit Menschen*
blut nicht, beim Kaninchen durch intravenose Injektion minimaler Dosen
eine auch noch so geringe Bildung hamolytischer Ambozeptoren zu er-
zielen. Ebenso fielen die Versuche, die an Tauben mit Menschenblut
angestellt wurden, negativ aus. Wir halten es aber nicht fQr ausge-
schlossen, daB es uns bei weiterem Suchen in dieser Richtung gelingen
wird, eine Tierspecies zu finden, die fQr die Erythrocyten des Menschen
gleich empfindlich ist wie das Kaninchen fQr diejenigen der Ziege. Da¬
mit ware alsdann eine neue brauchbare und zuveriassige Methode zum
forensischen Nachweis des Menschenblutes gegeben.
Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 35
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546
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
2. Ueber den Einflufi des Aderlasses auf die Intensitat
der Bildung h&molytischer Ambozeptoren beim
Kaninchen.
Wie bereits Friedberger (Berl. klin. Wochenschr. 1903) bei
Cholerabakterien gezeigt hat und C. Fraenkel (Ibid. 1905) bestatigen
konnte, eignet sich die Methode der Vaccinierung mit kleinen Dosen
ganz besonders, um den Einflufi gewisser Manipulationen auf die Inten¬
sitat der Ambozeptorenbildung zu eruieren. Die bisherigen Versuche
waren mit bakteriolytischen Seris (Friedberger, Fraenkel) resp.
mit agglutinierenden (P. Th. Mtiller) [Arch. f. Hyg. Bd. LI] angestellt
worden; wir ubertrugcn zum ersten Male diese Methode auf die h&mo-
lytischen Sera, um den Einflufi des Aderlasses auf die Intensitat der
HSmolysinbildung bei dem mit Ziegenblut vaccinierten Kaninchen zu
untersuchen. Ueber den Einflufi dieses Eingriffs auf die Intensitat der
Bildung bakteriolytischer Ambozeptoren hatte Friedberger schon
frflher Versuche angestellt, liber die R. Pfeiffer auf dem internationalen
Hygienekongrefi zu Brflssel berichtet hatte. Diese Versuche, die ein
grofies Tiermaterial erforderten, konnten damals aus aufieren Grflnden
nicht fortgesetzt werden, und wir beschlossen, sie daher jetzt auf dem
Gebiete der Hamolyse wieder aufzunehmen. Gerade diese Frage schien
uns von besonderem Interesse zu sein, da der Aderlafi, frflher ja zum
wichtigsten therapeutischen Rfistzeug des Arztes gehOrend, in den letzten
Jahrzehnten wieder erneut, gerade bei akuten Infektionskrankheiten als
bedeutsame therapeutische MaBnahme in Aufnahme gekommen ist. Freilich
fehlt bislang noch ganzlich eine zuverl&ssige wissenschaftliche Begrfindung
des am Krankenbette beobachteten gflnstigen Effekts.
Da nach den Untersuchungen von Pfeiffer und Marx so wie
Wassermann die blutbildenden Organe die Bildungsstatte der Ambo¬
zeptoren sind, so war es nicht weiter verwunderlich, wenn der Aderlafi,
der ja auch die morphologischen Verhaitnisse dieses Organs aufs tiefste
alteriert, einen Einflufi auf die Bildungsintensitat der Ambozeptoren haben
wflrde, wie das in der Tat Friedberger bei der Choleravaccination
bei Kaninchen nachweisen konnte.
Bei unseren Versuchen, die wir in dieser Richtung bezflglich der
H&molysine vornahmen, gingen wir so vor, dafi wir Kaninchen aus der
Carotis nicht unbetr&chtliche Blutmengen (10—20 ccm) entzogen und
diesen Tieren zum Teil nachher, zum Teil schon vorher minimale Mengen
von Ziegenerythrocyten in die Ohrvene spritzten. Die nicht zur Ader
gelassenen Kontrolltiere, die sich natflrlich sonst unter den gleichen
Versuchsbedingungen befanden, erhielten gleichzeitig dieselben Ery-
throcytenmengen pro Kilogramm Tier. Ohne auf die Versuche im
einzelnen einzugehen, bezflglich deren ausftthrlicher Protokollierung wir
auf die Dissertation Dorners verweisen, wollen wir hier nur mitteilen,
dafi wir in 7 Versuchsreihen mit im ganzen 16 Kaninchen
das flbereinstimmende Resultat erhielten, dafi der Ader¬
lafi die Intensitat der Bildung h&molytischer Ambo¬
zeptoren betr&chtlich steigert*). In der nebenstehenden Ueber-
sicht sind die Steigerungen der h&molytischen Kraft gegenflber den
normalen Werten am 8. Tage nach der Injektion der Ziegenblutkflrper-
1) Nur in einer Versuchsreihe (II) waren die relativen Werte beim Aderlafitier
und Kontrolltier gleicb hoch; die absoluten Werte allerdings verhielten sich wie 2:1
zu Gunsten des Aderlafltieres.
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Friedberger u. Dorner, H&molysinbildg. durch Injekt von Blutkflrperchen etc. 547
Steigerung der hamoly tischen Kraft des Kaninchenserums nach
spezifischer Vorbehandlung.
Vereuchflreihe
i
II
III
IV
1 v
VI
VII
Aderlafitier |
50
3
100
250
1
50
150
30
70
20
Kontrolltier
3
3
1
200 1
20
7
10
chen verzeichnet. Es ergibt sich daraus, daB durch die Iujektion
minimalerMengen von ZiegenblutkOrperchen dieldsende
Kraft des Kaninchenblutes ffir Ziegenerythrocyten bei
den AderlaBtieren um das durchschnittlich 80-facbe, bei
den Kontrolltieren aber nur um das durchschnittlich
37-fache des Normalwertes gesteigert wird. Wenn wir die
individuell verschiedene lbsende FShigkeit des normalen Kaninchen¬
blutes gegentiber Ziegenerythrocyten auBer acht lassen, so ergibt sich
auch bei dieser Betrachtungsweise, daB der Titer bei den AderlaBtieren
im Durchschnitt 4mal hoher war als bei den Kontrolltieren.
Nur in einem weiteren Falle zeigte das Kontrolltier einen hoheren Wert
als das Aderlafitier. was aber wohl auf die enorme Blutentziehung von
23 ccm bei diesem Versuchstiere zurfickzuftihren sein dflrfte. Im iibrigen
spricht die Konstanz der Befunde dagegen, daB individuelle Schwankungen
in dem Verhalten der einzelnen Tiere die von uns angenommene Deutung
der Resultate vort&uschen, zumal auch die Steigerungen des Titers durch
den AderlaB in den meisten Fallen weit hbhere sind, als wir sie bei
den Schwankungen des individuellen Verhaltens der vaccinierten Kaninchen
zu sehen gewohnt sind.
Zusammenfassend konnen wir danach sagen, daB Aderiasse in
nicht zu betrachtlicher Hohe beim Kaninchen die Inten-
sitat der Bildung ham olytischer Ambozeptoren fur
Ziegenblut steigern, genau wie dies Friedberger beziiglich
der bakteriolytischen Choleraambozeptoren beim Kaninchen nachgewiesen
hatte. Sehr groBe Adferiasse scheinen allerdings, wie aus einem Ver-
suche hervorgeht, den entgegengesetzten Effekt zu haben. Es sei noch
erwahnt, daB der EinfluB des Aderlasses in den Fallen besonders stark
war, in denen er nicht vor der Vaccinierung, sondern erst am 1. resp.
2. Tage nach der Injektion der artfremden Blutkdrperchen vorgenommen
wurde. Hier diirften die Verhaitnisse denen in der menschlichen Therapie
naher kommen als bei der erst erwahnten Versuchsanordnung. Immer-
hin verwahren wir uns ausdrucklich dagegen, aus diesen Tierexperi-
menten mit Hamolysinen irgendwelche weitergehende Schliisse beziig¬
lich der Wertung des Aderlasses in der Therapie menschlicher Infek-
tionskrankheiten zu ziehen.
Unserem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. Pfeiffer,
sind wir ftir das rege fbrdernde Interesse, welches er diesen Unter-
suchungen entgegengebracht hat, zu grofiem Danke verpflichtet.
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548
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Nachdruck verboten.
Ueber Isolysine und Isoagglutinine im menschlichen Blut
[Aus dem pathol. anat. Inst, in Wien und dem Karolinen-Kinderhospital.J
Von Dr. Karl Landstelner und Dr. Karl Lelner.
Es soil im folgenden iiber Untersuchungen berichtet werden, die sicb
mit der Frage beschfiftigen, ob im menscblichen Blute bei pathologischen
Zustfinden mittels der Isolysinreaktion Substanzen nachweisbar seien,
die zu den krankhaften Prozessen in Beziehung zu bringen sind. Solche
Untersuchungen schienen deshalb notig, weil zwar eine grofie Zahl von
Angaben fiber pathologische Isolysine und Isoagglutinine vorliegt, die
auch in die zusammenfassenden Darstellungen der Immunitfitslehre Auf-
nabme gefunden haben, wahrend ein sicherer Beweis ffir ein derartiges
Vorkommen, von einem einzigen noch zu erwfihnenden Fall abgesehen,
bisher nicht geftihrt wurde.
Die ersten dieses Thema betreffenden Angaben fallen in die Zeit
vor der intensiven Beschfiftigung mit den Reaktionen des Blutserums.
Sie stammen von Maragliano 1 ), der mitteilte, dafi bei einer Reihe von
Krankheiten, wie essentieller Anfimie, Carcinom, Nephritis, Malaria und
anderen Affektionen das Serum die Eigenschaft habe, normale Erythro-
cyten zu zerstfiren und aufierdem noch deren Hfimoglobin in Hfima-
toidin umzuwandeln. Wie der eine von uns 2 3 ) schon frfiher bemerkte,
sind die Beobachtungen von Maragliano 8 ), die fibrigens bisher, soviel
wir wissen, keine Bestfitigung gefunden haben, nicht den spfiter oft be-
obachteten hainolytischen Eigenschaften des Serums gleichzusetzen. Sie
kfinnen also bei unserer Betrachtung vollstfindig beiseite gelassen werden.
In den spfiteren Arbeiten, mit denen wir uns zu beschfiftigen haben,
wurde dagegen das Vorkommen solcher Stoffe, die nach der heutigen
Terminologie als Isoagglutinine und Isolysine zu bezeichnen sind, im
inenschlichen Blute sicher nachgewiesen.
Es wurde von Landsteiner 4 ) gezeigt, dafi bei gesunden Menschen
hfiufig Isoagglutinine zu beobachten sind. Die Wirkung der Isoagglutinine
in pathologischen Ffillen schien zunfichst eine besonders intensive zu
sein, doch konnte darfiber ein abschliefiendes Urteil nicht gewonnen
werden. Dieser sicheren Feststellung der kaum erwarteten Tatsache,
dafi das Blut der Individuen einer Species leicht merklich verschieden
sein kann und den fast gleichzeitigen Angaben von Shattock 5 ), der
Isoagglutination beim Blute fiebernder Kranker fand und diese Reak-
tion als ffir das Fieberblut charakteristisch betrachtete, folgten Mitteilungen
fiber vermutete Beziehungen der isoagglutinierenden Stoffe zu Krank-
heitsprozessen.
Hierher gehoren die Berichte von Grfinbaum 6 ), Lo Monacho
und Panic hi 7 ), Grixoni 8 ), die teils eine spezifische Reaktion ffir ver-
1) Maragliano, Verhandlongen des XI. Kongresaes f. innere Med. 1892.
2) Landsteiner, Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 46.
3) 1. c.
4) Centralbl. f. Bakteriol. Bd. XXVII. 1900. p. 361, Wien. klin. Wochenschr. 1. c.
und Zeitschr. f. Medizinalbeamte. 1903. Heft 3.
5) Journ. of Patholog. and Bacteriol. Vol. VI. 1900.
6) Brit, medic. Journ. 1900. p. 1089.
7) La Biforma medic. 1901. (Kef. Centralbl. f. allg. Pathol. Bd. XII. 1901. p. 338.)
8) Gazz. degli ospedali 1901. No. 57. (Ref. Centralbl. f. innere Med. 1901. No. 38.)
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Landsteiner u. Leiner, Ueber Isolysine und Isoagglutinine im menschl. Blut. 549
Bchiedene Infektionskrankheiten, namlich Typhus, Malaria, Scarlatina ge-
funden zu haben glaubten, teilweise wie Eisenberg 1 ) an einen Zu-
sammenhang der Erscheinung mit kraokhaften V or gin gen im allgemeinen
und dem bei diesen vorkommenden Blutzerfall dachten (vergl. Donath 2 3 ).
Eisenberg fand Isoagglutinine bei normalen Individuen nur aus-
nahmswei3e, bei Kranken viel hau tiger; Isolysine wurden auch bei
Kranken nicht oft angetroffen.
Auch Camus und Pagniez 8 ) geben an, Isoagglutination zwar mit
dem Serum verschiedener Kranker, nicht mit dem Gesunder erhalten
zu haben.
Gegen einen Teil dieser Mitteilungen wurden schon frflher von dem
einen von uns 4 ) Einwande erhoben.
Es wurde damals darauf hingewiesen, daft das Vorkommen von
Isoagglutininen im Serum Gesunder ein fast konstantes ist, und dies
wurde durch spatere Untersuchungen von Decastello und Sturli 5 )
und Langer 6 ) bestatigt. Das Verhalten konnte den anderen Unter-
suchern nur deshalb entgangen s6in, weil die Wirkung nicht jedem Blut,
sondern nur bestimmten Blutarten gegentiber sich geltend macht. Die
von uns angegebene und in grober Annaherung gewift zutreffende Ein-
teilung der Blutarten in mehrere Typen erleichtert die notwendige
passende Auswahl zum Versuch geeigneter Blutkorperchen.
Es kann also eine Besonderheit des Blutes bei Krankheiten nicht
darin gesehen werden, daft es flberhaupt isoagglutinierend wirkt. Dem-
gemaft hat auch Capogrossi 7 ) sich gegen die diagnostische Verwert-
barkeit der Isoagglutination ausgesprochen. Immerhin ware es aber
nach dem Angeffihrten noch mOglich, daft der Grad des Agglutinations-
vermbgens in pathologischen Fallen verandert sei. In diesem Sinne
auftern sich Ascoli, und in einer neueren Arbeit, die ihre frtiheren
Mitteilungen modifiziert, Lo Monacho 8 ) und Panichi 9 ).
Ascoli teilte mit, daft bei normalen Individuen dem Serum die
Fahigkeit der Isoagglutination nur in geringem Grade zukomme, wahrend
bei pathologischen Prozessen hShere Agglutinationswerte beobachtet
wfirden.
Namentlich fand Ascoli in Fallen von Typhus, Tuberkulose, Pneu¬
monic und Malaria gesteigerte isoagglutinierende Wirkung. Eine ahn-
liche Meinung wird auch von Pace 10 11 ) und B e z z o 1 a u ) vertreten. Letz-
terer leugnet zwar den diagnostischen Wert der Isoagglutination bei
Malariafailen, glaubt aber doch an eine Verstarkung des Phanomens in
Krankheiten.
Da diese Angaben, wenn sie sich bestatigten, immerhin nicht be-
langlos waren, haben wir uns veranlaftt gesehen, einige quantitative
Untersuchungen in dieser Richtung anzustellen.
1) Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 42.
2) Wien. klin. Wochenschr. 1900. p. 497.
3) Compt. rend, de la Soc. de Biolog. 1901.
4) 1. c. Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 46.
5) Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 26.
6) Zeitschr. f. Heilkunde. 1903. Heft 5.
7) R. Accadem. di Boma 1901 und Riforma medic. (Ref. Centralbl. f. allg. Patholog.
1902 1903
8) Munch, med. Wochenschr. 1901.
9) Riforma medic. 1902.
10) Ref. CentralbL f. allg. Pathol. Bd. XIII. p. 356.
11) Riforma medic. 1902. p. 495.
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550 Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt. Original e. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Unsere Versuchsanordnung war der Vergleichbarkeit wegen identisch
mit der von Ascoli.
Es wurden die menschlichen Blutkdrperchen mit Kochsalzldsung
gewaschen, abzentrifugiert und der Bodensatz mit dem 80fachen des
Blutvolumens an KochsalzlSsung verdfinnt. Diese Aufschwemmung wurde
zn gleichen Teilen den Serumverdtinnungen zugesetzt
Wir verwendeten als Reagens die BlutkOrperchen der gesnnden
erwachsenen Individuen S. und F., von deren Verhalten spfiter noch die
Rede ist, und zwar bei jedem Serum diejenige der beiden Blutarten, die
die starkere Reaktion gab. (Bei diesem Vorgehen kann ein starkes Iso-
agglutinationsvermogen nicht leicht flbersehen werden, wohl aber, wenn
das Testblut ohne besondere Auswahl genommen wird 1 ).
Tabelle I.
Scrum von
u a
iO a>
MM
Serumverdunnung
Serum von
A B
SI
Serumverdunnung
Gesunden
' Kranken
iZ p
pq
1:10
1:20
1:50J1:100
55 S.
1:10
1:20
1:50
1:100
A. Erwachsene
1
A. Erwachsene
!
1
R.
s.
+
+
+
Sp.
Tbc. pulm.
F.
+
+
+
—
H.
F.
+
+
+
Nephrit. acuta
8.
+
+
+
Sp.
L.
S.
+
+
+
+
Nephritis chro¬
E.
F.
+
+
+
—
nica
8.
+
+
+
+
Go.
F.
+
+
+
—
Cyciische Al-
H.
F.
+
+
—
—
buminurie
F.
+
+
+
Sp.
Sch.
F.
+
+
Sp.
—
Nephrit. acuta
8.
+
+
+
8p.
P.
8.
+
—
—
—
Carcinom
F.
+
+
Sp.
—
Catarrhus in-
testini
F.
+
Sp.
—
_
Diabetes melli-
tus
8.
+
+
+
—
B. Kinder
B. Kinder
A.
S.
+
+
+
—
Typhus
S.
+
+
+
Sp.
B.
F.
+
+
+
+
Mitiartuberk.
s.
+
Sp.
—
—
C.
F.
+
+
+
Scarlatina 1
s.
+
Sp.
—
—
D.
F.
8p.
—
—
Scarlatina 2
F.
+
+
+
Sp.
E.
F.
+
+
S^.
—
Pneumonie
F.
+
-h
—
—
F.
F.
+
+
+
Sp.
Nephrit. acuta
S.
+
Sp.
—
—
Combustio
F.
+
4-
+
—
+ bedeu
tet A
gglut
inatio
n, Sp
i
. = Spur.
Die in dieser Tabelle wiedergegebenen Bestimmungen lassen keinen
Unterschied zwischen der Reaktion bei Gesunden und Kranken erkennen
und zeigen, daB bei Gesunden die Wirksamkeitsgrenze bis zu ebenso
starken Verdfinnungen reichen kann, als sie Ascoli 2 ) bei seinen patho-
logischen Fallen fand, namlich bis zu einer Verdfinnung des Serums
von 1 :100 und darfiber. Zwar ist die Zabl der von uns untersuchten
normalen Faile nicht grofi, doch da unter diesen schon mehrmals die
von Ascoli angegebene Grenze erreicht wurde, so hielten wir es for
nicht notwendig, die Versuche weiter auszudehnen.
Auch bei derartigen quantitativen Bestimmungen hangen die Ergeb-
nisse von der Auswahl der verwendeten Blutkdrperchen ab und es
kdnnten einwandfreie Resultate fiber pathologische Verfinderungen der
1) Vergl. Wien. klin. Wochenechr. 1901. No. 46. L c.
2) Ascoli 1. c.
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Landsteiner u. Leiner, Ueber Isolysine und Isoagglutinine im menschl. Blut 551
isoagglutinierenden Wirkung nur durch groBe Versuchsreihen unter
Berlicksichtigung dieses Umstandes erzielt werden.
AuBer den bisher referierten Mitteilungen liber die Bedeutung der
Isoagglutinine bei patbologischen Prozessen liegt eine Anzahl von Ar-
beiten vor, die sich mit dem pathologischen Verhalten der Isolysine be-
fassen.
Ascoli 1 ) fand bei verschiedenen namentlich infektidsen Erkran-
kungen ausgeprSgte isolytische Eigenschaften des Serums, im Gegensatz
dazu bei normalem Serum nur geringe Aktivitat.
Eisenberg zieht zur Erklarung der Isolyse die Resorption der
Prodnkte krankhaften Blutzerfalles heran, die nacb seiner Ansicht ebenso
zur Bildung von AntikOrpern fuhren kann, wie in so vielen Fallen die
Resorption kbrperfremden Zellmaterials.
Schenk 2 ) hielt dementsprechend die Isolyse wie auch die Iso¬
agglutination bei normalen Individuen im Gegensatz zu solchen, die
schwere Krankheiten durchgemacht haben, fflr auBerordentlich selten, ist
aber, wie eine neue Mitteilung zeigt *), von seiner Ansicht zuriickgekommen.
Leiner 4 ) fand bei friiheren Untersuchungen des Blutes infektions-
kranker Kinder nur bei Diphtheric mehrmals positive hamolytische Re-
aktion, hielt jedoch eine diagnostische Verwertung derselben fflr un-
mOglich.
Bezzola 6 ) beobachtete bei der Untersuchung von 30 verschiedenen
Krankheitsfailen 3mal Isolyse, Camus und Pagniez 6 ) fanden bei 30
zumeist Schwerkranken 16 Faile mit hamolytischer Wirksamkeit des
Serums.
Unsere eigenen Untersuchungen nahmen wir an ungefahr 100 ge-
sunden und kranken Kindern (2—10 Jahre alt) und einigen Erwachsenen
vor. Wir hatten dabei die Vermutung, daB bei dem relativ gleichartigen
Material, das besonders die infektidsen Kinderkrankheiten bieten, ein
Einflufi der pathologischen Prozesse auf die Blutbeschaffenheit besonders
deutlich sich zeigen kdnnte. Diese Versuche wurden so angestellt, daB
als Testblutarten entsprechend unseren friiheren Angaben 7 ), zwei der-
art ausgewahlt wurden, daB jedes der beiden Sera die Kdrperchen des
anderen Blutes kraftig agglutinierte. Geht man so vor, so lindet man, wie
wir zeigten, nahezu regelmafiig Isoagglutination, und wir nahmen an, daB
uns diese Anordnung auch die Auffindung von Isolysinen erleichtern werde..
Neben diesen in alien Fallen und einigen anderen gelegentlich ver-
wendeten Blutarten prflften wir auch regelmaBig ein Blut, dessen K8rper-
Tabelle II.
Serum
Blutkbrperchen
1 S.
F.
L.
s.
+
—
F.
+
—
—
L.
+
+
—
1) Miinch. med. Wochenschr. 1901. p. 1239.
2) MonatBschr. f. Geburteh. und Gynak. Bd. XIX. 1903.
3) Kongr. f. Geburtah. und Gynak. 1904.
4) Jahro. f. Kinderheilk. 1902. p. 804.
5) 1. c.
6) Arch, internat. de Pharmacol, et de Iherap. 1902. p. 369.
7) 1. c.
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Original fro-m
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552
Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXYIII. Heft 5.
Tabelle III.
Serum
Blutkorperchen
8. | F. | L.
Morbillen
Fall 1 Aggl.
+
4-
—
Ly6e
+
—
—
„ 2 A.
4
4*
—
L.
+kompl.
4 schw.
—
, 3 A.
—
4-
—
L.
—
4-
—
* 4 A.
—
+
—
L.
—
—
—
, 5 A.
+ 8p.
+
—
L.
—
—
—
6 A.
—
+
—
L.
—
—
—
» 7 A.
+
4-
—
L.
+ Sp.
—
—
, 8 A.
—
+
—
L.
—
—
—
9 A.
+
4
—
L.
+ Sp.
+ Sp.
i
„ 10 A.
+
+
—
L.
+
—
—
Scarlatina
1
Fall 1 A.
+
—
_
L.
•fkonipl.
—
—
, 2 A.
4
+
4 schw.
L.
+ Bp.
—
—
. 3 A.
+
—
—
L.
—
—
—
4 A.
4*
—
—
L.
+ Sp.
+ Sp.
—
5 A.
—
4
—
L.
—
4 fast
—
>, 6 A.
_
kompl.
4- scnw.
_
L.
—
—
—
„ 7 A.
—
+
—
L.
—
+ Sp.
—
» 8 A.
—
+
—
L.
—
+ Sp.
—
it 9 A.
—
-F schw.
—
L.
—
+ Sp.
—
Diphtherie
Fall 1 A.
—
+ schw.
-4 schw.
L.
4 schw.
—
—
>. 2 A.
4
+ schw.
—
L.
—
—
—
„ 3 A.
—
+
—
L.
—
—
—
» 4 A.
4
+
—
L.
4* schw.
+ schw.
—
it 5 A.
4
4
| —
L.
4 fast
kompl.
4 schw.
i ~
,, 6 A.
—
4
—
L.
—
4 schw.
Serum
Blu
S.
tkorperchen
F. | L.
Fall 7 A.
+
+ 1
L.
4 schw.
„ 8 A.
+ schw.
4 schw.
L.
—
—
„ 9 A.
+
4-
L.
—
—
„ 10 A.
—
4
L.
—
4
+ ?
„ 11 A.
4
4
L.
—
—
a 12 A.
4
—
L.
—
—
„ 13 A.
—
4
L.
—
—
„ 14 A.
—
4
L.
—
jj Id A^
4
4
L.
4 schw.
„ 10 A.
4 |
4
+ schw.
Li.
—
—
_
„ 17 A.
4
4
L.
—
„ 18 A.
4 schw.
4
L.
—
„ 19 A.
4
4
_
L.
4
—
„ 20 A.
4-
—
L.
—
—
„ 21 a. ;
4
—
L.
—
—
„ 22 A.
—
4
_
L.
—
„ 23 A.
4
—
_
L.
4
—
„ 24 A.
4 schw.
4 schw.
_
L.
—
_
» 25 A.
4
+
_
L.
4
+ Sp.
_
„ 26 A.
4 schw.
+
_
L.
—
_
. 27 A.
4
_
_
L.
4 Sp.
_
_ .
„ 28 A.
4
4
4 schw.
L.
—
—
_
* 29 A.
+
+
_
L.
+
_
„ 30 A.
+
+ schw.
L.
+
_
„ 31 A.
+
+
_
L.
—
_
„ 32 A.
+
+
4 schw.
L.
4-komp.
_
„ 33 A.
+
+
_
L.
+komp.
+
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UNIVERSITY OF CHICAGO
Landsteiner a. Leiner, Ueber Isoljsine and Isoagglutmine im menschl. Bint 553
Seram
Blu
8.
itkdrpercl
F.
lien
L.
Serum
Blu
1
8.
tkOrperd
F.
len
Im
Osteomyelitis A.
+
+
_
Vitium cord.
A.
+
___
__
L.
+
—
—
Fall 2
L.
+
—
—
Malaria
A
4
4 schw.
—
Vitium cord.
A.
4 schw.
4 schw.
—
L.
4 schw.
—
—
Fall 3
Im
—
—
—
H&morrhag.
A.
4 schw.
4- schw.
—
Typhus
A.
4 schw.
+
—
Diath.
L.
—
—
—
L.
—
4
—
Taberkulose
A.
+
4-
—
Tame
A.
—
+
—
(Erw.)
L.
+
4- schw.
—
L.
—
—
Septikamie
A.
4
—
—
Gesund
A.
+
—
4 schw.
(Erw.)
L.
—
—
—
L.
—
—
—
A.
+
—
+
>>
A.
4 schw.
+
—
L.
—
—
4
L.
—
+ Sp.
—
Myxddem
A
+
+
A.
4 schw.
4 schw.
—
Lu
4
—
—
L.
—
—
—
Pneumonie
A.
+
4 schw.
—
A.
—
+
—
Im
—
—
Im
—
—
+ Sp.
Rheum, artic. A.
+ schw.
—
—
A.
H"
—
—
Im
—
—
L.
4 fast
—
—
Pneumonie
A.
4
4 schw.
—
kompl.
Fall 2
Im
—
—
A.
4 schw.
+
—
Eryth. nodoe. A.
—
4-
—
L.
—
—
L.
—
—
—
n
A.
—
+ Sp.
—
Ikterus
A
4- schw.
+
—
L.
—
—
L.
-j- schw.
—
—
Hysterie
A.
—
4-
—
Dcterue
A.
4
—
—
L.
—
4
—
Fall 2
L.
—
—
Scabies
A.
_
4
—
Vitium cord.
A.
4
4-
—
L.
—
—
L.
+ Bp.
—
Hernie
A.
4 schw.
4 schw.
—
Pneumonie
A
4 schw.
4
—
Fall 1
L.
_
—
—
Fall 3
L.
—
—
Hernie
A.
4 schw.
—
—
Pneumonie
A.
4
4 schw.
—
Fall 2
L.
_
—
—
Fall 4
L.
—
—
Hernie
A.
—
+
—
Fall 3
L.
+ Sp.
+ Sp.
—
chen nur in seltenen Fallen agglutiniert wurden, dessen Serum nahezu auf
alle agglutinierbaren Kdrperchen wirkte. Das Verhalten der 3 haupt-
sftchlich verwendeten Blutarten war also das folgende (s. Tab. II).
Die Verhaitnisse wurden so gewahlt, daB wir Serum zu gleichen
Teilen mit 2,5-proz. Blutkochsalzmiscbung zusammenbrachten und diese
Gemenge 2 Stunden im Brutofen und ca. 20 Stunden im Eiskasten
liefien.
Die Ergebnisse sind in den Tabellen III u. IV dargestelli
Diese Zusammenstellungen lassen bezQglich der Agglutination
keinen Unterschied zwischen Gesunden und Eranken auffinden. Bei
keinem untersuchten Serum wurde die Isoagglutination vollkommen
vermiBL
Isolyse war nicht so regelmBBig nachweisbar. Sie kommt offenbar
um so haufiger zur Beobacbtung, je mehr verschiedene Arten von Blut-
kflrperchen mit einem Serum zur Reaktion gebracbt werden.
Eine gewisse Uebereinstimmung mit der Agglutinationsreaktion be-
steht insofern, als starke Isolyse nur dann zu sehen ist, wenn auch Iso¬
agglutination stattfindet Nur ausnahmsweise, und dann in recht ge-
ringem Grade wurden solche BlutkSrperchen geldst, die von dem be-
treffendem Serum nicht deutlich agglutiniert wurden. Der andere Fall
namlich, starke Agglutination ohne Lyse, ist ein sehr haufiger. Die
BlutkSrperchen L., die nur in wenigen Fallen und fast immer nur in
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Tabelle IV.
Serum
-a -o
c a
3 3
8 $
© O
S. F.
P
q
p
8
O
L.
Blutkorperchen
.2 e ©
a c,*c p -p
i ill i i i
S la* ft a $
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W. K. A. M. Sp.
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C. N. 0.
©
1
a
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L.
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3
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Enuresis
A.
_
4"
A.
L.
—
+ Sp.
Vitium
A.
—
4-
N.
schw.
L.
—
— + Sp.
Pneumonie
A.
—
+
w.
L.
—
—
Gesund
A.
+ +
+ +
+ +
— + —
L. Erw.
L.
+ +
4- +
4- 4-
- -j- -
kpl.
f.kpl. f.kpl.
kpl. kpl.
kpl. ;
Diphtherie
A.
+ +
4-
+ — + Sp.
I
4-
L.
schw.
4"
L.
4~ +
—
4- 4- Sp. 4-
kpl.
f.kpl. f. kpl.
kpl. schw.
Diphtherie
A.
4~
—
+ + +
G.
schw.
schw.
L.
— 4~
—
+ + +Sp.
f. kpl.
f. kpl. kpl.
Par. Hamo-
globinur.
A.
4- —
—
4-
K.
L.
— —
—
4-
Gesund
A.
— 4"
—
4- Sp.
—
— + —
schw.
schw.
M. Erw.
L.
— —
_
—
—
4- Sp. — —
Gesund
A.
— 4-
—
4-
+
schw.
—
Sp. Erw.
L.
+
—
+
4-
—
Vitium
A.
4- 4-
—
+
4-
s.
i
schw. schw.
schw.
Gesund
Li.
A.
4-
_
+
+
+
_
S. Erw.
L.
—
+ Sp.
—
—
+ I
Gesund
A.
4"
—
—
4- 4-
schw.
F. Erw.
L.
4-Bp.
—
—
Scarlatina
A.
4“
+
—
— —
schw.
schw.
N.
L.
4- Sp.
—
—
— —
Gesund
A.
4-
4-
4-
0. Erw.
L.
—
—
4-
Gesund
A.
4- —
—
—
L.
r
schw.
Chorea
Li.
A.
4-
_
+
N.
L.
— +
—
Pneumonie
A.
— 4"
—
+
N.
T
schw.
schw.
Diphtherie
Li.
A.
4-Sp. 4-
_
4-
K.
L.
— —
—
4-Sp.
Diphtherie
A.
T
— 4“
—
+
L.
Diphtherie
Li.
A.
+
_
4-
R.
L.
— 4-
—
—
Vitium
A.
4- +
—
4-
Sr.
schw.
L.
- : +
—
4-
Alle Sera der Tab. Ill u. IV mit Ausnahme der mit Erw. bezeichneten stammen von Kindera.
Landsteiner u. Leiner, Ueber Isolysine and Isoagglatinine im menschl. Blut. 555
geringem Grade agglutiniert werden, waren auch sehr selten and nur in
geringem MaBe lOsbar.
Bei der PrQfung der BlutkQrperchen S. und F. mit verschiedenem
Seram zeigt es sich, daB bald die eine, bald die andere Art empfindlich
ist, so daB man nicht, wie geglaubt wurde, eine einfacbe Skala von schwer
zu leicht loslichen Kdrperchen anfstellen kann.
Beim Vergleich des Blutes von Gesunden und Kranken lassen sich
anch bezGglich der isolytischen Wirksamkeit aas den Tabellen keine
dentlichen Unterschiede ablesen. Es besafien in mehreren Fallen die
Sera vollkommen gesunder Kinder and Erwachsener, auch solcher, die
frflher nie schwer krank gewesen waren, Starke hfimolytische Wirksam¬
keit und die Haufigkeit des L0sungsverm5gens bei den beiden Gruppen
ist nicht erheblich verschieden. Auch das Blut eines hamoglobinurischen
Kindes lieB bei der direkten PrQfung auf Isolyse Besonderheiten
nicht erkennen.
Demnach ist die isolytische Wirksamkeit des menschlichen Blut-
serums ebenso wie dies sicher fOr das VermQgen der Isoagglutination
gilt, sehr wahrscheinlich eine physiologische Eigenschaft.
Man hat also wohl beide Wirkungen (auch mit RQcksicht auf das nicht
seltene Vorkommen im Kindesalter) nicht als Folge stattgehabten Blut-
zerfalls anzusehen, sondern als Ausdruck physiologischer individueller
Blutdifferenzen, die den Unterschieden des Blutes zwischen verschiedenen
Tierarten vergleichbar sind.
Wir kQnnen aus unseren Resultaten keineswegs schlieBen, daB patho-
logische HBmolysine nicht vorkommen. TatsQchlich wurden krankhafte
und selbst die Krankheitserscheinungen direkt verursachende Auto- und
Isolysine mit einer besonderen Versuchsanordnung bei Fallen von pa-
roxysmaler Hamoglobinurie sicher nachgewiesen 1 ). Da unser Material nicht
groB ist und wenige Krankheitstypen einschlieBt, so kdnnen wir natQrlich
keineswegs behaupten, daB nicht auch mit der hier angewendeten Me-
thode des einfachen Zusammenbringens von Blut und Serum verschie-
dener Individuen spaterhin pathologische Lysine Oder Agglutinine auf-
gefunden werden kSnnten, wenn auch die vorliegenden Angaben, wie
wir meinen, keinen Beleg dafUr enthalten; doch schien es uns selbst
nicht aussichtsvoll, die Arbeit, ohne besondere Anhaltspunkte zu besitzen,
in gleicher Weise fortzufBhren. MQglicherweise sind die Beobachtungen
von Klein (Wien. klin. Wochenschr. 1901) einer verstarkten Autoaggluti¬
nation bei hypertrophischer Lebercirrhose von pathologischer Bedeutung.
11 Donath and Landsteiner, Munch, med. Wochenschr. 1904. No. 36.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF CHICAGO
556
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Nachdruck verboUn.
Schwankungen des Agglutmationsvemogens des Blutes
im Verlaufe des Typhus ahdominalis.
[Aus dem Statens Seruminstitut in Kopenhagen.]
Klinische and experimentelle Untersuchungen.
Von Axel JOrgensen.
Mit 44 Figuren.
(Fortsetzung.)
Kapitel II.
In 29 Fallen von klinisch sicherem Febr. typhoidea verfolgte ich die
Agglntininscbwingungen im Blute des Patienten.
Die Blutproben warden in so kleinen Zwischenr&umen als mOglich
genommen. Aus Rucksicht anf die moistens erschOpften und nervbsen
Patienten war es im letzten Teile der Krankheit notwendig, die Zeit-
intervalle mehr als vorausgesehen und wtlnscbenswert zu verlfingern.
Im folgenden sind die Jonrnale ganz kurz referiert und nur das ist
erw&hnt, was ich zur Erkennnng der Diagnose und der Komplikationen
far notwendig erachtete.
Die Temperatur- und Agglutininkurve jedes Patienten ist in der-
selben Figur dargestellt (bezeichnet durch die No. des Patienten in der
Reibe). Die Agglutininkurven sind nach dem gleichen Mafistabe wieder-
gegeben; doch in Fig. I, II, IV, XVI und XXIX im Verh<nis von
2:1, urn die Schwingungen deutlich zu machen und in Fig. XX in
halber GrOBe aus Platzriicksichten.
Leichtere und mittelsch were Falle ohne Komplikationen.
I. Richard A., 3 Jahre alt. Bl. Hosp. 19. Nov. bis 19. Dez. 1901. Krank 8Tage
vor Einbringung an Milzschwellung. Status typhosus, Epistaxis, Diarrhde. 23. Nov.
afebril, 26. Nov. Wohlbefinden, 9. Dez. e. L Klin. Diagnose: Febris typhoidea abortiva.
% 25 27 5 0 O 17 21
Fig. I.
II. Svend Aage R., 6 Jahre alt Bl. Hosp. 29. Okt bis 19. Dez. 1901. Ein
paar Tage Prodromen, bettlkgerig 8 Tage v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola,
Diarrhde. 17. Nov. afebril, 29. Nov. Wohlbef., 5. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t
III. Carl H., 8 Jahre alt Bl. Hosp. 30. Nov. 1901 bis 25. Jan. 1902. 6 Tage
Prod omen, bettL 2 T. v. Einbr. Stat typh., Roseola, typische Diarrhde, dikroter Puls.
26. Dez. afebril, 29. Dez. Wohlbef., 11. Jan. e. L Klin. Diagnose: F. t
IV. Otto Thorv. Ch., 6 Jahre alt Bl. Hosp. 14. Nov. 1901 bis 14. Jan. 1902.
Krank ca. 8 T. v. Einbr. Stat typh., typische Diarrhde, Roseola, 14. Dez. afebril.
15. Dez. Wohlbef., 30. Dez. e. L Kith. Diagnose: F. t (Rechute).
558
Centr&lbl. f. Bakt, etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 5,
V. Henry H., 10 J&hre alt. BL Hosp. 21. Nov. 1901 bis 12. Jan. 1902. P16tz-
lich erkrankt 2 T. v. Einbr. Stat. typh., zanlreiche Roseola. 3. Dez. afebril, 5. Dez.
Wohlbef., 20. Dez. e. 1 M 1. Jan. Kopfschmerz u. Uebelkeit, tags nachher wieder Wohlbef.
Klin. Diagnose: F. t.
Fig. vn.
VII. Asger K., 27 Jahre alt. Bl. Hosp. 2. Nov. bis 13. Dez. 1901. 2 T. Pro¬
drome^ bettl. 7 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, Diarrhde. 13. Nov.
afebril, Wohlbef., 15. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t,
Vm. Ane Kristine H., 37 Jahre alt. Bl. Hosp. 14. Nov. bis 29. Dez. 1901.
PlStzL teink 10 T. v. Einbr., keine Prodromen. Stat. typh., Roleola, Meteorismus,
Diarrhde. 28. Nov. afebril, Wohlbef., 15. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t.
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Jdrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 559
IX. Wilhelm ine G., 29 Jahre alt BL Hosp. 9. Dez. 1901 bis 19. Jan. 1902.
2 T. Prodromen, darauf ernstlich krank 6 T. v. Elinor., verrichtete aber ihren Dienst.
Stat typh., Epistaxis, Roseola, Diarrhoe. 19. Dez. afebril, Wohlbef., 5. Jan. e. 1. Klin.
Diagnose: F. t
X. Johann L., 20 Jahre alt BL Hosp. 11. Nov. bis 24. Dez. 1901. PlOtzlich
krank ohne Prodromen 6 T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis, Milzschwellung, dikroter
Puls. 17. Nov. afebril, 20. Nov. Wohlbef. Klin. Diagnose: F. t.
XI. Antomine Margrethe H., 26 Jahre alt Bl. Hosp. 15* Nov. bis 31. Dez.
1901. Krank 8 T. v. Einbr. ohne vorherige Prodromen. Stat. typh., Meteorismus,
Diarrhde. 1. Dez. afebril, 3. Dez. Wohlbef., 20. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t
XII. Axel L., 7 Jahre alt (Binder des VI.). Bl. Hosp. 25. Nov. 1901 bis 24. Jan.
1902. 1 T. Prodromen, dann bettL 6 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Ro-
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560
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Fig. XI.
seola, DiarrhSe. 12. Dez. recht wohl und lebhaft, 15. Dez. wieder matt, Erbrechen,
20. Dez. vollst afebril, Wohlbef., 10. Jan. e. 1. Klin. Diagnose: F. t (Rechute).
XIU. Jena H., 12 Jahre alt (Bruder des V.). BL Hosp. 26. Nov. 1901 bis
19. Jan. 1902. 3 T. krank ohne Prodromen. Stat typh., Milzschwellung, Roseola,
DiarrhOe, 15. Dez. afebril, Wohlbef. 31. Dez. e. 1., 4. Jan. Kopfschmerz una einz. Er-
brechen, t L, 5. Jan. wieder Wohlbef., 7. Jan. e. 1. Klin. Diagnose: F. t
XIV. Arthur S. N., 30 Jahre alt. Bl. Hosp. 7. Nov. 1901 bis 5. Jan. 1902.
Em paar T. Prodromen, dann bettl. 7. T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis, Milzschwel-
lung, Roseola, Diarrhfte. 20. Nov. afebril, Wohlbef., 9. Dez. Abdomen stark aufge-
trieben die letzten 2 Tage, Wohlbef., 13. Dez. Wohlbef., Abdom. nat, 22. Dez. e. L
Klin. Diagnose: F. t. Kezidiv 1. gr.
XV. Karen O., 12 Jahre alt. Bl. Hosp. 10. Nov. 1901 bis 3. Jan. 1902. 3 bis
5 T. Prodromen, dann bettl. 7 T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis. Milzachwellung,
Roseola, Diarrhde. 21. Nov. Wohlbef., 23. Nov. afebnl, 1. Dez. Wonlbef., nichts Ob-
jektives, 6. Dez. afebril, 20. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t
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562
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVlii. He
, . T ■ ■■■ T t — i — -r — r r-nr—r i f , l ? I I ?
9 0172129
Fig. XIII.
^9 9 O (I a 8 M K
■■■■■■I
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9^14 0 2220 30 4£& 12 IB 20 » 26
Leicbtere and mittelechwere Falle mit Komplikat
3h X*k m » \ i :a * n 33 4s s* si a m
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^00 21 29 29 ^7 11 19 19 29 27 W
Or
UNIVERSf
Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 563
XVI. Niels, P. A., 42 Jahre alt. Bl. Hosp. 9. Nov. 1901 bis 2. Jan. 1902.
Nach einem Prodromalstat. v. 6 T. bettl. 8 T. v. Einbr. Stat. typh., zahlr. Roseola,
Meteorismus, typische Stiihle. Bei d. Einbr. zahlreiche Rochellaute in beiden Lungen,
reichl. mucopur. Expekt., 24. Nov. afebril, 26. Nov. Wohlbef., die stethosk. Phanomene
verschwinden, 16. Dez. e. 1. Klin. Diagnose: F. t. Bronchitis dupl.
XVII. Anders A., 25 Jahre alt. Bl. Hosp. 29. Nov. 1901 bis 26. Jan. 1902.
4 T. Prodromen, bettl. 10 T. v. Einbr. Stat. typh., Roseola, Meteorismus, Diarrhoe.
*% fa * c « » » a ^ i 9 li i7 2i Fig. XVII.
36*
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1
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I. Abt. Originale.
Bei Einbr. eine Anzahl von Follikuliten
an Bmst u. Riicken, 23. Dez. kleine
Furunkei an Nates u. Riicken, in den
folg. Tagen entwickelt eich an r. Nates
ein Abscefi, der am 27, Dez. perforiert,
29. Dez. afebril, Wohlbef., 11. Jan. die
Furunkulose gehoben, 11. Jan. e. L
Klin. Diagnose: F. t. Furunculosis
1. gr.
XV11I. Wiltje de Y., 38 Jahre
alt. Bl. Hosp. 10. Dez. 1901 bis 29. Jan.
1902. Gibt den Anfang der Krankheit
auf 3 Wochen v. Einbr. an. Stat. typh.,
Epistaxis, Roseola, Diarrhoe. Bei Einbr.
ernalt der Urin zahlr. kbrnige Cylinder
und Spuren von EiweiB. 14. Dez.
Pustel- und Furunkeleruption an Nates,
24. Dez. afebril, 28. Dez. Urin ohne
Cylinder, zeigt Spuren von Alb. und
B 'bt schwache Blutreaktion, 11. Jan.
rin normal, 15. Jan. e. 1. Klin. Dia-
F ose: F. t. Nephritis. Furunculosis
gr.
Fig. XVIII.
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566
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5,
XX. Jen sine A. B., 23 Jahxe alt. Bl. Hosp. 23. Nov. 1901 bis 16. Febr. 1902.
Krank 14 T. v. Einbr., aber nur ab und zu bettl. Stat. typh., Epistaxis, Milzschwei-
lung, Roseola, Diarrhoe. 6. Dez. afebril, vollst. Wohlbef., 11. Dez. Kopfschmerz und
Schm. ira Unterleib, Diarrhoe, 14. Dez. frische Erupt, v. Roseolen, 24. Dez. wieder
Wohlbef. und afebril, 19. Jan. e. 1.. 11. Jan. Rezidiv der Syrnpt., 18. Jan. Wohlbef.,
2. Febr. e. 1. Klin. Diagnose: F. t. Rezidiv I und II.
25 Ai 27 { /m 3 9 n 17 21 23 29 Vi 6 10 w 22 ^0 ^ 7 li
Fig. XX.
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JOrgensen, Schwanknngen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 567
XXL Henriette L., 24 Jahre alt Bl. Hosp. 4. Nov., starb 10. Nov. 1901.
Krank 8 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Diarrhde. Partns 4 Wochen v.
Einbr., e. L 10. Tag. Puerp. norm. Bei Einbr. sehr erschdpft Sektionsdiagnose:
Ulcera typh. intestmi ilei et coeci et colL Hyperaemia et hyperplasia lienis. Hvper-
4 &emia et hyperplasia part necrot glL mesent. Degenerat. parenchym. organor. Hypo-
stasis et oedema pulm.
Fig. XXI. Fig. XXII.
XXII. Katty H., 20 Jahre alt BL Hosp. 9. Nov., starb 14. Nov. 1901. BettL
7 T. v. Einbr. Stat typh., Epistaxis, Milzschwellung, Diarrhde. Sektionsdiagnose:
Ulcera typh. intest crassi et tenui. Hyperplasia gu. mesent. Hyperplasia et hyper¬
aemia lienis. Degen. parenchym. organorum.
Schwere Falle mit Komplikationen.
XXI II. Alfred H., 4 Jahre alt (Bruder des HI.). Bl. Hosp. 30. Nov. 1901 bis
0. Febr. 1902. Krankelte mehrere Tage (3—5), dann bettl. 6 T. v. Einbr. Stat typh.,
.zahlr. Roseola, typische Stiihle. 4. Dez. sehr erschOpft, unruhig, Lippen und Zunge
trocken, krustig, 8. Dez. Stiihle teerfarbig, 10. Dez. die letzten 2T. starkes Husten, in
beiden Lungen zahlr. mittelf. u. feine feuchte Rochellaute, keine deutliche Dampfung,
19. Dez. afebril, 22. Dez. erholt sich gut, stethosk. Phanomene verschw., 4. Jan. Wohlbef.,
23. Jan. e. L Klin. Diagnose: F. t Bronchitis dupL
XXIV. Ane Marie L., 25 Jahre alt Bl. Hosp. 18. Dez. 1901 bis 16. Marz 1902.
6 T. Prodromen, bettl. 3 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, Diarrhde.
26. Dez. sehr erschdpft und stumpf, Lippen una Zunge trocken, krustig und fissnriert,
Albuminurie (1 mm, Heller), 31. Dez. Abscefi am r. Femur (nach Injektion), 3. Jan.
afebril, 12. Jan. Wohlbef., 15. Jan. Kopfschmerz, nichts Objektives, 24. Jan. wieder
afebril, 12. Febr. e. L Klin. Diagnose: F. t Rezidiv, Albuminuria, Abscess, fern. d.
XXV. Signe D., 29 Jahre alt. K. G. S. 12. Nov. 1901 bis 4. Febr. 1902. Un-
wohl ca. 14 T. v. Einbr., aber nicht bettl. Stat typh., Milzschwellung, Roseola, Diar¬
rhde, 19. Nov. bef. sich wohl, 29. Nov. Kopfschmerz, wieder stumpf, 7. Dez. immer
noch erschdpft, Uebelkeit, Zunge trocken, krustig, 22. Dez. bef. sich wieder wohl, ist
afebril, 3. Jan. hostet in den letzten Tagen, klagt ub. Schm. in 1. Brustseite and hier
zwischen der PapUle und vordersten Axillarlinie scharfe Reibungslaute, keine Dam-
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JOrgensen, Schwankungen des Agglutinationsvermflgens des Blutes etc. 569
pfungen, 6. Jan. VVohlbef., Reibung verschwunden, e. L Klin. Diagnose: F. t. Pleu¬
ritic sicca sin.
XXVI. Dorothea P., 35 Jahre alt. Bl. Hosp. 18. Dez. 1901 bis 23. Marz 1902.
4—5 T. Prodromen, dann 4 T. v. Einbr. bettl. IStat. typh., Milzschwellung, Roseola,
Diarrhoe. 31. Dez. stark erschopft, abwechselnd stumpf und unruhig, phantasiert, in-
volontarer Abgang von Urin u. Faeces, Albuminurie, 19. Jan. Wohlbef., 1. Febr. Uebel-
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570
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
keit und Schm. im Unterleib, 3. Febr. wieder stumpf und unklar, 9. Febr. stark deli-
rierend, halluziniert, maniakalisch erregt, 14. Febr. wieder klar. Klin. Diagnose: F. t.
Rezidiv, Albuminuria, Mb. mental acut. in rec.
XXVII. Laurits L., 25 Jahre alt (verheiratet mit XXI.). B. Hosp. 4. Nov.
1901 bis 28. Jan. 1902. Prodromen 10 T„ bettl. 4 T. v. Einbr. Stat. typh., Milz-
schwellung, Roseola, Diarrhoe. 12. Nov. bestandig sehr stumpf, involontarer" Abgang v.
Urin u. Faeces, 16. Nov. sehr erschopft, Cyanose der Haut, Puls sehr klein, weich,
22. Nov. etwas besser, doch ab und zu unklar, 28. Nov. bef. sich nun ganz wohl, kleine
Abscesse an Nates und im Nacken werden incidiert, 13. Dez. Kopfschmerz u. Schm. in
1. Schulter u. Ellbogen, nichts Obj., 25. Dez. Wohlbef., 27. Dez. afebril, 14. Jan. e. 1.
Klin. Diagnose: F. t. Rezidiv, Rheumatismus artic. 1. gr.
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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins.
571
Nachdruck verboten.
Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins
[Aus dem chem. Laborat. des Instituts fflr experimentelle Medizin zu
St. Petersburg.]
Von N. Sieber.
Bei der Fortsetzung unserer Untersuchungen fiber Blutfibrine so-
wohl von normalen als auch gegen verschiedene Krankbeiten immuni-
sierten Tieren, speziell von Pferden, konnten wir uns bald fiberzeugen,
daB wir es in diesem Falle mit einem zusammengesetzten Komplex Oder
einer Sum me verschiedener, zum Teil fermentativer, zum Teil diesen
sehr nahestehender Funktionen zu tun haben.
Bei dieser Sachlage kann man sich natfirlich durchaus nicht mit
Bestimmtheit darfiber fiuBern, ob die verschiedenen Funktionen einem
oder mehreren, vielleicht sogar vielen vorhandenen Agentien zukommen.
In unserer Darlegung wollen wir aus dem Grunde nur die uns interes-
sierenden Funktionen und Eigenschaften nfiher betrachten, die Frage
aber, welcher Art von Substanzen diese oder jene Eigenschaften und
Funktionen angehfiren, vorlfiufig ganz unberfihrt lassen.
In der vorliegenden Verdffentlichung haben wir vor, eine Eeihe von
Beobachtungen wiederzugeben, welche speziell die Frage von den bak¬
terienfeindlichen Agentien des Fibrins betreffen; fiber die anderen
aktiven Substanzen des Fibrins wollen wir an anderer Stelle berichten.
Die Frage von den Mitteln, fiber welche der Organismus zum
Zwecke seines Selbstschutzes und der Bekfimpfung verschiedener schfid-
licher Einwirkungen, vor allem den Infektionen Oberhaupt, verffigt, ist
schon lfingst Gegenstand eines vielseitigen Studiums geworden. Es hat
sich wohl schon gegen wfirtig ein ziemlich reichhaltiges Material von
Beobachtungen, Tatsachen und Theorieen, welche uns in gewissem Mafie
die in dieses Gebiet gehfirigen Erscheinungen erklfiren, angesammelt.
Wir beabsichtigen jedoch keine genauere Betrachtung in Betreff der in
dieser Frage aufgestellten Theorieen und hierher gehfirigen Tatsachen,
welche bald die eine, bald die andere Art von Selbstschutz des tieri-
schen Organismus gegen Infektion bestfitigen, nfimlich einerseits den
Schutz durch Phagocytose, andererseits durch Vorgfinge, welche zur
Immunitfit ffihren, auch denjenigen durch gelfiste Agentien, welche von
verschiedenen Organzellen und in deren Umgebung, und zwar vor allem
durch die Intercellularrfiume und die in ihnen zirkulierenden Sfifte, die
sich schlieBlich in Blut und Lymphe ergieBen, ausgeschieden werden.
Es unterliegt keinem Zweifel, daB die dem tierischen Organismus
zu Gebote stehenden Schutzmittel nicht sehr einfache, sondern vielmehr
sehr verschiedenartige sind und daB sie auBerdem augenscheinlich alien
mfiglichen Zuffilligkeiten angepaBt sein sollen. Wenn nfimlich irgend
eine Substanz oder irgend ein Mittel aus irgend welchem Grunde nicht
im stande ist, die ihm eigene Funktion zu fiuBern, d. h. wenn sie in-
aktiv geworden sind, so treten wahrscheinlich anderweitige Prozesse an
ihre Stelle. Indem wir im Laufe der letzten Jahre uns mit Unter¬
suchungen fiber verschiedene Lfisungen oder wfisserigen Extrakte von
Fibrin verschiedenen Ursprungs beschfiftigten, stieBen wir einerseits auf
die Tatsache, dafi die Fibrinextrakte beim Stehen und Aufbewahren sich
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572
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
nicht zersetzt haben und nicht faulten, was nicht fflr jedes Extrakt,
sondern nur fflr unter Einhaltung gewisser Kautelen gewonnene zu-
trifft.
Da andererseits durch vorhergehende Untersuchungen festgestellt
worden ist, daB das Fibrin Substanzen enthalt, welche die Fflhigkeit
besitzen, auf Toxine zerstflrend einzuwirken, so drflngte sich in natflr-
licher Weise die Frage auf, wie sich dieselben Substanzen unraittelbar
gegenflber Mikroorganismen, welche die einen oder die anderen Toxine
aufweisen, verhalten.
Nachdem das Nichtverderben der LSsungen festgestellt worden war,
was auf bakterienfeindlicbe Eigenschaften der entsprecbenden Substanzen
hinwies, muBte man zu ermitteln suchen, inwieweit sie einen spezifischen
Cbarakter besitzen. In dieser Richtung vorgenommene Untersuchungen
brachten uns zu der Ueberzeugung, daB wir es im gegebenen Falle
(beim Fibrin) nicht nur mit spezifischen, ausschlieBlich auf die betreffende
Infektion einwirkenden Agentien, sondern auch mit Agentien, die eine
allgemeine sch&dliche Wirkung auf die Mikroben aus-
flben, zu tun haben. Es muB jedoch bemerkt werden, daB nicht alle
Mikroben in gleichem MaBe der sch&dlichen Einwirkung dieses Agens
unterstehen, daB die weniger standfesten leichter vernichtet werden, die
resistenteren aber schwerer. Die von den erw&hnten Substanzen auf
die Mikroben ausgeflbte sch&dliche Wirkung flufierte sich in zweifacher
Weise, nflmlich: 1) durch Verminderung der Virulenz der betreffenden
Mikroben, und 2) durch Sch&digung ihrer Vermehrungsf&higkeit. Zur
Ermittelung dieser beiden Wirkungen nahmen wir Untersuchungen so-
wohl in vitro als auch in vivo vor.
Unsere die quantitative Seite der im Fibrin enthaltenen bak-
terienfeindlichen Stoffe betreffenden Versuche haben ergeben, daB in
dieser Beziehung ziemlich bedeutende Schwankungen bestehen. Bak-
terienfeindliche Wirkung besitzt sowohl das Fibrin normaler als auch
dasjenige gegen verschiedene Krankheiten immunisierter Tiere. Die
Frage flber den quantitativen Gehalt an bakteriziden Substanzen kann *
nicht entschieden werden, solange es keine genaue Methode zur Aus-
scheidung dieser Substanzen gibt. Fflrs erste kann nur behauptet
werden, daB die einen Fibrinsorten mehr, die anderen weniger bakteri-
zide Stoffe enthalten. Gegen wflrtig beurteilen wir den quantitativen
Gehalt nach der Anzabl der Extrakte des zu wiederholten Malen mit
gleicher Menge Wassers dem Gewichte nach bearbeiteten Fibrins, in
denen noch bakterizide Stoffe enthalten sein kfinnen. Wir verfflgten
flber Fibrinsorten, welche nach 2maliger Extraktion erschflpft waren, und
fiber andere, welche 4—5 und noch mehrere Male mit Wasser be-
arbeitet wurden, wobei s&mtliche gewonnenen wasserigen Auszflge eine
bestimmte Menge bakterizider Stoffe enthielten. Es sind von uns auch
Fibrinsorten angetroffen worden, welche nach 2—3maliger Extraktion
mit Wasser diesem letzteren die in ihnen enthaltenen bakterienfeind-
lichen Substanzen nicht vollstSndig abgeben. Andererseits wurde aus
der Menge von Kubikcentimetern, welche nfltig waren, um eine be¬
stimmte Menge Kultur unschadlich zu machen, der Gehalt der bakterien-
feindlichen Stoffe in den Extrakten selbst beurteilt.
Obgleich wir die Frage, welcben Substanzen die dem Fibrin eigenen
Ffihigkeiten angehdren, nicht in Betracht ziehen wollen, so halten wir
es doch, um MiBverst&ndnissen vorzubeugen, fflr angebracht, zu flufiern.
daB wir es im Fibrin aller Wahrscheinlichkeit nach mit intracellul&ren
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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins.
573
Sabstanzen, die teilweise zu den Fermenten, teilweise aber zu den
diesen nahestehenden Sabstanzen gehdren, zu tun haben.
Fflr die Annabme, dafi die uns interessierenden Stoffe weder im
freien noch im gelflsten Zustande an das Fibrin fixiert sind, spricht eine
ganze Reihe von Beobachtungen, die sowohl von anderen Autoren als
auch von uns gemacht wurden und die erwfihnten Substanzen entweder
direkt Oder indirekt berflhren; hierflber soli Qbrigens noch weiter unten
die Rede sein.
Die Methode, deren wir uns Mrs erste bedient haben, urn die im
Fibrin enthaltenen bakterienfeindlichen Stoffe zu isolieren, besteht in den
Hauptzflgen in folgendem: Das aus Blutplasma oder direkt aus dem
Blute gewonnene Fibrin wird vor allem so lange durch die Presse ge-
drflckt, bis die letzten Spuren von Serum aus ihm entfernt sind. So-
dann wird es 3—5mal mit kleinen Wassermengen, und zwar so lange
gewaschen, bis das Wasser klar von ihm abl&uft; hierauf wird es
wiederum ausgeprefit, um die letzten Spuren von Wasser und auch Blut-
serum (sowie die diesem angehdrigen Substanzen) zu beseitigen. Das
ausgewaschene und ausgeprefite Fibrin wird sodann gewogen und mit
einer dem Gewichte nach gleichen Menge chloroformhaltigen Wassers
Qbergossen. Die Extraktion des Fibrins wurde jedesmal bei einer Tem-
peratur von 22—25° vorgenommen und nicht weniger als 5—10 Tage,
zuweilen aber auch langer, fortgesetzt, wobei die das Fibrin ent-
haltenden und mit Glasstopfen versehenen Flaschen von Zeit zu Zeit
(2—3mal am Tage) geschflttelt wurden. Spfiter verwandten wir zu
diesem Zwecke einen speziellen Schtittelapparat. Die bei wiederholter
Bearbeitung gewonnenen Fraktionen wasseriger Extrakte wurden nicht,
wie das frflher geschehen ist, zusammengegossen, sondern wurden jede
fflr sich untersucht, um auf diese Weise die Frage der in Lflsung flber-
gehenden Substanzen beurteilen zu kflnnen. Hierbei mull bemerkt
werden, dafi die im Fibrin enthaltenen bakterienfeindlichen Stoffe sich
nicht leicht in Wasser lflsen, dafi zuweilen ziemlich viel Zeit erforder-
lich ist, damit sie im Wasser sich aufldsen; deshalb mull zur Extraktion
stets Wasser verwandt werden, welches irgend eine desinfizierende Sub*
stanz enthfilt, die sodann nfltigenfalls leicht entfernt werden kann. Zu
diesem Zwecke verwandten wir meist Chloroform-Thymol. Die Gegen-
wart von antiseptischen Substanzen ist namentlich in den ersten Ex-
traktionsperioden erforderlich, um die Lflsungen vor Zersetzung zu
schfltzen, denn um diese Zeit sind die bakterienfeindlichen Stoffe ent¬
weder gar nicht in ihnen enthalten oder in ungenflgender Menge, welche
die Entwickelung der Mikroben nicht zu hemmen im stande ist.
Die Versuche, welche bezweckten, die Frage zu losen von dem
Vorhandensein der bakterienfeindlichen Stoffe im Fibrin selbst oder in
den in ihm vorhandenen morphologischen Elementen resp. speziell in
den Substanzen, welche unter Einwirkung eines mehr oder minder lang-
dauernden Kontaktes des Fibrins mit Wasser in Lflsung flbergehen,
wurden, wie oben bereits erwfihnt, teilweise in vivo an Tieren, teilweise
aber in vitro vorgenommen. Die Versuchsanordnung war die in solchen
Fallen flbliche.
In einer ganzen Reihe von Versuchen, welche an verschiedenen
Tieren (Mausen, Kaninchen und Meerschweinchen) angestellt wurden,
erwies sich, dafi im Blutfibrin, welches sowohl von normalen wie auch
von gegen verschiedene Krankheiten immunisierten Tieren gewonnen
war, Stoffe enthalten sind, die im letzten Falle nicht nur eine spezifische,
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574
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
sondern auch eine allgeraeine sch&dliche Wirkung auf verschiedenartige
Mikroben auszuuben im stande sind. Es wurden in der Richtnng
sowohl weniger standfeste als auch resistentere Mikroben untersucht.
Zur ersten Gruppe gehSrten Kulturen des Choleravibrio, des
Typhus- und des Diphtheriebacillus, sodann Streptokokken
verschiedenen Ursprungs, schlieBlich Staphylokokken, Kulturen des
Bacillus Friedl&nder, des Vibrio Me tschnikowii, des B.
pyocyaneus, Milzbrandbacillen mit Sporen, Osteomyelitis- und Tu-
berkelbacillen.
Zu den Versuchen dienten, mit Ausnahme der Tuberkelkulturen,
meistens 24- Oder 48-stQndige Kulturen. Das Verh<nis zwischen Kul¬
turen und auf bakterienfeindliche F&higkeit zu untersuchender Losung
Oder wfisserigen Fibrinextrakten verhielt sich wie 1:1, 1:2 und 1 :4.
Die Menge der der Einwirkung von verschiedenen LSsungen oder Emul-
sionen ausgesetzten Kulturen entsprach in alien Fallen der mehrfachen
tSdlichen Dosis der verschiedenen Mikroben (fiir das betreffende Tier
berechnet). Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daB wir die
mit verschiedenen w&sserigen Ausziigen vermengten Kulturen den Tieren
entweder sofort einverleibt haben oder erst, nachdem die Gemenge
mehrere Stunden, bis 24 und mehr, bei Zimmertemperatur (bei 16—18°)
oder bei Brfltschranktemperatur (37,5—38°) gestanden hatten. Alle
hierher gehorigen Versuche flberzeugten uns, daB die wenig resistenten
Mikroben in kurzer Zeit rasch unsch&dlich gemacht werden durch die
aus Fibrin erhaltenen Losungen, wBhrend fiir die resistenteren eine be-
deutend lSngere Einwirkungsdauer der bakterienfeindlichen Stoffe des
Fibrins auf dieselben erforderlich ist. Parallel angestellte Versuche, in
denen einerseits Tiere infiziert wurden, andererseits aber in vitro die
Kulturen auf sterile Nihrbtfden tibergeimpft wurden, ergaben, daB so
hochresistente Mikroben, wie sporenhaltige Milzbrandbacillen,
Vibrio Metschnikowii, Friedl&nder-Pneumoniebacillen,
Bac. pyocyan. und Osteomyelitis ein l&ngeres Einwirkungsstadium
brauchen, um in ihrer Vermehrungsf&higkeit beeintr&chtigt zu werden.
Gemenge von sporenhaltigen Milzbrandbacillen mit w&sserigen Extrakten
verschiedener Fibrinsorten, welche 24 und mehr Stunden im Brflt-
schranke gestanden hatten, ergaben wohl bei Impfung auf N&hrmedien
reichliches Wachstum, enthielten also noch lebensfahige Bacillen oder
Sporen, toteten aber bei Injektion der Tiere die letzteren nicht. Als
hOchst resistent gegen die uns interessierenden Stoffe erwies sich weiter-
hin das Osteomyelitis-Stabchen sowie FriedlSnder-Bacillus,
B. pyocyaneus und Vibrio Metschnikowii: Der Einwirkung
wSsseriger Extrakte verschiedener Fibrinsorten ausgesetzt, bleiben sie
lebens- und fortpflanzungsf&hig; nach protrahierter (bis zu mehreren
Tagen dauernder) Einwirkung von Fibrinextrakten auf die Kulturen,
welche Tieren einverleibt wurden, erwiesen sie sich aber als avirulent.
Die im allgemeinen resistentesten Arten bflfien erst nach langdauernder
Einwirkung der bakterienfeindlichen Stoffe ihre Virulenz ein. Die Kulturen
der resistenten Mikroben tsteten, nachdem sie w&hrend 24 Stunden oder
linger unter der Einwirkung der im Fibrin enthaltenen bakterienfeind¬
lichen Stoffe sich befunden haben, die Tiere entweder gar nicht oder
aber bedeutend sp&ter als die entsprechenden normalen Kulturen in
Kontrollversuchen. Andererseits bttBt eine ganze Reihe von Mikroben,
zu denen der Vibrio cholerae asiat., der Bac. typhi abdomin.,
diphtheriae, Streptokokken verschiedenen Ursprungs so-
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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins.
575
wie der zu den resistenten Arten zfihlenden Staphylococcus aureus
gehdren, unter Einwirkung der sowohl aus normalem Fibrin als
aus Fibrin von gegen verschiedene Erankheiten immuni-
sierten Tieren gewonnenen bakterienfeindlichen Sub-
stanzen nicht nur ihre Virulenz ein, sondern geht hier-
bei auch sehr rasch zu Grunde. Weiter konnte aufierdem fest-
gestellt werden, daft die gleichen Stoffe des Fibrins auch auf Mischkulturen
ebenfalls entsprechend schfidlich einwirken. So verliert z. B. eine Misch-
kultur des Diphtheriebacillus und des Staphylococcus aureus
nach Einwirkung der bakterienfeindlichen Stoffe des Fibrins nicht nur
ihre Virulenz und flberhaupt die fttr die Tiere sch&digende Wirkung,
sondern auch die Fahigkeit, neue Generationen zu liefern. Schliefilich
konnte noch konstatiert werden, daft auch s&urefeste Bakterien, zu denen
die Tuberkelbacillen gehOren, in dem Falle, wenn die im Ver-
laufe mehrerer Stunden mit den im Fibrin enthaltenen Agentien in Be-
rtihrung kommen, ihre Virulenz einbfifien. Lafit man ein Gemisch
von Tuberkelbacillenkultur und wasserigem Fibrinextrakt 20—24 Stunden
im BrQtschranke stehen, und injiziert man dasselbe sodann Tieren intra-
peritoneal, so kann man hiernach bei diesen im Verlaufe von 2—3 Mo-
naten Beobachtungszeit durchaus keine Abnormitaten in ihrer Gesund-
heit beobachten. Wird jedoch eine Tuberkelbacillenkultur sofort nach
Vermengung mit dem wasserigen Fibrinextrakt an Tiere verimpft, so
gehen dieselben wohl zu Grunde, jedoch viel spater als die entsprechen-
den Kontrolltiere.
Die Ergebnisse der Versuche, von denen hier die Rede ist, sind
aus den Tabellen zu ersehen, in welchen einige von unseren Versuchen
wiedergegeben sind.
Aus alien unseren Versuchen und auch aus denen, welche in die
Tabelle aufgenommen worden sind, geht hervor, dafi die in Fibrin Oder
in den mit vorhandenen morphotischen Elementen enthaltenen bakterien¬
feindlichen Stoffe nicht nur die Virulenz von verschiedenen pathogenen
Mikroben beeintrachtigen und deren pathogene Wirkung paralysieren,
sondern auch die Lebensfahigkeit einiger von ihnen beeinflussen. Weiter
stellte sich heraus, dafi ftir diese bakterienfeindlichen Stoffe zur Aeufierung
der Wirkung ein gewisser Zeitraum erforderlich ist. Gemische dieser
Stoffe mit Bakterien, namentlich mit resistenteren, kdnnen, wenn sie
Tieren sofort nach ihrer Zubereitung injiziert werden, wohl zum Tode
derselben ftihren, obgleich bedeutend spater als bei Kontrolltieren.
Bleiben dieselben Gemische bei Zimmertemperatur Oder im Thermo-
staten 24 und mehr Stunden stehen und werden sie erst dann den
Tieren injiziert, so ertragen dieselben die Injektionen ohne irgendwelche
Krankheitserschein ungen.
Obgleich wir nicht beabsichtigen, hier die Frage von der chemischen
Seite resp. von der Zusammensetzung der wasserigen Extrakte des
Fibrins zu bertlhren, so glauben wir doch erwahnen zu mfissen, dafi
die Reaktion der verschiedenen Fibrinextrakte in den meisten Fallen
eine neutrale, nur selten eine schwach alkaliscbe war. Das spezifische
Gewicht der Auszflge schwankt zwischen 1005 und 1025, der Stickstoff-
gehalt zwischen 0,5 und 1,2 Proz.
Filtriert man die wasserigen AuszQge durch Chamberland-
Pasteur-Kerzen F, so behalten die Filtrate die bakterienfeindlichen
Eigenschaften jedoch nur zum Toil, d. h. in abgeschwfichter Form.
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Ta belle I.
Wirkung w&sseriger Ausziige des normalea Fibrins auf verschiedene Mikroorganismen.
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578 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5.
TabeUe III.
Wirkung dee wasserigen Auszuges von nonnalem Pferdefibrin auf
Tuberkelbacillen.
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Menge d. Kultur
in
ccm
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c
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+
0,5
1.0
2X24
+
32
333
—
+
Tabelle IV.
Wirkung wasseriger Ausziige des Fibrins von gegen verschiedene
Krankheiten immunisierten Pferden auf Tuberkelbacillen.
Tiergattung
Menge d. Kultur
in
ccm
Menge des Fib.-
Auszuges in
ccm
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Bei Zimmer-
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Beobachtungs-
zeit nach der
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in Gramm
Art der Einver-
leibung
Gewichts-
zunahme d. Tiere
in Gramm
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B
JB
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Tod
0,2
0,2
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335
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0,5
17
+
80
312
175
+
0,3
0,3
15
—
+
50
280
+
0,3
0,6
18
+
(50
320
160
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0,4
0,4
15
+
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130
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0,5
0,5
24
+
50
359
128
+
a
0,5
1,0
48
4
62
372
2
148
+
£
0,5
1,5
48
—
4-
80 .
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+
o
0,5
2,0
24
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95
345
140
+
s
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0,5
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48
+
70
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170
+
<v
0,5
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24
4-
90
360
Q
4
0,5
6,0
24
+
75
390
200
+
1,0
1,0
48
+
80
345
115
+
1,0
2,0
48
+
90
348
168
+
2,0
2,0
48
+
98
370
150
+
2,0
4,0
35
60
365
93
i +
Die 5 dazu gehorenden, rait Tuberkelkultur geimpfteu Kontrolltiere sind alle nach
vorheriger starker Abmagerung mit entsprechenden typischen, pathologisch-anatomischen
Verandcrungen zwischen 4. und 6. Woche gestorben.
Aus den fruheren Untersuchungen wuBten wir, daB das Durchleiten
die C0 2 -Bildung des Niederschlages hervorruft, jedoch nur in dem Falle,
wenn die Konzentration der Losung eine nicht zu hohe war, im ent-
gegengesetzten Falle muB man die Losung mehr oder weniger mit
Wasser verdiinnen, um Niederschlagsbildung zu erzielen; entsprechende
Untersuchungen wiesen zudem nach, daB sowohl der nach C0 2 -Ein-
wirkung sich bildende Niederschlag als auch die von demselben ab-
filtrierte Losung bakterienfeindliche FShigkeit besitzt Es muB jedoch
bemerkt werden, daB in einigen Fallen das Filtrat aktiver war als der
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Sieber, Ueber die baktorienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins.
579
Niederschlag; jedenfalls aber wiesen die nach CO*-Einwirkuug sich
bildenden Niederschlage stets bakteriensch&dliche Eigenschaften auf,
welche zudem lange Zeit ohne merklicbe VerSnderung und Abschw&chung
aufbewahrt sein kdnnen.
Wir konnten uns zu wiederholten Malen Qberzeugen, dafi bei nach-
einanderfolgender Bearbeitung des Fibrins mit Wasser letzteres mit
jedem Male immer grdfiere Quantit&ten der in Fibrin enthaltenen bak-
teriziden Stoffe auflOst Durch Versuche konnte nachgewiesen werden,
dafi 2-tagige Fibrinauszflge schw&cher wirken als 5- und lO-t&gige. Weiter
ergab sich aus den entsprechenden Versuchen, dafi die ersten Extrakte
weniger bakterizide Stoffe entbalten als die darauffolgenden.
Zum Beweise hierfttr wollen wir einen Versuch mit dem Sta¬
phylococcus flavus und 5 successiven w&sserigen Ex-
trakten des Fibrins von Pferden, welche gegen Diph-
therie immunisiert worden waren, wiedergeben. 5 am
8. September 1904 angefertigte Gemische, von denen ein jedes aus einem
der 5 w&sserigen Extrakte und dem gleichen Volumen einer Kultur des
Staphylococcus aureus bestand, blieben vor der Injektion 48 Stun-
den lang im Brfltschrank stehen. Von jedem dieser Gemische wurden
je 5 ccm 2 Kaninchen intraperitoneal eiuverleibt, also einem jeden Tiere
2,5 ccm der 24-stiindigen Kultur, von der die todliche Dose = 0,1 bis
0,2 ccm war, injiziert. Zu dem Versuche wurden im ganzen 12 Tiere
verwandt; von diesen dienten 2 zur Kontrolle; ihnen wurden je 0,1 ccm
der Kultur (Staphylococcus aureus) injiziert und beide gingen im
Laufe von 2 Tagen ein. Die 2 Kaninchen, denen 5 ccm eines Gemisches
des ersten w&sserigen Auszuges und des Staphylococcus aureus
injiziert worden waren, begannen nach der Infektion rasch an Gewicht
abzunehmen; das eine von ihnen ging nach 2 Wochen, das andere
zwischen der 2. und 3. Woche ein. Die beiden Kaninchen, welchen ein
Gemisch des Staphylococcus mit dem zweiten w&sserigen Fibrin-
extrakte einverleibt worden war, verloren im Laufe der ersten Tage auch
etwas an Gewicht, dann aber erholten sie sich, nahmen von der 2. Woche
an an Gewicht zu und leben bis jetzt. Die Kaniuinchen, denen je 5 ccm
eines Gemisches desselben Staphylococcus, sowie des dritten und
vierten w&sserigen Auszuges intraperitoneal einverleibt worden waren,
blieben vollauf gesund und nahmen normalerweise an Gewicht zu. Die
2 mit einem Gemische des fflnften Extraktes und des Staphylococcus
infizierten Kaninchen gingen zu Grunde, und zwar das eine nach
3 Wochen, das andere im Laufe der 4. Woche.
Zu ganz ahnlichen Ergebnissen fQhrten die Versuche mit Geraischen
verschiedener Fibrinsorten aus anderen Extrakten und sowohl dem Sta¬
phylococcus aureus als auch sonstigen Mikrobenarten, wie z. B.
dem Streptococcus, Vibrio cholerae asiat, dem Diphtherie-
bacillus u. a. m. Interessant und lehrreich sind die Versuche mit
Diphtheriekulturen und Extrakten, welche durch successive Bearbeitung
des Fibrins von gegen Diphtherie immunisierten Pferden gewonnen
worden waren, denn aus diesen Versuchen ging hervor, dafi die uns
interessierenden bakterienfeindlichen Stoffe des Fibrins mit den im Blut-
serum immunisierter Tiere enthaltenen spezifischen Antitoxinen nicht
identisch zu sein scheinen. Die bakterienfeindlichen Stoffe des Fibrins
sind vor allem nicht spezifisch, denn sie kOnnen die Virulenz der ver-
schiedensten Mikroben abschw&chen; sie scheinen die Immunit&t gegen
verschiedene und speziell gegen Diphtherieerkrankung nicht zu erhShen.
37*
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580
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXV111. Heft 5.
Nutt all 1 ) hat im Laboratorium von Flfigge durch Versuche
nachgewiesen, daft verschiedene Flfissigkeiten des tierischen Organismus,
wie z. B. defibriniertes Blut, Pleuraexsudat, Humor aquaeus uud andere,
die F&higkeit besitzen, auf Mikroben schfidlich einzuwirken. Seine
Untersuchungen stellte er an dem Milzbrand- und Heubacillus, sowie
am Staphylococcus aureus an.
Noch vor Nutt all konnte Grohmann 2 3 ) im Laboratorium von
Alex. Schmidt, indem er die Einwirkung von Mikroben auf die
Koagulation von abgekuhltem Blutplasma untersuchte, konstatieren, dafi
auch eine umgekehrte Wirkung stattfindet, d. h. dafi der Prozefi der
Koagulation vom Blute resp. Plasma seinerseits auf die Bakterien
schwfichend einwirkt, d. h. dafi er das Bakterienwachstum hemmt
Eine ganze Reihe von Forschern, wie z. B. Han kin 8 ), Fodor 4 ),
Niessen und Behring 5 ), Wissokowitsch 6 7 ), Denys 1 ), vor allem
H. Buchner 8 ) mit seinen Schulern (M. Hahn u. a.), nahmen sodann
eine allseitige Untersuchung der bakteriziden Eigenschaften des Blut-
serums vor. Buchner benannte, wie bekannt, die im Serum enthaltenen
bakteriziden Stoffe Alexin e (dA 41-etv — abwehren).
Die Untersuchungen von Niessen und Behring ergaben, dafi
verschiedene Tiere verschiedene spezifische Stoffe, welche auf ver¬
schiedene Mikrobenarten einwirken, aufweisen. Es konnte auch festge-
stellt werden, dafi die bakterizide Wirkung zum Teil mit der Leukocytose
und Phagocytose Hand in Hand geht.
Der Wettstreit zwischen den Forschern, welche in Betreff der Frage
von den Mitteln, deren sich der tierische Organismus zu seinem Selbst-
schutze bedient, verschiedene Standpunkte vertreten, ist noch nicht ab-
geschlossen. Die Differenzen in den Anschauungen der verschiedenen
Forscher sind gegenw&rtig nur unwesentliche. Die Phagocytentheorie
Metschnikoffs und seiner Schule, welche fast alle Erscheinungen
des sich zwischen Organismus und Infektionsstoff abspielenden Kampfes
umfafit, wird von alien anerkannt Buchner, Hahn, Pfeiffer und
viele andere sprechen der Phagocytose wohl ihre Bedeutung nicht ab,
meinen jedoch, dafi der gegen die Mikroben gefQhrte Kampf unter ge-
wissen Bedingungen auch auf Kosten der im Blute und im Blutserum
enthaltenen loslichen Stoffe stattfinden kann. Die Frage von der Ab-
stammung der lfislichen Stoffe, sowie auch die Frage, ob die in ver¬
schiedenen Fallen gewonnenen Stoffe gleichartig resp. identisch sind,
harren noch ihrer Entscheidung. Zahlreiche Forscher nehmen an, dafi
die Alexine den Leukocyten, und zwar bestimmten Arten derselben,
ihre Entstehung verdanken; bekanntlich gelten die Mikrophagen oder
polynuklefiren Leukocyten resp. Myeloblasten als Vorkampfer gegen die
Mikroben. Han kin (1. c.) kommt bei seinen Untersuchungen fiber die
Entstehung und den Gehalt der Alexine im Organismus zu dem Schlusse,
dafi die Alexine den eosinophilen Kdrnelungen, welche unter Einwirkung
verschiedener Insulte von den sie enthaltenden zelligen Elementen aus-
1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. VI.
2) Diss. Dorpat, 1884.
3) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XII. p. 777 u. 809.
4) Deutsche med. Wochenschr. 1877. No. 39.
5) Zeitschr. f. Hyg. Bd. VIII. p. 412.
6) Zeitschr. f. Hyg. Bd. X.
7) Archiv f. Hyg. 1890. Heft 1—2.
8) Centralbl. f. Bakt. etc. 1889. No. 21, 25, 26.
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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins.
581
geschieden werden, ihre Entstehung verdanken. Andere Forscher je-
doch, wie z. B. M ox ter 1 ), Schattenfroh 2 3 ), Gruber 8 ) u. a., nehmen
an, daft die im Blutserum entbaltenen Alexine sich von den bakteriziden
Stoffen der Leukocyten unterscheiden. Die Frage, ob die entsprechenden
zelligen Elemente in lebendem Zustande, d. h. unter Einwirkung ver-
scbiedener Insulte, befahigt sind, bakterizide Stoffe auszuscbeiden, steht
noch offen. Einige Forscher vertreten den Standpunkt, daB nur nach
Absterben der Leukocyten die in ihnen enthaltenen Agentien in Ldsung
ttbergehen.
Eine Reihe von den Chemotropismus betreffenden Beobachtungen
lftBt jedocb voraussetzen, daB verscbiedene pbysikaliscbe und chemische
Reize VerBnderungen des Volumens, sowie auch des Bestandes der
Zellen bedingen kbnnen. Durch Anwendung physikalisch-chemischer
Methoden konnte nachgewiesen werden, daB die AeuBerung der vitalen
Zellenfunktionen verscbiedenen physikalisch-chemischen Gesetzen, wie
z. B. den Gesetzen des osmotischen Druckes, der Dissociation und Kon-
zentration der Lbsungen u. s. w., sich unterstellen. Die in dieser Rich-
tung von Hamburger 4 ), Limbek 5 ), Giirber 6 ) u. a. vorgenommenen
Untersucbungen weisen darauf hin, daB unter Einwirkung des os¬
motischen Druckes und der Temperatur nicht nur das Volumen der
roten und weiBen Blutzellen, sondern auch ibr chemischer Bestand und
derjenige der sie umgebenden FlQssigkeit variiert.
Den Gaswechsel betreffende Untersucbungen beweisen, daB unter
COg-Einwirkung nicht nur der respiratoriscbe Gaswechsel stattfindet,
sondern daB sich hierbei sowohl die Zellen selbst als auch das sie um-
gebende Blutserum chemisch verBndern. Hierbei findet z. B. eine Ver-
anderung in der Verteilung der festen Bestandteile zwischen zelligen
Elementen und Flllssigkeit statt.
Das Volumen der roten und weifien BlutkOrperchen nimmt auf
Kosten des durch ihre Membran diffundierenden Wassers zu, infolge-
dessen quellen sie auf und ihr chemischer Bestand verandert sich hierbei.
Beides kann sowohl durch Bestimmung des spezifischen Gewichtes als
auch durch chemische Untersuchung des Bestandes an verschiedenen
Elementen vor und nach COj-Einwirkung mit Leichtigkeit nachgewiesen
werden.
Bei Untersuchungen, welche den Gehalt an organischen Stoffen,
Fett, Zucker u. a. m., sowie an anorganischen Bestandteilen, wie Chlor
und derart mehr, betreffen und welche sowohl vor als auch nach Ein¬
wirkung der Kohlensaure auf Exsudate, eventuell Blut vorgenommen
wurden, konnten die erwahnten Autoren z. B. feststellen, daB der Pro-
zent-Chlorgehalt im Serum bis auf 8,6 Proz. abnimmt, des festen Rflck-
standes von 0,746 Proz. auf 100 ccm resp. der Fett- und Zuckergehalt
speziell dagegen zunimmt In diesen Untersuchungen sind besonders
die Beobachtungen hervorzuheben, welche die Mbglichkeit beweisen, die
erwahnten Prozesse in entgegengesetzter Richtung ablaufen zu lassen,
d. h. daB sie reversibel sind. Entfernt man die C0 2 durch Luftstrom,
so kehrt die chemische Zusammensetzung, d. h. die Verteilung der
1) Deutsche med. Wochenschr. 1899. p. (587.
2) Ibid.
3) Munch, med. Wochenschr. 1901.
4) Zeitschr. f. Biologic. 1897. p. 252.
5) Zeitschr. f. exper. Pathol, u. Pharmakol. 1894. p. 309.
6) Sitzungsber. d. med.-physik. Gres, zu Wurzburg. 1895.
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582
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Original®. Bd. XXXVIII. Heft 5.
einzelnen Bestandteile zwischen zelligen Elementen und Flflssigkeit, zur
Norm zurtick. Vermindert sich nach Austritt des Wassers das Volumen
der zelligen Elemente, so fS.llt einerseits das spezifische Gewicht der
Flflssigkeit trotzdem mit dem des Wassers zusammen, da infolge Aende-
rung des osmotischen Druckes und der Dissociationsverh<nisse so-
wohl zusammengesetzte als auch einfache, positive, sowie negative Ionen
aus den Zellen in die umgebende Flflssigkeit austreten. Hamburger
wies nach, daB bei CO,-Einwirkung die Alkaleszenz des zellige Ele¬
mente enthaltenden Exsudates, was auch von Zuntz 1 2 ) noch im Jahre
1867 ebenfalls beobachtet war, sowie dessen bakterizide Kraft ansteigt.
Die ErhShung der Alkaleszenz der Flflssigkeit wird durch die Bildung
kohlensaurer Alkalien infolge Zersetzung des schwer diffundierenden
alkalischen Albuminates, welches zum grbfiten Teile in den Erythrocyten,
zum geringeren Teile im Serum selbst enthalten ist, nach der Meinung
der erwfllmten Autoren bedingt.
Eine andere Ursache der Alkaleszenzerhflhung des Exsudates unter
Einwirkung von Kohlens&ure liegt in der Eindickung des Serums in¬
folge von Quellung der roten resp. der weifien Blutzellen, als deren
Folge die erhdhte Konzentration der leicht diffundierenden phosphor-
und kohlensauren Salze resultiert. Die Frage jedoch, ob die Erhdhung
der bakteriziden Kraft des Exsudates nach CO,-Einwirkung ausschlieB-
lich von dem Anwachsen seiner Alkaleszenz abh&ngt oder ob in diesem
Falle auch Erscheinungen anderer Art eine Rolle spielen, bleibt noch
zu erflrtern.
Es unterliegt keinem Zweifel, daB die Beobachtungen, von denen
eben die Rede war und welche auf Anwendung exakter Untersuchungs-
methoden beruhen, uns gestatten, in das Wesen der intracellul&ren Pro-
zesse tiefer hineinzublicken, und die Gesetze, nach denen sie sich richten,
genauer kennen zu lernen. Schon aus dem Wenigen, was wir in betreff
der Abh&ngigkeit der vitalen Prozesse von physikalisch-chemischen Ge-
setzen und im speziellen von dem Gesetze des osmotischen Druckes
wissen, mflssen wir schlieBen, daB der zellige Inbalt Verfinderungen er-
fahren kann, wobei verschiedene anorganische und organische Stoffe in
die umgebende Flflssigkeit ausgeschieden werden. Unserer Meinung
nach ist der Streit, ob der zellige Inhalt zu Lebzeiten der Zelle aus
ihr in die sie umspfllende Flflssigkeit resp. Serum ausgeschieden werden
kann oder ob hierzu der Zerfall der Zelle notwendig ist, gegenw&rtig
infolge der kurz vorher angefflhrten Beobachtungen durchaus nicht be-
grflndet. — Andererseits muB hervorgehoben werden, was wir vorher
erwflhnt haben, daB einige Autoren den Standpunkt vertreten, daB die
in Leukocyten und im Serum enthaltenen bakteriziden Stoffe nicht iden-
tisch sind. Die Unterschiede zwischen beiden bestehen nach Schatten-
froh*) in folgendem:
1) Die bakteriziden Stoffe der Leukocyten sind gegen hohe Tem-
peraturen resistenter als die Alexine, welche bekanntlich schon bei
55—60° zerstort werden (fflr erstere tritt dieses erst bei 80—85° ein).
2) Beide Stoffe verhalten sich Salzen gegen fiber verschieden. Der
Umstand, ob Salze zugegen sind oder nicht, ist fflr die AeuBerung der
1) Inaug.-Diss. Bonn, 1867.
2) 1. c.
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Sieber, Ueber die bakterienfeindlichen Stoffe des Blutfibrins.
583
den Leukocyten zukommenden bakterizideo Eigenscbaften nicht von Be-
lang, was von den Alexinen nicbt behauptet werden kann.
3) Die Alexine wirken sowohl bakterizid als auch globulizid, d. h. sie
wirken nicht nur auf Bakterien, sondern anch auf Erythrocyten ein. Die
bakteriziden Stoffe der Leukocyten besitzen nicbt die Ffihigkeit, rote
BlutkOrperchen zu beinflussen.
Weitere diesbezflgliche Untersuchungen miissen entscheiden, wie
weit die erw&hnten Differenzen zwiscben den bakteriziden Stoffen des
Sernms und den polynuklearen Leukocyten konstante sind und ob sie
nicht von irgendwelchen nebensfichlichen Ursachen und Bedingungen
abh&ngen. Fiirs erste konnte noch nicht nachgewiesen werden, daB die
bakteriziden Stoffe des Fibrins in den drei oben aufgez&hlten Punkten
sich gleicb denjenigen der Leukocyten verhalten. Das weitere Studium
der Frage muB ergeben, ob wir es hier mit der Wirkung eines Agens
Oder mit einer Kombination mehrerer Agentien zu tun haben, fihnlich
wie das fQr die Erscheinungen der Immunitat zu konstatieren ist, in
denen bekanntlich die Wechselwirkung oder kombinierte Wirkung zweier
Agentien, des therraostabilen Antikorpers resp. Immun- oder Zwischen-
kOrpers (auch Phylocytase genannt) und des thermolabilen Komplements
oder Alexins, erforderlich ist.
Es interessierte uns, zu entscheiden, ob im Fibrin beide Agentien
enthalten sind, und gleichfalls auch, ob die bakteriziden Stoffe bef&higt
sind, Endotoxine zu paralysieren oder sie in einen untatigen Zustand
zu versetzen. Beide Serien der diesbezflglichen Versuche sind noch
nicht abgeschlossen, so dafi wir in vorliegender VerOffentlichung von
der Besprechung dieser Fragen, sowie von einer Besprechung der von
anderen Autoren auf diesem Gebiete gemachten Beobachtungen auch
absehen.
Schon zu Anfang vorliegender VerOffentlichung haben wir erwfihnt,
dafi wir bei dem gegenwfirtigen Stande unseres Wissens uns nicht be-
stimmt fiufiern kdnnen, welchem im Fibrin enthaltenen Elemente die
uns beschfiftigende bakterienschadigende Fahigkeit angehdrt. Von zahl-
reichen uns zu Gebote stehenden Tatsachen, welche von vielen For-
schern und auch von uns festgestellt worden sind, ausgehend, glauben
wir mit Vorbehalt sagen zu kdnnen, dafi diese Stoffe zu den intra-
cellulfiren Bestandteilen gehoren, welche unter gewissen Bedingungen,
d. h. unter dem Einflufi physikalisch - chemischer sowie biologischer
Agentien, in Ldsung flbergehen und, wenn sie aus der L5sung aus-
geschieden werden, eine Zeitlang, ohne ihre Wirkungskraft zu ver-
lieren, existieren kdnnen. Wir kdnnen uns jedoch nicht bestimmt aus-
sprechen, welcher ldslichen Substanz diese bakterienfeindliche Wirkung
angehdrt. Wir wissen, dafi der w&sserige Fibrinauszug verschiedenartige
Agentien und Stoffe enthfilt. Vor allem besitzen diese Auszuge Fer¬
ment wirkungen. Es konnen mittels verschiedener Reaktionen der Gegen-
wart oxydierende und reduzierende Agentien und Stoffe, sowie solche,
die katalytische und andere Wirkungen besitzen, nachgewiesen werden.
Ob diese Wirkung irgend einem der eben erwfihnten Agentien resp.
Stoffe zukommt oder ob es sich hier um Substanzen handelt, welche
neben dem bakterienfeindlichen Stoffe anwesend sind — alles dies sind
Fragen, welche erst durch weitere Forschungen geldst werden mflssen.
Wir sind gegenwfirtig beschaftigt, Mittel zu suchen, um die bakterien¬
feindlichen Stoffe von den neben ihnen enthaltenen Substanzen zu iso-
lieren, um ihre Natur und chemische Zusammensetzung feststellen zu
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584 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
konnen. Deshalb sehen wir in der vorliegenden Verdffentlichung von
einer AnfQhrung unserer diesbezfiglichen chemischen Untersuchungen
ab und behalten uns dieselbe fflr spfiter vor. Ebenso wollen wir bier
auch die praktische Frage, ob die im tierischen Organism us enthaltenen
Substanzen nicht zu Heilzwecken verwandt werden kfinnen, nicht be-
rflhren.
Nachdruck verboten.
Ueber die aktive Immunisiemng des Menschen gegen
Cholera vermittelst autolytischer Produkte des cholera-
genen Vibrio und iiber das Wesen dieser autolytischen
Produkte.
[Hygienisches Institut der kgl. Universitfit Turin (Direktor:
Prof. Dr. L. Pagliani).]
Von Privatdozent Dr. E. Bertarelli, Assistenten.
Wie allgemein bekannt, haben Neisser und Shiga 1 ) im Jahre
1903 den Vorschlag gemacht, zur aktiven Immunisierung gegen einige
infektibse Eeime die autolytischen Produkte der Keime selbst zu ver-
wenden, Produkte, denen sie die Bedeutung von „bakterienkdrperfreien
Rezeptoren u beilegen wollten, und zwar nach der im Sinne Ehrlichs
ausgelegten Immunit&tstheorie.
Spater machten sich Shiga und Lipstein 2 3 ) daran, das Verfahren
auch bei der aktiven Immunisierung des Menschen gegen den Typhus
in Anwendung zu bringen. Kurz darauf versuchte ich an mir selbst 1 )
die aktive Immunisierung gegen die Cholera.
An anderer Stelle habe ich fiber die erhaltenen Ergebnisse aus-
ffihrlicher berichtet und fasse dieselben somit hier ganz kurz zusammen:
Am 1. April 1904 injizierte ich mir selbst 0,2 ccm autolytischer
Produkte des choleragenen Vibrio; am 6. April 0,4 ccm, am 12. April
1 ccm und am 18. April noch 2 ccm.
Ein am 1. Mai vorgenommener Aderlafi zeigte, dafi mein Blut eine
AgglutinationsfShigkeit von 1 :40 und ein mfifiiges bakterientfitendes
Vermogen besafi. Vor der Inokulation dagegen war das Agglutinations-
vermogen negativ und die Bakterienabtfitungsffihigkeit geringer.
Gleichzeitig stellte ich auch Versuche an Kaninchen an, die es be-
stfitigten, dafi die autolytischen Produkte im Versuchstiere die Bildung
bedeutender Quantitfiten von Agglutininen, bakteriziden Substanzen und
Antikdrpern hervorrufen, die mit dem spezifischen Absorptionsverfahren
Bordets und Gengous nachgewiesen werden kfinnen.
Es sei hier nur daran erinnert, dafi nach Einverleibung einiger
Kubikcentimeter autolytischer Produkte eines der Kaninchen der Cholera
gegenfiber ein Agglutinationsvermfigen von 1 : 60, das andere dagegen
ein solches von 1 : 250 aufwies.
Ich habe nun die Untersuchungen auf diesem Gebiete weitergeffihrt,
obgleich das Impfverfahren mit freien Rezeptoren einer lebhaften Kritik
1) Neisser und Shiga, Dtsche med. Wochenschr. 1903. No. 4.
2) Shiga und Lipstein, Berl. klin. Wochenschr. 1904. No. 4.
3) Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 33.
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Bertarelli, Aktive Immunisierung des Menschen gegen Cholera etc. 585'
nicht entgangen war. Tats&chlich hat man der Methode zur Last gelegt*
daB sie den Mechanismns der Immunisierung nicht erklare, und iiberdies.
die Impftechnik, ohne weitere Vorteile, unnStig erschwere.
Wer nun aber das Shigasche Verfahren ohne Vorurteil betrachtet*
findet darin nichts, was es empfehlen kdnnte; im Gegenteil, in gewisser
Hinsicht vermehrt diese Methode die gewbhnlichen MifistSnde der Anti-
typhus- und Anticholerainjektionen.
Was der Immunisierung mit autolytischen Produkten vor allem zu
gute kommt, ist der Umstand, daB bei ihr nur durch die Kerze gegangenes.
Material verwandt wird, das also hinsichtlich seiner SterilitSt ohne
Schwierigkeiten kontrolliert werden kann. Dann kann ein weiterer
Vorteil wohl dadurch erlangt werden, daB man zu den Inokulationen
nicht den ganzen Bakterienleib verwendet, der ohne alien Zweifel stets
nicht schtltzende und einer sch&dlichen Einwirkung aut den Organismus
nicht entbehrende Teile enthait.
Ein unleugbarer Nachteil dieses Verfahrens besteht jedoch darin*
daB, wenn man eine selbst m&Bige Steigerung des Agglutinationsver-
mbgens erhalten will, dazu verschiedene aufeinanderfolgende Injektionen
mit durchaus nicht kleinen Mengen eines nicht rasch prfiparierbaren
Materials erforderlich sind.
Auf jeden Fall dflrfte der Vorschlag der Methode an und flir sicb
nicht wertlos gewesen sein, besonders da sie tins ein praktisches Mittel
an die Hand gibt, d. h. eine Injektion mit feinen „chemisch bestimmbaren a
Substanzen, die haltbarer sind als die gewOhnlichen Impfkulturen.
Es sei dabei auch des Umstandes gedacht, daB die mit einem von
dem Shigaschen etwas abweichenden Verfahren erhaltenen autolytischen
Produkte des Typhus und der Cholera in der Hand einiger Autoren
ganz bedeutende Resultate abgegeben haben: So hat ganz besonders die
kurze Arbeit Briegers und M. Mayers 1 ) dargetan, daB die Auto¬
lysate des Typhus und der Cholera im destillierten Wasser eine hoch-
gradige Bildung von Agglutininen und bakterientdtenden Stoffen hervor-
rufen konnen. Nach den Angaben der angefiihrten Arbeit zu urteilen*
kann kein Zweifel darfiber obwalten, daB das Verfahren Briegers und
Mayers sich zum Erhalt aktiver Materialien weit besser eignet.
Zu eben diesem Zwecke fflhre ich einige Untersuchungen an, die
eine KIBrung verschiedener Fragen im Auge haben, welche sich an die
Immunisierung mit autolytischen Produkten knflpfen.
Was nun von diesen Fragen bei der Beurteilung deg praktischen
Wertes dieser Impfmethode vor allem von Bedeutung ist, ist zu erfahren,
wie lange die verliehene Immunitat dauert.
Bezflglich der Immunisierung gegen Cholera ist es leicht ver-
standlich, daB wir uns vorderhand noch mit den Daten der Agglutination
und des BakterienabtOtungsvermdgens begnflgen mflssen.
Ich habe nun mit meinem Serum und dem Serum eines der gegen
den Choleravibrio immunisierten Kaninchen einige Proben ausgefflhrt,
die mir nachfolgende Daten lieferten:
An mir selbst:'
Vom 1.—18. April war ich mit 3,6 ccm autolytischer Produkte im-
1) Brieger, L. und Mayer, M., Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 27. In
dieser Arbeit ist auch die einschlagige Bibliographic der vorhergegangenen Arbeiten
Briegers und Schutzes, Briegers und Mayers, Mayers, Conradis und
anderer Verfasser wiedergegeben.
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586
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
munisiert worden. Am 1. Mai war das Agglutinationsvermdgen 1 :40,
am 16. August 1 : 25, am 4. Dezember 1 :20.
Somit war also auch nach 6 Monaten der Agglutinationswert be-
deutend hoher als der des normaleo Serums.
Bei einem der immunisierten Kaninchen (Kaninchen N) waren die
angetroffenen Werte, wie folgt:
Dem Kaninchen waren im April 5 ccm autolytischer Produkte in-
jiziert worden. Nach der Immunisierung hatte das bakterizide VermOgen
folgende Maximalwerte: Das Serum tQtete bei 1:5 auch nach 24-stttn-
digem Aufenthalt im Ofen die eingefflhrten Vibrionen (ungefS.hr 600),
die Agglutination betrug am 14. April 1 : 250.
In den darauffolgenden Monaten wurden noch verschiedene Agglu-
tinationsproben vorgenommen, die nachstehendes Ergebnis lieferten:
3. Juni Agglutination 1 : 120
10. August v 1:90
5. Oktober „ 1 :40
5. Dezember _ 1 : 25
Hinsichtlich des BakterienabtStungsvermdgens wurde eine einzige
Probe ausgefiihrt und zwar mit nachstehendem Ergebnis:
Verdfinnung des Serums
Kolonieen sofort
nach 3 Stunden
* 6 „
, 24 „
V
J)
7)
Aktives Serum.
1 1:2
2100 14k)
0 0
0 0
0 0
1:5
2000
10
450
unzSMige
1:20
870
200
oo
oo
Die Immunisation des Kaninchens hatte sich also auch noch nach
6 Monaten, wenigstens dem Agglutinationsvermdgen und der Bakterizidie
nach zu urteilen, ziemlich gut erhalten.
Besonders die Abnahme des Agglutinationsvermogens war ziemlich
langsam und nicht so erheblich, wie sie zuweilen bei Immunisierung
mit nicht nach besonderen Methoden behandeltem Bakterienmaterial
einzutreten pflegt.
Wie ich schon in meiner ersten Arbeit hervorgehoben habe, war es
vorteilhaft, die Preparation eines konzentrierten Materials zu versuchen,
das in geringem Volumen die von bedeutenden Quantit&ten autolytischer
Produkte erhaltenen Substanzen enthielt.
Etwas Aehnliches hat auch Wassermann 1 ) vor einigen Monaten
unternommen, doch sind die darttber in seiner Arbeit befindlichen An-
gaben so gekfirzt, dafi es nicht leicht ist, sich fiber das von ihm dabei
erhaltene Ergebnis ein genaues Bild zu machen.
Ich ging also nun in nachstehender Weise vor: Ich habe dazu den
Typhusbacillus verwandt, den ich in rechtwinklig geformten Flaschen
(und somit Flaschen mit flachen WSnden) ziichtete, welche sich der
Raumersparnis im Ofen wegen viel besser dazu eignen. Auf diese Weise
erhielt ich dann weite Kulturoberfl&chen. Diese Flaschen wurden steri-
lisiert, dann in dieselben die notwendige Quantit&t Agar eingegossen.
Nach Sterilisation und Erh&rtung des Bodens wurde zu den Infizierungen
geschritten, wozu dichte Typhusbacillusaufschwemmungen in Bouillon
dienten. Die Geffifie verblieben 24—28 Stunden lang bei 37°, darauf-
1) Wassermann, Festschr. zum 60. Geburtstage Kochs. Jena 1904.
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Bertarelli, Aktive Immunisierung des Menschen gegen Cholera etc. 587
fain goB ich unter aseptischen Kautelen eine passende Quantit&t physio-
logischer Lfisung zu und schflttelte die eingefQhrte Flussigkeit, bis sich
die Patina in eine Emulsion verwandelt hatte, wonach die Emulsionen
aller Gef&fie angesammelt wurden. Nun totete ich die Keime der
Emulsion im 60°igen Wasserbad und liefi sie dann 2 Tage langbei37°,
worauf ich das Material durch die Kerze filtrierte.
Die so erhaltene Flussigkeit habe ich vor allem im 60°igen Wasser-
bade auf ein geringeres Volumen reduziert und dann im Vakuumexsikkator
auf Kaliumchlorid ausgetrocknet. Zur Reduktion des Materials habe ich
mich einer leichten Erhitzung auf 60 0 deshalb bedienen mflssen, weil mir
kein Vakuumapparat zur Hand war, der sich zu einem schnelleren Aus-
trocknen bei Zimmertemperatur eignete.
Am Ende des umstandlichen Verfahrens angelangt, erhielt ich kleine
Quantitaten eines trockenen, pulverfSrmigen, stark kochsalzreichen, gelb-
lichen Materials, das dann abgewogen wurde. Ich nahm es auf, dialysierte
es in einem cylindrischen Cellulosedialysator 24 Stunden lang bei nie-
driger Temperatur und injizierte dann einem Kaninchen von dem dia-
lysierten Material 0,0005 g (der erhaltenen trockenen Substanz — ab-
ziiglich das NaCl der LSsung —).
8 Tage nachher nahm ich am Kaninchen einen Aderlafi vor, wonach
sich ein 1 : 40 entsprechendes AgglutinationsvermOgen vorfand.
Einem anderen Kaninchen hingegen inokulierte ich 0,002 g, 6 Tage
nachher AderlaB, wobei sich das Agglutinationsvermdgen 1 : 60 ergab.
Man beachte, daB ungef&hr 1 mmg trockener Substanz dem von
wenigstens 10 Agarkulturen gelieferten Materiale entsprach — wovon
natflrlich das in der zur Pr¶tion der autolytischen Produkte dienen-
den LOsung enthaltene Kochsalz in Abzug zu bringen ist.
Es gestatten also die wenigen Versuche schon ohne weiteres zu
folgern: Mit den ausgetrockneten autolytischen Produkten ist es uns
moglich, im Kaninchen ein gewisses AgglutinationsvermSgen zu erhalten.
Der Agglutininertrag ist jedoch sehr sp&rlich, wenn man damit die
enormen zur Preparation des Immunisierungsmaterials verwandten
Mengen vergleicht.
Ein solches Verfahren ist also wenig fttr die Praxis geeignet und
durchaus nicht billig, ein Uebelstand, der, wenn auch in geringerem
Mafie, auch fflr die direkt in der Ldsung Oder in der Aufschwemmung
erhaltenen autolytischen Produkte besteht.
Wie ich schon dargetan, haben sich die von mir erhaltenen Produkte
unendlich weniger aktiv erwiesen als die mit dem Autolyseverfahren
B r i e g e r s und Mayers gewonnenen. Die von mir verwandten Kulturen
waren tatsftchliqh nur wenig aktiv, hatten sich jedoch bei direkter In-
okulation im Besitze eines starken Agglutinationsvermogens erwiesen.
Was dann weiterhin geklfirt zu werden verdient, war die Frage nach
dem Wesen solcher autolytischen Produkte.
Was sind diese Produkte der Autolyse, denen Shiga die Bedeutung
freier Rezeptoren gibt?
Ich schicke voraus, daB einige von mir mit dem Ruhrbacillus Shi gas
ausgefuhrten Versuche und andere, die ich von Dr. Cler mit einigen
unzweifelhaft unbeweglichen und wimperfreien Kokken anstellen lieB,
ohne weiteres die Behauptung zulassen, daB in verschiedenem MaBe
auch die autolytischen Produkte solcher Keime im stande sind, in den
behandelten Tieren Agglutinine und Antikdrper zu erzeugen.
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588 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Wenn es also auch mdglich ist, daB das zur Tatsache wird, was
schon Gino de’ Rossi 1 ) bei den Wimperfragmente enthaltenen Filtraten
beobachtet bat, daB sie nSmlich immunisierende Eigenschaften haben, so
darf man andererseits doch auch nicht ausschlieBen, daB man auch ohne
die Gegenwart von Wimperfragmenten (wie dies gerade bei den wimper-
losen Keimen der Fall ist) schiitzende autolytische Produkte haben kann.
Uebrigens ist es mir nach Filtration der autolytischen Stoffe des Typhus
dnrch Chamberlandsche F-Kerzen gelungen, mit jeder beliebigen
Ffirbemethode Wimperfragmente nachzuweisen, was natiirlich nicht aus-
schliefit, daB sich in der Flflssigkeit auch von den Molekulargeb&uden
der Wimpern kommende Materialien vorfinden kOnnen.
Die chemische Bestimmung dieser Stoffe ist besonders angesichts
der spflrlichen, von den Filtraten aufnehmbaren Quantit&t dieser Sub-
stanzen, selbst bei Verwendung groBter Kulturmassen, nicht leicht.
Um nun vor allem festzustellen, was man von dem flOssigen auto¬
lytischen Material mit Teilstttrzung Oder passender Sattigung bei Ver¬
wendung verschiedener Materialien niederzuschlagen im stande ist, habe
ich einen Weg eingeschlagen, der von dem uns am einfachsten und
natflrliehsten erscheinenden etwas abweicht.
Ich verfuhr folgendermaBen: Nach Erhalt der filtrierten Flflssigkeit
(die dazu verwandten Patina wurden in diesem Falle mit einem Spatel
direkt aus den Kulturflaschen entnommen, um zu vermeiden, daB in die
Flflssigkeit die ldsbaren organischen Materialien des Kulturbodens ein-
dringen) teilte ich sie in 3 Teile. Der erste Teil wurde in seinem
Volumen reduziert, seine organische Substanz dann mit Schwefels&ure
zerstort, und der Stickstoff mit dem Kjeldahlschen Verfahren bestimmt
Auf diese Weise erhielt ich den Gesamtstickstoflf der autolytischen
Flflssigkeit. Der zweite Teil wurde mit Magnesiumsulfat gesattigt,
24 Stunden auf 30°, dann auf 15° belassen, durch einen kleinen Filter
gefflhrt, der sich stickstofffrei erwiesen hatte. Das Filtrat wurde nun
gut gewaschen und dann ausgetrocknet, wonach Filter und Filterrflckstand
dem Kjeldahlschen Verfahren unterzogen wurden. Auf diese Weise
erhielt ich die bei vollst&ndiger Magnesiumsulfats&ttigung niederschlag-
baren proteischen Fraktionen in Stickstoff ausgedrflckt.
Der dritte und letzte Teil wurde zur H&lfte mit Ammoniumsulfat
ges&ttigt und sodann filtriert. Das Filtrat wurde mit anderem Ammonium¬
sulfat gesflttigt, dann wieder filtriert und gewaschen; Filter und Rflck-
standsmaterial in einem Mflrser so lange zerstampft, bis sie eine homo¬
gene Masse ausmachten; daraufhin dialysierte ich einige Zeitlang auf
Chloroform in einem cylindrischen Cellulosedialysator. Es gelang mir
jedoch nicht, alles kombinierte Ammoniak zu entfernen, das also die
Ergebnisse hinsichtlich der proteischen, durch Sattigung mit Ammonium¬
sulfat niederschlagbaren Fraktion nach Entfernung der durch Sattigung
stflrzbaren proteischen Substanzen (Globulin, Euglobulin etc.) geandert
haben dflrfte. Eben deshalb teilte ich das Material nach 40 -48-stflndiger
Dialyse bei niedriger Temperatur in 2 gleiche Teile. Aus einem der-
selben destillierte man das Ammoniak, indem man es mit Soda von
seinen Salzen 16ste. So erhielt ich das Quantitativ von NH 8 und N,
was den im Material noch zurflckgebliebenen und dialysierten Ammoniak-
salzen zugeschrieben werden kann. Der andere Teil wurde nach K j el dahl
behandelt und von dem bei der Destination bestimmten Stickstoff wurde
1) de’Rossi, G., Centralbl. f. Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXVII.
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Bertarelli, Aktive Immuniaierung des Menschen gegen Cholera etc. 589
jener abgezogen, der zu den im dialysierten Material verbliebenen
Ammoniaksalzen gehOrte. So erhielt ich als letzten Wert den Stick-
stoff der durch komplette S&ttigung mit Ammoniumsulfat nach voraus-
gegangener Entfernung der globulinen Fraktionen gestQrzten proteischen
Substanzen.
Wie man also hierans ersieht, war die Bestimmung nicht nur sehr
genau, sondern ich ersparte es mir aucb, vom Filter Material aufzu-
nehmen, das so sp&rlich und variabel ist, daB dadurch das gewdhnliche
direkte Abwfigeverfahren sehr erschwert wird.
Nachstehend einige Ziffern der ausgeftlhrten Bestimmungen:
I. Bestimmung.
a) Totaler Stickstoff von 100 ccm autolytischer Produkte, N = 0,00505 g.
b) Stickstoff der in 100 ccm Magnesiumsnlfat ffillbaren Protein-
fraktion, N = 0,0042 g.
c) Stickstoff der mit Ammoniumsulfat f&llbaren Proteinfraktion nach
Abzug der mittelst S&ttigung gestQrzten Fraktion (100 ccm), N = 0,0015 g.
II. Bestimmung.
a) wie oben. N = 0,00645 g pro 100 ccm
b) „ „ N = 0,00420 „ „ 100 „
c) „ „ N = 0,0019 „ „ 100 „
III. Bestimmung.
a) wie oben. N = 0,01036 g pro 100 ccm
b) „ „ N = 0,00750 , , 100 ,
c) „ „ N = 0,00190 „ „ 100 „
IV. Bestimmung.
a) wie oben. N = 0,01540 g pro 100 ccm
b) „ „ N= 0,00600 „ 100 „
c) „ „ N = 0,00500 , n 100 „
Es ist ganz und gar selbstverst&ndlich, daB die Werte dieser Be¬
stimmungen fQr uns hinsichtlich ihrer Beziehungen zueinander und nicht
bezQglich der absoluten Werte des in den autolytischen Produkten ent-
haltenen N von Interesse sind. Ebenso versteht es sich von selbst, daB
bei der ersten Bestimmung und in geringerem MaBe auch bei den Qbrigen
numerische Mifikl&nge bestehen (der Totalstickstoff der ersten Bestimmung
ist geringer als das N der Teile), die entschuldbaren Bestimmungsfehlern
entspringen.
Aus dem Vergleiche dieser Daten ergibt sich, daB die grbfite
Quantit&t der in den autolytischen FlQssigkeiten vor-
handenen proteischen Substanzen durch die mit Magne-
siumsulfat f&llbaren proteischen Fraktionen dar-
gestellt ist.
Allerdings linden wir zwischen einer Bestimmung und der anderen
bemerkenswerte Unterschiede, immer aber bleibt uns das Resultat, daB
diese proteische Fraktion stets Qberwiegend ist, und zwar oft 8—9 Zehntel
des ganzen proteischen Materials ausmacht.
Was sind nun diese Substanzen? Sind es Globuline (ich verstehe
unter diesem Namen alle globulinen, euglobulinen etc. Fraktionen) Oder
sind es zur Gruppe der Proteide gehorige Verbindungen?
Es liegt nicht in meiner Absicht, mit Hilfe der biologischen Chemie
eine Frage zu lQsen, die doch schlieBlich nur mittelm&Biges praktisches
Interesse bietet.
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Original fro-m
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590 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Die wenigen angestellten Proben haben dargetan, daB die Fraktion
proteischer, mit Magnesiumsulfat gef&llter Substanzen zwar zu gutem
Teil in 5-proz. Kochsalzlosung sich auflbst, aber w&hrend der Dialyse
sich niederschl>.
Die Phosphorprobe mit Molybdat spricht flberdies dafflr, daB diese
Materialien sehr phosphorreicb sind. Die mit Serumglobulinen ange¬
stellten Kontrollversuche haben beztiglich des Phosphorgehaltes beider
Produkte ungeheure Unterschiede festgestellt
Es ist somit sehr wahrscheinlich, daB der grbBte Teil der stickstoff-
haltigen Substanzen der autolytischen Materialien aus Proteiden und
vielleicht auch aus Nukleinen besteht, nicht aber aus Globulinen. Es
durften also, wenigstens groBenteils, die autolysierten Materialien aus
Nukleinen bestehen.
Es lassen sich somit aus dem Gesagten nachstehende SchluB-
folgerungen ableiten:
1) Die von Shiga vorgeschlagene Immunisationsmethode mit auto¬
lytischen Produkten bewirkt auch der Cholera gegenflber bei Menschen
und Tieren das Auftreten von Agglutininen und bakterientdtenden Sub¬
stanzen.
Damit aber der Agglutinationswert auch nur mittelm&fiig sei, dazu
bedarf es bedeutender Quantit&ten des Inokulationsmaterials.
In dieser Richtung scheinen also die Ergebnisse nicht mit denen
vergleichbar zu sein, die Brieger und Mayer mit ein wenig anders
prSparierten Autolysaten erhalten haben.
2) Die Immunisationsdauer ist bemerkenswert und kann mit der-
jenigen verglichen werden, die mit den anderen Systemen der aktiven
Immunisation erhalten wird.
3) Die autolytischen Schutzprodukte kbnnen auch in Form von
Trockenprodukten erhalten werden und besitzen auch dann noch ziemlich
bedeutende Schutzkraft.
Diese Methode ist jedoch teuer, erfordert ungeheure Mengen Material,
und so besitzen wir also in ihr keine praktische Methode. In dieser
Hinsicht bietet die Shigasche Methode allerdings durchaus nicht die
Vorteile der anderen Verfahren, doch liefert uns die Anwendung der-
selben ein garantiert steriles Material, das auBerdem frei ist von wahr¬
scheinlich nutzlosen und vielleicht selbst sch&dlichen Bestandteilen des
Bakterienleibes.
4) Auch von nicht bewimperten Keimen kann man autolytische
Schutzprodukte erhalten; die Wimpern kdnnen also Bestandteile der
autolytischen Produkte sein, sind es aber nicht notwendigerweise.
5) Das autolytische Material des Typhusbacillus besteht aus stick-
stofihaltigen Substanzen, die zum guten Teile durch Magnesiumsulfat-
sBttigung gestOrzt werden und sehr phosphorreich sind. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach besteht also ein groBer Teil dieses autolytischen
Materials aus proteischen Substanzen aus der Gruppe der Nukleine.
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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
591
Nachdruck verboten .
On an infections pneumonia of rabbits and its treatment
with anti-serum.
[From the Institute for the Investigation of Infections Diseases: Uni¬
versity of Bern (Director Prof. Dr. Tavel).]
By Dr. Henry J. Sfidmersen.
With 1 fig. and 1 diagram.
Introduction.
The following investigations were commenced in Nov. 1902 for the
purpose of ascertaining the cause or causes giving rise to an epidemic
among the rabbits used for experimental purposes in the above institute,
of which the most remarkable symptoms were rapid and constant loss
in weight associated generally with a rhinitis. It was soon observed
however that symptoms were presented in other cases which differed
from the above although it appeared probable that if not identical the
diseases were in all cases related to one another, since the lung was
the organ affected. It became necessary therefore to investigate the
various cases as they arose in order to determine whether the different
symptoms corresponded to different diseases, or whether they were
merely different manifestations of one and the same disease. It was
noticed for example that rabbits were at times troubled with a diarrhoea
and nasal flow, without considerable loss in weight These animals died
suddenly. A post mortem examination showed that the lungs were in
most cases almost completely hepatised and shrunken together, while
in addition the pleura and pericardium together with considerable por¬
tion of one or both lungs were found to be occupied by thick purulent
material.
In other cases the flow from the nose was less of a purulent nature;
in some it was watery, in others the discharge was whitish, mucus like,
and slimy, the animals so affected were troubled with more or less
violent fits of sneezing from time to time.
Some of the above variations were thought to be due to a more
or less chronic or acute form of one and the same disease, on the other
hand, evidence also pointed to the fact that we have here to do with
various kinds of lung infection occurring in rabbits. That which strikes
one at first is the almost constant occurrence of a rhinitis and diarrhoea,
so that one is easily inclined to suppose that these are all important
symptoms of one and the same disease, this is not the case however
since these features present themselves either associated or apart under
the most varied conditions irrespective of the disease from which the
animal may be suffering. They may be present in coccidiosis as well
as in lung affections and septicaemias to which rabbits are susceptible,
or may occur in animals otherwise quite healthy, and must therefore
be looked upon as phenomena to which rabbits are extremely liable,
especially so when their resistance is lowered by disease or otherwise,
and in themselves constitute no feature of importance in diagnosis. In
the course of this work evidence was obtained of a difference in distri¬
bution of various infections throughout the year, that with which I
chiefly concerned myself arises in autumn or spring during periods of
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592
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
sudden weather changes, more particulary during the damp and cold
months of November and December.
It was part of the object of this work to find out whether a micro¬
organism, or microorganisms of different degrees of virulence, or of
which the seat of activity in the various cases resided in different organs
would account for the above differences. If due to microbic activity
the properties of the organism found to be the cause of the most pre¬
valent infection were to be specially studied, and an attempt made to
produce an immune serum, failing which to find out other means of
prevention or cure. A microscopic examination of a smear preparation
from the lungs of several cases occurring at about the same time in
Nov. 1902 when the work was started, revealed the presence of large
numbers of a small microorganism resembling a small elongated Diplo-
coccus, but which was decolorised by Gram’s method. This was
found in smear preparation from apparently normal portions of lung
as well as from the consolidated parts. A similar bacillus was observed
in culture on agar inoculated from a portion of lung after 48 hours in¬
cubation at 37° C; in many cases in pure culture. An intratracheal
injection of a pure culture gave rise to similar symptoms and later to
the death of a rabbit. It is the infection from this Bacillus to which
my attention has been chiefly directed; it occurs principally in autumn
during the months from October to December, when it is most fatal.
At other times of the year it occurs sporadically especially in animals
which have been injected for some experimental purpose whereby their
resistance has been lowered. The characteristic appearance is a loss
of weight of the animal affected, generally accompanied by a rhinitis
more or less pronounced, and often by diarrhoea. The temperature is
generally normal until a short time immediately before death, at which
time it is subnormal. The symptom of greatest value in the diagnosis
is the loss of weight, the rate of this being roughly a measure of the
severity of the case.
Having satisfied myself of the aetiological relationship of the ba¬
cillus to this particular disease I proceeded to the last and most im¬
portant objects of the investigation viz: to find out whether an immune
serum could be obtained, and whether rabbits might be rendered im¬
mune by previous injections of attenuated culture. Active immunity
brought about by the injection of culture as is well known is more
lasting in its effects than the passive immunity resulting from the in¬
jection of an antiserum from another animal, especially should this
animal be of a different species. The effect of the injection of antiserum
is in all probability nothing more than that arising from the quantity
of immune body so introduced, and this soon disappears from the cir¬
culation. In the case of vaccine on the other hand an active response
on the part of the animal is called forth; the cells are stimulated to
the production of immune bodies, and having been so acted on it is
conceivable that the cells become accnstomed so to speak to respond
readily to this specific stimulus, and are thus able readily to guard
themselves against subsequent attacks from the same organism 1 ).
The results of the experiments conducted with this end in view
show 1 st that an efficient serum may be produced by the injection of
1) This property may transmitted to the cell descendants since reproduction takes
place by division ana it is not to be wondered at if the two halves of a dividing cell
possess unimpaired the properties of the parent cell.
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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
593
increasing doses of a culture of the Bacillus A into a rabbit, starting
at first with cultures previously heated to a temperature of 60—62° C
for a half>honr, and following this up with the injection of living cul¬
ture; 2 nd that the injection of a culture heated to the temperature of
60— 62° C as above given is able to confer an immunity on the in¬
jected animal.
While following up this line of investigation I continued to study
cases of infection as they arose, in order to determine whether all cases
of rhinitis were due to the activity of one or several species of micro¬
organism, and also to determine how far this excretion could be relied
on in diagnosis, in other words whether it was an essential or a mere
accidental concomitant of the disease. I have found that such a rhi¬
nitis may arise as the result of the most varied diseased conditions.
In cases where the animal has died from a pneumonia arising from
the presence of Bacillus A, this same bacillus was likewise present
in the nasal exudate, often in pure culture. Whether it is always pre¬
sent under these circumstances I am unable to say, but am inclined to
suspect that cases of this lung infection may occur where quite a diffe¬
rent bacterial flora exists in the nasal excretion; this suspicion has been
forced upon me by the fact that occasionally I have failed to find the
bacillus in culture although an abundant growth of other orgahisms
was obtained from the nasal excretion whereas the lungs were found
to contain the bacillus in nearly pure culture. It is however quite
certain that a rhinitis does occur with other infections and even with
diseases other than those of the lung; in these cases the results of
bacteriological examination are quite different. In how far these diffe¬
rences correspond to differences in the nature of the discharge, which
varies in consistency in different cases I have not had the opportunity
of determining. A thorough examination of the exudate of both healthy
and infected animals, and a correlation of these results with those ob¬
tained from an examination of the lungs was not made for want of
necessary time.
Since in general the Bacillus A is found in the nasal discharge
in cases of lung infection by this organism, an examination of this dis¬
charge is of use as an aid to diagnosis. It must be borne in mind
however that in the outer layer of mucus its presence is often masked
by the great abundance of various other organisms which makes its
detection a matter of difficulty. It is best to remove this by means of
a plug of cotton wool previously wrung out in lysol, the platinum loop
should then be inserted as far as possible. This operation causes the
animal to sneeze, it is therefore necessary that an assistant dilates the
nose and holds it steady during the time. From this an agar surface
may be inoculated, and broth culture made from colonies in order to
make the agglutination test. This can be made 48 hours after remov¬
ing the material from the nose. A smear preparation should be stained
after Gram’s method, and antitoxic serum should be injected at once,
if a large quantity of a very minute and short bacillus not stained by
Gram is found to be present.
The results of the numerous post mortem examinations made in
the course of these investigations show that the Bacillus A was pre¬
sent in the lungs in 68% of all animals affected with a pneumonia.
In the majority of cases this was the only organism observed in smear
preparation from the infected lungs; and this appeared often as a pure
Enta Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 38
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594 Centralbl. f. JBakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXYIII. Heft 5.
growth on the surface of agar. A Staphylococcus was also ob¬
tained in many cases, while in a few others I obtained a bacillus
belonging to the Coli group.
At various times large numbers of Guinea pigs have died with
similar symptoms to those of rabbits infected with Bacillus A. From
the lungs of these Guinea pigs the above bacillus in pure culture was
likewise obtained; no morphological or biological difference could be
detected between bacilli obtained from the lungs of the Guinea pig
and those from the lungs of the rabbit; and both were agglutinated by
the specific serum in high dilution.
Having now reviewed the objects and principal results of the in¬
vestigation, I will briefly refer to work which has already been done
bearing upon the same subject.
In the year 1893 Beck described a similar infection. From the
lungs of affected rabbits he obtained a bacillus which formed a slimy
and abundant growth on agar, and which grew well in bouillon forming
a stringy sedimentary growth with clear supernatant liquid. This ba¬
cillus was characterised by its inability to grow on potato. The author
does not mention whether indol was produced in peptone bouillon, or
gas in sugar culture media. The characters of this bacillus mark it as
being quite another organism than the Bacillus A. The nose is
described as being moist and sneezing a prominent symptom.
Rudolf Kraus described a lung infection of rabbits in 1897.
A very complete account of the morphological and cultural characters
of the bacillus was given. He gives sneezing as a preliminary symptom,
at which time the nose becomes moist, and later blocked up by a
purulent discharge. It is interesting from the point of view of the
dependence of the nasal exudation on the pulmonary infection that the
mucous membrane of the trachea appeared mostly normal, and in only
one case was any abnormality observed, the blood vessels of the sub¬
mucosa being injected together with desquamation of the upper layers
of the epithelium. I have shortly discussed this above and will return
to it more fully when describing the results of post mortem examinations.
The Bacillus of Kraus appears to agree in all essential characters with
the Bacillus A, on potato the growth is similar, indol is not formed
in peptone bouillon an milk not coagulated. The author fixes the
thermal death point at 100°. This is remarkable for a non spore form¬
ing organism. I find that an exposure of 10 minutes to a temperature
of 62° C is sufficient to kill Bacillus A under all conditions of age
and culture. It appears also from the results, although the amount of
culture injected in the various experiments is not given, that the author
had to deal with a more virulent organism than that with which I
worked. It is interesting to note that although intratracheal and intra-
pulmonary injection rapidly caused the death of Guinea pigs, the in¬
fection could not be reproduced in these animals by nasal inoculation
in contradistinction to the results when rabbits were so treated. The
author makes a comparison with the very similar infection previously
described by B e c k; whose bacillus however, is non-motile and does not
grow on potato. In these and in certain peculiarities in culture Beck’s
bacillus in quite different from Kraus’ bacillus. Kraus writes:
„Wenn auch die morphologischen und biologischen Eigenschaften dieses
Beckschen Bacillus mit dem beschriebenen Bacillus viel Aehnlichkeit
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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
595
aufweisen, so ist in dem typischen Wachstum unseres Bacillus auf der
Kartoffel gegeniiber dem negativen des Beckschen ein gentigendes
Kriterium gegeben, diese beiden, fflr Kaninchen pathogenen Mikro-
organismen auseinanderzuhalten; daher, so Hhnlich auch die beiden
Seuchen erscheinen, sind sie doch voneinander zu trennen." The author
also attempts to draw a difference in the more extended surface of
diseased mucous membrane of the nose than that found by Beck.
In the Centralbl. f. Bakt. etc. 1902—1903 is a reference to a work
of Tartakowsky on a contagious pneumonia of Guinea pigs. The
infected animals have a temperature which is described as subnormal,
the region around the anus is covered with faeces, the breathing is
superficial, and dround the nose there exists a dirty yellow exudation.
The lungs were affected in different degrees from hyperaemia to yellow
hepatisation in animals which had died from infection. The spleen was
small. From the lungs the author obtained a bacillus which often
appeared paired, and did not stain by Gram’s method. The bacillus
grows well on agar forming bluish transparent colonies with sharp
borders, the superficial reaching a diameter of 2,5 mm the deeply lying
colonies are less transparent, of a yellow color and lens shaped. On
potato the growth is described as brownish-yellow; bouillon appears
uniformly clouded on the 2«»d day, and soon after a yellowish deposit
growth which rises as a thread-like mass when the bouillon is disturbed;
milk is not coagulated, and gas is not developed in sugar media. The
growth is abundant on the surface of all ordinary media if slightly
alkaline. Agar cultures retain their vitality for 3—3 1 /* months.
All the above properties show conclusively that this bacillus if not
identical is closely allied both to Kraus’ bacillus and to my Ba¬
cillus A. No special notice appears to have been taken of the growth
on potato as being characteristic, although its brownish yellow colour
conforms to that found in the last mentioned. I have variously described
the colour as brownish white to brownish yellow or reddish in young
culture, this becomes of a yellowish red or waxy yellow appearance in
old culture. Slight differences are to be ascribed to the potato used.
Tartakowsky’s bacillus is stated to be non motile and to produce
no film. In both these characters is appears do differ from Bacillus A,
possibly observations were not made on sufficiently young cultures.
Although it is stated that Tartakowsky’s Bacillus produced no film,
it was very feebly anaerobic and grew abundantly on the surface of
culture media. In some of my earlier cultures no film was at first
obtained, but always the somewhat slimy deposit which rises „faden-
ziehend in die H8he tt when disturbed. Later I obtained surface films
almost constantly on broth. One observes also that a diphtheria culture
when obtained from the patient will often not form a film at first, it
requires some training so to speak, before it becomes adapted to the
formation of a good film. Neither the motility therefore, or the capa¬
bility of producing a film can be considered characters of such con¬
sequence as to allow of the separation of these organisms specifically
from one another. At most I think they should be considered as
varieties, and probably more correctly as different strains of the same
species.
Kraus isolated his bacillus from the lungs of rabbits which
had died of a pneumonia while Tartakowsky’s bacillus was obtained
from the lungs of Guinea pigs similarly affected. They both corre-
38*
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UNIVERSITY OF CHICAGO
596 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
spond in their essential characters with my Bacillas A obtained from
rabbits and Guinea pigs affected with a pneumonia, of which the
identity from both sources has definitely been proved by the agglutin¬
ation test.
According toTartakowsky rabbits and Guinea pigs are susceptible
to infection by artificial inoculation, on the other hand Guinea pigs
alone become spontaneously infected, or are susceptible as a result of
the introduction of the culture in the nose. On the other hand Kraus
found that rabbits alone were susceptible to infection by intranarial
injection of culture, the same experiment was without result on Guinea
pigs, although intratracheal injections caused the death of all the Guinea
pigs experimented on. Neither author gives statements to show the
percentage of animals affected in the various experiments recorded, and
there is no information of the dose of culture given. According to my
experiments the infection is not always transmitted, unless the quantity
of culture injected be large, or in spontaneous cases unless the animals
are a sufficient length of time together. There is in fact a very great
similarity in these respects to human pneumonia which is less readily
transmitted than many other infections, and is by no means always
terminated fatally. By feeding constantly together the infection is most
readily spread among rabbits. Since according to Kraus the infection
arises by intratracheal injection it would seem probable that a sufficient
quantity injected in the nose of his Guinea pigs would have produced
the disease as it did in the rabbits on which he performed this ex¬
periment It is in agreement with my results that nasal injection is
not followed by a result unless continually applied. It is very difficult
to be sure of one’s positive results at a time when the infection prevails.
The cages at my disposal were separate and were constantly sterilised
in every part by weak lysol. The animals were obtained from another
source than the institutes stock during times of infection and were
brought directly into the sterilised cages. In most experiments young
animals which as far as could be ascertained had never shown any
symptoms of infection were used. By these means I became sure of
my results, there being no possibility of cases arising spontaneously
under such circumstances. It is necessary to use every precaution in
order to prevent spontaneous cases arising in the experiment animals.
The susceptibility of Guinea pigs to artificial infection with the ba¬
cillus of Kraus obtained from rabbits on the one hand, and the
susceptibility of rabbits to artificial infection with the bacillus of Tarta-
kowsky obtained from Guinea pigs on the other hand confirm further
if that were necessary the identity of the organisms in the two cases,
so that accepting the authors’ statements relating to the spontaneous
non-transmissibifity of these organisms to the other animal in each case,
we have here an instance of parasitic specialisation, in that the
same bacillus has become adapted to existence on two different species
of animals without other coincident modification. I have not confirmed
this interesting result; in my experiments the bacillus from the rabbit
when injected in the thorax of Guinea pigs gave rise to a pneumonia
from which the animals died; and one case which came under my notice
favours the view of the mutual spontaneous transmissibility of the in¬
fection. A Guinea pig apparently quite healthy and from the stock in
which the contagion had not appeared was placed in the same cage
with a rabbit in which the disease was beginning to manifest itself.
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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
597
Both animals died from the infection, a pure culture of Bacillus A
was obtained in each case from the lungs.
That such a parasitic specialisation may occur is quite possible,
as appears to be the case with Bacillus tuberculosis, which
according to Prof. Koch is not transmissible from cattle to man;
although all its other characters are very closely identical whether the
bacillus has been derived from man or cattle. Numerous observations
and experiments which have since been made show that this is not
strictly the case, the Bacillus derived from the one species is however
less virulent for the other. We have here then a case of parasitic
specialisation, the same bacillus having become modified biologically in
two directions according to the different tissues to which it has become
adapted. The Avian tubercle bacillus may represent a still further
departure from the original stock.
Descriptions of microorganisms.
The organisms to be described were all obtained from the respiratory
tract, generally from the lungs or trachea of rabbits which had died
from some form of pneumonia attended with a rhinitis. It is highly
probable, as already remarked, that under certain circumstances other
microorganisms than the Bacillus A may be the cause of this disease
in rabbits. It may arise secondarily as a complication of an already
existing primary infection of some other organ in the same way that
other organisms than the Pneumococcus may be the cause of a
pneumonia in man.
A thorough examination of the various bacteria occurring in the
noses of healthy and infected rabbits is necessary in order to determine
the connection which probably exists in some cases between the rhinitis
and the pneumonia.
Some of the descriptions are very short and incomplete, their in¬
sertion may however serve as a guide for future work.
Bacillus A. As already stated this was found in the majority
of cases and is closely identical with the bacillus of Kraus and
Tartakowsky. In most cases it occurred in the lungs in pure cul¬
ture, was present in the trachea and in the nasal excretion sometimes
in pure culture. In the nasal excretion however it was more often
associated with other microorganisms such as various cocci and bacilli,
Bacillus fluorescens liquefaciens being often present. In
smear preparation from the tissues it has the form of a small Diplo-
coccus or Diplobacillus, is decolorised by Gram’s method, and
is often surrounded by a halo as though encapsuled. It grows well on
all ordinary media. The bacillus is seen to possess a very active
motility in hanging drop, typically this consists in a movement which
may be compared to that of the wheel of a vehicle in motion in other
words there is rotation about a central axis combined with a forward
motion. Sometimes the rotation is only partially executed, it then
executes a wriggling motion as it progresses. Rotation may occur
without change of place, and bacilli are observed suddenly to come to
rest and remain quiescent, while stationary bacilli will often be observed
to start in motion at first as though struggling to free themselves from
some impediment, perhaps caused by adhesion to the neighbouring or¬
ganism. The cessation of motion in the one and its commencement in
the other probably corresponds to loss of this function in the one and
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598
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVUL Heft 5.
of its acquirement by a young bacillus in the other case, since the
smaller are observed to start motion, while bacilli which come to rest
are generally longer and therefore presumably older. I have examined
old dry cultures on agar, potato, broth, and gelatine, but have never
been able to find any evidence of spore formation. One often finds in
such cultures that certain forms possess more strongly stainable areas,
the thermal death point of such cultures however is not higher than
that of a fresh culture. The thermal death point was determined in
broth cultures and compared at the same time with a Colibacillus
obtained from the pharynx of an infected rabbit (Bacillus D). The
cultures were placed in a water bath together with a control tube of
bouillon into which a thermometer was placed in order to indicate when
the temperature in the tubes had attained that of the surrounding water.
A loop-full of culture was removed from time to time, this was well-
shaken in agar kept liquid during the operation by immersion in water
at a temperature of 42 0 C, and plates poured. B a c i 11 u s A proved to
be less resistant to heat than the Colibacillus. The following result
is chosen as an example.
Time of exposure of culture
No. of cololonies on agar
to a temperature of 60° C
Bac. A
| Bac. coli (Bac. D)
0 mins.
innumerable
innumerable
b v
12
very large no.
10 „
0
20
15 „
0
1 0
20 „
0
0
It retains its vitality for a long time in culture, on agar for more
than 4 months. Its low resistance to heat in conjunction with its long
vitality under saprophytic conditions are of interest in connection with
the fact that it is transferred from one animal to the other through the
respiratory tract. Colonies in agar are not visible before the second
day, those of the surface being generally 1 — 2 mm in diameter, of a
pale bluish grey appearance with entire and well defined margins. In
the depth of the agar the colonies are smaller, of a brownish yellow
colour by transmitted light and are less transparent than the surface
colonies. Under the microscope they are seen to be finely granular and
homogeneous without channeling of any kind. Surface colonies are
sometimes observed surrounded by a halo, the width of which is generally
less than that of the colony itself. The colony is sharply marked off
from the halo and this from the surrounding medium. I am inclined
to associate this appearance with that which is sometimes seen in agar
stab culture referred to below, and is due to growth below the surface.
Colonies which possess a jagged margin are observed at times, but both
this and the halo appearance are exceptional and probably arise from
some condition of the media. Both forms occur in association with the
normal form.
Agar culture. An abundant pale bluish growth appears on the
second day of incubation, which when raised from the surface by means
of a platinum needle exhibits a glutinous consistency. In stab culture
there is little growth along the line of puncture, whereas on the surface
it often extends to the wall of the tube within a few days. Agar
coloured with neutral red becomes decolorised and slightly fluorescent;
and when coloured red by a faint excess of alkali after the addition of
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Sildmersen, On an iufectious pneumonia of rabbits etc.
599
phenolphthalein does not at any time lose its colour. Neutral litmus
agar becomes blue, at no time is acid produced. The form of the Ba¬
cillus on agar is always that of a very small Diplobacillus; and
under none of the various conditions to which agar cultures have been
subjected have involution forms appeared. The long bacilli which appear
in broth, always return to the small Diplobacillus form when trans¬
planted to agar.
I have often noticed in agar-stab cultures of this organism a
peculiar cloudy parachute-like form of growth extending downwards into
the medium. Another appearance is sometimes presented as a somewhat
diffuse nebulous growth around the track of the needle. This broadens
out and at the same time becomes less distinct in proportion to its
depth from the surface, and possesses the form of a cone of which the
apex coincides with the point of introduction of
the needle on the surface. As above mentioned
colonies are sometimes provided with a nebulous
halo. The probable explanation of these appear¬
ances is that growth is taking place in agar
which has become locally impregnated with air.
In stab culture air has found its way between
the agar and the wall of the test tube by the
contraction of the former, or has been carried
down with the needle during inoculation.
Gelatine is not liquefied. The growth on
the surface of stab culture is abundant but does
not as a rule extend to the wall of the test
tube; its margin is crenate; the surface is often
marked with radial and wavy concentric striae. Q , , „ .. . . . ,
The colour becomes of a dull brownish grey. phenomena sometimes pre-
Bouillon. Growth takes place best in sented in stab culture of
bouillon made exactly neutral to litmus. At the Bacillus A.
is end of 24 hours incubation at 37 0 C the broth
slightly cloudy, and when shaken gives rise to a peculiar wavy shimmer
similar to that noticed in young typhoid cultures and which appears
to be connected with the motility of the organism. On the following
day there is usually a slight deposit and the broth is very turbid. If
the culture is allowed to remain undisturbed, a slight film will make
its appearance by the 5 th or 6U> day, together with an abundant
somewhat viscous sedimentary growth. If this film is carefully trans¬
ferred to the surface of fresh bouillon a good thick grey film somewhat
similar to that of the diphtheria bacillus will appear. The ease with
which film formation takes place appears to vary with different strains,
some produce a thick grey film at once without special care being
taken while others require careful training by the above method. Those
strains which so readily form films have likewise a greater tendency
to assume the long bacillary form in broth culture, those on the other
hand which form films with great difficulty produce mostly short bacilli
in broth culture. The deposit growth has a slimy consistency and
floats upwards as a stringy mass when disturbed. At no time has indol
been detected in peptone bouillon. In glucose broth there is no gas
production. In very old cultures zigzag and curved forms of variable
breadth often occur.
Milk is not coagulated, but assumes a brownish grey appearance
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600
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIIL Heft 5.
in old culture. Neutral litmus milk becomes strongly blue; acid is at
no time formed.
Potato. The growth on potato is characteristic, it is abundant,
and becomes a pale yellowish red after a few days; the potato itself is
often stained a dull slate grey, but sometimes the colour is not altered
as this depends on the potato used. As above mentioned the colour
of the culture itself varies slightly, sometimes it is best described as
brownish yellow, and often as of a pale ochreous yellow colour, old
cultures often have the appearance and colour of plastic sulphur. In
young cultures it is viscid in consistency. No involution forms appear
either in young or old potato cultures; it always grows as a short
Dipl obacillus.
Bacillus B. This was obtained from the lungs and trachea of several
rabbits which became suddenly infected towards the latter end of January
1903. The symptoms were in all essential respects similar to those of ani¬
mals infected with Bacillus A; viz: loss of weight and moisture around
the nose. The lungs were hyperaemic; all other organs appeared normal.
In none of these cases did I find Bacillus A although a large number
of plates were poured and colonies carefully selected. The lungs were
crowded with a small bacillus like Bacillus A and yielded a pure
culture of a similar bacillus on agar. The appearance of the growth
on agar was the same as that of Bacillus A. After having examined
many cases in which Bacillus A was obtained from the lungs I was
easily led to conclude that this was the same bacillus, and this con¬
clusion was still further supported by the apparently identical symptoms
in the two cases. From all these considerations it was a matter of
surprise to me to find that this bacillus gave rise to gas in glucose
broth culture. At first I throught it might be due to some admixture
with another morphologically similar organism which caused me to re¬
plate the cultures and confirm their purity. As above remarked and
as has been noted by Kraus, the bacillus of Beck although ex¬
hibiting peculiarities which separate it from Kraus’ Bacillus and
therefore from my Bacillus A nevertheless agrees in its morphology
and in its appearance on agar and in broth culture. In Bacillus B
we have yet another bacillus which is indistinguishable from these
unless a careful investigation of its cultural characters is undertaken.
Little reliance can therefore be placed on a mere microscopic examination,
or on the appearance of agar or bouillon culture in the diagnosis of
pulmonary infections to which rabbits are subject
An injection of 0,5 ccm broth culture in the trachea of a rabbit
caused a rapid fall in weight continuing for several days; the animal
recovered. A rabbit in the trachea of which 3 ccm broth culture had
been injected died on the tenth day following. An intraperitoneal in¬
jection of 0,5 ccm in a Guinea pig was without effect..
(SchluB folgt)
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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- u. Prazipitingehaltes des Blutes etc. 601
Nachdruck verboteru
Ueber die Schwaukungen des Agglutinin- und Prazipitin-
gehaltes des Blutes walirend der Eotzinfektion.
Ein Beitrag zur Serumdiagnose beim Rotz.
[Aus dem pathologischen Institute der kgl. Universit&t Padua
(Vorstand: Prof. Dr. A. Bonome).]
Von Prof. Dr. A. Bonome.
Mittels genauer und vollst&ndiger bakteriologischer Untersuchung
ist es manchraal gelungen, die Gegenwart des Rotzbacillus in den inter¬
na axillaren und peritrachealen Lymphdrttsen nachzuweisen, und zwar bei
wegen Rotzverdacht getoteten Pferden, die bei der Sektion keine der
oharakteristischen Ver&nderungen durch die Rotzinfektion zeigten. Die
Lymphdriisen erschienen gescbwollen und weich und hatten an der
Schnittoberfliche ein grauweiCes, nicht kfisiges Aussehen, ohne irgend
eine Grenze zwischen der Kortikal- und Medullarsubstanz, so dafi man
bei einer makro- und mikroskopischen Untersuchung annehmen mochte,
os kdnnte sich urn eine einfache hyperplastische Lymphadenitis handeln.
Da andererseits diese Pferde keine der charakteristischen Krankheits-
ver&nderungen zeigten, so war auch klinisch keines der klassischen
Krankheitssymptome bemerkbar, jedoch reagierten die Tiere auf Malleln-
injektionen mit einer Temperaturzunahme von zweieinhalb Centigraden.
Dieser bei lebenden Pferden nicht sicher diagnostizierbaren Form
der Rotzkrankheit, die auch nicht bei der Nekroskopie, sondern nur
durch eine genaue und vollst&ndige bakteriologische Untersuchung
oiniger Organe, wie z. B. der Lymphdrflsen, nachgewiesen wird, gibt
man mit Recht den Namen versteckter oder latenter Rotz.
In solchen Fallen ist es von grofier und praktischer Bedeutung,
nicht nur die Krankheitsdiagnose zu stellen, sondern auch grflndlich zu
untersuchen, ob die Mdglichkeit einer Uebertragung des infektiosen Pro-
zesses auf andere Pferde und auf den Menschen vorliegt.
Die Malle'inprobe hat bei diesen an latentem Rotz leidenden Pferden
eine gewisse Bedeutung, man kann jedoch den thermischen und organi-
schen Mallelnreaktionen keinen absoluten Wert zuschreiben, weil erstens
nicht alle malleinisierten Pferde, die thermische und organische Reak-
tion geben, auf Grund der Erfahrung als rotzkrank angesehen werden
khnnen, und weil zweitens die thermische Reaktion bei wiederholten
Malletninjektionen sich bis zum Verschwinden abschwacht, ohne dafi das
Tier authdrt, rotzverdachtig zu sein. Aus diesem Grunde liefert die
Anwendung des Mallelns dem Praktiker oft keinen sicheren Anhalts-
punkt bei der Diagnose der Rotzkrankheit, besonders bei den Ein-
hufern.
Unter den zur Erleichterung der Diagnose bei rotzverd&chtigen
Tieren vorgeschlagenen Mitteln hat gewiB die experimentelle Priifung,
d. h. die Impfung von Meerschweinchen, Katzen, Hunden und Eseln mit
von verd&chtigen Tieren herstamraendem Material (schleimiger Eiter,
Sekrete von farcinSsen Geschwflren, Emulsionen geschwollener Lymph-
drflsen u. s. w.) die grhfite Bedeutung. Wenn man aber bedenkt, dafi
der Rotzbacillus bei den lebenden, an verstecktem Rotz leidenden
Pferden schwer im Blute und in der keine Rotzknoten enthaltenden Milz
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602
jCentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
nachweisbar ist (wie auch aus meinen zahlreichen Untersuchungen her-
vorgeht), und wenn man sich vorhS.lt, daB die an verstecktem Rotz
leidenden Pferde weder NasenausfluB haben, noch bei einer SuKeren
Untersuchung sichtbare Geschwflre zeigen und ebensowenig geschwol-
lene Lymphdrflsen, so kommt man leicht zu der Ueberzeugung, daB
solche Probeimpfungen, die bei zur Verfflgung stehendem passenden
Material so groBe Bedeutung haben, dem diagnostischen Zwecke nicht
entsprechen, wenn sie zur Erkennung von F&llen latenten Rotzes bei
lebenden Pferden dienen sollen, von welchen das passende Impfmaterial
(Lungentuberkel, peribronchiale Lymphdrflsen u. s. w.) schwer zu ver-
schaffen ist.
Eine Probe, der man in diesen letzten Jahren eine gewisse Bedeu-
deutung zugeschrieben hat, urn rotzverdfichtige Krankheitsfalle zu er-
kennen, beruht auf dem AgglutinationsvermOgen des Blutserums.
Seit fast einem Jahrzehnt weiB man, daB in dem Blute rotzkranker
Tiere Agglutinine vorhanden sind, welche gegen den auf kflnstlichen
NShrboden gezflchteten Rotzbacillus wirken. Mac Fadyean 1 ) machte
zuerst derartige Versuche, indem er flhnliche von Widal bei der Typhus-
infektion des Menschen angestellte Untersuchungen den seinen zu Grunde
legte. Bald darauf wiederholte Foulerton 2 3 ) das Experiment mit dem
Blutserum eines an Rotz erkrankten Mannes, wobei er auch Vergleiche
mit dem Serum gesunder und an Diphtheritis und Typhus erkrankter
Menschen anstellte. Wladimiroff 8 ), der seine Studien flber die Ag¬
glutination des Rotzbacillus im Jahre 1896 begonnen und sie spflter mit
seinem Schfller Afanasieff fortgefflhrt hatte, kam zu dem Schlusse,
daB das Blutserum eines normalen Pferdes schon bei einer Verdflnnung
von 1 : 300 eine Agglutinationskraft gegen den Rotzbacillus zeigt, und
behauptete auch, daB das Serum rotziger Pferde sich in noch viel
grSBerer Verdflnnung wirksam erweist Diese Tatsache, welche einen
grflBeren Agglutiningehalt in dem Serum rotzkranker Pferde beweisen
wflrde, ist auch von anderen Beobachtern beststigt. Nur einige Forscher,
wie Dediulin 4 5 ), Nikolsky 6 ), Jensen 6 ), Petrowsky 7 ) u. a. haben
nach der Ansicht Wladimiroffs den Wert ihrer Untersuchungen flber
die Agglutinationskraft des Serums, wegen zu starker Konzentrierung
desselben, illusorisch gemacht. Nach Wladimiroff und nach anderen
modernen Forschern ist diese Untersuchungsmethode zur Erkennung des
Rotzes von unbestreitbarer Wichtigkeit, jedoch kann sie nicht ohne
weiteres dem Praktiker tiberantwortet werden, wie die Mallelnprfifung,
besonders wenn der Forscher in der Laboratoriumstechnik nicht vflllig
eingeflbt ist Wenn auch solche Agglutinationsproben des Serums tat-
sScblich mit toten Bacillen ausfflhrbar sind, wobei man leicht zu auch
1) Mac Fadyean, Preliminary note on eerodiagnosia of glanders. (Joum. comp,
pathol. and therap. Vol. IX. 1896.)
2) Foulerton, On serumdiagnosis in glanders. (Lancet. 1897.)
3) Wladimiroff, Sur le pltenom&ne d'agglutination dans la morve. (Recueil
de nted. v4t4rin. 1897 et 1903.)
4) Dediulin, Zur Rotzdiagnose. (Arch. f. Veter.-Wissensch. 1899.) [Russisch.]
— Zur Serumdiagnose beim Rotz. (Bote f. dffentl. Veter.-Wissensch. 1900. [Russisch.]
5) Nikolsky, W., Bedeutung der Serumdiagnoae beim Rotz. (Arch. f. Veter.-
Wissensch. 1900.)
6) Jensen, C. O., Ueber die Serumagglutination. (Maanedsskrift for Dyrlaeger.
1901.)
7) Petrowsky, A., Naturliche Rotzinfektion bei Kamelen. (Bote f. Sffentl. Veter.-
Wissensch. 1900.) (Russisch.] — Malleus Kameli. (Arch. f. Veter.-Wissensch. 1903.)
[Russisch.]
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Bono me, Schwank ungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des Blutes etc. 603
mit blofiem Auge sichtbaren Resultaten gelangt, durfen dem Forscher
nichtsdestoweniger die feinsten technischen Operationen nicht unbekannt
sein, die zur genauen Titrierung des Serums erforderlich sind. Auch
kSnneu die Resultate der makroskopischen Serumprfifung die mikro-
skopischen Ergebnisse bei der Demonstration des feinen Ph&nomens nicht
ersetzen.
Eigene Versuche.
Infolge eines mir von der Generaldirektion des Sanit&tsamtes des
kgl. Ministeriums des Inneren erteilten Auftrages bin ich seit ungefa.hr
anderthalb Jahren beschaftigt, bei Pferden, welche nur die Malleln-
reaktion zeigen, ohne irgend ein anderes klinisches Rotzsymptom aufzu-
weisen, den latenten Rotz and seine Kontagiositat zu studieren.
Da ich in diesem langen Zeitraume meiner Studien sechs Pferde
zur Verffigung hatte, deren einige ich durch eine besondere Methode in-
fizierte, bei der die Tiere bestandig auf Mallein reagierten, ohne durch
viele Monate hindurch die klassische Symptomatologie der Krankheit zu
zeigen, und da ich viele andere kleine Laboratoriumstiere (Meerschwein-
chen und Katzen) zum Zwecke des Studiums infizieren mufite, so hatte
ich gute Gelegenheit, zahlreiche Beobachtungen fiber das Agglutinations-
und PrfizipitationsvermOgen des Blutserums verschiedener, an mehr oder
minder verstecktem Rotz leidender Tiere, im Vergleiche mit dem mit
dem Agglutinin- und Prfizipitingehalte des Serums derselben Species im
normalen Zustande, auszuffihren.
Bei den zahlreichen von mir fiber die Agglutinationskraft des Serums
angestellten Versuchen habe ich ein doppeltes technisches Verfahren be-
folgt: d. h. ich untersuchte einerseits die agglutinierende Wirkung des
Serums auf Aufschwemmungen von durch Hitze getfiteten und in einer
schwach mit Phenol versetzten physiologischen Kochsalzlosung gehaltenen
Rotzbacillen und andererseits dieselbe agglutinierende Kraft des di-
luierten Serums auf lebende, aus frischen, 3 Tage alten Bouillonkulturen
entnommenen Rotzbacillen.
Diese beiden Methoden kfinnen nicht als so vollkommen angesehen
werden, dafi sie manchmal mfigliche Fehler ausschliefien. Mit der Uebung,
die man bei der hfiufigen Wiederholung solcher mikroskopischen Prfl-
fungen des agglutinierenden Serums auf die Bacillen erwirbt, indem
man stets dieselben technischen Details verfolgt, ist es mir immerhin
gelungen, die leicht zu begehenden Fehler zu vermeiden und ver-
gleichende, hinreichend genaue Werte zu erhalten.
Die von mir bei der makroskopischen Prflfung verfolgte Methode
ist gerade die neuerdings von Kleine 1 ) fflr die toten Rotzbacillen vor-
geschlagene. Diese Methode gibt ziemlich gute Resultate, wenn die
Yerdfinnungen des zu prfifenden Serums nicht zu stark sind; wenn die-
seiben aber so stark sind, dafi sie ungeffihr den wirklichen Titel des
AgglutinationsvermOgens annfihernd erreichen, so gelingt es nicht, mit
hinreichender Sicherheit den Transparenzunterschied zwischen der Test-
flflssigkeit und der Flfissigkeit, welche die grfiBte Verdflnnung des ag¬
glutinierenden Serums enthfilt, festzustellen.
Ein sichereres Kriterium liefert hingegen die Prfifung mit lebenden
Bacillen, indem man das verdfinnte Blutserum auf frische Bouillon¬
kulturen von Rotzbacillen wirken l&fit. Zur Ausffihrung dieser Probe,
1) Kleine, E. JL, Ueber Rotz. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLIV.
1903.)
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604 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
die ich im h&ngenden Tropfen ausfflhrte, bediente ich mich eines sehr
guten apochromatischen Objektivsystems (2 mm) von Zeiss. Ich
wandte 3-t&gige Bouillonkulturen an, so dafi die Menge der vermehrten
Bacillen nicht zu grofi und am Boden der Eprouvetten kein flockiges
Sediment gebildet war.
Die miteinander in BerGhrung kommende Menge von Bouillonknltnr
und Blutserum wurde mit von mir selbst graduierten Pipetten genau
gemessen, so dafi bei der stets gleichen Neigung derselben die Tropfen
immer gleich grofi resultierten. Der verwendete Bacillus riihrte immer
von demselben Stamme her und die N&hrbbden waren immer in der¬
selben Weise pr&pariert. Die einzelnen Beobachtungen wurden von 20
bis 30 Minuten bis aut 22—24 Stunden ausgedehnt. Eine Zeitdauer von
18—24 Stunden, um sich von einem gegebenen Resultat zu Qberzeugen,
ist nicht nur bei den makroskopischen, sondern auch bei den mikrosko-
pischen Proben vorteilhaft, besonders wenn innerhalb der ersten halben
Stunde bei den starken Verdiinnungen (1 : 500—1 : 800) die Bildung der
KlGmpchen agglutinierter Bacillen gering und unentschieden ist
Um mir einen moglichst genauen Einblick in die Schwankungen
des Agglutinationsvermogens des Blutserums einiger Tiere w&hrend der
Rotzinfektion zu verschaffen, lenkte ich zuerst meine Beobachtungen auf
das Serum von im normalen Zustande befindlichen Tieren derselben
Species. — Unter den Tieren, bei denen ich die Agglutinationskraft
gegenuber dem Rotzbacillus studierte, befinden sich in erster Linie die,
welche gegenflber dem Rotzvirus die grdfite Empfindlichkeit zeigen, wie
z. B. Einhufer (Pferd, Esel), Katzen und einige Nagetiere (Meer-
schweinchen).
Es waren 6 normale Pferde, deren Agglutinationskraft ich studieren
konnte.
Die Resultate der verschiedenen Untersuchungen zeigten, dafi manch-
mal individuelle und ziemlich fuhlbare Unterschiede vorkommen. Bei
einigen gesunden Pferden schwankt die Agglutinationskraft von 1:60 bis
1 : 115, bei anderen von 1 :115 bis 1 :170 oder auch bis 1 : 230. Solche
Daten beziehen sich auf die mikroskopische Reaktion auf lebende Ba¬
cillen. Die makroskopische Reaktion, welche mit einer bei 60° stunden-
lang abgetoteter Bacillen hergestellten Aufschwemmung vorgenommen
wurde, zeigte sich nicht so empfindlich und gab Resultate, die von 1 : 50
bis 1 :150 schwankten. Sowohl diese bei der makroskopischen als die
bei der mikroskopischen PrOfung erhaltenen Zahlen bleiben etwas unter
denen von Fedorowsky l ), der die Agglutinationskraft beim normalen
Pferde zwischen 1 :300 bis 1 :500 annimmt. Wahrscheinlich sind diese
Unterschiede nicht so sehr den Fehlern bei der Titrierung der Mischungen
zuzuschreiben als hingegen und vielleicht haupts&chlich dem gebrauchten
Kriterium, um den Grenzwert der Agglutinationskraft zu bestimmen.
Das Vorkommen einiger sp&rlicher BacillenklGmpchen in dem h&n¬
genden Tropfen der untersuchten Mischungen wurde von mir nicht fOr
einen sicheren Beweis zur Beurteilung des vorgenannten Grenzwertes
gehalten; hingegen habe ich meine Ansicht fiber diesen Grenzwert nicht
nur auf das Vorhandensein einer geringen Zahl BacillenklGmpchen, son¬
dern auch auf ihre Unbeweglichkeit, auf die Schwellung derselben und
ihr granuloses Aussehen st&tzen wollen.
1) Fedorowsky, Zur Agglutination der Rotzmikroben etc. [Dissert.] Jurieff
1902. [Russisch.]
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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- n. Prftzipitingehaltes des Blutes etc. 605
Beim Serum eines gesunden, jungen Esels wurde die Agglutinations-
kraft des Blutserums gegen den Rotzbacillus von mir schwficher als
beim Pferde gefnnden, d. h. sie schwankte von 1 : 70 bis 1 : 90. Bei
gesunden Katzen und Meerschweinchen ist die Agglutinationskraft ge-
wfihnlich sehr gering, d. h. 1 : 20 bis 1 : 40.
Schwankungen des Agglutinationsvermfigens des Blutes
wfihrend der Rotzinfektion.
Nach Feststellung der obenerwahnten Daten in Bezug auf die Ag-
glutinationskraft des Serums gesunder Tiere gegenflber dem Rotzbacillus
ffihrte ich eine lange Reihe Beobachtungen fiber die Schwankungen der
Agglutination wfihrend des Rotzes aus. Der grSBere Teil dieser Beob¬
achtungen vollzog sich bei an experimentell rotzkrank gemachten Pferden,
deren einige nur die latente Form der Krankheit zeigten. Andere Be¬
obachtungen machte ich bei Katzen und Meerschweinchen in verschie-
denen Krankheitsstadien.
Die erste Frage, die ich mir vorlegte, bezog sich auf die Bestim-
mung, wann nach Einffihrung des Rotzvirus in den Kfirper des Pferdes,
der Katze oder des Meerschweinchens die erste Zunahme der aggluti-
nierenden Eigenschaft des Serums sich zeigte. Diese Frage, der eiue
gewisse Bedeutung beim Studium des Verlaufes des experimentellen
Rotzes zukommt, hat, wie leicht begreiflich, keine beim spontanen Rotz.
Die diesem Zwecke dienenden Versuche wurden an 3 Pferden vorge-
nommen, von denen 2 mit frischen, wirksamen, auf normalen gastro-
intestinalen Wegen eingeffihrten Rotzkulturen infiziert wurden. Dem
dritten wurde eine Agarkultur auf die kruentierte Nasenschleimhaut
eingerieben. Ich bemerkte bei diesen 3 Tieren, daB die agglutinierende
Reaktion nicht in demselben Zeitraume nach der Ansteckung zunahm.
Diese zeigte sich zuerst beim durch die Nasenschleimhaut infizierten
Pferde und trat schnell 2 Tage spfiter ein. In der Tat bemerkte ich
beim Pferde „Gigante“, dessen Blut vor der Infektion ein Maximum
an Agglutination skraft von 1 : 170 besafi, 2 Tage nach der Ansteckung
durch die Nasenschleimhaut, wfihrenddem eine groBe, odematbse Schwel-
lung der ganzen Schleimhaut und eine schmerzhafte Schwellung der
intermaxillllren Lymphdrfisen eingetreten waren, eine Zunahme des Ag-
glutinationsvermfigens bis zu 1 : 300, und 8 Tage spfiter, als ein reich-
licher, eiterig-schleimiger, bacillenhaltiger AusfluB aus den Nfistern und
ein grofies Geschwflr auf dem Nasenseptum an der Inokulationsstelle
sich vorfand und auch die schmerzhafte Schwellung der intermaxillfiren
Lymphdrfisen andauerte, war die Agglutinationskraft des Blutserums auf
1 : 460 gestiegen (mikroskopische Reaktion auf lebende Bacillen). 21 Tage
nach der Infektion erhielt ich eine starke Mallelnreaktion, und die Ag¬
glutinationskraft des Serums war ungeffihr 1 :300 bis 1 : 350 (mikro¬
skopische und makroskopische Reaktion). Die Agglutinationszunahme
bis 1 :460 erhielt sich nicht nur durch die ganze Zeit des schweren Er-
krankungsstadiums des Tieres, wfihrend dessen es starke Mallelnreaktion
zeigte (2 1 /*—3 eg), sondern sie erhielt sich auch spfiter, als es fast ge-
nesen schien.
Bei den zwei anderen Pferden „Estimo“ und „Ceva“, bei denen ich
die experimentelle Infektion durch Einffihrung von wirksamen Rotz¬
kulturen in die normalen Verdauungswege vorgenommen hatte, indem
ich, um das Eindringen des Infektionsmaterials in die hinteren Nasen-
wege durch die Choanen zu vermeiden, aus einem indifferenten Teige
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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
hergestellte grofle Pillen, innerhalb welcher eine mit Agarkultur ausge-
fullte Hdhlung sich fand, verschlucken lieB, war das Verhalten der Ag-
glutinationsreaktion des Serums etwas verschieden.
Bei diesen zwei Pferden erhflhte sich das Agglutinationsvermdgen
nicht so schnell, wahrscheinlich weil ersteus die Einfflhrung des infek-
tiflsen Materials nicht auf die Oberflflche der kflnstlich verwundeten
Schleimh&ute, wie beim vorhergenannten Falle, vorgenommen wurde,
sondern auf die Oberflache gesunder Schleimhaute, und zweitens, weil
die Ansteckung auf gegen Rotzvirus minder empfindliches Gewebe und
bei Einflufl der weuu auch schwach wirkenden Verdauungssafte geschah.
Bei einem dieser zwei Pferde, beim „Estimo“, das schwerer mit
einer auf 2mal im Abstand von 2 Monaten 1 ) in grflBerer Menge ver-
schluckten Kultur infiziert wurde, erhflhte sich das Agglutinationsver-
m6gen des Blutes von 1:230 auf 1:350 und stieg schliefilich auf 1:550
(mikroskopische Reaktionen auf lebende Bacillen).
Beim anderen dieser Tiere, bei der Stute „Ceva“, welche durch die
Verdaungswege, aber mit geringerer Menge von Rotzkulturen, infiziert
wurde, trat die Erhohung der Agglutinationskraft 50 Tage nach der
ersten Infektion ein, wobei der Agglutinationstitel von 1 :115, was dem
Normaltitel entsprach, bis 1 :300 stieg. Infolge einer zweiten, ebenfalls
auf dem Verdauungswege vorgenommenen Infektion kam eine schnelle
Zunahme der Agglutinationskraft von 1 : 600 bis 1 : 1035 zum Vorschein,
die Ende Juli 1904 ein Maximum von 1 : 1104 erreichte.
Auf Grund solcher von mir bei diesen 3 Pferden vielmals mit
groBter Sorgfalt wiederholten Beobachtungen des Agglutinationsver-
mdgens konnte man zu dem Schlusse gelangen, dafi die Agglutina¬
tionskraft des Blutserums gegenflber dem Rotzb&cillus
beim experimentellen Rotz der Pferde sich bedeutend
erhdht und daB solche Zunahme schneller auftritt, wenn
die Ansteckung durch die verwundete Nasenschleimhaut
geschieht, weniger rasch dagegen bei der Infektion durch
die normalen Verdauungswege.
Die Zunahme der Agglutinationskraft des Blutes gegenflber dem
Rotzbacillus kommt gewohnlich beim Auftreten des Fiebers zum Vor¬
schein und Mit mit der Mallelnreaktion zusammen. Der Zeitraum, in
dem solche Erhdhung des AgglutinationsvermSgens sich zeigt, betrfigt
einen Monat, oder etwas mehr, wenn die Ansteckung durch die Ver¬
dauungswege erfolgte, hingegen ist er von wenigen Tagen, wenn die
Infektion durch die verwundete Nasenschleimhaut geschehen ist.
Zu Kontrollzwecken verfolgte ich das Verhalten der agglutinieren-
den Reaktion bei zwei anderen ganz gesunden Pferden „Dandolo“ und
B Chiari“, welche, ohne frflher Mallelnreaktion zu zpigen, mit den beiden
experimentell mit Rotzkulturen durch die Verdauungswege infizierten
Pferden „Estimo“ und „Ceva“ ganz nahe beieinander gehalten wnrden;
1) Der Wallach „Eatimo“ wurde das erste Mai am 28. Dezember 1903 durch Ver-
schlucken von 3 Pillen infiziert, in deren ganz geschlossener zentraler Aushohlung der
ausgekratzte Brei von in 6 Petri-Schalen enthaltenen Agarkulturen eingeschlossen
war. Nach 3 Tagen wurde das Tier von einem heftigen Fieber befallen, welches ein
Maximum von 40,4° erreichte und 2 l / s Tage dauerte. Wahrend dieser Periode war das
Tier sehr abgeschlagen und frafl weniff. — Am 2. Marz 1904, d. h. 63 Tage nach-
her, befand sich das Pferd ziemlich worn und wurden ihm dann neuerdings 2 Pillen,
die den Brei von 5 Petri-Schalen Agarkulturen enthielten, in den Schlund eingefiihrt.
Das Tier reagiert am 4. Tage mit einer thermischen Erhdhung auf 39,4°. Das Fieber
dauert 2 Tage.
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Bo no me, Schwankungen des Agglutinin-, u. Pr&zipitingehaltes deg Blutes etc. 607
and die gemeinschaftliche LebensfQhrung wurde besonders w&hrend eines
langen Zeitraums eingehalten, in dem die infizierten Tiere an latentem
Rotz litten. Man sorgte daftlr, dafi diese zwei ganz gesunden Pferde
im Stalle neben den zwei an latentem Rotz erkrankten ihren Stand er-
hielten and daB das Fatter aas demselben gemeinsamen Trog gefressen
and aas demselben Eimer gesoffen wurde. Bei einem dieser Pferde,
dem „Dandolo“. erreichte die Agglutinationskraft nach fast 5 Monaten
gemeinschaftlicben Lebens mit dem durch die Verdauungswege infizier¬
ten Pferde „Estimo“ ein Maximum von 1 : 1380, wBhrend vor dem Zu-
sammensein mit dem infizierten Pferde seine Agglutinationskraft unge-
fkhr 1 :200 betrug. Obwohl sich beim „Dandolo“ keinerlei ausge-
sprochenes Anzeichen von Rotzkrankheit zeigte, und es nur auf Malleln
(2 1 /* 0 oder wenig mebr) reagierte und, ohne zur Arbeit angehalten zu
sein, auch abgemagert war und hin und wieder ohne sichtbaren Grund
fieberte, wurde das Tier am 23. Juli 1904 getOtet.
Bei der Sektion fand sich keine der charakteristischen Veranderungen
der Rotzkrankheit; nur fand ich in den Lungen sehr sparliche graue, nadel-
kopfgroBe, harte, halbtransparente Tuberkel, die von keinem h&morrhagi-
schen Hofe umgeben waren. Neben diesen Tuberkeln, die nicht rotziger
Natur waren, sah ich hier und da einige weiche, grauweiBe, kQrzlich ent-
standene bronchopneumonische Herde, die besonders an der Basis beider
Lungen verstreut waren. — Die peritrachealen und peribronchialen Lymph-
drflsen waren stark geschwollen und zusammengewachsen, so dafi sie
htlhnereigroBe, homogene Massen von an der Schnittflache speckigem
Aussehen bildeten. Sowohl diese bronchopneumonischen Herde als auch
diese hyperplastischen, peritrachealen und peribronchialen Lymphadeniten
konnte man bei einer am Sektionstisch vorgenommenen ersten Unter-
suchung fdr nicht rotziger Natur halten, da das charakteristische kasig-
^iterige Aussehen, welches gewdhnlich bei lange an Rotz leidenden
Pferden sich findet, fehlte. — Es war nur nach sorgfaitiger bakterio-
logischer Untersuchung dieser bronchopneumonischen Herde und der
hyperplastischen Lymphdrtlsen und besonders infolge der wiederholten
Impfungen mit Ganglienemulsionen bei Meerschweinchen und Katzen
raOglich, die rotzige Natur dieser Lymphadeniten und dieser broncho¬
pneumonischen Herde festzustellen. Es blieb also kein Zweifel mehr, dafi
das Pferd „Danolo“ rotzig geworden war und zwar infolge seines Zu-
sammenlebens mit dem anderen Pferde „Estimo“, das, von uns auf dem
Verdauungswege infiziert, an latentem Rotz litt, also weder NasenfluB
noch -Geschwfire noch Schwellungen der intermaxiliaren Lymphdrflsen
zeigte und von Zeit zu Zeit spontanen, kurzdauernden Fieberanfailen aus-
gesetzt und dabei etwas abgemagert war.
Bei diesem Pferde, bei dem ich die Schwankungen des Agglutina-
tionsvermogens des Blutes von vblliger Gesundheit an bis zum Zustande
verdftchtiger Infektion ganz gut verfolgen konnte, h&tte die serodiagno-
stische Priifung keine besseren Resultate geben konnen, da sie durch
die bakteriologische Untersuchung der bei der Sektion entnommenen Ge-
webestficke vollauf bekr&ftigt wurde.
Auf Grund solcher Resultate kommt man zu dem Schlusse, daB
der Erhbhung der Agglutinationskraft des Blutserums
bei einem Pferde, das wegen der mallelnischen Reaktion
und wegen anderer Umst&nde als rotzverdBchtig ange-
sehen werden kann, ein unzweifelhafter Wert bei der
Diagnose der Rotzinfektion zuzuschreiben sei.
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608
Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXYIII. Heft 5.
Beim anderen Pferd „Chiari“, das ebenfalls lange Zeit (ungefS.br 5 Mo-
nate) init dem „Estimo u und mit dem anderen „Ceva“ zusammengehalten
wurde, begannen die ersten spontanen FieberanfSlle ungefahr einen
Monat spSter. Nach 3 Monaten auf Malleinreaktion geprttft, zeigte es
TemperaturerhAhung von 2 3 /io Centigrad, d. h. von 37,5—39,8°. Bei
diesem Tiere stieg die Agglutinationskraft des Blntserums von 1 :115
bis 1 : 345 in der Periode zwischen August und November 1904. Im
Dezember 1904 schwankte das Agglutinations verm Agen zwischen 1 :340
bis 1: 460 und war wahrend der Malleinreaktion noch hAher, in dem es
das VerhSltnis von 1 : 600 bis 1 : 750 erreichte. Im Dezember vorigen
Jahres und im folgenden Januar war das Pferd sehr abgemagert und
atmete unregelmaBig, es fieberte aber nicht, reagierte jedoch auf Malleln
mit ungefahr 2 Centigraden (39,3—39,5°). Am 25. Januar wurde das
Tier getfitet Das kurz vor dem Schlagen entnommene Blut aggluti-
nierte im Verhaltnis von 1 :500. Die Sektion lieB die Anwesenheit
eines fibrinosen, nicht ktlrzlich entstandenen Exsudates auf der Pleura
der unteren linken Lunge, auf der diaphragmatischen Pleura und auf
dem Mediastinum anterior zutage treten. An einigen Stellen der Lungen-
pleura war das Exsudat mit darunterliegendem Bindegewebe zusammen-
gewachsen; dagegen bedeckte es, besonders dem Diaphragma und dem
Mediastinum entsprechend, ein weiches, grauweiBes Granulationsgewebe.
Die linke Lunge zeigte hier und da gelbe, kSsige, hAchstens erbsengrofie
Tuberkel und auch graue, halbtransparente, nicht von hamorrhagischen
HAfen umgebene, kleinere Tuberkel. Auch in der rechten Lunge fanden
sich solche Tuberkel, jedoch viel seltener. Der Larynx war normal so-
wie die Trachea; die peritrachealen Lymphdrflsen etwas vergrdBert und
weich. Leber, Niere und Verdauungswege normal, ebenfalls die Nasen-
schleimhaut und die intermaxillSren Lymphdrflsen.
Die direkt auf diese pathologischen Produkte ausgefflhrte bakterio-
logische und kulturelle Untersuchung gab bezflglich der Gegenwart des
Eotzbacillus ein positives Resultat.
Einige Katzen und Meerschweinchen, die mit Emulsionen von peri-
bronchialen Lymphdrflsen geimpft worden waren, starben an Rotz.
Bei anderen kranken Oder normalen Tieren erhielt ich folgende Er-
gebnisse. Bei einem normalen Esel zeigte das Blutserum ein nicht flber
1 : 90 bis 1 :100 hinausgehendes AgglutinationsvermAgen. Wahrend
einer langen Immunisationsperiode, in der diesem Tier After Injektionen
von durch Erhitzung auf 60 oder 65° getAteten Rotzkulturen gemacht
wurden, erhAhte sich die Agglutinationskraft des Blutserums von 1 :90
bis 1 :230, und wahrend eines sehr rasch und tAdlich verlaufenden
Rotzes, der wegen einer Einspritzung von nicht genflgend erhitzter resp.
abgetAteter Kultur eingetreten war, nahm das AgglutinationsvermAgen
des Blutes bis 1 :345 zu.
Bei normalen Meerschweinchen schwankt die Agglutinationskraft
des Blutserums gegenflber dem Rotzbacillus zwischen 1 :23 bis 1 :30.
— Das wahrend der starksten, tAdlich verlaufenen Rotzansteckung ent¬
nommene Blut, als das Tier die typische Rotzorchitis aufwies, zeigte
keine Vermehrung seiner Agglutinationsfahigkeit
Auch bei der Katze habe ich einen ahnlichen Befund erhalten: in
verschiedenen dieser rotzigen Tiere, denen ich das Blut kurz vor dem
Tode entnahm, zeigte das oft hamoglobinhaltige, abgeschiedene Serum
keine Zunahme der Agglutinationskraft, die zwischen 1 :25 bis 1 :50
schwankte. Eine tatsflchliche Zunahme der Agglutinationskraft des
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Bono me, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des Blntes etc. 609
Serums der rotzkranken Katzen bis 1 : 200 bemerkte ich nur in wenigen
Fallen (2mal bei 10 rotzkranken Katzen).
Diese vielmals mit groBer Sorgfalt ausgefdhrten Beobachtungen be-
weisen, wie die Agglutinationskraft des Blntes ge gen fiber dem Rotz-
bacillus sich nicht wie bei alien fflr den Rotzbacillus empfindlichen Tieren
in gleicber Weise verhalt. Wahrend tatsachlich bei den Einhufern im
Verlaufe der Rotzkrankheit die agglutinierende Reaktion des Blntes
merkbar znnimmt, so daB sie zur Erkennung des latenten Rotzes sich
eignet, erhdht sich das Agglutinationsvermdgen bei anderen Tieren, wie
bei den von Natur aus gegen Rotz sehr empfindlichen Katzen und Meer-
schweinchen, wahrend des experimentellen Rotzes durchaus nicht Solche
von mir vielmals beobachteten Tatsachen w Or den also die Resnltate von
Fedorowskj nicht bestfitigen.
Veranderung der Agglutination wahrend der
Mallei n reaktion.
Es ist bekannt, daB wahrend der durch Protelne und andere 16s-
liche Toxine des Rotzbacillus hervorgerufenen Vergiftung die Agglutina¬
tionskraft des Blutes gegenflber dem Rotzbacillus fQhlbar zunimmt.
Eine solche Erscheinung wurde schon von Arp fid 1 2 3 ) beim gesunden
Pferde und von Fedorowsky*) beim Meerschweinchen, Kaninchen
und Hunde bemerkt Auch bei rotzkranken Pferden wurde von Pok-
schischewsky 8 ) das Gleiche beobachtet, und Kleine 4 * ) hat nachge-
wiesen, daB die Agglutinationskraft des Blutes bei gegen Rotz immuni-
sierten Eseln und Ziegen bis 1 :300 ansteigen kann und sogar in ein-
zelnen sehr seltenen Fallen bis auf 1 : 20000. — Man glaubt jedoch, dafi
diese Verstarkung der Agglutinationskraft des Blutserums gegendber
dem Rotzbacillus wahrend der Mallei'nvergiftung keine dauernde, son-
dern nur eine vordbergehende sei. Nach Arpdd kehrt die Agglutina¬
tionskraft des Blutes bei malleinisierten Pferden in wenigen Wochen bis
auf das Normale zurdck.
Nachdem die bis jetzt erhaltenen positiven Resultate bezdglich dieser
interessanten Frage, die man als hdchst aktuell ansehen kann, nur sp&r-
lich sind und da man auch mit gegen den Rotzvirus unempfindlichen
Tieren (Hdhnern) Oder mit solchen, die wegen ihrer geringen Empfind-
lichkeif keine bestAndigen und sicheren Resultate geben konnten, experi-
mentiert hatte, so unternahm ich eine Versuchsreihe, um das Verhalten
des Agglutinationsvermogens des Blutserums bei Pferden wahrend der
Malle'invergiftung zu studieren. Beim gesunden Pferde ruft die Mallei'n-
vergiftung keine merkbare Veranderung der Agglutinationskraft des
Blutes gegendber dem Rotzbacillus hervor, wenn diese Vergiftung nur
einmal Oder hdchstens wenige Male in langen Zeitrfiumen vorgenommen
wird. Die bei einigen Tieren (Eseln, Ziegen) beobachtete Zunahme des
Agglutinationsvermogens des Blutserums nach wiederholten Einffihrungen
von Rotzprote’inen und Toxinen sind tatsachlich von der von Kleine
mittels Immunisation erhaltenen Erhdhung nicht unterscheidbar. Beim
1) Arpfid, Julius, Beitrag zur Agglutination des Rotzbacillus. (VeterinariuB.
Bd. XXV.) [Ungarisch.]
2) Fedorowsky, Zur Agglutination der Rotzmikroben etc. [Dissertation.] Ju-
rieff 1902.
3) Pokechischewsky, Agglutination als diagnostische Methode fur Rotz. (Arch.
tubs, de pathol. T. XII. 1901.)
4) Kleine, E. X., Ueber Rotz. (Zeitechr. i. Hyg. Bd. XLIV. 1903.)
£nte Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 5. 39
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610 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt, Originale. Bd. XXXVHI. Heft 5.
rotzkranken oder verdachtigen Pferde erzeugt die Malleinvergiftung fast
immer — die Falle, wo die Tiere vielleicht wegen zu hfiufiger Malleln-
injektion oder wegen erfolgter Genesung zu reagieren aufhSrten, ausge-
noramen — eine thermische Erhdbung und die sogenannte organische
Reaktion, die sich, wie bekannt, in einer allgemeinen Ermattung, ver-
weigerter Nahrungsaufnahme, SchweiB und ddematdser, schmerzhafter
Anschwellung des subkutanen Bindegewebes an der Stelle der Ein-
spritzung ausdriickt.
Wahrend dieser Malleinreaktion untersuchte ich mehrmals das ag-
glutinierende Verhalten des Blutserums sowohl bei gesunden als auch
bei verstecktem Rotz und bei an sehr ausgepr>em Rotz leidenden
Pferden. Die erhaltenen Resultate zeigten gewfihnlich, daB die Mal-
leinvergiftung beim rotzkranken Pferde die Zunahme
des Agglutinationsvermfigens des Blutserums veranlaBt.
Diese Erhohung ist jedoch vorfibergehend, schwankt je nach den Tieren,
dauert nicht linger als 5—7 Tage nach der Mallelnisation und steht
mit der Intensitat der thermischen Reaktion nicht immer im Verhaitnis.
In der Tat zeigte das Agglutinationsvermfigen bei einigen von mir
experimentell sowohl durch die verwundete Nasenschleimhaut als auch
durch die normalen Verdauungswege infizierten Pferde, obwohl man
nach 3 Wochen eine thermische Mallei'nreaktion bis 40,6° = 3 Centi¬
grade fiber die Norm bemerkte, keine Erhohung, die viel bedeutender
gewesen ware als jene der ersten Tage nach der Infektion, d. h. es
schwankte von 1 : 230 bis 1: 250.
Beim an verstecktem Rotz leidenden Wallach „Dandolo“ dagegen,
dessen Nachweis nur durch die bakteriologische Untersuchung der
weichen und geschwollenen peribronchialen Lymphdrfisen erfolgen konnte,
war die Agglutinationskraft des Blutes wahrend der in den letzten
3 Tagen vor der Totung vorgenommenen Mallelnisation von 1 : 700 bis
1 : 1380 gestiegen.
Obwohl die Mallel'nvergiftung bei rotzkranken Pferden eine kurz-
dauernde Zunahme des Agglutinationsvermfigens des Blutserums gegen-
fiber dem Rotzbacillus hervorruft, steht doch diese Erhdhung nicht ganz
im Verhaitnis zu der Starke der thermischen und organischen, durch
Mallelnisation erzeugten Reaktion.
Zur Bestatigung dieser auf die Resultate meiner experiraentellen
Beobachtungen sich stfitzenden Behauptung dient die Tatsache, daB eine
gewisse Zunahme der Agglutinationskraft des Blutserums wfihrend der
Mallelnisation auch bei nicht mehr mit Hyperthermie, sondern nur mit
einer schmerzhaften Odematdsen Schwellung an der Injektionsstelle rea-
gierenden Pferde (ceased reactor) zum Vorschein kommt.
Bei einigen dieser nicht mehr reagierenden Pferde erh< sich das
Agglutinationsvermdgen des Blutserums manchmal ziemlich hoch und
steigt, wenn auch wenig, wahrend der Mallelnisation noch an, obwohl
diese nur eine leichte organische Reaktion hervorruft.
Dieser Zunahme der Agglutinationskraft, die bei den rotzverdfich-
tigen Pferden wahrend der Malleinreaktion eintritt, kommt ein dia-
gnostischer Wert von hoher Bedeutung zu, wenn man
bedenkt, daB die Malleinreaktion kein absolut sicheres
Mittel ist, um die Krankheitsdiagnose festzustellen,
und wenn man sich vor Augen halt, daB bei einer ge-
wissen Zahl rotzverdachtiger Pferde die thermische Re¬
aktion auf Mallein nach einer Reihe von bei demselben
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Bonome, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des Blutes etc. 611
Tiere in verh<nismSBig kurzen Zwischenr&umen vorge-
nommenen Injektionen sich bis znm Verschwinden ab-
schw&cht
Zu dieser SchluBfolgerung gelange ich durch meine lange Zeit aus-
gefflhrten Beobachtungen, die ich liber ein Jahr bei an verstecktem oder
ausgepragtem Rotz leidenden Pferden anstellen konnte, von denen
einige eine bestimmte, andere gar keine thermische Reaktion auf die
Malleinreaktion gaben.
Abnahme des Agglutinationsvermdgens des Serums bei
den rotzkranken Pferden und ihre Erkl&rung.
Gibt nns das Agglutinationsvermdgen des Blutserums in gewissen
Fallen ein vortreffliches Mittel zur Stellung der Rotzdiagnose beim
Pferde in die Hand, besonders wenn die Erankheit noch nicht die kli-
nischen gut ausgepr>en Erscheinungen erreicht hat und besonders
wenn diese Zunahme des Agglutinationsvermdgens sich vorubergehend
w&hrend der Malle'inisation noch verst&rkt, so kann man doch nicht be-
haupten, dad einem solchen diagnostischen Mittel wirklich in alien
Fallen ein besonderer Wert zukommt. Zu diesem Schlusse flihrten mich
einige Beobachtungen an von mir mit Rotzkulturen infizierten Pferden,
bei denen die Agglutinationsprhfung mehrmals in den verschiedenen
Krankheitsperioden wiederholt wurden.
Aus diesen Beobachtungen ging hervor, daB die Agglutinationskraft
des Blutes bei den rotzkranken oder rotzverdachtigen Pferden sich ahn-
lich wie die Reaktion auf Mallein verhalten kann. Nach dem Erreichen
eines gewissen, nicht immer der Schwere der pathologisch-anatomischen
Ver&nderungen entsprechenden auBersten HQhegrades kann sie sich bis
zur Norm abschwachen, d. h. fast bis zu dem Grade, den es vor be-
gonnener Infektion besaB.
Diese Tatsache beobachtete ich nicht nur bei auf dem normalen
Verdauungswege mit frischen Rotzkulturen infizierten Pferden, die ins
letzte Krankheitsstadium eingetreten waren, nacbdem sie vorher eine
ziemlich lange Periode von 7—8 Monaten latenten Rotzes durchgemacht
hatten und dann die ausgepragtesten Krankheitssymptome, wie: schlei-
mig-eiterigen NasenausfluB, Schwellung der intermaxiliaren Lymph-
drflsen, Geschwfire der Nasenschleimhaut, Rotzarthritiden, verstreute
Eiterherde in dem Unterhautbindegewebe und in den Sehnenscheiden
u. s. w. zeigten und bei denen die unternommene Sektion die schwer-
sten Lokalisationen der Rotzkrankheit in den Luftwegen klarstellte, son-
dern auch bei einigen Pferden, die, trotzdem sie experimentell mit Rotz¬
kulturen infiziert worden waren oder sich durch langes Zusammenleben
mit anderen an latentem Rotz leidenden Pferden und durch Saufen und
Fressen aus gemeinsamen Gef&Ben spontan infiziert hatten, sich ziem¬
lich gut befanden, d. h. keine Krankheitserscheinungen zeigten und in
hinreichend gutem Ern&hrungszustande waren, sp&ter aber rotzkrank
wurden („Dandolo“ und „Chiari“). (SchluB folgt)
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612
Centralbl. £. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Nachdruck verboten.
Metakalin, ein festes Kresolseifenpraparat
Von G. Wesenberg, Elberfeld.
Unter der grofien Auswahl von Desinfektionsmitteln haben die
Kresolpr¶te sich einen festen Platz zu erringen vermocht, und zwar
sind es besonders die Kresolseifenprfiparate, welche sich einer grofien
Beliebtheit erfreuen. Diese bestehen bekanntlich aus Gemischen von
gleichen Gewichtsteilen Rohkresol und Kaliseife, welch letztere aber
wohl meist durch die bedeutend billigere sogenannte grttne Oder Schmier-
seife ersetzt werden dQrfte. Beide Komponenten sind aber — da selbst
wieder keineswegs einheitliche, wohlcharakterisierte KSrper, sondern
Gemenge — von stark wechselnder Zusammensetzung; das Rohkresol
ist ein Gemisch der 3 verschieden stark desinfizierend wirkenden Eresolen,
des Ortho-, Meta- und Parakresols; daneben enth< es meist noch nicht
unbetrfichtliche Mengen weiterer homologer Phenole und von so gut
wie vdllig unwirksamen Bestandteilen, aromatischen Kohlenwasserstoffen
etc. Die chemische Untersuchung des Rohkresols, namentlich die quanti¬
tative Bestimmung seiner Komponenten, ist umstfindlich und ziemlich
schwierig, wird daher in den meisten Fallen wohl unterbleiben; die
Prfifung der fertigen Kresolseifenlosung gestaltet sich noch entsprechend
komplizierter, wie aus den verschiedenen zur Untersuchung vorgescbla-
genen Vorschriften hervorgeht. Ueber die Verschiedenheit der „Schmier-
seife“ des Handels kann jede aufmerksame Hausfrau Auskunft geben,
da ja die Verwendung von sogenannten Fflllmitteln (Wasserglas, Kar-
toffelmehl etc.) ein beliebter Kunstgriff ist, die Seife vollgehaltlich er-
scheinen zu lassen, w&brend sie in Wirklichkeit nur verhaltnismfifiig
wenig Seife und viel Wasser enthfilt. Dafi unter diesen Umst&nden die
Desinfektionswirkung der dem Handel entnommenen (aus Apotheken,
Grofidrogengeschaften etc.) Kresolseifenlosungen eine aufierordentlich
schwankende ist, indem neben ausgezeichnet wirkenden Prfiparaten
solche von geringerer Wirkung anzutreffen sind, ist von vornherein an-
zunehme nund dann auch von den verschiedenen Untersuchern [Fischer
und Koske 1 ), Uebelmesser 2 3 * * ) und Fehrs 8 )] durch Desinfektions-
versuche nachgewiesen worden.
Zu dem ebenerwfihnten Uebelstande der schwer kontrollierbaren,
schwankenden und daher unzuverl&ssigen Zusammensetzung der Kresol-
seifenlbsungen kommen noch die Nachteile hinzu, welche alle Desinfek-
tionsmittel in flOssiger Form besitzen: schlechte und ungenaue Dosierung,
fflr den Arzt die Gefahr des Geffifibruches unterwegs und damit bedingte
Verunreinigung der Instrumententasche etc., welch letztere bei einem
festen Mittel lange nicht so unangenehm ist. Ein Kresolpraparat in
fester Form wird daher dem Arzte in vielen Fallen sehr willkommen sein.
Durch Herrn Dr. Gentsch wurde mir nun Gelegenheit geboten,
1) Fischer, C. und Koske, F., Untersuchungen fiber die sogenannte „rohe*
Karbolsaure mit besonderer Berficksichtigung ihrer Verwendung zur Deeinfektion von
Eisenbahnviehtransportwagen. (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte. Bd. XIX. 1903. p. 577.)
2) Uebelmesser, H., Die Desinfektionskraft des kauflichen Liquor cresolisapo-
natus. (Dieses Centralbl. Abt. I. Bd. XXXVII. p. 469).
3) Fehrs, L., Ueber den Desinfektionswert verschiedener Handelam arke n von
Liquor cresoli saponatus des deutschen Arzneibuches. (Dieses Centralbl. Abt I. Bd. XXXVII.
p. 730.)
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We8enberg, Metakalin, ein fee tea Kresolseifenprftparat.
613
«ine Anzahl fester Phenol- bezw. Kresolpr¶te, deren Hers tell ung
nach patentiertem Verfahren erfolgt, zu untersnchen; es sind dies
Doppelverbindungen des Phenols bezw. der Kresole mit den entsprechen-
den Alkalisalzen derselben; den Kalinmverbindungen kommen die
folgenden Formeln zu: fflr das Phenol 3 C 6 H 5 • OHC 6 H 5 • OK; fQr die
verschiedenen Kresole 3 C 6 H 4 \£h + C « Hi< \CH ; mit anderen Worten:
auf je 4 Molekflle des Phenols bezw. der Kresole ist ein Molekfll
Kalium gebunden, wAhrend in den entsprechenden Natriumsalzen
auf nur 3 Molekflle ein Molekfll Natrium kommt. Die Kalium-Doppel-
verbindungen sind — mit Ausnahme von der des o-Kresols — feste,
gut kristallisierende KOrper, wAhrend die Natriumverbindungen, ebenso
wie das o-Kresolkaliumsalz sAmtlich derartig hygroskopisch sind, dafl
sie fflr praktische Verwendung nicht recht geeignet sind.
Die erwAhnte Phenol-Kaliumverbindung ist in Wasser in jedem Ver-
haltnis leicht klar loslich; die Kresolverbindungen dagegen 16sen sich
klar in etwa der gleichen Menge Wasser, um sich bei weiterem Zusatz
von Wasser unter Abscheidung von Oeltropfen zu trflben, bis schlieBlich
bei einer Konzentration von etwa 2—2 1 /* Proz. wieder vflllige Auf-
hellung und LOsung eintritt.
Zuerst mogen hier einige Desinfektionsversuche mit dem
Phenolkaliumsalz kurz mitgeteilt werden, zu denen zum Vergleich
gleichzeitig reines Phenol herangezogen wurde. Die Versuchsan-
ordnung war stets folgende: Zu der durch ein steriles Filter hindurch-
geschickten gut gewachsenen Bouillonkultur wurde eine genau abge-
messene Menge der meist 5-proz. Desinfektionsldsung hinzugesetzt; die
Abimpfung geschah in 10 ccm Bouillon, die dann etwa 12—14 Tage im
Brutschrank gehalten wurde.
Zum Vergleich muBten natflrlich gleiche Mengen Phenol verwendet
werden, indem 10 Teile Phenol der Rechnung nach 11,04 Teile unseres
Phenolsalzes entsprechen; fflr die Versuche kamen stets rund 11 Teile
des Kaliumsalzes auf 10 Teile Phenol zur Anwendung.
3,0 Proz.
2,0
1,0
tt
tt
Ofi
Phenol.
Phenolkalium.
Abtfltung innerhalb 7, Minute
M ft I f
nach V? Minute unbeeinflufit
1 „ tot
2 Stunden unbeeinflufit
2 8 / 4 „ tot
Staphylococcus aureue.
tf
tt
3,3 Proz. Abtdtung innerhalb V* Minute
^>2 „ y, yy 1 / #
1,1 „ nach 1 Minute unbeeinflufit
„ 2 Minuten tot
0,55 „ „ 2 Stunden etwas verlang-
s am tee Wachstum
„ 2*/ 4 Stunden tot
Bacterium pyocyaneura.
2,0 Proz. innerhalb 7? Minute tot 2,2 Proz. innerhalb % Minute tot
0,5 „ nach 2 8 / 4 Stunden unbeeinflufit 0^5 „ nach V/ f Stunden unbeeinflufit
>1 ft h)t ,, 2 ,, tot
Bacterium typhi.
2,0 Proz. innerhalb 1 / 9 Minute tot 2,2 rroz. innerhalb V 9 Minute tot
1,0 „ nach 5 Minuten kaum beeinflufit 1,1 „ nach 3 Minuten kaum beeinflufit
„ 10 „ tot „ 5 „ tot
0^ „ „ 90 „ unbeeinflufit 0^5 „ „ 2 l / 4 Stunden beeinflufit
„ 2V 4 Stunde tot „ 2 8 / 4 „ tot
Bacterium coli.
2,0 Proz. innerhalb 7« Minute abgetotet 2£ Proz. innerhalb 7s Minute abgetotet
1,0 „ nach 3 Minuten unbeeinflufit 1,1 „ nach 5 Minuten unbeeinflufit
„ 5 „ tot „ 10 „ tot
0^ „ „ 2 b / 4 Stunden unbeeinflufit 0,55 „ „ 2 8 / 4 Stunden unbeeinflufit
ft 5 1 /, „ tot „ 57, » tot
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614
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
In diesen Versuchen zeigt sich demnach, dafi durch
dieBindung von */ 4 desPhenolsanKaliumimallgemeinen
eine wesentliche Aenderung in der Desinfektionswirknng
nicht eintritt.
Von den drei isomeren Kresolkaliumsalzen 1 2 ) kam vor allem das
Metakresolkalium fflr die eingehende bakteriologische Untersuchung in
Betracht, da das Orthokalium, wie oben bereits erwfihnt, infolge seiner
Zerfliefilichkeit praktisch nicht brauchbar ist, das Parakresol aber eine
bedeutend grofiere Giftigkeit zeigt als das Metakresol, worauf spfiter
naher eingegangen werden soil; dazu kommt noch, dafi nach den fiber-
einstimmenden Literaturangaben [C. F r a n k e 1 8 ), H e n 1 e 3 ), H a m m e r 4 ),
Seybold 5 ), Fischer und Koske 6 ), Uebelmesser 7 )] von den drei
Isomeren das Metakresol die grofite Desinfektionskraft besitzt; dann
folgt das Parakresol und zuletzt das Orthokresol; die Wirkung des ge-
mischten Rohkresols richtet sich nach der prozentuellen Beteiligung
seiner Komponenten, wobei allerdings Seybold (1. c.) dasTrikresol
Schering— welches nach Angaben der Fabrik aus 40 Proz. Metakresol,
35 Proz. Orthokresol und 25 Proz. Parakresol besteht — als dem Ortho¬
kresol nur etwa gleichwertig fand, wfihrend es nach Schlepegrell®)
deutlich starker wirkt als das Kresol purum liquefactum N5rd-
linger, welch letzteres durch Zusatz von ein Molekfil Wasser verflfis-
sigtes Orthokresol ist
Da das Metakresolkalium in Wasser nur bei kraftigem Schfitteln zn
etwa 2— 2 1 /* Proz. ldslich ist, ein Umstand, der der praktischen Ver-
wendung des Prfiparates im Wege stehen dfirfte, so versuchte ich es
durch geeignete Zusatze leicht lfislich zu machen und in der Tat, es ge-
lang mir, durch Mischen des Metakresolkaliums mit benzoesaurem, sali-
cylsaurem, benzolsulfosaurem Natrium, kurz mit alien den im erloschenen
Patent No. 57842 aufgeffihrten Substanzen, ein in Wasser leicht 15s-
liches, pulverfSrmiges Produkt zu erzielen. Dasselbe Ergebnis erhielt
ich beim Vermischen mit Seifenpulver, als welches ich zuerst die Sapo
medicatus des Arzneibuches benutzte: bereits ein Zusatz von 10 Proz.
Seifenpulver erhfiht die LSslichkeit des Salzes bedeutend; bei einem
Zusatz von 20 Teilen Seife auf 80 Teile Metakresolkalium — und das
Parakresolkalium verhait sich selbstverstandlich genau ebenso — ent-
steht ein Gemisch, welches sich in etwa 1—2 Teilen Wasser leicht und
klar auflost, um sich bei weiterem Zusatz wieder zu trfiben, bis es end-
lich in der 9—10-fachen Wassermenge wieder vfillig ldslich ist und sich
dann beliebig weiter verdfinnen lafit; wasserige LSsungen bis zu etwa
1) Unter der Bezeichnung „KresolkaIiuni“ und ahnlich sollen im nachfolgenden
stete, der Kurze halber, unsere Doppelverbindungen aus 3 Kresol + 1 Kresolkalium ver-
standen sein.
2) Frank el, C., Die desinfizierenden Eigenschaften der Kresole, ein Beitrag zur
Desinfektionsfrage. (Zeitscbr. f. Hyg. Bd. VI. 1889. p. 521.)
3) Henle, A., Ueber Kreolin und seine wirksamen Bestandteile. (Arch. f. Hyg.
Bd. IX. 1889. p. 188.)
4) Hammer, H., Ueber die deeinfizierende Wirkung der Kresole und die Her-
stellung neutraler wasseriger Kresolldsungen. (Arch. f. Hyg. Bd. XII. 1891. p. 359.)
5) Seybold, C., Ueber die desinfizierende Wirkung dee Metakresols Hauff im
Vergleich zu Orthokresol. Parakresol, Trikresol Schenng, Phenol und Guajakol.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXIX. 1898. p. 377.)
6) 1. c. .
7) 1. c.
8) v. Schlepegrell, H., Trikresol Schering und Kresol purum liquefactum
N5rdlinger als Desinfektionsmittel. (Inaug.-Diss. Gottingen. 1895.)
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Wesenberg, Metakalin, ein festes KresolBeifenpr¶t.
615
10 Proz. sind aus dem Pulver leicht durch kurzes Umschtitteln Oder
Umrfihren zu erzielen.
Zun&chst war nan wieder die Frage zu losen, ob durch das Ueber-
fflhren des Metakresols in das oben erwfihnte feste Kaliumsalz eine
Aenderung seiner Wirksamkeit herbeigefiihrt wflrde und welche Wirkung
diesbezfiglich ein Seifenzusatz ausGbt.
Nachdem mir Vorversuche mit 0,5 und 1-proz. MetakresollSsungen
eine so rasche Abtdtung (innerhalb 1 / 2 —1 Minute) der eingebrachten
Mikroorganismen ergeben hatten, daB Unterschiede in der Desinfektions-
wirkung nicht erkennbar waren, benutzte ich fflr die nachfolgenden Ver-
suche die Konzentration von 0,25-proz. Metakresol. Zu dem Zwecke
versetzte ich je 1 ccm einer durch l&ngeres Schtttteln erhaltenen 2-proz.
Losung von reinem Metakresol in 4 Reagenzglasern mit je 0,5 ccm einer
Kalilauge von 0,518 Proz. KOH-Gehalt (0,5 ccm dieser Kalihydratlbsung
sind im stande, genau 1 / t der in 1 ccm der 2-proz. Metakresollbsung
enthaltenen Kresolmenge an Kali zu binden, so daB also unser Kresol-
kaliumsalz frisch hergestellt wird) und auBerdem mit wechselnden Mengen
einer 1-proz. Lbsung von Seife (Sapo medicatus des D.A.B. IV) und
schlieBlich mit so viel sterilem, destilliertem Wasser, daB die Gesamt-
menge genau 2,5 ccm betrug. Vier weitere Glaser wurden ebenso be-
schickt, nur unter Fortfall des Kalihydratzusatzes. Zu diesen Mischungen
wurden dann je 5,5 ccm der filtrierten 24-stfindigen Bouillonkulturen
zugegeben. Die fertigen, also genau 8 ccm betragenden Mischungen
enthielten demnach samtlich je 5,5 ccm Bouillonkultur und 1,0 ccm der
2-proz. Kresollbsung, also je 0,25 Proz. Metakresol; auBerdem
I* 1,5 CCm WB 886 T
II. 13 „ „ und 0,2 ccm Seifenldsimg — 10 Teile Seife auf 100 Kresol
III. 1,0 „ yy yy 0,5 99 yy 25 99 yy yy 100 yy
IV. 0j5 yy yy yy 1,0 yy yy 50 yy yy |) 100 yy
V.—VIII. je 0,5 ccm der obigen KOH und auBerdem
V. 1,0 ccm Wasser
VI. 03 » „ und 03 ccm Seifenlosung — 10 Teile Seife auf 100 Kresol
VII. 0,5 „ yy , 0,5 99 ,9 25 „ yy yy 100 99
VIII. O9O 99 99 99 1,0 99 y% 50 99 ,9 ,9 100 99
Metakresol 0,25 Proz. Metakresol-Kalium (0,25 Proz.
Kresol).
Staphylococcus aureus.
Ohne Seife.
nach 2 1 /, Stunden unbeeinfluflt nach 2 1 /, Stunden unbeeinflufit
„ 5V 4 9 , abgetdtet „ 5 l / 4 „ abgetotet
Mit 0,025 Proz. Seife (100 Kresol + 10 Seife).
nach V 4 —1 Std. verlangsamtes Wachstum nach */ 4 —1 Std. verlangsamtes Wachstum
„ 1 v t „ abgetotet „ l 1 /, ,, abgetdtet
Mit 0,0625 Proz. Seife (100 Kresol + 25 Seife).
nach l /i~V« Std. verlangsamtes Wachstum nach l / 4 Std. verlangsamtes Wachstum
9 , 8 / 4 I, abgetdtet „ V f „ abgetotet
Mit 0,125 Proz. Seife (100 Kresol + 50 Seife).
nach V 4— 1 /1 Std. verlangsamtes Wachstum innerhalb Vi Std. abgetotet
„ 8 /i 9 i abgetdtet
Bacterium typhi.
Ohne Seife.
nach V 4 —V* Std. unbeeinfluBt nach Vi Std. unbeeinfluBt
„ 3 / 4 —l 1 /, „ verlangsamtes Wachstum „ V 2 „ abgetdtet
„ 2 9, abgetdtet
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Metakresol 0,25 Proz. Metakresol-Kalium (0,25 Proz.
Kresol).
Mit 0,025 Proz. Seife (100 Kresol + 10 Seife).
nach V<—V* Std. unbeeinfluBt innerhalb */« Std. abgetdtet
,. 1 „ verlangsamtes Wachstum
„ l 1 2 3 /, „ abgetdtet
Mit 0,0625 Proz. Seife (100 Kresol + 25 Seife).
nach 7«—‘/ a Std. unbeeinfluBt innerhalb */ 4 Std. tot
n S U » abgetdtet
Mit 0,1 25 Proz. Seife (100 Kresol + 50 Seife).
nach 7* Std. unbeeinfluBt innerhalb 7« Std. abgetdtet
„ »/. „ verlangsamtes Wachstum
„ */* ,, abgetdtet
Eine zur Kontrolle der Seifen- und Alkaliwirkung angesetzte Probe
derselben Typhusbouillon, welche 0,0324 Proz. KOH und 0,125 Proz.
Seife enthielt zeigte nach 3-t&giger Einwirkung (bei 37° C) noch unge-
schw&chtes Wachstum bei der Ueberimpfung in frische Bouillon. Es
war dieses Ergebnis zu erwarten, da nach den vorliegenden Untersuch-
ungen von Beyer 1 ), Henle (1. c.), Barsikow*), Konradi 8 ), Heller 4 ),
Schumburg 8 ) u. a. selbst 10-proz. kalte Losungen von Kaliseife sowie
auch von anderen Seifen, sofern diese ohne ParfQmierungszusEtze sind,
nur einen geringen Desinfektionswert besitzen; die abtotende Wirkung
des Seifenspiritus ist vSllig unabh&ngig von seinem Seifengehalt und
nur abh&ngig von seinem Alkoholgehalt.
Das Ergebnis dieser eben aufgeffihrten beiden Versuchsreihen, von
denen die letztere (mit Typhusbakterien) der Kontrolle halber noch ein-
mal mit ganz analogem Erfolg wiederholt wurde, ist ein in verschiedener
Hinsicht recht interessantes: W&hrend die Desinfektionskraft
des Metakresols gegenflber dem Staphylococcus aureus
durch den Alkalizusatz nicht beeinfluBt wird, sehen wir
beim Typhus sofort das Auftreten einer st&rkeren Desin-
fektionswirkung all ein durch dieAlkalisierug (beim Phenol
war wie oben gezeigt wurde, die Alkalisierung ohne nennenswerten Ein-
fluB). Deutlich ist in beiden Versuchsreihen die Zunahme
der Desinfektionswirkung desKresols durch den Seifen¬
zusatz ausgedrflckt, und zwar steigt dieselbe der zuge-
setzten Seifenmenge entsprechend an, wobei wieder in
beiden Reihen die Seife in Gemeinschaft mit dem Alkali
st&rker wirkt als ohne Alkali; wir kbnnen demnach durch
Seifenzusatz allein die Wirkung des Metakresols nicht
unwesentlich erhOhen, erzielen aber eine noch bessere
Wirkung, wenn wir auBer der Seife auch noch etwas freies
Alkali zugeben.
1) Beyer, Th., Ueber Waschedesinfektion mit 3-proz. Schmierseifenlbsungen und
mit Kalkwasser. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXII. 18!)6. p. 228.)
2) Barsikow, M., Ueber ate bakterientotende Wirkung des Alkohols und des
Spiritus saponatus. (Pharmac. Ztg. 1901. p. 49.)
3) Konradi, D. Ueber die bakterizide Wirkung der Seifen. (Arch. f. Hyg.
Bd. XIVL. 1902. p. 101.) — Weitere Untersuchungen fiber die bakterizide Wirkung aer
Seifen. (Centralbl. f. Bakt. eta Abt. I. Bd. XXXVI. 1904. p. 151.)
4) Heller, O., Ueber die Bedeutung von Seifenzusatz zu Desinfektionsmitteln.
(Arch. f. Hyg. Bd. XVIIL. 1903. p. 213.)
5) Schumburg, Bemerkungen zu der Wirkung des Seifenspiritus als Deeinficiens
medizinischer Instruments (Dtsche med. Wochenschr. 1903. p. 408.)
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Wesenberg, Metakalin, ein festes KresolseifenprSparat.
617
Eine ErhShung der Desinfektionswirkung der Rohkresole durch
Seifeuzusatz betont bereits 1889 Henle (1. c.) ferner auch Nocht 1 2 ),
welch letzterer aber den prozentuellen Seifengehalt fflr belanglos halt,
wenn dieser nor groB genug ist, die Kresole in Lflsung zn halten. Der-
selben Ansicht ist Uebelmesser (1. c.), ohne aber selbst diesbeziigliche
Versuche angestellt zu haben. Bei seinen Versuchen mit Karbolsflure-
Seifenmischungen stellte dagegen Heller (1. c.) eine bedeutende Er-
hohung der Karbolsflurewirkung durch Seifenzusatz fest, indem eine aus
gleichen Teilen Karbolsaure und Kaliseife bestehende Mischung in 0,8-
proz. Ldsung (0,4 Proz. Phenol) dieselbe Desinfektionskraft fluBerte, wie
eine seifenfreie 1-proz. PhenollSsung; das optimale Verhaltnis ermittelte
Heller zu 1 Teil Phenol auf 1 Teil Kaliseife. Fischer und Koske
(1. c.) fflhren die auffallend geringe Desinfektionswirkung einer von ihnen
geprOften „Karbolsauremischung u , welche aus 50 Proz. Rohkresol und
50 Proz. einer 32-proz. Natronlauge bestand. auf die Gegenwart der
grofien Meuge Alkali zurflck, durch welche fast die gesamte Kresolraenge
in Kresolat flbergefflhrt wird, wahrend bei uns nur ein Viertel des vor-
handenen Kresols in Kresolkalium verwandelt wird.
Auf Grund der bisher berichteten Versuche wurde fQr die weiteren
Prflfungen nun das von Herrn Dr. Gentsch hergestellte kristallinische
Metakresolkalium, welches glatt bei 85—86° C schmilzt, mit einer festen
Natronseife — und zwar im Verhaltnis von 100 Metakresolkalium mit
25 Seifenpulver — gemischt, verwendet. Bemerkt sei, daB diese Mischung
unter dem abgekflrzten Namen „Metakalin“ von den Farbenfabriken
vorm. Friedr. Bayer & Co., Elberfeld in den Handel gebracht wird; der
Kflrze halber soil dieser Name von mir auch gleich benutzt werden.
Da das Metakresolkalium seiner frtlher angegebenen Formel entsprechend
91,92 Proz. Metakresol enthait, so sind in dem „Metakalin“ 73,54 Proz.
vorhanden. Der Gehalt von 20 Proz. Seife wurde gewahlt, weil bei
dieser Seifenmenge, worauf ja schon vorher hingewiesen wurde, sich bis
zu 10-proz. MetakalinlSsungen leicht und rasch herstellen lassen, wahrend
gleichzeitig die Seifedmenge nicht so bedeutend ist, um bei den fflr die
Praxis wohl vollkommen genQgenden Konzentrationen von 1—2-proz.
Metakalin die Hande und Instrumente unangenehm schlflpfrig zu machen,
wie es die entsprechend starken Kresolseifenlosungen mit ihren 50 Proz.
Kaliseife so gern tun *). Da die Kaliseife nOmlich etwa 45 Proz. wirk-
liche Seife enthait — der Rest ist Wasser, Glycerin — so sind in 100 g
Kresolseifenlflsung — entsprechend 50 g Kresolen — 22,5 g Seife ent-
halten, wahrend auf 50 g Kresol im Metakalin nur 13,6 g Seife, also
nur etwa ®/ 6 soviel wie in den Kresolseifenlosungen entfallen. Die durch
den geringeren Seifengehalt bedingte Schwachung der Desinfektionskraft
wurde durch die starkere Desinfektionswirkung, welche dem Metakresol
gegenflber dem Rohkresol zukommt, auszugleichen gehoflft
1) Nocht, Ueber die Verwendung von Karbolseifenloeungen zu Desinfektions-
zwecken. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. VII. 1889. p. 521.)
2) Da wir wohl annehmen kdnnen, daB bei einem Seifenpraparat die Schlupfrig-
keit zu der Viskositat in einem gewissen Verhaltnis stehen wild, nabe ich einige Mes-
sungen mit dem Viskosimeter an 3,4-proz. Metakalin* bezw. 5-proz. Lysolloeung, welche
beiae 2f> Proz. Kresol enthalten, angestellt. Die Durchlaufezeiten betrugen bei genau
gleicher Teraperatur der Fliissigkeiten:
Destilliertes Wasser 110,0 113,4, im Mittel 111,7 Sekunden,
3,4 Proz. Metakalin 120,2 124,6, „ „ 122,4 „
5 Proz. LyBol 143,0 145^2, „ „ 144,1 „
das Lvsol zeigt also in 5-proz. LSsung eine bedeutend grdBere Viskositat als die, im
Kresolgehalt entsprechende, 3,4-proz. Metakalinlbsung.
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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Zum Vergleich der Desinfektionswirkung des Metakalins mit einera
bekannten Antiseptikum zog ich das Lysol und auch das Nizolysol heran
— das Metakalin kdnnen wir ja als ein festes Lysol aus reinstem Kresol
auffassen —, da dieses nach den verschiedenen Autoren eine gleichm&Bige
Wirkung zu besitzen scheint, wenngleich ja auch seine Zusammensetzung
nur sehr schwierig zu kontrollieren ist, wie am deutlichsten aus der —
in der letzten Zeit in ein sehr unerfreuliches Stadium geratenen —
Zeitungskontroverse zwischen Arnold 1 ) und Schmatolla*) hervor-
geht. Da das Lysol rund 50 Proz. Rohkresole enthajten soil, w&hrend
das Metakalin 73,54 Proz. Metakresol theoretisch enthfilt, so entsprechen
73,54 Teile Lysol im Kresolgehalt 50 Teilen Metakalin, Oder 100 Teile
Lysol, mit 50 Teilen Kresolen, 68 (67,99 Proz.) Teilen Metakalin Oder
vereinfacht etwa 3 Teile Lysol 2 Teilen Metakalin.
Zu den Versuchen bediente ich mich 5-proz. Stammlosungen der
3 Desinfizientien, sowie einer 3,40-proz. Ldsung von Metakalin, welche
zu den filtrierten Bouillonkulturen im Verh<nis von 1:5 bezw. 1 :10
hinzugegeben wurden, so daB also die fertige Mischung 1,0 Proz. bezw.
0,5 Proz. von Lysol, bezw. Nizolysol bezw. Metakalin enthielt, w&hrend
gleichzeitig noch die an Kresolgehalt dem 1-proz. bezw. 0,5-proz. Lysol
entsprechende Metakalinldsung von 0,68 Proz. bezw. 0,34 Proz. zur
Prtifung kam. Beobachtungszeit der geimpften Bouillon 12—14 Tage.
Bacterium pyocyaneum.
Metakalin 0,34 Proz.: nach 45 Minuten unbeeinfluBt, nach 1 Stunde
etwas verlangsamtes Wachstum, nach 1 1 /» Stunde abgetdtet.
Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 5 Minuten abgetotet.
Lysol 0,5 Proz.: nach 45 Minuten unbeeinfluBt, nach 1 Stunde etwas
verlangsamtes Wachstum, nach l 1 3 /* Stunde abgetdtet
Nizolysol 0,5 Proz.: nach 15 Minuten unbeeinfluBt, nach 20 Minuten
etwas verlangsamtes Wachstum, nach 30 Minuten abgetdtet.
Metakalin 0,68 und 1 Proz.: innerhalb Vs Minute abgetdtet.
Lysol und Nizolysol 1 Proz.: innerhalb 1 /, Minute abgetdtet.
Staphylococcus aureus 8 ).
Metakalin 0,34 Proz.: nach 2‘/s Minuten verlangsamtes Wachstum.
nach 5 Minuten abgetotet.
Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /* Minuten abgetdtet.
Lysol 0,5 Proz.: innerhalb 2‘/ s Minuten abgetdtet.
Nizolysol 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /* Minuten abgetdtet.
Metakalin 0,68 Proz.: nach Vs Minute verlangsamtes Wachstum.
nach 1 Minute abgetdtet.
Metakalin 1 Proz.: innerhalb Vs Minute abgetdtet.
Lysol 1 Proz.: innerhalb Vs Minute abgetdtet
Nizolysol 1 Proz.: innerhalb V* Minute abgetdtet.
1) Arnold, C., und Werner, G., Zur Lysolanalyse. (Apotheker-Ztg. 1904.
p. 590, 907, 961.)
2) Schmatolla, O., Zur Lysolanalyse. (Apotheker-Ztg. 1904. p. 645, 815, 952.)
3) Zu diesen Versuchen diente ein anderer Stamm, als der vorher benutzte.
(Schlufl folgt)
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Tarozzi, Ueber ein leicht in aSrober Weise ausfiihrbares Kulturmittel etc. 019
Nachdruck verboten .
Ueber ein leicht in aerober Weise ausfiihrbares Kulturmittel
von einigen bis jetzt fiir strenge Anaeroben gehaltenen
Keimen.
[Aus dem Institut fflr Pathologische Anatomie der Kgl. Universitat zu
Siena (Direktor: Prof. 0. Barbacci).]
Von Dr. GIullo Tarozzi, Assistenten.
Seitdem man erkannte, daft fflr die Entwickelung einiger Keime in
den gewflhnlichen Mitteln zur kflnstlichen Zflchtung die vollkommene
Abwesenheit von SauerstofF unumgangliche Bedingung war — weshalb sie
Anaeroben genannt wurden — entstand die Frage, in welcher Weise
der Sauerstoff seine sch&dliche Wirkung auf die Entwickelung dieser
Keime entfalte, ob n&mlich direkt, indem er auf sie wie ein Gift wirkte,
oder aber indirekt, indem er durch seine Gegenwart das Zustandekommen
jener chemischen Ver&nderungen behinderte, die unter der Lebenst&tig-
keit des Keimes im Nahrmittel sich vollziehen mGssen, damit derselbe
Keim assimilieren und leben kann.
Das Problem bleibt noch, trotz der zahlreichen Untersuchungen zu
seiner ErklSrung, bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft vollkommen
ungelflst, und das innigere Wesen der AnaSrobioseerscheinungen bleibt
noch g&nzlich in Dunkel gehullt.
Einigen Autoren ist die Bemerkung nicht entgangen, daB die Frage-
stellung bedeutend vereinfacht werden konnte, wenn man dazu gelangte,
durch geeignete Modifikationen des Nahrbodens in aerober Weise Keime
leben zu lassen, welche ihrer Natur nach ein vollkommen anagrobisches
Entwickelungsmedium fordern, da dies zum direkten AusschlieBen der
ersten der zwei oben erwahnten Annahmen ftthren wflrde. Und nach
dieser Richtung fehlte es auch nicht an Versuchen, die aber bis jetzt zu
keinem bemerkenswerten Ergebnis gefflhrt haben. Auf die Angabe der
neuesten Arbeiten mich beschrfinkend, will ich erwShnen, daB Oet-
tingen (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLIII. 1903), indem er die Untersuch¬
ungen Kedrowskys (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XX. 1895) nachprQft, welcher
einem Ferment die Erscheinung der Anagrobiose zuschrieb (eine An-
nahme, die flbrigens schon von Scholtz [Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII.
1898] und von Matzushita [Arch. f. Hyg. Bd. XLIII, 1902) wider-
legt und als irrig nachgewiesen worden war) zu dem SchluB kommt, daB
es keine Hoffnung gibt, einen Kulturboden erhalten zu k5nnen, auf dem
sich in Reinkultur an der Luft die anagrobischen Mikroorganismen ent-
wickeln kdnnen. BloB Bienstock (Annales Institut Pasteur. 1903)
war es gelungen, nach einer langen Reihe von unfruchtbaren Versuchen
aerobische Entwickelung seines Bacillus putrificus in, aus Fibrin
oder Ascitesflflssigkeit bestehenden Substraten manchmal zu erhalten,
nachdem sich auf demselben Nahrboden der Bacillus pyocyaneus
entwickelt hatte; er bezieht die Tatsache auf unbestimmte, von demselben
Pyocyaneus erzeugte Produkte.
Dagegen war es mir gelungen, ein N&hrmittel zu bereiten, auf dem
sich unter Bedingungen vollkommener ASrobiose viele Keime, Sapro-
phyten und pathogene, die bis jetzt fflr strenge AnaSroben gehalten
wurden, flppig entwickeln. Ich weifi nicht, bis zu welchem Punkte dieses
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620 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXYIII. Heft 5.
Nahrmittel dem aerobischen Leben so vieler bekannter anaerobischer
Mikroorganismen zusagen kann. Ich habe bis' jetzt Gelegenheit ge-
habt, dasselbe nur fur einige Saprophytenarten zu versuchen, welche
leicht mit diesem Mittel aus dem Darminhalt des Hundes and der
verwesenden Menschenleiche zflchtbar sind, welche Arten unter einer
Gruppe gesammelt wurden, die wegen ihrer morphologischen Verwandt-
schaft mit dem Tetanusbacillus als die Gruppe der Pseudotetanus-
bacillen bezeichnet wurde. Ich habe ferner dasselbe N&hrmittel fflr
zwei der wichtigsteu pathogenen Arten versucht, die zu der Reihe der
obligatorischen Anaeroben gehoren. n&mlich fflr den Tetanus* und den
Rauschbrandbacillus. FQr diese Bakterien hat es sich als ein vorzttg-
liches Kulturmittel erwiesen, welches, w&hrend es einerseits eine flppige
Entwickelung des Keimes bedingt, die pathogenen Eigenschaften des*
selben nicht im geringsten verandert Zukunftigen Untersuchungen ist
die Feststellung vorbehalten, ob und inwieweit es eine allgemeine prak-
tische Anwendung fflr die ZQchtung der Anaeroben haben kann; solange
sie aber nicht endgflltig ausgefiihrt sind, ist es selbstverst&ndlich nicht
gestattet, daraus flber das intime Wesen der Erscheinung der AnaSrobiose
irgend welche Folgerungen zu ziehen.
Daher ist dies eine der Zukunft vorbehaltene Aufgabe. In dieser
kurzen Mitteilung habe ich die Absicht, mich blofi auf die Beschreibung
der Vorbereitungsmethode des Nahrmittels zu beschranken; ich werde
nur einige Besonderheiten hinzufflgen hinsichtlich der Art und Weise
der Gewinnung von Rcinkulturen in Bezug auf jene Bakterienarten, an
welchen ich sie bisher versuchen konnte, da sie demjenigen von Nutzen
sein konnen, welcher den Wert des von mir vorgeschlagenen Mittels
nachprufen will.
Der wesentliche Punkt der Methode besteht darin, die Mikroorga¬
nismen, von denen man eine Kultur in aerobischer Form erhalten will,
in Gegenwart eines frischen und aseptisch herausgeschnittenen tieri-
schen Gewebestiickes sich entwickeln zu lassen. Das Gewebe kann aus
irgend einem der ttblichen Versuchstiere, Meerschweinchen, Eaninchen,
weiBe Maus, entnommen werden, unter der Bedingung, daB sich das
Tier im Zustand vollkommener Gesundheit befindet, wenn es geopfert
wird.
Nicht alle tierischen Gewebe leisten gleich guten Dienst; am besten
erweisen sich die Parenchymorgane (Leber, Milz, Niere), dann die Lymph-
knoten und zuletzt das Muskelgewebe; ganz ungeeignet zeigt sich das
Bindegewebe, vornehmlich das dichte und fibrbse (Aponeurosen, Sehnen
etc.). Das Gewebestflck muB zu einem schon vorbereiteten Nahrmittel
hinzugesetzt werden; zu diesem Zwecke dient am besten unter den
flflssigen Mitteln die gewdhnliche peptonisierte Bouillon, unter den festen
der in der fiblichcn Weise bereitete Agar. Nach alldem verfahrt man
folgenderweise bei der Zubereitung des N&hrmittels: Es wird ein Meer¬
schweinchen, eine Maus, ein Kaninchen getfltet, dann aseptisch ge-
Sffnet und mittels einer, selbstverstandlich sterilisierten Pinzette und
einer dfinnen Schere werden l ccm Oder dergleichen groBe Stflckchen
von Leber, Milz, Nieren und, wenn n5tig, auch vom Muskelgewebe (da-
zu kann selbst der Herzmuskel wohl dienen) herausgeschnitten; man
lSBt dieselben unmittelbar in ebensoviele RShren von Bouillon oder von
schragem Agar herabfallen. Beim Herausschneiden der Leberstiick-
chen muB man darauf achten, sich moglichst an die Peripherieteile des
Organes zu halten, um die groBen Gallengfinge zu vermeiden, die sehr
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Tarozzi, Ueber ein leicht in aerober Weise ausfuhrbares Kulturmittel etc. 621
oft Eeime enthalten. Um vor jeder mflglichen Verunreinigung sicher
zu sein, setzt man diese RShre 1 Oder 2 Tage lang in den Inkubations-
ofen bei 37 0 C, nach welcher Zeit jene verworfen werden, bei denen man
eine eventuelle Entwickelung von Keimen beobachtet, wahrend die flbrigen
beibehalten werden. Es ist gut, dieses Nahrmittel nach dessen Zuberei-
tung und Feststellung seiner Sterilitfit (durch den 1—2tSgigen Aufenthalt
in dem Thermostaten) sofort anzuwenden; es kann jedoch selbst nach
einer gewissen Zahl von Tagen noch ziemlich gut dienen.
Wird ein in dieser Weise zubereitetes Bouillonrohr bloB fflr einige
Minuten bis zum Siedepunkt erwflrmt, und wird nach Abkflhlung ein
obligatorischer Anaerobe (meine diesbezflglichen Versuche wurden fast
bestandig mit einer Art von Pseudotetanusbacillus, aus dem Darm des
Hundes und aus der Leiche gezflchtet, ausgefflhrt) darin ausgesSt, so erhait
man noch die Entwickelung der Kultur; wenn aber die Erwfirmung bis
zum Siedepunkt schon bloB fflr 5 Minuten verlflngert wurde, dann findet
im allgemeinen die Entwickelung nicht mehr statt
Es wird in der flblichen Weise Bouillon zubereitet — gleichgflltig
ob mit oder ohne Peptonzusatz — und nach dem ersten Eochen und
der Neutralisierung in zwei Gruppen geteilt; die eine wird filtriert und
in der anderen 15st man die EiweiBprflzipitate auf; dann wird sowohl
die eine wie die andere Gruppe in Eulturrflhren verteilt, indem man
dabei darauf achtet, daB in jedem Rohre der zweiten Gruppe ein Teil
des Eiweifigerinnsels vorhanden ist; hierauf wird in dem Autoklaven
bei 104—105° C fflr 15 Minuten sterilisiert. Bei der Aussaat von all
diesen Rohren mit einem obligatorischen Anaeroben beobachtet man nun,
dafi die das EiweiBgerinnsel enthaltenden Rohren die Entwickelung der
Eultur aufweisen, wahrend die fibrigen, welche die filtrierte Bouillon ent¬
halten, steril bleiben. Das EiweiBgerinnsel, das durch die Erwflrmung
die Farhe eines trockenen Blattes angenommen hatte, nimmt unter der
Einwirkung der Eeimentwickelung wieder eine mehr oder weniger
ausgesprochen rfltliche Fflrbung an. Wenn aber die Sterilisiertempe-
ratur in dem Autoklaven bis zu 110° und weiter hinaus gerflckt wird,
dann wird das Nahrmittel in der Mehrzahl der Faile fflr die Entwicke¬
lung der Anaflroben ungeeignet.
Wenn Bouillonrflhren, die das EiweiBgerinnsel enthalten und bei
104—106° C sterilisiert wurden, welche also fahig sind, flppige Ent¬
wickelung eines anaflrobischen Mikroorganismus zu bedingen, einfach
mit einem Wattebausch zugeschlossen sich flberlassen werden, so werden
sie nach einer gewissen Zeit (manchmal bloB nach 10—15 Tagen) zur
Zflcbtung der Anaeroben ungeeignet, weshalb sie nach Aussaat steril
bleiben.
Wenn in ein Bouillonrdhrchen ein Stflck von frischem tierischen
Gewebe (am besten von einem Parenchymorgane, wie z. B. der Leber)
eingetaucht wird, und nach einigen Stunden das eingetauchte Stflck-
chen Parenchymorgan wieder herausgenommen wird und die Bouillon
mit einem Anaeroben besat wird, so findet dieser darin die seiner Ent¬
wickelung passenden Bedingungen, als ob noch im Nahrmittel dasselbe
Gewebe vorhanden ware.
Wenn die Anaeroben, die sich in voller Berflhrung mit der Luft
im von uns zubereiteten Nahrmittel gut entwickelt zeigen, in defibri-
niertem Blut, in Serum, in EiereiweiB, in Eigelb oder in Milch (letztere
wurde notwendigerweise in dem Autoklaven auf eine nicht hohere
Temperatur als 104—106° C gebracht und wahrend nicht langerer Zeit
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622 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
als V* Stunde sterilisiert) ges&t werden, so entwickeln sie sich in aerobi-
scher Kultur Qberhaupt nicht und anaerobischerweise erh< man manch-
mal — jedoch nicht immer — eine mangelhafte Entwickelung, die h&ufig
nicht zu dem Grade der Sporenbildung (sporenbildende Mikroorganismen)
fflhrt. Im Fibrin gerinnsel ist die aerobische Entwickelung recht unbe-
st&ndig, vielleicht in Zusammenhang mit dessen unbestandiger Zusammen-
setzung vor allem in Bezug auf den Inhalt an leukocyt&ren Elementen.
Scheinbar kann man aus all diesen Tatsachen folgern, dafi die, die
aerobische Entwickelung von Anagroben begflnstigende Substanz, welche
in den in der angegebenen Weise zubereiteten Kulturboden enthalten
ist, von einem Bestandteil des Zellleibes der die Gewebe zusammen-
setzenden Zellelemente dargestellt wird, welcher Bestandteil leicht her-
ausdiffundierbar, leicht von der Hitze, vornehmlich in Gegenwart von
Sauerstoff (Kochen an freier Luft) verftnderlich ist, und welcher als
solcher, als Ausscheidungsprodukt des Zellenstoffwechsels, in die Organ-
sfifte (Blut, Serum) und in die physiologischen Sekretionen (Milch) nicht
iibergeht.
Was fQr eine Substanz dies ist, durch welchen Mechanismus die
Hitze deren Grundeigenschaften andert und ahnliche Fragen sind alles
GegenstSnde, die ich vorlSufig unerbrtert lassen mQchte. In dieser Mit-
teilung will ich mich auf die einfache Wahrnehmung der Tatsachen be-
schrSnken; ihre Deutung wird den Gegenstand weiterer Untersuchungen
bilden.
Vielmehr halte ich es fflr zweckmfifiig, die Aufmerksamkeit des Lesers
auf die Art und Weise zu lenken, durch welche man zur Reinigung
einer Anaerobenkultur gelangen kann, die direkt mittels dieses Nahrsub-
strates gewonnen wurde, wenn — was leicht vorkommt, da dasselbe ein
geeignetes Mittel zur Entwickelung aller Mikroorganismen uberhaupt ist
— dieselbe Kultur von anderen Keimen verunreinigt vorgefunden wird.
Ich schicke voraus, dafi sich meine diesbezOglichen Untersuchungen nur
auf jene anagrobischen Mikroorganismen erstrecken, welche die Eigen-
schaft besitzen, Sporen zu bilden; fflr diese gelingt die Reinigung der
Kultur sehr leicht, indem man dabei zu einem, schon von anderen Autoren
(Klein, Bienstock,Tavel etc.) angewendeten technischen Kunstgriff
greift. Es wird n&mlich die Mischkultur der Hitzeeinwirkung von 80° C
ausgesetzt, wodurch die Mehrzahl der nicht sporenbildenden Keime stirbt,
w&hrend die Sporen der Anaerobe widerstehen und die Eigenschaft nicht
einbOBen, in ein ihrer Entwickelung passendes Mittel flbergefflhrt, zu
gedeihen.
Zur Reinigung einer solchen Kultur verf&hrt man also folgendermaBen:
Zun&chst untersucht man tagtfiglich die Kultur, die sich im Thermo-
staten entwickelt, solange man nicht im h&ngenden Tropfen konstatiert, dafi
die Mehrzahl der Anagroben die Zeitperiode der Sporenbildung erreicht
hat; sodann erwSrmt man die Kultur auf 80° C 5 Minuten lang und
nachher macht man davon Ueberpflanzungen in in der tiblichen Weise
zubereitete Rohren, die man zur Inkubation in den Thermostaten setzt.
Wenn nach mehreren Inkubationstagen eine direkte Untersuchung der
Kulturen zeigt, dafi die Reinigung noch nicht vollkommen erreicht wurde,
so wiederholt man die Manipulation ein zweites und eventuell ein drittes
Mai; danach wird nur selten das Ziel nicht erreicht
Es gibt noch ein anderes Reinigungsmittel der Kulturen, dieses ist
aber nur unter ganz besonderen Bedingungen an wend bar, wenn es sich
n&mlich um Reinigung von Kulturen von sporenbildenden Anagroben
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Tarozzi, Ueber ein leicht in afirober Weise ausfiihrbares Kulturmittel etc. 623
handelt, die von jeder pathogenen Wirkung frei sind; mir ist dies ausge-
zeichnet gelungen, bei der Reinigung der Kulturen von Pseudotetanus-
bacillen, die entweder aus dem Darminhalt des Hundes Oder aus der in
Verwesuug begriffenen Leiche entnommen waren; ich weiB nicht, ob es
ebensogut fur andere sporenbildende, nicht pathogene Anaeroben an-
wendbar ist, da ich keine diesbezfigliche Erfahrung habe. Die Methode
beruht auf der von mir bei den Pseudotetanusbacillen erkannten Eigen-
schaft, im Sporenzustande lange Zeit in den Organen von Tieren zu
bleiben, denen man unter die Haut eine sporenreiche Kultur derselben
inokuliert hat. Will man diese Methode verwerten, so mud man folgender-
mafien verfahren:
Man erwQrmt eine Kultur, die mit anderen Keimen viele Anaeroben
(in diesem Falle Pseudotetanusbacillen) enthalt, 5 Minuten lang auf 80 0 C
and dann injiziert man (die Bouillonkulturen passen deswegen besser
als diejenigen in festem Substrat) davon 1 oder 2 ccm einem Meer-
schweinchen oder einer weiBen Maus unter die Haut. Das Tier Qberlebt
im allgemeinen und zeigt keine bemerkenswerten Reaktionserscheinungen,
mit Ausnahme einer schwachen Anschwellung an der Injektionsstelle,
die mit der Zeit langsam verschwindet. Wird die nicht der Einwirkung
der Hitze ausgesetzte Kultur injiziert, so entsteht h&ufig die Gefahr, das
Tier mehr oder minder rasch sterben zu sehen. Demjenigen, welcher
diese Methode zur Reinigung von Pseudotetanusbacillenkulturen anwenden
will, halte ich fflr zweckmafiig wissen zu lassen, daB die Sporen dieses
Keimes der Temperatur von 80 0 C 5 Minuten lang nicht immer wider-
stehen. Dies geschieht vor allem, wenn sich die Sporenbildung in ihrem
Beginn befindet; deshalb ist es vorteilhaft, um in diesen Fallen Zeit-
und Tierverluste zu vermeiden, die Injektion von einer zweiten Ueber-
pflanzung zu machen, die man aus der, der Hitzeeinwirkung ausgesetzten
Kultur erhait. Auf diese Weise sind wir sicher, daB wenigstens einige
Sporen der hohen Temperatur widerstehen konnten, und diese bieten uns
binnen wenigen Inkubationstagen, indem sie sich im neuen Kulturbodeu
reichlich vermehren, eine derartig an lebenden Sporen reiche Kultur,
daB jeder MiBerfolg bei ihrer Injektion in das Tier von vornherein aus-
geschlossen ist.
Die so inokulierten Tiere konnen eine ziemlich lange Zeit, bis zu einem
Monat und mehr, am Leben erhalten werden, ohne Gefahr eines MiB-
erfolges aber kfinnen sie gewQhnlich nach 10—15 Tagen geopfert werden
und dann erhait man mit Sicherheit die Entwickelung des inokulierten
Pseudotetanusbacillus in Reinkultur, indem man mit dem von uns vor-
geschlagenen Nahrmittel aus der Milz oder Leber Kulturen ausfiihrt. In
diesen Fallen kann man noch rascher vorgehen: Man braucht namlich nicht
das in der Yon uns angegebenen besonderen Weise zubereitete Nahrmittel
anzuwenden, sondern es geniigt, in Rdhren von gewohnlicher Bouillon
Oder auf den Boden von Rohren von schragem Agar ein dem Tiere selbst
entnommenes Leber* oder MilzstQck direkt fallen zu lassen. Die Be*
dingungen fflr die aerobische Entwickelung werden gleichfalls erreicht.
Ich beende diese kurze Mitteilung mit der Angabe, daB das von mir zu¬
bereitete Nahrmittel sich als ein vorzGglicher Kulturboden im aQrobischen
Medium fQr verschiedene, aus dem Hundedarm und aus der mensch-
lichen Leiche gezflchtete Pseudotetanusbacillen, fQr drei Exemplare von
Tetanusbacillen verschiedener Herkunft und fQr eine aktive Kultur von
Rauschbrandbacillus erwiesen hat.
Siena, den 15. November 1904.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 5.
Nachtrag.
Die Versp&tung in der Verdffentlichung dieser Mitteilung bietet mir
Gelegenheit, einiges aus meiner weiteren Erfabrung auf dem Gebiete
der Anaerobenzuchtung mittels meines Verfahrens dem oben Gesagten
kurz hinzuzufiigen. Nach den bis jetzt gewonnenen Ergebnissen eignet
sich mein Veriahren noch ganz gut zur ZGchtung der folgenden Mikro-
organismen: Vibrio septicus, Bac. enteritidis sporogenes
(Klein), Bac. putrificus (Bienstock), Bac. cadaveris sporo¬
genes (Klein), Bac. carnis (Klein), Paraplectrum foetidum
(Weigmann), Clostridium carnis foetidum, Bac. d. Brad-
sot (Jensen), Bac. carnis saprogenes, Bac. botulinus
(van Ermengem). Daber glaube ich dazu berechtigt zu sein, dem
von mir zur aeroben Ziicbtung der Anaeroben vorgeschlagenen Ver-
fahren eine allgemeine Geltung zuzuschreiben, in dem Sinne, dafi es
sicb zur Ziicbtung der meisten und besonders der wichtigsten bekannten
anaeroben Mikroorganismen leicbt und gut eignet.
r — 1 - " -1 — — = ' - " - - ' " ' - _ - == --- ■■■■-!■
Die Redaktion des „Centralblatts fiir Bakteriologie und ParasitenkundeP
ricktet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bei der Ein»
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u
wollen oder sp&testens nach Empfang der ersten Korrekturabxiige direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fischer vn Jena , gelangen xu lassen.
Inhalt.
Bertarelli, E., Ueber die aktive Immuni-
sierung des Menschen gegen Cholera
vermittelst autolytischer F?odukte des
choleragenen Vibrio und fiber das Wesen
dieser autolytischen Produkte, p. 584.
Bonome, A., Ueber die Schwankungen
des Agglutinin- und Pr&zipitingehaltes
des Blutes w&hrend der Rotzinfektion,
p. G01.
Colin, Erich, Endgfiltige Entgegnung an
Dr. Vilh. Jensen auf seine Frage:
„Ist die Klein sche Hefe eine besondere
Art?, p. 521.
Doerr, B., Beobacbtungen fiber bacillfire
Dysenteric. (Schlufl.), p. 511.
Friedberger u. Domer, Ueber die H&mo-
lysinbildung durch Injektion kleinster
Mengen von Blutkfirperchen und fiber
den Einflufi des Aderlasses auf die In-
tensitfit der Bildung hamolytischer Ambo-
zeptoren beim Kaninchen, p 544.
Halberstaedter, Ludwig, Untersuchun-
gen bei experimentellen Trypanosomen-
erkrankungen, p. 525.
Jftrgensen, Axel, Schwankungen des Ag-
glutinationsvennfigens des Blutes im Ver-
laufe des Typhus abdominalis. (Forts.),
p. 556.
Bireeff, M., Bakteriologische Untersuchun-
gen des Blutes bei Flecktyphus, p. 518.
Landsteiner, Karl u. Leiner, Karl, Ueber
Isolysine und Isoagglutinine im menBch-
lichen Blut, p. 548.
▼. Linstow, Strongyloides Ffillebomi n.
sp., p. 532.
Lfldke, H., Zur Spezifit&t der Antikfirper.
(SchluB.), p. 537.
Shibayama, G., Paratyphus in Japan,
p. 497.
Sieber, N. f Ueber die bakterienfeindlichen
Stoffe des Blutfibrins, p. 571.
Speieer, F., Zur Kenntnis ektoparasitischer
Milben, p. 535.
BUdmersen, Henry J. v On an infectious
pneumonia of rabbits and its treatment
with anti-serum, p. 591.
Tarossi, Ginlio, Ueber ein leicht in
aerober Weise ausffihrbares Kulturmittel
von einigen bis jetzt ffir strenge An-
afiroben gehaltenen Keimen, p. 619.
Tiberti, V., Ueber den Transport des
Tetanusgiftes zu den Rfickenmarks-
zentren durch die Nervenfasern. (Forts.),
p. 499.
Wesenberg, G., Metakalin, ein festes
Kresolseifenprilparat, p. 612.
Zechokke, F., Dipylidium caninum (L.)
als Schmarotzer des Menschen, p. 534.
Fromm&nnftche Buchdruckerd (Harm&un Pohle) in Jeu.
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CentralU. f. BikL etc. I. ttt Oriiinle. U. XXXVIII. left L
Nachdruek verboten.
Ueber den Transport des Tetannsgiftes zu den Riicken-
markszentren durch die Nervenfasem.
[Institut fflr allgemeine Pathologie zu Florenz (Direktor:
Prof. A. Lustig).]
Von Dr. N. Tlbertl,
iPrivatdozent fur Bakteriologie an der k. Universitat Florenz.
Mit 1 TafeL
(Fortaetzung und Schlufi.)
XVIII. Zentr|ipetale Wanderung des Tetanusgiftes in den
Achsencylinder.
Inokuliert man Tetanus toxin in das RQckenmark oder Gehirn eines
Tieres, so dringt der grdfite Toil desselben ohne Zweifel in die Lymph-
r&ume ein, an denen diese Organe reich sind. In gleicher Weise kann
bei Injektion von Toxin in die peripheriscben Nervenst&mme sogar die
ganze Quantitfit Toxin in die Lymphraume eindringen, statt in die vom
Endoneurium eingeschlossenen Bflndel oder bei schlecht gelungenen In-
jektionen in die sebr dQnnen Nerven auch in das schlaffe Gewebe des
Perinevriums. In diesem letzteren Falle fehlen die charakteristischen
Erscheinungen der Vergiftung durch direkte Inokulation in das Paren-
chym der Nerven, d. h. kurze Inkubationszeit und schfirfer ausgepr>e
Vergiftungserscheinungen.
Da das Tetanustoxin sich in den Lymphr&umen ausbreitet, so finden
wir es natQrlich auch im peripherischen Teile des Nerven an der Inoku-
lationsstelle, wie sich leicht aus folgendem Experiment ergibt:
Kaninchen XX. Gewicht 2,300 kg.
22. April. Ich injiziere einige Tropfen Tetanustoxin in den rechten N. ischiadicus.
Nach 15 Stunden entnehrae icn 3 Stucke vom N. ischiadicus von derselben Lfinge
<1 cm), ein Stuck entsprechend der Injektionsstelle, eins unmittelbar dariiber, und eins
unmittelbar darunter. Aus diesen 3 Stucken bereite ich getrennte L5sungen in physio-
logischer NaCl-Lbsung. Von einer jeden dieser 3 Emuisionen injiziere ich suhkutan
*/t cc™ bei 3 Mausen.
Die mit der Emulsion aus dem der Inokulationsstelle des Toxins entsprechenden
Nervenstiick inokulierte Maus verendet nach 42 Stunden.
Die mit der Emulsion aus dem unmittelbar oberhalb der Inokulationsstelle ent-
nommenen Nerven stuck geimpfte Maus verendet nach 48 Stunden.
Die mit der Emulsion aus dem unmittelbar unterhalb der Inokulationsstelle ent-
nommenen Nervenstiick geimpfte MauB verendet nach 50 Stunden.
Man muB jedoch annehmen, dafi das Tetanustoxiu in den Achsen-
cylinder zentripetal wandert, um zu den Rilckenmarkszentren zu gelangen.
Mithin wird das von den Nervenendigungen an der Peripherie auf-
genommene Tetanustoxin auf dem Wege der Nerven zu den RQcken-
markszentren getragen, deren Vergiftung die Tetanuserscheinungen ver-
ursacht'
Dieser zentripetale Transport des Tetanustoxins durch
die Nerven hat nach Meyer und Ransom eine grofie Bedeutung
insofern, als sie die Frage einigermaBen aufkl&ren kdnnte, welchen Weg
die Substanzen im Nervensystem einschlagen, sowie die Ern&hrungsvor-
gfinge in letzterem.
Ent* Abt. Orig. BA. XXX VIII. Heft 6. ' 40
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626
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Die Hypothese von einer bestfindigen Protoplasmastromung in den
Neuronen findet eine starke Stfitze in den Untersuchungen von Di
Vestea und Zagari fiber das Virus der Tollwut Nach Ansicht dieser
Autoren erreicht das Virus der Tollwut die Nervenzentren auf dem
Wege der Nerven und verbreitet sich im Rfickenmark ohne Beteiligung
des Kreislaufes. Es besteht jedoch ein groBer Unter^chied zwischen der
Weiterleitung des Virus der Tollwut und derjenigen des Tetanustoxins,
insofern als es sich im ersteren Falle um eine lebende Substanz handelt,
die nach Di Vestea und Zagari in der Nervensubstanz den ffir sie
passenden N&hrboden findet und sich demgem&B Schritt ffir Schritt in
der Nervensubstanz entwickelt. Dagegen handelt es sich im Falle des
Tetanustoxins nur um eine tote Substanz, die sich nicht vermehrt und
deren Transport in den Nerven ohne Zweifel in passiver Weise erfolgt
infolge des Fortschreitens eines physiologischen Stromes.
Es ist jedoch nicht absolut auszuschliefien, dafi auch dieses Moment
die Weiterbeffirderung des Virus der Tollwut von der Peripherie nach
den Nervenzentren beeinflussen kann und dafi es von Bedeutung in Be-
zug auf Gifte anderer Natur sein kann.
Mosse neigt in einer kfirzlich verfiffentlichten Arbeit fiber die
experimentelle Bleikolik zu der Hypothese, dafi bei letzterer das Blei
zum Ganglion coeliacum vermittelst der Sympathicusnerven gelange.
XIX. Tetanusgiftinj ektion in das Rfickenmark.
Die Tetanusgiftinjektion in die Substanz des Rfickenmarkes ffibrte
ich zu dem Zwecke aus, um namentlich zu sehen, ob es auf diese Weise
gelfinge, die Inkubationszeit abzukflrzen, was man durch direkte Inoku-
lation von Tetanustoxin in den N. ischiadicus erreichen kann, wfihrend
es infolge intravenfiser oder subarachnoidaler Injektion nicht eintritt.
Hund V. Gewicht 4,800 kg.
22. April 1904, 4 Uhr nachm. Ich bringe eine Oeffnung in der Wirbelsaule an
in der Hohe zwischen dem 2. und 4. Lendenwirbel. Ich isoliere die Dura. Ich injiziere
in die Substanz des Ruckenmarkes V 4 ccm Tetanusgift, indem ich die Injektion nach
unten und nach oben richte.
6 Uhr 30 Min. nachm. Der Hund beginnt stark zu heulen und zeigt sehr deutlich
ausgepragte Erscheinunsen von Tetanus in den Hinterbeinen. Spfiter treten allgezneine
Kontrakluren namentlicn in den Interkostalmuskeln auf. Opisthotonus — Trismus. Die
Kontrakturen kommen in Anfalien; wahrend der Pausen ist der Hund niedergeschlagen
und heult nicht.
22. April 9 Uhr vorm. Der Hund scheint sehr zu leiden; die Hinterbeine 9ind
starr, die vorderen etwas weniger. Er verendet 9 l / f Uhr.
Kaninchen XXI. Gewicht 1,800 kg.
22. April 10 Uhr vorm. Aethernarkose. Indem ich die beim vorhergehenden
Experiment anzegebene Technik befolge, injiziere ich einige Tropfen Tetanustoxin in
das Lendenmark, sowohl in cranialer als caudaler Richtung. Um die Mittagszeit ist
das Kaninchen unruhig; von Zeit zu Zeit schreit es laut
2 Uhr nachm. Kontraktur im linken Hinterbein. Wenn man das Tier in der
Glutaalgegend dieser Seite beruhrt, so reagiert es heftig und winselt laut.
6 Uhr abends. Die Kontraktur im linken Bein hat merklich zugenommen; auch
das rechte Bein zeigt eine leichte Kontraktur.
9 Uhr abends. Das Vorderbein ist etwas steif geworden. Die Kontrakturen der
Hinterbeine sind sehr stark ausgepragt. Deutlicher Opisthotonus.
23. April morgens. Verendet aufgefunden.
Kaninchen XXII (Kontrolltier). Gewicht 2,050 kg.
22. April 4 Uhr nachm. Aethernarkose. Anwendung derselben Technik wie bei
den vorhergehenden Experimented Ich injiziere in die Bubstanz des Lendenmarkee
V 4 ccm sterilisierter physiologischer NaCl-Lfisung. Wahrend der folgenden Tage zeigt
sich keine krankhafte Erscheinung. Das Tier empfindet nicht die genngste Einwirkung
der Injektion.
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zn den Riickenmarkszentren etc. 627
Wie man also aus den vorhergehenden Experimenten ersieht, zeigten
sich beim Hunde die tetanischen Kontrakturen 2 X / S Stunden nach der
Injektion von Tetanustoxin in den Strang des Ruckenmarkes, beim
Kaninchen nach 4 Stunden. Mithin erh< man eine sehr betrfichtliche
Abkflrzung des Inkubationsstadiums, das Bild des Tetanus ist das eines
auBerordentlich schweren, und der Tod tritt sehr schnell ein. Aehnliche
Resultate erhielten Meyer und Ransom bei Katzen. Bei letzteren
zeigen sich nach subkutaner oder intravendser Giftinjektion die Tetanus-
erscheinungen nie vor Ablauf von 28—30 Stunden, wBhrend nach direkter
Injektion in die Substanz des Rtickenmarkes die ersten Tetanuserschei-
nungen 3—4 Stunden nachher auftreten. Folglich wird gewiB der gr6Bte
Toil der Inkubationszeit beim Tetanus durch den Transport des
Toxins durch die Nervenbahn bis zu den ROckenmarks-
zentren in Anspruch genommen; bringt man das Toxin in direkte
Berflhrung mit diesen Nervenzentren, so wird demnach die Inkubations¬
zeit bedeutend abgekflrzt.
In dieser Hinsicht sind die Experimente bekannt, die Roux,
Borrel und andere in Bezug auf den Gehirntetanus durch direkte In¬
jektion von Toxin in die Substanz des Gehirns ausgefflhrt haben.
Aus den vorausgehenden Untersuchungen ergibt sich ebenfalls, daft
nicht nur die Vermehrung der Reflexe, sondern auch die den Tetanus
charakterisierende tonische Kontraktur der Muskeln von der Wirkung
des Giftes auf die Nervenzentren herstammt und daft eine peripherische
Affektion irgend welcher Art ausgeschlossen werden kann.
XX. Der Tetanus dolorosus.
Meyer und Ransom haben die Beobachtung gemacht, daB man
bei direkter Injektion von Tetanustoxin in das RQckenmark als erstes
Symptom eine Storung in der Sensibilit&t erhalt, die streng lokalisiert
bleibt, auch dann, wenn die anderen Vergiftungserscheinungen allgemein
werden. Auf die Injektion des Giftes folgen bald und schnell heftige
schmerzliche AnfSlle, die mit Leichtigkeit auf reflexivem Wege erregt
werden konnen infolge der leichtesten Berflhrung oder durch Blasen auf
die entsprechende Stelle der Haut. Das Tier wendet sich alsdann mit
einem Schrei gegen die Stelle der Injektion und beiBt wfltend hinein;
nach wenigen Minuten hflrt der Schmerz auf, urn dann von neuem zu
beginnen. Zuweilen verendet das Tier infolge nervdser ErschOpfung,
oft auch, ehe die gewOhnlichen Symptome des Tetanus sich zeigen.
Diese besondere Form von Tetanus, die niemals auftritt, wenn man
das Toxin subkutan in die Blutbahn oder in den Umfang der peripheri-
schen Nerven injiziert, ist durch den Namen Tetanus dolorosu?
charakterisiert worden. Wie soil man nun diese Tatsache erklSren ?
Zwei Hypothesen kdnnen in Betracht gezogen werden, entweder daB die
sensiblen Nerven nicht im stande sind, das Tetanustoxin aufzunehmen
und es zu den Nervenzentren weiter zu befflrdern, oder daB das lings
ihres Weges befindliche Ganglion spinale ein Hemmnis fflr das Toxin
bildet.
Meyer und Ransom sahen, daB man die reine Form des Tetanus
dolorosus nur dann hervorrufen kann, wenn das Gift in die sensitive
Wurzel zwischen dem Ganglion spinale und dem Mark injiziert wird, daB
dagegen, wenn man die Nadel der Syringe durch die Radix posterior bis
zur Substanz des Rflckenmarkes einfflhrt, daraus die gemischte Form des
Tetanus entsteht, wie infolge von Injektion von Toxin in das Rtickenmark.
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Gentralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 6.
XXL WanderungdesTetanustoxins in den Achsencylinder.
Nach Marie und Morax haben die peripherischen Endigungen der
Neurone allerdings eine elektive, aber flflchtige Wirkung auf das Tetanus-
toxin, w&hrend die ZellenkOrper der Neurone selbst eine sehr grofie
Affinitfit fur dasselbe besitzen. Aus dieser Tatsache kOnnte man folgern,
daB ein wahres Vorrttcken des Tetanustoxins in der Substanz der
Cylinderachse stattfSnde; man mflBte eine wahre Zirkulation des Toxins
zentripetal erhalten, und der in dieser Leitung zirkulierende Strom wttrde
durch den Umstand erzeugt, daB die Flilssigkeit sich von einer Substanz,
die mit einer schw&cheren Affinit&t fur sie ausgestattet ist, zu einer
Substanz hin begibt, die eine stftrkere Affinit&t fflr sie besitzt.
Ich wollte mich von der Wahrheit dieser Tatsache flberzeugen, die,
wie man leicht einsieht, von groBer Bedeutung ist, und ich wiederholte
die folgenden Experimente.
Meerschweinchen XX. Gewicht 440 g.
21. Mai 1904, 3 Uhr 30 Min. nachm. Injektion von 7* ccm Tetanustoxin in die
Muskeln der linken Wade.
5 Uhr nachm. Ich durchfichneide den linken N. ischiadicus in der H5he der
Kniekehle.
5 Uhr 15 Min. nachm. Ich entnehme den linken N. ischiadicus und impfe ihn
ein unter die Haut einer Maus.
22. Mai. Die Maus zeigt leichte Tetanuserscheinungen.
23. Mai. Die Tetanuserscheinungen sind deutlicher ausgepragt
24 Mai. Ich finde die Maus verendet; Glieder und Scnwanz zeigen starke Eon-
trakturen.
Meerschweinchen XXI. Gewicht 390 g.
21. Mai 1904, 3 Uhr 40 Min. nachm. Injektion von 7* Tetanustoxin in die
Muskeln der linken Wade.
5 Uhr 20 Min. nachm. Ich durchschneide den linken N. ischiadicus in der Hohe
der Kniekehle.
6 Uhr 20 Min. nachm. Ich exstirpiere den linken N. ischiadicus und impfe ihn
einer Maus unter die Haut.
22. Mai. Die Maus beginnt Erscheinungen von Tetanus zu zeigen; diese dauern
in leichtem Grade 5 Tage hindurch, verschwinden dann allmahlicn und die Mans
uberlebt.
Meerschweinchen XXII. Gewicht 378 g.
24. Mai 3 Uhr nachm. Injektion von Tetanustoxin wie oben.
4 Uhr 30 Min. nachm. Durchschneidung des linken N. ischiadicus in der Hdhe
der Kniekehle.
6 Uhr 30 Min. nachm. Ich entnehme den linken N, ischiadicus und impfe ihn
unter die Haut einer Maus, die w&hrend der folgenden Tage nur leichte Tetanus-
erscheinungen zeigt
Meerschweinchen XXIII. Gewicht 410 g.
24. Mai 3 Uhr 15 Min. nachm. Ich injiziere Tetanustoxin in die Muskeln der
linken Wade. Nach 1V 9 Stunde durchschneide ich den N. ischiadicus derselben Seite
in der Hohe der Kniekehle. 24 Standee nach dieser letzten Operation exstirpiere ich
den N. ischiadicus und impfe ihn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgen¬
den Tage keine Erscheinungen von Tetanus zeigt
Mithin habe ich bei den vorausgehenden Experimenten nach In-
okulation des Tetanustoxins in die Muskeln des Hinterbeines des Meer-
schweinchens den N. ischiadicus derselben Seite nach 1V* Stunde, d. h.
in einem Moment durchschnitten, in welchem der Nerv reichlich mit
Toxin durchtr&nkt ist. Indem ich dann den Nerv exstirpierte in ver-
schiedenen Zeitabschnitten nach der Durchschneidung (nach */ 4 Stunde,
1 Stunde, 2 Stunden, 24 Stunden), habe ich seine Giftigkeit versucht,
indem ich ihn subkutan bei M&usen einimpfte. Aus den oben geschilderten
Experimenten ergibt sich, daB der Nerv um so mehr von seiner Toxizit&t
allra&hlich verliert, je mehr man sich von dem Moment der Durch¬
schneidung entfernt, was klar beweist, daB wir es in unserem Falle mit
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes- zu den Rfickenmarkszentren etc. 629
einem Vorrflcken desTetanustoxins gegen dieNervenzelle
hin zu tun haben, so dab der Nerv sich ganz allm&hlich davou
befreit.
Behring stfltzt sich auf die von Helmholtz aufgestellte Hypo-
these von der Leitung der Nervenreize den Nerven entlang und nimmt
an, durch den Inhalt der Ganglienzellen werde eine Anziehung ausge-
flbt auf das Tetanustoxin, das sich im Umkreis ihrer Wirkung befindet,
und dies finde statt vermittelst einer in dem Achsencylinder enthaltenen
flflssigen Substanz, die Behring mit dem Namen Konduktor be-
zeichnet hat.
Die Substanz der Achsencylinder besitzt dieselbe Zusammensetzung
wie das Cytoplasma der Ganglienzellen, woraus sich die Nerveneinheit,
das Neuron, ergibt. Nach Behring findet, wenn die toxischen Mole-
kflle die Wirkungssphfire der Substanz der Achsencylinder erreichen, so-
gleich eine Attraktion statt zwischen den MolekQlen des Tetanustoxins
und seinem Antikorper, der sich in der Substanz der Achsencylinder in
ges&ttigter Lfisung befindet. Antitoxische und toxische Molekfile neu-
tralisieren sich in bestimmten VerhSltnissen und liefern den aus den
beiden Arten von MolekQlen resultierenden KOrper; in dem Achsen¬
cylinder, im Bereich der Neutralisation, bildet sich ein leerer Raum fQr
die antitoxischen Molekfile; dadurch wird der Zustand des Gleichgewichts
aufgehoben in der flflssigen Substanz der Achsencylinder, die unter
normalen Verhfiltnissen durch Molekfile von Antitoxin gesfittigt ist. Ge-
mS.fi den bekannten physischen Gesetzen mufi das Streben nach Rfick-
kehr zum Gleichgewicht befriedigt werden, und dies kann nur durch
Strdmungen von antitoxischen MolekQlen in dem vorhandenen leeren
Raume geschehen. Indessen wandern auch die toxischen Molekfile ver-
mOge ihrer Affinit&t zu den antitoxischen MolekQlen in dem Achsen¬
cylinder weiter, indem sie sich nach oben wenden, gegen den Inhalt der
Ganglienzellen, in denen sie die Ver&nderungen hervorrufen, die ich
spfiter beschreiben werde.
Die von mir in Bezug auf den zentripetalen Transport der Toxin-
molekfile in dem Achsencylinder angestellten Untersuchungen sind eine
experimentelle Bestfitigung dieser theoretischen Ansicht Behrings.
Bei meinen Experimenten, die den Zweck hatten, in verschiedenen
Fallen die Toxizitfit der Nerven von tetanischen Tieren zu erproben,
konnte ich konstatieren, dafi man bisweilen sebr deutliche Tetanus-
erscheinungen erhfilt, dann wieder leichte Erscheinungen, und dafi in
anderen Fallen sich gar keine Spur von Tetanus zeigt. In letzterem
Falle mufi man annehmen, dafi die von dem Nerven angenommene Menge
Toxin zu unbedeutend ist, urn Tetanuserscheinungen hervorzurufen; man
kann nicht ohne weiteres ausschliefien, dafi der Nerv gar kein Toxin
enthait. Alle Nervenfasern mfissen nach Marie das im Kreislauf be-
findliche Toxin resorbieren und es zu den Nervenzentren befdrdern.
Meerschweinchen XXIV. Gewicht 320 g.
20. Mai 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Ich durchschneide den linken N. ischiadicus
in der Hohe der Incisura ischiadica. Unmittelbar nachher injiziere ich '/, ccm Tetanus-
toxin in die Wadenmuskeln der gegen iiberliegenden Seite.
21. Mai 10 Uhr vorm. Das Meerschweinchen zeigt deutliche Erscheinungen von
Tetanus. Es wird getotet. Ich exstirpiere den N. ischiadicus der mit Toxin inokulierten
Seite und impfe urn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage
schwere Tetanuserscheinungen zeigt und nach 5 Tagen verendet.
Ich exstirpiere den N. ischiadicus der anderen Seite und impfe ihn unter die Haut
einer anderen Maus, die wahrend der folgenden Tage nur sehr leichte Kontrakturen
in den hinteren Gelenken zeigt und uberlebt.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Meerschweinchen XXV. Gewicht 355 g.
20. Mai 1004, 10 (Jhr vorm. Durchschneidung dee rechten N. ischiadicus in der
Hohe der Kniekehle. Unmittelbar nachher Injektion von */, ccm Tetanustozin in die
Wadenmu8keln der entgegengeeetzten Seite.
21. Mai 10 1 /, Uhr vorm. Das Meerschweinchen zeigt Erscheinungen von Tetanus.
Ee wird getotet. Ich entnehme den N. ischiadicus der mit Toxin inokulierten Seite
und impfe ihn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage an Tetanus
verendet. Die andere Maus, bei der ich den N. ischiadicus eingeimpft hatte, den ich
am vorhergehenden Tage in der Kniekehle durchschnitten hatte, zeigte keine Erscheinung
von Tetanus.
Aus diesen beiden Experimenten ergibt sich deutlich die Bede 11 -
tung, welche man den peripherischen Nervenendigungen
bei der Resorption des Tetanustoxins und bei dem Trans¬
port des letzteren zu den Riickenmarkszentren durch die
Nerven zuschreiben muB. Und daB die Resorption des Tetanus-
toxins von seiten der letzteren eine konstante Erscheinung ist und dafi
zu ihrer Veranlassung keine L&sion des peripherischen Neurons erforder-
lich ist, haben Marie und Morax folgendermaBen bewiesen: Sie in¬
okulierten Tetanustoxin in das Corpus vitreum oder in den Hoden; nach
24 Stunden, wenn das Tier Erscheinungen von allgemeinem Tetanus
zeigt, inokuliert man bei MSusen einen N. ischiadicus und die beiden
N. brachialis und erh< Tetanuserscheinungen, die nicht auftreten, wenn
man nur einen N. ischiadicus inokuliert, eben weil in ihm nicht eine ge-
nflgende Quantitat Toxin enthalten war.
XXII. Affinit&t des Tetanusgifts zur Substanz der peri¬
pherischen Nerven beimKaninchen und Meerschweinchen.
Alle Autoren stimmen in der Annahme iiberein, daB, w&hrend das
Meerschweinchen auch fflr kleine Dosen von Tetanustoxin empf&nglich
ist, das Kaninchen verhaitnism&Big groBe WiderstandsfShigkeit zeigt,
und, wie ich schon an anderer Stelle bemerkte, st&rkere Dosen Toxin
erforderlich sind, urn Tetanuserscheinungen zu verursachen.
Hochstwahrscheinlich erklSrt sich diese Tatsache daraus, daB die
Affinitat des Tetanusgiftes zur Nervensubstanz des Kaninchens geringer
ist als zur Nervensubstanz des Meerschweinchens, wie sich-aus folgenden
Experimenten ergibt:
Meerschweinchen XXVI. Gewicht 385 g.
20. Mai 1904, 11 Uhr vorm. Iuokulation von l L ccm Tetanustoxin in die linke
Wade.
21. Mai 11 Uhr vorm. Ich exstirpiere den llnken N. ischiadicus und inokuliere
ihn unter die Haut einer Maus, die wahrend der folgenden Tage Erscheinungen von
heftigem Tetanus zeigt und verendet.
Kaninchen XXIII. Gewicht 1,800 kg.
20. Mai 1904, 11 Uhr 15 Min. vorm. Injektion von J / s ccm Tetanustoxin in die
linke Wade. Nach 24 Stunden exstirpiere ich den linken N. ischiadicus, nehme davon
ein in Bezug auf Dimensionen und Gewicht dem N. ischiadicus des Meerschweinchens
gleichwertiges Stuck (siehe voriges Experiment) und impfe es unter die Haut einer
Maus, die wahrend der folgenden Tag*e nur sehr leichte Erscheinungen von Tetanus
zeigt und uberlebt.
Es schien rair auch wichtig, zu untersuchen, in welchem Zust&nd
das Tetanustoxin sich in den peripherischen Nerven befindet, und zu
diesem Zwecke fiihrte ich die folgenden Experimente aus:
Meerschweinchen XXVII. Gewicht 410 g.
23. Mai 1904, 9 Uhr vorm. Injektion von 7* ccm Tetanustoxin in die Muskeln
der linken Wade.
10 Uhr vorm. Ich exstirpiere den linken N. ischiadicus und lege ihn zum Ein-
weichen in 1 ccm steriler physiologischer NaCi-Losung.
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rttckenmarkszentren etc. 631
11 Uhr vorm. Die Fliissigkeit inokuliere ich einer Maus — einer anderen Maus
impfe ich den Nerv ein.
Beide Mause zeigen wahrend der folgenden Tage deutliche Erecheinungen von
Tetanus.
Meerschweinchen XXVIII. Gewicht 395 g.
23. Mai 1904, 9 Uhr 15 Min. Injektion von '/, ccm Tetanus toxin in die Muskeln
der linken Wade.
10 Uhr 15 Min. vorm. Ich entnehme den linken N. ischiadicus und halte ihn
0 Htunden lang eingetaucht in 1 ccm steriler physiologischer NaCl-Ldsung.
3 Uhr 15 Min. nachm. Einer Maus inokuliere ich die Fliissigkeit, einer anderen
den Nerv.
Die mit der Fliissigkeit geimpfte Maus zeigt wahrend der folgenden Tage deutlich
ausgepragte Tetanuserscheinungen.
Die mit dem Nerven geimpfte Maus zeigt keine Tetanuserscheinung irgend
welcher Art.
Meerschweinchen XXIX. Gewicht 400 g.
23. Mai 1904, 9 Uhr 30 Min. vorm. Injektion von '/» ccm Tetanusgift in die
Muskeln der linken Wade.
10 Uhr 30 Min. Ich entnehme den N. ischiadicus der enteprechenden Seite und
tauche ihn in 1 ccm physiologischer NaCl-Losung.
24. Mai 1904, 10 Uhr 30 Min. vorm. Einer Maus inokuliere ich die Fliissigkeit
fschwere Tetanuserscheinungen und Tod wahrend der folgenden Tage); einer anderen
Maus impfe ich den Nerv ein (keine Tetanuserscheinungen).
Daraus folgt, dafi es, im Gegensatz zu dem, was sich bei der zen-
tralen Nervensubstanz zeigt, die das Tetanustoxin in bohem Grade
fixiert, mit Leichtigkeit gelingt, das vom Nerven resorbierte Toxin von
ihm zu trennen.
XXIII. Beziehung des Tetanustoxins zu den sensiblen
Nerven.
Meyer und Ransom haben untersucht, auf welche Weise
sich die sensiblen Nerven gegen das Tetanustoxin ver-
halten, und die Frage zu Ibsen versucht, ob das Tetanustoxin ver-
mittelst der sensiblen Nerven zellulipetal zu den Nervenzentren weiter-
befordert werden kbnnte, wenn man das Gift in einen rein sensiblen
Nerv, beim Hunde in den N. infraorbitarius, injiziert Bis zum 13. Tage
nach der Injektion des Toxins zeigten sich keine Tetanuserscheinungen;
erst nach und nach erschien eine isolierte Kontraktur des Ohres der-
selben Seite. Bei einem anderen fihnlichen Falle zeigte sich eine iso¬
lierte Kontraktur des Kaumuskels erst 11 Tage nach der Inokulation
in den N. supraorbitarius. Aus diesen Versuchen schliefien die Autoren,
dafi das Tetanustoxin in den sensiblen Nerven zentripetal weiterbefordert
werden kdnne, jedoch auf viel langsamere Weise als in den motorischen
Nerven. — Marie und Morax gelangten zu einer ahnlichen SchluB-
folgerung, als sie Tetanustoxin in das subkutane Zellengewebe der Stirn-
gegend beim Hunde injizierten. Wenn die Tetanuserscheinungen deut¬
lich ausgeprfigt waren, so schnitten sie den N. ophthalmicus von Willis
derselben Seite heraus und impften ihn unter die Haut einer Maus.
Diese zeigte nach 24 Stunden einen deutlich ausgepr>en lokalen
Tetanus.
Marie und Morax suchten das Tetanustoxin qualitativ und quan-
titativ in den verschiedenen N. rhachidici, in den Nervenwurzeln sowie in
den N. cranici und N. sympathici eines Pferdes. Sie sahen, dafi die Aeste,
welche das Inokulationsgebiet mit Nerven versehen, das Toxin mit Vor-
liebe aufnehmen, wahrend die von der Inokulationsstelle weiter ent-
fernten Nerven wenig davon enthalten. Die Neurone des Sym¬
pathies nehmen einen hervorragenden Anteil an der
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVUI. Heft 6.
Resorption desToxins, wie dies der betr&chtliche Gehalt des Sym-
pathicns cervicalis an Toxin beweist. Bemerkenswert ist auch die im
N. massetericus enthaltene verh<nism&Big grofie Menge Toxin, worans
es sich erkl&ren wfirde, dafi beim Pferde als erste Erscheinung der Tris¬
mus auftritt.
Die hinteren Wurzeln enthalten weniger Toxin als die vorderen.
In den Bitndeln der weiBen Substanz gelingt es fast nie, die Anwesen-
heit von Tetanustoxin zu entdecken.
In der weifien Substanz des Lendenmarks wurde eine sehr kleine
Menge Gift gefunden, was sich daraus erkl&rt, wenn man annimmt, daB
in dieser HOhe eine Vermischung von Nervenfasern des mit Toxin be-
ladenen peripherischen Neurons mit den Pyramidalbfindeln stattfindet
Von der Lendengegend abgesehen, zeigt sich das PyramidalbQndel
stets als nicht toxisch fflr MSuse.
Dasselbe kann man von den anderen Str&ngen des RQckenmarkes
sagen.
Die Autoren schliefien aus diesen Untersuchungen, der Achsen-
cylinder des cerebralen Neurons enthalte wahrscheinlich kein freies Te¬
tanustoxin, die 3 Arten von peripherischen Neuronen, das motorische,
sensible und sympathische seien in gleicher Weise dazu geeignet, das
Tetanustoxin zu resorbieren und endlich, die peripherischenNeu-
ronen seien die Kan&le, durch welche das Toxin zu den
Nervenzentren gelange.
Anmerkung. Di Vestea und D’Abundo 1 ) machten Versuche, die darauf
hinzielten, den Weg dee Virus der ToOwut tangs des Riickenmarkes im Gehirn und
kleinen Gehirn zu verfolgen, mit der Absicht, zu entdecken, wie die Infektion in den
verschiedenen Gegenden aer Zentralnervenorgane des Kaninchens erfotge; durch diese
Untersuchungen lieferten sie einen bemerkenswerten Beitrag zum Studium der Ver-
bindungswege innerhalb des Zentralnervensystems.
In der Absicht, den Weg des Tetanustoxins in den Zentralnervenorganen zu ver¬
folgen, begann ich bei Meerschweinchen und Kaninchen ahnliche Untersuchungen, wie
sie die oben erwahnten Autoren angestellt hatten.
Aber die aufierordentliche Schwierigkeit, das Tetanustoxin in der Zentralnerven-
substanz bei Tieren im Laboratorium deutlich nachzuweisen, da ja letztere die Eigen-
Bchaft besitzt, das Tetanusgift zu neutralisieren, ermutigte mich nicht zur Forsetzung
der erwahnten Experiments.
Durch Injektion von Tetanustoxin in den N. vagus bemerkteu
Meyer und Ransom eine betr&chtliche Verlangsamung der Herztfltig-
keit, was niemals bei Tieren sich zeigte, die auf andere Weise vergiftet
worden waren. Ich will diese Betrachtungen fiber den Transport des
Tetanustoxins zu den Nervenzentren durch die Nerven nicht beendigen,
ohne ein sehr beweiskr&ftiges Experiment von Meyer und Ransom
anzuffihren. Es gelang ihnen, schwere Tetanuserscheinungen bei einem
stark gegen Tetanus immunisierten Kaninchen durch Injektion von Te¬
tanustoxin in den N. ischiadicus hervorzurufen. Zwei Tropfen Blut
dieses Tieres enthielten mehr Antitoxin, als dazu erforderlich war, das
gauze injizierte Quantum Gift zu neutralisieren. Wenn das Toxin mit
dem Antitoxin in Berfihrung gekommen w&re, so h&tte es neutralisiert
werden mfissen. Stattdessen geschah nichts Derartiges und die Tetanus¬
erscheinungen traten auf.
Aus diesem Experiment glauben die Autoren schlieBen zu mfissen,
nicht nur dafi das antitoxische Serum, das man einem Tiere subkutan
1) Contribute alto studio delle vie di counessione del sistema nervoeo merd la
rabbia sperimentale. (Annali di Nevrologia. Anno X. 1893. Fasc. 4, 6.)
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Rflckenmarkszentren etc. 633
oder in die Venen injiziert, niemals in die Substanz der Wurzelf&serchen
der Nerven und in die Nervenzentren aufgenommen werde, sondern
dafi aucb bei einem stark immunisierten Tiere die Neuronen kein Anti¬
toxin enthalten oder absolut ungeschfitzt bleiben.
XXIV. Beziehungen des Tetanustoxins zur Lymphe.
Aus den vorausgehenden Experimenten haben wir gesehen, dafi,
wenn man Tetanustoxin unter die Haut eines empf&nglichen Tieres in¬
jiziert, das Toxin selbst sehr bald im Blute gefunden wird, wie dies die
Tatsache beweist, dafi dieses Gift bei M&usen nachgewiesen wnrde. Mit-
hin geschieht die Verteilung des Tetanustoxins in diesem Falle ver-
mittelst des Blutes. Welches ist aber der Anteil, den bei diesem
Diffusionsprozefi des Tetanusgiftes die Lymphe nimmt? Mit dieser
Frage hat sicb in erschopfender Weise Ransom beschfiftigt, der eine
sehr sorgffiltig durchgefflhrte Reihe von Experimenten an Hunden machte,
indem er nach Erfiffnung des Ductus thoracicus Tetanustoxin in die
Blutbahn inokulierte oder den Ductus thoracicus einige Stunden nach
der Injektion von Toxin in die Blutbahn fiffnete.
Nach der Injektion von Toxin in die Venen wurde vergleichend bei
Mfiusen die Toxizitfit der Lymphe und des Blutes versucht.
Inokuliert man das Tetanusgift in die Blutbahn eines Hundes, so
geht ein ansehnlicher Teil desselben sehr bald in die Lymphe fiber. Ist
der Kreislauf in den Blut- und Lymphgef&flen intakt, so verteilt sich
das Tetanustoxin in der Lymphe und im Blute in ann&hernd gleichen
Verhfiltnissen. ErOffnet man den Ductus thoracicus kurz yor der intra-
venOsen Injektion des Toxins derart, dafi die Lymphe ununterbrochen
abfliefit, so bleibt der toxische Wert des Blutes offenbar hfiher als der-
jenige der Lymphe.
XXV. Intravenfise Injektion von Tetanusgift
Zu wiederholten Malen habe ich die intravendse Injektion
von Tetanustoxin sowohl bei Meerschweinchen als auch bei Kanin-
chen ausgeffihrt Ueber einige dieser Experimente habe ich schon be-
richtet; ich sehe davon ab, von den anderen ausffihrlich zu sprechen,
da sie kein besonderes Interesse bieten. Nur das will ich anffihren,
dafi man bei direkter Inokulation des Tetanustoxins in das Blut nicht
das erhfilt, was ich bei Besprechung der Injektion unter die Haut und
in die Nerven mehrmals unter dem Namen „lokaler Tetanus* er-
wfihnt habe; es werden vielmehr nach einer Inkubationszeit alle Muskeln
gleichzeitig von tetanischen Kontrakturen ergriffen, d. h. man beobachtet
von Anfang an einen allgemeinen Tetanus. Wichtig ist die Tat¬
sache, dafi eine viel stfirkere Dosis Tetanustoxin zur Erregung von Te-
tanuserscheinungen bei einem Tiere erforderlich ist, wenn man die In¬
jektion in das System des Kreislaufs vornimmt, als erforderlich ist, wenn
die Injektion subkutan oder direkt in die Nerven gemacht wird.
Ganz charakteristisch ist das Bild der Tetanusvergiftung bei der
Injektion von Toxin in die Venen des Kaninchens. Ehe die Krankheits-
erscheinungen auftreten, die im allgemeinen erst nach 2—3 Tagen her-
vortreten, zeigt sich das Tier nur etwas in seinen Bewegungen gehindert;
dann tritt eine allgemeine Starre ein, die in diesem Falle das ganze
Krankheitsbild beherrscht. In diesem Augenblick ist das Tier vollstfindig
starr geworden, mit aufgerichteten Ohren, gespanntem Halse, steifen
Beinen, dergestalt, dafi der Bauch den Boden nicht mehr berfihren kann;
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634 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
legt man das Tier auf eine Seite, so gelingt es ihm auf keine Weise,
sioh wieder auf die Beine zu stellen. Die Krampfanfillle sind selten,
nicht sehr intensiv und werden nur durch sehr starke Erregungen her-
vorgerufen.
Die intraperitoneale Injektion von Tetanustoxin erregt
auf dieselbe Weise wie die intravenfise Injektion von Anfang an einen
allgemeinen Tetanus.
XXVI. Pathologische Anatomie des Tetanus.
Zur Vervollstftndigung meiner Untersuchungen fiber die Bahnen,
auf denen das Tetanustoxin zu den Nervenzentren weitergeleitet wird,
glaubte ich, es werde nicht ganz uninteressant sein, einige histologische
Untersuchungen namentlich bezfiglich des Rfickenmarkes und der peri-
pherischen Nerven der mit Tetanustoxin inokulierten Tiere anzustellen.
Der Darlegung der Resultate dieser Untersuchungen will ich einen
kurzen historischen Hinweis in Bezug auf dieses Thema vorausschicken.
Brunner behauptet in seiner Monographic fiber den Tetanus, die er
im Jahre 1894 verfiffentlichte, bei dieser schweren Intoxikationskrankheit
seien trotz der im Leben vorhandenen schweren nervOsen Erscheinungen
die anatomischen Befunde in den Zentralnervenorganen unsicher, und
im allgemeinen negativ. Bei den dfirfligen Methoden, fiber welche die
histologische Technik zu jener Zeit verffigte, war es nicht mdglich, weder
im Rfickenmark noch im Gehirn, noch auch in den peripherischen Nerven
irgend eine pathologische Verfinderung nachzuweisen. In der Folge erst
bemerkte Monakow bei Anwendung der Ffirbung durch Karmin im
Zentralnervensystem Kongestion der Gef&fie, HSmorrhagie und Anhfiu-
fung von Kemen und KOrnchen, namentlich in den Ganglienzellen des
N. facialis.
Die ersten beachtenswerten Resultate in betreff dieser Frage erhielt
man, als man behufs Untersuchung der Zentralnervenorgane tetanischer
Tiere die Nisslsche Methode zur Anwendung brachte. Beck, der
sich derselben zuerst bediente, fand hochgradige Gehirnerweichung und
homogene Anschwellung der Nervenzellen.
Im Jahre 1897 erschienen die Untersuchungen von Marinesco,
der bei den mit Tetanustoxin inokulierten Meerschweinchen Hfimorrhagieen
antraf, in der grauen Substanz des Rfickenmarkes und betr&chtliche Ver-
finderungen der Zellen der Vorderhorner; sie bestanden in der Tatsache,
daB ein Teil der Zelle, und sogar die ganze Zelle ein undurchsichtiges
Aussehen darbot, ein intensive Ffirbung des Achsencylinders, der sich
leicht kornerhaltig zeigte; die Protoplasmaforts&tze zeigten Krfimmungen
und batten die N i s s 1 schen Kfirperchen verloren. Der Kern war etwas
umfangreicher, er nahm die Farbe in diffuser Weise an und zeigte un-
regelm&Bige Umrisse. Es ist jedoch hervorzuheben, daB Marinesco
diese L&sionen nur bei den Tieren fand, die er selber getfitet hatte,
nicht bei Tieren, die spontan infolge Inokulation des Toxins verendet
waren.
Nach Nissl ist der Kern der Nervenzellen von tetanischen Tieren
kleiner, winkhger und homogener. Die Modifikationen des Zellkfirpers
sind im allgemeinen Neigung zum Verschwinden von Teilen der Substanz
und Vakuolisation der Zelle, die in einem vorgerflckten Stadium nicht
mehr wiederzuerkennen ist.
Besonders interessant sind die Untersuchungen von Goldscheider
und Flatau, die bei einer sehr betrfichtlichen Anzahl von Tieren in
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Tiberti, Transport des Tetannsgiftes zu den RQckenmarkszentren etc. 635
eingehender Weise die Veranderungen der motorischen Zellen des
Zentralnervensystems mit besonderer Rflcksicht auf die verschiedenen
Abschnitte des Rfickenmarkes studiert haben, indera sie verdfinnte und
konzentrierte L6sungen von Toxin verwendeten. Sie betrachten die an-
getroffenen Veranderungen als charakteristisch ffir die Tetanusvergiftung
in Anbetracht des konstant gleichen Befundes, den sie erhielten; dagegen
konnten sie bei Anwendung von Einfltissen von anderer Beschaffenheit
niemals ahnliche Vorgfinge beobachten. Endlich bringen die Autoren
die Vergiftungssymptome in Beziehnng zu den morphologischen Ver-
finderungen der Zellen und glauben fiber das Wesen derselben kein ent-
scheidendes Urteil abgeben zu kfinnen.
De Buck und Moor fanden bei tetanischen Kaninchen eine stfirkere
Ffirbung der protoplasmatischen Fortsatze; im Innern der Zelle stieBen
sie auf Spaltungen und Vakuolen. Hunter, Westphal, Goebel,
T6chontre, Mattbes und andere beobacbteten ungefahr dieselben
Tatsachen. — Do nett i bemerkte EntzQndungen der periependymischen
Substanz, Atrophie und. Zerstdrung der Zellen der Vorderhorner.
Tauber traf in einem Falle von Tetanus beim Menschen niemals
Anschwellungen der Nisslschen Kfirperchen. An der Peripherie der
Zellen fand er oft Granulationen, in vielen Zellen Vakuolen. — Rispal
beobachtete in einem Falle von Tetanus beim Menschen hyaline Meta¬
morphose des Protoplasmas der Nervenzellen mit Deformation des Kernes
Oder ahnliche Veranderungen wie die bei der experimentellen Hyper-
thermie beobachteten.
Preobrajensky konnte in einem Falle von Tetanus infolge Ver-
wundung des Augenlides, der nach 5 Tagen der Tod folgte, diffuse
Chromatolyse mit Bildung von Vakuolen beobachten, sowie Anschwellung
des Kernes, der sich gegen den Rand der Zelle verschoben hatte; ver-
schiedene Grade von Degeneration der Zellen, Anschwellung der Zellen
namentlich in den Clarkeschen Saulen. Der Autor versichert, daB
die Veranderungen der Zellen in diesem Falle von Tetanus bulbaris
denjenigen ahnlich waren, welche die anderen Autoren beim Rficken-
mark beschrieben haben.
Swiecinsky bemerkte aufier den von den anderen betonten Tat¬
sachen eine enorme Wucherung der Glia im Rfickenmark. Daddi traf
namentlich schwere Veranderungen im Kleinhirn, die intervertebralen
Ganglien dagegen in normalem Zustand. In allerneuster Zeit traf
Z in no bei Untersuchung der Nervenzentren tetanischer Tiere vermittelst
nicht so genauer Methoden die von den anderen Autoren beobachteten
banalen Lasionen nicht konstant und nicht spezifisch; als er aber eine
sorgfaltigere Technik anwandte, beobachtete er einige zunachst den
chromatophilen Kfirper und fast gleichzeitig das Centrosom und das
Kernkorperchen betreffende Lasionen, die sich dann auf das Cytoplasma
und endlich auf die Fortsatze ausbreiteten. Glia und Nervenfasern
wenig verletzt und gewdhnlich nur in weit vorgerfickten Phasen. Abge-
sehen von der anfangs auftretenden Karyolyse, leistet der Kern den Zer-
stdrungsprozessen grofien Widerstand.
Ich will mich hier darauf beschranken, fiber die Lasionen zu be-
richten, die ich namentlich in den motorischen Zellen des Rfickenmarkes
der von mir mit Tetanustoxin geimpften Meerschweinchen und Kanin¬
chen angetroffen habe. Ich untersuchte immer den cervikalen, dorsalen
und lumbalen Abschnitt des Rfickenmarkes, indem ich das Nerven-
svstem unmittelbar nach dem Tode des Tieres entfernte oder letzteres
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036 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
tStete, wenn es schwere Erscheinungen von allgemeinem Tetanus auf-
wies. Die Stflcke fixierte ich in einer Flfissigkeit, die aus einer ge-
sfittigten PikrinsfiurelQsung und einer gesfittigten L5sung von Sublimat
in gleichen Teilen bestand. Zur Farbung bediente ich mich der Nissl-
schen Metbode. Die konstantesten von mir angetroffenen Verandernngen
waren die folgenden: VergrSBerung der N is si schen K8r£erchen und
Zerfall der letzteren, die bisweilen ein fein granulSses Aussehen an-
nehmen. Der Zerbrockelung der N is si schen KOrperchen (Fig. 2) geht
gewbhnlich ihr Anschwellen voraus; zuweilen aber bezeichnet sie die an-
ikngliche Lasion der Zelle. Mitunter regenerieren nach der fein granuldsen
Zerstorung der N i s s 1 schen Kdrperchen die letzteren sich wieder, wobei
sie jedoch eine etwas eckige Gestalt annehmen; mit dieser Tatsache
findet oft gleichzeitig eine Anschwellung der ganzen Zelle statt Auch
die Kdrperchen des Kernes sind angeschwollen und nehmen
oft eine veriangerte Gestalt an. Die kSrnige Zerstdrung der Nissl-
schen KSrperchen (Fig. 3) erschien mir gesteigert in den Fallen,
in welchen ich hfihere Dosen von Toxin verwendete, sowie wenn die
Tetanuserscheinungen sehr intensiv waren und einige Tage andauerten.
Ich traf sie fast nie an, wenn ich die Tiere beim ersten Auftreten der
Tetanuserscheinungen tdtete. Sowohl das Anschwellen der Kern-
kSrperchen als auch das der Nissl schen Kfirperchen trat um so
anhaltender auf, je schneller der ProzeB durch Verwendung starker
Dosen von Toxin verlauft. Eine Tatsache, die ich oft zu beobacbten
Gelegenheit hatte, auch bei sehr schwer verlaufenden Fallen, ist die,
daB sich neben stark veranderten Zellen andere linden, in denen die
Verandernngen leicht sind, und endlich wieder andere von normalem
Aussehen. Die Zellen der Meerschweinchen schienen mir fast stets
mehr verandert als die Zellen der Kaninchen.
In anderen Fallen erlangen die Zellen ein homogenes Aussehen und
sind nicht mehr wiederzuerkennen; in anderen (Fig. 4) bemerkt man
das Vorhandensein zahlreicher und grofier Vakuolen. Eine andere Tat*
sache, auf die ich die Aufmerksamkeit lenken mfichte, weil ich sie in
einer gewissen Haufigkeit angetroffen habe, ist die, daB man bisweilen
um stark veranderte Nervenzellen herum in mafiiger Anzahl Gliakerne
antrifft. Mitunter lehnen die letzteren sich einfach an die Nervenzelle
an, dann wieder (Fig. 5) fin den sie sich im Innern des Zellkorpers.
Meiner Ansicht nach ist diese Tatsache nicht als ein aktiver Vorgang
zu erkiaren, wie es Marinesco mfichte, in dem Sinne, daB die Glia-
zellen bauptsachlich die Nervenzellen anfallen und zerstfiren, sondern
ich glaube vielmehr, daB die letzteren, wenn sie stark verandert und
dem Absterben nahe sind, als Reiz auf die Gliazellen einwirken und
ihre Anhaufung um sich herum, sowie allmahlich das Eindringen in ihr
Inneres verursachen.
Aus dem hier in Ktirze angeffihrten Befund kann man meines Er-
achtens zu der Schlufifolgerung gelangen, daB durch Einwirkung des
Tetanustoxins deutliche und konstante Verfinderungen in den motorischen
Nervenzellen stattfinden. Diese Verandernngen sind jedoch nicht ab-
solut spezifisch fflr den Tetanus, da es vorkommt, daB man ihnen bei
anderen Intoxikationen begegnet, bei einigen Infektionen und auch bei
einigen Geisteskrankheiten, und sie stehen sicherlich in keiner nachweis-
lichen Beziehung zu den klinischen Erscheinungen des Tetanus.
Die jQngsten Untersuchungen fiber die peripherischen Nerven beim
Tetanus haben bewiesen, daB ihre Verfinderungem nicht so konstant
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Riickenmarkszentren etc. 637
sind, dafi sie einer pathogenetischen Erklfirung des klinischen Krank-
heitsbildes zur Grundlage dienen kdnnten. Die sogenaunte „neuriti-
sche Theorie des Tetanus* stQtzte sich hauptsachlich auf die alten
makroskopischen Beobachtungen von Larrey, Friedreich, Froriep,
Remak u. a., die eine mehr oder weniger ausgeprSgte Entzflndung der
Nerven zwischen dem Eintrittsort der Infektion und dem RUckenmark
beobachtet batten.
Die allmahlich angestellten mikroskopischen Beobachtungen ergaben
zuweilen einen positiven Befund, mitunter wiesen sie nur leichte Ver-
anderungen nach, in anderen Fallen war der Befund wieder durchaus
negativ. Die beobachteten Veranderungen beziehen sich namentlich auf
die Nervenstamme in nachster Nahe der Wunde, auf die Tetanus flber-
tragen wurde.
Arloing und Tripier fanden in einem Falle bei einer durch
Tetanus komplizierten Wunde entsprechend dem Kopfe des Wadenbeines
Neuritis des N. popliteus externus; der N. iscniadicus war nicht im ge-
ringsten verandert. Michaud fand in einer Schenkelwunde Neuritis
des N. ischiadicus. Laver an beobachtete in einer komplizierten Fraktur
des FuBes eine aufsteigende Neuritis des N. tibialis. Pitres und
Vail lard trafen in einem Falle, in dem schwere Verbrennungen der
Hand und des Schenkels vorlagen, diffuse Parenchymveranderungen der
entsprechenden Nerven, die nach oben hin weniger intensiv waren.
A chard untersuchte 4 Falle von Tetanus; bei 3 derselben be¬
obachtete er nur Degenerationen von wenigen Fasern der entsprechenden
Nerven, bei einem anderen, in welchem der N. medianus und der
N. ulnaris vollstandig durchschnitten waren und der Tod nach 3 Wochen
eintrat, waren im N. cubitalis 4 cm oberhalb der Stelle der Verletzung
fast alle Fasern degeneriert, wahrend im N. medianus 5 cm weiter oben
der grdfite Teil der Fasern intakt war. A chard ist dazu geneigt, solche
Degenerationen als sekundar zu betrachten.
Bonome fand in 2 Fallen aufier sehr starken myelitischen Ver¬
anderungen des RQckenmarkes auch Degenerationserscheinungen in der
Cauda equina.
Diesen positiven Befunden stehen nicht wenige Falle gegentiber, in
denen eine genaue mikroskopische Untersuchung der Nerven keine
Lasion bei ihnen nachwies. Negative Befunde erhielten Joffroy,
Poncet, Michaud, Pitres und Vaillard. Diese Forscher ver-
sicherten, das Tetanustoxin kdnne das Rflckenmark auf dem hamatogenen
Wege erreichen, ohne sich langs der Lymphscheiden auszubreiten.
HSchstwahrscheinlich werden die Veranderungen der Nerven in
Fallen von Tetanus durch die die Verwundung begleitenden Infektionen
hervorgerufen unter dem Bilde einer aufsteigenden Neuritis, da sie ja
namentlich in den Fallen von schweren und eitrigen Wunden auftreten.
Auch ist es wahrscheinlich, dafi, wenn der Verlauf der Krankheit lange
genug ist, infolge der myelitischen Veranderungen, Veranderungen der
peripherischen Nerven eintreten. Von diesem Gesichtspunkte aus be-
trachtet, sind die von Bonome geschilderten Falle besonders beweis-
kraftig, weil bei ihnen die Veranderungen der Nerven dem Gebiet der
schwersten Veranderungen des Markes entsprachen. Wenn die peri¬
pherischen Wunden schnell heilen oder leicht sind, oder wenn die Krank¬
heit schnell zum Tode fflhrt, so sind die Veranderungen der Nerven
sehr undeutlich ausgepragt oder sie fehlen ganz.
Zur Untersuchung der Nerven der mit Tetanustoxin inokulierten
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538 Centralbi. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXX VIII. Heft 6.
Tiere bediente ich mich anfangs der gebrSuchlichen FSrbungsmethoden
vermittelst Karin in und Hematoxylin. Da ich aber mit Hilfe dieser
Metboden nicbts Besonderes erreicht hatte, wollte ich es mit einigen
anderen neueren versucben und richtete meine Aufmerksamkeit nament-
lich auf die Untersuchung des Achsencylinders, um zu sehen, ob das Te-
tanustoxin wahrend seines Weges lfings desselben irgend welche Ver-
anderungen darin verursache. In hervorragendem MaBe bediente ich
mich der Methode von Mdnckeberg und Bet he zur Ffirbung der
Neurofibrillen; diese Methode will ich hier in Kiirze schildern : Fixierung
des Nerven in 0,25-proz. Osmiumsfiure wfihrend 24 Stunden, 4—6-stflndige
Waschung, Alkohol bei 90 °, 10 Stunden Oder langer. 4 Stunden in
destilliertem Wasser; hierauf 6—12 Stunden in 2-proz. L5sung in Na-
triumbisulfit, der 2—4 Tropfen Salzsaure auf 10 ccm hinzugesetzt
worden sind. Waschung in Wasser, Einbettung in Paraffin, Farbung
mit 0,1 Proz. Toluidinbljm und Durcbgang durch 1-proz. Ammonium-
molybdatlSsung. Waschung, Alkohol—Xylol—Balsam.
Ich muB jedoch sagen, daB, obgleich ich zahlreiche Prfiparate nach
dieser Methode herrichtete, nur sehr wenige mir einigermaBen befrie-
digende Resultate ergaben. In der Mehrzahl der Faile verdeckt die
durch die Osmiumsaure stark schwarz gefarbte Markscheide den Achsen-
cylinder vollstandig, und wenn man das Glfick hat, durch Anlegung von
sehr feinen Schnitten sie bei einigen Fasern bloBzulegen, so folgt man
den Neurofibrillen nur auf einer sehr kurzen Strecke. In den wenigen
Fallen, in denen dieser glQckliche Umstand eintrat, schien es mir, dafi
die Neurofibrillen der Nerven tetanischer Tiere sich in keiner Hinsicht
durch ihr Aussehen, ihre Anordnung und ihre Farbbarkeit von den
Nerverfaserchen normaler Tiere unterschieden.
Mir schien es sehr interessant, zu untersuchen, auf welche Weise
sich die sogenannte primare Farbbarkeit der Neurofibrillen und
der Ganglienzellen des Rttckenmarkes bei den mit Tetanustoxin ge-
impften Meerschweinchen und Kaninchen verhait.
XXVII. Die primare Farbbarkeit in den Nerven
tetanischer Tiere.
Unter primarer Farbbarkeit versteht Bethe die Eigenschaft der
Gewebe, durch die basischen Farben ganz frisch oder nach einfacher
Dishydration gefkrbt zu werden, folglich ohne Anwendung irgend eines
Aetzwassers Oder einer anderen Substanz, welche die chemische Struktur
des Gewebes andert. Auf diese Weise werden in den Nervenzellen zwei
Substanzen geffirbt, diejenige, welche den Nisslschen chromatischen
Teil bildet und ein andere, die innig mit den Nervenfaserchen verbunden
ist. In den Nerven trifft man natfirlich nur diese letztere an. Bethe
nimmt an, diese beiden Substanzen seien voneinander verschieden, hatten
aber den sauren Charakter miteinander gemeinsam. Die Bedeutung der
sauren Substanz der chromatischen Klumpen ist bekannt, da ihre mor-
phologischen Einrichtungen in den letzten Jahren der Gegenstand zahl-
reicher Untersuchungen waren. Auch die saure Substanz der Faserchen
ist von hervorragender Bedeutung und mit ihrem Verschwinden failt
nach Bethe zusammen das Verschwinden der physiologischen Erreg-
barkeit. Bemerkenswert ist die Tatsache, dafi, wahrend man vermittelst
der Fixierung in Alkohol die primare Farbbarkeit der Nerven deutlich
nachweisen kann, sich dies beziiglich der Nervenzentren nicht nachweisen
lafit Daraus folgert Bethe, im Nervensystem existiere oder bilde sich
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Tiberti Transport des Tetanusgiftes zn den Rflckenmarkszentren etc. 639
nach dem Tode eine Substanz, welche die S&ure der F&serchen der
Zentralnervenelemente ldslich mache. Das Vorhandensein der S&ure in
Nervenf&serchen l&Bt sich auch in den Zentren nachweisen, auch dann,
wenn die S&ure auf chemischem Wege von den F&serchen getrennt in
Alkohol ldslich wird, indem man bei der Fixierung oder Dishydration
Aether verwendet, Ammoniakalkohol oder, wie sich aus den Experimenten
Lugaros ergibt, Pyridin. Letzteres habe ich fast ausschlieBlich ver¬
wendet bei der Untersuchung der prim&ren F&rbbarkeit der Nervenzellen
nnd namentlich des Rflckenmarkes. Ich lieB die StQcke des Markes
hdchstens 48 Stnnden in Pyridin liegen, schloB in Paraffin ein und f&rbte
die Abschnitte mit einer ges&ttigten Losung von Toluidinblau.
Bei den vermittelst dieser Technik angefertigten Praparaten aus
Rftckenmark bemerkte ich dieselben Erscheinungen, die ich schon
bei Anwendung der Niss 1 schen Methode beschrieben habe; namentlich
gelang mir die Diffusion der chromatischen Klumpen ausgezeichnet. —
Wie mir schien, erlitt die prim&re F&rbbarkeit der Nervenzellen bei
tetanischen Tieren keine besondere Ver&nderung. Bei den peripheri-
schen Nerven dagegen bemerkte ich eine Tatsache, die mir wegen
ihres konstanten Auftretens, das ich stets beobachten konnte, wahrhaft
beachtenswert erscheint W&hrend sich bei vielen Nervenfasern der
Achsencylinder sehr intensiv blau f&rbt, wie bei den normalen Nerven
(Fig. 7), f&rbt sie sich dagegen bei anderen gar nicht. Um den Fall
auszuschliefien, dafi diese Tatsache M&ngeln der Technik zuzuschreiben
sei, legte ich auf einem und demselben Deckglase Abschnitte eines
Nerven von einem normalen Eaninchen und solche von einem tetanischen
Kaninchen auf, indem ich sie, um sie nicht zu verwechseln, nach ver-
schiedenen Richtungen hin anbrachte. Dies tat ich, damit, da die er-
w&hnten Abschnitte einer und derselben Behandlung unterzogen wurden,
wenn die oben angefiihrte Erscheinung von neuem auftreten sollte, der
EinfluB der zur Herrichtung des Pr¶tes notigen Manipulationen voll-
st&ndig ausgeschlossen werden konnte. Auch als ich auf diese Weise
zu Werke ging, konnte ich den oben erw&hnten Befund best&tigen, d. h.
einen merklichen Unterschied in der Art und Weise, wie sich die pri-
ra&re F&rbbarkeit bei den verschiedenen Fasern eines und derselben
Nerven beim tetanischen Tiere darstellte. Aus diesem Grunde scheint
es mir, dafi man mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dafi diese
Tatsache abh&ngig ist von Ver&nderungen in der chemischen Zusammen-
setzung der Neurofibrillen, Ver&nderungen, die durch das Tetanustoxin
w&hrend seiner WeiterbefOrderung den Nerven entlang hervorgerufen
werden. Aber die sichere Best&tigung der Sache und die Erkl&rung des
Umstandes, weshalb einige Fasern eines und desselben Nerven die
prim&re F&rbbarkeit unver&ndert zeigen, wird man erst dann geben
kbnnen, wenn man eine betr&chtliche Anzahl von systematischen Be-
obachtungen ausgefflhrt hat, und das beabsichtige ich in einer mdglichst
bald erscheinenden Arbeit zu tun, da ich von der Bedeutung fiberzeugt
bin, welche die von mir soeben erw&hnte Erscheinung gewinnen mfifite,
sobald sie in ausgedehntem Mafie best&tigt wfirde.
XXVIII. Mechanismus der Kontraktur bei Tetanus.
Auf Grund meiner Experimente, die grbfitenteils diejenigen der
frQheren Beobachter best&tigen, kann man mit Sicherheit die SchluB*
folgerungen ziehen, dafi das Tetanustoxin, wenn man einem daffir em-
pf&nglichen Tiere subkutan eine Ldsung desselben injiziert, grSBtenteils
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXV ill. Heft 6.
in die LymphgefQBe und von ihnen aus in das Bint gelangt; ein ge-
ringerer Toil wird von den Ausl&ufern der motoriscben Nerven in den
Muskeln aufgenommen und diese leiten es dann weiter zu den motorischen
Ganglien des Rflckenmarkes. 1st das Toxin in den letzteren ange-
kommen, so entfaltet es seine Wirkungen und es zeigen sich die charak-
teristischen Erscbeinungen des Tetanus. Welches ist aber der innerste
Mechanismus, durch den die experimentelle Vergiftung durch Tetanus
erkl&rt wird?
Wenn ich von alien Hypotbesen absehe, die in vergangener Zeit
zu dem Zweck aufgestellt worden sind, um den Mechanismus der Kon-
traktur bei Tetanus zu erkl&ren, so scheint mir, dafi daB die in letzter
Zeit von Meyer und Ransom aufgestellte Tbeorie die vemGnftigste
ist, da sie auf einer reichhaltigen Folge von experimentellen Tatsachen
aufgebaut ist.
Nach der Ansicht dieser Autoren werden die Spinalganglien in
einen Zustand der Hyperexcitabilit&t versetzt, so daB sie vermdge der
permanent von den sensitiven Neuronen her andringenden Reize aktiv
erregt und zu einer ununterbrochenen AusstrQmung von Energie ge-
zwungen werden. Aus der Physiologic ist bekannt, daB auch unter nor-
malen Verh<nissen die sensitiven Reize die bestimmende Ursache der
kleinen ununterbrochenen motorischen Reize sind, deren Wirkung unter
dem Namen Muskeltonus bekannt ist. Diese AusstrQmung ist bei
der Tetanusvergiftung abnorm stark, erreicht aber dennoch nicht den
hdchsten Grad; das Glied, in dem sich die Tetanuserscheinungen ent-
wickeln, wird nicht sofort zu einem Zustand der Hyperextension ge-
zwungen, sondern die Extensoren und Flexoren ziehen sich langsam und
m&Big zusammen. Im weiteren Verlauf erhalten die ersteren das Ueber-
gewicht und bringen allm&hlich das Glied in die Extensionsstellung, die
durch jeden Impuls des Wollens oder jede reflektive Handlung gesteigert
werden kann. Mit anderen Worten, die Kontraktur beim Tetanus w&re
nichts anderes als der Ausdruck des abnormen und stets zunehmenden
Muskeltonus. Wie nun aber nach Hering jeder motorische Impuls
peripherischen Ursprunges ist, so ist auch die Kontraktur beim Tetanus
abh&ngig von sensiblen Reizen; hier besteht jedoch eine pathologische
Ver&nderung der motorischen Apparate des Rflckenmarkes, die auch in
ihrer Wirkung streng lokalisiert ist.
Nachdem das Tetanusgift seine Wirkung auf die Ganglienzellen aus*
geQbt hat, mit denen es gleich im Anfang in Berflhrung kommt, wandert
es weiter in den Str&ngen des RQckenmarkes und geht, indem es zuerst
dem direkten Verbindungswege der Commissura anterior folgt, in die
motorischen Apparate der anderen Seite Qber, was die Kontraktur des
Gliedes zur Folge hat, das demjenigen entgegengesetzt liegt, in welches
das Toxin injiziert wurde. Erst nach einer gewissen Zeit greift das
Tetanustoxin die taktilen Apparate des reflexen Bogens im RQckenmark
an; darauf folgt eine allgemeine Uebertreibung der Reflexe auf Reizung
des kranken Gliedes oder seiner Nervenst&mme. Wenn das Gift sich
noch weiter ausbreitet, so entstehen Kontrakturen fast alter gestreiften
Muskeln und allgemeiner reflexer Tetanus.
Es handelt sich mithin bei den WarmblQtern um zwei in Bezug
auf Zeit und Ort verschiedene Vorg&nge im Rackenmark; der erste ist
eine lokale motorische Intoxikation, welche die lokale Kontraktur der
Muskeln bewirkt; der zweite ist eine lokale sensible Vergiftung, der
reflexive Tetanus. Fand die Vergiftung auf dem Blutwege statt, so
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Tiberti, Transport des Tetanusgiftes zu den Ruckenmarkszentren etc. 641
dringt das Toxin in alle motorischen Auslfiufer ein und der Tetanus ist,
wie ich schon anderswo bemerkt habe, von Anfang an ein allgemeiner.
Aus der Gesamtheit der von mir gemachten Experiraente lassen
sicb die folgenden Schlufifolgerungen zieben:
1. Injiziert man Tetanustoxin subkutan bei einem empf&nglichen Tier,
so gebt ersteres grofitenteils in die Lymphgeffifie fiber und von diesen
aus in das Blut; zum geringeren Teile wird es von den Nervenendigungen
resorbiert und wird durch diese zu den Nervenzenlren weitergeleitet.
Nach hypodermischer Injektion von Tetanustoxin in ein Glied ist das
Toxin konstant in den NervenstSmmen des Gliedes selbst nachweisbar.
2. Der Transport des Tetanustoxins zu den Nervenzentren durcb
die Nerven findet statt nicht durch die Lymphwege der Nerven selbst,
sondern im Plasma der Nervenfasern, aus denen der Achsencylinder be-
steht. Damit die Nervenfasern im stande sind, das Tetanustoxin aufzu-
nehmen und es zu den Nervenzentren weiterzuleiten, ist es nfitig, dafi
der Achsencylinder ihre normale Integrity besitzt
3. Dem Achsencylinder entlang lfiuft der Strom des Giftes nur in
zellulopetaler Eichtung. Das Tetanustoxin verschiebt sicb nach der
Nervenzelle hin, wahrscheinlich weil letztere auf das Tetanusgift, rait
dem die Nervenfasern durchtrfinkt werden, eine Anziehung ausfibt.
4. Injiziert man in einen Muskel Tetanustoxin, so breitet es sich
in der den Muskel selbst umspfilenden serdsen Flfissigkeit aus und wird,
nacbdem es von den Endigungen der in den Muskeln befindlichen Nerven
resorbiert worden ist, vermittelst der Nerven zu den Zentren weiter¬
geleitet
5. Das in die Wadenmuskeln eines Meerschweinchens inokulierte
Tetanustoxin triflft man im entsprechenden Ischiadicus in betr&chtlichen
Dosen erst l 1 /* Stunde nach der Injektion an, wfihrend man es viel
schneller im Blute antrifft (schon nach 10 Min.).
6. Es genfigen minimale Dosen von Tetanustoxin, um schwere
Tetanuserscheinungen hervorzurufen, wenn die Injektion direkt in das
Parenchym der Nerven erfolgt. Dieselben Dosen rufen, wenn sie unter
die Haut Oder in den Kreislauf injiziert werden, keine Tetanuserscheinungen
hervor.
7. Injiziert man Tetanusantitoxin in einen Nervenstamm und in-
okuliert hierauf Tetanustoxin in die durch den erw&hnten Stamm inner-
vierten Muskeln, so gelingt es, den Zutritt des Toxins zu den ent¬
sprechenden Nervenzentren zu verhindern, und man bemerkt deshalb
keine Tetanuserscheinungen irgend welcher Art in dem bezfiglichen
Muskelgebiet.
8. Das direkt in einen Nerven inokulierte Tetanustoxin hat keinen
anderen Weg der Uebertragung auf die Nervenzentren als die Substanz
des Nerven selbst, wie dies die Tatsache beweist, dafi man durch Unter-
brechung des Rfickenmarkes an einem bestimmten Punkte die Wirkungen
des Toxins auf den in Verbindung mit dem Sitz der Einimpfubg stehen-
den Abschnitt des Rfickenmarkes beschrfinken und die Verbreitung des
Toxins in den oberen Regionen des Rfickenmarkes selbst verhindern
kann.
9. In den durch Durchschneidung der entsprechenden Nerven-
st&mme ihrer Innervation vollstfindig beraubten Muskeln zeigen sich
keine Tetanuserscheinungen infolge subkutaner Inokulation von Tetanus¬
toxin.
10. Wenn man Tetanustoxin direkt in die Substanz des Rficken-
Ento Abt. Orig. Bd. XXXvm. Heft 6. 41
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642
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Original©. Bd. XXXVUI. Heft 6.
markes injiziert, so erh< man eine betr&chtliche AbkQrzung des Inku-
bationsstadiums uod es zeigt sich ein besonderes durch den Namen
Tetanus dolorosus charakterisiertes Krankheitsbild.
11. Injiziert man Tetanustoxin in den Kreislauf, so werden nach
einem mebr Oder weniger langen Inkubationsstadium, je nach der be-
treffenden Tiergattung, alle Muskeln gleichzeitig von tetanischen Kon-
trakturen ergriffen, weil das Toxin des Tetanus von alien Nerven&sten
gleichzeitig resorbiert und zu den Nervenzentren weitergeleitet wird.
In diesem Falle fehlt der sogenannte lokale Tetanus, den man
beobachtet, wenn das Toxin unter die Haut oder in das Parenchym
eines Nerven injiziert wird. Es ist eine viel st&rkere Dosis von Toxin
erforderlich, urn bei einem Tiere Tetanuserscheinungen hervorzurufen,
wenn man die Injektion in den Kreislauf macht, als ndtig ist, wenn man
sie subkutan oder direkt in die NervenstrSnge vornimmt.
12. Das in die Blutbahn injizierte Tetanustoxin geht schnell in
die Lymphe fiber. In der cerebrospinalen FlQssigkeit kann das Tetanus-
gift nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden.
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Tafelerkl&ruxig.
(Koristka, Immers. homog. V tf Oc. III.)
Fig. 1. Nervenzelle des Vorderhorns des Riickenmarkes (Lendenabschnitt) von
einem normalen Kaninchen.
Fig. 2. Zelle des Vorderhorns des Riickenmarkes von einem mit Tetanustoxin
geimpften Kaninchen. Zerbrdckelung und Diffusion der chromatischen Klumpen.
Fig. 3. Zelle des Vorderhorns des Riickenmarkes von einem tetanischen Meer-
schweinchen. Granulare Zerstorung der chromatischen Klumpen.
Fig. 4. Zelle des Vorderhorns des Lendenmarkes von einem tetanischen Kanin¬
chen. Starke Vakuolisation des Cytoplasmas.
Fig. 5. Eine motorische Zelle des Lendenmarkes von einem tetanischen Meer-
schweinchen, die in ihrem Innern einen Neurogliakern enthalt Ein anderer Kern lehnt
sich einfach an sie an.
Fig. 6. N. ischiadicus eines tetanischen Kaninchens, gefarbt nach der Bethe-
schen Methode, um die primare Farbbarkeit der Neurofibrillen zu zeigen. Der Achsen-
cylinder hat sich gut mit Toluidinblau gefarbt wie die AchBencylinder der normalen
Nervenfasern.
Fig. 7. N. ischiadicus von einem tetanischen Kaninchen, gefarbt wie der vorige.
Der Achsencylinder hat die Farbe nur sehr schwach angenommen.
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Centralblattfiir Bakteriologie A bt. I Bd. XXX VIII.
Tibertl, Transport des Tetanusgiftes.
Fig. /.
Fig. 2 .
Fig- 3-
Fig- 4-' '
Kfcr.
■ mm>\
' ' ’ m. \ ' -
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Fig. 6.
Fig- 5-
-,V"
/v • V.
Zanlo del.
Verlag von Gustav Fischer, Jena.
P. Wetse. lith.,Jena.
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Waelsch, Ueber einen eigenartigen Mikroorganismus im Prfcputialsekret 645
Nackdruck verboten.
TJeber einen eigenartigen Mikroorganismus im Praputial-
sekret (Bacillus involutus).
[Aus der k. k. dermatologischen Klinik an der Deutschen Universitat
in Prag.]
Von Dr. Ludwig Waelsch, Privatdozent fiir Dermatologie.
Mit einer Tafel.
Gelegentlich bakteriologischer Untersuchungen des Vorhautsekretes
nicht venerisch kranker Individuen bin ich einem Mikroorganismus be-
gegnet, dessen eigenartige Charaktere in folgendem geschildert sein
mogen.
Mit dem Smegma praeputiale wurden Glycerinagar- und Gelatine-
agar- Platten gegossen. Scbon nach 24 Stunden fand ich in alien
Platten stark gUlnzende, hirsekorngrofie, tautropfenartige Kolonieen,
welche sich leicht halbkugelfdrmig liber das Niveau erhoben, eigentQm-
lich iadenziehende Konsistenz aufwiesen. Im weiteren Wachstum werden
sie deutlich flacher, erhalten ausgefranste Rfinder und sind nach 8 bis
10 Tagen feinst radi&r gestreift; das Zentrum zeigt manchmal eine An-
deutung konzentrischer Schichtung, zumeist ist es gl&nzend, mit kleinsten
Erhebungen in der Mitte.
Die mikroskopische Untersuchung der Platten ergab
folgendes Resultat: Die Kolonieen sind rund, scharf begrenzt, am Rande
feinst gezackt, erfflllt mit stark lichtbrechenden KCrnchen. Bei Ver-
wendung starker Systeme lost sich die Kolonie auf in massenhafte kurze
Stabchen, welche, in verschiedenen Richtungen nebeneinander gelagert,
der Oberflftche ein wie durch kurze Striche schrafflertes Aussehen ver-
leihen, wobei die Schraffierung nach den verschiedensten Richtungen
wechselt Die tiefen Kolonieen haben einen braunlichen Farbenton, sind
wetzsteinf6rmig, manchmal auch herzfSrmig. Die Untersuchung
der Klatschpraparate ganz junger Kulturen zeigte einen Gram-
bestfindigen Mikroorganismus, der ungemein verschiedene Formen dar-
bietet. Neben kurzen und dicken Stabchen mit abgerundeten Enden
Oder solchen von gleichmafiig langs-ovaler Gestalt findet man (Gram-
farbung) auch Stabchen, welche an den Seiten in der Mitte ganz leicht
biskuitfbrmig eingedrlickt sind, ferner auch Stabchen, welche oft zu
zwei und mehreren hintereinander gelagert sind, wobei an dem einen
Ende kolbenformige Verdickungen sich konstatieren lassen. Ferner
sieht man Achterformen, Sanduhrformen, geldbdrsenfdrmige Gebilde
mit schmaler BrQcke, welche zwei kolbenformig verdickte Bacillen zu-
sammenhait; die Kolben sind dann immer intensiv violett dunkel ge-
farbt; ferner finden sich aus mehreren rundlichen, kokkenartigen,
perlenschnurartig aneinandergereihten Gebilden bestehende Faden. Ihre
Glieder sind entweder rund Oder langer, so daR der Vergleich mit
gehackten Perlen gerechtfertigt erscheint. Daneben finden sich lange,
dicke Stabchen, ferner dfinne, auf klirzere oder langere Strecken
gegliederte Faden, welche fdrmlich an Konidienketten erinnern, weiter
gleichmafiig gefarbte langere Faden, welche an manchen Stellen auf-
gequollen erscheinen und dadurch einen ganz unregelmfifiig gewellten
Randkontur erhalten, dann wieder andere langere wurst- oder spindel-
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646
Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
fOrmige Gebilde, in der Mitte stark aufgeqaollen und verdickt; ibre
Enden laufen in dfinne Ffiden aus. Die Verdickung ist dann beiGram-
Ffirbung tief dunkelviolett, die diinnen Ffiden haben die Safraninnach-
ffirbung angenommen. Diese eigenartigen Gebilde kOnnen eine be*
deutende Lfinge erreicben und zieben manchmal fast fiber das ganze
Gesichtsfeld.
Wfihrend das Gram-Prfiparat den Glanben erweckte, daB wir es
hier mit einem in seinen Wachstumsformen sehr polymorphen einfacben
Bacillus zu tun hfitten, ergab das mit Loefflers Methylenblau geffirbte
Prfiparat wiederum ein ganz anderes Bild. Es fanden sich nfimlich
innerhalb eines blautingierten Leibes zahlreiche, tief dunkelblau geffirbte
KOrnchen. Durcb Entffirbung des blau geffirbten Leibes mit Lugol-
LOsung (bis 1 Minute), welche die Ffirbung der KOrnchen nicht tan-
giert, gelang es, diese beiden Bestandteile des Mikroorganismus von-
einander zu differenzieren. Besonders schOne Bilder ergaben Klatsch-
prfiparate bei Verwendung der Methylenblau-Lugo 1-Ffirbung. Das
Zentrum des Prfiparates ist eingenommen von einer fOrmlichen Zoogloea,
einer homogenen, schwach graublau geffirbten Masse, in welche zahl¬
reiche dunkelblaue KOrnchen eingelagert sind. Daran schlieBen sich
dicht aneinandergelagerte, plumpe, kurze Stfibchen mit blaBgrauer Hfille,
die vorerwfihnten KOrnchen enthaltend; femer sieht man kreisrunde,
ovale und lfingsovale Formen. Die annfihernd kreisrunden und lfings-
ovalen enthalten 4—6—10 KOrnchen, entsprechend ihrer verschiedenen
GrOfie in unregelmfifiiger Lagerung. Die abgestumpften plumpen Formen
enthalten sie in einer Reihe hintereinander, immer zu zweit gelagert,
besonders die etwas lfingeren und schmfileren Formen. Die spindel-
fOrmigen und wurstfOrmigen Gebilde des G r a m - Prfiparates lassen sich
nun auch auflOsen in blaBgrau geffirbte Leiber, welche massenhaft kleine
KOrnchen enthalten und auch manchmal kurze Verfistelungen zeigen, in
welche die vorerwfihnten KOrnchen allenthalben eintreten. Die KOrnchen
sind kurzdauernder Alkoholeinwirkung gegenfiber resistent.
Dieser eigenartige Mikroorganismus wurde auch noch auf den ge-
brfiuchlichen NfihrbOden weitergezfichtet.
In Gelatineplatten fanden sich nach 2 Tagen mikroskopisch
sicbtbare Kolonieen, grob granuliert; der Rand der Kolonieen schart
aber nicht glatt, unregelmfiBig feinst gezackt, was dadurch zustande-
kommt, daB die vorerwfihnten KOrnchen verschieden weit in den Nfihr-
boden hineinragen. Nach 5 Tagen hat die Mitte der Kolonie einen
gelbbraunen Ton angenommen, nach 1 Woche sind die oberflfichlichen
Kolonieen hirsekorngroB, tropfenfOrmig, im Zentrum mit einer kleinen
Delle versehen. Mikroskopisch stellen sich diese Kolonieen dar als
scharf begrenzte runde Scheiben mit manchmal leicht gewelltem Kontur,
von blaBgelber Farbe, fein granuliert, in grOBeren Abstfinden von
radifiren Streifen durchzogen, so daB die ganze Kolonie in mehrere
Sektoren geteilt wird. Im Zentrum zeigt sich dann eine schOn ausge-
bildete blfitenfOrmige Rosette, deren Mitte schwarzbraun geffirbt ist.
Andere Kolonieen zeigen nur das Bild einer Rosette, deren einzelne
Blfitter auch fibereinander gelagert sind, einer Kompositenblfite ver-
gleichbar. Die Gelatine wird nicht verflflssigt.
Im Gelatinestich erfolgt langsames Wachstum um die Einstich-
Offnung herum und lfings des Stichkanals. Nach 14 Tagen hat sich um
den Einstich herum ein runder, sternchenfOrmiger Oder grobzackiger
Rasen von weiBer Farbe gebildet; von demselben aus Tiefbnwachstum
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Waelsch, Ueber einen eigenartigen Mikroorganismus im Prftputialsekret 647
in Form eines schmalen in eine Spitze anslanfenden Streifens, der sich
aus kleinsten KSrnchen zusammensetzt.
Glycerinagarstrich: Bei 37° schon nach 24 Stunden deut-
liches Wachstum lfings des Stricbes in Form eines schmalen, schmutzig-
gelbweiBen Bandes mit starkem Glanz. Der Rand ist auch schon makro-
skopisch stellenweise fein gezackt durch einspringende Kerben, welche
im Verlauf des weiteren Wachstums immer tiefer werden. Gegen das
Kondenswasser zu ist bei Kulturen von 5—6 Tagen der Rand grob
gelappt oder fingerffirmig ausgezogen. Im Kondenswasser selbst gelb-
lich-weifie, weiche, fadenziehende Massen. Auf Peptonagar und
Traubenzuckeragar erfolgt das Wachstum in ganz ahnlicher Weise.
Die mikroskopische Untersuchung der Kalturen von diesen verschiedenen
AgarnfihrbOden ergibt aber insofern Verscbiedenheiten, als die gescbil-
derten wurstfSrmigen und spindelfdrmigen Gebilde in Glycerinagarkul-
toren am deutlichsten und scbdnsten entwickelt sind.
Agarsticbkultur: Deutliches Wachstum urn die Einstichdffnung
in Form eines flachen Nagelkopfes, lUngs des Stiches Wachstum in Form
eines dQnnen Fadens. Nach 3 Wochen ist die ganze Oberflfiche des
Nfihrbodens flberzogen von einem flachen, weifien, wachsglanzenden, im
Niveau gelegenen Rasen; das Zentrum glatt, daran an sch lie Bend ein
feinst radiar gestreifter Bezirk mit mehreren konzentrischen Kreislinien,
denselben abgrenzend gegen die Randteile, welche sich aufidsen in
Thuja&stchen ahnliche Zweige. Im Stich hat dann auch das Wachstum
zugenoramen. Der ursprflnglich vorhanden gewesene dflnne Faden hat
sich dann vergrflfiert zu einem fihrenartigen Gebilde, welches kleinste
Ausiaufer zeigt.
Im Traubenzuckeragarstich keine Gasbildung.
Auf Menschenblutserumagar sehr rasches Wachstum. Nach
48 Stunden ist die ganze Nahrbodenoberflache von einem grauweifien,
glfinzenden Belag flberzogen. Die mikroskopische Untersuchung dieses
Belages einer 48-stflndigen Kultur ergab folgendes Bild (Ffirbung nach
Gram): Vorwiegend mohnkornartige Gebilde (monokokkenartig), auch
zu zwei und mehreren hintereinander gereiht, daneben auch kurze Faden
durch Aneinanderreihung plumper Bacillen entstanden; weiter zahl-
reiche langere Stabchen und spindelfflrmige, beiderseits in eine Spitze
ausgezogene Gebilde (ahnlich wie von Glycerinagar).
(Farbung mit Loefflers Methylenblau, Entffirbung mit Lugol). In
der graublau gefflrbten Hfllle der kokkenartigen Gebilde fand sich zu-
meist nur ein einziger kleiner, dunkelblauer Kern, zumeist exzentrisch
Oder ganz am Rande der Hfllle gelegen, daneben leere, graublau ge-
fflrbte Schleimhflllen. Auch die kurzen Faden zeigen in ihren Elementen
ahnlichen Ban. Im Kondenswasser fanden sich neben den vorerwfihnten
Kokken- und Bacillenformen Gebilde, welche direkt wie Streptokokken
aussahen, weiter kleine Hfiufchen grflfierer und kleinerer Diplokokken,
ferner isolierte fflrmliche Riesenkokken, auf einer Seite oft in eine
stumpfe Spitze ausgezogen, kleinere Monokokken wie vom Blutserum,
plumpe Bacillen, oft kolbig verdickt.
Bouillon. Nach 5 Tagen ist die Bouillon deutlich getrflbt und
lafit beim Schfltteln einen fadigen Bodensatz aufsteigen, der sich unter
starkerer Trflbung der Bouillon vollkommen verteilen lafit Daneben
finden sich auch in der Flflssigkeit kleine Plattchen, welche sich nicht
durch Schfltteln auflflsen lassen und aus fest miteinander verklebten
Bacillen bestehen; deutlicher Niveaurand, kein Oberflfichenhfiutchen.
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648
Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Mikroskopische Untersuchung (Gram -Farbung). Lange gegliederte
Faden, die manchmal in einen ISngeren kompakten Faden enden. Am
anderen Ende sind dann die einzelnen Glieder kQrzer. Dadurch kommt
es zu stande, daB zunachst dem kompakten Faden die Glieder Bacillen-
form haben mit Andeutung einer Trennungslinie in der Mitte, am anderen
Ende des Fadens wie Diplokokken aussehen. Dann linden sich voll-
kommene Bacillenf&den und Streptokokken, weiter lange ungegliederte
und in grOBeren Abst&nden gegliederte Faden, welche nicbt sehr Gram-
bestandig sind, starke Safraninfarbung zeigen. An manchen derselben
sieht man den Beginn einer Teilung; kleine, eng aneinanderliegende
Anschwellungen des Fadens mit sichtbar werdenden Kerben mit einer
kolbigen Anschwellung an einem oder beiden Enden, ferner plumpe,
bacillenformige Gebilde isoliert oder zu zweit oder in langeren Faden
hintereinander gelagert, kleinere und grQBere Diplokokken, lange,
peitschenscbnurartige Gebilde, an beiden Enden zugespitzt, in der Mitte
etwas angescbwollen.
In aiteren Kulturen bat sich der Bodensatz zu klumpigen Brocken
verdicbtet. Die mikroskopische Untersuchung zeigte nacb 17 Tagen
geringere G r a m - Bestandigkeit, die Streptokokkenformen und Bacillen-
faden sind sparlicher geworden. Es Qberwiegen die ungegliederten
dicken und dbnnen Faden, mit kleinen, perlschnurartig aneinander-
gereihten Anschwellungen und spindeligen Verdickungen in der Mitte.
Dagegen finden sich sehr zahlreiche kolbige Gebilde von roter Farbe
mit dunkelviolettem Inhalt. Auch in den spindeligen Anschwellungen
der Fadengebilde sieht man 1—2 derartige, dunkelviolett gefarbte, langs-
ovale KCrperchen, welche aber, wie die Loeffler-Lugolsche Farbung
zeigt, auch aus den vorbeschriebenen kleinsten Kdrnchen bestehen.
Weiter sieht man ungemein zarte und schwach rosarot gefarbte Faden,
welche noch eine Andeutung von Gliederung erkennen lassen und den
Eindruck erwecken, als hatten sie ihren Inhalt ausgestoBen.
In Lackmusmilch deutliches Wachstum ohne Gerinnung der
Milch, die neutrale Lackmustinktur wird entfarbt. Nach SchQtteln der
Milch bekommt dieselbe einen ganz schwachen rosaroten Stich. Im
mikroskopischen Praparate aus dieser Kultur Qberwiegen Mono- und
Diplokokkenformen nebst kurzen streptokokkenfQrmigen Gebilden.
Auch mit Methylenblau gefarbte Milch wird nach 1 Woche total entfarbt
Auf Kartoffel erfolgt sehr langsames und sparliches Wachstum
in Form eines diinnen, von dem NQhrboden nur schwer unterscheid-
baren Ueberzuges.
Der gefundene Mikroorganismus erwies sich fQr Kaninchen, Meer-
schweinchen, Ratten, weiBe Mause nicht pathogen.
Bei der Bestimmung des gefundenen Mikroorganismus zum Zwecke
seiner Einreihung in eine der bekannten Gruppen und Arten mufite
zuerst die Frage beantwortet werden, ob die bei Methylenblau - L u g o 1 -
Farbung darstellbare HGlle tatsachlich eine Kapsel war oder nicht. Die
verschiedenen vorgenommenen Farbungen ergaben nun, daB es sich um
eine Pseudokapsel handele, entstanden durch Quellung des Bakterien-
leibes; sie lieB sich mit Anilinfarben tingieren, dagegen nicht mit den
gebrauchlichen Kapselfarbungen darstellen. Die in dieser Pseudokapsel
enthaltenen KQrncben sind wohl nicht anders als das Ergebnis einer
sehr hochgradigen Plasmolyse aufzufassen; sie geben die Neissersche
Farbung und waren daher in Analogic zu setzen mit den Babes-
Ernstschen Kdrperchen.
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Wadsch Uebsreinen eigenariigen Mmoryams
Centralblatt f Bakteriologie Abt 1 Bd. UXVIll ms im hveputmlsecrct Baulks inruhitus
2
3.
Bohac gez
Verl v Gustav fischcr Acna.
I.ith Ansi vJ Arndt rjprvi
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Waelsch, Ueber einen eigenartdgen Mikroorganismus im Prftputialsekret 649
Die Quellung des Bakterienleibes, mit welcher die hochgradige
Plasmolyse Hand in Hand geht, ist ein Involutionsvorgang, auf den
auch die eigentfimlichen langen spindel- und wurstfOrmigen Gebilde zu-
rfickzuffihren sind.
Den letzteren fihnliche Gebilde sind schon bei verschiedenen Mikro-
organismen beschrieben worden. So bildet z. B. Jfirgensen 1 2 3 * ) bei
Schilderung der Essigs&urebakterien fihnliche Formen ab. Kurth*)
sah bei seinem Streptococcus involntus, den er aus Blasen bei
Maul- und Klauenseucbe zQchtete, in Bouillon, neben regelmfifiigen
Ketten Zellen, welche „aufffillig langgestreckt bis blasig spindelfdrmig
sind“.
Unser Bacillus zeigte ferner in seiner Gestalt, speziell auch in seinen
Involutionsformen gewisse Aehnlichkeit mit dem Erreger der Diplo-
bacillenconjunctivitis von Morax-Axenfeld, wie die in der
Publikation Axenfelds 8 ) fiber diesen Mikroorganismus enthaltenen
Abbildungen beweisen. Aufier der Uebereinstimmung in der Gestalt
beider Mikroorganismen wfire noch zu erwfihnen, dafi Axenfeld im
Gegensatz zu anderen Autoren seinem Mikroorganismus eine deutliche
Kapsel abspricht uud dafi dieser Diplobacillus weder bei subkutaner
noch bei intraperitonealer Impfung pathogen ist Dagegen unterscheidet
er sich von dem aus dem Vorhautsekret stammenden durch seinen Fund-
ort, ferner dadurch, dafi er nicht Gram- bestfindig ist, mit Sicherheit nur
auf Blutserum Oder serumhaltigen NfihrbSden wfichst Oder auf solchen,
welche KSrperflflssigkeiten enthalten, endlich Gelatine verflfissigt.
Es zeigt also der gefundene Bacillus mit keinem der bekannten
Mikroorganismen vollkommene Uebereinstimmung, wenigstens soweit
ich die mir zug&ngliche Literatur Qberblicke. Wegen seiner Neigung,
eigenartige Involutionsformen zu bilden, mSchte ich ihn Bacillus in-
volutus nennen.
Herrn Professor F. J. Pick, Vorstand der dermatologischen Klinik
in Prag, bin ich ffir Ueberlassung des Materiales zu diesen Unter-
suchungen zu grofiem Dank verpflichtet.
Tafelerkl&rung.
Fig. 1. Eolonie aus G^elatineplatte nach 5 Taeen.
Fig. 2 u. 3. Kolonieen aus Gelatineplatte naen 8 Tagen.
Fig. 4. Von 3-tagiger Glycerinagarstrichkultur (Farbung nach Gram).
Fig. 5. Dasselbe wie Fig. 4 (Farbung mit Loefflers Methylenblau mit nach-
iolgender Jodierung durch Lugoische Losung).
Fig. 0. Aus 5-tamger Bouillonkultur (Farbung nach Gram).
(Fig. 4, 5, 6 sind aer Einfachheit wg^en aus mehreren Gesichtsfeldem zusammen-
gestelit und mit Reicherts Okular 6, Immersion 1 / lB aufgenommen.)
1) Jurgensen, Mikroorganismen der Garungsindustrie. Berlin 1898. p. 70.
2) Kurth, H., Bakteriologische Untersuchungen bei Maui- und Klauenseuche.
(Arbeiten a. d. Kais. Gesundheitsamt. Bd. VIII. 189B. p. 439.)
3) Axenfeld, Spezielle Bakteriologie des Auges. (Kolle-Wassermanns
Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. Bd. III. 1902.)
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650
Centralbl. £. Bakt etc. L Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Nachdruck verboten.
Der Einfhiss der Temperatur auf die geschlechtliclie
Generationsentwickelung der Malariaparasiten und auf die
experimeutelle Malariaerkrankung.
[Mitteilung aus der mediz. Klinik des Herrn HofratiProf. Dr. S.Purjesz
in Kolozsvdr.]
Von Dr. Nikolaus Jancsd, Dozent.
Mit 4 Kurven.
Gras si stellte zuerst Untersuchungen darflber an, welcher Art der
Einflufi der Aufientemperatur auf die in den Anopheles sich entwickelnde
geschlechtliche Generation der Malariaparasiten sei.
Obwohl scbon Gras si zu interessanten Resultaten gelangte und
auf die groBe epidemiologische Bedeutung dieser Untersuchungen hin-
weist, haben sich doch nur wenige mit der allseitigen Beleuchtung dieser
Frage befafit.
Deshalb erlauben wir uns, die Versuche, welche wir zur Kl&rung
dieser Frage durchgefiihrt haben, kurz zusammengefafit mitzuteilen.
Bei einer Gruppe unserer Untersuchungen lieBen wir die in einer
Eprouvette sich befindenden Anopheles von einem Eranken Blut saugen,
worauf dieselben in einem, an verschiedenen Pl&tzen mit konstanter
Temperatur, z. B. Thermostat, Keller, Eisschrank schon vorher unterge-
brachten Tiillkafig hineingelassen und gehalten wurden.
In einer anderen Gruppe unserer Versuche wurden die Anopheles
erst infiziert, bei aus unseren Untersuchungen bereits bekannten, dazu
geeigneten W&rmegraden gehalten und erst dann in verschiedene andere,
gewohnlich niedrigere Temperaturen gebracht, wobei darauf geacbtet
wurde, wie die Entwickelung der Cysten bei den verschiedenen Tempe¬
raturen vor sich geht.
Die Temperatur wurde mit einem am Kafig angebrachten Thermo¬
meter taglich mehrmals kontrolliert.
Die Versuche wurden mit in Scheunen eingefangenen Anopheles
durchgefflhrt; in solchen fanden wir niemals Malariainfektion, doch
wurden in jeder Versuchsserie Kontrolluntersuchungen gemacht mit
solchen Anopheles , die von dem Blute des betreffenden Eranken nicht
gesogen hatten.
In diesen fanden wir niemals Cysten.
Die Anopheles wurden zu Versuchszwecken mit' Menschenblut ge-
nkhrt.
Unsere Experimente sind die folgenden:
Mit Haemamoeba vivo#-Game ten durchgefflhrte
Experimente.
I. Anopheles claviger saugen Blut von Josef Blinard — mit taglichen Tem-
peratursteigerungen von 39,9—41,3° und viel Haemamoeba vieox-Gameten im Blute —
am 23. September 9 Uhr vorm., 1 Stunde vor dem Anfall. Das Blutsaugen gescbieht
bei 27 0 0 */» Stunde lang. Ein Teil der Anopheles wird nun in eine Temperatur von
30 0 C, der andere in 21 0 C versetzt.
1. Die bei 30 0 C stehenden verbleiben kontinuierlich bei dieser Temperatur. Von
28 erweisen sich 4 infiziert
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Jancsd, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc.
651
Am 5. Tage sind die Cysten schon 17—22 p groB.
Am 9. Tage betragt.die GroBe 28—37 p.
Am 12. Tage 30—37 p groBe Sporoblasten und Sporocysten zu finden, in den
Sporocysten sind die Sporozoiten in Strangen speichenartig angeordnet.
2) Die zu 21 0 C gestellten stehen fortwanrend bei 18—20° C. Von 40 sind 26
infiziert.
Am 5. Tage 6—8 p grofie Oocysten.
Am 12. Tage 19—22 p groBe Sporoblasten in Bildung.
Am 19. Tage 44—46 p groBe, vollkommen fertige Sporocysten, die Kapsel noch
unversehrt, die Speicheldriisen noch nicht infiziert.
Am 16. Oktober 6 Uhr abends liefien wir I. M. J. von 6 Stuck der seit 23 Tagen
bei 21 0 C gehaltenen Anopheles stechen.
I.MJ.
Vom 26. Oktober an treten nachmittags Temperaturerhohungen auf, und am
15. Tage nach dem Stiche tritt urn 1 Uhr mittags Schiittelfrost mit einer Temperatur
bis 40° C auf, der sich am 16. Tage mit 40,7 C wiederholt. Im Blute viele H. vivax -
Schizonten, und schon im ersten Anfalle viele IT. virax-Gameten.
Im Beginn des zweiten Anfalles, am 1. November 6 Uhr nachm., saugen Anopheles
clav. wahrend einer halben Stunde bei 37° C Blut von diesem M. J., dann werden dieselben
verteilt und in je einen Kafig in konstant temperierte Riiumlichkeiten zu 35 °, 30 °, 24 °,
20 °, 17 °, 16 0 und 13 0 untergebracht.
Von 4 bei 35°, bald bei 37 0 C gehaltenen Anopheles ist am 4. Tage einer mit 7 p
groBen Oocysten infiziert, von welchen viele ganz normales Aussehen, viele stark licht-
brechende Granulierung zeigen.
3. Von 6 bei 30° C stehenden Anopheks waren 4 infiziert. Am 8. Tage bereits
26—30 p groBe Sporoblasten mit Sporozoiten im Bildungsstadium und Sporocysten.
Am 10. Tage fanden wir viel geplatzte und unversehrte Sporocysten, die Speichel-
driisen waren bereits infiziert.
4. Von 6 bei 24 0 C stehenden infizierten sich 4. Am 10. Tage waren in diesen
30—37 p groBe, vollkommen gereifte Sporocysten, geplatzte, leere Kapseln zu finden.
5. Zu 20° O stellten wir 15 Anopheles. Diese stehen fortwahrend bei einer von
19—22 0 schwankenden Temperatur. Von diesen infizierten sich 11, und zwar am
7. Tage nach dem Stiche mit 7—11 p groBen Oocysten; am 13. Tage mit 29—30 p
groBen Sporoblastoiden; am 16. Tage mit 33—37 p groBen Sporozoitoblasten, die meist
forgeschritten, ja sogar schon zu Sporocysten entwickelt waren. In den am 19. Tage
Getoteten fanden sich 29—33 p groBe Sporocysten und geplatzte leere Kapseln. Die
Speicheldriisen sind bereits infiziert.
6. Von den bei 17—15° stehenden 11 Anopheles wurden 10 infiziert; die Infektion
ist an den Magen genau so ausgepragt wie an den bei 24° Gehaltenen; in den ersten
Tagen fallt die Temperatur auf 17 °, in den spateren Tagen bald auch auf 16—15 °. In
den am 9. Tage nach dem Blutsaugen Getoteten finden wir 6 p groBe Oocysten. Am
29. Tage sind neben 18 p groBen Sporoblastoiden von ganz normalem Aussehen, auch
degenerierte Cysten vorhanden. Am 41. Tage finden wir am herausgezogenen Magen
des einen Sporoblastoiden und unter diesen auch 8 p groBe degenerierte Oocysten. In
dem am 53. Tage Getoteten zahlreiche 22—26 p groBe Sporocysten, die fast normal
aussehen, auBeraem sehen wir viel 8—11 p groBe degenerierte Cysten. Die Speichel-
driisen sind noch nicht infiziert.
Die an diesem Tage noch lebenden werden zu 20—22 0 gestellt und am 27. De-
zember lassen wir II. P. T. durch 3 derselben stechen; am 2. Januar lieBen wir durch
2 von denen, die bereits am 27. Dezember P. T. gestochen haben, III. M. G. stechen.
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Am 8. Januar werden alle 3 getotet. Tm Magen dee einen ist vollkommen ver-
dautee Blut, Infektion weder am Magen noch in aen Speicheidrusen; am Magen der
zwei anderen Bind 3 Stiick von braunen Sporen erfullte, 22—30 u grofie Cysten, eben-
solche braune Sporen enthaltende geplatzte Kapseln und viel 8—11 p grofie degenerierte
Oocysten sichtbar.
Keines der VersuchBindividuen erkrankte.
7. Die zu 16° Gestellten stehen spaterhin bei 15—14°.
Von 2 am 36. Tage nach dem Blutsaugen Getftteten Bind an einem vide 18 p
grofie, ziemiich normale Oocysten. Am 40. Tage leben nunmehr 2. Diese werden za
24 0 hiniibergestellt. Am 42. Tage geht einer zu Grunde, dieser ist mit 22—30 p grofien,
ganz normalen Sporozoitoblasten infiziert. Auch Bind vid 15—13 p, ja 6 p grofie de¬
generierte Oocysten vorhanden. Am 43. Tage liefien wir durch den einen noch leben-
den Anopheles IV. W. T. stechen. In dem Magen dee nach 6 Tagen getdteten Anopheles
findet sich eine einzige degenerierte Cyste, Speicheidrusen sind mcht infiziert
W. T. bleibt gesund.
8. 16 Anopheles werden zu 13° gestellt; stehen fortwahrend bei 13 °. Nach 4 Tagen
wird die Halfte der6dben zu 22° gestellt, die anderen bldben bei 13°. Am 11. Tage
nach dem Blutsaugen werden die bei 22 0 Stehenden getotet, keiner derselben ist infiziert
Am 14. Tage werden die bd 13 0 Stehenden getbtet, keiner derselben war infiziert
9. Am 12. August lassen wir von A. Bozsan A. daviger Blut saugen und Btdlen
eie 8ofort zu 35 °.
Am 3. Tage lebt nur dner. In diesem waren 13—15 p grofie normale Oocysten
zu finden.
10. Am 30. Juni saugen Anopheles von J. Brezovits Blut und werden dann bd
30° gehalten. Am 6. Tage sina sie mit 33—37 p grofien Sporozoitoblasten dicht
infiziert
11. Am 1. Juli lassen wir von Brezovits Blut saugen und werden die Anopheles
sofort zu 17° gestdit; die Ternperatur schwankt dann kontinuierlich zwischen 16—17°.
Am 12. Tage lebt nur dn Exemplar. In diesem sind 13—15 p grofie normale Oocysten
zu finden.
12. Am 9. September lassen wir von Frau Jzzo ein Anopheles mittels dner
Eprouvette Blut saugen, stellen diesen sofort in den Eisschrank zu 11 °, wo dereelbe 22
Stunden verbleibt, aann wird er bd 21 0 gehalten. Am 6. Tage nach Abtdtung des-
sdben sind am Magen 6 Stiick 6—7 p grofie normale Tertia-Oocysten zu finden.
II. Bei einer 2. GruppeunsererExperimenteverfuhren
wir derart, daB wir die Anopheles , nachdem dieselben bei
der erforderlichen Temperatur sicher infiziert waren, in
verschiedene Temperaturen unterbrachten, um so die
weitere Entwickelung der Cysten zu prflfen.
Von M. J. lassen wir am 1. November 6 Uhr abends zu Beginn dee Temperatur-
anstieges durch Anopheles Blut saugen und stellen die Anopheles nachher zu 20° C.
Am 7. Tage werden 4 getotet, an deren Magen 8—11 p grofie Oocysten dicht
gruppiert zu sehen sind.
Sodann liefien wir die iibrigen von einem nicht infizierten Individuum abermals
Blut saugen und vertdlten sie in folgende 4 Gruppen:
13. Eine Gruppe stellten wir zu 30 °. Von diesen t5ten wir am 10. Tage 2, am
Magen der beiden waren sehr viele 30—33 p grofie Sporozoitoblasten zu finden; am
12. Tage nach dem Blutsaugen fanden wir 30—37 p grofie ganz fertige Sporocysten,
von welchen ein grofier Teil bei der Verfertigung des Praparates platzte.
14. Eine 2. Gruppe bleibt weiter bei einer zwischen 20—22 ° schwankenden Tem¬
peratur. Am 19. Tage nach dem Blutsaugen finden wir in diesen 29—33 p grofie, im
rlatzen begriffene Sporocysten und leere Kapseln.
15. Die folgende Gruppe stellen wir zu 16°, dieselben stehen anfangs bei einer
zwischen 16—13 °, spater 13—11 ° schwankenden Temperatur, zu Ende des Experiments
hingegen blofi bei 11—9°.
Am 12. Tage nach dem Blutsaugen tdten wir 2, in einem finden wir 15 p grofie
Oocysten, mit noch in Reihen angeordneten Pigmenten.
Am 29. Tage wird einer getbtet, dieser erweist sich mit 20—26 p grofien, in Aus-
bildung befindlichen Sporoblastoiden stark infiziert.
Am 36. Tage wird eins getotet, am Magen desselben sehr viele 24—29 p grofie
Sporozoitoblasten, keine Degenerationszeichen.
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Janes6, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc.
653
Am 21. Dezember stellen wir die noch ubrigen zu 22 °.
Am 26. Dezember vorm. lassen wir V. V. T. durch einen Anopheles stechen.
Am 3. Januar 1903 lassen wir durch denselben V. T. abermals stechen.
Am 9. Januar toten wir den, welcher gestochen hatte; am Magen sind viele 33—44 p
groBe, aber auch 28—33 p grofle Blasen zu finden, in keinem derselben waren Sporo-
zoiten enthalten, sondern sie zeigen teils homogene feine Granulierung, teils sind sie
mifc grofien groben lichtbrechenden Schollen gefiult. Auch viel geplatzte Cystenhiillen
sind zu sehen; in einer derselben braune Sporen. Auflerdem sind ziemlich viel 8—11 p
groBe geschrumpfte, degenerierte Cyaten sichtbar. Die Speicheldriisen sind nicht in-
fiziert.
V. T. bleibt bis 3. Februar 1903 gesund.
16. Eine Gruppe halten wir bei 15 °.
Am 19. Tage nach dem Blutsaugen toten wir 2: am Magen der beiden sind
20—22 0 grofie ausgebildete Sporobiastoiaen in groBer Z&hl zu sehen.
Am 43. Tage stellen wir sie zu 24°.
Am 14. Dezember lassen wir VI. P. T. durch 2 stechen.
Am 19. Dezember leben nur 2; durch diese lassen wir P. T. abermals stechen.
Am 22. Dezember werden beide getdtet, in einem ist bloB eine 24 p groBe degen e-
xierte Cyste auffindbar, geplatzte Kapseln am Magen bei keinem zu sehen, Speichel-
drfisen sind nicht infiziert.
Bis 1. Februar 1903 blieb T. P. gesund.
Mit Haemamoeba praecox -Gameten d urchgeffihrte
Experiment©.
17. Am 18. September saugen Anopheles von W. Rusz Blut und werden gleich
in 30° untergebracht. Nach 30 Stunden fand sich im Darme wenig verdautes Blut
und zwischen die Epithelzeilen sich hineinbohrende Ookineten.
Am 9. Tage 30—44 p grofle Sporoblasten, am 11. Tage Sporocysten.
18. Am 15. November Lassen wir von demselben Kranzen Blut saugen und bringen
die Anopheles 30° unter.
Am 9. Tage befinden sich an dem herausgezogenen Magen viele ganz fertige
Sporocysten una einige leere Kapseln.
Am 10. Tage sind alle Kapseln leer, die Speicheldriisen sind bereits infiziert
19. 26. Oktober. Von Frau Kurinecz mit vielen Halbmonden im Blute und
taglichen intermittierenden Temperatursteigerungen bis 40,0—40,3° C, saugen Anopheles
bei 30° C Blut und werden sofort im Thermostaten zu 30° C untergebracht.
Am 4. Tage finden wir an dem herausgezogenen Magen viele kleine Oocysten.
Am 7. Tage war der Biidungsprozefl der Sporoblasten beendigt.
Am 8. Tage Sporocvsten gebildet, die Speicheldriisen noch nicht infiziert
Am 3. Novbr. 5 Uhr abends lassen wir VII. Z. P.*) durch 3, am 4. Novbr. 6,
am 5. Novbr. 30, am 13. Novbr. 16 Anopheles stechen.
Am 12. Novbr. erste Temperatursteigerung 37,5 (Inkubationszeit 9 Tage).
Milz 1 Finger breit unter dem Rippenbogen palpabel
Am 13. Novbr. Temperaturerhebung bis i$8,2®.
Milz 2 Finger breit palpabel.
Am 14. Novbr. Temperatursteigerung bis 38,4°, klagt fiber ziehende Glieder-
schmerzen.
Am 15. Novbr. vorm. Schuttelfrost, heftiger Kopfschmerz, Temperatursteigerung
bis 40,2°, dann Hitze, bald SchweiB.
Am 16. Novbr. morgens befindet er sich besser. Nachm. von 1—4 Uhr heftiger
Frost, zweimaliges Erbrecnen, Temperatursteigerung bis 40,2 0 C. Im Blute jetzt zum
■ersten Male Haemamoeba praecox.
Am 17. Novbr. noch immer 38,6°, sehr verfallen, Seneorium nicht frei, hoch-
aradiger Kopfschmerz, achzt, stdhnt. Erh< Vorm. 1,5 g Chinin. Im Blute noch viel
Parasiten. Nachts starker SchweiB.
Am 18. Novbr. mittags erhalt er 1 g Chinin, trotzdem abends noch 38,9 0 C.
An fojgenden Tagen noch subfebril, an spateren Tagen Temperatur normal
cs mit vielen Halbmonden im Blute und tag-
20. 29. Oktober. Von Frau Kovi
lichen, in den Nachmittagsstunden mit Frost einhergehenden Temperatursteigerungen
T)is 39,0—39,1 °, infizieren wir Anopheles und halten dieselben bei 30 ® C.
1) Die mit *) bezeichneten Falle wurden bereits von Prof. Purjesz in seiner
Arbeit: Beitrage zur Malariafrage (Wiener klin. Rundschau. 1902) mitgeteilt.
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654
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXVIIL Heft 6.
Am 12. Tage sind an zwei herausgezogenen Magen ganz fertige Sporocysten und
geplatzte Kapseln zu finden, die Speicheldrusen sind mfiziert.
Am 6. Novbr. lassen wir VIII. L. T.*) durch einige, am 8. Novbr. 5, am 11. Novbr. 4
nnd am 12. Novbr. 2 stechen.
Bis 16. Novbr. Wohlbefinden, diesmal abends 37,5 °, also nach 10-tagiger Inku-
bationsdauer, Milz wird tastbar. Am folgenden Tage Kopf- und Kreuzschmerzen,
abends 39,6°.
Am 18. Novbr. den ganzen Tag hohes Fieber, das sich bis 40,5 0 erhebt, im Blute
jetzt zum ersten Male amoboide Formen von H . praeeox .
Bekommt abends 1,5 0 g Chinin. Trotzdem tritt ein schwerer Anfall auf, der2 Tage
dauert, und erst auf wiederholte grofie Chinindosen bleiben die Temperatursteigerungen
weg und verschwinden die Parasiten aus dem Blute.
Am 16. Novbr. 6 Uhr abends lassen wir IX. K. A.*) durch 6 Anopheles stechen.
Erste Temperatursteigerung am 22. Novbr., also am 7. Tage, 37,2 °. Von da ab steigt
die Temperatur taglicn mit vollen Intermissionen hoher und hoher.
Im Blute zum ersten Male am 26. Novbr. morgens amoboide Formen von H. praeeox .
Da uns K. A. am 27. Novbr. verlafit, kennen wir den weiteren piinktlichen Temperatur-
verlauf nicht; nur so viel ist uns bekannt, dafi die Temperatursteigerungen auf Chinin
wegblieben.
Bei 22—24° C.
Am 23. Novbr. infiziere ich Anopheles von Pot or bei 34° C mit Phdnix 1 ).
Die Anopheles saugen 1 Stunde, hierauf werden sie zu 24 0 C gestellt, die Tem¬
peratur bleibt weiter andauernd zwischen 22—24 0 C. Von 10 finden wir 5 infiziert.
Am 5. Tage finden wir 15—17 p grofie Oocysten, am 8. Tage sich bildende Sporo-
blasten und am 15. Tage 50—55 p grofie ganz fertige Sporocy6ten, geplatzte Kapseln
an den herausgezotrenen Magen, und lhre Spdcheldriisen stark infiziert.
22. Am 15. Novbr. infizieren wir Anopheles von Frau Kurinecz und stellen sie
in den Therm os ta ten zu einer von 22—24 0 schwankenden Temperatur. Durch diese in¬
fizieren wir 2 Individuen.
Am 30. Novbr. vorm. 10 Uhr lassen wir X. M. A.*) durch 7 Anopheles stechen.
Inkubationszeit 10 Tage, da die erste Temperatursteigerung erst am 10. Dezbr. mittags
— 38,9 0 — erfolgt, im Blute Praeeox- Parasiten; am darauffolgenden Morgen fallt die
Temperatur auf 37,5°, und obwohl jetzt 1,5 g Chinin verabreicht wird, tritt mittags
dennoch Schiittelfrost auf, und abends erhebt sich die Temperatur auf 39,3 9 . Am
12. Dezbr. morgens 37,5°, erhalt 1,5 g Chinin, Temperatursteigerungen bleiben aus,
auch weiterhin Apyrexie.
Am 3. Dezbr. vorm. 11 Uhr inokulieren wir XI. L. A.*) 54 Jahre alt, durch
einen einzigen Anopheles . Erste Temperatursteigerung am 14. Dezbr. nachm. 38,8°,
schon jetzt finden wir im Blute halbmondbildenae Parasiten. Da eine piinktliche Tem-
peraturmessung nicht durchfuhrbar war, konnen wir den weiteren Temperaturverlauf
nicht ganz genau angeben; wir bemerken blofi, dafi am 21. Dezbr. zum ersten Male
Chinin verabreicht wurde, am folgenden Tage Temperatursteigerung bis 39,1 °, dann
Apyrexie und negativer Blutbefund.
Am 6. Dezbr. nachm. lassen wir XII. M. J. *), 69 Jahre alt, durch 2 Anopheles
stechen. Bekommt am 12. und 13. Dezbr. nachm. 1—2 g Chinin.
Bis 18. Dezbr. Temperatur normal. In der Nacht vom 17. auf 18. Dnwohlsein;
am 18. morgens betragt die Temperatur 37,2°, mittags 39,8°, kein Frost, blofi Mattig-
keit, Schwindel. Im Blute viel H. praeeox.
Sofort wird Chinin verabreicht: vorm. 10 Uhr 0,2 g subkutan, nachm. 1 g per os.
Bis 19. Dezbr. abends kein Fieber, erhalt vorm. 1 g Chinin, trotzdem nachts
Schiittelfrost, die Temperatur steigt bis 39,2 9 und auch noch am 20. finden wir einige
iVoccox-Parasiten. Aut neuere Chinindosen treten dann weiter keine Temperatursteige¬
rungen auf.
Bei 20° C.
23. Am 23. Oktober saugen Anopheles Blut von 1116s mit Phdnix bei 31° C
v, Stunde lang, und werden dann zu 20° C gestellt.
Die Temperatur bewegt sich weiter dauernd zwischen 20—22° C.
Am 7. Tage sind an 4 von 6 herausgezogenen Magen sehr vide 8—11 p grofie
Oocysten; am 13. Tage sind an einem von den 2 herausgezogenen Magen 22—26 p grofie
Sporoblasten in Bildung.
24. Am 24. Septbr. lassen wir Anopheles von Fiizesi mit Phonix bd 30°C Blut
saugen und stellen aieselbe nach Vt Stunde zu 20 0 C. Die Temperatur ist ziemlich be-
1) Pat. wurde ins Bett gd^t, der Warmeapparat „Ph5nix tt unter die Decke ge-
bracht, die Luft unter der Decke wurde auf 34° erwfirmt
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Janes6, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc. 655
standig zwischen 20 und 21 °. Nach 18 Tagen to ten wir 1 Exemplar, an diesem sind
mehr als 60 26—30 p groBe Sporoblasten.
Am 21. Oktober vorm. 7 2 12 Uhr inokuliere ich XIII. J. J. durch einen Anopheles;
diese Mucke wird am 27. Oktober seziert, und es finden sich 2 geplatzte Kapseln, 14 p
groBe Sporocysten und eine 15 p groBe degenerierte Cyste; die Speicheldriisen sind
stark infiziert.
Am 25. Oktober lasse ich ihn durch einen anderen Anopheles stechen. Dieser wird
am 31. Oktober seziert, am Magen finden sich keine Cvsten, nur ein Teil der Speichel-
driise konnte auspriipariert weraen, dieser war nicht infiziert.
Am 28. und 29. Oktober vorm. bekommt J. J. 1—1 g, am 30. Oktober 1,5 g
Chinin in Pulverform.
Am 4. Novbr. nachm., d. i. am 14. Tage von der ersten Inokulation gerechnet,
tritt zum ersten MaleTeraperatursteigerung auf, abends 10 Uhr 39° Temperaturmaximum,
6tarker Kopfschmerz, Frostschauer.
Am folgenden Tage morgens sinkt die Temperatur auf 36,8° und erhebt sich bis
zum Abend allmahlich auf 38,5 °, um Dach einer groBen Remission am 6. Novbr. vorm.
auf 40° C auzusteigen. Im Blute finden wir diesmal halbmondbildende Parasiten.
Als am 6. die Temperatur im Sin ken ist, geben wir 1,5 g Chinin, danach am 7.
morgens Apvrexie, dieselbe bleibt bis 8. mittags, da steigt die Temperatur wieder mit
Schuttelfrost auf 40,2 0 an, wo doch an diesem Tage vorm. 1 g Chinin verabreicht
wurde. Darum wird abends abermals 1 g, am 9. morgens wieder 1 g Chinin verab¬
reicht, worauf weitere Temperatursteigerungen nicht eintreten.
Bei 17 —18° C.
25. 19. Septbr. Von Rusz saugen Anopheles Blut bei 26° A / a Stunde lang
und werden sodann gleich zu 17 0 C gestellt; die Temperatur schwankt weiter be-
standig zwischen 17—18° C. Hier stehen sie 6 Tage, aann stelle ich sie zu 25° C
10 Tage lang.
Am 10. Tage finde ich von 12 einen, mit 13 — 15 p groBen Oocysten, infiziert.
18 Anopheles , die zur selben Zeit gestochen hatten, wurden zu 30° C gestellt, von
diesen waren 9 infiziert.
26. 18. Septbr. Von Fuzesi saugen 8 Anopheles Blut einzeln aus einer Eprouvette
und werden gleich zu 18° C gestellt; die Temperatur sinkt an den folgenden Tagen auf
17 °, bald 16 .
Am 5. Tage werden 4 getotet, am Magen des einen finden wir mehr als 60 Stuck
7 p groBe Oocysten, an dem eines anderen eine einzige Oocyste von derselben GroBe.
Von 2 Anopheles t die zur selben Zeit Blut saugen und bei 30 °C gehalten wurden,
sind beide infiziert.
27. 29. Septbr. abends. Von Fuzesi lasse ich 3 Anopheles auf dieselbe Art
Blut saugen una stelle sie sogleich zu 18 0 C, nach 5 Tagen leben 2, diese sind nicht
infiziert.
Bei 16° C.
28. 25. Oktober. Von K. Bot, mit sehr vielen iVa€co.r-Gameten im Blute, in
einem Gesichtsfelde auch 2—3, saugen Anopheles bei 26 0 C l / a Stunde lang und werden
gleich zu 16° C gestellt. Die Temperatur steigt an den folgenden Tagen bis 17° C.
Nach 10 Tagen stelle ich sie zu 30° C; am 13. Tage werden alle 15 getotet, keiner
ist infiziert.
Von solchen Anopheles , die zur selben Zeit Blut saugen und bei 20° C gehalten
wurden, waren 6 infiziert.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
II. Bei einer zweiten Gruppe unserer Experimente
verfuhren wir derart, daC wir die Anopheles friiher bei
entsprechender Temperatur infizierten, und sie dann
niedrigen Temperaturen aussetzten, wobei beobachtet wurde,
ob die Entwickelung der Sporocysten, bezw. die Infektion der Speichel-
driisen zu stande kommt.
29. 24. Septbr. Von Fuzes i lassen wir Blut saugen und Lassen die Anopheles
dann 12 Stunden hindurch bei 30 0 C; von dieser Zeit an werden sie dann fortwahrend
zwischen 17—15 0 gehalten.
Am 1. Oktober saugen dieselben abermals von Fuzesi Blut, werden dann 12 Stun¬
den lang zu 30 °, und danach zu 1G U zuriickgestellt.
Am 16. Tage finden wir am Magen des einen 11—13 p grofie Cysten, die normal
aussehen, nur mehr durchscheinend sind.
Am 33. Tage finden wir an einem mehr als 140 Stuck 18—40 ji grofie, normal
aussehende Oocysten.
Am 7. Novbr. abends 6 Uhr wird XIV. F. L. von 2 dieser Anopheles gestochen;
beide wurden am 15. getotet; am Magen der beiden befanden sich viel geplatzte Kapseln,
einige 46 jjl grofie Sporoblasten unci wenige 16 p. grofie degenerierte Cysten. Die
Speicheldriisen sind bei beiden stark infiziert.
XIV. FL
F. L. ist bis 18. Novbr. fieberfrei, dann steigt in den Abendstunden die Tem¬
peratur bis 38,5 °, klagt iiber Kopfschmerz, Unwohlsein. Die Erkrankung geht also
mit 11-tagieer Inkubationsdauer einher.
Am 19. morgens fallt die Temperatur auf 37 °, erhebt sich aber mittags, von Frost-
schauer begleitet, auf 41°; im Blute finden wir jetzt zum ersten Male halbmond-
bildende Parasiten.
Trotzdem nachmittags 2,0 g Chinin gegeben wurde, steigt die Temperatur am 20.
wieder auf 39,9°, und trotzdem subkutan und per os grofie Chinindosen eiuverleibt
wurden, kam ein Fieberanfall, der 48 Stunden andauerte, und nur nach dessen Ablaufen
treten Temperature teigerungen nicht mehr auf und schwinden die Parasiten aus dem
Blute.
30. 25. Septbr. Von Fuzesi saugen Anopheles Blut bei 27° und werden dann
12 Stunden zu 30 0 gestellt. Von dieser Zeit an werden sie kontinuierlich so gehalten,
<lafi sie 12 Stunden im Eisschranke bei 8—10°, und 12 Stunden bei 30° zu stehen
kommen.
Am 1. Septbr. lassen wir abermals von Fuzesi Blut saugen und stellen sie dann
auf 12 Stunden zu 30° C.
Nach 6 Tagen finden sich an 2 von 4 11—13 ji ffrofie Oocysten.
Nach 8 Tagen an 3 von 5 20—22 jjl grofie sich entwickeinde normale Sporo¬
blasten.
Am 13. Tage sehen wir an einem 7—9 jjl grofie Oocysten.
Am 14. Tage finden wir an einem 2 44 ^ grofie ganz fertige Sporocysten und
einen 16 \x grofien Sporoblasten.
Am 13. Oktober vorm. 7,11 Uhr wurde XV. D. S., 27 Jahre alt, von 2 gestochen,
und werden diese dann bald bei 30 °, bald bei 12 0 gehalten.
Am 18. vorm. lasse ich einen wieder auf D. S. zu Stich, der zweite ging zu
Grunde. Am Magen dieses letzteren war nichts zu sehen, in einem Gange der Speichel-
driisen waren viele Sporozoiten.
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657
Bei der Sektion des anderen, welcher auch ein zweites Mai gestochen hat, am
23. fanden wir am Magen 10—12 leere Kapseln und einige 26—30 fx grofie, sich nicht
normal entwickelnde Sporoblasten. In einer Speicheldruse sind Sporozoiten sichtbar.
XV DS.
Bis 23. Oktober ist D. S. fieberfrei, an diesem Abend Korpertemperatur 37,2-°,
etwas Kopfschmerz und Frosteln. Am 24. den ganzen Tag subfebril, steigt die Tem-
S eratur nachts auf 138,9° und am nachsten Tage hohes Fieber, das bis abends andauert;
as Maximum betragt in den Vormittagsstunden 40,2 °. Die Temperatur fallt am 26.
friih auf 37,2 °, doch trotz des diesmal verabreichten 1,5 g Chinins steigt die Temperatur
um Mittag wieder an und es entwickelt sieh ein schwerer, 48 Stunden dauerncler An-
fall, wobei die Temperatur sich fortwahrend um 40° herumbeweet, erst nach per os und
subkutan verabreicntem Chinin bleibt das Fieber weg. Am 25. friih finden wir im
Blute viel halbmondbildende Parasiten.
31. Am 25. Septbr. lassen wir von Fiizesi bei 27 0 Blut saugen und stellcn die
Anopheles einen Tag lang zu 30° C; von da an werden sie nun abwechselnd von friih
bis abends bei 20° C, von abends bis friih bei 8—10° gehalten. Von 13 waren 11
infiziert.
Am 8. Tage zahlen wir an einem 12 Stunden 9 p grofie, ziemlich normale kleine
Oocysten; an einem anderen mehrere Cysten von den kleinsten bis zu 9 Teilstriche;
in diesen grofieren befinden sich 4—5 grofiere Pigmentanhaufungen, die von einem
lichten Hof umgeben sind, das Hyalin der Cyste ist durchscheinender, nicht so kon-
sistent als normal.
Am 16. Tage toten wir 3; in jedem sind viele, 12—39 Stiick, 13—15 p grofie ge-
niigend normale Oocysten.
Am 26. Tage finden wir von 2 getoteten an einem 6 Stiick 33—44 p grofie fertige
Sporocysten, die nahezu normal aussehen, blofi der lichtbrechende Chromatin kern der
Sporozoiten ist nicht gut bemerkbar. Aufier diesen sind kleinere Sporoblasten und an
beiden 4—5 Stiick 15—18 p grofie schlaffwandige Cysten, deren Inhalt ganz durch-
scheinend, diinnfliissig ist, darin befindet sich je eine lichtbrechende grofie Kugel und
die Pigmentkorner sind in lebhaft tanzender Bewegung.
Am 21. Oktober abends 6 Uhr lassen wir Xvl. L. T. durch einen Anopheles
stechen; dieser wird nach 4 Tagen seziert, am Magen sind kleine Cysten, in den Spei-
cheldriisen keine Sporozoiten.
Am 25. abends lassen wir einen anderen abermals auf L. F. zu Stich, dieser
letztere Anopheles wird am 31. Oktober seziert, doch lassen sich weder am Magen noch
in den Speicheldriisen Spuren von einer Infektion auffinden.
L. F. erkrankt nicht.
32. 18. Septbr. Von Fiizesi saugen Anopheles bei 30° und werden dann zu 21°
gestellt. Hier stehen sie 4mal 24 Stunden und kommen dann zu 8 0 in den Eisschrank,
wo sie auch 4 Tage (bis 27. Septbr. abends) stehen und werden wieder zu 20° C zu-
riickgestellt.
Am 29. Septbr. tote ich einen, an diesem sind 40—50 Stuck 7—9 p grofie normale
Oocysten.
Nun werden sie wieder zu 8 0 C in den Eisschrank gestellt bis 4. Oktober abends.
Am diesmal getoteten sind viele 11 p grofie normale Oocysten, viele 7 p grofie von
stark lichtbrechenden Kornern erfiillte und einige sich eben durchbohrende, noch wurrn-
artige Ookineten zu finden.
Brste Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 6.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Versuche mit Laverania malariae.
Unter sehr vielen erfolglosen Versuchen gelang es uns 2mal Lav.
maZ.-Gameten in Anopheles claviger zur Weiterentwickelung zu bringen.
Am 3. Februar lassen wir von 8. Pap mit viertagigem Wechselfieber seit 5 Monaten
und viel Aacerania-Gameten im Blute, Anopheles claviger bei 27 0 */* Stunde lang Blut
saugen, und stellen die eine Halfte derseiben zu 20° C, die andere zu 24° C.
Die zu 20° C gestellten stehen bestandig bei 19—20° C. Von 12 waren 3
infiziert.
Am 6. Tage finden wir an 2 von 4 8—10 Stuck kleine Z^v^ania-Oocysten.
Am 13. Tage sind am Magen des einen von 10 viele Sporoblastoiden zu sehen.
Von den bei 14°C stehenden fand sich am 7. Tage am Magen des einen von 3
20 Stuck Oocysten; grofier als die gleichalterigen Cysten der bei 20 0 stehenden.
Da jedoch von den Anopheles viele zu Grunde gingen, stellte ich auch diesen
Kafig zu 20 0 hiniiber.
Am 11. Tage fanden wir von 3 am Magen dee einen einige Sporoblastoiden und
einen Sporozoitoblast.
Wir konntcn die Entwickelung der Sporocysten nicht weiter beobachten, weil alle
Anopheles zu Grunde gingen.
. Am 26. Oktober abends lassen wir von einem Pat. namens Marosi Blut saugen,
dieser leidet schon seit August an viertagigen Schuttelfrosten, hatte wahrend semes
Aufenthaltes in der Klinik 3 typieche intermittierende Quartanaanfalle, und im Blute
viele Laverania- Gameten.
Das Blutsaugen geschieht bei 27 0 C */» Stunde lang, dann stellen wir einen Teil
der blutgesattigten Anopheles zu 20° C, den anderen zu 24® C.
In den 4 der bei 24 0 C stehenden konnten wir die Entwickelung der Laverania-
cysten nicht beobachten.
Von den bei 20° C stehenden toten wir 4 am 14. Tage nach dem Blutsaugen,
in einem finden wir 6 Stuck 20 ja grofie Laverania- Oocysten, eine derseiben war sogar
schon zum Sporoblastoid entwickelt.
Am 21. Tage toteten wir 5; von diesen fanden wir am Magen des einen 12 Stuck
50—55 [A groOe Z^iverama-Sporocysten, noch keine war geplatzt.
Von den Anopheles lebten nur noch 3; doeh die Inokulation miBlang, da kein
einziger infiziert war.
Unsere Untersuchungen zeigen also, daB die Entwickelung der ge-
schlechtlichen Generation des Plasmodium vivax in den Anopheles claviger
am besten und raschesten vor sich geht, wenn diese sich st&ndig bei
einer Temperatur zwischen 24—30° C befinden.
Hohere Temperaturen als 30 0 C, z. B. 35—37 0 — wie ein Experiment
zu schlieBen gestattet — verzogern die Entwickelung der Cysten des
Plasmodium vivax , und auch aus dem histologischen Befunde ist es er-
sichtlich, daB sie einen nachteiligen EinfluB ausflben.
Auch gehen die Anopheles im Thermostaten bei diesen Temperaturen
ohnedies rasch zu Grunde.
Wenn sich die Anopheles bei Temperaturen st&ndig unter 24° C be¬
finden, erstreckt sich die Entwickelung der geschlechtlichen Generation
des Plasmodium vivax auf eine viel lfingere Zeit, so daB, wenn wir bei
24° C schon am 10. Tage fertige Sporocysten finden, finden wir bei
21 0 C erst nach 19 Tagen, also nach doppelt so langer Zeit fertige.
platzende Sporocysten, in bei 17—15° C gehaltenen aber erst nach 53
Tagen.
Andererseits zeigen die bei diesen niedrigen Temperaturen an der
Magenwand der Anoj)heles sich entwickelnden Cysten fehlerhafte Ent¬
wickelung, so daB in den meisten unserer durch Plasmodium vivax infi-
zierten Anopheles , die st&ndig bei Temperaturen unter 17 —16° C gehalten
wurden, am Magen bloB degenerierte und nicht Sporozoiten enthaltende
Cysten zu finden waren, demzufolge wurden in Anopheles , die bei solchen
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Janes 6 , Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc.
659
Temperaturen gehalten warden, auch die Speicheldrttsen nicht durch
Sporozoiten infiziert, and ihr Stich brachte keine Erkrankung an den
Inokulationsmedien hervor, auch dann nicht, wenn die Cysten schon ge-
platzt waren und ihr Inhalt in den K6rper gedrungen war.
So konnten wir keine Erkrankung beobachten bei unseren Versuchen
I—IV, ebenso erfolgte die Malaria-Inokulation nicht in den Versuchen
V—VI, in welchen die Anopheles , nachdem sie Plasmodium wrar-Gameten
enthaltendes Blut gesogen hatten, nicht sofort zu derartigen niedrigen
Temperaturen gestellt wurden, sondern erst nach einem einwochentlichen
Aufenthalt bei 20° C.
Doch ist es vorgekommen, daB wir auch im Anopheles , der noch vom
Zeitpunkte des Blutsaugens an bei 17—15° C gehalten wurde, normal
aussehende, mit Sporozoiten geftkllte Sporocysten gefunden haben, und
auf Grund unserer Beobachtungen an Haemamoeba praecox kSnnen wir
annehmen, daB der Stich dieses Anopheles die Erkrankung verursacht
hatte.
Wenn die Anopheles vom Zeitpunkte des Blutsaugens an standig bei
Temperaturen unter 16 0 gehalten werden, entwickeln sich an ihrer Magen-
wand keine Cysten, da die Gameten schon in einem frflheren Entwicke-
lungsstadium zu Grunde gehen.
Unsere auf Haemamoeba praecox bezilglichen Untersuchungen zeigten,
daB die Cysten der Haemamoeba praecox sich am raschesten und regel-
maBigsten in Anopheles entwickelten, die sich standig bei 30—24® C be-
finden.
Ueber den EinfluB hoherer Temperaturen auf ihre Entwickelung
haben wir keine Erfahrung.
Bei niedrigen Temperaturen als diese brauchen die Haemamoeba
praecox -Gameten immer mehr und mehr Zeit, um sich zu Sporocysten
zu entwickeln, so daB z. B. wahrend im bei 30 0 C gehaltenen Anopheles
die Sporocysten am 8.-9. Tage schon vollkommen reif sind, fanden wir
in bei 20 0 C gehaltenen erst um den 20. Tag herum Sporocysten.
Bei Temperaturen unter 20 0 C zieht sich die Entwickelungszeit der
Sporocysten sehr in die Lange, doch erhellt aus unseren Versuchen,
daB sich noch in manchen Anopheles , die vom Augenblick des Blut¬
saugens standig zwischen 18—16° stehen, unter vielen fehlerhaft ent¬
wickelten Cysten auch normale Sporocysten sich entwickeln.
Bei 17-16° C befindet sich jedoch die untere Grenze der zur Ent-
wicklung der Sporocysten erforderlichen Temperatur. Wenn die Tempe¬
ratur vom Augenblick des Blutsaugens an standig niedriger ist als diese,
entwickeln sich aus den aufgesogenen Gameten keine Cysten.
Ist die Entwickelung der Cysten bei hbheren Temperaturen als
16—17 0 C bereits im Zuge, dann entwickeln sie sich zu Sporocysten
auch dann, wenn die Temperatur, bei welcher sich die Anopheles befin-
den, vorttbergehend auf 8—9 0 C herabfailt, Oder auch, wenn sich die Tem¬
peratur standig zwischen 17—15° C bewegt. In solchen Fallen fanden
wir unter vielen degenerierten, fehlerhaft entwickelten Cysten ganz nor¬
mal entwickelte Sporocysten, und der Stich der bei dieser Temperatur
infizierten Anopheles hat die Malariaerkrankung auch zu stande gebracht.
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660
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Unsere Untersuchungen sind nicht zahlreich genug, um sich eine
klare Vorstellung fiber den Einflufi zu bilden, den die Temperatur auf
die geschlechtliche Generation der einzelnen Parasitenarten, die in den
Anopheles zur Entwickelung gelangt, ausfibt.
Es wfiren viel zahlreichere zu diesem Zwecke gemachte Beobach-
tungen erforderlich, um sich darfiber orientieren zu kdnnen, welchen
Einflufi die Temperatur auf die bei Malariaepidemieen sich darbietenden
Erscheinungen ausfibt
Soviet erhellt jedoch aus unseren Untersuchungen, dafi die Ent¬
wickelung der geschlechtlichen Generationen der Plasm, vivax und
Haemamoeba praecox-Art in betreff des Temperaturerfordernisses von ein-
ander nicht so wesentlich abweicht, dafi man daraus die verschiedene
geographische Verbreitung und das verschiedene Auftreten der beiden
Arten erklaren kfinnte.
Unsere Untersuchungen zeigten n&mlich, dafi die geschlechtliche
Generation sowohl des PI. vivax als auch des H. praecox am besten
zwischen 24—30 0 C gedeiht; bei qiedrigeren Temperaturen weniger gut,
und die untere Temperaturgrenze fur die Entwickelung beider ist eine
vom Augenblick des Blutsaugens an stfindig unter 16° C stehende
Temperatur.
Bei niedrigeren Temperaturen vom Moment des Blutsaugens an
entwickeln sich die Sporocysten weder des PI. vivax noch der H. praecox.
In einer im Centralblatt f. Bakteriol. Bd. XXXVI 1 ), erschienenen
Arbeit konnten wir nachweisen, dafi die Infektion der Anopheles sowohl
durch PI. vivax- als durch H. praecox- Gameten auch bei sehr niedrigen
Temperaturen in den Stunden nach dem Blutsaugen zu stande kommt,
wenn die Anopheles spfiter in eine entsprechend temperierte Umgebung
kommen.
Es besteht also zwischen den zwei Arten auch hier kein Unter-
schied.
Es ist sehr wahrscheinlich, dafi das verschiedene zeitliche Auftreten
und die verschiedene geographische Verbreitung nicht die Folge von
verschiedenen Temperaturerfordernissen sind.
Wir inokulierten mit Erfolg in 10 Fallen, ohne Erfolg in 5 Fallen;
in alien 5 Fallen waren die Anopheles durch PI. uiuox-Gameten infiziert,
wurden aber bei Temperaturen unter 17 0 C gehalten.
Wir bemerken jedoch, dafi diese erfolglosen Inokulationen keines-
wegs das beweisen, dafi in bei 17 0 C gehaltenen und durch PI. vivax
infizierten Anopheles sich Sporocysten nicht entwickeln kfinnen und diese
mittels Inokulation Wechselfieber durchaus nicht hervorrufen konnen,
denn auch unter den Anopheles, mit welchen wir diese Inokulationen
durchffihrten, fanden sich solche, in welchen normal entwickelte Sporo¬
cysten waren.
Allenfalls kommt das jedoch nur mitunter vor, die meisten Cysten
zeigen fehlerhafte Entwickelung, Sporozoiten entwickeln sich nicht in
ihnen, und der Anopheles propagiert das Wechselfieber nicht.
Es war Sache des Zufalls, dafi gerade die durch PI. vivax infizierten
und bei und unter 17 0 C gehaltenen Anopheles die Malaria nicht fiber-
mittelten, die durch H. praecox infizierten und bei denselben Tempe¬
raturen gehaltenen Anopheles hingegen die Malaria inokulierten; es ist
1) Jane s6, N., Zur Frage der Infektion der Anopheles claviyer mit Malariaparasiten
bei niederer Temperatur.
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Jancso, Der EinfluB der Temperatur auf Malariaparasiten etc.
661
dies ein Beweis daffir, dafi die untere Temperaturgrenze, bei welcher
sich noch Sporocysten entwickeln, bei PI. vivax nicht niedriger ist als
bei H. praecox.
Aus unseren Inokulationen ist ersichtlich, dafi das Inkubations-
stadium des Wecbselfiebers and die Schwere der Erkrankung gemfifi
den Parasitenarten Unterschiede aufweisen; von der Temperatur, bei
welcher die infizierten Anopheles gehalten warden, and — vielleicht einige
extreme Ffille ausgenommen — auch von der Zahl der inokalierenden
Anopheles jedoch unabhfingig sind.
Da wir die Inokulationen selbst an den dazn sich freiwillig Erbotenen,
nor mit der grdfiten Vorsicht und nor in der absolat notwendigen Zahl
auszuftthren die Absicht hatten, so konnten diese natflrlich nnr den
Zweck haben, fihnliche Versnche anderer zu erg&nzen.
Mit durch PI. vivax infizierten Anopheles inoknlierten zu mebreren
Malen Bastianelli und Bignami.
Bei manchen der Inokulationen, die von letzteren ausgeftihrt wurden,
ist nicht genau ersichtlich, bei welchen Temperaturen die Anopheles in-
fiziert wurden, auch nicht, wie viel gestochen haben, auch kann man
die Inkubationszeit nicht pOnktlich berechnen.
Ein Versuch wurde im November, 3 andere wurden im Dezember
mit im Freien eingefangenen Anopheles durchgefflhrt. Als Inkubations¬
zeit finden sie den 17.—19. Tag.
Einen Versuch ffihrten sie im Juli aus, dabei infizierten sie die
Anopheles bei 25° C, spfiter bei 30° C, und lassen bei zwei Gelegen-
heiten denselben Kranken durch 2 Anopheles stechen; diesmal fanden
sie 18-tfigige Inkubationsdauer.
In unserem Fall, wo die Anopheles standi g bei 18—20 0 C gehalten
and zum Stechen 6 Stack verwendet wurden, betrug die Inkubationszeit
10 Tage.
Es ist nicht ausgeschlossen, dafi bei unseren Fallen die Inkubations¬
zeit darum kQrzer ist, weil wir mit der Berechnung der Inkubations¬
dauer bis zu den kleinen Temperatursteigerungen zurQckgehen, die
wahrend des Prodromalstadiums zu beobachten waren; und wir hatten
Gelegenheit, auch 2—3 solche kleinere Temperaturerhbhungen vor Ein-
tritt des ausgesprochenen SchOttelfrostes zu beobachten. Lassen wir
diese kleinen Temperaturerhbhungen unberficksichtigt, so betragt die
Inkubationszeit 15 Tage; Bastianelli und Bignami hingegen be¬
rechnen, wie wir aus ihrem Berichte entnehmen, die Inkubation bis zum
ersten Schfittelfrost.
Bei H. praecox beobachteten wir 7—14-tfigige Inkubationsdauer, un¬
abhfingig von der Zahl der Anopheles , die den betreffenden stachen und
unabhfingig von der Temperatur, bei welcher die Anopheles infiziert
warden.
In einem Falle, bei welchem die Inkubationszeit 11 Tage, und in
jenem Falle, bei dem sie 14 Tage betrug, erhielten die betreffenden
wahrend der Inkubationsdauer mehrmals Chinin.
Grassi, Bastianelli und Bignami beobachteten bei H.praecox
10—12-tfigige Inkubationsdauer.
Aus unseren, und auch aus den Beobachtungen anderer gewannen
wir den Eindruck, dafi die Inkubationszeit wechselt, und dafi ihre Dauer
wesentlich von individuellen Eigen tumlichkeiten der Inokulierten abhfingt.
Bei unseren Inokulierten ging den ausgesprochenen SchfittelfrQsten,
bezw. dem hohen Fieber, ein Prodromalstadium voran, das einige Tage
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662 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
andauerte, und durch Allgemeiusymptome und kleinere Temperatur-
steigerungen charakterisiert war.
Das Fieber steigt gewohnlich successive an, und nur selten erreicht
die erste Temperatursteigerung einen hdheren Grad.
Die Schwere der Erkrankung wie auch der Fieberverlauf war in
unseren Fallen unabhangig von der Zahl der inokulierenden Anopheles,
unabhangig von der Temperatur, bei welcher dieselben infiziert wurden.
Wir beobachteten ebenso schwere Erkrankungen und holies Fieber, z. B.
nach dem Stich der bei 17—15° C infizierten Anopheles, als nach dem
Stich der Anopheles , die sich bei 30° C infiziert hatten.
Wenn wir die Fieberkurven, Symptome, die wir bei den Inokulationen
beobachteten, mit denjenigen Fallen vergleichen, die durch Anopheles
hervorgerufen wurden, welche aus einem umgestofienen MQckenkafig zu-
fallig entwichen waren 1 ), und die fast einer Versuchsserie gleichkommen,
gewinnen wir geradezu den Eindruck, daB die Schwere der Erkrankung
und der Temperaturverlauf hauptsfichlich von individuellen Eigentflmlich-
keiten abhangt.
Wir sehen unter diesen einen Fall, bei welchem die Anf&lle fast
48 Stunden andauerten, mit schwerem, hohem Fieber einhergingen,
wahrenddessen der Kranke delirierte, somnolent war und die Apyrexie
kaum einige Stunden betrug, wahrend im anderen Falle die Erkrankung,
welche durch den Stich der bei derselben Temperstur, und von dem-
selben Kranken infizierten Anopheles hervorgerufen wurde, einen sehr
milden Verlauf nahm, die Anfalle bestehen aus kaum wenige Stunden
lang andauernden Temperatursteigerungen, zwischen den Anfallen ist
ein fieberfreier Tag, an welchem der Kranke seine anstrengende Tages-
arbeit zu verrichten im stande ist.
Nachdruck verboten.
Nachtrag zum Beitrag zur Trypanosomenfrage,
Von Dr. Hans Zlemann.
In dem Aufsatz, erschienen Heft 3 und 4, ist bei Beschreibung des
Trypanosoma vivax noch folgender Zusatz zu machen:
Die bei Schafen und Ziegen beobachteten allerjflngsten aufierst zier-
lichen, vorn und hinten spitz ausgezogenen Formen waren sogar nur
12—14 p lang, etwa 1—1 1 / 2 p breit und zeichneten sich, wie auch die
bei den Kfihen gefundenen, durch das aufierst kurze, manchmal kaum
angedeutete Flagellum aus. Die undulierende Membran ist farberisch
schwer darzustellen, sehr deutlich dagegen stets der am hintersten
Kdrperende befindliche Blepharoplast und der Kern. Die geringe Ent-
wickelung des Flagellum, besonders in den jtingsten Stadien, diirfte das
Fehlen der dem Trypanosoma brucei eigenen, mehr oder weniger rotie-
renden Bewegung erkl&ren.
1) Jance6, M., Ueber eine in der Universitatsklinik entstandene Malaria-Haus-
endemie. (Deutsch. Arch. f. kiin. Med. Bd. LXXVI.)
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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc.
663
Nachdruck verboten.
Ueber ein gastrotoxisches Serum,
mit einem Stadium des Chemismas des Magens and der ron diesem
Gastrotoxln veranlafiten histologischen Verfinderungen.
[Aus dem Institute ftir Pathologie und Bakteriologie zu Bukarest
(Direktor: Prof. Dr. V. Babes).]
A. Theohari,
ao. Professor der internen Pathologie
au der Umversitat zu Jassy.
Von
A. Babes,
Professor der Chemie, Voratand der
chemischen Abteilung am Institute fiir
Pathologie und Bakteriologie zu
Bukarest.
Mit 1 Tafel.
Es ist bekannt, daB, wenn man einem Tiere unter die Haut, in das
Peritoneum oder in den Blutkreislauf Zellelemente von einem Tiere
anderer Species einspritzt, der Organismus des injizierten Tieres Sub-
stanzen bereitet, die im stande sind, diese fremden Zellelemente zu
zerstoren.
Man nannte diese Substanzen Cytolysine. Ein Cytolysin, das
einem Tiere derselben Species eingespritzt wird, von der die Zellelemente
herrfihren, spielt die Rolle eines wirklichen Giftes, das auf die Zell- und
Tierart, von welchen dasselbe stammt, absolut spezifisch wirkt.
In letzter Analyse verschmilzt das Studium der Cytolysine mit der
Immunit&t. In der Tat ist die Bereitung von Substanzen, die im stande
sind, die fremden Zellen und deren schadliche Erzeugnisse zu vernichten,
eine Art der Verteidigung.
Das Studium der Cytolysine bildet heutzutage eine sehr reichhaltige
Literatur. In derselben finden sich hervorragende Arbeiten iiber die
Bildung, die Wirkung und die noch nicht geklarte Abstammung dieser
Cytolysine. Sie werfen neues Licht auf die Frage der Immunitfit. Es
ist durchaus nicht unsere Absicht, auf diese Frage auch nur vorfiber-
gehend einzugehen. Wir beschr&nken uns nur darauf, die Cytolysine
anzuffihren, die bis jetzt bekannt sind.
Seit den grundlegenden Arbeiten Bordets (1) fiber das HSmolysin,
das sozusagen ein typisches Cytolysin ist, versuchte man, wie gegen die
roten Blutkorperchen spezifische Sera auch gegen andere Zellarten zu
bereiten. Wir nennen von diesen das spezifische Serum gegen das
Flimmerepithel oder Trychotoxin [v. Dun gem (2)], das Spermotoxin
[Metschnikoff (3)], das leukotoxische Serum [Metschnikoff (4),
Glotin (5)], das nephrotoxische Serum [Nefedieff (6), Linde¬
man n (7)]. Spfiter erzielte man ein antihepatisches Serum fD 61-
zenne (8), Deutsch (9), Cantacuz&ne (10)], ein neurotoxisches
Serum [D61zenne (11), Cantovi (12)], ein pankreatisches Cytotoxin
[Surmont (13), Cridallo (14), negative Resultate], ein Nebennieren-
toxin [Bigard et Bernard (15)J, ein spezifisches Serum gegen die
Schilddrfise [Gontscharokofo (16)]. SchlieBlich erwfihnen wir noch
das myelotoxische Serum [Su 11 i (17)], das cardiotoxische Serum [Can-
tanni und Ravenna (18)] und das Eierstockscytotoxin [Ceconi und
Robecchi (19)].
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664 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Bemerken wollen wir noch, dafi diese s&mtlichen anticellul&ren Sera
keine Auflosung der Elements herbeiffihren, wie dies beim H&molysin
in Gegenwart von Blutkfirperchen der Fall ist. Sie veranlassen mehr
Oder weniger deutliche histologische Aenderungen, das Aufhfiren der
Bewegungen der Flimmerhaare und der Spermatozoen, sowie schwere
Erscheinnngen, die den Tod des Tieres zur Folge haben, wenn es sich
nm lebenswichtige Organe handelt.
Wir haben versucht, ein spezifisches Serum gegen die Magenschleim-
haut des Hundes zu erzielen, insbesondere gegen die Schleimhaut des
grofien Blindsackes (peptische Region). Wir nannten dieses Serum der
Kfirze halber Gastrotoxin Oder gastrotoxisches Serum.
Wenn wir dies neue Cytolysin erzielen wollten, so geschah es
nicht desbalb, um die soeben angeffihrte Liste der Cytotoxine zu ver-
l&ngern. Es handelte sich namentlich um den von einem von uns
schon lange verfolgten Zweck, eine feste Beziehung zwischen dem
histologischen Verhalten der Magenschleimhaut und dem Chemismus
des Magens nachzuweisen. In der Tat weifi man, dall die Verfasser, die
dieses Verh<nis am Menschen nachzuweisen suchten, sich daran stofien,
dafi eine starke Selbstverdauung des Magens kurz nach dem Tode und
selbst wfihrend des Todeskampfes stattfindet. Im fibrigen wenn aucb
das Studium des Menschenmagens im stande ist, fiber die groben Ver-
finderungen der Schleimhaut (Atrophie, Sklerose) Auskunft zu geben,
so kann dasselbe doch nichts Genaueres liefern fiber die feine Struktur
der Magenzellen in pathologischen Zustfinden. TatsSchlich konnte einer
von uns beobachten, dafi der Hundemagen schon V* Stunde nach dem
Tode ganz und gar unbrauchbar wird, um an demselben Zellverfinde-
rungen zu verfolgen. Man sieht sich also veranlafit, zum Experiment
seine Zuflucht zu nehmen, um eine Gegenfiberstellung der feinen Struktur
der Sekretionszellen und der chemischen Bildung der sezernierten Flfissig-
keit zu erzielen.
Wir waren der Ansicht, dafi wir mit einem spezifischen Serum viel
leichter Aenderungen in der feinen Struktur der Magenzellen erzielen
wfirden und infolgedessen einen gleichzeitigen Wechsel im Chemismus
des Magens. Unsere Annahme ist teilweise bestfitigt worden. Wir
haben in vorl&ufigen Mitteilungen einen Teil unserer Ergebnisse ver-
offentlicht und geben an dieser Stelle unsere Versuche und die sich an
diese anschliefienden Feststellungen.
Die Bereitung des Gastrotoxins.
Wir verwendeten die Magenschleimhaut des Hundes, die wir nach
der Verreibung und Emulsionierung derselben einer Ziege unter die
Haut einspritzten.
Man nimmt Hunde, die einen Tag hindurch gehungert haben, damit
der Magen leer ist. Das Tier wird mittels Chloroform in eine tiefe Narkose
versetzt und nun durchschneidet man die A. carotid., damit die inneren
Organe mfiglichst blutleer seien. Der Magen wird aseptisch heraus-
genommen und der grofien Krfimmung entlang geoffnet. Darauf folgt
eine reichliche Waschung mit physiologischer Kochsalzlosung. Die
Schleimhaut des grofien Blindsackes (peptische Region) wird dann rasch
reseziert; dieselbe lfifit sich im fibrigen leicht von den darunterliegenden
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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc.
665
Schichten trennen, indera die Submucosa sehr locker ist. Die Mucosa
wird in kleine Stflckchen zerlegt, die dann in einem sterilisierten MSrser
mit Hilfe des hinzugefflgten grobkSrnigen Schmirgels zerrieben werden,
ohne Schrairgel ist es in der Tat unmoglich, eine geeignete Verreibung
zu erzielen. Wir waren gezwungen, zo diesem Behelf zu greifen, da wir
nicht den elektrischen Verreiber, den Borrel im Institut Pasteur zu
Paris verwendet, zur Verffigung hatten. Die mittels der Verreibung er-
zielte Paste wird mit physiologischer Kochsalzlfisung verdfinnt, der noch
1 Prom. Salicyls&ure zugefflgt wird. Diese Emulsion wird dann durch
mebrschichtige sterilisierte Gaze durchgelassen, die so die groben Korner
des Schmirgels zurtickhfilt. Nach dieser groben Filtrierung ist die
Emulsion fertig, urn eingespritzt zu werden.
SSmtliche vorhin angegebenen VorsichtsmaBregeln in Bezug auf das
vorsorgliche Waschen der Schleimhaut, der Hinzuffigung von Salicyl-
s&ure sind durchaus notwendig. In der Tat beschrankten wir uns an-
fangs auf eine oberfl&chliche Waschung und aseptisches Verfahren. Die
so erzielte Emulsion gab aber beim Eaninchen todliche Infektionen mit
zahlreichen Mikrobien. Eine Ziege starb infolge von akutem Oedem der
vorderen Extremist und des Unterleibes. Die von Prof. P. Riegler,
Vorstand der Veterinarabteilung des Institutes, dem wir ftlr seine stete
Liebenswurdigkeit bestens danken, gemachten Kulturen zeigten das
Bakterium des malignen Oedems in Reinkultur. Es ergab sich hieraus
die Notwendigkeit, MaBregeln zu ergreifen, insofern es sich darum
handelt, aus der Schleimhaut eines Organs, das im normalen Zustande
weit davon entfernt ist aseptisch zu sein, eine Emulsion zu Injektions-
zwecken herzustellen.
Wie wir bereits angaben, wahlten wir die Ziege ffir die Einspritzung
der so bereiteten Emulsion. Da wir fiir unsere spateren Versuche eine
groBe Menge Serums benfitigten, so war die Ziege dazu besonders ge-
eignet.
Die Emulsion wurde unter die Haut eingespritzt, an der inneren
Seite der Hinterbeine. Nach der Einspritzung bemerkten wir immer
lokale (schmerzhafte Schwellung) und allgemeine Reaktion (Fieber, Nieder-
geschlagenheit, Weigerung der Nahrungsaufnahme). Nach mehreren Ein-
spritzungen sind diese Reaktionen bedeutend geringer: Weniger starke
Schwellung mit voller Zerteilung, weniger Fieber, fast gar keine Nieder-
geschlagenheit.
N^ch einer Anzahl von Einspritzungen wurde unter den Qblichen
MaBnahmen Blut aus der Jugularis entnommen. Die blutenthaltenden
Gefafie wurden bei 8° aufbewahrt; der vom Serum sich absondernde
Blutkuchen wurde 1 Tag nach der Blutentnahme abgesondert und
gleichfalls bei derselben Temperatur aufbewahrt.
Im Verlaufe unserer Versuche verwendeten wir das von 2 Ziegen
stammende Serum. Wir geben hier das Datum der Einspritzung, die
Menge der jedesmal eingespritzten Schleimhaut, den Tag der Blut¬
entnahme. Diese Angaben werden uns bei den SchluBfolgerungen fiber
die Maximumwirkung des Serums unserer Ziegen und fiber die durch-
schnittliche Dauer der Wirksamkeit dienlich sein.
Ziege No. 2.
Schwarz. 36 kg schwer. Temperatur vor dem Versuch 38,6° C.
1. Einspritzung.
24. Sept 1902. Es werden 6 g der nach der angegebenen Methode bereiteten
Schleimhautemulsion eingespritzt. 5 Cfhr abends Temperatur 39,4° C.
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXVIII. Heft 6.
25. Sept. Schmerzhafte Schwellung in der Gegend der Einspritzung. Der FuB
wird ein wemg nachgeechleppt. 9 Uhr morgens 39,7*C, 5 Uhr abends 39,2° C.
26. Sept. 9 Uhr morgens 39,2° C, 6 Uhr abends 39,6° C.
27. Sept. 10 Uhr morgens 39° C, 5 Uhr abends 39,5° C.
28. Sept. Die lokale Schwellung 1st bedeutend verringert. Die morgens und
abends genommene Temperatur steigt nicht mehr auf 39° C.
2. Einspritzung.
3. Okt. 1902. Es werden morgens an der anderen Seite 10 g Schleimhaut ein-
gespritzt. 6 Uhr abends Temperatur 40,1° C.
Das Tier 1st sehr niedergeschlagen; verweigert die Nahrung. Starke lokale
Schwellung.
4. Okt. 9 Uhr morgens 39,6° C, 5 Uhr abends 39,8° C.
Das Tier ist weniger niedergeschlagen; nimmt Nahrung.
5. Okt. 9 Uhr morgens 39,2° C, 5 7 . Uhr abends 39,4° C.
Der Allgemeinzustand ist gut; Schwellung fortdauernd.
6. Okt. 10 Uhr morgens 39,3° C, 6 Uhr abends 39,1° C.
7. Okt. 8 Uhr morgens 38,9* C, 6 Uhr abends 38,9° C.
In den folgenden Tagen steigt die Temperatur nicht mehr auf 39° C. Die lokale
Schwellung hat sich zerteut, so daft nur noch ein nufigrofier Knoten zuriickblieb. Das
Tier ist etwas abgemagert.
3. Einspritzung.
17. Okt. 1902. Neuerliche Einspritzung von 18 g Schleimhaut. 6 Uhr abends
Temperatur 39,8° C.
18. Okt. 8 Uhr morgens 39,5° C, 5 Uhr abends 39,7° C.
19. Okt. 9 Uhr morgens 38,9° C, 5 Uhr abends 38,5° C.
Trotz der niedrigen Temperatur ist das Tier traurig. GroBe lokale Schwellung.
20. Okt. 9 Uhr morgens 39,1° C, 5 Uhr abends 39,4° C.
21. Okt. 9 Uhr morgens 38,9° C, 6 Uhr abends 39,2° C.
22. Okt. Es bildet sich ein groBer AbsceB in der Gegend der Einspritzung.
Incision. Waschung. Das Tier ist vollkomraen wieder hergesteLlt
1. Blutentnahme am 20. Okt. Etwa 300 ccm.
2. Blutentnahme am 5. Nov. Die gleiche Quantitat
4. Einspritzung.
10. Nov. 1902. Einspritzung von 25 g Schleimhaut. 5 Uhr abends Temperatur
38 8 0 O.
11. Nov. 9 Uhr morgens 39,2° C, 5*/ f Uhr abends 39,5° C.
Stark ausgesprochenes, schmerzhaftes, nur wenig hartes Oedem.
12. Nov. 8 Uhr morgens 38,9° C, 6 Uhr abends 39,1° C.
13. Nov. 8 l L Uhr morgens 38,8° C.
Der brtliche Zustand ist bedeutend gebessert.
In den folgenden Tagen bleibt die Temperatur auf gleicher Hohe. Die ortliche
Schwellung ist zuriickgegangen.
3. Blutentnahme am 16. Nov. 300—400 ccm Blut.
4. Blutentnahme am 21. Dez. Etwa 500 ccm.
5. Blutentnahme am 31. Dez. Etwa 400 ccm.
5. Einspritzung.
4. Jan. 1903. Es werden von neuem 5 g Schleimhaut eingespritzt
Von nun an verzichten wir darauf, die Temperaturen anzufuhren, da dies die
Krankengeschichte unserer Tiere zu sehr verlangera wiirde. Die folgenden Einspritzungen
gaben ahnliche Temperatursteigerungen wie die vorangegangenen. Nach mehreren Ein-
spritzungen, insbesondere wenn dieselben nicht in zu weiten Zwischenraumen verabreicht
wurden, waren die lokale und die allgemeine Beaktion weniger ausgeeprochen als zu
Beginn oder nachdem 1 Monat seit der letzten Einspritzung verstrichen war.
6. Blutentnahme am 8. Jan. Etwa 250 ccm Blut.
6. Einspritzung.
11. Jan. 1903. Neuerliche Einspritzung von 16 g emulsionierter Schleimhaut,
die beinahe fast gar keine Temperatursteigerung zur Folge hatte. Lokal geringe, rasch
zuriickgegangene Schwellung.
7. Blutentnahme am 16. Jan. 250 g Blut.
8. Blutentnahme am 23. Jan. 500 g.
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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc.
667
7. Einspritzung.
1- Febr. 1903. Einspritzung von etwa 10 g Schleimhaut.
9. Blutentnahme am 6. Febr. 250 g.
8. Einspritzung.
22. Febr. 1903. Einspritzung von 14 g Schleimhaut.
10. Blutentnahme am 27. Febr. 400 ccm.
11. Blutentnahme am 14. Marz. Etwa 400 ccm.
9. Einspritzung.
23. Marz 1903. Einspritzung von etwa 18 g Schleimhaut.
Das Tier beginnt abzumagern, so dafi die Scmeimhauteinspritzungen in grofieren
Zwischenraumen verabreicht werden.
12. Blutentnahme am 1. April. 350 ccm.
10. Einspritzung.
17. April 1903. Einspritzung von 15 g Schleimhaut.
11. Einspritzung.
26. April 1903. Es werden 20 g emulsionierter Schleimhaut eingespritzt.
13. Blutentnahme am 8. Mai. 500 ccm.
14. Blutentnahme am 18. Mai. 500 ccm.
15. Blutentnahme am 4. Juni. 500 ccm.
16. Blutentnahme am 25. Juni. 450 ccm.
Ziege No. 3.
Gran, 45 kg schwer.
Die bei dem vorigen Here mitgeteilten Einzelheiten, betreffend die lokale und die
allgemeine Reaktion, gel ten auch fur dieses Versuchstier. Damit die Arbeit nicht so
ausfdhrlich werde, unterlassen wir es ebenfalls, auf die Versuche naher einzugehen und
beschranken uns auf die Anfiihrung der Daten, die sich auf die Schleimhauteinspritzung
und die Blutentnahme beziehen. Diese Einzelheiten sind erforderlich, weil wir uns bei
den Versuchen an den Hunden auf diese beziehen.
1. Einspritzung.
8. Dez. 1902. 15 g emulsionierte Schleimhaut.
2. Einspritzung.
15. Dez. 1902. Etwa 23 g Schleimhaut.
1. Blutentnahme am 21. Dez. 500 ccm.
2. Blutentnahme am 31. Dez. 500 ccm.
3. Einspritzung.
4. Jan. 1903. Es werden von neuem 18 g Schleimhaut eingespritzt.
3. Blutentnahme am 8. Jan. 300 ccm.
4. Einspritzung.
11. Jan. 1903. 16 g Schleimhaut.
4. Blutentnahme am 16. Jan. 400 ccm.
5. Blutentnahme am 23. Jan. 250 ccm.
5. Einspritzung.
1. Febr. 1903. 15 g Schleimhaut.
6. Blutentnahme am 6 Febr. 450 ccnu
6. Einspritzung.
22. Febr. 1903. 16 g Schleimhaut.
7. Blutentnahme am 27. Febr. 400 ccm.
8. Blutentnahme am 13. Marz. 300 ccm.
7. Einspritzung.
22. Marz 1903. 18 g Schleimhaut
9. Blutentnahme am 1. April. 500 ccm.
Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, bekam die Ziege No. 2
Einspritzungen von Hundemagenschleimhaut in zu Beginn recht kurzen
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668 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXViiL Heft 6.
Zwischenr&umen. Spfiter warden die Einspritzungen eiae Zeitlang unter-
brochen, um beurteilen zu konnen, wie lange Zeit nach der letzten Ein-
spritzung das Serum aktiv bleibt. SchlieBlich wurden die Einspritzungen
von neuem in nahen Zwischenr&umen verabreicht. AuBerdem bekam
dieses Tier im Verh<nis zu seinem KOrpergewicht genfigend grofie
Mengen emulsionierter Schleimhaut. Es_ist das die Ziege, die uns stets
das wirksamste Serum geliefert batte. Bei der Ziege No. 3 arbeiteten
wir unter abweichenden Versuchsbedingungen. Die Einspritznngen
wurden in grbfieren Zwischenr&umen gemacht, die Dosen der ein-
gespritzten Schleimhaut waren im Verb<nis zum KOrpergewicht des
Tieres geringer. Diese Ziege lieferte uns ein schwaches Serum, das uns
in einer bestimmten Anzahl von Versuchen sehr nfltzlich war.
Versuche am Hunde. Unsere Versuche beziehen sich im ganzen
auf 56 Hunde. Dessenungeachtet schildern wir hier nur die an jenen
Tieren gemachten Beobachtungen, die ein nennenswertes Interesse be-
anspruchen dfirften, um die Arbeit nicht fiber Gebflhr auszudehnen.
Subkutane Serum einspritzungen.
Hund No. 1, 12 kg schwer.
27. Okt. 1902. Subkutane Einspritzung von 45 ccm Serum von der Ziege No. 2
(Blutentnahme vom 26. Okt.).
Nicht die geringsten Aligemeinerscheinungen am Tiere, weder umgehend noch
spater.
Hund No. 2, 10 kg schwer.
1. Nov. 1902. Subkutane Einspritzung von 60 ccm Serum (vom 26. Okt.) von
der Ziege No. 2.
Weder am ersten noch in den folgenden Tagen nicht die geringste Aenderung des
Normalzustandes des Tieres.
Hund No. 3, 15 kg schwer.
15. Nov. 1902. Das Tier bekommt ein Probefruhstiick von 60 g Brot, das in
250 g destilliertem Wasser zerbrSckelt wurde, dem 5 g Zucker zugesetzt werden. Nach
1 Stunde Entnahme des Magensaftes.
Die nach der Methode Hayem-Winter gemachte Analyse lieferte folgende
Ziff em:
Qesamtsaure (A) = 137
Freie Salzsaure (H) = 0
Organisch gebundenes Chlor (C) = 135
(H + C) = 138
Gesamtchlor (T) = 279
Fixes Chlor (F) = 141
T
Repport p = 1,97
A—H
KoeEfizient —p— (a) = 0,99
17. Nov. Subkutane Einspritzung von 60 ocm Serum von der Ziege No. 2 (Blut¬
entnahme vom 16. Nov.). Im Laufe des Tages konnte nichts Besonderes im Allgemein-
zustande des Tieres bemerkt werden. In den folgenden Tagen Bildung eines Abscesses
in der Gegend der Einspritzung. Incision. Waschungen.
25. Nov. Einspritzung von 30 ccm von dem gleichen Serum.
1. Dez. Neuerliche subkutane Einspritzung von 30 ccm desselben Serums. Sett
der letzten Einspritzung ist das Her stark gefraBig, was aber dessen Abmagerung nicht
verhindert
20. Dez. Dieselbe Gefrafiigkeit. Das Tier bekommt ein Probefruhstiick wie oben.
Nach 1 Stunde wird der Magensaft entnommen. Die nach der Methode Hayem-
Winter gemachte Analyse lieferte folgende Werte (sehr reichliche Fltissigkeit, rasche
Filtrierung):
Qesamtsaure (A) = 149
Freie Salzsaure (H) = 73
Organisch gebundenes Chlor (C) = 102
(H + O = 175
Gesamtchlor (T) = 387
Bepport p = 134
A—H
p = 0,86
Es sei ein fur allemal bemerkt, dafi die nach der Methode Hayem-Winter an-
gegebenen Werte Milligramme darstellen; die Werte sind auf 100 ccm Magensaft be-
rechnet.
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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc.
669
Am 25. Dez. wird der Magensaft von neuem untersucht; wir wollen nur bemerken,
daB die Salzsaure = 58 war.
Am 30. Dez. gibt die Analyse (nach dem Probefruhstiick) folgende Ziffern:
Gesamtsaure (A) = 314 Gesamtchlor (T) = 420
Freie Salzsaure (H) =±= 84 Fixes Chlor (F) = 139
Organisch gebundenes Chlor (C) = 197 T
Chlorhydrie (H + C) = 281 p = 3,02
Die Flussigkeitsmenge ist sehr reichlich, leichte Filtrierung.
Da das Tier sehr abgemagert war, beschlossen wir, es in Beobachtung zu halten,
denn wenn es verendet ware, hatten wir die Untersuchung der feinen Struktur der
Magenzellen verloren. Wir sahen uns also verpflichtet, dasselbe am 2. Jan. 1903 zu
opfera. Es geschah dies gegen die 8. Stunde nach der Verdauung. Makroskopisch war
an der Schleimhaut nichts Besonderes zu bemerken.
Histologische Untersuchung: Wir wollen hier ein fiir allemal angeben,
welche Technik wir verwendet haben, um diese unsere Praparate zu untersuchen. Wie
es einer von uns in einer friiheren Arbeit bereits auseinandergesetzt hat, gibt das 10-proz.
Formol, vom Standpunkte der Fixation, die besten Resultate fiir die Magenschleimhaut.
Man verdiinnt also das im Handel vorhandene Formol (das 40-proz. ist) mit 3 Teilen
Wasser. Die kleinen Schleimhautstiickchen, die auf Korkstiickchen fixiert 6ind, ver-
bleiben 24 Stunden in dieser Fixierfliissigkeit. Zum Zwecke einer guten Fixierung und
namentlich fur die Anfertigung von Schnitten ist es unerlaBlich, aie Schleimhaut von
den unter ihr liegenden Schichten zu trennen, was leicht auszufiihren ist.
Darauf werden die Praparate in Paraffin eingeschlossen. Die Schnitte, die sehr
dQnn sein miissen, werden in verschiedener Art gefarbt, je nachdem man das Zellnetz,
die Basalfaden, die Pepsinogengranulationen etc. sichtbar machen will. 1m iibrigen
bemerken wir bei der histologischen Beschreibung die verschiedenen in Anwendung ge-
brachten Farbeverfahren.
Schilderung der Schnitte: Die Schleimhaut des groBen Magenblindsackes
(peptische Region) bietet folgenden Zustand bei der mikroskopischen Untersuchung.
Eine erste Sene von Schnitten ist mit Hamatein gefarbt worden mit der sich anschliefien-
den Farbung mittels sauren Fuchsins (Entfarbung mit Pikrinsaure) nach der A It m ann-
schen Methode. Bei der Untersuchung der Drfisen- und Zelltopographie: Die 2 Zell-
arten (Haupt- und Randzellen) sind mcht gewuchert. Man findet keine Kernmitosen.
Zwischen den Driisen findet man keinen Leukocytenandrang und keine Zeichen einer
Tatigkeit fixer Zellen. An der Oberflache der Schleimhaut, zwischen dem Driisenhals und
dem Oberflachenepithel findet man einige erweiterte Epithelien, die rote Blutkorperchen
enthalten. In derselben Gegend findet man geringe bindegewebige Verdickung.
Die Untersuchung der feineren Struktur der Zellen, die an demselben Schnitte
mittels Immersionslinse ausgefiihrt wurde, zeigt folgende Einzelheiten: Die groBe Mehr-
zahl der Randzellen ist intakt; die Kerne sind normal; die acidophilen Granulationen
des Cytoplasmas gut gefarbt In der Umgebung des Kernes finaet sich ein kleiner,
heller, zentraler Raum (Fig. 14), das Ergebnis der Anhaufung der Zellgranulationen an
der Peripherie.
Andererseits finden sich in einer Anzahl mikroskopischer Gesichtsfelder (nicht in
alien) einige vakuolisierte Randzellen, die im grofien und ganzen ein grofies Reticulum
dargjtellen. Nahe an der Oberflache sind diese gefensterten Zellen zahlreicher und bilden
eine iibrigens unterbrochene einzigartige Zellsdiicht. In den Vakuolen dieser Rand¬
zellen sient man recht deutlich Spirillen, die mittels sauren Fuchsins lebhaft rot gefarbt
sind (Fig. 15).
Die Hauptzellen zeigen ein Reticulum mit triibem Maschenwerk, durch Hamatein
schwach violett gefarbt. Die Basalportion dieser Zellen, ebenfalls mit Hamatein gefarbt,
ist kaum angedeutet; dieselbe ist zu einem sehr diinnen violetten Streifen reduziert.
Die auBere Portion wird von einem langlichen Kettchen acidophiler Granulationen
durchsetzt, die sehr wohl in vielen Zellen sichtbar sind. Von seiten des Kernes ist
nichts zu bemerken.
An einer anderen Serie von Schnitten, die mittels Safranin gefarbt und durch
saures Violett entfarbt sind, sieht man, daB die Hauptzellen von dicken Pepsinogen¬
granulationen durchsetzt sind.
Hund No. 4, 13 kg schwer.
1. Jan. 1903. Der Magensaft wird nach einem Probefruhstiick (1 Tag vorher
hatten die Tiere immer gefastet) entnommen; nach der Methode Hayem-Winter
werden folgende Werte erzielt:
Gesamtsaure (A) = 165 T
Freie Salzsaure (H) =0 p =2,31
Organisch gebundenes Chlor (C) = 206 a_H
Gesamtchlor (T) = 366 —p— = 0,80
Fixes Chlor (F) =158 u
T
F = 2 > 31
= 0,80
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An demselben Tage werden demselben subkutan 45 ccm Serum (vom 31. Dez.
1902) von der Ziege No. 2 eingeapritzt. In den folgenden Tagen grofie lokale Schwellung.
18. Jan. Subkutane Einspritzung von 75 ccm Serum (vom 16. Jan.) von der-
selben Ziege. Obwohl das Serum sehr sauber aufgefangen und aufbewahrt wurde
(dasselbe ist sehr klar), tritt in den folgenden Tagen ein Abscefi auf, der incidiert und
gewaschen werden mufite. Das Tier zeigt keine Anomalie von seiten dee Magens.
25. Jan. Subkutane Einspritzung von 60 ccm Serum (vom 23. Jan.) von der-
selben Ziege. Dem Serum sind 0,5 Kreosot zugesetzt worden, die mit einigen Tropfen
Alkohol und destilliertem Waeser vermischt wurden. Keine Eiterung in den darauf-
folgenden Tagen.
8. Febr. Subkutane Einspritzung von 70 ccm eines Gemisches gleicher Teile von
den Ziegen No. 2 und 3 gelieferten Serums (vom 6. Febr.).
13. Febr. Das Tier bietet nichts Besonderes von seiten seines Magens. Die
Analyse dee Magensaftes gibt folgende Besultate:
Gesamtsaure (A) = 146
Freie Salzsaure (H) = 0
Organisch gebundenes Chlor (C) = 118
Gesamtchlor (T) = 360
Fixes Chlor (F) = 248
Hund No. 5, 12 kg schwer.
15. Marz 1903. Entnahme des Magensaftes nach Probefriihstuck. Die Analyse
(Hayem-Winter) gibt folgende Werte:
Gesamtsaure (A) = 292 Gesamtchlor (T) = 408
Freie Salzsaure (H) = 0 Fixes Chlor (F) = 182
Organisch gebundenes Chlor (C) = 226
An demselben Tage Einspritzung von 50 ccm Serum vom 13. Marz (Mischung
gleicher Teile Serums von den Ziegen No. 2 und 3).
21. Marz. Einspritzung von 50 ccm gleichen Gemenges. In den folgenden Tagen
Abscefibildung.
3. April. Subkutane Einspritzung von 32 ccm Serum (Mischung vom 1. April).
14. April. Das Tier zeigt nicht die geringsten gastrischen Symptome. Trotzdem
wird der Magensaft analysiert mit folgendem Ergebnis:
Gesamtsaure (A) = 215 Chlorhydrie (H + C) = 153
Freie Salzsaure (H) = 14 Gesamtchlor (T) = 357
Organisch gebundenes Chlor (C) = 139 Fixes Chlor (F) = 204
Eine neuerliche Analyse, die nacn 10 Tagen gemacht wird, zeigt beinahe dies el ben
Werte.
Vorderhand ziehen wir keinerlei Schlufi aus den bisher raitgeteilten
Versuchen, in welchen die Einspritzungen des Serums in das Unterhaut-
zellgewebe stattgefnnden haben. Wir behalten es uns vor, darauf zurflck-
zukommen, nachdem wir unsere s&mtlichen Versuche an Hunden ge-
schildert haben werden, indem wir es versuchen wollen, die sich hieraus
ergebenden Schlflsse zusammenzufassen. Vorderhand bemerken wir,
dafi die ersten Versuche mit unserem subkutan einverleibten Serum uns
daran denken liefien, dafi wir es mit einem wenig wirksamen Produkt
zu tun h&tten. AUein, wie sp&ter gezeigt werden wird, haben die an
Hunden gemachten intravenosen Einspritzungen unseren diesbezflglichen
Standpunkt ganz und gar ge&ndert.
T
p — 1*44
A-H
—q- = 1,30
Intravenbse Einspritzungen von gastrotoxischem
Serum. Noch vor der Vornahme der Versuche hieJJ es sich darQber
GewiBheit zu verschaffen, wie normales Blutserum von Ziegen auf Hunde
nach intravenOser Einspritzung zu wirken im stande sei.
versuche sind also ebenfalls angestellt worden.
IntravenOse Einspritzung von normalem Serum. Dies9r
Versuch ist an zahlreichen Tieren ausgefQhrt worden, von denen wir
nur zwei anftthren wollen.
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Theohari u. Babes, Deber ein gastrotoxisches Serum etc.
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Hund No. 6, 15 kg schwer.
19. Nov. 1902. Intravenose Einspritzung von 60 ccm normalem Ziegenblutserum.
Das Tier zeigt keinerlei Erscheinungen, weder bald noch spater.
Hund No. 7, 7 kg 500 g schwer.
19. Nov. 1902. In die Jugularvene werden 40 ccm von einer normalen Ziege
stammendee Serum eingespritzt. Keinerlei Erscheinungen, weder bald nach der Ein-
spritzung noch spater. Der Hund ist lustig und befinaet sich wohL
Nun wollen wir diejenigen Beobachtungen schildern, die wir an den
Hunden gemacht haben, denen gastrotoxisches Serum in die Venen ein¬
gespritzt wurde. Die Einspritzungen lassen sich sehr leicht in die
Jugularis machen nach vorheriger Rasierung der seitlichen und unteren
Halsregion.
Einspritzungen von starken Dosen aktiven Serums.
Die intravendsen Einspritzungen mit massiven oder geringeren Dosen
dienten uns nicht nur zur Feststellung der Eigenschaften des gastro-
toxischen Serums, sondern auch urn ann&hernd den Grad der Wirksam-
keit des Serums zu verschiedenen Zeitabschnitten festzustellen.
Hund No. 8, 14 kg 500 g Bchwer.
23. Nov. 1902. In die Jugularvene werden 60 ccm von der Ziege No. 2 (vom
16. Nov.) gelieferten Serums eingespritzt Schon wahrend der Einspritzung ist das Tier
aufgereflrt und kann sich nicht mehr auf den Beinen halten; es fallt auf die Seite,
wahrend die Extremitaten inkoordinierte Bewegungen machen. Nach 2—3 Minuten
tritt an die Stelle der Aufgeregtheit ein subkomatoser Zustand. Das Tier atmet tief,
beechJeunigt, krampfartig. Konjunktivalreflex ist nicht mehr vorhanden. Die Atmung
wird iinmer langsamer, so dafl das Tier 10—15 Minuten nach der Einspritzung verendet.
Sektion: Der Magen wird sofort gedffnet, von dem Stiicke fur die histologische
Untersuchung entnommen werden.
Makroskopisch zeigt die Schleimhaut des Magens eine starke Kongestion. Dieselbe
ist blaulichrot oder wie dunkelroter Wein. Dieselbe Farbung trifft man an der Schleim-
haut des Diinndarms. Keine dergleichen Hyperamie in irgena einem der inneren Organe.
Hi stologische Untersuchung: An der Oberflache der Schleimhaut erweiterte
Kapillaren, die mit roten Blutkorperchen gefiillt sind. Die Hauptzellen zeigen einen
wohlerhaltenen Kern. Das cvtoplasmasche Reticulum ist in der ganzen Ausdehnung
der ZelJe sichtbar; der Mascnemnhalt ist hell; es finden sich nur Spuren von Basal-
faden. Mittels safraninsaurem Violett wird festgestellt, dafi die Hauptzellen kein Pepsin¬
ogen enthalten.
Die Randzellen sind auf den ersten Blick durch saures Fuchsin ungleichmafiig
gefarbt. Viele Zellen zeigen normale acidophile Granulationen (Fig. 6). In anderen
Zellen sind die Granulationen wie verwischt. Das Cytoplasms zeigt ein homogenes
rosafarbiges Aussehen; auf diesem Grunde heben sich aie Granulationen ab, die einen
gut, die anderen schlecht gefarbt.
Diese Alteration des Cytoplasmas der Randzellen sieht man uberail an der Ober¬
flache der Schleimhaut. Daselbst finden sich auch viele Randzellen mit normalem
Kern, wahrend andere modifizierte Kerne aufweisen (Fig. 6). Der Kern ist abgeplattet
oder langlich oder aber erinnert derselbe in einigen Zellen an eine Sternform. Das
Aussehen des Kernes ist durchaus homogen (Fig. 6), indem er durch Hamatein im
ganzen dunkelblau gefarbt wird. Die Kerne der Randzellen, die gleichfalls als struktur-
loee Masse erscheinen, zeigen eine Vorliebe fiir saures Fuchsin, aas ihnen eine dunkel-
rote Farbe (Fig. 10 u. 11) verleiht.
In den um die Kapillaren befindlichen Driisen sieht man keine Leukocyten.
Hund No. 9, 15 kg 500 g schwer.
29. Nov. 1902. Intravenose Einspritzung von 60 ccm Serum (vom 28. Nov.) von
der Ziege No. 2. Nachdem er losgelassen wird, versucht derselbe sich aufzurichten,
allein er schwankt und fallt auf die Seite.
Das Tier ist etwas aufgeregt, verfallt dann in Koma mit tiefer, beschleunigter,
unregeimaSiger Atmung. Wie das vorige verendet auch dieses Tier 10—15 Minuten
nach der Einspritzung.
Sektion: Bedeutende Hyperamie des Magens mit Blaulichfarbung der Schleim-
haut. An manchen Stellen des groQen Blindsackes starker gefarbte, rote Plaques. Die¬
selbe Farbung findet sich an der Schleimhaut des Diinndarms.
Die histologische Untersuchung liefert neben einigen Abweichungen die-
selben Resultate wie beim Hunde No. 8. Dieselbe Erweiterung der Kapillaren, namentlich
an der Oberflache der Schleimhaut. Dieselbe (morphologische) Integritat des Kernes
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der HauptzeLlen. Sie haben in diesem Falle eine wenig lebensf&hige Basalportion, was
durch einen dunnen blaulichen Streifen angedeutet ist; andere Zellen zeigen nur auf
das ganze Cytoplasma sich erstreckende Reticulum.
Die zum grofien Teil normal erscheinenden Randzellen zeigen besonders an der
Oberflache eine Art Aufloaung der acidophilen Granulationen mit homogenem rosigen
Grunde, woselbst die mehr oder minder gut gefarbten Granulationen aichtbar sind.
Eine gewisse Anzahl von Zellen zeigt das oben beschriebene homogene Aussehen. Diese
Kerne sind haufig verlangert, wurstformig.
Die Einspritzungen von groBen Dosen gastrotoxischen Serums ver-
anlassen den blitzartig auftretenden Tod des Hundes, genau so wie ein
allgemeines starkes Gift. Schw&chere Dosen dieses Serums verursachen
deutliche Erscheinungen von seiten des Verdauungsrohres. Indem die
Giftigkeit des Serums w&hrend der 10 Versuchsmonate in weiten Grenzen
schwankt, war dasselbe manchmal sehr giftig und ein anderes Mai
schw&cher. Es ist hieraus ersichtlich, daB wir manchmal beobachten
konnten, wie 5 ccm einen raschen Tod zur Folge hatten, wfihrend wir
ein anderes Mai mehr als 20 ccm einzuspritzen vermochten. Es ist
dies der Grund, warum wir so zahlreiche Versuche gemacht haben.
Einspritzung geringerer Dosen aktiven Serums.
Hund No. 10, 15 kg schwer.
1. Dez. 1902. Intravenose Einspritzung von 15 ccm Serum [vom 28. Nov. 1 ))
von der Ziege No. 2. Wahrend derselbe losgelost wird, beginnt reichliches Erbrechen.
Das zu Begmn aus genossener Nahrung bestehende Erbrechen wird dann schleimig.
Zu gleicher Zeit hat aas Tier eine normal aussehende Darmentleerung. Nach einigen
Minuten ist das Tier nicht mehr im stande, sich aufrecht zu erhalten; dasselbe schwankt
und fallt auf die Seite. Der Hund ist sehr niedergeschlagen und nicht im stande, sich
von einer Stelle zur anderen zu bewegen. Er jammert, was wohl auf Schmerzen zuriick-
zufiihren ist. An der Bauch wand bemerkt man starke peristaltische Bewegung der
Darmbchlingen, die sich der Reihe nach abzeichnen. Es folgen fliissige Darmentleerungen.
Etwa y / 4 Stunden nach der Einspritzung hat das Tier sicn ein wenig erholt; dasselbe
ist nicht mehr so niedergeschlagen und richtet den Kopf in die Hohe, wenn es gerufen
wird. 2 V f Stunden nach der Einspritzung sind die diarrhoischen Darmentleerungen
mit Blut vermischt; das Tier verliert groBe Mengen hellroten Blutee. Der Hund wird
3 7* Stunden nach der Einspritzung geopfert, indem derselbe infolge der Darmblutungen
hypothermisch und dem Verenden nahe ist
Bei der Sektion findet sich eine starke Kongestion der Magenschleimhaut, die
lilafarbig ist, ohne daB extravasiertes Blut im Magen angetroffen worden ware. Die
Pylorusregion bietet kein hyperamisches Aussehen.
Die Schleimhaut des Diinndarms zeigt in samtlichen Schlingen starke Kongestion.
An der Oberflache der Schleimhaut findet sich Schleim und viel extravasiertes, zum
Teil geronnenes Blut.
Die Schleimhaut des Dickdarms hat normale Farbung bewahrt und ebenso die
dem Dickdarm zugewendete Flache der Ileocokalklappe. Umgekehrt zeigt die dem
Dunndarm zugekenrte Flache der Klappe Hyperamie, genau so wie die Schleimhaut
dieses Darmabschnittes.
Die histologische Untersuchung der Schleimhaut des grofien Blindsackes
zeigt, daB nur eine kleine Anzahl von Zellen Strukturanderungen beherbergen. Ebenso
bieten eine bestimmte Anzahl Hauptzellen ein Cytoplasma samt Reticulum ohne Basal-
teil und mit wohlerhaltenem Kern. Namentlich ist dies an der Oberflache der Fall.
In der Tiefe der Schleimhaut zeigen die Hauptzellen einen Basalteil, nur ist derselbe
recht diinn. Der Mascheninhalt ist getriibt; mittels Safranin und saurem Violett wird
ersichtlich, daB die Maschen pepsinogenhaltig sind, wahrend dies in der oberen Region
der Schleimhaut nicht der Fall ist.
Eine bestimmte Anzahl von Randzellen, stets an der Oberflache, sind stark gefarbt,
andere hinwieder sind blaB. Bei starker YergrfiBerung wird man sich daruber klar,
daB die Granulationen wie verwischt sind. In denselben Zellen haben die Kerne ihre
Form bew^rt, nur sind sie homogen und haben eine stark dunkle Farbung — ein
Mittelstadium zwischen Hamatein- und saurer Fuchsinfarbung.
1) In der Vereuchsgeschichte der Ziege No. 2 iibersahen wir die Blutentnahme
vom 28. Nov. zu notieren; das von diesem Datum stammende Serum wurde von uns
zu mehreren Versuchen verwendet.
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Theohari a. Babes, Ueber ein g&strotoxisches Serum etc.
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In der Tiefe der Schleimhaut gibt es nur eine geringe Anz&hl von Zellen, die die
beschriebenen Veranderungen aufweisen. Die iibrigen Zellen zeigen einen hellen Zentral-
raum in der Umgebung des Kernes mit Anhaufung der Granulationen an die Peripherie.
Die Kapillaren sind an der Schleimhautoberflache erweitert und mit Blut erfullt.
Hand No. 11, 9 kg schwer.
6. Dez. 1902. In die Jugularis werden 9 ccm Serum (vom 28. Nov.) von der
Ziege No. 2 eingespritzt. Gleich darauf kr&rapfhaftes Erbrechen, urspriinglich von
Nahrungsresten, spater von rosig gefarbtem Schleim. Das Tier ist niedergescMagen und
fallt auf die Seite. Es folgen diarrhoische Darmentleerungen, die immer schleimiger
werden. Etwa 2 Stunden nach der Einspritzung Auftreten einer betrachtlichen Darm-
blutung, die sich mehrere Male wiederhoit. Etwas kiirzer ala 4 Stunden nach der Ein¬
spritzung ist das Tier tot.
Bei der Sektion findet man wenig rosig gefarbten Schleim im Magen mit Kon-
gestion der Schleimhaut des grofien Magenblindsackes. Hortensiafarbige Hyperamie
aer Schleimhaut dea Dunndarms bis zur lleocokalklappe. Die Schleimhaut des Dick-
darms zeigt Normalfarbung. In Anbetracht dessen, daB die Sektion erst mehrere Stunden
nach dem Tode gemacht worden ist, verzichteten wir diesmal auf die histologische
Untersuchung.
Hund No. 12, 15 kg schwer.
30. Jan. 1903. Intravenose Einspritzung von 20 ccm Serum (vom 23. Jan.,
Ziege No. 2). Schon wahrend der Einspritzung deutet sich Erbrechen an, das sich
gleich nach der Loslassung auch einstellt. Das Tier kann sich nicht aufrecht erhalten,
fallt um und ist sehr nieaergeschlagen. Auftreten von Diarrhoe, nach etwa 2 Stunden
geht reines Blut ab. Die Darmblutung dauert fort. 6 Stunden nach der Einspritzung
wird das Tier geopfert.
Bei der Sektion werden Stiickchen aus der Magen- und Darmschleimhaut rasch
fiir die histologische Untersuchung entnommen.
Makroskopisch ist die Schleimhaut des groBen Magenblindsackes stark gerotet.
Im Magen findet sich etwas extravasiertes Blut. Im Darm findet sich eine sehr groBe
Menge Blut. Nach vorangegangener Waschung sieht man, daB die Schleimhaut des
Dunndarms bis zur lleocokalklappe lebhaft rot gefarbt ist.
Die histologische Untersuchung der peptischen Region des Magens liefert
folgende Resultate: Man findet eine auBerordentlich starke Hyperamie. Samtliche
Kapillaren sind erweitert, an manchen Stellen zerrissen und mit Blut vollgestopft.
Durch die Kapillarenerweiterung scheinen die Drusenacini voneinander dissoziiert Das-
selbe Bild findet man im ganzen Durchschnitt der Mucosa, nicht nur, wie in den
frfiher beschriebenen Fallen, an der Oberflache.
Die RandzelJen (Fig. 8) sind mittels saurem Fuchsin sehr ungleichmafiig gefarbt:
Die einen sind stark rot, die anderen nur schwach rosa, nur daB m alien die Granu¬
lationen verwischt oder aufgelost sind, mit voller Aufgabe ihrer Individualist. In
manchen Zellen sieht man, wie auf farbigem Grunde sich einige Granulationen abheben.
Andere Zellen hinwieder zeigen ein durcn saures Fuchsin gleichmaBig gefarbtes Cyto-
plasma.
In vielen Randzellen (Fig. 8) finden sich Spirillen, die leicht durch ihre starke
Farbung auffallen.
Eine gewisse Anzahl Kerne sind in den Randzellen wohlerhalten: Sie zeigen ein
Kernreticulum und Chromatingranulationen. AUein die Mehrzahl der Kerne, ob in
ihrer ureprtinglichen Form oder nicht, zeigen ein homogenes Aussehen; sie sind stark
gefarbt und zeigen eine Zwischenstufe zwischen dem Rot des Fuchsins und dem Blau
aes Hamateins. Vorherrschend aber ist das Rot des sauren Fuchsins.
Die Hauptzellen zeigen keine Spuren von Basalfaden, sondern nur ein Reticulum
mit hellem Mascheninhalt. Mittels Safranin und saurem Violett sind keine Pepsinogen-
granulationen nachweisbar. Die Kerne der Hauptzellen zeigen keine merkliche Aenderung.
Die Schleimhaut des Dunndarms zeigt stark erweiterte, blutgefiillte Kapillaren;
in der Gegend der Zotten finden sich zahlreiche Kapillarenrisse. In der ganzen Dicke
der Schleimhaut sind aufieret zahlreiche mononukleare Leukocyten vorhanden; nur sehr
wenige sind polynuklear; an manchen Stellen bemerkt man eosinophile Zellen. An
vielen Stellen zeigt das Epithel einen deutlich gestreiften Rand. Andere Zellen ent-
halten weite Vakuolen mit hellem Inhalt. Die in vielen Zellen normalen Kerne haben
ein homogenes Aussehen; das Hamatein verleiht ihnen eine dunkelblaue Farbe, allein
ohne daB es moglich ware, die Einzelheiten des Kernbaues zu unterscheiden.
Eine Zeitlang verwendeten wir zu unseren Versuchen ein Gemisch
gleicher Teile der von unseren beiden Ziegen (No. 2 und No. 3) ge-
Ueferten Sera. Sp&ter benutzten wir von neuem nur das von der Ziege
Erste Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 6. 43
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVm. Heft 6.
No. 2 stammende Serum. Wir geben hier in der Folge der gemachten
Versuche die mit den anderen intravenfisen Einspritzungen erzielten
Resultate. Auf diese Weise befinden wir uns vor einer so ansehnlichen
Reihe von Tatsachen, die die Wirksamkeit unseres gastrotoxischen Serums
fiber alien Zweifel setzen.
Hund No. 13, 14 kg 600 g schwer.
7. Febr. 1903. In aie Jupilaris werden 24ccm Serum (Mischung vom 6. Febr.)
eingespritzt. Nach der Einspritzung befindet sich das Tier unwohl. Feste Darment-
leerung. Erbrechen der genossenen Nahrung. Auftreten von immer fiiissigeren, blut-
gefarbten Diarrhoen. SchlieHlich entleert sich durch den Darm nur noch reines Blut.
Auf der Seite liegend, mit Hypothermie, verendet der Hund etwa 10 Stunden nach der
Einspritzung.
Bei der erst am nachsten Morgen gemachten Sektion finden wir die bereits ce-
schilderte Kongestion an der Magen- und Dunndarmschleimhaut, die mit einer grotten
Masse Blut gefullt sind. Nichts in den iibrigen Organen.
Hund No. 14, 12 kg 500 g schwer.
12. Febr. 1903. Intravenose Einspritzung von 20 ccm eines Gemisches beider
Sera (Ziege No. 2 und 3, Blotentnahme vom 6. Febr.). Gleich nach der Einspritzung
reichliche Harnentleerung, wie dies iibrigens stets und bei samtlichen Versuchstieren
beobachtet wurde. Wir Demerken dies nur nebenbei, weil es schliefilich ohne grofle
Bedeutung ist.
Einige Minuten, nachdem die Einspritzung in die Venen eingedrungen ist, Auf¬
treten von reichlichem Erbrechen. An aer Bauch wand zeichnen sich die Darmschlingeii
ab, die starke Bewegungen ausfiihren. Es stellt sich dann blutige Diarrhde ein, die
sich bald in reine Blutergiisse umwandelt Das Tier ist 8 Stunden nach der Ein-
spritzung agonisch, dasselbe wird geopfert, um histologisch vorwurfslose Praparate zu
erzielen.
Bei der Sektion findet man im Innern des Magens ein wenig mit Schleim ver-
mischtes Blut Die stark kongestionierte Schleimhaut des grofien Blindsackes ist dunkel-
rot. An einigen Stellen sieht man schwarze Flecken (hamorrhagische Ergiisse). Die
Pylorusschleimhaut zeigt keine Kongestion. Der Dunndarm enthalt grofle Massen Blut
und Schleim. Die lebnaft rot gefarbte Schleimhaut behalt dieses^ Aussehen in ihrer
ganzen Ausdehnung bis zur
Die Schleimhaut des Dickdarms hingegen
zeigt keinerlei Veranderung, ebenso die iibrigen Bauchorgane.
Die histologische Untersuchung liefert Resultate ahnlich jenen, die beim Hunde
No. 12 festgestellt wurden, mit einigen geringen Unterschieden. Die Schleimhaut der
peptischen Region zeigt erweiterte, Dlutgefiillte Kapillaren; es lafit sich dies an der
Gesamtdicke der Schleimhaut nachweisen. Diese erweiterten Kapillaren umgeben von
alien Seiten die Driisenschlauche, die sie voneinander trennen.
Die Randzellen sind durch das saure Fuchsin zum Teil sehr stark gefarbt, zum
Teil sind dieselben etwas blasser. Auf dem farbigen Zellgrund heben sich die ver-
wischten, verstrichenen Granulationen nur schlecht ab. Manche Randzellen sind in
einen homogenen, glasigen, mittels saurem Fuchsin lebhaft rot gefarbten Block um-
f ewandelt. Einige Kerne haben ein normales Aussehen; allein die meisten Randzellen-
erne sind homogen, mittels saurem Fuchsin und Hamatein einformig gefarbt In
vielen dieser homogenen Kerne ist das Rot des sauren Fuchsins vorherrschend.
In einer groften Anzahl von Randzellen finden sich Spirillen, sogar mehr als in
der Schleimhaut des Hundes No. 12. In den der Oberflache benachbarten Randzellen
findet man dicke Bakterien. Es finden sich Spirillen sowohl im Drusenlumen wie in
den Randzellen, aber nie im Innern der Hauptzellen.
Die Hauptzellen zeigen einen anscheinend normalen Kern. Ihr Cytoplasma ist
von einem hellmaschigen Reticulum gebildet; Basalfaden sind nicht vorhanden. Mittels
safraninsaurem Violett uberzeugten wir uns, dali sie Pepsinogen nicht mehr bilden.
Die Pylorusschleimhaut zeigt keine Kapillarenerweiterung. Die Drusenzellen zeigen
nicht die geringste sichtbare Aenderung.
Die Schleimhaut des Diinndarms zei^ allgemeine Kapillarenerweiterung mit Vor-
handensein von ahnlichen mononuklearen Leukocyten und &hnlichen Strukturverande-
rungen, wie sie in Fall No. 12 geschildert wurden.
Hund No. 15, 8 kg 500 g schwer.
14. Febr. 1903. In die Jugularvene werden 5 ccm Serum (Mischung vom 6. Febr.)
eingespritzt. Das Tier beginnt zu erbrechen und ist stark niedergeschlagen; schliefllich
steflt sich blutige Diarrhbe ein. Wahrend der Nacht verendet das Tier, etwa 10 Stunden
nach der Einspritzung.
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Theohari u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc.
675
Bei der am folgenden Tage vorgenommenen Sektion finden wir Selbstverdauung
dee Magens. Trotz alledem erkennt man deutlich die vorhandene Kongestion der
Schleimnaut dee Magene und dee Dunndarms.
Hund No. 16, 16 kg schwer.
15. Febr. 1903. Intravenose Einspritzung von 8 ccm Serum (Mischung vom
6. Febr.). Gleich nach der Einspritzung zeigt das Tier, dae gehungert hatte, schleimiges
Erbrechen. Ee fallt auf die Seite. Darauf folgt blutgemischte Diarrhoe. Dae Blut
wird in geringen Mengen nach auften befordert, allein die Hamorrhagie ist andauemd.
W&hrend der Nacht, etwa 15 Stunden nach dem Eindringen dee Serums in die Vene,
verendet das Tier.
Bei der Sektion finden wir Selbstverdauung dee Magens. Die Schleimhaut dee
Magens und dee Dunndarms ist veilchenfarbig. JLm Dunnaarm findet sich viel Blut,
ebenso im Dickdarm, allein die Schleimhaut des letzteren ist normal und das Blut
stammt ganz bestimmt aus dem Diinndarm. Die iibrigen Bauchorgane sind normal.
Hund No. 17, 15 kg schwer.
5. Marz 1903. Intravenose Einspritzung von 15 ccm Serum (Mischung vom
22. Febr.). Gleich nach der Einspritzung wird aas Tier niedergeschlagen, hat Erbrechen
und flussige Darmentleerung. Spa ter reichliche Blutergiisse. Am folgenden Tage sind
die Darmentleerungen noch immer gefarbt Dae Tier verendet etwa 23 Stunden nach
der Einspritzung.
Bei der Sektion findet man eine aufieret Starke blutige Infiltration, ein grofies, die
Mucosa und die Submucosa dee Magen blindsackes einnehmendes Hamatom. Die Darm-
schleimhaut zeigt die fur gewohnlich beobachteten Kongeetionen und Hamorrhagieen.
Hund No. 18, 14 kg 500 g schwer.
4. April 1903. In die Jugularvene werden 14 ccm Serum (Mischung vom
1. April, zweite Flasche) eingespritzt Alsbald beginnt dae Tier zu schwanken und
zu erbrechen; es fallt auf die Seite, bekommt tiefe, unregelmafiige Atemziige und ver¬
endet 10—15 Minuten nach der Einspritzung.
Bei der Sektion finden wir Veilchenfarbung der Magen- und Dunndarmschleim-
haut, ohne dafi im Innern dieser Organe extravasiertee Blut vorhanden ware.
Hund No. 19, 13 kg schwer.
5. April 1903. Intrave'ndse Einspritzung von 6 ccm Serum (Mischung vom
1. April, zweite Flasche). Das Tier bekommt in der Folge Erbrechen, feste Darment¬
leerungen und ist dann sehr niedergeschlagen. Nach etwa 1 Stunde richtet sich dasselbe
auf und scheint sich zu erholen. Allein es tritt nun blutige Diarrhbe ein, die von
gTofien Darmblutungen gefolgt ist. Das Tier verendet etwa 7 Stunden nach der Serum-
einspritzung.
Bei aer Sektion finden wir das schon mehrfach beschriebene makroskopische
Aussehen.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt die Magenschleimhautverande-
rungen ahnlich jenen, die wir bei den Hunden No. 12 und No. 15 beschrieben haben.
Die Drusenacini sind durch erweiterte, mit roten Blutkdrperchen vollgestopfte Kapillaren
dissoziiert. Die Randzellen sind ungleichmafiig gefarbt. Wenig sichtbare, wie aufgel5ste
Granulationen. Die meisten Zellen haben em homogenes Aussehen und sind stark
gefarbt Zahlreiche Spirillen in den Randzellen.
Die Kerne der Hauptzellen sind wohlerhalten. Die Basalfaden und die Pepsinogen-
granulationen konnten mcht sichtbar gemacht werden.
In der Diinndarm schleimhaut sind die Kapillaren erweitert und zerrissen. Zahl¬
reiche mononukleare Leukocyten. Keine Anomalieen in den iibrigen inneren Organen.
Hund No. 20, 13 kg 500 g schwer.
5. Juni 1903. Intravenose Einspritzung von 10 ccm von der Ziege No. 2
stammendes Serum (Blutentnahme vom 4. Juni). Alsbald auftretendes krampfhaftes
Erbrechen. Das Tier fallt auf die Seite und beginnt tief und unregelmaBig zu atmen.
Nach 10—15 Minuten ist das Tier tot.
Bei der Sektion finden wir eine starke Kongestion der Magen- und Diinndarm-
schleimhaut, aber kein extravasiertes Blut
Hund No. 21, 12 kg 500 g schwer.
10. Juni 1903. In die Jugularvene werden 5 ccm Serum von der Ziege No. 2
(Blutentnahme vom 4. Juni) eingespritzt. Bald nach der Losiassung bekommt das Tier
schleimigee, krampfhaftes Erbrechen und feste Darmentleerung. Das sehr nieder-
geschlagene Tier fallt auf die Seite und verendet nach s /. Stunden ohne aufierlich
sichtbare Darmblutungen. Bei der Sektion finden wir die Magenschleimhaut stark ge-
rotet und ebenso dieienige des Dunndarms. Wenig extravasiertes Blut in der Darm-
hohle.
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Gentralbl. f. B&kt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXYIIL Heft 6.
Wir sind in der Lage, noch andere Versuche anzuffihren, denn nach
jeder Blutentnahme haben wir versucht, die geringste toxische Dose
unseres Serums festzustellen. Indessen glauben wir, dafi das, was wir
bisher mitgeteilt haben, es uns gestatten wird, im gegebenen Augenblick
fiber die Wirkung unseres gastrotoxischen Serums feste Schlfisse zu
ziehen.
Nun wollen wir noch einige unserer Versuche anfflhren, die wir mit
dem Serum der Ziege No. 3 angestellt haben, das, wenn auch minder
toxisch als jenes der Ziege No. 2, uns doch die Mfiglichkeit gab, einige
interessante Tatsachen feststellen zu kfinnen.
Intravenose Einspritzungen von minder toxischem
Serum (Ziege No. 3).
Hund No. 22, 12 kg schwer.
22. Dez. 1902. Intravenose Einspritzung von 55 ccm Serum von der Ziege. No. S
(Blutentnahme vom 21. Dez.). Nichts Auffallendes bald nach der Einspritzung, noch
im Laufe des Tages. Jedoch frifit das Tier nichts in den nachsten Tagen, erbricht
mehrmals am Tage rosaroten Schleim und hat mit geringen Mengen Blut vermischte
Darmentleerungen. Das Tier verendet in der Nacht des 27. Dez., 5 Tage nach der
Einspritzung.
Bei der Sektion finden wir Gastritis und hamorrhagische Enteritis. Die matte
Darmschleimhaut zeigt verdickte Hyperamieflecken. Diese Veranderungen erstrecken
sich nur bis zur Ileocokalklappe, ohne dafi dergleichen an der Schleimhaut des Dick-
darms zu beobachten ware.
Die Sektion konnte erst einige 8tunden nach dem Tode des Tieres vollzogen
werden, so dafi hier auf die histologische Untersuchung der Magenschleimhaut verzichtet
wurde.
Hund No. 23, 16 kg schwer.
17. Jan. 1903. In die Jugularvene werden 40 ccm Serum von der Ziege No. 3
(Blutentnahme vom 16. Jan.) eingespritzt. Das losgeldste Tier scheint niedergeschlagen
zu sein und richtet sich nicht auf; nach einigen Minuten reichliches Erbrechen der ge-
nossenen Nahrung. Etwa 2 Stunden nach der Einspritzung Auftreten von Erbrechen;
die erbrochenen Massen enthalten alteriertes Blut (schwarz gefarbt). Nach 4 Stunden
ist das Tier munter und hat sich scheinbar vollkommen erholt.
IVs Stunden spiiter (4 7, Stunden nach der Einspritzung) werden in die gegenseitige
Jugularvene von neuem 32 ccm des gleichen Serums eingespritzt.
Gleich nach dieser zweiten Einspritzung ist das Tier niedergeschlagen, beginnt ein
wenig zu erbrechen, was aber bald aufhort. 2 1 /, Stunden nach dieser zweiten Ein¬
spritzung ist das Tier noch immer niedergeschlagen. Dasselbe wird geopfert, um die
histologische Untersuchung in guten Verbaltnissen machen zu konnen.
Bei der Sektion findet man eine bedeutende fliissig-schleimige Hypersekretion,
die den Magen und den Dunndarm ausdehnt. Die Magenschleimhaut ist leicht hyper-
amisch; die Kongestion ist etwas starker in der Gegena des Dunndarms, aber nur bis
zur Ileocokalklappe.
Die histologische Untersuchung liefert folgende Ergebnisse: Die Driisenacini zeigen
ein bedeutendes zentrales Lumen (Fig. 4) als Folge der geringen Hohe der Hauptzellen.
Diese haben einen anscheinend normalen Kern, der gegen die Basis der ZeUe verdrangt
und dort angeschmiegt ist. Durch Hamatein und saures Fuchsin lassen sich keine
Basalfaden nachweisen; das die ganze Zelle einnehmende Reticulum zeigt ein Maschen-
werk mit triibem Inhalt. Entlang dem Reticulum und der lnterstitien aer Hauptzellen
sieht man Streifen feiner, acidophiler, mittels saurem Fuchsin rot gefarbter Granulationen.
Mittels safraninsaurem Violett (Fig. 5) wird man sich dariiber klar, dafi die Haupt¬
zellen ganz und gar mit groben Pepsinogengranulationen vollgestopft sind. Die Driisen-
lumina enthalten ebenfalls Massen von Froferment.
Die Randzellen zeigen einen wohl gekennzeichneten hellen Zentralraum. Die
Granulationen sind an der Peripherie angebauft und stark zusammengedrangt. Der
anscheinend normale Kern ist ebenfalls an die Peripherie geschoben.
An manchen Stellen sieht man, wie die Umrisse des stark erweiterten Exkretions-
kanak der Randzelle sich zwischen 2 Hauptzellen einschieben und bis zum Driisenlumen
gelangen.
Einige Randzellen sind verdickt, vakuolisiert und stellen ein Pseudoreticulum dar.
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Theoh&ri u. Babes, Ueber ein gastrotoxisches Serum etc. 677
Aufier einer leichten Kapiliarenerweiterung ist nichts von seiten des Interstitial
gewebes zu bemerken.
Hund No. 24, 12 kg 500 g schwer.
18. Jan. 1903. Intravendse Einspritzung von 35 ccm Serum von der Ziege No. 3
(Blutentnahme vom 16. Jan.). Nach der Injektion folgt schleimiges Erbrechen, da wir
das Tier 1 Tag vorher hungern liefien. Das Tier ist niedergescnlagen und liegt dar-
nieder. Darauf folgt Diarrhoe, die aber kein Blut enthalt. Etwa 5 Stunden nach der
Einspritzung ist am Hunde nichts Krankhaftes zu bemerken.
5 1 /* Stunden nach dieser letzten Serumeinspritzung werden dem Tiere von neuem
25 ccm Serum in die Vene eingespritzt. Das Tier erbricht einigemal und die diarrhoi-
schen Darmentleerungen sind rotlich gefarbt. Es bleibt auf der Seite liegen und atmet
schwer. 7 Stunden nach der ersten und 1 1 / f Stunden nach der zweiten Einspritzung
wird das Tier geopfert.
Die Sektion gestattet uns dieselben Befunde zu verzeichnen, wie sie im vorigen
Falle angetroffen wurden: Sehr bedeutende Hypersekretion, suspendierte Schleim-
kliimpchen enthaltend, die den Magen und den Dunndarm ausfiillen. Leichte Kongestion
der Schleimhaut dieser beiden Organe, besonders im Dunndarm, wahrend dies im Dick-
darm nicht der Fail ist.
Bei der histologischen Untersuchung findet man noch, dafi die Drusen-
lumina sehr erheblich sind, viel grofier als im vorigen Fall. Die etwas niedrigeren
Hauptzellen haben keine Basalfaden; der Inhalt des maschigen Zellnetzes ist getriibt.
Dem Netze entlang finden sich feine Streifen acidophiler Granulationen. Mittels
Safranin und saurem Violett sieht man, dafi die Hauptzellen von pepsinogenen Granu¬
lationen ausgefiillt sind.
Die Randzellen sind (lurch einen dunnen, farbigen King dargestellt, der von den
an die Peripherie gedrangten Granulationen gebildet ist; sie umgeben einen hellen
Zentralraura, der den grofiten Teil der Zelle einnimmt. Der peripherische King ist an
einer Stelle kurz unterbrochen und zwar dort, wo der erweiterte Exkretionskanal
zwischen die Hauptzellen hindurch sich zum Zentrallumen der Druse hinzieht. Der
Kern der Randzellen ist anscheinend kleiner und starker blau gefarbt; er ist gegen die
Peripherie der Zelle gedrangt.
Von den Drusen ist nichts zu bemerken. An der Oberflache der Schleimhaut
findet sich eine wenig ausgesprochene Erweiterung der Kapillaren.
Hund No. 25, 14 kg 600 g schwer.
19. Jan. 1903. Intravenose Einspritzung von 40 ccm Serum (vom 16. Jan.,
Ziege No. 3). Gleich darauf Erbrechen, festen Stuhl, Niedergeschlagenheit. Es folgen
dann diarrhoische Darmentleerungen, die etwas alteriertes Blut enthalten (schwarz).
4 Stunden spater werden von neuem 25 ccm des gleichen Serums eingespritzt. Nach
2 Stunden wird das Tier geopfert.
Bei der Sektion finden sich grofie Fliissigkeits- und Schleimmassen im Magen
und im Dunndarm; die Schleimhaut ist hier rotlich gefarbt. Die histologische Unter¬
suchung zeigt die geringe Hohe der Hauptzellen, die keine Basalfaden aufweisen und
in ihrem Innern (ebenso wie die Driisenlumina) grofie Massen von Proferment enthalten.
Der Kern ist an die Zellbasis angeheftet.
Die Randzellen zeigen einen grofien, hellen Zentralratitn von einem peripherischen,
mittels saurem Fuchsin gefarbten King, wo sich die scheinbar angehauften acidophilen
Granulationen vorfinden.
Wahrend in manchen Randzellen der helle Zentralraum nur klein ist, ist in
anderen die Peripherie kaum durch einen dunnen, gefarbten Streifen angedeutet. Der
ganze Rest der Zelle zeigt ein helles, mittels saurem Fuchsin ungefarbt bleibendes
Aussehen.
Wir wollen nun die Schlfisse ziehen, die sich aus diesen wie den
vorhergehenden Versuchen ergeben, nachdem wir eine nur mSglichst
objektive Schilderung unserer sfimtlichen Feststellungen betreffend das
gastrotoxische Serum gegeben haben.
Vorderhand beschranken wir uns auf die Bemerkung, dafi das von
der Ziege No. 2 stammende Serum L&sionen der Magenzellen veran-
lafite, die leicht zu finden waren, wfthrend der eingespritzte Hund ge-
niigend fiberlebte. Das Serum der Ziege No. 3 veranlaBt, wenn auch
weniger toxisch, eine Hypersekretion, folglich eine sekretorische Reizung
der Magenzellen. Wir nahmen an, dafi, wenn wir Hunden unser von
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Ziegen herrfihrendes Serum — nicht in tbdlichen, sondern in wieder-
holten kleinen Dosen — einspritzen wQrden, wir dabin gelangen dflrften,
bei diesen Tieren chronische Magenl&sionen zu erzeugen. Indem wir
das parallels Studium des Magenchemismus verfolgten, dachten wir, dafi
wir hierdurch zu genaueren Feststellungen gelangen wiirden als unsere
VorgSnger in Betreff der Verbindung zwischen dem histologischen Typus
der Magenschleimhaut und seinem Sekretionsprodukt.
Um dahin zu gelangen, dafi wir mittels unseres Gastrotoxins chro¬
nische Liisionen erzeugen, haben wir an zahlreichen Hunden intravendse
Serumeinspritzungen gemacht, und zwar verwendeten wir das Serum der
Ziegen gesondert Oder aber ein Serum gemisch.
Diese Versuche, die a priori leicht ausfOhrbar schienen, gaben uns
neben einigen positiven Tatsachen zahlreiche Mifierfolge. In der Tat,
wiederholt man die Serumeinspritzungen mit geringen Dosen, so gelangt
man bald zur Angewfihnung. Setzt man die Einspritzungen in derselben
Dosis fort, so zeigt der Hund nicht die geringste klinische Erscheinung
und die Analyse zeigt keinen wichtigen Chemismuswechsel, der es an-
zeigen konnte, dafi eine chronische L&sion des Magens im Anzuge sei.
Man mufi also jedesmal die Serumdosis vergrbfiern. Nun kommt es
aber oft vor, dafi nach geringer Dosissteigerung das Tier Hamorrhagieen
bekoihmt und verendet.
Wenn nun wiederholt intravendse Einspritzungen gemacht werden
sollen, so tritt noch eine andere Schwierigkeit zu Tage. Der Stich der
Jugularis hat immer einen BluterguB zur Folge, der die Gegend immer
anschwellen lfifit, so dafi dann einige Tage erforderlich sind, bis die
Schwellung geschwunden ist. Das n&chste Mai wird die Einspritzung
in die andere Jugularis gemacht. Das dritte Mai aber mufi wieder in
jene Vene eingespritzt werden, die schon zur ersten Einspritzung ge-
dient hat. Hier aber dringt infolge der Anschwellung die Nadel nicht
gleich in die Vene; oft wird ein Teil des Serums in das benachbarte
Gewebe eingespritzt. Trotz aller Asepsie und trotz strengster Anti-
sepsie veranlafit doch das in das Unterhautbindegewebe eingespritzte
gastrotoxische Serum entzfindliches Oedem, oft sogar einen Abscefi.
Die von der lokalen Schwellung umringte Vene ist nach einiger Zeit
gar nicht mehr zu gebrauchen, so dafi an dem betreffenden Tiere weitere
Versuche nicht angestellt werden kdnnen.
Wir wollen nun in chronologischer Reihenfolge eine Anzahl von
Versuchen schildern, die wir zu dem Zwecke anstellten, um so subakute
und chronische Zelll&sionen des Magens zu erzielen.
(Fortsetzung folgt)
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JOrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 679
Nachdruck verboten .
Schwankungen des Aggluticationsvermogens des Blutes
im Verlaufe des Typhus abdominalis.
[Aus dem Statens Seruminstitut in Kopenhagen.]
Klinische und experimentelle Untersuchungen.
Von Axel JOrgensen.
Mit 44 Figuren.
(Fortsetzung und SchluB.)
XXVIII. Valdemar G. H., 18 Jahre alt. Bl. Hosp. 15. Nov. 1901 bis 21. Febr.
1902. Plotzl. krank 5 T. v. Einbr. Stat. typh., Milzschwellung, Roseola, Diarrhde,
22. Nov. Nasenbluten, 24. Nov. biutgemischtes Erbrechen, 3. Dez. in reg. dors. u. an
Nates Furunkel u. zahlr. hamorrhag. Vesikel. 7. Dez. neue Eruption, hamorrhag. Ve-
sikel, zerstreute Pusteln und kleine subkut. Abscesse an Femora und Nates, 18. Dez.
beginnende Besserung trotz andauernder Suppurat., 29. Dez. afebril, Wohlbef., Haut-
affektion stark abnekmend, 20. Jan. Absce£ a. r. Femur, 25. Jan. Incision, 7. Febr. e. 1.
Klin. Diagnose: F. t. Furunculosis, Diathesis haemorrhagica 1. gr.
XXIX. 8vend L. L., 53 Jahre alt. Bl. Hosp. 14. Nov. 1901, starb 11. Dez. 1902.
Prodromen 8 T., dann bettl. 4 T. v. Einbr. Stat. typh., Roseola, Meteorismus, Diar¬
rhde. 24. Nov. starke Schm. in r. Unterextrem., die stark geschwollen, Empfindlichkeit
und Resistenz am V. saph. magn. und in Poples. 1. Dez. klagte iiber unbestimmte
Schm. in der Brust, hustete heute ca. 100 ccm dunkelfarbige, blutige Flussigkeit aus.
. Bei Stethoskopie Ronchi und feuchte Rochellaute in 1. Lunge. Stetnosk. des Herzens
nat., Extrem. unverandert, 8. Dez. hat am letzten Tage grauschwarzes, stark stinkendes
Expektorat ausgehustet. Steth. ergibt leichte Dampfung iiber 1. unt. Lungenlappen,
grofie klangvolle Rochellaute und kavernose Respir., 10. Dez. Cyanose und beg. Tra-
chealrallen. Klin. Diagnose: F. t. Phlebitis fem. d., Infarct, gangraen. pulm. sin.
(Sektion verboten.)
Schon 1897 fand Widal 1 ) die Agglutininstarke im Blute der
Typhuspatienten w&hrend des Verlaufes der Krankheit schwingend. In
demselben Jahre teilte Courmont 2 3 * * * * ) eine Reihe graphisch dargestellter
Schwingungsbestimmungen bei Typhuspatienten mit und 3 Jahre sp&ter
eine neue gr5Bere Reihe von Kurven 8 ).
Trotz der unvollkommenen Technik, die eine oft starke Ungleich-
heit im Steigen und Fallen der Kurven bewirkte, hat Courmont doch
Resultate gewonnen, die in den Grundziigen mit meinen Versuchen
iibereinstimmen: Ein Steigen bis zu einem Maximum und darauf ein
Fallen, bis mOglicherweise ein neues Steigen beginnt
Die Agglutininentwickelung beginnt in den meisten Fallen in der
1. oder zu Anfang der 2. Krankheitswoche, und das Blut erreicht in
der Regel das Maximum der Konzentration in der 3. Woche.
Auf Grund seiner zahlreichen Kurven, die er mit den dazu ge-
1) Widal et Sicard, La mensuration du pouvoir agglutinatif chez les typhiques.
(Presse m4d. 1897.)
2) Courmont, Courbe agglutinante chez les typhiques. (Rev. de m4d. 1897.
1900.)
3) Eine Arbeit iiber denselben Gegenstand:
Iversen, Jul., Ueber die Schwankungen des Agglutinationsvermdgens des
Serums im Verlaufe des Typhus abdominalis (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XLIX. 1905),
sowie eine andere Arbeit iiber Agglutininschwingungen:
Nicolie, Ch., Suites expenences relatives au ph^nomfene de Tagglutination (Ann.
d. lTnst. Pasteur. 1904) erschien erst, nachdem meine Abhandlung auf danisch ver-
offentlicht wurde. Ich habe deshalb dieselbe nicht berucksichtigen kbnnen; iibrigens
scheinen sie in der Hauptsache meine Resultate zu bestatigen.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
horigen Temperaturkurven zusammenstellt, sucht Courmont eine „Sero-
prognostik“ aufzustellen. Er geht davon aus, daB die Bildung von Ag¬
glutinin eine Verteidigungsreaktion des Organismus ist, und glaubt, daB
ein bestimmtes Verhaltnis besteht zwiscben dem Verlaufe der Krankheit
und dem der Agglutininentwickelung.
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 681
Fig. XXIX.
Die Berechtigung dieser Annahme wird von Ffirster 1 ), Kasel
und Mann 2 3 4 5 ) nnd mehreren anderen, znletzt von Jflrgens 8 ) stark be-
stritten. Auch meine 29 Ffille ergeben das Bestehen eines solchen Ver-
h<nisses nicht.
Um inzwischen genauer zu verstehen, was diese Schwingungen
eigentlich bedeuten und was es ist, was w&hrend des Krankbeitsprozesses
vorgeht, mufi man seine Zuflucht zu Versuchen an Tieren nehmen und
dadurch die Bedeutung der einzelnen Faktoren zu erkennen suchen.
Ich werde deshalb im folgenden zuerst meine Untersuchungen dieser
Art mitteiien und danach mit den gewonnenen Resultaten die hier dar-
gestellten Beobachtungen am Krankenbette und deren Bedeutung ffir
Diagnose und Prognose zu beleuchten versuchen.
Kapitel III.
Schon in seinen ersten Arbeiten fiber Immunisierung mit Ricin und
Abrin hat Ehrlich 1 ) darauf aufmerksam gemacht, dafi die Entwicke-
lung der Antistoffe gewissen Schwingungen unterworfen sei, aber erst in
seiner spfiteren Arbeit, die er zusammen mitBrieger 6 ) ausffihrte, ver-
folgt er diese eingehender. Nachdem sie frfiher 6 ) einen Parallelismus
zwischen dem Antitoxingehalt im Blute und in der Milch nachgewiesen
hatten, bestimmten die Autoren den antitoxischen Wert in der Milch
einer gegen Tetanus immunisierten Ziege mit kurzen Zwischenrfiumen
und gaben mit Hilfe dieser Werte die „Tetanusantitoxinkurve“.
Die unmittelbare Folge der Injektion von Toxin in das immuni-
sierte Tier war ein bedeutender Fall der Antitoxin men ge, am 3.—4. Tage
aber begannen die Werte wieder ruhig zu steigen, erreichten am 15. bis
17. Tage ihr Maximum und nahmen dann wieder ab.
In einer Reihe von weit ausffihrlicheren Versuchen an Pferden
wiesen Salomonsen und Madsen 7 ) analoge Verhfiltnisse ffir die
1) FOrster, Quantitative Untersuchungen iiber die agglutinierende und bakteri-
zide Wirkung des Blutserums von Typhuskranken etc. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXIV.
1697.)
2) Kasel und Mann, Beitrage zur Lehre von der Gruber-Widalschen
Serumdiagnoee des Unterleibstyphus. (Miinch. med. Wochenschr. 1899.)
3) Jurgens, Beobachtungen iiber die Widalsche Reaktion und die Mitaggluti-
nation der Typhusbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XLIII. 1903.)
4) Ehrlich, Experimentelle Untersuchungen iiber Immunitat. (Dtsche med.
Wochenschr. 1891.)
5) Brieger und Ehrlich, Beitrage zur Kenntnis der Milch immunisierter Tiere.
(Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XIII. 1893.)
6) Brieger und Ehrlich, Ueber die Uebertragung von Immunitat durch Milch.
(Dtsche med. Wochenschr. 1892.)
7) Salomonsen et Madsen, Recherches sur la marche de l’immunisation active
contre la dipht6rie. (Ann. de l’lnst. Pasteur. 1897 et 1899.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVTIL Heft 6.
Diphtherieantitoxinkurve nach, nur erreicht das Diphtherieantitoxin sein
Maximum am 9.—11. Tage nach der Injektion.
Aehnliche Resultate ergeben Deans 1 ) Versuche.
Untersuchungen dieser Art wurden sp&ter auf andere Antistoffe aus-
gedehnt. So untersuchte Morgenroth 2 ) die Bildung von Antilab-
ferment nach der Injektion von Labferment in Ziegen. Er fand &hn-
liche Schwingungen wie bei Tetanus und Diphtherie, beobachtete aber
keinen Fall nach der Injektion in immunisierte Tiere, und der Antistoff
erreichte sein Maximum schon am 3. Tage nach der Injektion.
Sp&ter hat Bulloch 3 ) sich mit HSmolysin beschaftigt; hier beginnt
die Entwickelung kritisch am 4. Tage nach der Injektion (von Ochsen-
blut in Eaninchen). Unmittelbar nach der Einspritzung in immunisierte
Tiere wurde ein starkes Fallen beobachtet.
Die Botulismus - Antitoxinkurve — studiert und dargestellt von
Forssman und LundstrQm 4 ) — gleicht den anderen Kurven sehr,
und in der allerneuesten Zeit hat v. Dungern 5 ) nachgewiesen, daB es
sich mit der Prazipitinbildung ahnlich verh<.
Was nun endlich die Bakterienantistoffe betriift, so hatten schon
1898 Pfeiffer und Marx 6 ) sich darait in ihrer bedeutnngsvollen
Arbeit „Die Bildungsstatte der Choleraschutzstoffe“ beschaftigt. Die
Autoren geben an, daB der praventive Stoff sich im Blute von Meer-
schweinchen frflhestens am 3. Tage nach der Injektion (intraperitoneal)
von Cholerakultur zeigte, dann aber rasch stieg bis zum 8. Tage, um
darauf langsam wieder zu verschwinden — und daB ahnliche Verhait-
nisse fflr Agglutinin gelten. Entsprechende Schwingungen fand Ladis-
laus Deutsch 7 ) fiir Typhusagglutinin und „Pouvoir pr6ventif u und
zwischen diesen beiden Antistoffen einen ausgesprochenen Parallelism us.
Diese Beobachtungen bekraftigten sich spater — auch fflr eine An-
zahl von Antistoffen anderer Mikroben — durch Untersuchungen von
Levy und Bruns 8 ) (B. typhi), v. Emden 9 ) (B. aerogenes),
Jatta 1 °) (B. typhi), Goldberg ll ) (B. dysent.), Wright 12 ), Neu-
feld 13 ) (Pneumoc.) und Levin 14 ) (B. coli).
1) Dean, Problemes of diphtheria immunity. (Transact, of the pathol. soc. of
London. 1900.)
2) Morgenroth, Ueber den Antikorper des Labenzyms. (Centralbl f. Bakt etc.
Bd. XXVI. 1899.)
3) Bulloch, On the nature of haemolysis and its relation to bacteriolysis. (Trans¬
act. of the pathol. soc. of London. 1901.)
4) Forssman et Lundstrom, Sur la marche de la courbe d’antitoxine dans
Timmunisation active contre le botulisme. (Ann. de PInst. Pasteur. 1902.)
5) v. Dungern, Die Antikorper. Jena 1903.
6) Pfeiffer und Marx, Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXVII. 1898.)
7) Deutsch, Contribution h l’6tude de Porigine des anticorps typhiques. (Ann.
de Plnst. Pasteur. 1899.)
8) Levy und Bruns, Beitrage zur Lehre der Agglutination. (Berl. klin. Wochen-
schr. 1897.)
9) v. Emden, Ueber die Bildungsstatte der agglutinierenden Bubstanzen bei der
Infektion mit Bacillus aerogenes. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXX. 1899.)
10) Jatta, Experiinentelle Untersuchungen iiber die Agglutination des Typhusbacillus
und der Mikroorganismen der Coli-Gruppe. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XXXIII. 1900.)
11) Goldberg, Die Agglutinationsreaktion bei Infektionen verschiedenen Grades.
(Centralbl. f. Bakt" etc. Bd. XXX. 1901.)
12) Wright, On the changes effected by antityphoid inoculation in the bacteri¬
cidal power of the blood. (The Lancet. 1901.)
13) Neufeld, Ueber die Agglutination der Pneumokokken und fiber die Theorieen
der Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XL. 1902.)
14) Levin, Coliagglutinins ana their course of formation. (Festkrift vedIndvielsen
&f Statens Seruminstitut. 1902.)
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des BLutes etc. 033
Die erste Arbeit, die sich nach einer genauen Methode mit den
Schwingungen der Agglutinine im Blute besch&ftigt hat und diesen
Schwingungen von Tag zu Tag folgte, ist die obenerwfihnte von Jor¬
gensen und Madsen 1 ).
Im folgenden Abschnitt, der die Untersuchungen fiber die Agglu-
tininschwingungen im Blute von Kaninchen und Ziegen, die mit Injek-
tionen von Bakterienkulturen behandelt wurden, umfafit, habe ich mein
Material so geordnet, daB ich 1) die Schwingungen nach einer einzelnen
Injektion, dann 2) nach mehreren aufeinander folgenden Injektionen der-
selben Kultur und endlich 3) nach gleichzeitigen oder einander folgen-
Kaninchen. Injektion von 1 ccm 24 Stunden alter Kultur von B. typli. Am
23. Versuchstage Injektion derselben Dosis und ca. 11‘/ 2 Monate spit ter wieder dieselbe
Dosis.
1) JSrgensen und Madsen, 1. c.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXX V ill. Heft 6.
den Injektionen von Kulturen verschiedener Bakterienformen (B. typh.
und B. coli) behandle.
Die Untersuchungen fiber die Schwingungen der Agglutininent-
wickelung nach Einzelinjektionen sind an Ziegen und Kaninchen vorge-
nommen worden, teils an ganz frischen Tieren, teils an solchen, die
frtther gegen denselben Mikroben immunisiert worden waren. Bei
diesen Versuchen sowie bei alien folgenden wurden die Kultnren den
Kaninchen intraperitoneal, den Ziegen subkutan eingespritzt.
Untersuchungen dieser Art wurden in recht grofier Anzahl und
mit gleichartigem Resultate ausgefflhrt. Beispiele zeigen Fig. 1—5.
Die Kurve von Fig. 2 repr&sentiert ein Kaninchen, das am 23. Ok-
tober 1902 1 ccm gekochte, 24 Stunden alte Typhusbouillonkultur er-
hielt Das Serum, das unmittelbar vor der Injektion und in den beiden
folgenden Tagen genommen wurde, enthielt kein Agglutinin 1 )- Der
3. Tag ergibt eine schwache Steigerung, die in den folgenden Tagen
schnell zunimmt, bis das Serum am 10. Tage nach der Injektion seinen
Maximalwert 250 erreicht Darauf folgt ein fortgesetztes Fallen, anfangs
recht schnell, dann best&ndig langsamer abnehmend.
Am 15. November 1902 war der Agglutininwert des Serums auf
136 gefallen und es wurde von neuem 1 ccm derselben gekochten
Typhuskultur in die Peritonealhohle des Kaninchens eingespritzt. Tags
nachher wurde ein geringes Fallen auf 129 beobachtet, aber schon der
folgende Tag liefi den Wert auf 139 steigen. Die Agglutininvermehrung
im Blute beginnt also schon am 2. Tage nach der Injektion und steigt
dann schnell bis zum Maximum am 9. Tage, urn dann kontinuierlich ab-
zunehmen.
Am 25. Oktober 1903 erhielt dasselbe Kaninchen wieder eine In¬
jektion von 1 ccm 24 Stunden alter, gekochter Typhuskultur. Das Tier
war zu diesem Zeitpunkt fast 11 Monate lang nicht zu Versuchen be-
nutzt worden und sein Serum enth< kein nachweisbares Agglutinin.
Die nach dieser Injektion gefundene Kurve gleicht ganz den vorigen.
Daraus ergibt sich also, daB der Verlauf der Agglutininschwingungen
nach einer einzelnen Injektion von Typhuskultur in Kaninchen der
gleiche ist, ob das Tier ganz frisch oder vorher immunisiert worden
ist. und im letzteren Falle, ob das Blut noch Agglutinin enth< oder
nicht.
Der Verlauf bei einem Kaninchen, das auf gleiche Weise mit Kultur
von B. coli behandelt wurde, ist in Fig. 3 dargestellt.
Wir finden hier ganz dieselbe Form der Agglutininwelle: nach einer
Latenzzeit von 2—3 Tagen ein rasches Steigen und dann abnehmendes
Fallen.
Zu dem Versuche in Fig. 4 wurde eine Ziege benutzt, die l&ngere
Zeit hindurch mit V. cholerae immunisiert worden war. Unmittelbar
vor dem Versuche war der Agglutininwert des Serums 4. Nach der
Injektion von 40 ccm 48-stiindiger Kultur von V. cholerae gab die
Agglutininentwickelung im Blute eine Kurve, die vollst&ndig der ffir B.
typh. und B. coli gleicht. Nach der Injektion ein geringes Fallen,
dann aber ein rasches Steigen bis zum 8. Tage und ein kontinuierliches
Fallen.
1) Wenn der Zusatz von 0,3 ccm eines Serums keine makroekopische fieaktion
hervorruft (in V/, ccm Kultur), wird der Agglutininwert dee Serums = 0 berechnet.
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686
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVHI. Heft 6.
2 e /4 20 30 33 34 4* SO M 62 6S
Fig. 4.
Ziege. Injektion von 40 ccm 24 Stunden alter Kultur von V. cholerae. Vom
26. bis zum 61. YersuchBtage tagliche Injektion von 5 ccm 24 Stunden alter Kultur von
V. cholerae.
Vergleichen wir nun diese fflr die 3 Mikroben vollst&ndig flberein-
stimmenden Resultate mit den Angaben frflherer Autoren, sowohl was
die Agglutinine wie auch andere Antistoffe betrifft, so finden wir den-
selben Grundtypus der Kurven, der in 3 Phasen zerffillt: 1) eine kflrzere
oder langere Latenzzeit, 2) ein mehr Oder weniger rasches Steigen bis
zu einem Maximum und 3) ein Fallen, das hastig beginnt und sich dann
gleichmfiBiger und gleichmkfiiger fortsetzt.
Diese groBe Uebereinstimmung in der Entwickelung der verschie-
denen Antistoffe macht es wahrscheinlich, daB fflr sie alle dieselben
Gesetze gelten und daB man bis zu einem gewissen Grade von dem
einen auf den anderen schlieBen darf. Dann aber ist es natflrlich, das
Studium mit den Antistoffen zu beginnen, die, wie Agglutinine, Pr&zipitine
und Hfimolysine, leicht zugflnglich sind und sich in fast unbegrenzter
Serie im Reagenzglase messen lassen und dann spflter auf Basis der
erzielten Resultate mit den Antistoffen fortzufahren, mit denen sich
schwieriger arbeiten l&Bt und deren Bestimmung Tierversuche erfordert.
Die Agglutininkurve gleicht von den Kurven der anderen Antistoffe
am meisten der von Salomonsen und Madsen gefundenen fflr das
Diphtherieantitoxin. Hier wie dort f&llt die groBte Konzentration in der
Regel auf den 9.—12. Tag, am hflufigsten auf den 9., und nur in ganz
vereinzelten Fallen wurde das Maximum schon am 7. oder so spat wie
am 13.—15. Tage nach einer einzelnen Injektion beobachtet. Das
Fallen, das bei immunisierten Tieren unmittelbar nach der Injektion
beobachtet wird und das in der Regel fflr das Diphtherieantitoxin sehr
bedeutend ist, ist in der Agglutininkurve nicht sehr ausgesprochen und
hat sich in einzelnen Fallen flberhaupt nicht nachweisen lassen.
Die 1. Phase, die Latenzzeit, dauerte gewflhnlich 2—3 Tage.
v. Dungern 1 ) will in seinen Untersuchungen fiber Prfizipitinentwicke-
1) v. Dungern, 1. c.
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. (587
lung bei Kaninchen bemerkt haben, daB wiederholte Injektionen die
Latenzzeit verkflrzten, selbst wenn das Prazipitin nach der ersten Dosie-
rung vollstandig aus dem Blute verschwunden war, und diese Annahme
wurde spater von v. Pirquet 1 ) bestatigt
Etwas ahnliches habe ich in meinen Versuchen mit Agglutininen
nicht beobachtet.
Die 2. Phase, die Steigerung, veriauft in der Regel jah, und da
die 3. Phase, das Fallen, meistens ebenso jah beginnt, erscheinen die
Kurven — in dem MaBstabe, in dem sie hier dargestellt sind — in
einer mehr Oder weniger spitzwinkeligen Form.
Dieses anfangliche Fallen kann bisweilen sehr bedeutend sein, so
fiel in einem einzelnen Versuche die Agglutininmenge per Kubikcenti-
meter Serum ira Laufe von 24 Stunden von 6667 auf 1667.
Ab und zu kann das Fallen doch auch schon von Anfang an lang-
sam sein, wie auch die Steigerung bisweilen nur geringfiigig ist von Tag
zu Tag. Diese Verhaitnisse k6nnen gleichzeitig eintreten und wir treffen
dann niedrige Kurven, bei denen der Uebergang von der 2. in die
3. Phase ganz gleichmaBig und abgerundet erscheint.
Salomonsen und Madsen beobachteten bei der Immunisierung
von Pferden mit Diphtherietoxin, daB die wiederholte Injektion derselben
Toxindosis in dasselbe Tier immer niedrigere Antitoxinschwingungen
hervorrief. Dasselbe gilt auch fOr Agglutinine, und der Zeitpunkt, an
dem die Schwachung der Schwingungen beginnt, ist bei den verschie-
denen Tieren hochst verschieden, selbst wenn die Behandlung die gleiche
war. Diese Verschiedenheit der Reaktion bei vollstandig gleich behan-
delten, gleichartigen Tieren beruht auf individuellen Eigentiim-
lichkeiten der Tiere, verschiedenartigen Anlagen, deren Bestehen ja
jetzt eine wohlbekannte Sache ist und die besonders bei der Herstellung
von diphtherieantitoxischem Serum eine groBe praktische Rolle spielen.
Wie bedeutend diese Verschiedenheiten sein konnen, geht deutlich
aus den Kurven in Fig. 5 hervor.
Es handelt sich hier urn 3 Kaninchen desselben Wurfes und von
fast gleichem Gewichte. Die Tiere hatten unter ganz gleichen Verhait-
nissen gelebt und waren gleichzeitig und in genau der gleichen Weise
gegen B. typh. immunisiert worden. 5 Wochen nach der 1. Injektion
hatte das Serum von Kaninchen No. I eine Agglutinationsstarke von
154, von No. II 40 und von No. Ill 8. Genau 1 ccm derselben 24-
stflndigen Typhusbouillonkultur wurde den Tieren zu gleicher Zeit intra-
peritoneal eingespritzt und die Messung samtlicher in der folgenden
Zeit von den 3 Kaninchen genommenen Serumproben wurde beim Ab-
schluB des Versuches an demselben Tage und in derselben Kultur aus-
gefflhrt. Das Maximum tritt fiir alle 3 Tiere ungefahr an demselben
Tage (9.—11.) ein, aber die Konzentration nach der 1. Injektion ist
sehr verschieden. Die hdchsten Werte waren fiir Kaninchen No. I 500,
fiir No. II 1820 und fflr No. Ill 30 und ich bemerke, daB die groBte
Konzentration nicht bei dem Tiere eintrat, das vor der Injektion die
relativ grbBte Menge Agglutinin aufwies.
Ferner l&Bt sich eine sehr verschiedene Reaktion der Kaninchen II
und III bei wiederholten Injektionen feststellen, indem Kaninchen II
nach der 2. Injektion von Kultur (2 ccm) einen bedeutend niedrigeren
1) y. Pirquet und Schick, Zur Theorie der Inkubationszeit. (Wiener klin.
Wochenechr. 1903.)
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688
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Ausschlag gab als nach der
1. (1 ccm), w&hrend die Au-
schl&ge bei Kaninchen III
nach jeder der 3 folgenden
Injektionen grOBer warden.
1st os aber mdglich bei
diesen 3 Tieren, die so gleich-
artig waren, wie sie flberhaupt
zu beschaffen Bind, so ver-
schiedene Reaktionen zu er-
halten in Bezng anf Kraft
und Ausschlag in versehiede-
nen Richtungen, so lehrt uns
das, wie vorsichtig man sein
muB in seinen SchluBfolge-
rungen fiber den EinfluB, den
die injizierte Kulturmenge auf
die Konzentration ausfibt Im
grofien und ganzen gewinnt
man indessen doch den Ein-
druck, dafi unter den gleichen
Umstfinden die grdfiere Dosis
grOBere Ausschlfige gibt.
Bei der bisher ange-
wandten Arbeitsweise wird
dem Organismus eine gewisse
Menge Kultur auf einmal zu-
geffihrt Bei einer Typhus-
infektion (Fbr. typh.) empf&ngt
der Organismus indessen sei¬
nen Giftstoff nicht auf einmal
in einer einzelnen groBeren
Dosis, sondern man mufi sich
vorstellen, daB es sich hier
urn ganz kleine Dosen Toxin
handelt, die der Organismus
aufnimmt, solange die Infek-
tion andauert
Urn daher den wirklichen
Verhaitnissen einer Typhus-
infektion so nahe wie mdglich
zu kommen, wurden Tiere
(2 Ziegen und ein Kanin¬
chen) wfihrend einer lfingeren
Fig. 5.
Kaninchen I, II, III. Injektion
von t ccm 24 Stunden alter Knltur
von B. typh. Am 25. Versuchstage
wurden in II 2 ccm und in IU
1 ccm von derselben 48 Stunden
alten Kultur von B. typh., und am
42. Versuchstage wieder in III 1 ccm
48 Stunden alter Kultur injiziert.
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutmationsvermOgens des Blutes etc. 689
Periode mit tfiglichen Einspritzungen derselben kleinen Dosis Kultur
bebandelt.
Fig. 4, 6 und 7 zeigen die SchwiDgangen wfihrend einer solchen
fortgesetzten Reihe von Einspritzungen.
Das erste Experiment dieser
Art wnrde mit einer Ziege gemacht,
die fiber 2 Jahre lang mit Kulturen
von B. typh. immunisiert gewesen
war. Zu Anfang des Versuches
zeigte das Serum eine Konzentra-
tion von 40. Vom 8. Dezember bis
31. Dezember 1900 wurden t&glich
5 ccm 24-stfindiger Typhuskultur
eingespritzt, im ganzen 120 ccm,
ohne merkbaren Einflufi auf das
Wohlbefinden der Ziege. Wfihrend
der ersten & Tage hielt sich die
Konzentration unverfindert, stieg
dann aber recht schnell bis zum
Maximum 555 am 19. Tage nach
der 1. Injektion. Dann folgte ein
recht jfihes Fallen, obgleich noch
4 Tage lang mit den Injektionen
fortgefahren wurde.
Fig. 4 (2. Kurve) zeigt ein
ganz analoges Experiment mit V.
cholerae. Wir beobachteten hier
vollstfindig entsprechende Resultate.
Das Fallen tritt wfihrend der In¬
jektionen ein und dauert an, trotz-
dem dieselben 18 Tage, nachdem
das Maximum erreicht wurde, fort-
gesetzt wurden.
Der 3. Versuch wurde an einem Kaninchen gemacht, das im Gegen-
satz zu den beiden Ziegen nicht vorher behandelt worden war. Die
Agglutininkurve zeigt das gleiche eigentfimliche plotzliche Fallen, lange
bevor die tfigliche Toxineinspritzung aufhdrt, und unterscheidet sich von
den beiden anderen Kurven nur durch eine etwas lfingere erste und
zweite Phase.
Der Umstand, den wir hier beobachtet haben, dafi nfimlich mitten
unter einer tfiglichen Zuffihrung von Toxin eine plotzliche und lange an-
dauernde Schwfichung der antitoxinbildenden Ffihigkeit des Organism us
eintreten kann, ist nicht allein von grofiem immunitfitstheoretischen In-
teresse, sondern mdglicherweise auch von Bedeutung in praktischer Be-
ziehung.
An den Seruminstituten wird jetzt nfimlich allgemein zur Herstel-
lung von diphtherieantitoxischem Serum eine Immunisierungsmethode
angewandt, die der hier geschilderten sehr fihnlich ist; man spritzt das
Diphtheriegift jeden 3. Tag ein. Es lag deshalb nahe, die Verhfiltnisse
der Agglutininkurve zu untersuchen, wo diese Methode benutzt wurde.
Zum Versuche wurde ein ganz frisches Kaninchen benutzt, in dessen
Peritonealh6hle an jedem 3. Tage 1 ccm derselben gekochten, 24-stfin-
digen Typhuskultur eingespritzt wurde.
Erato Abt. On*. Bd. XXXV in. Helt 6. 44
Fig. 6.
Ziege. Bis zum 26. Vereuchstage t&g¬
lich Injektion von 5 ccm 24 Stunden alter
Kultur von B. typh.
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690
Centralbl. f. Bakt etc. I. A.bt Originals. Bd. XXXYIIL Heft 6.
. i rp ~ r j ~ I T Mi l l! m Das Ergcbnis, s. Fig. 8 a,
12 oo_>__wurde nicht, wie man erwartet
- 1 | | ■ --p-i— hatte, ein einzelnes, langes,
_ ; 4 : i :_ 1 _ fortgesetztes Steigen bis zum
_-|-—~rH I- i —endfichen Fallen, sondern eine
hop j i 1 p_; ~ |T p Reihe einander folgender Aus-
-L- —LJ-—i—i 1 - schlSge von immer grSBerer
_ ' ■ I ; | | | | j Konzentration bis zu einem
iooo -- — j- r- j—--L L 1. -L _ Maximum, und darauf wieder
p , ' , ‘ r, _ ; l ein Abnebmen in einer fihn-
-j—|—-— u lichen Wellenlinie, wie die, in
J00 -■ : ^ r T~1 ~H"T ;— der das Steigen vor sich ging,
—pl-—Z-j— -4 - 1- f j - nur in umgekehrter Ordnung.
-i--p H p r~] Wfihrend der erste Aus-
- Z_L -— J .-L;J — schlag sein Maximum am 8 . Tage
aoo—^- 1 - 1 -— -j— -p-j— i —]— der ersten Einspritzung er-
-i——-u »_L .Z-_ reichte, ist der zweite Aus-
—^^i—I -j—r—I—^-H schlag bedeutend IBnger und
700 _-U___U j _Zp erreicht eine Konzentration, die
- r •■■■-•-p—-—I mehr als sechsmal so groB ist.
Die folgenden Schwingungen
_—p-j—^- 1 -^-1— sind, bis das Maximum der
poo- : ganzen Kurve erreicht ist, rela-
-^—— tiv immer niedriger.
ZZZZZZZZZZZZZ: ZZAZZZZZ Ein anderes, gleichfalls
soo-p ganz frisches Kaninchen ergab,
ZZZZZZZZZZZZZ IZZZZZZZZ in der gleichen Weise behan-
—pi-Z-1- delt, ganz entsprechende Re-
A00 -° Tj) sultate. Fig. 8 b zeigt den ersten
1 1 1 1 1 11 I 1 I 1 1 I 1 I 1 1 M— Ausschlag und den Beginn des
I I zweiten.
- Betrachten wir nns diese
~ Kurven genauer, so bemerken
— wir, daB jeder einzelne Aus-
schlag im hdchsten Grade der
- Kurve nach einer einzelnen
I 1 1 i ll— l n j e kti° n gleicht. Fflr die erste
- Kurve ist dies unmittelbar ein-
- leuchtend, und was die flbrigen
_ betrifft, so sehen wir, daB 2 Tage
- nachdem das Tier eine Kultur-
_ dosis bekommen hat, das Stei-
2 6 10 IO 10 L » a ! » m » 8 en beginnt und darauf ein
zunehmendes Fallen folgt. Das
Fig. 7 . Steigen geht schnell vor sich,
Kaninchen. Tiglich (40 Tage) Injektion das Maximum halt sich inner-
von 1 ccm dereelben 24 Stunden alten Kultur halb der bei Einzelinjektionen
von B. typh. (bis 115° O erwarmt). beobachteten Grenzen (am bezw.
15., 8 ., 12, 9. und 8 . Tage) und
auch das Fallen zeigt keinerlei Abweichung.
Es ist also nicht unmdglich, daB eben diese Kulturdosis die ein¬
zelne Schwingung verursacht und daB die dazwischenliegenden Dosen
nur von untergeordnetem Einflufi auf die Form der Kurve sind.
10 10 10 22 20 30 30 30
Fig. 7.
Kaninchen. Taglich (40 Tage) Injektion
von 1 ccm derselben 24 Stunden alten Kultur
von B. typh. (bis 115° C erwarmt).
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JOrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc, 691
Fig. 8a.
Kaninchen. Injektion — J — jeden 3. Tag von 1 ccm derselben 24 Stunden alten
Kultur von B. typh. (bis 115° C erwarmt).
Fortgesetzte Versuche rait Injektionen an jedem 6., jedem 9. etc.
Tage durften diese Verhaltnisse eingehender klarlegen, Verhaltnisse, die
verschiedene Winke zu geben scheinen iiber das, was wahrend der Im-
munisierung vorgeht, und die auCerdem vielleicht praktische Bedeutung
haben.
44*
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692
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Trifft inzwischen die obengenannte Voraus-
setzung zu, so scheint die Agglutininkurve nor
in geringem Grade von einer am 3.—9. Tage
— also in der 2. Phase der Knrve — wieder-
holten Dosis derselben Kultur beeinfluflt zu
werden, wShrend die gleiche Dosis am 12. Tage
— also in der 3. Phase — das Fallen unter-
bricht und ein neues Steigen entwickelt.
Mit anderen Worten, die F&higkeit eines
Organismus, nach einer Kulturdosis Agglutinin
zu entwickeln, wird bedeutend geschwScht durch
die 3—9 Tage vorher erfolgte Injektion der
gleichen Kultur, w&hrend eine solche SchwJLchung
nicht eintrat, wenn die Injektion 12 Tage vor¬
her stattfand.
Es hat dann seine Bedentung, zu unter-
suchen, ob ein fihnlicher EinfluB sich geltend
macht, wenn man bei der ersten Injektion die
Kultur einer anderen Mikrobenform benntzt als
bei der zweiten.
Zu Versuchen dieser Art habe ich B. typh.
und B. coli in gekochten 24-stflndigen Bouillon-
kulturen und in Dosen von 1 ccm benutzt.
Die ersten Versuche wurden an zwei friiher nicht behandelten Ka-
ninchen A und B gemacht.
Am 23. Oktober 1902 erhielt A 1 ccm Typhus- und B 1 ccm Coli-
Kultur und 3 Tage spfiter A 1 ccm Coli- und B 1 ccm Typhuskultur.
Die Messung der tflglichen Serumproben zeigt dann (siehe Fig. 9),
daB jede der Injektionen die fQr sie charakteristische Agglutininkurve
hervorbringt, deren Form genau der Kurve entspricht, die man erwarten
darf, wenn es sich urn diese einzelne Injektion handelt. Dagegen be-
obachten wir auf der HOhe der beiden Kurven desselben Tieres einen
bedeutenden Unterschied: der Ausschlag nach der zweiten Injektion ist
niedriger als der Ausschlag nach der ersten. Besonders auffallend ist es,
daB bei Kaninchen B der Agglutinationswert des Serums fflr B. typh.
(2. Injektion) 50 erreicht, w&hrend der fflr B. coli bis zu 2500 steigt
Dasselbe Resultat gibt eine Injektion in Kaninchen A in umge-
kehrter Eeihenfolge und mit einem Zwischenraum von 5 Tagen. Trotz-
dem der Agglutinationswert des Serums am Injektionstage fflr B. coli
auf 25 gesunken war, w&hrend er sich fflr B. typh. noch auf 137 hielt,
erreicht die Konzentration von B. typh. nur ca. 1 / 8 des Wertes der von
B. coli.
Selbst wenn wir nun mOgliche individuelle Verschiedenheiten in der
Reaktion des Tieres den beiden verschiedenen Mikroben gegenflber mit
in Betracht ziehen, geben diese einleitenden Versuche doch gewisse An-
haltspunkte fflr die Vermutung, daB zwischen der niedrigen Agglutinin¬
kurve nach der zweiten Injektion und der vorhergehenden ersten In¬
jektion ein urs&chliches Verhflltnis besteht.
Das Experiment wird deshalb an zwei frischen Kaninchen wieder-
holt. Die Injektionen werden mit einem Zwischenraum von 4 Tagen
gegeben, sonst ist die Anordnung dieselbe. Kaninchen C erh< in der
ersten Einspritzung Typhuskultur, Kaninchen D Coli-Kultur und um-
gekehrt in der zweiten.
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 693
9400
Fig. 9.
Kaninchen A. Injektion von B. typh. und 3 Tage spater von B. coli. Am
18. Versuchstage wieder Injektion von B. coli und 3 Tage spater von B. typh. Ca.
11 Monate spater gleichzeitige Injektion von B. typh. und B. coli.
Kanincnen B. Injektion von B. coli und 3 Tage spater von B. typh.
In dieser und in den folgenden Figuren bezeichnet -O-O-O— die Agglutinin-
kurve, ~ #- #—#— die Coli-Agglutininkurve.
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694 Centralbl. f. Bakt. etc. I. AbL Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Die Messung in diesen sowie in den vorigen Versuchen ist in
den gleichen vorher zubereiteten Kulturen ausgefflhrt worden.
Die graphische Darstellung der Resultate (Fig. 10) zeigt denselben
relativ niedrigen Ausschlag nach der zweiten Injektion wie in den
friiheren Kurven, am st&rksten fiir B. typh., was vielleicht mit der
wiederholt geinachten Beobachtung zusammenh&ngt, daft ein Kaninchen
meistens auf Injektionen von B. coli bedeutend krftftiger reagiert als
auf B. typh. — nach den hier benutzten Maften.
C D
Fig. 10.
Kaninchen C. Injektion von B. typh. und 4 Tage epater von B. coli.
Kaninchen D. Injektion von B. coli und 4 Tage spater von B. typh. 7 Monate
epater Injektion von B. typh. und 4 Tage danach von B. coli. Nach weiteren 2 Mo-
naten Injektion von B. coli und 4 Tage spater von B. typh.
Hier war also Anlafi, diese Versuche auszudehnen. 8 Kaninchen
von gleichem Gewicht wurden gleichzeitig in Behandlung genommen
und zu alien Injektionen wurde die gleiche 24-stfindige gekochte Kultur
benutzt.
Unter diesen 8 Tieren waren die friiher behandelten Kaninchen C
und D, in deren Serum sich zu Anfang des Versuches kein Agglutinin
vom vorigen Versuche nachweisen lieC. An diesen werden die Injek-
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Jorgensen, Schwanknngen des AgglutmationsvermOgens des Blutes etc. 695
tionen mit Zwischenr&umen von 4 Tagen, aber in umgekehrter Reihen-
folge, wiederholt.
(3 Tage nach der letzten Einspritzung starb Kaninchen C an Peri¬
tonitis.)
Die 6 anderen Kaninchen waren frflher nicht behandelt worden.
Von diesen bekommen E und F 1 ccm Typhuskultur und unmittelbar
nachher 1 ccm Coli-Kultur.
Zwei weitere Kaninchen G und H bekommen die beiden Injek-
tionen mit einem Zwischenraum von 9 und die beiden letzten I und K
mit einem Zwischenraum von 13 Tagen, und zwar so, dafi G und I in
der ersten Injektion Typhus-, H und K Coli-Kultur bekommen.
Fig. 10—13 zeigen die Resultate.
E F
Fig. ll.
Kaninchen E und F. Gleichzeitige Injektion von B. typh. und B. coli.
Kaninchen F. 9 Monate spater Injektion von B. typh. und 6 1 Tage danach von
B. coli.
Wie bei den frtiheren Versuchen gibt jede Injektion Ausschl&ge
von typischer Form. Bei den Kaninchen E und F, denen die Injek-
tionen unmittelbar hintereinander gegeben worden waren, erreichte die
Konzentration in den beiden Agglutininkurven ungef&hr die gleiche H5he
und dasselbe war der Fall bei Tieren, denen die Injektionen in einem
Zwischenraum von 13 Tagen gegeben worden waren.
An den Kurven der 3 iibrigen Kaninchen D, G und H, also wo die
Kulturen in Zwischenr&umen von 4 und 9 Tagen eingespritzt worden
waren, begegnen wir von neuem demselben niedrigen Ausschlage nach
der zweiten Injektion, den wir frflher beobchtet haben.
Urn das Material zur Beleuchtung dieser VerhSltnisse noch zu ver-
mehren, habe ich die Versuche an Kaninchen D, G und K wiederholt
mit den Injektionen in umgekehrter Ordnung, aber mit demselben
Zwischenraum. In Kaninchen A wurden die beiden Kulturdosen un¬
mittelbar nacheinander injiziert, und in F Dosen von Coli-Kultur
6 Tage nach der Injektion von Typhuskultur eingespritzt.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Alle 5 Experimente gaben Resultate analog mit den fruher gefun-
denen.
Es lieCe sich indessen denken, daB eine VergrbBerung der sekun-
daren Kulturdosis das Verhaltnis zwischen den beiden Ausschlagen ver-
indern wurde.
DaB etwas ahnliches nicht der Fall ist, scheint aus den in Fig. 14
(L und M) wiedergegebenen 3 Versuchen (2 an demselben Kaninchen),
in denen die zweite Kulturdosis auf 5 ccm vergrbBert wurde, hervorzu-
gehen.
G H
Fig. 12.
Kaninchen G. Injektion von B. typh. und 9 Tage spater von B. coli. 3 Mo-
nate danach Injektion von B. coli und 9 Tage spater von B. typh.
Kaninchen H. Injektion von B. coli und 9 Tage spater von B. typh.
Zu sicheren SchluBfolgerungen berechtigen diese Versuche indessen
kaum, dazu ist ihre Anzahl zu gering und die Experimente mflBten am
besten an denselben bedeutend variiert werden. Ferner sollten die Ver¬
suche auch auf Kulturen anderer Mikrobenformen und mbglicherweise
auch Gifte anderer Art ausgedehnt werden. AuBerdem ermahnen unsere
Erfahrungen tiber die individuellen Eigenschaften uns zur Vorsicht in
Bezug auf Folgerungen aus der Hohe der Ausschlage.
Auf der anderen Seite ist doch zu bemerken, daB die Kurven alle
in derselben gekochten Kultur und gleichzeitig fiir denselben Versuch
bestimmt wurden und also einen absoluten Vergleich gestatten. AuBer¬
dem hat das gefundene Verhaltnis sich in den recht zahlreichen Ver¬
suchen so konstant wiederholt, daB man schwer an einen bloBen Zufall
glauben kann.
Man muB deshalb mit unseren bisherigen Erfahrungen berechtigt
sein, anzunehmen, daB, wenn man in der 2. Phase — also am 3. bis
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Jorgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 697
I
K
Fig. 13.
Kaninchen 1. Injektion von B. typh. und 13 Tage spater von B. coli.
Kaninchen K. Injektion von B. coli und 13 Tage spater von B. typh. 3 Mo-
nate danach Injektion von B. typh. und 13 Tage spater von B. coli.
L M
Fig. 14.
Kaninchen L. Injektion von B. typh. (1 ccm) und 3 Tage spater von B. coli
(5 ccm). - 1
Kaninchen*M. Injektion von B. coli (1 ccm) und 3 Tage spater von B. typh.
(5 ccm). 3 Monate danach Injektion von B. typh. (1 ccm) und 3 Tage spater von B.
coli (5 ccm).
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698
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXVTII. Heft 5.
9. Tage — der Agglutininkurve nach einer KulturiDjektion eine nene
Injektion desselben Oder eines anderen Mikroben gibt, die Agglutinin-
entwickelung nach der letzteren relativ gering bleibt
Es sind friiher Untersuchungen fiber die Agglntininentwickelung
nach Injektionen von verschiedenen Mikroben in dieselben Tiere vorge-
nommen worden. So hatte Sidney Wolf 1 2 3 ) schon 1899 beobachtet r
daB das Serum des betreffenden Tieres nach gleichzeitigen Oder aufein-
ander folgenden Injektionen von B. typh., B. coli und Pyocyanens
alien drei Mikroben gegenfiber Agglutinationsffihigkeit bekam, nnd die-
selbe Beobachtung machte spfiter Buxton 8 ) bei Versuchen mit den
beiden ersten Mikroben.
Die groBten und besten Untersuchungen dieser Art teilt Castel-
lani 8 ) mit, der zu den Injektionen Kulturen von B. typh., B. coli
und B. pseudodysent. und wesentlich dieselbe Versuchsanordnung
anwendet wie ich, indem er nfimlich die zweite Injektion am 3. oder
10. Tage nach der ersten oder gleichzeitig mit dieser gibt.
Nach alien seinen Injektionen erhfilt er die spezifische Agglutinin¬
kurve, aber ein quantitativer Vergleich zwischen diesen Kurven l&fit
sich infolge der angewandten Technik (mikroskopische Messung) nicht
ansteilen. AuBerdem hat er, wie er selbst hervorhebt, stets frische
Kulturen benutzt, d. h. stets neue Kultur zu jeder neuen Serumprobe.
Im Kapitel fiber die Technik habe ich die groBe Bedeutung er-
wfihnt, die die Anwendung verschiedener Kulturen auf die roakrosko-
pische Messung hat, und diese Bedeutung ist noch viel grdBer bei der
mikroskopischen Methode. Es kann daher nicht fiberraschen, daB Ca¬
stellan is Resultate so inkonstant sind.
SchluB.
Betrachten wir nun die bei den Tierversuchen gewonnenen Resul¬
tate, die ihren Ausdruck in den oben beschriebenen Kurven linden, so
beobachten wir ffir alle drei Phasen: 1) die Zeit vor der Steigerung,
2) die Steigerung und 3) das Fallen.
Die erste Phase dauerte nach einer Einzelinjektion stets 2—3 Tage.
eine Beobachtung, die gut fibereinstimmt mit der von Pfeiffer und
Marx 4 ) ausgesprochenen Vermutung, dafi Agglutinin sich aufierhalb des
Kreislaufes — ihrer Meinung nach wesentlich in der Milz — bildet und
erst nach 2—3 Tagen im Blute zur Zirkulation kommt. Dieser Ver¬
mutung stimmen v. Em den 5 ) und Jatta 6 ) zu, w&hrend sie von
Deutsch 7 ), Castellani 8 ) und Rath 9 ) stark bestritten wird.
Bei tfiglich wiederholter Einspritzung — sogar wo die gleiche Dosis
wie bei den Einzelinjektionen benutzt wird — linden wir die erste Phase
fiber 4—6 Tage ausgedehnt.
1) Wolf, Beitrage zur Lehre der Agglutination mit beeonderer Bezugnahme auf
die Differenzierung der Coli* und Proteua-Gruppe und auf die Mischinfektionen. (Cen¬
tralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXV. 1899.)
2) Buxton, A comparative study of the bacilli intermediate between B. coli com.
and B. typh. (Journ. of med. research. Vol. VIII. 1902.)
3) Castellani, Die Agglutination bei gemischter Infektion und die Diagnose der
letzteren. (Zeitschr. f. Hyg. etc. Bd. XL. 1902.)
4-7) 1. c.
8) Castellani, Ueber das Verhaltnis der Agglutinine zu den Schutzkdrpern.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVII. 1901.)
9) Bath, Ueber den Einflufi der blutbildenden Organe auf die Entstehung der
Agglutinine. (Centralbl f. Bakt. etc. Bd. XXV. 1899.)
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Jorgensen, Schwanknngen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 699
Bei frflher behandelten Tieren, deren Blut noch Agglutinin enth<,
beobachten wir unmittelbar nach der Injektion ein Fallen. Dieses Fallen
ist bei mehreren Antistoffen (Diphtherie-, Tetanus- und Botulism usanti-
toxin, sowie bei Hamolysin) recht bedeutend, bei Antilabferment ist es
nicht nacbgewiesen. Bei den Agglutininen ist es im allgemeinen nur
schwach und in einzelnen Fallen hat es sich nicht nachweisen lassen.
Am Schlusse der ersten Phase beginnt die Agglutininkonzentration
zu steigen, erst langsam, daun schneller und schlieOlich wieder etwas
langsamer, kurz vor Acme, die meistens am 9. Tage eintritt
Die dritte Phase, das Fallen, beginnt in den meisten Fallen recht
pldtzlich und ist im Anfange am starksten, nimmt aber dann gleich-
mafiiger — und kontinuierlich, solange man ihm folgen kann, ab.
Sowohl von der zweiten als von der dritten Phase linden Ab-
weichungen statt: das Abnehmen des Steigens gegen das Maximum hin
kann starker ausgesprochen Oder das Fallen schon von Anfang an lang¬
sam sein. Finden beide Abweichungen gleichzeitig statt, so erscheint die
Kurve stark abgerundet.
Das Fallen in der dritten Phase bei der aktiven Immunisierung
gleicht auffallend dem Fallen bei der passiven, die von Jorgensen
und Madsen 1 ) gemessen und graphisch dargestellt worden ist, und es
ist auch hflchst wahrscheinlich, daB es sich in beiden Fallen um wesent-
lich denselben Prozefi handelt, um so mehr, als Madsen 2 3 * ) nachge-
wiesen hat, daB beide Kurven durch dieselbe Formel ausgedrflckt
werden kflnnen.
Das Verschwinden des Antistoffes aus dem Blute kann nach Salo¬
mon sen und Madsen 8 ), die diese Frage frflher diskutiert haben,
nicht auf direkter Absonderung durch die Sekrete beruhen. Teils sind
die in den Sekreten (Milch, Urin, Speichel u. s. w.) nachweisbaren
Mengen zu gering im Verhaitnis zu der bedeutenden Verminderung im
Blute und teils spricht der genaue Parallelismus zwischen der antitoxi-
schen Kraft der Milch und des Blutes (Ehrlich, Salomonsen und
Madsen) absolut gegen eine solche Ausscheidung. Wenn die Aus-
scheidung durch die Sekrete wirklich eine Rolle spielte, mflBte man
namlich annehmen, daB der Antistofif im Sekret steigt, wahrend er gleich¬
zeitig im Blut abnimmt.
Fflr das Verschwinden des Antistoffes mufi also eine andere Weise
zu finden sein: eine Umsetzung oder irgend eine Bindung, die bewirkt,
daB die antitoxische Eigenschaft nicht mehr zu erkennen ist.
Bei der passiven Immunisierung verschwindet der eingefflhrte Anti-
stoff nach und nach aus dem Blute, erst schnell, spater langsamer, ab-
hangig von Konzentration und Zeit. Bei der aktiven Immunisierung
k<inn das Verhaitnis indessen so einfach nicht sein.
Die Kurve weicht hier oft von der Form ab, die wir fflr das Fallen
bei der passiven Immunisierung kennen gelernt haben. Wir beobachten
haufig, daB die Agglutininabnahme nicht plfltzlich, sondern gleichmafiig
und langsam beginnt, und in der Regel ist die Kurve der dritten Phase
bedeutend langer als die bei der passiven Immunisierung.
Eine, wie es scheint, befriedigende Erkiarung gibt die von Salo-
1) L c.
2) Madsen, Th., The decrease of antibodies in the organism indicated by a
formula. (Festskrift ved Indvielsen af Statens Seruminstitut 1902.)
3) Salomonsen og Madsen, Om Forskelligheder i Serums antidifteriske Styrke
hoe aktivt immuniserede Heste. (Nordisk med. Army. 1897.)
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700 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
m on sen nnd Madsen aufgestellte Hypothese, daB in dem aktiv im-
munisierten Organismus jederzeit eine Produktion und Destruktion anti-
toxischen S to fifes vor sich geht. Ein st&rkeres Oder mBBigeres Abnehmen
in der Produktion resultiert dann in einem st&rkeren oder langsameren
Fallen der Antitoxinkurve, was vielleicht auf individuellen EigentQmlich-
keiten der Tiere beruht
Durch die Annahme dieser Doppelwirksamkeit im Organismus werden
auch die Verhaltnisse in anderen Phasen und die ganze Schwingung
Gberhaupt leichter verstandlich. Wollen wir uns deshalb klar machen,
was nach einer Injektion von Toxin im Organismus vor sich geht, so
kdnnen wir uns folgendes denken:
Nach 2—3 Tagen zeigt das Agglutinin sich im Blute. Hat die Pro¬
duktion schon frfiher begonnen, so ist sie jedenfalls noch nicht in den
Kreislauf gelangt. Hierauf konnte die frtther erw&hnte Beobachtung von
Pfeiffer und Marx deuten, wonach in den ersten Tagen nach der
Injektion von Cholerakultur (in Meerschweinchen) der Milzextrakt eine
schfltzende und agglutinierende F&higkeit zeigte, w&hrend sich gleich-
zeitig eine solche im Blute nicht nachweisen liefi.
In der zweiten Phase nimmt die Produktion zu, anfangs langsam,
dann schneller und ist in der Regel am starksten urn den 6. Tag, was
sich durch einen bedeutenden Abstand zwischen den Werten kundgibt
Darauf nimmt sie wieder ab gegen das Maximum der Kurve hin, ca. am
9. Tage.
W&hrend des Steigens geht gleichzeitig eine Umsetzung vor sich,
die aber im Verh<nis zur Produktion nur gering ist und deshalb nicht
ins Auge f&llt Die Produktion ist folglich grdBer, als sie in der Eurve
zum Ausdruck kommt, da das Agglutinin infolge des obengenannten Ge-
setzes best&ndig umgesetzt wird. Dieser DoppelprozeB erinnert etwas an
den Vorgang, wenn ein Stein in die Hdhe geworfen wird; auch hier
wirken zwei einander entgegengesetzte Kr&fte: die schleudernde Kraft
und die Schwerkraft (Madsen).
Zu Ende der zweiten Phase der Agglutininentwickelung — also auf
dem Hohepunkt der Kurve — sind Produktion und Umsatz gleichgroB,
dann aber tritt eine grofiere Schwfichung der Produktion ein, der Um¬
satz tritt in den Vordergrund und die Agglutininkonzentration nimmt
ab, mit anderen Worten: die dritte Phase der Kurve beginnt. Treten
nun keine neuen Impulse hinzu, so nimmt die Produktion best&ndig ab
und der Konzentrationsfall setzt sich kontinuierlich fort, bis der Anti-
stoff vollstSndig verschwunden ist.
Ganz wie bei der passiven Immunisierung muB der Umsatz des
Antistoffes abh&ngig sein von Konzentration und Zeit. Es tritt beim
aktiven Fall der Zeitpunkt ein, wo der Unterschied zwischen Umsatz
und Produktion so gering wird, dafi er sich nicht messen l&Bt, und wir
stehen dann vor dem sogenannten „antitoxischen Gleichgewicht u , das
jedoch wohl nur scheinbar ist.
Wird inzwischen dem Organismus wahrend der dritten Phase eine
neue Dosis Toxin zugefQhrt, so tritt eine kurze L&hmung der Produk¬
tion ein und der Umsatz offenbart sich in dem so oft konstatierten
pldtzlichen Falle unmittelbar nach der Injektion.
Vergleicht man die bei Tierversuchen gewonnenen Agglutimnkurven
mit den Kurven von Typhuspatienten, so ist ihre groBe Aehnlichkeit in
die Augen fallend, und die Uebereinstimmung zwischen den Ph&nomenen
bei Menschen und bei Tieren ist so groB und so absolut, daB sie dazu
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Jdrgensen, Schwankungen des AgglutinationsvermOgens des Blutes etc. 701
berechtigen mufi, von den Tierversucben auf das zu schliefien, was bei
Menschen vorgeht Die Aehnlichkeit ist am grOfiten mit den Knrven
der Tiere, die mit t&glichen Kulturdosen behandelt wurden; das war
auch zn erwarten, da ja bei F. typhoidea angenommen werden mufi,
dafi dem Organism us der Giftstoff kontinuierlich zugefflhrt wird.
Wir finden in den Patientenkurven dieselben drei Pbasen wieder.
Die erste Phase, die Latenzzeit, ist sehr verschieden, bisweilen bedeu-
tend l&nger als bei den Tierkurven und in einem einzelnen Falle (XXIX)
liefi sich das Agglutinin erst am 25. Krankheitstage im Blute nachweisen.
Inzwischen ist es ja aufierordentlich schwierig, zu erfahren, wann die
Krankheit begann, und unmflglich, anzugeben, wann die Infektion mit
Typhusbacillen stattfand, die Angaben fiber die Latenzzeit mflssen des-
halb immer sehr mangelhaft bleiben. Beim Vergleiche mit der Latenz¬
zeit bei Tieren darf aufierdem nicht flbersehen werden, dafi sich mog-
licherweise verschiedene physiologische Verhfiltnisse geltend machen,
wenn die Bakterientoxine durch den Darm oder durch das Peritoneum
eingeffthrt werden und dafi dem Organismus wahrscheinlich zu Anfang
einer F. typh. nur sehr kleine Giftmengen zugefflhrt werden. Die beiden
anderen Phasen zeigen meistens ein schnelles, mehr oder weniger
starkes Steigen und ein plfltzliches Fallen, das sich langsamer fortsetzt
— Courmonts „Courbe en cloche".
In mehreren Fallen ist die Kurve nicht steil und hoch, sondern hat
eine stumpfwinkelige Form mit langsamem Steigen und Fallen und
niedrigerer Konzentration — „Courbe en toit". Einzelne Kurven nahern
sich der abgerundeten Form, in der die zweite und dritte Phase direkt
ineinander flbergehen.
Wenn wir diese Kurven betrachten, finden wir durchgehends, dafi
der Agglutinationswert oft recht bedeutend bis zu einem gewissen
Punkte steigt, um dann plOtzlich wieder zu fallen. Das Maximum
failt meistens in die 3. Woche, wenn die Infektion, nach den klini-
schen Symptomen zu urteilen, ihren Hohepunkt erreicht hat. Aus dem
Umstande, dafi die Agglutininmenge sinkt, lassen sich also keine Schlflsse
darauf ziehen, dafi die Infektion im Abnehmen sei und dafi dem Orga¬
nismus geringere Giftmengen als frflher zugefflhrt werden. Das stimmt
auch mit unseren Erfahrungen von den Tierversuchen, bei denen lange
Zeit hindurch kleine Kulturmengen injiziert wurden (Fig. 4, 6 und 7).
Hier fanden wir ja eben, dafi das Agglutinin, wenn es sein Maximum
erreicht hatte, fiel, selbst wenn die Injektionen andauerten.
Wir beobachten also dieselben Schwingungsformen wie bei den Tier¬
versuchen, und mflssen unzweifelhaft auch hier die verschiedene Reak-
tion durch verschiedene individuelle Eigentflmlichkeiten des
Patienten erkl&ren.
Diese Erkl&rung scheint auch einleuchtend bei der Zusammenstel-
lung der F&lle V und XIII. Zwei Brflder, ungef&hr gleich alt (10 und
12 Jahre), erkrankten in einem Zwischenraume von wenigen Tagen und
die Krankheit verl&uft fflr beide glatt und ohne Komplikationen. Die
Agglutininkurven dieser beiden Knaben, die gleichzeitig und in derselben
Kultur gemessen wurden, zeigen nun einen recht bedeutenden Unter-
schied. WAhrend V eine „Courbe en cloche" mit Maximum 444 zeigt,
ergibt die Schwingung fflr XIII eher die Form „Courbe en toit" mit
langsamer, etwas abgerundeter zweiter Phase und Maximum 133. Beide
Kurven erreichen dies Maximum am 13. Krankheitstage.
Bei Rezidiven wird dem Organismus neues Gift zugefflhrt und wir
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
erhalten eine neue Schwingung 1 2 ), aber ganz wie bei der wiederholten
Injektion in Tiere mit Ausschiagen von verschiedener GrdBe bei den
verschiedenen Individuen. So ist in den beiden schweren unkompli-
zierten Fallen XIX und XX die Rezidivkurve fflr XIX niedriger als die
Hauptkurve, wahrend in Fall XX die Konzentration bei jedem Rezidiv
hdher steigt. Ira ersten Falle trat also scbon nach der ersten Schwin¬
gung eine Schwachung der agglutininentwickelnden Fahigkeit des Orga-
nismus ein, wahrend eine solche sich im Fall XX nicht beobachten lieB
(analoge Verhaltnisse Tierkurven Fig. 5).
Aehnliche Verhaltnisse finden wir bei den mittelschweren Typhus-
fallen.
Easel und Mann 1 ) schlieBen aus ihren Beobachtungen, daB die
Reaktion bei Kindern in den ersten 7 Lebensjahren schwacher ist als
bei Erwachsenen. Das bestatigt sich hier nicht, die Konzentration stieg
bei einem Kinde von 6 Jahren (VI) bis zu 909 und bei einem anderen
von 7 Jahren (XII) in der Rezidivkurve bis 1500.
Ueberhaupt beobachten wir bei Kindern dieselben Schwingungs-
formen wie bei Erwachsenen (vergl. I mit XVI und VI mit X), und
hier wie dort scheinen Form und Konzentration abhangig von der be-
sonderen Reaktionseigentttmlichkeit des einzelnen Individuums.
Wenn wir aber in derselben Gruppe gleichartig verlaufender, un-
komplizierter Krankheitsfaile alle die verschiedenen Formen von Agglu-
tininschwingungen treffen, so leuchtet die Unmoglichkeit ein, eine Sero-
prognostik (Courmont) aufzustellen, die ja aus der Form und Hdhe
der Agglutininschwingungen den Verlauf der Krankheit bestimmen will.
Selbst wenn das klinische Material weniger gute Anhaltspunkte fflr
die Bedeutung der individuellen Anlage fflr die Agglutininschwingungen
gegeben hatte, wflrde die Unhaltbarkeit von Courmonts Prognostik
doch aus den Fallen XXI und XXII, die beide unkompliziert am
Schlusse der zweiten Krankheitswoche letal endigen, hervorgehen. Im
letzten Falle tritt der Tod zu einem Zeitpunkte ein, wo die Konzentra¬
tion im Abnehmen ist, im ersten Falle dagegen, wahrend die Agglutinin-
entwickelung schnell zunimmt.
Kdnnen wir aber den Agglutininschwingungen prognostische Bedeutung
nicht zuschreiben, so kdnnen sie doch sehr gute Anhaltspunkte fflr die
Diagnose geben. Man muB vom Steigen Oder Abnehmen des Aggluti¬
nations wertes im Blute eines Patienten auf einen bestehenden Oder ver-
laufenden (abnehmenden) Typhusprozefi*) schlieBen kdnnen, wahrend
der unveranderte Wert auf normale Anwesenheit von Agglutinin
deuten muB.
Doch muB es ja hier von groBer Bedeutung sein, die Agglutinin¬
schwingungen bei normalen und bei Individuen mit febrilen Krankheiten
zu untersuchen.
Konklusionen.
1) Zur Messung von Agglutinin ist die makroskopische Untersuchung
der mikroskopischen absolut vorzuziehen.
2) Bei der von Jdrgensen und Madsen angegebenen Methode
kann der Agglutiningehalt verschiedener Flflssigkeiten mit einem Fehler,
1) Bisweilen erscheint auch eine neue Schwingung, ohne daB sich gleichzeitig
klinische Zeichen fur Rezidive nachweisen lassen (XI, XHI, XXIII).
1) 1. c.
2) Abgesehen von dem seltenen Falle der Mitagglutination.
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Jorgensen, Schw&nkungen des Aggluti nations vermOgens des Blutes etc. 703
der in einer flberwiegenden Anzabl von Fallen 9 Proz. nicht flber-
schreitet, in der Regel aber bedeutend geringer ist, rait genflgender
Uebung gemessen werden.
3) Nach einer Einzelinjektion der Kultur von B. typh. — resp. B.
coli und V. cholerae — an Kaninchen und Ziegen kommt eine Ag-
glutininentwickelung in Gang, die durch eine Kurve ausgedrflckt werden
kann, von einem flhnlich regelmSBigen Typus, wie er fflr andere Anti-
stoffe gilt.
4) Die Kurve zerf&llt in drei Phasen:
1. Phase: 2—3 Tage, die Zeit, die verl&uft, ehe das Agglutinin
sich im Blute zeigt (Latenzzeit).
2. Phase: 5—9 Tage, eine Steigerung bis znm Maximum am 7.
bis 9. Tage nach der Injektion (gewohnlich der 9. Tag).
3. Phase: Ein Fallen, das pldtzlich beginnt, darauf sich lang-
samer fortsetzt und wahrscheinlich kontinuierlich an-
hS.lt.
5) Die GrSBe und Form der Ausschl&ge ist — unter den gleichen
Verhaltnissen — wesentlich von der Individualit&t des Organis-
mus abh&ngig.
6) Tflgliche Injektionen mit kleinen Kulturmengen geben eine &hn-
liche Kurve mit verl&ngerter erster und zweiter Phase. Die dritte Phase,
das Fallen, beginnt pldtzlich und dauert an, selbst bei fortgesetzter In¬
jektion.
7) Die durch jeden dritten Tag vorgenommene Injektionen hervor-
gerufene Agglutininentwickelung findet in einer Kurve Ausdruck, die
sich aus mehreren aufeinanderfolgenden Einzelschwingungen zusammen-
setzt.
8) Wird in der zweiten Phase der Agglutininentwickelung nach
einer Kulturdosis (B.. typh. oder B. coli) eine neue Injektion derselben
Kultur oder der Kultur eines anderen Mikroben (B. coli oder B. typh.)
gegeben, so bleibt die Agglutininentwickelung nach der letzten relativ
gering.
9) Im Blute von Typhuspatienten findet eine Agglutininentwicke¬
lung statt, die in Kurven ausgedrflckt werden kann, die den Kurven bei
Tierversuchen, besonders denen, die sich nach t&glichen Injektionen ent-
wickeln, auBerordentlich ahnlich sind.
10) Man kann die Agglutininschwingungen bei F. typhoidea nicht
als prognostisches Hilfsmittel benutzen.
Zum SchluB meinen herzlichsten Dank dem Direktor des Labora-
toriums des Seruminstitutes, Herrn Dr. Th. Madsen, fflr seine vor-
zflgliche Anleitung und sein freundliches Interesse fflr meine Arbeit.
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704
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Nachdruck verbot&r w
Ein Beitrag zur Biologie und Agglutination des Diplo-
coccus pneumoniae.
[Aus dem pathol.-anat. Institute in Wien (Prof. Weichselbaum).]
Von Dr. J. Heyrovsky.
Die spezifische Agglutination der Bakterien hat bekanntlich bisher
sowohl dem Kliniker bei der Diagnose der Infektionskrankheiten, wie
auch dem Bakteriologen in der Bakteriodiagnostik grofie Dienste geleistet.
Dennoch ist die praktische Seite dieses Phfinomens, speziell in der
Bakteriodiagnostik, noch nicht vollkommen ausgenfltzt worden.
So ist die Frage der Arteinheit des Streptococcus pyogenes
durch Agglutination trotz mehrfachen Versuchen nicht einwandsfrei ge-
15st. Noch weniger ist es bisher gelungen — ja eigentlich an einem
grfiBeren Materiale yon Stfimmen Qberhaupt nicht versucht worden —
fiber die Arteinheit der sogenannten Varietaten der Species D ip loco c-
cus pneumoniae durch spezifische Agglutination einige Klarheit zu
schaffen.
Die Ursache, warum dies bisher nicht gelang, mag darin liegen, dafi
die Verwertung des Agglutinationsph&nomens des Dip loco ecus pneu¬
moniae ffir die Bakteriodiagnostik auf groBe technische Schwierigkeiten
stOBt.
Abgesehen davon, daB die Fortzfichtung einer grfifieren Reihe von
Stfimmen dieses Mikroorganismus wegen des schlechten Wachstums auf
den gebrfiuchlichen Nfihrbfiden mit Schwierigkeiten verknfipft und die
Erhaltung bezw. Bestimmung der bei der Agglutination immerhin zu
berflcksichtigenden Virulenz schwer durchfiihrbar ist, gelingt die Be-
reitung eines nur mafiig hoch agglutinierenden Serums durch Immuni-
sierung von Tieren keineswegs leicht. Der Umstand endlich, daB ein
solches Serum, sowohl im Tierkorper wie auch aufierhalb desselben, in
kfirzester Zeit seine Agglutinationskraft fast vollkommen verliert, er-
schwert die prfizise Durchffihrung der Agglutination mit mehreren
Stfimmen bedeutend.
Es sei mir deshalb erlaubt, eine Agglutinationsmethode des typi-
schen Diplococcus pneumoniae zu beschreiben, deren Durch¬
ffihrung bedeutend einfacher ist, und die auch einiges theoretisches
In ter esse haben mag.
Da diese Methode auf der unvergleichlich leichteren, spezifischen
Agglutinierbarkeit einer bestimmten n Degenerationsform“ des Diplo¬
coccus pneumoniae beruht, so sei hier auch auf einige biologische
Eigenschaften dieses Mikroorganismus nfiher eingegangen.
Bevor ich dieses Thema bespreche, halte ich es ffir notwendig, fiber
die Provenienz und das kulturelle Verhalten der zu meinen Unter-
suchungen benfitzten St am me einige Daten vorauszuschicken, und die
bisher bekannten Tatsachen fiber die Agglutination des Diplococcus
pneumoniae kurz anzugeben. Die genauere Beschreibung des kultu-
rellen Verhaltens meiner Stfimme halte ich deshalb ffir notwendig, weil
alle Forscher, die sich mit tlem Studium des Diplococcus pneu¬
moniae nfiher befafit haben, Varietaten desselben anzunehmen geneigt
sind.
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Heyrovsky, Beitrag zur Biologie u. Agglutination des Diplococcus pneum. 705
Meine Beobachtungen beziehen sich auf die typische Form des
Diplococcus pneumoniae.
S&mtliche StSmme, mit deren Biologie ich mich befaCte, und auf die
sich die folgenden Beobachtungen beziehen, wurden aus dem pneumo-
nischen Exsudate von F&llen typischer krupSser, lob&rer Lungenent-
zQndung (Leichenmaterial) in Reinkultur gezQchtet und zeigten bei
monatelanger Fortzflchtung das gleiche kulturelle Verhalten.
Sie besafien alle eine mehr Oder minder ausgesprochene Lanzett-
form und zeigten Kapselbildung im Blute infizierter Tiere, t&teten weille
M&use und Kaninchen nach subkutaner Impfung entsprechender Mengen
durch Septik&mie, wuchsen in Gelatine bei 20° C entweder gar nicht
Oder SuBerst kfimmerlich und erst nach mehreren Tagen, und bildeten
in gewbhnlicher, alkalischer Bouillon eine leichte, diffuse Trflbung, wobei
es nie zur Bildung von l&ngeren Ketten kam, vielmehr lagen die ein-
zelnen Diploformen vereinzelt oder h&chstens in geraden, kurzen Ketten.
S&mtliche St&mme wurden endlich durch ein, nur mit einen Stamm er-
zeugtes spezifisches Kaninchenserum mehr oder minder hoch agglutiniert.
Alle irgend eine Abweichung vom typischen kulturellen und mor-
phologischen Verhalten zeigenden St&mme sind in die folgende Mitteilung
nicht einbezogen, da meine Untersuchungen liber Biologie und Agglu¬
tination derselben noch nicht abgeschlossen sind.
Ein der Agglutination des Diploc. pneum. nahestehendes Ph&-
nomen wurde zuerst von Metschnikoff 1 ) (1891) beschrieben und zwar
noch vor dem Bekanntwerden der spezifischen Agglutination der Bakte-
rien durch die Arbeiten Grubers und Durhams (1896).
Metschnikoff konnte n&mlich in reinem Serum der gegen Diploc.
pneum. immunisierten Kaninchen ein Wachstum in langen, vielfach ge-
wundenen Ketten beobachten, w&hrend dieselben Mikroorganismen beim
Wachstum im normalen Kaninchenserum stets Diplokokkenform zeigten.
Diese Tatsache wurde nachher von Mosny 2 3 ), Kruse und Pans ini 8 ),
Washbourne 4 ) u. a. best&tigt, von Besan$on und Griffon 5 ) auch
beim Wachstum des Diploc. pneum. im Serum von Pneumoniekranken
gefunden und seither oft beobachtet.
Dieses Ph&nomen ist dem Verhalten anderer Bakterien beim Wachs¬
tum in entsprechendem Immunserum [Charrin, Roger 6 ) 1889 beim
B. pyocyaneus, Landsteiner 7 ) 1897 beim Pneumobacillus und
M&usetyphusbacillus, Pfaundler 8 ) 1898 bei dem Bact. colij analog
und dem Ph&nomen der Agglutination im Wesen sehr nahestehend.
Die Agglutination des Diploc. pneum. im Sinne der Gruber-
Widalschen Reaktion, mit anderen Worten die H&ufchenbildung in
Bouillonkulturen nach Zusatz von geringen Mengen eines. spezifischen
Serums, wurde erst im Jahre 1901 von Neufeld 9 ) beschrieben. Die
Ursache, warum diese Reaktion eines spezifischen Serums den frliheren,
mit der Einwirkung eines Immunserums auf den Diploc. pneum. sich
eifrig besch&ftigenden Forschern entging, erblickt Neufeld in der
1) Annales de l’Institut Pasteur. 1891. p. 473, 474.
2) Zitiert nach Neufeld.
3) Zeitschrift f. Hyg. etc. Bd. IX. 1891. p. 279.
4) Ref. Baumgartens Jahresbericht. 1895. p. 61.
5) Annales de rlnstitut Pasteur. T. XIV. p. 449.
6) Soc. de biolog. 1889. Zitiert nach Landsteiner.
7) Wiener klin. Wochenschr. 1897. No. 19.
8) Centralbl. f. Bakt. etc. 1898. No. 1—4 u. Wiener klin. Wchnschr. 1899. No. 13.
9) Zeitschrift f. Hyg. etc. 1901.
Ente Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 6. 45
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
schweren Agglutinierbarkeit des Diploc. pneum. Qberhaupt, sowie
in der Schwierigkeit, ein gut agglutiuiereudes Serum bei Tieren zu
erzeugen.
Die von Neufeld beobachteten Tatsachen sind ira kurzen folgeude:
Das Auftreteu eines starken Agglutiningehaltes im Serum immuni-
sierter Kaninehen ist durchaus unabh&ngig von der H6he der Immunit&t,
welche das betreffende Tier besitzt, vielmehr unabh&ngig von der letzten
Reaktion, die es durchgemacht hat; bei weiterer Immunisierung schw&cht
sich das Agglutinationsvermogen des Serums betrachtlich ab und ist
oft bei hochimmunen Tieren gar nicht mehr vorhanden.
Der verhfiltnismSBig geringe Agglutinationswert der st&rksten Sera
(1:60) ist nicht ohne weiteres in Parallele zu stellen mit Agglutinations-
werten bei der Agglutination anderer Bakterien, da diese bereits vom
normalen Serum beeinfluBt werden, was beim Diploc. pneum. (min-
destens durch Kaninehen- und Menschenserum) nicht der Fall ist.
Die Agglutination des Diploc. pneum. zeigt manche Besonder-
heiten sowohl bezflglich der Form, unter welcher sie verlSuft, wie auch
bezQglich der Resistenz der agglutinablen Substanz der Bakterienleiber
gegenfiber hohen Hitzegraden.
Die wesentlichen Erscheinungen bei der Agglutination des Diploc.
pneum. sind nach Neufeld die Quellung der Kokkenleiber mit nach-
folgender Haufchenbildung, oder bei schwficher wirkenden Seris die durch¬
aus regelmSBige, an die bereits erw&hnte Fadenreaktion erinnernde An-
ordnung der einzelnen Diplokokken zu langen, zierlich gewundenen
Ketten.
Bezflglich meiner Beobachtungen fiber die Agglutination des „gut
erhaltenen“ l ) Diploc. pneum. kann ich mich kurz fassen, da sie mit
den Beobachtungen Neufelds flbereinstimmen und einige hierher ge-
horige Tatsachen in dem nunmehr zu besprechenden Thema fiber Agglu¬
tination des „degenerierten u Diploc. pneum. erwfihnt werden sollen.
In alten Kulturen von Bakterien, namentlich in flfissigen Nahrbfiden,
kann man bekanntlich VerSnderungen des Bakterienleibes beobachten, die
auf Tod und Zerfall desselben einen SchluB ziehen lassen, und die begreif-
licherweise manche Analogic mit Ver&nderungen der Bakterien zeigen,
welche dieselben im Kampfe mit dem von ihnen befallenen und sich
wehrenden Organismus erleiden. Wfihrend nun den morphologischen
Verfinderungen der Schfidigung und des Absterbens der Bakterien durch
die im Organismus sich bildenden Schutzstoffe aus begreiflichen Grfinden
grofie Aufmerksamkeit geschenkt wird, bleiben die interessanten Einzel-
heiten der Degeneration und Aufldsung von Bakterien in alten Kultur-
flfissigkeiten pieist unbeachtet, obwohl sie in mancher Beziehung ffir die
einzelne Bakterienart charakteristisch sind.
Ueber Agglutination degenerierter Bakterien, bezw. alter flfissiger
Kulturen mit spezifischem Serum findet man in der Literatur nur
wenige und zum Teil sich widersprechende Angaben. So behauptet
Malvoz*), daB alte Kulturen inagglutinabel werden, und Nicolle 3 ^
flbereinstimmend mit demselben, daB gewaschene Typhusbacillen aus
1) Im folgenden werden der Kiirze halber mit dem Ausdrucke *gut erhaltener“
Diploc. pneum. die in einer 12— 24-stiindigen Bouillonbultur sich findenden typischen
Kokkenformen, mit dem Ausdrucke n degenenerter tt Diploc. pneum. bestimmte, unten
naher beschriebene Degenerationsformen des Diploc. pneum. beim Wachstum in einer
1-proz. Zuckerbouillon bezeichnet
2 u. 3) Zitiert nach Eisenberg und Volk.
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Heyrovsky, Beitrag zur Biologie u. Agglutination des Diplococcus pneum. 707
1 Monat alten Bouillonkulturen sich schlecht oder gar nicht agglutinieren
lassen. Eisenberg und Volk 1 ) koDnten dagegen diese Angaben nicht
bestfitigen; sie fanden vielmehr, daB sich aus einige Monate alten
Bouillonkulturen gewonnene und gewaschene Typhusbacillen prompt und
gut agglutinieren lassen.
Diese letzte Beobachtung entspricht auch der bereits lange bekannten
Tatsache, daB in der vitalen Energie geschfidigte und namentlich aviru-
% lent gewordene Bakterien in der Regel besser agglutiniert werden, als
die kurz aus den pathologischen Produkten isolierten und virulenten
Mikroorganismen.
Als Kulturfliissigkeit fflr das Studium der Degeneration des D i p 1 o c.
pneum. habe ich eine alkalische 1-proz. Traubenzuckerbouillon beniitzt.
Infolge des auBerst flppigen Wachstums des Diploc. pneum. in
dieser Nfihrflflssigkeit ist die Menge der dabei gebildeten Stoff-
wechselprodukte eine betrfichtliche und die deletfire Einwirkung derselben
auf die gewucherten Kokken eine in die Augen fallende. Falls die
diffuse, dichte Trflbung der Glykosebouillon, wie dies regelm&Big der Fall
ist, wenn man letztere mit einer groBeren Menge frisch auf Agar ge-
zflchteter Diplokokken beschickt, nach 12-stflndigem Verweilen bei
Bruttemperatur ihr Maximum erreicht, so findet man nach weiteren
4 Stunden die Diplokokken bereits in verschiedenen Stadien der Degene¬
ration. Wfihrend die filteren vegetativen Formen sich bei der Gram-
Farbung bereits entffirben und bei der Nachffirbung mit Fuchsin mehr
oder minder intensiv tingiert werden, sind die jflngeren Formen noch
Gram-positiv. Die Zahl der nach Gram sich entffirbenden Kokken
nimmt rapid zu, so daB nach im ganzen 24-stflndigem Verweilen bei
Bruttemperatur regelm&Big kein einziger Coccus mehr sich Gram-positiv
ffirbt und kein einziger als lebens- und vermehrungsffihig zu betrachten
ist, da weder die Ueberimpfung auf Nfihrbflden, die ihnen sonst. am
meisten zusagen, noch auch die Infektion auf empffingliche Versuchstiere
gelingt
Noch auffallender ist das rasche Absterben des Diploc. peum.
beim Wachstum in der Zuckerbouillon dann, wenn man kleine Mengen
(ca. 1 ccm) dieser Kulturfliissigkeit mit einem Tropfen septikfimischen
(diplokokkenhaltigen) Blutes beimpft
In diesem Falle gelingt trotz des fiuBerst flppigen Wachstums der
mit dem Blute eingeimpften Kokken die Abimpfung, sowie die intra-
peritoneale Infektion einer Maus, bereits nach 12-stflndigem Wachstum
bei Bruttemperatur nicht, wfihrend die geringste Menge einer ebenso
beimpften einfachen Bouillonkultur eine Maus rasch an Septikfimie tfltet.
Das flberaus rasche Absterben, sowie die unten nfiher beschrie-
bene Degeneration des typischen Diploc. pneum. in der 1 - proz.
Traubenzuckerbouillon habe ich so konstant beobachtet, daB ich
in diesem Verhalten ein Differenzierungsmerkmal des
Diploc. pneum. vom Streptococcus pyogenes erblicke,
der sich seinen Stoffwechselprodukten gegenflber viel resistenter verhfi.lt.
Die weiteren Erscheinungen des Zerfalles der abgestorbenen Kokken
sind folgende: Die einzelnen Diplokokken und kurzen Ketten schrumpfen
augenscheinlich, wobei offenbar ein Teil des Bakterienkorpers aufgelflst
wird und die geschrumpften Formen bilden weiterhin kleine Hfiufchen,
die teils einen spfirlichen Bodensatz erzeugen, groBtenteils aber lange
1) Zeitschrift f. Hyg. etc. 1902. p. 170.
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Centralbl. f. B&kt etc. L Abt Originals. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Zeit suspendiert bleiben und dadurch eine mSfiig starke Trflbung der
Kulturflflssigkeit bewirken, und so der schliefilichen AuflOsuug lange Zeit
Widerstand leisten; ibre vollstSndige AuflQsung kaun aber durch Alkali-
sierung der sauren Kulturflflssigkeit sofort bewerkstelligt werden. Die
trflbe Kulturflflssigkeit klSrt sich nach Zusatz von geriuger Menge NaOH
sofort vflllig auf und von der ganzen flppigen Vegetation des Diploc.
pneum. ist keine Spur vorhanden.
Der so rasch eintretende Stillstand des Wachstums und das rasche
Absterben des Diploc. pneum. in Traubenzuckerbouillon ist nament-
lich durch die Sauerung der Kulturflflssigkeit bedingt; durch rechtzeitige
und wiederbolte vorsichtige Neutralisation des NShrbodens (mit verdflnnter
Natronlauge) gelingt es oft, den Coccus langer lebend und flberimpfbar
zu erbalten, wobei aber nur eine verhSltnismSGig geringe Anzahl von
Kokken weiter vegetiert und die Bouillon von neuem sSuert. Zwingt
man nun auf diese eben erwShnte Weise die Diplokokken in ihren sich
anhSufenden Stoffwechselprodukten weiter zu vegetieren, so gelingt es
oft, eine Wachstumsform zu erzielen, die der oben erwShnten von
Metschnikoff zuerst beschriebenen Wachstumsform des Diplococcus
in Immunseris vollkommen gleich ist, ein Umstand, der beweist, dafi der
Diploc. pneum. auf die schSdigende Einwirkung der Stoffwechsel-
produkte ebenso reagiert, wie auf die in einem Immunserum vorhandenen
Schutzstoffe.
Die geschrumpften und zum Teil schon durch Stoffwechselprodukte
agglutinierten (oben beschriebenen) Kokkenleiber einerseits, und die
durch Alkalisierung der Kulturflflssigkeit erzielte Losung der Kokken
andererseits, zeigen nun der Agglutination und Pr&zipitation vollkommen
analoge Reaktionen schon nach Zusatz einer so geringen Menge eines
spezifischen Kaninchenserums, die die „gut erhaltenen u , schwer aggluti-
nierbaren Diplokokken in keiner Weise beeinflufit.
Die zu den erwShnten Reaktionen benfltzten Sera wurden sSmtlich
durch die Behandlung von Kaninchen mit Injektionen von teils durch
Hitze (70° C, 10 Minuten) abgetoteten, teils lebenden Pneumokokken
gewonnen. Zur Immunisierung eines Tieres wurde immer nur 1 Stamm
verwendet.
Die erste Reihe von Versuchstieren wurde ausschliefilich mit bei
70° C (10 Minuten) abgetoteten, von schiefen 24 - stflndigen Agar-
kulturen stammenden und (mit Vermeidung des Kondenswassers) in
Bouillon aufgeschwemmten Diplokokken behandelt, wobei verhSltnism&Big
grofie Mengen (Aufschwemmungen von 20—30 flppig bewachsenen Serum-
AgarrShrchen) in 8-tSgigen Intervallen wiederholt intraperitoneal injiziert
wurden. Die Immunwerte der so gewonnenen Sera waren sehr gering.
Die agglutinierende Einwirkung auf frische Bouillonkulturen von Diplo¬
kokken war sehr geringfflgig, oft nur bei Verdflnnung 1:1, hflchstens
1:4 ausgesprochen. Der homologe Stamm zeigte immer, andere kul-
turell vollkommen mit diesen flbereinstimmende StSmme oft das von
Metschnikoff beschriebene agglutinierte Wachstum in einem solchen
reinen Serum. Hingegen zeigten diese Sera sSmtlich in betrSchtlichen
Verdflnnungen charakteristische Reaktionen auf die oben beschriebenen
Degenerationsformen der Diplokokken.
Eine andere Reihe von Kaninchen wurde nach der von Neufeld
beschriebenen Methode behandelt. Das Grundprinzip dieser Methode
bildet die moglichst ausschliefiliche Benfltzung der Kokkenleiber mit
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Heyrovsky, Beitrag zur Biologic u. Agglutination des Diplococcus pneum. 709
Vermeidung der Stoffwechselprodukte *) und zwar empfiehlt Neufeld
oine einmalige Einverleibung einer groBen Menge bei 70 0 C abgetdteter
Diplokokken, und nach 10 Tagen die erste Injektion einer bereits hohen
Dosis lebender Kultur, die einigemal rasch nacheinander in steigenden
Mengen wiederholt, lange dauernde und intensive fieberhafte Reaktionen
hervorrufen soil. Anf diese Weise kann man nach Neufeld leicht ein
hochwertiges Immunserum, oft (aber keineswegs immer) auch ein gut
agglutinierendes Serum erzeugen. Meine diesbezflglichen Versuche
fflhrten insoweit zu denselben Resultaten, als es mir tatsachlich bei zwei
Tieren gelang, ein die frischen Bouillonkulturen der Diplokokken ver-
h<nism&Big hoch agglutinierendes Serum zu erzeugen, und diese Eigen-
schaft beider Sera bei weiterer Behandlung der Tiere rasch verschwand,
w&hrend sich der Immunit&tsgrad steigerte; jedoch arbeitete ich mit be-
trSchtlichen Tierverlusten und halte dieselben bei der schwankenden
und nicht immer absch&tzbaren Virulenz des Diploc. pneum. ffir un-
meidlich.
Eine ausgesprochene und hochgradige Quellung der Diplokokken-
leiber bei der Agglutination, so wie sie Neufeld beschreibt, konnte ich
nur bei zwei von Menschen stammenden Seris (ein Fall von krupdser
Pneumonie nach der Krise und ein Fall von Diplokokkenmeningitis und
Endocarditis [Leichenmaterial]) beobachten, nie dagegen bei den durch
die oben beschriebenen Immunisierungsarten erzeugten Kaninchenseris;
wohl deshalb, weil es mir bisher nicht gelang, so hochwertige Sera wie
aie Neufeld beschreibt (Agglutinat. bis 1:60) und wie ich sie zweimal
bei Diplokokkeninfektionen des Menschen fand, kQnstlich bei Kanin-
•chen zu erzeugen. Diese Vermutung stQtzt namentlich der Umstand,
daB ich die zweite, bei schwScher wirkenden Seris von Neufeld be-
obachtete Erscheinung, namlich die Anordnung der Diplokokken zu
langen, zierlich gewundenen Ketten oft beobachtet habe. Mein stfirkstes
Kaninchenserum agglutinierte den homologen frisch gezQchteten Stamm
bis zur VerdQnnung 1:30, die heterologen St&mme mindestens zur Ver-
dflnnung 1:10.
Nach meinen, allerdings grOfitenteils am Leichenmateriale gesam-
melten Erfahrungen (40 F&lle) findet man auch bei Diplokokkeninfek¬
tionen des Menschen nur selten, ein den homologen Stamm auch
uur m&Big hoch (1:20) agglutinierendes Serum.
Es soli nun die Agglutination der „degenerierten tt Diplokokken durch
die auf die oben beschriebenen zwei Immunisierungsmethoden erzeugten
Sera beschrieben werden.
Wird die bei 37 0 C gut gewachsene 12—20-stfindige Traubenzucker-
bouillonkultur aus dem Brutofen genommen und einige Tage bei Zimmer-
temperatur gehalten, so vollzieht sich die Degeneration der Diplokokken
in einigen Tagen; die diffuse Trtlbung geht ein wenig zuriick und die
Kultur zeigt nach geringem Zusatz von NaOH eine typische Reaktion.
Wahrend nkmlich die 12-stQndige Kultur durch Zusatz von einer noch
so grofien Menge Na-Lauge nicht gelbst wird, vielmehr eine durch
UeberschuB von Alkali hervorgerufene nicht spezifische Agglutination
zeigt, lbst sich eine degenerierte Kultur nach Zusatz einer kleinen Menge
Natronlauge vollkommen auf.
1) Auch in der era ten Versuchsreihe wurden die Stoffwechselprodukte dadurch
vermieden, dafi eine Aufschwemmung schiefer Agarkulturen ohne Kondenswasser be-
nntzt wurde.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Es wurde schon erw&hnt, dafi die Mikroorganisraen in einer solchen
einige Tage alten Kulturfliissigkeit bereits zum Teil in H&ufchen liegen,
docb sind dieselben bei der Betrachtung der Kulturflussigkeit mit bloBem
Auge oder einer Lupe auch bei einer sehr alten Kultur nicht sichtbar,
die Flflssigkeit ist vielmehr diffus triib.
Wird nun zu einer solchen, mehrere Tage alten, degenerierten Gly-
kosebouillonkultur desDiploc. pneum. eine geringe Menge des spezi-
fischen Serums zugesetzt, sotritt nach 12-stiindigem Verweilen
derProben bei Zimmertemperaturtypische Agglutination
auf, w&hrend die Kontrollproben mit derselben Menge eines normalen
Kaninchenserums diffus getrflbt bleiben.
Die Erscheinungen der makroskopisch untersuchten Agglutination
sind den Agglutinationserscheinungen anderer Bakterien durchaus &hn-
lich. Wfihrend sich bei schw&cheren Verdiinnungen des spezifiscben
Serums die Kulturfliissigkeit vollkommen kl&rt und die Mikroorganismen
zusammengeballt am Boden des Gef&Bes liegen, zeigt bei starkeren
Verdiinnungen die Kulturfliissigkeit eine teils schon mit blofiem Auge,
teils mit der Lupe sichtbare Flockenbildung und je nach der Beobach-
tungszeit mehr oder minder ausgesprochenes Sediment.
Die beschriebene Reaktion ist durchaus spezifisch. Die Bildung
von Flocken tritt in einer noch so alten Zuckerbouillonkultur des
Diploc. pneum. ohne Zusatz von Serum nie auf und das sich bildende
Sediment verteilt sich immer beim Aufschiitteln zur diffusen Trflbung.
Ein normales Kaninchenserum vermag nur bei starken Konzentra-
tionen (bis 1:5) und nur bei einer sehr degenerierten Kultur eine
Flockenbildung zu erzeugen. Die mikroskopisch (im h&ngenden Tropfen)
untersuchte Agglutination l&Bt sich viel schwerer beurteilen, da man,
wie bereits erw&hnt wurde, kleine H&ufchen in jeder degenerierten Kultur
findet; doch ist auch hier, falls man Kontrollproben mit normalem Serum
anstellt, die agglutinierende Wirkung des spezifischen Serums unver-
kennbar. Die beschriebene Agglutination wurde bei der ursprflnglichen
schwach sauren Reaktion der Kultur ausgefilhrt; sie vollzieht sich eben-
sogut auch bei neutraler Reaktion der Kulturfliissigkeit.
Nachdem diese Beobachtungen der leichten spezifischen Agglutinier-
barkeit der degenerierten Formen gemacht worden waren, lag es nahe,
an einer durch geringen Zusatz von Normalnatronlauge geldsten, nach-
her vorsichtig (durch stark verdQnnte Salzs&ure) neutralisierten, klaren
L5sung der Diplokokkenleiber auch die Pr&zipitation nach Kraus zu
priifen.
Tatsfichlich gelingt diese Reaktion nach Zusatz von spezifischem
Serum leicht. Setzt man nfimlich ein die „degenerierten“ Formen hoch
agglutinierendes Serum zu der oben beschriebenen Losung im Verhfilt-
nis 1:1 bis 1:4, so ffillt die Prfizipitinreaktion positiv
a us. Die kurz nach dem Zusatz des Serums noch klare FlOssigkeit
trflbt sich in einigen Stunden (bei Zimmertemperatur) durch Flocken¬
bildung und nach 12 Stunden ist bereits ein volumindses Pr&zipitat
vorhanden.
Auch klare Filtrate einer degenerierten Traubenzuckerbouillonkultur
zeigen nach Zusatz von spezifischem Serum in oben erw&hnten Verdfln-
nungen dieselbe Reaktion, nur sind die Prfizipitate nicht so voluminds.
Hingegen gelang es mir nicht, mit meinen Seris eine Pr&zipitation in
den Filtraten einer alten einfachen Bouillonkultur des Diploc. pneum.
zu erzielen; allerdings ist anzunehmen, dafi bei dem sp&rlichen Wachs-
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Heyrovsky, Beitrag zur Biologie u. Agglutination des Diplococcua pneum. 711
torn des Diploc. pneum. in der Bouillon, daselbst nur eine viel ge-
ringere Menge gelQster Diplokokkenleiber vorhanden ist.
Auch bei der Pr&zipitinreaktion warden immer Kontrollproben mit
normalem Kaninchenserum angestellt und fielen durchwegs negativ aus.
Die SpezifitUt der Reaktion ist demnach nicbt zn bezweifeln.
Die eben bescbriebenen PrSzipitate Ibsen sich kbnlich wie Prkzipi-
tate anderer Bakterien 1 ) nach Zusatz geringer Mengen Lauge voll-
komraen auf.
Bevor wir nan die Agglutination der „degenerierten“ Formen des
Diploc. pneum. einigen Erw&gungen unterziehen, sei hier die agglu-
tinierende und pr&zipitierende Einwirkung, der Kilrze halber nur von
zweien meiner Sera, auf die „gut erhaltenen“ Diplokokken und auf die
degenerierten Formen derselben, tabellarisch festgestellt:
Serum
Agglutination
einer 24-stiindigen
Bouillonkultur
Agglutination
einer degenerierten
Glykosebouillonkultur
Prazipitation
der gelosten degene¬
rierten Formen
Serum vom Kaninchen
K e nach 6 intraperi-
toneal. Injektionen von
im ganzen 198 schiefen
Agarkulturen d. Stam-
mes P 8 am 17. Juli 1904
Stamm P 6
1 :1 negativ
1 I 50 n
Stamm P 6
1 :40 positiv
1:00 negativ
Stamm P e
1:1 negativ
Serum desselben Tieree
nach 2 weiteren Injek¬
tionen (im ganzen in-
jiziert ei ne Auf sch wem-
mung von 240 schiefen
Agarkulturen) am 2.
Aug. 1904
Stamm P 9
1:1 poeitiv
1:4 fepur
! 1:0 negativ
Stamm P 6
bis 1:120 positiv
Stamm P a
bis 1:3 positiv
Dasselbe Serum nach
2 Monaten (auf bewahrt
im Eisschrank ohne
Zusatz von Desinfizi-
entien) am 2. Okt. 1904
! Stamm P 6
1:1 negativ
Stamm P„
bis 1:100 positiv
Stamm P 6
bis 1:3 positiv
Serum vom Kaninchen
K, 9 behandelt mit
Stamm P, 9 nach Neu-
feld am 4. Okt. 1904
1 Stamm
bis 1: 30 positiv
Stamm P t9
bis 1:100 positiv
Stamm P„
bis 1:4 positiv
Dasselbe Serum nach
10 Tagen (aufbewahrt
im Eisschrank ohne
Zusatz von Desinfizi-
entien)am 14. Okt.1904
I Stamm P 29
1:1 positiv
1:4 negativ
Stamm P f9
bis 1:80 positiv
Stamm P„
bis 1:3 positiv
Serum desselben Tieres
nach weiterer Behand-
lung am 30. Nov. 1904
Stamm P 29
1:1 positiv
1:4 negativ
Stamm P^
bis 1:20 positiv
Stamm P t9
1:1 positiv
Aus obigen Agglutinationsresultaten ist zu ersehen:
1) daB ein spezifisches Serum, welches eine 24-stQn-
dige Bouillonkultur des Diploc. pneum. in keiner Weise
beeinfluBt, den gleichen, aber „degenerierten“ Stamm in
bereits bemerkenswerter Verdflnnung spezifiscb aggdu-
tiniert;
1) Siehe die Arbeit von Eisenberg und Volk. (Ztechr. f. Hyg. Bd. XL. 1902.
p. 192.)
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712 Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Original©. Bd. XXXVIII. Heft 6.
2) daB ein, die 24-stflndige Bouillonkultur aggluti-
nierendes Serum die „degenerierten u Formen desselben
Stammes in unvergleichlich hdheren VerdQnnungen zu
agglutinieren vermag;
3) daB ein die 24-stflndige Bouillonkultur des Diploc.
pneum. nur in sehr hohen Konzentrationen aggl u tinier en-
des Serum, die gelflsten „degenerierten“ Formen desselben
Stammes bereits in Verdflnnungen zu fallen vermag, bei
welchen die 24-stflndige Bouillonkultur gar nicht mehr
agglutiniert wird.
Bevor wir nun die leichtere Agglutinierbarkeit der beschriebenen
T,degenerierten“ Formen des Diploc. pneum. zu erkl&ren versuchen,
so mflssen wir die Frage beantworten, ob die bei den beschriebenen
Agglutinationsph&nomen des Diploc. pneum. identiscb seien, mit an-
deren Worten, ob bei den beiden Reaktionen dieselben Agglutinine des
Serums, sowie dieselben agglutinablen Substanzen der Kokken, in Be-
tracht kommen.
Es muB zuerst als festgestellt angenommen werden, daB die bei den
beiden Agglutinationen in Betracht kommenden Kokkenleiber von che-
misch verschiedener Beschaffenheit sind; dies beweist, abgesehen von
-dem tinktoriellen und morphologiscben Verhalten, das durchaus ver-
schiedene Verhalten der Kokkenleiber gegenflber einigen chemischen
Reaktionen.
Die „degenerierten u Diplokokken werden durch einen geringen Zu-
aatz von Natronlauge vollkommen gelost, w&hrend die nicht degenerierten
ungelost bleiben.
Die Aufldsung vollzieht sich nicht nur bei in der Kulturflflssigkeit
suspendierten, sondern auch bei durch Zentrifugieren ausgeschleuderten
und gewaschenen Kokkenleibern, so daB eine etwa unter den Stoffwechsel-
produkten vorhandene, an die Kokkenleiber nicht gebundene und nur
bei alkalischer Reaktion in Aktion tretende Substanz nicht anzunehmen ist.
Diese Verschiedenheit der chemischen Beschaffenheit beider Arten
von Kokkenleibern schlieBt aber das Vorhandensein einer gleichen bei
den beiden Agglutinationen in Betracht kommenden Substanz in den
Kokkenleibern nicht aus; vielmehr sprechen einige Umst&nde fflr die
Identit&t derselben bei den beiden Reaktionen.
1) Wie schon Neufeld nachweisen konnte, ist die agglutinable
Substanz des Diploc. pneum. hitzebestflndig; dies ist nun, wie ich
mich flberzeugen konnte, auch bei unseren degenerierten Formen der Fall.
2) Ferner konnte ich bei angestellten Absorptionsversuchen fest-
stellen, daB beide in Betracht kommenden Agglutinine — ihre Verschie¬
denheit vorausgesetzt — sowohl von den lebenden und gut erhaltenen
Diplokokken, wie auch von den degenerierten (aus der Kulturflflssigkeit
durch Abzentrifugieren ausgeschleuderten und wiederholt gewaschenen
Kokkenleibern) absorbiert werden.
Was nun die Agglutinine anbelangt, so sprechen einige Umstinde
allerdings dafflr, daB jene nicht vollkommen identisch sind. Vergleicht
man n&mlich die Agglutinationswerte der Sera einerseits bei der Agglu¬
tination der frisch gezflchteten Kokken, andererseits bei der Agglutina¬
tion der „degenerierten u Formen, so f&llt auf, daB diese letzten Werte
nicht immer proportional hflher sind, wie es zu erwarten wflre.
Um ein Beispiel anzufflhren, so agglutiniert ein Serum K e den
nicht degenerierten homologen Stamm P 6 bis zur Verdflnnung 1:2,
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Shdmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
713
denselben degenerierten Stamm bis zur Verdflnnung 1:120, ein anderes
Seram den aicht degenerierten homologen Stamm P, 9 bis zur VerdGn-
nnng 1:30, denselben degeneriert aber nur bis 1:100.
Weiter schwindet die Ffihigkeit eines (im Eisschrank ohne Zusatz
von Antisepticis) aufbewahrten sterilen Serums, die „gut erhaltenen
Kokken“ zu agglutinieren sehr rasch, in einigen Tagen, wfihrend dasselbe
Serum die FShigkeit, die „degenerierten u Formen zu agglutinieren und
zu pr&zipitieren lange Zeit hindurch fast ungeschwScht beh< (siehe
die Tabelle). Es ist somit als wabrscheinlich anzunehmen, dafi die
beiden Agglutinine nicbt vollkommen identisch sind, doch spielt, wie ich
glaube, dieser Umstand bei der Beantwortung unserer Frage nach der
leichteren Agglutinierbarkeit der „degenerierten u Formen des Diploc.
pneura. keine wichtige Rolle.
Nachdem n&mlich festgestellt wurde, dafi die nicbt degenerierten
Diplokokken beide Agglutinine zu binden vermdgen, so geht daraus
hervor, dafi die Ursache der leichteren Agglutinierbarkeit der „degene-
rierten“ Formen in den Kokkenleibern liegt.
Da es mir nun auf keine andere Weise (durch Beeinflussung der
Kokkenleiber durch Hitze und chemische Agentien, namentlich Sfiuren)
gelang, die frisch gezGchteten Diplokokken in ahnlicher Weise wie die
„ degenerierten 11 Formen durch spezifisches Serum leicht agglutinabel zu
machen, so mufi ich mich darauf beschr&nken, den eigenartigen Einflufi
der Stoffwechselprodukte auf den Diploc. pneum. zu konstatieren.
Interessant und beraerkenswert bleibt immerhin der Umstand, dafi
eine Degenerationsform des Diploc. pneum. durch ein spezifisches
Serum unvergleichlich besser agglutiniert wird, als der frisch gezQch-
tete und zur Erzeugung des Serums im nicht degenerierten Zu-
stande benutzte Stamm.
Nachdruck verboten.
On an infectious pneumonia of rabbits and its treatment
with anti-serum.
[From the Institute for the Investigation of Infectious Diseases: Uni¬
versity of Bern (Director Prof. Dr. Tavel).]
By Dr. Henry J. Sfldmersen.
With 1 fig. and 1 diagram.
(SchluB.)
The surface colonies upon agar of Bacillus B are characterised
by an irregular hazy halo surrounding a central nucleus where the
growth is very much denser and raised above the surface. The colonies
have a tendency to run together. These characters distinguish its co¬
lonies from those of Bacillus A.
The bacillus resembles Bacillus A in being small and usually
arranged in pairs end to end. In young culture it is actively motile,
but this motility is slightly different from that of Bacillns A. There
can be little doubt regarding its affinity to this bacillus although it
does not possess the property of being agglutinated by the immune
serum.
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
In culture the following are its chief characters:
Agar. Growth takes place rapidly in the form of a thick greyish
white viscid layer. In stab culture there is very little growth observed
along the line of puncture, but on the surface this rapidly spreads to
the wall of the tube.
Gelatine. Liquefaction starts from the surface of a stab culture
and extending into the gelatine along the puncture forms a depression
at the bottom of which the microorganisms form a thick greyish mass.
Already on the fifth day the surface is covered by a layer of liquefied
gelatine to a depth of ^ cm or more.
Bouillon becomes very turbid 24 hours after inoculation at the
temperature of 37° C, this when shaken and held before the light
shows the peculiar shimmer above remarked upon, an appearance which
is common in young broth cultures of actively motile organisms. A
thick deposit is formed after a few days, and a slight film is sometimes
observed. Indol is not formed in peptone broth culture. Gas is
abundantly formed in glucose bouillon.
Milk. After a few days a whitish slimy deposit is formed and
the liquid becomes clear above. Later the liquid becomes yellowish in
colour at the same time much of the slimy sediment has disappeared.
A 10 day’s culture is found to contain much peptone.
Potatoe. Grows well and forms at first a dirty yellow viscid layer
which changes to a yellowish brown colour later. The potato itself is
coloured dirty brown or chocolate.
Bacillus C. During the latter part of November and early in
December several rabbits succumbed to a lung infection different from
that due to Bacillus A which was also prevalent at that time. These
animals were large and exhibited no remarkable diminution in weight.
Around the nose and occupying its cavities there was usually present
a small quantity of thick greyish white mucus, but this was not always
present. The animals so affected died suddenly without showing any
symptoms other than a rise of temperature to 40—41° C which took
place a day or two before death, and a difficulty in respiration which
may be accompanied by rales. On dissection great portions of the lungs
were found to be occupied by a thick creamy pus; the pleurae and
pericardium were bound by thick adhesions, and contained large masses
of loose fibrin. The spleen was small, other organs appeared normal.
A smear preparation of the purulent matter was seen to be crowded
with a small Diplobacillus having the appearance of Bacillus A,
and decolorised by Gram’s method. No other organisms were to be
observed. In contradistinction to the organisms already described
growth does not readily take place in ordinary culture media. No result
was obtained by streaking an agar surface, but along the line of punc¬
ture in stab agar a pale bluish grey diffuse growth made its appearance
after the second or third day of incubation in some tubes. The attempt
to grow it in gelatine was attended with a similar result; no lique¬
faction occured. In gelatine small isolated colonies of a brownish grey
colour by transmitted light sometimes appeared in place of the diffuse
cloudy growth along the track in the depth of the culture medium. In
broth growth takes place very slowly at the bottom of the tube forming
a pale gelatinous mass which is removed entire by the platinum needle
(zoogloea). The broth remains quite clear above; a 10 day’s culture
give a strong positive indol reaction. No growth was obtained in milk
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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
715
or on potato. Intrathoracic and intratracheal injections of broth cultures
gave rise to the disease in rabbits.
The following descriptions relate to organisms, the pathological
significance of which is doubtful, and to those which appear to be
accidentally and occasionally present in parts of the respiratory tract.
Bacillus D. This was obtained in association with Bacillus E
from the trachea and bronchi of a rabbit which died with moisture
around nose and mouth and besmeared for some distance around the
anus. The lungs were much congested, coecum and upper part of the
colon injected and distended with gas. The bacillus possesses all the
characteristics of the Colibacillus, is motile, aerobic, and facultative
anaerobic, on agar the growth is abundant after 24 hours incubation and
when coloured with neutral red becomes fluorescent on the following
day. Gelatine is not liquefied, the surface growth is abundant and dull
grey in appearance, along the line of puncture brownish grey. In broth
grows well, a deposit forms and liquid is very turbid on the day follow¬
ing inoculation. Indol is detected in peptone bouillon on the 3 rd day,
a strong reaction is obtained on the 6 41 * day. Gas is formed in glucose
bouillon. Milk becomes completely coagulated on the 2nd day. Potato
is stained dirty grey, a brownish yellow viscid growth appears after
24 hours incubation.
Bacillus E was found associated with Bacillus D as above
mentioned. It is decolourised by Gram’s method, is facultative an¬
aerobic and non-motile. A culture in bouillon was not agglutinated
by Coli-immune serum from Bacilus D. It grows well on agar
forming a thick dull greyish layer similar to Bacillus coli; along
the line of puncture in stab agar a slight growth is evident. Broth
becomes very turbid on the 2nd day; no film is formed. The bacilli
are short and stout and in pairs which are united to form chains. The
slimy deposit growth appears as though made up of small masses due
probably to this tendency of forming chains, and which is comparable
to that possessed by Streptococcus longus of growing in isolated
balls in broth culture. Gas is not produced in glucose broth; indol
is n o t formed in peptone broth. Gelatine is not liquefied. The growth
on potato is not abundant, is creamy in yellow young culture and hardly
distinguishable from the colour of the potato, later this becomes dull
grey with a shining surface, the potato itself is similarly coloured.
Bacillus F. This was obtained from the trachea of a rabbit
suffering with strongly marked symptoms of a pulmonary infection; the
nose was thickly covered with mucus discharge and the animal had
become listless and much emaciated. The lungs were much congested,
other organs appeared sound. The bacillus conforms with the Coli¬
bacillus D in most of its characters. It is however non-motile, and
is not agglutinated by the immune serum of this bacillus. The super¬
ficial colonies on agar exhibit a beautiful iridescence resulting from the
mode of increase by the formation of wavy concentrically arranged
rings. The growth of the colonies on agar is rapid. It is a facultative
anaerobic organism, on the surface of agar the growth is of a viscid
consistency and dull grey appearance. It grows well in bouillon without
film formation. It produced gas in glucose broth and indol in peptone
broth. Gelatine is not liquefied. Milk is coagulated. The colour of
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIIL Heft 6.
the growth on potato is a deep chocolate brown after 3 or 4 days in¬
cubation the colour of the potato becomes similar but less intense. In
old broth cultures various curved and long forms are prevalent.
Bacillus G (Bac. fluorescens liquefaci ens). In 2 cases
this organism was found in the lungs of rabbits which had died with
symptoms similar to those caused by the Bacillus A; it was present
in pure culture in both cases. It is a slender motile bacillus; its co¬
lonies on agar after 24 hours incubation are larger than those of the
Colibacillus, the agar has already become stained an olive green
colour at the end of this time, this becomes of a fluorescent green, and
in old culture tea green and ultimately brown in colour. Groups of
needle-shaped crystals appear in the agar. The growth on agar surface
is abundant and grey. Gelatine is liquefied and becomes emerald green
and fluorescent. Liquefaction commences from the surface and extends
downwards; the organisms form a thick grey layer on the surface of
the unliquefied gelatine. On the surface of bouillon a thick grey film
is formed, the fluid assumes a yellowish green colour at the end of
24 hours this changes to a brilliant green with strong fluorescence on
the 3“d day, the colour being more intense towards the surface. No
gas is evolved in glucose broth. In milk a slimy deposit is at first
formed which later disappears. The milk is of a clear yellow green
which becomes bluish green near the surface. Potato becomes stained
bluish green at the end of 24 hours and becomes of a dirty dark green
colour on the 4 th day. The growth is abundant, brownish, viscid.
This bacillus often occurs in the nasal excretion and pharynx of
infected rabbits and Guinea pigs.
Staphylococcus roseus was on several occasions found in
various parts of the respiratory tract of infected rabbits. It was ob¬
tained in association with Bacillus A in plate cultures from the lungs
in 3 cases, but so sparsely represented that its presence can only be
considered accidental. The colonies on agar were large and white in
the incubator, but assume a rose tint at the ordinary temperature. It
stains well with methylene blue and by Gram’s method. Grows well
on agar and gelatine, the gelatine is not liquefied; a sedimentary growth
of a pale pink colour appears in broth without film formation; in glucose
broth no gas is produced; indol is not formed; milk is not coagulated;
on potato numerous raised colonies of a brick- or cinnabar-red colour.
It is a facultative anaerobe.
Staphylococcus albus and Staph, aureus are occasionally
found in cultures from the lungs of rabbits infected with Bacillus A.
The bacillus to be described was obtained from the nasal excretion
of a rabbit. Upon the surface of agar a wrinkled yellowish brown
layer is soon developed over the entire surface. This consists of a
mass of oval spores, the protoplasm being located at each pole as a
small protuberance. With longer bacilli it is seen that the spore is of
much greater width than the bacillus and forms a large swelling at its
end. A thick wrinkled film appeared the following day on broth; the
broth itself remains quite clear, its colour changes however to a dirty
yellowish brown after a few days. Indol is not formed. Milk is not
coagulated, a buff-coloured sediment appears, later becomes a dirty
brownish yellow.
If a broth culture of about 10 days be stained after Gram’s me-
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Sudmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
717
thod it will be seen the bacillus retains the stain, on the other hand
the parts of the bacillus in the neighbourhood of spores, or where
spore formation is taking place are decolourised. The line which marks
off the part of the bacillus strongly stained by Gram from the deco¬
lourised part is sharp, there being no gradual transition as a rule. This
alteration in its staining reaction is of interest in regard to the con¬
stitution of bacterial protoplasm and its metabolic products. Upon
what does the difference in behaviour to Gram’s stain as shown by
different organisms depend? Is it due to a difference in the living
protoplasm itself or does it depend on the different nature of its meta¬
bolic products. In this connection it is known that alterations in stain¬
ing reaction may occur under various circumstances. Bordet in 1896
described such changes during phagocytosis as exhibited by alteration
in the staining reaction of the ingested organism for methylene blue
and eosin. I have observed instances in which bacilli outside the cell
were decolourised, those within being stained by Gram’s method, and
often in the same phagocyte all intermediate stages of alteration could
be observed.
Symptoms and post mortem appearances.
In the descriptions of the microorganisms and in the introduction
a general idea of the symptoms and pathological appearances has already
been given. I shall here describe some typical cases more fully, so
that similarities and dissimilarities due to the nature of the infection
may be exemplified.
Cases arising from the presence of Bacillus A. f Dec. 2
1903. Large rabbit from the Institute’s stock which had been losing in
weight for some time previous. The nose was besmeared with a thick
whitish exudation; there was no diarrhoea. The left nasal cavity was
filled with a purulent caseous mass, while the right cavity appeared
free from mucus. In the larynx was a small collection of slimy mucus,
the pharynx was moist and swollen, the trachea injected. The lungs
were hyperaemic and oedematous. The small intestine contained a
yellowish slime with numerous gas bubbles, in the rectum the faeces
were solid. The walls of the small intestine and coecum were injected
in places; more than the usual quantity of fluid was present in the
peritoneum. All the other organs were normal in appearance.
A smear preparation from the lungs showed the presence of numerous
small bacilli; in the nasal pus a long slender bacillus was present in
addition to small bacilli similar to those found in the lung. Bacillus A
was obtained in pure culture from the lung.
Diarrhoea is usually an accompanying symptom. In the above case
there was no external appearance of this at the time of death.
f Jan. 14 1903. A Guinea pig which had fallen considerably in
weight, and of which the nose had become blocked by a thick mucous
secretion. The lungs were found in an advanced condition of hepati-
sation in places, other parts were highly congested. The left lung was
more affected than the right; much mucus had collected in the bronchi.
The larynx and epiglottis was much swollen and covered with mucus
which had collected immediately below and had partially blocked up
the trachea. The blood vessels of the trachea were injected, and its
membrane moist and swollen. The stomach and intestine were almost
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718
Centralbl. f. Bakt etc. 1. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
empty. Spleen small; kidney, cortex pale in colour, ecchymoses in
glomerular region.
A smear preparation from the lung was seen to be crowded with
very small bacilli, and on agar surface a pure culture was obtained.
The identity of this with Bacillus A was proved hy the fact that it
was agglutinated by the antiserum of this bacillus. Many Guinea pigs
have succumbed to this infection.
Cases arising from Bacillus B.
The following case will suffice, since others agreed in all essential
features with it. All cases examined by me in which this bacillus occured
arose among experiment animals; this does not preclude the possibility
of infection by this bacillus having arisen also among the stock animals,
since the time at my disposal would not then allow of a thorough bac¬
teriological investigation of each case.
f Febr. 2 1903. Rabbit which had been previously injected with
filtered cultures of Pneumococcus; but at no time with living or¬
ganisms. For 2 weeks previous to its death the weight had been con¬
stantly and rapidly falling, so that at last the animal had wasted down
to about 2 /s of its original weight. The nose was thickly besmeared
with a whitish creamy mucous, the anus was coated around for some
distance with soft brown faecal matter. The interior of both nasal ca¬
vities was found to contain a fairly large quantity of whitish mucus
similar to that on the exterior. The tracheal mucus membrane was
swollen and injected and thickly coated with slimy mucus. The lungs
were bright red in colour and pulpy; on pressure much frothy mucus
was extruded. The stomach was almost empty, some yellowish green
slime was present in the flaccid small intestines.
Cases arising from Bacillus C.
The first cases which came under my observation were two large
rabbits which died on the morning of the 28 th November 1903. They
were both exceptionally large and fine looking animals at the time of
death. The outer surface of the nose was besmeared in the one case
but not in the other. The intestines in each case were distended with
gas bubbles, the spleen was small; the other abdominal organs had a
normal appearance. In each case a most striking appearance was
presented when the thorax was opened. The lungs were extensively
adherent to the body wall and the pericardium, the pericardium and
pleura contained thick deposits of fibrin and pus. These deposits were
so thick that both the heart and lungs were in large measure concealed.
On cutting through this layer, the heart was observed to be very large
and in a fatty stage of degeneration, while large portions of the lungs
were almost entirely replaced by a mass of thick creamy pus, the
remaining lung tissue had undergone consolidation, very little could be
considered in any degree functional.
f Dec. 10 1903. Rabbit which had shown signs of infection since
the 21 g t of November; it did not show any noteworthy diminution in
weight, its temperature was at times sub-normal but for some days
before death a temperature of 41—42° C was frequently recorded.
From the nasal exudation Staphylococcus aureus and two kinds
of bacilli which were decolorised by Gram were obtained in culture.
The post mortem appearance was essentially similar to that above
described.
A smear preparation from the lungs in all the above cases showed
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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
719
the presence of a very small Diplobacillns which was decolorised
by Gram’s method. A non-stainable area was generally observed to
surround the bacillus, and since this was seen in air-dried preparations
fixed by alcohol and ether must be considered as due to the presence
of a capsule. Its tendency to grow as a zoogloea at the bottom of
broth has been remarked upon.
The following case is given as an instance of nasal catarrh associated
with pulmonary tuberculosis. On the 27 th May 1903 a rabbit suspected of
infectious pneumonia was killed. The temperature immediately before
death was 39,2° C. It had wasted considerably. The surface around
the nose was besmeared with a thick greyish white exudation, there
was some oozing from the fore corners of the eyes. The lungs were
highly tuberculous, no other organisms besides the tubercle bacillus
were observed. The liver was dark coloured. In the kidneys were a
few large white purulent foci. Spleen normal. Heart large, soft, pale
colour. From the interior of the nose various bacillus and cocci were
obtained in culture on agar surface.
Cases have occured of rabbits having died of other diseases with
more or less strongly marked rhinitis. In some cases culture media
inoculated from the lungs (which have shown no abnormal condition),
have remained sterile. Similar cases have likewise occurred among
Guinea pigs though the rhinitis has not been so well marked as in
rabbits. It is hardly conceivable in such cases that the rhinitis has
been the cause of death, a coccidiosis with which some were affected
may account for their deaths, but in other instances of the kind I
could not find any appearance serious enough to be considered the
cause of death. A careful investigation of this matter would be of
great interest.
On the preparation of an immune serum against Ba¬
cillus A, the causal agent of an infectious pneumonia
in rabbits.
Before describing the process of immunisation some results obtained
by the injection of living and filtered cultures may be conveniently given
in this place. Similar experiments were made with some of the other
microorganisms previously described, but these were not so fully carried
out, and will therefore not be treated of at present. Rabbits were used
for the injections.
Intratracheal injections.
March 7 1903. 2,5 ccm culture. Saline emulsion of a 48 hours
old culture of Bacillus A on agar.
Weight
Temperature
March 7
2590 g
39,6° C
(Before injection)
March 12
2500 ,
„ 17
2240 „
38,9° „ thick nasal exudation
„ 20
1970 *
39,2° „
„ 21 t
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720 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Dec. 21 1903. 2 ccm culture. Emulsion as above.
W eight
Temperature
Dec. 21
920
39,2° 0
(Before injection)
Dec. 23
870
39,15°,,
„ 26 Wei
il marked exudation of a thick slimy mucus
around nose.
Bronchial rales
„ 28
900
much nasal catarrh
A gradual recovery now seemed to take place, on the 8*b January
the exudation had disappeared. Its weight was then 915 g. The ba¬
cillus had been isolated about 6 months previous, and had lost much
of its virulence. About 3 weeks later animal was observed to be in a
bad condition and died on the 30t h January with all the characteristic
symptoms of the infection. Its weight was then 790 g.
Dec. 8 1903. 0,5 ccm culture. Emulsion as above. Before
injection 1850 g. 39,4° C.
On the 12 th of December some slight exudation around nose. A
preparation showed the presence of Staphylococcus together with
various bacilli. On the 16 th its weight was 1800 g, the exudation existed
as a small dried patch. On the 20 th its weight was 1760 g, after which
a gain in weight occurred until the 27‘b its weight having then risen
to 1880 g; on the 30 th it became reduced to 1830 g while the mouth
and nose were both extensively moistened with mucus. Death took
place on the 2 n< f January 1904; its weight after death was 1650 g. The
lungs did not exhibit any very striking abnormal appearance beyond
hyperaemia, the pleura contained much fluid. The intestines were
distended with gas, but were not congested. The spleen was small,
liver normal. The trachea was partially blocked by a mass consisting
of leucocytes and epithelium together with various bacilli: a long thin
bacillus, a Coli-like bacillus, and a large number of small bacilli. The
latter bacillus was isolated and its identity demonstrated by its cha¬
racteristic growth on potato and other peculiarities. The same bacillus
was found in the lungs in pure culture.
The above cases are selected to give an idea of the inconstant
results attending intratracheal injections. The last case exhibits a very
variable course, this as well as the 2nd ca Se showed signs of recovery,
then of re-infection. Since the animals were carefully isolated, this re¬
infection must have been due to re-activity of latent bacilli under more
favourable circumstances. The first is a typical case; death resulting
after a period of about 14 days.
I could not determine a minimal lethal dose for intratracheal in¬
jections, since the results were so various. In several cases with small
doses recovery took place without any signs of re-infection subsequently.
Intrathoracic injections.
Jan. 14 1904. 3 ccm culture. Saline emulsion
of a 48 hours culture of Bacillus A on agar.
Weight
Temperature
Jan. 14
1200 g
39,8° C
(Before injection)
Jan. 18
1050 „
39,5° „
„ 21
970 „
„ 23 f
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S&dmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
721
Both lungs were largely occupied by pus, but more especially was
this the case with the right lung into which the injection was made.
Fibrinous pleuritis with adhesions. Stomach much distended with gas,
duodenum and small intestine filled with yellow slime; numerous large
gas bubbles in large intestine and coecum. The anus was besmeared
with soft faeces. In peritoneum large fibrinous masses in neighbourhood
of liver and stomach. The trachea somewhat injected and moist; no
exudation from nose. From the lungs a pure culture of Bacillus A
was obtained.
This case is remarkable in regard to the purulent condition of the
lungs, the marked peritonitis, and absence of nasal exudation.
Jan. 22 1904. 3 ccm culture. Emulsion as above.
Weight
Temperature
Jan. 22
630 g
39,8° O
(Before injection)
Jan. 25
570
1
slight nasal exudation
28
540 „
39,6° C
Febr. 1
„ 3 t
500 „
slight accumulation of mucus in left nostril
The post mortem appearances exactly simulated those of spontaneous
cases. Both lungs were highly congested and oedematous. The right
lung into which the injection was made was more particularly affected.
There was no formation of pus as in the preceding case in which death
took place earlier owing to the greater virulence of the culture.
No adhesions were observed. The peritoneum was congested;
spleen small, pale in color. The small intestine contained a yellowish
slime in which gas bubbles were present. There was slight moisture
around the nostrils. The mucous membrane of the pharynx and trachea
was oedematous, that of the trachea was congested and thickly coated
with mucous.
Sub-cutaneous and intraperitoneal injections.
The behaviour of cultures of Bacillus A was similar to that of
the Colibacillus D when injected sub-cutaneous or intraperitoneal.
In both cases a somewhat low grade of virulence was indicated.
Although there is a general similarity in the effects a difference is
observable in the longer duration of an infection by the Bacillus A
than by the Colibacillus, when a quantity just below the fatal dose
is injected. The rabbit which has received the culture of Bacillus A
gradually loses weight and exhibits other signs of infection for a much
longer time than the rabbit which has received an injection of the
Colibacillus. In the latter case recovery commences at latest a few
days after the injection, while in the former, case signs of illness may
exist even 3 weeks afterwards.
Injections of filtered cultures.
Cultures in bouillon of various ages were filtered through a Cham -
berland filter and injected sub-cutaneous, intraperitoneal and intra¬
venous. The filtrates were of a pale straw colour, which differed in
shade with the age of the culture, being darker in old than in young
cultures. The toxic action was well marked when the injection was
made in the venous system, and but slight when introduced beneath
the skin or in the abdomen. That the filtrates possessed but feeble
Erato Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 6. 46
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722
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXVUL Heft 6.
action is not surprising, since as is well known a large number of or¬
ganisms which undoubtedly produce toxin in the animal body fail to do
so in culture.
The following results are selected:
May 16 1903. Babbit injected sub-cutaneous with 10 ccm filtrate
from a 12 days’ culture of Bacillus A.
Weight
Temperature
Remarks
May 16
(Before injection)
1600 g
39,55 0 C
Temp. 41,2 0 C (4 hrs. after
injection)
May 18
1420 „
39,45° „
Large swelling
„ 19
1450 „
39,1° „
i» ii
„ 20
1480 „
39,3° „
ii ii
ii 22
1610 „
39,8' „
n n
Febr. 24 1904. Babbit injected sub-cutaneous with 10 ccm filtrate
from a 20 days’ culture of Bacillus A.
Weight
Temperature
Remarks
Febr. 24
(Before injection)
900 g
39,2° C
Temp. 42° C (5 hours after
injection)
Febr. 25
950 „
39,7° „
Very large swelling
» 26
920 „
38,7' „
ii *i ii
„ 27
930 „
38,8° „
ii ii ii
In both cases the swelling at the seat of injection was much in¬
flamed, the hair completely fell off and later necrosis set in.
The last case diners from the first in that no fall in weight occurs.
A fall in weight usually takes place, but differences in this respect are
very probably due to some alteration of the toxin in old cultures, or
to inconstancy of this symptom for sub-cutaneous injections and therefore
varying according to the animal’s constitution.
The above cases give evidence of toxic action chiefly in the rise of
temperature immediately after injection, and the extensive necrosis at
the seat of injection. The case is different and more pronounced with
intravenous injections.-
Febr. 24 1904. Babbit injected in the ear vein with 7 ccm filtrate from a 20 days’
culture of Bacillus A.
Weight
Temperature
Remarks
Febr. 24
(Before injection)
1030 g
39,3° C
1 hr. 40 mins, after injection the temp, was
38,2° C. The animal crouches away in the
far corner of cage, and has voided a large
quantity of fluid faeces. — 3 hrs. after in¬
jection temp. ■= 37,4° O
do. do.
Febr. 25
960 „
38,6° „
„ 26
980 „
do. do.
„ 27
.820 „
—
do. do.
March 1 +
—
found f & turn.
P. m. 10 a. m. Lungs with numerous hemorrhagic areas which
give a marbled or mottled appearance to its surface; towards the apex
of the left lung this is more pronounced, the whole of this part being
highly congested with some extravasation. The small intestine contains
much yellow slimy matter and numerous gas bubbles. The rectum
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SQdmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
723
contains semi-solid faeces, in places there are gas bubbles. The anus
is besmeared for some distance around. Urinary bladder distended
with urine. Trachea somewhat injected. The larynx is oedematous,
and there is moisture about the nose and mouth.
The fact that the lungs are affected together with the very rapid
action on the glands of the mucous membrane of the alimentary tract
is of interest and shows that these appearances in cases of infection
are due to the toxin which the organism elaborates and which passes
into the blood stream.
A frog which was injected with a culture filtrate in the lymph sac
was unaffected; while another frog into which 3 ccm filtrate from an
old culture of the Colibacillus D was injected showed accelerated
and laboured respiration half an hour after; it then commenced croaking
which increased in frequency, being very rapid 1—l 1 /* hours after the
injection had been made. When placed on its back the animal made
ineffectual attempts to assume the erect position. Similarly 2 ccm un¬
filtered culture of Bacillus A had no effect while the same dose of
Colibacillus D when injected in the abdominal cavity caused the
death of the frog 7 days after.
Immunisation.
Since it was proved that the Bacillus A was the cause of the
most frequently occurring form of pneumonia, and was capable of re¬
producing the infection when a culture was injected in the respiratory
tract of normal animals, experiments were made in order to determine
whether injections of attenuated cultures of this bacillus would confer
immunity. 1 found that 10 ccm of a culture which had been previously
heated to 60° C for 30 minutes was easily tolerated by a rabbit weigh¬
ing 1500 g when introduced in the peritoneum. Three such injections
with an interval of 5 days between each were made. The result was
a fall in weight after each injection, from which there was however a
rapid return to the normal. This animal proved to be immune against
a dose of culture more than that required to cause the death of a con¬
trol animal when injected in the peritoneum. Two weeks afterwards
an intrathoracic injection of 3,5 ccm of living culture of Bacillus A
merely caused a temporary loss in weight while a control animal which
received a similar dose was found dead on the morning of the 5^ day
following the injection. Experiments were also made in order to
determine whether rabbits which had been injected with attenuated cul¬
tures of the Bacillus A are proof against spontaneous infection arising
from contact with diseased animals. The results prove conclusively that
this is the case. I have kept the animals which were in process of
immunisation as much as possible in contact with the most severe cases
without at any time more serious symptoms than a temporary appear¬
ance of a rhinitis. These results are interesting in consideration of
the fact that all pneumonias with which rabbits are affected are not
due to the same microorganism, and it is probable that rabbits suffering
from some other form of pneumonia have come into contact with these
animals without communicating their disease. Is it possible that pro¬
tection against some of these other bacilli having access to the lungs
is at the same time produced by protective inoculations against Ba¬
cillus A? It is certainly probable that some other pneumonias are of
a secondary character and depend on some primary disease for their
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724
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
development, and for this reason are not to be considered as infections
under normal conditions. This supposition is supported by the lesser
frequency of these forms of pneumonia. Experiments which I have
made show that Bacillus A and Bacillus D when injected in pro¬
tective doses do not confer immunity the one against the other for
intraperitoneal or sub-cutaneous injections.
In the process of immunisation I had recourse to intraperitoneal
injections in order to avoid abscess formation. At first dead cultures
were employed, as much as 30 ccm of a 48 hour’s culture previously
heated to 60° C for 30 minutes was finally given at one injection.
The dose of virulent culture is gradually increased according to indica¬
tions given by the weight, the temperature record being of less value
unless an overdose has been given when a fall occurs which in serious
cases may last for some days or until death occurs. Such a condition
should be avoided, the dose must not be repeated before the animal
has recovered its normal weight, and should not be increased too
rapidly. Dr. Wright working with Staphylococcus vaccine found
that the bactericidal power of the blood falls after an injection. This
he denominates the “negative phase" of bactericidal activity and is of
longer or shorter duration according to the quantity of vaccine injected.
This phase appears to correspond to the period of phagocytic activity,
at which time all the protective forces of the body cells are being called
into play in carrying on the struggle against the invading micro¬
organisms. At such a crisis it is easily conceivable that a slight addition
to the forces of the invader would turn the balance in their favour.
An immunised rabbit was accidentally injected before recovery from
the previous injection had occurred, in other words at a time when its
blood was still in a negative phase. Prolonged illness marked by daily
diminution of weight, and temperature depression resulted, from which
it is questionable whether the animal would have recovered. Death
occurred during the process of bleeding before a quantity of blood had
been removed equal to a third of that which can be safely drawn from
a normal animal. This blood exhibited a lower bacteriolytic power than
that possessed by normal rabbits’ blood although it still showed an ag¬
glutinating reaction against a culture of Bacillus A.
The following table is given as showing what may be considered
a process of immunisation carried out as rapidly as the condition of
the rabbit would allow. Other animals were differently treated; one
was injected throughout with living culture extending over a period of
about six months, but its serum did not appear much more potent than
that obtained by this method (see table p. 725).
A thick patch of mucous was present in and surrounding the
nostrils on the 7 th January (before any living culture had been
injected), but this disappeared later. After excessive doses as for
instance those given on the 14 th December and 18 th January a fall in
temperature was observed on the day following, in the last case this
lasted for three days. In this respect the conditions are exactly opposite
to those which I found to be the case after injecting an immunised
rabbit with an overdose of the Colibacillus D. Here the tempe¬
rature rises on the following days, although a depression may be evi¬
dent during the first 6 or 8 hours following the injection. The last
injection was made sub-cutaneous all others being intraperitoneal. In
spite of the highly immunised condition of the animal large swellings
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Sttdmeraen, On an infections pneumonia of rabbits etc.
725
Date
Amount of culture injected
Weight
Nov. 20 1903
p
8 a
( 7 ccm intraperitoneal
18.50 g
„ 23
10
1820 „
„ 27
10
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Dec. 1
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8
15
51
11 71
1770 „
» 13
20
11
1775 „
„ 26
sub-cutaneous j
1770 „
formed at the seat of sub-cutaneous injection (10 ccm was given on
each side of the abdomen), which later became purulent. The hair
completely disappeared and later the skin fell off exposing a large raw
surface: recovery was very slow.
Agglutination and bacteriolysis.
The serum obtained from a rabbit which had been injected as above
described possessed both agglutinative and bacteriolytic properties. A
culture of Bacillus A in a dilution of 1 in 10000 of serum at first
lost its motility, then small clumps formed, these united to form larger
masses so that within 2 minutes the field of view was occupied by one
or two such large masses with interspaces quite free from bacilli.
The serum obtained from a rabbit which had been injected with
the Colibacillus D although it caused agglutination of this bacillus
in very high dilution had no effect even in a 1 in 10 dilution on a
culture of Bacillus A, and vice versa, the serum of rabbits immunised
against the Bacillus A did not cause agglutination of the Coli¬
bacillus D.
The bactericidal tests were made by the addition of a standard
loop-full of culture to 1 ccm of fresh serum, the mixture was kept in
the incubator at 37° C and after definite intervals of time plates were
poured from inoculated agar. Care was taken to distribute the or¬
ganisms, the serum was stirred with the platinum loop before removal
of the standard loop-full, and the inoculated agar was kept in agitation
in the waterbath at a temperature of 42° C before pouring the plate.
A control was always made at the same time by inoculating 1 ccm of
saline solution with a loop-full of culture, and pouring a plate from this
at the time the serum test was made. A platinum loop is more to be
depended on for removing a definite quantity of liquid if the ring of
wire be flattened by means of a small hammer. The loop should be
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726 Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
plunged down vertically into the liquid, since the quantity removed
varies considerably when scooped up by the loop.
The experiments with Bacillus A showed a maximum reduction
in the number of colonies in plates prepared after the serum had acted
for from 4 hours to 4 1 /* hours on the bacilli at 37° C; the number
of colonies in plates poured after 6 hours incubation was in many
cases nearly equal to those of control plates; thus showing a rapid
growth after all ImmunkSrper had been removed from the serum.
Serum was drawn from the clot on the following day (18 hours
after the blood had been drawn from the animal) and its bacteriolytic
properties tested. This serum was also found to be strongly bac¬
tericidal.
Much difference of opinion prevails regarding the length of time
an immune serum retains its bacteriolytic power, the results of different
observers vary on this point. The differences appear to arise a in the
length of time the serum has been left in contact with the clot and
corpuscles and b in the specificity of the complement, since the micro¬
organisms and experiment animals have been different in the different
cases. It is now established that complement is not so uniform a body
as was formerly supposed. According to Re my the bacteriolytic alexine
of a rat’s blood resists a temperature of 55—56° C for 35 minutes
whereas its hemolytic alexine is destroyed. Noguchi has also found in
cold blooded animals that the complements are multiple bodies and in
different sera their destruction occurs at different temperatures. The
presence of clot and cellular elements influences the length of time that
a serum retains its bacteriolytic power after removal from the living
body. This has been shown to be the case by A. Walker who found
an increase of complement to take place when the serum is left in
contact with the clot and demonstrated its presence in serum-free
coagulum. Metschnikoff long ago held the complement to be a
product of phagocytic activity, and it has been shown to be absent in
body fluids free from cellular elements of the blood such as the aqueous
humour of the eye.
Protective power of bacteriolytic sera in the living
body.
That a serum which possesses bactericidal properties in vitro should
likewise protect against an infection in the living body is in general found
to be the case. This is doubtless always so if the antibacterial serum
is obtained from the same species of animal as that into which it is
inoculated for protective purposes. On the other hand if the animals
are of different species complications may enter which annul its bac¬
tericidal power in the living body.
Bail and Pettersson working on anthrax have found that the
amboceptors may possess a much greater affinity for the tissue cells
than for the bacteria themselves, so that an absorption of the ambo¬
ceptors by the tissues takes place, and leaves the animal in just as
susceptible a condition as before the injection of serum.
It is also possible that the amboceptor of one animal may give rise
to an antiamboceptor when injected into another species. This would
likewise appear to depend on a greater affinity of certain of the body
cells for the amboceptors than that possessed by the bacteria. The
particular cells to which the amboceptors are anchored respond by
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SQdmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
727
producing antiamboceptors in a way similar to that by which the ambo¬
ceptors themselves were produced by the presence of bacteria.
It is likewise necessary for the efficiency of a serum that its ambo¬
ceptors meet with complements possessing haptophore groups which fit
the complementophile groups of the amboceptors. Should this not be
case fresh defibrinated blood from the same species of animal as
that from which the immune serum was obtained should be injected
together with the immune serum in order to supply a fitting comple¬
ment
Of great interest is the fact that an overdose of immune serum
may be ineffectual while complete protection is conferred by the injec¬
tion of a lesser dose. In this connection Neisser and Wechsberg
have shown that the amboceptor becomes at first attached to the bac¬
teria and the complement becomes affixed afterwards. They suppose
that the affinity of the complementophile group of the amboceptor for
the complement becomes modified after this attachement to the bacterial
cell. Should this affinity be thereby lowered the quantity of complement
required to satisfy the freely circulating amboceptors will be first of all
removed, so that with a sufficient excess of amboceptors, no comple¬
ment will remain over for attachment to the fixed amboceptors. The
bacteria are therefore in an unassailed position, although they may be
loaded with amboceptors. If the affinity of the amboceptor is unaltered
by its attachment to the cell a similar but less pronounced result may
arise since the freely circulating remove the complement equally with
the fixed amboceptors. Where the affinity is raised in the fixed ambo¬
ceptors no disadvantage would appear to arise from the injection of
an overdose of serum.
Again, if an excessive dose of culture has been injected into an
animal it may happen as shown by Wassermann that protection is
not conferred no matter how much antibacterial serum is injected.
Ainley Walker has confirmed this for injections of typhoid culture
and I have found the same to occur with Bacillus A after the injec¬
tion of a large dose of living culture in a young rabbit It would thus
appear probable to be generally the case for all bacteria.
The following descriptions of experiments will serve to show the
protective power of the specific immune serum in the living body.
| Nov. 4 1903. Babbit L. Weight 1080 g. Temp. 39,1° C. No serum.
1 1 5,30 p. m. 8 ccm broth culture of Bac. A injected into the peritoneum.
I Nov. 5. f found dead 8 a.m.
II
From the peritoneal fluid a pure culture of Bacillus A was obtained.
Nov. 4 1903. Rabbit 8. Weight 1000 g. Temp. 38,9° C.
10,45 a. m. 5 ccm antibacterial serum, I. F.
5,30 p. m. 9 ccm culture in broth (same as above) injected in the peritoneum.
Nov. 5. Weight 960 g. Temp. 38,7° C
„ 7. „ 910 „ „ 39,1° „
»» 0. „ 900 „ ,, 39,0° ,,
„ 11. „ 940 „
Animal lived.
Ill
Nov. 6 1903. Rabbit M. Weight 1060 g. Temp. 39,1 0 C. No serum.
5,30 p. m. 8 ccm broth culture of Bac. A injected into the peritoneum.
Nov. 7. 9 a. m. Weight 1030 g. Temp. 36,5° C Breathing laboured; saliva
exuded from month.
11 a. m. +.
From the peritoneal fluid a pure culture of Bacillus A was obtained.
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Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXV ill. Heft 6.
IV
Nov. 6. 1903. Babbit M. Weight 980 g. Temp. 39,1° C.
11,30 a. m. 3 ccm antibacterial serum, I. P.
5^0 p. m. 9 ccm culture in broth (same as above) injected in the peritoneum.
Nov. 7. 9 a.m. Weight 950 g. Temp. 38,6° C.
12 a. m. Temp. 38,1 0 C.
Appears listless and crouches in corner of cage: stands with difficulty.
3 ccm antibacterial serum + 2 ccm fresh defibrinated normal serum
injected partly in peritoneum and partly in ear vein.
Nov. 9. 11 a. m. Wright 930 g. Temp. 38,9° C.
„ 11. 945 g. Temp. 39,2° C.
Animal lived.
In experiment IV an opportunity occurred for testing the thera¬
peutic value of the serum. The loss in weight and depression of tem¬
perature on the following day, taken in conjunction with the general
appearance of the animal showed clearly that the animal was in a state
of illness which doubtless would have terminated fatally some 4 or
5 hours later. Fresh serum was given at the same time in order to
supply any deficiency of complement which might exist or to tide over
the time necessary for the exhausted cells to recover their complement-
producing capacity, it being probable that after repeated and violent
stimulation a condition of functional paralysis both as regards immune
body and complement-production may temporarily supervene.
Both series of experiments show that the serum is capable of con¬
ferring passive immunity to rabbits. In each case the lighter and there¬
fore presumably the more susceptible animal was used to test the serum
efficiency, and in this animal also the dose of injected culture was
considerably higher than in the control.
During the month of December and the early part of January when
the infection was prevalent among the Institute’s stock of rabbits I had
not sufficient serum to test its efficiency on spontaneous cases at this
most favourable time. On a previous occasion I had injected a rabbit
apparently in an early stage of infection, with the result that a most
marked improvement followed, and there was no subsequent relapse.
This would appear to speak for the value of the serum but this matter
will be referred to further on.
For a long time there was complete freedom from the epidemic
except occasionally among the experimental rabbits, and upon these I
was necessitated to try my serum from the next bleedings. Some
rabbits which had received injections of tuberculous material in the
peritoneum subsequently showed all the characteristic symptoms of an
infectious pneumonia and these were kindly placed at my‘disposal.
Loss of weight was very pronounced and rapid in the infected animals
while the others in which the tubercle bacillus had also been injected
remained more or less normal, at no time showing any remarkable
diminution. The abdominal tuberculosis would appear of itself to in¬
troduce no unnecessary complications into the result. An examination
of the exudation from the noses of infected animals showed a large
number of staphylococci and some bacilli of various forms. In culture
I succeeded in isolating Bacillus A from the noses in two cases which
I investigated by plate cultivation. Those which died were examined,
and from the lungs a pure culture of Bacillus A was obtained. A
Guinea pig used for a similar purpose and kept with the rabbits also
developed similar symptoms and died, the Bacillus A was obtained
in pure culture from its lungs.
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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
729
A rabbit in a very advanced stage of illness was selected in order
to test the therapeutic value of the serum. The very serious condition
of the animal was such that it was hardly expected to live another day
at the time the injection of serum was given. The results of this in¬
vestigation have been plotted out in curve form in order to exhibit
more clearly the immediate and striking effect following an injection of
serum.
Jan. 29 1904. A rabbit which had received an intraperitoneal in¬
jection of tuberculous material about 7 days previous was placed apart
in consequence of showing symptoms of pneumonia. The presence of
Bacillus A was detected in the nasal exudation, Staphylococcus
albus was abundant, Staphylococcus roseus appeared in 2 co¬
lonies on agar slope. The nasal exudate was white and of a thick
creamy consistence; at first small in quantity, became abundant, and
again diminished, being slight at death.
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The two injections of antibacterial serum were given intraperi-
toneally on the 23 rd and 26* h February. On the 5 th of March a relapse
had again taken place no further injections were however made. Re¬
spiration was difficult and noises as though due to blockage in the
trachea were observed on .the 7‘b the temperature was then 39,9 0 C; on
the 8 tl > the animal was found dead. The lungs especially in the anterior
lobes were in great part hepatised the lobules sharply demarcated by
interlobular infiltration. The trachea was injected and largely filled
with mucous, a large semi-solid purulent plug in its middle part no
doubt accounted for the noises and difficulty of breathing observed on
the preceding day: the larynx and epiglottis oedematous. Bacillus A
was obtained in pure culture from the lungs. The mesentery and
various abdominal organs were crowded with tuberculous foci.
Although this case which was injected at a time when the lungs
were so far damaged that recovery could hardly have been expected
even with a very much stronger serum ended fatally, it is evident that
a marked influence was made on the course taken as shown by the rise
in weight which immediately followed each injection. Complete recovery
would doubtless have taken place if the injection had been made at an
earlier period as for instance on the 10 th or 12 th of February. It must
not be overlooked that had an injection been made at this time and
recovery had taken place, no more would have been shown than what
is indicated by the present experiment. A gain in weight would have
followed the injection, but its recovery would have taught us nothing,
since at this early stage of infection it often occurs that animals recover
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730
Centr&Ibl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIU. Heft 6.
without special treatment. The sudden rise in weight following the in¬
jection would have shown although less decidedly than in the above
experiment, the specific action of the serum, since in cases of spontaneous
recovery this rise is at first slow. The experiment above recorded is
so decisive because at such an advanced stage of the disease nothing
but the specific action of the serum can account for the sudden change.
The less obvious rise following the next injection is not surprising when
all circumstances are taken into consideration.
Conclusion.
The main results obtained in the course of these investigations will
here be briefly recapitulated.
A pneumonia may arise in rabbits as the result of the pathological
activity of more than one species of microorganism.
Organisms associated with such a disease and whose etiological
connection has been established, together with such the presence of
which lends suspicion to their possessing some aetiological significance
have been described in some detail. A few organisms whose presence
appears to be accidental have also been described because of their
novelty or some interesting characters which they possess.
Pneumonia in rabbits is usually accompanied by a rhinitis; this
appearance however is by no means confined to lung affections, but
may arise in association with other disorders and also in animals other¬
wise normal. As a result the examination of the nasal exudate reveals
the presence of various microorganisms; there is in fact no specific
microorganism which produces this appearance. Although of more fre¬
quent occurrence in diseased animals it must be looked upon as in
itself possessing but little pathological importance. In rabbits suffering
from pneumonia the organism is present in the exudate mixed with
other organisms of which Staphylococcus albus and St. aureus
are almost if not constantly present, together with various bacilli.
Whether the nose in such cases is the primary seat of the infection,
from whence it spreads downwards to the lungs or whether the in¬
flammatory oedema and discharge arises as a result of toxic action
upon the sensitive nasal mucus membrane and serves as a nidus for
the growth of the infective and other microorganisms has not been
satisfactorily decided.
It is probable that certain pneumonias may arise secondarily to
other infections whereby in consequence of the lessened resistance of
the lung tissue an organism non-pathogenic under ordinary circum¬
stances may become so. Some sporadic cases may thus be accounted for.
The symptoms are not always identical; an infection of the lungs
has been recorded in which great temperature irregularities occur, some¬
times rising very high; the animal shows no conspicuous loss in weight.
The lungs at death are found to be largely replaced by purulent matter,
and there are extensive adhesions with fibrinous pleuritis and peritonitis.
Some properties of the bacillus causing this disease have been given.
An intrathoracic injection of a bouillon culture reproduced the disease
in normal rabbits.
A pneumonia of much commoner occurrence was characterised by
great loss in weight and by the temperature either remaining normal
or sinking, but never by a high temperature. A rhinitis is usually
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Siidmersen, On an infectious pneumonia of rabbits etc.
731
present. More than one bacillus has been found responsible for an in¬
fection of the lungs with these symptoms.
By far the majority of cases examined were infected with the Ba¬
cillus A. The bacillus occurs generally pure in the luugs.
The contagion by Bacillus A occurs most frequently from No¬
vember—December especially during damp and cold seasons and times
of sudden weather changes. It is less frequent at other times of the
year occurring then mostly in experiment animals, so that one must
assume that the constitution of the affected animal plays some part in
assisting the infective process or that the bacillus at different times
possesses different degrees of virulence. Guinea pigs are susceptible to
a similar infection of the lungs caused by the same bacillus, their death
is accompanied by similar symptoms and post mortem appearances.
The disease is reproduced in a normal rabbit by the intratracheal
or intrathoracic injection of a pure culture of the bacillus.
A toxin is produced in culture; and this was found to act most
powerfully when injected into the vascular system. As a result of such
an injection a marked effect on the mucous membrane of the respiratory
and alimentary tract was observed. This observation supports the
hypothesis that a rhinitis is induced by the toxin rendering the mucous
membrane oedematous and thereby susceptible to septic invasion. The
diarrhoea which so frequently occurs is shown to be due to circulating
toxin. That the toxin exhibited so marked an action on the lung tissue
is of great interest.
By the injection of attenuated cultures a rabbit may be protected.
By the injection of gradually increasing doses of culture into a rabbit
an immune serum is obtained.
The immune serum exhibits marked agglutinative and bactericidal
properties, and when injected into a rabbit confers protection against
a more than lethal dose of culture.
Injected into a rabbit already suffering from the infection artificially
induced it at once gives evidence of its value by the rise in weight
immediately following this and the fact that the animal recovers.
In the case of spontaneous infection even in the most advanced
stage when the lungs have almost completely lost their functions the
introduction of the serum into the rabbit is at once followed by an
improvement; the rise in weight is immediate. This result shows
decisively that its use in early stage of infection would have a marked
influence in lowering the death rate. In very advanced stages the patho¬
logical alterations which have already taken place preclude the possi¬
bility of cure.
As a prevention against this infection the use of serum has been
shown to be effective. This immunity is however passive and it is not
likely that it will last so long as that conferred by the injection of
vaccine. The injection of 20 ccm of a 4 or 5 day bouillon culture
previously heated to 60° C for 20 minutes in 2 doses of 10 ccm with
an interval of 7 day’s between I have found to be sufficient to protect
against infection; and all rabbits for experimental purposes should have
been previously so treated say a month before use. Animals already
suffering should of course be injected with immune serum.
Numerous experiments were made in order to determine whether
the bacillus was present in any of the food stuffs and drinking water
bnt with negative results.
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732
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXVIIL Heft 6.
I desire in conclusion to express ray warmest thanks to Prof. Tavel
for his kind assistance and advice so often given me during the course
of this investigation.
Idteratur.
Beck, Der Bacillus der Brustseuche beiin Kaninchen. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infek-
tionskrankh. 1893. Okt.)
Kraus, Rudolf, Ueber den Erreger einer influenzaartigeu Kaninchenseuche. (Zeit-
schrift f. Hyg. u. Infektionskrankh. 1897.)
Tartakowsky, Die kontagiose Pneumonie der Meerschweinchen. (CentralbL f. Bakt.
etc. 1899.)
Schwer, Ueber einen neuen, Stallinfektionen verursachenden Mikroorganismus. (Cen¬
tralbl. f. Bakt. etc. 1902.
Noguchi, The interaction of the blood of cold blooded animals. (Centralbl. f. Bakt.
etc. 1902.)
Walker, E. W. Ainley, Some observations on the protective bodies. (Centralbl. f.
Bakt. etc. 1902.)
Wright, Treatment of acne furunculosis and sycosis by therapeutic inoculations of
Staphylococcus vaccine. (British med. Journ. 1904. May 7.)
Bordet, Sur le mode diction des serums preventifs. (Annalee de 1’lnstitut Pasteur.
1896. Avril.)
Wechsberg, Friedrich, Natiirliche Immunitat und bakterizide Heilsera. (Zeitschr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. 1902.)
Bail und Pettersson, Untersuchungen iiber natiirliche und kunstliche Milzbrand-
immunitat. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1903.)
Neisser und Wechsberg, Ueber die Wirkungsart bakterizider Sera. (Munch, med,
Wochenschr. 1901.)
Narchdruck verboten*
Ueber die Schwankungen des Agglutinin- und Prazipitin-
gebaltes des Blutes wabrend der Rotzinfektion
Ein Beitrag zur Serumdiagnose beim Rotz.
[Aus dem pathologischen Institute der kgl. Universitat Padua
(Vorstand: Prof. Dr. A. Bono me).]
Von Prof. Dr. A. Bonome.
(Schlufi.)
Dasselbe fand ich zuletzt bei sowohl durch die Verdauungs- als
auch durch die Nasenwege mit Rotzkulturen infizierten Pferden (Stute
„Ceva“ und Wallach „Gigante“), die nach Verlauf einer bestimmten
Krankheitsperiode in ihrer Ernahrung und in lokalen Zustfinden (Auf-
horen des Nasenausflusses, Vernarbung der GeschwQre und Schwund
der Lymphdrusenschwellung) sich besserten und auf Mallein zu reagieren
aufhorten, so daB man eingetretene Heilung annehmen konnte. Bei der
Stute „Ceva“, die 2mal auf -den normalen Verdauungswegen infiziert
wurde, sank das wenige Tage nach der zweiten Einfuhrung von Rotz¬
kulturen in die Verdauungswege auf ein Maximum von 1:1105 ge-
stiegene Agglutinationsvermogen 4 Monate spkter auf 1 : 350, w&hrend
das Tier auch einen besseren Ernahrungszustand zeigte. Vor dem Be-
ginn der Versuche, als das Tier noch keine Malleinreaktion gab, betrug
das Agglutination svermfi gen 1 : 115 bis 1 : 150.
Bei dem Wallach „Gigante“ sank die Agglutinationskraft des Blutes
von 1 : 460 bis 1 :500, auf die sie einige Tage nach der auf die ver-
wundete Nasenschleimhaut vorgenommenen Impfung gestiegen war, auf
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UNSVERSITY OF CHICAGO
Bono me, Schwankungen des Agglutinin- u. Prazipitingehaltes des Blutes etc. 733
1 :200 bis 1 :250, wfibrend am Beginn der Versuche die Agglutinations-
kraft seines normalen Blutserums 1 : 170 bis 1 : 184 betrug.
Diese Verminderung der Agglutinationsffihigkeit des Blutes, nicht
nur bei den an starkem, todlich verlaufendem, experimentellem Rotz er-
krankten Pferden, die einen charakteristischen nekroskopischen Rotz-
befnnd ergaben („Estimo u ), sondern auch bei an verstecktem Rotz
leidenden Pferden („Dandolo“, „Chiari tt ) Oder bei solchen, die nicht
mehr auf Malle'in reagierten (ceased reactor) und wegen ihres viele
Monate nach erfolgter Infektion sehr gebesserten allgemeinen und lokalen
Zustandes an eine eingetretene Heilung denken lieBen (Wallach „Gi-
gante u und Stute „Ceva“) — diese Verminderung der Agglutinations-
fShigkeit des Blutes also scheint bisher die Aufmerksamkeit der Forscher
nicht auf sich gezogen zu haben, da hieriiber in keiner der speziellen
Arbeiten fiber die Serumdiagnose und fiber die Agglutination des Rotz-
bacillus Erwfihnung geschieht.
Ich habe diese Schwankungen des Agglutinationsvermogens und
ibre biologische Bedeutung mit groBter Aufmerksamkeit verfolgt.
Anfangs habe ich, um die Verminderung des Agglutinationsver-
mfigens zu erklaren, besonders in schon sehr vorgeschrittenen Krank-
heitsffillen, die keine Heilung mehr erhoffen lieBen, die Erschopfung
der organischen Schutzmittel infolge des Fortschreitens der Krankheit
annehmen zu dfirfen geglaubt. Ich dachte sogar, dafi der durch die
zunehmenden Gewebsverfinderungen sehr mitgenommene Organismus
nicht mehr die normale Fahigkeit, Agglutinine zu bilden, besfifie. So
sehr auch diese Annahme logisch scheinen kann, darf sie doch nicht als
die wahrscheinlichste angenommen werden, da das Phfinomen der Ver¬
minderung der Agglutinationskraft von mir an 2 Pferden beobachtet wurde,
die nach der experimentellen Infizierung mit Rotzkulturen nach gewisser
Zeit eine Besserung zeigten (Wallach „Gigante“ und Stute „Ceva“) und
auch aufhfirten, auf Mallei'n zu reagieren, weswegen sie als geheilt an-
gesehen werden konnten und als solche gleich den immunisierten
Pferden eine Vermehrung des Agglutiningehaltes hfitten fceigen sollen.
Um eine Erklarung des Phfinomens nach dem Standpunkte mo-
derner Kenntnisse fiber den Agglutinationsmechanismus und fiber die
Bildungsweise der Agglutinine zu geben, dflrfte man annehmen, daB im
Serum rotzkranker Oder rotzverdfichtiger Pferde, neben den unter dem
Namen Agglutinine bekannten Antikorpern, noch andere Antikorper sich
bilden, welche die Wirkung der Komplemente Oder der Cytasen be-
hindern, d. h. die sogenannten Antikomplemente 1 ). — Diese Antikom-
plemente bSnden einen Teil der Komplemente, wodurch der kleine, frei-
bleibende Teil derselben nicht mehr hinreicht, das Agglutinin auf die im
Kfirper des Rotzbacillus vorhandenen agglutinablen Substanzen wirksam
zu machen. In den solche Antikomplemente enthaltenden Seris vollzoge
sich dann die Agglutination der Rotzbacillen nicht, wenn auch die Menge
der neugebildeten Agglutinine eine groBe ist.
Weniger wahrscheinlich scheint es, daB hierbei veranderte Solubili-
tfitsverhaltnisse der Agglutinine Oder der Globuline ins Spiel kfimen, die
mit den Agglutininen vereinigt sind, oder dafi es sich um veranderte
Permeabilit&tszust&nde der Rotzbacillen handle.
Um durch Experiment nachzuweisen, ob meine Annahme bezfiglich
1) Ehrlich und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. Mitteilungen I. und II.
1899. No. 1 und 22. Mitteilung III. 1900. No. 31.)
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734
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
des Mangels an wirksamen, d. h. von den Antikomplementen nicht ge-
bundenen Komplementen, die entsprechendste sei, um die Verminderung
des Agglutinationsvermdgens bei den schwer rotzkranken oder genesenen
Pferden zu erklfiren, habe ich eine neue Versuchsreihe ausgefuhrt, die
nur in den Untersuchungen von Ehrlich und Morgenroth fiber die
Hamolysine und fiber die cytolytischen Seris ihre Analogic findet. Zu-
erst wollte ich nachweisen, ob die Erwfirmung auf 52—55® und auf 55
—62 0 dem Serum des gesunden oder rotzkranken Pferdes die Agglutina¬
tionskraft gegenfiber dem Rotzbacillus raubt und ob ein solches Serum
durch Zusatz neuer, von anderen gesunden Tieren derselben oder
anderer Species herstammenden Komplementen seine agglutinierende
Eigenschaft wieder aktivieren kann.
An zweiter Stelle wollte ich versuchen, ob der Zusatz solcher neuer
homogener oder heterogener Komplemente an sich selbst genfigt, die
Agglutinationskraft eines nicht erwfirmten Serums von gegenfiber Rotz
empfindlichen oder rotzkranken Tieren zu erhohen.
Es wurden verschiedene Sera erwfirmt und zwar das von einem
gesunden und zwei rotzverdachtigen und einem schwerkranken Pferde,
aufierdem Meerschweinchen- und Katzensera.
Ich kam zu dem Ergebnisse, dad eine stundenlange Erwfirmung auf
52—54° nicht hinreichend ist, die Agglutinationsffihigkeit des Serums
gfinzlich aufzuheben und dieselbe nur stark abzuschwfichen vermag, z. B.
beim Pferde von 1 : 500 auf 1 : 115.
Die eine Stunde dauernde Erwfirmung auf 60—65° nimmt dagegen
dem Serum jede Agglutinationskraft. Das beweist die Gegenwart von
durch Erwfirmung auf 52—54° unzerstfirbaren Komplementen, die nur
durch eine Temperatur von 62—64° vernichtet werden.
Die Reaktivierung der Agglutinationsffihigkeit des erwfirmten Serums
versuchte ich bei 2 Pferden (Wallach „Gigante tt und Stute „Ceva“), die
von mir auf der Nasenschleimhaut und durch die Verdauungswege vor
langer Zeit infiziert worden waren und sich wieder erholt batten. Das
Serum jedes dieser Pferde war in kleinen Glasrfihrchen in der Menge
von 1 ccm verteilt. Drei dieser Eprouvetten wurden durch eine Stunde
auf 62° erwfirmt und dann wurden zu einer 4 /io ccm Serum einer
gesunden Katze zugegossen, zu der zweiten 4 /io ccm Serum eines ge¬
sunden Mannes, zu der dritten 4 /io ccm eines gesunden Pferdes. Die
drei Mischungen wurden nach sorgffiltigem Schfitteln in einem Thermo-
staten auf 35 ° durch eine Stunde gehalten. Dann nahm ich mit diesen
drei Mischungen zahlreiche Agglutinationsprfifungen im hangenden
Tropfen vor.
Aus diesen Prttfungen ging klar hervor, daB der Zusatz von
heterogenem Serum (Menschen- und Katzenserum) die
durch die Erwfirmung auf 62° gfinzlich verloren gegan-
gene Agglutinationskraft des Pferdeserums gegenfiber
dem Rotzbacillus vollstfindig reaktiviert. Das Katzen¬
serum reaktiviert das Agglutinationsvermogen besser
als das Menschenserura, wfihrend das Serum gesunder
Pferde die Agglutinationskraft ungeffihr auf die des
Menschen erhoht.
Aehnliche Versuche, das Agglutinationsvermdgen des Blutserums zu
erhohen, habe ich auch mit nicht erwfirmten Seris derselben Pferde aus-
geffihrt, um zu sehen, ob die Verminderung der Agglutinationskraft des
Serums dieser augenscheinlich vom Rotz genesenen Pferde von einem
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Bono me, Schwankungen dee Agglutinin* u. Pr&zipitingehaltes des Blutes etc. 735
unzureichenden Gehalte wirksamer Komplemente abhinge, da die vor-
handenen an die Antikomplemente gebundeu waren. Durch diese Ver-
suchsreihe konnte ich bestatigen, daB der Zusatz von 4 / 10 ccm gesunden
Katzen-, Menschen- oder Pferdeserums zu 1 ccm des zu prufenden
Serums die Agglutinationskraft verst&rkt. Auch hierbei verstUrkt das
Serum gesnnder Katzen in grbBerem Made als dasjenige gesunder
Menschen und Pferde. In der Tat wurde bei der Stute „Ceva“ die Ag-
glutinationskraft des nicht erwarmten Serums durch Zusatz von Katzen*
serum von 1 : 500 auf 1 : 828, durch Zusatz von normalem Menschen-
serum auf 1 : 800 und durch Zusatz von Serum gesunder Pferde auf
1:690—1:700 erhoht. — Beim Wallach „Gigante“ waren die erhaltenen
Resultate weniger auffallig, immer aber beweisend, da die Agglutinations¬
kraft des nicht erwarmten Serums von 1 : 460 durch Zusatz des Katzen-
koinplements auf 1 : 690 und durch Zusatz von normalen Menschen- und
Pferdekomplementen auf 1 : 600 stieg.
Auf Grund dieser Versuche kann man also die von mir aufgestellte
Hypothese als wahrscheinlich oder als glaubwflrdig annehmen, daB die
Verminderung der Agglutinationskraft des Serums bei
rotzkranken oder von einer Rotzinfektion genesenen
Pferden von einem Mangel an wirksamen freien Komple-
menten abhangt, da die vorhandenen Komplemente an
die Antikomplemente gebunden sind, die im Krankheits-
verlaufe sich neben den Agglutininen gebildet haben.
Mit der Demonstration dieser Tatsache der Verminderung der Ag¬
glutinationskraft des Blutserums bei schwer rotzkranken Pferden wird
der Serodiagnose ihr Wert nicht genommen, die so viele wichtige Re¬
sultate nicht nur bei Untersuchung der Pferde, mit denen man taglich
zu tun hat, sondern auch bei solchen, bei denen wegen ihres wilden
Zustandes weder die Mallelnisation noch das Thermometer angewendet
werden kann, zu geben im stande ist.
Man kann dann nur vermuten, daB in einigen Fallen versteckten
oder sehr ausgesprochenen Rotzes Umst&nde eintreten, die die Wert-
bestimmung der agglutinierenden Kraft des Blutserums erschweren, da
diese Kraft zu gewissen Zeiten wie paralysiert sein kann. Wenn also
die serodiagnostische Reaktion positiv, wenn auch schwach, ist, d. h. nur
wenig hbher als das Normals (= 1:115, bis 1:170, bis 1:200, bis 1:230),
so behalt sie immer ihre Wichtigkeit zur Erkennung der Krankheit.
Wenn eine solche positive Reaktion sich bei rotzverd&chtigen Pferden
AuBert, von denen man den Krankheitsverlauf weder vom Standpunkte
der Malleinreaktion noch von demjenigen der agglutinierenden Reaktion
verfolgen konnte, ist es gestattet, zu vermuten, daB das Agglutinations-
vermogen aus den obengenannten Grilnden vermindert sei. In diesen
Fallen hatte also die schwache serodiagnostische Reaktion nur einen
relativen Wert.
Eine Frage, die man aufwerfen konnte und die ich nicht zu losen
versuchte, ist die, ob das soeben erwahnte Phanomen der Abnahme der
Agglutinationskraft des Blutserums nur in den experimentell mit Rotz-
kulturen hervorgerufenen Infektionen zutage tritt, wahrend dies nicht
statthat bei den spontanen Ansteckungen, wo der Rotzbacillus oft mit
anderen, auf der Nasenschleimhaut sich befindenden pyogenen Mikrophyten
und Saprophyten (Staphylokokken und Bakterien) zusammen vorkommt,
deren Gegenwart der Bildung jener Antikbrper, d. h. der die Wirkung
der Agglutinine hindernden Antikomplemente, nicht sehr zutraglich ist
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736 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Auch abgesehen von diesen Betrachtungen, bleibt fOr die Rotzdia-
gnose die Zunahme des Agglutinationsvermdgens des Se¬
rums wfihrend der Malle inisation doch immer von unbe-
streitbarem Werte.
Von diesem Standpunkte aus kann die Serodiagnose die Resultate
der Malleinprfifung vervollstfindigen, d. h. sie kann der Bedeutung der
Mallei'nreaktion, wenn diese auch von der Hyperthermie nicht besonders
charakterisiert ist, sondern sich auf die sogenannte organische Reaktion
beschrfinkt, viel groBere Sicherheit geben.
Da also der diagnostische Wert der Malleln reaktion bekanntlich
nicbt absolut ist, kann das mit dieser Reaktion gleichzeitige Auffinden
einer wenn auch vorfibergehenden Zunahme des Agglutinationsvermdgens
des Blutes dem Befunde der Mallelnisation einen sichereren Wert
geben.
Beziehungen zwischen dem Agglutinationsvermdgen und
dem Prfizipitingehalt im Blute rotzkranker Tiere.
Als Anhang zu meinen Versuchen fiber die Schwankungen der Ag-
glutinationskraft des Blutserums wfihrend der Rotzkrankheit wollte ich
das Verhalten des Serums verschiedener rotzkranker Tiere gegenfiber
ihrem Gehalt an Prfizipitinen, im Vergleich zu gesunden derselben
Species, Oder von anderen, gegen die Krankheit empfindlichen Arten,
studieren. Die von mir bei diesen Versuchen verfolgte Technik bestand
im Zusammenbringen der prfizipitierende Substanzen enthaltenden Sera
mit verschiedenem Rotzmaterial, in dem prfizipitable Substanzen sich
hfitten finden mfissen.
Solches Material bestand sowohl aus wfisserigen Glycerinemulsionen
von durch lange Zeit bei niedrigen Temperaturen getrockneten und des-
wegen abgestorbenen Rotzkulturen, als auch aus wfisserigen Glycerin¬
emulsionen von frischem Gewebe (Milz, Leber, Lymphdrfisen, Blut) rotz¬
kranker Katzen, oder schlieBlich aus durch Berkefeld -Kerze filtrierte
Rotzbouillonkulturen. Um mich vor dem Verwechseln der sich auf
Resten von lebenden oder toten, in den Emulsionen zurfickgebliebenen
Rotzbacillen bildenden Agglutinationsprodukte mit echten Prfizipitinen
sicherzustellen, hielt ich es, obwohl die Zellelemente oder die Bakterien
in einem Morser mit feinem, sterilem Glassande aufs feinste zerrieben
wurden, bevor man sie mittels der wfisserigen Glycerinlosung extra-
hierte, und zwar, um die Verwechslung der in der plasmatischen, zur
Prtifung dienenden Fltissigkeit gebildeten Sedimente oder der aggluti-
nierten Konglomerate mit den echten spezifischen Niederschlfigen zu
vermeiden, ftir notwendig, nur mit ganz bakterienfreien Emulsionen zu
arbeiten. Es gelang mir, mittels Filtrierung durch Berkefeld-Kerze
viel besser und sicherer als durch lange Zentrifugierung, die Flfissigkeit,
an der ich die Prfizipitation studieren wollte, auch von den feinsten
Fragmenten der Rotzbacillen zu befreien, die mdglicherweise in den
wfisserigen Glycerinemulsionen enthalten waren.
In einer ersten Versuchsreihe brachte ich Sera von gesunden, von
rotzkranken und rotzverdfichtigen Pferden, auBerdem von gesunden und
rotzkranken Katzen und Menschen mit den wfisserigen Glycerinemul¬
sionen von im Mfirser mit sterilem Glassand fein zerriebenem Agarrotz-
kulturbrei zusammen. Diese Emulsionen wurden vorher mittels wieder-
holter und langdauernder Zentrifugierung geklfirt und schlieBlich durch
Berkefeld-Kerze filtriert. Das so erhaltene Filtrat war hfichst klar
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Bo no me, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes dee Blutes etc. 737
and hatte seine pr&zipitablen Substanzen gut bewahrt In diesem ganz
bakterienfreien Filtrate waren — fein emulsioniert und wahrscheinlich
teilweise geldst — nur die Protelne der Rotzbacillen enthalten.
Eine geringe Menge dieses Filtrates (2 ccm) wnrde in kleine, sterile
GlasrOhrchen verteilt und dann tropfte ich in diese je 0,25, 0,30 und
0,50 ccm Serum gesunder oder rotzkranker Pferde, Katzen oder Meer-
schweinchen hiuein. Die erhaltenen Resultate waren immer Gberein-
stimraeud und zeigten, dafi die Sera der verschiedenen gesunden oder
kranken Tiere, sowohl derselben als auderer Art, bezGglich des Gehaltes
der pr&zipitablen Substanzen in bestimmten Plasmen sich verschieden
verhalten. In der Tat erzeugt das Serum gesunder Katzen und Pferde
in den Emulsionen oder in den zentrifugierten und filtrierten, aus
frischen oder aus bei niedrigen Temperaturen getrockneten Rotzkulturen
hergestellten Plasmen, wobei, wie zu vermuten war, der Gebalt pr&zipi-
tabler Substanzen gewill nicht fehlen konnte, einen sp&rlichen Nieder-
schlag, wenn aucb das Serum im Verh<nis von 1:7 bis 1:6 zuge-
setzt war.
Das Serum rotzkranker Katzen verh< sich nicht immer in gleicher
Weise. Einige schwer rotzkranke Katzen, die am 6. oder am 7. Krank-
heitstage getfitet wurden, besaflen ein Serum, das Niederschl&ge im Ver-
hfiltnis von 1:7 bis 1 : 10 gab; andere dagegen im gleichen Krankheits-
zustande gaben Niederschl&ge nur in VerdQnnungen von 1:5, d. h. wie
gesunde Katzen. Auch das Serum gesunder und rotzverdachtiger Pferde
verhielt sich ungefahr in gleicher Weise, d. h. es bestand kein uniformes
Verhalten beziiglich des Pr&zipitingehaltes in den w&sserigen Glycerin-
emulsionen vom Rotzbacillus. Wahrscheinlich hing das von einem ver¬
schiedenen Gehalt pr&zipitabler Substanzen in den verschiedenen her¬
gestellten Plasmen ab oder von einem variablen Pr&zipitingehalt in dem
geprGften Serum. Das Serum eines rotzkranken Pferdes zeigte einen
etwas hdheren Pr&zipitingehalt im Verh<nis von 1:12.
Analoge Resultate erhielt ich aus den Versuchen, die mit Plasmen
vorgenommen wurden, welche aus frischer, eine ziemliche Menge Rotz¬
bacillen enthaltender Milz einer rotzkranken Katze hergestellt waren,
doch waren sie noch positiver beim rotzkranken oder rotzverd&chtigen
Pferde als bei der Katze.
Das Serum rotzkranker oder verd&chtiger Pferde erzeugte tats&ch-
lich in dem Milzplasma einer rotzkranken Katze einen reichlichen
Niederschlag im Verh<nis von 1:8 bis 1 :12, der schon nach 5 bis
6 Stunden nach Zusatz des Serums sich zu bilden anting und nach 22
bis 24 Stunden zunahm. Das Serum gesunder Pferde erzeugt in diesem
Verh<nis nur einen kaum merkbaren Niederschlag.
Eine andere Versuchsreihe ftlhrte ich zuletzt aus, urn in den sterilen
Filtraten der Rotzbouillonkulturen den Gehalt an pr&zipitablen Sub¬
stanzen zu prtifen. Die durch die Berkefeldsche Kerze filtrierte,
ganz klare und bakterienfreie FIGssigkeit wurde in kleinen Glaseprou-
vetten zu je 2 ccm verteilt. Auf diese kleine Menge Filtrats liefi ich
das Serum verschiedener gesunder, rotzkranker oder verd&chtiger Tiere
(Pferde, Katzen, Meerschweinchen) wirken. Das Verhalten des Serums
dieser Tiere auf ein solches Kulturfiltrat zeigte sich immer verschieden
gegen das Verhalten desselben Serums gegeniiber Fliissigkeiten, die viel
mehr Protelne als Toxine enthielten. — Der Unterschied besteht, wie
aus meinen zahlreichen Versuchen hervorgeht, in einem fast absoluten
Mangel an pr&zipitablen Substanzen (pr&zipitinogene Substanzen von
Ento Abt. On*. Bd. XXXVIII. Heft 6. 47
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CentralM. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Kraus) in den Kulturfiltraten des Rotzbacillus. — In der Tat gab das
Serum einer rotzkranken Katze im Filtrat von Rotzbouillonkulturen im
Verhaltnis von 1:7, 1:5 und 1:4 keinen Niederschlag. Ebenfalls
gaben die Sera eines gesunden, auf MalleYn nicht reagierenden Pferdes
(Wallach „Centro u ) und diejenigen anderer rotzkranker und verd&ch tiger,
eine thermische und organische Mallei'nreaktion und einen starken Ag-
glutiningehalt zeigender Pferde keinen Niederschlag in dem Filtrat von
Rotzbouillonkulturen, wenn sie im Verh<nis von 1:7, 1:5 und 1 :4
eingetrOpfelt worden waren. Dasselbe Resultat erhielt ich durch Ver-
suche mit dem Serum gesunder und rotzkranker Meerschweinchen.
Wenn man bedenkt, dad dieselben, von gesunden und rotzkranken
Tieren herstammenden Sera, die keinen Niederschlag in den Rotzbacillen-
kulturfiltraten gaben, in den Filtraten dagegen von wSsserigen Glycerin-
emulsionen aus frischen oder alten, getrockneten, fein mit Glassand
zerriebenen Kulturen einen, wenn auch sp&rlichen, Niederschlag hervor-
riefen, kann man schlieBen, daB in den Rotzbouillon-Kulturfiltraten, in
denen nur Toxine und keine RotzproteYne enthalten sind, auch keine
durch das Serum rotzkranker Tiere pr&zipitablen Substanzen vorkommen,
welche dagegen in dem Protei'ne enthaltenden Filtrate nachweisbar sind.
Das beweist, daB die pr&zipitablen Substanzen an die RotzproteYne und
vielleicht auch an die Globuline der Zellelemente der von den Rotz-
bacillen eingenommenen Gewebe gebunden sind. Die in den Seris ent-
haltenen pr&zipitierenden Substanzen hingegen, d. h. die echten Prftzi-
pitine von Era ns, die, wie bekannt, als spezifische Antikbrper oder
Produkte des organischen Schutzes angesehen werden kQnnen, finden
sich gewflhnlich in sp&rlicher Menge im Pferdeserum oder im Serum
anderer rotzempfindlicher Tiere, und nehmen w&hrend der Rotzkrankheit
nicht viel zu.
Dieses Resultat meiner Beobachtungen stimmt nur teilweise mit
demjenigen Wladimiroffs 1 ) flberein, der behauptet, daB kein Rotz-
prftzipitin im Blute des gesunden Pferdes enthalten sei und dafi die¬
selben nur w&hrend der Rotzinfektion sich bilden. Auch im Serum
normaler Pferde sind Pr&zipitine, wenn auch in sp&rlicher Menge, nach¬
weisbar, die jedoch w&hrend der Rotzinfektion sich vermehren.
Der Grund des Unterschiedes zwischen meinen Resultaten und den-
jenigen Wladimiroffs dtirfte meines Erachtens in der verschiedenen
Herstellungsweise der zu prflfenden Flilssigkeiten oder der zelligen und
bacill&ren Plasmen zu suchen sein. Um auf Grund derselben Kriterien
richtig urteilen zu kOnnen, w&re es nStig, eine in derselben Weise her-
gestellte TestflOssigkeit in H&nden zu haben.
Wenn die Pr&zipitinprhfung auf Filtraten von Rotzbouillonkulturen
ausgefflhrt wird, so gibt sie aus den obengenannten Grfinden immer
negative Resultate. Nicht so leicht gelingt es dagegen, die Ursache zu
finden, weswegen die Prfizipitine wie die Agglutinine im Serum rotz¬
kranker oder verdSchtiger Pferde sich nicht vermehren und warum ihr
Gehalt im Serum kleiner, gegen Rotz empfindlicher Tiere (Meerschwein¬
chen und Katzen) so unbest&ndig sei.
Wahrscheinlich h&ngt das von dem Umstande ab, daB diese Pr&zi¬
pitine, d. h. diese Antikdrper, aus Rezeptoren bestehen, die noch an das
Zellprotoplasma, wo sie sich gebildet haben, gebunden bleiben und da-
her nur in sehr sp&rlicher Menge ins Blut Qbertreten.
1) Wladimiroff, Ueber Agglutination bakterienfreier Filtrate von Rotzkulturen.
(Recueil de m6d. v4t4r. 1900.)
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Bo no me, Schwankungen des Agglutinin- u. Pr&zipitingehaltes des filutes etc. 739
Um zu entscheiden, ob dies sich wirklich so verh< oder ob es
sich dagegen am eine nicbt hinreicbende Bildung solcher Antikfirper
bandelt, sind noch weitere Versnche notig, die Gegenstand einer sp&teren
Mitteilang sein kdnnen. Jetzt genflgt es, hervorzuheben, daB diese Anti-
kOrperart, d. b. die Pr&zipitine, sich ganz anders als die Agglutinine
verhalten. W&hrend in der Tat bei einigen rotzkranken Tieren, wie bei
den Pferden, der Agglutiningehalt des Blutes sich sebr, and zwar bis
zam Verh8.ltnis von 1 :1300, erhdhen kann, nimmt doch der Pr&zipitin-
gehalt nicht in entsprechender Weise zu, d. h. er steigt ntur bis zu einem
Maximum von 1 :12.
Die Resultate meiner zahlreichen Untersuchungen w&hrend des
Verlaufes der experimenteUen Rotzinfektion stehen, soweit sie die Ein-
hufer betreffen, in Uebereinstimmung mit denjenigen V a n deVeldes 1 )
bezflglich des Agglutinin- und Prazipitingehaltes im Serum von gegen
den Typhusbacillus immunisierter Pferde. In der Tat gelang es Van
de Velde, von einem Pferde ein Immunserum zu erhalten, das den
Typhusbacillus in der Verdfinnung von 1 : 100000 agglutinierte, w&hrend
es eine sp&rliche Pr&zipitinmenge enthielt und zwar im VerhSltnis von
1 :10 bis 1 : 40.
Bei den gegen Rotz sehr empfindlichen Katzen und Meerschwein-
chen ist dieser Kontrast nicht vorhanden, oder er ist viel weniger auf-
f&llig. Beim Menschen ist meines Wissens nichts in dieser Beziehung
beobachtet worden.
SchluBbemerkungen.
Wenn man nun die aus meinen Untersuchungen tlber die Schwan¬
kungen des Agglutinin- und Pr&zipitingehaltes des Blutserums bei Ein-
hufern, bei Katzen und bei Meerschweinchen, sowohl im normalen Zu -
stande wie auch w&hrend der Rotzkrankheit sich ergebenden Resultate
zusammenfaBt, kann man folgende Haupts&tze aufstellen:
1) Das Blutserum der Pferde und Esel zeigt sowohl w&hrend der
experimenteUen Rotzinfektion als auch w&hrend der artifiziellen Immu-
nisierung gegen den Rotzbacillus eine bedeutende Zunahme des Agglu-
tiningehaltes. Diese Vermehrung steht in keinem Verh<nis zur St&rke
der Infektion und scheint rascher hervorzutreten, wenn die Impfung des
Rotzbacillus durch die verwundete Nasenschleimhaut, als wenn sie durch
die normalen Verdauungswege geschehen ist.
2) W&hrend der Malleinreaktion erhOht sich die Agglutinationskraft
des Blutes rotzkranker Pferde. Diese Erhbhung, die hohe Grade er-
reichen kann, ist jedoch vorflbergehend. — Sie steht in keinem Verh<-
nisse zur St&rke der durch die Mallelnisation verursachten thermischen
Reaktion, sie ist aber immer von organischer Reaktion und von 5dema-
tdser Schwellung an der Injektionsstelle begleitet.
3) Bei den auf Mallein nicht mehr reagierenden und nur eine mehr
oder minder ausgepr>e organische Reaktion gebenden Pferden kommt
w&hrend der Malleinisation eine betr&chtliche Zunahme der Agglutina¬
tionskraft des Blutserums zur Erscheinung. Dieser Erhdhung der ag-
glutinierenden Eigenschaften muB man einen bedeutenden Wert ftir die
Diagnose einiger verd&chtiger Rotzformen zuschreiben.
4) Das Verhalten des Blutserums beztiglich seiner agglutinierenden
1) Van de Velde, Bull, de l’acad. royal de m6d. Beige. 1897. — Zitiert von
Paltauf in eeinem Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 1904.
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CentralbL f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Eigenschaften gegenflber dem Rotzbacillus zeigt viele Analogieen mit
dem Verhalten des ganzen Organismus gegenflber der Mallelnvergiftung.
Gleich wie bei dieser, kann in der Tat der Agglutiningehalt bedentende
Schwankungen zeigen und bis zum normalen Grade sich abschwichen,
obwohl das Pferd rotzkrank bleibt
Diese Verminderung des AgglutinationsvermOgens des Blntsernms
von zweifellos rotzkranken Pferden kann man durch Bildung anderer
Arten von Antikorpern aufier den Agglutininen, das ist durch die Anti-
komplemente, erkl&ren, die dnrcb Bindung der normalen Eomplemente
das Phanomen der Agglutination verhindern. Diese Behauptung grflndet
sich auf das Resultat der gelungenen Reaktivierungsversuche, die durch
Zusatz von Seris gesunder Pferde, Katzen und Menschen erfolgte.
5) Die auf 52—55° wahrend einer Stunde vorgenommene Erwftr-
mung zerstOrt die Agglutinationskraft des Serums rotzkranker Tiere
(Pferde, Katzen, Meerschweinchen) nicht gSnzlich. Die Erw&rmung durch
eine Stunde auf 62—65° zerstort sie vollstlndig.
Die Agglutinationskraft stellt sich wieder ein, wenn man dem durch
Hitze unwirksam gemachten Serum normale Sera anderer Tiere im Ver-
haltnis von 1:2 bis 1:3 zusetzt. Die Komplemente des normalen
Katzenserums reaktivieren viel besser als diejenigen des normalen
Menschenserums die Agglutinationskraft des erw&rmten Pferdesernms.
Die Meerschweinchenkomplemente verhalten sich ungef&hr wie diejenigen
des Menschen.
6) Die Agglutinine finden sich immer in grSBerer Menge als die
Prazipitine im Serum rotzkranker Pferde, Katzen und Meerschweinchen.
Die Filtrate der Rotzbouillonkultnren enthalten keine durch Serum pra-
zipitablen Substanzen Oder doch nur in ganz geringer, kaum wahrnehm-
barer Menge. GrflBerer Gehalt an prazipitablen Substanzen findet sich
dagegen in dem aus frischen Organen (Milz) hergestellten Plasma rotz¬
kranker Katzen und in wasserigen Glycerinextrakten aus frischen oder
getrockneten Agarrotzkulturen. — Dieser Unterschied erkiart sich durch
die Annahme, daB im Filtrate von Rotzbouillonkulturen nur die lSslichen
Toxine des Rotzbacillus und nicht die Protelne enthalten sind, die sich
hingegen in grSBerer Menge im wasserigen Glycerinextrakt aus mit
Glassand zerriebenen Rotzkulturen finden.
Padua, Februar 1905.
Nachdruck verboUm .
Metakalin, ein festes Kresolseifenpraparat
Von G. Wesenberg, Elberfeld.
(Schlufi.)
Bacterium typhi.
Metakalin 0,34 Proz.: nach 5 Minuten unbeeinflufit, nacb 7 1 /* Mi-
nuten abgetdtet.
Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /, Minuten abgetStet.
Lysol 0,5 Proz.: nach 15 Minuten nnbeeinilufit, nach 20 Minuten ab-
getdtet.
Nizolysol 0,5 Proz.: nach 7Vs Minuten unbeeinflnfit, nach 10 Mi¬
nuten abgetOtet.
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Wesenberg, Metakalin, ein feeteg EresolseifenprSparat
741
Metakalin 0,68 Proz.: innerhalb */> Minute abgetdtet.
Lysol 1 Proz.: nach */s Minute unbeeinfluBt, nach 1 Minute abgetdtet.
Nizolysol 1 Proz.: innerhalb 1 / i Minute abgetdtet.
Bacterium agrogenes.
Metakalin 0,34 Proz.: nach & Minuten unbeeinfluBt, nach 10 Minuten
verlangsamtes Wachstum, nach 15 Minuten abgetdtet.
Metakalin 0,5 Proz.: innerhalb 2 1 /* Minuten abgetdtet.
Lysol 0,5 Proz.: nach 5 Minuten unbeeinfluBt, nach 10 Minuten ver¬
langsamtes Wachstum, nach 15 Minuten abgetdtet.
Nizolysol 0,5 Proz.: nach 10 Minuten unbeeinfluBt, nach 15 Minuten
abgetdtet
Metakalin 0,68 Proz.: innerhalb */* Minute abgetdtet.
Metakalin 1 Proz.: innerhalb 1 / f Minute abgetdtet
Lysol 1 Proz.: innerhalb 1 / t Minute abgetdtet.
Nizolysol 1 Proz.: innerhalb */» Minute abgetdtet.
Streptococcus scarlatinae.
(4-tftgige Serum[l]-Bouillon[2J-Kulturen, Ueberimpfung ebenfalls in
Serumbouillon. Der betreffende Stamm war unmittelbar vorher durch
den Eaninchenkdrper geschickt worden.)
Metakalin 0,34 Proz.: nach 3 und 5 s /« Stunden verlangsamtes
Wachstum, nach 8 Stunden abgetdtet
Metakalin 0,5 Proz.: nach 3 Minuten unbeeinfluBt, nach 5 Minuten
abgetdtet.
Lysol 0,5 Proz.: nach 3 Stunden verlangsamtes Wachstum, nach
5*/ 4 Stunden abgetdtet
Nizolysol 0,5Proz.: nach 3 Stnnden verlangsamtes Wachstum, nach
5 3 / 4 Stunden abgetdtet
Metakalin 0,68 Proz.: nach 1 Minute unbeeinfluBt, nach 2 Minuten
abgetdtet.
Metakalin 1 Proz.: innerhalb 1 l t Minute abgetdtet.
Lysol 1 Proz.: nach */, Minute unbeeinfluBt, nach 1 Minute abgetdtet.
Nizolysol nach V 3 Minute unbeeinfluBt, nach 1 Minute abgetdtet.
Milzbrandsporen.
Zwei 8-tAgige Milzbrand-Agarschr&gkulturen, welche reichlich Sporen
gebildet hatten, wurden mit 20 ccm sterilem Wasser abgeschl&mmt; von
der gleichm&Bigen Mischung wurden je 5 ccm in sterilen Reagenzgl&sern
mit je 5 ccm 10-proz. Lysol- bezw. Nizolysollosung bezw. 6,8-proz. Meta-
kalinldsung versetzt und w&hrend der Versuchszeit im Brutschrank ge-
halten; anfangs wurde je 1 Platindse voll, spater deren 2 bezw. 3, in
Bouillon und Agar tibertragen sowie gleichzeitig weiBe M&use mit 1—3
Platindsen voll, welche in etwa 1 ccm steriler Bouillon verteilt wurden,
subkutan injiziert. Nach 5 Tagen zeigten die Abimpfungen in Bouillon,
welche bis dahin gut gewachsen waren, keine Vermehrung; nach 8 bezw.
12 Tagen blieben auch die bis dahin immer gut bewachsenen Agarplatten
steril, w&hrend s&mtliche MSuse, wie die Kontrollmaus, in etwa 48 Stunden
eingingen. Nach 19 Tagen blieb die Nizolysolmaus am Leben, die
gleichzeitig geimpften Metakalin- und Lysolm&use gingen aber noch mit
geringer Verzdgerung ein. Die nach 26 Tagen gespritzte Metakalinmaus
bleibt ebenso wie die Nizolysolmaus am Leben, w&hrend die Lysolmaus,
wenn auch sehr versp&tet, noch eingeht. Bei der letzten Impfung nach
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742
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVHL Heft 6.
33 Tagen bleiben alle 3 M&use am Leben. Die Reihenfolge ist
also in diesem Versuche: Nizolysol, Metakalin and
schliefilich Lysol.
Dieser Versuch lehrt gleichzeitig noch, dafi zum Nachweis von —
sei es durch Desinfektionsmittel, sei es durch F&ulnis Oder dergl. — ge-
schw&chten Milzbrandbacillen bezw. Sporen stets die Impfung von M&usen
aufier dem Anlegen von Bouillon- und Agarkulturen unbedingt erforder-
lich ist, worauf u. a. Lange 1 ), C. Frfinkel 2 3 * ) und Gottstein 8 ) hin-
gewiesen haben.
Ueberblicken wir nun diese vergleichenden Desinfektionsversuche,
so ergibt sich, dafi, auf gleichen Kresolgehalt bezogen, das
Metakalin dem Lysol und auch dem Nizolysol — welch letz-
teres allerdings mitunter etwas besser als das Lysol wirkte — als
vdllig gleichwertig zu bezeichnen ist; allerdings ver-
halten sich die einzelnen Mikroorganismen gegenttber
diesen 3 Substanzen auch etwas verschieden. Obwohl
das Metakalin durch den geringeren Seifengehalt von
vornherein ungfinstiger gestellt ist als das Lysol, hat
doch die st&rkere Desinfektionswirkung, welche das
Metakresol vor dem Rohkresol besitzt, diese Differenz
vdllig auszugleichen vermocht. Die 0,5-proz. Metakalin-
losungzeigte in alien F&llen eine dem 0,5-proz. Lysol und
Nizolysol bedeutend flberlegene Wirkung; die 0,5-proz.
Metakalinldsung gebraucht kaum mehr Zeit zur vdlligen
Vernichtung der geprttften Bakterien als die 0,68-proz.
Metakalinldsung, welche sich ihrerseits als vdllig gleich¬
wertig mit den 1-proz. Lysol- bezw. Nizolysolldsungen
erwies. Wir linden hier wieder die Beobachtung, welche bisher wohl
bei alien Kresolpr¶ten gemacht wurde, bestfitigt, dafi n&mlich mit
der Verdflnnung der Ldsungen ihr Desinfektionswert un-
ver h<nism&fiig rasch heruntergeht; die gleich noch zu berich-
tenden Versuche iiber die entwickelungshemmende Kraft unserer Prfi-
parate werden uns hierfflr einen weiteren Beweis erbringen. Auch die
verhaitnismSBig sehr geringe Wirkung der 5- bezw. 3,4-proz. Ldsungen
gegenUber Milzbrandsporen teilt das Metakalin nicht nur mit dem Lysol,
sondern mit alien anderen Kresolpr¶ten.
Zur Feststellung der entwickelungshemmenden Kraft
unserer 3 Antiseptica wurden je 10 ccm sterile Bouillon mit steigenden
Mengen 5-proz. Lysol-, 5-proz. Nizolysol- und 3,4-proz. Metakalinldsung
versetzt, darauf aus einer Pipette je 1 Trdpfchen der Bakterienbouillon-
kultur hinzugegeben und 16 Tage lang im Brutschrank gehalten. In
der Tabelle bedeuten: ++-H unbeeinflufites Wachstum, etwas
verlangsamtes Wachstum, + sehr verlangsamtes Wachstum, — kein
Wachstum.
1) Lange, L., Zur Milzbrandinfektion dee Meuschen. (Hyg. Rundschau. 1901.
p. 481.)
2) Frank el, C., Zum Nachweis der Milzbrandbacillen. (Hyg. Rundschau. 1901.
p. 633.)
3) Gottstein, E., Ein Beitrag zur Milzbranddiagnose. (Hyg. Rundschau. 1902.
p. 1185).
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Original fro-m
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Wesenberg, Metakalin, ein festes Kresolseifenprftparat.
743
Kresolgehalt
Lysol
Nizolysol
Metakalin
1:600
Bacterium
1:300 —
py ocyaneum.
1:300 —
1:442
1:900
1:450 —
1:450 —
1:663 •
—
1:1200
1:600 + + +
1:600 *)• H—h
1:881
+ + +
1:1600
1:800 H—j- +
1:800 + + +
1:1180
+ + +
1:2000
1:1000 + + +
1:1000 + + +
1:1470
+ + +
1:2400
1:1200 + + +
1:1200 + + +
1:1770
+ + +
1:600, 900, 1200
Staphylococcus aureus.
1:1600
+
+
+ +
1:2000
+ +
+ +
+ +
1:2400
+++
+ + +
+ + +
1:600, 900, 1200
Bacterium ty phi.
1:800
4-
+
+
1:2000
+ + +
+ + +
+ +
1:2400
+ + +
+ + +
+ + +
1:600, 900, 1200
1:1600, 2000, 2400
Bacterium aerogenes.
++
+ +
+ +
Auch in diesen Versuchen sind also die 3 Pr¶te,
auf gleichen Kresolgehalt berechnet, einander voll-
kommen gleichwertig, wahrend, auf absolutes Verhaltnis
berechnet, das Metakalin natttrlich eine l 1 2 / 2 mal so grofie
«nt wickelungshemmende Wirkung besitzt, als das Lysol
and Nizolysol. Die eutwickeluugsheromende Konzentration der von
mir geprtlften Kresolpraparate liegt (mit — wieder auf Kresol bezogen —
1:900 beim Pyocyaneus, mit 1:1200 bei den anderen Bakterien)
verh<nismSBig sehr nahe an der Konzentration (1 :400), welche noch
in relativ kurzer Zeit eine AbtOtung der Bakterien verursacht hat; die
gleiche Beobachtung ist auch bei alien bisherigen diesbezQglichen Unter-
suchungen von Kresolpraparaten gemacht worden.
Aufier der Desinfektionswirkung ist bei den Wundantisepticis noch
dieFrage der Giftigkeit eine sehr wesentliche; frflher wurde schon
kurz erwahnt, dafi von den 3 isomeren Kresolen das Metakresol das
am wenigsten giftigesei; die ausftlhrlichste diesbezflgliche Mitteilung,
welche mir zuganglich ist, stammt vonMeili'); derselbe ermittelte fflr
Kaninchen (bei subkutaner Injektion unter Benutzung von flilssigem
Paraffin als Lftsungsmittel) folgende tddliche Dosen:
Metakresol 0,5 g pro kg
Phenol 0,5 „ „ „
Orthokresol 0,45 „ „ „
Parakreeol 0,3 „ „ „
Auf Grund des Gesamtvergiftungsbildes bezeichnet Meili das Meta¬
kresol als das am wenigsten giftige, dann folgen mit zunehmender
Giftigkeit das Phenol, das Orthokresol und am giftigsten das Parakresol.
Schtttz*) erkiart das Metakresol ffir relativ ungiftig, da er mit
1) Meili, W., Vergleichende Bestimmung der Giftigkeit der 3 isomeren Kresole
and des Phenols. JInaug.-Diss.] Bern 1891.
2) Schfitz, H., Vergleichende Unterenchungen fiber einige Kresolpraparate mit
beeonderer Berficksichtigung dee Metakreeols. [Inaug.-Diss.] Halle 1896. (Audi Hyg.
Bundsch. 1896.)
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744
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXX VIII. Heft 6.
0,75 g desselben pro Kilogramm Kaninchen nicht zu toten vermochte,
wAhrend er die t5dliche Dosis fflr Karbolsaure zu 0,3 g pro Kilogramm
ermittelte.
Auch Seybold (1. c.) konnte Meerschweinchen bei subkutaner In-
jektion wAsseriger Losungen mit 0,75 g pro Kilogramm Ortho- bezw.
Metakresol uicbt tSten, wobei aber das Metakresol bedeutend geriogere
Krankheitserscheinungen verursachte, als das Orthokresol; das Para-
kresol dagegen wirkte schon bei 0,5 g pro Kilogramm tOdlich.
Aus alleijflngster Zeit (wahrend der Niederschrift dieser Abhandlung)
fand ich noch eine umfangreiche, die Giftigkeit der Kresole und des
Liquor Cresoli saponatus behandelnde Arbeit von To liens 1 2 ), welcher
fhr Katzen, Mause und Frdsche folgende tfldliche Dosen in Gramm
Substanz pro 1 kg Kdrpergewicht bei subkutaner Applikation ermittelte:
Karbolsaure
Kresol p-
m-
karbolsauree Natron (auf Karbolgehalt bez.)
kresolsaures Natron p-| auf gleichen
„ „ o-> Kresolgehalt
m-J
Kresol crud.
I
» >i H
„ „ HI
Liq. Cresoli sapon.
HI]
bezogen
auf Kresolgehalt
bezogen
Katzen
Miuse
Frttsche
0,09
0,35
0,15
0,1
0,08
0,15
0,09
0,35
030
0,12
0,45
035
—
0,35
0,1
—
0,15
0,15
—
035
0,2
—
0,45
035
—
035
03
—
0,25
03
03
—
03
—
0,3
0,15
—
035
0,15
—
03
0,15
Es ist also auch hier wieder das Metakresol, welches die geringste
Giftigkeit gegenflber den Versuchstieren zeigt, dann folgt bei den Warm-
blfltern das Phenol und als etwa gleichwirksam das Orthokresol, wahrend
am giftigsten das Parakresol ist Die Natronsalze entsprechen in ihrer
Giftigkeit vollkommen der entsprechenden Kresolmenge, ebenso die
Kresolseifenldsungen diesbeztiglich den dazu verwendeten Kresolen; be-
sonders bemerkenswert ist, daB die 3 Rohkresole und dementsprechend
auch die daraus hergestellten Kresolseifenldsungen derartig verschiedene
Giftigkeit besitzen — 0,2, 0,25 0,3 g pro Kilogramm Maus — daB diese
bei zweien der Praparate die der Karbolsaure nicht unerheblich flber-
steigt; treffender kann einerseits die Unzuveriassigkeit und schwankende
Zusammensetzung der Rohkresole und der daraus hergestellten Kresol-
seifenlosungen, andererseits das Ungenflgende der Untersuchungsvorschrift
des D.A.B. IV. nicht gekennzeichnet werden, da diese 3 Rohkresole und
die daraus'hergestellten Kresolseifenldsungen alien Anforderungen des
D.A.B. IV. gerecht wurden.
Es war nun noch die Frage von Interesse, wie sich die Giftigkeit
des Metakalins im Vergleich zu derjenigen des Lysols
verhait, da ja dieses letztere auch zu den vergleichenden Desinfektions-
versuchen herangezogen worden war. Fflr diese Untersuchungen bediente
ich mich der von Schwenkenbecher*) angegebenen Methode des
Badens von weiflen Mflusen, da mir dieses Verfahren der auBerlichen
Applikation der Desinfizientien am n&chsten zu kommen scheint Den zu
1) Tottens, K., Ueber die Wirkung der Kreeole und des Liquor Cresoli saponatus
im Vergleich zur Karbolsaure. (Arch. f. exper. Pathol, u. PharmakoL Bd. LII. p. 220.)
2) Schwenkenbecher, A., Das Absorptionsvermdgen der Haut. [Habilitat.-
Schrift Tubingen.] Leipzig 1904.
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Wesenberg, Metakalin, ein feates Kresolseifenpr¶t
745
den Parallelversnchen benutzten weiBen MSusen von mdglicbst Oberein-
stimmender Gr6Be wurden je die Vorder- nnd Hinterbeine durch Kautschuk-
heftpflasterstreifen zusammengebalten; dann wurde den so bewegungslos
gemachten Tieren eine Halskrause umgelegt, welche aus nicbt zu starker
und daher gut biegsamer Pappe bestand; in der Mitte dieser war ein
der Halsweite der Maus entsprechendes rundes Locb eingeschnitten, in
welcbes durch einen einfacben Schlitz hindurch der Hals der Maus
hineingebracht werden konnte; das Tier wurde dann in ein etwa 100 ccm
faBendes Becherglas eingesenkt, wobei die den Hals umfassende Pappe
dem Glasrande auflag und, nach dem FQUen des Glases mit der auf
36—37° an ge warm ten Badefltissigkeit, mittels Heftpflasterstreifens am
Glase fixiert werden konnte; das Becherglas stand seinerseits wieder in
einer grSBeren Schale mit 36—38° warmem Wasser. Auf diese Weise
konnten die Tiere ohne grOBere Qu&lerei beliebig lange gebadet werden;
nach dem Herausnehmen wurden sie mit FlieBpapier mOglichst abge-
trocknet und in Watte eingelegt, an einen etwa 30— 35° warmen Ort
gebracht, um Wfirmeverlust nach M5glichkeit zu vermeiden. Nach den
5 Versuchen, welche Schwenkenbecher mit Lysol anstellte, gingen
die M&use in 1-proz. LOsung nach etwa 1-sthndigem Bade, in 0,5-proz.
Losung nach etwa 3, in 0,3-proz. nach etwa 4 Stunden unter Kr&mpfen
ein, wfihrend 0,1 Proz. Lysol 9 bezw. 9V, Stunden vertragen wurde und
der Tod erst sp&ter eintrat.
Bei meinen Versuchen benutzte ich natOrlich wieder auf gleichen
Kresolgehalt umgerechnete LQsungen, so daB also einer Ldsung von
0,1 Proz. Lysol eine 0,068-proz. MetakalinlSsung entsprach. (Die neben-
einander stehenden Versuche mit Lysol und Metakalin wurden stets
gleichzeitig ausgefflhrt)
Lysol 0,1 Proz. Metakalin 0,068 Proz.
2 Stunden gebadet; beim Herausneh- 2 Stunden gebadet; beim Herausneh¬
men starkes Zittern; nach 24 Std. noch men starkes Zittern; nach 24 Std. fast
schwere krampfartige Atmung; nach 48 ganz normal; nach 48 Std. normal.
Std. etwas besser; nach 4 Tagen normal.
Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz.
60 Minuten gebadet; w&hrend dee 60 Minuten gebadet; zuletzt Krampfe,
Bades zuletzt etarke Krampfe, ebenso ebenso wiederholt nach dem Herausneh-
fortdauernd nach dem Herausnehmen bis men, aber bedeutend schwacher als die
zum Exitus nach insgesamt etwa 100 Min. Lysolmaus. Exitus nach insgeeamt 2 1 /,
bis 4 Std. (iiber Mittag).
Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz.
20 Minuten gebadet; wahrend des 20Minuten gebadet; beim Herausneh-
Bades starkes Zittern; in Krampfen her- men Krampfe, welche etwa 50 Min. an-
ausgenommen, welche fortdauernd etwa halten, aber deutlich schwacher sind als
2 Std. anhalten; nach 24 Std. besteht bei der Lysolmaus: nach 2 1 /, Std. frifit;
noch schwere krampfartige Atmung; Tier nach 24 Stunden wieder vollig normal,
erholt sich nicht, tot nach 3 Tagen.
Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz.
Nach 30 Minuten im Bade unter Nach30 Minuten in schwachen Kram-
Krampfen gestorben. pfen herausgenommen; Krampfe dauern
mitlangerenUnterbrechungen etwal Std.;
nach insgesamt 2 Std. wiraer herumlau-
fend, nach 24 Std. vollig normal.
Lysol 0,3 Proz. Metakalin 0,204 Proz.
Nach 30 Minuten in starken Krampfen 30 Minuten gebadet; w&hrend des
herausgenommen ;ununterbrochenestarke Bades und auch nachher vereinzelte
Krampfe etwa 4 Std. lang; dann lang- schwache Krampfe; nach insgesamt 60 Min.
same Erholung; nach 4 Tagen noch vSllig krampffrei und gut erholt.
immer nicht ganz normal.
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746
Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt. Original©. Bd. XXXVUL Heft 6.
Lysol 0,3 Proz.
Nach 40 Minuten in starken Krampfen
herausgenommen; ununterbrochene starke
Krampfe etwa 6 Std. lang; nachher all-
in ahliche Erholung; liber Nacht geet
Metakalin 0,204 Proz.
Nach 40 Minuten herausgenommen;
im Bade und nachher, im ganzen etwa
l 1 /, Std. vereinzelte Krampfe; nach ins-
gesamt 5 Std. vdllig krampffrei and
ziemlich normal.
Zu diesen mOglichst kurz gefaBten Protokollen ist noch zu bemerken,
daB in alien Fallen die Krfimpfe, welche Lysol hervorrief, heftiger waren,
als die durch das Metakalinbad verursachten. Bei alien Lysolmfiusen
stellte sich auBerdem wfihrend des Bades starke Augensekretion ein,
welche bei den wiedergenesenden Tieren noch tagelang anhielt, wfih-
rend durch das Metakalin diese Reizwirkung nie hervorgerufen wurde;
es liegt die Vermutung nahe, daB diese Erscheinung durch die im Lysol
enthaltene Seife bedingt ist, welche bei der Temperatur des Bades flflch-
tige Bestandteile verdunsten lfiBt, worauf ja anch bereits der strenge
Geruch der Lysollflsungen (namentlich beim gelinden Erwfirmen) hinweist.
Zweifellos ergeben die eben angefflhrten Badeversnche
eine nicht un betrfichtlich grdfiere Giftigkeit des Lysols
gegenflber dem Metakalin, da von den 6 Lysolmfiusen nor
2 mit dem Leben davonkamen, wfihrend von den' 6 Meta-
kalinmfiusen 5 am Leben blieben. In alien Ffillen waren
beim Metakalin die auftretenden Krfimpfe viel schwficher
und von geringerer Dauer als beimLysol. E s hat sich also
auch hier in der Form des Metakalins das Metakresol als
weniger giftig erwiesen als das im Lysol vorhandene Roh-
kresolgemisch.
Des weiteren ausgefflhrte Versuche sollten feststellen, ob zwischen
dem Metakalin und dem Lysol noch weitere Unterschiede bezgl. etwa
vorhandener Reizwirkung bestfinden, da ja zu ihrer Herstellung ver-
schiedenartige Seifen Verwendung finden.
Bei einem Selbstversuch, in welchem ich auf jeden Oberarm gleich-
groBe Kompressen, mit 5-proz. Lysol- bezw. 3,4-proz. Metakalinlbsung
getrfinkt, befestigte, machte sich auf dem Lysolarm anfangs ein deut-
liches Brennen bemerkbar, welches aber rasch verschwand, wfihrend das
Metakalin nicht das geringste Brennen verursachte; bei der Abnahme
des Verbandes zeigte sich gleichartige ROtung auf beiden Armen und
geringe Maceration ohne erkennbaren Unterschied.
In das Menschenauge eingetrfiufelt, brennt 0,1 Proz. Lysol im
Anfang stark, aber rasch vorflbergehend; 0,068 Proz. Metakalin reizt
anfangs nur schwach und vorflbergehend; auch 0,05 Proz. Lysol reizt
anfangs noch ziemlich stark, wfihrend die entsprechende Konzentration
von 0,034 Proz. Metakalin so gnt wie gar nicht mehr irritierend wirkt
Zur Irflfung der Reizwirkung an der Froschpfote (am
sogenannten „Reflexfrosch tt ) wurde Frflschen das Gehirn durch einen
Scherenschnitt unmittelbar hinter dem Kopf vom Rflckenmark getrennt;
die Hinterpfoten des danach an den Vorderpfoten aufgehfingten Tieres
wurden dann in die zn prflfenden Ldsungen bis zum freiwilligen Heraus-
ziehen eingetaucht, danach mit Wasser gewaschen und frflhestens nach
3 Minuten zum nfichsten Versuch verwendet; die Lysol- und Metakalin-
ldsungen kamen abwechselnd zur Prflfung; die Zeit, nach welcher Her-
ausziehen der Pfote aus der Badeflflssigkeit erfolgte, ist in Sekanden
angegeben.
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Weaenberg, Metakalin, ein festes Kresolseifenpr¶t.
747
Froach I Lysol 10 Proz. sofort
11
11
i
I
II
||
1 *
If
II
rast soxort
4 Sek. 5 Sek.
II
I
II
0,5
II
6 „
6V, „
II
II
||
1
||
1 ,,
II
II
II
0,5
II
3 „
II
II
II
0,25
II
5 „
II
II
II
0,125
||
5 „
6 „
||
II
II
0,1
II
12 „
12 „
II
II
II
0,05
||
30 „
45 „
II
III
||
0,1
II
15 „
20 „
}«
IV
II
0,1
11
5 „
9 „
Metakalin 0,34 Proz.
6 1 2 /.
Sek.
ii
0,68 „
1
ii
ii
034 „
5
ii
ii
0,17 „
8
ii
|>
0,085 „
25
„ 15 Sek.
>1
0,068 „
15
ii „
1)
0,034 „
27
ft 45 „
II
0,068 „
25
„ 26 „
II
0,068 „
10
„ 22 „
N ach diesen Versuchen komrat dem Metakalin jeden-
falls keine grOBere, im Gegenteil wohl sogar eine etwas
geringere Reizwirkung zu als dem Lysol.
Ffir dieAufbewahrung vonNEhmaterial, Seide, Catgut,
war noch die Frage von Interesse, ob durch l&ngeres Einlegen derselben
in Lysol bezw. Metakalin eine Verringerung der Haltbarkeit bezw. Festig-
keit bedingt wBrde. Zur Prflfung dieser Frage wurden je 2 Lagen Seide,
aus einem grSBeren Biindel stammend, in 5-proz. Lysol- bezw. 3,4-proz.
Metakalinlosung eingelegt, w&hrend 2 Lagen trocken. als Kontrollproben,
reserviert wurden. Nach 16 Tagen ebenso nach 12 Wochen wurde aus
jeder Losung eine Lage herausgenommen, mit lauwarmem Wasser ge-
waschen und dann an einem mEBig warmen Ort getrocknet; die Prflfung
auf ReiBfestigkeit geschah an einem „Serimeter“, wie derselbe in FErbe-
reien gebrauchlich ist; eine ahnliche Einrichtung hat Stich *) beschrieben.
Um Mittelwerte zu erhalten, wurden von jeder Probe 10 Bestimmungen
gemacht, deren Zahlen in Gramm im folgenden angegeben sind; es zerrifi:
Kontrollseide: 1530, 1900, 1800, 1280, 1650, 1600, 1950,1800,1700,
1200. Mittel: 1641 g.
Metakalinseide nach 16 Tagen: 1480, 1660, 1880, 1830, 1530,
1550, 1850, 1820, 1900, 1400. Mittel: 1725 g.
Lysolseide nach 16 Tagen: 780, 1580, 1570, 1850, 1650, 1600,1540,
1230, 1600, 1520. Mittel: 1492 g.
Kontrollseide: 1600, 1330, 1660, 1570, 1770, 1850, 1570,1750,1520,
1600. Mittel: 1622 g.
Metakalinseide nach 12 Wochen: 1400, 1150, 1520, 1380, 1620,
1540, 1200, 1430, 1460. Mittel: 1402 g.
Lysolseide nach 12 Wochen: 1640, 1650, 1480, 1800, 1850, 1700
1820, 1660, 1620, 1530. Mittel: 1675 g.
Aus diesen Zahlen, denen wegen der Ungleichm&Bigkeit des Materials
eine gewisse Schwankung zugestanden werden muB, ergibt sich, dafi
weder Lysol noch Metakalin einen schSdigenden EinfluB
auf die Seide*) gekuBert haben.
Fassen wir die Ergebnisse der vorliegenden Ausfflhrungen zusammen,
so kommen wir zu dem Schlusse, daB in dem Metakalin ein festes
und daher leicht und genau dosierbare&KresolseifenprS-
parat von konstanter und verh<nism&Big einfach zu
1) Stich, C., Apparat zur Beetimmung der Zugfeetigkeit von chirurgischem Nah-
material. (CentralbL f. Chirurg. Bd. XXV. 1898. p. 583.)
2) Catgut konnte dieebezuglich nicht gepriift werden, da das mir zur Verfiigung
stehende Serimeter nur bis 2 kg Belastung eingerichtet ist.
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748
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
kontrollierender 1 ) Zosammensetzung vorliegt, dessen
wirksamer Bestandteil das unter den Eresolen am wenig-
sten giftige> daher aber am st&rksten desinfizierend
wirkende Metakresol ist. Das Metakalin besitzt, bei
fehlenderReizwirkung,einegrofieDesinfektionswirkung,
indem es selbst noch in 1 /,-proz. LOsung alle geprfiften,
vegetativen, Mikroor ganismen in wenigen Minuten ab-
tStet, aber auch noch in etwa 1 / s -proz. Losung eine gnte
Desinfektionskraft fiuBert; auf die Haut wirkt es, ebenso
wieaufdieHaltbarkeitderN&hseide.nichtsch&digendein.
Nachdruck verbotcn.
Experiences sur la valeur antiseptique du savon commun.
Remarques sur Taction des antiseptiques en g6n6ral, et sur la
biologte du staphylocoque pyog&ne.
Par H. A. Rodet,
Professeur de Microbiologie k 1’University de Montpellier.
Les diff6rents auteurs qui se sont occup6s de la valeur antiseptique
du savon ont ddduit de leurs observations des conclusions assez dis-
cordantes. La plupart attribuent au savon un r6el pouvoir bactericide,
4nergique d’aprbs les uns, trbs mediocre pour les autres; par contre,
quelques-uns, notamment Conradi 1 ), refusent de reconnaitre le savon
comme un antiseptique.
Rien ne s’explique mieux que ce desaccord apparent Les conditions
d’experimentation ont ete trbs diverses: savons de composition chimique
differente, de potasse ou de soude, plus ou moins riches en eau, avec
ou sans alcali libre, temperatures differentes, microbes libres ou incorpores
k des mati&res organiques, etc. D’autre part, les auteurs ne se sont
pas places au m6me point de vue, les uns visant la desinfection appliquee
k des cas spedaux (cholera), d’autres se proposant la destruction des
germes mSme les plus resistants; les uns ayant en vue la desinfection
des mains, d’autres celle des linges ou vStements souilies. Enfin, le
criterium de Taction bactericide a varie, certains exp6rimentateurs se
contentant de voir que le savon est capable de detruire des microbes,
ftit-ce k un titre 61ev6, pour lui reconnaitre un pouvoir bactericide;
1) Ueber die verbal tniemaBig einfache chemische Untersuchung und Wert bee tim
mung dee Metakaline babe ich inzwischen in der Pharmazeut. Ztg. 1905. No. 27. p. 280
Mitteilung gemacht. Hier sei nur kurz erwahnt, dafi in unserem Falle die Kreeol-
bestimmung mittels der bekannten — fiir die Phenolbestimmong ausgearbeiteten —
Koppescnaarschen Bromadditionsmethode in einfachater Weise erfolgen kann, nach-
dem die 8eife durch Zinksulfat auegefallt ist; 1 Molekiil Metakresol bindet glatt
1 Molekiil Brom.
Die Identifizierung des vorliegenden Kresols als Metakresol and gleichzeitig aach
dessen quantitative Bestimmung kann mit Hilfe der Methode von Raschig (Zeitschr.
f. angewandte Chemie. 1900. p. 759) geschehen; die dabei resultierende Mischung von
Trinitro-m-Kreaol und Fettsauren kann von den letzteren leicht durch Wascben mit
Petrolather befreit werden.
1) C on rad i, Ueber die bakterizide Wirkung der Seifen. (Arch. f. Hvg. Bd. XLIV.
p. 101; anal, in Centralbl. f. Bakt u. Par. Ref. Ba. XXXII. p. 409.) — Weitere Unter-
suchungen uber die bakterizide Wirkung der 8eifen. (Centralbl. 1 Bakt u. Par. Orig.
Bd. XXXVI. p. 151.)
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UNIVERSITY OF CHICAGO
Rodet, Experiences snr la valeur antiseptiqne du savon common.
749
d’autres (Conradi), beau coup pins exigants, demandant an savon d’etre
bactericide en solutions tr&s dtendues, on, en solutions fortes, de d£truire
en tr&s pen de temps (5 minutes) des elements tr&s resistants (spores
charbonneuses). Je fais abstraction de ce que nombre d’auteurs ont eu
en vue l’utilite de l’adjonction de substances antiseptiques au savon, ce
qui complique encore la question.
Mes experiences, entreprises k l’occasion d’essais sur un savon in-
dustriel dit antiseptique, et dans le but de comparer le pouvoir bactericide
de ce savon avec du savon pur, ont ete faites avec du savon blanc de
soude (savon de Marseille), prive d’alcali libre. Tous les essais ont
porte sur 2 esp&ces, le staphylocoque et le bacille d’Eberth. Je suis
parti de solutions k 5 et 1 p. 100. Dans les solutions £ 5 p. 100, le
savon etait loin d’etre compl&tement dissous, une bonne partie restait
& l’etat de mucilage, que l’on rendait facilement homogene par une forte
agitation; le sdjour k 37° les &claicissait partiellement, en mettant en
solution une partie du mucilage. Les solutions k 1 p. 100 etaient presque
parfaites, m&me h 20°. J’ai recherche: 1°, le pouvoir empechant;
2°, le pouvoir bactericide.
I. Pouvoir empechant. Le bouillon etait additionne de quan-
tites diverses de solutions savonneuses, ensemence et mis k l’6tuve; apr&s
un ou plusieurs jours d’etuve, on faisait l’examen microscopique on des
pr£l&vements que l’on portait sur agar.
Le staphylocoque a pulluie dans le bouillon additionne de */* de
solution savonneuse k ce qui correspond 4 une teneur du melange
en substance savonneuse de 6,66 pour 1000; ainsi que dans du bouillon
additionne de l / # de solution k r $ c (teneur en savon: 8 pour 1000).
Je n’ai pas fait d’essais k doses plus fortes. Les cultures sont plus
lentes et plus pauvres dans ces milieux que dans du bouillon pur; des
doses de savon m&me beaucoup plus faibles (0,2 k 0,3 pour 1000) suffisent
k g&ner la pullulation, et par consequent exercent d6j§i une action dys-
g6nesique.
Le bacille d’Eberth a pulluie dans du bouillon additionne de 1 / s
de solution savonneuse it x i 0 (3,33 pour 1000 de savon); dans le melange
k 1 / 2 (soit 5 pour 1000), il n’a pas pulluie, et est mort en moins de
48 heures; il est done moins tolerant que le staphylocoque. Cependant,
il a pulluie dans le bouillon contenant */« de solution k (soit
8 pour 1000).
Pour appr&cier la valeur de ces resultats, de m&me que pour expli-
quer la discordance apparente observee avec le bacille d’Eberth, il
faut bien remarquer que les melanges de bouillon et de solutions
savonneuses sont troubles, m&me avec 1 goutte de solution savonneuse
k pour 10 ccm de bouillon. Le trouble est tr&s considerable dans
le cas de teneur eievde en savon (bouillon, 5 parties; solution de savon
k T $ 7 , 1 partie). D’apr&s cela, il est extr&mement probable qu’il se
passe quelque reaction chimique entre le savon et les principes con¬
stitutes du bouillon, des decompositions ou des combinaisons nouvelles,
des precipitations, et que par suite le savon ne se trouve pas en nature
dissous dans le liquide au titre que l’on recherche. On s’explique ainsi
que, tandis que des doses fortes se bornent 4 retarder et appauvrir la
culture, des doses beaucoup plus faibles lui apportent d&jk un obstacle
notable, e’est-k-dire que la gamme des doses dysg&n&siques soit tr&s
&tendue; on comprend en effet que les fortes doses de savon ajout&es
au bouillon subissent une alt&ration relativement plus grande que les
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750
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original a Bd. XXXVIII. Heft 6
petites quantity, et que par suite l’actiou empgchante ne croisse pas en
proportion de la quantity de savon que l’on ajoute au bouillon. Comme
ces reactions cbimiques entre le savon et les elements du bouillon doivent
dgpendre de la quantity de ces derniers, on s’explique aussi que j’aie
pu observer un effet empgchant moindre sur le bacille d’Eberth dans
un milieu contenant 1 / 6 de solution savonneuse k que dans le milieu
renfermant 1 / 2 de solution & T J 5 , moins riche en savon, mais aussi moins
riche en bouillon.
S’il en est ainsi, il serait illusoire de demander quelle est la quantity
de savon qui, ajoutge k un milieu nutritif, s’oppose & la culture de tel
ou tel microbe: la limite des doses tol4r6es est variable suivant la
composition du milieu nutritif, et suivant sa teneur en principes or-
ganiques.
Ces considerations permettent 4videmment d’expliquer en partie les
discordances des auteurs. D’aprgs cela, il ne faut pas attacher une
valeur absolue aux chiffres, qui, dans les experiences des divers auteurs,
indiquent les doses toierees. Pour un jugement precis sur cette question,
il faudrait determiner quelle est la dose de savon dissous en nature
qui permet encore la culture de tel ou tel microbe. C’est une recherche
chimique, dont il ne semble pas qu’on se soit jusqu’ici preoccupe.
II. Pouvoir bactericide. J’ai employe la technique suivante.
Dans plusieurs tubes k essai sterilises, j’introduis 2 centimetres cubes
de la solution savonneuse (solution & 5 ou 1 pour 100), dont j’ai prg-
alablement 6prouve la sterilite. D’autre part, je prepare une dilution
trgs etendue d’une culture en bouillon de bacille d’E berth ou de
staphylocoque; de cette dilution, j’introduis 1 ou 2 gouttes dans les
2 c. c. de la solution savonneuse. Aprgs agitation du liquide, pour
obtenir une repartition aussi uniforme que possible des elements micro-
biens, je fais une serie de prises k intervalles croissants, de quelques
secondes 4 plusieurs heures, au moyen d’une mgme anse de platine, de
manigre k prglever des quantites toujours assez rigoureusement egales
du liquide contenant les microbes en suspension, que l’on etale sur la
surface d’un tube d’agar. Cette technique, qui pourrait etre defectueuse
avec un antiseptique capable d’empgcher la culture k trgs petites doses,
est ici pleinement justifige; l’exp6rience prouve que la quantite de savon
ainsi transportee par l’aiguille de platine sur le milieu de culture, est
absolument insuffisante k gener en quoi que ce soit la culture; et cette
technique prgsente un grand avantage: par le plus ou moins de richesse
de la culture sur agar, on apprgcie la diminution du nombre des elements
vivants, et l’on peut saisir, avant la sterilite complete, une serie de
degr6s de fertility d6croissante, traduisant la mort successive des elements
immerges dans l’antiseptique.
A regard du staphylocoque, le savon a manifeste un pouvoir bac¬
tericide peu energique, mais trgs r6el. Dans la solution 4 T ^, une
partie des elements etaient morts au bout de 2 heures, et la trgs grande
majorite etaient detruits en moins de 29 heures. La solution k est
beaucoup plus efficace: dans de multiples essais, j’ai vu le nombre des
elements se rgduire dgs les premieres minutes, puis continuer k dgcroitre ;
mais de rares germes survivaient, et demandaient des heures pour gtre
detruits, comme si, parmi les elements d’une culture de staphylocoque,
un certain nombre se comportaient k regard du savon (n’en serait-il pas
de mgme k l’ggard d’autres antiseptiques ou de divers' agents de
destruction?) comme des elements de resistance, jouant le rdle de spores.
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Rodet, Experiences snr la valenr antiseptique da savon common.
751
Le bacille d’Eberth est bien plus sensible. Avec la solution &
l’effet bactericide n’est pas tr&s considerable: j’ai vu les bacilles
diminuer de nombre apr&s 9 minutes, mais persister encore nombreux
apr&s 1 heure et 3 heures. La solution & est tr&s active: d&s les
premiers instants, une partie des bacilles sont an£antis; la sterility de¬
finitive est realisee en quelques minutes: entre 3 et 10 minutes dans
une experience, entre 1 et 3 minutes dans une autre, en 1 minute dans
un troisi&me essai. II s’agit done vraiment ici d’une action bactericide
6nergique. La temperature joue un r&le: k 35—37°, l’effet a et6 un pen
plus rapide qu’4 20—25°. Le temps necessaire pour la mort de tons
les bacilles immerges depend dans une certaine mesure du nombre de
ceux-cL C’est dans un essai fait avec un petit nombre de bacilles, et
4 35°, que j’ai observe la sterilite apr&s 1 minute. De m£me que pour
le staphylocoque, les bacilles plonges dans la solution savonneuse ne
meurent pas tous ensemble k un moment donne, mais sont atteints
successivement, ce qui tient sans doute k une inegalite de resistance des
divers elements d’une m£me culture; mais cette inegalite est ici beaucoup
moins marquee que dans le cas du staphylocoque.
Un des faits cites dans le paragraphe precedant montre que le
bacille peut mourir par un sejour prolong£ dans un bouillon contenant
du savon k une dose peu sup£rieure k celle qui permet encore la culture;
e’est-st-dire qu’il y a un faible ecart entre la limite des doses simplement
dysgen£siques et les doses d6jit mortelles. 11 est raeme tr&s probable
que la m£me dose peut agir k la fois comme dysgenesique et mortelle,
susceptible de tuer les microbes dont elle a d’abord permis la pullulation,
comme cela s’observe tr&s nettement de la part des temperatures dys-
gdnesiques: c’est ainsi que le bacille d’E berth ou le coli, places k
44—45°, s’y cultivent; mais, si on laisse sojourner les cultures k cette
temperature, en peu de jours elles ne tardent pas it mourir.
Je n’hesite pas k me ranger it l’avis de ceux qui reconnaissent au
savon une reelle valeur antiseptique. Je ne puis souscrire aux con¬
clusions de Conradi, qui nie ce pouvoir antiseptique, sous pretexte
que des solutions & ne sont pas bactericides, ou que des solutions
fortes ne tuent pas en quelques minutes les spores du B. anthra-
cis. Ce dernier resultat limite la valeur antiseptique du savon, mais
n’autorise nullement k la nier. Que le pouvoir bactericide du savon
ne soit pas suffisant, en pratique, pour detruire des germes tr&s resistants,
c’est possible: je ne me suis pas pose la question. Mais, sans aucun
doute, il a une tr&s reelle valeur comme agent de desinfection, lorsqu’il
s’agit d’esp&ces microbiennes qui ne sont pas trop r6sistantes: it T J ff , il
est dejit capable de les tuer, pourvu qu’on prolonge son action; it T ^,
l’effet bactericide est 6nergique et rapide sur certains germes pathog&nes
comme le bacille d’E berth, il est moindre, mais encore tr&s notable,
4 regard du staphylocoque. Il importe de remarquer que les solutions
4 un titre eiev6 sont parfaitement realis6es dans la pratique; dans le
lavage des mains, il est avere que la mousse savonneuse presente un
titre de savon tr&s 61eve, sup6rieur it par consequent bien superieur
4 celui des solutions avec lesquelles j’ai experimente. Pour la desin¬
fection des mains en particulier, le lavage au savon, aide du brossage,
ainsi que le font les chirurgiens, et prolonge quelques minutes, est done
loin d’etre negligeable comme moyen de desinfection.
L’action bactericide des solutions savonneuses est influencee par la
temperature. A 35°, mieux k 37°, elle se montre plus energique qu’it
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752 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXVUI. Heft 6.
20—25°. II peat y avoir & cela deux raisons: d’une part, on sait que
la chaleur, m6me mod6r6e, pent favoriser Taction d’un antiseptique,
comme l’a signal^ pour la premiere fois Arloing; d’autre part, il faut
tenir compte de ce que, du moms pour la solution k x ^, la dissolution
du savon est bien plus complete au-dessus de 35° quit 25°.
II s’en faut de beaucoup que tons les individus d’une m£me culture,
soumis k Taction du savon, meurent au bout du m§me temps; il y a
un 6cart trfcs marque entre le moment oil les elements vivants commen-
cent il diminuer, et le moment de la st4rilit4 complete; ce qui traduit
evidemment une resistance trfcs in^gale de la part des divers elements
d’une m£me culture. Cette donn4e, tr£s manifesto avec la technique
que j’ai employee, he ressort pas lorsqu’on emploie la technique classique,
qui se borne k indiquer brutalement au bout de combien de temps tons
les elements immerges ensemble sont atteints. Dans mes experiences;
cette inegalite de resistance, dejh notable dans le cas du bacille d’Eberth,
s’est montree extremement marquee avec le staphylocoque, ce qui laisse
soupqonner dans les cultures de ce dernier microbe des formes resi-
stantes susceptibles de jouer jusqu’it un certain point le rdle de spores.
J’attire encore l’attention sur un autre fait: le temps necessaire pour
la sterilite, c’est-4-dire pour la mort de tons les germes que Ton plonge
dans une solution savonneuse depend, dans une certaine mesure, de leur
nombre: toutes choses 6gales d’ailleurs, un petit nombre d’individus sont
plus tdt ddtruits qu’un grand nombre.
D’apr&s cela, les chiffres qui ont la pretention de pr£ciser T£nergie
bactericide d’un antiseptique par le temps necessaire pour tuer tel ou
tel microbe, n’ont qu’une valeur relative; puisque, d’une part, ce temps
peut etre tr£s inegal suivant que Ton considlre les individus les plus
fragiles ou les plus resistants d’une m@me culture [abstraction faite des
spores], et que d’autre part le temps exige pour la destruction de tous
les individus soumis k une £preuve variera suivant leur nombre. G6n6*
ralement, on ne tient pas compte de ces elements de la question; on
se borne k dire d’un antiseptique que, k un titre donn£, il detruit tel
ou tel microbe en tant de temps, h telle temperature; cette formule
absolue n’a rien d’exact D’ailleurs, k cet 6gard, les assertions de diff£-
rents exp4rimentateurs sur le m£me sujet sont divergentes; ces diver¬
gences trouvent en partie leurs explications dans les r&ultats qui
precedent.
Nachdruck verbolen.
Die Sterilisation elastischer Katheter.
[Aus dem bakteriologischen Privatlaboratorium von Prof. Dr. H. J a g e r,
Strafiburg i. E.]
Von Paul Slttler, Strafiburg i. E.
Mit 1 Figur.
I.
Eine in der Praxis allgemein anwendbare Methods der Sterilisation
elastischer (halbweicher) Seidengeflechtskatheter mit Lacktlberzug ist
trotz der zahlreichen diesbezflglichen Arbeiten noch nicht angegeben. —
Metall- und Glaskatheter lassen sich durch Auskochen in Sodaldsung
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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter.
753
oder gewohnlichem Wasser — wenn man eine Reizung der Urethra
dnrch die an den Instrumenten zuruckbleibende Soda befiirchtet —
sterilisieren. Auch Katheter aus Rotkautschuk halten dieses Verfahren
mehrraals ohne Schaden aus (Warden, Herman, Nancvede und
Hutchings) — bis zu lOOmal (Mankiewicz). — Anders bei den
Seidengeflechtskathetern, die in der folgenden Untersuchung hauptsach-
lich beriicksichtigt sind 1 ). Diese haben eine sehr geringe Widerstands-
ffihigkeit gegenfiber den verschiedenartigsten zu ihrer Sterilisierung an-
gewandten chemischen und besonders physikalischen Agentien, trotzdem
die Keime, um deren Abtfitung es sich bei Kathetern handelt, tlurchaus
nicht immer gerade zu den widerstandsffihigsten Arten gehoren.
Es sind dies besonders die bei Cystitis und eiterigen Erkrankungen
der Ureteren und Nieren, dann aber auch die in der erkrankten und
normalen Urethra vorkommenden Mikroorganismen. — Die normale
Urethra enthfilt nach Kraus in durchschnittlich 60 Proz. der Falle bei
Mannern und Frauen „Bakterien der verschiedensten Arten“, darunter
von pathogenen das Bacterium coli, Staphylococcus pyogenes
albus und aureus und Streptococcus pyogenes. Von quanti-
tativen Untersuchungen liegt eine Arbeit von Franz vor, der unter
41 Fallen in der Urethra
8mal Staphylococcus pyogenes albus und aureus
1 „ Bacterium coli,
1 „ Streptokokken und
1 „ Gelatine nicht verflflssigende Diplokokken fand.
Savor fand bei 93 Frauen mit normaler Urethra
22mal Staphylococcus pyogenes, und zwar
16 „ „ albus,
6 „ „ „ aureus, ferner
14 „ Bacterium coli,
9 n Diplokokken,
4 „ Streptokokken.
Auch die quantitativen Untersuchungen der Mikroorganismen der
Harnrohre von Schwangeren und WOchnerinnen ergaben stets ein bedeu-
tendes Ueberwiegen der pyogenen Staphylokokken fiber die an zweiter
Stelle folgenden Co 1 i-Bakterien, wfihrend Streptokokken sich in
geringerer Zahl fanden; ebenso bei frflher erkrankt gewesenen Urethren
(Savor). — Bei einer Nachuntersuchung dieser Ergebnisse mfifiten
heutzutage die Staphylokokkenbefunde mittels der Agglutination kon-
trolliert werden mit Rficksicht auf die Ermittelungen von Kolle und
Otto, wonach ein grundsfitzlicher Unterschied besteht zwischen den
spezifischen Eiterkokken und den zahlreichen saprophytischen Kokken-
arten, die sich von jenen in ihren biologischen Eigenschaften nicht unter-
scheiden lassen, aufier durch die Agglutinationsprobe. —
In der entzfindeten Urethra linden sich nach Kraus als Erreger
der Urethritis folgende Mikroorganismen:
Gonococcus Neisser (am h&ufigsten),
Bacterium coli (am zweithfiufigsten),
Staphylococcus pyogenes aureus,
* » albus,
Diplokokken (Gram-negativ) und der
Tuberkelbacillus (Smegmabacillus?).
1) Bei meinen Versuchen habe ich diese Lackkatheter ausschlieClich ange-
wandt.
Crete Abt. Orig. Bd. XXXVIII. Heft 6. 48
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754
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Die bei Cystitiden — und aufsteigenden Infektionen der hoheren
Harnwege (Ureteren, Nieren) — vorkomraenden Eeime sind nach dem-
selben Autor der H&ufigkeit nach geordnet:
Bacterium coli (bei weitem am h&ufigsten gefunden),
Proteus vulgaris Hauser,
Staphylococcus pyogenes,
Streptococcus „
Gonococcus Neisser,
Tuberkelbacillus,
Bacillus typhi, ‘
„ pyocyaneus (seltener).
Auch die Mehrzahl der anderen Autoren hebt die H&ufigkeit des
Bacterium coli in der Pathologie der Harnwege hervor (Melchior,
Roux, Imbert, Faltin). Bei gutartigen Eiterungen der Harnwege
sind von Albarran und Cottet auch anagrobe Bakterien ge¬
funden worden, deren Vorkommen aber nach diesen Autoren meistens
bei den gangr&neszierenden Prozessen dieser Organe beobachtet wird.
Vergleicht man die HSufigkeit der verschiedenen bei Cystitis als
atiologisches Moment gefundenen Keime mit den allerdings sehr wenig
zahlreichen quantitativen Untersuchungen der pathogenen Mikroorganis-
men der normalen Urethra, so spricht ein solcher Vergleich — wenn
er auch nicht streng beweisend sein kann — eher fQr als gegen die
Ansicht der bei weitem hILufigeren Entstehung der Cystitis durch Ka-
theterisieren mit unreinen Instrumenten (Fttrbringer, Barlow,
Guyon, Grosglik, Janet, Kutner, Goldberg, Suter), w&brend
andere Autoren eine Einschleppung von Keimen aus der Urethra dafflr
verantwortlich machen (Rovsing, Savor). Auch die Arbeit von
Baisch, der bei 40 frischen postoperativen Cystitiden bei Frauen in
der Mehrzahl der F&lle Staphylokokken, bei alten Cystitiden mehr Coli-
Bakterien fand, ist nicht beweisend fur den Bakterienimport aus der
Harnrohre in die Blase, wenn man die groBe Verbreitung der Staphylo¬
kokken in Betracht zieht, was auch Goldberg hervorhebt, ganz abge-
sehen davon, daB die Angaben von Baisch noch einer Nachprufung an
groBerem Material und an Mannern bediirfen. Im flbrigen haben Pos¬
ner und Frank gezeigt, daB gerade die Erreger der Cystitis — be-
sonders Bacterium coli — an Kathetern noch nach l&ngerer Zeit
lebend gefunden werden, also auch wieder eine Infektion vermitteln
konnten, trotzdem die Instrumente so behandelt waren, als sollten sie
zu einem neuen Katheterismus verwandt werden (nach Gebrauch mecha-
nische Reinigung, spftter Einlegen in ein Desinficiens). Auch Rov¬
sing, obwohl einer der Hauptvertreter der Annahme von der ilber-
wiegenden Haufigkeit der urethrogenen Harninfektion, deren MSglichkeit,
wenn sie auch selten sein mag, ja absolut nicht zu bezweifeln ist, fuhrt
FBlle von Cystitis an, bei denen er den Import der Keime von auBen
mit dem Katheter zugeben muBte. Gumprecht meint, daB man durch
Ausspiilungen vor dem Katheterisieren die Urethra „klinisch vollkomroen
geniigend" reinigen kQnne und spricht in seinem Buche die Ansicht
aus: „Man kann sicher sein, daB die Ursache eines in der Praxis vor-
kommenden Blasenkatarrhs allemal in einem unreinen Katheter und nie
in der Infektion durch Harnrohrenbakterien zu suchen ist.“ Und weiter:
„Es ist wohl nicht zu zweifeln, daB die Ursache der Katheterisierungs-
cystitis in der Aufieninfektion und nicht in der Autoinfektion gelegen ist.*
Beriicksichtigt man fernerhin den Umstand, daB in der neueren Zeit
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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter.
755
auch das Katheterfieber nicht mehr als eine neurogene Oder andere
Storung angesehen, sondern von den meisten durcb eine Resorption von
Bakterien (Bertelsmann und Mau) oder Toxinen von der mit dem
Katheter verletzten Schleimhaut aus erklart wird (Moullin. Browne,
Posner, Guyon, Zuckerkandl) — Hartmann fiihrt einen Fall
an, wo ein 65-jahriger Prostatiker jedesmal nach spontanem Urinieren
fieberte, wenn namlich der infizierte Urin mit den exkoriierten Harn-
rohrenwandungen in Kontakt kam, wahrend keine Fieberanfalle auf-
traten, wenn der Urin mittels Katheter entleert wurde, — so dtirfte die
Notwendigkeit einer strengen Sterilisation der in der Praxis so viel ge-
brauchten elastischen Seidengeflechtskatheter keine weitere Begrflndung
mehr erfordern; ganz abgesehen davon, daB ein Arbeiten mit nicht
sterilen Kathetern, auch bei schon bestehender Harninfektion, in direktem
Gegensatze zu den heute geltenden Grunds&tzen der Asepsis stfinde
(Ph61ip).
II.
Die Methoden, welche von den verschiedenen Autoren zur Sterili¬
sation der elastischen Katheter angegeben und zum Teil noch heute in
h&ufigem Gebrauche stehen, sind einerseits rein physikalische oder rein
chemische oder auch Kombinationen von beiden Methoden, wie sie z. B.
das Kochen der Katheter in antiseptischen Losungen darstellt.
Von den primitivsten physikalischen Methoden beansprucht die
von Schimmelbusch angegebene wohl nur noch historisches Interesse.
Schimmelbusch hatte gemeint, daB „festes u Abreiben wahrend
„einer Minute mit einem nassen (sterilen) Tupfer und nachheriges
Trockenreiben mit einem trockenen fast immer genflgt“, um vorher
„stark a mit Reinkulturen verschiedener Bakterien infizierte Instrumente
auBerlich „keimfrei“ zu machen. „Um das Lumen der Katheter zu
reinigen, muB man dieselben energisch mit warmem Wasser oder warmer
Sublimat- oder Karbollbsung durchspritzen." Schon kurze Zeit nach der
Empfehlung dieses Verfahrens haben Barlow und Grosglik seine
Unzulanglichkeit nachgewiesen. Mit Staphylococcus aureus und
faulendem Urin infizierte Katheter wurden in den Versuchen von
Grosglik nicht steril, wenn sie mit desinfizierten Hfinden 3—5 Mi-
nuten lang sorgfaltig abgeseift oder 5—10 Minuten mit prfiparierter
Watte in heiBem Seifenwasser abgerieben, nachher 2—3 Minuten unter
einen „dicken und starken Wasserleitungsstrom u gebracht und dann mit
sterilem Tuch abgetrocknet wurden. — Trotz dieser Kritik hat Leven
einige Jahre spSter, indem er sich auf Schimmelbusch beruft, be-
bauptet, es genuge, um die Katheter keimfrei zu machen, sie mit Al¬
cohol absolutus „t(ichtig u abzureiben, um so mechanische und chemische
Wirkung auf die Keime zu verbinden. Diesem Vorschlage gegenflber
hebt Phblip hervor, dafi vor allem der absolute Alkohol den Lack der
Katheter zerstbre und auch ein ziemlich minderwertiges und unsicheres
Desinfektionsmittel sei, dessen Durchspfilen durch das Katheterlumen
gar nicht im stande sei, genugend zu sterilisieren. Dazu sei noch be-
merkt, daB Alkohol, als Ffillungsmittel verschiedener, auch im Urin vor-
kommender Eiweifiarten, bei eiweiBreichen Harnen die Katheterdesin-
fektion eher erschweren als erleichtern dtirfte.
Auch die Sterilisationsverfahren mittels trockenerHitze sind
heute nicht mehr gebrSuchlicb. Delag^nibre hatte angegeben, daB
elastische Katheter — im Trockensterilisator von Poupine 1 (vgl. Ter¬
rier) — die trockene Hitze von 110—120° wahrend einiger Minuten
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756
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
gut ertragen und daran die Empfehlung geknupft, die Iustrumeute wah-
rend dreier Tage je einige Minuten bis 1 / i Stunde lang auf 100° trocken
zu erhitzeu; dadurch sei eine Sterilisation derselben zu erreichen. Bak-
teriologische Versuche ergaben in Bouillon kein Wachstum von vorher
infizierten und so sterilisierten Kathetern (Lackhemmung? vgl. unten).
Poncet behauptet, dafi die Katheter ira Trockenschranke bei 120
— 130° „ohne Veranderung einige Stunden u liegen konnen und dann
„vollstandig steril“ sind. Nach Grosglik totet l / 2 Stunde dauerndes Steri-
lisieren bei 130° Staphylococcus albus und aureus an Kathetern
ab. Fur die Praxis empfiehlt dieser Autor eine Temperatur von 140 0
im Trockenschranke. — Dagegen beobachteten Alapy, Schimmel-
busch, Kutner eine Schadigung der weichen und halb-
weichen Katheter in heiCer Luft.
Ein eigener Versuch hat mich von der Richtigkeit dieser letz-
teren Behauptung tiberzeugt.
4 Seidenkatheter, davon 2 neueren Fabrikates (einer dieser letzteren
ungebraucht), wurden ca. 1 / i Stunde lang einer Temperatur von 140—150°
ausgesetzt, wohl dem Minimum dessen, was beim Sterilisieren in trockener
Luft in Frage kommt. Beim Herausnehmen aus dem Trockensterilisator
war an alien Kathetern die obere Lackschicht stark blasig gequollen,
wie wenn der Lack ins Kochen gekommen ware. Bei den neuen Ka¬
thetern fand sich diese Veranderung hauptsachlich am oberen Ende, wo
die Lacksicht dflnner aufgetragen war, bei den beiden Mlteren starker
und fiber das ganze Instrument verbreitet. Bei einem der letzteren war
die obere Lackschicht teilweise verkohlt. Dieses Sterilisationsverfahren
verbietet sich also von selbst.
Als eine weitere Methode fttr die Sterilisation elastischer Katheter,
die noch heute in vielfachem Gebrauche steht, ist der stromende
Wasserdampf von 100° empfohlen worden. Dieses Verfahren hat
zahlreiche Anhanger gefunden, von denen wieder verschiedene Apparate
fQr den praktischen Arzt konstruiert worden sind, betreffs deren Be-
schreibung auf die Originalarbeiten verwiesen sei (Alapy, Albarran,
Novotny, Barlow, Ruprecht, Jacob, Stein, Goldberg, Cas¬
per, Freudenberg, Grosse, Miskhailoff).
Im Anschlusse an die interessante und ausffihrliche Arbeit von
Ruprecht, welcher zahlreiche Versuche angestellt hat, seien hier einige
Bemerkungen gemacht. Ruprecht hat in seinem Apparate, der nach
dem Prinzip der gewbhnlichen Dampfkochtopfe arbeitet, Milzbrandsporen
an Kathetern in ca. I 1 /, Minuten abgetbtet gefunden. Die Prufung der
Sporen auf ihre Widerstandsfahigkeit ergab, dafi sie in siedendem Wasser
nach 105 Sekunden abgetotet waren. — Zur Prflfung der Frage, wie
schnell in seinem Apparate durch den Wasserdampf die Luft aus dem
Lumen der Katheter vertrieben werde, verfuhr Ruprecht folgender-
mafien: Er brachte U-formig gebogene Glasrohren von verschiedener
lichter Weite so in seinen Apparat, daB die Glasrdhrenenden nach unten
sahen, und lieB nun Wasserdampf von 100° einwirken. Nach x /* bis
5 Minuten wurde der ganze Apparat mitsammt den Glasrfihren, so daB
deren Enden immer sorgfaltig nach abw&rts gerichtet blieben, in Wasser
eingetaucht. Das Wasser muBte da, wo die Luft in den Glasrbhren
durch den Dampf verdrSngt war, in beiden Schenkeln des U-Rohres
gleichzeitig aufsteigen, wahrend eine eventuell in der Glasrdhre zuruck-
gebliebene Luftblase zwischen den beiden in den Schenkeln aufge-
stiegenen Wassersaulen sichtbar wurde. Als Resultat dieses Versuches
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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter.
757
ergab sich, daB „nach 1—5 Minuten langem Aufenthalt (sc. im Dampfe)
ein weites Glasrohr, etwa einem Katheter No. 30 (Charribre) ent-
sprechend, ira Mittel noch 10 Proz. Luft, ein mittleres, etwa No. 18 ent-
sprechend, 6,4 Proz. Luft, ein enges, etwa No. 7 entsprechend, nur
3 Proz. Luft“ enthielt. Daraus folgert Ruprecht: „Das Eindringen
des Dampfes (sc. bei weiten Rohren) erfolgte also wahrscheinlich weniger
vollkommen als bei engen Rohren. u Dieser SchluB widerspricht dem
physikalisch-chemischen Gesetze, nach welchera mehrere Gase einen und
denselben Raum ohne gegenseitige Raumbeengung vollst&ndig erfullen
konnen (vgl. Nernst). Es konnten also die beiden weiteren Rohren
ebenso vollst&ndig mit Wasserdampf gefflllt sein wie die dritte enge,
trotzdem sie am Schlusse des Versuches mehr Luft als diese letztere
enthielten. — Des weiteren hat Ruprecht gefunden, daB die Dauer
der Sterilisationszeit von Kathetern zur Dicke der Katheterwandung
direkt proportional und fast ganz unabh&ngig von der Weite des Lumens
ist, d. h. diejenigen Katheter werden am schnellsten steril, welche die
diinnste Wandung haben (engere Katheter haben gewohnlich geringere
Wandstarke). Das leuchtet auch ein, weil ja ein diinnwandiges Instru¬
ment sich schneller auf 100° erw&rmt als ein dickwandiges. Nach dem
vorhergehenden Befunde an den Glasrohren aber hatte Ruprecht er*
wartet, daB ungeachtet der Wandstarke der Katheter am schnellsten
sterilisiert werde, aus dessen Lumen die Luft am ehesten vertrieben sei.
— Auf diese beiden Befunde griindet Ruprecht die SchluBfolgerung:
„Die maBgebenden Faktoren bei der Kathetersterilisation durch Dampf-
einwirkung von auBen sind WSrmeleitungs- und Warmestrahlungsver-
mogen des Kathetermaterials, Wandstarke und Kaliber der Katheter.
Die Wirkung des eindringenden Dampfes ist als ein nebens&chlicher
Faktor anzusehen.“ Diesem SchluB mtissen die oben angefiihrten Ein-
wendungen gemacht werden. Und wenn Ruprecht zum Beweise dieses
Schlusses „Stflcke eines Glasstabes in die beiden Oeffnungen feucht (sc.
mit Milzbrandsporen im Lumen) infizierter und teilweise mehrere Tage
getrockneter Katheter hineinzwangte“, sie dann dem Dampf aussetzte
und nach derselben Zeit sterilisiert fand wie die (an den Enden offenen)
Kontrollkatheter (l 1 /,—2 Minuten), so l&Bt sich dagegen immer noch ein-
wenden, daB Glas und Kathetermaterial einen ungleichen WSrmeaus-
dehnungs-Kogffizienten haben. Infolgedessen konnte sich moglicherweise
bei der ErwSrmung auf 100° zwischen GlasstQpsel und Katheterwandung
ein far den Durchtritt des Dampfes genugend groBer Zwischenraum
bilden, d. h. der VerschluB mit den GlasstOcken braucht nicht sicher
vollkommen dampfdicht zu sein. Wenn sich, wie Ruprecht annimmt,
in dem Katheterlumen kein Dampf befinden wurde, sondern Luft, so
mQBten die in die Instrumente eingebrachten Milzbrandsporen durch
trockene, heiBe Luft von nur 100° abgetStet worden sein, was aber dem
widerspricht, was wir bisher aber die geringe Desinfektionskraft trockener
Luft einerseits und aber die Resistenz von Milzbrandsporen andererseits
wissen.
Eine Art von Dampfsterilisierapparaten far elastische Katheter
moge hier besonders erwahnt werden. Es sind dies diejenigen, welche
mittels besonderer Vorrichtungen den Dampf durch das
Katheterlumen hindurchleiten. Farkas hat hierzu einen
kleinen, am oberen Ende konisch zugespitzten Metallkessel konstruiert,
der mit warmem Wasser gefOllt und von unten angeheizt wird. Der
Katheter wird mit dem oberen Ende auf die offene konische Spitze des
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
Metallkessels aufgesetzt, so daft der Dampf, der entwickelt wird, durch
das Lumen des Katheters hindurchstreichen muft und an dessen unterem
Ende (Auge) entweichen kann; fttr Desinfektion der Auftenflache der
Instrumente begnfigt sich Farkas mit Abwischen mittels Alkobol
und Abspfilen durch 3-proz. BorsSurelflsung. Kutner, Grosglik,
Ruprecht haben darauf aufmerksam gemacht, daft bei der Farkas-
schen Methode der Wasserdampf sich bis zur Unwirksamkeit abkfihlt
und kondensiert, ehe er noch den ganzen Katheter durchstrflmt hat (in
ein hohles Schnabelende wflrde er kaum eindringen), w&hrend die Steri¬
lisation der flufteren Katheterfl&che auch nicht genttgend ist. — Andere
Apparate, bei denen der Dampf, ohne sich abkiihlen zu kSnnen, eben-
falls die Innenfiflche des Katheters durchstromen muft, aber erst dann
abgeleitet (und abgektthlt) wird, nachdem er auch (vorher oder nachher)
dessen Auftenflache sterilisiert hat, sind von Kutner, Frank, Gros¬
glik, Ehrmann, Mttller, Dreuw angegeben. Eine solche „un-
begrflndete Komplikation der Sterilisationstechnik“ (Ruprecht) er-
scheint aber Qberflflssig (Alapy), weil ja auch in einem gewShnlichen
Dampftopfe ohne eine derartige besondere Vorrichtung und ohne daft
deshalb die Sterilisationsdauer verlangert wflrde, der gesattigte Wasser¬
dampf mit Leichtigkeit das Katheterlumen durchstreicht. Auch ein im
Lumen zurflckgebliebenes Gerinnsel wflrde, selbst bei engen Instru-
menten, der Durchdringungsfahigkeit des Dampfes kein Hindernis ent-
gegensetzen.
Die zum Sterilisieren der Katheter im strttmenden Wasserdampfe
nfltige Zeit wird verschieden angegeben. Fttr die Praxis fordert Ru¬
precht 3—4 Minuten. Grosglik fand Staphylococcus albus
und aureus an Kathetern in 5 Minuten abgetdtet Nach Kutner
sind die Instrumente in 6—7 Minuten vollig steril. — Auch diese Zeit
wflre noch nicht genflgend, um z. B. Milzbrandsporen von der Resistenz-
fahigkeit, wie sie Strehl verwandt hat (Sterilisation erst nach 8 Mi¬
nuten langer Einwirkung des strdmenden Dampfes) abzutdten. Mfiller
hat mit seiner Methode, die er fttr „sehr rasch und absolut sicher“
halt, „in 7—10 Minuten Keimfreiheit erzielt u . Grosse fand in seinem
Apparate, der keine spezielle Vorrichtung zum Durchstrdmenlassen des
Dampfes durch das Lumen der Katheter hat, in derselben Zeit (Maxi¬
mum 10 Minuten) Staphylococcus pyogenes aureus, mit dem
er die Katheter infiziert hatte, abgetfltet. Grosglik, Alapy for-
dern 15 Minuten fttr die Praxis; letzterer hat Milzbrandsporen an Ka¬
thetern nach 15 Minuten langem Aufenthalte im strflmenden Dampfe
nicht mehr zum Auskeimen bringen kttnnen. Nach Goldberg macht
1 / i —Vs’Stflndiges Verweilen im Dampfe von 100° die Katheter steril.
Miskhailoff verlangt 20 Minuten zur sicheren Abtotung von Krank-
heitskeimen. Dagegen fordern Freudenberg 8 /i Stunde und Casper
sogar 2 Stunden Dampfsterilisation.
Es unterliegt keinem Zweifel, daft eine derartig durchgefflhrte Steri¬
lisation die Katheter am sichersten aseptisch machen wflrde, wenn der¬
selben nicht ein erheblicher Nachteil anhaftete. Es ist dies die SchSdi-
gung, welche die Katheter im strflmenden Wasserdampfe erleiden(Mac
Lennan, Hock, Kfimmell, Heusner). Posner und Frank
fanden ZerstSrung der inneren Lackschicht; Katzenstein, der nach
Kutner mit dessen Apparat Versuche angestellt hat, fand Katheter
„aus bestem franzosischen Seidengespinst“ nach 2-, hochstens 3maliger
Dampf desinfektion „unbrauchbar“. Aehnliche Mifterfolge mit demselben
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Sittler, Die Sterilisation elastiscber Katheter.
759
Apparate hatte auch Mankiewicz. Bei den Versucben von Ruprecht
zeigten einige Katheter „gleich nach dem ersten Versuche Risse und
Sprflnge an der Spitze“, andere blieben glatt, wShrend „der Glanz etwas
stumpfer wurde 4 *, wieder andere wurden bei taglichem Sterilisieren w&h-
rend weniger Minuten erst nach ca. 2-3 Monaten „rissig in der Lack-
schicht“. Auch Grosse, der die Dampfsterilisation bei 100° als un-
schidlich empfiehlt, sah im gespannten Dampf von 120° nach */» Stunde
Katheter „stark klebend und stark rissig werden 44 .
Alapy, Casper und Freudenberg raten, die Katheter, in FlieB-
papier Oder Tttcher eingewickelt in den Dampfapparat zu bringen, teils
urn zu vermeiden, daB sie beim Abkiihlen im geschlossenen Apparate
eine Schadigung durch das Kondenswasser erleiden, oder um ein Zu-
sammenkleben der Instrumente zu verhindern.
Mit obigem decken sich auch meine Erfahrungen. Mehrere
ungebrauchte Katheter (Slteren Fabrikats), welche w ah rend 20 Minuten im
strbmenden Wasserdampfe sterilisiert wurden, waren s&mtlich beim Her-
ausnehmen aus dem Dampfapparate viel weicher als vorher und
sehr stark klebrig, an zweien war ein Teil der BuBeren Lackschicht
flflssig geworden und, der Schwere folgend, etwas verlaufen. (DaB das
Klebrigwerden durch Einwickeln der Instrumente in Papier nicht ver-
mieden werden kann, liegt auf der Hand.) Katheter neueren Fabrikats
wurden nach dem Verweilen im Dampf nur wenig klebrig, aber be-
deutend weicher und briichiger, so daB beim Anfassen
oder Biegen sehr leicht Risse der oberfl&chlichen Lack¬
schicht entstanden. — Diese VerSnderungen glichen sich innerhalb
der n&chsten 24 Stunden zum Teil wieder aus.
Dafi somit, in Anbetracht der schnellen SchBdigung
und des hierdurch bedingten Mehrverbrauchs der Ka¬
theter, diese Dampfsterilisiermethode in der allgemeinen
Praxis kaum anwendbar ist, ist einleuchtend.
Es sei an dieser Stelle nur noch kurz auf einen Fehler hingewiesen,
der sich bei bakteriologischen Versuchen mit Kathetern, die im Dampf
sterilisiert waren, leicht einschleicht und, soviet ich Bbersehen kann,
auch bei den Untersuchungen der vorher zitierten Autoren nicht ge-
ntigend berficksichtigt ist. — Wenn man die Katheter — nachdem sie
sich abgekflhlt haben — direkt aus dem Dampfapparat in Bouillon
bringt, so Ibsen sich in der Bouillon Lackteile des Katheters auf, die
ihr eine geringe entwickelungshemmende Wirkung, Bakterien gegenflber,
verleihen.
Versuch: Eine Bouillonrbhre, in der sich ein Katheter befand,
der 45 Minuten im Dampfe bei 100° verweilt hatte, zeigte, mit Sta¬
phylococcus pyogenes aureus geimpft, zwar nach 24 Stunden
Briittemperatur eine durch Staphylokokkenentwickelung bedingte Tril-
bung, die aber viel schw&cher war als in einer mit der gleichen Oese
geimpften Kontrollrbhre, welche keine Lackbestandteile enthielt. Auch
nachdem die Bouillonrbhre mit dem Katheter weitere 10 Tage bei
Zimmertemperatur (w&hrend des Hochsommers) gestanden hatte, er-
reichte die Stfirke der Trflbung nicht diejenige der gleichbehandelten
Kontrolle. Ein weiterer Katheter, der ebenfalls 45 Minuten im strbmen-
den Dampfe sterilisiert war, wurde nach dem Abkflhlen in Bouillon ge-
bracht, die einen Milzbrandsporenfaden enthielt (an Seidenfftden ange-
trocknete, sporenhaltige Milzbrandbouillon-Aufschwemmung). Wahrend
nun ein Kontrollfaden schon nach 24 Stunden im Brfltschranke starkes
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760 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6 .
Wachstum zeigte, war an der Bouillonrohre, in die der Katheter tauchte,
auch nach 5 Tagen Brtit- und weiteren 5 Tagen Zimmertemperatur
nicht das geringste Wachstum zu bemerken. Demgegenuber lieB
sich bei Kathetern, welche, ohne irgend welche Vorbehandlung (Dampf,
Kochen etc.) erfahren zu haben, in frisch mit Staphy 1 ococcus pyo-
geines aureus oder Bacillus prodigiosus geimpfte Bouillon ge-
bracht wurden, eine derartige entwickelungshemmende Wirkung im Ver-
gleich zu den Kontrollrdhren nicht nachweisen; hochstens daB ein
Milzbrandsporenfaden in der Bouillon, in der sich der (nicht im Dampf
gewesene) Katheter befand, etwas weniger kraftig auswuchs als der
Kontrollfaden. Sporen von Bacillus mesentericus vulgatus
wurden durch Katheter, welche w&hrend 45 Minuten im strbraenden
Dampfe gewesen waren, fast nicht in ihrer Entwickelung gehindert.
Zu den obigen wie auch zu meinen sp&teren Versuchen wurden die
gewohnlichen Bouillonrohren verwandt, in die der Katheter mit dem
unteren Ende (Auge) derart eintauchte, daB er etwa in einer Lange von
5 cm von Bouillon umspiilt war, die auch in das Lumen eindringen
konnte, wahrend das obere Katheterende neben dem Wattepfropf aus
dem Reagenzglase herausragte, aber nach unten umgebogen wurde, so
daB eine Luftinfektion (durch das Katheterlumen hindurch) ausge-
schlossen war.
Als letzte der physikalischen Sterilisationsmethoden muB das
Kochen der Katheter genannt werden, das sich wegen seiner Ein-
fachheit in der Praxis mehr Anh&nger erworben hat ads die Dampf-
sterilisation. Fflr das Auskochen der Instrumente in gewohnlichem
Wasser sind eingetreten Duchastelet, Guyon, Nicoll, Herring,
Nancvede und Hutchings, Tscherning, Goldschmidt, Hirt,
Goldberg. Der letztere Autor hat daneben auch das Kochen in
Borsaurelosung empfohlen, um dann die Katheter in derselben LSsung,
die zum Kochen gedient hat, aseptisch aufbewahren zu kSnnen. Die
zum Sterilisieren erforderliche Zeit wird von Guyon, Nicoll und
Goldberg auf 5—10—15 Minuten angegeben.
Wahrend Goldberg, der mit Seidenkathetern ganz neuen Fabri-
kates arbeitete, behauptet, daB gute Instrumente das Kochen 30—50mal
und mehr aushalten, wird dem Verfahren von verschiedenen anderen
Seiten der Vorwurf gemacht, daB es die Katheter noch mehr schSdige
als der stromende Wasserdampf. Nach Grosglik verderben „selbst
die besten Sorten von elastischen Instrumenten ... in siedendem Wasser
volltandig“. Kutner fand, daB die Katheter ihre Elastizitat verloren
und Risse und Sprunge bekamen. Ebenso meint Stein, daB elastische
Katheter gewohnliches siedendes Wasser „selten lBngere Zeit hindurch,
ohne Briichigkeiten, Unebenheiten und selbst Sprilnge im Lackuberzuge
aufzuweisen“, ertragen konnen. Dasselbe beobachteten Warden, Her¬
man, Verhoogen undHeusner. Gegen das Kochen sprechen sich
auch aus Albarran, Posner und Frank, Leven, Huldschiner,
Mac Lennan, Hock.
Claudius hat zur Vermeidung der oben erw&hnten Nachteile des
gewohnlichen Wassers, dessen Anwendung er vollstandig verwirft, das
Kochen der Katheter in einer konzentrierten Kochsalzlosung
(4 NaCl: 10 Wasser) eingefuhrt, wodurch innerhalb 2 Minuten die Ka¬
theter sterilisiert wiirden. Dieser Empfehlung haben sich Cauchois,
der statt NaCl auch KC1 verwendet, Verhoogen und Cotton ange-
schlossen.
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Sittler, Die Sterilisation elasdscber Katbeter.
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Eine grSfiere Verbreitung hat aber diese Methode nicht gefunden,
wohl deshalb, weil zu gleicher Zeit ein anderes, besseres Vemhren in
Gebrauch kara, das Kochen in konzentrierterAmmonsulfat-
lOsung (3 Teile: 5 Teilen Wasser), wie es analog schon vorher zur
Catgutsterilisation angegeben worden war. Nach Herman sind Ka-
theter nach 3—5 Minaten langem Kochen in dieser Ldsung steril, und
machen die mit dem Instrument eventuell in die Urethra eingebrachtep
Ammonsnlfatteilchen keine Reizung der SchleimhauL KQmmell fand
nach 2 Minuten langem Kochen Katheter und Ureterenkatheter, die er
mit Streptokokken, Bacterium coli und Harnbakterien infiziert hatte,
vollig steril. Die Instrumente zeigten keine Ver&nderung ihrer Ober-
flache, wie man sie beim Kochen in gewdhnlichem Wasser findet Fflr
die Praxis sei eine Sterilisationsdauer von 5—10 Minuten ausreichend.
Zu Gunsten dieses Verfahrens haben sich weiterhin ausgesprochen GOrl,
Mankiewicz, Heusner, ferner Cauchois, Cotton, welch letz-
tere es der vorigen Methode gleichstellen. Heusner hat behauptet,
daB auch ein 9—12-stflndiges Kochen in Ammonsulfatlbsung die Ka¬
theter nicht angreife, wahrend die gleiche Behandlung mit Bors&ure-
oder konzentrierter Kochsalzlosung schadigend wirke (allerdings weniger
als Kochen in gewflhnlichem Wasser). Auch das Kochen in 20-
proz. Zuckerlosung und Sterilisieren in Paraffinura liqui-
dum (bei 95—97° im Wasserbade) wird von den Instrumenten nach
Heusner sehr gut ertragen. — Casper, der dem Auskochen in
Ammonsulfatldsung neben der Dampfsterilisation vor alien anderen Ver-
fabren den Vorzug gibt, macht darauf aufmerksam, daB Ammonsulfat
„bei wiederholtem Kochen" die Katheter weich und unansehnlich mache.
Auf einen sehr ins Gewicht fallenden Nachteil, der samtlichen Koch-
methoden anhaftet, hat schon Albarran hingewiesen. Katheter, an
denen Eiterharn angetrocknet ist, werden auch durch l / a -stQndiges
Kochen nicht sicher sterilisiert; nur wenn die Katheter vorher mit 70-
proz. Alkohol und 1-promill. Sublimatlflsung durchspiilt und abgewaschen
seien, gentige 20 Minuten langes Kochen zur Sterilisation. Nach Guvon
kann langere Berflhrung infizierter Instrumente mit Gleitmitteln (Oel,
Vaseline) das Sterilisieren durch 5—10 Minuten langes Kochen unwirk-
sam machen, auch wenn dem Kochen eine mechanische Reinigung voran-
gegangen ist. Auch Kutner ist der Ansicht, daB halbweiche und weiche
Katheter durch kurzdauerndes Auskochen in ihrem Lumen nicht immer
sicher sterilisiert werden. Goldberg fand, daB Katheter, die „l8ngere
Zeit u in Eiterharnen gelegen hatten, nach 5 Minuten langem Kochen in
25 Proz. der F&lle nicht steril waren, wahrend fflr „eingefettete und
eingefllte, nicht gereinigte, in ein Gemisch von alten stinkenden Eiter-
barnen fflr lflngere Zeit hineingelegte Katheter" nach 7 Vs Minuten
langem Auskochen nur in 72 Proz. der FSIle sich eine vollst&ndige Ab-
totung der Keime erreichen liefi; dagegen wurden mit Bouillonkulturen
von Staphylococcus pyogenes aureus infizierte Instrumente beim
Kochen in 5 Minuten immer steril. — Diese Beobachtungen widersprechen
dermaBen den bisherigen Erfahrungen flber die Wirkung des Kochens,
daB ein Zweifel an den Resultaten kaum unterdrflckt werden kann.
Auch Ruprecht spricht sich „nach seinen Erfahrungen" flhnlich aus. —
Da ein solcher MiBerfolg des Auskochens (unter Annahme der Richtig-
keit obiger Versuche) wohl nur mit der FILllung der EiweiBsubstanzen im
Eiter (Schutz der so eingeschlossenen Keime vor der Hitzeeinwirkung)
allein erkl&rlich sein kOnnte (K u t n e r), so muB er beim Kochen in kon-
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762
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
zentrierten Kochsalz- oder Ammonsulfatlflsungen, die ja ausgesprochene
EiweiBfailungsmittel sind, noch viel starker hervortreten.
Eigene Versuche zur Prflfang der Eathetersterilisation mittels der
verschiedenen Kochmethoden.
Erste Versuchsreihe.
15 ungebrauchte teils rote, teils schwarze Seidenkatheter (alteren
Fabrikats), welche y 4 Stunde im strdmenden Dampfe sterilisiert waren,
warden, nachdem sie sich abgekflhlt hatten, wahrend 20 Standen in je
einer Bouillonrflhre einer eintagigen Kultur von Bacterium coli bei
37° aufbewahrt. Die betreffende Coli-Kultur war, aus Stahl isoliert,
von einer raodifizierten Endoplatte (vgl. Klinger) abgeimpft und mittels
Neutralrot-Traubenzuckeragar (Gasbildnng und Fluoreszenz), Lackmus-
molke (Rotung), Milch (Gerinnung) und beider von Barsiekow an-
gegebenen Nahrboden (Kaseinfailung) auf ihre Identitat geprQft Die
Katheter tauchten dabei, wie oben beschrieben, mit ihrem unteren Ende
(Auge) in einer H5he von ca. 5 cm in die Bouillon, die auch durch das
Auge nach dem Gesetze der kommunizierenden Rohren (bei dflnnen In-
strumenten nach dem der Kapillaritat) in das Lumen aufsteigen rauBte.
Ebenso wurden die Katheter nach Beendigung des Sterilisationsversuchs
wieder in frische Bouillon zuriickgebracht, so dafi immer der ganze in-
fizierte Teil wieder mit dem frischen Nahrmedium in Koutakt kam. Mit
dieser Versuchsanordnung stehe ich im Gegensatze zu einer der Forde-
rungen Goldbergs, deren Berechtigung ich aber nicht anerkennen
kann, in welcher er verlangt, daB der ganze Katheter in die infizierende
Flflssigkeit und infolgedessen auch nach der Sterilisation wieder ganz in
das frische Nahrmedium eingetaucht werden mQsse. Nachdem die infi-
zierten Katheter aus den Coli-Bouillonrflhren herausgenommen und
wfihrend 6 Stunden im Brfitschranke getrocknet waren, wurden damit
die folgenden Kochversuche angestellt; dabei befanden sich die Koch-
flflssigkeiten in Becherglhsern, in welche die Katheter mit den infizierten
Enden eintauchten, so daB die Instrumente bis zu einer Hflhe von ca.
12 cm von der Flflssigkeit umspfllt wurden. — Die Nahrmedien wurden
in diesem wie in den spateren Versuchen, falls keine anderen Angaben
gemacht sind, wahrend der angegebenen Zeit im Brfltschrank bei einer
Temperatur von 37° aufbewahrt.
1) Verbringen dreier Katheter in gewflhnliches kochendes (Wasser-
leitun gs-)Wasser; nach 5, 10 und 15 Minuten wird je ein Katheter
herausgenommen und sofort in eine frische, sterile Bouillonrflhre ge-
bracht; die Katheter sind nach dem Kocheu nicht klebrig wie beim
Herausnehmen aus dem Dampfapparate. A lie 3 Rflhren werden nach
3 Tagen trflb mit Kahmhautbildung. Abimpfung von der trflben Bouillon
auf Agarstrichrflhren ergibt kein Bacterium coli, sondern Rein-
kulturen von Bacillus mesentericus vulgatus. Auch bei etlichen
der folgenden Versuche hatte ich gegen Verunreinigung mit diesem
Mikroorganismus anzukampfen (vgl. Ruprecht, Goldberg), dessen
Sporen, wie mir ein Versuch zeigte, sich weder durch einstflndiges Ver-
weilen im Wasserbade bei 100° noch durch einen ebenso langen Aufent-
halt im strflmenden Dampfe abtoten lieBen (siehe unten). (Ob diese
Verunreinigung durch das verwandte Wasserleitungswasser [vgl. Kayser]
oder durch Staub an die Katheter gekommen ist, habe ich nicht weiter
untersucht.) Infolgedessen war ich einige Male gezwuugen, urn zu ein-
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Sit tier, Die Sterilisation elastischer Katheter.
763
deutigen Resultaten zn gelangen, von den gebrauchten Bouillonrdhren
noch Kulturplatten anzulegen.
2) Ein Katheter bleibt 2 Minuten in 1-proz. kochenderSoda-
Idsung, wird dann in steriler Bouillon abgewaschen und in eine frische
Bouillonrdhre gebracht; nach 3 Tagen ist dieselbe klar und zeigt aueh
im mikroskopischen Pr¶t keine Bakterien.
3) Ein Katheter, der 1 Minute lang in 2-proz. Sodaldsung ab-
gekocht, dann in steriler Bouillon abgespfilt war, ergrbt, in frische
Bouillon gebracht und nach 3 Tagen auf Agar abgeimpft, ebenfalls kein
Wachstum yon Bacterium coli.
4) Drei Bouillonrdhren mit Kathetern, die je 1, 5 und 10 Minuten
in kochender Ammonsulfatldsung (3 Teile ges&ttigteAmmonsulfat¬
ldsung auf 5 Teile Wasser) gewesen, sind nach 3 Tagen ganz klar
und zeigen im mikroskopischen Pr¶te keine Bakterien.
5) Zwei Katheter werden je 1 und 2 Minuten in gesftttigter
L8sung von Ammonsulfat gekocht, in steriler Bouillon abgespfilt
und auf 3 resp. 4 Tage in frische Bouillon gebracht; danach Abimpfung
von den Rdhren auf Agarstrich. Samtliche RShren bleiben frei von
Bacterium coli.
6) Ein Katheter wird w&hrend 2 Minuten in 1-proz. Bors&ure-
ldsung, ein anderer Katheter w&hrend 1 Minute in 3-proz. Bor-
sfiurelosung gekocht und 2 Tage in Bouillon gebracht; Abimpfungen
von beiden Bouillonrdhren nach dieser Zeit auf Agar ergeben kein
Wachstum von Bacterium coli.
7) Ein Katheter wird w&hrend 1 Minute in Kochsalzldsung
(4 NaCl: 10 Wasser) gekocht und 2 Tage lang in Bouillon gebracht;
danach Abimpfung auf Agar, auf dem kein Bacterium coli w&chst.
8) Zwei Katheter in Kochsalzldsnng (4:10), je & und 10 Mi¬
nuten gekocht und in Bouillon gebracht, machen nach 2 Tagen keine
Trfibung der beiden Rdhren. Mikroskopisch finden sich keine
Bakterien.
Am Ende dieser Versuche ist kein einziger von den
Kathetern unver&ndert geblieben. Die Katheterenden
sind, grdBtenteils durch das Verweilen in der Bouillon,
zum Teil aber auch durch das Kochen verf&rbt, die
SuBere Lackschicht ist an alien Kathetern warzig oder
auch runzelig gequollen, an einigen sehr stark, so daB
sich davon geringe Trfibungen in der Bouillon bildeten.
Diese gequollenen Katheter scheinen ebenfalls auf Mikroorganismen
einen geringen entwickelungshemmenden EinfluB auszuflben (auf Kar-
toffelbacillensporen wirkten sie kaum ein), denn eine Bouillon, mit
einem Katheter ca. & Minuten fiber dem Bunsenbrenner erhitzt und
nach dem Abkfihlen mit einem Milzbrandsporenfaden geimpft, zeigte
nach 2 Tagen noch keine Bakterienentwickelung (Lackaufldsung). Nach-
dem der Katheter entfernt und nach 2 weiteren Tagen kein Wachstum
eingetreten war, wurde der Faden auf Agar gebracht, auf dem sich
innerhalb 24 Stunden eine groBe Milzbrandkolonie entwickelte, die im
mikroskopischen Pr¶te typische Bacillenf&den erkennen lieB.
Zweite Versuchsreihe.
12 ungebrauchte Katheter (ftlteren Fabrikates) werden w&hrend
20 Minuten im strdmenden Dampf sterilisiert und nach dem Trocknen
zur Prfifung ihrer Sterilit&t auf 24 Stunden in Bouillonrdhren gebracht,
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764
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
welche klar bleiben. Aus der Bouillon koramen die Katheter auf 2 Tage
bei 37° in 24-stflndige Typhusbouillonkulturen, die, von einer modifi-
zierten Endoplatte abgeirapft, durch Immunserum von 1 : 1000 aggluti-
niert wurden und kontrolliert waren durch Wachstum auf Milch =
keine Gerinnung, Lackmusmolke = keine Saurebildung, Neutralrot-
Traubenzuckeragar = keine Gasbildung, keine Fluoreszenz, N&hrboden
von Barsiekow mit Traubenzucker = geringe F&llung, N&hrboden von
Barsiekow mit Milchzucker = keine F&llung. Die Katheter werden
nach dem Herausnehmen aus der Typhusbouillon w&hrend 24 Stunden
im BrOtschranke getrocknet und zu folgenden Kochversuchen, mit der-
selben Anordnung wie in den vorhergehenden Versuchen, verwandt:
Je ein Katheter wird gekocht w&hrend 5, 10 und 15 Minuten in
gewdhnlichem Wasser, 2 Minuten in 1-proz. und 1 Minute in 2-proz.
Sodaldsung, 1 und 5 Minuten in Ammonsulfatldsung (3 ges&ttigte L6-
sung: 5 Wasser), 2 Minuten in 1-proz. und 1 Minute in 3-proz. Bor-
s&ureldsung, 1, 2 und 5 Minnten in Kochsalzlosung (4 :10). Nach dem
Kochen werden samtliche Katheter (mit Ausnahme der in Wasser ge-
kochten) in steriler Bouillon abgespult und auf 24 Stunden in frische
Bouillon gebracht Danach werden von den Bouillonr&hren Endoplatten
angelegt, nur bei den 3 Kathetern, die 10 Minuten in Wasser, 1 Minute
in 2-proz. Soda- und 5 Minuten in Kochsalzlosung gekocht waren, wird
von der Bouillon auf Agarstrich abgeimpft. Weder auf denPlatten
noch auf dem Agar gingen Typhuskolonieen auf. Die Agar-
rohre, welche mit der Bouillon beimpft war, deren Katheter 5 Minuten
in NaCl-LOsung gekocht hatte, zeigte eine makroskopisch verd&chtige
Kolonie, die sich aber mikroskopisch als aus Kokken bestehend erwies.
Bei diesen Versuchen habe ich speziell auf die Ver&nderungen
geachtet, welche die noch intakten Katheterteile durch
das Kochen erlitten haben: Die oberfl&chliche Lackschicht quoll
auf am st&rksten in den Sodalbsungen, wo sie sich teilweise sogar ab-
ldste, demn&chst bei den Bors&ureldsungen und dem gew5hnlichen
Wasser, wo die Katheter runzelig oder warzig aussahen; auch in der
Kochsalzldsung quoll der Lack etwas und die Katheter wurden so weich,
dafi 2 davon im Becherglase w&hrend des Kochens einknickten. In der
Ammonsulfatlosung war bei einem Instrumente der Lack an den ge-
kochten Stellen nur schwach runzelig abgehoben, w&hrend das andere
allein von alien verwandten Kathetern unver&ndert blieb.
— (An den von Bouillon umspQlten Stellen war der der Lack ober-
fl&chlich noch viel st&rker zerstort.) —
Bei einem ungebrauchten Katheter (&Iteren Fabrikats), den ich w&h¬
rend ca. */ 4 Stunde in Wasserleitungswasser gekocht hatte, fand ich die
obere Lackschicht stark gelblich verf&rbt, blasig abgehoben und die
Decke der entstandenen Blasen teilweise eingerissen; der Katheter war
sehr weich und brQchig geworden, so daB das untere Ende bei geringem
Driicken zerbracb. Auch ein ungebrauchter Katheter neueren Fabrikats,
der nach V 4 Stunde kaura irgend welche Ver&nderung zeigte, wurde nach
^j-stflndigem Kochen sehr erheblich gesch&digt. —
Die obigen Befunde haben zwar die Moglichkeit dargetan, an Ka¬
thetern innerhalb kurzer Zeit durch Kochen vegetative Bakterienformen
abzutoten, aber die schnelle Sch&digung, welche die Instru¬
mente beim Kochen erleiden, mufi naturgem&fi einer a 11-
gemeinen Verbreitung dieter Methode trotz ihrer Ein-
fachheit hindernd im Wege stehen.
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Sittler, Die Sterilisation elastischer Katheter.
765
III.
Die Sch&digung der Seidengeflechtskatheter durch die physikalischen
Sterilisationsmethoden, neben dem Wunsche each einem mOglichst ein-
fachen Verfahren, hat schon frfih den AnlaB gegeben, eine AbtOtung der
Eeime an Eathetern durch chemische Desinfektionsmittel zu versuchen.
Schon Schimmelbusch sah sich genOtigt, das Lumen, das er nicht
durch Abreiben sSubern konnte, wie die Katheteroberflache, mittels
Durchspritzen warmer Sublimat- Oder EarbollOsungen zu reinigen. Vor
ihm hatte auch Englisch antiseptische LOsungen angewandt; ahnlich
Tuffier. Das am meisten gebrauchte Antiseptikum war eine 1-prom.
Sublimatlosung in Wasser (Tuffier, Mflller, Nicoll, Stein). Na-
tfirlich muB der Anwendung des Sublimats eine sorgfaltige mechanische
Reinigung des Eatheters vorangehen, weil am Instrument zurflckbleibende
eiweiBhaltige Substanzen (Eiter, Blut, Schleim, eiweiBhaltiger Urin),
infolge der Fallung durch das Sublimat, die Eeime vor der Einwirkung
des Desinficiens gerade schtitzen wflrden, wShrend ein alkalischer Urin
das ausgefallte EiweiB, und damit die eingeschlossenen Mikroorganismen
mit Leichtigkeit wieder in LOsung bringen kOnnte. — In der 1-prom.
Sublimatlosung sollten die Eatheter ca. '/* Stunde liegen bleiben.
Desnos verwandte eine 1-proz. Sublimatldsung, lieB die Instrumente
darin nur kurze Zeit und legte sie dann auf l&ngere Zeit in 5-proz.
BorsfiurelOsung. Andere Autoren haben 3—5-proz. EarbollOsungen an¬
gewandt (Novotny, Nicoll). Von Guy on ist auch (als weniger
sch&dlich ffir die Instrumente wie andere Antiseptika) Argentum nitricum
in einer Eonzentration von 1:1000 empfohlen worden; Erogius und
Chydenius wollen mit 2-prom. AgNO s -LOsungen Eatheter in 1 Stunde
„sicher u sterilisiert haben, allerdings nur dann, wenn dieselben fettfrei
waren, wfthrend Guiard eine 1-proz. LOsung dieser Substanz angewandt
wissen will, um die Eeime an Eathetern zuverlfissig abzutOten. Bar-
low hat von 6 verschiedenen Desinfektionsmitteln (Lysol, Ereolin, Chlor-
wasser, Earbols&ure, Sublimat, Argentum nitricum), die er in ver¬
schiedenen Eonzentrationen auf Eatheter einwirken lieB, die mit Sta¬
phylococcus pyogenes aureus infiziert waren, nur die zwei
letzteren (Sublimat und Argentum nitricum) ohne erheblicheren Schaden
fQr die Instrumente verwenden kOnnen; und diese Substanzen waren
nur wirksam, wenn die Eatheter vorher nicht mit Paraffin oder Fett
(sondern mit Glycerin) schlflpfrig gemacht waren, und das Zurfickbleiben
von Luftblasen im Lumen mittels Durchspritzen des Desinficiens durch
den Eatheter sorgf<ig verhfitet wurde. Dieselbe Beobachtung machte
DelagOni&re, der enge infizierte Eatheter, die er ohne weiteres in
1-prom. Sublimatlosung legte, noch nach 12, 24 und 30 Stunden keim-
haltig fand. Grosglik hat dfinne Seidenkatheter mit vegetativen
Bakterienformen infiziert und, nachdem er sie 5—10 Minuten sorgf<ig
abgeseift, unter einen Wasserleitungsstrom gebracht und 20—30 Mi¬
nuten in 1-prom. Sublimatlosung gelegt hatte, nicht steril gefunden
(2 Bougies wurden durch diese Behandlung steril); die Eatheter waren
auch dann nicht steril, wenn noch die Sublimatlosung mit „steriler
Spritze“ 3—5mal durch das Lumen hindurchgetrieben worden war. Auch
15 Minuten langes Verweilen in 1-proz. Sublimatlosung sterilisiert Ea¬
theter nicht (Fourcault). Durch Reinigen und Durchspritzen mit
Alkohol und 1-prom. Sublimatlosung konnte Fourcault Eatheter nicht
keimfrei machen; ebenso Alapy. Oben ist schon kurz erw&hnt, daB
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766
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 6.
von Posner and Frank an Seidenkathetern, welche durch „Abseifen
und DurchspGlen nach dem Gebrancbe, Aufbewahren in trockener Gaze,
vor dem erneuten Gebrauche Einlegen in Karbol- Oder LysollOsungen"
gereinigt waren, dieselben Keime nachgewiesen werden
konnten wie im Harn der Kranken, welche die betreffen-
den Instrumente vorher gebraucht hatten, „obwohl die Ka-
theter erst lange (bis zu 14 Tagen) nach dem letzten Gebrauche" unter-
sucht wurden. Aehnlich spricht sich Heusner aus. Nach LOb werden
Katheter mit angetrocknetem Eiter und mit angetrockneten Milzbrand-
sporen auch bei 48-stflndiger Einwirkung von 1-prom. Quecksilbercyanid-
lOsung noch nicht steril; dieselbe LOsung mufite gebrauchte Ureteren-
katheter w&hrend 24 Stunden durchfliefien, um ihr Lumen steril zu
machen.
Ein anderer ebenso schwerwiegender Grund gegen die Anwendung
der chemischen Katheterdesinfektion ist der, daft sSmtliche ge-
brfiuchlichen Desinfektionsmittel — auch Sublimat und
Argentum nitricum — die elastischen Katheter mehr oder
weniger schnell zerstOren. Die oberfl&chliche Lackschicht auch
der ganz neuen Instrumente wird bald unansehnlich, klebrig und rauh,
dadurch, dafi der Lack aufquillt, rissig und schliefilich zerstOrt wird
(DelagOniOre, Poncet, Alapy, Albarran, Gflterbock,
Schimmelbusch, Fourcault, Posner und Frank, Kutner,
Huldschiner, Warden, MacLennan, LOb, Mankiewicz,
Philip, Goldberg). Im Obrigen sei noch darauf hingewiesen, dafi
zur Vermeidung einer Reizung der Urethra durch die zur Desinfektion
der Katheter angewandten chemischen Substanzen (Guyon, Grosglik)
eine Abspulung der Instrumente in sterilem Wasser vor ihrem Ge¬
brauche nOtig wird, dafi also die scheinbar einfachere chemische Des-
infektionsmethode die Anwendung eines Kochtopfes keineswegs flber-
fltissig macht.
Zur Vermeidung dieser beiden Uebelst&nde hat L. Wolff versucht,
statt der w&sserigen Losungen der verschibdenen Antiseptika Glycerin-
10sungen zu verwenden, und gefunden, n dafi Instrumente (d. b.
elastische Seiden- und Gummikatheter) nach jahrelanger Einwirkung
von Bor-, Formalin- oder Sublimatglycerin, mit und ohne Wasserzus&tze,
ihre Geschmeidigkeit und Oberflachenbeschaffenheit noch besitzen,
wfihrend andere, die trocken aufbewahrt waren, hart und brQchig ge-
worden sind“. Weil nun antiseptische Ldsungen erst mit fiber 50 Proz.
Glyceringehalt eine schw&chere keimtdtende Wirkung als entsprechende
wSsserige Ldsungen haben sollen, und 10-proz. Borglycerin noch in
24 Stunden Streptococcus pyogenes nicht abgetotet hatte, w&hrend
er bei Formalinglycerin Reizung der Harnrohre beobachtete, so empfiehlt
Wolff schliefilich die Anwendung einer 1-prom. Sublimatldsung in
Glycerin und Wasser zu gleichen Gewichtsteilen. Diese LOsung ver-
nichtet an Kathetern sporenfreie Mikroorganismen aus Harnsedimenten
in 6 Stunden, sporenhaltige „spfitestens a in 24 Stunden. Fflr die Praxis
genuge das Einlegen der Katheter in diese LOsung w&hrend 6 Stunden.
Eventuell kOnnen die Instrumente in dieser oder einer 2-prom. Sublimat-
lOsung in Glycerinwasser 5& gekocht werden, wobei in einer Mischung
von Bacterium coli, Proteus vulgaris, Staphylococcus
pyogenes, Streptococcus pyogenes und Sporen, womit sie in-
fiziert waren, innerhalb 2 Minuten sich alle Mikroorganismen als abge¬
totet erwiesen (Wolff). — Oefteres Ausfflhren dieser Prozedur sch&digt
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Sittler, Die Sterilisation elasdscher Katheter.
767
aber die Instrumente (Heusner). — Die bakteriologische Prfifung zu
den obigen Versuchen hat Wolff folgendermafien gemacht, dafi infizierte
Katheterstfickchen je 6 und 24 Stunden in dem Sublimatglycerinwasser
lagen (eventuell 2 Minuten darin gekocht wurden), um nach dieser Zeit —
von einer chemischen Neutralisation des Sublimats ist nicht die Rede —
„in Gelatine fibertragen zu werden". „Je 2 gleich behandelten Stfickchen
wurde ein (sc. in gleicher Weise infiziertes) Kontrollstfick beigegeben,
das, abgesehen von der langeren Einwirkung des Antiseptikums bei
jenen, vollkomraen analog behandelt und auch einen Moment in die
Ldsnng getaucht wurde. u Wenn nun von diesem, „einen Moment 11
in die antiseptische Ldsung getauchten Katheterstficke Kolonieen aus-
wuchsen, von den anderen, 6 und 24 Stunden behandelten (oder von
den gekochten) nicht, so hielt Wolff diese letzteren fflr sterilisiert.
— Diese Ansicht beruht auf einem Irrtum; ich erinnere nur an den
bekannten, zuerst von Geppert ausgeffihrten Versuch, wo Milzbrand-
sporen, die eine kurze Zeit in SubliraatlQsung gelegen hatten, auch ohne
chemische Entfernung des Sublimats, auf N&hrmedien zur Entwickelung
kommen, w&hrend Sporen, die linger im selben Antiseptikum
lagen, nnr dann auswachsen, wenn das Sublimat, vor der Ueber-
tragung der Keime auf NahrbQden, mittels Schwefelammon ausgef&llt
war. — Die MQglichkeit, daR sporenhaltiges Material innerhalb 24 Stun¬
den in einer 1-prom. SublimatlSsung in Glycerinwasser 5a abgetbtet
werden kann, soil ja damit nicht bestritten werden, nur die Annahme
Wolffs, dafi die Keime an den Katheterstficken ebensoviel Sub¬
limat aufgenommen haben, ob sie 24 Stunden oder nur „einen Moment"
im Antiseptikum lagen, ist irrig und h&tte eine chemische Neutrali-
sierung des Sublimats zu eindeutigeren Resultaten geffihrt. — In der
Praxis scheint die Wolffsche Methode eine weitere Verbreitung nicht
gefunden zu haben.
Die flbrigen Verfahren der Sterilisation auf chemi-
schem Wege beruhen auf der Verwendung gasfOrmiger Anti-
septika, welche den Vorteil haben, die elastischen Katheter weniger
zu schadigen.
Nicht mehr in Gebrauch ist heutzutage die von ForeauIt em-
pfohlene Methode der Desinfektion mittels ges&ttigter Queck-
silberdSmpfe. Katheter, welche in den von metallischem Queck-
silber entwickelten Dampfen sich befinden, sollen bei 32° innerhalb
14 Stunden sterilisiert werden. Dagegen fand Guy on, dafi ein 24-
und 48-stfindiger Aufenthalt in Quecksilberdampfen noch nicht genflge,
und erst nach 72 Stunden sich eine „sichere Sterilisation" erreichen
lasse, und zwar bei alten Kathetern etwas frUher als bei neuen (unge-
brauchten). Grosglik konnte mit Staphylococcus albus und
aureus infizierte Katheter, die fiber metallischem Quecksilber in einer
gesflttigten Hg-Atmosphfire hingen, bei gewfihnlicher wie bei Brfittem-
peratur (33°) nicht einmal in 4—6 Tagen sterilisieren. Desgleichen halt
Op pier Quecksilberdampfe fflr unzureichend zur Sterilisation von
Kathetern. (Forts, folgt)
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXVIII. Heft to.
Berichtigung.
Im Artikel: „Ellermann, Einige Falle yon bakterieiler Nekrose beim Menschen“
eteht p. 385 Zeile 20 von unten:
Diagnose: Scarlatina, Diphtherit. fauc. D. B.
anstatt
Diagnose: Scarlatina, Diphtherit. fauc. -r D. B.
Die Redaktion dee „Centralblatts /Ur Bakteriologie und Parasitenkund
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn
Lde/erung von besonderen AbdrUcken ihrer Aufsdtxe entweaer bet der Bin?
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben %u
wollen oder spdtestens nach Etnpfang der ersten KorrekturabxUge direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fischer tn Jena , gelangen xu lassen.
Inhalt.
Bonome, A. , Ueber die Schwankungen Sittler, Paul, Die Sterilisation elastischer
des Agglutinin- und Prftzipitingehaltes Katheter, p. 752.
des Blutes wfihrend der Rotzinfektion. SUdmersen, Henry J. f On an infectious
(SchluB.), p. 732. pneumonia of rabbits and its treatment
Heyrovsky, J., Ein Beitrag zur Biologic with anti-serum. (SchluB.), p. 713.
und Agglutination des Diplococcus pneu- Theohari, A. und Babes, A., Ueber ein
moniae, p. 704. gastrotoxisches Serum, mit einem Studium
Jancsd, Nikolaus, Der EinfluB der Tern- des Chemismus des Magens und der von
peratur auf die geschlechtliche Gene- diesem Gastrotoxin veranlaBten histo-
rationsentwickelung der Malariaparasiten logischen Ver&nderungen, p. 603.
und auf die experimental^ Malaria- Tiberti, N., Ueber den Transport des
erkrankung, p. 050. Tetanusgiftes zu den Ruckeninarkg-
J&rgensen, Axel, Schwankungen des Ag- zentren durch die Nervenfasem. (Forts.
glutinationsvermOgens des Blutes im Ver- u. SchluB.), p. 625.
laufe des Typhus abdominalis. (Forts. Waelsch, Ludwig, Ueber einen eigen-
u. SchluB.), p. 679. artigen Mikroorganismus im Pr&putial-
Xtodet, M. A., Experiences sur la valeur sekret (Bacillus involutus), p. 645.
antiseptique du savon commun. Remar- Wesenberg, G. , Metakalin, ein festes
ques sur Taction des antiseptiques en Kresolseifenpr¶t. (SchluB.), p. 740.
gdndral, et sur la biologic du staphylo- Ziemann, Hans, Nachtrag zum Beitrag
coque pyog&ne, p. 748. zur Trypanosomenfrage, p. 662.
Berichtigung, p. 768.
Frotnmaniiiche Unchdrackeret (Hermann Pohle) In Jena.
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Centralblatt f Bakteriologie A bt. I Bd. XXX VIII
Ilalberstaedter , Unters. b. experiment. Try ■
panosometierkrankungen.
Fig. i.
M. Stem del. Verlag von (instav Fischer. Jena. P.Weise,Lith.,J®na.
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Centralbl. f. BakL etc. I. Jkht Original!. 01XXXVIII. Heft I.
Inhaltsverzeichnis.
I. Verzeichnis der in Band XXXVIII enthaltenen Arbeiten.
Babes, A., siehe Theohari, A.
Bartel, J. und Stein. R., Zur Biologie
schwachvirulenter TuDerkelbacillen. lo4.
264. 393
Bassu, E., siehe Fermi, Ci.
Bertarelll, E., Einige Untersuchungen
uber die Ttiberkulose der Reptilien. 403
—, Ueber die aktive Immunisierung des
Menschen gegen Cholera vermittelst auto-
lytischer Produkte des choleragenen
Vibrio und liber das Wesen dieser auto-
lytischen Produkte. 584
Blumenthal, J. M. und Lipskerow. M.,
Vergleichende Bewertung der differen-
tiellen Methoden zur Farbung des Diph-
theriebacillus. 359
Bonome, A., Ueber die Schwank ungen
des Agglutinin- und Prazipitingehaltes
des Blutes wahrend der Rotzinfektion.
601. 732
Brett. Zur Tuberkulosefrage der Kuh-
pockenlymphe. 271
Brnini, G., Ueber die thermophile Mikro-
benflora des menschlichen Darmkanals.
177. 298
Castellan!, A., Observations on some pro¬
tozoa found in human faeces. 66
Cohn, E., Endgiiltige Entgegnung an Dr.
V. Jensen auf seine Frage: *Ist die
Kleinsche Hefe eine besondere Art? tt 521
Czarnecka, L,, Ueber die Konservierung
der Lebensfahigkeit und Virulenz der
Mikroben im Markgewebe beim Aus-
trocknen. 164
Delflno, J. C«, Immunisierung des Kanin-
chens gegen das Bakterium aer Gefliigel-
cholera (vaccin Ligni&res). 231
Doerr, R., Beobachtungen iiber bacillare
Dysenterie. 420. 511
—, Ueber Spirillum pyogenes Mezinescu.
15
Dorner. siehe Friedberger.
Dschunkowsky, E. u. Luhs. S., Apparat
zum sterilen Blutentnenmen zwecks
Untersuchungen. 367
Ellermann, V., Einige Falle von bakte-
rieller Nekrose beim Menschen. 383
Fermi, CL u. Bassn, E., Weitere Unter¬
suchungen iiber Anaerobiose II. 138.
241. 369
Forssman, J., Studien uber die Antitoxin-
bildung bei aktiver Immunisierung gegen
Botulismus. 463
Erste Abt. Orig. Bd. XXXVIII.
Friedberger u. Dorner, Ueber die Hamo-
lysinbildung durch injektion kleinster
Mengen Blutkorperchen und iiber den
Einflu6 des Aderlasses auf die Intensitat
der Bildung hamolytischer Ambozeptoren
beim Kaninchen. 544
Gaektgens, W., Der Bacillus jasmino-cya-
neus und der Bacillus flavo-aromaticus..
zwei neue, Farbstoff bildende Baktericn.
129
Galli-Valerio, B. u. Rochaz-de-Jongh, J.,
Ueber die Wirkung von Aspergillus niger
und A. glaucus auf die Darven von
Culex una Anopheles. 174
German, Ueber Cyllin. 237
Ghon, A. u. Sachs, M., Beitrage zur
Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen III. 1. 131
Halberstaedter, L., Untersuchungen bei
experimentellen Trypanosomenerkran-
kungen. 525
Ileller, 0., Die Rothbergersche Neutral-
reaktion auf Gelatine bei 37°. 117
Heyrovsky. J., Ein Beitrag zur Biologie
und Agglutination des Diplococcus pneu¬
moniae. 704
Hollack, J., Die flaufigkeit der Trema-
toden bei Rana esculenta L. 199
Jancsd, N., Der Einfluft der Temperatur
auf die geschlechtliche Generationsent-
wickelung der Malariaparasiten und auf
die experimentelle Malariaerkrankung.
6o0
Jensen, V., 1st die Kleinsche Hefe eine
besondere Art? 51
Jdrgensen, A., Schwankungen des Agglu-
tinationsvermogens des Blutes im Ver-
laufe des Typhus abdominalis. 475. 556.
679
de Jong. D. A., Die Steigerung der Viru¬
lenz aes menschlichen Tuberkelbacillus
zu der des Rindertuberkelbacillus. 146.
254
Kern, F.. Ein verbeesertes Kafigmodell fur
Versucnstiere. 126
Kerner, J., Experiraenteller Beitrag zur
Hamolyse und zur Agglutination der
Streptokokken. 223. 329
Klkucni, Y., Ueber den Einfluft erhohter
Temperatur auf die bakterizide Wirkung
des norraalen Serums. 220
Kireeff, M., Bakteriologische Untersuchun¬
gen des Blutes bei Flecktyphus. 518
49
Heft 7.
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770
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXVIII. Heft 7.
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Klein, E., Ueber die Verbreitungdes
Bacillus enteritidis Gaertn. in der Kuh-
milch. 392
—, Ueber einen neuen tierpathogenen Vibrio,
V. cardiL 173
Kokubo, 1L, Dae Bchulersche Triumph-
Isny-Filter. 122
Konr&di, D., 1st die Wut vererbbar ? 60
—, Weitere Untersuchungen zur Eenntnis
der Lymphe und Prophylaxe der experi-
mentellen Lyssa. 194
Landsteiner, K., Ueber die Unterechei-
dung von Fermenten mit Hilfe von
Serumreaktionen. 344
— und Lelner, K., Ueber Isolysine und
Isoagglutinine im menschlichen Blut.
548
Lelner, K., siehe Landsteiner, K.
v. Linstow, Btrongyloides Fiillebomi n. eg
Lipskerow, M., siehe Blumenthal, J. M.
Lb wit, M., Berichtigung. 328
van Loghem, J. J., Bakteriologischer Be-
fund bei spontaner vesikaler Pneumafcurie
einee diabetischen Kranken. 425
Ltidke. H., Untersuchungen iiber die
bacillare Dysenteric. 289
—, Zur Spezifitat der Antikorper. 81. 209.
320. 451. 537
Lohs, 8., siehe Dsehnnkowsky, E.
Maldagne, L., Bacillee d’Eberth dans un
kyste de Povaire aprfcs la gu£rison d’une
fievre typho’ide. 249
Markl, Ueber den Mechanismus der Ab-
wehr des Organismus bei Infektion mit
Tuberkelbaciilen. 69
Marschall, F.. Die Bedeutung des Endo-
schen Nahrbodens fiir die bakteriolo-
gische Typhusdiagnose. 347
Hiller, E. 0. L., On the keeping qualities
of antidiphtheritic serum. 233
Mori, N., Ueber eine bei Katzen aufge-
tretene, durch einen besonderen Mikro-
organismus bedingte Epizootie. 42. 186
—, siehe Ottolenghi, D.
Neufeld, F. und Ttfpfer, H., Ueber hamo-
lytische und hamotrope Sera. 456
Ottolenghi, D. und Mori, N., Die Wir-
kung des Aethylathers auf die hamoly-
tischen und bakteriziden Sera. 338. 468
Pettersson, A., Ueber die Virulenz und
die immunisierende Wirkung des Typhus-
bacillus. 73
Piafl, F^ Eine infektidse Erkrankung der
KananenvdgeL 275
Kallmann, Ueber das Verhalten des im
Erdboden eingesaten Typhusbacillus. 380
Sachs. M., siehe Ghon, A,
Sanfeliee, F., Streptothrix-Pseudotuber-
kulose. 30
Scheller, R., Experimentelle Beitrage zur
Theorie und Praxis der Gruber-Widal-
schen Agglutinationsprobe. 100
Schwarz, C., Ueber einen neuen, fiir Kalt-
bliitler pathogenen Mikroorganismen (H.
hypo therm os). 11
Shibayama, G M Paratyphus in Japan. 497
—, Ueber die Agglutination aes Pest-
bacillus. 482
Sleber. N., Ueber die bakterienfeindlichen
Stoffe des Blutfibrins. 571
Sittler, P., Die Sterilisation elastischer
Katheter. 752
Smidt, H., Zur Charakterisierung der
Hogcholeragruppe. 24
Speiser, P., Eine zweite Rattenlaus aus
Abyssinien. 318
—, Zur Eenntnis ektoparasitischer Milben.
535
Stebblns, J., On the occurrence of a large
sized parasite of the Earyolysus order,
in the blood of Rana clamata. 315
Stein, B«, siehe Bartel, J.
Strdszner, E., Typhusbacillen in dem
Wasser eines Hausbrunnens. 19
Stross, O., Ueber das Wachstum der
Gonokokken auf serumhaltigen Nahr-
bdden. 491
Stidmersen, H. J,, On an infectious pneu¬
monia of rabbits and its treatment with
anti-serum. 591. 713
—, Ueber eine infektidse Pneumonic der
Eaninchen und deren Bekampfung mit
Antiserum. 343
Tarozzi, G., Ueber ein leicht in aerober
Weise ausfuhrbares Eulturmittel von
einigen bis jetzt fur strenge Anaeroben
gehaltenen Keimen. 619
Theohari, A. und Babes, A., Ueber ein
gastrotoxisches Serum, mit einem Studium
aes Chemismus des Magens und der von
diesem Gastrotoxin veranlaflten histo-
logischen Veranderungen. 663
Tiberti, N.. Ueber den Transport des
Tetanusgirtes zu den Ruckenmarkszentren
durch cue Nervenfasern. 281. 413. 499.
625
TSpfer, IL, siehe Neafeld, F.
Vedeler, Blastomyceten im Urin. 54
Veszprgml, D., Kultur- und Tiervereuche
mit dem Bacillus fusiformis und dem
Spirillum. 136
Rochaz-de-Jongh, J., s. Galli-Valerio, B.
Rodet, A., Experiences sur la valeur
antiseptique du savon oommun. 748
Rothberger, C. J., Ueber ein akut wir-
kendee Bakterientoxin. 165
Waelsch, L, Ueber einen eigenartigen
Mikroorganismus im Prfiputialsekret
(Bacillus involutus). 645
Wesenberg, G^ Metakalin, ein festes
Eresolseifenpraparat 612. 740
Gck 'gle
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Register.
771
Wldakowteh, V., Ueber Nematoden an
der Hypophysis cerebri von Felis do¬
m es tics. 447
Wlrgin, Ueber den EinfluB des Aethyl-
alkohols auf die Bildung von aggluti-
nierenden Stoffen bei Kaninchen nach
intravenfiser Impfung mit M. pyogenes
aureus oder mit B. typhi. 200
Ziemann. H., Beitrag zur Trypan osomen-
frage. 307. 429
—, Nachtrag zum Beitrag zur Trypano-
somenfrage. 662
Zsehokke, F., Dipylidium caninum (L.)
als Scmnarotzer aes Menschen. 534
U. Namen- mid SachTerzeichnls.
AderlaB, EinfluB auf die Bildung von
Hainolysinen. 546
Aethylatner, Wirkung auf hamolytische
una bakterizide Sera. 338. 468
Aethylalkohol, EinfluB auf die Bildung
agglutinierender Stoffe. 200
Anaeroben, Kultur unter aeroben Be-
dingungen. 619
Anaerobiose, Methoden. 138. 241. 369
Antikorper, Spezifitat. 81. 209. 320. 451. 537
Antitoxme, Spezifitat. 84
Aspergillus glaucus, Wirkung auf Mucken-
farven. 174
— niger, Wirkung auf Milckenlarven. 174
Bacillen thermophile, Tfitigkeit im Darm.
303
-, Vorkommen in der Natur. 301
— anthracis symptomatici, anaerobe Kultur.
140
— botulinus, aerobe Zdchtung. 624
— cadaveris sporogenes, aerobe Zfichtunj'.
— carnis, aerobe Zfichtung. 624
-saprogenee, aerobe Zuchtung. 624
— caticiaa Mori, Kultur und Eigenschaften.
42. 186
— eholerae gallinarum, Immunisierung des
Kaninchens. 231
— diphtheriae columbarum, anaerobe
Kultur. 141
— enteritidis sporogenes, aerobe Zuchtu^.
— —, Vorkommen in der Kuhmilch. 392
— flavo-aromaticus Gaehtg., Kultur. 130
— fluorescens, anaerobe Kultur. 141
— fusiform^, Kultur. 136
— hypo therm os Schwarz fur Kaltbliitler
pathogen. 11
— jasmino-cyaneus Gaehtg., Kultur. 129
— indicus, anaerobe Kultur. 141
— involutus Waelsch im Praputialsekret
645
— m^atherium, anaerobe Kultur. 141
— oeaematis maligni, anaerobe Kultur.
140
— prodigiosus, anaerobe Kultur. 141
— putrincus, aerobe Zuchtung. 624
— pyocvaneus, anaerobe Kultur. 141
— —, Verhalten gegen Metakalin. 613
— radiciformis, anaerobe Kultur. 141
— subtilis, anaerobe Kultur 141
— viscosus, anaerobe Kultur. 141
Bacterium aerogenee, Verhalten g^ren
MetakaUn 741
— coli commune, anaerobe Kultur. 141
— -, Verhalten gegen Metakalin. 613
— rubram, anaerobe Kultur. 141
— vulgare bei Pneumaturie. 427
Baktenen der Hogcholeragruppe, Aggluti-
nationsversuche. 24
— thermophile im menschlichen Darm-
kanaL 177. 298
Bakterienagglutinine, Spezifitat. 209. 320.
451
Bakteriolysine, Spezifitat. 85
Blastomyces, anaerobe Kultur. 141
Blastomyceten im Urin. 54
Blutentnahme sterile, Apparat. 367
Blutfibrin, bakterienfeinaiiche Stoffe. 571
Botulismus, Antitoxinbildung bei aktiver
Immunisierung. 463
Bradsotbacillus, aerobe Zuchtung. 624
Brandesia turgida in Rana esculenta. 200
Cholera, aktive Immunisierung des Men¬
schen. 584
Choleravibrionen, Verhalten gegen Cyllin.
239
Clostridium carnis foetidum, aerobe Ziich-
tung. 624
Cyllin, desinfizierende Kraft. 237
Cytolysine, Spezifitat. 537
Darmkanal menschlicher, thermophile
Mikrobenflora. 177. 298
Desagglutination, Deutung. 328
Diphtheriebacillen, VergleichderFarbungs-
methoden. 359
—, Verhalten gegen Cyllin. 239
Diphtherieserum, Gehalt an Heilkraft 233
Diplococcus pneumoniae, Biologie und
Agglutination. 704
-, Resistenz im Markgewebe. 164
DiplodLscus subclavatus in Rana esculenta.
199
Dipylidium caninum im Menschen. 534
Dysenteric bacillare, Beobachtungen fiber
die Bacillen. 420. 511
Dysenteriegift, Eigenschaften. 289
Echinorhynchus ranae in Rana esculents.
199
Entamoeba undulans Castell. in mensch-
lichen Faeces. 67
Fermente, Unterscheidung durch Serum-
reaktion. 344
49*
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Contralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXVIII. Heft 7.
Flecktyphus, bakteriologiache Unter-
auchungen des Blutea. 518
Gonococcus Neisaeri, Wachatum auf serum-
haltigen Nahrbflden. 491
Gorgodera cygnoidea in Rana eaculenta.
199
Hamagglutinine, Spezifitat. 87
Hamolyaine, Spezintat. 95
Halipegua ovocaudatua in Rana eaculenta.
200
Hefe von Klein, Artberechtigung. 51. 521
Hogcholera, Unteracheidung der Bakterien.
24
Hundawut experimentelle, Symptome und
Prophylaxe. 194
—, Vererbbarkeit. 60
Immunisierung durch kleinate Mengen von
Erythrocyten. 544
Iaoagglutinine im menachlichen Blut. 548
Iaolyaine ira menachlichen Blut. 548
Kafig fiir Verauchstiere. 126
Kanarienvogel, infektioae Erkrankung. 275
Karyolyaus clamatae Stebb. in Rana cla-
mata. 315
Katheter elaatische, Sterilisation. 752
Katzenepidemie durch Bacillus caticida.
42. 186
Malariaparasiten, Einflufl der Temperatur
auf aie geachlechtliche Generationsent-
wickelung. 650
Megninia barthonica Speiaer auf dem
Uaaelhuhn. 536
Metakalin, desinfizierende Wirkung. 612.
740
Milzbrandbacillen, anaerobe Kultur. 141
—, Reaiatenz im Markgewebe. 164
Milzbrandbacillenaporen, Verhalten gegen
Metakalin. . 741
Muckenlarven, Abtotung durch Aspergillua.
174
Nahrboden von Endo, Leiatung zur Unter-
scheidung typhua&hnlicher Bacillen. 350
Nekroaen bakterielle beim Menachen. 383
Nematoden in der Hypophyae von Katzen.
447
Nematoxys ornatus in Rana eaculenta. 200
Neutralrotreaktion von Rothberger auf
Gelatine bei 37®. 117
Nyctotherus africanus Castell. in menach¬
lichen Faeces. 66
Opiathioglyphe endoloba in Rana eaculenta.
199
Paraplectrum foetidum, aerobe Ziichtung.
624
Paratyphua, Vorkommen in Japan. 497
Peniciliium glaucum, anaerobe Kultur. 141
Peritonitis, Aetiologie. 1. 131.
Pe8tbacillen, Agglutination. 482
—, Verhalten gegen Cyllin. 237
Pleurogene8 claviger in Rana eaculenta.
199
— medians in Rana eaculenta. 200
Pneumaturie veaikale einea Diabetikers,
Bacillenbefund. 425
Pneumonie infektiflae der Kaninchen, Agglu¬
tination. 725
Pneumonie infektidse der Kan inchen, Be-
handlung mit Antiserum. 591. 713
-, Bekampfung mit Antiserum.
343
-, beobachtete Bacillen. 597.
713
- f Immunisierung. 723
-, Immunserum. 719
-, achiitzende Wirkung der
bakteriolytischen Sera. 726
-, Symptome. 717
Pneumonoecea aim ilia in Rana eaculenta.
200
— variegatus in Rana eaculenta. 200
Pockenlymphe, angeblicher Gehalt an
T uber kelbacillen. 271
Polyplax miacantha Speiaer auf Ratten in
Abyssinien. 318
Prazipitine, Spezifitat. 453. 537
Proaotocua confuaus in Rana eaculenta. 199
Paeudotuberkulose durch Streptothrix. 30
Rana eaculenta, Gehalt an Trematoden. 199
Rotz, Schwankungen des Agglutinin- und
Prazipitingehaltea des Blutea. 601. 732
Seife, antiseptische Wirkung. 748
Sera hamolytische, Wirkung. 456
— hamotropische, Wirkung. 456
Serum gastrotoxisches, Experimente. 663
— normale8, EinfluB erhohter Tempera-
turen auf die bakterizide Wirkung. 220
Spinturnix plecoti, Mannchen. 535
Spirillen aus Abacessen, Kultur. 136
Spirillum pyogenes, Kultur. 15
Staphylococcus pyogenes aureus, anaerobe
Kultur. 141
— -, Verhalten gegen Cyllin. 237
-, Verhalten gegen Metakalin. 613
-citreua, anaerobe Kultur. 141
Streptococcus acarlatinae, Resistenz ini
Markgewebe. 161
-, Verhalten gegen Metakalin. 741
Streptokokken, Agglutination. 330
—, Hamolyae. 224. 329
Streptothricheen thermophile. 304
Strongyloides Fiilleborni v. Linst. in Affen.
532
— intestinalis im Menachen. 533
— longue im Schwein etc. 533
— viviparua im Pferd. 534
Tetanus doloroaua, experimentelle Erzeu-
gung. 627
—, Literatur. 642
—, Meehan ismua der Kontraktur. 639
—, pathologiache Anatomie. 634
—, primare Farbbarkeit der Nerven. 638
Tetanuabacillen, anaerobe Kultur. 140
Tetanustoxin, Affinitat zu den periphe-
riachen 8 erven. 630
—, Beziehung zu den senaibeln Nerven.
631
—, Beziehungen zur Cylinderachse der peri-
pheren Nerven. 418. 499
—, Beziehungen zur Lymphe. 633
—, Eigenachaften. 281
—, Eindringen in die Nerven infolge Ein-
tauchens dereelben. 503
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Register.
773
Tetanustoxin, Eindringen in die peripheren
Nervenendigungen. 416
—, Empfanghchkeit der einzelnen Tiere.
283
—, Injektion der Nerven nach Durch-
schneidung des Riickenmarkes. 507
—, Injektion in die enervierten Muskeln.
509
—, Injektion unter gleichzei tiger Injektion
yon Antitoxin. 505
—, intravenose Injektion. 633
—, intravenose Inokulation. 501
—, Vorhandensein im Blut. 284
—, Vorhandensein im Ham. 285
—, Vorhandensein imZentralnervensystem.
284
—, Wege zu den Nervenzentren. 288. 413
—, Wirksamkeit an der Inokulationsstelle.
283
—, Wirkung im Zentralnervensystera. 286
—, Zeitdauer des Vorhandenseins in Blut
und Nerven. 500
—, zentripetale Wanderung in den Achsen-
zylinder. 625
Triumph-Filter von Schuler, Leistuugs-
fahigkeit. 122
Trypanosoma vivax, Beschreibung. 662
Trypanosomenerkrankung experimentelle.
525
Trypanosomenkrankheiten in Karaerun.
307. 429
Tuberkelbacillen, extracellulare Auflosung.
71
— menschliche, Steigerung der Virulenz.
146. 254
—, Phagocytose. 71
— schwachvirulente, Wirkung. 154. 264.
393
—, Verhalten gegen Glycerin. 274
—, Vernichtung im Organismus. 69
—, Vorkommen in Pockenlymphe. 271
Tuberkulose bei Reptilien. 403
Typhus, Schwankungen des Agglutinations-
vermogens des Blutes. 475. 556. 679
Typhusbacillen, Agglutinationsprufungen.
100
— in Brunnenwa8ser. 19
— — einer Ovarialcyste. 249
—, Kultur auf Endoschem Nahrboden. 347
—, Verhalten gegen Cyllin. 237
—, Verhalten gegen Metakalin. 613. 740
—, Verhalten im Erdboden. 380
—, Virulenz und immunisierende Wirkung.
73
Urin, Vorkommen von Blastomyceten. 54
Vibrio cardii Klein, Kultur. 173
— Nasik, Wirkung des Toxins. 165
— septicus, aerobe Zuchtung. 624
III. Verzeichnis
Anaerobiose, Kulturglaschen und Apparate.
138. 139. 142. 145. 241-243. 245. 248.
370
Anopheles, Larve infiziert mit Aspergillus
niger. 175
Bacillen anaerobe des Menschen. 136 (Taf.)
— thermophile aus dem menschlichen
Darmkanal. 178—185. 299. 300
Bacillus fusiformis. 391 (Taf. Fig. 6—9)
— involutus Wadsch. 649 (Taf.)
Blastomyceten im Urin. 56
Blutentnahme sterile, Apparat. 367
Botulismus, Antitoxinkurven bei Immuni-
sierung. 466
Culex, Larve infiziert mit Aspergillus niger.
175
Entamoeba undulans Castell. 68
Glaschen zur Prufung desinfizierender
Losungen. 238
Kafig fur Versuchstiere. 127
Karyolysus clamatae. 318 (Taf. I. II)
Malaria, Temperaturkurven. 651. 655—657
Nekrose bakterielle beim Menschen, Organ-
schnitte. 391 (Taf. Fig. 1—5)
Nematoden an der Gehirnhypophyse von
Katzen. 448
Nyctotherus africanus Castell. 66
der Abbildnngen.
Pneumonie infektidse der Kaninchen. 729
-, Kulturen des Bacillus A. 599
Pseudotuberkulose durch Streptothrix,
Schnitte und Kulturpraparate. 41 (Taf.)
Spinturnix plecoti, Ruckenschild des
Mannchens. 535
Spirillum pyogenes. 19 (Taf.)
Strongyloides Fulleborni v. Linst. 534 (Taf.)
Tetanus, Schnitte durch Nervenorgane.
644 (Taf.)
Trypanosomiasis, Organ schnitte. 532 (Taf.)
Tuberkelbacillen, Aufldsung durch Phago¬
cytose. 73 (Taf.)
— aus Reptilien. 413 (Taf.)
Tuberkulose der Ziege, erkrankte Organe.
153. 254—256
-, Temperaturkurve bei Impfung. 256
— des Kalbes, erkrankte Organe. 259—261
-Temperaturkurve bei Impfung. 258.
262
hus, Kurven der Schwankungen des
gglutinationsvermogens des Blutes. 480.
556- 570. 680. 681. 683. 684. 685. 688
bis 697
Varanus rarius mit tuberkulosem Knoten.
405
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774
Centr&lbl. f. Bakt, etc. I. Abt Original©. Bd. XXXVIIL Heft 7,
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Corrigendum.
S. 743 Z. 16 y. o. lies 1:1600 statt 1:800,
„ 748 „ 3 „ „ „ dabei statt daher,
„ 748 Fufinote 1 Z. 7 lies 3 Molekttle firom statt 1 Molekul Brom.
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1111
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