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Full text of "Centralblatt Für Bakteriologie, Parasitenkunde Und Infektionskrankheiten. 1. Abt. ORIGINALE. Band 67.1913"

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CENTRALBLATT 


fur 

Bakteriologie, Parasitenkunde und 
Infektionskrankheiten 


Brste Abteilung. 67. Band 

Originate 


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CENTRALBLATT 

fur 

Bakteriologie, Parasitenkunde 
und Infektionskrankheiten 

i 

In Verbindung mit 

Prof. Dr. F. Loeffler Prof. Dr. R. Pfeiffer 

Oeh. Med.-Rat in Oreifswald Oeh. Med.-Rat in Breslau 

und 

Prof. Dr. M. Braun 

Oeh. Reg.-Rat in Konigsberg 
herausgegeben von 

Prof. Dr. O. Uhlworm und Dr. A. Weber 

Oeh. Reg.-Rat in Berlin Oeh. Reg.-Rat in Berlin-Lichterfelde 

Brste Abteilung. 67. Band 

Medizinisch-hygiienische Bakteriologie 
und tierische Para'sitenkunde 

Originate 

Mit 12 Tafeln und 27 Abbildungen im Text 



Jena 

Verlag von Gustav Fischer 
1913 


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Centralbl. f. Bald etc. I. Abt Originals. Bd. 87. Hsft 1|2. 

n/ . (o Y Ausgegeben am 9. November 1912. 

Nachdruck verboton. 

1 

Funktionelle Aupassungen bei Bakterien. 

Von Dr. A. C. Thaysen, 

Asaistenten am Bakteriologischen Laboratorium des schweizeriscben Gesundheitsamtes 

in Bern. 

Mit 1 Kurve. 

Einleltung. 

Mutationserscheinungen, wie sie von Neisser und Massini (1) x 
beschrieben wurden, sind in den letzten Jahren in recht groBer Zahl 
beobachtet worden, und der Ausdruck Mutation hat sich allmahlich in 
die Bakteriologie eingebiirgert, als Bezeichnung fiir solche Variations- 
erscheinungen, die unter dem EinfluB SuBerer Faktoren zu anscheinend 
plotzlicher Neuerwerbung einer Eigenschaft fiihren. Als klassisches 
Beispiel einer Bakterien mutation dieute von jeher das Verhalten des 
von Neisser aufgefundenen Bact. coli mutabile. Dieses Stab- 
chen, das Laktose nicht direkt zu zersetzen vermag, konnte durch 
Zuchtung auf milchzuckerhaltigem N&hrboden in eine die betreffende 
Zuckerart zerlegende Rasse iiberfiihrt werden. Diese Rasse hatte also 
unter dem EintluB des Milchzuckers eine neue Eigenschaft, die Pro- 
duktion von Laktase, erworben, die, wie es schien, sich mcht allmahlich 
ausbildete, sondern plotzlich und in voller Entwickelung zutage trat. 

Es war, mit anderen Worten, Bacterium coli mutabile in einem 
Sprunge — ohne Ausbildung von Zwischenformen — von dem nicht 
vergarenden Stammtypus in die verg&rende Rasse ubergegangen, ein 
Vorgang, in dem man, wie erwShnt, eine Mutation im Sinne von de Vries 
erblicken wollte. 

Von verschiedener Seite ist man in neuester Zeit gegen die „Bak- 
terienmutationen“ aufgetreten, und besonders Pringsheim undBurri 
haben von der Einfuhrung der Mutationstheorie in die Bakteriologie zur 
ErklSrung der in Frage kommenden Erscheinungen Abstand genommen. 

Schon Benecke (2) hatte sich allerdings gegen den Ausdruck „Muta- 
tion“ gewehrt, weil er in dem durch das Wachstum auf milchzucker¬ 
haltigem Nahrboden bedingten Uebergang von Bact. coli mutabile 
in eine Laktose vergarende Rasse keinen richtungslosen, d. h. unbeein- 
fluBten Variationsvorgang erblicken konnte. Immerhin hielt der genannte 
Forscher es doch fiir verantwortlich, den Ausdruck beizubehalten, so 
lange wenigstens, bis der scheinbar sprunghafte Charakter der Umwand- 
lung, der „plotzliche u Uebergang in die vergarende Rasse, genauer 
untersucht und womoglich aufgeklart worden war. Anderer Meinung 
ist Pringsheim (3). Fiir ihn entbehrt die Bezeichnung „Mutation u in 
diesem Falle jeder Berechtigung, weil die Umwandlung von Bact. coli 
mutabile in eine vergarende Rasse nicht als eine sprunghafte im 
Sinne von de Vries aufgefaBt werden kann. Denn es handelt sich hier, 
im Gegensatz zu den wahren Mutationen, welche die Entstehung der 
verschiedensten Merkmale morphologischer Natur bewirken konnen, nur 
am die Erwerbung eines einzigen physiologischen Merkmales. „Es gibt 

Erste Abt. Orig. Bd. 07. Heft 1/2. 1 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


bei dieser Mutation*, sagt Pringsheira, „nur eine mogliche Sprung- 
weite* — die Erwerbung des neuen Vergarungsverraogens — „so daB 
fur sie der Ausdruck Variation vollkotnmen ausreicht*. Da nun die 
Umwandlung auBerdem absolut von dem Vorhandensein der Laktose ab- 
hangig ist und eine ausgepragt adaptive Natur besitzt, so glaubt 
Pringsheira sich berechtigt, die Bezeichnung Mutation, in diesem 
Zusammenhange gebraucht, ganz aufgeben und die Entstehung der laktose- 
vergarenden Rasse von Bact. coli rautabile und damit auch die 
„Bakterienmutationen“ im allgeraeinen als funktionelle Anpassungen auf- 
fassen zu diirfen, Anpassungen — „uber deren Art und Weise, wie sie 
zustande kommen, wir jedoch nicht genauer informiert sind.“ 

MuBte nun aucli die Annahme einer sprunghaften Umwandlung im 
wahren Sinne des Wortes als unberechtigt bezeichnet werden, so lieBen 
sich auf der anderen Seite die Bakteriemnutationen auch schwierig als 
typische Anpassungen auffassen, solange der Beweis fur die Existenz 
von Zwischenformen zwischen den Extremen, Nichtvergarer und Vergarer, 
fehlte. Diesen Beweis zu fuhren, war aber nicht gut moglich, solange 
man die Umwandlung von Bact. coli mutabile und der anderen sich 
analog verhaltenden Bakterien in der Weise bewerkstelligte, wie es 
Neisser und Massini getan hatteu. Denn die vergarende Rasse 
muBte, um iiberhaupt beobachtet werden zu konnen, in vollentwickeltem 
Zustande auf der Endo-Platte, auf der sie als sogenannte „Knopfe“ 
in der Mutterkolonie erkennbar war, vorhanden sein. Erst als Burri (4) 
fiir seine Studien iiber Bact. imperfectum 1 ) Schuttelkulturen zur 
Anwendung brachte, wurde es moglich, die Entstehung der vergllrenden 
Rasse genauer zu verfolgen. Burris Untersuchungen verdienen deshalb 
auch ein besonderes Interesse, und um so mehr, als mit groBer Deut- 
lichkeit aus ihnen hervorgeht, daB die Umwandlung eine allmUhlich ver- 
laufende ist, die zur Ausbildung zahlreicher Zwischenformen Veran- 
lassung gibt. 

Die Schuttelkulturen, die B urri fiir seine Untersuchungen gebrauchte, 
enthielten 2 Proz. der fakultativ vergarbaren Zuckerart, bei Bact. 
imperfectum also Saccharose, und in diesen Kulturen, die mit reich- 
lichem Material, etwa 100 Millionen Zellen der Stammkultur, geimpft 
waren, entstand die neue Rasse in Form scheinbar gut isolierter Kolo- 
nieen, die somit den „Knopfen“ der Endo-Plattenkolonieen von Bact. 
coli mutabile entsprechen wiirden. 

Beim Impfen von Schuttelkulturen mit fallenden Mengen Imper¬ 
fectum-Zellen beobachtete Burri nun die auffallende Erscheinung, 
daB die Menge der entstandenen Kolonieen von der Zahl der ausgesaten 
Keime unbeeinfluBt blieb. So entwickelten sich annahernd gleich viele 
Kolonieen, ob die Schuttelkulturen 100 Millionen, 10 Millionen, 1 Million 
oder 100000 Zellen enthielten, und nicht, wie man erwarten sollte, eine 
der geringeren Aussaat entsprechend kleinere Anzahl. In Schuttel¬ 
kulturen endlich, die nur mit wenigen Zellen, einige Hundert Oder 
weniger, geimpft waren, gingen so viele Kolonieen auf, wie Keime aus- 
ges&t waren, alle aus vergarenden Zellen bestehend. Entgegen der 
friiheren Annahme, die in den Zellen einer Mutabilekultur zwei 
Typen, „mutierende“ und „nicht mutierende*, erblicken wollte, schlieBt 

)) Ein von Burri isoliertes Bnkteriuin, das nicht befnhigt ist, Rohrzucker direkt 
anzugreifen, bei geeigneter Ziichtung aber saccharosespaltende Rassen liefern kann und 
sich also gegeniiber Rohrzucker so verhalt, wie Bact. coli mutabile sich gegen 
Milchzucker. 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


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Burri hieraus, daB alle Zellen einer Imperfectumkultur und so- 
mit auch einer Mutabilekultur gleichwertig sind, und daB sie sich 
alle in die vergarende Rasse uberfuhren lassen, alle zum „Mutieren“ 
gebracht werden konnen. Wenn sie es unter gewissen Verhaltnissen, 
trotz der Anwesenheit des spezifischen Zuckers, nicht konnen, so ist dies 
ausschlieBlich auf SuBere Einflusse zuriickzufuhren. 

Mit Recht macht Burri darauf aufmerksam, daB den einzelnen 
Zellen in einer sehr reichlich geimplten Kultur nur ungenugende Ent- 
wickelungsbedingungen geboten werden. Einmal wird die N&hrstoffmenge, 
die den einzelnen Keimen zur Verfiigung steht, in gleichem MaBe kleiner 
werden, wie die Zahl der vorhandenen Zellen zunimmt. Und weiterhin 
werden die von den Keimen abgeschiedenen Stoffwechselprodukte bei 
kraftiger Impfung sich sehr betrachtlich geltend machen und eine Weiter- 
entwickelung erschweren. Nur eine geringe Zahl besonders lebenskraf- 
tiger Zellen vermag unter diesen ungiinstigen Verhaltnissen aufzu- 
kommen und die Enzymproduktion in Gang zu setzen, durch die der 
anfanglich nicht zerlegbare Zucker zu einer wertvollen NShrstoffquelle 
wird. Diese Zellen sind es, die zu makroskopisch sichtbaren Kolonieen 
auswachsen. 

Wird die Aussaat dagegeu eine geringere, so Sndern sich die Ver- 
haitnisse. Die sch&dliche Wirkung der Stoffwechselprodukte wird pro¬ 
portional mit der Zahl von ausgesaten Zellen abnehmen, die Nahrstoff- 
menge, die jedem einzelnen Keime zur Verfiigung steht, in gleichem 
Grade zunehmen, so daB jetzt eine der geringeren Aussaat entsprechend 
groBere Anzahl von Zellen zu Kolonieen auswachsen und ihre Enzym¬ 
produktion in Gang setzen kann. SchlieBlich wird bei ganz geringer 
Aussaat eine Stufe erreicht werden, wo die Lebensbedingungen sich so 
giinstig gestalten, daB alle ausgesaten Keime auswachsen konnen. 

Burris oben geschilderter Versuch zeigte weiterhin, daB es mit 
den in einer sparlich geimpften Schuttelkultur entstandenen Kolonieen 
eine besondere Bewandtnis hat. Wahrend namlich die Ausbildung von 
sichtbaren Kolonieen in den Schiittelkulturen mit reichlicher Aussaat 
durchschnittlich 5 Tage in Anspruch nimmt, ein Zeitraum, der nach 
Burri mit der relativ langsam erfolgenden Aktivierung des saccharose- 
spaltendeu Enzyms in Zusammenhang zu -bringen ist, so entstehen in 
den nur wenige Zellen enthaltenen Kulturen schon nach 24 Stunden mit 
dem bloBen Auge sichtbare Kolonieen. DaB diese ebenfalls aus ver- 
gkrenden Zellen bestehen sollten, schien nicht gerade wahrscheinlich. 
Abimpfungen von Zellen einer solchen Kolonie und Aussaaten in Saccha¬ 
rose enthaltenen Nahrbbden zeigten denn auch, daB dieses nicht der 
Fall war. Die ausgesaten Keime unterschieden sich in nichts von einem 
gewohnlichen Bact. imperfectum. 

Anders aber beim Aelterwerden der Kolonieen. Zellen, die aus 

2 Tage alten Kolonieen abgeimpft waren, entwickelten, in eine Saccharose- 
kultur gebracht, sichtbare Kolonieen erst nach 5 Tagen, aus 3 Tage 
alten Kolonieen dagegen schon nach 4 Tagen, aus 4 Tage alten nach 

3 Tagen, aus 5 Tage alten nach 2 Tagen, bis endlich nach 6 Tagen 
die Erregung der Zellen den Punkt erreicht hatte, wo die Saccharose 
direkt unter Gasentwickelung zerlegt werden konnte. 

Jeder, der sich mit d<*m Wesen einer Mutation vertraut gemacht 
hat, wird zugeben, daB diese Umwandlung nicht als eine solche auf- 
gefaBt werden kann. Die stufenweise Erregung weist deutlich auf eine 
Anpassung hin, eine Anpassung, die durch das Wachstum im saccharose- 

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haltigen Nahrboden bedingt wird, eine funktionelle Anpassung also, 
wie Wilh. Roux (5) und mit ihm Pringsheim sich ausgedruckt 
hatten. 

Eine andere Frage ist nun die, warum Bact. imperfectum sich 
gerade an Rohrzucker, nicht aber an Milckzucker oder eine andere nicht 
zerlegbare Zuckerart anpassen laBt. Wenn es sich urn eine wirkliche 
Neuentstehung einer Eigenschaft handelte, wire es recht natiirlich, zu 
erwarten, daB das Plasma eines Organismus, der mit so groBer Leichtig- 
keit zur Invertaseproduktion gebracht werden kann, ebenso gut und 
ebenso leicht zur Bildung von laktosespalteuden Enzymen angeregt 
werden konnte. Dieses ist aber nicht der Fall, und Burri SuBert des- 
halb die Ansicht, daB die Anpassung von Bact. imperfectum nicht 
auf die Neuentstehung saccharosespaltender Enzyme zuriickzufiihren ist. 
Die Zersetzung von Rohrzucker lag vielmehr von vorneherein in dem 
Bereich seiner F&higkeiten; es besaB, wie Burri sich ausdriickt, Bact. 
imperfectum und mit ihm die iibrigen „mutierenden u Bakterienarten 
ein „latentes Garungsvermogen“ gegen die betreffende Zuckerart, 
das aber nur dann nach und nach in Wirksamkeit treten konnte, als 
dem Plasma Gelegenheit zur Verarbeitung dieses Zuckers geboten 
wurde. 

Ich habe im Vorhergehenden die Ansichten Pringsheims und 
Burris iiber die „Bakterienmutationen u in groBen Ziigen wiedergegeben, 
damit nochmals auf ihre grundlegende Bedeutung fiir das Verst&ndnis 
der uns besch&ftigenden Fragen hingewiesen sei. Arbeiten aus neuester 
Zeit zeigen nSmlich, daB diese Ansichten noch nicht allgemeine An- 
erkennung gefunden haben. So haben unter anderen vor kurzem 
Jacobsen (6) und Reiner Muller Arbeiten veroffentlicht, die noch 
ganz auf dem Boden der Massinischen Anschauung fuBen. 

Auf die Arbeit von Jacobsen soli hier nicht naher eingegangen 
werden, da schon Pringsheim (8) gezeigt hat, daB es sich bei den 
von dem betreffenden Forscher geschilderten Vorgangen weder um 
„Mutationen“, noch um funktionelle Anpassungen handelt. 

DaB Reiner Muller, der fruher interessante Beobachtungen auf 
diesem Gebiete gemacht hatte, immer noch an der Mutationstheorie fest- 
hait, ist recht auffallend. In der Einleitung zu seiner oben erwahnten 
Arbeit schreibt dieser Autor: „Nur iiber die Deutung dieser Vorg£Lnge u 
— die funktionellen Anpassungen — „bestehen Meinungsverschiedenheiten. 
Es sei gar keine echte Mutation im Sinne von Hugo de Vries, wie 
Massini angenommen habe. Mir scheint das mehr ein Streit um ein 
Wort zu sein, der dasWesen dieser Umwandlungen nicht andert. Dann 
hat Burri neuerdings behauptet, die Erwerbung dieser neuen Eigen¬ 
schaft erfolge gar nicht plotzlich ohne Zwischenstufen. Ich bezweifle 
nicht die von Burri gemachten Kulturvorgange, aber seine Deutung 
dieser Beobachtungen scheint mir nicht gerechtfertigt, der Beweis einer 
allmahlichen Anpassung unter Bildung von Zwischenformen nicht er- 
bracht.“ 

Selbstredend kann die neue Auffassung nicht „das Wesen der Um- 
wandlung“ andern — es ware dieses ein recht unbilliges Verlangen — 
aber deshalb das Bestreben Pringsheims und Burris, die Ver- 
h&ltnisse klarzulegen, auf einen Streit um ein Wort zu reduzieren, heiBt 
wirklich die Bedeutung dieses Streites unterschatzen. Denn die frag- 
lichen Erscheinungen haben nicht nur fiir die Bakteriologie ein Interesse. 
Auch der Deszendenzforschung muB es wertvoll sein, einmal iiber diese 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


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Verhaltnisse richtig orientiert zu werden, und nicht zum mindesten aus 
diesem Grunde sollten wir Bakteriologen uns entschlieBen, eine Ent- 
scheidung zwischen „Mutation“ oder „funktioneller Anpassung“ zu 
treffen. 

Aus allem, was wir bis jetzt tiber die Bakterienmutationen wissen, 
geht deutlich hervor, daB es sich bei diesen Umwandlungen um Vorgiinge 
handelt, die nicht einmal den wahren Mutationen in irgendeiner Weise 
parallel verlaufen. Hierauf hat schon Pringsheim hingewiesen. Zum 
UeberBuB vergleiche man W. Johann sen: „Die Elemente der exakten 
Erblichkeitslehre u und de Vries’ eigene Angaben in seiner „Mutations- 
theorie u . 

Kann es demnach wnndern, daB gewissenhafte Naturforscher sich 
die Miihe gebeu, eine befriedigende Erklarung fiir diese Vorgiinge zu 
finden? Und warum hartniickig an deni Wort „Mutation“ festhalten, 
wenn doch gezeigt werden kann, daB es sich hier um einen eiufachen 
Variationsvorgang, eine funktionelle Anpassung, handelt? Schon die adaptive 
Natur der Umwandlung spricht gegen eine sprunghafte Aenderung, noch 
deutlicher aber die von Burri gemachten Beobachtungen fiber den stufen- 
weisen Verlauf des Vorganges, Beobachtungen, deren Deutuug allerdings, 
wie erwahnt, nicht von alien Seiten als richtig anerkannt wird. An 
anderer Stelle mochte ich auf diesen Punkt zuriickkommen. Die Ver- 
suche, fiber die ich dann zu berichten habe, werden hoffentlich zur 
Genfige zeigen konnen, daB Burris Annahme einer allmahliehen Um¬ 
wandlung unter Ausbildung von Zwischenformen vollstandig berechtigt 
war.. 

Im Lichte der neuen Auffassung gewinnt ein niiheres Studium von 
Bakterien mit funktionellem Anpassungsvermogen an Interesse. Dieses 
wird mit der Auffindung neuer Formen nicht erschopft; auch eine ge- 
nauere Untersuchung fiber ilire natfirlichen Standorte, fiber den EintiuB 
fiuBerer Faktoren auf die Anpassung und noch eine Menge anderer 
Fragen konnte fur die weitere Aufklarung auf diesem Gebiete von Be- 
deutung sein. In der vorliegenden Arbeit habe ich versucht, einigen 
dieser Fragen naherzutreten und dabei der Isolierung solcher Formen, 
die in ihrer Anpassung sich von den bis jetzt bekannten unterschieden, 
ein besonderes Interesse gewidmet. 


Gewinnung der Versuchsstdmme und ihrc natfirlichen Standorte. 

In seiner schon erwiihnten Arbeit hat Reiner Mfiller gezeigt, daB 
ganze Gruppen von Bakterien sozusagen als Artcharakteristikum ein 
Anpassungsvermogen an irgendeinen Stoff besitzen konnen, oder, wie 
dieser Autor sich ausdrfickt, unter dem EintiuB irgendeines Stoffes 
„mutieren“. So lassen sich z. B. Tjphusbakterien ganz allgemein an 
die Zerlegung von Rhamnose und Paratyphusbakterien an Raffinose an- 
passen, und es ware wohl nicht undenkbar, daB noch eine ganze Reihe 
solcher Beispiele aufgefunden werden konnte l ). 

Ffir eine genauere Verfolgung der Anpassung selbst kommt dieser 
Umstand doch offenbar erst in zweiter Linie in Betracht, und, um meine 
Untersuchungen nicht zu weitlfiufig zu gestalten, habe ich mich deshalb 

1) Nach AbschluS dieser Arbeit bin ich mit einer Abhandlung von Christian¬ 
sen (6) bekannt geworden, die diese Annahme vollauf bestatigt. Christiansen hat 
bei den vermuteten Erregern der Ksilberruhr eine funktionelle Anpassung an die Zer¬ 
legung von Arabinose nachweieen konnen, die sich in gewShnlicher Weise vollzieht. 


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auf das Studium solcher Bakterien beschrflnkt, die sich entweder an 
Saccharose Oder Laktose anpassen lielien. Einmal sind dieses Zucker- 
arten, die in der AuBenwelt eine gewisse Verbreitung haben, so daB eine 
Isolierung von solchen Bakterien aus den natflrlichen Standorten, die 
sich an sie anpassen lieGen, moglicherweise Typeu zutage fordern konnte, 
die imstande waren, neues Licht auf das Zustandekonmien der Anpas- 
sung zu werfen. Und ferner standen inir bei der Wahl dieser zwei 
Zuckerarten Formen — Bact. i in per fee turn und Bact. coli muta- 
bile — zur Verfiigung, die, da sie genau untersucht sind, als Vergleichs- 
objekte sehr wertvoll sein muBten. 

Was nun die natflrlichen Standorte dieser Bakterien betrifft, so sind 
meines Wissens in der Literatur uur zwei Fundstatten — Ffikalien und 
garendes Gras — angegeben, die als solche in Betracht kommen konnten. 
So wurde Bact. coli mutabile bekanntlich aus den Dannentleerungen 
eines unter dem Verdacht von Typhus erkrankten Mannes isoliert, Bact. 
imperfectuin teils aus garendem Gras, teils aus Kuhmist (lmal) er- 
halten, und auch Burk (8) gibt als Fundort ftir seine ahnlich sich ver- 
haltenden Stamme garendes Gras an. 

Betrachtet man das Vorkommen im menschlichen Darin als ein mehr 
zufiilliges, kommen somit besonders zwei Fundstatten als natflrliche 
Standorte in Betracht, garendes Gras, bzw. Gras, und der Darm der 
Herbivoren. Von diesen zwei Fundorten konnen dann wiederum beide 
als natflrliche Standorte betrachtet werden, oder aber, es ist. nur der 
eine als solcher zu bezeichnen, wahrend der andere, bedingt (lurch den 
Kreislauf Gras—Darm —Gras, nur als ein sekund&rer Aufenthaltsort an- 
gesehen werden kann. Urn hierflber Klarheit zu bekominen und gleich- 
zeitig in den Besitz einiger der gewflnschten Stamme zu gelangen, babe 
ich eine ganze Reihe von Analysen teils von Gras, teils von Kuh- und 
Pferdemist ausgefflhrt. Daneben wurden 32 der allgemein verwendeten 
Kraftfutter ! ) untersucht, die jedoch keine der gesuchten Bakterien ent- 
hielten. Wie weiter unten angefflhrt, lieferten die untersuchten Gras- 
proben den weitaus groBten Anteil der isolierten Stamme; ca. 50 unter- 
suchte Grasproben ergaben 7 Stamme mit funktionellem Anpassungs- 
vermogen an Saccharose oder Laktose, ein positives Resultat also in 
etwa 14 Proz. der Fiille. Dagegen fiel die Untersuehung einer ent- 
sprechenden Anzahl Fakalienproben nur lmal positiv aus, und zwar 
wurde der in Frage kommende Stamm aus Kuhmist isoliert, wahrend 
ca. 25 untersuchte Pferdemistproben niemals die gesuchten Bakterien 
lieferten. Es sprechen diese Befunde entschieden fflr das Gras als 
natflrlicher Standort und auch das sonstige Verhalten der betreffenden 
Bakterien laBt sich ganz gut hiermit in Einklang bringen. So ist z. B. 
die Beweglichkeit— ein gutes Reagens aufgflnstige Lebensverhflltnisse — 
bei Korpertemperatur oft vollstandig aufgehoben, bei niederen Tempera- 
turen dagegen eine sehr lebhafte. Und in alien ihren kulturellen Merk- 
malen stimmen diese Organismen auffallend mit einer Gruppe von gras- 
bewohnenden Bakterien tiberein, die von Burri und Diiggeli (10) als 
„Grascoli u bezeichnet wird. Man wird deshalb wohl nicht sehr fehl- 
gehen, wenn man das Vorkommen im Darm als ein mehr zufalliges 
betrachtet und im Gras den eigentlichen Aufenthaltsort dieses Typus 
erblickt. 

1) Herr Dr. Paul Licchti, Vorstand der agrikulturchemischen Anotnlt auf dem 
Liebefeld bei Bern, hat mir in liebeuswiirdigster Weise das hierfiir notwendige Material 
zur Verfugung gestellt. 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


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Das Auffinden der gesuchten Stamme in dem fur die Analyse ver- 
wendeten Material wird durch das Verhalten der Bakterien gegen die 
fakultativ vergarbare Zuckerart selir erleichtert. Der Gang der Analysen 
richtete sich denn auch danach. Bei den Faecesuntersuchungen wurden 
ca. 5 g des Materials mit 100 ccm steriler physiologischer Kochsalzlosung 
zu einer Emulsion verrieben und von dieser Stammlosung in gewohnlicher 
Weise passende Verdiinnungen hergestellt und auf Agarplatten ausgesat. 
Die Platten kamen 48 Stunden bei 30 °C zu stehen und die nach dieser 
Zeit aufgegangenen Kolonieen wurden darauf naher untersucht. Alle die 
Paratyphus- und Coli-ahnlichen unter ihnen wurden auf Schragagar 
flbertragen und aus den dabei erhaltenen Kulturen Schiittelkulturen in 
Dextroseagar angelegt. Alle Stamme, die diese Zuckerart nicht vergoren, 
wurden ausgeschaltet, der Rest dagegen in Schiittelkulturen von Saccharose- 
und Laktosepeptonagar, zubereitet wie von Burri und Diiggeli an- 
gegeben, ausgesat Diese Kulturen wurden bei 30° C hingestellt und 
die Wachstumsvorgiinge in den nicht innerhalb 24 Stunden vergorenen 
Kulturen von Tag zu Tag genauer verfolgt. Die Verarbeitung der Gras- 
proben geschah in der von Burri und Andrejew (11) angegebenen 
Weise, die Untersuchung der auf den Platten aufgegangenen Kolonieen 
wie oben geschildert. 

GroBes Gewicht mull darauf gelegt werden, daB die Wachstums- 
vorgange in den nicht innerhalb 24 Stunden vergorenen Saccharose- und 
Laktosekulturen Tag fiir Tag auf eine langere Zeitdauer hinaus genauer 
verfolgt werden, denn es zeigte sich bald, daB die Anpassung nicht bei 
alien Stammen sich so abspielt, wie z. B. bei Bact. iniperfectum. 
Es spielen hierbei offenbar individuelle Verschiedenheiten eine groBe 
Rolle, ein Verhalten, worauf spater naher eingegangen werden soil. 

In einer kurzen Mitteilung (12) habe ich berdits iiber die Stamme 
mit funktionellem Anpassungsvermogen berichtet, die ich aus Gras und 
Fakalien isolieren konnte. Mit einer einzigen — allerdings nicht gerade 
prdgnanten — Ausnahme stehen sie alle den paratyphusahnlichen Bakterien 
nahe, und man konnte geneigt sein, sie nach ihrem kulturellen Verhalten 
in eine Gruppe zusammenzufassen, eine Gruppe, deren Glieder sich alle 
so gegen Saccharose oder Laktose verhalten, wie sich nach Reiner 
Muller die Typhusbakterien gegen Rhamnose, die Paratyphusbakterien 
gegen Raffinose verhalten. In diese Gruppe wiirde dann auch Bact. 
imperfectum sehr gut hineinpassen. Nur Bact. colimutabile 
kame etwas auBerhalb des Rahmens der Gruppe, wenn das Fehlen des 
Indolbildungsvermogens als ein Hauptcharakteristikum fiir die hierher 
gehorenden Bakterien betrachtet werden sollte. Denn nach den Angaben 
von Massini, die meines Wissens bis jetzt nicht widerlegt wurden, 
vermag Bact. c o 1 i m u t a b i 1 e, genau wie die typischen C o 1 i - Bakterien, 
die EiweiBstoffe bis auf Indol abzubauen. Ich habe die Angaben von 
Massini an zwei Stammen von Bact. coli mutabile 1 ), die mir 
freundlichst von Herrn Prof. Burri iiberlassen wurden, nachgepriift, 
konnte aber niemals eine positive Indolreaktion erhalten, trotzdera ich 
als ZQchtungsmedium Peptonwasser gebrauchte. Ich bemerke dabei aus- 
driicklich, daB nur die salzsaure Paradimethylaraidobenzaldehydlosung 
nach Ehrlich als Reagens benutzt wurde. Diese Beobachtung beansprucht 
deshalb ein gewisses Interesse, weil sie zeigt, daB die an Laktose an- 
gepaBte Rasse von Bact. coli mutabile nicht als ein typisches 


1) Der eine trug die Bezeichnung ^Original Frankfurt". 


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Bact. coli commune Escherich aufgefaBt werden darf. Und durch 
sie wird auch der von Benecke (2) angefiihrte Einwand, daB Bact. 
colimutabile ein wirkliches Coli-Bakterium sei, das durch den 
Aufenthalt im menschlichen Darm voriibergehend sein Laktosevergarungs- 
vermogen verloren hatte, mit anderen Worten, daB die Anpassung nur 
eine Regeneration einer verloren gegangenen Eigenschaft w&re, hinfallig. 

Es laBt sich somit Bact. coli mutabile gauz zwanglos dem 
Bact. imperfectum und meinen Stammen au die Seite stellen. und 
ich mochte vorschlagen, daB man seiuen Namen dahin Sndert, daB er 
nur das eigentiimliche Verhalten gegen Milchzucker zum Ausdruck bringt 
ohne Naheres iiber die VerwandtschaftsverhSltnisse anzugeben, daB man, 
analog wie bei Bact. imperfectum, den Organismus einfack als 
Bact. mutabile Neisser bezeichnet. 

Kulturclles Verhalten der Stftmmc. 

Wenn ich vorhin erwahnte, daB man mit einem gewissen Recht die 
in Frage kommenden Bakterien in eine Gruppe zusammenfassen konnte, 
so sollte damit nicht gesagt sein, daB die einzelnen Glieder unter sich 
nicht kleinere kulturelle Verschiedenheiten aufweisen konnen. Eine 
genauere Verfolgung der Kulturmerkmale lafit vielmehr ofters Ver¬ 
schiedenheiten erkennen und besonders das Vergarungsvermogen gegen- 
iiber den vier gebrauchlichsten Zuckerarten ist eine recht wechselnde 
GroBe. Wahrend Dextrose und Maltose in alien Fallen zerlegt werden, 
ist die Vergarbarkeit von Saccharose und Laktose eine verschiedene, 
und zwar wird dabei immer nur das eine dieser beiden Kohlehydrate 
fakultativ vergoren, wahrend das andere entweder sofort oder gar nicht 
angegriffen wird. In den folgenden Tabellen sind meine Stamme nach 
ihrem Zuckerspaltungsvermogen zusammengestellt. 

Tabelle I. 

Aus Gras isoliert. 


Stamm 

Dextrose 

Maltose 

Laktose 

Saccharose 

E 1 ) 

+ 

+ 


_ 

B, 

+ 

+ 

± 

— 

A 

+ 

+ 

— 


Br 

+ 

+ 

+ 

db 


+ 

+ 

+ 


M 

+ 

+ 

+ 

± 

D. 

+ 

+ 

+ 



Tabelle II. 

Aus Kuhmist isoliert. 


Stamm 

Dextrose 

Maltose 

Laktose 

Saccharose 

K 

+ 

+ 

— 

± 


+ Vergarung. 

— keine Vergarung. 

± latentes Garvermogen. 

Hieran schlieBen sich Bact. mutabile und Bact. imperfectum, 
wie folgt: 


1) Gleich nach der Ieolierung vrurden alle Stamme nach dem Verfahren von 
Burri (13) auf Einzellkulturen verarbeitet. Auch alle zum Vergleich herangezogenen 
Stamme Bind aus einer Zelle hervorgegangen. 


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Thaysen, Funktionelle Anpaasungen bei Bakterien. 


9 


Tabelle III. 


Stamm 

Dextrose 

Maltose 

Laktose 

Saccharose 

Bact. mutabile 

+ 

+ 

± 

_ 

Bact. imperfectum 

+ 

+ 




Fur die Feststellung dieser Reaktionen wurden Zuckeragarschiittel- 
kulturen nach Burri und Diiggeli(lO) verwendet. Sie enthielten den 
betreffenden Zucker in 2-proz. Konzentration. Die benutzten Zucker- 
arten wurden von Kahlbaum bezogen und auf ihre Reinheit geprtift. 

Gemeinsam fiir alle Stamme ist ihre FSrbbarkeit. Sie nehmen, wie 
zu erwarten war, die gewdhnlichen Anilinfarbstoffe leicht auf und ent- 
farben sich nach Gram. 

Das Wachstum auf Agar- und Gelatineplatten ist im groBen und 
ganzen paratyphus- bis coliahnlich. So zeigen die bei 30° C auf- 
gestellten Agarplatten der Stamme E, A, Br, 0 2 , M und D 4 nach 
48 Stunden von 1—3 mm groBe, meist zirkelrunde, ziemlich flache 
Kolonieen mit mehr Oder weniger hervortretendem welligen Rande. Im 
durchfallenden Lichte sind die Kolonieen bl&ulich-weiB und durchsichtig, 
im auffallenden Lichte etwas fettglanzend und braunlich durchsichtig. 
Die Tiefenkolonieen sind gelblich-weiB und wetzsteinformig. Bei schwacher 
VergroBerung, etwa 90mal, lassen sich in den Oberflachenkolonieen keine 
Eigentiimlichkeiten erkennen. Sie stimmen darin mit den Kolonieen 
eines zum Vergleich herangezogenen typischen Bact. coli commune 
iiberein. Das Wachstum auf Agar von B 4 ist je nach den Ziichtungs- 
temperaturen etwas verschieden. Wahrend die zirkelrunden Kolonieen 
dieses Bakteriums bei niederen Temperaturen, z. B. 20° C, flach und 
ziemlich trocken sind, entstehen nach 24 — 48 Stunden auf den bei 
30—37° C gehaltenen Agarplatten stark schleimig-glanzende, ziemlich 
gewolbte Kolonieen von 1 — 3 mm GroBe, die im auffallenden Lichte weiB 
erscheinen, im durchfallenden Lichte einen Stich ins Blauliche zeigen. 
Bei schwacher VergroBerung zeigen die Kolonieen von B 4 dicht aneinander- 
liegende dunkle Strahlen, die vom Zentrum der Kolonie radiar ausgehen. 
Abweichend von alien iibrigen verhalt sich Stamm K. Seine Oberflachen¬ 
kolonieen auf Agar flieBen oft schon in den ersten 24 Stunden zusammen 
und bedecken die ganze Oberflache des NShrbodens als ein homogener 
Rasen. Beim Aelterwerden der Kultur wird dabei das Substrat br&un- 
lich verfarbt. Audi bei K ist das Wachstum flach und schwach fett¬ 
glanzend, im durchfallenden Lichte blaulich irisierend. Die Tiefenkolo¬ 
nieen sowohl von Stamm B 4 wie von K sind wetzsteinformig und 
gelblich-weiB. 

Auf Schragagar zeigen alle Stamme ziemlich das gleiche Verhalten. 
Ein flacher, grauweiBer, etwas fettglanzender Rasen, der in durchfallen- 
dera Licht blaulich irisiert. Auch hier sind die Kulturen von B 4 bei 
hoheren Temperaturen gehalten mehr saftig-gianzend und weiBlicher als 
die bei Zimmertemperatur bebrflteten. Stamm K deckt schon nach 
24 Stunden die ganze Oberflache des Schragagars mit einem diinnen 
Belag und farbt nach einiger Zeit das Substrat braunlich. Beim Ver¬ 
gleich mit dem Wachstum von Bact. mutabile und Bact. imper- 
fectum 1 ) lassen sich zwischen diesen beiden und meinen Stammen 
keine nennenswerten Unterschiede wahrnehmen. 


1) Den gepruften ytamm verdanke ich Herm Prof. Burri. 


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10 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


Die Gelatineplattenkulturen bieten annahernd das gleiche Bild wie 
die der Agarplatten, nur daB die Kolonieen hier vielleicht etwas weniger 
fettglSnzend erscheinen. Stamm K erzeugt im Gegensatz zu den (ibrigen 
Stammen ein proteolytisches Enzym, das die Gelatine nach 8—14 Tagen, 
zuweilen noch langsamer, zur Verfltissigung bringt. 

Die Dimensionen der St&bchen sind, wie aus beistehender Tabelle 
hervorgeht, ziemlich konstant. Auch in dieser Hinsicht stimmen meine 
Stamme mit Bact. mutabile und Bact. imperfectum uberein. 

Tabelle IV. 


Stamm 

Breite 

Lange 

Stamm 

Breite 

Lange 

E 

ca. 0,8 [i 

1,5-2 (a 

M 

ca. 0,8 (i 

1,5-2 ia 

b 4 

„ 0,8 „ 

ca. 2 „ 


,, 0,8 „ 

2—2,5 „ 

A 

„ 0,8 „ 

1,5-2 „ 

K 

„ 0,8 „ 

1,5 2 ,, 

Br 

„ 0,8 „ 

1,5-2 „ 

Bact. mutabile 

„ 0,8 „ 

ca. 2 „ 

o. 

„ 0,8 „ 

1,5-2 „ 

„ imperfect. 

„ 0,8 „ 

2-4 „ 


Die MaBe sind im Tusckepunkte an lebenden Zellen ermittelt. Ftir 
ihre Feststellung wurde ein Tropfen steriler Tusche (1—10) auf einen 
sterilen ObjekttrSger gebracht und hierin eine passende Menge Material 
einer 24 Stunden alten Agarkultur des betreffenden Organismus ver- 
rieben. Von dieser Aufschwemmung wurden mittels steriler Feder 
kleinste Tropfchen auf eine gut abgekiihlte Gelatineplatte ubertragen. 
Nach dem Eintrocknen wurden die Tropfchen mit einem sterilen Deck- 
glas zugedeckt und die in den Tuschepiinktchen vorhandenen St&bchen 
gemessen. Die in der Tabelle IV angeftihrten Zahlen geben jeweilen 
den Durchschnitt von zehn Messungen an. 

Einiges Interesse beansprucht der EinfluB, den die Temperatur auf 
die Beweglichkeit ausiibt. Wie aus der folgenden Zusammenstellung 
ersichtlich, ist die Beweglichkeit der bei niederen Temperaturen ge- 
haltenen Kulturen oft lebhafter als die bei Korpertemperatur bebrtiteten. 

Tabelle V. 


Bouillon von Stamm 


nach 24 Stunden 
Bebriitung bei: 

20° 

23° 

to 

o» 

o 

27° 

30° 

33° 

35° 

37° 

E 

+ + + 

+ + + 

+ 4-4- 

+ + + 

+ + + 

+ + 

0 

0 


+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+? 

0 

A 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+? 

+? 

0 

Br 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

ft 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 


+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

K. 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

Bact. mutabile 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

„ imperfect. 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

+? 

+? 

0 

0 


+ + + Sehr lcbhafte Bewegung. 

+ + Deuiliche, z. T. lebhafte Bewegung. 

+? Fragliche Bewegung. 

0 Keine Bewegung. 

Das Wachstum auf Kartoffel ist das fur die Paratyphus B-Coli- 
Gruppe eigene: Ein gelblich-grauer etwas gl&nzender Belag, der allm&h- 
lich das Substrat dunkel verfarbt. 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


11 


Neutralrotagar wird von alien Stammen in der charakteristischen 
Weise vergoren und verfarbt. 

Die SSuremenge, die aus Dextrose gebildet wird, unterliegt bei den 
einzelnen Stammen, die untersuchten Mutabile- und Imperfectum- 
Kulturen inbegriffen, keinen groBen Schwankungen. In dieser Hinsicht 
verhalten sie sich, wie Tabelle VI zeigt, wie Bact. paratyphi B und 
Bact. coli commune. 


Tabelle VI. 


Sauregrad 

Stamm 

E 

b 4 

A 

Br 


M 

D. 

K 

Bact. 

muta¬ 

bile 

Bact. 

imper¬ 

fectum 

Bact. 
para- 
typh. B 

Bact. coli 
commune 

Kon¬ 

trolle 

I 

ccm! 

ccm 

ccm 

ccm 

ccm 

iccm 

ccm 

i ccm 

ccm 

ccm 

ccm 


Nach 24 Std. 

1,8 

i 

2,7 

2,3 

2,3 

? 

2,3 

2,8 

! 1,2 

2,8 

1,8 

2,6 

0 

Nach 6 Tagen 

1,8 

2,3 

2,8 

3,1 

3,1 

? 

3,1 

2,9 

1 2,8 

2,8 

3,2 

3,2 

0 


Die Zahlen geben die Mengen von n/ 10 Na(OH) an, die, mit Phenol- 
phtaleiu als Indikator, zur Absattigung der aus 10 ccm einer 2-proz. 
Dextrosepeptonwasserkultur gebildeten Sfiure gebraucht wurden. Als 
Kontrolle dienten Glaser mit 10 ccm des reinen Ziichtungsmediums. 
Kulturen und Kontrolle wurden unter anaerobem VerschluB bei 30° ge- 
halten. 

Auch die aus Dextrose gebildeten Glirungsgase deuten auf eine 
Verwandtschaft zu der P ar a typhus-Col i-Gruppe hin. Das folgende 
Schema gibt die Resultate der diesbezuglichen Analysen an. Bei der 
Bestimmung der Garungsgase habe ich die von Burri und Duggeli 
(10) angegebene Methode benutzt. Die angeftihrten Zahlen verzeichnen 
die aus 10 ccm gewohnlichen 2-proz. Dextroseagars in 24 Stunden bei 
37 0 gebildeten Gasmengen. 

Tabelle VII. 


Stamm 

Gesamt- 

gasmenge 

Durch K(OH) 
absorbier- 
bares Gas 

Durch K(OH) 
nicht absor- 
bierbares Gas 

E 

26 

ccm 

13 

ccm 

13 

ccm 

b 4 

7 

11 

2,5 

»> 

4,5 

11 

A 

27 


16 


11 

11 

Br 

12 


3,75 


8,25 


0, 

14 


5 


9 


ivf 


? 

? 


? 


U* 

11,5 

ccm 

3,5 

ccm 

8 

ccm 

K 

7,5 


2,5 

>> 

5 


Bact. mutabile 

12 


3,5 


8,5 


„ imperfectum 

16 

11 

9 

» 

7 

»» 

„ paratyphi B 

12 

»« 

3,75 

11 

8,25 

11 

„ coli commune 

11,5 

n 

3,5 

>1 

8 

11 


Das Milchgerinnungsvermogen ist bei den verschiedenen Stammen 
ein wechselndes. Nur B 4 und A lassen die Milch ganz intakt und ver¬ 
halten sich dabei wie Bact. mutabile und Bact. imperfectum 1 ). 
Die flbrigen Stamme koagulieren die Milch nach kflrzerer Oder langerer 


1) Letzteres soil nach Burri die Milch langsam aufhellen und sich in dieser 
Hinsicht wie Bact. paratyphi verhalten. Der von mir gepriifte Stamm zeigte jedoch 
dieses Verhalten nicht. 


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12 


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Zeit. Bei K ist dieses unter alien Umstanden auf eine reine Labwir- 
kung zuriickzufiihren, denn dieser Stannn zersetzt, wie schon erw&hnt, 
nicht Laktose. Auf das Verhalten gegen Milch soil (ibrigens spater, bei 
der Vergleichung der Mutterstamme mit ihren vergarenden Rassen, 
etwas naher eingetreten werden. 

In ihrer schon mehrfach erwahnten Arbeit haben Burri und 
And rejew (11) auf die Bedeutung der biochemischen Reaktionen fur 
die Abtrennung der typischen Coli-Bakterien von den ihnen nahe- 
stehenden paratyphusahnlichen Formen hingewiesen. Die von diesen 
Autoren untersuchten typischen Coli-Bakterien gaben alle positive 
Indolreaktion, wahrend die gepruften paratyphusahnlichen Stamme, die 
nicht die beim Abbau der Eiweifistoffe gebildete Indolaminopropionsaure 
unter Freimachen von Indol zu zersetzen vermochten, nur die Proteino- 
chromreaktion zeigten. Nach dieser Richtung hin untersucht, zeigten 
meine Stamme ein einheitliches Verhalten, und hierin stimmten sie 
wiederum mit Bact. imperfectum und Bact. mutabile iiberein. 
Die Proteinochromreaktion fiel bei alien positiv aus, Indol wurde da- 
gegen nicht gebildet. Nur Stamm K, der, wie am Anfang dieser Arbeit 
erwahnt, aus Kuhmist isoliert war, zeigte neben Proteinochromreaktion 
Rotfarbung beim Zusatz der Ehrlichschen Losungen zu der 10 Tage 
alten Peptonwasserkultur. Dieser rote Farbstoff verdankt jedoch, wie 
eine spatere Untersuchung ergab, nicht dem Vorhandensein von Indol 
seine Entstehung, denn er lieB sich nicht wie der Indolfarbstoff mit 
Amylalkohol ausschutteln. Die in meiner voriaufigen Mitteilung ge- 
machten Angaben fiber die Indolbildung von Stamm K sehe ich mich 
deshalb genfitigt dahin zu berichtigen, daB dieser Organismus aus Pepton 
Verbindungen bildet, die, wie Indol, mit Paradimethylamidobenzaidehyd 
in Gegenwart eines Oxydationsmittels einen roten Farbstoff erzeugen. 

Der ausgeprfigt paratyphusfihnliche Verlauf der biochemischen Re¬ 
aktionen lieB es berechtigt erscheinen, auch die serologischen Verwandt- 
schaftsverhfiltnisse und eine mogliche Pathogenitfit naher zu priifen. In 
dieser Hinsicht waren jedoch keine positiven Befunde zu verzeichnen. 
Zwei agglutinierende Paratyphus B-Sera, wovon das eine vom 
Schweizerischen Seruminstitut in Bern bezogen wurde, das 
andere durch Immunisierung eines Kaninchens mit dem fur meine ver- 
gleichenden Untersuchungen benutzten Paratyphus B-Stamm herge- 
stellt war, und die beide bis zur Titergrenze (1—10000) von einer 
typischen Paratyphus B-Kultur agglutiniert wurden, vermochten nur in 
Verdfinnungen von 1—100 und 1—200 meine Stamme zu beeinflussen. 
Und Mause, die mit einer ganzen Oese der verschiedenen Stamme sub- 
kutan geimpft wurden, blieben am Leben. Sowohl hierin, wie in ihrera 
ganzen kulturellen Verhalten zeigen meine Stamme und mit ihnen Bact. 
mutabile und Bact. imperfectum eine Verwandtschaft zu einer 
Gruppe von paratyphusahnlichen Bakterien, die Burri und Dtiggeli 
aus garendem Gras isoliert hatten. Ob man in dem Stamm K, der, wie 
friiher bereits betont, aus Kuhmist isoliert wurde und der sich in 
mehreren Beziehungen von den iibrigen Stamraen abweichend verhalt, 
nur eine an die im Kuhdarm herrschenden Lebensbedingungen an- 
gepaBte Rasse des normalen Typus zu erblicken hat, oder ob man 
ihn als eine besondere Bakterienart betrachten muB, soli dahingestellt 
bleiben. 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


13 


Eigentfiinlichkeiten bei der Anpassung. 

EinfluBderTemperatur auf dieEntwickelung des „neuen“ 

Enzyms. 

Bevor ich zur Besprechung des Verlaufes der Anpassung bei den 
einzelnen Stfimmen fibergehe, mochte ich nochmals mit einigen Worten 
auf die Verhfiltnisse, wie sie bei Bact. imperfectum und Bact. 
mutabile liegen, zuriickgreifen. Ich lasse dabei die Plattenkulturen 
als Mittel zur Erregung der Stilmme auBer Betracht, weil sie einen 
Einblick in die feineren Vorgange der Anpassung nicht gestatten. 

Wird eine mit reichlichem Material geimpfte Saccharoseschuttelkultur 
von Bact. imperfectum zur Bebriitung bei 37°C hingestellt, so lfiBt 
in den ersten 4—5 Tagen nichts vermuten, daB dieser Organismus im- 
stande ware, den vorhandenen Zucker anzugreifen. Erst nach 5—6 Tagen 
entwickeln sich in der Schtittelkultur Kolonieen, die aus angepaBten, d. h. 
Rohrzucker zerlegenden Zellen bestehen. Diese Zeit, die bis zur Ent- 
stehung der Kolonieen verstreicht, betrachtet B u r r i als die fur die Ak- 
tivierung des iu den Imperfectu m-Zellen vorhandenen Invertase- 
Proferments erforderliche Reizwirkungsdauer des Rohrzuckers. Bei 
Bact. mutabile ist der entsprechende Zeitraum offenbar ein viel 
kfirzerer, denn in einer bei 37 0 C gehaltenen Laktoseschuttelkultur vom 
betreffenden Organismus zeigen sich oft schon nach 48—72 Stunden 
Anzeichen einer Zerlegung des Zuckers, indem nach dieser Zeit sehr 
zahlreiche kleinste Kolonieen, und meist auch viele Gasblaschen in der 
Schiittelkultur zu erkennen sind. 

Worauf laBt sich nun dieses verschiedene Verhalten der beiden Or- 
ganismen zurtickffihren ? Bietet vielleicht die Aktivierung des laktose- 
spaltenden Enzyms dem Plasma geringere Schwierigkeiten als die Aus- 
bildung von Invertase? Oder haben wir es bei Bact. mutabile mit 
einem Organismus zu tun, dessen „Proferment u (Burri) eine hohere 
Entwickelungsstufe erreicht hat und deshalb weniger Zeit verbraucht, um 
in die wirksame Form flberzugehen, als es bei dem im Plasma von 
Bact. imperfectum vorhandenen Proferment der Fall ist? Oder 
endlich, ist es auf fiuBere Einfliisse, Temperatur u.s. w. zurfickzuffihren, 
wenn Bact. mutabile in so viel kurzerer Zeit als Bact. imper¬ 
fectum sich an die Zerlegung der fakultativ verg&rbaren Zuckerart 
anpaBt? 

Ware nun auch eine einwandfreie Entscheidung der ersten Frage 
nur dann moglich, wenn es sich um einen einzigen Organismus handelte, 
der sich sowohl an Laktose wie an Saccharose anpassen lieBe, so konnen 
doch an dem vorhandenen Material von Bakterienformen, die sich ent- 
weder an die Zerlegung von Laktose oder Saccharose anpassen lassen, 
Beobachtungen gemacht werden, die imstande sind, die erste wie die 
tibrigen Fragen zu beleuchten. Ich verweise diesbeziiglich auf die Ta- 
bellen IX—XII. Es sind in diesen Tabellen kurze Anmerkungen ver- 
zeichnet fiber die von Tag zu Tag auftretenden Ver&nderungen in den 
bei verschiedenen Temperaturen aufgestellten Schfittelkulturen der ver- 
schiedenen Stfimme. Das Nfihrsubstrat hat, abgesehen vom Zucker, in 
der ganzen Versuchsreihe genau die gleiche Zusammensetzung : ), und 


1) Pepton Witte 2 Proz., Kochsalz 0,8 Proz., Agar 1,5 Proz.; dazu komrnt fur 
die 8tamme E, B 4 und Mutabile 2 Proz. Laktose; fiir die Starame O,, K, Br, D 4 , 
M und Imperfectum 2 Proz. Saccharose. 


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14 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


jede Schtittelkultur ist mit annahernd gleich viel Material — eine Nadel- 
spitze voll — einer 24 Stunden alten Kultur des betreffendeu Organismus 
geimpft. 

Um die in den Tabellen angefiihrten Daten zu verstehen, ist es 
notwendig, das Dextrosevergarungsvermogen der verschiedenen Stamme 
zu berucksichtigen. Dieses muB, genau wie andere Lebensfunktionen, 
von der Teniperatur in der Weise beeinfluBt werden, daB es mit ab- 
nehmender Temperatur verringert wird, bis es unterhalb einer gewissen 
Grenze nicht mehr den normalen Verlauf zeigt. Die Temperatur nun, 
die eben noch eine innerhalb 24 Stunden deutlich erkennbare Reaktion 
ermoglicht, mochte ich als die niinimale Vergarungatemperatnr be- 
zeichnen. Sie gibt also die unterste Grenze fur den normalen Verlauf 
der einfachsten hier in Betracht kommenden G&rungserscheinung, die 
Zerlegung von Dextrose, an. Sie muB unter alien Umstanden auch die 
Minimaltemperatur der normalen Anpassung repr&sentieren, und nur 
oberhalb dieser Grenze diirfen die Anpassungserscheinungen bei den ver¬ 
schiedenen Stammen untereinander verglichen werden. 

GroBen Schwankungen unterliegt die minimale VergSrungstempe- 
ratur bei den einzelnen Stammen nicht. Laut der folgenden Tabelle 
wurde sie bei etwa 18—28° C zu finden sein, oder, wenn man von 
kleineren Abweichungen absieht und in erster Linie eine ftir samtliche 
Stfimme einheitliche Temperatur sucht, bei etwa 20°. 


Tabelle VIII. 


Tempe- 

ratur 

E 


A 

Br 

o. 

M 

d 4 

Bact. 

imperfectum 

Bact. 

mutabile 

K 

23° 

+ + + 

+ 

+ 

+ 

+ + + 

+ -F + 

+ + + I 

+ + + 

+ + 

+ + 

+ + + ] 

+ + 

20° 

+ + + 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ 4” 

+ + + 

+ 

18° 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + 

4* + 

+ + 

+ + 

+ 4- 

+ + 

0 

17 o 

+ + 1 

+ 

+ + 

+ 

+ 

+ + 

+ + 

0 

+ + 

0 


Bemerkungen zu obenstehender Tabelle: 

Die OrgaDismen wurden als Schiittelkulturen in gewohnlichen Traubenzuckeragar 
ausgesat und die Kulturen bei den betreffenden Temperaturen aufgeetellt. 

+ + + bedeutet: Kraftige Garung, d. h. Agarsaule an mehreren Stellen von Gas zerrissen. 

+ + „ : Schwache Garung, d. h. einige Gasblaschen in der Agarsaule. 

+ „ : Beginnende Garung, d. h. 1—3 Gasblaschen in der Agarsaule. 

0 „ : Keine Garung. 

In der Tabelle IX ist nun das Verhalten der verschiedenen Stamme 
gegeniiber dem fakultativ zerlegbaren Zucker bei der minimalen Ver- 
garungstemperatur — 20° — veranschaulicht. In den allermeisten Fallen 
kann auch die Anpassung sich bei dieser Temperatur abspielen. Nur 
der an die Zerlegung von Saccharose aupaBbare Stamm A beausprucht, 
wie die Tabelle XI zeigt, eine hohere Temperatur, und hier fallt somit 
die minimale Anpassungstemperatur nicht mit der minimalen VergSrungs- 
temperatur zusammen, ein Verhalten, das bei Ausdehnung der Unter- 
suchungen auf ein grofieres Material zweifellos 5fters angetroffen werden 
konnte und die Aufstellung besonderer Minimaltemperaturen der An¬ 
passung berechtigen wurde. DaB auch Maximaltemperaturen der 
Anpassung als besondere GroBen vorkommen konnen, ist bei Stamm 
B 4 ersichtlich, denn dieser Organismus kann bei einer Temperatur von 
37° C die neue Rasse nicht mehr ausbilden, obwohl er bei dieser Tem¬ 
peratur noch kraftiges Wachstum zeigt. Die Tabellen IX—XII lassen 
deutlich erkennen, daB die Anpassung mit zunehmender Temperatur be- 


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Thayaen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


15 


schleunigt wird. Stamm E gebraucht z. B. bei 20° etwa 18 Tage bis 
zur Ausbildung der neuen Rasse, wahrend er bei 37° den Vorgang schon 
in 3—4 Tagen vollziehen kann. Und ein ganz analoges Verhalten treffen 
wir in mehr oder weniger ausgepragtem Grade bei alien iibrigen St&mmen. 
Eine beschleunigende Wirkung der Temperatur ist somit unverkennbar 
vorhanden. 

Noch auf ein weiteres Moment weist die Tabelle IX bin. Bei 20° C 
braucht E, wie erwahnt, ca. 18 Tage, urn das neue laktosespaltende 
Enzym auszubilden. Der gleiche Zeitraum geniigt aber bei dieser Tem¬ 
peratur auch den an Saccharose anpaBbaren Stammen (z. B. Br und 
Imperfectum) fiir die Aktivierung von Invertase, ein Verhalten, das 
nicht wohl denkbar ware, wenn die Ausbildung von milchzuckerspaltenden 
Enzymen dem Plasma leichter ware als die von Invertase. Denn die 
enge systematische Verwandtschaft der hier in Betracht kommenden Or- 
ganismen berechtigt zu der Annahme einer sehr weitgehenden Ueberein- 
stimmung fiir die analogen Funktionen des Plasmas der verschiedenen 
Arten. 

Sieht man von der Existenz eines „Profermentes u und seiner mehr 
oder weniger vorgeschrittenen Entwickelung ab, so ware zu erwarten, 
daB die Anpassung bei der aufgehobenen Wirkung der Temperatur, d. h. 
bei der minimalen Vergarungstemperatur, innerhalb der beiden an Sac¬ 
charose einerseits und Laktose andererseits anpaBbaren Gruppen, sich 
bei den einzelnen Vertretern in ziemlich dem gleichen Zeitraum abspielen 
wurde. Diese Annahme trifft denn auch bis zu einem gewissen Grade 
zu. Ein Blick auf die Tabelle IX zeigt, daB die Anpassung bei den 
Stammen 0, K, Br, D 4 , M und Bact. imperfectum, deren kulturelle 
Merkmale Qbrigens nicht vollstandig ubereinstimmen, so gut wie gleich 
schnell verlauft. Anders dagegen in der Gruppe von Laktose fakultativ 
zerlegenden Organismen. Hier braucht, wie mehrmals betont, Stamm E 
fur seine Anpassung ca. 18 Tage, wahrend das kulturell kaum von 
Stamm E zu unterscheidende Bact. mutabile und Stamm B 4 schon 
nach 4—6 Tagen die Fahigkeit zur Laktosespaltung erworben haben. Es 
miissen sich somit in diesem Falle andere Faktoren geltend machen, 
Faktoren, welche, da die auBeren Lebensbedingungen gleich sind, zweifellos 
in einer verschiedenen „Empfindlichkeit u der betreffenden Organismen 
gegen die Reizwirkung des Zuckers (um vorlaufig diesen Ausdruck bei- 
zubehalten) gesucht werden miissen. Worauf diese verschiedene Em- 
pfindlichkeit zuriickzufiihren ist, laBt sich an Hand des in den Tabellen 
IX—XII aufgefuhrten Stammes E halb erregt naher beleuchten. 

E halb erregt, der spater eingehender besprochen werden soil, ist 
eine zum Teil an die Zerlegung von Laktose angepafite Rasse von Stamm E. 
Um ihn zu gewinnen, entnahm ich einer bei 30° C aufgestellten und 
unter anaerobem VerschluB gehaltenen Laktosepeptonwasserkultur von 
Stamm E nach 3-tagiger Bebriitung eine Oese Material und isolierte 
hieraus mittels des Tuschepunktverfahrens eine einzige Zelle. Die Nach- 
kommenschaft dieser einen Zelle ist die Rasse E halb erregt. Bei 
diesem Organismus muB das neue Enzym, die Laktase, eine gewisse 
Entwicklungsstufe erreicht haben, denn die Tabellen IX—XII zeige. 
daB er, unter gleichen auBeren Bediugungen, sich durchweg in viel kiir- 
zerer Zeit an die Zerlegung von Laktose anpaBt als der Mutterstamm E. 
Wenn nun die Anpassung der beiden Organismen B 4 und Bact. muta¬ 
bile einen mit dem entsprechenden Vorgang bei E halb erregt so 
Obereinstimmenden Verlauf nimmt, wie es aus den Tabellen IX—XII 


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16 


Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 67. Heft 1/2. 


Tabelle IX. 


Verlauf der Aopasenog 



Stamm 

Nacb 1 Tage 

Nach2Tagen 

Nach 3 Tagen 

Nach 4Tagen 

Nach 5Tagen 

Nach 6 Tagen 


E 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

9 


anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

1 « 

E halb er- 

dgl. 

dgl. 

mit der Lupe 

1 

einige Gas- 

Kolonieen 


3 I 

regt 

sichtbare 

blascnen und 

zahlreicher 


o 3 
►cd , 



Kolonieen 

Kol., zum 
Teil steck- 








nadelkopf- 



a 2 

SJ 

ea 

B, 



dgl. 

grofi 

wie vorher 

wie vorher 

Kol. mit 

S a, 






bloBem Auge 








sichtbar 

‘■3 

Bact. muta- 



keine Ver- 

mit bloBem 

Kolonieen 

wie vorher 

0 

bile 



anderung 

Auge sicht- 

groSer 






bare Kol. 


§ 

H 

A 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 


anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

3 

J3 

9 ® 

cc a 

H,§ 

O w 

K 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgL 

Br 



II 



If 









P 

0, 








” 

If 

99 

II 

If 

If 

S3 § 

D 4 

>1 

If 

ft 

If 

If 

If 


M 

If 

99 

99 

If 

If 

If 


Bact.imper- 

»i 

99 

99 

(1 

If 

If 

◄ 

fectum 








Tabelle X. 

Verlauf der Anpassung 



Stamm 

Nach 1 Tage 

Nach 2 Tagen 

Nach 3 Tagen 

Nach 4 Tagen 

1 

Nach 5 Tagen Nach 6 Tagen 


E 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

mit der Lupe 

mit bloBem 

9 


anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

sichtbare 

Kolonieen 

Auge sicht¬ 
bare KoL 

3s 

gs 

. .no 

E halb er- 
regt 

dgl. 

mit bloBem 
Auge sicht- 
bare Kol. 

Kol. zum Teil 
stecknadel- 
kopfgroB, 
einige Gas¬ 
blaschen 

wie vorher 

zahlreiche 

Gasblaschen, 

Kolonieen 

zahlreicher 


Q lL 

1“ 

•fg 


If 

keine Ver- 
anderung 

mit der Lupe 
sichtbare 
Kolonieen 

Kol. wie vor¬ 
her, einige 
Gasblaschen 

mit bloBem 
Auge sicht¬ 
bare Kol. 

Kol. gr&Ber 
u.zahlreicher 
viele Gas¬ 
blaschen 

© 

•H 

no 

a 

< 

Bact. muta- 
bile 

If 

mit bloBem 
Auge sicht- 
bare Kol. 

wie vorher 

Kolonieen 

grower 

einige Gas- 
bl&schen, 
Kol. groBer 

Original from 

wie vorher 


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URBANA-CHAMPAI6N 











Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 
Tabelle IX. 


17 


bei 20° C von 


Nath 7 Tagen 

Nach 8 Tagen 

Nach 9 Tagen 

Nach 

10 Tagen 

Nach 

15 Tagen 

Nach 

20 Tagen 

Nach 

30 Tagen 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

1 

keine Ver- 

keine Ver- 

mit blofiem 

Kol. grofier, 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

Auge eicht- 
bare Kol. 

zum Teil 
stecknadel- 
kopfgrofi 








wie vorher 

Kol. grbfler, 
2 Gasblas- 
chen 

~ 

— 

— 


— 

wie vorher 

Kolonieen 

grofier 

_ | 

— 



— 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

mit blofiem 
Auge sicht- 
bare Kol. 

Kolonieen 

grofier 

Kol. zum Teil 
etecknadel- 
kopfgrofi 

>1 

” 

M 

99 

keine Ver- 
anderung 

mit blofiem 
Auge eicht- 
bare Kol. 

dgl. 

)» 

99 

99 

19 

dgl. 

dgl. 

If 

II 

99 

99 

” 

If 

I» 

«! 

99 

99 

99 

» 

If 

If 

P 

99 

» 

i 

99 

If 

11 

If 

II 


Tabelle X. 

bei 25° C von 


Nach 7 Tagen 

Nach 8 Tagen 

Nach 9 Tagen 

Nach 

10 Tagen 

Nach 

15 Tagen 

Nach 

20 Tagen 

Nach 

30 Tagen 

wie vorher 

Kolonieen 

gTdfier 

einige Gaa- 
blaschen. 
sonst wie 
vorher 

Kol. zahl¬ 
reicher, viele 
Gasblaschen 

— 

— 

— 








— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

zahlreiche 

Gasblaschen, 

Kolonieen 

zahlreicher 

— 

— 

— 

— 


— 


Errte Abt. _Orig. Bd. 67. 

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Heft 1/2. 


— 

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URBANA-CHAMPAIGN 










1 


18 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 67. Heft 1/2. 



Stamm 

Nach 1 Tage Nach 2Tagen 

Nach 3Tagen 

Nach 4Tagen 

7 

Nach 5Tagen 

Nach6Tagen 

o 

A 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

a& 

O 

t- 


anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

08 

K 

dgl. 

dgL 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

*1 








C :s3 

g5 

Br 

” 

>1 

II 

II 

II 

II 

Is 








Mi 

o. 

»> 

II 

II 

II 

II 

II 

u cl 
© □ 
n: g 

d 4 

II 

II 

II 

♦ 1 

II 

II 

© 

M 

!» 

II 

II 

II 

II 

II 

~c 

Bact. imper- 

II 

II 

II 

II 

II 

>. 

c 

fee turn 








Tabelle XI. 


Verlauf der Anpaseung 


08 

JD 

ca 

08 

CL 

c 

08 


2 

$ 

a 

g- 


c 

E 


© 

S3 

.£ 

'S 

C 

< 


© 

/. 

o 

h 

c8 

O 

I 

Xi 

§* 
►: 

fcfi < 
c * 


© 

*5 

E 



Stamm 

Nach 1 Tage 

Nach2Tagen 

Nach 3Tagen 

Nach 4Tagen 

Nach5Tagen 

Nach 6Tagen 

j 

L 

E 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

mit der Lupe 
sichtbare 
Kolonieen 

einige Gas¬ 
blaschen und 
mit bloflem 
Auge sicht- 
bare Kol. 

zahlreiche 

Gasblaschen, 

Kolonieen 

grofler 

Agarsaule v. 
Gas zerrissen 
getriibt, Kol 
zahlreicher 

© 

1 £ 

1 s 

E halb er- 
regt 

dgl. 

Agarsaule v. 
Gaszerrissen, 
Kol. mit 
blofiem Auge 
sichtbar 

wie vorher 

Kol. grofler, 
Nahrsubstrat 
getriibt 

wie vorher 


:o8 

D® 

0 


II 

mehrere 

Gasblaschen 

Agarsaule v. 
Gas zerrissen, 
Kol. mit 
bloflem Auge 
sichtbar 

wie vorher 

Nahrsubstrat 
getriibt, Kol. 
nicht grofler 

wie vorher 


Bact muta- 
bile 

II 

mit bloflem 
Auge sicht- 
bare Kol. 

einige Gas¬ 
blaschen, 
Kolonieen 
grofler 

wie vorher 

zahlreiche 

Gasblaschen, 

Nahrsubstrat 

getriibt 

Kol. uicht 
weeentlich 
grofler 


A 1 ) 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

© 

£ 

£ 

K 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

mit bloflem 
Auge sicht¬ 
bare Kol. 

Kolonieen 

grofler 

35 

D ® < 

Br 

I* 

II 

II 

II 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

c5 

jg 

cs 

ce 

CL 

c 

o, 

D 

II 

II 

II 

II 

dgl. 

dgl. 

cS 


II 


II 

II 

II 

II 


M 

II 

II 

» 

II 

II 

II 


Bact imper- 
fectum 

II 

II 

II 

II 

II 

If 


1) Die minimale Anpassungstemperatur von Stamm A 

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liegt bei 26—27° C. 

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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


19 


Nach 7 Tagen 

Nach 8 Tagen 

Nach 9 Tagen 

1 

Nach 

10 Tagen 

Nach 

15 Tagen 

Nach 

20 Tagen 

Nach 

30 Tagen 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

mit blofiem 

wie vorher 

Kolonieen 

wie vorher 

Kol. zum Teil 

— 

— 

Auge sicht- 


grofier 


stecknadel- 



bare Kol. 



kopfgrofi 



keine Ver- 

mit der Lupe 

mit blofiem 

wie vorher 

Kolonieen 

_ 

— 

anderung 

aichtbare 

Auge sicht- 


grofier 




Kolonieen 

bare Kol. 





dgL 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

— 

— 

n 

99 

99 

99 

99 

" ' 


99 

1) 

99 

99 

99 

— 

— 




Tabelle XI. 




bei 30° C v 

on 






Nach 7 Tagen Nach 8 Tagen 

i 

Nach 9 Tagen 

Nach 

10 Tagen 

Nach 

15 Tagen 

Nach 

20 Tagen 

Nach 

30 Tagen 

wie vorher 

wie vorher 

wie vorher 

aufier d. erst 
entstandenen 
Kol. unzah- 
liche m. Lupe 

— 

— 

— 




sichtbare 

• 




keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

mit blofiem 

Kolonieen 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

Auge sicht- 

grofier 



bare Kol. 


wie vorher 

Kolonieen 

Kol. zum Teil 

— 

— 

— 

— 


grofier 

stecknadel- 






kopfgroS 





mit der Lupe 

mit blofiem 

Kolonieen 

Kolonieen 

— 

— 

— 

aichtbare 

Auge sicht- 

grofier 

grofier 




Kolonieen 

bare Kol. 





dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

— 

— 

— 

99 

99 

99 

99 

— 



99 

9> 

99 

99 



_ 

99 

99 

99 

99 





2 * 

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An die Zerlegung von Saccharose an- An die Zerlegung von Laktose 
pa Cl bare Stamme anpafibare Stamme 


20 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


Tabelle XII. 


Verlauf der Anpassung 


Stamm 


E 


E halb er- 
regt 


B 4 

Bact. muta- 
bile 

A 


K 


Br 


0 , 

*> 4 

M 

Bact. imper- 
fecturn 


Nach 1 Tage 

Nach2Tagen 

Nach 3Tagen 

Nach 4 Tagen 

Nach 5 Tagen 

Nach b Tage:. 

keine Ver- 
anderung 

zahlreiche 

Gasblaschen 

Agarsaule v. 
Gas zerrissen, 
Kol. mit der 
Lupesichtbar 

Nahrsubstrat 
getriibt, Kol. 
nicht groSer 

Kol. mit 
blofiem Auge 
sichtbar 

wie vorher 

dgl. 

Agarsaule v. 
Gas zerrissen, 
zahlreiche 
kleinste 
Kolonieen 

wie vorher 

wie vorher, 
Nahrsubstrat 
triibe 

wie vorher 

Kol. nicht 
g roller 

U 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

keine Ver- 
anderung 

einige Gas¬ 
blaschen 

wie vorher 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keine Ver- 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

anderung 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

mit der Lupe 
sichtbare 
Kolonieen 

mit blofiem 
Auge sicht¬ 
bare Kol. 

Kolonieen 

grofier 

II 

II 

II 

keine Ver- 
anderung 

mit der Lupe 
sichtbare 
Kolonieen 

mit blofiem 
Auge sicht¬ 
bare KoL 

If 

» 

>• 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

II 

II 

♦ 1 

II 

II 

»> 

II 

II 

II 

II 

II 

*1 

II 

II 

” 

II 

II 

y* 


hervorgeht, und sich — trotz Aufhebung storender SuBerer Einflflsse — 
nicht wie bei E abspielt, so deutet dieses zweifellos darauf hin, daB wir 
es bei B 4 und Bact. mutabile mit Organismen zu tun haben, in deren 
Plasma das neue Enzym ebenfalls eine gewisse Entwicklungsstufe erreicht 
hat, also schon vorhanden sein muB. Und analog liegen dann offenbar 
die Verhaltnisse bei den Saccharose fakultativ vergarenden St&mmen, 
wo A bei seiner Minimalanpassungstemperatur (27 °) l&ngere Zeit fiir die 
Ausbildung von Invertase verbraucht als die Stamme Br, 0, D 4 , M und 
Bact. imperfectum bei ihrer Minimaltemperatur (20°). 

Diese Beobachtungen auf das verschiedene Verhalten von Bact. 
imperfectum und Bact. mutabile flbertragend, muBte demnach 
angenommen werden, daB nicht eine leichtere Angreifbarkeit der Laktose 
Oder eine beschleunigte Wirkung der Temperatur in erster Linie die 
schnellere Anpassung von Bact. mutabile gegeniiber Bact. imper¬ 
fectum bewirke. Das Hauptgewicht ware vielmehr auf die weiter vor- 
geschrittene Entwicklung der in den Mutabile-Zelleu enthaltenen 
„Prolaktase“, als der „Proinvertase tt der Imperfectum-Zellen zu legeu. 


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T hay sen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


21 


Tabelle XU. 

bei37° C von 


Nach 7Tagen 

Nach8Tagen 

Nach9Tagen 

Nach 

10 Tagen 

Nach 

15 Tagen 

Nach 

20 Tagen 

Nach 

30 Tagen 

wie vorher 

Kol. nicht 







grofier 






wie vorher 

wie vorher 

wie vorher 

wie vorher 

wie vorher 

wie vorher 

wie vorher 

keine Ver- 

keine Ver- 

zwei mit der 

wie vorher 

die beiden 

die beiden 


anderung 

anderung 

Lupe sicht- 


Kol. mit 

Kol. steck- 




bare Kol. 


bloQem Auge 

nadelkopf- 






sichtbar 

grofl, auSer- 







dem mehrere 







kleine 


Kolonieen 

Kol. zum Teil 

_ 

_ 

_ 

_ 

- 

grofler 

stecknadel- 







kopfgroS 






dgl. 

Kolonieen 

Kol. zum Teil 

_ 

— 

— 

— 


grttSer 

stecknadel- 







kopfgroS 





99 

l> 

dgl. 

99 

dgl. 

99 

— 

: 

1 

— 

>> 

99 

99 

99 

99 

99 

— 

_ 

— 

— 


EinfluB des raolekularen Sauerstoffs auf den Anpassungs- 
vorgang und Bedeutung des von den fakultativzerlegbaren 
Zuckerarten ausgehenden Kontaktreizes. 

Im Anschlufi an die vorhergehenden Erorterungen soli liier ein Ver- 
such niitgeteilt werden, der angestellt wurde, um die Bedeutung des 
freien Sauersoffs fiir den besprochenen Anpassungsvorgang festzustellen. 
Es handelte sich darum, zu entscheiden, ob die Gegenwart von moleku- 
larem Sauerstoff, oder besser gesagt, moglichst aerobe Lebensbedingungen 
die Anpassung verhindern konnten. 

Uni den Testbakterien solche Lebensbedingungen zu verschaffen, 
muBte ick mich nach einem Ziichtungsverfahren umsehen, das dem 
Sauerstoff ungehinderten Zutritt zu den eiuzelnen Keimen gestatten 
wurde. Hierzu eignete sich offenbar ein fliissiges Niihrsubstrat am besten, 
weil es den Zellen voile Bewegungsfreiheit gestattet und ihnen dadurch 
ermoglicht, ihre positive Aerotaxie zu befriedigen. Eine Forderung, die 
weiterhin an das Zuchtungsverfahren gestellt werden muBte, bestand 
darin, Bedingungen zu schaffen, welche imstande waren, das Auftreteu 
anaerober Verbaltnisse in den tieferen Schichten des Zuchtungsmediums 


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22 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


zu verhindern. Mit diesen Forderungen vor Augen wahlte ich als 
Nahrsubstrat ein 2-proz. Peptonwasser 1 2 ), dem die fakultativ zerlegbaren 
Zuckerarten in 2-prozentiger Ivonzentration zugesetzt waren, und als 
ZuchtungsgefaBe gewohnliche Petri-Schalen. Um ein zu rasches Ver- 
dampfen der in ihnen enthaltenen Fldssigkeit zu verhindern, brachte ich 
sie nach der Impfung in eine groBere Glasschale, deren Boden mit 
feuchtem Filtrierpapier bedeckt war. Gepriift wurde das Verhalten der 
Stfimme Br und Bact. imperfectum in saccharosehaltigem und B 4 
nebst E in laktosehaltigem Nahrsubstrat, und zwar in folgender Weise. 
8 ccm des Substrates wurden in eine sterile Petri-Schale gegossen und 
mit Material einer 24-stiindigen Kultur des betreffenden Organismus ge- 
impft. Die verscbiedenen Schalen kamen sodann in die Thermostaten, 
und zwar die Br und Bact. imperfectum enthaltenden bei 30° C, 
die E und B 4 enthaltenden bei 27 0 C. Je 6 Uhr abends und 8 Uhr 
morgens wurde aus den zuletzt geimpften Schalen eine kleine Oese 
= 0,004 ccm Material in Schalen mit frischem Nahrsubstrat ubertragen, 
um zu verhindern, daB die Zahl der in einer Schale vorhandenen Keime 
so anzuwachsen imstande war, daB sie nicht alle in Kontakt mit dem 
Sauerstoff der Luft kommen konnten. In dieser Weise wurden die vier 
Stamme unter dem EinfluB des Sauerstoffes 11 Tage mit dem betreffenden 
fakultativ vergSrbaren Zucker in BerOhrung gelassen. Nach dieser Zeit 
wurde das Ueberimpfen abgebrochen und Material aus den zuletzt auf- 
gestellten Schalen auf gewohnlichen Schragagar gebracht. Die hierauf 
entstandenen Kulturen wurden auf Einzellkulturen verarbeitet; die so 
gewonnenen Reinkulturen in Saccharose- (Br und Bact. imperfectum) 
und Laktosepeptonagar-Schiittelkulturen (E und B 4 ) ausgesat und diese 
bei 30° bezw. 23° C aufgestellt. Nach 48 Stunden zeigten die Schuttel- 
kulturen von E und B 4 das Bild einer beginnenden Vergarung, indem 
das Substrat von zahlreichen Gasblaschen durchsetzt war. Hier hatte 
sich also die Anpassung, allerdings mit einiger Verzogerung, abgespielt. 
In den Kulturen von Br und Bact. imperfectum waren dagegen 
erst nach 6 Tagen vereinzelt stecknadelkopfgroBe Kolonieen entstanden, 
ein Zeichen, daB eine Anpassung nicht stattgefunden hatte. Da ich ver- 
mutete, daB die haufigen Uebertragungen in frisches Nahrsubstrat und 
nicht etwa der reichliche Sauerstoffzutritt das teilweise Ausbleiben der 
Anpassung verursacht haben konnte, iiberimpfte ich zur Kontrolle eine 
Kultur von Stamm E, die in gleichem Nahrsubstrat wie oben und bei 
gleicher Temperatur, aber anaerob gehalten wurde, in ahnlichen Inter- 
vallen wie oben. Ich benutzte hierfiir die von Ktirsteiner*) (14) be- 
schriebenen Reagensglasreihen, die mit dem oben erwahnten Nahrsubstrat 
beschickt und nach der Impfung mittels alkalischer Pyrogallollosung 
sauerstofffrei gemacht wurden. Tatsachlich machte sich nun auch in 
diesem Falle eine ganz ahnliche Verzogerung in der Anpassung geltend, 
obwohl hier nicht das Vorhandensein des Luftsauerstoffes den Vorgang 
hat beeinflussen konnen. Wir sind somit gezwungen, das teilweise Aus¬ 
bleiben der Anpassung mit den haufigen Ueberimpfungen in frisches 
Nahrsubstrat in Zusammenhang zu bringen, welcher Zusammenhang sich 

1) Pepton „Witte“ 2 Proz., Kochsalz 0,8 Proz., in destilliertem Waaser gelost. 
Hierzu fur die an Laktose anpaSbaren Stamme 2 Proz. Milchzucker, fiir die an Sac¬ 
charose anpaBbaren 2 Proz. Rohrzucker. Das Nahrsubstrat wurde zu 8 ccm in Reagens- 
glascr abgefullt und vorsichtig sterilisiert. 

2) Herr Dr. Kiirsteiner hatte die Liebenswiirdigkeit, mir die notigen Glaser 
zur Verfiigung zu stellen. 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


23 


bei weiterer Betrachtung als ein Befund von nicht zu unterschStzender 
Bedeutung erwiesen hat. 

Wenn ich im folgenden etwas naher auf diese VerhSltnisse eingehe, 
so geschielit es in erster Linie, um auf die Forderung von Fragen 
gSrungstheoretischer Natur hinzuweisen, welche uns ein eingehenderes 
Studium der Anpassung bieten kann. ZunSchst mochte ich der besseren 
Uebersicht wegen rait einigen Worten auf zwei einander gegeniiber- 
stehende Anschauungen bezuglich des Zusammenhanges von Wachstum 
und GSrung eintreten. Vor kurzem hat Otto Rahn (15) in einem 
Aufsatz iiber die StundengSrleistung von Bact. lactis acidi die An- 
sicht vertreten, daB Garung und Wachstum der Garungsorganismen zwei 
einander ergSnzende, demnach untrennbare Vorgange seien, und daB das 
Wachstum proportional mit der Garung — die Energiequelle fur die 
Weiterentwicklung — zu- und abnehme. Demgegeniiber wird von vielen 
Seiten behauptet, daB der Lebenszyklus der GS.rungserreger in zwei Sta- 
dien zerfalle, ein vegetatives und ein darauf folgendes fermentatives, in 
welch’ letzterem das Wachstum mehr oder weniger in den Hintergrund 
tritt, wShrend umgekehrt die Garung im vegetativen Stadium nicht oder 
nur begrenzt eingesetzt hat. Nach dieser Auffassung wSren Wachstum 
und GSrung als zwei zum Teil getrennt verlaufende Prozesse anzusehen, 
bei welchen eine Beeinflussung des einen den anderen nicht in alien 
Fallen in Mitleidenschaft zu ziehen brauchte. Eine entscheidende Beweis- 
fiihrung zugunsten einer dieser Annahmen ist, wie auchRahn bemerkt, 
auf direktem Wege, durch Studium der Garung selbst, kaum moglich, 
denn unsere chemischen Methoden sind durchgehend zu wenig genau, 
um die geringen Mengen der in den ersten Wachstumsstadien einer 
frischen Kultur eventuell gebildeten Garungsprodukte quantitativ zu be- 
stimmen. Es ist deshalb, wie schon hervorgehoben, von groBtem Inter- 
esse, daB wir in der Anpassung der fakultativ vergarenden Bakterien eine 
Lebenserscheinung vor uns haben, die den gleichen Gesetzen gehorcht, 
ich meine, in gleicher Weise auf Einflusse reagiert, wie die typische 
Garung, so daB wir Beobachtungen, z. B. solche iiber die Beziehungen 
zwischen Anpassung und Wachstum, welche wir bei der Umwandlung 
der in Frage kommenden Bakterien feststellen, direkt auf die typischen 
GSrungserscbeinungen iibertragen diirfen. Die Frage nun, ob denn 
wirklich der fragliche Anpassungsvorgang einen giinstigeren Ausgangs- 
punkt fur die Feststellung solcher Beobachtungen darstelle, als die 
typische GSrung, kann nur bejahend beantwortet werden. Man bedenke, 
daB jede VerzOgerung, jede Beschleunigung der Anpassung sich in dem 
nachtrSglichen Verhalten der in Betracht kommenden Organismen dem 
fakultativ zerlegbaren Zucker gegeniiber kundgeben muB, so daB wir 
gewissermaBen die Organismen selbst als Indicator fur stattgefundene 
VorgSnge verwerten konnen und nicht, wie bei der GSrung, auf unzu- 
reichende chemische Methoden als Hilfsmittel fur ihre Feststellung ab- 
zustellen brauchen. Es werden z. B. Organismen, die in ihrer Anpas¬ 
sung behindert werden, sich nicht in der normalen Zeit zu VergSrern 
des fakultativ zerlegbaren Zuckers ausbilden k6nnen. Ich erinnere an 
den oben erwShnten Versuch iiber den EinfluB des Luftsauerstoffes auf 
die Anpassung. Umgekehrt werden aber solclie Zellen, die unter be- 
sonders gunstigen Bedingungen bezuglich der Anpassung standen, die 
verschiedenen Phasen der Umwandluug um so schneller durchlaufen. 
Man denke nur an den EinfluB der Temperatur auf den Verlauf der 
Anpassung. 


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24 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Es fragt sich nur noch, ob wir berechtigt sind, von den Garungs- 
erscheinungen eines Mikroorganismus, der sich beziiglich des betreffenden 
Garungsvorganges im Stadium der Anpassung befindet, Schlflsse zu 
ziehen auf den Garungsvorgang eines typischen Garungserregers. 

Ich sagte oben, daB der Anpassungsvorgang in gleicher Weise auf 
auBere Einflusse reagiert wie die typische Garung, eine Behauptung, die 
sich an Hand der untenstehenden graphischen Skizze naher prazisieren 
laBt. Die Figur ist nach der Tabelle auf p. 335 in Burris Abhandlung: 
„Ueber scheinbar plotzliche Neuerwerbung eines bestimmten Garungs- 
vermogens etc.“, Centralbl. f. Bakt., Abt. 2, Bd. 28 konstruiert. Wie in 
der Einleitung dieser Arbeit hervorgehoben wurde, konnte Burri zeigen, 
daB der Anpassungsvorgang als eine allmahlich sich steigernde Fahigkeit 
zur Spaltung des fakultativ vergarbaren Zuckers aufgefaBt werdeu muB, 
und- zwar deshalb, weil man je nach der Einwirkungsdauer des fakultativ 

zerlegbaren Zuckers Zwi- 
schenformen mit verschie- 
den erregtem Garungsver- 
mogen isolieren kann. In 
dem nebenstehenden Ko- 
ordinationssystem sind nun 
auf der Ordinate die ver- 
schiedene Zeitdauer, wah- 
rend welcher der anpaBbare 
Organism us (Bact. im- 
perfectum), hier mit „a w 
bezeichnet, mit dem fakul¬ 
tativ zerlegbaren Zucker 
in Beruhrung war, aufge- 




tragen, auf der Abszisse 
die Zeit, nach welcher die 
.I 05 S Zwischenformen „b“, „c u , 
„d u , „e“ und „f u bei Aus- 
® saat in ein Nahrsubstrat mit 
^ 1^ dem fakultativ zerlegbaren 
w Zucker diesen unter Ver- 


garung zerlegen konnte. 

Von dem ursprunglichen Typus „a“, der noch nie mit dem fakultativ 
zerlegbaren Zucker in Beruhrung war, bis zu derjenigeu Form („f u ), bei 
der die Anpassung sich vollzogen hat, und die den Zucker unter nor- 
malen Garungserscheinungen zu zerlegen vermag, haben wir also eine 
geradlinige Steigerung einer Eigenschaft, die Fahigkeit zur Spaltung 
des betreffenden Zuckers. In diesem System mussen die Krafte, die den 
Uebergang von „a u in „b“ beherrschen, auch diejenigen sein, die den 
Uebergang von „b“ in „c“, von „c u in „d“, von „d a in „e tt und von „e“ 
in „f u bewirken. Die Fahigkeit zur Zuckerspaltung muB also in alien 
ihren Entwickelungsstadien den gleichen Kraften unterworfen sein, so 
daB Einflusse, die den Anpassungsvorgang behindern oder be- 
schleunigen, ebenfalls Hindernisse oder Forderungsmittel der Garung 
sein mussen. 


Von diesem Gesichtspunkte aus gewinnt der weiter oben besprochene 
Versuch, welcher den EinfluB des Luftsauerstoffs auf den Anpassungs¬ 
vorgang behandelte, an Interesse. Wir haben dort eine Verzbgerung 
der Anpassung feststellen kounen, die nach der Annahme Rah ns u. a. 



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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


25 


Hand in Hand mit einer Verlangsamung des Wachstums hatte gehen 
sollen. Dieses ist aber von vornherein ausgeschlossen. Man bedenke 
nur, daB die Versuchsorganismen wahrend 24 Stunden zweimal in friscbes 
Nahrsubstrat Qberimpft wurden, und daB die 12 Stunden alten Kulturen 
immer kraftig getriibt wareu. Nicht eine Verlangsamung, sondern im 
Gegenteil eiue kraftige Beschleunigung der vegetativen Vermehrung 
hatte sich Hand in Hand mit einer Verzogeruug der Anpassung abge- 
spielt. Wir konnen daraus schliefien, daB die Anpassung resp. Garung 
nicht in alien Fallen dem Wachstum parallel verlauft, und daB die Auf- 
fassung Rah ns u. a. jedeufalls einer gewissen Einschrankung unter- 
liegen muB. 

Ich mochte jetzt der anderen Anschauung nahertreten und ver- 
suchen, ob sich diese vielleicht mit den von mir gemachten Beobach- 
tungen besser in Einklang bringen lasse. Es wird, wie schon bemerkt, 
von den Anhangern dieser Anschauung behauptet, daB der Lebenszyklus 
eines Garungserregers mit einem vegetativen Stadium anfange, in welchem 
die Gartatigkeit noch nicht eingesetzt hat. Erst allmahlich soil die 
Spaltung von Kohlehydraten beginnen, und zwar unter gleichzeitiger 
mehr oder weniger ausgepragter Abnahme des Wachstums. Mit dem 
Auftreten der Garung ist der Organismus dann in das zweite, das 
fermentative Stadium eingetreten. Was zu dieser Theorie Veranlassung 
gegeben hat, vermag ich nicht zu entscheiden. Ich glaube aber, daB 
— wie auch Rahn hervorhebt — das sogenaunte Inkubationsstadium 
der Milch nicht unwesentlich dazu hat beitragen konnen. Uebrigens ist 
es ja eine taglich im Laboratorium zu beobachtende Erscheinung, daB 
sichtbare Garung erst dann eintritt, wenn die Kultur eines Garungs- 
organismus — sei es eine Hefe- oder Bakterienart — ein gewisses Alter 
erreicht hat. 

Vergegenwartigen wir uns einmal die Verhaltnisse, wie sie sich etwa 
bei einem in Traubenzuckerbouillon ausgesaten Bact. coli commune 
gestalten konnten. Es sei beispielsweise anfangs eine Zelle in das Sub- 
strat eingesat worden. Die reichlich vorhandenen Nahrstoffe werden 
dieser Zelle Gelegenheit zur Weiterentwicklung geben, sie wird sich ver- 
groBern und schliefilich in zwei Halften zerfallen, von denen jede die 
Halfte des mfltterlichen Plasmas und damit gleichzeitig aller miitter- 
lichen Inhaltsstoffe (darunter auch des dextrosespaltenden Enzyms) in 
sich aufnehmen, wenn wir voraussetzen, daB diese Stoffe im miitterlichen 
Korper gleichmaBig verteilt waren. Entspricht nun die Enzymmenge, 
die in jeder der Tochterzellen vorhanden ist, auch derjenigen der ur- 
sprflnglichen Mutterzelle? Bei dieser scheinbar so einfachen Frage 
miissen wir offenbar haltmachen und von ihr ausgehen, urn uns ein Bild 
der Verhaltnisse, wie sie die zwei Anschauungen voraussetzen, zu ver- 
schaffen. Man stelle sich zunachst vor, daB die Tochterzellen tatskchlich 
die gleiche Menge Enzym wie die Mutterzelle enthalten. In diesem Falle 
sind die Verhaltnisse sofort iibersichtlich. Wie die Mutterzelle zwei 
Zellen, jede mit der ursprflnglichen Enzymmenge schuf, so werden auch 
diese Abkommlinge erzeugen, von denen jeder den gewdhnlichen Enzyra- 
gehalt besitzt. So wird sich proportional mit der Zunahme von Zellen 
mehr Enzym bilden, und diese Zunahme wird bewirken, daB die Ver- 
garung mit dem Aelterwerden der Kultur kraftiger, makroskopisch sicht- 
bar wird. Die Zuckerspaltung hat aber in diesem Falle schon beim 
Heranwachsen der ersten Zelle stattgefunden, denn auch sie besaB vou 
Anfang an die gleiche, fUr eine Garung erforderliche Enzymmenge, wie 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


sie m den Zellen der spateren Generationen, bei denen wir eine Gfirung 
feststellen konnen, vorhanden ist. 

Wenn aber der Enzymgehalt der Mutterzelle sich bei ihrer Teilung 
durch „besondere Beeinflussung tt bedingt, nicht so weit hat anreichern 
konnen, daB jede der Tochterzellen die urspriingliche Menge bekommt, 
dann ist die zweite Anschauungsweise eher geeignet eine befriedigende 
Erklarung der tatsachlichen Verhaltnisse zu geben. Das in den Tochter¬ 
zellen vorhandene Enzym wird, wenn die gleiche Beeinflussung immer 
wirkt, in jeder Zelle der kommenden Generationen noch mehr abnehmen, 
so daB wir beim Heranwachsen der Kultur schlieBlich eine enzymarme 
Generation erhalten, die wegen zu geringen Enzymgehaltes nicht be- 
fahigt ist, den Zucker anzugreifen und zu zerlegen. Erst wenn die an- 
genoramene „besondere Beinflussung 44 aufgehoben wird, werden diese 
Generation und ihre Nachkommen in die Lage versetzt, den ursprflng- 
lichen, normalen Enzymgehalt wiederherzustellen, und von dem Zeit- 
punkt an, wo dieses geschehen ist, tritt Garung ein. In der angegebenen 
Weise wfirde der GarungsprozeB nicht nur makroskopisch, also an- 
scheinend, sondern tatsachlich in zwei Stadien zerfallen, ein vegetatives, 
wahrend dessen die besondere Beeinflussung wirkt, und ein fermen- 
tatives Stadium, in welchem der normale Enzymgehalt der Zellen wieder 
hergestellt ist. 

Es fragt sich nun, ob es denn gelinge, eine solche „besondere Be¬ 
einflussung 44 nachzuweisen und zu schaffen. Ware dieses moglich, dann 
mfiBten wir in der Lage sein. eine nachweisbare Trennung von Wachs- 
tum und Garung zu bewirken, indem wir die eine dieser Lebeusfunk- 
tionen steigern, unter gleichzeitiger Zurfickdrangung der anderen. Und 
durch eine derartige indirekte Beweisffihrung hatte dann wiederum die 
zweite Anschauung zumindesteu sehr an W'ahrscheinlichkeit gewonnen. 
Fiir die Anpassutig, die, wie ich oben hervorhob, als ein mit der Garung 
identisch verlaufender Vorgang anzusehen ist, kann der Beweis als ge- 
liefert betrachtet werden. Ich zeigte in dem betreffenden Versuch, daB 
eine beschleunigte Vermehrung Hand in Hand mit einer Verlangsamung 
der Anpassung gegangen war, und wies dadurch nach, daB diese zwei 
Lebenserscheinungen als getrennt verlaufende Vorgange auseinander- 
gezogen werden konnen. Daraus folgt, daB wir in der Moglichkeit be- 
schleunigten W 7 achstums eine solche „besondere Beeinflussung 44 zu er- 
blicken batten, durch welche wir imstande waren, die Anpassung und 
somit auch die Garung von dem W'achstum zu trennen. 

Beschleunigte Vermehrung eines Organism us l&Bt sich ganz allge- 
mein durch Ziichtung unter den optimalsten Bedingungen hervorrufen, 
d. h. durch Darbietung gunstiger Nahrstoffe, giinstiger Temperatur und 
Entfernung gebildeter Stofl’wechselprodukte. Dieses war der Fall in 
dem schon mehrmals erwihnten Versuch fiber den EinfluB des Luft 
sauerstoffs auf den Verlauf der Anpassung. Hier waren immer geeignete 
Nahrstoffe (Pepton) vorhanden, die Temperatur war konstant und zu- 
sagend und — worauf ich besonderes Gewiclit legen mochte — die 
Stoffwechselprodukte wurden durch die haufigen Ueberimpfungeu in 
frisches Niihrsubstrat ferngehalten. Ganz analoge Verhaltnisse treffen 
wir aber in jeder frischen, mit wenig Material geimpfteu Kultur oder, 
urn bei dem frfiheren Beispiel zu bleiben, in der mit einer Coli-Zelle 
geimpften Traubenzuckerbouillonkultur. Hier sind anfangs auch keine 
Stoffwechselprodukte. dagegen reichliche Nahrstoffe und andere gfinstige 
Entwickelungsbedingungen vorhanden, und die Folge wird offenbar sein, 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


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daB die vegetative Vermehrung beschleunigt, die Garung dagegen vor- 
laufig zuriickgedrangt wird. Ich mochte dieses init ein paar Zahlen aus 
einer Arbeit von Thoni (16) nSher beleuchten. Thoni hatte Versuche 
angestellt, um die Saurebildung in jungen Kulturen verschiedener Milch- 
saurebakterien festzustellen. 


Tabelle XIV. 



bei: 25° 

30° 

35° 

Saure¬ 

grad 

Zahl der in 

1 ccm Kultur 
enthaltenen 
Organismen 

Saure¬ 

grad 

Zahl der in 

1 ccm Kultur 
enthaltenen 
Organismen 

Saure- 

grad 

Zahl der in 

1 ccm Kultur 
enthaltenen 
Organismen 

nach 24 Std. 

0 

7000 

0 

7 500000 

4,5 

18 750000 

„ 48 „ 

1 

3 000000 

3 

4 500000 

10 

15 000 000 

„ 72 „ 

3 

5 000000 

6 

3 500 000 

13 

12 500 000 


In der obenstehenden Tabelle sind die Daten fiir Bact. casei e 
verzeichnet. In alien Versuclisreihen wurde die gleiche Menge Substrat 
init der gleichen Menge von Zellen geimpft, und dock sind ganz ver- 
schiedene Resultate erhalten worden. In der ersten Kolumne haben 
7000 Zellen bei 25° nach 24 Stunden keine nachweisbare Sauremenge 
produziert. Diese 7000 Zellen haben sich in weiteren 24 Stunden zu 
3 Mill, verinehrt und dabei 1° S&ure erzeugt. Bei 30°, die eine fiir 
den Organismus gunstigere Temperatur darstellt, hatte die Zahl der 
ausgesaten Keime sich in 24 Stunden zu 7500000 vergroBert und diese 
7,5 Mill.! hatten noch keine S&ure gebildet. Nach weiteren 24 Stunden 
ist ihre Zahl auf 4,5 Mill, zuriickgegangen, wahrend nunmehr der Saure- 
grad 3 betragt. Und in noch weiteren 24 Stunden hat ihre Zahl noch 
weiter abgenommen, der Sauregrad aber weiter zugenoinmen. Bei 35° 
endlich, die die Optimaltemperatur von Bact. casei e sein diirfte, 
haben die Organismen sich in 24 Stunden zu 18,75 Mill, vermehrt, eine 
Zahl, die in den folgenden Tagen kleiner wird, ohne daB das Fort- 
schreiten der Sdureraenge behiudert, viel weniger denn gehemmt wird. 

Diese Resultate lassen sich nicht durch die erste Anschauung allein 
erklaren. Waren Wachstum und Garung hier gleichzeitig verlaufen, 
dann hatte in dem Falle, wo die ausgesdten Zellen sich in 24 Stunden 
zu 7 Mill, vermehrten, viel mehr Saure gebildet werden mtissen, als 
dort, wo 7000 Zellen sich in 24 Stunden zu 3 Mill, vermehrten. Nehtnen 
wir dagegen die zweite Theorie zu Ililfe, dann werden die Verhaltnisse 
klar. In der zweiten Kolumne haben wir gegeuiiber der ersten giin- 
stigere Entwickelungsbedingungen, denn die Temperatur ist eine zu- 
sagendere. Die Wirkung ist auffallig. Die Vermehrung ist hier eine 
zehnfach schnellere geworden, ohne daB die Garung beschleunigt worden 
ist. Die zwei Funktionen sind mit auderen Worten durch die giin- 
stigeren Lebensbedingungen auseinandergezogen worden. Die Zahlen 
der dritten Kolumne iassen sich in diesem Falle nicht verwerten, denn 
hier ist die Vermehrung eine so rapide, daB dasjenige, was sich in den 
iibrigen Fallen in 48 Oder sogar 72 Stunden abspielt, hier in 24 Stunden 
abgeklungen ist. Immerhin laBt sich auch hier ersehen, daB die Siiure- 
bildung zu-, die Wachstumsgeschwindigkeit aber gleichzeitig abnimmt. 
Betrachten wir die erste Kolumne fiir sich, dann haben wir in der Tat 
eine parallel verlaufende Steigerung der beiden Funktionen, wie sie auch 
Rahn in seinen Versuchen beobachtet hatte. Aber auch diese Tatsache 
laBt sich ganz gut mittels der zweiten Anschauung erklaren. Die Tem- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


peratur ist hier eine fiir ein beschleunigtes Waehstum ungunstige, so 
daG die besondere Beeinttussung, die die beiden Funktionen hiitte trennen 
sollen, tats&chlich nicht vorhanden ist. Die Folge wird natiirlich sein, 
daB jede Mutterzelle vor ihrer Teilung Zeit genug hat, um so viel 
Enzym zu produzieren, daB ihre beiden Tochterzellen je den normalen 
Enzymgehalt erhalten kann, wodurch dann fiir Waehstum und Saure- 
produktion bzw. Garung die Moglichkeit eines mehr oder weniger gleich- 
zeitigen Verlaufes geschaffen wird. Wir sehen hieraus, daG die beiden 
Theorien einauder nicht antagonistisch gegeniiberzustehen brauchen. Es 
ist Raum fiir beide in den tatsachlichen Verh&ltnissen und es wird ledig- 
lich von auBeren Einflussen abhiingen, welche von beiden in einem ge- 
gebenen Falle die zutreffende ist. 

Bevor ich diese Auseinandersetzungen schlieBe, iniichte ich nur noch 
einen weiteren Versuch, den ich angestellt habe und der zu dem oben 
Erorterten in gewisser Beziehung steht, erwiihnen. 

Ich wollte ermitteln, ob das bloBe Vorhandensein, der Kontaktreiz, 
des fakultativ vergiirbaren Zuckers geniige, um die Anpassung zu be- 
werkstelligen. Um dieses zu prufen, impfte ich wiisserige Zucker¬ 
losungen l ), die zu je 2 cent in Reagenzglasern abgefiillt und vorsichtig 
sterilisiert waren mit den 4 Stammen : Br, Bact. i m per fee turn, E 
und B 4 . Dabei sollten nur wenige, etwa 50—100 Zellen der 4 Ver- 
suchsstamme in die betreffenden Zuckerlosungen ausgesiit und so lauge 
unter anaerobeni VerschluB bei einer Temperatur von 30° darin gehalten 
werden, bis die Anpassung unter gewohnlichen Verhaitnissen hatte statt- 
finden miissen. Die aufgestellten Zuckerlosungen mit den in ihnen ent- 
haltenen Zellen sollten dann in Gelatine ausgesat und zu Platten ge- 
gossen werden. Die Platten sollten bei einer fiir die Anpassung un- 
giinstigen Temperatur — 20° — hingestellt und die auf ihnen aufgehenden 
Kolonieen, sobald sie sichtbar wurden, auf zuckerfreies Nahrsubstrat ab- 
geimpft und von da weg in Saccharose- respektive Laktosepeptonagar 
ausgesat werden, um eine mbglicherweise stattgefundene Anpassung fest- 
zustellen. 

In dem ersten Versuch lieB ich die ausgesdten Zellen 15 Tage mit 
dem Zucker in BerQhrung. Nach dieser Zeit waren sie aber alle ab- 
getbtet. In einem folgenden Versuch setzte ich deshalb die Einwir- 
kungsdauer des Zuckers auf 6 Tage herab. Nach Ablauf dieser Zeit 
wurden die Testkulturen mit Gelatine zu Platten gegossen. Auch in 
diesem Falle waren die ausgesaten Br-, Imperfectum- und E-Zellen 
abgetotet. Auf der Platte, die B 4 -Zellen enthielt, waren nach 3 Tagen 
3 Kolonieen sichtbar. Sie wurden auf Schragagar abgeimpft, die hier- 
auf entstandenen Kulturen in Laktosepeptonagar ausgesat und bei 23° 
aufgestellt. Bis zum 4. Tage blieben diese Schiittelkulturen unverandert. 
Am 5. Tage lieBen sich Kolonieen mit dem bloBen Auge in ihnen er- 
kennen. Die Kolonieen vergroBerten sich in den folgenden Tagen und 
erwiesen sich beim Abimpfen als aus vergkrenden Zellen bestehend. Fiir 
einen dritten Versuch loste ich die Zuckerarten in physiologischer Koch- 
salzldsung anstatt in destilliertem Wasser und lieB die ausgesaten Zellen 
6 Tage mit dem Zucker in Kontakt. Auch jetzt waren die ausgesaten 
Br-Zellen eingegangen. Auf den mit den iibrigen Versuchsstammen 
geimpften Gelatineplatten gingen je ca. 100 Kolonieen auf, ein Zeichen, 


1) Fiir Bact. imperfectum und Br eine 2-proz. Saccharoselosung in destilliertem 
Wasser, fiir E und B 4 eine entsprechende Laktoselosung. 


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Thavsen, Funktionelle Aopasauogen bei Bakterien. 


29 


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Zellen 

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ichen. 


Uierteffl 


daB die Keime sich in den Zuckerlosungen nicht nennenswert vermehrt 
hatten. Von der Gelatineplatte, die Im per fee turn -Zellen enthielt, 
wurden nun zwei Kolonieen, von der Platte rait E-Zellen eine und von 
der mit B 4 -Zellen drei Kolonieen auf SchrSgagar ubertragen und die 
hierauf entstandenen Kulturen wie gewbhnlich zum Anlegen von Schfittel- 
kulturen gebraucht. Diese wurden bei 30° (Bact. imperfectum) 
und 23° (E und B 4 ) aufgestdllt. Nach 4 Tagen lieB die eine Imper¬ 
fect u m - Kultur zwei mit der Lupe sichtbare Kolonieen, die andere 
dagegen noch nach 5 Tagen keine Veranderung erkennen. In der 
Schiittelkultur von E waren erst nach 6 Tagen Kolonieen mit der Lupe 
sichtbar. Die Schflttelkulturen von B 4 zeigten am 5. Tage mit dem 
bloBen Auge erkennbare Kolonieen, die eine Kultur auBerdem 2 Gas- 
blaschen. Verglichen mit den in der Tabelle X und XI angefiihrten 
Daten, wird man eine vollstandige Uebereinstimmung in dem Verlauf 
der Anpassung bei den in Beriihrung mit dem fakultativ vergarbaren 
Zucker gestandenen und dem der Originalst&mme finden. Daraus durfte 
hervorgehen, daB die „Reizwirkung u des Zuckers erst bei der Entwicke- 
lung der Organismen zur Wirkung koinmt und mit der Lebenstatigkeit 
der anpaBbaren Bakterien aufs engste verknflpft ist. 

Korrclatlvc Aemlerungen in den Eigenschaften der fakultativ 

vergHrenden Organismen nach stattgefundener Anpassung. 

Ist die Anpassuug eingeleitet, dann laBt sich der mehr direkte Vor- 
gang, die Aktivierung des neuen Enzyms, Schritt fur Schritt verfolgen. 
Dieses wurde schon von Burri hervorgehoben und von ihm in der 
Weise nachgewiesen, daB er nach verschiedenen Zeitintervallen aus einer 
bei 30° aufgestellten Saccharosepeptonwasserkultur von Bact. imper¬ 
fectum Material entnahm, auf Schragagar iiberimpfte und die hierauf 
aufgegangenen Kulturen — die Zwischenformen — in Saccharosepepton- 
agar aussate. Je weiter nun ihre Anpassung vorgeschritten war, d. h. 
je linger sie unter den Einflussen, die zur Anpassung fOhren, gestanden 
hatten, urn so schueller zeigten die geimpften Saccharoseschuttelkulturen 
das Bild einer Anpassung, Kolonieen und Gasblaschen. 

In ahnlicher Weise wie Burri, babe ich von zwei meiner Stiimme, 
B 4 und E, je eine solche Zwischenform isoliert. Dabei wurden von 
24 Stunden alten Schragagarkulturen der zwei Originalstamme je eine 
Nadelspitze voll Material in je 10 ccm Laktosepeptonwasser ausgesat, 
diese Kulturen anaerob verschlossen und bei 30° aufgestellt. Nach 
3 Tagen wurde aus beiden Kulturen je 1 Oese Material entnommen und 
hieraus, wie auf Seite 24 angefuhrt, mittels des Tuschpunktverfahrens 
je eine Zelle isoliert. Die Rassen, oder wenn man will, die Zwischen¬ 
formen „B 4 halb erregt“ und „E halb erregt“ entstammen den 
zwei isolierten Zellen. DaB sie wirklich in bezug auf die Schnelligkeit, 
mit der sie sich anpassen lassen, eine Mittelstellung zwischen den 
Originalstammen B 4 , E und ihren vergarenden Rassen einnehmen, diirfte 
aus der folgenden Tabelle XV hervorgehen. 

Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daB wir es hier mit 
wahren „Zwischenformen“ zu tun haben, die aufs deutlichste das Stufeu- 
weise in dem Verlauf der Anpassung zutage treten lassen. Wir werden 
spater einen Vorgang kennen lernen, der mit der eben besprochenen 
Verschiebung des Garungseintrittes korrelativ verlauft und deshalb ge- 
eignet ist, die Burrische Auffassung der Anpassung als einen allmahlich 
verlaufenden Vorgang zu stfitzen. 


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An die Zerlegung von Milcbzucker anpaBbare Btiimme 


30 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


Tabelle XV. 


Verlauf der Anpassuug der Stamme bei 23°. 


Stamm 

Nach 

1 Tag 

Nach 

2 Tagen 

Nach 

3 Tagen 

Nach 

4 Tagen 

Nach 

5 Tagen 

Nach 

6 Tagen 

Nach 

7 Tagen 

Nach 

8 Tagen 

E 

kei neVer- 

keine Ver- 

keine Ver- 

keineVer- 

mit Lupe 

wie 

wie 

Kolonieen 


anderung 

iiuderung 

anderung 

anderung 

sichtbare 

Kolonieen 

vorher 

vorher 

mit 

bloBem 

Auge 

sichto&r 

E halb erregt 

dgl. 

mit 

bloBem 

Auge 

sichtbare 

Kolonieen 

viele bis 
steck- 
nadel- 
kopfgroBe 
Kolonieen 

Kolonieen 

wie 

vorher, 

einige 

Gas- 

blaschen 

Kolonie 

groBer 

Kolonieen 
wie vor¬ 
her, viele 
. Gas- 
bliischen 



E erregt 

Ver¬ 

ging 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

B« 

keine Ver- 
auderung 

keine Ver- 
anderung 

mit Lupe 
sichtbare 
Kolonieen 

wie vorher 

mit 

bloBem 

Auge 

sichtbare 

Kolonieen 

und 

2 Gas- 
blaschen 

Kolonieen 

groBer 

Kolonieen 

wie 

vorher, 

mehrere 

Gas- 

blaschen 


B 4 halb erregt 

dgl. 

mehrere 
Gas- 
blaQchen 
und mit 
Lupe 
eichtoare 
Kolonieen 

zahlreiche 

Gas- 

blaschen, 

Kolonieen 

nicht 

grofier 

Ver- 

giirung 





B 4 erregt 

Ver- 

garung 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Bemerkung: 

Mit „erregt“ sind jeweilen die vergarend 

en Rassen bezeichnet. 



Die Erkennung einer durch die Anpassung bewirkten korrelativen 
Aenderung in den Eigenschaften der angepaBten Bakterien w&re des- 
halb von Interesse, weil man aus der Ausdehnung dieser Aenderung 
Riickschliisse auf die Umwalzungen ziehen konnte, die die Ausbildung 
des neuen Enzyms in der Organisation des Plasmas verursacht hiitte. 
Zur Feststellung einer korrelativen Aenderung der Eigenschaften nach 
geschehener Anpassung wurden deshalb die von mir isolierten Stamme 
nebst Bact. mutabile und Bact. imperfectum in Laktose-, 
resp. Saccharosepeptonagar ausgesat, und die vergarenden Rassen der 
verschiedenen Stamme durch Ueberimpfen der in den Schiittelkulturen 
entstandenen Kolonieen auf Schragagar gewonnen. Diese Rohkul- 
turen der Rassen wurden samtlich auf Einzellkulturen verarbeitet und 
als solche in Peptonagar, der den fakultativ vergSrbaren Zucker ent- 
hielt, ausgesat. Dabei erwiesen sich alle Rassen als kraftige VergSrer 
der fraglichen Zuckerart. Die Rassen und die „Zwischenformen u B 4 
halb erregt und E halb erregt, wurden nun, genau wie friiher 
die Originalstamme, auf ihre kulturellen Merkmale geprtift und erwiesen 
sich in bezug auf Wachstum, GroBe, Fiirbbarkeit, Beweglichkeit, in 
ihrem Wachstum auf Kartoffel, in ihrem Verhalten zu Neutralrotagar, 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


31 


in ihrer Saureproduktion, in ihrem Verhalten zu den biochemischen 
Reaktionen, in Agglutinabilitat und Pathogenitat vollstandig identisch 
mit den entsprechenden Mutterstammen, so daB eine n&here Besprechung 
aller dieser Puukte nur eine Wiederholung von fruher Gesagtem sein 
wurde. Nur das Verhalten in Milch und das Gasbildungsvermogen 
boten gewisse Abweichungen, die eine besondere Besprechung erfordern. 

In der folgenden Tabelle sind die Stamme zusammengestellt, die 
ein etwas unerwartetes Verhalten gegeniiber Milch aufwiesen. 


Tabelle XVI. 


Stamm 

Nach 

1 Tage 

Nach 

5 Tagen 

Nach 

8 Tagen 

Nach 

12 Tagen 

Nach 

20 Tagen 

Nach 

30 Tagen 

Nach 

50 Tagen 

Nach 

80 Tagen 

E 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

geronnen 


— 

— 

E halb erregt 

dgl. 

dgl. 

dgl- 

begin- 
nende Ge¬ 
rinnung 

dgl. 




E erregt 

it 

tt 

begin- 
nende Ge¬ 
rinnung 

geronnen 





E anaerob gehalten 

it 

tt 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

geronnen 

— 

— 

— 

E erregt anaerob 
gehalten 

it 

» 

begin- 
nende Ge¬ 
rinnung 

geronnen 

“ 




b 4 


tt 

nicht 

gerounen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

— 

— 

B 4 halb erregt 

»» 


dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

— 

— 

B 4 erregt 

>1 

tt 

tt 

>1 

tt 

tt 

— 

— 

B 4 anaerob gehalten 

)» 

tt 

tt 

tt 

tt 

” 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

B 4 halb erregt an- 

ft 

tt 


tt 

»* 

tt 

dgl. 

dgl. 

aerob gehalten 








B t erregt anaerob 

It 

tt 

tt 

tt 

geronnen 

— 

— 

— 

gehalten 








Bact. mutabile 

» 

tt 

tt 

tt 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

— 

Bact. mutabile er¬ 
regt 


tt 

tt 

begin- 
nende Ge¬ 
rinnung 

geronnen 




Bact. mutabile an¬ 
aerob gehalten 

n 

tt 


nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

nicht 

geronnen 

Bact mutabile er¬ 
regt anaerob ge¬ 
halten 

it 

tt 

tt 

begin- 
nenile Ge¬ 
rinnung 

geronnen 





Bemerkung: Die verwendete Milch wurde zu 10 ccm in Reageneglaser abgefiillt, 
fraktioniert sterilieiert, geimpft und bei 30° C aufgestellt. 


DaB „B 4 erregt“, die vergSrende Rasse von Stamm B 4 , unter an- 
aeroben Verhaltnissen die Milch zur Gerinnung bringt, bei Luftzutritt 
dagegen nicht, ist sehr wahrscheinlich darauf zuruckzufiihren, daB die 
von diesem Organismus aus Milchzucker gebildete geringe Sauremenge 


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32 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


unter aeroben Lebensbedingungen nicht zur Wirkung konimt, weil sie 
von den alkalischen Stoffwechselprodukten der Bakterien ges&ttigt wird. 
Viel auffallender ist, daBdie vergarenden Rassen von B 4 und Bact. rauta- 
bile unter anaeroben Verhaltnissen die Milch gerinnen machen, wahrend 
die Mutterstamme unter gleichen Umstanden das Kasein nicht zur Aus- 
scheidung bringen. Eine Ausbildung von Labenzjm als Folge der An- 
passung ist natiirlich ausgeschlossen, denn wenn dieses der Fall sein 
sollte, miiBte B 4 erregt die Milch auch bei Luftzutritt koagulieren 
konnen, was, wie wir gesehen haben, nicht zutrifft. Ebensowenig kann 
das eigentiimlicke Verhalten von B 4 und Bact. m utabile darauf zuriick- 
gefuhrt werden, daB die Milch ein ungiinstiges Substrat far das Zustande- 
kommen der Anpassung ware. Denn entnimmt man einer geniigend alten 
Milchkultur von B 4 Oder Bact. mutabile etwas Material und fiihrt 
es in ein laktosehaltiges Nahrsubstrat fiber, tritt eine vollkommen typische 
Vergarung des Zuckers ein; ein Zeichen, daB die Anpassung sich in der 
Milch hat vollziehen konnen. Welches nun auch die Einflusse sind, die 
das unerwartete Verhalten von B 4 erregt und Bact. mutabile er¬ 
regt bewirken, von einer eigentlichen korrelativen Aenderung, einer 
Eigenschaft als Folge der Anpassung kann nicht mit Recht gesprochen 
werden, und es l&Bt sich wohl behaupten, daB die vergarenden Rassen, 
ganz allgemein genommen, auch gegentiber Milch ein normales Verhalten 
aufweisen. 

Von groBem Interesse erwies sich das Gasbildungsvermogen der an- 
gepaBten Stamme. Schon bei der ersten Prufung, die im November 1910 
vorgenommen wurde, hatte sich gezeigt, daB die vergarenden Rassen, 
besonders B 4 erregt und E erregt, aus Dextrose mehr Gas abzu- 
spalten vermochten als die entsprechenden Mutterstamme. 

In Tabelle XVII sind die damals gewonnenen Resultate verzeichnet. 
Fiir das Verstandnis der Tabelle verweise ich auf p. 24. 


Tabelle XVII. 


Stamm 

Gesamt- 

gasmenge 

Durch K(OH) ab- 
sor bier bares Gas 

_ 

Durch K(< 
absorbierr 

OH) nicht 
>ares Gas 

E 

26 ccm 

13 

ccm 

13 

ccm 

E halb erregt 

28 „ 

14 


14 

11 

E erregt 

40 „ 

23 

11 

17 

11 


7 „ 

2,5 

>1 

4,5 

11 

B 4 halb erregt 

15,5 ,, 

7,5 

tJ 

8 

11 

B t erregt 

24 „ 

15 


9 

11 

A 

27 „ 

16 


11 


Br 

12 ccm 

3,75 ccm 

8,25 ccm 

Br erregt 

13 „ 

5 

V 

8 

11 

o. 

14 „ 

5 

»> 

9 

11 

d 4 

11,5 ccm 

3,5 

ccm 

8 

ccm 

D 4 erregt 

15 

5 

>» 

10 

»> 

K 

7,5 „ 

2,5 


5 

11 

K erregt 

8 „ 

2,5 


5,5 

11 

Bact. mutabile 

12 „ 

3,5 


8,5 


Bact. mutabileerregt 

12,5 ,. 

5 

11 

7,5 

It 

Bact. imperfectum 

16 „ 

9 

11 

7 

11 

Bact. imperf. erregt 

18 „ 

10,5 

11 

7,5 

11 


Das auffallende Resultat dieser Analysen veranlaBte mich, das Ver- 
gfirungsvermogen von B 4 , E und ihren vergarenden Rassen unter den 
verschiedensten Bedingungen zu untersuchen, urn fiber die Zuverlassigkeit 


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Thaysen, Funktionelle Anpassungen bei Bakterien. 


33 


der benutzten Versuchsanordnung klar zu werden. Es ist unnbtig, auf 
die Einzelheiten dieser Versuche einzugehen, das Wesentliche bei ihnen 
ist, daB die Unterschiede in dem Vergdrungsvermogen sich nicht auf 
Zufalligkeiten zuriickfiihren lassen, sondern im Zusammenhang mit der 
erfolgten Anpassung stehen miissen. 

Nachdem ich die ZuverlSssigkeit der gebrauchten Gasbestimmungs- 
methode nach Burri festgestellt hatte, unternahm ich im Mai 1911 eine 
zweite Untersuchung meiner Stamme. Der Vollstandigkeit halber muB 
ich hier erwahnen, daB der Analysengang dabei etwas abgeandert worden 
war. Erstens stellte ich mein Nahrsubstrat nicht aus frischem Fleisch, 
sondern aus Fleischextrakt Liebig dar. Der Zuckergehalt dagegen war 
natfirlich der gleiche wie friiher, nkmlich 2 Proz. chemisch reine Dextrose. 
Und ferner impfte ich, um ein so einheitliches Resultat wie mbglich zu 
bekommen, das Nahrsubstrat nicht mit „reichlichem Material", sondern 
verrieb 2 Oesen einer bei 30° C aufgestellten Schrdgagarkultur des 
betreffenden Organismus in 2 ccm steriler physiologischer Kochsalzlosung 
und brachte von dieser Emulsion 0,25 ccm in den Dextrosenahrboden. 
Die geimpften Gasanalyserohren wurden darauf bei 30°C — nicht bei 
37° C — aufgestellt, da es sich gezeigt hatte, daB diese eine fur den 
Verlauf der Reaktion gunstigere Temperatur war. Speziell was B 4 und 
seine Rassen anbetrifft, muB Gewicht darauf gelegt werden, daB die fur 
die Analyse verwendete Schrdgagarkultur bei der gleichen Temperatur, 
die fur die Analyse selbst zur Anwendung kommt, geziichtet wird, denn 
diese Organismen sind, wie schon mehrmals betont, auBerordentlich 
empfindlich gegen Temperatureinflusse. 


Tabelle XVIII. 


Stamm 

Gesamtgasmenge nach 

DurchK(OH) 
absorbier- 
bares Gas 

Durch K(OH) 
nicht ab- 
sorbierbares 
Gas 

24 Std. 

48 Std. 

72 Std. 

96 Std. 

E 

12 ccm 

17 ccm 

18 ccm 

18 ccm 

9,5 

ccm 

8,5 ccm 

E halb erregt 

12,5 


20 „ 

22 „ 

22 „ 

12 


10 „ 

E erregt 

19 


28 „ 

31 „ 

32 „ 

19 

yy 

13 „ 

b 4 % 

9 


18 „ 

28 „ 

28 „ 

16 


12 „ 

B 4 halb erregt 

11 

yy 

22 „ 

35 „ 

35 „ 

21 


14 „ 

B 4 erregt 

12 

yy 

26 „ 

40 „ 

40 „ 

24 

i’ 

16 „ 

A 

9,5 


10 „ 

10 „ 

10 „ 

5 

yy 

5 „ 

A erregt 

11 


11,5 „ 

11,5 „ 

11,5 „ 

5 

yy 

6,5 „ 

Br 

12 


12 „ 

12 „ 

12 „ 

4 


8 „ 

Br erregt 

14 

yy 

14 „ 

14 „ 

14 „ 

5 

yy 

9 „ 

o. 

10 


10 „ 

10 „ 

10 „ 

3 

yy 

7 „ 

0, erregt 

11 

yy 

12 „ 

12 „ 

12 „ 

4 

yy 

8 „ 

M 

12 


12 „ 

12 „ 

12 „ 

4,5 


7,5 „ 

M erregt 

13 

yy 

13 „ 

13 „ 

13 „ 

5 

yy 

8 „ 


10 

*y 

10 „ 

10 „ 

10 „ 

3 


7 „ 

D 4 erregt 

9,5 

yy 

10 „ 

10 „ 

10 „ 

3 


7 „ 

1C 

6,5 

yy 

6,5 „ 

6,5 „ 

6,5 „ 

2 

yy 

4,5 „ 

K erregt 

8 

yy 

8 „ 

8 „ 

8 „ 

2,5 


5,5 ,, 

Bact. mutabile 

9 


9 „ 

9 „ 

9 „ 

2,5 


6,5 „ 

Bact. mutabileerregt 

9,5 


10 „ 

10 „ 

10 „ 

3 


7 „ 

Bact. imperfectum 

9 

yy 

9 „ 

9 „ 

9 „ 

4 


5 „ 

Bact. imperf. erregt 

11 

yy 

11,5 „ 

11,5 „ 

11,5 „ 

5,5 

yy 

6 „ 


Die Tabellen XVII aud XVIII sind nur zum Teil vergleichbar, denn 
die verwendeten Nahrsubstrate haben, wie schon betont, nicht genau die 
gleiche Zusammensetzung. Und bei den im Mai 1911 ausgefiihrten Ana- 


Erjte Abt. Orig. Bd. 07. 

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Heft 1/2. 


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34 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 

lysen wurde im Gegensatz zu friiher eine niedere Temperatur (30° C) 
benutzt. 

Der groBe Unterschied, den die zwei Analysenreihen in den von 
B 4 und seinen verg&renden Rassen gebildeten Gastnengen aufweisen, 
rOhrt von den verschiedenen Temperaturen her. Ebenfalls diirfte das 
verschiedene Resultat bei Stamm A auf Temperatureinfliisse zuriickzu- 
fiihren sein. Ferner zeigt die Tabelle XVIII, daB E, B 4 und lhre Rassen 
bei 30° C erst nach 3 Tagen das Maximum von Gas gebildet haben, 
wahrend die iibrigen Stamme auch bei dieser Temperatur die Reaktion 
meist schon in 24 Stunden zum Ablauf bringen. Was aber aus beiden 
Tabellen deutlich hervorgeht, ist, daB die vergfirenden Rassen durchweg 
mehr Gas produzieren, also die Dextrose kraftiger angreifen als ihre 
Mutterst&mme. Bei E erregt und B 4 erregt ist dieses am besten er- 
kennbar. Sehr schbn tritt auch der Unterschied zwischen E halb er¬ 
regt, B 4 halb erregt und ihren MutterstSmmen hervor. Auch diese 
zwei Rassen bilden mehr Gas als die Originalstamme E und B 4 , weniger 
dagegen als die entsprechenden ganz angepaBten Stamme. 

Sowohl bei E wie bei B 4 haben wir somit eine mit der Anpassung 
parallel verlaufende Steigerung des Dextrose-GSrvermogens, wodurch das 
Fortschreiten der Anpassung nicht nur in dem Verhalten zu Laktose, 
sondern auch in der Dextroseverg&rung erkennbar wird. Deutlichere 
Beweise fur den stufenweisen Verlauf der Anpassung wird man wahr- 
scheinlich nicht erbringen konnen. Durch das oben Erwahnte diirfte 
aber auch gezeigt worden sein, daB die von gewissen Seiten so sehr ver- 
miBten „Zwischenformen u wirklich existieren. 

Das auffallende Resultat der Gasanalysen bei E, B 4 und ihren ver- 
g&renden Rassen konnte den Gedanken aufkommen lassen, daB die An¬ 
passung nicht die Ausbildung eines neuen Enzyms, Laktase, bewirkt, 
sondern nur den T&tigkeitsbereich des schon vorhandenen dextrose- 
spaltenden Ferments ausgedehnt und dadurch eine Zersetzung von Milch- 
zucker ermoglicht hatte. So interessant es auch gewesen ware, diese 
Frage naher zu verfolgen, inuBte ich doch davon absehen. Ich versuchte 
allerdings die Tatigkeit des dextrosespaltenden Enzyms in der Weise zu 
steigern, daB ich die beiden Stamme E und B 4 mehrere Generationen 
hindurch unter anaeroben Verhaltnissen in einem Peptonwasser mit 
10 Proz. Dextrose und bei einer Temperatur von 37° C fortziichtete. 
Eine besondere Wirkung auf Milchzucker hatten die so behandelten Or- 
ganismen jedoch nicht 1 ). 

LaBt sich somit nicht mit Sicherheit entscheiden, ob die Anpassung die 
Ausbildung eines neuen Enzyms bewirkt, Oder nur das schon vorhandene 
dextrosespaltende Ferment zur Zersetzung von Laktose „anregt u , so 
glaube ich doch, besonders mit Riicksicht auf das Verhalten der iibrigen 
Stamme, annehmen zu diirfen, daB die Abweichungen, die die vergarenden 
Rassen in ihrem Gasbildungsvermogen aufweisen, nur indirekt mit der 
Anpassung in Verbindung zu bringen sind und als korrelative Aende- 
rungen einer Eigenschaft als Folge der Anpassung aufgefaBt werden 
mflssen. 

Der geringe Grad der korrelativen Aenderung der Eigenschaften, 
wie er hier wahrgenoramen werden kann, zeigt deutlich, wie wenig tief- 


1) Eine andere Moglichkeit ware natiirlich die, daB das neue doppeltzuckerspaltende 
Enzym auf das schon vorhandene dextrosespaltende aktivierend einwirke und so zu der 
Steigerung der Dextrosevergarung fiihre. 


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Thaysen, Funktionelle Anpaseungen bei Bakterien. 


35 


greifend die Veranderungen sind, die die Anpassung in der Organisation 
des Plasmas der anpaBbaren Bakterien verursacht haben, und sie bildet 
eine weitere Stiitze fiir die Annahme, daB das „neue tt Enzym nicht als 
neuentstanden im wahren Sinne des Wortes beobachtet werden darf. 


Schlu B. 

In kurzen Ziigen zusammengefaBt, lassen sich unsere Kenntnisse 
liber die sogenannten „Bakterienmutationen“ dahin zusammenfassen, daB 
es Bakterien gibt, die durch Ziichtung auf oder in einem Nahrsubstrat, 
das einen genauer charakterisierten Stoff — Kohlehydrat — enthalt, die 
F&higkeit erwerben konnen, diesen Stoff, der fiir ihre Ernahrung ur- 
spriinglich nicht verwendbar war, in den Bereich der von ihnen zerleg- 
baren N&hrstoffe zu ziehen, dadurch, daB ihr Plasma zur Abscheidung 
der fiir seine Zersetzung erforderlichen Spaltungsprodukte (Enzyme) an- 
gewohnt wird. Die Ausbildung dieser, bis zu einem gewissen Grad art- 
fremden Enzyme geschieht allmahlich, und l&Bt sich Schritt fiir Schritt 
verfolgen, wodurch der Vorgang sich als eine typische Anpassung cha- 
rakterisiert. 

Mit diesen Kenntnissen als Grundlage fiir raeine Untersuchungen 
konnte ich feststellen, daB: 

Die Bakterien, die sich an die Zerlegung von Saccharose oder 
Laktose anpassen lassen, ihren natilrlichen Standort in Gras haben. 

Sie stehen in ihren kulturellen Merkmalen den paratyphusahnlichen 
Organismen sehr nahe. 

Bact. imperfectum Burri und Bact. mutabile Neisser ver- 
halten sich kulturell wie meine aus Gras isolierten Stamme. 

Fiir das Zustandekommen der Anpassung konnen Minimal- und 
Maximaltemperaturen festgestellt werden, die fiir die verschiedenen 
StBrnme wechseln konnen und nicht immer mit den Temperaturgrenzen 
des Wachstums zusammenfallen. 

Innerhalb der Anpassungstemperaturgrenzen iibt die Temperatur einen 
mehr oder weniger deutlich erkennbaren EinfluB auf den Verlauf der 
Anpassung in dem Sinne, daB sie sich in kiirzerer Zeit vollzieht. 

Ein EinfluB des molekularen Sauerstoffs auf den Verlauf der An¬ 
passung kann nicht wahrgenommen werden. 

Der Kontaktreiz des fakultativ zerlegbaren Zuckers geniigt nicht, 
um die Anpassung zu bewirken. Der ganze Vorgang charakterisiert 
sich hierdurch als eine mit der Lebenstatigkeit der betreffenden Orga¬ 
nismen innig verkniipfte Erscheinung. 

Die Angaben von Burri, daB es ihm gelungen sei, „Zwischen- 
formen“ zu isolieren, die als Tr&ger eines nicht vollstandig in Tatigkeit 
getretenen Enzyms aufzufassen sind, sind durch meine Untersuchungen 
bestatigt worden. 

Nach geschehener Anpassung laflt sich eine gewisse korrelative 
Aenderung in den Eigenschaften der angepafiten Bakterien feststellen, 
insofern als die angepaBten Stamme in der Regel unter gleichen Ver- 
haltnissen mehr Gas produzieren, als die nicht angepaBten Mutterst&mme. 


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Q* 

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36 


Centralbl. f. Bakt. tee. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Zum SchluB sei es mir gestattet, Herrn Prof. Dr. Burri, der mir 
in liebenswflrdigster Weiste das Thema uberlieB, und Herrn Prof. Dr. 
Kolle, unter dessen Leitung diese Arbeit zum Teil ausgefiihrt wurde, 
fur das Interesse, das sie meinen Untersuchungen zukommen lieBen, 
meinen warmsten Dank auszusprechen. 


Literatur. 

1) Massini, R., Arch. f. Hyg. Bd. 61. 1907. p. 250. 

2) Benecke, W., Zeitschr. f. indukt. Abstammungs- u. Vererbungslehre. Bd. 2. 1909. 
p. 215. 

3) Pringsheim, H., Die Variabilitiit niederer Organismen. Berlin (J. Springer) 1910. 

4) Burn, R., Centralbl. f. Bakt. Abt. II. Bd. 28. 1910. p. 321. 

5) Roux, Wilh., Der Karapf der Teile im Organismus. Leipzig 1881. 

6) Jacobsen, K., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 57. 

7) Muller, R., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 58. 

8) Pringsheim, H., Med. Klinik. Jg. 1911. No. 4. 

9) Burk, A., Arch. f. Hyg. Bd. 65. 1908. p. 397. 

10) Burri u. Duggeli, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 49. 1909. 

11) Burri u. Andrejew, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 56. 1910. 

12) Thaysen, A. C., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 60. 

13) Burri, R., Das Tuscheverfahren usw. Jena (Gust. Fischer) 1909. 

14) Kursteiner, J., Beitrage zur Untersuchungstechnik obligat anaerober Bakterien. 
[Inaug.-Dissert.] Zurich 1909. 

15) Rahn, Otto, Centralbl. f. Bakt. Bd. 32. Abt. II. 1912. 

16) Thoni, J., Landwirtschaftl. Jahrb. d. Schweiz, 1906. 

17) Christiansen, M., Oversigt over det kgl. danske Videnskab. Selsk. Forhandl. 
1912. H. 1. 


Nachdruck verboten. 

Ein Beitrag zur Aetiologie des fotiden Eiters. 

[Aus der Kaiserlichen chirurgischen Universitatsklinik Kyoto, Japan 

(Prof. H. I to).] 

II. M i 11 e i 1 u n g. 

Von Assistent-Professor Y. Ozaki. 

Bekanntlich ist die bedeutende Fotiditat bei putriden Eiterungen in 
der Regel durch die Gegenwart von sauerstoffintoleranten Kleinwesen 
bedingt. Auch ist es durch die Arbeit Veillons und Zubers fest- 
gestellt, daB derartige Eiterungen recht haufig ohne jegliche Mitwirkung 
der gewohnliclien Eiterkokken durch die anaeroben Bakterien allein her- 
vorgerufen werden konnen. Die Mitteilungen iiber dieselben sind leider 
bis jetzt noch ziemlich luckenhaft geblieben. Der Grund hierfiir liegt 
erstens in der Schwierigkeit der Isolierung derselben, zumal wenn es 
sich, wie es gewohnlich der Fall ist, um Mischinfektionen von aeroben 
und anaeroben Bakterien handelt, und daun in der Launenhaftigkeit des 
Wachstums derselben. 

Neuerdings haben wir einen Fall von putrider Eiterung beobachtet, 
welcher nach einer akuten traumatischen Osteomyelitis des Femur zu- 
stande kam. Da es uns berechtigt scheint, dem bakteriologischen Be- 
funde desselben einigen Wert beizumessen, sei uns gestattet, im folgenden 
fiber denselben kurz zu berichten. 

Am 14. April 1911 wurde in die hiesige chirurgische Klinik von unserem Chef, 
Herrn Professor H. I to, dem ich fur die Ueberlassung des Materials zum herzlichsten 


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Ozaki, Ein Beitrag zur Aetiologie dea fotiden Eiters. 


37 


Dank verpflichtet bin, ein 39-jahriger Papierarbeiter S. Ogawa aufgenommen. Patient 
iat tuberkulos belaatet, war aber bisher atets geaund gewesen. Im 12. Lebensjahre 
quetechte er sich das linke Bein. 2 Tage darauf traten Fieber, AnachweJlung und 
beftige Schmerzen an der Kniegelenkgegend der betreffenden Seite auf; durch Inziaion 
wurae eine ganze Menge von Eiter entleert. Seither bekommt er keine definitive Heilung 
der Inzteionswunde, indem dieaelbe nach einem transitorischen VerachluB wieder spontan 
durchbricht. Seit 2 Wocben Rezidiv. 

Ein mittelgrolier, etwas schlecht. geniihrter, ziemlich blasser Mann. Einige Hals- 
driiaen bohnengroB angeachwollen. Herz intakt. An Lungen Apicitia bilateralis nach- 
weiabar. Baucheingeweide ohne Besonderheiten. Die linke Kniegelenkgegend diffus 
angeschwollen; Haut daaelbst glanzend, gerotet und mit dilatierten aubkutanen Venen 
versehen; eine deutliche Fluktuation konatatierbar. Daa Kniegelenk in gestreckter 
Stellung ankvloaiert. NachmittagB Korpertemperatur 39,0° C, Pula 102 Schlage in der 
Minute. 

Bald nach der Aufnahme in die Klinik brach der angeachwollene Teil bei einer 
leichten Kdrperbewegung an der oberen lateralen Partie dea Kniea apontan durch und 
entleerte eine reichliche Menge von diiunfliissigem, zieiulich stark atinkendem Eiter. Der 
Eiier wurde fur den Zweck der bakteriologischen Unterauchung der Tiefe dea F.iter- 
herdea aaeptiach entnommen. Danach atieg die Korpertemperatur bald beinahe bis zur 
Norm herab, daa Allgemeinbefinden wurde aehr befriedigend. Die eitrige Sekretion war 
trotzdem immer noch kopioa. Darauf wurden unterminierte Hautstellen abgetragen, 
Fisteln aufgemacht, achlaffe Granulationen auagekratzt und nekrotische Gelenkenden 
abgemeiBelt. Nun wurde die Sekretion allmuhlich gcringer und weniger atinkend, so 
daB der Kranke am 26. Juni 1911 fast geheilt entlassen wurde. 

Die nach Gram gefarbten Ausstrichpraparate des Eiters zeigen 
auBer zahlreichen, meistens stark zerfallenen Eiterkorperchen zahllose 
Mikroorganismen von mannigfaltigen Gestalten und GroBen. Von den 
samtlichen Bakterien kann man etwa 4 folgende Arten unterscheiden, 
einen leicht gebogenen, grampositiven Bacillus, einen diinnen, verschieden 
langen, gramnegativen Bacillus, einen mittelgroBen, grampositiven 
Streptococcus und endlich einen gauz winzigen, gramnegativen 
Diplostreptococcus. 

Der grampositive Bacillus ist ziemlich zahlreich vorhanden, durch- 
schnittlich 0.5 ,u breit und 4,0 // lang. Die meisten Exemplare sind mehr 
oder weniger deutlich bogenformig gekriimmt und die mittlere Partie 
derselben ist dicker als die beiden Enden. Zwar verjiingen sich die 
Enden ziemlich stark, sie sind jedoch meistens gar nicht zugespitzt. Die 
Bacillen zeigen sich in der Regel vereinzelt, liegen nur ausnahmsweise 
neben- oder hintereinander gereiht. Die langeren Individuen sind h&ufig 
20—30 /< lang, leicht geschlangelt und zeigen oft in der Mitte ihres 
Leibes eine mehr oder weniger deutlich verschmaierte Strecke. Der 
Bacillus besitzt keine deutliche Hiille. 

Das diinne, gramnegative St&bchen ist sehr zahlreich vorhanden, 
besitzt eine Breite von 0,4 und eine Lange von 0,6—1,8 /u. Die Enden 
sind abgerundet. Die Bacillen kommen meistens vereinzelt vor, bilden 
zuweilen nur kleine Haufen. 

Der Streptococcus ist nicht so zahlreich wie die beiden vorigen. 
Er f&rbt sich sehr gut nach Gram. Der Coccus hat durchschnittlich 
einen Durchmesser von 0,6 //. Die Form, ist beinahe rund, haufig par¬ 
allel zur Achse der Kette abgeplattet. 

Der letztgenannte gramnegative Diplostreptococcus findet sich 
sehr zahlreich im Eiter und l&Bt sich als ca. 0,3—0,4 /u groBes, meistens 
in Form von Diplokokken angeordnete Kiigelchen wahrnehmen, welche 
teils unregelm&Big gruppiert, teils disseminiert auftreten. Oft bilden sie 
mittellange Streptokokkenketten. 

Mit dem Eiter wurden aerobe Plattenkulturen, sowie mehrere Sclitittel- 
kulturen in Traubenzuckeragarrohrchen mit und ohne Zusatz der Ascites- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


flussigkeit in steigender Verdiinnung angelegt. Die ersteren blieben voll- 
kommen steril. Es gelang uns, aus den letzteren nur 2 Arten unter 
den obengenannten Mikroorganismen, den granipositiven Strepto¬ 
coccus (Mikroorganismus I) und den gramnegativen Bacillus (Mikro- 
organismus II) rein zu kultivieren. 

Mikroorganismus I. 

Der Mikroorganismus bildet in kiinstlichen Niihrboden kiirzere oder 
langere, in der Regel aus 10—15 Gliedern bestehende, vielfach gewundene 
Ketten. Die Einzelglieder sind gewohnlich mehr oder weniger abge- 
plattet, meistens parallel zur Ac.hse der Kette abgeplattet und liegen in 
Form von Diplokokken paarweise nebeneinander. Sie sind in jungen 
Kulturen regelmaBig gestaltet, in veralteten hingegen ziemlich ungleich- 
groB und bilden haufig Bacillen- oder Keulenformen. 

Im hangenden Tropfen und auch in einer Glaskapillare ist der 
Coccus nicht beweglich. 

Er farbt sich leicht mit den gebrauchlichen Anilinfarben und bleibt 
nach Gram gefarbt. 

Der Mikroorganismus ist ein obligater Anaerobier und wachst nie 
auf der Agarflache unter freiem Luftzutritt. In Stichkulturen in Zucker- 
agar beginnt das Wachstum jedoch nicht selten ziemlich nahe an der 
Oberflache des Substrates. Er wachst nur bei Bruttemperatur und am 
besten in neutralen Nahrboden. Der Serumzusatz zu den Nahrmedien 
ist fur seine Entwickelung gar nicht notwendig, indem er auch in ge- 
wohnlichem Nahragar maBig gut gedeihen kann. 

Das Wachstum der Stichkulturen in Traubenzuckeragar vollzieht sich 
innerhalb 2mal 24 Stunden als ein wenig durchscheinendes grauweiBes 
Band, dessen Rander wie fein geknopft erscheinen. Keine Gasbildung 
im Nahrmedium zu konstatieren. 

Die Stichkulturen in Asciteszuckeragar zeigen nach einigen Tagen 
in der anaeroben Zone ein dem obigen fast gleiches Wachstum. In der 
Tiefe der Kulturglaser weist man hier als eiuen einzigen Unterschied 
eine geringe Gasbildung nach. An manchen Stellen des Impfstiches 
treten spater grauschwarzliche Flecken auf. Die Kulturen sind auBerst 
tibelriechend. 

In hochgeschichtetem Traubenzuckeragar kommen anfangs unter 
Mikroskop als runde, ovale oder wetzsteinformige Gebilde erkennbare, 
feiugranulierte Kolonieen zum Vorschein, welche einige Tage spater 
linsenformig und beinahe undurchsichtig werden. Sie erreichen im Laufe 
der Zeit eine GroBe von bis zu 2 mm. 

Eine ahnlicke Entwickelung findet auch im Traubenzuckeragar mit 
Ascitesflussigkeit (1:3) statt. Hier wird jedoch eine nicht geringe An- 
zahl von Kolonieen spater grauschwarzlich gefarbt, und bei dichterer 
Aussaat nimmt man haufig einige kleine Gasbiaschen wahr. 

Auf der Zuckeragaroberflache entwickeln sich anfangs grauweiBliche, 
spater porzellanweiBe, etwas erhabene Kolonieen von bis zur Stecknadel- 
kopfgroBe. 

Die Kokken wachsen bei Bruttemperatur in der Zuckergelatine mit 
Agaruberschichtung maBig gut. Schon nach 24 Stunden tritt eine leichte 
diffuse Triibung der verflussigten Gelatine auf, unter Bildung einer ge- 
ringen Menge von weiBlichem, schleimigem Bodensatg, welcher sich nach- 
traglich veriuehrt. Die getriibte Fliissigkeit wird spater von oben her 


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Ozaki, Eiu Beitrag zur Aetiologie des fotiden Eiters. 


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nach unten hin nach und nach aufgeklart und wird beim Eintauchen 
ins kalte Wasser in eine rascke und feste Erstarrung gebracht. 

Die Traubenzuckerbouillon wird nach 3mal 24 Stunden bei Brut- 
temperatur ein wenig diffus getriibt und bildet eine geringe Menge von 
weifilichem Bodensatz. Mikroskopisch sind darin hauptsachlich lange 
Ketten zu finden. Weder Gestauk- noch Gasbildung. 

In der Milch gedeiht der Mikroorganismus nur wenig, ohne Koagu- 
lation derselben herbeizufiihren. Auf Kartoffeln findet iiberhaupt kein 
Wachstum statt. 

Auf aerobe Weise wachst der Coccus in der Organ- und Kartoffel- 
bouillon gut. 

In gewohnlichen Nahrboden ohne Serumzusatz wird weder Indol 
noch Schwefelwasserstoff gebildet. 

In den Nahrboden, welche Traubenzucker, Maltose oder Lavulose 
enthalten, wird zuweilen die Saure spurweise produziert, niemals aber 
in den Substraten mit Milchzucker, Dextrin, Mannit, Glyzerin etc. 

Die Lebensdauer des Mikroorganismus in den Kulturen ist nicht 
eine sehr beschriinkte. indem man denselben noch in der 6. Generation 
nach 18 Tagen mit Erfolg iiberimpfen kann. 

Der Mikroorganismus ist filr Kaninchen, Meerschweinchen und Mause 
vollkommen unschadlich. 

Mikroorganismus II. 

Es handelt sich hier urn ein ziemlich dunnes Stabchen von ver- 
schiedener Lange. Die Dicke desselben ist etwas ungleichmafiig und 
betr&gt durchschnittlich 0,4 /u. Die Lange schwankt dagegen sehr er- 
heblich und variiert von winzigen Kurzstabchen bis zu langen Faden- 
formen. Langere Stabchen sind manchmal mehrfach gekriimmt oder 
geschiangelt und zuweilen ungleichmafiig segmentiert. 

Der Bacillus nimmt Farbstoffe ein wenig schlecht an. Nach Gram 
wird er schnell abgefarbt. Mit Methylenblau gefarbt, sieht man im 
Bakterienleibe bei nicht veralteten Kulturen einige bis raehrere, intensiv 
tingierte, kuglige resp. zylindrische Partien, welche auch die Gramsche 
Farbung vortrefflich annehmen. Mit der Lugolschen Losung farbt sich 
der Bacillus nur blafi braunlichgelb. 

Im hangenden Tropfen und in einer Glaskapillare kann man keine 
Eigenbewegung des Bakteriums konstatieren, ebensowenig die Sporulation 
desselben. 

Der Bacillus ist ein obligater Anaerobier, indem er sich nur unter 
strengem Abschlufi des Luftsauerstoffs entwickelt; in der Organ- oder 
Kartoffelbouillon kann er jedoch auf aerobe Weise gut fortkommen. Er 
wachst nur bei Bruttemperatur, niemals bei einer niedrigeren, und am 
besten in ganz schwach alkalischen Nahrbbden. Das Wachstum wird 
durch den Zusatz von Traubenzucker sehr befordert, nicht jedoch durch 
denselben von Serum. 

Die Stichkultur in Zuckeragar laBt schon nach 24 Stunden eine 
diinne weifiliche, fadenfdrmige Entwicklung in der anaeroben Zone er- 
kennen. Der Faden wird spater ziemlich dick, wenig durchscheinend 
und uneben konturiert. 

Ein vollig analoges Bild zeigt die Stichkultur in Ascites-Zuckeragar 
(1:3). Zuweilen wird jedoch eine geringe Gasbildung in der Tiefe 
des Rohrchens beobachtet. Gestank ist dabei nicht deutlich zu konsta¬ 
tieren. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Im Zuckeragar sieht man nach 3mal 24 Stunden kleine, weiBliche 
Piinktchen. Bei schwacher VergroBerung sind sie rundlich, blaBbraun- 
lich, durchscheinend und maulbeerartig geformt, mit groberen Hockern. 
Spater vergroBern sie sich bis zum Durchmesser von 2 mm und sind 
dann nicht mehr diaphan. 

Auf der Agarflache in Wasserstoffatmosphare nimmt man fast kein 
Wachstum des Bacillus wahr. Ebenso wird derselbe auf Kartoffeln und 
in der Milch gar nicht zur Entwicklung gebracht. Fleischbriihe mit 
Traubenzucker in Wasserstoffatmosphare wird wahrend einer mehrtagigen 
Beobachtung gar nicht getriibt. 

In den Glukose, Laktose und Lavulose enthaltenden Substraten 
wird die Saurebildung nach einigen Tagen deutlich nachweisbar, ohne 
daB dabei Gase gebildet werden; in den Mannit und Dextrin enthaltenden 
wird dieselbe hingegen vollig vermiBt. 

Der Bacillus ist nach 3 Wochen bei 37° C noch maBig gut iiber- 
impfbar. 

Die Tierpathogenitat des Bacillus ist nicht zu konstatieren. 

Es gehoren demnach unsere oben erwahnten beiden Bakterienarten 
zu den obligaten Anaerobiern. 

Ein obligat anaerober Streptococcus wurde zuerst von Kronig 
und dann von ihm und Menge beschrieben. Seither sind anaerobe 
Streptokokken verschiedener Provenienzen von mehreren Forschern, wie 
Graf und Wittneben, Sternberg, Lewkowicz u. a. angegeben. 
Unter ihnen kommt der Streptococcus putridus Schottmiiller 
unserem Streptococcus am n&chsten, oder ist wohl mit diesem zu 
identifizieren. Derselbe wurde vom genannten Forscher bei Otitis media, 
Meningitis, Cystopyelitis, Lungengangr&n, LungenabszeB, Empyema pleurae, 
Endometritis putrida, Salpingitis, Parametritis, Peritonitis etc., teils allein, 
teils mit einigen anderen Mikroorganismen vergesellschaftet aufgefunden 
und bildet in kiinstlichen Nahrboden, wie unser Mikroorganismus, kiirzere 
oder langere, vielfach gewundene Ketten. Die Einzelglieder derselben 
sind meist nicht rund, sondern abgeplattet und liegen paarweise neben- 
einander. Der Schottmii 1 lersche Streptococcus nimmt Farbstoffe 
willig an, und farbt sich gut nach Gram. Er bildet in Agarkulturen 
kleine, graugelbliche, wetzsteinformige Kolonieen und ruft in der Milch 
keine Gerinnung hervor. Nur in blut- oder serumhaltigen Nahrboden 
erfolgt Gasbildung mit fotidem Geruch. Die beste Zuchtungstemperatur 
ist 37° C, und bei 22° findet kein Wachstum mehr statt. Er ist fiir 
Versuchstiere so gut wie gar nicht pathogen. Kurz, er stimmt in 
manchen wichtigen Punkten mit unserem Mikroorganismus vollig uber- 
ein. Was die iibrigen anaeroben Streptokokken anlangt, so haben sie 
mit unserem resp. dem Schottmiillerschen Coccus gar nichts zu tun. 

Wenn wir die wichtigsten Eigenschaften unseres zweiten Mikro¬ 
organismus kurz zusammenfassen, um die Differenzierung desselben von 
den etwa in Frage kommenden Bakterien leichter zu machen, so sind 
sie etwa folgendermaBen: Er ist ein diinner, unbeweglicher, gramnegativer 
Bacillus von verschiedener Lange. Er ist in der Regel gerade oder ein 
wenig gebogen, selten mehrfach gekrummt. Sporenbildung wird niemals 
konstatiert. Er wachst nur bei Bruttemperatur unter streng anaerober 
Bedingung. Im Zuckeragar sind die Kolonieen maulbeerartig, weiBlich 
und wenig durchscheinend. Eine deutliche Saurebildung wird in den 
Glukose, Laktose und Lavulose enthaltenden Nahrboden beobachtet 
Nur in den serumhaltigen Nahrsubstraten ist eine geringfiigige Gas- 


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Bordet, La dipht&ne des pigeons. 


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bildung nachzuweisen. Alle Kulturen sind nicht ubelriechend. Fiir 
Versuchstiere ist der Keim vollkommen unschadlich. So zeigt unser 
zweiter Mikroorganismus init dem Bacillus anaerobicus gracilis, 
den Lewkowicz aus der MundhOhle der Sauglinge kultivierte, wohl 
eine grofie Aehnlichkeit. Doch unterscheiden sich die beiden Arten, ab- 
gesehen von anderen mehr oder weniger abweichenden Eigenschaften 
schon dadurch voneinander, daB unser Mikroorganismus ein Saurebildner 
ist, wahrend der Bacillus von Lewkowicz gar nicht die Reaktion der 
Substrate verandert. Unser Bacillus diirfte sich unseres Erachtens mit 
keiner der bisher bekannt gegebenen Bakterienarten vollkommen identi- 
fizieren lassen. 


Literatur. 

1) Graf, H. u. Wittneben, W., Zwei durch anaerobes Wachstum ausgezeichnete 
Streptokokken. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 44. 1907. p. 97.) 

2) K r 6 n i g, Ueber die Natur der Scheidenkeime, speziell iiber das Vorkommen anaerober 
Streptokokken im Scheidensekret, Schwangerer. (Centralbl. f. Gynakol. Jg. 19. 1895. 
p. 409.) 

3) Lewkowicz, X., Recherches sur la flore microbienne de la bouche des nourrissons. 
(Arch, de m6d. expdrim. et d’anat. pathol. S4r. 1. T. 13. 1901. p. 033.) 

4) Menge u. Kronig, Ueber verschiedene Streptokokkenarten. (Slonatsschr. f. 
Geburtsh. u. Gynak. Bd. 9. 1899. p. 703.) 

5) Schottmiiller, H., Zur Bedeutung einiger Anaeroben in der Pathologie, insbe- 
sondere bei puerperalen Erkrankungen (Streptococcus putrid us, Bac. 
phleg. emphysemat., Bac. tetani). (Mitteil. a. d. Grenzgek d. Med. u. Chir. 
Bd. 21. 1910. p. 450.) 

6) Sternberg, C., Ein anaerober Streptococcus. (Wien. klin. Wocheuschr. 1900. 
p. 551.) 

7) Veillon u. Zuber, Recherches sur quelques microbes strictement ana&obies et 
leur rAle en pathologie. (Arch, de m6d. exp^rim. et d’anat. pathol. S4r. 1. T. 10. 
1898. p. 517.) 


Nachdruck verboten. 

La dipht^rie des pigeons. 

Par le Dr. J. Bordet, Directeur de l’lnstitut Pasteur de Bruxelles. 

Avec 1 planche. 

En collaboration avec Fally, j’ai ddcrit en 1907 ^ et 1910 1 2 ) le 
microbe de la diphtdrie des poules, microbe de dimensions remar- 
quablement faibles (e’est je pense le plus petit microbe qui ait 6t6 cul- 
tivd) et qui ne donne sur les milieux de culture les mieux appropri6s, 
que des colonies de trfcs petite taille, presque invisibles meme. Je 
crois inutile de revenir ici sur les donndes que nous avons fournies 
concernant l’aspect du microbe dans les lesions ou sur les milieux nutri- 
tifs artificiels, la m6thode qu’il convient de suivre pour l’obtenir en 
culture pure, etc.; je renvoie le lecteur k notre m6moire paru dans les 
Annales de l’lnstitut Pasteur. Je me borne & rappeler que l’inoculation 
de culture pure k la poule, par grattage de la nictitante, determine la 
maladie typique et que le microbe se retrouve k l’etat pur, dans la 
lesion chronique consecutive k cette inoculation. 


1) Bull, de la Soc. roy. des Scienc. m6d. et nat. de Bruxelles, juin 1907. 

2) Ann. de l’lnstit. Pasteur, juillet 1910. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft l/'J. 


L’etiologie de la diphtdrie des poules etait done 61ucid6e, mais il 
importait de rechercher d’autre part si la diphterie des pigeons reconnait 
com me agent dtiologique un microbe analogue. A vrai dire, l’etude de 
la maladie chez le pigeon ne se poursuit par commod^ment ici, car au 
moins chez le pigeon adulte l’affection est rarement grave, et Ton ne 
trouve en general que des lesions discretes disparaissant assez rapideinent; 
les pigeons tout jeunes sont plus s6rieusement atteints, parait-il, mais 
on ne se les procure pas tr6s aisdinent. Chez l’adulte, on remarque 
simplement d’ordinaire quelques petites taches blanches, sidgeant le plus 
souvent dans la cavite buccale, parfois dans les replis de la conjonctive, 
et que l’on ne r^ussit pas rdguliferement & reproduire par inoculation du 
virus naturel k des sujets neufs. 

Je n’ai done pu poursuivre bien loin l’exp6rim®ntation, mais ce que 
j’ai constate m’autorise a attribuer la diphterie du pigeon a un microbe 
identique comme inorphologie et coniine caract^res de culture k celui 
qui provoque la diphterie chez la poule. 

J’ai pu observer en effet un pigeon pr^sentant quelques plaques 
blanches typiques dans la cavity buccale, mais qui etait atteint en outre 
de diphterie oculaire bien nette: dans les replis de la conjonctive se 
trouvait log6 un placard blanchatre form6 d’un exsudat concret renfer- 
mant de nombreux leucocytes et des cellules 6pitheliales. L’examen 
microscopique, aprks coloration par le bleu de toluidine phenique, montra 
que de nombreuses cellules 6pith61iales renfermaient en abondance un 
microbe extremement petit, ayant souvent la forme d’un bacille mince 
et court, mais qui parfois n’apparaissait gu&re que comme un point aux 
plus fort grossissements, et qui ressemblait d’une manure frappante au 
microbe de la diphterie des poules tel qu’il se presente dans les lesions 
obtenues notamment par inoculation de culture pure sur la nictitante. 
Ce microbacille etait strictement cantonnd au protoplasme des cellules 
6pith61iales; on n’en trouvait point dans le liquide ambiaut, lequel ne 
renfermait d’ailleurs aucun autre microbe (voir la figure). 

La tache blanche broyee dans un peu de solution physiologique fut 
inoculee par scarification sur la uictitante d’un second pigeon, lequel 
pr^senta au bout de 2—3 jours de l’6paississement et de la rougeur de 
la muqueuse avec production d’un exsudat riche en leucocytes et en 
cellules 6pith61iales desquamm^es contenant, comme celles du pigeon 
precedent, un grand nombre de petits bacilles caracteristiques group6s 
parfois en veritables touffes. La lesion 6volua rapidement vers la gu6- 
rison et r6troc6da apr^s une semaine environ. L’inoculation k un troi- 
si&me pigeon de l’exsudat recueilli au moment ou les symptomes dtaient 
les plus nets, resta sans effet. II s’agissait done d’un virus trfes 
att6nu6. 

Ensemencd sur gelose au saug d6fibrine de lapin (voir pour la 
preparation de ce milieu notre m4moire des Annales) les exsudats du 
premier et du second pigeon donnfcrent quelques rares colonies de mi¬ 
crobes banaux, et entre ces colonies, un enduit extrSmement mince, k 
peine d£celable, du microbe de la diphterie aviaire tel que nous l’avons 
decrit. Je cultivai ce microbe venant du pigeon pendant longtemps et 
m’assurai de sa parfaite identite d’une part avec le fin petit bacille con¬ 
state dans les cellules epithdliales, et d’autre part avec le microbe, venant 
de la poule, qu’avec Fally j’ai precedemment etudie. Meme tendance 
k pousser en amas formes de points tres petits ou de trks fins et courts 
bacilles, meme culture si discrete que la surface du milieu solide geiose- 


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v. Betegh, Beziehungen zwischen Geflugeldiphtherie und Gefliigelpocken. 43 

sang serable k peine modifiee, meme aspect dans le milieu liquide bouil¬ 
lon-serum, etc. 

L’inoculation de culture pure par grattage, i des pigeons adultes, 
ne provoqua pas la maladie, mais il n’y a pas lieu de s’en ytonner, le 
virus naturel lui meme 6tant trbs b6uiu et n’ayant pu etre transmis 
au deli du second passage. Etant donn6 ce r6sultat n6gatif, il va de 
soi que si nous n’avions pas nos constatations ant6rieures relatives k la 
diphterie des poules, nous ne pourrions pas affirmer que le microbe 
extrait du pigeon est r^ellement l’agent de la dipht6rie chez cet animal. 
Mais, 6tant donn6 que ce microbe pullule a l’6tat pur dans les lesions, 
qu’il est absolument identique k celui de la diphterie des poules, que 
d’autre part l’inoculation de culture pure du virus des poules a deter¬ 
mine dans nos experiences anterieures la maladie typique et que ce 
virus a pu £tre retrouv£ k l’6tat pur dans les lesions ainsi provoqu6es, 
et qui enfin la diphterie des poules et celle des pigeons affectent des 
symptomes tr£s semblables, l’authenticity du virus rdcemment obtenu, 
corame agent de la diphterie des pigeons, me paralt s’imposer d’une 
maniire incontestable. Une particularity assez remarquable de la diph- 
t4rie du pigeon consiste en ce que, au moins dans les cas que nous 
avons observes, le virus se localise exclusivement dans l’ypithyiium. 
Chez la poule, on le trouve non seulement dans ces cellules, mais egale- 
ment dans le liquide de l’exsudat. 

Certains auteurs, Carnwath 1 ) notarament, ont consid£r6 la diphterie 
aviaire comine identique k l’ypithyiioma contagieux. En reality ces 
deux maladies sont distinctes et se signalent par des lysions trbs diffy- 
rentes 2 ). Nous n’avons pas trouvy dans l’ypithyiioraa le microbe de la 
diphtyrie aviaire. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die BeziehuDgen zwischen Geflugeldiphtherie 
und Gefliigelpocken. 

Von L. v. Betegh in Fiume. 

Mit 1 Tafel. 

Die Gefliigelpocke ist eine seit langer Zeit bekannte Krankheit des 
Geflugels, welche mitunter betrSchtliche Verheerungen verursacht. Anfangs 
wurde sie mit der Pockenkrankheit des Menschen fur identisch gehalten, 
und es wurde sogar behauptet, daB wahrend der Pockenepidemieen des 
Menschen auch das Gefltigel massenhaft erkranke und der Seuche erliege. 
Ob aber ein atiologischer Zusammenhang zwischen den beiden Krank- 
heiten vorhanden ist, Oder nicht, kann erst nach der vollst&ndigen Klar- 
stellung der Aetiologie beider Krankheiten entschieden werden und 
speziell dann, wenn wir imstande sein werden, die Erreger der genannten 
Krankheiten reinzuzflchten. Ich mochte aber hier erwahnen, dafi es mir 
einmal gelungen ist, mit virulentem Schafpockenvirus das Krankheitsbild 
der Gefliigelpocke an einein Hahne zu erzeugen. Von diesem Falle wird 
iibrigens spater noch die Rede sein. Aus ihra kOnnte eventuell der 

1) Arb. a. d. Kaiserl. GeMundheitsamte. Bd. 27. Heft 2. p. 388. 

2) Voir 4 ce sujet: Fally, Ann. de M6d. V6ter. Bruxelles 1908. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


SchluB gezogen werden, daB die Pockenerreger der Saugetiere dera 
Gefliigelpockenerreger artverwandt sind. 

Von den friiheren Forschern befaBte sich mit der Aetiologie der Krankheit be- 
eonders Bollinger, und zwar upeziell mit den atiologiHchen Beziehungen zwischen der 
menschlichen und Gefliigelpockenkrankheit. Er behauptet, dad eie verechieden sind, 
und zum Unterschiede wurde fur die Geflugelerkrankung der Name Epithelioma 
contagiosum avium, fur die des Menschen Epithelioma contagiosum 
ho minis gegeben. S pi no la und Raynal sind derselben Ansicht. DaB aber die 
Gefliigelpocken eine stark kontagiose Infektionskrankheit 1st, war schon seit langer Zeit 
bekannt, wie aus den Darlegungen von Caokor, Pfeifer, M4gnin, 8anfelice etc. 
unzweifelhaft hervorgeht. 

Andererseits haben sich mehrere Forscher mit der Frage der Aetiologie befafit. 
Es sollen von den vielen Autoren Casagrandi und Sanfelice erwiihnt werden. Als 
Erreger der Krankheit sprachen sie Blastomyceten und sparer Gregarinen an. Seitdem 
wurde die Aetiologie von verBchiedenen Seiten bestritten, und als Marx und Sticker 
nachgewiesen hatten, das der Erreger porose Bakterienfilter passiert, muBte zwingender- 
weise die alte Lehre von den Blastomyceten und Gregarinen fallen. Die Behauptungen 
von Pfeifer und Casagrandi, dafi der Erreger alter Wahrscheinlichkeit nach unter 
den Zelleinschliissen gesucht werden miiBte, haben wenige Anhanger gefunden, nament- 
lich nach den Veroffentlichungen von Marx und Sticker. Remlinger stellte die 
neue Lehre von den „invisibilen“ Mikroorganismen auf, zu welchen auch die Pocken¬ 
erreger des Menschen gezahlt wurden. Es seheint, daB die klassischen Arbeiten 
Borrels iiber die Morphologie des Erregers, welche vor den Veroffentlichungen von 
Marx und Sticker erschienen sind, vielen Autoren vollstiindig entgangen sind. Nach 
Borrel befaBten sich eingehend mit dieser Frage Burnet, Lipschiitz und Pro- 
w a z e k. Trotzdem wird aber jetzt noch die Aetiologie auch in den besten und modernsten 
Handbiichern — Hutyra und Marek — noch als eine offene Frage betrachtet. In 
dem eben erechienenen L Baud? des hervorragenden Handbuches der pathogenen 
Protozoen von Prowazek ist D^uerdings Stellung genommen fiir die systematische 
Stellung des Erregers, und Lipschiitz schlagt fiir deuselben den Namen Strongylo- 
plasma avium Bolfrei - 

Da unsere Untersuchungen mit denjeuigen von Lipschutz sich 
vollkommen decken und sie bestatigen. werden wir in unseren weiteren 
Ausfuhrungen den vorgeschlagenen Namen auch beibehalten. 

Aetiologische Studien. 

Die von den alteren Forschern erwiihnten Blastomyceten und Gre¬ 
garinen konnen jetzt fiir die Aetiologie nicht mehr in Betracht kommen. 
Wir verstehen aber heute, warum Marx und Sticker den Erreger 
filtrierbar genannt haben, es ist aber weniger begreiflich, warum Rem¬ 
linger ihn „ultravisible a genannt hat. 

Die ersten atiologischen Untersuchungen stammen von Loeffler 
her. Als Resultat derselben wird bei Taubenpocken ein pathogener 
Bacillus, der Bacillus diphtheriae columbarum, als Erreger 
beschrieben. Fiir den Befund traten auch Babes und Puscariu ein. 
Jedoch konnte diese Annahme nach den Untersuchungen von Borrel 
nicht aufrecht erhalten werden. Borrel fand in den Borken und Auf- 
lagerungen der Haut resp. der Schleimhaute typisch geformte, kleine, etwa 
V 4 fi grofie Kbrperchen, und zwar in bedeutender Menge. Seine Befunde 
wurden spater von Burnet, v. Prowazek und Lipschiitz bestatigt 
und ergiinzt Seit der letzten Veroffentlichung von Lipschutz iiber 
den Gegenstand sind, soweit ich die Literatur verfolgen konnte, keine 
weiteren Beobachtungen mitgeteilt worden. Ich mochte nun tneine dies- 
beziiglichen Untersuchungen kurz mitteilen und auf Grund derselben 
die Beziehungen zwischen Gefliigeldiphtherie und Gefliigelpocken be- 
sprechen. 

Gegenstand der Untersuchungen bildeten diphtheritische Auflage- 
rungen und Borken von an Gefliigeldiphtherie resp. Gefliigelpocken er- 


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Ccntralblatt fiir Bakleriologic Abt. I. Orig. Bd. 07. 

r. Heteqh , Orfliigcldijih thpric nnd Gefliigelpoclcn. 



Fig. 2. 


v. Bctcgh, pliot. 

Verlag von Gustav Fischer in .Jena. 


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v. Betegh, Beziehungen zwischen Gefliigeldiphtherie und. Geflugelpocken. 45 


krankten und eingegangenen Hiihnern. Zur Darstellung des Virus in 
seinen niorphologischen Einzelheiten eignen sich diphtheritische Auf- 
lagerungen nicht; man lindet eine Unzahl von Saprophyten und anderen 
Mikroorganismen. Am zweckmaGigstcn wird das Virus Tl gereinigt“, 
indem man mit demselben — aus Mangel an frischen Borken — den 
Kamm oder den Kehllappen einer jungen Henne skarifiziert. Nach 3 
bis 4 Tagen sieht man auf der roten Oberflache des Kammes oder Kehl- 
lappens grauweiBe, etwas feuchte oder schwach glanzende, kleine Warzen, 
welche in kurzer Zeit zu gelbbraunen, karfiolahnlichen und mit kleinen 
Blutungen durchsetzten Borken oder Pocken konfluieren, die eine Dicke 
von 1—2—3 mm haben. Wird die Borke oder die frische Kruste vom 
Grunde gelost, so erblicken wir eine mit Lymphe bedeckte, hie und da 
blutende, unebene Oberflache. Wenn man mit der sterilen Platinnadel 
eine kleine Menge von dieser Lymphe auf das Deckglas ausstreicht, fiudet 
man im Ausstriche sozusagen eine Reinkultur der Borrelschen Korper- 
chen. Man kann auch die frische Kruste oder Pocke mit einem scharfen 
Rasiermesser parallel mit der Oberflache abschneiden und Klatschpraparate 
inachen. In Emulsionen sind Bakterien storend, und erstere sind fur 
morphologische Studien nur dann geeignet, wenn man schon die notige 
Uebung im Auffinden der Korperchen besitzt. 

Zur Darstellung dieser Korperchen eignet sich besonders folgendes 
Verfahren: 

Frische Deckglasausstriche laBt man lufttrocken werden und farbt 
dann folgenderweise: 4—5 Tropfen einer frischen Giemsa-Losung 
werden mit 10 Tropfen Methylalkohol in einem Blockschklchen mit kon- 
kavem Boden diluiert. Dann wird das eben lufttrockene Deckglaschen 
mit der Schichtseite nach unten auf die Farblosung gegeben und da 
etwa 2 Minuten lang belassen. Dann setzt man zu der Dilution 5 ccm 
schwach alkalischen, destillierten Wassers und mischt die Losung .durch 
Bewegen des Glaschens solange, bis dieselbe ganz homogen sind. Farbe- 
dauer 1 Stunde bei Zimmertemperatur. Nachher Abwaschen mit Wasser 
und Differenzierung in 20 ccm H 2 0 -f- 1—2 Tropfen einer 20-proz. 
wasserigen Tanninlosung (10—20 Sekunden). Wasserabspiilen, trocknen 
und einschlieGen in Styresin-Chloroform. 

Zwischen den gefarbten Zellen findet man kleine, 0,3—0,6 /.i groBe, 
rundliche oder etwas ovoide, oder stumpf abgerundete, dreieckformige, 
scharf konturierte Gebilde (s. Fig. 1). Haufig trifft man bisquit- oder 
doppelkokkenformige Korperchen, welche bei genauer Beobachtung sich 
als Teilungsformen erweisen. Hat man etwas mehr Lymphe aufgetragen, 
dann sieht man die Korperchen von einem schmalen, achromatischen 
Hofe umgeben. Eine Struktur ist an ihnen nicht zu unterscheiden. Mit 
der prolongierten Giemsa-Fiirbung l&Bt sich die schmale, achromatische 
Hfille schwach tingieren. Wenn die Teilung der Zellen ungestort ist, 
findet man mitunter auch kleine und kurze Ketten von 2—3—4 Korper¬ 
chen ; daun tauschen sie Streptokokken vor. In welcher Menge diese 
Gebilde im Gewebe vorhanden seiu konnen, sieht man in Fig. 2. Aus 
diesem Umstande ist die Beobachtung von Lipschutz begreiflich, daB 
noch mit einer Dilution der Borkenemulsion von 1:2000 die Krankheit 
erzeugt werden kann. Es ist ferner verstandlich, wenn Marx und 
Sticker das Virus filtrierbar gefunden haben. Die kleinsten Gebilde 
haben etwa 7*—Vs der Kokkengrofie; sie konnen porose Filter passieren. 
Aber unbegreiflich ist es, warum sie „invisibil u sein sollen. 


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46 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Wenn man mit Filtraten arbeitet, ist die Inkubationszeit mitunter 
verliingert. Es ist uatiirlich, daB in Filtraten nur die kleinsten Gebilde 
enthalten sein kbnnen und aucli diese in beschrankter Menge. Es 
scheint, daB nur die kleinsten Gebilde eine gewisse Flexibility liaben, 
die leichter porose Filter passieren konnen. Ueber die Ultrafiltration 
wird spdter berichtet werden. 

Bei Dunkelfeldbeleuchtung sind sie als kleine, rundliche, 
punkt- oder doppelpunktformige, lichtbrechende Gebilde in bedeutender 
Menge sichtbar, speziell bei Pockenemulsion. Sie haben aber keine 
Eigenbewegung. Nur eine schwache Brownsche Bewegung ist zu sehen. 
Sie sind ganz homogen und auch mit den st&rksten Systemen ist irgend- 
eine Struktur niclit zu beinerken. Mit Loefflers GeiBelbeize sind sie 
auch darstellbar (L i p s c h fl t z). 

Biologischc Beobachtungen. 

Auf Grund der atiologischen Untersuchungen ist festzustellen, daB 
es sich bei der Geflugeldiphtherie und Gefliigelpocke urn denselben Er- 
reger handelt. Es ist folglich der ndchste Gedanke, daB vvir es mit zwei 
Krankheiten zu tun haben, welche atiologisch identisch sind. Trotzdem 
kann die Identitat der beiden Krankheitsformen noch niclit als endgultig 
ervviesen betrachtet werden. Es sind dazu meines Erachtens zwei wichtige 
Postulate zu erfiillen: 

1) Man muB mit der Diphtherie Pocken erzeugen und 
mit Pocken typische Diphtherie. 

2) Mit dem reingezfichteten Erreger miissen sich 
zw ingender weise sowohl die Diphtherie, als auch die 
Pocken jede fur sich allein resp. beide Formen auf ein- 
ma 1 kuns11 ich, experimentell erzeugen lassen. 

Ich mochte bei dieser Gelegenheit Beweise fiir das erste Postulat 
erbringen. Aehnliche Versuche sind iibrigens schon gemacht worden. 
So wies Carnwath nach, daB man imstande ist, mit diphtheritischem 
Materiale experimentell typische Pocken zu erzeugen und umgekehrt mit 
Pocken Diphtherie. In ahnlichen Rahmen bewegen sich die Versuche 
von Uhlenhuth. Zu den Untersuchungen von Carnwath und 
Bordet wurde bemerkt, daB die Moglichkeit nicht ausgeschlossen sei, 
daB neben dem Virus der Pocke auch dasjenige der Diphtherie anwesend 
war; somit sei die experimentelle Erzeugung der Pocke mit der Di¬ 
phtherie als einwandfrei nicht zu betrachten. Dieser Einwand ist aber 
durch die spliteren Versuche von Uhlenhuth, Schmid und von 
v. Rdtz als widerlegt zu betrachten. Speziell die Arbeiten von v. Rdtz 
liefern unzweifelhafte Beweise einerseits fiir die Richtigkeit der schon 
erwlihnten Untersuchungen, andererseits, daB es sich urn zwei atiologisch 
identische Krankheitsformen handelt. Zwar besteht der Einwand von F ally 
zu Recht, daB man mit Huhnerpocken- oder Diphtherievirus bei Taubeu 
weder Pocken noch Diphtherie erzeugen kann, aber das ist erklarlich, 
denn wir wissen, daB das Virus im Organismus des Huhnes derart ge- 
schwiicht wird, daB es fiir Tauben avirulent wird. Besonders miissen die 
letzten Untersuchungen von v. Rdtz hervorgehoben werden, weil sie mit 
den friiheren Beobachtungen von Carnwath, Schmid und Uhlen¬ 
huth und Manteufel in vollem Einklange sind und der Autor zu 
dem Schlusse gelangt, daB „die zwei Krankheiten dtiologisch 
identisch sind, das ist, die Geflugeldiphtherie und 


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v. Betegh, Beziehungen zwischen Gefliigeldiphtherie und Gefliigelpocken. 47 


Gefltigelpocke zwei Erse heinungsfor men einer atio- 
logisch identischen Krankheit sind.“ 

Mehrere der erwahnten Forscher — Carnwath, Uhlenhuth, 
v. Rdtz etc. — verwendeten bei iliren Untersuchungen Filtrate. Bei den 
nachstehend zu erwahnenden Untersuchungen habe ich vom Gebrauche 
der Filtrate Abstand genommen. Wenn man namlich bei Diphtkerie wie 
bei der Pocke das Virus morphologisch darstellen kann, hat die Filtrier- 
barkeit keinen Wert mehr; sie ist iiberschatzt worden. Bei der Schaf- 
pocke habe ich den Borrelschen Korperchen ziemlich ahnliche Gebilde 
gefunden und auch biologisch und pathologisch interessante Beobachtuugen 
gemacht. Es ist mir einmal gelungen, hochvirulentes Schafpockenvirus 
auf den Kamm eines Hahnes experimented zu iibertragen. An der 
Impfstelle entwickelte sich eine typische Pustel, spater Borke, in welcher 
sich den Borrelschen Korperchen sehr ahnliche Gebilde nachweisen 
lieBen. Nach der Pockenbildung entwickelte sich auf beiden Augen des 
Hahnes eine Panophthalmitis; das Tier magerte total ab und ging an 
Kachexie ein. 

Meine Versuche zerfallen in drei Serien, und zwar sind in der 
Serie A mit Pockenvirus an Versuchstieren Pocken, in Serie B mit 
Pockenvirus Diphtherie und in Serie C mit Diphtherievirus Pocken er- 
zeugt worden. 

Serie A: Impfung mit Pockenvirus. 

I. Am 18. Nov. 1910. Schwarzc Henne. An beiden Kehllappen mit Buda- 
pester Pockenvirus skarifiziert und geimpft. Am 5. Dez. 1910 an beiden Kehllappen 
typische, bohnengrofle, gelblich-braune, etwa 2 mm dicke, hockerige Pocken. 

Diagnose: Gefliigelpocke. 

II. Am 5. Dez. 1910. Rotbraune Henne. Mit Budapester Pockenvirus 
am Kamme skarifiziert und geimpft. Am 15. Dez. 1910 an der Stelle der Impfung 
linsengrofie, gelbbraune, typisene Pocke. 

Diagnose: Gefliigelpocke. 

III. Am 12. Mai 1912. Gefleckte Henne. An beiden Seiten des Kammes 
und der Kehllappen mil Fiumaner Pockenvirus skarifiziert und geimpft. Am 18. Mai 
1912 an beiden Seiten des Kammes wie an den Kehllappen an der Stelle der Impfung 
braungelbe, hockerige Pocken. 

Diagnose: Gefliigelpocke. Mit dem Mikroskop findet man in den Borken 
rundliche, ovoide Korperchen in bedeutender Menge, Borrelsche Korperchen. 

IV. Am 12. Mai 1912. Gel be Henne. Sie wurde an der rechten Seite des 
Kammes mit demselben Virus geimpft wie in Versuch III. Am 17. Mai 1912 an der 
Impfstelle eine linsengrofie Pocke: am 24. Mai 1912 auf dem oberen Augenlide des 
linken Auges eine hanfkorngrofie, braungelbe Pocke. 

Diagnose: Gefliigelpocke. Ein interessanter Fall der Generalisierung des 
Virus im Organismus. 

V. Am 21. Mai 1912. Roter Hahn. Kraftiges entwickeltes Tier, wurde mit 
der Pockenemulsion des Versuchs No. VII auf der linken Seite des Kammes und auf 
den linken Kehllappen skarifiziert und geimpft. Am 26. Mai 1912 entwickelt sich auf 
der linken Seite des Kammes eine 2 Heller grofie, braungelbe Pocke, am Kehllappen 
ist eine Pocke in der Entwickelung. 

Diagnose: Gefliigelpocke. Das Tier ist am 12. Juni 1912 an generalisierter 
Pocke und schwerer Diphtherie der Mundhohle eingegangen. 

VI. Am 21. Mai 1912. Rotbrauner Hahn, gut entwickeltes Tier. Wird 
mit einer Pockenemulsion des Versuchstieres No. VII auf der linken Seite des Kammes 
und auf den Knken Kehllappen skarifiziert und geimpft. Am 29. Mai 1912 entwickelte 
sich am Kamme und am Kehllappen an der Stelle der Impfung eine kleine Pocke. 

Diagnose: Gefliigelpocke. Das Tier ist am 8. Juni 1912 an schwerer gene¬ 
ralisierter Pocke des Kammes und schwerer, die ganze Mundschleimhaut betreffender 
Diphtherie eingegangen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Serie B: Impfiing mit diphtheritischem Belage. 

VII. Am 12. Mai 1912. Braune, junge Henne. Wird skarifiziert und 
geimpft auf deni rechten Kehllappen mit diphtheritischem Belage eines etwa 10— 14Tage 
alten Kuchleins von D6s, welches an der Krankheit eingegangen war. Am 16. Mai 1912 
ist an der Impfstelle eine linsengroBe, hockerige, gelbliche Pocke zu sehen. Mikro- 
skopisch findet man in gefarbten Ausetrichen massenhafte Borrelsche Korperchen, 
welche sozusagen in Reinkultur vorhanden sind. Am 26. Mai 1912 hat sich an der 
unteren Spitze des Kammes eine etwa lianfkorngroBe, typische Pocke gebildet. Mund- 
schleimhaut intakt. 

Diagnose: Gefliigclpocke. 

VIII. Am 13. Mai 1912. WeiBer Hahn. Wird mit dem Zungenbelage 
eines an Diphtherie eingegangenen Kuchleins von D6s an beiden Kehllappen und auf 
dem Kamme skarifiziert und geimpft. Am 18. Mai 1912 sind am Karume, wie auf 
beiden Kehllappen typisch entwickelte Pocken sichtbar. Mikroskopisch lassen sich in 
groBer Menge Borrelsche Korperchen nachweisen. Mundschleimhaut intakt. 

Diagnose: Geflugelpocke. 

IX. Am 5. Juli 1912. WeiSer Hahn. Wird mit Fiumaner diphtheritischem 
Belage auf der rechten Seite des Kammes skarifiziert und geimpft. Am 15. Juli 1912 
ist an der Impfstelle eine bohnengroBe, dicke, hockerige, gelbbraune Pocke sichtbar. 

Diagnose: Geflugelpocae. 

Serie C: Impfuug mit Pockenrirus. 

X. Am 21. Mai 1912. RoterHahu, gut entwickeltes kraftiges Tier. Wird 
mit Pockenemuteion vom Versuchstier No. VII an der rechten unteren Seite des Gaumens 
und an dem rechten Kehllappen skarifiziert und geimpft. Am 26. Mai 1912 ist an der 
unteren Seite des Gaumens entsprechend der geimpften Stelle ein hanfkorngroSer, gelb- 
licher, diphtheritischer Belag zu sehen. Am 31. Mai 1912 entwickelt sich an dem rechten 
Kehllappen eine typische Pocke. 

Diagnose: Geflugeldiphtherie resp. Geflugelpocke. 

XL Am 21. Mai 1912. WeiSer Hahn, gut entwickeltes Tier. Wird mitder 
Pockenemulsion vom Versuchstier No. VII auf der unteren rechten Seite des Gaumens 
und auf dem rechten Kehllappen skarifiziert und geimpft. Am 26. Mai 1912 entwickelt 
sich am Kehllappen die Pocke; am 28. Mai 1912 ist auf dem Gaumen an der Impfstelle 
ein langlicher, diphtheritischer Belag zu sehen. 

Diagnose: Diphtherie resp. Geflugelpocke. 

Am 29. Mai 1912 ist der Belag in der Mundhohle groSer. Das Tier geht am 
17. Juni 1912 ein. Sektionsbefund: Schwere Diphtheric der ganzen Mundhohle, Pan¬ 
ophthalmitis bilateralis. 

XII. Am 10. Juni 1912. Kleiner, schwarzer Hahn. Wird mit Pocken¬ 
emuteion (lokalisierte Pocke des Kammes und des Kehllappens bei vollkommen intakter 
Mundschleimhaut) des Versuchs No. Ill auf der rechten unteren Seite des Gaumens 
skarifiziert und geimpft. Am 13. Juni 1912 ist am Gaumen ein ca. zwei linsengroBer, 
diinner, gelblicher Belag sichtbar; am 15. Juni 1912 ist eine Progredierung der Ver- 
anderungen zu konstatieren. 

Diagnose: Diphtherie. 

XIII. Am 10. Juni 1912. WeiBschwarz gefleckter Hahn. Wird mit 
einer Pockenemuteion von No. Ill auf der linken Seite des Gaumens skarifiziert uud 
geimpft; am 15. Juni 1912 entwickelt sich an der Stelle der Impfung ein korngroBer, 
gelblicher Belag. Am 18. Juni 1912 ist die Erkrankung auf eine groBere Oberflache 
verschleppt, die Belage sind dick. 

Diagnose: Diphtherie. 

XIV. Am 10. Juni 19 12. Rotbrauner, junger Hahn. Wird mit Pocken¬ 
emuteion vom Versuchstier No. VII auf der unteren Seite des Gaumens skarifiziert 
und geimpft. Am 16. Juni 1912 entwickelt sich am Gaumen und an der Zungenbasis 
je ein haferkorngrofier, gelblicher Belag; 17. Juni 1912 Verschlimmerung des Zustandes. 
Das Tier geht ein. 

Diagnose: Diphtherie. Todesursache: Huhnercholera. 

XV. Am 13. Juni 1912. Wei Be, junge Henne. Wird mit einer Pocken¬ 
emuteion des Kammes von No. VII an der rechten unteren Seite des Gaumens skari¬ 
fiziert und geimpft. Am 18. Juni 1912 ist entsprechend der geimpften Stelle ein diinner, 
gelber, diphtheritischer Belag zu finden. 

Diagnose: Diphtherie. 

XVI. Am 13. Juni 1912. Graue, junge Henne. Wird mit Kammpocken- 
emulsion des Versuchstieres No. VII, wie No. XV, skarifiziert und geimpft. Am 


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v. Betegh, Beziehungen zwischen Geflugeldiphtherie und Gefliigelpocken. 49 


18. Juni 1912 entwickelt sich entsprechend der Impfstelle ein gelber, diinner, diphtheri- 
tiecher Belag; am 20. Juni 1912 wird der Belag dicker und grower und zu einer typischen 
Diphtherie. 

Diagnose: Diphtherie. 

XVII. Am 13. Juni 1912. Rostbrauue, jungeHenne. Desgleichen 
skarifiziert und geimpft wie No. XVI; am 17. Juni 1912 zeigt sich auf dern Gaumen 
auf einer linsengrofien Stelle lokale Rotung der Schleimhaut, am 18. Juni 1912 eine 
diinne Mem bran, am 20. Juni 1912 typischer, diphtheritischer Belag. 

Diagnose: Diphtherie. 

XVII1. Am 13. Juni 1912. Schwarze, junge Henne. Desgleichen 
skarifiziert und geimpft wie No. XVI; am 18. Juni 1912 ist das Tier etwas kriinklich; 
Appetitlosigkeit; Anamie. Federn gestraubt, Gang unsicher. Die Celia infraorbitalis 
katarrhalisch entziindet; Conjunctiva des linken Auges injiziert und mit eitrigem Exsudat 
bedeckt. Am 19. Juni 1912 ist die Schleimhaut des Graumens mit diphtheritischem Belag 
uberzogen. 

Diagnose: Diphtherie. 


Wenn wir das Endresultat dieser Versuche mit den schon erwahnten 
Beobachtungen von Carnwath, Uhlenhuth, v. Ratz etc. vom Stand- 
punkt der Identitat der beiden Krankheitsformen, ferner mit den Unter- 
suchungen von Burnet, Bordet, Borrel, v. Prowazek und Lip- 
schiitz vom Standpunkt der Aetiologie vergleichen, so ist leicht zu 
konstatieren, daB sie in vollem Einklang stehen, dieselben bestatigen und 
erg&nzen. Es ist folglicb auBer Zweifel, daB die unter dem Namen 
Geflugeldiphtherie resp. Gefliigelpocke bis jetzt getrennt beschriebene 
Krankheit des Gefliigels atiologisch identisch ist. 

Es entsteht unwillkiirlich die Frage, welche Benennung soli denn 
von nun an beibehalten werden? Die richtige Beantwortung kann nur 
phylogenetisch gegeben werden. Bis dato waren die Meinungen hin- 
sichtlich der Aetiologie der beiden Krankheiten auseinandergehend. Jetzt 
ist es zweifellos, daB es sich um eine spezifische Pockenkrankheit des 
Gefliigels handelt, welche phylogenetisch mit den Pockenerregern der 
Saugetiere zum mindesten artverwandt ist. Es ist ferner unzweifelhaft, 
daB es sich um einen Epithelschmarotzer handelt, welcher nur im Epithel 
die Lebensbedingungen findet, um daselbst pathologische Veranderungen 
hervorrufen zu konnen. Das Krankheitsbild hat vor allem den Typus 
der Pocke und am wenigsten den Charakter der Diphtherie. Mit dem 
Erreger der echten Diphtherie sind auf der Haut keine diphtheritischen 
Belage und Auflagerungen kiinstlich zu erzeugen, welche pathologisch 
und histologisch den diphtheritischen Membrauen gleichzustellen waren. 
Wenn man dagegen mit sogenannten diphtheritischen Auflagerungen der 
Vogel die Haut verletzt, so entwickelt sich daselbst die Pocke. Es ist 
evident, daB die Benennung Diphtherie beim Gefliigel 
als selbstandige Krankheitsforin nicht raehr aufrecht 
erhalten werden kann. 

DaB das in Rede stehende Virus in der Tat eine artverwandte Species 
der Saugetierpockenerreger ist, dafiir sprechen folgende Beweise. Die 
Tenazitat ist eine auBerordentliche. BekanntermaBen behalt das Saugetier- 
pockenvirus, kurz Variola genannt, sogar monatelang die voile Virulenz 
in den Borken. Dasselbe ist auch bei der Gefliigelpocke zu beobachten. 
Man trifft hier auch denselben Dermotropismus, wie bei der Variola. 
Mit dem lokalen Prozesse ist der ganze Organismus aktiv immunisierbar; 
diese Immunitat ist von langer Dauer; die lokale Erkrankung kann eine 
Generalisierung des Virus zur Folge haben; beide Virusarten sind 
morphologisch und biochemisch iihnlich; die Reinziichtung ist bis jetzt 
auBerhalb des Organismus mit Sicherheit bei keiner Virusart gelungen; 

Erjte Abt. Orig. Bd. 67. Heft 1/2. 4 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


beide Erreger sind in den Pockenborken in grofier Menge vorlianden; 
die Inkubationszeit beider Virusarten ist last dieselbe; beide verhalten 
sich gegen Glyzerin ahnlich; desgleichen weisen sie eine ausgesprochene 
Widerstandsfabigkeit gegen Cbemikalien auf und schlielilich sind beide 
in einem gewissen Entwickelungsstadium filtrierbar. 

Nach den schon oben erwahnteu Untersuchungen ware noch die 
Erfiillung des zweiten Postulates, der Reinziicktung, zu erbringen resp. 
die kiinstliche Erzeugung der Diphtherie- und Pockenform Oder beider 
zu gleicher Zeit mit Reinkulturen des Virus. Die Versuche sind im 
Gauge; es soli bier erwahnt werden, dafi mit der II. Generation einer 
Mischkultur von drei geimpften Hiihnern au einem die Erzeugung typischer 
Pocken gelungen ist. Zwar hat dieser einzeln stehende Fall keine be- 
sondere Beweiskraft, ist aber immerhin bei den weiteren Versuchen als 
Basis verwertbar. Vielleicht kann auf diese Art der seit langer Zeit 
gesuchte Weg zur Reinziichtung der Variola gefunden werden. 

SchluBfolgerungen. 

1) Die uliter dem Namen Gefliigeldiphtherie und Ge- 
fliigelpocke bekannten Krankheiten sind atiologisch 
identisch. 

2) Die Erreger der Krankheit sind die von Borrel 
beschriebenen K dr p ere hen — Strongyloplasma avium 
Borrel — und konnen zu den Protozoen gezahlt werden. 


Iaiterator. 

Babes u. Puscariu, Zeitschr. f. Hyg. 1890. 

Bollinger, Virchows Arch. Bd. 58. 1873. 

Bordet, Ann. Inst. Pasteur. 1910. 

Borrel, Ann. Inst. Pasteur. 1903; ibid. Corapt. rend. etc. 1904. 

Burnet, Ann. Inst. Pasteur. 1906. 

Carnwath, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. 1907. 

Casagrandi, Riforma med. No. 265. 

Osokor, Vortr. f. Tieriirzte. Serie 6. Heft 11. 1884. 

Fally, Ann. Inst. Pasteur. 1910; ibid. 14; Intern. Kongr. f. Hyg. 

Hutyra u. Marek, Spezielle Pathologie etc. 3. Aufl. 1910. 

Lipschiitz, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt I. Orig. Bd. 48. 1908; ibid. v. Prowazek, 
Handb. Bd. 1. 1912. p. 230. 

Marx u. Sticker, Dtsche inert. Wochenschr. 1902. 

M6gnin, zit. nach v. Rdtz, Allatorv. L. 1910. 

Nocard u. Leclainche, Les maladies micr. 1903. 

Pfeifer, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 5. 1889. 

v. Prowazek, Miinchen. med. Wochenschr. 1908; ibid. Handb. Bd. 1. 1912. 
v. Ratz, Allorv. L. 1910; ibid. Termtud. Kozl.; ibid. Allorv. L. 1911. 

Raynal, zit. nach Nocard u. Leclainche. 

Rem linger, Bull. Inst. Pasteur. 1906. 

Sanfelice, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 26. 1897; ibid. 1903. 

Schmid, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909. 

Spinola, Handb. etc. 1858. 

Unlenhuth, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. 1910. 


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Schmitz, Ucber Enterokokken. 


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Nachdruck verboten. 


Ueber Enterokokken. 

[Aus dem bakteriologischen Laboratorium der Stadt Koln (Direktor: 

Prof. Dr. Czaple wski).J 

Von Dr. Hermann Schmitz, Oberstabsarzt a. D. 

Als groBer Freund der franzosischen Sprache habe ich mich seit 
Beginn meiner bakteriologischen Tiitigkeit vor nunmehr fast 3 Jahren 
in meinen MuBestunden mit besonderem Interesse dem Studiuin der 
franzosischen Hand- und Lehrbiicher der Bakteriologie gewidmet. Schon 
von Anfang an fiel mir hierbei auf, daB den Franzosen der „ Entero¬ 
coccus* eine wohlbekannte, in ihren Werken besonders besprochene 
und mehr oder weniger ausfuhrlich beschriebene Bakterienart ist. In 
Deutschland dagegen scheint derselbe bisher keine Anerkennung ge- 
funden zu haben. In den meisten Lehrbuchern wird er gar nicht er- 
wahnt, oder ohne weiteres mit dem Micrococcus ovalis s. Strepto¬ 
coccus enteritidis (Escherich) oder dem Strept. lacticus (Kruse) 
fur identisch erklart, so von Heim 1 ). „Bei Sauglingen fand Th. Esche¬ 
rich den Micrococcus ovalis oder Enterococcus (Thiercelin), 
der wahrscheinlich gleich oder wenigstens nahe verwandt den gewohn- 
lichen milchsauernden Streptokokken ist. u Nur bei Sittler 2 ) fand ich 
den Enterococcus in der sehr verdienstvollen Arbeit iiber Siiuglings- 
stuhle geniigend gewiirdigt; aber auch er halt ihn ftir identisch oder 
nahe verwandt mit dem Strept. lacticus. 

Diese Tatsache scheint mir darauf hinzuweisen, daB man in Deutsch¬ 
land dieser Bakterienart aus irgendwelchen Griinden keine gentigende 
Beachtung schenkt, bzw. sich iiber das Wesen etc. dieses Bakteriums 
nicht ganz im klaren ist. Da ich bei meinen eingehenden Literatur- 
studien 3 ) immer wieder die Ueberzeugung gewann, daB wir hinsichtlich 
des Enterococcus unseren westlichen Nachbarn nicht gerecht werden, 
habe ich ihrem Vorkommen in den letzten l 1 /* Jahren meine besondere 
Aufmerksamkeit gewidmet und mochte im folgenden meine bisherigen 
Beobachtungen an dem laufenden Material des hiesigen 
Laboratoriums mitteilen. 

Vorerst scheint es mir zweckmaBig, in Kiirze zu berichten, was 
die franzosischen Forscher und einige Deutsche iiber das Vorkommen, 
Morphologie usw. dieser Kokkenart sagen: 

Der Enterococcus lebt als Sapropbyt im menschlichen Korper (Verdauungs- 
kanal und Mundhohle), auch ist er in der Natur sehr verbreitet. Er ist ein regel- 
maCiger oder doch sehr hiiufiger (Mace 1 ) Bewohner des menschlichen Darmes unter 
normalen Verhaltnissen, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen; sein Hauptsitz 
ist der Diinndarm. Kruse 6 ) sagt: „Der Streptococcus enteritidis (Hirsch- 
Libbmann) und Enterococcus (Thiercelin) sind echte Milchsiiurebakterien, 
wie sie im Darn von Kindern und Erwachsenen, Fleisch- und Pflanzenfressern regel- 


1) Lehrbuch d. Bakteriol. 4. Aufl. p. 352. 

2) Oentralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 47. 1908 u. Abt. I. Ref. Bd. 45. 1910 p. 139. 

3) Wie bei einer friiheren Arbeit „Die Arteriennaht" (Deutsche Zeitschr. f. Chir., 
Bd. 66) hatte ich auch diesmal den Eindruck, daS wir in wissenschaftlichen Fragen 
mehr international sein, d. h. die Ergebnisse auch auslandischer Forscher mehr oe- 
rucksichtigen und wiirdigen miifiten. 

4) Trait6 pratique de bact4riologie, 4. 6dit. p. 381. 

5) Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 34. 1903. No. 8. 

4* 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiuale. Bd. 67. Heft 1/2. 


miiBig vorkommen. 44 Bei Neugeborenen findet er sich schon vom 1.—3. Tage im Darm 
neben Coli, Streptokokken usw. (E. Barnet) 1 2 ) und ist er das hauptsachliche Bakte- 
rium der Diinudarmflora des Sauglings. Auch nach Bitter’) findet sich schon beim 
Neugeborenen, „offenbar aus der miitterlicheu Scheide eingewandert* 4 , neben dem B. 

E erfringens und dem B. coli der Enterococcus. Letztere beiden fand er im 
leconium schon 10—12 Stunden nach der Geburt und bei eiueui 24 Stunden alten 
Kind, das noch keine Nahrung erhalten hatte, den Enterococcus in Reinkultur, 
aber noch keine Colibacillen. 

Tissier 3 ) fand im normalen Darm von 4—5-jiihrigen Kindern „une flore fonda- 
mentale comprenant d’abord le B. bifidus, l’enterocoque et le B. coli“. 

Im allgemeinen ein harmloser Schmarotzer, kann er, wie z. B. das mit ihm den 
Darm bewohnende B. coli, unter Umstanden pathogen werden und AnlaB zu den ver- 
schiedensten Krankheitserscheinungen geben. So wurde er bei verschiedenen Formen 
des Darmkatarrhs (Enterocolitis der Kinder und Enteritis membranaeea der Erwachsenen) 
gefunden, bei gastrischem Fieber, bei gewissen Formen von infektiosein Ikterus und 
Leberabszessen. Romanowitch 4 ) fand ihn neben anderen Bakterien bei Appendicitis 
(im Eiter und bei nicht-eiterigen Fallen im Inhalt und in der Wand des Appendix). 
Sacqu<jpee 5 ) gelang der Nachweis in gesalzenem Speck bei einer Vergiftung von 
160 rersonen und in den Stuhlen der Erkrankten; der geziichtete Stamm erwies sich 
fiir Versuchstiere pathogen. 

Auf den Verdauungskanal allein ist die pathogene Einwirkung des Entero¬ 
coccus aber nicht beschrankt; man fand ihn zuweilen bei den Erkrankungen der 
Atmungswerkzeuge, so vor allem bei den chronischen Formen der Bronchopneumonie, 
ahnlich denen tuberkuloser Natur verlaufend. Nach Chazarain Wetzel (zitiert bei 
Bezangon 6 ) ist er „le microbe associ6 au bacille de Koch le plus important 44 . 

Erwahnt sei hier, daB Xaver Lewko wicz 7 ) in ihm den Erreger der epidemischen 
einheimischen und moglicherweise auch der tropischen Ruhr entdeckt zu haben glaubte. 
Er fand ihn in groBer Menge im Stuhl von zwei an typischer Ruhr gestorbenen kranken 
(Mutter und Kind) und in einem Lumbalpunktat, wo die Meningitis als Komplikation 
der Ruhr aufgefalit werden muBte, in Reinkultur. Weiterhin soil er sich nach 
franzosischen Autoren bei Myelitis und Meningitis als primarer oder sekundarer Krank- 
heitserreger zuweilen finden; auch wird sein Vorkommen bei Anginen, Otitis, Conjunc¬ 
tivitis sowie auf der Haut und in der Vagina erwahnt und sein Uebertritt ins Blut. 

Besson 8 ) fand den Enterococcus 1904 bei zwei Kranken mit posttyph5sen 
Eiterungen; de Gaspari 9 ) im Darminhalt von Ratten neben B. bifidus (Tissier), 
B. coli und Coccobacillus praeacutus. 

Nicht in den franzosischen Lehrbiichern erwahnt finde ich die Beobachtung von 
Dreyer 10 ) (Koln), der bei einer Reihe von ihm beobachteter und behandelter Urethri- 
tiden niemals Gonokokken, sondern neben anderen Bakterien Enterokokken oder diese 
allein in Reinkultur fand. Er halt den Begriff der Enterokokken-Urethritis auch 
wesentlich klinisch fur begriindet durch die Art der Sekretion (seroses triibes, graues, 
schleimiges Sekret) und den Verlauf (Unheilbarkeit oder schwere Heilbarkeit). 

Fiir die Beurteilung der nicht gonorrhoischen Harnrohrenentziindung ist die 
Kenntnis dieses von Dreyer erhobenen Befundes von grofier Bedeutung, zumal sich 
der Enterococcus durch eine zahe Lebenskraft und Langlebigkeit auszeichnet. Ge¬ 
lang es doch Thiercelin, ihn 4 Jahrc lebend zu erhalten. 

Was das morphologische und kulturelle Verb alten der 
Enterokokken betrifft, so stimmen die Angaben der franzosischen 
Lehrbucher ziemlich in alien Punkten uberein und decken sich im 
wesentlichen mit den von mir gemachten Erfahrungen (s. unten). Nur 
ist mir die Ziichtung aus normalem Stuhl nie gelungen; nach Mac6 
soli dieselbe hier schwer sein, leicht dagegen aus pathologischen Stuhlen. 


1) Microbes et toxines, 1912. p. 39—40. 

2) 1. c. 

3) Annales de l’lnstit. Pasteur. T. 22. 1908. p. 206. 

4) Compt. rend, de la Soc. de Biol. 1911. p. 122. 

5) Compt. rend, de la fcoc. de Biol. 1907. p. 328. 

6) Prdcis de microbiologie clinique. 1906. p. 125. 

7) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 29. p. 635. 

8) Technique microbiol. 2. 6dit. 1902. p. 361 ff. 

9) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 57. 1911. H. 6. 

10) Monatsber. f. Urol. Bd. 9. 1904. H. 7. (Die bakteriologische Untersuchung 
wurde zum grofien Teil hier im Laboratorium gemacht.) 


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Schmitz, Ueber Enterokokken. 


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Die Angaben der Franzosen imd auch Kruses, der Enterococcus 
finde sich immer oder sehr hiiufig im normalen Stuhl, kann ich nach 
meinen bisherigen Versuchen, wenigstens fiir den Erwachsenen, 
nicht bestatigen, obschon ich inich genau an die von Thiercelin ge- 
gebenen Vorschriften hielt. Ebensowenig fand ich ihn als einen regel- 
maBigen oder haufigen Bewohner der Mundhohle bei gesunden Kindern. 
Unter 321 Rachenabstrichen von Schulkindern, die ich auf Diphtherie- 
bacillentrager untersuchte, gelaug mir der Nachweis von Enterokokken 
in keinem einzigen Fall (auch nicht mit Hilfe der Lackmusmilchzucker- 
Agarplatte). 

Im hiesigen Laboratorium habe ich in l 1 /, Jahren, vom 1. Januar 1911 
bis 31. Juni 1912, unter 3530 von mir untersuchten Proben (in dieser 
Zahl sind alle von mir bearbeiteten Eingange, nicht nur Stuhl- und Harn- 
proben, enthalten) den Enterococcus nur 15mal gefunden x ) (s. Ta- 
belle). 

Tabelle. 


Material 

Diagnose 

Bemerkungen 

1) Stuhl 

Bacillentrager? Enteritis 


2) v 

abgelaufener Typhus 


3) „ 

Enteritis 


4) * 


daneben Coli 

5) „ 

V 


6) „ 

abgelaufener Paratyphus 

neben B. paratyphi B 

7) Gallenbl&seninhalt 

Typhusverdacht 

aus Leiche; daneben Coli 

8) 

7 

i , , „ 

9) Harn 

Typhusverdacht 

daneben Typhusbacillen 

10) Eiter 

Adnextumor 


11) , 

Abszefi im Abdomen 


12) „ 

Pyosalpinx 


13) „ 

Appendicitis 


14) Exeudat 

entziindl. Douglas-Exsudat 


15) Blut 

Sepsis, Typhusverdacht 

Widal negativ 


Auffallend ist die geringe Zahl der positiven Befunde. 

Sollte der Enterococcus wirklich ein so haufiger oder gar regel- 
mSBiger Bewohner des gesunden menschlichen Darmkanals sein, wie die 
Franzosen annehmen, miifite er mir bei den vielen hunderten von nor¬ 
malen Stiihlen (aus der Umgebung von Typhuskranken) doch wohl ofter 
begegnet sein. Man muB entweder annehmen, daB die Enterokokken 
von anderen Darmbakterien, besonders Coli, iiberwuchert wurden, und 
so mir entgaugen sind, oder (und dies mochte ich fur das Wahrschein- 
lichere halten), daB sie ein sehr haufiger Bewohner des Siiuglingsdarms, 
aber nicht des Erwachsenen sind. Unter dem hiesigen Material 
ist aber die Zahl der von mir untersuchten Sauglingsstiihle eine ganz 
minimale; bei obiger Tabelle handelt es sich nur um Erwachsene, ein- 
mal um ein 8 Jahre altes Kind. Andererseits geht aus der obigen, wenn 
auch nur sehr kleinen, Beobachtungsreihe deutlich hervor, daB die 
Unterleibseingeweide vornehmlich der Aufenthaltsort der Enterokokken 
sind. 

Die andere auffallende Tatsache meines negativen Befundes bei den 
vielen Rachenabstrichen ist mir nicht recht erkliirlich. Die Franzosen 
sprechen allerdings immer von „la bouche“, Rachen und Mandeln pflegt 

1) Die Diagnose wurde in alien Fallen von Prof. Czaplewski bestatigt. 

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Centralbl. f. Bakt.. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


uian aber doch hierzu zu rechnen. Abstriche von der Zunge, Wangen- 
schleimhaut und Zahnfleisch habe ich nicht untersucht. 

Zur Morphologie tibergehend, sind die Worte Bur nets 1 ): „Les 
formes bact6riennes n’ont pas riinmutabilite des formes cristallines ni 
meme la fixite relative des esp&ces animales et v6g6tales superieures. 
Elies sont variables au point de d^router les bacteriologistes. Dans une 
culture pure on trouve souvent une telle diversity des formes, longues et 
courtes, arrondies et filamenteuses, qu’on la croirait impure 44 , an die 
Spitze der folgenden Ausfiihrungen zu setzen. 

VVenn dieser Polymorphismus schon bei anderen Bakterien zuweilen 
in die Erscheinung tritt, ist derselbe doch bei keiner Bakterieuart in 
solchem Made ausgesprochen als bei dem Enterococcus; und zwar 
gibt sich dieser Polymorphismus sowohl (lurch das makroskopische Aus- 
sehen der Kulturen, als auch im mikroskopischen Bild kuud. Das „Vo- 
lume trhs variable 44 der Franzosen erweitert auf „ configuration 44 und 
^arrangement 44 , mochte ich fur eine den Enterokokken spezifische, dia- 
gnostisch wohl verwertbare Eigentiimlichkeit halten, wie ich sie nicht 
entfernt bei den Streptokokken und Pneumokokken, noch in so hohem 
Grade beim Streptococcus lactic us jemals gesehen habe. 

Seine Form im normalen Stuhl ist nach den franzosischen Autoren 
meist die des Diplococcus, rundlich oder lanzettformig, selten mit 
einer Kapsel. Bei Erkrankungen des Verdauungskanals, wo er sich viel 
zahlreicher findet, und im Eiter ist Kapselbildung haufiger. Es ist dies 
aber keine konstante Erscheinung, die Kapseln sind nicht in alien Kul¬ 
turen zu jeder Zeit in gleicher Weise ausgebildet, sondern bald rnehr, 
bald weniger deutlich, und konnen zuweilen auch ganz fehlen. Im Aus- 
wurf erscheinen sie in ovaler oder rundlicher Form zu zweien oder in 
kurzen Ketten und kleinen Haufen; Kapselbildung auch hier wechselnd. 

Wenn so im direkteu Ausstrich, der zur Diagnose allein selbst- 
redeud nie geniigt, Form und Lagerung der Kokken schon eine wechselnde 
ist, tritt diese Erscheinung erst recht bei der Ivultur in den Vordergrund. 
Hier ist, auch nach meinen Beobachtungen, GroBe, Gestalt und Anord- 
nung der einzelnen Kokken auBerordentlich verschieden, je nach der 
Art der Zusammensetzung des Nahrbodens, dem Alter der Kultur und 
vor allem auch nach dem Alter der Kultur, von welcher man abimpft 
(Involutionsformen). Meist, in frischer Kultur bei festen Nahrboden, 
sind es Diplokokken oder kleine Haufen zu 4 oder rnehr, die einzelneu 
Kokken oft von verschiedener Form und GroBe; in fliissigen Nahrboden 
wird ofter Kettenform beobachtet. Ich fand auf den kiinstlichen Nahr¬ 
boden die Form oft seitlich abgeplattet, also nicht oval, und in 
den Ketten immer eine paarweise Anordnung. 

Der Enterococcus ist immer grampositiv und nur fakultativ an- 
aerob; er wachst auf alien gebrauchlichen N&hrbbden, auch schon bei 
Zimmertemperatur (diagnostisch wichtig gegenuber Strepto- und Pneumo¬ 
kokken); er begniigt sich mit den armlichsten Medien, seine Stotfwechsel- 
produkte zeigen keine zucker- und eiweiBverdauenden Eigenschaften, und 
ist er ein starker SSurebildner. Sein Wachstum war bei den von mir 
untersuchten Stammen. abgesehen von seltenen, nur ganz geringen Ab- 
weichungen, flbereinstimmend folgendes: 

Bouillon: Nach 18—24 Stunden gleichmSBig getriibt; nach weiteren 
24 Stunden hat sie sich langsam aufgekliirt, und bildet sich am Boden 


1) 1. c. p. 66. 


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Schmitz, Ueber Enterokokken. 


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eine weiCiiche, schleimige, fadenziehende Masse, welche beim Schiitteln 
als ein zusammenhangender, dicker Faden in die Hohe steigt. 
Die Franzosen sagen sehr zutreffend: „un depot blanc, qui sYsleve 
sous forme de vrille“. Beim Streptococcus lacticus fand ich 
nach 2 Tagen eine gleichmiiBige Triibung der Bouillon, dann Bildung 
eines Bodensatzes, der sich beim Schiitteln kriimelig erhebt. 

Auf festen Nahrboden, wie Agar, Glyzerinagar, Ascitesagar, zeigt 
er schon bei Zimmertemperatur ein schwaches, aber deutlich sichtbares 
Wachstum (kraftiger ist dasselbe bei 37° C) in Gestalt von feinen, rund- 
lichen, hellen, durchsclieinenden Kolonieen. 

Auf Blutagar gedeiht er tippig als durchsichtige, schleimige, 
leicht zusammentiieBende, manchmal fadenziehende Masse. 

Auf Maltoseagar, Eiernahrboden (wie fiir Tuberkelbacillenkulturen) 
und vor allem in zuckerhaltigen Nahrboden (zumal in tiefem 
Traubenzuckeragarstich) ist sein Wachstum ein SuBerst starkes 1 ); die 
verschiedenen Zuckerarten sind auf den Grad des Wachstums ohne 
EinfluB, eine Verg&rung findet nicht statt. 

Auf Lackmusmilchzuckeragar wachsen in 24 Stunden bei 
37° C iippige, fein granulierte, durchscheinende, rote Kolonieen mit 
einem dunklen Zentrum. 

Gelatine: Nach 2 Tagen bei 23° C beginnendes Wachstum feinster, 
heller, durchscheinender Kolonieen langs des ganzen Impfstiches; keine 
Spur von Verfliissigung, auch nach weiteren 14 Tagen nicht. 

Der Enterococcus bringt Milch nicht zur Gerinnung, siiuert sie 
aberschnell; er zeigt keine Hamolyse. Der Streptococcus lacticus 
zeigt nach den meisten Autoren [Kruse 2 ), Puppel 3 ), Yoichiro, 
Saito 4 )] Hamolysinbildung. Ich nahm Blutagarplatten und hielt sie 
3—5 Tage unter Beobachtung, fand aber nie eine Spur von Hamolyse. 

Sauregehalt des Nahrbodens hemmt das Wachstum, bzw. hebt es 
ganz auf (nach den Franzosen bei einem Sauregehalt von 2,4 Proz.). 

Endlich soli nach franzosischen Autoren der Enterococcus im 
Serum junger Kaninchen niemals als Diplococcus mit Kapsel, sondern 
vielfach in Haufen verwickelter Ketten wachsen (im Gegensatz zum 
Pneumococcus) und sehr gut auf menschlicher Placenta gedeihen. 
(Beides habe ich nicht gepriift.) 

Zur Tierpathogenitat iibergehend, ist vorweg zu bemerken, 
daB hieruber auch bei den franzosischen Forschern keine Einigkeit zu 
herrschen scheint. 

Kaninchen gelten im allgemeinen als wenig empfanglich, hohe 
Dosen sind bei intraperitonealer und subkutaner Applikation notwendig. 
Die Tiere sollen an Kachexie in 2—3 Wochen zugrunde gehen (Tliier- 
celin), nach anderen Autoren, z. B. Bezanqon, schon in 24—48 
Stunden an Septik&mie. 

Meerschweinchen sind nach Mac6 gar nicht pathogen, nach 
Thiercelin wenig empfanglich; doch sterben auch sie liingere Zeit 
nach der Infektion mit groBen Dosen. Manchmal kommt es nur zu lo- 
kalen Abscessen mit typischem, schleimigem, fadenziehendem Eiter, zu- 
weilen bleibt das Resultat negativ. 

1) Nach miindlicher Mitteilung hat Prof. Czaplewski dieeelbe Erfahrung bei 
„Streptokokken, Pneumokokken und ahnlichen Arten“ gemacht. 

2) 1. c. p. 999. 

3) Zeitacbr. f. Hyg. Bd. 70. 1911. 

4) Arch. f. Hyg. Bd. 75. 


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Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Sehr empfanglich sollen weiBe Miiuse sein; schon nach ganz ge- 
ringen Dosen sollen sie in 1—2 Tagen eingehen. Abgesehen von einer 
weichen. etwas geschwollenen Milz fehlen Organveranderungen. Im Blut 
und diarrhoischen Stuhl findet man die Enterokokken als Diplokokken 
mit Kapseln. 

Meine Tierversuche habe ich mit 3 St&mmen (aus Stuhl, Ham, 
Eiter) gemacht, aber niemals Tiere sterben sehen, und nie im Blut 
Enterokokken gefunden. Einen Grund hierffir kann ich nicht finden; 
es ist moglich, daB ich die Tiere nicht lange genug beobachtet habe (ich 
will die Yersuche bei Gelegenheit wieder aufnehmen). 

Was die Pathogenitat des Streptococcus lacticus betrifft, so 
konnte Baehr 1 ) keine Virulenz im Tierversuch finden; Brfining 2 ) 
faud unter 40 Milchstreptokokken nur lmal einen ffir Mause virulenten 
Stamm. Auch nach Heim 3 ) ist er kein Krankheitserreger, ebenso ver- 
ursacht er nach Kruse 4 ), soweit bisher bekannt, „keine Krankheiten 
bei Tieren und Menschen u . Nur Heinemann 5 ) sail nach wiederholter 
Tierpassage (Kaninchen) eine ausgesprochene Pathogenitat. 

Es fragt sich nun, welche SchluBfolgerungen lassen sich aus 
den obigen Betrachtungen zielien? Ich neige der Ansicht zu (auf Grund 
eingehenden Studiums der franzosischen Originalarbeiten und meiner 
eigenen Beobachtungen), daB die Enterokokken einerseits eine Zwischen- 
stufe zwischen deni Streptoc. pyogenes und deni lanceolatus 
(Pneumococcus) bilden, andererseits mit deni Streptococcus lac¬ 
ticus eng verwandt, aber nicht identisch sind. Einen strikten, matlie- 
matisch genauen Beweis hierffir zu erbringen, bin ich allerdings nicht 
in der Lage, aber die folgenden Ueberlegungen dfirften meine Auffassung 
sttitzen. Zunachst ist liier die Tatsache zu wiederholen und zu betonen, 
daB den franzosischen Forschern fibereinstimmend der Enterococcus 
als eine besondere Bakterienart gilt und als solche in ihren Lelir- 
bfichern besonders beschrieben wird. Bezanqon z. B. beginnt, nachdem 
er die verschiedenen Formen der Streptokokken besprochen hat, das 
Kapitel „Entdrocoque u mit den Worten: „Du streptocoque il faut rap- 
procher une esp&ce microbienne, qui a souvent sans doute 6td confondue 
avec lui et qui a individualise par Thiercelin sous le nom d’entdro- 
coque. u 

G. Jacobson 6 ) fand im Stuhl gesunder, brustgenahrter Saug- 
linge einen „Pseudoentdrocoqud tt !! 

Auch bei Angabe von allgemeinen Farbemethoden etc. werden neben 
den Streptokokken und Pneumokokken die Enterokokken immer be¬ 
sonders aufgeffihrt. 

In keinem franzosischen Werke habe ich eine Angabe fiber Identitfit 
der Enterokokken mit dem Streptococcus lacticus gefunden. 
Ebensowenig ist mir bekannt, daB letzterer im Gallenblaseninhalt, im 
Auswurf, im Eiter, Lumbalpunktat und im Blut gefunden wurde, wie 
auf der anderen Seite der Streptococcus enteritidis (Escherich) 
meines Wissens nur bei Sauglingen, nie bei Erwachsenen, ge¬ 
funden ist. 


1) Arch. f. Hyg. Bd. 72. 1910. 

2) Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 62. 1905. 

3) Lehrbuch. 3. AufJ. p. 467. 

4) 1. c. p. 138. 

5) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 40. 1907. p. 289. 

6) Annates de l’lnstit. Pasteur. T. 22. 1908. p. 322. 


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Schmitz, Ueber Enterokokken. 


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Dafiir, daB ich ihn so selten im Stuhl fand, habe ich oben schon 
zwei Moglichkeiten der Erklarung abgegeben. Unter raeinen Fallen er- 
schien er nun 2mal im Stuhl fast in Reinkultur. Auch hierfiir koinmen 
zwei Moglichkeiten in Betracht, einmal ein rein mechanisches Moment; 
die durch eine alimentare SchUdlichkeit gereizte Darmwand beantwortet 
diese mit einer vermehrten Peristaltik. Die beschleunigte Fortbewegung 
des Darminhalts laBt aber eine Entwickelung der anderen, nortnaler- 
weise erst im Dickdarm auftretenden Bakterien nicht zu (aus Mangel an 
Zeit) und im Stuhl erscheint nun das Bild der Dunndarmflora, deren 
Hauptvertreter ja auch beim Erwachsenen der Enterococcus sein soil. 
Oder aber infolge einer alimentaren Toxikose (im Sinne von Czerny 
und Keller) tritt im Darm eine ungewohnlich starke Vermehrung des 
Enterococcus, bzw. eine abnorm starke Zunahine an Lebenskraft eines 
Teiles der Enterokokken, also ein Ueberwuchern besonders virulenter 
Keime auf, die dann weiterhin bei der Passage durch den Dickdarm im 
Kampfe mit dem B. coli und anderen Sieger bleiben. 

Ob in meinen Fiillen von Enteritis etc. die Enterokokken allein Oder 
in Symbiose mit Coli eine Stiologische Rolle spielen, mochte ich auf 
Grund der wenigen F&lle nicht entscheiden. Einstweilen mochte ich 
mich der Ansicht Sittlers anschlieBen, daB nach Entstehen einer Dys- 
pepsie die in abnorm groBer Zahl und am unrichtigen Ort (Dickdarm) 
mit groBer Virulenz zur Entwickelung gekommenen Enterokokken eine 
sekund&re Sch&digung bedingen. Der Nachweis im Eiter aber ohne 
andere Bakterien Oder Eiterkokken bei den verschiedenen entzundlichen 
Prozessen in der Bauchhohle scheinen mir doch fur die Pathogenitat 
der Enterokokken zu sprechen; der positive Blutbefund bei Sepsis er- 
innert an die Falle von „Colisepsis“, wie sie letzthin von Brian 1 ) (Koln) 
beschrieben sind. 

Durch obige Ausfuhrungen bin ich mir wohl bewuBt, keineswegs die 
Frage der Enterokokken endgiiltig gelost zu haben, glaubte aber meine 
an Erwachsenen gemachten Beobachtungen doch veroffentlichen zu 
milssen. Die Diagnose scheint mir unter gleichzeitiger Berucksichtigung 
aller in Betracht kommenden Faktoren wohl moglich; die Kulturen 
mfissen bei 37° C und bei Zimmertemperatur beobachtet werden. Auch 
muB man auf der anderen Seite die Worte Trautmanns 2 ) beherzigen: 
„ein aus seinem jeweiligen Standort herausgegriffenes Bakterium ver- 
fOgt sicherlich nicht immer iiber alle ihm an sich zukommenden Eigen- 
schaften u ... Ob meine SchluBfolgerungen zu Recht bestehen, mflssen 
weitere Uutersuchungen zeigen; zu solchen angeregt zu haben, sollte 
mich freuen. 

Den Worten Kruses 3 ) aber: „Die Laboratoriumserfahrung des 
einzelnen, mag sie noch so vielseitig sein und sich auf ein halbes 
Menschenleben voll Arbeit griinden. ist ja freilich kaum mehr als ein 
Tropfen in dem vollen Becher der Wissenschaft“, mochte ich die Worte 
entgegenhalten: „Jeder Tropfen hbhlt den Stein“. Von diesem Gesichts- 
punkt aus schien mir meine kleine Beobachtungsreihe der Mitteilung wert. 

Koln, 15. August 1912. 


1) D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106. 1912. 

2) Diskussion arztl. Verein Hamburg, Sitzung 20. Februar 1912. 

3) Allgemeine Mikrobiologie, Vorwort. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Nachdruck verbolen. 

Untersuchungen liber das Virus des Molluscum con- 

tagiosum 1 ). 

[Aus dem Hospital der Senembah-Maatschappij zu Tandjong Morawa, 
Deli (Sumatra) (Vorstand: Dr. W. Schiiffner).] 

Von Prof. Dr. A. Leber, Gottingen. 

Trotz der umfangreichen Untersuchungen, die sich mit der Aetio- 
logie des Molluscum contagiosum und des ihm nahverwandten Epithe¬ 
lioma contagiosum der Tauben und Hiihner befaBt haben, ist deren end- 
giiltige Klarung noch nicht gelungen. Die Falle von Einzeltatsachen 
und deren scheinbare Beziehungen, die diese Beobachtungen ergeben 
haben, lassen sich kaum im Rahmen unserer bisherigen Kenntnisse in 
urs&chlichen Zusammenhang bringen. Die Mitteilung der folgenden 
Untersuchungen, die wegen Beendigung der Reise in dem gastfreien 
Hospital der Senembah-Maatschappij, wo sie ausgefuhrt wurden, nicht 
fortgesetzt werden konnten, mag daher gerechtfertigt erscheinen, um so 
mehr als sie von einiger Bedeutung erscheinen, fur den Fall es gelingen 
sollte, auch beim europaischen Molluscum contagiosum ahnliche Befunde 
zu erheben. 

Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf 9 Falle von Molluscum 
contagiosum, saintlich Kontraktarbeiter der Senembah-Maatschappij, teils 
chinesische Kulis, teils javanische Arbeiter, von denen nur zwei lediglich 
ihrer ausgedehnten Molluscumaffektion wegen dem Hospital zugefuhrt 
wurden, wahrend die ubrigen wegen geringftigiger Erkrankungen, leichter 
Bronchitiden oder Verletzungen zur Behandlung kamen. In alien diesen 
Fallen ergab die inikroskopische Untersuchung des Molluscuminhaltes 
die oft beschriebenen Befunde, typische Molluscumkorperchen 
(Henderson u. Paterson), in deren Auffassung als Zelldegenerations- 
produkte die neueren Beobachter sich einig sind. dazwischen aber in 
groBer Zahl die an der Grenze des Sichtbaren und mit alien Methoden 
subtiler Farbetechnik nachweisbaren kleinsten und haufig gedoppelten 
Elementarkorperchen [Lipschutz (1, 2)). Sowohl die Dar- 
stellung mit der Loefflerschen GeiBelfarbung, wie mit der feuchten 
Farbung nach Giemsa zeigte eindeutige Bilder, die genau in Einklang 
standen mit den Resultaten, welche die Vitalfarbung mit Brillantkresyl- 
blau oder Methylenblau (Farbstoff in physiol. NaCl-Losung mit oder ohne 
spurweisem Zusatz von Alkali) ergab. Neben diesen beiden vorerwahnten 
Elementen fiel bereits bei diesen Untersuchungen das Vorkommen etwas 
groBerer, run der bis ovaler, kokkenahnlicher Korper auf, von 
schwankender Zahl, die, im Vitalpraparat schwach gefarbt, sich aber 
auch bei Dauerfarbungen nachweisen lieBen. Bei einer neuen Durch- 
musterung friiherer Praparate, die in Samoa gewonnen wurden, faud 
ich auch in diesen dieselben Gebilde, wenn auch in geringerer Zahl, 
aber ebenfalls in Gesellschaft von groBen Molluscum- und kleinsten 
Elementarkorperchen. Hinsichtlich der Form stehen die Gebilde in einer 


1) Von einer Reise in die Siidsee von Dr. A. Leber und Dr. S. v. Prowazek, 
mit Unterstiitzung des Reichskolonialamts, dee Hamburger Staate, der Grofiherzogl. 
Badischen Regierung, der Grafin Boe e- Stiftung und privater Forderer der Wiesenschaft. 


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Leber, Untersuchungen iiber daa Virus* des Molluscum contagiosum. 


59 


Reihe mit den Kokken, zeigen aber erhebliche Schwankungen der GroBe, 
deren Mittel etwa einen Durchmesser von 1,2 /< betriigt; hinsichtlich der 
FSrbung ist zu erwahnen, daB ihr tinktorielles Adsorptionsvermijgen 
ebenfalls ungleichmaBig ist, so daB neben intensiv gefSrbten blassere 
vorkommen. Bei der Giern sa-FSrbung ist die Aufnahine auch der 
roten Farbstoffkomponente meist deutlich. Diese Befunde, die wegen 
ihres unregelm&Bigen Vorkommens und ihres wenig charakteristischen 
Geprages ursprunglich als saprophytare Mikroorganisnien bakterieller 
Natur angesprochen wurden, traten in erheblicherer Menge bei den 
folgenden Beobachtungen in die Erscheinung. 

Bei Kulturversuchen namlich mit dem Inhalt von Molluscum- 
eruptionen, der steril aus deren Tiefe entnommen und in frisches mensch- 
liches Serum zur Kultur unter anaerobeu Bedingungen ubertragen wurde, 
zeigte sich unter den Bedingungen des Versuches eine Vermehrung 
dieser Gebilde. Die Experimente werden in der Weise angestellt, daB 
das in der geschilderten Art entnommene Ausgangsinaterial in einen 
kleinen Tropfen jeweils frisch in sterilen Kapillarpipetten entnommenen 
menschlichen Serums ubertragen und mit diesem iiber einem hohl- 
geschliffenen Objekttr&ger luftdicht abgeschlossen wurde. Ein Teil der 
Versuche wurde bei Zimmertemperatur (durchschnittlich 28° C), ein 
anderer Teil im Briitschrank bei 37° C belassen, samtliche Versuchs- 
requisiten sorgf&ltig vorher sterilisiert und von jedem zur Kultur ver- 
wendeten Serum die erforderlichen Parallelkontrollen angestellt. 

In den beschickten Kulturmedien trat bereits nach 48 Stunden eine 
Verinehrung der verimpften Formelemente auf. die nach lingerer Zeit 
sogar durch eine deutliche Triibung des Serums makroskopisch wahr- 
nehmbar wurde. Die mikroskopische Untersuchung der Kulturen zeigte 
in der ersten Generation, meist noch nach langerer Zeit, allmahlich aber 
wohl durch Autolyse verschwindend, mehr oder weniger zahlreiche, ver- 
einzelt oder in Haufen gelagerte Molluscumkorperchen. Zwischen diesen 
fanden sich auBerdem Elementarkorperchen von wechselnder Menge, 
ebenfalls in Haufenform oder isoliert, dann meist in erheblicher tanzender 
Bewegung, die bei den ElementarkSrperchen des Molluscutn so charak- 
teristisch ist, daB sie Prowazek (3) zum Ausgangspunkt seiner Be- 
rechnung ihrer GroBenverhiltnisse benutzt hat. Die bei der ersten 
Generation einer Kultur berechtigte Annahme einer anscheinenden 
Elementarkorpervermehrung durch Lockerung des ursprunglich kom- 
pakten Uebertragungsmateriales fallt bei den weiteren Generationen fort, 
die zur Ausschaltung der vorerwahnten Tiuschungsmoglichkeit unter 
progressiven Verdiinnungen angestellt wurden, nach Art des iiblichen 
Plattenkulturverfahrens. Auch in diesen mit wenig Impfmaterial be- 
schickten Kulturen fanden sich dieselben Elemente, ausschlieBlich der 
groBen Molluscumkorper, und zwar vor allem in Slteren Kulturen gleich- 
zeitig mit den kokkenartigen oben geschilderten Gebilden. In der 
Absicht, iiber die Beziehungen dieser verschiedeneu offenbar vermeh- 
rungsfiihigen Gebilde: der eben noch sichtbaren Elementarkorperchen 
einerseits und der kokkeniihnlichen Elemente andererseits Klarheit zu 
gewinneu, wurden an fortgeschrittenen Kulturen Filtrate hergestellt. 
MaBgebend dafiir waren die wichtigen Beobachtungen von M. Julius- 
berg (4, 5), der in F.rganzung ahnlicher Beobachtungen von Marx 
und Sticker (6) beim Epithelioma contagiosum der Hiihner nachweisen 
konnte, daB, wie dieses Virus, auch dasjenige der Huhnerpocke und des 
Molluscum contagiosum filtrierbar sei. Es gelang ihin, mit filtriertem 


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Virus, merkwiirdigerweise unter verliingerter Inkubation, Impfiiber- 
tragungen auszufiihren, fiir deren verzogertes Angehen er Wachstums- 
vorgange verantwortlich macht. Unter diesen Voraussetzungen muB nun 
auch das Virus, falls es uberhaupt kultivierbar ist. in seiner Kultur 
filtrabel sein, zum mindesten in einein bestimmten Stadium seiner Ent- 
wickelung. — Ivulturen, die bei Immersion und stiirkster Abblenduug 
als geeignet erschienen, wurden deshalb durcli ein Berkefeld-Mikro- 
filter filtriert, mit frischem Serum versetzt und weitergeziichtet. Da mir 
das Verfahren unter den schwierigen Bedingungen des sumatranischen 
Klimas, das selbst bei peinlichster Sorgfalt unvermeidbareu Verun- 
reinigungen Vorschub leistet, noch nicht zuverlassig genug erschien, 
wurden die spateren Filtratkulturen in der Weise gewonnen, daB die 
Impfung von Anfang an in einer groBeren Serummenge vorgenommen 
wurde. Wenn sich durch einen schwachen Bodensatz eine Vermehrung 
der fraglichen Gebilde anzeigte, wurde die Gesamtmasse des Kultur- 
mediums durch ein Iierkefeld-Mikrofilter filtriert, das sich fiir Ivokken 
und Bacillen als undurchlassig erwiesen hatte und das vor der Filtration 
in Verbindung mit detn Aufnahmezylinder mehrere Stuuden im strbinen- 
deu Dampf sterilisiert worden war. Nach der Filtration wurde das 
System nicht mehr geoffnet. Nur so erschien es moglich, die Gefahren 
der stets drohenden uud bei anderen Kulturversuchen auftretenden Ver- 
unreinigungen zu vermeiden und die folgenden Resultate auf einen im 
Molluscum selbst vorkommenden Organismus zu beziehen. 

Wiihrend ich von dem ersten der zur Kultur verwendeten F&lle: der 
Javanin No. 2777 nur zwei Generationen ziichtete, von denen die zweite 
noch nach 3 Wochen gut farbbare Formelemente aufwies, gelang es bei 
den beiden anderen Versuchsreihen, bis zu deren AbschluB eine groBere 
Reihe, und zwar von dem Kuli No. 2972 neun, von dem Chinesen Clioe 
Ten Choe zehn Kulturgenerationen zu erzielen, und zwar in der Weise, 
daB bei Kuli No. 2927 Generation VI und VIII, bei Choe Ten Choe 
Generation VI, VIII und IX in der geschilderten Weise filtriert und 
dann weitergeziichtet wurden. Das iiberraschende Resultat: Auftreten 
von groBeren, runden bis ovoiden, 0,6—1,7 /t im Durchmesser betragen- 
den Korpern in den Filtratkulturen wiederholte sich stets, und zwar 
nahmen sie an Zahl entsprechend dem Alter der Ivulturen zu. AuBer 
ihnen fanden sich aber stets die kleineren Elementarkorper, die in 
kleineren Oder groBeren Haufen zahlenmiiBig den groBeren Formen iiber- 
legen waren. Besonders geeignet fur die Beobachtung erwies sich auch 
hier die Vitalfarbung, die namentlich bei Anwendung von Methylenblau 
schbne Bilder ergab und dem Einwand, es kbnne sich urn Artefakte bzw. 
Niederschlage handeln, begegnet. Die kleinsten KSrperchen zeigten sich 
wie eingelagert in eine zoogloeaartige Grundmasse, die mehr als die 
Elemente selbst den Farbstoff annahm, so daB diese sich in starkerer 
Lichtbrechung von dem bliiulichen Ton der Matrix abhoben. Gar nicht 
selten waren an der Peripherie derartige Haufen groBerer Korperchen 
nachweisbar, deren Zusammenhang mit dem Konvolut so weit gelockert 
war, daB sie in zarter Bewegung vibrierten, wiihrend die Hauptmasse 
selbst unbeweglich erschien. Bei den isolierten Formen fanden sich 
hiiufig Ueberg&nge zwischen kleinen und groBeren, so daB es den An- 
schein hatte, als ob die letzteren durch Wachstum aus den ersteren 
entstehen. Eine Reihe weiterer Beobachtungen macht dies noch wahr- 
scheinlicher: Vor allem bei progressiver Fiirbung erscheint in den 
groBeren Elementen eine Differenzierung des Inhalts, so daB innerhalb 


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Leber, Unterauchungen tiber daa Virus des Molluscum contagiosum. 


61 


des im ganzen nur schwach gefarbten Gebildes ein meist wandst&ndiges 
Innenkom starkerer FSrbung eine gewisse Aehnlichkeit mit einem Kern 
aufweist. Sowohl bei diesen, wie bei den homogen gefarbten Elementen 
fanden sich nun gelegentlich der auBeren Peripherie anliegend oder auch 
mit dieser noch in Zusammenhang kleinste Elemente, deren Form und 
Lagerung am ehesten dem Produkt einer Sprossung entsprach. Das 
erschien um so wahrscheinlicher, als auch gerade die grofieren Elemente 
in runder oder ovoider Form nicht selten doppelt gelagert sind und als 
Stadien einer Teilung oder Sprossung erscheinen. Die gelegentliche 
Beobachtung dreier derartig iu Zusammenhang gelagerter Gebilde darf 
diese Annahme wohl unterstiitzen. 

Die Frage, welcher Natur diese Gebilde sind, laBt sich nach den 
bisherigen Beobachtungen nicht mit Sicherheit entscheiden, so be- 
strickend es auch sein mag, aus den beschriebenen Formelementen 
einen Entwickelungszyklus zu konstruieren, durch den eine Reihe der 
bisherigen Beobachtungen ihre Erklarung finden wiirde. Es ist das 
schon deshalb nicht ang&ngig, weil bei den allerdings wenigen Impf- 
versuchen mit Kulturen das Experimentum crucis, die Uebertragung 
nicht gelungen ist. 

Es bieten aber schon Impfungen mit genuinem Molluscummaterial 
gewisse Schwierigkeiten, da sie durchaus nicht immer gelingen (Lip- 
schfitz), und selbst wenn dies der Fall ist, durch einen atypischen 
Verlauf, wie ihn Knowles (7) gezeigt hat, dem Versuch keine absolute 
Beweiskraft verleihen. Es sei nur der Vollstandigkeit wegen erwahnt, 
daB bei raeinen Uebertragungsversuchen, die ich mit Filtratkulturen an 
mir selbst vornahm, diese Kulturen auf meiner Haut ebenso reagierten, 
wie die weiter uuten besprochenen Extrakte aus natiirlichen Molluscum- 
eruptionen. Nach Riickgang der lokalen Reizung, die mehrere Tage 
anhielt, trat an den betreffenden Stellen etwa nach 1 Woche eine kleine, 
knotchenformige Hauteinlagerung auf, die nach weiteren 2 Wochen ver- 
schwand und die dem Aussehen nach an die von P, S, Abraham (8) 
beschriebenen eingelagerten Molluscumformen erinnerte. — Bei meinen 
Uebertragungsversuchen auf die Haut und die Cornea niederer Affen 
von Inuus nemestrinus und Inuus cynomolgus ist es mir 
ebensowenig wie den friiheren Autoren Ebert, Hofmann, Salmon 
gelungen, Molluscum hervorzurufen. 

Wie J uliusherg gezeigt hat, haben Uebertragungen mit filtrablem 
Virus eine verlangerte Inkubation, der negative Ausfall von Impfungen 
mit Filtratkulturen ist somit nicht ohne weiteres im negativen Sinne 
verwertbar. Es ist sehr wohl moglich, daB gewisse im Molluscum selbst 
enthaltene Entwickelungsstufen nur zur Uebertragung sich eignen, wah- 
rend sie im Filtrat bzw. in den Filtratkulturen zu Anfang wenigstens 
fehlen. 

DaB tatsachlich die von Lipschiitz als atiologisches Moment an- 
gesprochenen Elementarkorperchen vermehrungsfahig und somit fur die 
Aetiologie in Betracht kommen, dafur spricht deren Vermehrung in 
den verwandten Kulturmedien. Nach der Filtration nur sparlich, mit 
Vitalfarbung oder im Dunkelfeld aber in der charakteristischen Form 
mit Bewegungseigentiimlichkeiten nachweisbar, nehmen sie allmahlich zu 
und kommen spater in Gesellschaft der groBeren Formen vor, die trotz 
einer gewissen Aehnlichkeit nicht mit den von Galli-Valerio (9), 
S an f el ice (10), Sabella (11), Casagrandi (12) beschriebenen 
Blastomyceten und Hyphomyceten tibereinstimmen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Die Frage, wie der Organism us und durch welche bio- 
logischen Reaktionen er auf die Infektion reagiert, deren 
klinischen Ausdruck wir als Molluscum contagiosum bezeichnen, ist bei 
der bisherigen ungeniigenden Kenntnis des Virus noch kaum einer Be- 
trachtung unterzogen worden. Die Tatsache, daB in manchen Fallen 
Uebertragungen auBerordentlich leicht, in anderen (iberhaupt nicht ge- 
lingen, daB es ferner bei den ersteren ebenso wie unter den natfirlichen 
Infektionsbedingungen zu stark generalisierten Eruptionen kommen kann, 
legen die Vermutung nahe, daB individuelle Disposition unerlaB- 
licli ist fiir die Infektion, genau so wie sie fiir eine Reihe bakterieller 
Infektionen die Conditio sine qua non ist. Die Individuen, die sich 
einer Impfiibertragung gegeniiber refraktar zeigen, durften dieser Dis¬ 
position wolil entbehren, nicht aber, wie man annehmen konnte, sich 
in einem Zustand natiirlicher oder erworbener Immunitat befinden, da 
wir nach Versuchen von LipschOtz (1) wissen, daB bei Molluscum- 
kranken Superinfektionen gelingen. Um nun zu entscheiden, ob und 
in welcher Weise eine allgeineine Anteilnahme des Organismus an dem 
spezifischen InfektionsprozeB statthat, ob im Verlauf der Erkrankung 
eine Allergie im Sinne v. Pirquets eintritt, wurden die folgenden Be- 
obachtungen ang'estellt: Zur Priifung wurden als biologische Reagentien 
Extrakte verwandt, die aus exzidierten Molluscumeruptionen in der Weise 
hergestellt wurden, daB die organische, virushaltige Grundmasse mit 
physiologischer Kochsalzlosung (0,85-proz.) im Verhaltnis 1:5 oder mit 
Alkohol absolutus im Verhaltnis 1:7 zu einem homogenen Extrakt ver- 
arbeitet wurde. — Bei Anwendung dieser Extrakte zu Komplement- 
bindungsversuchen mit dem Serum von molluscumkranken Patienten, 
deren Ausfuhrung ich der Giite des Herrn Dr. W. Schiiffner verdanke, 
konnte bei keinem unter einer groBeren Reihe von Fallen eine spezifische, 
im Sinne eines positiven Antikorperbefundes zu deutende Reaktion nach- 
gewiesen werden. — Bei dem oft scharf umschriebenen und auch ana- 
tomisch gegen die Umgebuhg streng isolierten Charakter der Erkrankung 
war es geboten, die vorhergeheuden, durch Reaktionen in vivo zu er- 
ganzen, deren Einwirkung auch ortlich zu umgrenzen war. 

Kutanreaktionen wurden deshalb nach Art der von v. Pirquet 
angegebenen Tuberkulinreaktion mit den oben erwahnten Extrakten an- 
gestellt. 

Bei den 7 Patienten, die der Untersuchung unterzogen wurden, 
verlief in alien Fallen die Reaktion negativ, im Gegensatz zu einem 
Vorversuch an mir selbst, der eine deutliche reaktive Entziindung er- 
geben hatte. Zur Kontrolle dieser unerwarteten Tatsache wurde dann 
bei einer Reihe von 12 Arbeitern, die unter denselben Bedingungen wie 
die Molluscumkranken ihrer Arbeit nachgingen, die Reaktion angestellt. 
Das Resultat ergibt die folgende Tabelle, bei der auch noch der Befund 
48 Stunden nach Ausftihrung der Reaktion verzeichnet ist. 

Aus der Tabelle ist ohne weiteres ersichtlich, daB in den Eruptionen 
des Molluscum contagiosum extrahierbare Substanzen enthalten sind, 
die, nach Einbringung in die Haut, bei gewissen molluscurafreien mensch- 
lichen Individuen eine toxische Wirkung ausilben, wie sie in der 
reaktiven Hautentzundung nachweisbar ist. Ob diese Wirkung durch 
das Virus selbst oder durch ein von ihm produziertes Toxin ausgelost 
wird, bleibt dabei noch unentschieden. Beinerkenswert ist aber jeden- 
falls die Tatsache, daB das w&sserige Extrakt sich durchweg wirksamer 
erwies als das alkoholische, bei dessen Anwendung gelegentlich gar keine 


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Leber, Untersuchungen fiber das Virus dee Molluscum contagiosum. 63 


Kutanreaktion mit Molluscum contagiosum-Extrakten 
bei normaleu Individuen. 


Reaktion am 27. Okt. 1911 angestellt. 


Journ.-No. 


Alkoholiscber 
M. c.-Extrakt 

Wasseriger 

M. c.-Extrakt 

Kontrolle 

3689 

28. 

Okt. 

0 

0 

0 


29. 


+ 

+ 


3690 

28. 


+ + 

+ + 

0 


29. 


0 

0 


3691 

28. 

If 

+ 

+ 

0 


29. 

>> 

+ 

+ 


3692 

28. 


0 

0 

0 


29. 


0 

0 


3693 

28. 


0 

0 

0 


29. 


0 

0 


3694 

28. 


0 

+ 

0 


29. 


0 

+ 


3695 

28. 

tJ 

++ 

+ + + + 

0 


29. 


+ 

+ + 


3696 

28. 


+ 

++ 

0 


29. 


+ 

+ 

0 

3697 

28. 


0 

0 

0 


29. 


0 

0 

0 

3698 

28. 

» 

++ 

+ + 

0 


29. 


0 

0 

0 

3699 

28. 


0 

4- 

0 


29. 


0 

0 

0 

4000 

28. 

>» 

+ + 

++ 

0 


29. 

>1 

++ 

++ 

0 


Reaktion auftrat, w&hrend bei demselben Individuum das wasserige 
Reagens einen positiven Ausfall ergab. 

Fur die Annahme, daB die Wirkung tats&chlich auf das Virus selbst 
und nicht auf ein indirekt von diesem ausgelostes toxisches Produkt zu- 
ruckzufuhren ist, spricht das Ergebnis der folgenden Toxin bind ungs- 
versuche. Bei diesen wurde eine kleine Extraktinenge bei 28°zur Ein- 
wirkung gebracht auf Oberhautepitbelien, die durch Abschaben der Epi¬ 
dermis gewonnen waren. Die Reaktion wurde mit dem Bindungsextrakt 
in der gewohnten Weise vorgenommen, nachdem die Einwirkung des Anti¬ 
gens auf die ektodermalen Elemente 15 Stunden gedauert hatte. Es zeigte 
sich hierbei eine deutliche Abnahme der Reaktionsintensitat, 
die bei Fall No. 3695 sehr auffallig war. Die Erscheinung, die kaum 
anders als das Resultat einer elektiven Affinitfit der epithelialen Elemente 
zu dem Extrakttoxin gedeutet werden kann, laBt sich auch nachweisen, 
wenn man vor der Reaktion den Epithelien die Moglichkeit bietet, sich 
mit anderen, sie leicht durchdringenden Stoffen zu beladen. Bekanntlich 
durchdringen die meisten Alkaloide die Protoplasten fiuBerst schnell, 
wobei die Alkaloidsalze, die in Aether und fetten Oelen unlSslich sind, 
eine geringere Giftwirkung entfalten als die freien Alkaloide. Obwohl 
diese demnach f(lr Bindungsversuche geeigneter sein miissen, konnte ich 
nur als die einzig verfflgbaren Alkaloidsalze zu meinen Beobachtungen 
verwenden. Aber auch bei Anwendung dieser zeigte sich, daB nach 
voraufgegangener Einwirkung auf die sonst sehr empfindliche Cutis der 
Patientin No. 3695 an den betreffenden Stellen, von denen das iiber- 
schdssige Alkaloid durch Abwischen entfernt wurde, die Reaktion sehr 
viel weniger intensiv ausfiel, als an den nicht vorbehandelten Stellen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Zu den Versuchen wurden die salzsauren Salze von Atropin, Cocain und 
Morphin verwandt in 1-proz. und 10-proz. bzw. gesattigter Losung. Ein 
Unterschied ira Ausfall war zwischen den verschiedenen Verdiinnungen 
der einzelnen Alkaloide nicht zu verzeichnen, wohl aber schien die 
Atropinlosung das Resultat der Reaktion minder zu beeinflussen als die 
des Cocains und Morphins, obwohl man gerade bei dem letzteren, das 
nach Overton langsamer in Pflanzen- und Tierzellen eindringt, die 
schwachste Hemmung hatte erwarten konnen. 

Die Frage, ob es sich bei dem Ausbleiben der Kutanreaktion bei 
den molluscumkranken Individuen um einen Zustand erworbener Immu- 
nitat handelt, laBt sich naturgemaB hieruach noch nicht entscheiden. 
Dazu ware eine groBere Reihe von Irapfiibertragungen erforderlich an 
Individuen, bei denen man die Reaktionsf&higkeit der Haut vor der 
Impfung gepruft hatte. Es ware das schon deshalb erforderlich, weil, 
wie die Tabelle zeigt, nicht alle molluscumfreien Individuen eine positive 
Kutanreaktion zeigen. Besonders wichtig ware der Versuch auch noch 
deshalb, weil bei einem Javanen (No. 3682) mit einer einzigen Molluscum- 
eruption, bei dem ich drei Kutanreaktionen vornahm, die eine direkt 
neben, die zweite etwas und die dritte weit entfernt von dem Infektions- 
herd, die letztere allein ein ganz schwaches, aber deutlich positives 
Resultat ergab, wahrend es bei den beiden ersteren ganz negativ w r ar. 
Immerhin spricht auch diese Beobachtung dafiir, daB trotz der Lokali- 
sation des Krankheitsprozesses in einem umschriebenen Bezirk des 
Organismus der biologische Zustand in dem iibrigen Teile nicht un- 
beeintluBt bleibt. 


Literatnr. 

1) Lipschiitz, B., Ueber mikroskopisch sichtbare, filtrierbare Virusarten. (Ueber 
Strongyloplasmen.) (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 48. 1909. p. 77.) 

2) —, Weitere Beitrage zur Kenntnis des Molluscum contagiosum. (Arch. f. Dermat. 
u. Syphilis. Bd. 107. 1911.) 

3) v. Prowazek, S., Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. 1911. 

4) Juliusberg, M., Ueber das Epithelioma contagiosum von Taube und Huhn. 
(Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 43.) 

5) —, Zur Kenntnis des Virus des Molluscum contagiosum des Menschen. (ibid. 
1905. No. 40.) 

6) Marx, E. u. Sticker, A., Untersuchungen fiber das Epithelioma contagiosum 
des Geflfigels. (Dtsche med. Wochenschr. 1902. No. 50.) 

7) Knowles, Molluscum contagiosum. (Journ. of the Amer. med. Assoc. Vol. 53. 
1909.) 

8) Abraham, P. S., Ueber einige Varietaten des Molluscum contagiosum. (Brit, 
med. Assoc. London 1910; Brit. med. Journ. 1910. p. 851.) 

9) Galli-Valerio, B., Notes de parasitologie et de technique parasitologique. 
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Ba. 39. p. 230.) 

10) Sanfelice, F., Ueber die pathogene Wirkung der Blastomyceten. (Zeitschr. f. 
Hyg. Bd. 26. 1897. p. 298.) 

11) S a bei la, P., Experimented Untersuchungen fiber das Molluscum contagiosum 
des Menschen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 50. 1909. p. 645.) 

12) Casagrandi, Sulla riproduzione sperimentale dei corpi inclusi nella cellule epi- 
dermicne dei noduli di mollusco contagioso. (Riforma med. 1911. No. 265.) 


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JastrembBky, Zur Frage ttber die Negrischen Korperchen. 


65 


Nachdruck verboton. 

Zur Frage iiber die Negrischen Korperchen. 

[Aus der Abteilung fflr experimentelle Medizin des Bakteriologischen 
Instituts in Kiew (Vorstand: Prof. W. Lin deman n).] 

Von Dr. D. Jastrembsky. 

Mit 1 Tafel. 

Die Negrischen Korperchen haben gegenwartig eine so groBe 
pathognostische Bedeutung fflr die Tollwut, daB nach ihrem Befunde 
allein die Diagnose „Lyssa u beim betreffenden Tiere gestellt wird. Desto 
interessanter und wichtiger scheinen uns die Mitteilungen einiger Autoren, 
daB auch bei anderen Erkrankungen und selbst im Gehirne ganz normaler 
Tiere die Gebilde, welche morph'ologisch von den Negrischen Korperchen 
nicht zu unterscheiden sind, gefunden werden konnen. 


So zeigte D. Pace, daB bei Menschen, die durch Hydrophobia ad exiturn kamen, 
in ihren Cerebrospinalganglienzellen Gebilde, die sich ganz typisch wie die Negrischen 
Korperchen farben lassen, zu finden waren. Aehnliche Gebilde von verschiedener GroBe 
finden sich auch bei Tieren und Menschen, sowohl bei normalen, wie auch bei solchen, 
die an anderen Krankheiten (nicht an Tollwut) zugrunde gehen. Man darf derartige 
Gebilde mit den Negrischen Korperchen, mit welcheu sie eine groBe Aehnlichkeit 
besitzen, nicht verwechseln. 

L. Dominicis fand im Zentralnervensystem, speziell in den Ammonshornern der 
Tiere und Menschen bei verschiedenen Entziindungsprozessen eigenartige Korperchen, 
welche er der Form und Farbe nach mit den Negrischen Korperchen identifiziert 
Der Autor macht darauf aufmerksam, daB solche Befunde bei aer mikroskopischen 
Untersuchung unter Umstiinden zu einer falschen Diagnose AnlaB geben konnen. 

Die Untersuchung des Gehirns in einera Tetanusfalle hat D. W. Poor die Ge- 
legenheit geboten, auf die kleinen Einschlusse, die er als den kleinen Formen der 
Negrischen Korperchen entsprechende Gebilde erklart, hinzuweisen. 

Ebenso wurden von Dominisco im Gehirne eines an Tuberkulose gestorbenen 
MenBchen die Negrischen Korperchen konstatiert. 

Lina Luzzani untersuehte das Ammonshorn und das Kleinhirn von 12 Katzen, 
welche tollwutverdachtig waren. Die mikroskopische Untersuchung ergab bei 2 Katzen 
sehr typische Lyssakorperchen; die Diagnose wurde auch durch eine Kontrollimpfung 
bestatigt. Bei 7 Katzen dagegen sind die beiden Proben negativ ausgefallen. Was die 
letzten 3 Katzen anbetrifft, so wurden in den Zellen ihrer Ammonshorner nur kleine 
Korperchen gefunden. Die GroBe derselben (*/.—*/„ g), ihre Lage im Protoplasma, 
deren geringe Menge in Serienschnitten, ihre Elektivfarbung nach Mann — alles 
zwingt den Autor zur Annahme, er hiitte es mit einem Anfangsstadium der Erkrankung 
zu tun. In alien diesen Fallen hatten die Kontrollimpfungen einen negativen Erfolg. 
Im AnschluB daran beschaftigte sich L. Luzzani mit dem Studium der Gehirne von 
gesundeu und kranken Katzen. Es resultierte daraus, daB eine gesunde, normale Katze 
in ihrem Gehirne ganz typische Negrische Korperchen enthalten kann. Der Autor 
meint, daB diese von ihm gefundenen Korperchen mit den Gebilden, welche friiher 
Pace und Dominicis beschrieben haben, identisch sind. 

Sehr interessant sind auch Mitteilungen der anderen Autoren, welche bei der 
Huhnerpest eigentiimliche Einschlusse, analog den Negrischen Korperchen, beobachtet 
haben. 

So fand W. Rosenthal bei Hiihnern, die mit einem abgeschwachten Pestvirus 
kiinstlich angesteckt wurden, intracellular gelegene, groBe und kleine Kornchen, die 
sich mit Kernfarben intensiv farben lieBen; Rosenthal ist der Meinung, daB diese 
Einschlusse mit dem Erreger in gewissem Zusammenhang stehen. 

Auch im Zentralnervensystem der mit Huhnerpest infizierten Ganse wurden von 
J. Schiffmann Korperchen von kornigem Aussehen beschrieben; sie waren scharf 
konturiert, von ovaler, runder, polygonaler Form und lagen innerhalb sowie auBerhalb 
der Zellen. Die GroBe diescr Korperchen erreichte zuweilen 20 pi. In den Fallen, 

wo die Korperchen intracellular gelegen waren, konnte man weder den Kern, noch 

seine Reste in der betreffenden Zelle unterscheiden; die Einschlusse in den Zellen waren 
Boliiar. Bei den normalen Gansen konnte der Autor solche Korperchen nicht nach- 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 1/2. 5 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


weisen. Die Praparate wurden mit einem Gemiach von Pyronin und Methylgriin ge- 
fiirbt, da die Mann ache Methode dem Autor keine Vorteile zeigte. 

Es soil noch erwahnt werden, daB O. Lentz bei den mit Virus fixe infizierten 
Kaninchen eigentiimliche Korperchen mit Einachliiaaen, welche er ala „Passagewutk6rper- 
chen“ bezeichnet und fiir das Virus fixe apezifisch halt, gefunden hat. Dieae Korperchen 
erinnerten an die Gebilde, welche von Schiffmann im Gehirne der Giinse beschrieben 
worden aind (s. o.). Alle dieae Korperchen waren frei im Gewebe, also extracellular, 
gelegen. 

Pinzani bestatigte die Beobachtung des vorigen Autora, fand aber ganz ahnliche 
Korperchen auch bei Kaninchen, die mit dem Diphtherietoxin geimpft wurden. Er 
erklart seine, sowohl von Schiffmann als auch von Lentz bescnriebenen Korperchen 
fur Zerfallsprodukte der Leukocyten; bei den normalen Kaninchen hat er solche 
Korperchen niemals beobachtet. 

Ferner bemerkte Standfuss, dafi bei der Hundepest, apeziell bei der nervosen 
Form deraelben, die im Zerfall begriffenen Ganglienzellen KSrnchen enthalten konnen, 
welche aich ebenso rot wie die Negrischen Korperchen nach der Mannschen Methode 
farben laasen; die gleiche Struktur besitzt auch das Karyoaoma, das auch eventuell 
aufierhalb des Kernes frei im Korper der Zelle liegen kann. 

Korinfsky untersuchte daa Gehirn bei Hiihnern, welche an experimenteller Pest 
zugrunde gegangen waren, und konnte im Ammonshorn desselben die Negrischen 
Korperchen nacnweisen. Gleichzeitig wurden die Negrischen Korperchen im Gehirn 
der 6 Tiere, die an Piroplasmoais gestorben waren, ynd eines an Meningitis cerebro- 
apinalis zugrunde gegangenen Kalbes gesucht; der Verauch ist aber fehlgeschlagen. 

Als ich, durch Herrn Prof. W. K. Lin dem an n angeregt, mich dem 
Studium der Tollwut zuwandte, habe ich mir zunSchst die Aufgabe ge- 
stellt, die Behauptung der Autoren, daB auch eine normale Katze die 
Negrischen Kbrperchen enthalten kann, nachzupriifen. Ich gestatte 
mir, an dieser Stelle die Ergebnisse meiner Untersuchungen mitzuteilen. 

Ich untersuchte die Ammonshorner von 19 normalen, ganz gesunden 
Katzen. Kleine'Stuckchen des Gehirns wurden 45 Minuten bei 37° C 
mit Aceton bearbeitet und darauf in das Altmannsche Gemisch ein- 
gebettet, in Serienschnitte (5 p.) zerlegt und nach der Mannschen 
Methode, welche ich etwas modifiziert habe, gefarbt, wie folgt: 

1) Xylol. 

2) Aceton. 

3) Wasser. 

4) Man nsche Farbe (mit Methylblau) 2 Minuten. 

5 ) Alkohol 95 ^ 

6) KOH-Alkohol (30 ccm absoluter Alkohol -f 5 Tropfen 1-proz. KOH-L6sung). 

7) Alkohol 95°. 

8) Wasser. 

9) 7,-proz. Essigsaure. 

10) Wasser. 

11) Aceton. 

12) Xylol. 

13) Kanadabalsam. 

In 3 Fallen fixierte ich gleichzeitig die Praparate in Sublimat 
(75 ccm gesattigte Sublimatkochsalzlosung -f- 25 ccm absoluter Alkohol 
+ 5 ccm Ac. acet. glac.) innerhalb von 12 Stunden bei 37 0 C. Einige 
Schnitte fiirbte ich mit Heidenhainschem Eisenh&matoxylin; Nach- 
farbung erfolgte mit Pikrofuchsin. Was das Acetontixiercn anbelangt, 
so ist dasselbe fiir die Nervenzellen verhaitnismaBig gut, doch wird das 
Gewebe in toto etwas verandert, es schrumpft nSmlich. Ich bediente 
mich hauptsSchlich dieser Methode, da dieselbe uberall fiir die Unter- 
suchung auf die Negrischen Korperchen iiblich ist, und von einigen 
Autoren (Fursenk^) besonders warm empfohlen wird. 

Es gelang mir, bei 6 von den 19 untersuchten Katzen in verschiedenen 
Stellen des Protoplasmas der Nervenzellen gelegene Einschlilsse, die den 
kleinen Formen der Negrischen Korperchen analog zu sein schieuen, 


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L' 



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Jastrembsky, Zur Frage tiber die Negrischen Korperchen. 


67 


nachzuweisen; man konnte mitunter 2—3 solche Einschliisse in einer 
und derselben Zelle beobachten (s. Abbild.). Alle Einschlusse waren von 
einem kleinen, hellen Hof umgeben und sehr klein; die groBten von 
ihnen erreichten 1,4 p.. Ihre Zahl in jedem einzelnen Falle war ver- 
schieden; in einigen Fallen waren sie so zahlreich, daB schon in 2 bis 
3 Gesichtsfeldern ein Korperchen’ zu finden war; in anderen Fallen da- 
gegen konnte man erst in 2—3 Praparaten ein Gebilde bemerken. 
Grofiere Einschlusse mit einer mehr oder weniger charakteristischen, 
inneren Struktur habe ich trotz peinlichen Suchens nicht gefunden. 
Kontrollimpfungen sind bei 5 dieser Katzen negativ ausgefallen. 

Diese Einschlusse haben meiner Meinung nach mit den wahren 
Negrischen Korperchen gar nichts zu tun; nur der Gr5Be nach konnen 
sie an die kleinen Negrischen Korperchen erinnern. Der Haupt- 
unterschied zwischen beiden besteht aber darin, daB diese Gebilde, im 
Gegensatz zu den wahren Negrischen Korperchen, bei der Farbung 
nach Mann eine groBere Affinit&t zum Methylblau besitzen und manch- 
mal einen blaulichen Ton annehmen. Hochstwahrscheinlich gehoren 
alle diese von mir und von anderen Autoren beobachteten „quasi 
Negrischen Korperchen 14 entweder zu den Centrosomen der Nerven- 
zellen, oder zum Teil vielleicht zu den protoplasmatischen Mikrosomen 
— metaplasmatischen Einschlussen. Es ist leicht verstandlich, daB, wenn 
man derartige Einschlusse bei einem gesunden Tiere finden kann, desto 
leichter bei einem erkrankten „ein K5rperchen u zu bemerken ist; es 
kann namlich bei gewissen pathologischen Prozessen eine partielle 
Nekrose des Zellprotoplasmas eintreten und eiu derartiges „Korperchen u 
simulieren. Falls aber ein echtes Negrisches Korperchen bei einem 
pathologischen Prozesse (auBer Lyssa) gefunden wiirde, so ware auch 
dies leicht zu erkiaren. Man betrachtet doch die N egrischen Korperchen 
als Folge einer Reaktion der Nervenelemente auf den Erreger der Toll- 
wut, mit anderen Worten, als eiu intracellulares Gebilde, wo dieser 
Erreger, vielleicht in inkapsuliertem Zustande, abgeschlossen sich befindet. 
Man kann die N egrischen Korperchen gewissermaBen mit einem anderen 
pathologisch-anatomischen Gebilde, namlich mit der „Riesenzelle u , ver- 
gleichen. Wie eine typische Riesenzelle filr die Tuberkulose spezifisch 
ist, so bleibt auch das Negrische Korperchen fiir die Tollwut patho- 
gnostisch. Die Riesenzellen (und zwar atypische) sind aber auch bei 
anderen Krankheiten, z. B. bei Lepra, Syphilis, Aktinomycosis, im Er- 
krankungsherde zu beobachten; ebenso konnten in den Ganglienzellen 
bei anderen Erkrankungen derselben (auBer Lyssa) die -Korperchen 14 
vorkommen. 

Was nun die Gebilde anbetrifft, die von Schiffmann, Lentz und 
Pinzani beschrieben worden sind, so fand ich ganz ahnliche Gebilde 
sowohl bei Hunden, die an StraBentollwut zugrunde gegangen sind, als 
auch in Schnitten der AmmonshOrner eines an Pest erkrankten Hundes. 
Wir rechnen diese Gebilde zum Teil zu den Leukocyten, wie auch 
Pinzani meint, zum Teil halten wir sie fiir die Kerne der Neuroglia- 
zellen. Diese Gebilde stellen'an sich nichts Spezifisches dar, und ihr 
Nachweis im Gewebe kann nur als Zeichen eines bestehenden patho¬ 
logischen Prozesses dienen. 


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68 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Literatur. 

Dominicis, L., Sul valore della diagnosi istologica nella rabbia. (Policlinico Sez. 
prat. 1S04. No. 29; zit n. d. Ref. im Centralbl. f. Bakt. etc. Abt 1. Ref. Bd. 36. 

1905. ) 

Dominisco, zit n. Marie. 

Fursenko, Ueber die Negrischen K6rperchen im Virus fixe. (Arch, veterin. nauk. 

1906. ) [Russisch.] 

Hutyra, F. u. Marek, J., Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. 1910. 
Korinfsky, Die Natur der Negrischen Korperchen. (Arch, veterin. nauk. 1911.) 
[Russisch.] 

Lentz, O., Ueber spezifische Veranderungen an den Ganglienzellen wut- und staupe- 
kranker Tiere. (Zeitschr. f. Hyg. 1908.) 

Luzzani, L., Zur Diagnose der Tollwut. (Zeitschr. f. Hyg. 1905.) 

Marie, Die Tollwut 1909. 

Pace, D., Sopra alcune formazioni eosinofile, simulanti i corpi di Negri, nelle cellule dei 
gangli cerebro-spinali dell’uomo idrofobo. (Riform. med. 1904. No. 25; zit n. d. Ref. 
im Centralb. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 36. 1905.) 

Pinzani, Ueber das Vorkommen der Lentzschen Passagewutkorperchen und ihre 
Spezifizitat. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt I. Orig. Bd. 51. 1909.) 

Poor, zit. n. Korinfsky. 

Rosenthal, W., Ueber Beziehungen zwischen Hiihnerpest und Lyssa. (Centralbl. f. 
Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 40. 1906.) 

Schiffmann, J., Zur Histologie der Huhnerpest. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt I. Orig. 
Bd. 45. 1908.) 

Standfuss, zit. n. Hutyra u. Marek. 


Nachdruck verboten. 

Untersuchungen liber Hundefllarien. 

[Aus dem Institut fiir Schiffs- und Tropenkrankheiten zu Hamburg. 

Leiter: Obermedizinalrat Prof. Dr. Nocht.J 

von Dr. Saisawa, Tokio. 

Mit 2 Tafeln, 1 Textfigur und mehreren Tabellen. 

Der Zweck der vorliegenden Arbeit war folgender: 

1) Eine Nachprtifung der von Rodenwaldt 1 ) fur Hundemikro- 
filarien beschriebenen feineren Anatomie, wie sie sich bei der Vitalfilrbung 
nach den Fiillebornschen Angaben kundgibt 2 ). 

2) Eine Nachprtifung, inwieweit die Lage der anatomischen Fixpunkte 
bei prozentualer Berechnung zur Gesamtl&nge der Mikrofilarie bei ein 
und derselben Art und bei Anwendung verschiedener Methoden konstant 
und daher zur Differentialdiagnose brauchbar ist. 

3) Eine Priifung, wie sich die in der Mikrofilarie des zirkulierenden 
Blutes beobachteten Organe innerhalb der iibertragenden Mticke weiter- 
entwickeln, speziell ob die von Rodenwaldt als „G'—G 4 “ bezeichneten 
Zellen zum Genitalsystem gehoren Oder nicht. 

ad 1) Als Material f(ir die vorliegenden Untersuchungen diente ein 
aus Shanghai stammender Hund des Instituts fur Schiffs- und Tropen¬ 
krankheiten, namens Schnaufel. Das Blut dieses Hundes war reichlich 
mit Mikrofilarien infiziert; ob es sich, was am wahrscheinlichsten ist, 
urn Dirofilaria immitis oder eine andere der zahlreichen vom 
Hunde beschriebenen Mikrofilarienarten handelt, kann nicht mit Be¬ 


ll Rodenwaldt, Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. 1908. Beih. 10. 
2) Fulleborn, Morphologie (im Erscheinen begriffen). 


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Saieawa, Untersuchungen iiber Hundefilarien. 


69 


stimmtheit angegeben werden. Das klinische Verhalten des Hundes, 
der an Kurzatmigkeit und nach geringen Anstrengungen an einem 
kurzen, eigentiimlichen Husten litt, scheint auf Dirofilaria iramitis 
hinzudeuten. 

Die feinere Anatomie der Mikrofilarien. 

Wie aus den Zeichnungen (Tafel 1) hervorgeht, konnte ich die 
von Rodenwaldt erhobenen Befunde im allgemeinen durchaus be¬ 
statigen. 

a) Was die Anzalil der bei vitaler Azur II-Farbung (resp. darauf- 
folgender Eosindifferenzierung) darstellbaren Subcuticularzellen anbelangt, 
so fand ich allerdings bei dem vorliegenden Material, von deni es freilich 
nicht feststeht, ob es mit dem von Rodenwaldt benutzten identisch 
ist, eine erheblich hohere Anzahl als dieser Autor angibt (namlich jeden- 
falls viel mehr als nur 6—18) und in den von mir untersuchten Fallen 
konnte ich etwa 54 — 62 feststellen; es entspricht dies ubrigens den 
Resultaten von Fiilleborn 1 ) bei Microfilaria Bancrofti und Loa, 
der ebenfalls mehr Subcuticularzellen als Rodenwaldt 2 ) zahlte. 

b) Den Bau des Exkretionsporus und der Exkretionszelle fand ich 
ahnlich, wie ihn Rodenwaldt beschreibt; allerdings war die Form der 
Exkretionsporusblase infolge des jeweiligen Fiillungszustandes verschieden; 
auch Fiilleborn vermutet, dad der Fiillungszustand die Form des 
Organs beeinflussen konnte. 

c) Auch die Untersuchung der von Rodenwaldt als G-Zellen be- 
zeichneten Organanlagen konnte ich entsprechend dessen und Fiille- 
borns Befunden bestatigen; am besten traten sie nach ca. 24-stiin- 
digem Eisschrank-Aufenthalte des mit Azur II beschickten Materials 
hervor. Da dies von differentialdiagnostischem Wert zu sein scheint, 
habe ich die genaue Lage der einzelnen G-Zelleu zueinander und zum 
Analporus prozentual berechnet, worauf ich weiter unten zuriickkommen 
werde. 

d) Die Form des Analporus fand ich entsprechend den Angaben 
von Rodenwaldt und Fii lie born. 

e) Ferner konnte ich bei vitaler Azur-Farbung mit nachfolgender 
Eosindifferenzierung auch fur meine Hundemikrofilarien das Vorhanden- 
sein der von Fiilleborn fur Loa und Bancrofti beschriebenen 
roten Mundgebilde und roten Schwanzgebilde bestatigen. 

Alle Einzelheiten gehen aus den beigefiigten Figuren hervor. 

ad 2) Die Feststellung der prozentualen Lage der anatomischen 
Fixpunkte bei Mikrofilarien erfolgte nach der von Fiilleborn ange- 
gebenen Methode. Die Mikrofilarien wurden bei 1000-facher VergroBerung 
mit dem Zeichenapparate entworfen und mit dem Kartenradchen aus- 
gerollt. 

Gemessen wurde an mit Azur II gefarbtem resp. mit Eosin nach- 
differenziertem frischen Material (nach 24-stiindigem Eisschrankaufenthalt), 
ferner an solchem, das nach der Methode von Looss 3 ) mit 70-proz., 
auf 50 — 60° C erhitzten Alkohol fixiert und nach Farbung mit Hainato- 
xylin als Feuchtpraparat mit Origanumol aufgehellt und in Kanada- 
balsam eingeschlossen war. 


1) Fiilleborn, 1. c. 

2) Rod en waldt, 1. c. 

3) Loobb, in Mense, Handb. d. Tropenkrankh. 


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70 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Es wurden folgende Zahlen erhalten: 

Prozentuale Berechnung der anatomischen Fixpunkte. 

Tabelle A. 


Ausmessung naeh vitaler Azur-Eosinfarbung (1. Serie). 


Laufende 

Nummer 

Exp 

Differ. ExP—ExZ 

ExZ 

Differ. ExZ-G 1 

G 1 

■* 

O 

J 

b 

<3 

so 

3 

G 4 

Differ. G 4 —Ap 

Ap 

Gesamt- 

lange 

1 

28,7 

7,7 

36,4 

27,1 

63,5 

10,7 

74,2 

2,4 

76,6 

318,5 n 

2 

29,8 

5,9 

35,7 

25,5 

61,2 

10,8 

72,0 

2,3 

74,3 

264,5 „ 

3 

29,6 

6,1 

35,7 

25,7 

61,4 

11,0 

72,4 

2,0 

74,4 

305,0 „ 

4 

29,2 

5,5 

34,7 

28,1 

62,8 

11,5 

74,3 

1,3 

75.6 

291,0 „ 

5 

30,1 

5,8 

35,9 

25,9 

61,8 

11,5 

733 

1,9 

75,2 

315,5 „ 

6 

29,1 

6.1 

35,2 

27,5 

62,7 

10,9 

73,6 

1,6 

75,2 

321,0 „ 

7 

31,0 

6,0 

37,0 

27,6 

64,6 

11,4 

76,3 

0,8 

77,1 

296,0 „ 

8 

28,9 

6,3 

35,2 

27,6 

62,8 

11,1 

73,9 

2,1 

76,0 

309,5 „ 

9 

28,8 

7,5 

36,3 

25,6 

61,9 

11.2 

73,1 

2,2 

75,3 

310,5 „ 

10 

28,6 

5,8 

34,4 

26,4 

61.8 

13,0 

74,8 • 

0,9 

75,7 

274,0 „ 

11 

29,5 

5,2 

34,7 

27.6 

26.7 

62,8 

11,2 

73,5 

2,0 

75,5 

313,5 „ 

12 

30,6 

5,9 

36,5 

63,2 

11,2 

74,4 

2,2 

76,6 

808,5 „ 

13 

29,0 

6,6 

35,6 

26,3 

61,9 

11,6 

73,5 

2,2 

75,7 

311,5 „ 

14 

29,0 

5,8 

34.8 

25,2 

60,0 

13,3 

73,3 

1,3 

74,6 

311.0 „ 

15 

30,2 

6,1 

36,3 

25,0 

61,3 

10,5 

71,8 

1,9 

737 

302,5 „ 

16 

28,5 

6,2 

34,7 

24,9 

59,6 

11,1 

71.7 

2,9 

74,6 

312,0 „ 

17 

29.0 

6,1 

35,1 

28,3 

634 

10,6 

74,0 

1,2 

75,5 

327,0 „ 

18 

29,0 

6,0 

35,0 

27,7 

62,7 

10,1 

72,8 

2,2 

75,0 

322,0 ., 

19 

28,7 

5,7 

34,4 

27,7 

62,1 

10,6 

72,7 

2,6 

75,8 

329,0 „ 

20 

29,1 

5,6 

34,7 

26,6 

61,3 

10,2 

71,6 

3,2 

74,8 

286.0 „ 

Min. 

28,5 

5,2 

34,4 

24,9 

59,6 

10,1 

71,4 

0,8 

73,7 

264.5 (x 

Max. 

Durch- 

31,0 

7,7 

37,1 

28,3 

64,6 

13,3 

76,3 

3,2 

77,1 

329,0 „ 

schnitt 

29,3 

(6,1) 

35,4 

(26,7) 

62,1 

(11,3) 

73,4 

(1,9) 

75,3 

306,1 „ 


Bemerkung: N bedeutet den Nervenring, ExP den Exkretionsporus, ExZ die 
Exkretionszelle, G 1 , G 4 die Genitalzellen (Roden waldt), Ap den Analporus. 

Die eingeklammerten Differenzzahlen aind durch Subtraktion aus den fur die 
Fixpunkte berechneten Mittelwerten direkt gewonnen, die nicht eingeklammerten bei 
den Minima und Maxima sind die uberhaupt in den Tabellen vorkommenden kleinsten 
und groGten Differenzwerte. 

Wie aus den Zahlen der Tabellen A, B und C hervorgeht, ist die 
GroBe des nurmit Azur II vorbehandelten Materials erheblich groBer als 
die des mit Alkohol fixierten. Es entspricht dies auch den Erfahrungen 
von Fiilleborn. 

Was die prozentuale Lage der Fixpunkte anbelangt, so ergibt sich, 
daB die Durchschnittszahlen aller 3 Serien, je 20 Messungen, bis auf 
wenige Zehntel Prozent genau iibereinstimmen. Danach diirfte also die 
Ausmessung von 20 Exemplaren geniigen, um hinreichend genaue Mittel- 
werte zu erhalten. 

Betrachten wir die Maxima und Minima, so zeigt sich, daB der 
Nervenring und Exkretionsporus nur in geringem Grade in ihrer pro- 
zentualen Lage schwanken. Starker sind dagegen die Schwankungen 
bei der Exkretionszelle der G,-Zelle und bei dem Analporus, wahrend 
die letzte Schwanzzelle eine Mittelstellung einnimmt. Das Ende der 

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Saisawa, Untersuchungen liber Hundefilarien. 


71 


roten Schwanzgebilde variiert dagegen betrachtlich, was zum groBen 
Teil wohl durch die verschiedenen Farbungsstadien erreicht werden 
konnte, bei denen es nicht immer von gleicher Ausdehnung gef&rbt 
sein mag. 

Dasselbe gilt offenbar fiir die roten Mundgebilde. 


Tabelle B. 

Ausmessung nach vitaler Azur-Eosinfarbung (2. Serie). 


Laufende 

Nummcr 

N 

Differ. IS—Exp 

Exp 

Differ. Exp—Exz 

Exz 

Differ. Exz—G, 

G, 

Differ. G,—G 4 

G< 

Q. 

< 

1, 

c? 

u 

V 

H- 

s 

Ap 

© 

IS 

04-0 

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. N 

fc § 

**- is 
5 J3 

-2 

IS 

© 

bC 

N 

G 

a 

* 

-O 

i y 

CO 

Gesamt- 

lange 

1 

21.7 

8,6 

30,3 

5,5 

35,8 

27,0 

62,8 

13,0 

75,8 

1,8 

77,6 

4,6 

82,2 

315,0 

(a 

2 

21,9 

8,1 

30,0 

6,5 

36,5 

25,4 

61,9 

11,5 

73,4 

2,3 

75,7 

6,2 

81,9 

805,0 


3 

20.9 

8,6 

29,5 

5,4 

34.9 

26,1 

61,0 

11,6 

72,6 

2,3 

74,9 

5,8 

80,7 

291,5 


4 

21,4 

8,7 

29,1 

6,2 

35,3 

26,9 

62,2 

10 4 

72,6 

1,9 

74,5 

6,0 

80,5 

288,5 


5 

21,6 

7,3 

28,9 

6,8 

4 

25,3 

61,0 

12,2 

73,2 

1.8 

75,0 

7.1 

82,1 

316,0 


6 

21,3 

7,9 

29.2 

6,1 

25,3 

27,7 

63.0 

11,2 

74,2 

1,6 

75,8 

6,1 

81,9 

311.0 


7 

20,8 

8,2 

29,0 

5,9 

34,9 

25,8 

60,7 

10,2 

70,9 

2,9 

73,8 

6,1 

799 

294,5 


8 

21,2 8,1 

29,3 

5,5 

34,8 

25.8 

60,6 

10,6 

71,2 

3,0 

742 

6,3 

80,5 

324,0 


9 

21.3 

7,9 

29,2 

7,3 

36,5 

25,3 

61,8 

11,9 

73,7 

2,8 

76,5 

6,1 

82,6 

309,0 


10 

22,1 8,0 

30,1 

7,2 

37,3 

25,8 

63,1 

10,9 

74,0 

1,5 

ToJj 

6,7 

82,2 

306.5 


11 

21,4 

7,6 

29,0 

6,2 

352 

27,0 

62,2 

10,1 

723 

2,3 

74,6 

3,5 

78,1 

282,0 


12 

21,0 7,4 

28,4 

5,9 

34,3 

26,7 

61 0 

12,0 

73,0 

1,6 

74,6 

6,7 

81,3 

291,5 


13 

21,1 

7,6 

28.7 

5,5 

34,2 

28,1 

62.3 

13,3 

75.6 

2,2 

77,8 

4,4 

82,2 

296,0 


14 

21,4 

8,6 

80,0 

5,6 

35,6 

26,2 

61.8 

12,8 

74,6 

1,8 

76,4 

7,7 

83.1 

303.0 


15 

kW W 

.O 

7,7 

30,5 

5.7 

36,2 

26,2 

63,2 

10,5 

73,7 

2,4 

76,1 

3,4 

79,5 

291,0 


16 

20,8 

8,7 

29,5 

5,7 

35,2 

25,5 

60,7 

11,2 

71,9 

2,8 

74,7 

5,8 

80,5 

292.5 


17 

21,1 

8,9 

30,0 

5,8 

35,8 

26,8 

62.6 

10,8 

73.4 

2,0 

75,4 

6,6 

820 

324,0 


18 

21,3 

8,5 

29,8 

5,6 , 

35,4 

27,1 

62,5 

11,2 

73,7 

1,8 

75,5 

7,2 

82,1 

325,5 


19 

21,8 

6,9 

28,7 

7,4 

36,1 

27,1 

(21,2 

10,0 

73,2 

2,3 

75,5 

750 

7,2 

82,7 

304,5 


20 

21,4 

8,7 

30,1 

6,0 | 

86.1 

25,8 

61,9 

11,5 

73,4 

1,6 

7,1 

82,1 

322,0 

71 

Min. 

20,81 6,9 

28,4 

5,5 

34,2 

25,3 

60,4 

10,0 

70,9 

1,5 

73,8 

3,4 

78,1 

282,0 

n 

Max. 

Durch- 

22.8 

8.9 

80,9 

7,4 

37,3 

28,1 

63,2 

13,3 

75,8 

2,8 

77,8 

7,7 

83,1 

825,5 

71 

echnitt 

21,4|(8,1) 

29,5 |(6,0) 

35,5 

(26,4) 

61,9 

(11,4) 

73,3 

(2,1) 

75,4(6,0) 

81,4 

304,6 

71 


Diese Resultate stimmen mit denen von Fiilleborn gut fiber- 
ein 1 ), und zeigen ferner, daB es fiir die Ausmessung gleichgiiltig ist, 
ob wir mit frischem Material oder mit in mit heiBein Alkohol fixierten 
arbeiten. 

Da bei dem groBen differentialdiagnostischen Werte, welcher der 
Lage der G-Zellen zueinander zuzukommen scheint, eine genauere Fest- 
legung wiinschenswert erschien, habe ich die Lage der G-Zellen zuein¬ 
ander prozentual berechnet, wobei ich die Lange vom Nucleolus der 
G,-Zelle bis zur Mitte des Analporus gleich 100 angenommen habe. 


1) Allerdings kann ich auf Grund dieser Zahlen nicht mit Sicherheit angeben, ob 
es sich, was ich. wie erwiihnt, fur wahrscheinlich halte, um Dirofilaria immitis 
oder re pen s handelt, da meine Zahlen zwischen die von P'ulleborn [Beitrage zur 
Morphologic und Differentialdiaznose der Mikrofilarien. (Arch. f. Schiffs- und Tropen- 
hygiene. 1912. Beih.) und zur Mon>hologie der Dirofilaria immitis Leydi, 1856. 
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 56. 1912. p. 341.)J fiir Dirofilaria immitis 
und re pen s berechneten ungefahr in die Mitte fallen. Es ware auch keineswegs aus- 
geschlossen, daft es sich um eine neue Art handelt. 


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72 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Tabelle C. 


Ausmessung nach Fixierung in heiBem Alkohol nach Loose; Farbung mit 
Hamatoxylin und Kanadabalsameinbettung. 


Laufende 

Nummer 

N 

Differ. N—Exp 

| Exp 

Differ. Exp—Lxz , 

Exz 

Differ. Exz—G, 

G, 

Differ. G—Ap 

Ap 

Differ. Ap-LSZ 

LSZ 

Gesarat- 

lange 

1 

*21,6 

8,7 

| 

30,3 

1 

1 5,0 

353 

26,4 

61,7 

13,9 

76,6 

16,8 

9*2.4 

226,0 (x 

2 

22,5 

1 8,1 

30,6 

65 

37.1 

1 26,3 

63,4 

11,6 

75,0 

17,1 

9*2,1 

228,5 „ 

3 

*20,7 

i < ,5 

•2s.*2 

5,8 

34,0 

26,1 

60,1 

13,1 

73,2 

16,0 

89,2 

233 5 „ 

4 

20,9 

8,3 

292 

i 5,5 

3-4,7 

25,6 

60 3 

12,1 

72,4 

17,5 

89,9 

234,5 „ 

5 

*2*2,1 

7,9 

30,0 

5,2 

35,2 

27,3 

i 62,5 

12,6 

75,1 

17,2 

92,3 

221,5 „ 

6 

*21,6 

8,6 

30,2 

6,0 

36,2 

26,5 

62.7 

12,8 

75.5 

1 15,1 

90,6 

215,0 * 

7 

21 2 

8,8 

300 

5,0 

85,0 

26,7 

| 62,7 

! 13.4 

76,1 

16,3 

92,4 

231,0 „ 

8 

*21,6 

7,5 

29.1 

6,1 

35 2 

25,0 

60,2 

13,8 

74,0 

15,6 

1 89.6 | 

221.5 „ 

9 

21,3 

7,6 

2s 9 

5,8 

34,7 

27,6 

62,3 

| 12,5 

74,8 

16,4 

91 2 

239,0 „ 

10 

2*2,6 

8,1 

30,7 

6,4 

37,1 

25,0 

| 62,1 

13,0 

| 75,1 

17,2 

92,3 

227.5 „ 

11 

*2*2.3 

7,9 

30,2 

5,7 

35,9 

26,7 

62,6 

11,5 

1 74,1 

17,2 

91,3 

226,5 „ 

12 

20,9 

7,6 

*28,5 

6,7 

35,2 

25,8 

61,0 

12,7 

737 

15,8 

89,5 

238,5 „ 

- 13 

21,6 

7,5 

*29,1 

7,3 

36.4 

26,7 

63.1 

12,9 

76,0 

15,2 

91,2 

233,5 „ 

14 

*21.5 

8,1 

*29,6 

5,8 

35,4 

26,8 

25,1 

62,2 

13,4 

75,6 

17,0 

9*2,6 

217,5 „ 

15 

20,3 

7,9 

28,2 

6,9 

35,1 

60,2 

12,6 

72,8 

] 16,9 

89,7 

239 0 „ 

16 

*20,8 

8,4 

29,2 

5.8 

35,0 

27,1 

6*2,1 

12,0 

74,1 

16,4 

| 90,6 

232,5 „ 

17 

21,3 

8,3 

*29.1 

63 , 

35,4 

26d 

61,5 

14,1 

75,6 

14,4 

90,0 

230,0 „ 

18 

*21,7 

8,8 

30,1 

7,0 

37,1 

25,9 

63.0 

12,7 

75,7 

I 15,3 

90,9 

243,5 „ 

19 

*21,7 

7.2 

*28,9 

6,6 

35,5 

26,5 

62,0 

13,6 

75,6 

14,4 

90,0 

228,0 „ 

20 

21,5 

8,5 

30,0 

6,5 

36,5 

27,8 1 

64,3 

11,8 

76,1 

15,1 

91,2 

216,0 „ 

Min. 

203 

7,2 

2s.2 

5,0 

34,0 

25,0 

60,1 

11,5 

72,4 

14,4 | 

89,2 

215,0 (j. 

Max. 

Durch- 

*2*2,6 

8,8 

30,7 

7,3 

37,1 

28,0 

64,3 

14,1 

76,1 

17,5 

92,6 

243,5 „ 

schnitt 

*21,4 

1(8,1) 

29,5 

(6,1) 

35,6 | 

(26,4) 

62,0 

(12,8) 

74,8 

(16,1) 

90,9 

229,1 „ 

Bemerkung: LSZ bedeutet die letzte mit Hamatoxylin 

sich fiirbende Schwanzzelle. 


Aus der Tabelle D ergibt sich, daB die Lage der G-Zellen zwar 
bei groBeren Serien (im vorliegenden Falle von je 20 Exemplaren) gut 
miteinander tibereinstimmende Mittehverte ergibt, daB jedoch anderer- 
seits die Maximaldifferenzen so erheblich sind, daB der diagnostische 
Wert der prozentualen Lage der G-Zellen erheblich beeintrachtigt wird, 
und z. B. nicht mit N und Exp in dieser Beziehung konkurrieren kann. 

ad 3) Die Untersuchungen iiberdie in derMfickeheran- 
reifenden Mikrofilarien. 

W ah rend die bisherigen Untersuchungen fiber die in den Mficken 
heranreifenden Mikrofilarien nur mit Hamatoxylin und fihnlichen Farb- 
stotfen, nicht jedoch mit Vitalfarbungen ausgeffihrt waren, schien es von 
erheblichem'interesse, speziell die ersten Entwickelungsstadien in der 
Mficke mit Hilfe von Vitalfarbungen zu untersuchen, schon urn fest- 
zustellen, wie sich die von R o d e n w a 1 d t als Genitalzellen angesprochenen 
Zellkomplexe bei der Weiterentwickelung verhalten wfirden. Die Annahme 
Rodenwaldts, daB die G-Zellen Genitalzellen sind, wird auch von ihm 
nur als eine Vermutung hingestellt und Fiilleborn macht darauf auf- 
merksam, daB die von Looss 1 ) ffir die Genitalanlage der in der Mficke 


1) Looss, in Mense. 


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Saisawa, Untersuchungen iiber Hundefilarien. 


73 


Tabelle D. 

Prozentuale Berechnung der Lage der G-Zellen (G,—G, und G,—G 4 ) zueinander. 


1. Serie I 2. Serie 


Laufende 

Nummer 

Distanz 
zwiachen 
G t und Ap 

Distanz 
zwischen 
G, und G, 

Distanz 
zwischen 
G„ und G 4 

Distanz 
zwischen 
G x und Ap 

Distanz 
zwischen 
G! und Gj 

Distanz 
zwischen 
G s und G 4 

Absolute 

Zahlen 

Prozentuale Zahlen 

Absolute 

Zahlen 

Prozentuale Zahlen 

1 

40,5 p 

41,9 

32,0 

4,35 p 

40,2 

32,1 

2 

34,5 „ 

40,5 

30,4 

4,20 „ 

40,4 

33,3 

3 

39,5 „ 

43,0 

32,9 

4,05 „ 

41,9 

25,9 

4 

37,0 „ 

45,8 

33,7 

3,55 „ 

43,6 

28,1 

5 

38,5 „ 

46,7 

33,7 

4,40 „ 

40,9 

31,8 

6 

40,0 „ 

42,5 

30,0 

4,00 „ 

42,5 

31,2 

7 

37,0 „ 

45,9 

31,0 

3,85 „ 

37,6 

32,4 

8 

41,0 „ 

39,0 

31.7 

4,40 „ 

36,3 

25,0 

9 

41,5 „ 

42,1 

30,1 

4,30 „ 

39,5 

27,9 

10 

38,0 „ 

44,7 

32,8 

3,90 „ 

44,8 

32,6 

11 

41,5 „ 

39,7 

27,7 

3,60 „ 

41,6 

30,5 

12 

40,5 „ 

39,4 

28,3 

4,05 * 

39,5 

27,1 

13 

43,0 „ 

40,7 

29,0 

4,60 „ 

38,0 

27,1 

14 

45,0 „ 

44,4 

32,2 

4,40 „ 

37,5 

29,5 

15 

37,5 „ 

44,0 

26,6 

3,75 „ 

42,6 

32,0 

16 

46,5 „ 

37,6 

23,8 

4,15 „ 

48,3 

32,5 

17 

39,5 „ 

41,7 

29,1 

4,15 „ 

38,5 

26,5 

18 

39,5 „ 

35,4 

29,1 

4,25 „ 

45,8 

30,5 

19 

43,5 „ 

35,6 

29,8 

3,75 „ 

42,6 

26,6 

20 

38,5 „ 

37,6 

24,6 

4.20 „ 

45,0 

30,9 

Minimum 

Maximum 

Durchschnitt 

34.5 ii 

46.5 „ 
40,1 „ 

35,4 

46.7 

41.7 

24.6 

33.7 

29,9 

3,55 fi 
4,65 „ 
4,11 „ 

36,3 

45,8 

41.1 

25,0 

33,3 

29,6 


Bemerkung: Die laufenden Nummern dieser Tabelle beziehen sich auf die gleichen 
Nummern (Exemplare) der Tabellen A und B. 


herangereiften Filarien angegebene und abgebildete Lage der Genital- 
anlage nicbt im Sinne von Rodenwaldt spricht. Looss bezeichnet 
ein ganz kleines, ziemlich weit am Vorderende des Tieres gelegenes 
Organ als Genitalanlage, und wenn wirklich die Roden waldtschen 
G-Zellen mit diesem identisch sein sollten, miifite man erwarten, daB 
sich die G-Zellen der herangereiften Mikrofilarie nicht vermehren und 
nach vorn riicken wiirden. 

Als Material dienten im Institut fur Schiffs- und Tropenkrankheiten 
aus den Eiern geziichtete Stegomyia calopus und auBerdem in 
Stallen gefangene Anopheles maculipennis; letztere konnten un- 
bedenklich verwandt werden, da die sehr ausgedehnten Erfahrungen des 
Instituts in dieser Beziehung ergeben hatten, daB sie spontan niemals 
mit irgendwelchen Mikrofilarien infiziert waren. 

Die Untersuchungen wurden mit vitaler Azur- resp. nachfolgender 
Eosindifferenzierung (an den aus den Malpighischen Gef&Ben der 
Mucken herauspraparierten Larven) ausgefiihrt. Sie wurden nur bis zum 
Eintritt des ^wurstfbrmigen* Stadiums, das je nach der verschiedenen 
Temporatur am 4.—6. Tage erreicht wurde, fortgesetzt, da es vor allem 
darauf ankam, den Uebergang der im Blute zirkulierenden Formen in 
dieses Stadium zu untersuchen; das wurstformige Stadium und die 
spBteren sind ja bereits vielfach in der Literatur beschrieben*). 


1) Die Vitalfarbung stoflt iiberdies, je alter die Wiirmer werden, auf deato groBere 
Schwierigkeiten; bereita die ausgebildeten wurstformigen Stadien waren aehr schwer mit 


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74 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


V T, ihrend die Filarien nach 24—48-sttindigem Aufenthalt innerhalb 
der Miicke sich nicht wesentlich von denen des zirkulierenden Blutes 
unterschieden, war nach 3 Tagen eine deutliche Verkiirzung der Mikro- 
filarien eingetreten. 

In den folgenden Tagen ist die Mikrofilarie erheblich dicker und das 
wurstformige Stadium ist etwa 2—3-fach so dick wie die zirkulierende 
Mikrofilarie, jedoch nur etwa zwei Drittel so lang. Die prozentuale Be- 
rechnung der anatomischen Fixpunkte ergibt, daB der Schwanzteil an 
dieser Verkiirzung verhaltnismiifiig wenig beteiligt ist im Gegensatz zu 
den vor dem Analporus gelegenen Abschnitten (vgl. das beifolgende Dia- 
gramm und die Tabelle E). 


0 1 ? 3 * S i 7 9 J 10 c m 


Nach einem Tage 
i* 2 Tagen 


■ 3 


• * 


• 3 



Tabelle E. 

Durchschnittliche prozentuale Zahlen der in den Miicken herangereiften 

Filarienlarven. 



N 

| 

Exp 

Exz 

Gi 

g 4 

Ap 

1 Schwanz- 
1 gebilde 

Gesamt- 

lange 

Nach 1 Tage 
„ 2 Tagen 

1) , ^ 7? 

■ 4 , 

, 5 „ 

21,4 (10) 

21.4 ( 5) 

23.4 ( 5) 
23,8 ( 5) 

29.4 (101 
29,7 (12) 
32,0 ( 9) 

30.4 ( 7) 
26,2 ( 6) 

35,7 (10) 
35,6 (12) 
38,2 ( 9) 
37,0 ( 7) 
30,5 ( 6) 

62,1 (10) 

62.4 (12) 

63.5 ( 5) 

74.3 (10) 

73.4 (12) 
72,6 ( 7) 
70,1 ( 7) 

65.5 ( 3) 

76.7 (10) 
75,3 (12) 

74.8 ( 9) 
73,2 ( 7) 
70,0 ( 6) 

82,9 (6) 

300.7 (x (10/ 
300,0 „(12, 

238.8 „ ( 9, 
197,0 „( 7 j 
161,6 „ ( 6 


Bemerkung: Die eingeklammerten Zahlen geben an, wie viele Exemplare ich ge-) 
messen habe. 


Was die G-Zellen, auf die es bei meinen Untersuchungen in erster 
Linie ankam, anbelangt, so ffirbte sich der Protoplasmamantel der G- 
Zellen nach 1—3-tSgigem Aufenthalte in der Miicke starker als bei den 
Mikrofilarien des zirkulierenden Blutes; bis dahin waren sie aber, wenn 
auch in ihrer Lage, wie aus den Tabellen hervorgeht, etwas verandert, 
ohne weiteres deutlich als solche zu erkennen. Vom 4. Tage an fand sich an 
der Stelle der G-Zellen ein aus einer groBeren Anzahl groBer protoplasma- 
tischer Zellen bestehender Komplex, der offenbar durch Vermehrung der 
G-Zellen entstanden war; schon am 3. Tage schien sich die G r Zelle zu 
teilen, ein Vorgang, den ich iibrigens zuweilen auch bei Hundemikro- 
filarien des zirkulierenden Blutes beobachten konnte, was mit den Er- 


vitaler Azur II-Farbung zu untersuehen, so dafl von den vielen untersuchten Exemplaren 
nur wenige genugend klare Bilder lieferten. 


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CentralblatlfiirliaktcriologieAht. /. Orig-Bd- 


Snisawa, Hundefllarien. Ttlf I. 



Snisawa del. 


Vorlas toii Gustav Fischer in [Jth.Anst.dfa WffOTfp&rfY** 


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Ccntralhlatt fiir Bakleriologie Abf. 1. Orig. Bd. 67. 


Salsawa, Hundefdarien Taf. II. 


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Verlag von Gustav FIsdier in Jena. 


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Saisawa, Untersuchungen iiber Hundefilarien. 


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fahrungen von Fiilleborn bei Loa iibereinstimmt. Vom 4. Tage an 
konnte man aus diesem Grunde die 4 G-Zellen als solche einzeln nicht 
mehr unterscheiden. Wie sich im ausgereiften Wurststadium das Zell- 
bild bei vitaler Azur II-Farbung priisentiert, zeigt die Tafel II (Fig. 3 
und 4). Von einem Vorriicken des aus den G-Zellen ersichtlich hervor- 
gegangenen Zellkomplexes nach der Gegend, in welcher sich nach den 
Loossschen Abbildungen im wurstformigen Stadium die kleine Genital- 
anlage befindet, ist nichts zu bemerken und der ganze Zellkomplex ist 
auch viel zu groB, als daB er mit dem von Looss als Genitalanlage 
bezeichneten Gebilde verglichen werden konnte; er entspricht eher den 
groBen Zellen, welche Looss auf seiner Figur 35 ^ des wurstformigen 
Ban crofti-Stadiums in der Rectalgegend abbildet. 

Diese Befuude scheiuen mir dafiir zu sprechen, daB die G-Zellen 
Rodenwaidts mit der Genitalanlage nichts zu tun haben, jedenfalls 
wiirde eine Teilung oder eine Vermehrung der Zellen der Genitalanlage 
in einem so friihen Entwickelungsstadium auch schon an sich auf- 
fallig sein. 

Was die fibrigen Organe anbelangt, so war die Exz-Zelle im wurst¬ 
formigen Stadium etwas groBer geworden als bei den im Blute zirku- 
lierenden Mikrofilarien, in ihrem Habitus aber unverSndert geblieben. 

Bemerkt sei endlich noch, daB das wurstformige Stadium eine auf- 
failige Zuspitzung des Kopfendes aufweist (vgl. Taf. II). 


Erkl&rung der Abbildungen. 

Tafel I. 

Die Figuren sind so dargestellt, wie sie bei vitaler Azur II-Farbung mit nach- 
folgender Eosindifferenzierung erscheinen. Die ihnen zugrunde liegenden Skizzen waren 
nur mit Bleistift hergestellt, doch erschien eine farbige Wiedergabe im Interesee der 
Deutlichkeit wiinschenswert. 

Fig. 1, 2, 3. Mundgebilde (MG). 

Fig. 4, 5, 6, 7, 8. Exkretionsporus (Exp) und Exkretionszelle (Exz). 

Fig. 9, 10, 11, 12, 13, 14. Genitalzellen (G,, G,, G 8 , GJ; Analporus (Ap); 
Schwanzgebilde (SG). 

Tafel II. 

2 /„ Verkleinerung von der 1 : 1000-fachen Vergrofierung. 

Die in dem Muckenleibe herangereiften Filarienlarven an den verschiedenen Tagen. 
Fig. 1. Larve nach dem 2. Tage. 

Fig. 2. Larve nach dem 3. Tage. 

Fig. 3. Larve nach dem 4. Tage. 

Fig. 4. Larve nach dem 6. Tage. 


1) Looss, in Menses Handb. d. Tropenkrankh. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Nachdruck verboten. 

Zur Entgegnung auf meinen Artikel seitens des Herm 
Prof. Dr. Trautmann. 

Von S. S. Mereslikowsky. St. Petersburg. 

In Bd. 65 dieser Zeitschrift hat Trautmann eine Entgegnung auf 
meinen Artikel 1 ) veroffentlicht, in welcher er bestrebt ist, die von mir 
erhaltenen negativen Resultate auf Immunit&t bei den von mir benutzten 
Ratten zurtickzufiihren. Meiner Ansicht nach konnte er mit viel gr5- 
Berem Recbt behaupten, daB die von mir angewandte Rasse des Ba¬ 
cillus Danysz vollkommen ihre Virulenz eingebiiBt habe, Oder daB 
ich nicht das Recht hatte, bei aller anscheinenden Aehnliclikeit beider 
Mikroorganismen, die flir den Bacillus Dunbar gemachten Schlusse 
auf den Bacillus Danysz zu ubertragen usw. 

Es ware daher viel rationeller, wenn Trautmann, bevor er seine 
Entgegnung veroffentlichte, sich die Milhe genommen hatte, Beweise fiir 
die Richtigkeit seiner Versuche anzufiihren und klar zu machen, daB er 
es bei denselben wirklich mit einer avirulenten Rasse des Bacillus zu tun 
und daB fiir ihn die Zahl der giinstigen Tierpassagen nicht als Kriterium 
fQr die Beurteilung der Virulenz der zum Versuche angewandten Kulturen 
gedient hatte. 


Nachdruck verboten. 

Sepsinvergiftung und anaphylaktische Vergiftung. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Bonn 
(Direktor: Prof. Dr. Kruse).] 

Von Privatdozent Dr. A. Seitz. 

Bevor wir die Sepsinvergiftung in ihren Beziehungen zu einer 
anderen Intoxikation kennen lernen, wollen wir in Kiirze der Lehre von 
der Sepsinvergiftung iiberhaupt sowie ihrer allgemeinen Bedeutung 
gedenken. 

Die Sepsinvergiftung hat eine 3-fache Bedeutung. In der Geschichte 
der Pathologie bzw. der Infektionslehre nahm sie friiher einen breiten 
Raum ein; die Eutdeckung, daB nach der Injektion faulender Flussig- 
keiten in die BlutgefaBe von Tieren sich ein ProzeB entwickelt, der in 
bezug auf seine Erscheinungen im Leben und in der Leiche dem der 
sogenannten septikamischen Krankheiten glicli, fiihrte dazu, diese letzteren 
von der Resorption faulender Stoffe aus Krankheitsherden abzuleiten. 
Die bei jeder Filulnis sich entwickelnden Stoffe, wie Kohlensaure, Schwefel- 
wasserstoff, Ammoniak und andere, wurden sodann gepriift auf ihre 
Wirkungsweise auf den Tierkorper bei intravenoser Injektion; man fand 
zwar, daB dieselben von sehr delet&rem EinfluB auf die Tiere waren, 
den vollstkndigen Symptomenkomplex der septischen Vergiftung erzeugten 


1) Mereshkowsky, S. 8., Ueber die Anwendung des Trautmannschen Ver- 
fahrene zur Virulenzsteigerung des Bacillus Danysz. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 62. p. 69.) 


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Seitz, Sepsinvergiftung und anaphylaktische Vergiftung. 


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die Experimentatoren jedoch nicht. Die Analogic zwischen manchen 
Krankheitserregern und den Fermenten der Chemie fiihrte dann dazu, 
aucli in der septisehen Vergiftung eine Fermentation zu erblicken; eine 
zufriedenstellende Antwort auf die Frage nach der Genese der Sepsin¬ 
vergiftung gaben aber auch die in dieser Richtung angestellten Forschungen 
nicht. Neu aufgenoinmen und erst recht wissenschaftlich begrundet wurde 
das Studium der Sepsinvergiftung oder der sogenannten putriden Intoxi- 
kation von Panum, Bergmann, Dragendorff sowie Schmiede- 
berg. Ihr Verfahren bestand in Kiirze darin, daB sie ihren Versuchstieren, 
Hunden, wechselnde Mengen von Faulfliissigkeiten, teils von faulendem 
Blut oder dessen Mazerationswasser, spater auch von faulender Bierhefe 
intravenos injizierten. In beiden Fallen erzeugten sie bei den Hunden 
das Symptomenbild der putriden Vergiftung, bestehend in Aufschreien 
und krampfhaften Zuckungen, Temperatursenkung, blutigen Durchfallen 
und bei geniigend groBer Dosis Exitus in einigen Stunden. Die Sektion 
ergab hochgradige hamorrhagische Entziindung des ganzen Darmtraktus. 
Bergmann und Schmiedeberg, spater Faust, waren sodann be- 
muht, aus Faulsubstanzen durch wiederholte Fallungen ein Produkt zu 
gewinnen, welches das „putride Gift“ in relativ wenig verunreinigter 
Form enthielt. Ihre Angaben iiber die Eigenschaften des putriden Giftes 
sind sehr schwankend; so konnten bei der Dialyse sowohl das Dialysat 
der faulenden Hefe wie auch der Riickstand auf dem Dialysator hoch- 
giftig oder unwirksam sein. 

Kruse und Setter entdeckten sodann, daB die Matrix des putriden 
Giftes nicht nur in Faulsubstanzen zu suchen sei, sondern daB fast alle 
Bakterien, saprophytische sowohl wie pathogene, in ihren Leibern Stoffe 
enthalten, welche das gleiche Vergiftungsbild der Sepsinvergiftung er- 
zeugen. 

For net und Heubner bearbeiteten neuerdings (Arch. f. experim. 
Pathol, u. Pharrn. Bd. 65) die Frage iiber die Entstehung des Sepsins. 
Aus dem gleichen Rohmaterial, das mehrfach zur Darstellung des giftigen 
Sepsins gedient hatte, ziichteten sie einen Mikroorganismus, dessen Rein- 
kulturen gleiche Symptome wie Sepsin hervorriefen; die Extrakte dieser 
Reinkulturen enthielten kein dialysables, sondern ein, wie das Sepsin 
wirkendes, kolloidales Gift. For net und Heubner erweiterten spater 
selbst ihre Befunde dahin, daB aus einer ganzen Reihe von Bakterien, 
welche auf Hefe geziichtet, spater getrocknet und mit Wasser und Sand 
zerrieben worden waren, sich giftige Losungen erzielen lieBen, welche 
beim Hunde das Bild der putriden Vergiftung hervorriefen. Im Vorder- 
grunde dieses Vergiftungsbildes stand die Vergiftung der Blutkapillaren 
des Darmtraktus; die Schleimhaut fast des ganzen Darmes zeigt eine 
gleichmaBige tiefdunkelrote Farbe, sparliche Geschwiire. Ab und zu 
zeigte auch die Lunge leichte Ver&nderungen, welche in einer scharlach- 
roten Verfarbung des Lungengewebes bestanden. Was nun das putride 
Gift der F&ulnisgemische angeht, so nehmen Fornet und Heubner 
an, daB dasselbe, wenngleich haufig chemisch nicht identisch mit dem 
von Faust kristallinisch dargestellten Sepsin, dennoch denselben Sym- 
ptomenkomplex auslost, und mochten sich mit Kruse (Allg. Mikrobiol. 
p. 915) fiir die Hypothese erklSren, daB dies putride Gift ganz allgemein 
aus kolloidalen, also eiweiBartigen Substanzen entstehen kann. 

In dritter Linie liegt die Bedeutung der Sepsinvergiftung in den 
Beziehungen, welche sich aus ihrem Studium zur Anaphylaxie ergeben. 
Wir wissen, wie in der relativ jungen Lehre von der Anaphylaxie und 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


verwandter Iutoxikationen die Grenzen des Begriffes allmahlich weiter 
gesteckt wurden, und eine Reihe von Vergiftungen spater als ira Grunde 
anaphylaktischer Natur erkannt wurden. Wir erinnern nur an die 
Peptonvergiftung bei Meerschweinchen und Hunden, welche von Biedl 
und Kraus als anaphylaktische Erscheinung angesprochen wurde. 
Kruse hat sodann zuerst die Vermutung geauBert, daB das der alteren 
Generation der Biologen altbekannte, oben skizzierte Vergiftungsbild der 
putriden Intoxikation Oder Sepsinvergiftung bei Fleischfressern wohl auch 
mindestens zum Teil in das anaphylaktische Gebiet failt. „Die ohne 
wesentliche Wartezeit auftretenden nervbsen Symptome (sagt Kruse in 
seiner Mikrobiol. p. 1119) sind nach meiner Erfahrung die gleichen, 
wahrend die so bezeichnende blutige in ein bis mehreren Tagen zum 
Tode fuhrende Darmentziindung durch die iibrigen anaphylaktischen Gifte 
von uns und anscheinend auch von anderen nicht erhalten worden ist. u 
Wir haben die Untersuchungen tiber die Beziehungen zwischen Ana- 
phylaxie und Sepsinvergiftung oder putrider Intoxikation wieder auf- 
genommen, und konnen die Annahine, daB putrides Gift ganz allgemein 
aus eiweiBartigen Substanzen entstehen kann, im positiven Sinne be- 
statigen. AuBerdem werden wir zeigen, daB putrides und anaphylaktisches 
Gift, nach ihrer Wirkungsweise betrachtet, in ihren wichtigsten Punkten 
iibereinstiinmen. 

Wir wissen heute, daB wir darauf verzichten konnen, durch vorher- 
gehende Sensibilisierung des Tierkorpers den Ictus zur Bildung des 
anaphylaktischen Giftes zu geben. In vitro l&Bt sich aus EiweiB ana¬ 
phylaktisches Gift darstellen; aber auch durch intravenose einmalige 
Einverleibung groBerMengen von unverandertem BakterieneiweiB gelingt 
es, wie wir zeigen konnten, typische Anaphylaxie zu erzielen. Ganz 
allgemein gesprochen, sind es schlieBlich die verschiedensten Eiweifi- 
spaltprodukte, welche bei parenteraler Darreichung den anaphylaktischen 
Symptomenkomplex, bestehend in Krampfen, starker Lungenbiahung und 
Temperatursenkung, hervorrufen. Es erschien daher auch darum wahr- 
scheinlich, daB die Erscheinungen, welche das Sepsin, d. h. das putride 
Gift und mit ihm ganz allgemein Faulfliissigkeiten von Substanzen mit 
Proteincharakter bei intravenoser Darreichung auslosten, anapbylaktischer 
Natur sein wurden. Es kam uns im folgenden zunachst darauf an, den 
Symptomenkomplex festzustellen, welcher die sogenannte putride Intoxi¬ 
kation bei den verschiedenen Versuchstieren auslost, um auf diese Weise 
eine breitere Basis fur Analogieschliisse zwischen ihr und der bis jetzt 
bekannten Vergiftung mit anaphylaktischem Gift zu gewinnen. 

Wir bedienten uns zu unseren Versuchen fast ausnahmslos der 
faulenden Hefe, die schon Bergmann und Schmiedeberg als sehr 
geeignet zur Herstellung von toxischen Faulfliissigkeiten gefunden hatten. 
Lassen wir die kaufliche Bierhefe mit Wasser am besten im Verhiiltnis 
von 30 g auf 100 ccm bei 37° faulen, so erhalten wir eine stinkende 
Briihe, welche, nachdem sie scharf zentrifugiert worden ist, eine triibe 
opaleszierende Flussigkeit darstellt. Nach 5-tSgigem Faulen ist die 
Flussigkeit bereits stark wirksam. 

Bei Hunden gelang es nun zunachst, mit derselben das Bild der 
Sepsinvergiftung zu erzielen, wie folgende Versuche zeigen. 

2 Hunde erhielten 15 ccm Hefefaulfltissigkeit, zentrifugiert bis zur leichten Opaleszenz, 
in die Jugularis: 

H u n d a, Gewicht 5000 g, Temperatur vorher 39,2. Nach 15 Minuten kollabiert, 
Zittern, blutiger Stuhl, Exitus nach 50 Minuten. 

Bcktion: Magen eowie Diinndarm hamorrhagisch entziindet. Lungen ohne Befund 


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Seitz, Sepsinvergiftung und anaphylaktische Vergiftung. 


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Hand b, Gewicht 6900 g, Temperatur vorher 39,2. Sofort nach der Injektion 
Aufschreien, kollabiert, bricht, erholt sich nach 1 Stunde. 

Dafl dasselbe Vergiftungsbild auch durch anaphylaktisches Gift er- 
zielt wird, erhellt aus folgenden Versuchen. 

Hunde erhielten in die Jugularis injiziert 4 ccm Anaphylatoxin, hergestellt in der 
iiblichen Weise aus Dysenteriebacillen, 1 Stunde mit frischem Meerschweinchenserum 
im Brutschrank bei 37° C in Beriihrung gelassen, Bakterien abzentrifugiert, liber- 
stehendes klares Serum injiziert. 

Hund a, Gewicht 5500 g, Temperatur vorher 39,3. Nach 2 Stunden Erbreehen 
und Entleerung von blutigem Kot, schwere Atmung, keine Krampfe, ab und zu lautes 
Aufschreien. 

Temperatur nach Stunden 37,5—35,0—34,0. Exitus nach 3 Stunden. Die Sektion 
ergibt norraale Lungen, Magen normal, oberer Diinndarm und unterer Dickdarm hamor- 
rhagisch entziindet. 

Hund b, Gewicht 6500 g, Temperatur vorher 39,6. Nach der Injektion kollabiert, 
hat Durchfall, erholt sich, Temperatur 39,5—39,1. Exitus nach 2 Tagen. Sektion ohue 
Befund. 

Hund c, Gewicht 7640 g, Temperatur vorher 39,2. Sofort schwere Atmung, 
kollabiert, Durchfall, Temperatur 37,5—39,2. Erholt sich. 

Hund d, Gewicht 7000 g, Temperatur vorher 38,5. Nach 10 Minuten sehr schwere 
Atmung, Keuchen, Erbreehen, blutiger Stuhl. Exitus in der Nacht. Sektion: Lungen 
ohne Befund, Darm in toto hamorrnagisch entziindet. 

Bei den Fleischfressern haben wir sorait eine weitgehende Analogie 
im Vergiftungsbilde, auf der einen Seite durch anaphylaktisches Gift, 
auf der anderen durch Hefefaulflussigkeit. Bei beiden haben wir, was 
Weichardt und Schittenhelm (Munchen. med. Wochenschr. Bd. 57. 
No. 34) auch bei der vorherigen Sensibilisierung und Reinjektion mit 
EiweiBlosungen bei Hunden bemerkten, eine elektive Affinitat des Giftes 
gerade zum Darm, wahrend die sonstigen Symptome, wie auch der 
Befund der Lungen, wesentlich von denjenigen bei den Meerschweinchen 
und Kaninchen zu beobachtenden abweichen. 

Priifeu wir nunmehr die Wirkung des Sepsins am Meerschweinchen, 
welches sich gegen anaphylaktogene Gifte am empfindlichsten zeigt. 


Versuch 1. 

Hefeaufschwemmung 30:100 Wasser, 5 Tage bei 37° C, scharf zentrifugiert, Meer¬ 
schweinchen iv. iujiziert. 


Gewicht 

Temperatur 

vorher 

Injizierte 

Menge 

Wirkung und Sektion 

355 

38,9 

4 ccm 

Sofort starke Krampfe, Exitus nach 2 Min., Lunge 



bei schlagendem Herzen maximal gebliiht. Magen- 
darmtraktus normal 


300 

390 

2 „ 

dgl. 

335 

38,6 

1 „ 

dgl. 

280 

39,5 

0,6 „ 

Sofort starke Krampfe, Temperatur nach 1 Std. 35,0, 
nach 2 Std. 31,0, nach 3 Std. 30,5. Exitus nach 




24 Std. Sektion ohne Befund 

310 

38,9 

0,5 „ 

Sehr kollabiert, schwere Atmung, erholt sich. Tem- 



peratur nach 1 Std. 35,6, nach 2 Std. 36,0, nach 
3 Std. 37,5 


Dieser erste Versuch zeigte uns also schon, dafi das „putride Gift“ 
der faulenden Hefe in der Tat bei Meerschweinchen in Gaben bis zu 
0,6 ccm das typische Bild anaphylaktischer Vergiftung hervorruft. An 
der Hand weiterer Versuche wollten wir nunmehr feststellen, wie sich 
das putride Gift bei l&ngerem Faulen verhalten wtirde; sowohl eine 
ErhShung der Toxizitfit wie auch eine Abschwachung der Giftigkeit 
konnten wir erwarten, da der Abbau der Eiweifikbrper eine Reihe 


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80 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 

von Etappen durchlauft, welche teils giftige, teils ungiftige Produkte 
liefern. 

Verauch 2. 


Von derselben Hefeaufschwemmung, 10-tagig, durch Berkefeld-Kerze filtriert. 


Gewicht 

Temperatur 

vorher 

Injizierte 

Menge 

Wirkung und Sektion 

420 

38,2 

0,5 ccm 

Sofort + Exitus. Lungen maximal geblaht 

360 

37,0 

0,5 „ 

+ , erholt sich. Temperatur 34,3—34,0—34,2. f in 




der Nacht. Lungen + 

250 

36,5 

0,6 „ 

+ , sofort f. Lungen -f 

235 

38,3 

0,4 „ 

+ , erholt sich. Temperatur 34,6—34,5—34,3 



14-tagige Faulfliissigkeit. 

250 

38,5 

0,4 ccm 

Kollabiert, erholt sich. Temperatur 34,8 —34,4—34,6 

230 

38,2 

0,4 „ 

-f, erholt sich. Temperatur 35,2—35,0—35,0 

290 

38,5 

0,4 „ 

-f, Temperatur 32,7—30,5. t, Lungen -f 


Wir konnten diese Reihen noch verliingern, verzichten aber auf die 
vollstSndige Wiedergabe der Protokolle: Auch nach 14-tagigem und 
mehrwochigera Digerieren der Faulfliissigkeit bei 37° zeigte sich kaum 
eine merkliche, erst nach 40 Tagen eine geringe Abschwachung des 
Giftes. Kochen gegeniiber war das filtrierte Gift aus der Hefefaulfliissig- 
keit widerstandsf&hig. wie folgendes Beispiel zeigt. 

Versuch 3. 

11-tagige Hefefaulfliissigkeit, filtriert, 1 Stunde gekocht. 

1 Meerschweinchen von 250 g Gewicht und Temperatur 38,2 erhalt 0,5 ccm iv. 
Sofort + und +, Lungen +. 

1 Meerschweinchen von 220 g Gewicht und Temperatur 38,5 erhalt 0,4 ccm iv.: 
Nach 1 Min. -f erholt sich, Temperatur 35,6—37,0—37,8. 

Wir suchten nunmehr festzustellen, ob das Gift vielleicht in meh- 
reren, nicht letal applizierten Dosen eine Verminderung der Empfang- 
lichkeit bei dem so behandelten Tiere hervorrief; wir hatten jedoch 
keinen Erfolg. 

Versuch 4. 

3 Meerschweinchen von 265—285 g Gewicht und Temperatur zwischen 37,0 und 
38,0 erhalten je 

am 24. Mai 4 ccm 14-tag. zentrifugierte Faulfliissigkeit intraperiton.: Ohne Syniptome. 

„ 28. „ 4 „ 18- „ „ „ „ * „ 

Sie werden intra venos reinjiziert am 8. Juni mit 
2,0 ccm derselben Injektionsfliissigkeit: Sofort + und f, Lungen +. 

1,0 „ „ „ Sofort + und +, Lungen +. 

1,0 „ „ „ Sehr kollabiert, Temperatur 34,0—34,1—34,9. 

In den Fallen, wo die Tiere unter Krampfen eingingen, war auch 
die Blutgerinnung deutlich verlangsamt bis aufgehoben, was sich an 
zahlreichen Blutproben, aus dem noch schlagenden Herzen entnommen, 
zeigte. 

Fassen wir das bis jetzt Festgestellte zusammen, so sehen wir eine 
weitgehende Uebereinstimmung zwischen der Anaphylatoxinvergiftung und 
der putriden Vergiftung beim Meerschweinchen. Ein Unterschied besteht 
in der Hitzebestiindigkeit, aber war das Gift aus der Faulfliissigkeit auch 
hitzebest&ndig itn Gegensatz zum Anaphylatoxin, so rief es doch beira 
Meerschweinchen die drei Kardinalsymptome anaphylaktischer Vergiftung 
hervor. 

Hatten wir durch groBere Dosen Temperatursturz resp. -senkung 
erzielt, so muBte es von Interesse sein, festzustellen, wie kleinere Mengen 


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Seitz, Sepsinvergiftung und anaphylaktische Vergiftung. 


81 


des Giftes wirken wiirden, da wir ja mit kleinen Dosen des anaphylak- 
tischen Giftes, bergestellt aus Bakterien, vermittelst normalen Serums 
nicht selten keinen Temperatursturz, sondern -erhohung erzielen. 


Gewicht 

Temperatur 

! Injizierte Menge 

Temperatureu nach Stunden 

V. 1 

2 

1 3 

290 

260 

300 

290 

Imn 

38,5 

38,8 

38,8 

38,5 

lerhin gelin 

0,2 ccm Hefescpsin 
0,2 „ 

0,1 „ 

0,1 „ 

gt es auch mit dem 

35,0 

37,8 

38,3 

bakterie 

32.8 

34.8 

37.5 

37.6 

len Anap 

34,0 

35.4 
37,3 

37.5 

thylatoxii 

34.5 
35,8 
37,0 

37.5 

i absolut 


nicht regelm&Big, bei kleinen Gaben Fieber zu erzeugen, so daB wir das 
Fehlen dieses Symptomes bei der Hefesepsinvergiftung nicht differential- 
diagnostisch verwerten konnen. Unterwarfen wir die Hefefaulfliissigkeit 
der Dialyse, so konnten wir zwischen der Wirkung des dialysierten 
Produktes und dem Ruckstand auf dein Dialysator nur einen quantitativen 
Unterschied feststellen. Die Hefefaulfliissigkeit, von der 1 ccm sofort 
letal fur Meerschweinchen war, wurde in Schleicher-Schiillsche 
Diffusionshiilsen gebracht und mehrere Tage lang gegen destilliertes 
Wasser dialysiert. 


Gewicht 

Temperatur 

Injizierte Menge iv. 


310 

39,5 

1 ccm Ruckstand 

Nach 2 Min. -f. Erholt sich, Temp. 35,5 
-35,7-37,0 

320 

39,7 

1 „ Dialysat 

Kollabiert. Erholt sich, Temp. 33,0—33,8 
—34,0 

230 

38,6 

1 >» » 

Kollabiert. Erholt Bich, Temp. 33,7—35,7 
—35,5 

340 

38,8 

1 „ Ruckstand 

Kollabiert. Erholt sich, Temp. 34,5—32,3 
—34,7 

Es 

war nun ( 

lenkbar, daB das, 

wie wir gesehen haben, zunachst 


auf das Meerschweinchen stark anaphylaxieartig toxisch wirkende Hefe- 
sepsin, in Beruhrung mit frischem Meerschweinchenserum gebracht, eine 
Umwandlung durchmachen wiirde, indem die Komplement genannte 
Komponente oder andere fermentativ wirkende Komponenten des Serums 
das Toxinmolektil, sei es in eine giftigere, sei es eine weuiger giftige 
Stufe, iiberfiihren wiirden. 


19-tagige Hefefaulfliissigkeit, zentrifugiert mit verschiedenen Mengen frischen Meer- 
schwei lichen serums bei 37° iu Beruhrung gelassen. 


Gewicht 

Temperatur 

Hefefaul- 

fliissigkeit 

Verhalten nach der Injektion 

190 

38,5 

0,6 Kontrolle 

Ohne Krampfe, Temperatur 35,2—35,5—36,5 

240 

38,4 

0,6 + 1,0 Serum 

„ „ „ 36,5-36,7—36,7 

230 

38,4 

1,0 + 1,0 „ 

„ „ „ 37,7-37,9-38,1 



12-tiigige Hefefaulfliissigkeit. 

300 

37,6 

0,6 + 1 NaCl 

Sofort Krampfe + und f nach 10'. Lungcn + 

290 

37,5 

0,6 -f 1 Berum 

Ohne Krampfe, f nach 2 Btundeu. Bektion 




ohne Befund 


Ebensowenig gelang uns eine Beeinflussung der Giftigkeit bei 
Digerieren der Hefefaulfliissigkeit mit Trypsin iu verschiedenster Kon- 
zentration und wechselnder Einwirkungszeit, so daB wir die darauf be- 
ziiglichen Protokolle bier nicht bringen. 

Erate Abt. Orig. Bd. 67. Heft 1/2. 6 

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82 


Centralbl. f. Bakt.. etc. I. Abt Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Wir priiften nunmehr in Parallelversuchen an Kaninchen einmal die 
Giftigkeit des Anaphylatoxins, wie wir es bei fruheren Versuchen aus 
Bakterien und frischem Meerschweinchenserum gewonnen hatten, sodann 
diejenige der toxischen Hefefaultiiissigkeit. Wir erwarteten auch hier 
eine weitgehende Aehnlichkeit in symptomatischer Beziehung zwischen 
den beiden Vergiftungsbildern. 

Kaninchen erhalten intravenos 4 ccm anaphylaktischen Giftes, ge¬ 
wonnen aus 10 Oesen einer Dysenterieknltur und 4 ccin Kaninchen- 
serums. Nach l-st(indigem Aufenthalt im Brutschrank bei 37° werden 
die Bakterien abzentrifugiert, die iiberstehende bakterienfreie Flussigkeit 
wird injiziert. 


No. 

Gewicht 

Tem- 

peratur 

Injizierte Menge 

Verhalten und Temperatur nach 
Btunden 

1 

290 

39,0 

4 ccm Dys.-Anaphylatoxin 

Leichte Krampfe, f nach I2 h : Temp, 
nach l h 38,3, nach 2 h 38,6 

2 

320 

38,9 

^ V V V 

Leichte Krampfe, f nach 10*“: Temp, 
nach l b 36,9. nach 2 h 38,1 

3 

300 

39,4 

^ V 1) T» 

Leichte Krampfe, f nach 10**: Temp, 
nach l h 36ji, nach 2 h 38,3 

4 

520 

39,1 

4 

* 7) V V 

Keine Krampfe, + nach 10“: Temp, 
nach P 38,5, nach 2 h 38,5 

5 

640 

38,6 

4 

^ T» V Ji 

Keine Krampfe, f nach 10 h : Temp, 
nach l h 38,5, nach 2 b 37^ 

Ein ahnliches Resultat hatten wir bei Verwendung anaphylaktischen Giftes aus 

Typhusbacillen extrahiert. 

6 

1370 

39,4 

4 ccm Typh.-Anaphylatoxin 

Keine Krampfe, kollabiert, erholt sich, 
Temperatur normal, + in der Nacht 

7 

1820 

38,9 

n n v 

dgL 


Die Sektion der Lungen der Tiere 1—4 ergab deutliche Blahung, 
wie wir sie auch bei den Meerschweinchen finden, welche anaphylaktisch 
eingehen; bei den iibrigen alteren Tieren vermiftten wir mit den KrSmpfen 
auch die Lungenblkhung. Bei alien Tieren fanden wir jedoch eine 
Rotung der Diinndarmschleimhaut, an manchen Stellen hamorrhagisch 
imbibiert; intra vitam bestand bei vielen der Tiere Durchfall. 


Kaninchen erhalten intravenos Hefefaulflussigkeit, zentrifugiert, injiziert. 


No. 

Gewicht j 

Tem¬ 

peratur 

Injizierte 

Menge 

Temperatur und Verhalten 

8 

1590 

39,0 

2,0 ccm 

38,2—38,3—38,2. Keine Krampfe, + nach 24 h . Dick- 
darm hamorrhagisch entziindet 

9 

1850 

39,1 

3.0 „ 

39,5—39,0—39,9. Keine Krampfe 

10 

1590 

39,5 

2,2 „ 

Sofort Krampfe, Lungen gebliiht, Darmtraktus in 
toto hamorrhagisch entziindet 

11 

2210 

38,5 

4,0 „ 

38,0—37,5—37,8. Keine Krampfe 

12 

1300 

38,9 

2,0 „ 

38,5-38,4-38,5. 


Sowohl durch anaphylaktisches Gift, wie wir es aus BakterieneiweiB 
und frischem Serum in vitro gewinnen konnen, wie auch durch toxische 
HefefaultiQssigkeit erzeugen wir also beim Kaninchen gleiche Ver- 
giftungserscheinungen. Das Gift wirkt weniger auf den Respirations- 
traktus, den Temperatursturz vermissen wir. hingegen haben wir bei 
beiden Fallen eine elektive Wirkung auf den Darmtraktus, ein Ver- 
halten, welches wir beim Meerschweinchen stets vermissen. 


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Ben thin, Beitrage zur Hiimolysefrage tier Streptokokken. 


83 


Fassen wir zusamrnen, so kommeu wir zu dem Ergebnis, daB 
putrides Gift und anaphylaktisches Gift in ihrer Wirkungsweise in ihren 
Hauptpunkten ubereinstimmen. Die septische Vergiftung Oder „putride 
Intoxikation“ der alteren Autoren ist aufzufassen als eine in das Gebiet 
der Anaphylaxie fallende Erscheinung. 


Nachdruck verboten. 


Beitrage zur Hamolysefrage der Streptokokken. 

[Aus der Kgl. Universitats-Frauenklinik in Konigsberg i. Pr. (Direktor: 
Geh. Med.-Rat Prof. Dr. G. Winter.)] 

Von Dr. W. Benthin, Assistenzarzt. 


Die Bedeutung des Hamolysierungsvermogens gewisser Bakterien 
ist trotz aller Bemiihungen, eine befriedigende Erkl&rung zu geben, noch 
strittig. Ist die Hamolyse ein Artzeichen, eine konstante oder eine 
variable Eigenschaft, eine Saurefunktion, geht Hamolyse der Virulenz 
und der Pathogenitat parallel, diese Fragen harren endgiiltiger, biin- 
diger Erledigung. Neuerdings sind nun durch Kuhn eine Reihe weiterer 
Gesichtspunkte in der Beurteilung dieser Verhaltnisse eroffnet worden. 
Sie beanspruchen besonderes Interesse und fordern zur Nachprii- 
fung auf. 

Bei seinen Versuchen iiber den EinfluB der Kohlehydrate auf das 
Bakterienwachstum wies Kuhn darauf hin, daB durch Zucker eine Ab- 
lenkung der Keime in einen herbivoren Stoffwechsel stattfindet, d. h. 
daB „wir durch Zucker im allgemeinen in der Lage sind, die Lebens- 
vorgange in einer Bakterienkultur prinzipiell umzu&ndern, abzulenken, 
und Keime, die sonst alkalische Produkte bilden, in Saurebildner zu 
verwandeln". Durch die „Verfuhrung“ der Bakterien zur Produktion 
saurer Produkte, fernerhin durch einen gewissen „denaturierenden“ Ein- 
fluB des Zuckers auf das Zellstroma der Keime wiirde eine Verringerung 
der Virulenz bewirkt. An der Hand zahlenmaBiger, prozentualer Belege 
suchte er die bakterizide Wirkuug konzentrierter Zuckerlosungen dar- 
zutun. Auf Grund seiner Versuche, unter anderem durch systematisch 
fortgesetzte Ziichtung auf zuckerhaltigen Nahrboden, glaubt Kuhn den 
Nachweis fflhren zu konnen, daB es gelingt, die qualitative Tiichtigkeit 
uud Kraft der Bakterien auch in der Richtung der Hamolysiubildung 
zu beeinilussen. Die Hamolysinbildung selbst faBt er auf als den Aus- 
druck eines animalischen, karnivoren Stoffwechsels tierparasitarer Lebens- 
weise; er halt sie als Signum einer gefahrlicheren Wuchsform, ohne eine 
Identitat zwischen Hamolyse und Virulenz anzunehmen. 

Uns interessierte besonders die Beeinflussung des Zuckers auf die 
Hamolye der Streptokokken. Unsere Fragen prazisierten wir dahin: 
1) Gelingt es, durch tagliche Umziichtung tatsachlich das Hiimolysie- 
rungsvermogen wirksam und dauernd zu beeinflussen? 2) Hat der Zucker 
einen EinfluB auf die Wachstumsenergie der Bakterien und l£Bt sich 
eine Korrelation zwischen dem Wachstum und der Hamolysierung auf- 
stellen? 3) Ist die Annahme Kuhns berechtigt, daB wir aus dem Fort- 
bleiben der hamolytischen Eigenschaften infolge Zuckereinwirkung ,,auf 
eine .degenerative 1 Veranderung der Keime im Siune eines mehr sapro- 
phytischen Lebens“ schlieBen konnen? 

6 * 

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84 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Zu unseren Versuchen wurden im ganzen 13 St&mme, deren HSmo- 
lysierungsvermogen graduell sehr verschieden war, benutzt. Zu Vergleichs- 
zwecken wurde eine Uinzuchtung mit einem ahamolytischen Strepto¬ 
coccus und mit einem Streptococcus viridans angestellt. Die 
Kulturen wurden aus dem Vaginalsekrete, teilweise aus dem Blute er- 
krankter Frauen gewonnen. Jede Kultur wurde taglich umgeziichtet. 
Der Ausstrich wurde auf taglich frisch bereiteten Blutagarplatten von 
verschiedenem Gehalt an Traubenzucker (0, I 1 /*) 4 Proz.) vorgenommen. 
Bei einer Anzahl" von Versuchen wurde daneben als 4. Platte eine 
Glyzerinblutagarplatte benutzt. Neben den taglichen Umziichtungen, 
die stets so gemacht wurden, daB von 0-proz. auf 0-proz., von 4-proz. 
auf 4-proz. etc. verimpft wurde, wurde derart variiert, daB die Kolonieen 
z. B. von 4-proz. auf 0-proz. resp. auf Glyzerinblutagar etc. und um- 
gekehrt, ubertragen wurden. Durch Verimpfungen auf Bouillon fand 
weiterhin eine Kontrolle der Befunde statt. Die Versuchszeit betrug 
bis zu 45 Tagen. 

Um einen Einblick in die Wachstumsverhaltnisse der Keime auf 
den zuckerfreien und zuckerhaltigen Nahrboden zu gewinnen, wurde in 
einigen Fallen eine AuszShlung gleichaltriger Keime einer Kolonie der 
0-proz. und 4-proz. Platte vorgenommen. Die Auszahlung geschah 
derart, daB eine einzeln stehende Kolonie von der 0-proz. und 4-proz. 
Blutagarplatte in physiologiscke Kochsalzlbsung aufgenommen und auf 
eine lOOOOfache Verdtinnung gebracht wurde. Von dieser Verdiinnung, 
deren GleichmaBigkeit durch mehrstiindiges Verweilen im Schuttel- 
apparat gewShrleistet wurde, wurden mit 1 ccm mehrere Blutagarplatten 
ausgegossen. Die Zalil der gewachsenen Kolonieen, multipliziert mit 
10000, ergab dann die Keimzahl der Kolonie. 

Den weiteren Ausfiihrungen stelle ich nunmehr die Resultate meiner 
Verimpfungen voran. 

Stamm 1, No. 382. Cancroid portionis. In dem Abstrich findet sich ein stark 
hamolytischer Streptococcus in Reinkultur. Trotz Trockenbehandlung mit Trauben- 
zucker, trotz Behandlung mit Bolus alba, Instillation mit Sublimatspiilungen etc., tritt 
die Hamolyse bei sehr zahlreichen Abimpfungen stets in gleicher Starke auf. Die 
Hamolyse ist so stark, daB Bie bereits nach O-stiindigem Verweilen im Brutschrank, 
selbst auf der 4-proz. Platte in die Erscheinung tritt. Niemals wiihreud dieser Zeit ist 
auch nur die geringste Abschwachung der Hamolyse zu bemerken. Der graduelle 
Unterschied auf den verschieden stark zuckerhaltigen Flatten ist sehr gering, doch 
weisen die auf den 0-proz. Flatten gewachsenen Keime groBere Kolonieen auf. Die 
verschiedensten Ueberimpfungen auf Bouillon ergeben stets ein gutes gleichmaBiges 
Wachstum, klar mit Bodensatz, in schonen ziemlich langen Ketten. 

Im Gegensatz zu diesem stark hamolytischen Stamm mogen jetzt zwei aharao- 
lytische folgen. 

Stamm 2 Rosenberg, No. 558. Der Stamm wurde aus dem Vagiualsekret 
einer Puerpera geziichtet. Die Keime wuchsen ziemlich kraftig auf alien benutzten 
Nahrboden, gleicnviel ob traubenzuckerhaltig oder nicht. Auch auf Glyzerinblutagar 
trat keinerlei Verfarbung des Blutes, geschweige denn eine Hamolyse auf. In Bouillon 
wuchsen die Keime in kurzen Ketten mit schlanken Gliedern unter diffuser Triibung. 
Auffallend war das relativ schwache Wachstum der Kolonieen auf den 4-proz. trauben- 
zuckerhaltigen Platten. VVahrend der Ziichtungszeit, die 1 Monat iiberschritt, konnten 
keinerlei Veranderungen nachgewiesen werden. Auch bei der Uebertragung der Keime 
auf Bouillon und bei dem spateren Ausstrich auf 0-proz. Blutagar zeigte sich keine 
Hamolyse. Verschiedentlich wurde von der 4-proz. Platte auf eine 0-proz. iiberimpft. 
Stets gingen die Keime gut an und wuchsen besser als auf der 4-proz. Platte. 

Stamm 3 Tavel, No. 482. Streptococcus viridans, aus dem Blute einer 
spater als gesund entlassenen, an Pyamie post partum erkrankten Frau geziichtet. In 
annlicher Weise wie oben wurden die Verimpfungen wahrend einer Dauer von 16 Tagen 
vorgenommen. Das Resultat blieb sich stets gleich. Bemerkenswert war, daB die 
griinliche Verfarbung wechselte. Die Kolonieen auf der 4-proz. Platte zeigten eher 


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Ben thin, Beitriige zur Hamolysefrage der Streptokokken. 


85 


eine weiBliche, weniger eine grfinliche Farbe. Die mannigfachen Variationen beein- 
fluflten auch hier niemals die Gleichheit des ersterhobeuen Befundes. 

AnschlieBend an diese Falle mogen nunmehr einige andere folgen, bei denen bei 
dem AuBstrich auf den verschiedenen zuckerhaltigen Platten eine grauuelle teiiweise er- 
hebliche Differenz der Starke der Hiimolyse konstatiert wurde. 

Zuerst aei hier eine Beobachtung wiedergegeben, in dem der isolierte Strepto¬ 
coccus anfanglich als ahiimolytisch bezeichnet wurde, weil, wie sonst iiblich, auf einer 
l’/j-proz. Platte ausgestrichen worden war. 

Stamm Dammrau 4, No. 375. Febris post partum. Aus dem Vaginalsekret 
wurde ein ursprunglich als ahiimolytisch angesprochener Streptococcus isoliert, der 
in Bouillon klar mit Bodensatz in langen Ketten wuchs. Die erste Verimpfung ge- 
schah auf dem gewohnlichen 17,-proz. Traubenzuckerblutagar. Hier fand man nur 
eine schwiirzliche Verfarbung des Blutfarbstoffes, dagegen fehlte jegliche Aufhellung 
der Umgebung. Bei der Weiterverirapfung auf zuckerfreie Blutagarplatten zeigte sicn 
aber, daS der Stamm nunmehr deutlich und fortgesetzt hamolysierte. Auf l'/,-proz. 
Platten trat fernerhin ab und an eine schwache Hiimolyse auf; sie fehlte fast aus- 
schliefilieh auf den 4-proz. Platten. Wurde vou einer 4-proz. Platte auf eine 0-proz. 
verimpft, so trat die Hamolyse wieder in die Erscheinung. Der Versuch wurde 
1 Monat lang stets mit dem gieichen Resultat ausgefiihrt. Bis zum letzten Versuchs- 
tage gelang es, die Keime auch von der 4-proz. Platte auf Bouillon zu iibertragen und 
zum Wachstum zu bringen. 

Die genaueren Angaben fiber die Starke der Hamolyse an den einzelnen Tagen etc. 
dieses Falles, wie der folgenden fibrigen, sind am Schlusse der Arbeit tabellarisch 
wiedergegeben. 

Stamm Thiel 5, No. 470, 480, 497. Puerperale Bakteriiimie und Thrombo¬ 
phlebitis. Die Frau starb am 5. April 1912. 

Die bakteriologischen Verhaltnisse dieses Falles waren, wie folgt: 

A. Vaginalsekret: Neben ahamolytischen Stabchen auf 0-proz. Traubenzucker- 
agar 35 Kolonieen leicht hamolytischer Streptokokken, die, auf 1 '/.,-proz. Trauben¬ 
zuckerblutagar isoliert, nach 24 Stunden keine Hamolyse, sondern nur eine braunliche 
Verfarbung des Nahrbodens hervorrufeu. In Bouillon wuchsen sie in kurzen Ketten 
klar mit Bodensatz. 

B. Blut: Sowohl aerob wie anaerob gezfichtet, fiberall leicht hamolysierende 
Streptokokken. Die aerobe Blutbouilon zeigte eine leichte Hamolyse, die anaerobe war 
flockig getrfibt. In beiden Bouillons wurden kurzkettige Streptokokken nachgewiesen. 
Die anaerob gezfichteten Streptokokken wuchsen auch aerob verimpft in gleicher Weise. 
Die verschiedenen Entnahmen von Blut und Vaginalsekret im Verlauf der Kraukheit 
ergaben stets das gleiche Resultat. 

Zu der Verimpfung wurden sowohl die aus dem Vaginalsekret wie die aus dem 
Blute stammenden Bakterien benutzt. Da die Art der Hamolyse, wie die Weiterver- 
impfung zeigte, in beiden Fallen sich gleich blieb, so kann von einer gesonderten Be- 
sprechung abgesehen werden. Die Verimpfung wurde am 2. Mai begonnen und bis 
zum 16. Juni weitergeffihrt; die Versuchsdauer betrug also fiber 6 Wochen. Die 
Starke der Hamolyse war auf den zuckerfreien und zuckerhaltigen Platten sehr ver- 
schieden. Auf den erstgenannten Niihrboden trat die Hamolyse stets unverandert deut¬ 
lich auf, anders auf den zuckerhaltigen Platten. Hier wurde beobachtet, dafl auf den 
4-proz. Platten die Hamolyse am starksten abgeschwacht war. Der Grad der Ab- 
scnwachung auf den 4-proz. Platten an den verschiedenen Tagen wechselte, zuweilen 
fehlte sie ganz. Bemerkenswert ist, daB eine fortschreitende Abschwiichung der Hamolyse 
nicht, besonders auch nicht auf den 4-proz. Platten beobachtet wurde. Obgleich z. B. 
die Kultur nach vierwochentlicher Zfichtung 3 Tage hintereinander keine blutfarbstoff- 
losende Wirkung, nicht eiumal eine deuthche Verfarbung des Blutes hervorrief, trat 
doch in den spateren Tagen wiederum eine schwache Hamolyse auf. 

Stamm 6 Kelch, No. 671 und 675. Febris post abortum (kriminelll). 
Sowohl im Vaginalsekret wie wahrend der ersten 6 Krankneitstage im Blute hamoly- 
tische Streptokokken. Patientin wurde nach 14 Tagen gesund entlassen. Wahrend die 
Streptokokken im Vaginalsekret eine ausgesprochene Hamolyse zeigten, hamolvsierten 
die aus dem Blute gezfichteten Streptokokken, die aerob wie anaerob wuchsen, nur ganz 
leicht. In der Bouillon wuchsen die beiden isolierten Bakterienstamme in trleicher 
Weise unter diffuser Trfibung in langen Ketten. Zu dem Versuch, der nahezu 4 Wochen 
fortgeffihrt wurde, wurden nur die aus dem Vaginalsekret in Rein kultur gezfichteten 
Keime benutzt. 

Das Resultat dieser Beobachtung war, daB die Kolonieen auf den zuckerfreien 
Platten, besonders auf dem Glyzerinblutagar ausgezeichnet hiimolysierten; auf den 
zuckerhaltigen Nahrbfiden dagegen war die Hamolyse stark abgeschwacht, auf der 
4-proz. Platte fehlte sie zuweflen vollstandig. Brachte man die auf der 4-proz. Platte 


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86 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 

ausgeatrichenen Kolonieen auf die zuckerfreien Platten, no hamolysierten die Keime 
sofort wieder. 

Stamm 7 Truhn, No. 398. Puerperale Pyamie. Thrombose am hnken Ober- 
schenkel. Patientin wurde gesund entlassen. 

Es handelt sich um einen sowohl aus dem Vaginalsekret als auch aus dem Blute 

S ezuchteten Streptococcus longus, der in Bouillon klar mit Bodensatz, lange 
iettcn bildend, wuchs. Dicser Streptococcus zeigte nnch 6 Stunden auf keiner der 
verwandten Platten Hamolyse. Nach 24 Stunden trat jin loch iiberall Hamolyse, aller- 
dings in verschiedener Starke, auf. Am geriugsten war sie auf der 4-proz. Platte. 1m 
ubrigen war das Resultat derart, daB bei der weiteren Fortziichtung ebenso wie in dem 
vorigen Falle die Starke der Hamolyse an den einzelnen Tagen verschieden groB war. 
Der V r ersuch dehnte sich auf 34 Tage aus. 

Fall 8 Kanapin, Protokoll No. 822. Puerperale Pyamie. Der Stamm 
wurde aus dem ErguB im Kniegelenk geziichtet. Die Hamolyse auf den zuckerfreien 
Platten war eklatant, aber schon auf der l‘/,-proz. Platte trat sie uur sehr uudeutlieh 
und schwach auf, auf der 4-proz. Platte fehlte sie vollkommen. Besonders deutlich 
war der Groflenunterschied der Kolonieen. Die Ausziihlung ergab auf der 0-proz. 
Platte nach 24-stiindigem Waehstum 760000, auf der 4-proz. Platte 270000 Keime 
einer Kolonie. 

Einige weitere Falle sind, da sie im wescntlichen die gleichen Verhaltnisse dar- 
bieten, in dem tabellarischen Anhang aufgcfiihrt. 

AnschlieBend soil hier nur noch der in vieler Beziehung interessante Fall (9) kurz 
angefiihrt werden. Es handelt sich um einen Streptokokkenstamm, der in Reinknltur 
aus dem Eiter eines Senkungsabszesses, der im AnschluB an eine vor */ 4 Jaliren ent- 
standene Parametritis sich entwickelt hatte, geziichtet worden war. Der erste Ausstrich 
wurde auf Glyzerinblutagar gemacht. Hier wurde nur eine sehr schwacbe Hamolyse 
nachgewiesen. Die Keime wurden auf Bouillon verimpft. Sie wuchsen dort klar mit 
Bodensatz in ziemlich langen Ketten. V T on der Bouillon wurden die Keime wiederum 
auf Glyzerinblutagar, dann aber auch ferner auf 0-, l'/ 3 - und 4-proz. Traubenzucker- 
blutagar ubertragen. Dabei zeigte sich, daB die Hiiinolyse nunmehr bereits nach 
24 Stunden auf alien Platten in weit groflercr Starke aufgetreten war, als bei dem 
ersten Ausstrich auf Glyzerinblutagar, eine Erscheinung, die offenbar dadurch bedingt 
war, daB bei dem ersten Ausstrich der Eiter etc. hamolysehemmend gewirkt hatte. 

Die Kolonieen wuchscn auf den zuckerfreien Niihrbbden saftiger und waren grofier 
als auf den zuckerhaltigen Platten. Dies schon makroskopisch sichtbare Verhalten des 
GroBenunterschiedes konnte auch zahlenmaBig bewiesen werden. Bei der Ausziihlung 
gleichaltriger Kolonieen ergab sich eine Differenz von 85 000 Keimen zugunsten der 
auf der 0-proz. Platte gewachsenen Kolonie. Beziiglieh dcr Starke der Hamolyse konnte 
beobachtet werden, daB parallel mit der GroBe der Kolonie auch die Hamolyse be¬ 
sonders stark war. Dementsprechend liefien die zartgewachsenen Kolonieen auf der 
4-proz. Platte eine schwiichere Hamolyse erkennen. Besonders intercssant aber er- 
seneint mir in diesem Falle der Befund, daB die sowohl aus dem Eiter geziichteten, wie 
die in der Bouillon gewachsenen Keime in ausgedehntester Weise die mannigfaebsten 
Involutionsformen aulwiesen. Diese Erscheinuug wurde auch bei der weiteren Ver- 
impfung des Bakterienstammes auf den verschiedenen zuckerhaltigen Platten beobachtet. 

Die obigen Versuche sprechen meines Erachtens eine deutliche 
Sprache, so daB ich unter Verweis auf die ausfiihrlichen Tabellen auf 
eine weitere Besprechung verzichten zu konnen glaube. Ich konnte 
durcli diese Versuche zeigen, daB es sowohl gelingt, durch Zusatz von 
Traubenzucker zu den Blutagarplatten eine Abschwachung resp. ein 
volliges Fehlen der Hhmolyse zu bewirken. Aber die GenerationsfUhigkeit 
wird, wie die Dauerversuche dartun, keineswegs in wirksamer Weise 
gehemmt. Ebensowenig leidet bei dieser Versuchsanordnung die Ver- 
impfbarkeit. Die Kolonieen lassen sich in gleicher Weise wie die auf 
der 0-proz. Platte gewachsenen weiter ubertragen. Ein Absterben der 
Kulturen zu fruherer Zeit hat nicht statt. Trotz taglicher Umzfichtung 
bis zu 40 Tagen von einer 4-proz. Platte auf eine gleiche andere, konnte 
die voile Lebensfahigkeit am Schlusse der Beobachtungszeit bewiesen 
werden. Dagegen ist das Waehstum, die Expansiouskraft der Keime 
eingeschrankt. Eine Korrelation zwischen dem Waehstum der Kolonieen 
und der Stitrke der Hamolyse ist iusofern anzunehmen, als die Beobachtung 
gemacht wurde, daB die Keime auf der 4-proz. Platte zarter, wenig saft- 


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reicher wuchsen als auf den iibrigen Platten. Wichtiger jedoch ist der 
Nachweis, daB trotz der Dauerziichtung die Hamolyse sofort und un- 
eingeschrankt wieder in die Erscheinung tritt, wenn die Kultur von der 
4-proz. Traubenzuckerplatte auf einen zuckerfreien Nahrboden gebracht 
wird. Die Hamolyse tritt in derselben Starke auf wie zu Anfang des 
Versuches, in gleicher Weise wie bei den von vornherein auf zuckerfreiem 
Blutagar gezflchteten Bakterien desselben Stamnies. Da die Umzuchtung 
auch von 72-stiindigen und alteren Kulturen gelingt, und auch bierbei 
die Hamolysierungsfahigkeit unverkiirzt beobachtet wird, so kann man 
wenigstens den SchluB ziehen, daB selbst langer dauerndes Wachstum 
auf zuckerhaltigen Nahrboden den Bakterien nicht die Fahigkeit raubt, 
sofort wieder zu hamolysieren, sofern sie auf zuckerfreien Substraten 
geztichtet werden. 

Noch besser kann man das temporare Verschwinden der Hamolyse 
wieder ausgleichen, wenn man die auf 4-proz. Traubenzuckerblutagar 
geziichtete Kultur vor der Verimpfung auf eine traubenzuckerfreie Platte 
erst auf Bouillon tibertragt. Wir haben es also nur insofern mit einer 
Umstimmung der Bakterien zu tun, als durch den Traubenzucker die 
Hamolyse in geeigneten Fallen abgeschwacht wird. Die Keime verlieren 
ihre Hamolyse nur temporar. Die Starke der Hamolyse ist abhangig 
von den Substraten, auf denen die Bakterien zu wachsen gezwungen 
werden. Aus dem Verhalten des temporaren Verschwindens der Hamo¬ 
lyse laBt sich keineswegs der SchluB ziehen, daB durch den Traubenzucker 
eine Verwandlung der hamolytischen Streptokokken in ahamolytische 
statthat. Der Verlust der Hamolyse ist als nichts anderes aufzufassen, 
als die Hemmung einer Eigenschaft eines Streptococcus, der Hamo¬ 
lyse, bedingt durch das Nahrsubstrat. Aus dieser willkommenen Be- 
obachtung des oben zitierten Falles (9) ergibt sich meines Erachtens 
ein weiterer SchluB fur die Beurteilung der Hamolysefrage. Wir sehen, 
daB trotz einer in die Augen springenden Degeneration eines Strepto- 
kokkenstammes eine Hamolyse auftreten kann. Die Beobachtung, daB 
dieser Keim auch auf der 4-proz. Traubenzuckerplatte trotzdem gut 
hamolysierte, erscheint nicht auffallend, wenn man die Tatsache beriick- 
sichtigt, daB es offenbar Stamme unter den Streptokokken gibt, die erst 
durch Zusatz groBerer Traubenzuckermengen in ihrer Hamolyse gehemmt 
werden. Auf der 4-proz. Platte kommt bei diesen Keimen die Ab- 
schwachung der Hamolyse nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz dazu 
findet man Stamme, die stets ahamolytisch wachsen. Andererseits sieht 
man nicht selten Streptokokken, die auf den gewbhnlichen Blutagar- 
platten, die 1V 2 oder 4 Proz. Traubenzucker enthalten, ahamolytisch oder 
schwach hamolytisch wachsen, die aber auf den zuckerfreien Nahrboden 
eine deutliche Blutfarbstoff losende Wirkung ausiiben. Derartige Kulturen 
zeigen dann auf der 4-proz. resp. lV 2 -proz. Platte nur eine braunliche, 
manchmal graue Verfarbung, wachsen jedoch auch hier in ausgiebigster 
Weise. In dieser Beziehung halte ich die Versuche von Kuhn Mr 
nutzbringend, weil, worauf auch Kuhn hinweist, wir damit vielleicht 
ein Mittel an der Hand haben, noch eine genauere Analyse differenter 
Streptokokkenstamme durchzuftihren. Ob die Verschiedenheit der Hamo¬ 
lyse dem Grade der Pathogenitat parallel geht, bleibt weiteren im Gauge 
befindlichen, das klinische Material berflcksichtigenden Untersuchungen 
vorbehalten. Daruber wird an anderer Stelle berichtet werden. Von 
einer UmzQchtung im Kuhnschen Sinne, einer Denaturierung kann 
aber keine Rede sein. 


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Tabellarischer Anhang. 


88 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 



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89 


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Stamm No. 10, Prot. No. 644, Alwast. Blutung post abortum. Aus dem Vaginalsekret werden Streptokokken gpziichtet, die auf 
l 1 /, °/ 0 Traubenzuckerblutagar aufangs ahfunolytisch rait etwaa griinlicher Verfarbung dee Nahrbodens wuehsen. In Bouillon wuchscn die 

Keime klar mit Bodensatz in schdnen iuittellangen Ketten. 


Ben thin, Beitrage zur Haraolysefrage der Streptokokken. 


91 


12.6. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


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Stamm No. 13, Baumegascht, Prot. No. 822. Abort, imminens Mens II. Im Vaginalsekret 

hamolytische Streptokokken in Reinkultur. 



Nachdruck verboten. 

Ueber primare Serumtoxizitat 1 ). 

[Aus dem bakteriologischen Laboratorium des k. und k. Milit&rsanitats- 

komitees in Wien.J 

Von Priv.-Doz. Dr. R. Doerr und Dr. F. Wclnfurter. 

Wir haben uns in einer friiheren Arbeit (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Origin. Bd. (53. H. 4/6) mit der primSren Toxizitat der AntieiweiBsera 
beschaftigt. Es hatte sich ergeben, daK das Serum von Ivaninchen durch 
die Immunisierung mit EiweiBantigenen fur Meerschweinchen giftiger 

1) Ausgefiihrt mit den Mitteln der Trenkle-Stiftung fiir das Jahr 1911. 



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Doerr u. Weinfurter, Ueber primare Serumtoxizitat. 


93 


werden kann als das schon de norma der Fall ist, daB sicb aber merk- 
wilrdigerweise nur mit Hammelerythrocyten und HammeleiweiB konstante 
Resultate und holie Grade von Toxizitat erzielen lassen l ), wahrend EiweiB- 
antigene von anderer zoologischer Provenienz oder Bakterienleiber in- 
konstant, erst in groBen Mengen und nach wiederholter Injektion wirken 
und dem Serum der damit behandelten Kaninchen nur relativ gering- 
fugige Steigerungen seiner physiologischen Pathogenitat verleihen. Fine 
genauere Analyse des Ph&nomens fiihrte zu der Ueberzeugung, daB diese 
primare Toxizitat der vom Kaninchen gevvonnenen AntieiweiBsera fur 
das Meerschweinchen weder von ihrem Gehalt an Antikorper, Prazipitin 
Oder EiweiBambozeptor, noch auch von unverbrauchten Antigenresten 
oder, wie Friedberger will, von der Koexistenz beider Faktoren be- 
dingt wird. 

Erw&gt man die Bedeutung dieser allerdings nur negativen Resultate, 
so wird es zun&chst klar, daB der EinfluB des Immunisierungsprozesses 
auf die Serumgiftigkeit nur ein indirekter sein kann. Erkl&rt man ferner 
die Giftwirkungen der AntieiweiBsera — wie das ja ziemlich allgemein 
geschieht — als anaphylaktische Vorgange, so erhellt aus den angefiihrten 
Tatsachen oline weiteres, daB die gangbaren Vorstellungen fiber die Ge- 
nese anaphylaktischer Gifte durch Abbau von blandem EiweiBantigen 
zu hochtoxischeu Spaltprodukten hier unmoglich Anwendung finden 
konnen. 

Von diesem Standpunkte aus gewinnt die Aufgabe Aussicht auf ex- 
perimentelle Losung, das Serum von Kaninchen im lebenden Tiere durch 
andere Eingriffe wie durch Zufuhr von heterologem EiweiB fiir Meer¬ 
schweinchen giftig zu machen oder richtiger, seine normale Toxizitat in 
ahnlicher Art wie durch die Immunisierung zu erhohen. Da iiber die 
Ursachen der pathogenen Effekte der Normal- und Immunsera nur Ver- 
mutungen existieren, so ist man freilich naturgemaB nicht in der Lage, 
a priori die Methoden zu bestimmen, welche zu positiven oder gar opti- 
malen Ergebuissen ftihren. Es blieb uns daher nichts anderes fibrig, 
als die Versuche in verschiedener Richtung anzustellen, und dabei die 


1) Diese Beobachtung fiihrte uns zunachst dazu, Kaninchen mit bestimmten Organ- 
extrakten zu iminunisieren. J. Forssmann hntte namlich angcgeben (Biochem. Zeitschr. 
Bd. 37 1911), daB man hochwertige spezifische Hammelhamolysine ohne Verwendung 
von Schafblut erzeugen kann, wenn man Kaninchen mil Extrakten aus Meerschweincheu- 
organen (Leber, Niere, Milz, Herz, Gehirn etc.), aus Katzen- oder Pferdenieren, nicht 
aber aus Ochsen- und Rattennieren behandelt. Es lag daher sehr nahe, zu versuchen, 
ob diese nicht durch das spezifische Antigen gebildeten Hammelhamolysine auf das 
Meerschweinchen ebenso toxisch wirken wie die auf normalem Wege gewonnenen. Wir 
sind auch sofort an diese Experimente herangegangen, konnen aber nicht iiber die 
Resultate berichten, da uns samtliehe Immunkaninchen bis jetzt eingingen. Bemerken 
miissen wir nur, daB wir Meerschweincheuorgane als Immunisierungsmaterial a limine 
ausschlossen, weil es ja seit Belfanti und Carbone nichts merkwiirdigcs hat, w'enn 
solche Sera auf Meerschweinchen giftig wirken wiirden. Wahrend der Drucklegung 
dieser Arbeit erschien nun eine Publikation von Forssmann und Hintze, die einen 
ahnlichen Ideengang verfolgt. Sie immunisierten Kaninchen mit Organen, aber mit 
Emulsionen von Meerschweinchenniere, und fanden, daB ihre Sera in Dosen 
von 0,7—1,5 ccm intravenos Meerschweinchen von 250 g akut toteten und gleichzeitig 
starke Ambozeptoren fiir Hammelerythrocyten besaBen. Sie schlieBen daraus, daB die 
Meerschweinchenniere Hammelanaphylaktogen enthalten miisse. Eine Intervention von 
Ambozeptoren fiir Meerschweinchenerythrocyten schlieBen sie aus, weil die Giftwirkung 
der mit Nierenemulsion dargestellten Hamolysine durch Adsorption mit Meerschwein¬ 
chenerythrocyten nicht reduziert wiirde. Wir behalten uns vor, auf dieses Thema 
zuriickzukommen und bemerken nur, daB die Giftigkeit der mit Meerschweinchenniere 

f ewonnenen Hammelhamolysine auffallend gering war (Dosis letalis 0,7—1,5 ccm fur 
'iere von 250 g). 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Winke zu benutzen, welche sich aus der Lehre von der Anaphylaxie 
und der Serumgiftigkeit im weitesten Sinne abstrahieren lassen. 

I. 

Zunkchst injizierten wir einem Kaninchen No. 455 von 3000 g er- 
hebliche Dosen von Witte-Pepton in steriler 5—10-proz. L6sung intra- 
venos. Das eingespritzte Quantum variierte zwischen 0,5—1,2 g des 
trockenen Praparates; Mengen von mehr als 1 g riefen einen kurzdauernden, 
durch allgemeine Paresen, Exophthalmus und heftige Dyspnoe markierten 
Shock hervor. 2—6 Tage nach den Injektionen wurden ziemlich aus- 
giebige Aderlasse (20—30 ccm) aus den Ohrvenen ausgefiihrt; das Blut 
gerann bei Zimmerteinperatur, wurde dann in den Kiihlschrank gebracht 
und das ausgeschiedene Serum genau 24 Stunden nach der Blutentnahme 
abpipettiert und von den Erythrocyten durch Zentrifugieren befreit. Bei 
der Trennung des Serums vom Blutkuchen vermieden wir jedes Pressen 
und jede mechanische LSsion des letzteren. Die Bestimmung der Toxi¬ 
zitat des klaren, hamoglobinfreien Serums erfolgte durch intravenose In- 
jektion in die linke Jugularis mittelgroBer Meerschweinchen, und wurde 
stets das absolute Volum des Serums und das Verhaltnis desselben zum 
Korpergewicht des Tieres registriert. Als Kriterium der Toxizitat diente 
der akute, d. h. innerhalb weniger Minuten eintretende Tod der Meer¬ 
schweinchen; besonders sei hervorgehoben, daB Schadigungen der Tiere 
durch Ueberfiillung des kleinen Kreislaufes mit groBen Fliissigkeits- 
mengen fur die beobachteten Folgen uicht verantwortlich gemacht werden 
konnen, da einerseits das Tempo der Injektion ein sehr langsames war, 
und da andererseits die sub III. angefuhrten Protokolle lehren, daB die 
Meerschweinchen ganz enorme Serumdosen glatt vertrugen, wahrend die 
Einspritzung kleiner Volumina unter bestimmten, sp&ter noch zu be- 
sprechenden Bedingungen prompten Exitus bedingte. 

Diese Technik erscheint hier deshalb ausfiihrlicher wiedergegeben, 
da sie auch bei alien folgenden Experimenten streng eingehalten wurde. 

Die Immunisierung mit Witte-Pepton vermochte die Toxizitat des 
Serums von Kaninchen 455 nicht zu erhohen. Erst nach wiederholten 
Peptoninjektionen und Aderlassen sank die Dosis letalis pro 100 g Meer¬ 
schweinchen ganz unbedeutend; doch wird im folgenden gezeigt werden, 
daB diese Erscheinung nicht auf die parenterale Einverleibung des EiweiB- 
derivates, sondern auf einen anderen, anfangs von uns gar nicht be- 
achteten Umstand zu beziehen war. 

Das Unvermogen des W itte-Peptons, die Serumtoxizitat nach Art 
der EiweiBantigene zu steigern, erscheint von Bedeutung, und zwar in 
mehrfacher Hinsicht. Vor allem hat man dieser Substanz (oder diesem 
Gemenge von Substanzen) vielfach antigene Eigenschaften vindiziert und 
komplementablenkende Arabozeptoren (Wassermann und Citron), 
sowie anapbylaktische Antikorper (Pick und Yamanouchi etc.) der- 
selben beschrieben; daraus sollte man deduzieren, daB sie ebenso wie 
andere EiweiBantigene giftige Antisera zu liefern vermag, was aber eben 
nicht der Fall ist. Ferner wurden Experimente publiziert (Besredka 
und Strobel), nach welchen frisches Meerschweinchenserum durch den 
Kontakt mit an sich unschadlichen Dosen von Witte-Pepton hochgradig 
meerschweinchenpathogen wird, und man hat die Entstehung dieser vitro- 
Gifte sowie die Bildung aller sogenannten „Anaphylatoxine“ in der Weise 
gedeutet, daB Korper des Witte-Peptons durch Komplement zu toxi- 
scheren Derivaten aufgespalten werden. Auch diese Konzeption wurde 


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Doerr u. Weinfurter, Ueber primare Serumtoxizitat. 


95 


als logische Konsequenz nach sich ziehen, daB das Witte-Pepton die 
Zusammensetzung des Serums der damit immunisierten Kaninchen ebenso 
zu alterieren vermag wie andere EiweiBstoffe, welche parenteral zu „Gift- 
spektren“ fSchittenhelm) zerfallen. 

II. 

In einer zweiten Versuchsserie injizierten wir den Kaninchen Kiesel- 
sSurehydrosol. Dieses Kollotd ruft einen dem anaphylaktischen sehr ahn- 
lichen Shock hervor, wenn man es direkt in die Zirkulation bringt, und 
ver&ndert die Gerinnungsverhaltnisse des Blutes in analoger Art (Doerr 
und Moldovan), wie das fur die EiweiBiiberempfindlichkeit seit langem 
bekannt ist. Denkt man sich daher den EinfluB der Iinmunisierung mit 
EiweiBantigenen auf die Serumtoxizitat als einen mehr indirekten, wie 
das eingangs erortert wurde, so erscheint immerhin die Moglichkeit ge- 
geben, daB wiederholte Einwirkungen von Kieselsaure auch in dieser 
Richtung dieselben Effekte entfalten wie die im Blute ablaufenden Re- 
aktionen zwischen EiweiBantigenen und ihren Antikorpern. 

Das Experiment entsprach jedoch auch hier nicht den Erwartungen, 
wenn die AderlSsse 2—8 Tage nach der Injektion des Kol- 
loides stattfanden, also zu jenem Terrain, zu welchem die Serum- 
giftigkeit etwa nach der Zufuhr von Hammelerythrocyten maximale Werte 
erreicht. Kaninchen 86 z. B. erhielt innerhalb von 27 2 Monaten 120 ccm 
Kiesels&urehydrosol (teils 0,7, teils 1 Proz.) in Einzelmengen, welche 
zwischen 5 und 16 ccm schwankten; nach den hohen Dosen zeigte es 
wiederholt evidente Zeichen eines mehr oder minder ausgepragten Shocks. 
Sein Serum, 2—8 Tage nach diesen Injektionen entnonimen und genau 
so behandelt, wie sub I. beschrieben, rief zu Beginn der Behandlung in 
Dosen von 2,5 ccm pro 100 g Meerschweinchen (intravenos) keine un- 
mittelbaren Symptome hervor und hatte auch keine Spatfolgen. Nach 
zahlreichen Einspritzungen und Aderl&ssen bei Kaninchen 86 war die 
Serumtoxizitat nur so weit gestiegen, daB das eben erwahnte Quantum 
leichte, in kurzer Zeit voriibergehende Erscheinungen erzeugte, ohne 
das Leben der Tiere zu gefahrden. 

Wohl aber erwies sich Kaninchenblut resp. Plasma hochgradig 
meerschweinchenpathogen, wenn man den AderlaB unmittelbar 
nach der Injektion des eiweiBfallenden Kolloides oder 
doch in der Zeit bewerkstelligt, in welcherdasTier unter 
der Einwirkung des Eingriffes steht. 

Kaninchen 102 z. B. bekam um 9 Uhr eine intravenose Injektion 
von 12 ccm 1-proz. Kieselsaure. Um 9 Uhr 10 Minuten wurde sein 
Blut aus einer Ohrvene in ein steriles GlasgefaB aufgefangen und blieb 
durch langere Zeit ungeronnen und vollkommen flussig. 1,5 ccm des- 
selben 10 Minuten spater einem Meerschweinchen von 152 g injiziert 
= 1,0 ccm pro 100 g Kbrpergewicht, hatten einen heftigen Shock zur 
Folge, das Tier fiel um, schien agonal, erholte sich aber schlieBlich und 
ging erst protrahiert nach 2 Stunden ein. Das abzentrifugierte Plasma 
totete innerhalb von 5 Minuten in derselben Dosis ein gleich schweres Meer¬ 
schweinchen, um 9 Uhr 30 Minuten, also 20 Min. nach der Blutentnahme 
und 30 Min. nach der Einspritzung der Kieselsaure. 

Diese transitorische Steigerung der Toxizitat des Kaninchenplasmas 
laBt sich naturlich mit der Giftigkeit der AntieiweiBsera nicht in Parallele 
setzen, aus Griinden, die hier wohl nicht weiter eriautert zu werden 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


brauchen. Sie gehort vielmehr in dieselbe Kategorie wie ein von Do err 
(Wiener klin. Wockenschr. 1912. No. 9) beschriebenes vitro-Ph&nomen, 
wonach Blut in Hirudinlosung aufgefangen, keinen Faserstoff abscheidet, 
dabei aber seine Toxizitat oder richtiger die seines Plasmas durch Stunden 
beibehalt, wahrend Normalblut, welches man durch Defibrinieren fliissig 
erhait, in wenigen Minuten seine schadigenden Eigenschaften verliert 
(Moldovan). In beiden Fallen handelt es sich darum, daB die mit be- 
ginnender Gerinnung eintretende und mit vollendeter Fibrinkoagulation 
verschwundene Plasmagiftigkeit durch gerinnungshemmende Substanzen 
fiir einen betrachlich groBeren Zeitraum konserviert wird. Das, was man 
unter Toxizitat der Normal- oder Immunsera versteht, sind hingegen 
physiologische Funktionen, welche dem Serum noch lange nach vollendeter 
Blutgerinnung anhaften. 


III. 

Trotz der im ganzen negativen Resultate war es uns aufgefallen, 
daB in den meisten Versuchsreihen die Toxizitat des Kaninchenserums 
doch eine wenn auch unbedeutende Erhohung erfuhr, die nicht gut auf 
die so verschiedenartigen injizierten Substanzen bezogen werden konnte. 
Die Kaninchen magerten oft gar nicht ab, so daB auch ein Zerfall von 
korpereigenem EiweiB als Ursache mit groBer Wahrscheinlichkeit aus- 
zuschlieBen war. Als gemeinsames Moment ergaben sich schlieBlich per 
exclusionem nur die Aderlasse 1 ); urn die Bedeutung derselben deutlicher 
in Erscheinung treten zu lassen, entzogen wir normalen Kaninchen 
wiederholt und ausgiebig Blut und bestimmten die jeweilige Giftigkeit 
des ausgeschiedenen Serums am Meerschweinchen. 

Die anamisierten Tiere verloren nur zutu Teil an Gewicht, eines 
(No. 868) nahm sogar wahrend der Versuchsdauer zu. Nach den Blut- 
verlusten trauken sie jedesmal begierig Wasser, so daB sich allmahlich 
eine HydriLmie ausbildete, die auch in der Art der Blutgerinnung zum 
Ausdrucke kam. Wahrend bei den ersten Aderlassen das ausgeschiedene 
Serum nur V t bis hochstens 1 / a der abgezapften Blutmenge betrug, wurde 
spater der Blutkuchen kleiner und reprasentierte schlieBlich in der blut- 
gefullten Eprouvette nur einen dunnen, sehr niedrigen Zylinder; die 
Serumausbeute gestaltete sich also von AderlaB zu AderlaB giinstiger. 
Man h&tte daher eigentlich annehmen konnen, daB die Toxizitat ent- 
sprechend der Verdiinnung der wirksamen Serumstoffe sinken wurde; 
es trat aber das gerade Gegenteil ein und man wird daher die erzielte 
Serumtoxizitat in Anbetracht der hydr&mischen Diluition doppelt hoch 
einschatzen miissen. 


1) DaB das Blutserum anamischer Tiere besondere Wirkungen zu entfalten ver- 
mag, hat in jiingster Zeit P. Th. Muller auf einem anderen Wege erwiesen. Er 
fand, daB bei weiBen Mausen durch dreimaligen AderlaB aus dem Schwanz die Zahl 
der Erythrocyten auf ca. 30 Proz. reduziert wird, daB aber eine praventive Injektion 
des Serums anamischer Meerschweinchen die Abnahme der roten Blutkorperchen ver- 
hindert. Normales Ieerschweinchenserum hatte keine Wirkung, wohl aber Leukocyten- 
extrakte und Knochenmarksextrakte, die sich ebenso wie Anamieserum verhielten, gleich- 
giiltig ob sie von normalen oder anamiscben Meerschweinchen stammten. Die Schutz- 
wirkung des Anamieserums wurde durch Erhitzen auf 56° C, ja selbst durch Kochen 
nicht alteriert (Arch. f. Hyg. Bd. 75. 1912. H. 7.) 


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Doerr u. Weinfurter, Ueber primare Serumtoxizitat. 


97 


Versuche. 


a) Kaninchen No. 82, ein 2 */ 3 kg schwerer Albino, wurde nach folgendem Schema 
zur Aaer gelassen: 


7. Februar 20 ccm Blut 

12 . „ 20 „ „ 

23. „ 80 ,, „ 

24. „ 20 „ „ 

25. „ 6 „ „ 

2. Marz 15 „ „ 

4. „ 30 „ „ 

18. „ 30 „ „ 

28. „ 35 „ ,, 


25. April 20 

ccm 

Blut 

1. Mai 

5 

99 

99 

3. „ 

40 

99 

99 

8. „ 

40 

99 

99 

13. „ 

30 

99 

99 

17. „ 

20 

99 

99 

20. „ 

25 

99 

99 

22. „ 

40 

99 

99 

25. „ 

30 

>1 

99 


Das Tier hatte innerhalb von 109 Tagen 506 ccm Blut verloren; es verendete 
6 Stunden nach dem letzten Aderlafi. Die Milz war auffallend klein, wog nur 0,68 g, 
die Leber 58 g; die Lungen waren blafi und zeigten schwaches Randemphysem. 

Die urspriingliche Toxizitat des Serums war leider bei diesem Vorversuch nicht 
bestimmt worden; nach zahlreichen Titrationen an Normal kaninchen konnen wir aber 
annehmen, dafi die Dosis letalis minima pro 100 g Meerschweinchen nicht weniger als 
3 ccm betragen haben diirfte. Uebrigens ist dieser Umstand fiir die Beurteilung irrelevant, 
wie folgende Protokolle zeigen: 


1. Aderlafi vom 3. Mai. 


10‘) 

160 g 

4,0 

ccm 

2,50 

ccm 

f nach 3 Min. Lungen geblaht, mit 
Ekchymosen besetzt, odematos. Ver- 
minderto Blutgerinnbarkeit. 

11 

200 „ 

4,0 

99 

2,00 „ 

2. Aderlafi vom 

Leichte Symptome, Dyspnoe, iiberlebt. 

13. Mai. 

12 

160 g 

4,0 

ccm 

2,50 

ccm 

t nach 5 Min. Lungen stark geblaht, 
sehr odematos, nicht ekchymosiert. 
Aufgehobene Blutgerinnbarkeit. 

13 

150 „ 

3,0 

99 

2,00 

99 

+ nach 4 Min. Vollkommen typischer 
anaphylaktischer Befund. 

14 

152 „ 

2,0 

99 

1,31 

99 

Schwere Symptome, fallt um. erholt 
sich und setzt sich auf. 

15 

145 „ 

1,9 

99 

1,31 „ 

3. Aderlafi vom 

Dasselbe Resultat wie bei 14. 

25. Mai. 

19 

140 g 

2,5 

ccm 

1,78 

ccm 

t nach 4 Min. Vollkommen typischer 
anaphylaktischer Befund. 

20 

156 „ 

2,0 


1,33 

99 

Dyspnoe, fallt nicht um, ist bald vollig 
ernolt. 


b) Kaninchen No. 820, 4150 g schwer. Hier wurde die Toxizitat vom 1. Aderlafi 
an fortlaufend austitriert, war aber zu Beginn so gering, dafi die Dosis letalis minima 
nicht fixiert werden konnte; selbst die grofiten injizierbaren Serummengen toteten 
nicht akut. 

1. Aderlafi von 40 ccm am 5. Juni. 


30 

200 g 

8,0 ccm 

4,00 ccm 

Nach 5 Min. Dyspnoe, Taumeln, aitzt 
breit auf der Unterlage, erholt sich 
aber und iiberlebt. 

31 

180 „ 

6,3 „ 

3,50 „ 

0 

32 

180 „ 

4,6 „ 

3,00 „ 

e 


1) Die erste Ziffer bedeutet die fortlaufende Protokollnummer des Meerschweinchens, 
die zweite sein Korpergewicht, die dritte das intravenos injizierte absolute Serumvolum, 
die vierte die injizierte Serummenge pro 100 g Meerschweinchen. Die letale Grenzdosis 
ist in jeder Serie fett gedruckt. 


Brste Ab*. Orig. Bd. 67. 


Heft 1/2. 


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7 


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98 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


2. Aderlafi von 45 ccm am 7. Juni. 

33 232 g 9,2 ccm 4,00 ccm Fallt um, schwerste Dyspnoe, setzt sich 

nach 2 Min. wieder auf, erholt sich 
und iiberlebt. 

34 140 „ 4,9 „ 3,50 „ Schwerste Dyspnoe, sonst 6, uberlebt. 

35 140 „ 4,2 „ 3,00 „ © 

3. Aderlafi von 30 ccm am 11. Juni. 

36 162 g 6,6 ccm 4,00 ccm Schwerste Svmptome, falltum, Krampfe, 

erholt sich und iiberlebt. 

37 175 „ 6,0 „ 3,50 „ Dasselbo wie No. 36. 

38 170 „ 5,1 „ 3,00 „ Starke Dyspnoe. 

4. Aderlafi von 50 ccm am 16. Juni. 

39 161 g 6,4 ccm 4,00 ccm Schwerste Symptome, Krampfe, + nach 

4 Std. 

40 155 „ 5,5 „ 3,50 „ Dasselbe wie No. 39. 

41 160 „ 4,8 „ 3,00 „ Schwerste Symptome, erholt sich und 

iiberlebt. 

5. Aderlafi von 35 ccm am 21. Juni. 

42 145 g 4,4 ccm 3,00 ccm f nach 5 Min. 

43 153 „ 3,8 „ 2,50 „ Schwerste Symptome, Krampfe, falltum, 

erholt sich und iiberlebt. 

44 140 „ 2,8 „ 2,00 „ Dyspnoe, 6onst O, uberlebt. 

45 143 „ 2,1 „ 1,50 „ Dasselbe wie No. 44. 

6. Aderlafi von 10 ccm am 22. Juni. 

(Toxizitat nicht gepriift.) 


7. Aderlafi von 40 ccm am 25. Juni. 


46 

160 g 

4,0 ccm 

2,50 ccm 

f nach 4 Min. Starkste Lungenblahung 





etwas Oedem. 

47 

165 „ 

3,3 „ 

2,00 „ 

Schwere Symptome, Dyspnoe, erholt 





sich, uberlebt. 

48 

165 „ 

3,3 „ 

2,00 ,. 

Dasselbe wie No. 47. 

49 

155 „ 

2,3 „ 

1,50 „ 

Dyspnoe, sonst 0, iiberlebt. 


Gewicht des Kaninchens am 29. 

Juni 3080 g. 



8. Aderlafi von 35 

ccm am 30. Juni. 

50 

160 g 

4,8 ccm 

3,00 ccm 

-f- nach 4 Min. 

51 

155 „ 

3,9 „ 

2,50 „ 

Dyspnoe, sonst ©. 

52 

160 „ 

3,2 „ 

2,00 „ 

© 

53 

158 „ 

3,2 „ 

2,00 „ 

© 



9. Aderlafi von 35 

i ccm am 6. Juli. 

54 

140 g 

4,2 ccm 

3,00 ccm 

© 

55 

150 „ 

3,8 „ 

2,50 „ 

© 

56 

145 „ 

2.9 „ 

2,00 „ 

© 


c) Kaninchen No. 868, 2130 

g schwer. 




1. Aderlafi von 40 ccm am 6. Juni. 

81 

180 g 

7,2 ccm 

4,00 ccm 

Aufier Dyspnoe keine unmittelbaren Er- 





scheinungen, + nach 30 Min. Lungen- 





odem. 

82 

178 „ 

6,2 „ 

3,50 „ 

Dasselbe wie No. 81. + nach 45 Min. 

83 

200 „ 

5,0 „ 

2,50 „ 

© 


2. Aderlafi von 30 ccm am 8. Juni. 
(Toxizitat nicht bestimmt.) 


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Doerr u. Weinfurter, Ueber priinare Serumtoxizitat. 


99 


3. AderlaB von 20 ccm am 11. Juni. 


86 

146 g 

4,3 ccm 

3,00 ccm 

t nach 3 Min., Luugenodem. 

86 

165 „ 

4,1 

2,50 „ 

Starke Dyspnoe, f nach 4 Std. 



4. AderlaB von 20 

ccm am 16. Juni. 

87 

167 g 

4,2 ccm 

2,50 ccm 

+ nach 4 Min., vollkommen typischer 
anaphylaktischer Befund. 
t nach 4 Min., derselbe Befund. 

88 

152 „ 

3,2 „ 

2,00 „ 

89') 

155 „ 

2,6 „ 

1,70 „ 

f nach 4 Min., derselbe Befund. 



5. AderlaB von 30 

ccm am 21. Juni. 

90 

160 g 

3,2 ccm 

2,00 ccm 

f nach 4 Min. 

91 

140 „ 

2,5 „ 

1,75 „ 

Schwerste Symptome, Krampfe, fallt 
um, f nach 5 Std. 

92 

155 „ 

2,3 „ 

1,50 „ 

Schwerste Symptome, fallt um, erholt 




sich und iiberlebt. 



6. AderlaB von 30 

ccm am 25. Juni. 

98 

160 g 

2,4 ccm 

1,60 ccm 

+ nach 4 Min., typisch anaphylaktischer 




Befund. 

94 

165 „ 

2,0 „ 

1,25 „ 

Starkster Shock, liegt agonal durch 




langere Zeit da. Allm&hlich stellt 
sich die Atrnung ein, das Tier erholt 






sich und iiberlebt. 

95 

165 „ 

1,7 „ 

1,00 „ 

Schwere Symptome, starke Dyspnoe, 
das Tier taumelt, erholt sich und 





iiberlebt. 


Gewicht des Kaninchens am 29. 

Juni 2180 g. 



7. AderlaB von 35 

ccm am 30. Juni. 

96 

160 g 

4,0 ccm 

2,60 ccm 

f nach 4 Min. 

97 

165 „ 

3,3 „ 

2,00 „ 

j Dyspnoe, sonst O, iiberleben. 

98 

160 „ 

2,4 „ 

1,50 „ 

99 

158 

2,3 „ 

1,50 „ 



8. AderlaB von 35 

> ccm am 6. Juli. 

100 

145 g 

3,6 ccm 

2,50 ccm 

Starke Dyspnoe, iiberlebt. 

101 

150 „ 

3,0 „ 

2,00 ., 

Dasselbe wie No. 100. 


Aus b) und c) lassen sich die GesetzmliBigkeiten unschwer ableiten* 
Die Serumtoxizitat steigt mit jedem Aderlasse und erreicht schlieBlich 
ein Maximum (7. AderlaB bei No. 820, 6. AderlaB bei No. 868), welches 
zu der Ausgangstoxizit&t, die je nach der fndividualitat, vielleicht auch 
je nach dem Alter der Kaninchen variiert, in einer bestimmten Beziehung 
steht; man kann sagen, daB die normale Giftigkeit durch die Blutverluste 
oder andere mit denselben verbundene Vorg&nge etwa auf das Dreifache 
erhoht wird. Setzt man die Blutentziehungen fort, so erfolgt wieder ein 
Abfall bis zu normalen Werten. Ein Zerfall von KorpereiweiB wird 
dadurch unwahrscheinlich, daB No. 868 an Gewicht zugenommen hatte. 

Um speziell diese auch sonst wichtige Frage zu entscheiden, lieBen 
wir 2 Kaninchen No. 873 und 839 hungern, und zwar bis zum Exitus; 
die Tiere verloren enorm an Gewicht, iudem z. B. No. 839 von 3870 g 
bis auf 2620 g abfiel. Vor und wahrend der Hungerperiode wurde die 
Toxizitat des Serums (24 Stunden uach der Blutentnahme) in kurzen 
Intervallen bestimmt; niemals zeigte sich eine Steigerung. Bei No. 873 


1) Konnte wegen Mangels an Serum nicht weiter bestimmt werden. 

7* 


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100 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 

sank die Dosis letalis minima nicht unter 3,0 ccm pro 100 g Meer- 
schweinchen, bei No. 839 betrug sie vor dem Hungern 3,0 ccm, 4 Tage 
ante mortem sogar 3,5 ccm. 

Wir begniigen uns damit, das Phfinomen festzustellen, und glauben, 
die Ursache in einer durch die Aenderung der Blutbeschaffenheit be- 
dingten Verschiebung der Gerinnungsverhaltnisse sehen zu diirfen. Damit 
ware eine Brficke zu dem Toxischwerden von Kaninchenserum uach 
Injektionen von Pferdeserum oder gewissen anderen EiweiBantigenen 
gegeben, welche die Gerinnbarkeit des Blutes derart beeinflussen, daB 
man Pferdeseruminjektionen bereits wiederholt mit Erfolg therapeutisch 
zur Stillung innerer Blutungen verwendet hat; es ist nicht notwendig 
und hat auch wenig Wahrscheinlichkeit fiir sich, die Steigerungen der 
Toxizitat des Serums, wie sie Friedberger bald nach einer einzigen 
Einspritzung von Pferdeserum beim Kaninchen beobachtet hat, auf 
toxische, parenteral entstandene Verdauungsprodukte von blutfremdem 
EiweiB zu beziehen. 

Im iibrigen sollen spfiter genauere Angaben iiber die Eigenschaften 
der beschriebenen giftigen Sera gemacht und wichtigere Details, besonders 
die Frage nach der Stabilitat der wirksamen Stoffe (beim Erhitzen, 
Lagern etc.), nachgeholt werden. 

SchluBfolgerungen. 

1) Durch wiederholte, in kurzen Intervallen ausgeffihrte ausgiebige 
Aderlasse kann die primare Toxizitat von Kaninchenserum ftir Meer- 
schweinchen auf das Dreifache und dariiber erhoht werden. 

2) Nach erreichtem Maximum fallt die Giftigkeit trotz fortgesetzter 
Blutverluste allmahlich ab. 

3) Injektionen von Witte-Pepton oder kolloidaler Kieselsaure er- 
hohen bei Kaninchen die Serumtoxizitat nur momentan, vermogen sie 
aber nicht dauernd nach Art der EiweiBantigene zu vermehren. 

4) Der Hungerzustand steigert die Serumgiftigkeit nicht. 


Nachdruck verboten. 

Untersuchungen iiber das keimtotende Vermogen 

des Taurins. 

Von Prof. E. Bertarelli, Parma. 

Im Auftrage der Firma Landini habe ich eine Anzahl Unter¬ 
suchungen fiber das keimtotende Vermfigen des Taurins angestellt, in 
der Absicht, die wirkliche Desinfektionskraft dieses Praparats fest¬ 
zustellen, ganz besonders im Vergleich zu anderen solchen in Gebrauch 
stehenden. 

Das Taurin ist eine durch manche Merkmale an die Kreoline er- 
innernde Mischung, wenn auch nicht so scharf und unangenehin riechend 
und von stfirkerer Wirkung als letztere. Es ist gleichfails ein Abkomm- 
ling von Phenolen und von Kreosot in festen, passenden Mischungs- 


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Bertarelli, Untersuchungen iiber das keimtotende Vermogen des Taurins. 101 


verhaltnissen, iiber die ich aber keine Untersuchungen angestellt habe. 
Im Wasser lost es sich unter Bildung einer eigentiimlich riechenden, 
milchahnlichen Fliissigkeit; die erhaltene Losung ist nicht schmierig und 
hinterlaBt keinen Riickstand. 

Die Fabrikfirma empfiehlt den Gebrauch von zwischen 2 und 
10:1000 schwankenden Losungen, eine Titrierung, die, mit Riicksicht 
auf den Preis des Praparats, eine okonomisch weit vorteilhaftere Ver- 
wendung gestattet, als die entsprechenden 5-proz. KarbolsSurelosungen. 


Die Untersuchungen wurden nach einer der ublichen Methoden 
durchgefiihrt, und zwar wurden hierbei kleine, mit bakterienhaltigem 
Material besudelte Glasperlen verwendet. Diese — 3 mm im Durch- 
messer, mit fein geschmirgelter Oberflache — wurden zu diesem Zwecke 
mit Emulsionen der verschiedenen Keime von 40-stiindiger Entwickelung 
beschmiert und sodann zum Trocknen bei 37° gebracht. 

Die so vorbereiteten Perlchen wurden hierauf in die in hohe Petri- 
Schalen verteilte, desinfizierende Losung gebracht und von Zeit zu Zeit 
in sanft schwankende Bewegung versetzt, urn dadurch zu verhindern, 
daB immerfort die gleiche Partie der Perle mit dem namlichen Teil des 
Schalenbodens in Beruhrung bleibt, was eine schwachere Einwirkung 
der Desinfektionsfliissigkeit auf die betreffende FlSchenpartie der Perle 
und daher auch auf die daran haftenden Keime zur Folge hatte haben 
konnen. 

Nach bestimmten, je nach der gewiinschten Einwirkungsdauer des 
Desinfektionsmittels verschieden langen Zeitraumen wurde das Perlchen 
mit gewohnlichem, keimfreiem Wasser ausgespiilt und zuletzt in Bouillon 
gebracht. 

Ueber die zur Ermittelung des desinfizierenden Vermogens an- 
gewandte Technik sind in letzter Zeit zahlreiche Arbeiten erschienen 
und verschiedenartige Kritiken beziiglich jenes Verfahrens, welches man 
als das allgemein ubliche bezeichnen kbnnte, laut geworden. Die Kri¬ 
tiken betreffen zwei bestimmte Vorg&nge, von denen der wichtigere 
darauf beruht, daB bei Befolgung einer Technik, ahnlich der von mir 
oben kurz beschriebenen, die keimtotende Wirkung nur dann als eine 
deutlich ausgesprochene angesehen wird, wenn samtliche Keime des 
Materials (Glasperlen — wie in meinem Falle —, seidene Faden, Losch- 
papierschnitzel, Deckglaser, Sim on etta-Reiter, mit anderen in neben- 
sachlichen Details abweichenden Methoden) getotet werden, ohne daB 
es hierbei moglich wird, die Zeit zu bestimmen, in der die Totung der 
Keime erfolgt. 

Auf diese Kritik laBt sich gar leicht erwidern. In der Praxis liegt 
uns bei Benutzung eines Desinfektionsmittels wold wenig daran, die Art 
und Weise der Bakterientdtung chronologisch zu verfolgen, sondern 
vielmehr zu erfahren, wann samtliche Keime einer bestimmten Infektions- 
form getotet sind. Denn, was niitzt es uns schlieBlich, zu wissen, daB das 
Desinfektionsmittel „A“ zwei Drittel bzw. drei Viertel einer bestimmten 
pathogenen Art tdtet, wenn uns nur daran gelegen ist, daB samtliche 
Keime durch jenes Mittel wohl sicher getotet werden? Uebrigens 
kommt den von uns angegebeneu Zahlen, namentlich in der Praxis, ein 
bloB annahernder Wert zu, da ja bekanntlich in der W T irklichkeit die 
Versuchsbedingungen stets kunstlich geschaffene sind. 


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102 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Paul und Prall, Nothen, Ottolenghi, Neri und andere 
haben zwar auf die Uebelstande, die sich beim Manipulieren mit auf 
verschiedenen Unterlagen (Loschpapier, kleine Glasperlen usw.) befind- 
lichen Keimen geltend machen konnen, hingewiesen; es geniigt aber, 
die Ergebnisse einer Anzahl von Proben miteinander zu vergleichen, 
urn sich zu iiberzeugen, daB die Unterschiede nur sehr geringe sind. 
Darum glaube ich, daB fiir Bestimmungen, die ein praktisches Ziel ver- 
folgen uud mit deren Hilfe man die Indexwerte zu ermitteln sucht, das 
Verfahren der gleichmSBigen Verteilung der Keime auf einer glatten 
bzw. wenig unebenen Flache nicht aufgegeben werden darf. Auch bin 
ich aus technischen Griinden der Ansicht, daB kleine Glasperlen sich 
dazu eignen, vorausgesetzt, daB man die oben angegebene Technik 
(nainentlich was die Bewegung anbelangt, in welche die Perlen w&hrend 
ihrer Beriihrung mit der Desinfektionsfliissigkeit zu versetzen sind) 
befolgt. 

Vorteilhaft diirfte es ferner nach meinein Dafiirhalten sein, die Ver- 
suche stets unter Vergleichung mit anderen wohlbekannten Desinfektions- 
mitteln auszufiihren, da bei der Verschiedenheit der Stamme eines und 
desselben Keimes eine Orientierung nur dann moglich sein wird, wenn 
die Widerstandsfahigkeit des verwendeten Stammes gegen manche bereits 
bekannte Desinfektionsmittel ebenfalls bekannt ist. 


Nachstehend finden sich nun die Ergebnisse der durchgefiihrten 
Untersuchungen angegeben. Letztere wurden unter Vergleichung mit 
5-proz. Karbolsaurelosung, 5-proz. Lysoform und 1-prom. Quecksilber- 
chlorid angestellt. Die Temperatur w ah rend der Einwirkung des Des- 
infektionsmittels betrug +19°. 


Einwirkung auf Staphylococcus pyogenes aureus. 

Der angewendete Stamm ist sehr iippig und frisch isoliert. 

Die in der Tabelle vorkommenden Zeichen -f- bedeuten, daB samt- 
liche Kulturen positiv, die Zeichen —, daB samtliche negativ, und —, 
daB manche positiv, andere hingegen negativ sind. 

Einwirkungsdauer 
dea Deainfektionsmittela 



10 

15 

20 Min. 

Taurin 5°/ 00 

+ 

— 

— 

Karbolsaure 5 °/ 0 

+ 

+ 

+ 

Lysoform 5°/ 0 

+ 

+ 

+ 

Sublimat 1 °/ 00 

+— 

- 

— 


Bei Staphylococcus pyogenes aureus erweist sich also, daB 
das Taurin aktiv, d. i. fahig ist, denselben nach 15-minutiger Beriihrung 
zu toten. Aus den Vergleichsprobeu ergibt sich, daB es in bezug auf 
Wirksamkeit dem 1-prora. Sublimat nahezu gleichkommt und 5-proz. 
Karbolsaure iibertrifft. 

Einwirkung auf Streptococcus pyogenes. 

Die Kultur ist frisch isoliert und ziemlich iippig. 


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Bertarelli, Untersuchungen iiber das keimtotende Vermogen des Taurins. 103 


Einwirkungsdauer 
des Desinfektionsmittels 



10 

15 

Taurin 5°/ 00 

+— 

— 

Karbolsaure 5°/ 0 

+ 

— 

Lysoform 5 °/ 0 

+ 

+ 

Sublimat l°/ 00 

— 

— 


20 Min. 


Auch auf Streptococcus pyogenes wirkt demnach das Taurin 
rasch (10—15 Min.), wobei es sich nur urn ein geringes, minder wirksam 
als 1-prom. Sublimat erweist. 


Einwirkung auf den Choleravibrio. 

Der verwendete Choleravibrio stammt aus der in Genua 1911 auf- 
getretenen Epidemie. Er zeigt iippige Kulturentwickelung. 


Einwirkungsdauer 
des Desinfektionsmittels 


4 6 8 Min. 

Taurin 5°/ 00 —|- — — 

Karbolsaure 5 °/ 0 — — — 

Lysoform 5% -f — — 

Sublimat 1°/ 00 — — — 

5-prom. Taurin tdtet in ungefahr 4 Minuten den Choleravibrio; seine 
Einwirkung auf denselben ist nahezu die gleiche, wie die einer 5-proz. 
Karbolsaurelosung. 


Einwirkung auf den Typhusbacillus. 

Ueppiger, frisch isolierter Stamm. 

Einwirkungsdauer 
des Desinfektionsmittels 


Taurin 5°/ 00 

10 

15 

20 Min. 

Karbolsaure 5 °/ 0 

— 

— 

— 

Lysoform 5 # /„ 

+ 

+— 

— 

Sublimat 1 °/ 00 

— 

— 

— 


Einwirkung auf Bacterium coli. 


Ein wirku n gsdauer 
des Desinfektionsmittels 


Taurin 5°/ 00 

10 

15 

20 Min. 

Karbolsaure 5°/ 0 

— 

— 

— 

Lysoform 5°/ 0 

+ 

+- 

— 

Sublimat l°/ 00 

— 

— 

— 


Sowohl auf Bacterium coli als auch auf den Typhusbacillus 
zeigt 5-prom. Taurin eine ebenso starke Einwirkung, als 5-proz. Karbol- 


los ung. 


Einwirkung auf Milzbrandsporen. 


Taurin 5°/ 00 
Karbolsaure 5°/ 0 
Sublimat l°/ 0 o 


Einwirkungsdauer 
des Desinfektionsmittels 
1 2 3 5 Std. 

+ + + - 

+ + + - 


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104 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


Auf die Milzbrandsporen ubt somit 5-prom. Taurin eine nur mittel- 
maBige Wirkung aus, nicht vergleichbar mit jener der 1-prom. Sublimat- 
16sung. 


Tuberkulose. 

Als besonders wichtig erweisen sich die Versuche einer Desinfektion 
des tuberkulosen Sputums, unter anderem auch deshalb, weil hierbei die 
Umstande, unter denen die Wirkung des Desinfektionsmittels sich zeigen 
soil, stets anders beschaffen sind, als die fur die groBe Mehrzahl der 
Krankheitskeime sich geltend machenden. 

Ueberdies konnte das in Rede stehende Mittel im Hinblick auf seine 
Beschaffenheit — und unbeschadet der Bestimmung seiner reellen Wirk- 
samkeit — schon a priori eine logisch indizierte Anwendung finden zur 
Desinfektion des Sputums. 

Zu den Versuchen wurde auf recht dicker Leinwand dfinnschichtig 
aufgetragenes Sputum benutzt. Ein aus einem Kranken stammender, 
miinzenformiger, frisch gesammelter, an Tuberkelbacillen reicher Aus- 
wurf wurde mittels eines Spatels und — behufs Erzielung einer starkeren 
Wirkung — unter Zuhilfenahme des Morsers auf einen wenige Quadrat- 
zentimeter groBen Leinwandlappen gestrichen und letzterer hierauf 
24 Stunden hindurch einer Temperatur von 37 0 ausgesetzt, ohne hierbei 
eine vollstandige Austrocknung des Materials abzuwarten. Sodann wurde 
der Lappen in kleine Stiicke zersclinitten, wobei von diesen letzteren 
jene ausgesondert wurden, die sich bei der Untersuchung als nicht ge- 
horig mit Material bestrichen erwiesen. Einige StQckchen dienten zur 
Inokulierung einer Anzahl Meerschweinchen, die iibrigen wurden durch 
verschieden lange Zeitdauer in die desinfizierende Flussigkeit gebracht, 
wozu verschieden titrierte Losungen benutzt wurden. Zu den Kontroll- 
proben habe ich mich 5-proz. Karbolsaurelosungen bedient. 

Das hierzu angewandte Verfahren ist keineswegs als ein einwand- 
freies zu bezeichnen; es fehlt hierbei die zur genauen Deutung der vom 
Desinfektionsmittel ausgeiibten Wirkung erforderliche Fl&chengleichheit 
der der Einwirkuug desselben unterworfenen Stuckchen, die Dicke der 
Leinwand usw. Allein fiir die Bediirfnisse der Praxis sind diese Um¬ 
stande — vorausgesetzt, daB es sich lediglich um normale Gewebsstoffe 
handelt — von untergeordneter Bedeutung. Hauptsache ist hingegen 
hierbei, zu erfahren, binnen welcher Zeit ein bestimmtes Desinfektions¬ 
mittel tatsachlich das zufalligerweise auf einem Zeuge befindliche tuber¬ 
kulose Sputum unschadlich zu machen vermag. 

Meerschweinchen wurden mit Stuckchen des beschmutzten Zeuges 
inokuliert, welche verschieden lange in der Losung verweilt hatten, und 
nachher schonend und wiederholt mit steriler physiologischer Kochsalz- 
losung ausgewaschen. Die Inokulation wurde durch EinschlieBung des 
Materials in eine kleine, subkutane Tasche bewerkstelligt. Nach einer 
4-w8chentlichen Beobachtungszeit wurde das Tier getotet und obduziert; 
in zweifelhaften Fallen wurde auch das gesammelte Material der erforder- 
lichen Priifung unterzogen; von jeder einzelnen Probe wurden drei In- 
okulationen an 3 verschiedenen Meerschweinchen ausgefiihrt. 

Bei 10-prom. (d. i. bei einer 5mal schwacheren Konzentration als 
die der Gblichen Karbolsaurelosungen) erfolgte die Desinfizierung des 
tuberkulosen Sputums — unter den bereits angegebenen Verhaltnissen — 
genugend rasch; nach 1-stGndiger Berflhrung mit dem Desinfektions- 


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Bertarelli, Untersuchungen iiber das keimtotende Vermogen des Taurins. 105 


mittel war der spezifische Keim zerstort und die Inokulationen an Meer- 
schweinchen blieben erfolglos. 

Bei der weiter oben erwahnten Titrierung von 1 Prom, zeigt sich 
das Taurin gegen das tuberkulose Sputum wirksamer, als dies bei einer 
5-proz. Karbolsaurelosung der Fall ist, denn nicht immer ist man bei 
Anwendung solcher Losungen sicher, den Tuberkelbacillus in dem unter 
obigen Umstanden der Priifung unterzogenen Infektionsmaterial nach 
1 Stunde zerstort zu haben. 

Mit Lysoform wurden keine vergleichenden Versuche angestellt, da 
dessen nur mittelmaBige Wirksamkeit gegen den Tuberkelbacillus bereits 
bekannt ist. 

Daraus ergibt sich deutlich die Zweckm&Bigkeit einer Verwendung 
von 10:1000igem Taurin sowohl fur Spuckniipfe als auch fur Wiische, 
die mit tuberkulosem Material infiziert sind, wie auch die Sicherheit, 
daB bei dieser Titrierung die Wirksamkeit des Mittels in der Praxis zu 
einer prophylaktischen Abwehr wohl geniigen wird. Um so empfehlens- 
werter erscheint besagte Verwendung, wenn man bedenkt, daB gegen 
Sputum das Sublimat nicht zu gebrauchen ist. 


Die aus dem bisher Gesagten sich ergebende SchluBfolgerung ist 
eine sehr einfache, und es geniigen schon die angegebenen Zahlenwerte, 
um sich von der Wirksamkeit des Taurins einen Begriff zu machen. 
Wie leicht ersichtlich, bietet dieses — wenn auch schwacher als Sublimat, 
wirkende — Desinfektionsmittel, mit jenen der Gruppe, zu der das 
Taurin selbst gehort, verglichen, nicht zu unterschatzende Vorteile. 
Unzweifelhaft wirkt dasselbe starker als Karbolsaure, denn auch in 5-, 
ja 10-prom. Losung vermag es noch ganz gut, sich mit letzterer zu 
messen in 5-proz. Losung, und auch mit den meisten an dieselbe sich 
anschlieBenden Desinfektionsmitteln. In bezug auf Wirkungsintensitat 
kann es dem englischen Praparat C ill in an die Seite gestellt werden, 
welches letztere aber bei weitem teurer ist. 

In der Praxis wird man — ausgenommen fiir Sputum und Sporen — 
5-prom. Losungen gebrauchen konnen; dieselben werden zur Erzielung 
einer guten Desinfektion hinreichen. Fiir Sporen wird man entweder 
starkere Losungen oder Sublimat verwenden miissen. Fiir tuberkuloses 
Sputum (Desinfektion von infizierter Wasche bzw. von Raumlichkeiten, 
wo Schwindsiichtige gewohnt haben usw.) werden sich Losungen von 
10:1000 mit Vorteil gebrauchen lassen; dieselben sind in dem Falle, 
wo eine direkte Einwirkung auf den Auswurf notwendig erscheint, dem 
Sublimat ohne weiteres vorzuziehen. 

Kann das Taurin auch nicht als ein universelles Desinfektionsmittel 
gepriesen werden, so ist es doch da zur Anwendung zu empfehlen, wo 
KarbolsSure gebraucht wird; hierbei bietet es aber den Vorteil, daB es 
in weit schwiicherer Losung zu verwenden ist und daher in Vergleich zur 
Karbolsaure ein sehr fiihlbares Ersparnis ermoglicht. Fiir Stallungen, 
Eisenbahnwagen zum Viehtransport, Abtritte, Pissoirs, fiir FuBboden 


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106 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate Bd. 67. Heft 1/2. 

und Zitnmerwande — wenn hierzu Sublimat nicht verwendbar ist — 
sowie fur metallene Mobel wird das Taurin gute Dienste leisten konnen 
und daher verdienen, der Karbolsaure und den auslandischen Des- 
infektionsmitteln vom Typus Cillin, denen gegenuber es bei gleicher 
Wirksamkeit den unbestreitbaren Vorteil eines billigen Preises gew&hrt, 
vorgezogen zu werden. 


Nachdruck verboten. 

Ueber Virulenzpriifung mittels intraartikularer Impfung. 

[Aus der Chirurgischen Universitatsklinik zu Breslau 
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Kiittner).] 

Von Privatdozent Dr. Lothar Dreyer. 

Zur Priifung der Virulenz der Bakterien bedient man sich bekaunt- 
lich verschiedener Methoden. So zShlt Gunther in seinem Lehrbuch 
der Bakteriologie folgende Infektionsmodi auf: Die kutane, die sub- 
kutane, intramuskulare, intravenose, intraokulare, intrapleurale, intra- 
peritoneale Einverleibung, die Einbringung in den Magen, in das Duo¬ 
denum, die Einverleibung durch Inhalation, die intratracheale, intra- 
pulmonale Injektion, die intrakranielle (subdurale) Applikation, endlich 
die Injektion in grode Nerven hinein. 

Ich mochte nun einen weiteren, nach meinen Versuchen recht zweck- 
madigen Infektiousmodus fiir die den Chirurgeii besonders interessie- 
renden Eitererreger empfehlen, namlich den der intraartikularen Impfung. 

Aus der menschlichen Pathologie wissen wir, dad die Gelenke ganz 
besonders zu Infektionen neigen. Diese einpirisch gewonnene Anschau- 
ung dann nocli durch exakte Versuche experimented erhiirtet zu haben, 
ist das Verdienst Noetzels. 

Ich habe mich nun in einer Arbeit: Experimented Untersuchung 
zur Therapie der akuten eitrigen Gelenkentziindung *) ebenfalls mit der 
kiinstlichen Infektion der Gelenke befadt und auch gefunden, dad die 
Gelenke sich auderordentlich leicht infizieren lassei:. Das brachte mich 
auf den Gedanken einer eventuellen praktischen Verwertung dieser Tat- 
sache, im Sinne einer sich darauf griindenden Methode Bakterien auf 
ilire fiir den Menschen pathogene, und zwar speziell Eiterung erzeugende 
Eigenschaft zu priifen. Es ist ja genugsam aus einschliigigen Versuchs- 
reihen bekannt, dad Tier- und Menschenvirulenz durchaus nicht Hand 
in Hand gehen, so dad wohl jede in dieser Hinsicht brauchbare Methode 
als eine willkommene Bereicherung angesehen werden darf. Ich glaube 
nun, im folgenden tiber eine grodere Zahl von Experimenten und Kon- 
trollversuchen berichten zu konnen, die mir darzutun scheinen, dad in 
der Tat die intraartikulare Impfung einen sehr gangbaren Weg fur 
solche Virulenzpriifungen darstellt. 

Die Technik gestaltete sich folgendermaden: Es wurde von einer 
24-st(indigen Bouillonkultur der betreffenden Bakterienart eine ganz 


]) Bruns Beitrage. Bd. 75. H. 1 u. 2. 


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Dreyer, Ueber Virulenzpriifung mittels intraartikularer Impfung. 


107 


geringe Menge in das Kniegelenk eines Kaninchens einverleibt. (Das 
Gelenk wurde durch Auszupfen, nicht durch Rasieren, von Haaren be- 
freit, dann die Impfstelle durch zweimaligen Anstrich mit 5-proz. Jod- 
tinktur desinfiziert.) Ich bin in der Regel so verfahren, daB ich 5 ccm 
steriler Bouillon abmafi, dies.e in einer Petri-Schale mit 5—10 Oesen 
der 24-stundigen Bouillonkultur von der zu untersuchenden Bakterienart 
vermischte und von dieser Mischung 1 ccm, das also 1 bzw. 2 Oesen 
der Bouillonkultur enthielt, injizierte. Iiier und da, wenn die Spritze 
etwas schwerer ging, wurde wohl auch eine Spur weniger Oder mehr 
einverleibt. Wichtig ist, daB man sicher in die freie Gelenkhohle ein- 
impft, nicht etwa in die Weichteile. Man laBt sich am besten das Kanin- 
chen durch einen Gehilfen, der den Korper und den Oberschenkel der 
zu infizierenden Seite faBt, festhalten, ergreift selber den herabhangenden 
Unterschenkel, beugt leicht und sticht auBen neben der Quadricepssehne 
ein, bis man die Spitze der Nadel den Ivnochen beriihren fflhlt. Dann 
muB man das Gelenk etwas erschlaffen lassen, die Spitze eventuell eine 
Spur am Knochen entlang nach median zu verschieben und nunmehr 
injizieren. Dabei darf man keinen Widerstand bemerken, sondern muB 
sehen, wie sich der obere Recessus des Kniegelenks spielend leicht 
fullt»). Das ist genau zu beachten. Die Spitze der Kaniile sei kurz, 
wenig abgeschragt, die Nadel nicht zu biegsam. Hat man in dieser 
Weise das Kniegelenk eines Kaninchens mit einem z. B. von einem 
frischen Furunkel stammenden Staphylococcus injiziert, so bemerkt 
man in der Regel schon am nBchsten Tage eine Schwellung und meist 
ein deutliches Schonen des Gelenkes beim Laufen. Nach 48 Stunden 
ist die Schwellung der Gelenkgegend schon erheblich vorgeschritteu, und 
wartet man noch 1, 2 Tage und eroffnet das Gelenk, so findet man eine 
starke Vereiterung, namentlich pflegt der obere Recessus besonders mit 
Eiter erfflllt zu sein. 

Ich fiihre nunmehr einige Beispiele zur Erlauterung des Gesagten an. 

Infektion mit Staphylokokken. 

No. 1. 18. Juni. Kaninchen, braungrau, mit 1 Oese einer 24-stundigen Staphylo¬ 
kokken bouillonkultur (Furunkel) im Gelenk infiziert. 

19. Juni. Etwas geschwollen. 

20. Juni. Schwellung starker. 

23. Juni. Getbtet. Hochgradige Vereiterung des Gelenkes. 

No. 3. 2. Aug. Kaninchen, weiB, mit 1 Oese einer 24-stundigen Staphylokokken- 
bouillonkultur (Phlegmone) im Gelenk infiziert. 

3. Aug. Beginnende Schwellung, schont das Gelenk. 

4. Aug. Etwas mehr geschwollen. 

5. Aug. Stark geschwollen. 

10. Aug. Getotet. Ausgedehnte Gelenkvereiterung. 

No. 4. 6. Aug. Kaninchen, braun, mit 1 Oese einer 24-stundigen Staphylokokken- 
bouillonkultur (Furunkel) im Gelenk infiziert. 

7. Aug. Deutlich geschwollen, schont das Gelenk. 

8. Aug. Schwellung hat zugenommen. 

16. Aug. Getotet. Enorme Vereiterung des Gelenkes, Abszesse in der umgebenden 
Muskulatur, besonders am Unterschenkel. 

No. 5. 6. Aug. Kaninchen, grau, in gleicher Weise infiziert. 

7. Aug. Deutlich geschwollen. 


1) Um diese sehr gute Kontrolle dafiir, dafi die Injektion gelungen ist. zu haben, 
erscheint es mir zweckmaflig, mindestens eine Fliissigkeitsmenge von 1 ccm zu injizieren. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 


8. Aug. Schwellung starker. 

16. Aug. Getotet. Hochgradige Gelenkvereiterung mit Abszessen in der Mue- 
kulatur. 

No. 10. 19. Aug. Kaninchen, weib, mit 1 Oese der 24-stundigen Staphylokokken- 
bouillonkultur (Panaritium) im Gelenk mfiziert. 

Die gleicheDosis intramuskular in den Oberschenkel der anderen 
Seite injiziert*). 

20. Aug. Deutliche Gelenkschwellung, dagegen am Oberschenkel nichts zu be- 
merken. 

21. Aug. Wie geetern. 

23. Aug. Starke Gelenkschwellung, dagegen am Oberschenkel nichts 
Beson deres. 

26. Aug. Getotet. Gelenk vollig vereitert, dagegen im Oberschenkel nir- 
gends eine Spur von Eiter. 

No. 12. 22. Aug. Kaninchen, schwarzgrau, mit 1 Oese der 24-stiindigen Staphylo- 
kokkenbouillonkultur (Furunkel) im Gelenk infiziert. 

Die gleiche Dos is auch in den Oberschenkel der anderen Seite 
eingespritzt. 

23. Aug. Starke Gelenkschwellung, am Oberschenkel nichts zu bemerken. 

25. Aug. Wie vorgestern. 

26. Aug. Gelenkschwellung noch starker, dagegen am Oberschenkel nichts Be- 
sonderes. Getotet. Schwere Gelenkvereiterung. Am Oberschenkel nichts Besonderea. 

No. 14. 27. Aug. Kaninchen, weiBgelb, sehr kraftig (Gewicht 2120 g, das der 
bisher verwandten Tiere war im Durchschnitt nur 1300 g), dahnr mit 2 Oesen der 
24-stundigen Staphylokokkenbouillonkultur (Phlegmone) im Gelenk infiziert. 

28. Aug. Geringe Schwellung des Gelenkes, etwas Schonen. 

29. Aug. Schwellung starker, erhebliches Schonen. 

30. Aug. Wie gestern. 

31. Aug. „ 

1. Sept. Getotet. Reichlich Eiter im Gelenk. 

No. 17. 16. Okt. Kaninchen, braun, mit 1 Oese der 24-stundigen Bouillonkultur 
von einem Panaritium im Gelenk und am Oberschenkel der anderen Seite infiziert. 

17. Okt. Keine Schwellung. 

18. Okt. Gelenkschwellung eben erkennbar. Oberschenkel ohne Befund. 

19. Okt. Gleicher Befund. 

20. Okt. Schwellung deutlich. 

26. Okt. Schwellung beginnt zuriickzugehen. Oberschenkel ohne Befund. 

29. Okt. Schwellung gent weiter zuriick. Oberschenkel ohne Befund. 

2. Nov. Getotet. Im Gelenk wenig Eiter. Oberschenkel ohne Befund. Klinisch 
hat es sich um eine sehr gutartige Form von Panaritium subcutaneum gehandeltl! 

No. 22. 2. Nov. Kaninchen, schwarz, mit 1 Oese der 24-stiindigen Bouillonkultur 
von einem perinephritischen Abszeb im Gelenk und am Oberschenkel der anderen Seite 
infiziert. 

3. Nov. Starke Schwellung des Gelenkes. 

5. Nov. Gleicher Befund. 

6. Nov. Getotet. Hochgradige Gelenkvereiterung. Kulturen aus dem Gelenk 
ergeben Staphylokokken. Am Oberschenkel kein Befund. 

No. 24. 11. Nov. Kaninchen, graubraun, weibe Fiibe, mit 1 Oese der 24-stun- 
digen Bouillonkultur von einem kleinen periproktitischen Abszeb im Gelenk und am 
Oberschenkel infiziert. 

12. Nov. Keine Schwellung des Gelenkes. 

13. Nov. Gelenk eine Spur geschwollen. 

15. Nov. Schwellung etwas starker. 

18. Nov. Sehr ausgepragte Schwellung des Gelenkes. 

24. Nov. Getotet. Ausgepragte Vereiterung des Gelenkes, am Oberschenkel nichta 
Besonderes. 


1) v. Lingelsheim, der ganz besonders eingehend auf dem Gebiet der Staphvlo- 
kokken und Streptokokken gearbeitet hat, berichtet, dab ihm bei seinen Veisuenen, 
Tiere zu infizieren, als der zweckmabigste Modus 6ich die intramuskuliire Injektion 
beim Kaninchen erwiesen habe. Um nun einen Vergleich mit der Gelenkimpfung zu 
haben, wurde in einer grOberen Reihe von Fallen aucn intramuskular infiziert. 


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Dreyer, Ueber Virulenzprufung mittels intraartikularer Impfung. 


109 


In ganz entsprechender Weise verliefen weitere Versuche, die ich, 
da sie nichts Neues bringen, nicht alle auffflhren will. Die Gesamtzahl 
der geimpften Tiere betrug 25. Mit saratlichen, selbstredend unter- 
einander verschiedenen Staphylokokkenstamnien, die ich in der 
beschriebenen Weise den Tieren einverleibte, wurde eine Gelenk- 
eiterung erzeugt. 

Weiter seien einige F&lle von Impfungen mit Streptokokkenstammen 
wiedergegeben. Auch hier will ich den Verlauf der Priifung nur an 
wenigen Tieren schildern, da die Versuche (insgesamt 18) vollig gleich- 
artig austielen. 


Streptokokkeninfektionen. 

No. 26. 22. Juni. Kaninchen, braun, mit 1 Oese der 24-stiindigen Streptokokken- 
bouillonkultur (Phlegmone) langere Zeit im Laboratorium fortgeziichtet, im Gelenk 
infiziert. 

23. Juni. Nicht geschwollen, schont das Gelenk nicht. 

24. Juni. Beginnende Schwellung. 

26. Juni. Schwellung starker. 

28. Juni. Sehr deutliche Schwellung. 

1. Juli. Getotet. Starke Gelenk vereiterung. 

No. 28. 16. Aug. Kaninchen, silbergrau, mit 1 Oese einer Streptokokkenbouillon- 
kultur im Gelenk infiziert. (Die Streptokokken wurden mir von Herrn Dr. Bondy, 
Assist, der hiesigen Frauenklinik, giitigst zur Verfiigung gestellt. Seine Mitteilungen 
lauteten: Stamm G ist aus dem Uterussekret von einem septischen Abort. Klimsch 
maflig schwere Erscheinungen.) 

17. Aug. Geringe Schwellung des Gelenkes, Schonen des Beines. 

18. Aug. Unverandert. 

19. Aug. Etwas starker geschwollen. 

21. Aug. Schwellung weiter zugenommen. 

23. Aug. Unverandert. 

26. Aug. Getotet. Schwere Gelenkvereiterung. 

No. 29. 18. Aug. Kaninchen, weiB, mit 1 Oese einer 24-stiindigen Streptokokken- 
bouillonkultur von einer frisch inzidierten Parulis geimpft. Die gleiche Dosis auch in 
den Oberschenkel der anderen Seite injiziert. 

19. Aug. Gelenk eine Spur geschwollen, Oberschenkel ohne Befund. 

20. Aug. Gelenkschwellung zugenommen, Oberschenkel ohne Befund. 

21. Aug. Schwellung noch starker, Oberschenkel ohne Befund. 

23. Aug. Unverandert. 

26. Aug. Getotet. Gelenk erheblich vereitert, Oberschenkel weist nirgends eine 
Spur von Eiter auf. 

No. 30. 18. Aug. Kaninchen, weifi, mit schwarzen Flccken, in gleicher Weise 

im Gelenk infiziert. 

19. Aug. Etwas geschwollen. 

20. Aug. Schwellung vermehrt. 

21. Aug. Unverandert. 

23. Aug. Schwellung etwas zuriickgegangen. GetOtet. Im Gelenk deutlich Eiter. 
Aus dem Gdenk werden Bouillonkulturen angelegt, in denen Streptokokken in Rein- 
kultur wachsen. 


No. 34. 24. Aug. Kaninchen, weiB, mit 1 Oese der 24-stiindigen Streptokokken- 
bouillonkultur (Fingerphlegmone) im Gelenk und am Oberschenkel der anderen Seite 
infiziert. 

25. Aug. Nirgends ein Befund. 

26. Aug. „ „ „ 

27. Aug. ,, ,, ,, 

29. Aug. Weder am Gelenk noch am Oberschenkel etwas Besonderes. Getotet. 
Gelenk und Oberschenkel frei. Die Impfung mit 1 Oese hatte sich hier also giinzlich 
resultatlos erwiesen. Sehr interessant war nun, daB es sich um einen klinisch un- 
gewohnlich leicht verlaufenden, in wenigen Tagen abgeheilten Fall, dessen Temperatur- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 1/2. 


kurve sich niemals fiber 37,2° erhob, gehandelt hat 1 ). — Es wurde nunmehr die Impfung 
mit groBeren Dosen wiederholt. 

No. 35. 24. Aug. Kaninchen, weiB, mit 2 Oesen der 24-stundigen Bouillonkultur 
des gleichen Falles im Gelenk infiziert. 

25. Aug. Geringe Schwellung dee Gelenkes. 

26. Aug. Unverandert. 

27. Aug. Schwellung starker. 

29. Aug. Unverandert. 

30. Aug. Getotet. Deutliche Vereiterung dew Gelenkes. 

No. 36. 24. Aug. Kaninchen, grau, in gleicher VVeise infiziert. Die gleiche Dosis 
auch intramuskular in den Oberschenkel der andereu Seite eingespritzt. 

25. Aug. Gelenk etwas geschwollen, Oberschenkel ohne Befund. 

26. Aug. Keine wesentliche Veranderung. 

27. Aug. Gelenk erheblich starker geschwollen, Oberschenkel ohne Befund. 

29. Aug. Unverandert. 

30. Aug. Getotet. Ausgesprochene Gelenkvereiterung. 

No. 37. 14. Okt. Kaninchen, weiB, mit 2 Oesen der 24-etundigen Bouillonkultur 
einer mir von Herrn Dr. Levy, Assistenten unserer Klinik, freundlichst iiberlassenen 
Streptokokkenkultur, im Gelenk infiziert. 

15. Okt. Kaninchen geatorben. Im Gelenk noch kein Eiter, doch wachsen so- 
wohl aus den vora Gelenk und vom Herzblut angelegten Kulturen Streptokokken. 

No. 39. 14. Okt. Kaninchen, weiBgrau, mit 2 Oesen in gleicher Weise infiziert. 

15. Okt. Gleichfalls gestorben, eleicher Befund. Wie mir Herr Dr. Levy dann 
mitteilte, war die Kultur auBerst virulent. 

No. 43. 27. Nov. Kaninchen, schwarz, mit 1 Oese der 24-stundigen Bouillon¬ 
kultur von einem AbszeB im Gelenk und am Oberschenkel der anderen Seite infiziert. 

29. Nov. Deutliche Schwellung des Gelenkes. 

1. Dez. Gleicher Befund. 

3. Dez. Getotet. Erhebliche Vereiterung des Gelenkes. Oberschenkel ohne Befund. 

Coliinfektionen. 

No. 44. 12. Juli. Aus einer stark eiternden Kotfistel nach Appendicitis (Bac¬ 
terium coli in Reinkultur) 24-stundige Bouillonkultur angelegt, aavon Kaninchen, 
grau, mit 2 Oesen im Gelenk infiziert. 

13. Juli. Beginnende Schwellung. 

14. Juli. Starkere Schwellung. 

15. Juli. An Lungenentziindung gestorben. Im Gelenk bereits eine deutliche 
Menge von Eiter. 

No. 45. 12. Juli. Kaninchen, weiB-schwarz, in gleicher Weise infiziert. 

13. Juli. Leichte Gelenkschwellung. 

14. Juli. Schwellung vermehrt. 

15. Juli. Schwellung noch etwas starker. 

16. Juli. Getotet. Ziemlich viel Eiter im Gelenk. 

No. 46. 18. Aug. Aus einem zweiten Falle von einer stark eiternden post- 

appendicitischen Kotfistel 24-stundige Bouillonkultur (Coli) angelegt. Silbergranes 
Kaninchen mit 1 Oese im Gelenk infiziert. 

19. Aug. Beginnende Gelenkschwellung. 

20. Aug. Schwellung etwas vermehrt. 

21. Aug. Schwellung noch deutlicher. 

23. Aug. Getotet. Gelenk in hohem MaBe vereitert. 

No. 47. 18. Aug. Granbraunes Kaninchen in gleicher Weise infiziert. 

19. Aug. Gelenk geschwollen. 

20. Aug. Schwellung noch starker. 

21. Aug, ., ., ,, 

23. Aug. Getotet. Starke Gelenkvereiterung. 


1) Vgl. auch p. 108, No. 17. 


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Dreyer, Ueber Virulenzpriifung mittels intraartikularer Impfung. 


Ill 


Mischinfektioneu. 

Vom Eiter einer Patientin K. 24-stiindige Bouillonkultur angelegt. Der Eiter 
entstammte einem kleiuen Abszefl, der am 8. l'age unter der vollstanuig reizlosen Haut- 
narbe und ohne irgendwelche Reaktion entstanden war bei einer wegen inoperabeln 
Carcinoma ausgefiihrten Anastomose zwischen Ileum und Colon. In der Bouillonkultur 
wuchsen Streptokokken, Staphylokokken und Coli 1 ). 

No. 48. 5. Juli. Kaninchen, werS, mit 2 Oesen jener Kultur im Gelenk infiziert. 

6. Juli. Ganz leichte Schwellung. 

7. Juli. Ein wenig starker geschwollen. 

8. Juli. Schwellung noch starker. 

10. Juli. Getotet. Viel Eiter im Gelenk. 

No. 49. 18. Aug. Aus einer postappendicitischen Eiterung 24-stiindige Bouillon- 
kultur angelegt, die Streptokokken, Coli und Saprophyten enthielt. WeiSes Kaninchen 
mit 1 Oese der 24-6tiindigen Kultur im Gelenk infiziert. 

19. Aug. Gelenk etwas geschwollen. 

20. Aug. Schwellung starker. 

21. Aug. Unverandert. 

23. Aug. Sehr starke Schwellung. Getotet. Hochgradige Gelenkvereiterung. 

No. 50. 18. Aug. Braunes Kaninchen in gleicher VVeise infiziert. 

19 Aug. Geringe Schwellung des Gelenkes. 

20. Aug. Schwellung zugenommen. 

21. Aug. „ „ 

23. Aug. Getotet. Schwere Gelenkvereiterung. 


Das Gesamtresultat von 50 Versuchen, die ich in dieser Weise 
anstellte, ging dahin, dafi samtliche aus raenschlichen Krankheitsherden 
gezuchteten Bakterienstfimroe in aufierordentlich geringen Dosen (1 bis 
2 Oesen) der 24-stiindigen Bouillonkultur) eine Gelenkeiterung zu er- 
zeugen vermochten. Es war nunmehr aber erforderlich, Kontroll- 
versuche anzustellen mit nichtvirulenten Bakterien. Zu 
dem Zweck habe ich raehrfach Luftkokken, ferner eine Reihe von Sta¬ 
phylokokken, die sich auf der Haut des Armes gesunder Menschen be- 
fanden, endlich eine grofiere Zahl von Staphylokokkenstfimmen, 
die aus aseptischen, vollig glatt heilenden Operations- 
wunden geziichtet waren und von mit pathogenen Stammen her- 
gestelltera Kaninchenserum nicht agglutiniert wurden, in gleicher Weise 
verimpft und habe niemals eine Gelenkeiterung bekommen, 
obwohl ich mit den doppelten bis vierfachen Dosen 
arbeitete. 

Die beschriebene Methode der Virulenzpriifung scheint mir nun aus 
folgenden Griinden recht brauchbar: Die Beurteilung des Impfresultates 
ist schon nach kiirzester Zeit moglich, aufierordentlich leicht zu bewerk- 
stelligen und ganz eindeutig, da man ja stets an dem Gelenk der anderen 
Seite die beste Kontrolle hat. Die Methode ist ferner ganz auBer- 
ordentlich empfindlich, und dadurch wachst naturlich die Sicherheit, die 
man dem Resultat sowohl in positiver, wie auch in negativer Hinsicht 
beimessen kann. Hochstens die intravenose Impfung konnte sich in 
dem letztgenannten Punkte mit der Gelenkimpfung messen. Eine ge- 


1) Mit Absicht wurde diese „unreine“ Kultur injiziert, um der bestehenden Misch- 
iDfektion auch im Experiment zu eDtsprecheD. 


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112 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1/2. 

naue Sektion, wie sie aber z. B. bei der intravenosen Impfung unerlaB- 
lich ist, erubrigt sich bei der Gelenkimpfung vollig. Ferner bilden sich 
oft die Abszesse nach einigen Wocken zuruck, und die Tiere konnen 
wieder fflr andere Versuche verwandt werden. 

Endlich als besonders wichtig ist hervorzuheben die in meinen Ver- 
suchen zutage getretene Konstanz der mit der Gelenkimpfung 
erzielten Resultate, bekanntlich der wunde Punkt aller solcher 
Virulenzpriifungen. Nach allem, glaube ich, kann man die Priifung auf 
fur den Menschen pathogene Eigenschaften mittels intraartikularer 
Impfung, soweit es sich um die den Chirurgen besonders interessierenden 
Eitererreger handelt, durchaus empfehlen. 


Inhalt. 


Benthin, W., Beitrage zur Hamolysefrage 
der Streptokokken, p. 83. 

Bertarelli, E., Untersuchungen liber das 
keimtotende Vermogen aes Taurins, 

p. 100. 

v. Betegh , L. , Ueber die Beziehungen 
zwischen Gefliigeldiphtherie und Ge- 
flugelpocken, p. 43. 

Bordet, J., La diphterie des pigeons, 
p. 41. 

Doerr, B,. u. Weinfnrter, F. , Ueber 
primare Serumtoxizitat, p. 92. 

Dreyer, Lothar, Ueber Virulenzpriifung 
mittels intraartikularer Impfung, p. 106. 

Jastrembsky, D., Zur Frage iiber die 
Negrischen Korperchen, p. 65. 


Leber, A., Untersuchungen iiber das 
Virus des Molluscum contagiosum, 

Meresbkowsky, S. S., Zur Entgegnung 
auf meinen Artikel seitens des Herrn 
Prof. Dr. Trautmaun, p. 76. 

Oi&ki, T., Ein Beitrag zur Aetiologie dee 
fotiden Eiters, p. 36. 

Saieawa, Untersuchungen iiber Hunde- 
filarien, p. 68. 

Seitz, A., Sepsinvergiftung und anaphv- 
laktieche Vergiftung, p. 76. 

Schmitz, Hermann, Ueber Enterokokken, 
p. 51. 

Thaysen, A. C. , Funktionelle Anpas- 
sungen bei Bakterien, p. 1. 


Die Redaction dee „ Certiralblatte fiir Bakteriologie und Paraeitenkunde “ riehUt 
an die Berren Mitarbeiter die ergebene Bitte, ttwaige Wunsehe um Lieferung ton 
besonderen Abdriieken threr Aufsdtxe entweder bei der Einsendung der Abhandlungen 
an die Redaktion auf doe Manuekript schreiben zu teollen oder spateetene nach 
Empfang der ersten Korrekturabziige direkt an den Verleger, Herrn Qustav Fischer 
i« Jena, qrlanqen tu lassen 


From man nsche Itachdrnckerel (Hermann Pohle) In Jena. 


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Centralbl. f. Bald etc. Ubt Originate. Bd. 67. Heft 3. 

Ausgegeben am 4. Dezember 1912. 


Nachdruck verboten. 

Ueber eine aus der menschlichen Conjunctiva isolierte 

gramnegative Sarcine. 

[Aus der Universitats-Augenklinik in Siena 
(Direktor: Prof. Dr. A. Bietti).] 

Von Dr. V. Carara, Assistenten der Klinik. 

Mit 1 Tafel. 

Nur drei vollstandige Beobachtungen fiber gramnegative Sarcinen 
existieren bisher in der bakteriologischen Literatur; von diesen betreffen 
zwei das Gebiet der Ophthalmologie. 

Die zeitlich erete Beobachtung wurde von Nagano 1 ) gemacht, der iiber eine nach 
Gram negative Sarcine berichtete, die er aus einem Ovarialabszefi isoliert hatte. In 
den Ausstrichpraparaten des Eiters fand er ausschliefilich kleine, gramnegative Kokken, 
welche in Paaren zu zweien, zu vieren und in Haufen gruppiert aufierhalb der Zellen 
sich vorfanden. In den Kulturen entwickelte sich jedoch neben mebreren grampositiven 
Keimen auch eine gramnegative Sarcine. Diese letzteren Mikroorgauismen hatten nach 
der Angabe des Autors die eigentiimliche Eigenschaft, die charakteristische Sarcineform 
zu verlieren, wenn sie mit Eiter vermischt wurden, um eine den Gonokokken ahnliche 
Degenerationsform anzunehmen. Auf Grund dessen glaubte Nagano, daB die gram¬ 
negative Sarcine, welche sich auf den Kulturen entwickelt hatte, identisch sei mit den 
Diplo- und Tetrakokken, die er in den Eiterpraparaten gefunden hatte. Lassen wir die 
Frage beiseite, ob und bis zu welchem Punkte man diese Meinung des Autors annehmen 
soil; so viel ist sicher, daB die von ihm geziichteten Keime die Sarcineform auf alien 
festen und fliissigen Nahrboden behielten, und daB es sich daher tatsachlich um eine 
Sarcine handelte. 

Diese Mitteilung blieb bis zum Beginn des vergangenen Jahres vereinzelt, als 
Buata und Verderame fast gleicbzeitig eine gramnegative, aus der menschlichen 
Bindehaut isolierte Sarcine beschrieben. In einer in der Marznummer des Archivio 
d'Ottalmologia erschienenen Arbeit teilte Ruata 2 3 * * ) mit, dafi er zweimal im Gewebe der 
trachomatosen Conjunctiva Mikroorganismen gefunden habe, die sich als gramnegative 
Sarcinen erwiesen. In beiden Fallen war die Untersuchung des Conjunctivalsekretes 
negativ; die nach Gram gefarbten Ausstrichpriiparate einer Gewebsemulsion zeigten 
die Sarcineform, leicht unterscheidbar von den anderen Kokken infolge ibrer GroBe und 
Lagerung, sowie durch ihre negative Gram - Farbbarkeit. Wahrend jedoch im ersten 
Fade dieser Befund bestatigt wurde durch Kulturen einer Emulsion von einem Stuck, 
das aus der Conjunctiva entfernt war, wurde im zweiten Falle der mikroskopische 
Befund durch Kulturen nicht bestatigt. Die Sarcine, welche von dem Autor aus der 
Conjunctiva seines ersten Kranken geziichtet wurde, entwickelte sich gut auf sozusagen 
alien Nahrboden in Form von schwefelgelben Kolonieen, Gelatine nicht verflussigend, 
desgleichen nicht Loef f lersches Blutserum; sie wuchs nicht auf Kartoffeln, koagulierte 
Milch, und entwickelte sich fakultativ anaerob. Sie war nicht pathogen fur Tiere; in 
den menschlichen Conjunctivalsack eingefuhrt, rief sie jedoch eine leichte, voriiber- 
gehende Reaktion hervor mit geringer Sekretbildung. 

Im Juni desselben Jahres erschien in den Annali d’Ottalmologia eine Arbeit von 
Verderame 8 ) liber eine gramnegative Sarcine, die von ihm aus dem Sekret einer 
akuten Conjunctivitis isoliert worden war, wobei sich dieser Keim in Verbindung mit 
anderen Mikroorganismen vorfand, so mit Influenzabacillen, Pneumokokken und Xerose- 
bacillen. Diese Sarcine, die in ihrer ganzen Form das Charakteristische jener von 


1) Nagano, J., Ueber eine neue Sarcina, die im Eiter gonokokkenahnlicha 
Degenerationsformen zeigt. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 32. p. 327.) 

2) Ruata, V., Di una Sarcina gramnegativa, isolata dai tessuti di congiuntiva 
tracomatosa. (Arch. d’Ottalmol. Vol. 18. 1911. p. 607.) 

3) Verderame, Ph., Su di una Sarcina gramnegativa non ancora descritta 

isolata dalla congiuntiva umana. (Annal. d’Ottalmol. 1911. p. 161.) 

Ente Abt. Orig. Bd. 67. II6ft 3. 8 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Ruata beschriebenen Sarcine zeigte, aber welche zum Unterschied das Loeff lersche 
Blutserum verflfissigte, Milch nicht koagulierte, fippig auf Kartoffeln sich entwickelte 
und Schwefelwasserstoff bildete, wurde vom Autor „Sarcina citrea conjunctivae*! 
benannt. 

Dies sind die einzigen ausffihrlichen Beobachtungen iiber gramnegative Sarcinen- 
Einige andere haben noch nach Gram nicht farbbare Sarcineformen kurz erwahnt oder 
beschrieben. So erwahnt Axen feld in seinem Werk fiber die Bakteriologie des Auges 1 2 ), 
daB er eine gram negative Sarcine aus der menschlichen Conjunctiva gezfichtet habe, 
von der er eine Abbildung in der Fig. 3 der Taf. II des erwahnten Buches gibt, aus 
der erkennbar ist, dafl die Sarcinen im Sekret in einer Art von Kapsel lagen. 

Mar then*) gibt an, daS er aus der menHchlichen Conjunctiva eine gramnegative 
Sarcine mit folgenden Eigentumlichkeiten isoliert habe: Goldgelb gefarbte Kolonieen 
auf Agar, Verflfissigung der Gelatine, aerobe Entwickelung. Diese wenigen Charakteristika 
sind ungenfigend nir ein vergleichendes Studium mit anderen gramnegativen Sarcinen, 
um so mehr, als der Autor die von ihm isolierten Mikroorganismen mit der S a rein a 
aurantiaca identifizieren mochte, von welcher die Bakteriologen aber behaupten, daC 
sic gramnositiv sei. Dasselbe gilt ffir eine andere Sarcine, die er mit der Sarcina 
lutea identifizierte. Es ist daher unmoglich, zu entscheiden, welche Keime der Autor 
vor sich gehabt hat. 

Da ich die Gelegenheit hatte, kulturelle Prufungen anzustellen fiber 
eine gramnegative Sarcine, die ich aus dem normalen Bindehautsack 
des Menschen isolieren konnte, so glaube ich, daB es nicht ohne ein 
gewisses Interesse ist, eine genauere Beschreibung davon zu geben, um 
einen Beitrag zu liefern zu der Kenntnis iiber die Morphologie und 
Biologie dieser so vereinzelt dastehenden Mikroorganismen, und um die 
Aufmerksamkeit der Ophthalmologen auf diese Formen zu lenken, deren 
Anwesenheit auf der menschlichen Bindehaut wahrscheinlich nicht so 
selten ist, wie es nach den wenigen bisher gemachten Beobachtungen 
scheinen mochte. 

U. N., 8 Jahre alt, aus Siena, wurde am 2. Febr. 1912 der Augenklinik mit einer 
ziemlich betriichllichen Schwellung des rechten Oberlides zugeffihrt, welches sich in der 

f anzen Ausdehnung odematos una gerotet erwies. Nachdem das Lid so weit als moglich 
ochgehoben und die Lidspalte geoffnet war, bemerkte man eine Ieichte Rotung der 
Bindehaut des Uuterlides und eine unbetrachtliche Chemosis der Conjunctiva bulbaris 
gegen den auSeren Lidwinkel hin. Im Conjunctivalsack fand sich ein reichliches 
katarrhalisches Exsudat vor. Bei der Palpation ffihlte man keine Verhartung sowie 
keine Fluktuation. Man stellte die Diagnose eines tiefen Abszesses der Palpebra superior. 
Einige Tage nach der Aufnahme des Patienten in die Klinik grenzte sich auf der 
Palpebra eine kleine Hervorwolbung von harter Konsistenz ab, gegen das aufiere Ende 
der Augenbraue gelegen. Spater entstand an der der aufieren Schwellung entsprechen- 
den Stelle der Conjunctiva palpeprarum eine andere gerotete Hervorwolbung, die sich 
6ffnete; der Eiter kam in den Conjunctivalsack, worauf baldige Heilung folgte. 

Die Ausstrichpriiparate des Eiters zeigten die Anwesenheit von Strepto- 
kokken in Reinkultur; im Conjunctivalsekret fanden sich neben vielen polynuklearen 
Leukocyten und Epithelzellen Ketten von Streptokokken, kleine grampositive Kokken 
und wenige Xerosebacillen. In einigen Stellen des Praparates waren vereinzelte, grofie 
gramnegative Kokken zu finden, welche durch ihre plumpe Form sowie ihre 
tetradenformige Anordnung als Sarcinen sich kennzeichueten. 

Um letztere zu isolieren, wurden Kulturen in Agar, Glyzerinagar, sowie in 
Loeff lerschem Blutserum angelegt. Nach 24 Stunden erhielt ich in diesen Rohrchen 
eine aufierst fippige Entwickelung dichter Kolonieen, welche groBtenteils aus Strepto- 
kokken, einige aus Staphylokokken (Staphylococcus pyogenes aureus)bestauaen; 
auch konnte ich, allercfings nur vereinzelt, Kolonieen von Xerosebacillen finden. Es 
war rair aber niemals moglich, die Entwickelung der oben erwahnten Sarcineformen 
nachzuweisen. 

Die Uebertragung des aus dem Conjunctivalsacke erhaltenen Materials auf die 
genannten Nahrboaen wiederholend, konnte ich doch nur dieselben gewohnlichen Keime 


1) Axen feld, Th., Die Bakteriologie des Auges. 1907. p. 38. 

2) M arth en , Experi men telle Untersuchungen fiber Antisepsis bei Augenoperationen 
und die Bakteriologie des Conjunctivalsackes. (Deutschmanns Beitr. z. Augenheiik. 
Bd. 2. 1895. p. 105.) 


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Cavara, Eine aus der menachl. (Conjunctiva isolierte gramnegative Sarcine. H5 


nachweisen. Darauf machte ich Ausstrichpraparate der sich im Conjunctivalsacke des 

f esunden Auges befindenden Flussigkeit, um zu sehen, ob sich in dieser Sarcineformen 
efanden. Da ich positive Reeultate erhielt, wiederholte ich den Versuch, diese Sarcine¬ 
formen zu kultivieren. Zu diesem Zwecke schabte ich mittels einer Platinose vom 
inneren Augenwinkel, entsprechend der Karunkel, etwas Material ab und iibertrug das- 
selbe in Rohrchen mit Blutserum. In diesen erhielt ich die Entwickelung weniger 
(11) Kolonieen, die gut voneinander isoliert waren. Zwischen den Kolonieen der Xerose- 
bacillen sowie denjenigen des Staphylococcus albus beobachtete ich eine rundliche, 
fiber die Oberflache des Nahrbodens erhabene, gelbliche Kolonie, welche denjenigen des 
Staphylococcus aureus ahnlich war. Bei mikroskopischer Prufung erwies sich 
diese Kolonie als gramnegative Sarcine, welche nach zwei Uebertragungen in Reinkultur 
isoliert werden konnte. 


Morphologische Eigenschaften. 

In Praparaten vom Conjunctivalsekret, gefarbt nach Gram, zeigt 
sich diese Sarcine in Form von plumpen, rundlichen Kokken, welche 
sich mit Safranin intensiv rot farben und bedeutend groBer als die 
gewohnlichen Kokken sind. Sie finden sich nur vereinzelt und haben 
extracellulare Lage. Wenn man die aus Reinkulturen bestehenden Aus¬ 
strichpraparate untersucht, so fallen sofort die in Paketen angeordneten 
charakteristischen Formen auf, welche den Sarcinen eigen sind. Neben 
dieser charakteristischen Anordnung, welche als die haufigste anzusehen 
ist, sind auch Tetraden, Diploformen und seltener Monoformen zu finden, 
ganz unabhangig von der Art der Nahrboden sowie dem Alter der 
Kultur; demgegentiber findet man manchmal neben diesen isolierten 
Keimen kleine Kokkenhaufchen ohne besondere Gruppierung. Solche 
Anhaufungen finden sich vorwiegend in alten Kulturen, wahrend in 
jungen, z. B. in Kulturen von 12—18 Stunden, fast ausschlieBlich die 
charakteristischen Pakete erscheinen. Ferner ist noch zu bemerken, daB 
die GroBe der einzelnen Pakete sowie der ein und deraselben Pakete 
angehorenden Keime haufig verschieden ist. Diese Keime sind immer 
groBer als die gewohnlichen Kokken. Die Bildung der sich durch ihre 
GroBe auszeichnenden Kokken findet mit Vorliebe auf Nahrboden, welche 
die Entwickelung dieser Sarcine begiinstigen, statt, d. h. auf Agar und 
Blutserum. 

Es ist nicht moglich, Unterschiede in den morphologischen Eigen¬ 
schaften der Sarcine, je nachdem sie auf festen oder fliissigen Nahrboden 
gezflchtet worden ist, festzustellen. 

Die von mir isolierten Keime treten besonders deutlich als Sarcinen 
hervor, wenn wir sie im haugenden Tropfen untersuchen. Man sieht 
deutlich im Gesichtsfelde des Mikroskops die watteballenahnlichen 
Pakete, welche manchmal aus 8 Individuen bestehen. Diese Pakete 
sind nicht ganz regelmaBig und unbeweglich. Das Fehlen der eigen- 
tiimlichen Beweglichkeit ist auch in den jungen Kulturen stets der 
Fall; Kulturen von 6—8 Stunden, im hangenden Tropfen untersucht, 
ergaben stets das Fehlen der aktiven Beweglichkeit seitens der beob- 
achteten Keime. 

Die von mir isolierte Sarcine farbt sich gut mit den iiblichen Anilin- 
farbstoffen. Sie entfarbt sich ziemlich rasch mit der Gramschen 
Methode. Wir wendeten folgende Gram-Methode an: 

Anilinolwasser Gentianaviolett 5-proz. 30 Sekunden. 

Abspulen mit Wasser. 

Lugolsche Lfisung 30 Sekunden. 

Abeoluter Alkohol, bis keine Farbwolken mehr abgehen. 

Abspulen mit Wasser. 

Safranin, 1-proz., wasserig 5 Sekunden. 

8 * 


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116 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 

Auch bei antleren Gram - Methoden (Original Gram, Gram- 
Giinther und Lingelsheim) tritt dieselbe prompte Entf&rbung ein. 

In alten Kulturen entfarbt sich die Sarcine nicht so rasch, wie in 
jungen. Dasselbe ist der Fall, wenn die Kultur nicht gut auf dem 
Objekttrager ausgestrichen ist; im letzteren Falle entfarben sich die- 
jenigen Stellen des Praparates nicht vollstandig, in welchen das zu 
untersuchende Material dick aufgetragen resp. nicht geniigend verteilt 
worden ist. Die in diesen Stellen enthaltenen Sarcinen nehmen trotz 
des Entfarbens nach Gram eine etwas violette FSrbung an. 

Urn mich zu versichern, daB die Sarcine wirklich gramnegativ ist, 
habe ich auf einem Objekttrager einen Tropfen meiner Sarcine-Bouillon- 
kultur mit einem Tropfen von Bouillon, in welcher Staphylococcus 
albus kultiviert war, gemischt. Das Praparat wurde liber einer Flamme 
verdarapft und nach Gram gefarbt. Bei mikroskopischer Betrachtung 
waren die kleinen Kokken intensiv violett, wogegen die grofien Diplo- 
und Tetraformen rot gefarbt erschienen. 

Der von mir isolierte Mikroorganismus besitzt keine Kapsel; die 
Farbung nach der Klettschen Methode ergab immer negative Resultate 
in dieser Richtung. Es war mir ebenfalls niemals moglich, Sporen 
nachzuweisen; sogar in 40 Tage alten Kulturen, welche ich nach der 
von Muller angegebenen Methode farbte, waren niemals Sporen zu 
sehen. 


Kulturelle Eigenschaften. 

Die oben besprochene Sarcine entwickelt sich gut und rasch auf 
fast alien iiblichen Nahrboden. 

Peptonagar. Durch Ausstrich auf Agar findet schon nach 8 bis 
12 Stunden ein sichtbares Wachstum statt. Nach 24 Stunden sieht man 
eine gute Entwickelung rundlicher Kolonieen mit deutlicher Abgrenzung. 
Diese Kolonieen sind triibe und von zitronengelber Farbe, kuppelformig, 
folglich fiber die Oberflache des N&hrbodens stark erhaben. Die ein- 
zelnen Kolonieen besitzen etwa die GroBe eines Stecknadelkopfes und 
haben das Bestreben, zu konfluieren, einen Belag von weicher, rahm- 
artiger Konsistenz mit zackigen Randern bildend. Das Kondenswasser 
bleibt klar mit mittelmaBigem, gelblichem Sedimente; es fehlen jegliche 
Spuren von H&utchen auf seiner Oberflache. 

Peptonagar ist derjenige N&hrboden, welcher fur meine Sarcine als 
bester anzusehen ist. Auf ihm entwickeln sich die Kolonieen noch weiter 
im Laufe von einigen Tagen, und erreichen mitunter einen Durchmesser 
bis zu 1 cm. Nach 48 Stunden erreichen sie einen Durchmesser vod 
3—4 mm; sie sind rundlich und halbkugelformig, mit scharf abgegrenzten 
Randern und feuchter Oberflache. Am 4.-5. Tage erreichen sie das 
Maximum ihrer Entwickelung. In den folgenden Tagen wechseln die 
Kolonieen ein wenig ihr Aussehen; ihre zentrale Partie wird erhaben 
und die ganze Umgebung bildet mehrere konzentrische Ringe, welche 
sich bis an die auBerste Peripherie der Kolonie ausdehnen. Der SuBere 
Rand der Kolonie ist dunkler als der tibrige Teil derselben. SpSter 
bilden sich vom Zentrum ausgehende kleine Speichen, welche den Rand 
der Kolonie erreichen und denselben zackig gestalten. Zu dieser Zeit 
beginnen die Kulturen zu trocknen; ihre Farbe wird dunkelgelb und ihr 
Aussehen trocken. In den alten Kulturen sieht man oft auf Agar 
kristallahnliche Bildungen, welche von den Kolonieen ausgehen. 


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Cavara, Eine aus der menschl. Conjunctiva ieolierte gramnegative Sarcine. XJ7 


Die gleichen Eigenschaften sind in Glyzerinagar, sowie in 
Seruraagar zu finden, bloB daB hier die Entwickelung rascher und 
starker ausfallt. 

Agarplatte. Es entwickeln sich Ivolonieen von verschiedenen 
GroBen ; sie sind triibe, gelblich und rundlich. Die oberflachlichen 
Kolonieen haben groBere Dimensionen, als die tiefer gelegenen. Mit 
starker Vergrofierungslinse untersucht, erscheinen die Kolonieen homogen, 
leicht granuliert, mit deutlich abgegrenzten Randern. Auf Agarplatten 
konnte ich niemals groBe Kolonieen beobachten; sie trocknen sehr rasch, 
ja schon nach wenigen Tagen, und erhalten dann die obeu beschriebenen 
Eigenschaften. 

Agarstich. Starke Entwickelung auf der Oberflache des Agars, 
sparliche langs dem Stichkaual. In der Umgebung der Oeffnung des 
Stichkanals, auf der Oberflache des Nahrbodens, bildet sich auBerst schnell 
eine rundliche Scheibe von gelblicher Farbe, unregelmaBiger Gestalt, 
rahmartiger Konsistenz und zackigem Rande. Diese Scheibe vergroBert 
ihre Oberflache und erreicht in einigen Tagen den Rand des Rohrchens. 
Langs dem Stichkanal hingegen begniigt sich die Entwickelung mit der 
Bildung eines feinen Hautchens, welches aus kleinsten, punktformigen 
Kolonieen besteht. Dieses Hautchen entwickelt sich nur in dem der 
Oberflache nahe gelegenen Teil des Stichkanals. 

Loefflersches Blutserum. Auch das Loeffler-Serum ist der 
Entwickelung dieser Sarcine giinstig. Nach 24 Stunden sieht man, ent- 
sprechend den mit der Platinose bestrichenen Stellen, einen dicken, 
rahmartigen, zitronengelben Belag, welcher sich iiber die Oberflache des 
Nahrbodens erhebt; die isolierten Kolonieen sind klein (GroBe eines 
Stecknadelkopfes), kuppelforniig, mit scharf abgegrenzten Randern. Das 
Kondenswasser bleibt klar. Auch in den folgenden Tagen bleiben diese 
Eigenschaften unverandert; nach einigen Tagen aber trocknen diese 
Kolonieen und erhalten das Aussehen, welches schon friiher fiir die 
Kolonieen auf Agar beschrieben worden ist. Unter gunstigen Umstanden 
konnen die Kolonieen auf Serum, sowie auf Agar, einen Durchmesser 
von etwa 1 cm erreicheu. Das Serum (Ochsenblutserum) wird nie ver- 
fliissigt. 

Fliissiges Serum. MaBiges Gedeihen der Kolonieen. Nach 
24 Stunden triibt sich dieser Nahrboden leicht, um in den folgenden 
Tagen am Boden des Rohrchens ein gelbliches Sediment zu bilden, wahrend 
die sich oberhalb befindende Fliissigkeit klar wird. 

Bouillon. Nach 24 Stunden tritt leichte Triibung durch kleinste 
Flockenbildung auf. Am Boden bildet sich gleichzeitig ein gelbliches, 
sandformiges Sediment. Wenn wir das Rohrchen einige Male schutteln, 
so verteilt sich das Sediment in der Bouillon, ohne letztere hoinogen zu 
triiben. In den folgenden Tagen vermehrt sich das Sediment ein wenig, 
aber die weitere Entwickelung der Kultur hort auf. Es fehlt die Hautchen- 
bildung ganzlich, auch im Falle absoluter Ruhigstellung des Rohrchens. 
In alten Kulturen sieht man mitunter die Bildung eines Ringes, welcher 
sich langs der Oberflache des Nahrbodens an der Rohrchenwand ent¬ 
wickelt. Die Reaktion bleibt stets alkalisch. 

Die gleichen Eigenschaften zeigten Kulturen in Serumbouillon, 
bloB daB auf dieser ein etwas starkeres Wachstum, sowie deutlichere 
Flockenbildung stattfindet. 

Z uckerbouil Ion. MaBiges Wachstum; leicht alkalische Reaktion, 
auch nach einigen Tagen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Gelatinestrich. Die Entwickelung (15° C) findet etwas langsam 
und nicht sehr iippig statt. Nach 24 Stunden sind die Koloiiieen kaum 
sichtbar; sie erscheinen als kleine, gelbliche Punkte. In den folgenden 
Tagen gedeihen diese Kolonieen langsam und konnen mitunter einen 
Durchmesser von 1 / 2 cm erreichen. Sie sind trocken und erhalten sehr 
bald denselben speichenartigen Bau, sowie die gezahrite, unregelmaBige 
Form ihres freien Randes, welche schon fiir die auf Agar geziichteten 
Kolonieen beschrieben worden ist. 

Gelatineplatte. Nach 24 Stunden haben sich punktformige Kolo¬ 
nieen entwickelt, von denen die oberflachlich gelegenen sich vergroBern, 
wahrend die in der Tiefe des Nahrbodens sich befindenden keines merk- 
baren weiteren Wachstums mehr fahig sind. 

Gelatinestich. In der Umgebung der Stichoffuung bildet sich 
eine kleine, trockene, kornige Scheibe; langs dem Stichkanal ein feines, 
aus kleinsten Kornchen bestehendes Hautchen, welches sich auch in den 
folgenden Tagen nicht verandert. Die Scheibe vergrofiert hingegen ihre 
Oberflache etwas, erhebt sich aber nicht fiber die des Nahrbodens. 
Gelatine wird nicht verHiissigt. 

Zuckeragarstich. Es bildet sich eine zitronengelbe Platte mit 
der Tendenz oberflfichlicher Ausbreitung. bis die Wand des Rohrchens 
erreicht wird. Der Stichkanal ist in seinem langsten Verlaufe mit einem 
aus feinsten mikroskopischen Kolonieen bestehenden Hautchen ausgekleidet. 
Gasbildung findet nicht statt. 

Zuckeragar mit Agar bedeckt. Entwickelung von kleinsten 
Kolonieen mit den oben beschriebenen Eigenschaften. Keine Gasbildung. 

Blutagar. AeuBerst starkes Wachstum, Bildung eines gelbgriinen 
Belags. Letzterer ist erhaben, rahmartig und besitzt im allgemeinen alle 
Eigenschaften, welche schon fur die Agarkulturen beschrieben worden 
sind. Hamolyse koinmt nicht zustande. 

Milch. MaBiges Gedeihen nach 24 Stunden. In den folgenden Tagen 
findet, allerdings sehr langsam, Gerinnung der Milch statt. 

Peptonwasser. Im allgemeinen haben diese Kulturen dieselben 
Eigenschaften wie diejenigen in Bouillon, bloB daB ihr Wachstum spar- 
licher ist. 

Neutralrote Lackmusmolke. Bildung eines flockigen Sedi¬ 
ments; nach mehreren Tagen wird die Farbe deutlich blau und die 
Reaktion alkalisch. 

Kartoffel. Von den vielen von mir angesetzten Kulturen sind 
bloB einige angegangen. Nach 5—6 Tagen bildeten sich wenige, trockene, 
erhabene und gelbliche Kolonieen, deren Entwickelung in den folgenden 
Tagen unverandert blieb. Diese Kolonieen waren etwa stecknadel- 
kopfgroB. 


Biologische Eigenschaften, 

Der schon beschriebene Mikroorganismus, welcher im Thermostaten 
bei 37° C das Optimum seiner Entwickelung besitzt, gedeiht auch bei 
gewohnlicher Zimmertemperatur (d. h. 16—18° C). Eine Agarkultur, 
gleich nach der Impfung 24 Stunden einer Temperatur von 0° aus- 
gesetzt, zeigt zwar nur spSrliches, aber docli deutlich sichtbares Wachs¬ 
tum. Wird eine 24 Stunden alte Agarkultur 8 Tage lang unter 0° 
gehalten, so zeigt sie doch noch Lebeuszeichen. Gegen hohere Tempe- 
raturen verhielten sich die Bouillonkulturen von meiner Sarcine folgender- 
maBen: 50° wurde 1 Stunde lang gut vertragen, 60° 40 Minuten lang, 


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Cavara, Eine aus der menschl. Conjunctiva isolierte gramnegative Sarcine. H9 


bei 70° starben die Kulturen schon nach 5 Minuten ab; 100° totete 
sie sofort. 

Die Lebensdauer der Sarcine ist eine sehr groBe; es gelang leicht, 
von Kulturen noch nach 50 Tagen, auch wenn sie schon etwas ein- 
getrocknet waren, ein ziemlich iippiges Wachstum zu erzielen. Auch 
gegen Austrocknung waren die Kulturen widerstandsf&hig; an sterile 
Deckglaschen angetrocknete Kulturabstriche konnten noch nach 3 Tagen 
mit Erfolg zum Ueberimpfen verwendet werden. 

Die Sarcine entwickelt sich auBerst gut in sauerstoffreicher Atmo¬ 
sphere; gedeiht aber auch anaerob, jedoch unter letzteren Umst&nden 
nicht so iippig und langsaraer, als es aerob der Fall war. Ich habe 
folgende anaerobe Kulturen verwendet: 1) Bouillonkultur mit Vaselinbl 
bedeckt, gekocht und schnell abgekuhlt. Die Bouillon wird leicht trube 
und es bildet sich am Boden ein spiirliches Sediment. 2) Zuckeragar- 
stich. In der Umgebung der Einstichoffnung bildet sich eine flache, 
kremartige Scheibe, l&ngs dem Stichkanal ein HSutchen, wie es in Pepton- 
agar der Fall war. 3) Kulturen in fliissigem Agar. Es bilden sich ein 
rahmartiger Belag auf der Oberfliiche des Nahrbodens, stecknadelkopf- 
groBe Kolonieen dicht unter der Oberfliiche, und eine Anzahl punkt- 
formiger Kolonieen in den tiefer gelegenen Partieen des Nahrbodens. 
4) Kulturen in sauerstofffreiem Raume geziichtet(nach Buchners Methode). 
Die Kolonieen erreichen fast dieselbe Entwickelung wie die aeroben. 

Die Sarcine bildet kein Indol; es war mir auch nicht moglich, die 
Bildung von Schwefelwasserstoff auf festen Nahrboden nachzuweiseu. 
Weder in Gelatine noch in Agar findet Gasbildung statt (s. oben). Die 
fliissigen Nahrboden geben auch nach langerem Wachstum der Kolonieen 
auf denselben immer die gleiche Reaktion. 

Nach dem Vorgange v. Lingelsheims 1 ) ztichtete ich die Sarcine 
auf 8 verschiedenen Zuckerniihrboden. Es wurde zuniichst je eine 
10-proz. Losung von Dextrose, Lavulose, Rohrzucker, Inulin, Milchzucker, 
Galaktose, Maltose und Mannit in Kubel-Tiemannscher Lackmus- 
losuug bereitet (dabei empfiehlt es sich, letztere vorher zu sterilisieren). 
Die so erhaltenen Mischungen wurden auf 10 Minuten in den Dampf- 
topf behufs Sterilisierung gesetzt. Nach Zusatz von 5-proz. Normalsoda- 
losung (28,8 g auf 100 ccm Wasser) war die Losung zur Mischung mit 
Ascitesagar fertig. Hierzu wurden 13,5 ccm Ascitesagar mit 1,5 ccm 
Zuckerlackmuslosung vermischt undin P et r i - Schalen ausgegossen. Nach 
Priifung der Sterilitat derselben durch Aufbewahren im Brutschrank 
wahrend 24 Stunden wurden die Platten mit Kulturmaterial durch Aus- 
streichen beschickt und dann nachgesehen, ob innerhalb 24 Stunden Rot- 
farbung durch Vergarung des Zuckers eingetreten war. 

Von alleu Zuckerarten wird keine einzige von der Sarcine vergart. 

Pathogenitiit. 

Die Pathogenitiit der Sarcine habe ich an den iiblichen Laboratoriums- 
tieren sowie an den Geweben des Kaninchenauges untersucht; auch habe 
ich sie in die menschliche Conjunctiva verimpft. Ich lasse kurz zusammen- 
gefaBt die erhaltenen Resultate folgen. 

1) Subkutane Injektion von 1 ccm ciner 24 Stunden alten Bouillonkultur 
eines 275 g schweren Meerschweinchens. Das Tier bleibt am Leben und Krankheits- 
synaptome Bind nicht zu beobachten. 


1) v. Lingelaheim, Klin. Jahrb. Bd. 15. Heft 2. 1906. 


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120 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


2) Intraperitoneale Injektion von 0,5 ccm derselben Kultur eines 400 g 
echweren Meerschweinchens. Aueh dieses Tier bleibt trotz der Injektion munter. 

3) Intraperitoneale Injektion von 1 ccm derselben Kultur einer 1350 g 
echweren Katze. Gar keine Krankheitssymptome eind zu beobnchten. 

4) Einer weifien Maus werden 0,5 ccm einer 24 Stunden alten Bouillon kultur 
intraperitoneal injiziert. Das Tier ist heute noch am Leben. 

5) Endovenose Injektion in die Vena marginalia eines Kaninchens von 
0,5 ccm derselben Kultur. Auch hier negative Resultate. 

Was die lokale pathogene Eigenschaft der tSarcine auf das Kaninchenauge an- 
betrifft, so habe ich folgendes beobachtet: 

6) In den Con j u ncti valsack eines groBen Kaninchens wird eine grofie Menge 
des in Frage kommenden Keimes in Agarkultur verimpft. Nach 24 Stunden wird spiir- 
liches Conjunctivalsekret beobachtet, welches sich hauptsaehlich im inneren Augenwinkel 
ansammelt. Dieses Sekret enthielt, mikroskopisch untersucht, mcht die geimpfte Sarcine. 
Angesetzte Kulturen gingen nicht an. Die gleichen waren die Resultate, wenn die 
Bindehaut vor der Verimpfung geschabt wurde. 

7) In das Subconjunctivalgewebe eines Kaninchens injizierte ich 0,10 ccm 
einer 24 Stunden alten Bouillonkultur. An der injektionsstelle bildete sich ein kleines, 
hagelkorniihnliches Infiltrat, welches nach einigen Tagen zu heilen begann. 

8) Die intracorneale Injektion von 0,02 ccm einer 24 Stunden alten Bouillon¬ 
kultur ruft ein weiBgraues Infiltrat hervor, das bald unter Zuriicklassung einer kleinen 
Hornhauttriibung wieder heilt. 

9) Wenn wir 0,10 ccm der gleichen Kultur in die vordere Kammer des 
Kaninchens injizieren, so erhalten wir ein heftiges katarrhalisches Exsudat im Conjuncti- 
valsack mit conjunctivaler Chemosis, teilweiser Triibung der Hornhaut, sowie recht 
starker eitriger Iritis. Wenn wir den Inhalt der vorderen Kammer ansaugen und das 
so erhaltene Material auf Nahrboden impfen, bleiben letztere steril. Das der vorderen 
Kammer entnommene Material mikroskopisch untersucht, besteht aus pol. Leukocvten 
und Fibrin; Keime aber konnte ich in demselben nicht nachweisen. Diese heftigen 
Entziindungserscheinungen bestehen cinige Tage, um nachher wieder zu verschwinden. 
Wenn wir das Auge im akuten Stadium der Entziindung enukleieren, so findet mau in 
mikroskopischen Schnitten das Bild einer Iridocyklitis, ohne dafi die Sarcine selbst in 
den erkrankten Geweben nachzuweisen ware. 

10) Ebenfalls sind deutliche Symptomezu erhalten, wenn man eine Bouillonkultur in 
den Glaskorper eines Kaninchens injiziert, und zwar Conjunctivalsekretion, miiBige Iritis 
und ein Exsudat im Glaskorper, welches sich auf Nahrboden verimpft, als steril 
erweist. 

Wie aus den oben beschnebenen Experimenten ersichtlich, besitzt 
meine Sarcine keine pathogenen Eigenschaften fur die gewohnlich iib- 
licheD Laboratoriumstiere sowie fur das Kaninchenauge. Wird sie aber 
in verdiinnter Bouillonkultur in die vordere Kammer oder in den Glas¬ 
korper des Kaninchenauges gebracht, so verursacht sie heftige Ent- 
ziindungserscheinungen. Es konnten hier Zweifel bestehen, ob diese 
Reaktion nicht durch die pathogene Eigenschaft dieser Sarcine, sondern 
durch die ubermadige Anzahl der inokulierten Keime hervorgerufen wurde, 
um so niehr, als die Sarcine, wie wir ja gesehen haben, sich nicht in der 
vorderen Kammer sowie in dem Glaskorper vermehrt. Daher stellte 
ich andere Versuche an, in welchen ich verdunnte Bouillon¬ 
kultur en verwendete, nach der von Bietti (in seinen Nachforschungen 
Qber die Saprophyten und ihr Verhalten bei okuliiren Infektionen) x ) ge- 
iibten Methode. 

Ich habe eine 24 Stunden alte Bouillenkultur verdiinnt, indem ich 0,50 ccm dieser 
Kultur in 5 ccm steriler Bouillon brachte; von dieser verdiinnten Kultur habe ich 1 ccm 
in die vordere Kammer des Kaninchens injiziert. Die so behandelten Tiere reagierten 
bloB unter Bildung eines Exsudates in der vorderen Kammer, welches eiDen mehr oder 
weniger grofien Ted der Pupille verdeckte, und eines leichten katarrhalischen Sekretes 
im Conjunctivalsacke; keine Beteiligung seitens der Cornea. Nach 8—10 Tagen erhiilt 
das Auge wieder sein normales Aussehen, nur verdecken einige Spuren des grofitenteds 
resorbierten Exsudates noch das Papillargebiet. Mit einem Worte: diese von mir beob- 
achteten Entzundungserscheinungen entsprechen im allgemeinen denjenigen, welche 

1) Bietti, A., I saprofiti nelle infezioni dell’occhio. (Ann. di ottalmol. 1906.) 


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Cavara, Eine aus der menschl. Conjunctiva isolierte gramnegative Sarcine. 121 


Bietti beobachtete, indem er verdunnte Bouillonkulturen unschadlicher Saprophyten 
Oder blofi Bouillon oder eel bat blofi physiologische Kochaalzlosung in die vordere Kammer 
dee Kaniuchenauges inokulierte. 

Nachdem ich mich durch diese iiberzeugenden Vereuche vermchert hatte, dafi die 
untersuehte Sarcine keine pathogenen Eigenschaften besitzt, etellte ich Vereuche auf der 
menschlichen Conjunctiva an. In dem Conjunctivalsack eines schon lange erblindeten 
Auges, das vollstandig reizloe war. inokulierte ich eine Oese von einer 24 Stun den alten 
Agarkultur. Am folgenden Tage beobachtete ich eine geringe Rotung der Bindehaut 
mit eparlichem, schleiraigem Sekrete, die rasch verschwand. Nach diesem negativen 
Erfolge hal>e ich die Untereuchung auf meinem linken Auge wiederholt. Das Resultat 
war eben falls negativ. 

Differentialdiagnose. 

Wenn es auch festgestellt ist, daB manche Kokken, wie z. B. der 
Micrococcus catarrhalis, unter gewissen Bedingungen Tetraden- 
formen bilden, ist doch die von mir beschriebene Sarcine, welche auf 
alien Nahrboden die charakteristischen Pakete bildet, schon durch diese 
Eigenschaft leicht von den oben erwahnten Kokken zu unterscheiden. 
Ich ziehe zum Vergleich mit meiner Sarcine nur die gramnegativen 
Sarcinen heran, weil die in der Literatur beschriebenen, gelbes Pigment 
bildenden Sarcinen (wie z. B. Sarcina lutea, S. sulfurea, S. ci- 
trina) sich nach Gram farben. 

Die von Axenfeld 1 ) und von Marthen 2 ) beschriebenen gram¬ 
negativen Sarcinen kann ich aus den angegebenen Grlinden nicht zum 
Vergleich mit der meinigen heranziehen. 

Was die Sarcine von Nagano 3 ) anbetrifft, so zeigt sie folgende 
Eigenschaften: Sie entwickelt sich auf samtlichen Nahrboden, mit Aus- 
nahme der Milch und Kartoffel. Sie bildet im Ausstrich auf Agar einen 
weichen, grauweiOen Belag und kleinste, graue Kolonieen. Im Gelatine- 
stich langsame Verfliissigung; keine Entwickelung langs dem Stichkanal. 
Blutserum wird ebenfalls langsam verfliissigt. Bouillonkultur bleibt klar 
unter Bildung eines Sediments. Sie ist streng aerob. Auf einigen Nahr- 
b6den bildet sie Spuren von Schwefelwasserstoff: sie ist sehr resistent hohen 
Temperaturen sowie der Austrocknung gegeniiber; gedeiht bei 37°; bei 
24° langsames Wachstum oder ganzliches Fehlen derselben. Tieren 
gegeniiber besitzt sie minimale pathogene Eigenschaften. 

Diese biologischen sowie kulturellen Eigenschaften schliefien eine Ver- 
wechselung mit der von mir beschriebenen Sarcine aus. Die meisten 
von diesen sind ganz verschieden von denen, welche ich in den ent- 
sprechenden Versuchen fur meine Sarcine beobachten konnte; so z. B. 
das streng aerobe Wachstum, das Fehlen der Entwickelung in Milch, 
das Fehlen eines zitronengelben Pigments, die Eigenschaft, Gelatine 
sowie Blutserum zu verflussigen, die Bildung von Schwefelwasserstoff. 
Daher halte ich eine Verwechselung dieser zuletzt beschriebenen Sarcine 
mit der meinigen fur ausgeschlossen. 

Es bleiben nur noch die von Verderame 4 ) und Ruata 5 ) be¬ 
schriebenen Sarcineformen zum Vergleiche iibrig. Ihre wichtigsten Eigen¬ 
schaften sind aus der folgenden Tabelle zu ersehen. 


1) Axenfeld, 1. c. 

2) Marthen, 1. c. 

3) Nagano, 1. c. 

4) Verderame, 1. c. 

5) Ruata, 1. c. 


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122 


Centxalbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Ru at as Sarcine 

Verderames Sarcine 

Cavaras Sarcine 

Aus tracbomatbser Bindehaut iso- 

Aus Conjunctivitis acuta 

Aus normaler Bindehaut 

liert 

isoliert 

isoliert 

In Paketen und Tetraden ange- 

dgl. 

dgl. 

ordnet 

Ohne Beweglichkeit 

11 

11 

Ohne Kapsel sowie Sporen 

11 


Ueppiges Wachstum auf Nahr- 



boden 



Kolonieen von schwefelgelber 

Kolonieen von zitronen- 

Kolonieen von zitronen- 

Farbe 

gelber Farbe 

gelber Farbe 

Die Kolonieen trocknen mit zu- 

dgl. 

dgl. 

nekmendem Alter 

Triibung der Bouillon durch 



Flockenbildung 



Verfliissigt nicht die Gelatine 



Verfliissigt nicht das Serum 

Verflussigt das Serum 

Verfliissigt nicht d. Serum 

Koaguliert die Milch 

Koaguliert nicht die Milch 

Koaguliert die Milch 

Entwickelt sich nicht auf Kar- 

Entwickelt sich iippig auf 

Spiirliches und unbeaten- 

toffel 

Kartoffel 

diges Wachstum auf 
Kartoffel 

Indolreaktion bleibt negativ 

dgl. 

dgl. 

Keine Bildung von Schwefel- 

Geringe Bildung von 

Keine Bildung von 

wasserstoff 

Schwefelwasserstoff 

Schwefelwasserstoff 

Fakultativ anaerob 

dgl. 

dgl. 

Entwickelung bei gewohnlicher 

>> 


Zimmertemperatur 



? 

Dextrose, Lavulose, Mal¬ 
tose, Rohrzucker, Milch- 
zucker, Inulin vergart 

Keine Zuckerarten vergart 

Keine Gasbildung 

dgl. 

dgl. 

Fiir Tiere nicht pathogen 



Das Gleiche fur die menschliche 

? 


Bindehaut 




Wenn auch viele, sogar wichtige Eigenschaften der von mir be- 
schriebenen und der von Verderame isolierten Sarcine geraeinsam sind, 
so glaube ich dennoch, daB wir diese beiden Sarcinearten nicht identi- 
fizieren konnen. So sehen wir, dafi die eine zum Unterschiede von der 
anderen das Loefflersche Blutserum verfliissigt, die Milch nicht*koa- 
guliert, sich iippig auf Kartoffel entwickelt und Schwefehvasserstoff bildet 
Auch die Zuckerverg&rungsprobe nach der v. Lingelsheimschen 
Methode, welche als eine der sichersten zur Differenzierung graranegativer 
Kokken anzusehen ist, begriindet meine Annahme, daB diese beiden 
Sarcinen nicht derselben Art angehoren. 

Im Gegenteil zeigt die von Ruata beschriebene Sarcine, mit Aus- 
nahme einiger nebensachlicher Eigenschaften (z. B. auBerst langsames 
Wachstum auf Gelatine, sowie Nichtgedeihen auf Kartoffel), die gleichen 
morphologischen, kulturellen und pathogenen Charakteristica wie die 
meinige, so daB es sich hier wolil urn ein und denselben Mikroorganismus 
handelt. Es ist schade, daB Ruata seine Sarcine nicht auf zuckerhaltigen 
Nahrhdden nach v. Lingelsheim geziichtet hat, was die Identifizierung 
mit meiner Sarcine erleichtert hatte. 


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Cavara, Eine aus der menschl. Conjunctiva isolierte gramnegative Sarcine. 123 


SchluBfolgerungen. 

1) Der von mir aus der normalen Bindehaut eines Kindes isolierte 
Mikroorganismus ist eine gramnegative Sarcine, welche in alien kulturellen 
Nahrboden ihre morphologischen Eigenschaften, sowie die EntfSrbung 
nach Gram behalt. 

2) Diesen Mikroorganismus habe ich auch im Sekretpraparat des 
anderen Auges des gleichen Individuums, welches an einem AbszeB des 
oberen Augenlides litt, gefunden. Jedoch konnte dieser Befund nicht 
durch angesetzte Kulturen bestatigt werden, weil wahrscheinlich das 
auBerst iippige Wachstum der iibrigen Keime die Entwickelung meiner 
Sarcine nicht gestattete. 

3) Diese Sarcine entwickelt sich fast auf alien Nahrboden gut und 
bildet auf festen Nahrboden zitronengelbe Kolonieen, welche trfibe, homogen 
und kuppelformig erhaben sind. Sie entwickelt sich langsam auf Gelatine, 
welche sie nicht verflussigt; gedeiht schlecht auf Kartoffel, bringt Milch 
zur Gerinnung; bildet weder Gas noch Indol, noch Schwefelwasserstoff. 
Verg&rt keine der Zuckerarten, welche von v. Lingelsheim zur Diffe- 
renzierung der verschiedenen gramnegativen Kokken vorgeschlagen worden 
sind. Ist fakultativ anaerob; gedeiht bei 37° im Brutschrank und bei 
gewohnlicher Zimmertemperatur, ist unbeweglich und besitzt weder eine 
Kapsel noch Sporen. Ffir Laboratoriumstiere ist sie nicht pathogen; 
dasselbe gilt fiir das Kaninchenauge, sowie fur die Bindehaut des 
Menschen. 

4) Die von mir beschriebene Sarcine kann nicht mit der von 
Nagano beobachteten identifiziert werden, weil die letztere auf Agar 
weifigraue Kolonieen bildet, die Gelatine verfliissigt, in Milch nicht gedeiht 
und streng aerob ist. Ebenfalls glaube ich sie nicht mit der von 
Verderame beschriebenen Sarcine identifizieren zu kdnnen, weil letztere 
mehrere Eigenschaften besitzt, welche der meinigen felilen; besonders 
wichtig ist das verschiedene Verhalten zuckerhaltigen Nahrboden gegen- 
uber. Dagegen scheint die von mir beschriebene Sarcine mit der von 
Ruata identisch zu sein. 

5) Die von mir isolierte Sarcine besitzt hochstwahrscheinlich keine 
pathogenen Eigenschaften. Zu diesem Schlusse fflhrte mich erstens der 
Umstand, daB ich sie aus der gesunden Bindehaut (wo der Keim 
extracellular lag) isolieren konnte, und zweitens die zahlreichen, oben 
erw'ahnten Versuche an Tieren sowie an der menschlichen Bindehaut. 
Daher halte ich die Annahme fur berechtigt, daB es sich um einen sapro- 
phytischen Keim der menschlichen Bindehaut handelt. 

Meine Beobachtung, sowie diejenigen der oben erwShnten Autoren 
bestatigen die Annahme, daB die gramnegativen Sarcinen nicht auBerst 
selten die menschliche Bindehaut bewohnen. Weitere systematische 


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124 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Untersuchungen wurden die H&ufigkeit ihrer Anwesenheit in der Schleim- 
haut des Auges feststellen konnen. 

Zum Schlusse spreche ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. 
Bietti, fur seine freundliche Unterstiitzung bei dieser Arbeit meinen 
besten Dank aus. 


Tafelerkl&rn.ng'. 

Fig. I. Sekretpraparat. Gram sche Farbung. Neben den gramnegativen Sarcinen 
erkennt man zahlreiche Xerosebacillen. 

Fig. II. Praparat aus einer 48 Stunden alten Agarkultur der gramnegativen 
Sarcine. 


Nachdruck verboten. 

Sarcinen in der menschlichen Harnblase. 

[Aus dem hygienischen Institut in Kiel 
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Bernh. Fischer).] 

Von Prof. Dr. Reiner Miiller und Dr. Karl Theodor Willich. 

Es scheint, daB Sarcinen im frischen Menschenharn nur sehr selten 
gefunden worden sind. In den Ban ni garten schen Jahresberichten 
finden wir nur zwei Beobachtungen: J. Fin lay son berichtet 1891, daB 
ein Mann 15 Jahre lang Sarcinen mit dem Harn ausschied, ohne daB 
Krankheitserscheinungen vorhanden waren. Die Sarcine wuchs nicht auf 
kiinstlichen Nahrboden. G. S. Middleton fand ebenfalls 1891 Sarcinen 
im Harn eines Paralytikers. Beide Veroffentlichungen gestatten keine 
Artbestimmung der gefundenen Sarcinen. Nicht zu verwechseln sind 
die als Harnstoffzersetzer in der AuBenwelt gefundenen Sarcinen. 

I. Fall. Am 10. Nov. 1910 ubersandte ein 47-jahriger Arzt seinen 
eigenen am Morgen desselben Tages gelassenen Harn dem Kieler bak- 
teriologischen Untersuchungsamte. Beim Harnlassen sei das Gefuhl auf- 
getreten, als gehe ein Fremdkorper ab. Der ubersandte Harn war klar; 
nur enthielt er einen noch vollig zusammenhangenden Schleim- 
klumpen von etwa 2 cm L&nge und V*—1 cm Dicke. Wegen seiner 
GroBe konnte der Schleimklumpen nicht aus der Prostata oder aus den 
Samenblaschen stammen; auch wurden keine Spermatozoen darin ge¬ 
funden; also rauB er wohl aus der Harnblase abgegangen sein. Nahere 
Angaben, ob etwa durch Katheter oder sonstwie das Eindringen der 
Keime zu erklaren sei, hat der Einsender trotz Anfrage nicht gemacht. 

Wahrend in dem klaren Harn selbst weder mikroskopisch noch 
durch Kultur Mikroorganismen gefunden wurden, zeigte der Schleim¬ 
klumpen im gefarbten Ausstriche viele Epithelzellen und Leukocyten 
und eine groBe Zahl von Sarcinen, deren paketformige Anordnung so 
schon ausgebildet war, daB sie zu Unterrichtszwecken verwendet wurden. 
Andere Keime fanden sich in dem Schleimklumpen nicht. 

Die Sarcinen waren unbeweglich, farbten sich nach Gram und 
nahmen auch die liblichen Bakterienfarben, wie Fuchsin und Methylen- 
blau, gut an. Schleitnkapseln konnten nicht mit Sicherheit nachgewiesen 
werden. Die Neissersche Kornchenfarbung zeigte im Innern der 
Kokken keine blauen Korner, wie sie bei Sarcina lute a meist zu 
sehen sind. 


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Centralblatt fiir Bakteriologie Abt. 1. Orig. Bd. 67. Cavara, Oramnegative Sarcine. 



Fig. II. 


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Verlag von Gustav Fischer in Jena. 

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Muller u. YVillich, Sarcinen in der menschlichen Harnblase. 


125 


Auf der Oberflache von N & h r a g a r schalchen war nach 24 Stunden 
bei 36° eine Reinkultur kleiner, farbloser, ziemlich trockener Kolonieen 
gewachsen, die nicht viel groBer waren als Strepto- oder Pneumokokken- 
kolonieen. Bei weiterem Aufenthalt im Briitschrank oder bei Ziinmer- 
warme wurden die Kolonieen nicht wesentlich groBer. Halt man die 
Agaraussaaten von vornherein bei Zimmerwarine, so erreichen die Kolo¬ 
nieen nach ungefahr 1 Woche die gleiche GroBe. In gefarbten Aus- 
strichen von Agar und anderen festen Nahrboden ist die Sarcinen- 
paketform auch gut zu erkennen, jedoch nicht so bildschon wie in dem 
Schleimklumpen. Alle Sarcinen zeigen ja die paketformige Anordnung 
am schonsten in Flussigkeiten. Auffallend ist die Lebenszahigkeit der 
Reinkulturen. Agarschragrohrchen, die durch Paraffinpfropfen gegen 
Austrocknung geschiitzt waren, lieBen sich nach lVg-jahrigem Aufenthalte 
bei 36° sowohl wie bei Zimmerwarme ohne weiteres fortziichten. Selbst 
in monatealten Kulturen waren die Kokken noch gut nach Gram farbbar. 
Sporen wurden nie gefunden. Auf Milchagar (1 Teil Milch und 
2 Teile Nahragar bei 50° gemischt und dann in Schalchen gegossen) 
wachst die Sarcine am besten von alien gepriiften festen Nahrboden; 
der weiBe Nahrboden wird nicht aufgehellt, die Kolonieen erzeugen also 
keine durchsichtigen Hofe. Auch bei Sarcina lutea felilt solche Hof- 
bildung. Auf dem zur Typhusdiagnose benutzten Malachitgrunagar 
w&chst die Sarcine nicht, w&hrend Sarcina lutea dies tut. Auf 
Nahrgelatine w&chst die Sarcine ahnlich, wie auf bei gleicher Warme 
gehaltenem Agar, in trockenen, kleinen, farblosen, zarjen Kolonieen. 
Eine Verflilssigung tritt nicht ein; auch beimpfte Gelatinerohrchen, die 
wochenlang bei 36° gehalten werden, Verlieren nicht ihre Erstarrungs- 
fahigkeit. Auf Kartoffeln ist~ein ‘Wachstum. kaum erkennbar. In 
Nahrbouillon sowie in sterilisiertem Harn w&chst die Sarcine gut; 
die Fliissigkeiten werden nicht triibe, da die Keime sich an der Wandung 
und am Boden absetzen. Indol ist in den Kulturen nicht nachweisbar. 
In Peptonwasser trat kein Wachstum ein. Milch gerinnt nicht 
und wird nicht peptonisiert. Das Wachstum auf Blutagar (1 Teil 
N&hragar, 9 Teile Ziegenblut) ist ein besonders gutes Kennzeichen der 
Sarcine; die Oberflachenkolonieen haben infolge Zersetzung des Hamo- 
globins einen grunlichen Hof, ungefahr so wie bei Pneumokokken. 
Sarcina lutea und Sarcina pulmonum (aus Krais Sammlung) 
erzeugen nicht diese griine Verfarbung. Auf Loefflerschem Serum 
wachst die Sarcine gut in Form von weiBlichen oder schwach gelb- 
lichen Kolonieen ohne Verflussigung des Nahrbodens. Das Garungs- 
vermogen wurde gepruft mit Lackmusagar, dem Vioo Dextrose, Galak- 
tose, Lavulose, Maltose, Laktose oder Arabinose zugesetzt war. Nach 
Beimpfung dieser Nahrboden, im noch fliissigen Zustande im Rohrchen, 
trat uirgendwo Gasbildung auf. Allerdings wachst die Sarcine in der 
Tiefe der Nahrboden nur kiiminerlich wegen des Luftabschlusses. Auf 
der Oberfl&che dieser Zuckernahrbbden erzeugt sie iiberall eine zwar 
recht schwache, aber doch deutliche Rotfar\)ung, dementsprechend auch 
auf dem Drigalski-Conradischen und auf dem Endoschen Agar. 
Sarcina lutea zeigte auf keinem dieser Zuckern&hrboden Gasbildung 
oder Rotung. Alle Tierversuche schlugen fehl, Einspritzungen in 
die Bauchhohle, unter die Haut und in die Blutbahn bei Maus, Meer- 
schweinchen und Kaninchen fiihrten nicht zu krankhaften Veranderungen. 
A ggl utinations versuche waren nicht auszufuhren, da sich die 
Sarcinekulturen nicht gleichmaBig aufschwemmen lieBen. Von der Ein- 


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126 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


fGhrung der Kultur in die tierische Harnblase wurde abgesehen, da ein 
einwandfreies Ergebnis doch nicht zu erwarten war. 

II. Fall. Am 15. April 1912 kam der Harn eines 20-jahrigen 
Schlossers zur Untersuchung. Der mit Katheter steril entnomniene 
Harn war etwas getriibt. Der Einsender hatte bereits mikroskopisch 
festgestellt, daB „Kokken“ vorhanden seien. Eine Aussaat auf Blutagar 
zeigte viele von griinlichen Hofen umgebene Kolonieen, fast in Rein- 
kultur. Allerdings waren nocb einige wenige Kolonieen von Bact. coli 
gewachsen. Die weitere eingehende Priifung ergab, daB die gleiche 
Sarcinenart vorlag, die schon oben beschrieben ist. Der Kranke wurde 
seit Monaten wegen chronischer BlasenentzGndung behandelt; die Kysto- 
skopie hatte ebenfalls chronische BlasenentzGndung festgestellt. Der 
Kranke gab an, daB er schon vor 8 Jahren wegen einer Erkrankung der 
Harnwege („Nierenwassersucht“) s /4 Jahr tang behandelt worden sei. — 
Nachdem der Mann gebessert aus der Behandlung entlassen worden 
war, gelang es uns, am 2. Juli 1912 eine nochmalige Harnprobe zur 
Untersuchung zu erhalten. Es fanden sich die gleichen Sarcinen noch 
in geringer Zahl vor. 


Zusammenfassuug. 

In zwei Fallen wurde in der menschlichen Harnblase die gleiche 
durch die beschriebenen Kulturinerkmale, insbesondere durch ihr Wachs- 
tum auf Blutagar und Agar gekennzeichnete Sarcine gefunden, die wir 
als Sarcina urica bezeichnen. Der Leukocytenbefund im ersten Falle 
und die groBe Menge der Sarcinen gegenGber den wenigen Kolonbakterien 
im zweiten Falle machen es wahrscheinlich, daB diese Sarcinen eine 
Reizwirkung auf die Blasenschleimhaut ausgeGbt haben. 


Nachdruck verboten. 

Further experiments with the Mycobacterium 
enteritidis chronicae pseudotuberculosae bovis 
Johne, and with vaccines prepared from this micro-organism. 

By 

F. W. Twort, M. R. C. S., and G. L. Y. Ingrain, M. R. C. V. S., 

Eng. L. R. C. P., LodcI. Superint. of the late Veterinary Surgeon to the Insti- 

Brown Institution, University of London; tution. 

In 1910 we published a preliminary note on the cultivation of the 
Mycobacterium often known as John e’s Bacillus (1), and in November 
1911 communicated details of these experiments to the Royal Society, 
London; these were published in the early part of this year (2). In 
this paper we gave a description of the disease, and an account of the 
various attempts made by previous workers to cultivate the specific micro¬ 
organism. We also gave details of our own experiments, the formulae 
of the various media on which we had succeeded in growing the micro¬ 
organism, the successful inoculation into bovines, and the preparation 
of vaccines, etc. It may be repeated that the essential constituent of 
our media consisted of the dead bodies of allied acid-fast bacilli; or 


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URBANA-CHAMPAIGN 



Twort and Ingram, Further experiments with the Mycobact. enterit. etc. 127 


various alcoholic, glycerine and other extracts obtained from such bacilli. 
A good medium consists of Egg 75 c. c., 0,85% NaCl 21 c. c., Glycerine 
4 c. c. and dried killed Bacillus Phlei (the Timothy Grass bacillus) 
1 gramme. 

Dr. Holth (3), working in Professor C. 0. Jensens’s laboratory 
in Copenhagen, has published a series of experiments which confirm 
these results. 

In our present paper we propose to deal with a few of the points 
mentioned in our last; these are: 

1) The nature of the essential substance in the allied acid-fast 
bacilli necessary for the growth of Johne’s Bacillus. 

2) The possibility of growing Johne’s Bacillus on the bovine type 
of tubercle bacillus as well as on the human type. 

3) The possibility of acclimatising Johne’s Bacillus to grow 
without the presence of the dead bodies or extracts of allied acid-fast 
bacilli. 

4) Johne’s Bacillus with special reference to the growth on the 
surface of fluid media. 

5) The possibility of communicating the disease to animals other 
than bovines. 

6) Vaccines with special reference to a reliable and specific dia¬ 
gnostic reagent. 

1. The nature of the essential substance in allied acid- 

fast bacilli. 

In our last R. S. paper we noted, that if any of the bacilli used for 
preparing the media were extracted with alcohol in a Soxhlet’s appa¬ 
ratus for three or four hours, the residue was no longer suitable for 
making an efficient medium for growing Johne’s Bacillus; but that 
the necessary substance was contained in the alcoholic extract. We 
noted further, that the extract could be divided into three portions, none 
of which were purified. 

a) A part soluble in hot alcohol but practically insoluble in cold. 

b) A part soluble in hot and cold alcohol and chloroform. 

c) A part soluble in hot and cold alcohol and water but practically 

insoluble in chloroform. 

On media containing any of these parts we obtained growths of 
Johne’s Bacillus. We have recently attempted to purify substances 
contained in these three portions. The portion insoluble in cold alcohol 
has been freed from the remaining portions by repeated dissolving in 
hot alcohol and precipitating by cooling. The comparatively pure white 
wax separated was made up into media in various percentages, the 
basis of the media consisting of egg, glycerine and 0,85 % NaCl as given 
above. These media gave uniformly negative results, proving the posi¬ 
tive results previously obtained to be due, as we presumed, to an ad¬ 
mixture of one or other of the remaining parts. 

The portions (b) and (c) have also been investigated, but so far 
we have been unable to separate the essential substance in a pure state. 
However, we are inclined to think that it forms only quite a small 
part of the extracts (b) and (c), for the following reasons. It is possible 
to grow Bacillus Phlei and allied bacilli in such a way that they 
are quite unsuitable for adding to media for growing Johne’s Bacillus. 
If a quantity of dried Bacillus Phlei be extracted with alcohol as 


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128 Centralbl. f. Bakt. etc. I Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 

above, and the portions of the extract (b) and (c) added to the egg 
medium in the usual percentages, i. e. */ 4 to Vs %, they may prove to 
be unsuitable. That this is not due to any deleterious substance can 
be proved by placing a higher percentage of either of the extracts in 
the medium, when Johne’s Bacillus will grow. It may also be noted 
that the portions of the extract (b) and (c) are either both suitable and 
good, or both unsuitable, and that a good bacillary powder always gives 
a good extract, proving that the unsuitability of any particular extract 
is not due to any error in extracting. We are indebted to Dr. E. Mel- 
lanby for preparing the fatty acids from the alcoholic extract of the 
Bacillus Phlei. The fatty acids freed from other substances gave 
negative results when incorporated in the medium. 

In carrying out these experiments we have tested large quantities 
of material, and have often extracted 50 grammes of dried Bacillus 
Phlei for a single experiment. It is also worthy of note that, if dried 
powders of human and bovine strains of tubercle bacilli are extracted 
with alcohol, the bovine type gives a good yield of extract which is 
also divisible into three portions like the human type, yet only the 
human type of bacillus or its extracts produce suitable media for 
Johne’s Bacillus. The experiments detailed above strongly suggest 
that the essential substance — whatever it may be — is quite specia¬ 
lised, and only present in small quantity even in the two portions of 
the alcoholic extract which are soluble in cold alcohol. 

As to the formation of this substance by such bacilli as the 
Bacillus Phlei, it is quite clear, in view of the variations in quan¬ 
tity noted, that the conditions of growth must play an important part 
in determining its production. It will be necessary to exercise caution 
in setting down -definite conditions suitable for a maximum production, 
as so many factors may come into play; but certainly the medium on 
which the Bacillus Phlei is grown, the time it is grown, and the 
temperature of the incubator are important points; the constitution of 
the medium being probably the most important. Ordinary glycerine 
peptone beef broth proves to be a suitable medium. We have used 
glycerine liver broth considerably, and although, as is well known, most 
acid-fast bacilli grow better on broths prepared from liver than on 
those prepared from muscle, yet Bacillus Phlei grown on liver broth 
does not appear to make such good media for Johne’s bacillus. 

2. The possibility of growing Johne’s Bacillus on the 
bovine type of tubercle bacillus. 

In our last paper we observed that, although the human type of 
tubercle bacillus was suitable for preparing the special medium, the few 
strains of bovine type we had tested proved to be unsuitable, all the 
media prepared with the bovine type giving negative results with 
Johne’s bacillus. We have since tested several more strains of the 
bovine type, and from these experiments we are inclined to think that 
this type may contain a very small quantity of the essential substance, 
if grown under certain conditions. Our results were obtained with a 
tubercle bacillus isolated from a child’s ear, but showing the characters 
of the bovine type. The bacillus was grown on egg medium at 40—42° C, 
and the bacillary powder or its alcoholic extract was added to the egg 
medium in double the usual quantity. Such media gave a slight growth 
when inoculated with Johne’s Bacillus. This observation, although 


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Twort and Ingram, Further experiments with the Mycobact. enterit. etc. 129 


interesting, does not alter our previous contention that the bovine type 
is quite unsuitable for making an efficient medium. It must also be 
remembered that our strains of Johne’s Bacillus have now been 
cultivated outside the animal body for some time, and are becoming 
acclimatised to artificial media, as further observations have proved. 

3. The possibility of acclimatising Johne’s Bacillus to 
grow on media without the presence of the dead bodies 

or extracts of allied acid-fast bacilli. 

This possibility was discussed in our last paper. So far all our 
strains, with one exception, have resisted every attempt in this direction. 
Howewer, one strain that has now been growing outside the animal body 
for 18 months, and which was the first to give a surface growth on 
fluid media containing extracts of Bacillus Phlei, has recently shown 
growth on a flask of ordinary alkaline glycerine peptone liver broth 
containing no extract of allied acid-fast bacilli. The flask was inoculated 
in January 1912 with the surface growth of Johne’s Bacillus from a 
flask of glycerine liver broth containing dead Bacillus Phlei. No 
evidence of multiplication was observed for four months; the bacilli 
then started to grow, at first slowly, aud later more rapidly. Sub-cul¬ 
tures made on to fresh flasks of the same medium have also started 
to grow. The original culture has since been used as a diagnostic 
vaccine, and the results are given at the end of the section on vaccines. 
In this experiment it is possible that a small mutation has taken place, 
and we anticipate that in time sub-cultures will grow even more vigor¬ 
ously,, and that our remaining strains of Johne’s Bacillus will mutate, 
or vary, in the same direction. 

4. Johne’s B’acillus with special reference to the growth 

on the surface of fluid media. 

At the time of publishing our last R. S. paper we had been able to 
get only one of our five strains of Johne’s Bacillus to grow on the 
surface of fluid media; but, as we predicted several more have since 
commenced to form film growth, and we expect that all strains will 
show the same character if cultivated for a sufficient time on artificial 
media. The growth is thick and irregular on the surface, but very slow 
to spread. Recently, Holth has been rather more successful then our¬ 
selves in obtaining surface growth, and in his paper draws attention to 
the characteristic thick knobby but slow growth on such media. He 
used broth made from liver that contained a glycerine extract of the 
tubercle bacillus, and often added a certain quantity of fresh serum, 
which he maintains further improves the medium. We found that it 
did not improve our original egg medium, so we performed no further 
experiments on these lines until a few weeks ago, when we tested dog’s 
ascitic fluid with liver agar containing an extract of Bacillus Phlei. 
The ascitic fluid was added fresh, without heating, just before setting 
the agar; for one batch the fluid was first passed through a Doulton 
porcelain filter. This series of experiments showed the agar to be im¬ 
proved by the addition of the fluid, especially when it was filtered before 
adding to the agar. 


lirstc Abt. Orig. Bd. 67. 


Heft 3. 


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130 


Centralbl. f. Bakt, etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


5. The possibility ofcommunicating the disease to animals 

other than bovines. 

We have performed a considerable number of experiments to test 
the pathogenicity of Johne’s Bacillus on various animals, and have 
published results which shew that Johne’s disease can be given to 
bovines by inoculating pure cultures of the bacillus intravenously and 
by feeding the animals. On the other hand we failed to communicate 
the disease to rabbits, guinea-pigs, rats mice, pigeons and hens. Since 
the publication of these results we have succeeded in giving Johne’s 
disease to bovines by inoculating cultures of the bacillus into the 
peritoneal cavity and by means of a sub-cutaneous inoculation, we have 
also succeeded in giving the disease to a goat by inoculating a pure 
culture into the peritoneal cavity and to another goat by means of an 
intravenous inoculation. The diagnosis and post mortem proof of these 
results are given in the discussion on vaccines. It may be noted here 
however, that S. Stockman (4) has observed a condition occurring 
naturally in a sheep, which is indistinguishable pathologically from 
Johne’s disease; at that time the bacillus had not been grown, so 
that the exact nature of the micro-organism observed in the sheep was 
not determined. Since our results prove that a strain of Johne’s 
Bacillus actually isolated from a cow can give the disease to the goat, 
we consider it probable that it can be transmitted to other horned 
animals, and the condition observed by Stockman in sheep is prob¬ 
ably caused by the same identical micro-organism. We have attempted 
to inoculate two sheep, but cannot yet say with what result. 

6. The production of an efficient and specific diagnostic 

vaccine for Johne’s disease. 

In our last paper we discussed various curative and diagnostic 
vaccines for Johne’s disease, and pointed out that one of our vaccines, 
prepared by growing Johne’s Bacillus on broth containing 1% of 
human tubercle bacilli, gave a marked reaction with an animal suffering 
from Johne’s disease-f tuberculosis and with those animals suffering 
from tubercular disease only. This and other experiments proved to us 
that the medium used was unsuitable for the preparation of a specific 
diagnostic vaccine. From further experiments we were led to recommend 
Bacillus Phlei as the most suitable for the preparation of media and 
we prepared some vaccines on these lines, but the only animal we had 
the opportunity of testing at the time was a Jersey bull, which gave a 
negative reaction, probable due either to the disease being very far ad¬ 
vanced or the dose of vaccine being too small. 

In Hoith’s paper will be found some experiments with a vaccine 
prepared by growing Johne’s Bacillus on a medium containing a gly¬ 
cerine extract of the tubercle bacillus. A series of calves were inoculated 
with cultures of Johne’s Bacillus, and tested some months later with 
tuberculin with negative results. They were then tested with the special 
vaccine and all showed some rise of temperature, while one gave a 
“typical reaction”, the author, however, does not give the rise of tempe¬ 
rature obtained. This result in an animal apparently free from tuber¬ 
culosis is interesting, but as we have already indicated we consider that 
a diagnostic vaccine for Johne’s disease is certain to be more specific 
if Bacillus Phlei be used in place of the tubercle bacillus. It is prob- 


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Twort and Ingram, Further experiments with the Mycobact. enterit. etc. 131 

able, however, that if Johne’s Bacillus can be acclimatised to grow 
sufficiently well on ordinary glycerine broth made from beef or liver, 
then such a vaccine should be even more specific, and it will be seen 
from one result alreadly obtained, which is given at the end of this 
section, that the vaccine so prepared, although weak, nevertheless pro¬ 
duced a definite rise of temperature in the animal. 

From our knowledge of group reactions in general, and from the 
recent work of C. C. Twort (5) on the relation of Johne’s Bacillus 
to other acid-fast bacilli carried out by means of complement deviation 
and agglutination tests, it is improbable that an absolutely specific vaccine 
will be obtained, although, if properly prepared, a vaccine of Johne’s 
Bacillus should be sufficiently specific for practical purposes, and in fact 
as specific as tuberculin is for tuberculosis. 

We have recently tested a fresh batch of vaccine, prepared by growing 
Johne’s Bacillus on ordinary glycerine peptone beef broth containing 
a glycerine-saline extract of Bacillus Phlei (the Timothy grass bacillus). 
This culture was grown for nine months at 39° 0, the whole was well 
shaken to form an emulsion of the bacilli, placed unfiltered into small 
flasks, and heated for one hour at 62° C. The vaccine was first tested 
on three fully grown bovines and on five calves about seven months old, 
and was inoculated intravenously in doses varying, according to the size 
of the animal, from 5 to 10 c.c. 

No. 1, a Jersey bull, No. 2 a Shorthorn cow and No. 3 a Jersey cow, all showed 
clinically the typical manifestations of advanced Johne’s disease which they had con¬ 
tracted naturally. All had been tested on several occasions with diagnostic tuberculin 
with negative results; each animal received 10 c.c. of the special vaccine. No. 1 gave 
a maximum temperature of 105° F which was reached an hour after inoculation. No. 2 
rave a maximum temperature of 100.1 0 F five hours after inoculations, and on the 
following day developed a violent diarrhoea which persisted after the temperature had 
fallen. No. 3 gave a temperature of 104.8° F. This was reached in four hours and 
the temperature was not taken again; the temperature was accompanied by diarrhoea. 
We consider all these reactions positive. 

Bovine No. 2 died three weeks after the inoculation, and on post-mortem examin¬ 
ation showed the typical lesions of Johne's disease. The gut was very congested, 
and some haemorrhages were present. There was no evidence of tuberculosis. 

The five calves were inoculated with living cultures of Johne’s Bacillus about 
six months ago, when each received an emulsion of growth from one tube of egg medium. 
The strain used was that which we had isolated from the intestine of a calf in which 
we had produced the disease by the inoculation of a pure growth of bacilli; this calf 
and culture were described in our last paper. Of the five calves inoculated with this 
culture, Nos. 1 and 2 were injected intravenously, Nos. 3 and 4 intraperitoneally, and 
No. 5 subcutaneously. The animals did not thrive well, but showed no clinical mani¬ 
festations of Johne’s disease. All were tested with the vaccine described above about 
six months after the inoculation with the living cultures; calves 2 and 3 each received 
3 c.c. and calves 1, 4, and 5 each 5 c.c. The following results were obtained; calves 2 
and 3 showed no rise of temperature in six hours, and through an error were not tested 
again until 24 hours after the inoculation when the temperatures were normal. The 
temperature of calf No. 1 rose to 104.6° F in three hours, that of calf No. 4 to 105° F 
in six hours, while calf No. 5 showed no rise in ten hours, but when taken the follow¬ 
ing morning — twenty four hours after the inoculation — the temperature registered 
105.4° F and was dropping. 

A few days after the vaccine tests the five calves were killed, and post mortem 
examinations performed with the following results. 

Calf No. 1, that had reacted to 5 c.c. of vaccine in three hours, shewed the typical 
lesions of Johne’s disease in the intestines and mesenteric glands; the bacilli were most 
numerous in the tissues of the ileo-caecal valve, but were also present beneath the 
mucous membrane of other parts of the gut, and in the glands. The animal showed 
no evidence of tuberculosis. 

Calf No. 2, that had failed to react to 3 c. c. of vaccine within six hours, showed 
slight lesions of Johne’s disease in the intestine, and the mesenteric glands appeared 

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132 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


somewhat larger than normal. Several acid-fast bacilli were found in the mesenteric 
glands and a few beneath the mucous membrane of the ileo-caecal valve. No tuber¬ 
cular lesions were found. 

Calf No. 3, that failed to react to 3 c.c. of vaccine, showed typical tubercular 
bronchial glands, but not evidence of Johne’s disease. 

Calf No. 4, that reacted to 5 c.c. of vaccine, giving a maximum temperature in 
six hours, showed tubercular bronchial glands which were caseous, and in places, cal¬ 
careous. Johne’s disease was present in a moderately advanced stage, the bacilli in 
the intestinal wall, as is usual were most numerous in the region of the ileo-caecal valve. 
The disease in the glands was particularly well marked, due probably to the method 
of inoculation. Films from the glands showed a fair number of Johne's Bacilli. 

Calf No. 5, that had reacted to 5 c.c. of vaccine some time between th 18th and 
20th hours, was small and emaciated. It showed typical tubercular bronchial glands 
and early tuberculosis in the apex of the right lung. There was no definite thickening 
of the mucous membrane of the intestine, and the mesenteric glands were not much 
enlarged. Very few acid-fast bacilli were found beneath the mucous membrane of the 
ileo-caecal valve, and several in one of the mesenteric glands. 

All five calves showed some congestion of the mucous membrane of 
the intestine with occasional haemorrhages, and a few of the glands shewed 
hemorrhages. This condition which was present only in a slight degree 
in Calf 3, was probably caused by the vaccine inoculated. 

Cultures were made from beneath the mucous membrane of the 
intestine and from the glands of all the cases and the bacilli grew on the 
special media in all except case 3. 

From the results detailed above it is clear that the vaccine, prepared 
by growing Johne’s Bacillus on a medium containing extracts of 
Bacillus Phlei, will cause a definite reaction in animals suffering 
from Johne’s disease if the vaccine be given intravenously. In only 
one animal with the disease, Calf No. 2, did we fail to observe a definite 
reaction; this may have been due to the early stage of the disease, but 
as we have pointed out, the temperature unfortunately was not taken 
between the sixth and twenty-fourth hours, and the calf may have reacted 
during that interval. 

We now r tested the vaccine by means of subcutaneous inoculations, 
and as we had no more bovines at our disposal we used goats. In July 
1911 we inoculated two goats, one month old, with a living culture of 
Johne’s Bacillus. The growth from one egg medium tube w f as made 
into an emulsion with 10 c. c. of 0,85 % Sodium Chloride. Goat 
No. 1 was inoculated intravenously with 3 c. c. of the emulsion, and Goat 
No. 2 was given 1 c.c. in the peritoneal cavity. At the time of testing 
the vaccine, which was eleven months after the inoculation of the living 
culture, Goat 1 was thin, but otherwise there were no clinical mani¬ 
festations of the disease, and the temperature of both was normal. Each 
animal received 3 c.c. of the vaccine subcutaneously. The temperature 
of Goat No. 1 rose to 106.4° F in 9 hours, reached 106.6° F, and 
remained above 106° F for over eight hours, and was accompanied by 
some diarrhoea. The temperature of Goat No. 2 rose to 105° F in 9 hours, 
and 105.4° F in 10 hours, but was not accompanied by diarrhoea. 

Both animals were killed and post mortem examinations made. Goat 
No. 1 showed typical Johne’s disease throughout the intestine and in 
the mesenteric glands. The bacilli were present in fair number. Goat 2 
showed the disease in a very early stage, and several bacilli only were 
found. The experiments with these animals show, not only the efficacy 
of the vaccine when inoculated subcutaneously, but also the susceptibility 
of goats to Johne’s disease. 


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Twort and Ingram, Further experiments with the Mycobact. enterit. etc. 133 

As a final experiment we prepared a vaccine from the flask of ordi¬ 
nary glycerine liver broth on which we had obtained some growth of 
Johne’s Bacillus. The growth was well shaken and allowed to sedi¬ 
ment. The fluid was then pipetted off and placed into small flasks; these 
were sealed and heated in a water-bath at 62 0 C for 1 hour. The vaccine 
was tested subcutaneously in 10 c.c. doses on two of the bovines mentioned 
above that had given a definite reaction with the first special vaccine. With 
bovine No. 1, where the interval between the two tests was 25 days, the 
temperature rose from 102.2° F to 104° F in 3 hours. With bovine 
No. 3, where the interval between the two tests was only 16 days, the 
temperature rose 1° F. We consider the reaction obtained with bovine 
No. 1 to be satisfactory, as the vaccine was weak, and we anticipate that 
as soon as the bacillus grow more vigorously on media which do not 
contain any extract of other acid-fast bacilli, then vaccines prepared from 
such growths will be as efficient as the first vaccine tested. 

In conclusion it should be noted that in all the positive results, 
with one exception, obtained with the special vaccines, the rise of tempe¬ 
rature took place within nine hours. 

Most of the expenses of these researches have been paid out of the 
interest of the Dixon fund for which we are indebted to the University 
of London, and we have to thank The Royal Society for the Government 
Grants which enabled us to purchase many of the animals. We are 
also indebted to Mr. De Vine, Mr. Gold, and Mr. Wilkin sen, 
Veterinary Surgeons, for sending us naturally infected animals. 

Note. Since sending in this paper on August 17 th a few of the results obtained 
were communicated by us to the Veterinary Record September 14 th 1912. 

Table. 


Showing the results of the vaccine inoculations etc. 



.2 a 

Special vaccine of 

- o 3 3 

■a gj»fc “ g 

.22 c 

® _ c 

_ S a 
5 « o 


0*3 
a ^ 

Johne’s Bacillus No. 1 

berculc 
in post 
nortem 
iminat 

a®°S 


sc £ 

CS 

given intra- 

given sub- 

*■3 S « g g 
CC 2 J 3 = > ~ 

-a o S-2 

•?isi 


5 5 

venously 

cutaneously 


a ~ a 
H 8 

^ 8.S 

Fully grown bovine 1 
(Jersey bull-clinically, 







Johne’s disease) 

— 

+ 


■ +- 



Fully grown bovine 2 
Short-horn cow-clincally, 







Johne’s disease) 

— 

+ 



— 

+ 

Fully grown bovine 3 
(Jersey cow-clinically, 







Johne’s disease) 

— 

+ 


. 

. 

Calf 1 


+ 



— 

+ 

* 2 





— 

+ 

„ 3 


— 



+ 

— 

„ 4 


+ 



+ 

+ 

„ 5 


+ 



+ 

+ 

Goat 1 



+ 


— 

+ 

„ 2 

• 

• 

+ 



+ 


The fully grown bovines 1 and 2 are still alive. 


1) Given 16 days after the first vaccine. 


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134 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


Conclusions. 

1) Bacillus Phlei, used in preparing media for growing J ohne’s 
Bacillus can be grown in such a manner as to contain very little of 
the substance on which the growth of Johne’s Bacillus depends. This 
“essential substance” forms only a small part of an alcoholic extract of 
Bacillus Phlei. Johne’s Bacillus will not grow on media containing 
the wax separated out from the extract nor on media containing the 
fatty acids. 

2) Johne’s Bacillus may grow slightly on media containing certain 
strains of tubercle bacilli having bovine characters, and it is probable 
that the “essential substance” which is present in the human type of 
tubercle bacillus may also be present to a slight extent in the bovine 
type, although the bovine type never makes an efficient medium. 

3) After growing outside the animal body for over a year one strain 
of Johne’s Bacillus has been acclimatised to grow slowly on glycerine 
liver broth without the presence of the dead bodies or extracts of other 
acid-fast bacilli. 

4) At the time of publication of our second paper only one strain 
of Johne’s Bacillus showed surface growth on fluid media containing 
extracts of other acid-fast bacilli. More recently several of the remaining 
strains have commenced to form film growth on such media. 

5) Johne’s Bacillus can produce the disease in goats as well as 
in bovines and is probable that other horned animals can take the 
infection. 

6) A diagnostic vaccine for Johne’s disease prepared by growing 
the bacillus in a fluid medium containing the dead bodies or extracts of 
the human tubercle bacillus is not specific but, as we pointed out in a 
former paper, will also give a reaction with tubercular animals. If 
Bacillus Phlei is used in place of the tubercle bacillus in preparing 
the medium, Johne’s Bacillus will grow better, and a diagnostic vaccine 
can be obtained which is both efficient and sufficiently specific for practical 
purposes. Moreover Johne’s Bacillus has recently started to grown 
on ordinary glycerine liver broth without the presence of extracts of 
other acid-fast bacilli, and a comparatively weak vaccine prepared from 
the culture has produced a definite rise of temperature in a bovine 
suffering from Johne’s disease. In future it should be possible to 
prepare a sufficiently strong diagnostic vaccine by growing the bacillus 
on glycerine liver broth or on glycerine beef broth as is done in the 
preparation of Koch’s tuberculin. 

In a positive reaction the rise of temperature usually occurs between 
the 3rd and 9th hour and may be accompanied by profuse diarrhoea. 


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Loeb n. Fleisher, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 135 


References. 

1) Twort, F. W., A Method for Isolating and growing the Lepra Bacillus of Man. 
(Roy. Soc. Proc. B. Vol. 83.) 

2) — and Ingram, G. L. Y., A Method for Isolating and Cultivating the Myco¬ 
bacterium enteritidis chronicae pseudotuberculosae bovis, Johne, 
and some Experiments on the Preparation of a Diagnostic Vaccine for Pseudo- 
tuberculous Enteritis of Bovines. (Roy. Soc. Proc. B. Vol. 84.) 

3) Holth, Half dan, Reinziichtung des Bacillus der spezifischen chronischen Darm- 
entziindung des Rindes (Paratuberkelbacillus). (Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. 
Haustiere. Bd. 11. 1912. p. 378.) 

4) Stockman, S., Report of the Chief Veterinary Officer to the Board of Agriculture. 
London 1909. 

5) Twort, C. C., The Agglutination and Complement Fixation Reactions in Animals 
experimentally inoculated with Johne’s Bacillus etc. (Centralbl. f. Bact. Abt. I. 
Orig. Bd. 66. 1912.) 


Nachdruck verbolen. 

Untersuchungen liber die Vererbung der das Tumor- 
wachstum bestimmenden Faktoren. 

[Aus dem Pathologischen Laboratorium des Barnard Free Skin 
and Cancer Hospital, St. Louis.] 

Von Leo Loeb und Moyer S. Fleisher. 

Im folgenden soli fiber Untersuchungen berichtet werden, welche 
die GesetzmaBigkeit in der Vererbung der das Wachstum eines Tumors 
bestimmenden Faktoren betreffen. Wie der eine von uns schon in seinen 
ersten Untersuchungen iiber Tumortrausplantationen darlegte, konnen 
wir ganz allgemein zwischen zwei Klassen von Wachstuinsbedingungen 
unterscheiden, namlich 1) den Bedingungen, die zu der Umformung 
nornialer Zellen in Tumorzellen fiihren, und 2) denjenigen Bedingungen, 
die es einem bereits gebildeten Tumor gestatten, entweder in dem Tiere, 
in dem der Tumor entstand, oder in einem anderen Tiere zu wachsen. 
Transplantationsversuche geben direkt nur iiber die zweite Klasse von 
Bedingungen AufschluB, indirekt konnen sie aber auch iiber die erste 
Klasse von Bedingungen AufschluB geben. In der vorliegenden Unter- 
suchung behandeln wir nur die Vererbung der zweiten Klasse von Be¬ 
dingungen. 

Wir wissen, daC, ganz abgesehen vom Alter verschiedener Tiere 
derselben Species, noch andere Faktoren bestehen, die bewirken, daB 
ein Individuum leicht, ein anderes nur schwierig mit einem bestimmten 
Tumor inokuliert werden kann. Loeb 1 ) stellte in seinen Untersuchungen 
fiber Rattensarkome fest, daB gewisse Ratten drfolgreich inokuliert 
werden konnen, wahrend andere refraktar sind, auch wenn sie wieder- 
holt inokuliert werden. Dasselbe findet sicli bei Mausen. Nun stellte 
aber weiterhin besonders Haaland fest, daB M&use, die an verschie- 
denen Orten aufgezogen wurden, sich oft sehr verschieden verhalten in 
bezug auf die Leichtigkeit, mit der sie mit Tumor inokuliert werden 
konnen. In diesen beiden Fallen handelt es sich um Unterschiede, die 
in die zweite Klasse von Bedingungen fallen. 


1) Further investigations in transplantation of tumors. (Journ. med. Research. 
VoU 8. 1902. p. 60.) 


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136 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Origin ale. Bd. 67. Heft 3. 


Wir konnten nun annehmen, daB die zweite Klasse von Bedingungen, 
die wir durch Transplantation von Tunioren analysieren, immer als 
Komponente in dera Wachstum spontaner Tumoren vorhanden ist; da 
ja eine Zelle, die das physikalisch-chemische Agens des Tumorwachstums 
in sich tragt, dazu noch gewisse Bedingungen notig hat, die es der so 
veranderten Zelle ermoglichen, ihre potentielle Energie in kinetische 
Zellteilungsenergie umzusetzen. Das ist nun sicherlich auch der Fall. 
Wir miissen aber hierbei beriicksichtigen, daB diese Zelle im eigenen 
Korper wiichst unter natiirlichen Bedingungen, wahrend nach der Trans¬ 
plantation die Zelle in fremden Tierkorpern wachst. Und daB diese 
Bedingungen nicht identisch sind, hat ebenfalls Loeb 1 2 ) festgestellt, eine 
Tatsache, die spater von anderen bestatigt wurde. Transplantations- 
versuche geben also auch iiber die Wachsturasbedingungen der fertig- 
gestellten Tumorzelle nur in beschriinktem MaBe AufschluB. Wenn wir 
nun hier Untersuchungen iiber die Vererbung der Predisposition mit- 
teilen, die es den in ein anderes Tier transplantierten Tutnorzellen er- 
moglicht, in diesem Tier zu wachsen, so sind wir uns wohl bewuBt, daB 
wir hierbei Faktoren analysieren, die wahrscheinlich fiir das Wachstum 
eines spontanen Tumors nur in sehr beschranktein MaBe Bedeutung 
haben. 

Die ersten griindlichen Versuche, die die Vererbung derjenigen 
Konstitutionseigentiimlichkeiten betreffen, die das Wachstum eines trans¬ 
plantierten Tumorstiickchens ermoglichen oder verhindern, ruhren von 
E. E. Tyzzer*) her. Er benutzte einen spontanen Tumor einer japa- 
nischen Tanzmaus zu diesen Versuchen. Dieser Tumor konnte nicht in 
weiBe Mause iibertragen werden. er wuchs aber in 100 Proz. der in- 
okulierten japanischen M&use. Tyzzer hybridisierte nun weiBe Mause 
mit japanischen Mausen, und er fand, daB der Tumor in der Fj-Gene¬ 
ration ebensogut oder sogar noch besser wuchs als in den reinen japa¬ 
nischen Mausen, wahrend die F 2 - und F s -Generationen ganz unempfang- 
lich waren, in ahnlicher Weise wie die weiBen M&use. Es mag fibrigens 
bemerkt werden, daB in seinen ersten Versuchen fiber Rattensarkome 
Loeb gefunden hatte, daB das Sarkom in Bastarden zwischen einer 
weiBen und grauen wilden Ratte wuchs. 

Auf Grund seiner Versuche kommt Tyzzer zu dem Schlusse, daB 
die Inokulierbarkeit mit einem Tumor nicht gemaB den Mendel schen 
Vererbungsregeln vererbt wird. 

Sehr interessant sind auch die Ergebnisse von Cu6not und 
Mercier 3 ). Diese Autoren liefern den Nachweis, daB innerhalb der- 
selben Rasse von weiBen Mausen reine Linien oder Biotypen in dem 
Sinne von Johannsen unterschieden werden konnen. In jeder reinen 
Linie ist der Durchschnitt der Inokulierbarkeit eine definitiv festgelegte 
GrbBe. Die GroBe der Abweichungen von diesem fixierten Durchschnitt 
nach beiden Richtungen ist ebenfalls charakteristisch fiir die reine Linie. 
So konnen z. B. nicht empfangliche Tiere, falls sie gepaart werden, eine 
Generation von M&usen erzeugen, die eine groBe Prozentzahl von erfolg- 
reichen Inokulationen aufweisen, wahrend die Abkbmmlinge von Mausen 


1) Further investigations in transplantation of tumors. (Journ. med. Research. 
Vol. 8. 1902.) — On the difference in the results etc. (Journ. med. Research. Vol. 17. 
1907.) 

2) A study of inheritance in mice etc. (Journ. med. Research. Vol. 21. 1909.) 

3) Compt. Rend. Acad. Scienc. T. 150. 1910. p. 1443. — Compt Rend. Soc. bioL 
T. 69. 1910. p. 645. 


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Loeb u. Fleiaher, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. ]37 


die selbst empfSnglich waren, in der Mehrzahl der Falle sich als resistent 
erweisen. Es hangt das Ergebnis davon ab, zu welcher reinen Linie 
diese Mause gehorten. 

In einer in demselben Jakre erfolgten Publikation berichten J. Levin 
und M. J. Sittenfield fiber den folgenden Versuch 1 ): Sie inokulierten 
Ratten mit einem Sarkom und fanden, daB der Tumor in ungefahr 80 Proz. 
der Tiere anging. Unempfangliche Tiere wurden zur Ziichtung benutzt, 
und es ergab sich, daB die Abkommlinge dieser unempfanglichen Ratten 
Dur in 20 Proz. erfolgreich inokuliert werden konnen. Sie schlieBen 
daraus, daB die Resistenz gegen Tumorinokulation dominiert fiber Empfang- 
lichkeit, und daB die Empfanglichkeit resp. Resistenz entsprechend den 
Mendelschen Regeln vererbt wird. 

Es erscheint uns zweifelhaft, ob dieser SchluB gerechtfertigt ist. 
Erstens ist die Zahl der benutzten Tiere zu klein. Zufallige Schwan- 
kungen in der Ausbeute kominen bei Inokulationen immer vor, und 
kleine Abweichungen von der gefundenen Zahl der positiven Impfungen 
wurden die Interpretation weniger sicher erscheinen lassen. Dazu 
kommt, daB diese Autoren annehmen, daB die benutzten Eltertiere nur 
DR.-Tiere enthielten, wahrend in Wirklichkeit das Vorhandensein von 
DD.-Tieren nicht ausgeschlossen werden kann. Ein solches Vorkommnis 
wiirde aber die Zahl 20 Proz. verfindert haben. Drittens berticksichtigen 
sie nicht die oben erwahnten Ergebnisse von Cudnot und Mercier. 
Der Beweis kann also nicht als erbracht angesehen werden, daB bei 
Ratten die Empfanglichkeit fur Tumorinokulation den Mendel schen 
Regeln entsprechend vererbt wird; ebensowenig wie uns die Tyzzer- 
schen Versuche zu beweisen scheinen, daB die Mendelschen Gesetze 
hierbei keine Geltung haben. 

Das Wachstum der Tumoren in amerikanischen und 
europaischen Mfiusen. 

Zu unseren Versuchen benutzten wir ein Mausecarcinom (Tumor IX), 
das in einer amerikanischen Maus spontan entstanden war; wir erhielten 
die Maus direkt von dem Zfichter und benutzen den Tumor seit mehreren 
Jahren fiir unsere Transplantationen. In amerikanischen Mausen wachst 
dieser Tumor im Durchschnitt in ungefahr 80 Proz. aller Tiere. Nun 
importierten wir im Beginn des Jahres 1910 europfiische weiBe Mause; 
einige Monate spfiter importierten wir zum zweitenmal europfiische Mause. 
Wir wollen diese beiden zu verschiedenen Zeiten erhaltenen Mfiuse, die 
anscheinend nicht ganz identisch waren, als I. und II. europfiische Mause 
bezeichnen. 

In diesen europaischen Mfiusen, die iibrigens im Aussehen von den 
amerikanischen Mfiusen nicht unterschieden werden konnten, wuchs der 
amerikanische Tumor in einer viel geringeren Zahl von Tieren, als in 
den amerikanischen Mausen. Die genaueren Zahlen findeu sich auf 
Tabelle I. 

Wahrend des Jahres 1910 wurden nur direkt importierte Mause 
benutzt. In den I. europaischen Mausen wuchsen die Tumoren in 
20 Proz., in den II. europaischen Mausen wuchs der amerikanische 
Tumor fiberhaupt nicht. In dem Jahre 1911 und in der ersten Hfilfte 
von 1912 waren die Verhaltnisse filinlich. Im ganzen wuchs der Tumor 


1) Studies in heredity in cancer of the white rat. (Proceed. New York Pathol. 
Soc. 1910. Oct.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Tabelle I. 

Amerikaniache Mause. 84 Proz. 



I. Europaische Mause 

II. Europaische Mause 

Zahl der 
inokulier- 
ten Mause 

Prozent 
der definitiv 
wachsenden 
Tumoren 

Zahl der 
inokulier- 
ten Mause 

Prozent 
der definitiv 
wachsenden 
Tumoren 

Europ. Mause: I. Generation. 1910 

64 

20 

37 

0 

I. „ 1911-1912 

29 

14 

4 

25 

II. „ 1911 

27 

7 

18 

0 

III. „ 1911 — 1912 

39 

30 

9 

11 

V. „ 1912 

6 

100 

— 

— 

Summe 

| 173 

23 

68 

3 


Europ. + Amerik. 

Mause: 

Bastard e F. 

113 

68 

14 

100 




f 2 

118 

30 

54 

26 

11 71 

11 

11 

F s 

122 

24 

66 

2 

H + » 



f 4 

143 

57 

123 

43 

11 "f" 11 

11 * 

11 

f 6 

44 

59 

43 

51 


in den I. europaischen MSusen in 23 Proz., in den II. europaischen 
Mausen in 3 Proz. Das Wachstum war also bedeutend schlechter in 
den II. europaischen Mausen als in den I. europaischen Mausen. Es 
war femer von Interesse, zu verfolgen, ob die weiteren Generationen 
der europaischen Mause, die in Amerika geziichtet wurden, allrnahlich 
fur die Inokulation mit dem anierikanischen Tumor empfanglich wurden. 
Haaland nahm an, daB der Unterschied in der Empfanglichkeit der 
Mause auf einer direkten VVirkung der Nahrung und des Klimas be- 
ruhe. Ein solcher direkter EinfluB dieser Faktoren besteht nun sicher- 
lich nicht in unseren Versuchen. Die II. Generation im Jahre 1911 war 
nicht empfanglicher fur den Tumor als die ersten direkt importierten 
Tiere im Jahre 1910. Moglicherweise steigt die Empfanglichkeit in 
geringfilgiger Weise in der III. Generation im Jahre 1911/12. Jeden- 
falls ist der Unterschied sehr unbedeutend. Es kann sich also nur um 
einen indirekten, sehr langsam wirkenden EinfluB dieser auBeren Faktoren 
handeln, falls er iiberhaupt besteht. Wir werden hierauf in unseren 
weiteren Untersuchungen achten. 

Anscheinend findet cine plotzliche Aenderung in der Empfanglich¬ 
keit in der V. Generation (1912) statt, wo 6 Mause inokuliert wurden, 
alle mit positivem Ergebnis. Hierbei ist aber zu beriicksichtigen, daB 
es sich hierbei um eine relativ geringe Zahl von Tieren handelt, die alle 
von denselben Eltern stammten; es handelt sich mflglicherweise hierbei 
um einen besonders empfanglichen Biotyp innerhalb der I. europaischen 
Mause. Im ganzen wurden also die Charaktere, die die Empfanglichkeit 
fur Tumorinokulation bedingen, soweit unveraudert Oder nahezu un- 
verandert in den amerikanischen und in den I. und II. europaischen 
Mausen beibehalten. 

Nun ist noch ein weiterer Punkt, der das Wachstum des amerika¬ 
nischen Tumors in den europaischen Mausen betrifft, von Interesse. Die 
oben angegebenen Zahlen betreffen das definitive Wachstum der Tumoren. 
Wahrend der ersten 12 Tage nach der Inokulation wachsen die Tumoren 
in den europaischen Mausen in ebenso groBer Zahl und ebenso schnell 
wie in den amerikanischen Mausen. In beiden gehen sie in ungefahr 


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Loeb u. Fleisher, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 139 


85—95 Proz. der inokulierten Mause an. Wahrend aber dann in den 
amerikanischen Mausen die groBe Mehrzahl der Tumoren fortfahrt zu 
wachsen, wird nach dem 12. Tage in den europaischen Mausen die groBe 
Mehrzahl der Tumoren erst stationar und dieselben bilden sich dann 
weiterhin zuruck. Diejenigen Tumoren, die dauernd in den europaischen 
Mausen wachsen, wachsen wahrend der ersten 2 Wochen ungefiihr ebenso 
rasch wie die Tumoren in den amerikanischen Mausen, nach Ablauf der 
2. Woche wird aber dann das Wachstum in den europaischen Mausen 
langsamer. Dies gilt besonders von der I. und II. Generation von 
europaischen Mausen, wahrend in der III. und V. Generation das Wachs¬ 
tum auch nach Ablauf der 2. Woche nur wenig schwacher ist als in den 
amerikanischen Mausen (dies gilt fiir die III. Generation) oder dem 
Wachstum in den amerikanischen Mausen gleichkommt (in der V. Gene¬ 
ration). 

Das Wachstum der Tumoren in Bastarden zwischen 
amerikanischen und europaischen Mausen. 

Amerikanische Mause wurden nun mit I. europaischen Mausen so- 
wie auch mit II. europaischen Mausen gepaart und wir erhielten zwei 
F,-Generationen der amerikanischen Mause mit den beiden europaischen 
MSusearten. Durch weitere Ziichtung von Mannchen und Weibcheu der 
F r Generation untereinander erhielten wir zwei F 2 -Generationen. In 
dieser Weise erhielten wir je 2 Paare von fiinf aufeinanderfolgenden 
Bastardgenerationen. Diese priiften wir sodann auf ihre Empfanglich- 
keit dem amerikanischen Tumor gegenliber. In fast alien diesen Ver- 
suchen stand uns eine betrachtliche Zahl von Tieren zur Verfiigung, so 
daB wir zufallige Resultate ausschlieBen konnen. Das Ergebnis unserer 
Versuche war nun recht interessant. In den beiden F x -Generationen 
wuchs der Tumor nur um ein wenig schlechter als in den amerikani¬ 
schen Mausen. 

In der F 2 -Generation findet sodann ein scharfer Fall statt; von der 
F s - zur F a -Generation findet ein weiteres Absinken statt. In der F*- 
Generation findet sich aber dann ein fast ebenso plotzliches Steigen, 
das in der V. Generation moglicherweise noch fortgesetzt wird; zum 
mindesten erhalt sich in der V. Generation das Niveau, das in der F 4 - 
Generation erreicht wurde. Von Interesse ist weiterhin die Tatsache, 
daB in den mit den I. und II. europaischen Mausen hergestellten Bastarden 
die Kurve ganz dieselbe ist. Dies ist ein weiterer Beweis dafiir, daB wir 
es hier mit ganz gesetzniaBigen Ergebnissen zu tun haben. Ferner ist 
von Interesse die Tatsache, daB ebenso wie die II. europaischen Mause 
weniger empfanglich fur die Inokulation mit dem amerikanischen Tumor 
waren, als die I. europaischen Mause, so auch die mit den II. europai¬ 
schen Mausen hergestellten Bastarde etwas weniger empfanglich waren 
als die mit den I. europaischen Mausen hergestellten Bastarde. Die 
Ausnahme in F s , wo die mit den II. europaischen Mausen hergestellten 
Bastarde in 100 Proz. erfolgreich inokuliert werden konnten, beruht wohl 
auf einem Zufall, da in diesem Falle die benutzte Zahl von Mausen (14) 
relativ gering war. Die relative Suszeptibilitat der I. und II. europaischen 
Mause bleibt also in den Bastarden erhalten. In Tabelle I finden sich 
die genaueren Zahlenangaben. 

Vergleichen wir unsere Ergebnisse mit denen von Tyzzer. In 
beiden Versuchsreihen ist die F,-Generation empfanglich flir die Tumor- 
inokulation. In unseren Versuchen wuchs jedoch der Tumor in der F,- 


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140 Centrnlbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 07. Heft 3. 

Generation nicht ganz so gut wie in den anierikanischeu Miiusen, wah- 
rend in Tyzzers Versuchen der Tumor der japanischen Maus in 
zum mindesten ebenso gut wuchs wie in den reinen jai)anischen Mausen. 
In Tyzzers sowohl wie in uuseren Versuchen findet dann ein schroffer 
Fall in F, statt; wahrend aber in Tyzzers Versuchen in F 2 bereits die 
untere Greuze der Inokulierbarkeit erreicht wurde, ist in unseren Ver¬ 
suchen die Suszeptibilitat in F« noch etwas groBer als in den europai- 
schen Mausen. wahrend sie dann in F, ihr Minimum erreichte, das un- 
gefahr der Inokulierbarkeit der europaischen Mause entspricht, ahnlich 
wie in Tyzzers Versuchen die untere Grenze der Inokulierbarkeit der 
F 2 - und F 3 -Generation der der amerikanischen weiBen Miiuse entspricht. 
In beideu Fallen ist die untere Grenze der Inokulierbarkeit der Bastard- 
generationen ungefahr gleich der der Inokulierbarkeit der unompfang- 
lichen Elternart. 

Wir konnen nun hieraus den SchluB ziehen, daB diese Eigenttim- 
lichkeit in der Vererbung der Suszeptibilitat fur Tumorwachstum, zu- 
nfichst nicht von der Eigenart der benutzten Miiusearten, oder von Eigeu- 
tiimlichkeiten des verwendeten Tumors, sondern von der Beschaffenheit 
der Bedingungen im allgemeinen abhangt, die das Wachstum der Tu- 
moren ermoglichen. 

Es bleibt noch weiterhin zu untersuchen, wie weit diese Unabhangig- 
keit der allgemeinen Wachstumsbedingungen von der Natur der Tumoren 
geht, ob sie sich auch auf Ratten- und Hundetumoren erstreckt. 

Soweit laufen Tyzzers und unsere Untersuchungen parallel. 
Weiterhin stellten wir aber weitere Versuche an, fiir die noch kein Ver- 
gleichsobjekt in friiheren Versuchen anderer Autoren gegeben ist. Dies 
betrifft unsere Priifung der IV. und V. Bastardgeneration. Hier finden 
wir wieder ein plbtzliches Ansteigen der Suszeptibilitat. Es ware von 
Interesse, festzustellen, ob auch in den von Tyzzer benutzten Versuchs- 
objekten eine solche Erholung stattgefunden hatte. 

Weiterhin machten wir dann Kreuzungen zwischen den amerikauisch- 
europiiischen Bastarden und europaischen oder amerikanischen Mausen. 

Falls Bastarde der F 2 -Generation (Abkommlinge der amerikanischen 
und I. europfiischen Miiuse) mit II. europaischen Mausen, in denen der 
Tumor in 3 Proz. der Tiere wiichst, gepaart werden, so erhalten wir 
s / 4 europaische Mause, in denen der Tumor in 14 Proz. der Tiere wiichst. 

Die so gebildete Bastardgeneration entspricht der F 3 -Generation der 
einfachen Bastarde zwischen amerikanischen und I. europaischen Mausen; 
der F 8 -Generation der einfachen Bastarde wuchs der Tumor in 24 Proz. 
der Tiere. 14 Proz., die Wachstumszitfer der Tumoren in den zusammen- 
gesetzten Bastarden zwischen II. europaischen und einfachen Bastarden 
steht in der Mitte zwischen der Suszeptibilitatsziffer der einfachen Bastarde 
F„ (24 Proz.) und der europaischen Mause (3 Proz.). 

Falls die einfachen Bastarde Fj mit amerikauischen statt mit euro- 
piiischen Mausen gepaart werden, stehen die so entstehenden, kompli- 
zierten Bastarde, wieder in der Mitte zwischen amerikanischen Mausen 
(80 Proz. Suszeptibilitatsziffer) und den einfachen Bastarden der Fa- 
Generation (30 Proz. Suszeptibilitatsziffer). Hierbei beriicksichtigen wir, 
daB die neugebildeten komplizierten Bastarde der F s -Generation der ein¬ 
fachen Bastarde entsprechen. Diese Ergebnisse wiiren dann leicht unter 
der Annahme zu erklaren, daB der starke Fall, der bei dem Uebergang 
von der F,- zu der F 2 -Generation der einfachen Bastarde stattfindet, 
auch eintritt, falls die einfachen Bastarde F, statt mit anderen einfachen 


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Loeb u. F1 ei8her, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 141 


Bastarden F,, mit amerikanischen Mausen gepaart werden. Wir erhalten 
so eine Bastardgeneration, die 8 / 4 amerikanisch ist, in der der Tumor 
aber schlechter wachst, als in der F,-Generation der einfachen Bastarde, 
die nur zur H&lfte amerikanisch sind. Dieses anscheinend paradoxe Re- 
sultat laBt sich nur durch die Annahme erklaren, daB die Faktoren, die 
die Suszeptibilitat herabdriicken bei dem Uebergang von F t zu F 2 der 
einfachen Bastarde, auch bei der Bildung der komplizierten Bastarde 
wirksam sind. 

Falls nun die komplizierten Bastarde (Abkommlinge der einfachen 
F,-Bastarde und amerikanischen Mause) unter sich weitergezuchtet wer¬ 
den, so erhalten wir sukzessive eine F 2 , F s - und F 4 -Generation der 
komplizierten Bastarde. Hierbei entspricht wiederum die F 2 -Generation 
der komplizierten Bastarde der F 3 -Generation der einfachen Bastarde 
(zwischen amerikanischen und europaischen Mausen) und die Fa-Gene¬ 
ration der komplizierten Bastarde der F 4 - Generation der einfachen 
Bastarde. Wahrend in der F 4 - und F ft -Generation der einfachen Bastarde 
die Suszeptibilitatszahl plotzlich stark ansteigt, ist in den entsprechen- 
den Generationen der komplizierten Bastarde ein solches Ansteigen nicht 
wahrnehmbar. Die Suszeptibilitatszahlen bleiben in den verschiedenen 
Generationen ungefahr konstant: sie schwanken in engen Grenzen zwischen 
40 und 50 Proz. 

Ein ahnliches Ergebnis erhalten wir, falls wir statt der einfachen 
Fj-Bastardgeneration, F 2 -Bastarde zwischen amerikanischen und euro¬ 
paischen Mausen mit amerikanischen Mausen paaren; auch dann erhalten 
wir in den resultierenden F,- und F 2 -Generationen dieser komplizier- 
teren Bastarde Suszeptibilitatszahlen, die nahe 50 Proz. stehen. Im 
ganzen stimmen die Resultate der verschiedenen Versuche gut mit- 
einander iiberein. Eine Variation in den Resultaten findet sich in Ver- 
suchen, in denen wir Bastarde F lt die von anderen Eltern abstammten, 
wie die in der Mehrzahl der Versuche benutzten, mit amerikanischen 
Mausen kreuzten. So erhielten wir komplizierte Bastarde Fj und F 2 , als 
Abkommlinge von einfachen Bastarden Fj® und amerikanischen Mausen. 
Die Suszeptibilitatsziflfern dieser komplizierten Bastarde fiigen sich nicht 
gut den anderen ein (siehe Tabelle II, Zeile 5 und 6). 

Weitere Untersuchungen miissen iiber die Ursache dieser Differenz 
AufschluB geben. 

Es war nun noch wichtig, zu priifen, ob die Suszeptibilitatsziffern 
sich im Laufe der Zeit Sndern. Wir sahen, daB moglicherweise die Sus¬ 
zeptibilitat der importierten Mause im Laufe der Zeit etwas anstieg. Eine 
Veranderung der Suszeptibilitfitsziffer der verschiedenen Bastarde als 
Funktion der Zeit konnten wir bisher nicht feststellen. In den Versuchs- 
protokollen sind die Versuche zeitlich in 3-monatlichen Perioden zu- 
sammengeordnet. Ein merklicher Unterschied in den verschiedenen 
Perioden findet sich soweit noch nicht. 

Wir miissen nun noch die Frage diskutieren, wieweit die Resultate, 
die wir erhielten, auf Grund der Mendelschen Vererbungsregeln er- 
klart werden konnen. Es kann kein Zweifel dariiber bestehen, daB die 
Suszeptibilitat fiir das Wachstum der Tumoren nicht durch eine einzige 
Erbeinheit reprasentiert wird. Die Bastarde der F lt F 2 und folgenden 
Generationen zeigen nicht das einfache Verhaltnis, das erwartet werden 
sollte, falls die Suszeptibilitat einem einzigen dominierenden oder re- 
zessiven Faktor entsprache. Wir kbnnen also aus unseren Versuchen 
den SchluB ziehen, daB, falls Mendelsche Vererbungsregeln hier gelten, 


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Summe 

Bastard F, (I. Europ. Mails) + II. Europ. Maus 


142 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 



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Loeb u. Fleisher, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 143 


Versuchsprotokolle. 

Erste Periode. 
Januar, Februar, Marz 1911. 




Anzahl 
derMause, 
in denen 
der inoku- 
lierte 
Tumor 
wuchs 

Anzahl der 
Mause, in 
denen der 
inokulierte 
Tumor nicht 
wuchs 

Wachstum 

der 

Tumoren 
inKontroll- 
m ini sen 

Proz. 

I. 

Europaische Mause; I. Generation 

18. Febr.1911 

2 

7 

70 

I. 


99 99 

19. „ 

0 

4 

75 

I. 

n 

„ II. 

19. Jan. 

0 

9 

80 

I. 


„ 11. 

20. Febr. 

1 

2 

75 

I. 

>9 

„ II. 

21 . „ 

1 

5 

85 

I. 

99 

„ Bastard F, 

19. Jan. 

2 

4 

80 

I. 

99 

99 99 99 

19. „ 

6 

4 

80 

I. 

99 

99 99 99 

20. Febr. 

8 

2 

75 

I. 

99 

99 99 99 

21 . „ 

4 

2 

85 

I. 

99 

99 99 99 

17. Marz 

1 

1 

66 

I. 

99 

99 99 99 

17. „ 

7 

4 

66 

I. 

99 

99 99 1^2 

17. „ 

5 

8 

66 


Zusammenfassung. 

I. Europaische Mause; I. Generation 16 Proz. 

X. ,, II« yy 11 I) 

I. „ „ Bastard F, 62 „ 

I- t, yy yy F, 39 „ 


Zweite Periode. 
April, Mai, Juni 1911. 




Anzahl 
derMause, 
in denen 
der inoku¬ 
lierte 
Tumor 
wuchs 

Anzahl der 
Mause, in 
denen der 
inokulierte 
Tumor nicht 
wuchs 

Wachstum 

der 

Tumoren 

inKontroll- 

mausen 

Proz. 

I. 

Europaische Mause; 

I. Generation 

21. April 1911 

2 

7 

100 

I. 



I. 

19. Juni 

0 

2 

86 

I. 



II. 

19. „ 

0 

7 

86 

I. 



III. 

17. April 

2 

11 

84 

I. 



III. 

19. Juni 

7 

9 

86 

I. 


99 

Bastard F, 

21. April 

5 

2 

100 

I. 




9. Mai 

2 

0 

70 

I. 



99 99 

IB. „ 

3 

1 

84 

I. 




24. „ 

5 

1 

100 

I. 




13. Juni 

5 

6 

89 

I. 




19. „ 

8 

3 

86 

1 . 



,, F, 

2. Mai 

0 

1 

92 

1 . 

99 


99 99 

9. „ 

1 

11 

70 

I. 




IB. „ 

2 

4 

84 

I. 




24. „ 

5 

13 

100 

I. 




19. Juni 

1 

4 

86 

1. 

99 

99 

„ f 8 

17. April 

0 

4 

84 

I. 




18. Mai 

1 

3 

84 

I. 




24. „ 

4 

3 

100 

1 . 




19. Juni 

7 

6 

86 

[Bastard F t 

(A) Amerik. Maus] F, 

18. Mai 

0 

6 

84 


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URBANA-CHAMPAIGN 



















144 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Zusammenfassung. 
I. Europaische Mause; I. Generation 

I* II II 11* II 

I- „ „ HI- 

I. „ „ Bastard F, 

!• » » n F s 

[Bastard F, ( A ) + Amerik. Maus] F, 


18 Proz. 
0 „ 
30 „ 

69 „ 

22 „ 
42 „ 

0 „ 


Dritte Periode. 


Juli, August, September 1911. 









Anzabl 
derMiiuse, 
in denen 
der inoku- 
lierte 
Tumor 
wuchs 

Anzahl der 
Mause, in 
denen der 
inokulierte 
Tumor nicht 
wuchs 

Wachstum 

der 

Tumoren 

inKontroll- 

mausen 

Proz. 

I. 

Europaische Mause 

; III. Generation 

20 . 

Juli 1911 

3 

4 

80 

I. 



III. 


17. 

Aug. 

0 

3 

88 

I. 



Bastarde 

F t 

13. 

Juli 

8 

4 

68 

I. 




11 

20 . 


9 

2 

80 

I. 

I. 

it 

tt 

tt 

yt 

F* 

11 . 

13. 

Aug. 

JuG 

3 

2 

1 

11 

92 

68 

I. 

tt 

tt 

tt 

» 

20 . 

it 

5 

13 

80 

I. 

tt 

tt 

11 

M 

4. 

Aug. 

4 

6 

79 

I. 

tt 

a 

tt 

tt 

11 . 

tt 

3 

3 

92 

I. 


tt 



25. 

tt 

1 

5 

78 

1 . 





20 . 

Sept. 

4 

4 

76 

I. 




F„ 

13. 

Juli 

1 

6 

68 

I. 





20 . 

»> 

4 

7 

80 

I. 

it 

tt 

It 


4. 

Aug. 

5 

2 

79 

I. 

tf 

tt 

tt 


11 . 

>> 

0 

6 

92 

I. 





25. 

11 

4 

5 

78 

I. 

ff 

tt 

tt 

It 

5. 

Sept. 

2 

6 

66 

I. 

ff 

tt 

It 

It 

5. 

tt 

1 

7 

66 

I. 





26. 

tt 

0 

8 

100 

1 . 




F< 

13. 

Juli 

4 

0 

68 

I. 

tt 

» tt 

it 

tt 

27. 

tt 

5 

3 

70 

I. 

tt 

tt 

it 

tt 

5. 

Sept. 

2 

4 

66 

1 . 





26. 

tt 

10 

2 

100 

I. 


tt 



30. 

tt 

10 

6 

76 

II. 



I. Generation 

29. 

Juli 

1 

3 

80 

11 . 

tt 

tt 

III. 


5. 

Sept. 

1 

6 

66 

II. 

tt 


Bastarde 

F t 

11 . 

Aug. 

4 

0 

92 

II. 




F, 

20 . 

Juu 

5 

7 

80 

II. 

it 

tt 

tt 


4. 

Aug. 

2 

6 

79 

11 . 

tt 




11 . 

tt 

2 

5 

92 

II. 

yy 


»y 


25. 


1 

3 

78 

II. 

tt 

tt 

tt 


20 . 

Sept. 

1 

17 

76 

II. 

tt 

tt 

11 


26. 


3 

2 

100 

11 . 

yy 

it 

tt 

F„ 

4. 

Aug. 

1 

15 

79 

II. 

tt 

tt 



11 . 


0 

10 

92 

II. 

tt 




25. 


1 

9 

78 

II. 

tt 

it 


F< 

25. 


1 

1 

78 

II. 

it 

it 

tt 


20 . 

Sept. 

4 

6 

76 

II. 

yy 

tt 

it 

f 6 

5. 


3 

1 

66 

It. 

. tt 




20 . 


2 

3 

100 

[Bastard F. 

(A) + Amerik. Maus] F. 

20 . 

Juli 

6 

5 

80 


tt tt 

a 4- 

it it 

It 

17. 

Aug. 

7 

8 

67 


tt tt 

tt + 

tt it 


20 . 

Sept. 

3 

5 

76 

Bastard F, (L Europ. Maus) + II. 

Europ. Maus 

11 . 

Aug. 

1 

6 

92 


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URBANA-CHAMPAIGN 


















Loeb u. Fleisher, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 145 


Zusammenfassung. 

I. Europaische Mause; III. Generation 
I. „ „ Bastarde Fi 

I F 

I F 

< p 

A * »> 99 99 x 4 

II. „ „ I. Generation 

II. „ „ HI- 

II. „ „ Bastarde F, 

II F 

1A * 99 >1 » 1 J 

>» H » ^8 

II F 

II. f y 

[Bastard F! ( A ) + Amerik. Mausl V, 

[Bastard F, (I. Europ. Maus) + II. Europ. Mausl 

Vierte Periode. 

Oktober, November, Dezember 1911. 


30 Proz. 
6t» „ 



I. Europaische 


Mause; II. Generation 
„ Bastard F, 


II. Europaische 
II. 

It " 

II. ” 

II. ” 

II. ” 

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II. ” 

II 

IL ” 

II. ” 

II. 

II. ” 

[Bastard F, (A) 


Mause; II. Generation 

»> II* a 

,, II. 

„ II. 

HI- 

„ Bastard F, 


6 . Nov. 1911 

0 

2 

75 

23. Okt 

2 

0 

67 

16. „ 

2 

2 

85 

23. „ 

3 

4 

67 

27. „ 

0 

6 

78 

30. „ 

0 

3 

78 

9. „ 

8 

8 

77 

30. ,, 

6 

1 

78 

6 . Nov. 

3 

2 

75 

21. Dez. 

8 

6 

72 

17. Nov. 

5 

1 

85 

26. Dez. 

8 

6 

75 

30. Okt 

0 

9 

78 

6 . Nov. 

0 

2 

75 

13. „ 

0 

6 

80 

27. „ 

0 

1 

70 

30. Okt. 

0 

2 

78 


+ Amerik. Maus] F, 

■■■ >i »> >» 

+ ,, F. 


ii ii 

„ ( B ) 


»» 99 »t 

[Bastard F, (II. 

n F, (II. 

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Europ. Maus) + Amerik. Maus] 

ii ii ) d” n ii 

„ „ ) + II. Europ. „ 

ii ii ) d“ II* ii ii 


Er*te Abt. Orig. Bd. 67. 

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Heft 3. 


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URBANA-CHAMPAIGN 
























146 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3, 


ZuBammenfasaung. 
I. Europaische Mause; II. Generation 


Bastard F„ 


I. 

!• II >» It Fj 

T F 

11 11 91 x 4 

T F 

II. Europaische Mause; II. Generation 


III. 


Bastard F, 


II. 

II. 

II. 

II. , „ F~ 

[Bastard F, ( A ) + Amerik. Maus] 


[Bastard F, 
F 

91 x 2 

F 

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+ 

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( B ) + ,t n F, 

(II. Europ. Maus) + Amerik. MausJ F, 
(II • 11 11 ) + 11 11 11 

( 11 11 ) + 11 11 11 


11 

11 

11 


0 Proz. 
100 „ 

25 „ 

58 „ 

65 „ 

0 „ 

0 „ 
100 „ 

3 „ 

44 „ 

S2 „ 
56 „ 

55 „ 

22 „ 

64 „ 

80 „ 

12 „ 


Funfte Generation. 
Januar, Februar, Marz 1912. 








Anzabl der Mause, 
in denen der in- 
okulierte Tumor 
wuchs 

Anzahl der Mause, 
in denen der in- 
okulierte Tumor 
nicht wuchs 

4a | 
111 
ll S 

Proz. 

I. Europaische Mause; I. Generation 

19. 

Febr. 1912 

0 

5 

66 

I. 



V. 


23. 

Marz 

6 

0 

81 

I. 


11 

? 


4. 

Jan. 

0 

8 

89 

I. 

11 

11 

Bastard F. 

12. 


8 

7 

78 

I. 

11 

11 

11 

11 

23. 

T» 

9 

3 

79 

1. 





4. 

Marz 

2 

12 

80 

I. 

11 

11 

11 

11 

18. 


6 

8 

70 

I. 

11 

11 


F s 

4. 

Jan. 

8 

1 

89 

I. 





19. Febr. 

5 

10 

66 

II. Europaische Mause; Bastard F. 

12. 

11 

11 

7 

77 

II. 

11 

11 


»• 

19. 


4 

11 

66 

II. 

11 

11 

11 

11 

4. 

Marz 

6 

8 

80 

II. 

11 




11. 


9 

15 

80 

11. 


11 



23. 


2 

4 

81 

II. 




f 5 

23. 

Jan. 

2 

5 

79 

II. 

11 




11. 

Marz 

7 

5 

80 

II. 

11 




23. 


8 

7 

81 

[Bastard F 4 ( A ) + Amerik. Maus] F„ 

7. 

Febr. 

4 

4 

83 

H 

11 11 

+ 

11 

)> 11 

19. 

11 

2 

9 

66 

11 

11 11 

+ 

11 

F 

11 A 8 

12. 

Jan. 

0 

9 

78 

11 

11 19 

+ 

If 

11 11 

23. 

11 

3 

1 

79 

11 

11 11 

+ 

11 

11 11 

7. 

Febr. 

7 

3 

85 

11 

11 11 

+ 

11 

11 11 

11. 

Marz 

2 

8 

80 

11 

11 11 

+ 

11 

11 ii 

21. 


5 

3 

78 

11 

11 J 1 

+ 

11 

„ f 4 

21. 


4 

6 

78 

11 

„ ( 6 ) 

+ 

11 

„ F, 

23. 

Jan. 

2 

3 

79 

11 

11 11 

+ 

11 

» F, 

23. 

ii 

6 

4 

79 

11 

11 11 

+ 

ii 

11 11 

4. 

Marz 

9 

0 

80 

11 

ii n 

+ 

11 

11 11 

11. 


9 

5 

80 

11 

F, .. 

+ 

11 

„ Ft 

23. Jan. 

5 

7 

79 

11 

11 11 

+ 

11 

11 11 

21. 

Marz 

5 

4 

78 

11 

11 11 

+ 

11 

„ F, 

21. 

19 

5 

4 

78 


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Loeb u. Fleisher, Vererbung der das Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 147 


Zusammenfassung. 

I. Europaische Mause; I. Generation 
T V 

I ? 

1. „ „ Bastard F 4 

!• » ii n F 5 

II. Europaische Mause; „ F 4 

II. , , F 

[Bastard F t ( A ) + Amerik. Maus] F 2 

F„ 


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F, 


+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


F< 

Ft 

F, 

F, 


0 Proz. 

100 „ 

0 „ 

44 „ 

55 „ 

42 „ 

50 „ 

29 „ 

42 „ 

40 „ 

40 „ 

72 „ 

47 „ 

55 „ 


die Susceptibilitat fiir das Tumorwachstum, einen Komplex aus mehreren 
Faktoren darstellt, soweit die Erblichkeit in Betracht kommt. Vermut- 
lich bestehen noch weitere Komplikationen, wie diese ja als Koppelung 
von Faktoren, und in anderer Form bekannt sind. 

DaB hierbei durch Vervielfachung der Faktoren und Koppelung 
ganz unregelm&Bige Reihen zustande kommen konnen, zeigt insbesondere 
Versuche von Nilsson-Ehle in seinen Kreuzungsuntersuchungen an 
Hafer und Weizen 1 ). 

Weiter konnen wir in unserer Analyse der Vererbungsformeln zur- 
zeit nicht gehen. Hoffentlich werden uns fortgesetzte Untersuchungen 
einen tieferen Einblick in den Vererbungsmechanismus geben. 

Zusammenfassung. 

1) Wird eine fiir das Wachstum eines bestimmten Tumors empf&ng- 
liche Rasse von M&usen mit einer wenig empfanglichen Rasse gekreuzt, 
so entsteht eine F.-Generatiou, die fur das Wachstum des Tumors sehr 
empfanglich ist, eine F 2 - und eine F s -Generation, die beide sehr wenig 
empfanglich sind. Bei F s wird das Minimum der Empfanglichkeit er- 
reicht. Diese Regeln scheinen unabhangig von der verwandten Mause- 
rasse und der Art des inokulierten Tumors zu sein und nur von den 
Bedingungen abzuhangen, die den Charakter der Suszeptibilitat fiir das 
Tumorwachstum im allgemeinen bestimmen. 

2) In den F 4 - und F 6 -Generationen findet wieder ein Ansteigen der 
Suszeptibilitat statt, ohne daB jedoch diejenige Ziffer erreicht wird, die 
die amerikanischen Mause charakterisiert. 

3) Kreuzen wir die Bastarde mit einer der beiden Elternrassen, so 
erhalten wir neue, komplizierte Bastarde, deren Empfanglichkeit fiir das 
Tumorwachstum ungefahr in der Mitte steht zwischen der Empfanglich¬ 
keit der Eltern, namlich der einfachen Bastarde und der amerikanischen 
oder europaischen Mause. Bei dieser neuen Bastardbildung scheinen 
wiederum in den aufeinanderfolgenden Generationen die Faktoren tatig 


1) Baur, Einfubrung in die experi men telle Vererbungslehre. Berlin 1911. p. 107. 
— Herrn Prof. Raymond Pearl verdanken wir den ersten Hinweis auf die Unter- 
euchungen Nileson-Ehles. 


10 * 


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148 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


zu sein, die im Falle der einfachen Bastarde ein Sinken in der Sus- 
zeptibilitat bei dem Uebergang von der F t - zu der F 2 -Generation bewirken. 

4) Falls die Vererbung der Suszeptibilitat fflr Tumorwachstum den 
Mendelschen Vererbungsregeln folgt, mlissen wir annebmen, daB die 
Suszeptibilitat fiir das Wachstum inokulierter Tumoren auf dem Zusammen- 
wirken mehrerer Faktoren beruht. 


Nachdruck verboten. 

Ueber einen Bacillus der Paratyphus B-Eoteritisgruppe 
als Ursache eines seuchenhaften Abortus der Stute. 

Von Prof. Dr. D. A. de Jong in Leiden. 

WShrend die Ursache des enzootischen Abortus des Rindes nach 
den bekannten Untersuchungen von Bang 1 ), welche vielseitige Be- 
statigung erfuhren, in ihren Eigenschaften ziemlich genau bekannt ist, 
ist der enzootische bzw. epizootische Abortus der Stute noch nicht 
vollig gekl&rt. Wohl wird nach den Angaben Bangs, daB es ihm ge- 
lang, durch seinen Abortusbacillus eine Stute abortieren zu lassen, an 
verschiedenen Stellen erwahnt, daB das Corynebakterium auch bei dem 
Verwerfen der Stute eine Rolle spielen kann, jedoch ist damit die Frage 
nicht gelost. In England, wo der Abortus durch eine Kommission er- 
forscht wurde, konnte der Bangsche Bacillus nicht als die Ursache des 
Abortus der Stuten betrachtet werden. Wortlich heifit es in dem be- 
treffenden Bericht 2 ): „As regards the mare, we have done no experiments 
at the laboratory, but a small number of observations have been made 
in the field and laboratory which go to show that the equine disease 
is not caused by the bacillus of the cattle abortion.“ 

Als Ursache des seuchenhaften Verfohlens wird weiter nach den 
Untersuchungen Ostertags im Jahre 1901 der von ihm als Ursache 
des Verfohlens in Graditz, Hoppegarten, Beberbeck und Neustadt a. d. 
Dosse beschriebenen Streptococcus erwahnt, obwohl es nach jener 
Zeit an ausfiihrlichen bestfttigenden Untersuchungen von anderen doch 
eigentlich gefehlt hat. 

Die Ursache des seuchenhaften Abortus der Stute ist also bis heute 
noch ziemlich unklar. 

Auf Grund der Untersuchungen, woriiber im folgenden kurz zu 
berichten ist, will es mir bedauerlich erscheinen, daB, gerade weil das 
seuchtenhafte Verfohlen doch ein hohes wissenschaftliches und wirt- 
schaftliches Interesse hat, die Mitteilungen, welche beziiglich jener Krank- 
heit frfiher aus Amerika zu uns gekommen sind, nicht groBere An- 
erkennung gefunden haben. Sie werden jedoch von Nocard und Le- 
clainche in ihrem Handbuch 3 ) erwahnt. Ich meine die Untersuchungen 


1) Bang, Die Aetiologie des seuchenhaften („infektiosen“) Verwerfens. (Zeitschr. 
f. Tiermed. N. F. 1897. p. 241.) 

2) Report of Department. Committee on Epizootic Abortion. (Vcterin. Journ. 
1909. p. 473.) 

3) Nocard et Leclainche, Les maladies microbiennes des aniraaux. 3. tklit. 
Paris 1903. 


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de Jong, Ueber einen Bacillus der Paratyphus B-Enteritisgruppe etc. 149 


und Beobachtungen der amerikanischen Forscher Smith und Kil- 
borne, deren Namen mit der Aetiologie des Texasfiebers verbunden 
sind. 1893 hat Kilborne 1 ) eine Enzootie von Abortus bei Stuten be- 
schrieben. In einem der Falle wurden aus der Vagina Agarkulturen 
angelegt, welche von Smith 2 ) naher untersucht wurden. Mit dem von 
diesem gefundenen Mikroorganismus wurden von Kilborne bei einer 
tr&chtigen Stute und zwei trachtigen Kflhen intravaginale Impfungen ge- 
macht, weiter intravenose Impfungen bei zwei trachtigen Schweinen. Die 
Impfung bei der Stute ergab ein zweifelhaftes, bei den Kfihen 
und Schweinen ein negatives Resultat. 

Der von Smith untersuchte Mikroorganismus zeigte alle bakterio- 
logisclien Eigenschaften des Hog-Cholerabacillus, jedoch wurden in ver- 
schiedenen Nfihrboden und namentlich auf Agar an der Oberliache eine 
gerunzelte Membran gebildet. 

Ich meine, dafi dieser schon 1893 von Smith und Kilborne 
isolierte Organismus eine ziemlich wichtige Rolle als Ursache des 
Abortus der Stuten spielen kann, weil wir ihn im vergangenen und auch 
in diesem Jahre als Ursache eines epizootischen Abortus in einer be- 
stimmten Gegend der Niederlande wieder gefunden haben. 

Wir haben n&mlich aus dem untersuchten Material einen Reprfisen- 
tanten der Paratyphus B-Enteritis-Gruppe isoliert, der durch die 
eigentfimliche Membranbildung an den Smithschen Mikroorganismus 
erinnert. 

Ich werde in den folgenden Zeilen eine kurze Uebersicht der er- 
haltenen Resultate geben. Ein ausffihrlicher Bericht wird von meinem 
Konservator am Institut fur parasitSre und Infektionskrankheiten in 
Utrecht, Herrn T. van Heelsbergen ausgearbeitet und veroffentliclit 
werden, in welchem auch nahere Angaben iiber die von ihm studierte 
Bakteriologie des Bacillus gegeben werden wird. 

Bevor ich zur Mitteilung schreite, darf jedoch nicht unterlassen 
werden, zu erwShnen, dafi auch Ligniferes fiber das Vorkommen einer 
sogenannten Salmonella als Ursache des Abortus bei Stuten berichtet 
hat. Er sagt dartiber wortlich 3 ): „Quoiqu’il en soit, dans plusieurs cas 
d’avortement 6pizootique 6tudi6s en France et en Argentine, chez la 
jument, la br6bis et la vache, j’ai isol6, parfois en abondance et en 
cultures pures, du sang, des organes des foetus, des enveloppes, de la 
matrice et quelques fois des organes des meres, des bacilles, pour la 
plupart mobiles, ayant les caractbres des salmonella. Pour moi ces 
avortements Spizootiques, k apparition soudaine et des apparitions plus 
ou moins brusques, 6taient des v6ritables salmonelloses. 14 

Auch diese Mitteilung scheint wenig bekannt zu sein. 


Der Tierarzt v. d. S. in St. (Provinz Nord-Brabant) berichtete mir im Oktober 
1911, daB in der Nahe seines Wohnortes die Stuten seuchenhaft abortierten. Alsbald 
wurden zwei abortierte Fohlen dem Institut fur parasitare und Infektionskrankheiten 
in Utrecht zur Untersuchung iibersandt. Das Verwerfen sollte in jedem Stadium 
der Trachtigkeit vorkommen, onne alarmierende vorhergehende Erscheinungen und auch 
nach dem Absetzen des Fohlens wurde an den Muttertieren nur wenig Abnormales be- 


1) Kilborne, An outbreak of abortion in mares. (Bulletiu No. 3 of the Bur. 
of An. Ind. Washington 1903. p. 49.) 

2) Smith, Theobald, On a pathogenic bacillus from the vagine of a mare 
after abortion. (Ibid. p. 53.) 

3) Ligniferes, Sur le groupe des Salmonelloses. (Rec. de m&l. v6t£rin. 1905. 
p. 456.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


obachtet. Meistens konnten sie wieder sofort zur Arbeit benutzt werden. Weiter wurde 
erwahnt, daB die Inkubationsdauer der Seuche etwa 14 Tage betragen habe. 

Aus den beiden abortierten Fohlen wurde aus alien Organen, und auch aus den 
nocb vorhandenen Hiillen ein kurzer, ovoider Bacillus in Reinkultur isoliert. 

Mit diesem Bacillus wurden am 14. Oktober 1911 drei trachtige Meerschweinchen 
intravaginal infiziert. Alle drei Tiere haben abortiert, wobei sie eine allgemeine In- 
fektion bekamen. 

Fur Kaninchen war der Bacillus mehr oder weniger pathogen, aber die intra- 
vaginale Infektion ergab keinen Abortus, wahrend die Infektion auf anderem Wege 
meistens schnell den Tod herbeifiihrte. Im allgemeinen war der Bacillus mehr virulent 
fur Kaninchen als fur Meerschweinchen. 

Es war ratsam, zu untersuchen, bevor zur kiinstlichen Infektion groBerer Tiere 
geschritten wurde, ob die Wahrscheinlichkeit, daB der gefundene Mikroorganismus der 
richtige war, auf serologischem Wege zu beweisen war. Das Serum, welches von zwei 
Stuten, welche abortiert batten, herstammte, agglutinierte den gefundenen Bacillus weit 
fiber 1: 1000, Normalserum tat solches nur bis 1:300. 

1) Am 8. Dezember 1911 wurde einer trachtigen Farse 1 ccm Kultureuspension 
intravenos eingespritzt. Das Verwerfen fand am 8. Januar 1912 statt Aus den 
Organen und Fruchthiillen der toten Frucht wurde der Bacillus geziichtet. 

2) Am 1. Marz 1912 erhalt eine trachtige Stute 1 ccm Kultursuspension intra¬ 
venos. Das Verwerfen erfolgte nach 11 Tagen. Aus der Frucht wurde der Bacillus 
geziichtet. Am 17. Mai 1912 agglutinierte das Serum dieser Stute fiber 1: 1000. 

3) Ebenfalls am 1. Marz 1912 bekam eine trachtige Kuh 1 ccm Kultursuspension 
intravenos. Abortus nach 15 Tagen. Der Bacillus wurde aus dor Frucht geziichtet 
Am 15. Mai agglutinierte das Serum der Kuh fiber 1:600, wahrend der Titer vom 
Normalserum 1:100 war. 

4) Zwischen dem 29. Marz und dem 11. April 1912 wurde wiederholt ver- 
sucht, eine alte, trachtige Stute durch eine Mischung der Kultur mit dem 
Futter zu infizieren. Verwerfen fand nicht statt, aber am 26. April war der Agglu- 
tinationstiter bis auf 1:1400 gestiegen, wahrend der des Normalserums bis 1:400 gmg. 
Am 27. April wurde die Stute intravaginal infiziert, ohne Resultate. Am 11. Mai 
wurde ein ausgetragenes Fohlen geworfen. 

5) Am 24. April 1912 erhielt eine trachtige Stute eine abgeschfittelte Agarkultur 
mit dem Futter gemischt. Schon am nachsten Tage war das Tier krank, und 
besserte sich erst langsara. Mehr als eine Woche spater zeigte es einen Druseabszefl, 
welcher am 9. Mai perforierte. Die Drusestreptokokken wurden isoliert. Das Tier wurde 
jetzt alsbald ganz normal. Am 15. Mai zeigte das Blut keinen erhohten Agglu- 
tinationstiter. 

Am 19. Mai erhielt dasselbe Pferd 1 ccm Suspension intravenos. Nach kurzer 
Temperatursteigerung blieb das Tier weiter normal. Am 30. Mai intravenose In¬ 
fektion von 2 ccm Kulturflfissigkeit. Am 8. Juni wird ein totes Fohlen geboren, nur 
einige Tage zu fruh. Aus den Organen des Fohlens wurde der Bacillus geziichtet. 

6) Am 24. April wurde noch ein anderes trachtiges Pferd mit Kultur gefuttert, 
welche Ffitterung am 26. April wiederholt wurde. Danach Temperatursteigerung. Am 
27. April wieder normal. Am 6. Mai 1912 Abortus. Aus alien Organen des Foetus 
wurde der Bacillus geziichtet. Am 7. Mai war das Tier wieder gesund. Am 15. Mai 
agglutinierte das Serum fiber 1:1500, normales Serum bis 1:300. 


Weitere Tierversuche sind bis heute nicht gemacht worden, obwohl 
die Untersuchung fortgesetzt wird. 

Aus den erwahnten Resultaten hat sich ergeben: 

1) daB aus abortierten Fohlen ein Vertreter der Paratyphus B- 
Enteritisgruppe isoliert wurde, welcher von dem Serum der abortiert 
habenden Stuten in weit hoherer Verdiinnung agglutiniert wurde, als 
von normalem Serum; 

2) daB der isolierte Bacillus bei intravenoser Injektion Abortus 
hervorrufen kann bei Ktihen und bei Stuten, in welchen Fallen der 
Bacillus wieder aus den Foten zu ziichten ist; 


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Scordo, Experimentelle Studien fiber die Therapie des Mittelmeerfiebers. J5| 


3) daB es, im Gegensatz zu den bei Meerschweinchen erhaltenen 
Resultaten, nicht gelang, eine trachtige Stute durch intra- 
va gin ale Kulturinjektion zu infizieren; 

4) daB jedoch die Infektion wohl gelang durch Ffltterung der 
Kulturen; 

5) daB in den experimentell hervorgerufenen Abortusf&llen bei 
Stuten die Inkubation ziemlich gut mit der bei den spontanen Fallen 
wahrgenommenen iibereinstimmte. 

Es ist also zweifellos, dafi der untersuchte epizootische Abortus von dem er- 
wahnten Bacillus verursacht worden ist, und dad z. B. der Ostertagsche Strepto¬ 
coccus nicht vorlag. DaS wahrscheinlich dieser Bacillus friiher schon (1893) von 
Smith gesehen wurae, ist schon erwahnt worden. 

Die Paratvphus B- bzw. Enteritisnatur des Bacillus wurde aus den folgenden 
Eigenschaften abgeleitet: 

1) Der Bacillus besitzt Eigenbewegung. 

2) Gelatine wird nicht verrlussigt, Ausbreitung fiber die Oberflache. 

3) Milch gerinnt nicht, wird langsam gelb verfarbt. 

4) Vergart Trauben- und Rohrzucker, keinen Milchzucker. 

5) Farm. Lackmusmolke erst rot, spater blau. 

6) Entfarbt Neutralrot mit Fluoreszenz. 

7) Vergart und koaguliert Malachitgrfinlfisung 1 von Ldffler, verfarbt langsam 
die Malachitgrfinlosung II von griin bis gelb. 

8j Bildet kein Indol. 

9) Von den Barsiekowschen Nahrboden wird der Traubenzuckerboden vergart 
and koaguliert, der Maltoseboden glcichfalls, wahrend der Milchzuckerboden unveranaert 
gelassen wird. 

10) Auf Conrad i-Drigalski-Platten wachsen die Kolonieen blau. 

11) Auf Endo-Platten wachsen die Kolonieen weiS. 

Leiden, den 20. September 1912. 


Nachdruck verboten. 

Experimentelle Stndien iiber die Therapie des 
Mittelmeerfiebers. 

[Konigl. Medizinisch-klinisches Institut der Universit&t Rom 
(Prof. G. Baccelli), 

Sektion fiir Tropenkrankheiten (Prof. U. Gabbi).] 

Von Dr. Francesco Scordo, Assistenten und Privatdozenten. 

Mit 3 Kurven. 

Da es bisher an einem rationellen Heilverfahren beim Mittelmeer- 
fieber vollig gemangelt hat, so habe ich mich veranlaBt gesehen, intra- 
venOse Einspritzungen von Sublimat bei Tieren, die fflr den Micro¬ 
coccus Bruce auBerst empfSnglich sind, namlich bei Ziegen, zu 
erproben, indem ich mir vornahm, hierbei nicht nur den EinfluB dieser 
Einspritzungen auf den thermischen Verlauf und auf das allgemeine 
Befinden der Tiere, sondern auch die Einwirkung dieser Einspritzungen 
auf die Zusammensetzung des Blutes zu beobachten, ohne (ibrigens das 
Studium iiber die Leukocytengestalt und vor allem die bakteriologischen 
Untersuchungen, wie solches hernach ausfiihrlicher dargelegt werden wird, 
beiseite zu lassen. 

DaB sich unsere Aufmerksamkeit derartigen Versuchen zuwandte, 
war naheliegend in einem Institut, welches zuerst vor mehr als 20 Jahren 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


stark wirkende Mittel zur Durchstromung der Venen in Anwendung 
brachte. Es wilrde jetzt uberfliissig erscheinen, wenn ich iiber den 
Widerstand, den dieses gewagte Unternehmen zu erfahren hatte, iiber 
die Bekkmpfungen, denen diese hervorragende Neuerung ausgesetzt war, 
iiber die Erfolge und die allgemeine Zustiminung, die dieses Verfahren 
erlangt hat, mich ausfuhrlich yerbreiten wollte. 

Zu den Einspritzungen mit Chinin, dem ersten geschatzten Heil- 
raittel, welches in die Venen eingespritzt wurde, kamen bald andere 
hinzu, die mit verschiedenen stark wirkenden Mitteln ausgefiihrt wurden, 
unter welchen das Sublimat zur Heilung der Syphilis eine hervorragende 
Stellung einnimmt. 

Die schnellen und gl&nzenden Erfolge, die man durch Einspritzungen 
von Quecksilber in die Venen bei seuchenhaften Erscheinungen mannig- 
facher Art erlangt hat, haben dazu gefiihrt, daB dieses wertvolle Mittel 
mit stets glanzenden Ergebnissen auf andere Infektionskrankheiten iiber- 
tragen wurde, auf epidemische Entziindung der Hirn- und Riickenmarks- 
haut, auf Puerperalinfektionen, auf karbunkulbse Infektion, Scharlach, 
Typhus, akuten Gelenkrheumatismus, Streptokokkeninfektionen und andere 
Krankheiten, wie sich solches aus einer nunmehr weit ausgedehnten 
Kasuistik ergibt, die in den medizinischen Zeitschriften des In- und 
Auslandes veroffeutlicht worden ist. 

Bei so hervorragenden Resultaten lag es nahe, die Wirkung des 
Quecksilbers bei Tieren, die von der Malta-Septikamie ergriffen waren, 
zu erproben, um dann mit vollem Vertrauen zu Heilversuchen beim 
Menschen ubergehen zu konnen. 

Ich habe schon erwShnt, daB die Tiere, mit denen ich meine Ver- 
suche vorgenommen habe, sehr empfanglich sind; ich muB noch liinzu- 
fiigen, daB der Maltamicrococcus fur dieselben pathogen ist, wie jetzt 
zahlreiche Arbeiten, welche hier anzufiihren zu weitlaufig sein wiirde, 
bezeugen. Die hier in der Umgegend von Rom erworbenen Ziegen, 
welche fur die Maltainfektion ebenso sehr empfanglich sind wie die 
Malteser Ziegen und deren Kreuzungen, wie ich in einer kurzlich von 
mir veroffentlichten Arbeit nachgewiesen habe 1 ), waren gesund und 
wohlgenahrt. Ihre Temperatur schwankte zwischen 38 und 39°; diesen 
Wkrmegrad habe ich immer bei diesen Tieren im normalen Zustande 
bei meinen friiheren Studien erhalten, ebenso wie andere Untersucher 
(Fiorentini, Caracciolo, Spagnolio, Signer). Sie waren milch- 
gebend; bei keiner war die Laktoreaktion von Zammit und die Sero- 
reaktion von Wright positiv. Uebrigens wurde das Vorhandensein der 
SeptikSmie von Bruce bei irgendeiner dieser Ziegen Gelegenheit 
geboten haben, auch bei einer spontanen Infektion zu experimentieren. 
Auf jeden Fall verlieren die Untersuchungen, die ich darlegen werde, 
ihren Wert nicht, welches auch die Entstehungsweise der Septikamie 
gewesen sein moge. 

Die drei Ziegen, an denen ich nacheinander meine Untersuchungen 
angestellt habe, erfuhren die Infektion mittels einer Einspritzung, die 
in eine Vene des Ohres mit einer Aufschwemmung des Maltamicrococcus 
in physiologischer Losung, im Betrage von 1, l 1 /,—!2 ccm, vorgenommen 
wurde. 


1) Scordo, F., Recettiviti delle capre della campagna romana verso il mierococco 
melitense. — Malaria e malattie dei paesi caldi. (Empfanglichkeit der Ziegen der romi- 
schen Campagna fur den Maltamicrococcus. — Sumpffieber und K rankheiten in den 
heifien Landern.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 66. Heft 7. 


Bei der Hamokultur verfuhr man in folgender Weise: Nachdem 
unter Beachtung aller Regeln der Asepsis eine kleine Ader bloBgelegt 
war, wurden aus derselben einige Tropfen Blut aufgesaugt und in einen 
Kolben, welcher ungefahr 500 ccm Bouillon enthielt, ubergefiihrt; dieser 
wurde hierauf sofort in den Thermostaten gebracht. 

Ich habe alle diese Untersuchungen ausfiihren wollen, wenn auch 
einige derselben uberfliissig waren, da ich nach einer strengen Methode 
verfahren wollte; denn ich hatte vor, sie mehrmals zu wiederholen, sei 
es nach den Einspritzungen der Mikrokokkenmischung, sei es nach den 
Einspritzungen des Heilmittels. 

Ich werde hernach bei jedem Tiere das Ergebnis dieser Unter¬ 
suchungen erlautern. 

Naturlich wurde es nicht unterlassen, wiederholt eine Untersuchung 
des Urins anzustellen. Dieser bot vor den Einspritzungen nicht die 
Gegenwart irgendeines pathologischen Anzeichens dar. 

Beim Blute wurde jedesmal der HSmoglobingehalt, die Anzahl der 
roten Blutkfirperchen und diejenige der Leukocyten bestimmt, wie solches 
aus den hier beigefiigten Tabellen hervorgeht; fiir jede Ziege wurde eine 
mittlere Normale bestimmt, welche unten angegeben werden soli; die 
drei Tiere wurden mit den Buchstaben A, B, C bezeichnet nach der 
Datumfolge der Versuche. 


Ziege A. 

Hemoglobin 10,4 Proz. 

Rote Blutkorperchen 13000000 

Weifie Blutkbrperchen 9 200 

Ziege B. 

Hamoglobin 9,9 Proz. 

Rote Blutkorperchen 13 500 000 

Weifie Blutkorperchen 8 300 


Ziege C. 

Hamoglobin 11,5 Proz. 

Rote Blutkorperchen 14 500 000 

Weifie Blutkorperchen 9 900 

Der Hamoglobingehalt wurde mittels des Apparats von Fleischi¬ 
ld iescher festgestellt. 

Gleichzeitig mit der Nachforschung nach den BlutkSrperchen wurde 
jedesmal die Leukocyten gestalt bestimmt, wie aus den beigefiigten Tabellen 
zu ersehen ist. 


* 


* 


* 


Nach diesen Erlauterungen folgt nunmehr, was bei jedem Tiere, 
welches dem Versuche unterworfen wurde, nach den Einspritzungen des 
krankheiterregenden Agens und nach den Einspritzungen des zur Be- 
kampfung desselben bestimmten Heilmittels aufgezeichnet worden ist. 

Ziege A. 

Die Temperatur, welche normal urn 38,5° schwankte, stieg nach der 
ersten Einspritzung des Maltamicrococcns, welche auf die oben be- 
schriebene Weise, und zwar in einer Quantit&t von l 1 /? ccm ausgefiihrt 
wurde, schnell auf 39,8°, also um ungefahr l 1 /* 0 , und schwankte sodann 
zwischen 39,5 und 40°. Am 5. Tage wurde die Injektion des krankheit¬ 
erregenden Materials wiederholt; die thermische Kurve hielt sich weitere 
5 Tage auf derselben Hohe. Am 11. Tage zeigt sich eine Neigung zum 
Abfallen, und am 12. Tage findet die dritte Einspritzung statt — dieses 


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Scordo, Experimentelle Studien iiber die Therapie des Mittelmeerfiebers. 155 


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156 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Kurve 1. Verlauf der Temperaturen bei Ziege A. 
April Mai Juni 



Mai im Betrage von 2 ccm. Auf diese Einspritzung folgt eine Periode 
mit starkeren Schwankungen zwischen 39 und 40° (s. Kurve 1: Verlauf 
der Temperaturen bei Ziege A). 

Iuzwischen laBt die wiederholte chromocytometrische Untersuchung 
des Blutes, wie deutlich aus der Tabelle zu ersehen ist, eine betrachtliche 
Reduzierung des Hamoglobingehaltes erkennen, welcher allmahlich in 
dieser Weise nach 23 Tagen von der ersten Injektion ab und nach 
10 Tagen von der letzten ab auf 7,82 Proz., von 10,4 Proz. aus, welcher 
Gelialt als mittlere Normale erhalten worden war, hinabgegangen ist. 
In gleicher Weise ist die Anzahl der Blutkorperchen von der schon 
erwahnten Mittelzahl, welche etwa 13 Mill, betrug, nach Schwankungen 
an dern oben erwahnten Tage auf 8 340000 abgefallen. 

& Es ist also ein best&ndig entsprechendes Verhaltnis zwischen den 
Werten fiir das Hamoglobin und der Anzahl der roten Blutkorperchen 
wahrzunehmen. 

Hingegen haben die Leukocyten eine schwache Vermehrung erfahren 
und sind von der Mittelzahl, welche 9200 betrug, bis zu der Ziffer 10000 
gestiegen. Die Leukocytengestalt zeigt uns nach den Einspritzungen 
des infizierenden Agens eine Vermehrung der groBen Einkernigen. AuBer 
dem Erwahnten sind keine sonstigen bemerkensw r erten Erscheinungen 
aufgetreten. 

Die Seroreaktion nach Wright, die am 15. Tage stattfand, zeigt 
sich deutlich positiv, bei 1:200. Ebenso beweisend erscheint die Probe 
nach Zammit. Nachdem 2Tage spater die Hamokultur nach der oben 
angegebenen Methode ausgefiihrt war, erhielt man nach 5 Tagen eine 
Triibung am Boden des Kolbens. Als das Material im hangenden Tropfen 
gepriift wurde, zeigte sich eine rein typische Kultur des Maltamicrococcus. 
Zahlreiche Kulturproben, die zu derselben Zeit mit Material, welches 
dem Urin, den Faeces und der Milch entnommen wurde, stattfanden, 
gaben bei den Faeces und bei der Milch positive Resultate, beim Urin 
jedoch nicht solche. 

Bei alien diesen Daten, denen auch ein gewisses Schwacherwerden 
des Tieres zur Seite steht, obwohl niemals erwahnenswerte Uebelstande, 
ein Unbefinden, Mangel an FreBlust usw., eingetreten sind, bleibt kein 
Zweifel, daB das Tier die pathogene Wirkung des eingeimpften Keimes 
erfahren hat; diese Bemerkung gilt, ohne daB wir sie wiederholen, ftir 
alle die Ziegen. 

Es muB noch hinzugefiigt werden, daB bei der physikalisch-chemischen 
Untersuchung des Urins, welche wiederholt stattgefunden hat, niemals 
die Gegenwart irgendeines pathologischen Bestandteiles wahrend der Ent- 
wickelung der Infektion beobachtet worden ist. 


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Scordo, Experimentelle Studien iiber die Therapie des Mittelmeerfiebers. 157 


Hierauf wurde, 23 Tage nach der ersten Injektion des pathogenen 
Keirnes und 10 Tage nach der letzten, die erste intravenose Injektion 
von 1 eg Sublimat ausgefiihrt. Auf diese folgten nach verschiedenen 
Zwischenzeiten vier andere Injektionen, und zwar die beiden ersten zu 

1 eg, die anderen zu 2 eg; diese Mengen waren immer in derselben 
Quantitfit des Losungsmittels gelost, wie oben erwahnt worden ist. 

Die chromocytometrische Untersuchung, welche mehrere Male wieder- 
holt wurde, wie aus der beigegebenen Tabelle zu ersehen ist, ergaben 
folgende Fakta: Eine geringe Neigung zur Vermehrung beim Hamoglobin- 
gehalt, welcher zuletzt 8,82 Proz. betrug, und eine betrachtlichere Ver¬ 
mehrung der roten Blutkorperchen, deren Zahl endlich auf 11520000 stieg. 

Die Vermehrung der roten Blutkorperchen kann kein Wunder 
nehmen; sie entspricht vielmehr dem, was von verschiedenen Autoren 
(Wibouchewith,Hayein, L i 6 g e o i s, Bennet, Keyes u. a.) beim 
Beginn einer Quecksilberkur Oder bei der Darreichung kleiner Queck- 
silberdosen beobachtet worden ist. Wir haben wahrend der ganzen 
Periode der Kur, 25 Tage lang, kaum 7 eg Sublimat dargereicht. Wir 
befanden uns daher gerade unter den Verhaltnissen, von denen die oben 
erwahnten Autoren sprechen, deren Experimente eine Bestatigung durch 
die Versuche erhalten, die an Tieren ausgefiihrt worden sind (Gaillard, 
Sell lesinger). Bei einer ausgedehnteren Kur vermindert sich die Zahl 
der roten Blutkorperchen (Jame, Ross, Colombini). Der Ver¬ 
mehrung der Anzahl der Blutkorperchen entspricht unter dieseu Be- 
dingungen, d. h. bei der Auwendung von kleinen Quecksilberdosen oder 
beim Beginn der Kur, eine Zunahme des Hiimoglobins des Blutes 
• (C e r v e 11 o, G u a r i e n t i), wie solches in einem gewissen MaBe in unserem 
Fall wahrzunehmen ist. 

Nebenbei ist zu bemerken, daB fur Ziegen die Quantity von 1 bis 

2 eg als sehr gering im Vergleich zu der groBen Widerstandsfahigkeit 
dieser Tiere gegen Sublimat angesehen werden muB und daB aufierdem 
zwischen der einen und der anderen Injektion ein groBer Zeitabstand 
inne gehalten wurde. 

Die Leukocyten zeigten bei dieser Ziege infolge der Quecksilberkur 
eine entschiedene Zunahme an Zahl. Von der Mittelzahl 9200 waren sie 
nach den 3 Einspritzungen des pathogenen Keirnes auf 10000 gestiegen, 
und nach den Sublimateinspritzungen erreichten sie die Anzahl von 
12625. Das Sublimat hat also einen verstarkten Umlauf der Wachter 
des tierischen Organismus begunstigt. Vielleicht ist die Voraussetzung 
nicht zu gewagt, daB gerade dieser Faktor seine Bedeutung bei der 
therapeutischen Wirkung des Sublimates hat. Was die Leukocytengestalt 
angeht, so findet eine Riickkehr zum normalen Vorkommen der groBen 
Einkernigen und eine betrachtliche Vermehrung der Mehrkernigen statt, 
indem diese letzteren von der annahernden Mittelzahl 30 auf 58 bis 53 
bis 46 Proz. hinaufgegangen sind, wahrend eine entsprechende Ver- 
minderung der Lymphocyten zu bemerken war. 

Diese Verminderung ist eine anscheinende, weil die Lymphocyten 
pro Kubikmillimeter ungefahr bei der urspriinglichen Quantit&t verbleiben; 
daher beruht die Vermehrung der Leukocyten fast ausschlieBlich auf der- 
jenigen der Mehrkernigen. Hinsichtlich der iibrigen Eleraente ist nichts 
Besonderes zu bemerken. 

Am meisten beachtenswert ist aber die Wirkung der intravenbsen 
Sublimateinspritzungen auf die thermische Kurve und auf die zirkulieren- 
den Mikrokokken des Blutes. 


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158 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 

Die Temperatur fiel trotz einer augenblicklichen Steigerung, die nach 
jeder Injektion eintrat, unter leichten Schwankungen immerfort ab und 
war nach der 4. Injektion schon auf den normalen Stand gesunken; auf 
diesem hielt sie sich 10 Tage hindurch, worauf wir uns zur Schlachtung 
des Tieres entschlossen. 

Die in der Zwischenzeit wiederholt angelegte Ilamokultur hat anfangs 
eine schwache Entwickelung und nach der 4. Injektion negative Resultate 
ergeben. Ebenso haben die zahlreichen init Material, welches der Milch 
und den Faeces entnommen war, beschickten Agarplatten einen immer 
kkrglicheren Befund ergeben, ohne jedoch negative Resultate zu bieten. 
Besonders zeigten die mit Milch beschickten Platten gegen SchluB hin 
nur selten eine Mikrokokkenkolonie. Dieser Micrococcus war jedes- 
mal nicht nur an morphologischen und kulturellen Eigenschaften, sondern 
vor allem an der deutlich wahrzunehmenden Agglutination zu erkennen, 
die wir mittels der Sera von Kranken, deren agglutinierenden Wert wir 
kannten, erhielten. 

Die hier angegebenen Resultate wurden in der Folge durch die- 
jenigen bestatigt, die wir bei den anderen Ziegen erhielten. Die Resultate 
bei diesen letzteren lieBeu einige der oben gemachten Wahrnehmungen 
noch deutlicher hervortreten, weswegen wir bei der Erorterung dieser 
Resultate uns kiirzer fassen werden. 

Ziege B. 

Bei diesem zweiten Tier stieg die Temperatur, welche normal 
zwischen 38° und 38,1° schwankte, nach der ersten Injektion des Bak- 
teriums Bruce, welche unter den oben angegebenen Verhaltnissen und ’ 
in derselben Quantit&t vorgenommen wurde, nach 24 Stunden auf 39,5° 
und war nach 4 Tagen allmahlich auf 40,2° gestiegen, worauf sie in den 
folgenden Tagen zwischen 40° und 40,5° schwankte. Nach 6 Tagen 
wurde die Injektion des krankheiterregenden Keimes wiederholt, worauf 
die Temperatur keine neuen Steigerungen erfuhr, sich vielmehr auf dem 
oben erwahnten Stande hielt. Es ist besonders beachtenswert, daB bei 
diesem Tier die Temperatur gar keine Anzeichen zum Abfallen gab 
(s. Kurve 2, Ziege B). Bei dieser zweiten Ziege haben wir uns deshalb 
auf 2 Injektionen des pathogenen Materials beschraukt,, welches, wie wir 
besonders hervorheben, identisch mit demjenigen war, welches bei Ziege A 
angewandt wurde und auch bei Ziege C angewandt werden wird. 

Die Untersuchung des Blutes bietet, wie aus der Tabelle hervor- 
geht, eine noch betr&chtlichere Reaktion als im vorhergehenden Fall. 
Hier ist die Erscheinung klar und deutlich: Von der mittleren Normalen, 
welche 9,9 Proz. betrug, fiel der Hamoglobingehalt auf 6,24—5,92. Ent- 
sprechend stark ist auch die Verminderung der Anzahl der Blutkfirperchen, 
welche von 13500000 auf 8840000 pro Kubikmillimeter hinabgingen. 

Die Leukocyten zeigen bei diesem Tiere keine deutliche Vermehrung; 
sie war auf jeden Fall gering und kann sehr gut vernachlSssigt werden. 
Die prozentische Verteilung der verschiedenen Leukocytenformen zeigt 
uns auch hier eine gewisse Anzahl der groBen Einkernigen und ein deut- 
liches Vorwiegen der Lyraphocyten vor den Mehrkernigen; dieses Vor- 
wiegen war vor der Infektion schon vorhanden, trat aber nach derselben 
stfirker hervor. 

Die Wright-Probe und die Z am mit-Probe, welche 12 Tage 
nachher ausgefiihrt wurden, erwiesen sich als positiv und deutlich; die 
erstere fand in dem Verhfiltnis 1:150 statt. 


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TabelJe fiber die Zusammensetzung des Blutea bei Ziege B. 


Scordo, Experimentelle Studien fiber die Therapie des Mittelmeerfiebere. 159 


Bemerk ungen 

Urin normal 

1. Injektiond. Maltamicro- 
coccus (1 ccm) 

2. I njektion d. Maltamicro- 
coccus 

Wright-Probe positiv, 
1 : 150. Laktoreaktion 
positiv 

Urin normal. Hamokultur 
positiv. Positiv die bak- 
teriologische Untersu- 
chung der Milch und 
der Faeces 

1. Sublimatinjektion 

2. Sublimatinjektion 

3. Sublimatinjektion 

Hamokultur positiv 

4. Sublimatinjektion. Urin 
normal 

5. Sublimatinjekt. Hamo¬ 
kultur negativ 

Seroreaktion positiv, 1:150. 
Laktoreaktion deutlich. 
Nekroskopie 

Uebergangs- 

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12 540 
10937 

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10 660 000 
10440000 

9 360000 

8840000 

11540 000 
8211 000 
8380000 

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160 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Kurve 2 . Verlauf der Temperaturen bei Ziege B. 

Mai Juni Juli 



Die nach einigen Tagen angelegte Hiimokultur war negativ; bei der 
Wiederholung ergaben sich positive Resultate. Auch die mit Milch und 
fakalem Material, welche beide wiederholt in physiologischer Losung ver- 
diinnt wurden, beschickten Agarplatten und der Urin lieferten positive 
Resultate. Der Urin ergab bei der physikalisch-chemischen Untersuchung 
keine nennenswerten Wahrnehraungen. 

10 Tage nach der letzten Einspritzung des Micrococcus und 
16 nach der ersten fand die erste Sublimatinjektion in der gewohnlichen 
Quantitat und Verdiinnung statt. 

Die anderen 4 Injektionen — auch bei dieser Ziege wurden, wie 
bei der letzten, nur 5 Injektionen vorgenoinmen — folgen bei ver- 
schieden Zwischenzeiten innerhalb des Zeitraums von 19 Tagen. Auch 
hier war nach den 5 Sublimatinjektionen eine schwache Tendenz zur 
Vermehrung des Hamoglobingehalts, wie auch der Anzahl der roten Blut- 
korperchen wahrzunehmen. Wir wollen sofort hinzufugen, daB diese 
Vermehrungen weniger betrachtlich sind als beim ersten Tier. 

Bei den Leukocyten ist auch dieses Mai eine ziemliche Vermehrung 
— ungefahr um 2000 pro Kubikinillimeter — zugunsten der Mehrkernigen 
eingetreten, wie bei Ziege A. 

Auch diesmal fiel die therinische Kurve nach der dritteu intravenosen 
Sublimatinjektion um 1 Grad ab und sank, immer schwankend, nach der 
letzten, namlich der 5. Injektion bis auf den normalen Stand. 

Auch bei dieser zweiten Ziege, und zwar in einem vielleicht noch 
starker beweisenden Grade, war eine entschiedene Wirkung der intra¬ 
venosen Sublimatinjektion auf die Temperatur, wie auch auf die Hamo- 
kulturen und auf die Kulturen in Agarplatten, welche wie vorher angelegt 
waren, wahrzunehmen. 

Die Hamokulturen blieben steril bis nach der 4. Injektion von 
Quecksilbersublimat. Die Plattenkulturen mit dem gewohnlichen Unter- 
suchungsmaterial boten nach demselben Zeitverlauf und noch mehr nach 
der letzten Einspritzung selten Kolonieen der in Rede stehenden Bakterie 
dar, wahrend das Vorfinden solcher Kolonieen besonders in der Milch 
vor den Sublimateinspritzungen und auch einige Tage hindurch vor dem 
Beginn der Kur verhaltnismaBig leicht war. 

Die Feststellung des Mikroorganismus geschah, wie oben dargelegt 
worden ist. 

Ziege C. 

Erortern wir bei diesem Tiere sofort den EinfluB der intravenosen 
Sublimateinspritzungen auf den thermischen Verlauf und auf die Kultur- 
proben, da gerade diese Daten uns dann am meisten interessieren werden, 
wenn wir die Wirkungen einer solchen Kur beim Menschen zu priifen 


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Tabelle iibcr die Zusamraensetzung des Blutes bei Ziege 


Scordo, Experimentelle Studien liber die Therapie des Mittelmeerfieber6. 161 


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162 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Kurve 3. Verlauf der Temperaturen bei Ziege C. 
Mai Juni Juli 



haben. Bei dieser Ziege erfuhr die Teraperatur, welche normal in 
geringem MaBe uni 38° schwankte, nach der ersten Einspritzung des 
krankheiterregenden Keimes eine weit hohere Steigerung als bei den 
beiden anderen Tieren, da sie in weniger als 48 Stunden von der 
krankheiterregenden Injektion ab bis auf 40,2° gelangte. Bald darauf 
zeigte die thermische Kurve eine leichte Tendenz abzufallen, so daB sie 
nach zwei weiteren Tagen 39,6° erreichte (siehe Kurve 3, Ziege C). Zu 
diesem Zeitpunkt wird die Mikrokokkeninjektion wiederholt und die 
Teraperatur bleibt standig zwischen 39,5 und 40°. Als solche erh&lt 
sie sich auch nach Beginn der Kur. Allerdings zeigte sich 3 Tage nach 
der zweiten Einspritzung des Quecksilbersublimats ein schwacher Abfall, 
bald aber stieg die Teraperatur auf 39—40°. In verh&ltnismaBig kurzen 
Zwischenzeiten wurden die anderen Einspritzungen aus der Zahl der 5, 
die wir zu machen pflegten, ausgefuhrt, aber die Teraperatur blieb 5 Tage 
hindurch nach der letzten Einspritzung fortwahrend dieselbe. «Von da 
ab fiel sie ziemlich plotzlich bis auf den normalen Stand ab. 

Die serodiagnostischen und kulturellen Proben entsprachen im ganzen 
denjenigen, die bei den anderen Ziegen erhalten wurden, weshalb es 
nicht notig ist, sie eingehend zu beschreiben; nur ist zu bemerken, daB 
die W right-Probe hier positiv war, im Verhkltnis von 1:250. Uebrigens 
sind die Resultate dieser Proben in der Tabelle wiedergegeben, wie 
dieses auch bei den anderen Ziegen geschehen ist. 

Was die chromocytometrische Untersuchung des Blutes und die 
Leukocytengestaltung bei dieser letzten Untersuchungsserie angeht, so 
wollen wir kurz erwkhnen, daB, wie bei den beiden anderen Tieren, die 
Menge des HSmoglobins nach zwei Einspritzungen des pathogenen Keimes 
recht bemerkbar abnahm, indem sie von der mittleren Normalen, welche 
11,5 Proz. betrug, einige Tage nach der zweiten infizierenden Ein¬ 
spritzung ungefahr bis auf 8 Proz. hinabsank und sich ungefahr bei 
diesem Quantum in den ersten Tagen der Kurperiode hielt, wobei sie 
nur nach der letzten Einspritzung des Sublimats eine gewisse Zunahrae, 
n&mlich auf 9,24—9,32 Proz., zeigte. 

Die Anzahl der BlutkQrperchen bot beim Verlauf der Maltainfektion 
eine noch raerklichere Abnahme als diejenige, die das Hemoglobin uns 
zeigte. Die Abnahme, welche einige Tage nach der Einimpfung des 
krankheiterregenden Agens begonnen hatte, setzte sich bis zum Beginn 
der Kur fort, so daB wir das Minimum 6 Tage nach der zweiten Sublimat- 
einspritzung vorfinden, und zwar gerade an dem Tage, an dem die dritte 
Einspritzung stattfand. 

Hierauf war gegen Ende der Kur und hernach eine merkliche, 
jedoch mafiige Tendenz zur Vermehrung der Anzahl der roten Blut- 


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Scordo, Experimentelle Studien iiber die Therapie des Mittelmeerfiebers. 163 


korperchen vorhanden, ein Verhaltnis, welches bei alien 3 Tieren wahr- 
zunehmen war. 

Bei dieser Ziege hat die Maltainfektion eine offenbare Leukopenie 
hervorgerufen; die Anzahl der Leukocyten ist nach und nach hinab- 
gegangen, und bei dem Zeitpunkte, als die zweite Sublimateinspritzung 
stattfand, war die Anzahl der weiBen Blutkorperchen auf 6260 gesunken. 
Als mit den Einspritzungen des Quecksilbersublimats fortgefahren wurde, 
nahmen die Leukocyten wieder an Zahl zu, so daB dieselben um mehr 
als 3000 die mittlere Normale, die vor den Mikrokokkeneinspritzungen 
erlangt wurde, iibertraf. Was die prozentuale Verteilung der verschiedenen 
Leukocytenformen angeht, so sind auch hier dieselben Fakta hervor- 
zuheben, die bei den beiden anderen Ziegen wahrgenommen wurden. 
Es ist also in erster Linie eine schwache Zunahme der grofien Ein- 
kernigen wie auch der mittleren vorhanden. Zweitens ist zu bemerken, 
daB die prozentuale Zunahme der Mehrkernigen im Vergleich zu den 
Lymphocyten, die schon wahrend der Entwickelung der Krankheitsform 
zu merken war, immer deutlicher hervortritt in dem MaBe, wie die 
intravenosen Sublimateinspritzungen stattfinden. Hervorzuheben ist auch 
hier, daB die Lymphocyten an Zahl pro Kubikmillimeter sich nicht ver- 
mindert haben, daB aber die Zunahme der Gesamtzahl der weiBen Blut¬ 
korperchen auf einer betrachtlichen, ausschlieBlichen Zunahme der Mehr¬ 
kernigen beruht. 12 Tage nach der letzten Einspritzung des Sublimats 
wurde das Tier geschlachtet. 

Es eriibrigt noch, iiber die Resultate der Nekroskopie zu berichten, 
was in zusammenfassender Weise geschehen soil. Bei alien drei Ziegen 
waren die anatomisch-pathologischen Erscheinungen sparlich, wie ich auch 
in sonstigen Fallen wahrnehmen muBte. Nichts f&llt den Organen des 
Thorax zur Last. Was die Abdominalorgane angeht, so wurde wahr¬ 
genommen: Leichte Anschwellung der Milz, etwas hyperamisch beim 
Schnitt; nichts zu Lasten der Leber und der Nieren. Hier und dort die 
solitaren Darmfollikel etwas hyperamisch und odematos. Bei Ziege B 
sparliche Quantitat von Peritonealfliissigkeit. SchlieBlich bestandig Tume- 
faktion einiger Mesenterialdriisen, welche zuweilen stark hervortritt. 

Die Milch, die vor dem Schlachten des Tieres entnommen wurde, 
zeigte jedesmal eine positive Zammit-Probe. Ebenfalls hielt sich die 
Probe nach Wright stets positiv, ohne ihre Kraft zu vermindern. 

Die bakteriologische Untersuchung, die mit dem Blute des Herzens, 
mit den Fliissigkeiten der serosen Driisen und mit dem Milzinhalt aus- 
gefiihrt wurde, hat bestandig negative Resultate geliefert. 

* * 

* 

Zu den Erwagungen allgemeiner Art, die wir bei der Darlegung der 
durch die ausgefuhrten Untersuchungen erlangten Tatsachen angestellt 
haben, wollen wir noch einige andere hinzufugen. Zunfichst moge als 
wichtiges Moment hervorgehoben werden, daB die Rflckkehr der Tem- 
peratur auf den normalen Stand ohne Zweifel durch die intravenosen 
Sublimateinspritzungen bedingt wird, da bei den Ziegen, die von mir 
bei sonstigen Gelegenheiten zu anderen Zwecken mit dem Micro¬ 
coccus Bruce geimpft wurden, die Temperatur, wenn sie auch nicht 
dieselbe war, wie in den ersten Tagen nach den Einspritzungen, im all- 
gemeinen die Tendenz hatte, sich monatelang iiber der Norm, wenn auch 
nicht in hohem MaBe, zu halten. 

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164 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


In unserem Falle ist die Temperatur, welche, sei es wegen der 
Virulenz des Keimes, sei es aucli wegen der betrachtlichen injizierten 
Quantitat, plotzlich bis etwas fiber 40° stieg, in den folgenden Tagen 
hinabgegangen, und ich halte auf Grund wiederholter Beobachtungen 
daran fest, daB die thermische Kurve sich lange iiber dem normalen 
Stand gehalten hiitte, wenn nicht die eingreifende Wirkung des thera- 
peutischen Agens, rait dem wir hier zu tun haben, dazwischen getreten 
ware. 

Ferner konnen wir, wie wir aus dem von den serodiagnostischen 
Priifungen bestandig innegehaltenen Stande ersehen haben, behaupten, 
daB das Sublimat nicht eine schadliche Wirkung auf die agglutinierenden 
Elemente und, aller Wahrscheinlichkeit nach, auch nicht auf die ganze 
Gruppe der Antikorper hat. 

Was die giinstige Wirkung der Quecksilberinjektionen auf die Zu- 
sammensetzung des Blutes angeht, so ist wohl zu merken, daB dieselbe 
nicht das unmittelbare und augenblickliche Resultat der Injektion selbst 
war, sondern sich als eine dauernde Erscheinung erwies, denn die Ent- 
nahme des Blutes zur chromocytometrischen Untersuchung und zur 
Untersuchung der Leukocytengestalt geschah kurz vorher, ehe die In¬ 
jektion ausgefuhrt war, oder in den Zwischenzeiten, die zuweilen wirk- 
lich sehr lang waren. 

Wir konnen daher auf Grund der gleichmaBigen Gesamtheit der 
Daten, die wir infolge der intravenosen Sublimateinspritzungen bei den 
Ziegen, die mit dem Maltamicrococcus injiziert waren, erhielten, folgende 
Schliisse ziehen: 

1) Diese intravenbsen Sublimatinjektionen wirken gunstig auf die 
roten Blutkorperchen, indein sie ihre Zahl vermehren. 

2) Entsprechend steigt der Hamoglobingehalt. 

3) Die Injektionen wirken darauf bin, eine Leukocytose mit Vor- 
wiegen der neutralen Mehrkernigen zuwege zu bringen. 

4) Sie bekampfen energisch die Mikrokokkenseptikamie, indem sie 
die Keime aus dem Blute verschwinden machen und infolgedessen die 
weitere Entwickelung der Infektion aufheben. 

5) In kurzem wurden die Tiere wieder apyretisch. 

Wahrend wir durch unsere Versuche diese Resultate erhielten, haben 
wir. ermutigt durch die glanzenden Erfolge, die mit Sublimat bei anderen 
ZustSnden von Septikamie von dem Institut zu Rom erlangt wurden, 
bei einigen Kranken, die von Maltafieber befallen waren, die in Rede 
stehenden Injektionen vorgenommen. Die Resultate dieser Injektionen 
werden Gegenstand eines demnachst erscheinenden vorlaufigen Berichtes 
sein, da ich in der Folge, wo es mir moglich sein wird, liber diese Sache 
in noch ausgedehnterein MaBe einen Beitrag zu liefern gedenke. 




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Landsteiner u. Berliner, Kultivierung des Virus der Hiihnerpest. J65 


Nachdmck verboten. 

Ueber die Kultivierung des Virus der Htibnerpest 

[Aus dem Universitatsinstitut ftir pathologische Anatomie und der 
Prosektur des k. k. Wilhelminen-Spitals in Wien.] 

Von Dr. Karl Landsteiner und Dr. Max Berliner. 

Bei dem Umstande, daB iiber die Kultur filtrierbarer Keime, abge- 
sehen von der Kultur der Mikroben der Peripneumonie, keine positiven 
Ergebnisse vorliegen 1 ), muBte eine Mitteilung von E. Marchoux 2 ) iiber 
die Kultivierung des Virus der Hiihnerpest von groBem Interesse sein. 

Marchoux ging von der Tatsache aus, daB sich das Virus in der 
Blutbahn der Hiihner in groBer Menge vorfindet und verwendete dem- 
gemaB Hiihnerblut zu seinen Kulturversuchen. Da M. zu bemerken 
glaubte, daB in reinem Blute das Virus bei Brutofentemperatur nicht 
lange erhalten bleibt, so suchte er nach begiinstigenden Zusatzen und 
fand solche in Glykose und Pepton. Das schlieBlich angewendete Ver- 
fahren war das folgende: 

Auf eine 10 cm hohe Saule von 2 Proz. Glykose und 1 Proz. Pepton 
enthaltendem Agar wurden in Rohrchen von 20 mm Durchmesser 10 ccm 
defibriniertes Hiihnerblut geschichtet und mit einer ganz geringen Menge 
Virus beimpft. Diese Anordnung verfolgte den Zweck, durch den Stoff- 
austausch zwischen Agar und Fliissigkeit eine Zone mit einem fur die 
Kultur giinstigen Gehalt an Pepton und Zucker entstehen zu lassen. 

Bei diesem Vorgehen gelang es Marchoux, 10 Passagen zu er- 
zielen, von deren letzter Vs ccm Hiihner in 2 Tagen totete. Aus 
diesen Daten lieB sich berechnen, daB trotz der sehr groBen Wirksam- 
keit des Virus — Landsteiner und Russ 3 ) konnten noch mit Ver¬ 
diinnungen des Blutes von 1:100 Millionen infizieren — doch die Viru- 
lenz der letzten Kultur unbedingt auf einer Vermehrung desselben be- 
ruhen muBte, und nicht auf einen Rest der urspriinglichen Einsaat zu 
beziehen sein konnte. 

Unsere Untersuchung hatte den Zweck, erstens die wichtigen Ver- 
suche von Marchoux zu wiederholen, und zweitens sie in einer ge- 
wissen Beziehung zu erganzen. Wir wollten in erster Linie feststellen, 
in welchen Men gen das Virus in den Kulturen vorhanden ist, um zu 
wissen, ob die Vermehrung in vitro in deraselben oder in einem groBeren 
Oder geringerem MaBe stattfindet, als im intizierten Tier. Die Kenntnis 
dieses Verhaltens schien uns fur die Beurteilung des Wachstumes in 
vitro um so mehr von Bedeutung zu sein, als die Kultur eben nur aus 
der Virulenz und nicht durch ein sichtbares Wachstum zu erkennen ist. 

Wir gingen so vor, daB wir von jeder Kultur nach 3-tagiger Auf- 
bewahrung im Brutofen eine Reihe von Verdiinnungen (mit Bouillon) 
anlegten und mit 0,5 ccm dieser Verdiinnungen durch Injektion in den 
Brustmuskel Hiihner zu infizieren versuchten, um die geringste wirk- 
same Virusmenge festzustellen. 

Bei der Kultur selbst hielten wir uns an die Angaben von Mar¬ 
choux. Als Zusatz zum N&hragar diente Glykose und Pepton Chapo- 

1) Vgl. 5. Tagung d. fr. Vereinig. f. Mikrobiol. 1911; Referate von Loeffler, 
Doerr. 

2) Compt. rend. Acad. d. scienc. 10. Aug. 1908. 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1906. p. 540. 


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166 Centralbl. £. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 

teaut. Das Hiilinerblut wurde aus dem Herzen entnommen und durch 
langes Schiitteln mit Porzellankugeln defibriniert, die Hohe der Agar- 
s&ule sowie der Blutschicht betrug 7—10 ccm. 

Die erste Kultur (I.) wurde mit dem Herzblut eines an Hiihnerpest 
— 30 Stunden nach der Infektion mit virulentem Hirn — gefallenen 
Huhnes angelegt, die folgenden Kulturpassagen sind mit fortlaufenden 
Zahlen bezeichnet. Von einer Kultur zur anderen wurde ein Tropfen 
mittels eines diinnen Kapillarrohrchens iibertragen und gut durch- 
geschiittelt. Jede Kultur wurde mittels Agarplatten auf Sterilitat gepriift. 
Die Tabellen geben die erhaltenen Resultate wieder: 


Infektionsmaterial 

Verdiinnung 

Effekt 

Herzblut eines ge¬ 

10 7 

t 48 h 

fallenen Huhnes 

10 8 

lebt 

Kultur I 

10" 

t 30—36 8 


10" 

t 40 h 


* 10 7 

t 42 8 

Kultur II 

10 6 

f 41 8 


10® 

t 64 8 


10 7 

f 44 8 


10 8 

lebt 

Kultur III 

10 5 

t 42 8 


10" 

f 24-36 8 


10 7 

lebt 


10 8 

f 24-36 8 

Kultur IV 

10 6 

t 63 8 


10" 

f 24—36 8 


10 7 

lebt 

Kultur V 

10 6 

f 40—42 8 

Nach 1 Tag Brut- 

10" 

f 48—60 8 

ofen 

10 7 

f 39 8 


10 8 

lebt 

Nach 3 Tagen Brut- 

10" 

f 24-36 8 

ofen 

10 7 

f 24—36 8 


10 8 

lebt 

Kultur VI 

Nicht gepriift 

Kultur VII 

Nicht gepriift 

Kultur VIII 

10 & 

f 45 8 


10" 

t 45 8 


10 7 

lebt 

Kultur IX 

10° 

t 43 8 


10 7 

f 62 8 


10 s 

lebt 


Auf Grund dieser Daten miissen wir die Anschauung von Mar- 
choux, daB bei seinem Verfahren eine Vermehrung der Keime statt- 
findet, durchaus bestatigen. 

Tats&chlich zeigt ja unsere IX. Kultur denselben durch Verdiinnung 
gemessenen Virulenzgrad, wie das Ausgangsmaterial Oder z. B. die 
II. Kultur, wobei zu beriicksichtigen ist, daB bei jeder Uebertragung 
eine Verdtinnung des Materials etwa auf das 200fache stattgefunden hat. 

Ob sich die Ziichtung durch eine beliebige Zahl von Generationen 
fortfiihren laBt, wie bei Bakterienkulturen, bleibt noch zu entscheiden. 
Bei einigen anderen Versuchen als denen der mitgeteilten Reihe schien 
sich nach einiger Zeit eine Verminderung der Wirksamkeit einzustellen, 
doch ware es moglich, daB diese Abschw&cbung durch die temporare Auf- 

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Landsteiner u. Berliner, Kultivierung des Virus der Hflhnerpest. 167 


bewahrung der Kulturen bei niederer Temperatur verursacht wurde. Wir 
konnen auch nickt sicher angeben, ob die Anwendung von Agar unbedingt 
notig ist oder ob sich ahnliche Resultate vielleicht auch mit reinera 
Huhnerblut unter gewissen Bedingungen erzielen lassen. Eine Anzahl 
von Passagen lieB sich auch mit Huhnerblut ohne Agar erzielen. 

Urn zu ermitteln, ob als Nahrmedium gerade nur Huhnerblut ver- 
wendbar ist, haben wir einige Versuche mit anderem Blut und mit Serum 
angestellt. Ein Agarrbhrchen wurde in der gewohnlichen Weise mit 
Huhnerblut, ein zweites ebenso mit bei 60° sterilisiertem, menschlichem 
Ascites uberschichtet, beide Rohrchen mit je einem Kapillartropfen einer 
virulenten Marchoux-Kultur beimpft. Ein drittes beimpftes Rohrchen 
enthielt Agar, der mit durch eine Berkefeld- Kerze filtriertem Hiihner- 
serum tiberschichtet war. Nach 3-tagigem Aufenthalt im Brutofen wurden 
in gleicher Weise Subkulturen angestellt. Der nach Bebrtitung dieser 
Rohrchen angestellte Tierversuch ergab die Anwesenheit von wirksamem 
Virus nur in der Hiihnerblutkultur. 


Huhnerblut 

l: 

:10* 

f 40" 


1: 

: 10* 

lebt 

Hiihnerserum 

1 

: 20 

lebt 

Ascites 

1 

: 20 

lebt 


Analog verlief ein zweiter Versuch mit Ascites und mit sterilem, 
nicht filtriertem Hiihnerserum. 

Ebensowenig wie durch Serum konnten wir das Hflhnerblut durch 
Kaninchenblut ersetzen. (Beimpfung mit Blut eines gefallenen Huhnes.) 


Huhnerblut 

I. Kultur 

1:10* 

t 36-48" 

11 

II. „ 

1:10 2 

f 44" 

11 

III. „ 

1: 10 2 

f 40" 

Kaninchenblut 

I. Kultur 

1:10 s 

f 36—48" 

11 

II. „ 

1:10 s 

f nach 16Tagen unter 
hochgradigster Ab- 
magerung 

11 

III. „ 


lebt 


In einem zweiten Versuch war schon die erste Kaninchenblutkultur 
avirulent (Beimpfung mit Kulturvirus). 

Sollten sich in weiteren Versuchen mit anderen Blutarten ahnliche 
Resultate ergeben, und nur Huhnerblut oder das Blut anderer fur 
Huhnerpest empf&nglicher Vogelarten als Nahrmaterial brauchbar sein, 
so lfige hier insofern ein interessantes Verhalten vor, als die natiir- 
liche Disposition einer Tierart ihren vollkommenen Ausdruck in 
dem besonderen Verhalten ihres Blutes in vitro finden wtirde. 

Es war weiterhin von Interesse zu untersuchen, ob sich die Menge 
des Hiihnerblutes in der NahrflQssigkeit stark vermindern l&Bt, etwa 
ahnlich den Verhaitnissen bei der Kultur hamophiler Bacillen, und ob 
es gelingt, Kulturen zu erhalten, wenn man durch moglichst gelinde 
Eingriffe die Vitalitat der Blutkorperchen aufhebt 1 ). 

1) Agar -f Huhnerblut. 

2) Agar -f 2 Stunden auf 60° erhitztes Kaninchenserum, dem nachher 4 Kapillar¬ 
tropfen frisches Huhnerblut zugefiigt werden. 

3) Agar + Ascites bei 60° fraktioniert sterilisiert, + 4 Kapillartropfen frisches 
Huhnerblut. 

4) Agar + Huhnerblut, das 20 Minuten auf 58° erhitzt wurde. Das Blut wurde 
lackfarbig. 

Beimpfung mit Kulturvirus. 

1) Blutgifte haben wir noch nicht anzuwenden versucht. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Nach 3-tiigigem Aufenthalt im Brutofen werden gleichartige Subkulturen angelegt 
und nach weiterer 3-tagiger Bebriitung die Virulenz gepriift. 

1) 1:500 f 38-44 *■ 

2) 1:500 lebt 

3) 1: 500 lebt 

4) 1: 500 lebt. 

Ein zweiter analoger Versuch ergab das gleiche Resultat: 

1) 1:500 f 53“ 

2) 1 :500 lebt 

3) 1:500 lebt 

4) 1:500 lebt. 

Urn eine weniger eingreifende Art der Zerstorung des Blutes anzu- 
wenden, haben wir die Zerstorung der Blutkorperchen durch Einfriereu 
und Auftauen vorgenommen, und diesen Vorgang siebenmal kurz hinter- 
einander wiederholt. 

Das so gewonnene lackfarbige Blut wurde zur Ueberschichtung von 
Agar verwendet, als Kontrolle diente wieder Agar + unverandertes 
Htihnerblut (nach 3-t&giger Bebriitung zweite gleichartige Passage, nach 
weiteren 3 Tagen Virulenzpriifung). 

Hiihnerblut 1: 500 f 34—42 h 

gefrorenes Hiihnerblut 1: 500 lebt 

Auf Grund dieser Ergebnisse wird der Gedanke zu erwagen sein, 
daB fur das Marchouxsche Kulturverfahren moglicherweise nicht die 
Anwesenheit irgendwelcher chemischer Bestandteile der Blutkorperchen 
geniigt, sondern vielleicht die Gegenwart intakter Blutzellen notwendig ist, 
so daB es sich nicht um eine Kultur auf leblosem Material handeln wiirde. 

Unsere Versuche sind aber nicht urafassend genug, um diese Frage 
zu entscheiden. 


Nachdruck verboten. 

Einige anatomo-patMogische Lasionen bei der Nagana 
(Trypanosoma Brucei). 

Vorlaufiger Bericht. 

Von Dr. Mario Battaglia, 

Privatdozent fiir pathologische Anatomie und Histologic an der Universitat Neapel, 
Arzt in der Kgl. Ital. Marine, Hospital ,,Re d’Italia". 

I. Ulzerierendes Granulom von Trypanosoma Brucei. 

Als ich w&hrend der Jahre 1908, 1909, 1910 das Trypanosom 
der Nagana, auBer seiner Biologie, welche derjenigen des Try¬ 
panosoma vespertilionis (Tryp. Battaglia) und des Try¬ 
panosoma Lewisi ahnlich ist, studierte, nahm ich die wichtige Er- 
scheinung wahr, daB, wenn man das Blut eines von Nagana infizierten 
Tieres beim Kaninchen durch Skarifikationen auf die Eichel, auf das 
Praeputium, in die Vulva oder in die Vagina zu bestimmter Infizierung 
impft, wenn in dem zirkulierenden Blute die verschiedenen Formen des 
Trypanosoma Brucei zu beobachten sind, in den Genitalorganen 
an der Stelle der Skarifikationen ein ulzerierendes, hartes, knorpeliges 
Granulom erscheint. 

Dieses Faktum erfolgt nur bei Kaninchen, und dieses ulzerierende 
Granulom erhalt man nur, wenn die Nagana in die Genitalorgane ge- 


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Battaglia, Einige anatomo-pathologische Lasionen bci der Nagana etc. 169 


iinpft wird. Diese in biologischer Hinsicht sehr wichtigen Versuche 
waren Gegenstand meiner Mitteilungen an die „Gesellschaft fur Hygiene 
und Tropenpathologie u und an die „Medizinisch-chirurgische Akademie“ 
der Fakultilt zu Neapel. 

Die experimentelle Lasion beginnt in der Vagina, in der Vulva, in 
der Eichel und im Praeputium des Kaninchens 4 oder 6 Tage nach der 
Impfung rait eineni harten Oedem, welches, langsam fortschreitend, eine 
Platte hervortreten laBt, die sicli iiber das unigebende Gewebe erhebt 
und verdichtete Rander von knorpeliger Harte besitzt, w ah rend sich in 
der Mitte ein Geschwur bildet, welches sich allmahlich mit einer dichten 
Kruste bedeckt. VVenn man diese Kruste entfernt, zeigen sich in dem 
Serum und dem Blut, welche aussickern, zahlreiche Trypanosoma 
Brucei; die ausgesickerte Fliissigkeit, die man auf irgendeine VVeise 
von dieser ulzerierenden Obertlache erhait, ist infizierend und iibertragt 
die Nagana auf alle die von mir bei den Versuchen angewandten Tiere, 
reproduziert aber bei Kaninchen nur das Grauulom, wenn sie auf die 
Schleimhaute der Genitalorgane geimpft wird; bei den anderen Tieren 
hingegen, wenn man auch ebenso verfahrt, reproduziert sie das Granulom 
nicht, sondern iibertragt nur die Infektion. 

Dieses Granulom, wenn es auf irgendeine Weise fixiert ist, lalit in 
den Schnitten bei mikroskopischer Untersuchung keine Form des Try¬ 
panosoma Brucei wahrnehmen, wie solches hingegen in alien Ge- 
weben der Tiere, die an Trypanosomiasis Nagana eingegangen sind, der 
Fall ist; dieses hat sich mir wenigstens durch meine Versuche und 
mittels der bisher gebrauchlichen Fixations- und Farbungsmethoden 
ergeben. 

Das Granulom zeigt bei mikroskopischer Beobachtung der Schnitte 
das ganze dermatische Gewebe in seinem ganzen Gefiige nekrotisch; in 
den Saumen sind die Zellen des Malpighischen Epithels in hydro- 
pischer Degeneration wahrzunehmen; das ganze dermatische und sub- 
dermatische Gewebe ringsum und in den dichten Teilen des Granuloms 
zeigt sich reich an feinen, zarten Fibrillen, welche sich nach alien 
Richtungen kreuzen und ineinander miindeu, so daB sie ein wahres Netz 
bilden. In den Maschen dieses Netzes sind zahlreiche Zellelemente 
wahrzunehmen, welche infolge des gegenseitigen Druckes abgerundet 
und deformiert sind, verschiedene Dimensionen haben und verschieden- 
artigen Ursprungs sind: Endothelien, Leukocyten und feste Elemente 
des Bindegewebes. Diese Ueberfiille von Zellen gibt, im Verein mit 
dem Fibrillengewebe, der experimentellen Lasion das vorherrschende 
Kennzeichen der Verhartung. 

AuBer diesem Kennzeichen sind deutliche anatomo-pathologische 
Lasionen in den GefaGen wahrzunehmen: Bei den Arteriolen dieses 
Granuloms ist die BuBere Tunica mit zahlreichen Zellelementen infil- 
triert, welche auch in die mittlere Tunica so weit eindringen, daB die 
Arteriolen dichter sind und ein Lumen zeigen, welches verengt, ja sogar 
verschlossen ist. Eine identische Lasion ist in den Venen und in den 
Kapillaren wahrzunehmen. Das GefaGepithel ist auch nicht verschont; 
es fehlt nicht an mikroskopischen Feldern, in denen eine Degeneration 
der endothelialen Zellen wahrgenommen wird, welche entweder durch 
Pyknose des Zellkerns Oder durch Abbiatterung der Intima charakteri- 
siert ist. Dieselbe Infiltration mit Kleinzellen wird im Perineurium 
wahrgenommen, wenn im Schnitt eine Nervenfibrille endet. So ist deut- 
lich zu sehen, daB die Lasion, welche experimented mit dem Trypano- 


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170 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


soma Brucei bestandig in den Genitalorganen der Kaninchen reprodu- 
ziert wird, nicht nur klinisch, sondern auch anatomo-pathologisch dem 
syphilitischen Granulom von Treponema pallidum ahnlich und 
analog ist. 

Es ist hier wohl angebracht, daran zu erinnern, daB die Genital- 
organe des Kaninchens ein sehr guter Entwickelungsboden auch fiir 
Treponema pallidum und fur Treponema pertenue (experi- 
mentelle P’rambosie beim Kaninchen — Neisser, Levaditi, Nichols, 
Cast ell i usw.) ist. 


II. Keratitis von Nagana. 

Bei meinen Versuchen mit Trypanosoma Brucei habe ich 
beobachten konnen, daB bei Hunden, die von Nagana infiziert sind, sehr 
leicht Keratitis in einem oder in beiden Augen, ungefahr zu 33 Proz., 
wahrzunehmen ist, wahrend sie sich bei Kaninchen viel seltener, un¬ 
gefahr zu 1,1 Proz., vorfindet. Ehe die Verdunklung der Hornhaut 
eintritt. ist eine leichte Hyperamie der Conjunctiva, sowohl der bulbaren 
als auch der palpebralen, zu bemerken, und leicht zum Vorschein kom- 
mend sind die episkleralen GefaBe wahrzunehmen; die Iris und die 
bulbare Spannung scheinen normal zu sein; dann beginnt eine leichte 
"Verdunklung der Hornhaut, oftmals zentral, selten peripherisch; bei 
Fokallicht erscheint diese Verdunklung in der Dichte des Hornhaut- 
gewebes und nicht an der Oberflache, wo noch der Spiegelglanz zu 
sehen ist. Diese Verdunklung, welche allmahlich zunimmt, dringt in 
die ganze Hornhaut ein, so daB sie das Tier blind macht, aber sie geht 
nicht weiter, da namlich die Liision weder eine Ulzeration noch eine 
epitheliale Abblatterung bewirkt. 

Wenn nach dem Tode des Tieres das Auge in irgendeiner Weise 
fixiert wird, so ist bei der mikroskopischen Untersuchung der Schnitte, 
die in verschiedeoer Weise gefSrbt sind, keine Form des Trypano¬ 
soma Brucei wahrzunehmen; aber wahrend man nach der klinischen 
Form nicht zweifeln kann, daB die L&sion nur die Hornhaut betrifft, 
bekommt man aus der histologischen Untersuchung die GewiBheit, daB 
das Auge in alien seinen Teilen und in alien seinen Geweben von erheb- 
lichen anatomo-pathologischen L&sionen angegriffen ist: Die ganze Horn¬ 
haut ist mit Lymphocyten infiltriert und in dem Gefiige des Gewebes 
sind sparliche Zellelemente, so dick wie „Mastzellen u , wahrzunehmen, 
welche an einem der Pole dicke chromatische Massen darbieten; unter 
den protoplasmatischen basophilen Granulationen sind namlich eine oder 
zwei azidophile Granulationen wahrzunehmen, welche an die sogenannten 
EinschluBkorper von Russel erinnern. Die Sklera ist mit lymphoiden 
Elementen infiltriert, und ihre GefaBe zeigen sich mit Blut gefullt und 
in den Wlinden mit kleinen, zahlreichen Zellelementen uberladen. Die 
Uvea und besonders die Iris und das Ligamentum pectinatum ist reich 
mit Leukocyten infiltriert; hier sind nun die „Mastzellen“ mit den oben 
beschriebenen Einschlussen zahlreicher wahrzunehmen. Dasselbe ist 
auch in der Retina und im Vitreum zu beobachten. 

Alles dieses fuhrt uns zu dem SchluB, daB, wenn bei Nagana Kera¬ 
titis wahrgenommen wird, das ganze Auge schon von einem intensiven 
InfiltrationsprozeB ergriffen ist. 

Neapel, 9. Sept. 1912. 


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172 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Le genre Nuttallia nous semble etre admis sans contestation par 
les diff6rents parasitologistes. Nu11a 11 et Strickland dans leurs 
etudes (3) sur N. equi et aprfcs avoir compare N. equi de i’Afrique du 
Sud avec le parasite que Nuttall a appelie Piroplasma cabal li, 
lequel est un vrai Piroplasme parasitant les chevaux de Russie, accepteut 
le genre Nuttallia et accentuent combien il est different du genre 
Piroplasma. Quant au genre Theileria, dont nous nous occupons 
surtout dans cette note, il a etd accept^ par un grand nombre de savants, 
Mesnil(4), Nuttall (5), Smith, Fantham (G) etc. Quelques auteurs 
cependant bien qu’acceptant le genre Theileria le r6servent pour 
l’esp5ce p a r v a. Ce fut James Walker (7) qui le premier a reserve 
le genre Theileria pour les piroplasmoses non inoculables. 

Richard Gonder(8) qui a fait de Theileria parva une etude 
tres d^taillee maiutient egalemeut le genre Theileria pour l’espece 
parva mais place l’espfcce mu tans dans le genre Piroplasma ou 
Babesia ce qui n’a aucune raison d’etre. 

En procedant ainsi, c’est-i-dire en groupant dans des genres differeuts 
les espfcces du genre Theileria on rend de nouveau la classification 
pleine de confusion. 

Le genre Theileria, qui possfcde des caracteres d’une grande con- 
stance, comprend des esp^ces pathogeniques, d’autres non pathog6niques, 
quelques-lines inoculables, d’autres non inoculables. Comme chez la 
plupart des autres genres de Protozoaires chez celui-ci le groupement 
est base sur les caracteres morphologiques et non sur les caracteres 
biologiques. 

bonder lui-metne qui considere l’esp^ce mu tans comme n’apparte- 
nant pas du genre Theileria fait dans son travail une affirmation qui 
est en contradiction avec sa fagon de proc6der. Ainsi dit-il: “Biological 
qualities do not come into final consideration if we separate different 
genera or species of parasites, otherwise we would have to separate 
from each other a great many species of Trypanosomes which morpho¬ 
logically belong together.” 

Il n’est done pas admissible de separer du genre Theileria l’espfece 
mu tans dont les caracteres sont si semblables it ceux de l’esp&ce 
parva qu’il faut pour identifier ces deux esp&ces avoir recours aux in¬ 
oculations. 

Dans la presente note nous etudions une nouvelle esp^ce de 
Theileria et nous avons pu nous certifier encore une fois de la con- 
stance des caracteres de ce genre qui a une large distribution. 

Nous avons regu recemment de M r . Eustace Montgomery, 
du Veterinary Pathological Laboratory de Nairobi (British East Africa), 
une preparation de sang d’une Gazella grantii extra-ordinairement 
infect^ par une Theileria. 

La preparation a 6t£ faite par M r . R. J. Stordy dans la fronti6re 
de l’Abyssinie et l’animal infects semble n’avoir jamais presente aucun 
symptome. 

La grande infection que la Gazelle pr£sentait la rend propice k 
1'etude du genre Theileria et nous avons accepte pour cette raison 
l’aimable proposition que le Prof. Montgomery nous a faite de publier 
une note sur ce sujet. 

S’il est vrai que l’etude d’une seule preparation du sang ne permet 
pas une etude detailiee de respfcce, l’abondance de l’infection nous a 
donne l’occasion de bien determiner, par comparaison avec d’autres 


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Fran 5 a, Quelquea considerations sur le genre Theileria etc. 


173 


Theileria, les caractfcres gdntiriques comme nous l’avons fait dans 
notre travail antdrieur pour d’autres genres de la fainille Piro- 
p 1 a s ni i d a e. 

L’infection etait tr&s intense et comme d’habitude c’dtaient les formes 
rondes ou ovalaires celles qui predominent. 

Les formes ovalaires ont presque toutes un diam&tre de 1.5 //, le 
noyau en croissant suivant une partie du contour du parasite. Le 
protoplasma se colore plus faiblement dans la partie centrale du parasite. 
Ensuite on rencontre souvent des formes bacillaires, formes caract6ristiques 
du genre Theileria. 

Ces formes se prdsentent comme un bStonnet de 1 it 1,5 fi de long 
sur 0,3 it 0,47 u de large. Ces formes ont le noyau toujours place dans 
une des extr6mit6s et occupant un tiers de la longueur totale du parasite. 
Ce noyau qu’il soit rond ou elliptique dtipasse 16g£rement en dimensions 
transversales la partie protoplasinique du parasite que pr6sente ainsi la 
forme d’une allumette. 

Ces formes bacillaires ont en r&gle la meme largeur sur toute la 
longueur du corps au contraire de ce qui arrive aux formes bacillaires 
d’autres Theileria. 

Son cytoplasma se colore uniformdment en bleu par la methode de 
Giemsa et son extrdmitd opposee au noyau se termine par une ligne 
perpendiculaire it l’axe du corps. 

A cote de ces formes bacillaires trfcs minces on trouve d’autres 
qui se distinguent par leurs dimensions et la structure de leur cyto¬ 
plasma. 

Ce sont des formes ayant 1,5 // de long sur 0,7 it 0,8 // de large 
et it extr6mit6s- arrondies. Le noyau qui occupe un tiers de la longueur 
du parasite est toujours placd dans une des extr6mit<5s, le cytoplasma se 
condense dans l’autre extrdmitd ce qui fait que dans la partie moyenne 
du corps il y a un espace clair. 

Les formes en virgule sont relativement rares et se distinguent des 
formes bacillaires uniquement par leur corps incurve. 

Les petites formes rondes sont moins frequentes que les formes 
ovalaires ou bacillaires mais elles sont plus nombreuses que les piri- 
formes et elles correspondent aux stades plus jeunes de Theileria. 

Ce sont de trfes petites formes de 0,5 it 0,7 // de diamfdre presque 
exclusivement formees par de la chromatine. 

Les parasites piriformes, les plus rares de tous les elements, ont 
un noyau en croissant dans la partie la plus dilatde et ils semblent 
repr^senter uniquement une phase de transition dans le d6veloppement 
de Theileria. 

Les formes en croix sont parfaitement identiques it celles des autres 
Theileria. Elles sont formees par quatre 616ments arrondis, clrncun 
desquels mesure it peu pr6s 0,3 u de diam&tre. Selon ce que nous 
avons vu dans d’autres esp&ces de ce genre la chromatine est ici tournee 
vers le centre. 

Quand nous nous sommes occup6s de la classification des Piroplasmes 
nous avons accented que les 616ments des formes en croix des Theileria 
ont un protoplasma tr&s rdduit au contraire de ce qui arrive dans les 
616ments des Nutt all ia. 

La forme la plus fr6quente et typique de la multiplication des 
Theileria c’est la forme en croix, par segmentation en quatre, il n’est 
pas rare cependant, de rencontrer d’autres formes de multiplication. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


Ainsi les parasites bacillaires pr£sentent-ils quelques fois une division 
binaire oil Pon voit l’un des noyaux fils rester dans une des extr6mit6s 
tandis que l’autre Emigre vers l’autre extr6mit4. 

Dans quelques formes ovalaires la chromatine se divise de fa^on k 
produire 3 noyaux. 

II est facile de comprendre que ayant affaire k des protozoaires de 
dimensions si exigues il est extr&mement difficile de distinguer les 
differentes espbces par leur morphologie. 

Entre deux espbces pathog^niques du genre, Theileria parva et 
Theileria mutans, les differences raorphologiques n’existent pas 
(Theiler) ou au moins elles n’existent pas entre les formes jeunes 
(Gonder). 

Dans certains cas cependant, un examen attentif de la morphologie 
permet de trouver certaines differences entre quelques espbces du genre 
Theileria. 

Ainsi nous pouvons faire la distinction entre 1’espfcce qui sert de base 
k ce travail et Theileria dama par la forme de quelques-uns de ses 
616ments bacillaires. En effet tandis que chez Theileria dama les 
elements bacillaires sont toujours tr&s minces, tres delicats, chezThei- 
le ( ria stordii existent quelques elements bacillaires relativement larges. 

En terminant ce travail nous voulons remercier le Prof. Mont¬ 
gomery pour l’amabilite avec laquelle il a mis k notre disposition le 
materiel qui a servi k nos recherches. 

Addendum. 

J’avais d^jk envoys cette note au Centralblatt quand, par une ana¬ 
lyse de Sergent dans le Bull, de l’lnstitut Pasteur, j’ai eu connais- 
sance du travail deMartoglio, Stella etCarpano, Contributo alia 
conoscenza ed alia classificazione dei Piroplasmi. Quoique je n’ai pu 
me procurer ce travail, l’analyse de Sergent est assez claire pour me 
permettre de me faire une idee de la classification propos£e par les 
auteurs italiens et je ne peux passer sous silence cette tentative de 
classification parce qu’elle est inexacte. Ainsi ils groupent comme des 
Piroplasmes du type bigeminum les P. bovis, ovis, canis et 
equi. Or nous savons bien que le P. equi Laveran n’a aucun point 
de contact morphologique avec le P. bigeminum. Il appartient, 
comme nous l’avons dit prec£demment au genre Nuttallia. Du reste, 
le caractbre du groupe bigeminum donn6 par les savants italiens 
ne permettra jamais d’y mettre le P. equi. La definition du type 
parvum (notre genre Theileria) est aussi peu pratique que celle 
du type bigeminum. C’est vraiment dommage qu’avec la crainte 
d’adopter des genres etablis sur des bases zoologiques, un certain nombre 
d’auteurs donne des classifications qui ne peuvent servir a rien. Il 
ne faut pas oublier que les Protozoaires parasites doivent etre group^s, 
comme les autres animaux, par leurs caractbres. En adoptant un autre 
critdrium, en basant la classification sur la biologie du parasite il sera, 
dans la plupart des cas, tout k fait impossible de determiner le genre 
auquel il appartient. 


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Tizzoni, Ueber die immunitare Reaktion des Blutes bei der Pellagra. ]75 


Bibliographic. 

1) Bettencourt, A., Franga, C. et Borges, J., Un cas de Piroplasmose bacilli- 
forme chez le Daim. (Arch, de l’lnst. Roy. de Bact. Camara Pestana. 1907.) 

2) Franca, C., Sur la classification des Piroplasmes et description de deux formes 
de ces parasites. (Arch, de l’lnst. Roy. de Bact. Camara Pestana. 1909.) 

3) Nuttall, George H. F. et Strickland, C., Die Parasiten der Pferdepiro- 
plasmose resp. des „ Biliary Fever“. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 56. 
Heft 5/6. 1910.) 

4) Mesnil, F., Difftirentes analyses. (Bull, de l’lnst. Pasteur.) 

5) Nuttall, G. H. F., Piroplasmosis. (Harben Lecture. III.) (Journ. Roy. Inst. 
Publ. Health. Vol. 16. 1908.) 

6 ) Nuttall, G. H. F., Fantham, H. B. et Porter, Annie, Observations on 
Theileria parva, the parasite of East Coast Fever of Cattle. (Parasitology. 
Vol. 2. 1910.) 

7) Walker, James, The diagnosis of bacillary Piroplasmosis of bovines in the 
Transvaal. (The Veterinary Bacteriological Laboratories. Commemorative publ. of 
the Gov. Vet. Bact.) Pretoria 1909. 

8 ) Gonder, Richard, The development of Theileria parva, the cause of East 
Coast Fever of Cattle in South Africa. (Transvaal Department of Agriculture. Report 
of the Gov. Vet. Bact. 1911.) 

9) Todd, John L. et Wohlbach, S. B.. Parasitic Protozoa from the Gambia. 
(The Journ. of Med. Research. Vol. 26. 1912. p. 195—218.) 

10) Minchin, E. A., An introduction to the study of the Protozoa. London 1912. 


Nachdruck verboten 

Ueber die immunitare Reaktion des Blutes bei der Pellagra. 

VorlSufige Mitteilung 1 2 ). 

Von Prof. Outdo Tizzoni. 

Bekanntlich hat die Untersuchung des Blutes bei der Klinik eine 
SuBerst grofie Bedeutung angenommen, und man gewinnt auf diesem 
Wege oft sehr wertvolle Anhaltspunkte fur die Diagnose und die Er- 
kennung der Natur einer Krankheit. 

Es liegt infolgedessen nahe, dafi ich bei meinen Untersuchungen 
fiber die Pathogenese und Aetiologie der Pellagra dieses wichtige Unter- 
suchungsmittel nicht beiseite lassen konnte. So habe ich auch bereits 
durch einige frfihere Beobachtungen die Existenz eines spezifischen 
PrSzipitins im Blute der Pellagrakranken nachgewiesen und darfiber 
berichtet *). 

Man muB andererseits zugeben, daB die Untersuchungen fiber die 
Prfizipitine nur ausnahmsweise in bezug auf Zuverlfissigkeit und Kon¬ 
stanz den Anforderungen der Praxis gentigen, besonders in den Fallen, 
wo das Antigen durch verschiedenartige sehr komplexe Prozeduren aus 
dem Bacillenkorper gewonnen werden mfissen, indem die Resultate 
durch die Gewinnungsmethode des Antigens, durch geringe Details der 
Reaktionstechnik und durch mehrere weitere unbestimmbare Momente 
verschieden beeinfluBt werden konnen. Aus diesem Grunde hielt ich es 
ffir zweckmfiBig, bei der Blutuntersuchung auch andere Bahnen ein- 
zuschlagen, und raeine diesbeziiglichen Resultate waren so interessant, 


1) Nach einer Mitteilung in der R. Accademia delle scienze di Bologna (21. April 

1912). 

2) Tizzoni, Sulla esistenza di una precipitina specifica nel sangue dei pellagrosi. 
(Pathologica. 1911. No. 59; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 61. 1911. H. 4/5.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


daB es sich lohnte, sie sofort durch gegenwartige Mitteilung bekannt zu 
machen. Den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen bildete folgendes 
Grundexperiment: 

Wenn man 2 Tropfen defibrinierten, frisch entnommenen Kaninchen- 
blutes einem 10 ccm gewflhnlicher Bouillon — welche eine isotonische 
Losung ist — enthaltenden Reagensrohrchen zusetzt und dieses 24 Stuuden 
Oder auch noch liinger im Thermostaten stelien laBt, so sinken die roten 
Blutkorperchen in kurzer Zeit auf den Boden, ohne daB Hamoglobin in 
die Flflssigkeit iibergeht, und diese weist keinerlei Veranderungen ihrer 
urspriinglichen Charaktere auf. 

Wenn man nach erfolgter Sedimentierung das Rohrchen schiittelt, so 
erhebt sich der blutige Bodensatz und breitet sich in der ganzen Bouillon- 
masse aus, welche wieder triibe wird und sich rot filrbt. LaBt man nun 
das Rohrchen wieder stelien, so wiederholt sich die Sedimentierung. 

Erst infolge des Alterns, d. h. nach einigen Tagen, losen sich 
die roten Blutzellen auf und treten ihr Hamoglobin der Bouillon ab; 
diese far lit sich rot, bleibt. aber dabei vollstfindig klar, im Gegensatz zu 
dem vorigen Fall, wo die Farbung nur durch eine Aufschwemmung der 
roten Blutzellen bedingt war. Die Farbung schreitet vom Boden des 
Rbhrchens nach der Oberfliiche der Flflssigkeit vor. 

Wenn man nun einigen solcheu Rohrchen neben dem Kaninchenblut 
eine kleine Menge (0,2—0,3 ccm) Blutserum von gesunden resp. pellagra- 
kranken Menschen zusetzt und die Rohrchen 24 Stunden oder nodi 
liinger im Thermostaten stelien l&Bt, so beobachtet man, daB in den 
Rohrchen, die Blutserum gesunder Menschen enthalten, die Sedimen¬ 
tierung langsam erfolgt, die Agglutination eine geringe ist und die 
H&molyse zwar in verschiedenem Grade je nach der Herstammung des 
Serums, jedoch immer reclit deutlich erfolgt; wiihrend in den Rfihrchen, 
in denen Blutserum Pellagrakrauker zugesetzt wurde, die Sedimentierung 
viel rascher vor sich geht, die roten Blutzellen sich auf den Boden des 
Rohrchens zu einer festen, milzstichiihnlichen Masse zusammeukleben, 
welche sich beim Schiitteln des Rohrchens nicht mehr zerteilt und keine 
Spur von Hamolyse nachweisbar ist. 

In anderen Worten gesagt: Die gewohnliche Bouillon, so wie sie in 
den Laboratorien hergestellt wird, ubt keiuen EintluB auf die roten Blut¬ 
zellen des Ivaninchens aus, dieselben sedimentieren und erhalten sich 
verhiiltnismaBig lange Zeit unverandert; das Blutserum gesunder Men¬ 
schen agglutiniert die Blutzellen in schwachem Grade und hflmolysiert 
sie stets (normale Heteroagglutinine und Heterolysine); das Blutserum 
Pellagrakrauker agglutiniert hingegen die Blutzellen viel rascher und 
starker, entfaltet aber nie eine hflmolysierende Wirkung. 

Ich habe zahlreiche Untersuchungen in dieser Richtung ausgefuhrt 
und beobachtet: 

DaB das Blutserum gesunder oder solcher Menschen, die eine ge¬ 
wohnliche, nicht schwere Krankheit hatten, in alien Fallen identische 
Resultate ergab, d. h. stets die Kaninchenblutkorperchen agglutinierte 
und hamolysierte, und daB sich das Blutserum Pellagrakranker stets 
anders, und zwar in einer ganz bestimmten Weise verhielt, d. h. die 
Kaninchenblutzellen nie hiimolysierte, sie aber rascher und intensiver 
agglutinierte. 

DaB es sich bei den Pellagrakranken, welche das Blutserum lieferten, 
nach den Angaben unzweifelhaft kompetenter Kollegen um frische, 
meistens reakutisierte Pellagraformen haudelte. 


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Tizzoni, Ueber die immunitare Reaktion des Elutes bei der Pellagra. 177 

• 

DaB in den Rohrchen, deneu Blutserum Pellagrakranker zugesetzt 
wurde, infolge der den Blutzellen verliehenen groBen Widerstandsfahig- 
keit, selbst bei langem (10—15 Tage) Verweilen im Thermostaten oder 
bei Zimmertemperatur keine Hamolyse erfolgte. 

DaB diese Erscheinungen stets beobachtet werden, gleichgiiltig ob 
die aus deni Blutserum der Pellagrakranken angelegten Kulturen positiv 
ausfielen oder nicht; daB sie also nicht auf die Anwesenheit spezifischer 
Keime im betreffenden Serum zuriickzufiihren sind. 

Ich habe, zusammen mit Dr. V. Puntoui, Untersuchungen aus- 
gefiihrt, urn eine Erklarung dieser Erscheinungen zu finden und fest- 
zustellen, mit welchen Momenten sie zusammenhaugen, und will hier 
fiber unsere ersten Resultate kurz berichten. 

Wir konnten feststellen: 

DaB die beschriebene Erscheinung ebenfalls eintritt, wenn man die 
frisch entnommenen Kaninchenerythrocyten uach dem allgemein bei 
Untersuchungen fiber Hamolyse angewendeten Verfahren mit Koch- 
salzlosung wascht, daB also ein EinfluB der Bouillon auszu- 
schlieBen ist; 

daB das Blutserum der Pellagrakranken, selbst wenn man Alexin zu- 
setzt, welches imstande ist, das durcli Erwarmen inaktivierte Serum 
Gesunder wieder zu aktivieren, oder die infolge Veraltens ver- 
minderte Aktivitilt wieder auf die ursprungliche Hohe zu bringen, 
keiu hfimolytisches Vermogen annimmt; 

daB die durch die Pellagra im Serum gesunder Menscheu bewirkte 
Hemmung der Hamolyse hochstwahrscheinlich durch die Erzeugung 
eines Antihamolysins und nicht durch die Zerstorung des normalen 
Heterolysins des Serums bedingt ist, welches (das Heterolysin) uach 
der Aufnahme des Antihfimolysins durch die roten Blutzellen des 
Kaninchens noch in der Flussigkeit nachweisbar ist. 

Mau kann also behaupten, daB im Blute der Pellagra¬ 
kranken ein Antihamolysin vorhanden ist, welches das 
hamolytische Vermogen der normalen Heterolysine unter- 
dr fickt. 

Was die Steigerung der agglutinierenden Eigenschaft anbelangt, so 
liegt die Annahme nahe, daB allein infolge der Hemmung des harno- 
lytischen Vermogens im pellagrosen Serum das agglutinierende Ver¬ 
mogen sich ganzlich entfalten kann, wahrend dieses im gesunden Serum 
zum Teil durch die Anwesenheit und die Wirkung des normalen Hetero¬ 
lysins gehemmt wird, denn es ist aus fruheren Versuchen bekannt, daB 
das agglutinierende und das hamolytische Vermogen zueinander im ver- 
kehrten Verhfiltnis stehen. 

Bezfiglich der Bedeutuug dieser Resultate will ich vorlaufig auf eine 
SchluBfolgerung verzichten. Ich mochte nur hervorheben, daB die 
Existenz einer Immunitfitsreaktion des Blutes ffir die infektiose Natur 
der Krankheit spricht, und daB eine enge Beziehung zwiseben dieser 
Reaktion und dem hamolytischen Vermogen des von mir isolierten 
spezifischen Keimes anzunehmen ist. 

Auch bezfiglich des praktischen Wertes dieser Resultate konnen wir 
nichts behaupten, solange nicht durch zahlreichere Versuche die Spezi- 
fizitfit und die Tragweite dieser immunitaren Blutreaktion bestimmt ist, 
80 daB sie auch in den zweifelhaften Fallen und zur Fruhdiagnose der 
Pellagra dienen kann. 


Erne Abt. Orig. Bd. 67. 

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Heft 3. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


Nachdruck terboten. 

Naclipriifung und Kritik der ublichen Bouillonbereitung. 

Einfache Herstellung elner billigen guten NsihrlOsung. 

fZootechnisch-biologisches Institut, Escola Polytechnica Sao Paulo Brasil.] 

Von Prof. Dr. Rob. ilottinger. 

Zusamnienfassung und Inhaltsiibersicht. 

Die Grundlagen der ublichen Fleischwasserbereitung ruhen auf un- 
richtigeu Voraussetzungen. Die Analysen vergleichender Versuche be- 
weisen, daB weder Aufenthalt bei niederer Temperatur (p. 183, 185, 
186) noch Mazeration bei 50° C (p. 185, 186) noch langeres Kochen 
(p. 184) notwendig ist. 

In wenigen Minuten ist die Extraktion maximal, wobei die Tempe¬ 
ratur eine durchaus untergeordnete Rolle spielt, insofern das Fleisch 
aufgekocht wird (p. 182, 183, 186). 

Ob dasselbe in siedendes Wasser geworfen und sofort verarbeitet, 
Oder stunden- und tagelangen Mazerationen unterworfen wird, ergibt fiir 
die Nahrbodenbereitung praktisch keine Differenz (p. 183, 185, 186). 

Im Riickstande der ublichen Bereitung bleibt ein groBer Teil Ex- 
traktiv- und Nahrstoffe absorbiert oder unloslich und wird weggeworfen 
(p. 182, 192 ff.). 

Durch einfaches Zufiigen einer Messerspitze Soda, eines Teeloffels 
Pankreatins, etwas Chloroform pro Kilo gekochten Hackfleisches (Rezept 
(p. 205) laBt sich eine PankreatintleischbrUhe gewinnen, welche die hoch- 
wertigsten Peptone, Polypeptide und Aminosauren enth&lt, welche nament- 
lich bei starkerer Verdiinnung (1 kg Fleisch auf 10—20 1 Wasser) zur 
Geltung kommen (p. 197 ff.). 

Die Verdauung des Fleisches nach angegebener Methodik vollzieht 
sich bei leichtester Technik glatt und namentlich ohne vorange- 
gangene Alkali hydrolyse oder Pepsinverdauung (p. 190). 

Die so bereitete Nahrfliissigkeit wird mit einigen Bakterienarten ge- 
priift mit der Absicht, einige Anhaltspunkte iiber die Brauchbarkeit zu 
geben. Herangezogen sind Anthrax, Typhus, Paratyphus A, Coli, 
Coryneb. diphtheriae, Pyocyaneus und Prodigiosus (p. 197ff.). 

Die Kulturen obiger Keime gezuchtet in iiblichem Peptonfleischwasser 
(1 kg Fleisch, 2 1 Wasser, 20 g Pepton Witte, Salz) entwickelten sich 
ebenso gut (=) oder besser (<) in Verdauungsbriihe der nachfolgend 
angefiihrten Verdiinnung (1 kg Fleisch zu x-Liter Wasser): 

Keim Fleischwaaser Verdauungsbriihe 

B. coli 1:2 1=1:30 1 (Indolbildung und Triibung) 

B. paratyphi 1:2 1 < 1:40 1 (Triibung) 

B. typhi 1:2 1 = 1—30—40 1 Triibung = 1:15 1 (Gesamtausbeute) 

B. anthracis 1:2 1 < 1:80 1 (erste Entwickelung der Kultur) 

B. pyocyaneus 1:2 1 < 1: 30 1 Triibung < 1: 60 1 Farbstoffbildung 
B. prodigiosus 1:2 1 < 1:30 1 Triibung < l: 60 1 Farbstoffbildung 
C'b. diphtheriae 1:2 1 < 1:50 1 erste Entwickelung (vgl. p. 201) 

Wird die Verdauungsbriihe aus Fleischriickstfinden (p. 197) bereitet, 
ist ein Zusatz von 20 ccm Salzlosung (p. 201) zu empfehlen. 

Die allgem ein iiblichen Herstellungsmethoden 
der Fleischbriihe stimmen in verschiedenen Punkten mit der chemischen 
und physikalisch-chemischen Praxis nicht iiberein, und wenn auch die 

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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der ublichen Bouillonbereitung. 179 


Arbeitsmethoden fiir spezielle Falle zu modifizieren sind, sollen sie im 
Prinzip von allgemeiner Auwendung sein und auf allgemeinen Gesetz- 
maBigkeiten fuBen. Bei deni auBerordentlich groBen Verbrauch an Fleisch- 
wasser diirfte eine Nachpriifung berechtigt sein. Dafi dies nicht schon 
langst geschehen ist, scheint darauf zu beruhen, daB im allgemeinen der 
Laboratoriurasdiener die Nahrboden nach eingelerntem Schema herstellt 
und der Bakteriologe mit dem guten Nahrboden zufrieden ist, ohne nach 
Herstellung, Miihe und Kosten lange zu fragen. 

Nach einer kurzen Zusainmenstellung der Methoden, wie sie im 
bakteriologischen Laboratorium iiblich sind. soil an Hand von Experi- 
menten und Analysen die Zuverlassigkeit derselben gepriift werden. Als 
Literatur kornmen in erster Linie in Betracht die Hand- und Lehr- 
biicher, sowie die Leitfaden der Techuik und Methodik. Diese werden 
im Laboratorium in erster Linie beriicksichtigt. 

In dieser Literatur tindet man folgende Angaben iiber die Her¬ 
stellung der Nahrbrtihe 1 ): 

„Ein Kilogramm Fleisch wire! 5 Stunden in 4 1 Wasser gekocht, bleibt dann an 
einern kuhlen Orte stehen, am folgenden Tage neutral isiert etc.“ 

,,Ein Kilograram Fleisch wird fein gehackt., mit 2 1 Wasser versetzt, 1 Stunde 
bei gewohnlicher Temperatur, darauf 3 Stunden bei 60° C gehalten und ofters auf- 
geriihrt. Nach Ablauf dieser Auslaugezeit wird das Gemisch l / 3 Stunde lang ge¬ 
kocht etc.“ 

„. . . . und 12—24 Stunden an einen kuhlen Ort gestellt. Wiihrend des Aufent- 
haltes im Eisschrank werden die loslichen Eiweifi- und Extraktivstoffe ausgelaugt. Man 
kann schneller zu diesem Ziele kommen, wenn man das mit Wasser iibergossene Fleisch 
1 Stunde iiber freier Flaimne kocht . . . . “ 

„. . . et on maintient en ebullition pendant cinq heures . . . “ 

„. . . Das feingehaekte und mit der doppelten Menge Wasser iibergossene Fleisch 
wird 24 Stunden in der Kalte aufbewahrt . . . “ 

„On prend de la viande, . . . encore chaude meme s’il est possible, pour 
6viter l’aciditd que determine toujours une legfere alteration. Cette viande est ... . 
portd A 120° C pendant vingt minutes dans 1’autoclave . . .“ 

Die auf diesen Prinzipien beruhenden Angaben wiederholen sich in 
der Literatur, soweit ich sah, ausnahmslos. 

Endzweck bei alien Herstellungen ist, wie ersichtlich, eine moglichst 
vollsthndige Extraktion des Fleisches. DaB fur diesen Zweck feine Zer- 
kleinerung vorgeschrieben wird, ist ohne weiteres verstandlich, da die 
auszuziehenden Substanzen in innigen und ausgedehnten Kontakt mit 
dem Wasser kommen sollen, urn die Diffusion ausgiebiger und nament- 
lich rascher zu gestalten. 

Die iibrigen obigen Angaben sollen Punkt fiir Punkt an Hand von 
Versuchen gepriift werden, wobei die reichliche Anzahl Analysen nicht 
gescheut wurde, in Anbetracht, daB die flussigen Nahrboden in auBer¬ 
ordentlich groBen Mengen verbraucht werden und daB die obigen Her¬ 
stellungen alle viel zu zeitraubend, zu teuer und unlogisch sind. 

Methodik der Versnche. 

Der Fragestellung gemaB: „Wie rasch und ausgiebig voll- 
zieht sich unter verschiedenen Verhaitnissen die Ex¬ 
traktion des Fleisches behufs Herstellung von Nahr- 
losungen?“ hat sich die Versuchsanordnung zu gestalten. Da es fiir 
einen Analytiker nicht moglich ist, geniigend Ausgangsmaterial zu ver- 
arbeiten, um alle Fragen zu erledigen oder das Material einwandfrei 


1) Das Wort „Bouillon“ diirfte anstandslos durch das deutsche Wort Briihe zu 
ersetzen sein, mit dem es sich weitgehend deckt. 

12 * 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


aufzubewahren, ist man darauf angewiesen, alle Versuche, je nach der 
Fragestellung, mindestens auf zwei verscliiedene Arten durchzufiihren 
und die jeweiligen Resultate unter sich zu vergleichen. 

1. Die variierte GroBe ist die Zeit: 

Ein bestimmtes Quantum Fleisch wird durch die Maschine getrieben 
uud die Masse nunmehr so behandelt, daB Entualnne eiuer Durch- 
schnittsprobe moglich ist und die Extraktion in beliebigem Zeitpunkt 
unterbrochen werden kann. Dies wird erreicht durch Anriikren der 
Fleischmasse mit Wasser. Unter fortgesetzter Durchmischung werden 
mit einem Schopfloffel zu bestimmten Zeiten gleiche Teile vou dem Brei 
entnommen und durch ein Drahtnetzfilter (siehe unten) gegossen. Da- 
durch wird das Fleisch rasch vom Losungsmittel getrennt; der Versuch 
steht unter den gleichen Bedingungen fiir alle Fraktionen. Auf diese 
Art kann das Fleisch. gut gemischt und in 2 Oder mehr Teile geteilt, 
auch portionsweise mit Wasser von verschiedener Temperatur angeruhrt 
werden. 

2. EinfluB der Temperatur: 

Das gehackte Fleisch wird durch Kneten und erneutes durch die 
Maschinetreiben gut gemischt, da verscliiedene Muskeln unter sich nicht 
gleichwertig sind. Das Fleisch wird zu gleichen Teilen abgewogen, mit 
bestimmten Mengen Wasser von verschiedener Temperatur verriihrt und 
schlieBlich je nach dem Zwecke erst durchgeseiht oder die ganze Masse 
durch Erhitzen koaguliert. 

Um den EinfluB der Zeit auf die Extraktion zu bestimmen, hat man 
dafur zu sorgen, daB das Wasser moglichst rasch abfiltriert wird. Dies 
gelingt ausgezeichnet durch Filtration durch Drahtgaze. Durchseihtucher 
sind weniger bequem und gestatten kein rasches Arbeiten, auf das es 
hier namentlich ankommt. 

Drahtuetz, am besten verzinntes Eisendrahtgeflecht, wie es zur Her- 
stellung von Kiichenschriinken verwendet wird, mit 1,5—2 mm Loch- 
weite, wird quadratisch geschnitten und wie ein gewohnliches Papier- 
filter (glatt) gefaltet. Bei diesen wird, dem Trichter entsprechend, ein 
Randwinkel von etwa 60 0 angestrebt, beim Drahtnetzfilter wird man bis 
90° gehen konnen, was ein leichteres Abpressen und Entleeren erlaubt. 
Statt zu falten, kann man aus dem Drahtnetze, wie in der Skizze an- 



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Hottinger, Nachprufung und Kritik der ublichen Bouillonbereitung. J81 


gegeben, ein quadratisches Stuck herausschneiden und vom Klempner 
die Schnittrander zusaramenloten lassen oder auch einfach mit Draht zu- 
sammennahen. 

Durch einen solchen Filter geht das Fleischwasser sehr glatt. 

Der Riickstand laBt sich leicht abheben und erneuter Extraktion 
unterwerfen. Bei Myosindarstellung leistet dieser Filter Vorziigliches. 

Ein vollstandig klares, von Fleischpartikeln freies Filtrat wird natiir- 
lich nicht erreicht, das Filtrat ist aber fiir unsere Zwecke vollstandig 
geniigend; die durchgelassenen Partikel machen einen verschwindend 
kleinen Bruchteil des Gesamtriickstandes aus und konnen die Extrak- 
tionsresultate nicht merklich beeinflussen, dadurch, dad sie in Fleisch¬ 
wasser langer verweilen als das tibrige Fleisch. 

Ein solches Filtrat ist an Extraktivstoffen armer als ein anderes 
durch Koagulation des Fleischbreies erhaltenes; dies diirfte darauf 
zuriickzufuhren sein, dad sich Albumine losen, die nachher wieder aus- 
gefallt werden und dadurch Wasser freigeben, das durch andere Extrak- 
tivstoffe in Beschlag genommen wird nach der Koagulation. Beim Ver- 
gleiche der Resultate ist dies zu beriicksichtigen; die Ermittelung des 
Zeiteinflusses l&Bt sich auf andere Art nicht sicher bestimmen, doch ge- 
nugt es vollkommen, wenn die Resultate derselben Serie unter sich ver- 
gleichbar sind. Weiteres iiber die Methodik ist bei den Versuchen an- 
gegeben. Jedoch sei eine VorsichtsmaBregel nicht anzufuhren vergessen, 
die peinlich durchgefuhrt wurde, namlich die Erhaltung eines konstanten 
Volumens resp. Gewichtes bei der Behandlung des erhaltenen Fleisch- 
wassers bei Hitzekoagulation, Sterilisation etc. Bei diesen Operationen 
ist es kaum zu vermeiden, daB durch Wasserverdunstung Volumdiffe- 
renzen entstehen. Dadurch kounten sich die Resultate wesentlich ver- 
schieben, denn durch eine solche Konzentration konnte ein armeres Ex- 
trakt reichere uberholen. 

Um solche Fehler zu vermeiden, wurden die Filtrate bei jeder vor- 
zunehmenden Operation gewogen und die Gewichte notiert. War Wasser 
verdunstet, so wurde das Gewicht wiederhergestellt, machte sich ein Zu- 
satz von S&ure oder Alkali notwendig, so wurde das neue Volumen be- 
rflcksichtigt. Uebrigens werden solche Fehler erst dann bemerkbar, wenn 
man mit einem kleinen Volumen arbeitet, hat man aber etwa 500 ccm 
Fleischwasser in Arbeit, von dem fur die Analysen (etwa 25 Proz.) ge- 
braucht werden, und erhitzt man die ganze Serie unter gleichen Ver- 
haltnissen, am besten ini Autoklaven, so gehen die Wasserverluste ein- 
ander ziemlich parallel. Immerhin macht die groBte beobachtete Diffe- 
renz beim einfachen Dampferhitzen 0,3 Proz. der Briihe aus. Bei einer 
Phosphors&urebestimmung wurde man etwa 0,1 mg zu wenig erhalten, 
bei Verbrennung von 50 ccm. Um einen solchen Fehler durch die 
analytische Technik zu vermeiden, bedarf es schon einiger Uebung; 
immerhin ist der Wasserersatz der einwandfreie Weg. Bei einer Ver- 
suchsreihe betrug beispielsweise der Wasserverlust beim Erhitzen im 
bedeckten Autoklaven und so regulierter Flamme, daB minimale Dampf- 
entwicklung erreicht wurde: 

in g 0,7 0,15 0,2 0,0 0,5 0,8 0,3; groBte Differenz =0,2 Proz. 

Um unnotige Wiederholungen zu vermeiden, sollen die Versuche 
im Zusammenhang gebracht werden, um alsdann an Hand der Re¬ 
sultate die verschiedenen Punkte der ublichen Fleischwasserherstellung 
auf die Zuverlassigkeit und Richtigkeit zu priifen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Vcrsuche Uber die Gesehwindigkeit der Kxtraktiou toii Fleisch bel yerschiedenen 
Temperutureu und in yerschiedenen Zeitintennllen; Feststellnng der maximaien 
Ausbeute unter dieseu Verhilltnissen. 

Serie I. 

Fleisch durch die Maschine getrieben (in alien folgenden Versuchen), mit de 
doppelten Menge Wasser angeriihrt und zu yerschiedenen Zeiten mit einem Schopfloffe 
Proben des Breies unter Umriihren entnommen und durch den Drahtnetzfilter gegossen 
alle Ruckstande gleichinafiig abgepreBt. Filtrat tariert, im bedeckten Autoklaven erhitzt, 
nach Erkalten nacbgewogen, filtriert durch Papier (Schloicher-Schiill 588; 15 ccm). 
Die Ruckstande vereinigt zu 

Serie II. 

Obige Ruckstande wicder mit Wasser wie Serie I behandelt, einmal urn die 
weitere Ausbeute festzustellen, sodann um die Extraktionsgeschwindigkeit 
bei dieser zweiten Behandlung festzustellen. Nachfolgende Tabellen geben iiber den 
Verlauf der Versuche AufschluB: 


Serie I (Prot. p. 30). Temp. 24°. 


Das Fleisch wird ab- 
geseiht nach Minuten 

Stickstoffgehalt des 
Fleischwassers 
Proz. 

Differenzen 

Proz. 

1 

0,0756 ' 

+ 0,0414 

3 

0,1170 

+ 0,0370 

6 

0,1540 

+ 0,0140 

12 

0,1680 

j - 0,0028 

18 

0,1652 


Serie II (Prot. p. 31). 

Das abgeseihte Fleisch mit dem gleichen Gcwicht Wasser angeriihrt. 


%N 

QI50 


0100 , 


00501/ 


Probe durchgeseiht 
nach Minuten 

Stickstoff im gekochten Fleischwasser 

Differenzen 



Mittelwert 


Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

3 

(0,0448) 

0,0632 

0,0490 

} + 0,0042 

9 

0,0682 

0,0682 

0,0532 

j -0,0014 

15 

i 

0,0504 

0,0532 

0,0518 


' Serie 1 


Graphische Darstellung der 
Sattigungsgeschwindigkeit 


> Serie n 


t~3 6 9 12 15 lfeMiru 

Zur besseren Uebersicht sind die Resultate in Kurven dargesteUt, welche ohne 
weiteres verstandlich sein werden. In Serie II wurden alle Analysen angefuhrt, um 
dem Einwand zu begegnen, dafi mit so geringen Mengen Stickstoff (25 ccm verbraucht) 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 183 


die Bestimmungen unter sich nicht sicher prozentuarisch verwertbar seien. Die ein- 
geklammerte Analyse ist sicher dnrch Verlust fehlerhaft (im Protokoll eingeklammert); 
wird sie weggelassen und alle 3 Versuche (3, 9, 15 Minuten) unter sich verglichen, so 
betragt der mittlere Unterschied etwa 0,001 Proz. 

In feerie I fallt das eigentiitnliche Verhalten des Extraktionsganges auf, indem 
nach dem Maximum in 12 Minuten ein leichter Abfall der Ausbeute eintritt. Dieses 
Verhalten wurde mehrfach beobachtet, vgl. auch Revista da Sociedade Scientifics. 1909 
(Hottinger und Geraldo de Paula Souza, Prepare de caldo etc.). Zur Kontrolle 
diene Sene III mit einem anderen Fleische, aber auf die gleiche Art behandelt. 


Serie III (Prot. 31). 


Extraktionsdauer 

Stickstoff 

Proz. 

Trockensubstanz 

Proz. 

1 

0,0952 

0,916 

3 

0,0980 

1,046 

6 

0,1008 

1,106 

9 

0,1022 

— 

12 

— 

1,180 

15 

0,1344 

1,198 

18 

0,1232 

— 

21 

— 

1,112 

Gesamtbrei unfiltriert 
gekocht 

0,1226 


Um zu priifen, welchen EinfluB die niedere Temperatur auf die Extraktion 
aushbt, wurde folgender Versuch gemacht: 

1600 g Hackfleisch, gut gemischt, wird in zwei Teile geteilt, jeder mit der doppelten 
Menge Wasser angeriihrt, und zwar einesteils mit Wasser von 20° C, anderenteils mit 
solchem von 5° C, nachdem das Fleisch des letzteren Versuches auf Eis abgekiihlt war. 
Die nachfolgende Tabelle gibt liber die Resultate AufschluB, die Bestimmungen des ab- 

f ekuhlten Gemisches beginnen bei 20 Minuten und sind mit 6 Stunden abgeschlossen. 
)er Zuwachs an Trockensubstanz ist auf bakterielle Zersetzungen zuriickzufiihren; das 
nicht frische Fleisch war nicht geniigend kiihl gehalten, die Temperatur nach 6 Stunden 
war 15° C. 


Serie IV (Prot. p. 32—34). 
EinfluB von Zeit und Temperatur. 


Ausbeute nach 
Minuten 

Bei 20° 

C 

Bei 5° C 

Trockensubstanz 

N 

Trockensubstanz 

N 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

4 


0,1008 



8 

0,98 

— 

— 

— 

12 

1,08 

0,107 

— 

— 

20 

1,05 

0,111 

1,04 

0,113 

35 

1,03 

0,123 

360 

auf 15° gestiegen 


1,15 

0,119 


EinfluB der Dauer des Kochens und der Fleischmenge auf 

die Ausbeute. 

1230 g Fleisch wurden gehackt, in ca. 3 1, auf offenem Feuer, siedenden Wassers 
geriihrt, nach gleichmafiiger Koagulation abgekiihlt und so in 4 Erlenmeyer-Liter- 
flaschen verteilt, daB ungleiche Mengen (vgl. unten) Fleisch und Wasser in die ver- 
schiedenen Flaschen kamen. Das Verhaltnis Fleischwasser: Fleisch ist nach dem Ver¬ 
suche festgestellt worden, indem im Verlaufe desselben die Flaschen immer gewogen 
wurden, wenn erhitzt oder Proben entnommen wurden; auf diese Art diirfte eine Die 
0,1 Proz. genaue Bilanz sicher sein. Das Verhaltnis Briihe: Fleisch hat sich in den 
rOmisch numerierten Flaschen, wie folgt, herausgestellt (vgl. Tabelle): Die Tabelle gibt 
ferner analytische Stichproben aus verschiedenen Flaschen, und zwar beziiglich Stick- 
stoff, Phosphorsaure und Trockensubstanz der klaren Briihe. Diese Stichproben sind 
mit A bezeichnet, die Resultate beziehen sich also auf Fleisch, das nur in siedendes 


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184 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Wasser eingeriihrt worden ist und moglichst rasch zur Abkiihlung kara. Nachdem die 
Proben ira Autoklaven bei etwa 0,1 Atmosphiire 1 Stunde erhitzt waren, warden weitere 
Proben entnoramen, die mit B bezeichnet sind. Weitere Erhitzung von etwa l 1 /. Stunden, 
ini ganzen also 2 1 /, Stunden, lieferte die Proben C. Iin Autoklaven wurde erhitzt, 
einmal um gleichmiifligere Resultate zu erhalten, sodann aber, weil hier in Sao Paulo 
eine Temperatur von 100° C nicht and era zu erhalten ist (Hohe iiber dem Meere iiber 
700 m). 

Serie V (p. 36 ff.). 


Proben 


I 

11 

Ill 

IV 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 


Mittel (A) 


Einflufi von Kochdauer und Verhaltnis Wasser: Fleisch. 


Gekochtes Fleisch 

Briihe 

Briihe 

Fleisch 


Stickstoff 

PA 

Trockensubstanz 


81,5 g 
757 ccm 
9,3 
1 


1.58,8 g 
662 ccm 
4,16 
1 


180,1 g 

569 ccm 


3,14 

1 


420 g 
625 ccm 
1,49 
1 


Stichprobenanalysen beim Beginn. 


0,129 

| 

0,124 

0,0952 

1,008 

0,988 | 

1,000 


0,127 

0,0952 


Kochdauer, d. h. Aufenthalt bei 100° C. 


0,127 

0,0952 

1,00 


Proben 

1 Stunde bei 100“ C (B) 

Ca. 2 1 /, Stunden bei 100° C (C) 

Trocken¬ 

substanz 

Proz. 

Stickstoff 

Proz. 

PA 

Proz. 

Trocken¬ 

substanz 

Proz. 

Stickstoff 

Proz. 

p,o, 

Proz. 

1 

II 

III 

Zur 

1,144 

1,210 

1,336 

besseren Uel 

0,146 

0,158 

0,176 

jersicht seien 

0,0997 

die Result; 

1,148 

1.342 

1,540 

ate, auf die ' 

0,151 

0,183 

0,217 

Differenzen d 

0,0982 

0,0994 

er drei ver- 


schiedenen Erhitzungszeiten ausgerechnet, zusaminengestellt: 


Gehaltsunterschiede nach verschiedener Kochdauer. 



A. Hackfleisch ins 
siedende Wasser geriihrt 
und abgekiihlt 

Proz. 

B. Das aufgekochte Fleisch A 
1 Stunde gekocht 

Proz. 

C. Die Proben B weiter 
ca. l l / a Stunden gekocht 

Proz. 


A 

B-A 

C-B 

C-A 

1 

Trockensubstrat 1,00 

0,144 

0,004 

0,148 


Stickstoff 0,127 

P s 0 6 0,0952 

0,019 

0,009 

0.028 

0,0030 

II 

Trockensubstanz 1 • r 

Stickstoff ) w,e 1 

0210 

0,132 

0,342 


0,031 

0,025 

0,056 

III 

Trockensubstanz j 

0,336 

0.204 

0,540 


Stickstoff > wie I 

0,049 

0,041 

0,090 


P,o 6 | 

0,0045 

0,0002 

0,0042 


Um den Einflufi der Mazeration bei niederer Temperatur, sowie 
bei langer Beeinflussung des Fleisches durch Wasser im Verhaltnis zur 
sehr rasehen Behandlung festzustellen, wurden gleiche Mengen Hackfleisch mit gleichen 
(doppelten) Mengen Wasser in gleich grofle Rundkolben gebracht, A und B. Kolben A 
wurde sofort in siedendes Wasserbad gestellt und hin und wieder geschultelt, 
wiihrend B, mit Eiswasser beschickt, erst bei gewohnlicher Temperatur gehalten, dann 
in warmes Wasser gebracht und dieses mit kleiner Flamme allmahlich bis zum Sieden 
erhitzt wurde, eine Behandlung, die mindestens 2 Stunden in Anspruch nimmt. Die 
Zusammenstellung der Analysenresultate wird ohne weiteres verstandlich sein. 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 185 


Versuch VI (p. 40). 

Einflufl der kurzen Extraktion bei SiedehitzeAund der prolongierten 
Extraktion bei 4° C beginnend B auf die Ausbeute. 


A. Hackfleisch in siedendes 
Wasser eingetragen 
Proz. 

Differenz 

A-B 

Proz. 

B. langsames, stundenlanges 
Anheizen bis zum Sieden 
Proz. 

Trockensubstanz 1,404 

0,056 

1,460 

Stickstoff 0.186 

0,002 

0,188 

P a 0 5 0,0702 

0,0004 

0,0706 


(P,0 5 nasse Verbrennung, Molybdiinfallung, mit 125 ccm NaOH n/5-0,9764 

Das AmOH verjagt mit H,SO{ n/5-1,0035 zuriicktitriert: A = 10,5 ccm H 2 S0 4 

B = 11,5 „ 

Analysenbelege: Stickstoff A 25 ccm H a S0 4 n/5-1,1131 11,30 NaOH d/5-0,9764 

11,30 „ 

B 25 „ „ 11,50 „ 

11,50 „ ) 

Obiger Versuch unter anderen Bedingungen wiederholt: 1250 g (nicht frisch) 
wurden in 2770 ccm Eiswaeser eingeriihrt unci zu verschiedenen Zeiten Proben eDt- 
nommen, durch Drahtnetzfilter gegossen etc. Es wurde darauf geachtet, daB alle Flaschen 
tunlichst gleichviel Filtrat erhielten. Die Behandlung war folgende: 

No. 1. Nach 15 Min. eine Probe geseiht und im siedenden Wasserbade koaguliert. 

71 2. 77 25 7, 7, 77 7, 71 )> 77 17 77 

„ 3. „ 35 „ eutnommen. 

„ 4. Die Fleischriickstande wieder annahernd mit der doppelten Merge (2370 ccm) 
Wasser verriihrt und gekocht, nach der Gerinnung durch Papier filtriert. 

Die Filtrate 1, 2 und 3 sina nicht klar. Mit Indikator [Lackmosol, ein lakmoid- 
ahnlicher, selbsthergestellter, basenempfindlicher Indikator (Revista da Soc. Scient. 
Sao Paulo 1909)] versetzt, erweisen sie sich als leicht alkalisch; sehr leicht angesauert 
und erhitzt, fallt ein Niederschlag aus, worauf 1 und 2 klar sind, 3 wieder leicht alkali- 
siert, gibt erhitzt, wieder einen Niederschlag. Durch diese Behandlung (Salzbildung) 
diirfte die Trockensubstanz etwas zu hoch ausgefallen sein. 


Serie VII (p. 41). 

Rasche und prolongierte Extraktion, von Eiswasser ausgehend. 



Trockensubstanz 

Stickstoff 

Gesamte Phosphor- 
saure 


Proz. 

Proz. 

Proz. 

No. 1 

0,98 \ Q QQ 

1,00 j u ’ yy 

0,1195 

0,0772 

„ 2 

1,07 

0,1255 

0,0781 

„ 3 

1,16 

0,1265 

0,0782 

„ 4 

S } 0 ' 65 

0,0814 

— 


Bei nachfolgender Serie wurde ganz frisches, lebenswarmes Fleisch verwendet. 1 kg 
wurde mit 2 Liter Eiswasser angeriihrt und in Kolben verteilt, mit Ausnahme von 
No. 4, das im Becherglas (tariert) bei 40° C ca. ’/» Btunde digeriert wurde. Zu be- 
achten ist, daS No. 4 und 5 vor der Koagulation aurch das Drahtnetzfilter gegossen 
wurde behufs Unterbrechung der weiteren Extraktion, namentlich wahrend der Koagu¬ 
lation, die bei der Probe No. 5 wesentlich langere Zeit brauchen wiirde, als No. 4; 
sodann wiirde der Ein flu B der Temperatur und der Zeit bei Koagulation am Fleische 
vollstandig verwischt. 

(Die Art der Verteilung des angeriihrten Fleischbreies in Kolben garantiert kein 

? ;enaues Verhaltnis Fleischwasser : Fleisch, dieser (kleine) Fehler ist nur bei Drahtnetz- 
iltration vermieden.) 

Da der Verlauf der Trockensubstanz und Stickstoffausbeute zu verschiedenen 
Zeiten Uniegelmafiigkeiten zeigt, wurde ein solcher Versuch in bezug auf die Phosphat- 
ausbeute gemacht, und zwar so, dafi gut gemischtes Hackfleisch mit dem doppelten 
Gewichte Wasser in Bechergliisern angeriihrt und zu verschiedenen Zeiten die Extraktion 
durch Durchseihen unterbrochen wurae. 


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186 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


Serie VIII (p. 46). 

Ganz friaches Hackfleisch mit Eiawaaaer angeriihrt und in 

Bal Ion verteilt. 




Trockenaubatanz 

Proz. 

Stickatoff 

Proz. 

No. 1 

FleUchbrei 6 Stunden im Eiaschrank, langaam 



2 

angewarmt bia zum Sieden 

Langaam anwarmen ohne Aufenthalt im Eia- 
acnrank 

1,082 

0,124 


1,008 

0,121 

„ 3 
„ 4 

Sofort in heifles Waaaerbad 

Im Becherglas (tariert) ca. ‘/, Stunde bei 40° C 
digenert, vor der Koagulation durch Drahtfilter 

0,984 

0,119 


gegoaaen und koaguliert 

Wie 4, aber bei 5° C digeriert 

0,950 

0,115 

„ 5 

0,924 

0,113 

Zum Vergleiche iat No. 1 mit Eiawaaaer angeriihrt 
Proben mit Waaaer von 22° C behandelt wurden. 

Serie IX. 

. worden, wahrend die anderen 


Geach windigkeit der Phoaphatextraktion. Abgewogene Fleiach- 
portionen in doppelter Menge Wasser nach verachiedenen Zeiten 
Kontakt durch Drahtfilter gegoaaen etc. 



Probe nach 
Minuten 

p,o 5 

Proz. 

Bemerkungen 

No.l 

16 

0,0722 

(Eiawaaaer) 

„ 2 

4 

0,0688 

Waaaer ca. 20° 

„ 3 

8 

0,0692 


4 

13 

0,0736 


5 

18 

0,0736 


„ 6 

12 

0,0735 

Gegen No. 4 und No. 5 




= 0,05 mg weniger ge- 
funden (Fehlergrenze) 


Aaswertung obiter Vcrsuctae lin Vergleich init den tibllchcn 
Herstellungsinethoden dcr Fleischbruhe. 

Die angefiihrten Versuche, es sind kaum ein Drittel der ausgefflhrten, 
dflrfteu erlauben, SchluGfolgerungen zu ziehen in bezug auf die beste 
Art und Weise, die Extraktivstoffe aus dem Fleische zu gewinnen und 
namentlicli auch die iiblichen Herstellungsarten einer Kritik zu unter- 
werfen. Es wird angezeigt sein, die wesentlichen Punkte aus den Vor- 
schriften der Literatur herauszunehmen und einzeln auf ikre Haltbarkeit 
zu prufen. 

1) „Daa feingehackte Fleiach wird langere Zeit, bia 24 Stunden, 
bei niederer Temperatur mazeriert.“ 

Dadurch aoll offenbar das Fleiach moglichat Gelegenheit haben, eich mit Waaaer zu 
imbibieren und die loalicheu Bestandteile zur Extraktion vorzubereiten. Die deduktive 
Priifung dieser Manipulation liifit vermuten, daB ea nicht notig iat, dieae Imbibition ao 
lange auazudehnen, denn die endosmologiachen Erfahrungen mit hyiaotODiachen Loaungen 
(Waaaer) zeigen, da£S sich die Diffuaionaeraeheinungen aehr rasch einatellen. Da zur 
Heratellung von Fleiachwaaaer reinca Waaaer verwenaet wird, iat die oamotiache Druck- 
differenz betrachtlich; die groSe Oberflache dea durch die Maachine getriebenen Fleiaehea, 
aowie daa Durchriihren dea Breies beaorgen einen au8giebigen Kontakt mit dem Extrak- 
tionamittel. Wie raach ea unter aolchen Umatanden zu tiefgreifenden Veranderungen 
der Zellen kommt, die namentlich unter dem Mikroakope leicht zu beobachten aind, 
iat bekannt. 

Macht man aber den Verauch, atatt der langeren Digeation mit Waaaer daaaelbe 
raach einige Male zu orneuern, alao nach kurzem Umriihren durch daa Drahtnetzfilter 
zu gieBen, den Riickatand wieder mit Waaaer anzuriihren und dieae raache Extraktion 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der ublichen Bouillon bereitung. 187 


einige Male zu wiederholen, indem immer das neue Filtrat gesondert aufgefangen wird, 
so zeigt das rasche Verblassen des Breies und Filtrates, da§ Blut und Muskelfarbstoff 
entfernt wurden. Dies kann aber als Anhaltepunkt fiir die Schnelligkeit der Extraktion 
im allgemeinen, also der Ausbeute an Extraktivstoffen, angeeehen werden. 

Teilt man die FJeischmasse in 2 Teile, laBt die eine Halfte etwa 20 Minuten unter 
gelegentlichem Umriihren stehen, wiihrend inzwischen die andere Halfte einige Male 
rascn, wie oben angegeben, extrahiert wird, so ist der Unterschied in der Qualitat der 
beiden durchgeseihten Proben leicht ersichtlich. In dem kaum 20 Minuten digerierten 
Teile hat sich ein Gleichgewicht hergestellt zwischen Wasser und Muskelplasma, den 
Extraktivstoffen des Fleisches, derart, dafi diese letzteren gemiifl ihrer Losungs- 
tension ins Wasser iibergetreten sind, wobei eine weitere Anreicherung im 
Lbsungsmittel nicht mehr moglich ist. Als analytische Belege dienen 
Serie IV, VIII und IX. 

Aus Serie IV ist ersichtlich, daB das Fleisch, bei 5° C mazeriert, innerhalb 
20 Minuten ebenso weit extrahiert wird, wie die Parallelprobe bei 20° C; die Differenzen 
von 0,01 Proz. Trockensubstanz und 0,002 Proz. Stickstoff (wenigcr bei 5° C) sind 
praktisch sicher zu vernachlassigen, um so mehr als ein anderes Fleisch diese Diffe¬ 
renzen normalerweise durch bessere oder geringere Qualitat 50mal iiber- 
schreiten kann, d. h. dafi in anderen Fleiscnproben der Gehalt an Extraktivstoffen 
bis 50 und mehrmal groBer ist, als diese Unterschiede. Dieser Vergleich muB als Basis 
dienen bei der Beurteilung der Resultate, denn beim Einkaufe von Fleisch wird man 
nicht immer das Beste erhalten, sondern bald bessere, bald geringere Qualitat. 

Serie VIII. No. 1 verglichen mit No. 2 und 3, zeigt das gleiche Verhalten. 
Die Differenz zwischen der Fleischbriihc, erhalten durch 6-stundige Mazeration des 
Fleischbreies im Eisschrank und ganz langes Anwarmen, ge'geniiber sofortiger Gerinnung 
im heiBen Wasserbade betragt 0,1 Proz. Trockensubstanz und 0,005 Proz. Stickstoff. 
Die Differenz in Trockensubstanz von No. 1 gegeuiiber Serie VI B (anderes Fleisch) 
betragt 0,38 Proz. und Stickstoff 0,064 Proz. 

Serie IX zeigt, daB die Phosphate in 16 Minuten bei niederer Temperatur 
sich fast maximal im Losungsmittel finden. Uebrigens ist die Loslichkeit im kalten 
Wasser durchweg geringer. Dieses kommt aber bei der Fleischwasserbereitung nicht in 
Betracht, da bei dieser Temperatur die Extraktion ja nicht vollendet wird, sondern bei 
Siedehitze. 

Aus obigen Versuchen ist der SchluB zu ziehen, daB Mazeration bei 
niederer Temperatur wertlos ist. 

Der Gehalt an Trockensubstanz und Stickstoff kann im Verlaufe der Extraktion, 
meist nach etwa 15 Min uten, ein Maximum erreichen, im weiteren Verlaufe 
fallt diese Konzentration wieder ab. Diese (Jebersattigung kann bis 8 Proz. der Gesamt- 
ausbeute erreichen. Die Ausbeute an Gesamtphosphorsaure zeigt dieses Verhalten 
nicht (Differenz 0,05 mg). 

2. Das Fleisch wird bei 60° C eine halbe Stunde nnd lilnger digeriert. 

Aus den Versuchen geht hervor, daB sich in kurzer Zeit ein Gleichgewicht ein- 
stellt auch bei gewohnlicher oder tieferer Temperatur, das nicht iiberholt wird, wenn 
der Kontakt langere Zeit oder bei hoherer Temperatur vollzogen wurde. Es wurde 
schon betont, daB innerhalb 20 Minuten, meistens schon fruher, die maximale Konzen¬ 
tration erreicht ist, und daB eine weitere Mazeration nicht den geringsten praktischen 
EinfluB hat. Ja es scheint sogar, als ob durch langere Mazeration ein Zuriickdrangen 
der Trockensubstanz und Stickstoffausbeute eintreten kbnne; diese Beobachtung konnte 
aber bei den Phosphatausbeuten nicht gemacht werden. Die rasche Extraktion inner¬ 
halb 20 Minuten erhellt aus alien Serien, so daB der SchluB erlaubt ist, dafl 

ein lllngeres Auslangen des Hackileisches durchans UberflUssig ist, da Ein- 
riihren des Fleisches in siedendes Wasser und langere Mazera- 
tionen mit nachtriiglichem Erhitzen dasselbe Resultat geben 
(Serien III, IV, VI, VII, VIII). 

3. Das Fleisch wird lange, bis 5 Stunden, gekocht. 

Aus der Serie V scheint es, als ob ein Vorteil aus dem langeren Kochen abge- 
leitet werden konnte, indem in diesem Versuche die Trockensubstanz weseutlich zuge- 
nommen hat. Dazu ist zu bemerken, daB das Fleisch nicht mehr frisch war und durch 
das Kochen sich EiweiBabkommlinge gebildet haben und in Losung gingen. Es handelt 
sich in diesen Fallen namentlich um Albuminatbildungen. DaB eine wert- 
vollere Ausbeute nicht erzielt wurde, zeigen die Phosphatanalysen, die die hochsten 
Schwankungen von 0,004 Proz. ausmachen, also noch immer sehr viel weniger, als die 
Differenz von einem Fleische zum anderen. Die so gebildeten Albuminate 
durften wertloses Material sein, denu, wollte man auf dieselben abstellen, so 
konnte man einfach das Fleisch vor dem Sieden ansauern oder alkalisch macheu'), 


1) Migula, I. p. 307. 


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188 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


wobei durch einfaches Aufkochen derselbe Effekt erzielt wiirde, wie durch stunden- 
langes Sieden in sehr schwachsaurer Losung, wie eine solche bei gelagertem, nicht frischem 
Fleische meist vorliegt. Ueber Albuminatnahrboden habe ich sehr viele Versuche ge- 
macht; dieselben wurden fallen gelassen, da die Resultate beziiglich der Fleischbriihe- 
bereitung nicht zufriedenstellend waren. 

Das Fleisch der Serie No. IV war mindestens 30 Stunden alt (Temp. ca. 20° C), 
als es zur Verarbeitung kam. Frisches Fleisch ist hier im Handel uberhaupt nicht er- 
hiiltlich. Verarbeitet man iibrigens einen solchen albuminathaltigen Nahrboden, der bei 
langerem Kochen oder im Autoklaven bei Druck immer erhalten wird, aus gelagertem 
Fleische, so wird man das Vergniigen haben, nach jeder Sterilisation wieder filtrieren 
zu konnen. Jede, auch die minimalste Reaktionsanderung kann Nieder schlage ver- 
ursachen, und hat man auch angesauert, neutralisiert und alkalisiert und immer wieder 
filtriert — immer wird man riskieren, dafl noch Albuminate sich gegenseitig in Losung 
halten, und erst durch Entfernen in verschiedentlich gewechselten Reaktionen wird man 
schliefllich ein bleibend klares Filtrat haben. Vergleiche dazu VII. 

Ist iibrigens Acidalbumin oder Alkahalbuminat im Nahrboden verlangt, so wird 
man diese Korper nicht auf so rohe Art herstellen, die nicht die geringste Desinfektion 
der entstehenden und zersetzenden Korper erlaubt. 

Bei frischerem Fleische werden die Differenzen bedeutend kleiner, indem in 
diesem Falle die leicht saure Reaktion durch das Sieden allmahlich in neutral iiber- 

S eht, um erst bei sehr langem Erhitzen, schneller unter Druck, alkalisch zu werden 
urch Ammoniakabspaltung aus dem Eiweifi. 

Bei nicht verdorbenem Fleische ist der Unterschied des kurzen und langen 
Kochens sehr klein. Bei einem fruhercn Versuche stellte Geraldo de Paula Souza 
fest, daS durch einstiindiges Sieden des Fleisches nur eine Zunahme von 0,004 Proz. 
Stickstoff eintrat, also 12mal weniger, als bei obigem Versuche; dabei ist zu bemerken, dafl 
dieses Fleisch nicht etwa frisch, sondern nur frischer war, als das in Serie V 
beniitzte. 

Beziiglich der Phosphatausbeuten sei darauf hingewiesen, dafl durch eine Stunde 
Sieden 0,0002 Proz., durch 2‘^-stiindiges Sieden 0,003 — 0,004 Proz. gewonnen wurde. 
Die Phosphate, besonders aber die Phosphorfleischsaure, bilden die wertvollsten 
Bestandteile der Fleischbriihe. 

Durch langes Sieden des Fleisches wird eine unwesentliche Mehr- 
ausbeute an Trockensubstanz und Stickstoff gewonnen. Bei nicht 
frischem Fleische kornmt es zur Bildung von Albuminaten, welche, aus der Fleisch- 
briihe nicht entfernt, die Trockensubstanz und den Stickstoffgehalt vermehren, wah- 
rend die Mehrausbeute an Phosphaten einige Zehntausendstel bis 
Tausendstel Prozente ausmacht. Dies ist durchaus unwesentlich, denn 
im Ruckstand der Fleischwasserbereitung 
bleiben bei den iiblichen Herstellungsmethoden groflere Mengen wertvolleren Materials, 
das weggeworfen wird. Die Menge der so uubeniitzten Stoffe ubersteigt obige Diffe¬ 
renzen hetrachtlich. An Phosphaten finden sich (Versuch X und XII) 0,03 Proz. 

f egen 0,003 Proz. bei 27 ,-stundigem Sieden; in Versuch VII finden sich im 
'leischwasser des Riickstandes 0,55 Proz. Trockensubstanz und 0,08 Proz. Stickstoff etc. 

Auf obigen Versuchen basierend, mochte ich folgende Art der Fleisch- 
wasserherstellung empfehlen, sofern nicht die weiter unten angegebene 
Verdauungsbriihe vorgezogen wird. 

1 kg Hackfleisch, 3 1 Wasser und ein Stuck Drahtnetz von 1,5 bis 
2 mm Lochweite (Fliegengaze) ca. 40qcm; filterformig gefaltet, ein Topf 
zum Mischen des Fleisches mit dem Wasser, sowie ein Topf zum Kochen 
des Filtrates .sind bereit zu halten. Das Fleisch wird erst mit etwa 1V 2 1 
Wasser gut durcbgeruhrt und portionenweise durch das Drahtnetz in den 
Kochtopf gegossen. Die Riickst&nde werden noch 1—2mal auf die gleiche 
Art behandelt, bis die 3 1 Wasser verbraucht sind. Das Filtrat wird auf- 
gekocht, filtriert und erhalt die bekannten Zusatze. Man erhalt ein 
blankes Filtrat ohne die lastigen Albuminatbildungen, die leicht Nieder- 
schlage bei den Sterilisationen bilden. Wurde kalkhaltiges Wasser ver- 
wendet, so kann es beim Alkalisieren zu Phosphatniederschlageu konunen. 


Das Hacken des Fleisches 

mit der Maschine hat oft Unannehmlichkeiten, indem die Sehnen und 
Fascien schwer durch die Maschine gehen. Der Laboratoriumsdiener 


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190 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


sie in dieser Beziehung keine groBeren Schwierigkeiten verursacht, als 
die Bereitung eines gewohnlichen Nahrbodens. Zu diesem Zwecke sind 
ferner die Fleischruckstande der ublichen Fleischwasserbereitung vor- 
zuglich geeignet und gelangen so zu einer vorteilhaften Verwertung. 
Das Pepton wird im Nahrboden selbst erzeugt und braucht nicht erst 
getrocknet zu werden. 

Friiher hat man angenommen, dafi sich Fleisch nicht direkt 
mit Pankreatin verdauen lasse 1 ), sondern daB erst eine 
peptische Verdauung oder Hydrolyse voranzugehen habe. 
Dies hat auf der Unkenntnis der Antiferinente beruht, die allerdings eine 
Verdauung unmoglich machen k6nnen, nfimlich dann, wenn vom Fermente 
nicht gentigend zugesetzt wurde — das Antiferment laBt sich mit dem 
Fermente abs&ttigen — wird ubrigens durch das Sieden schon teilweise 
zerstort. Nach vielen Versuchen, auf die hier nicht eingegangen werden 
soil, hat sich folgende Herstellung eines fliissigen Nahrbodens am vor- 
teilhaftesten erwiesen. Ueber das NShere betreffend Peptone und Ver¬ 
dauung siehe die angefiihrte namentlich in Betracht kommende Literatur. 

Herstellung von Verdauungsbrlihc. 

Das Fleisch wird, wie oben angegeben, in wenig siedendem Wasser 
gekocht und durch die Maschine getrieben. Die so zerkleinerte Fleisch- 
masse laBt sich leicht in einen oder mehrere Kolben abfflllen, worauf 
das Fleischwasser, in dem gekocht wurde, zugesetzt oder aliquot in die 
Kolben verteilt wird. Es wird notwendig sein, noch Wasser zuzusetzen, 
und zwar ist davon so viel notig, daB das Fleisch reichlich mit Fliissig- 
keit bedeckt ist; aber so, daB die Flasche nur etwa 2 / s gefiillt wird, um 
kraftiges Durchschiitteln leicht zu gestatten. Es ist vorteilhaft, nach Auf- 
setzen des Watteverschlusses im Autoklaven zu sterilisieren; notwendig 
ist es aber nicht, da das zuzusetzende Chloroform Faulnis genilgend 
hintanhait, insofern der Kolben gelegentlich (t&glich ein bis mehrere 
Male, je nach der Temperatur) geschnttelt wird. (Ein praktisches Rezept 
ist am Schlusse, p. 205 und 206, angegeben.) 

Nach dem Erkalten wird pro Kilogramm rohen Fleisches (es bedarf 
eines Kolbens von ca. 1,7—2 1 und etwa 1,2 1 Fliissigkeit) eine Messer- 
spitze Soda in den Ballon geworfen und durch Umschwenken kurz ge- 
schuttelt, gemischt und geldst, alsdann wird ein gehaufter Teeloflfel Pan¬ 
kreatin eingetragen und ebenso verfahren, sowie schlieBlich etwa 10 bis 
12 ccm Chloroform zugesetzt und gut geschiittelt, ohne den Watte- 
pfropfen zu besudeln, der sonst leicht vollstfindig imbibiert und luft- 
dicht schlieBend, gelegentlich ausgetrieben werden konnte. Ich ver- 
wende fast ausschlieBlich Gummilutscher, wie sie fur 
Kinderflaschen verwendet werden, und ziehe diese konischen Zapfen 
fiber den Rand des Kolbens; ein kleiner Einstich verhindert das Ein- 
treten von Druckdifferenzen bei Temperaturwechsel. Die oben angegebene 
Messerspitze Soda soli ungefahr 1 g betragen, ein fiir allemal kann diese 
Menge abgewogen werden, um iiber das Volumen orientiert zu sein. 

Der oder die Ballons sollen gelegentlich geschflttelt werden, um die 
Verdauung gleichfSrmiger und rascher verlaufen zu lassen, aber auch 
deshalb, weil von der Oberflache leicht das Chloroform abdunstet und 
sich dann Faulnis einstellen wurde. Diese ist leicht schon in ihren 
Anfangen daran zu erkennen; daB sich das Fleisch hebt 


1) Deycke u. Voigtlander, Centralbl. f. Bakt. Abt. L Bd. 29. p. 617. 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 191 


und von der Fliissigkeit nicht mehr bedeckt wird. Statt nur Chloro¬ 
form lafit sich sicherer eine Mischung Chloroform-Toluol zu etwa gleichen 
Teilen herstellen, oder erst einige Kubikzentimeter Chloroform und dann 
ebensoviel Toluol zusetzen. In diesem Falle reichert sich das Toluol an 
der Oberflache an, wahrend das Chloroform zu Boden sinkt. Das Ver- 
jagen des bei 107 0 C siedenden Toluols macht keine Schwierigkeiten, da 
es mit den Wasserdampfen leicht weggeht. 

Schon der Chloroformzusatz konnte vielleicht Bedenken erregen, in 
der Annahme, daB sich dasselbe unangenehm bemerkbar macht bei der 
spateren Ver wen dung. Ueber diese Verhaitnisse geben einige Versuche 
(vgl. unten) AufschluB. 

Nachdem, wie oben beschrieben, die Verdauung eingeleitet ist, wird 
die Mischung in, neben oder auf einen Brutschrank gestellt. Nach 1 bis 
5 Tagen, je nach der Temperatur (40 resp. 20° C), wird die Verdauung 
durch leichtes Ansauern unterbrochen. Sollte schlecht wirksames Pan- 
kreatin verwendet worden sein, so wird man am nachsten Tage einen 
weiteren Teeloffel voll zusetzen. Ob Verdauung eingetreten ist oder 
nicht, selbst iiber den Grad der Verdauung, wird man sich mit wenig 
Uebung durch einfache Beurteilung des Aussehens der Mischung, der 
Fleischpartikel und der Fliissigkeit orientieren. Die Fliissigkeit verfarbt 
sich gelblich und die Fleischpartikel werden feiner. 

1st die Verdauung durch Ans&uern mit Salzsaure (Bildung von Koch- 
salz) unterbrochen, so wird sofort oder gelegentlich des Verbrauches fil- 
triert. Auf dem Filter bleibt ein stark peptonhaltiger Riickstand — 
Papier und abgetropfter Riickstand werden in einige Liter Wasser ein- 
geriihrt — pro Kilogramm Fleisch etwa 3 1 — und wieder filtriert. Die 
beiden, annahernd neutralen, vereinigten Filtrate sind etwa 10 Minuten 
auf offenem Feuer zu kochen zur Verjagung des Chloroforms, worauf 
Wasser zugesetzt wird bis zum Gesamtvolumen von etwa 8—20 1. 

Fur die Filtrate nehme man grofie Filter, so dafi der groBte Teil des Verdauungs- 
breies aufgegossen werden kann. Da die Fliissigkeit nocn Chloroform enthalt und 
auSerdem leicht sauer ist, so wird man keine Faulnis zu befiirchten haben und die 
Filtration eventuell leicht iiber Nacht vor sich gehen lessen konnen. Einmaliges (oder 
mehrmaliges) Auffiillen des Filters mit Wasser behufs besserer Extraktion des Riick- 
standes ist vorteilbaft. Geht die Filtration schlecht vor sich, so ist zu wenig oder zu 
viel angesauert worden. Die starke Verdiinnung, 1 kg Fleisch 20 1 Wasser, wird unten 
gerechtfertigt. 

Vorteilbaft ist es, nur so viel (durchgeschiittelten) Verdauungsbrei 
den Kolben zu entnehmen, als man gerade bedarf; es dflrften 100—150 ccm 
des Breies fiir einen Liter Nahrlosung geniigend sein. Man hiite sich, 
die Nahrlosung zu konzentriert zu nehmen, da die Qualitat nicht etwa 
der Konzentration proportional ist, sondern, wie gezeigt werden soil, 
schon bei geringen Konzentrationen umgekehrt proportional. 

Versuchsresultate mit Extraktion nnd Verdauung von 
FleischrUckstHudeu. 

Versuch X. 

Der Riickstand des Fleisches der Serie V No. Ill wird mit etwa der doppelten 
Menge Wasser versetzt, leicht alkalisiert, eine Messerspitze Pankreatin zugesetzt sowie 
einige Kubikzentimeter Chloroform-Toluol ; VerschluC mit Gummilutscher, gelegentlich 

S eschiittelt, nach einigen Tagen (bei gewohnlicher Temperatur) die Verdauung unter- 
rochen durch Ansauern mit HC1 und filtriert. Filtrat A 375 ccm; Riickstand mit 
etwa */* 1 Wasser gewaschen, filtriert: Filtrat B 560 ccm. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Reaktionen des Filtrates: 

Tryptophanreaktion positiv, ziemlich stark 
Ammonsulfat ‘/, Sattigung : kaum opaleszent 
„ */, „ : opalesziert 

,, „ : Niederschlag. 

In nachfolgender Tabelle sind die Analysen, Trockensubstanz und Phosphorsaure 
angefiihrt. Bei der Berechnung der Gesamtausbeute ist das Resultat nach 2 I / J -stundigem 
Kochen (vgl. oben) beriicksichtigt. 


Versuch X. 

Pankreatin-Verdauung des Fleischriickstandes Serie V, No. III. 
Analyse der abfiltrierten Verdauungsbriihe Filtrat A 375 ccm, sowie des gewascbenen 
Verdauungsriickstandes, Filtrat B 560 ccm. 



Proz. 

auf 569 ccm be- 
zogen wie SerieV 
Proz. 

Total-Ausbeute 
Trockensubstanz 
in g 

PA 

A 

Trockensubstanz 

PA 

3,35 

0,0246 

2,208 

0,01624 

12,56 

0,0924 

B 

Trockensubstanz 

PA 

0,619 

0,0084 

0,6107 

0,0083 

3,48 

0,0472 

Einige Tage bei Zimmertemperatur verdaut 

Serie V 2 1 /, Stunden gekocht 

16,04 

8,76 

0,1396 

0,566 

Extraktion -f Verdauung 

Durch Extraktion, sodann 
durch Verdauung 


24,80 

35,3 Proz. 
64,7 Proz. 

0,706 g 
80,2 Proz. 
19,8 Proz. 


Durch die Albuminatbildung beim langen Kocheu des nicht frischen Fleiscbes 
wurde der Verdauung Material entzogen, das in der Fleischbrtihe kaum ausgeniitzt wird. 


Versuch XI. 

Verdaut wurde das Fleisch der Serie V, No. IV. Das Fleischwasser wurde nicht 
abgegossen. Zum Vergleiche der Ausbeute durch einfache Extraktion und durch Zu- 
fiigen von Pankreatin dienten die entnommenen Analysenproben (vgl. oben). 

Versuch XI. 

Verdauung des Fleisches No. IV der Serie V. 3 Tage bei Zimmertemperatur ca. 25 0 C 

angesauert. Filtrat: 

Am,S0 4 Halbsattigung : leichte Opaleszenz 
„ zweidrittel : geringer Niederschlag 
Sattigung : starker Niederschlag 
Tryptophan - 

Trockensubstanz 4,52 Proz. total 28,23 g 
Filterruckstand mit 450 ccm Wasser 
aufgenommen in diesem Filtrate: 

Trockensubstanz 1,26 Proz. total 5,67 „ 

Ausbeute „ 33,90 g 

Im einfachen Extrakt A 6,25 „ = 18,4 Proz. 

Durch Verdauung 27,65 „ = 81,6 „ 


Serie XII. 

1) 500 g Fleisch; 1054 g Wasser, langsam zum Sieden erhitzt, V, Stunde gekocht, 
filtriert. Trockensubstanz des Filtrates 1,04 Proz; Ruckstand verdaut bei Zimmer¬ 
temperatur 6 Tage. Angesauert und filtriert, Filtrat A 575 ccm. Ruckstand mit Wasser 
geschiittelt und filtriert; Filtrat B 1000 ccm. 

2 ) 500 g Fleisch obiger Qualitat ins heiSe Wasser geriihrt, sonst wie oben be- 
handelt, jedoch das Fleisch am Fleischwasser verdaut. Trockensubstanz des 
Fleischwassers 1,18 Proz. Filtrat der Verdauung 1120 ccm. Ruckstand gewaschen 
und filtriert; Filtrat B 1000 ccm. 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen BouiLlonbereitung. 193 


Nachstehende Tabelle gibt iiber den Verlauf des Versuches Aufschlufi: 

Serie XII (p. 39 ff.) 

Extraktion und Verdauung. 



Proz. 

bezogen auf 
1054 ccm 

Gesamtausbeute in 



Proz. 

g Proz. 

I. Filtrat A 575 ccm 
Trockensubstanz 

p.o. 

5,515 

0,0268 

3,015 

0,0146 

31,8 

Filtrat B 1000 ccm 




Trockensubstanz 
(0,988; 0,946; 1,016 Proz.) 

Im Fleischwasser 

0,983 

0,932 

(1,04) 

9,83 

41,63 = 79,18 

10 95 = 20,82 




52,58 = 100,0 


Proz. 


Gesamtausbeute in 



jfl ■ 

g Proz. 

II Filtrat A 1120 ccm 
Trockensubstanz 

Stic&stoff 

4,11 

4,365 

0,0783 

0,676 

46,05 

Filtrat B 1000 ccm 




Stickstoff 

Trockensubstanz 

0,157 

1,032 


10,32 

56,37 = 100.00 

11 P,O s ca. 83,87 Proz. Im Fleischwasser: 

I ,, „ 16,13 „ Durch Verdauung: 

(1,18) 

12,44 = 22,07 

43,93 = 77,93 


Beurteilung der Verdauungsversuche. 

Wenn man, wie es in den Tabellen ausgefiihrt ist, die Gesamtaus- 
beute an Extraktivsubstanzen, sowohl die durch einfache Extraktion als 
auch durch Verdauung gewonnenen, als 100 Proz. annimmt, so werden 
durch die einfache Extraktion mit Wasser, wie das Fleisch auch be- 
handelt worden ist, etwa 20 Proz. gewonnen, w&hrend die Verdauung 
weitere 80 Proz., in diesem Falle EiweiBstoffe, in Losung bringt. Das 
heiBt, daB von dem sonst weggeworfenen Riickstande durch leichtes 
Alkalisieren, Hinzufiigeu von etwas Pankreatin und Chloroform etwa 
viermal mehr wasserlosliche Substanzen aus dem Fleische gewonnen 
werden, als durch einfache Extraktion. DaB durch diese Verdauung 
namentlich Stickstoff und Kohlenstoffquellen gewonnen werden, w&hrend 
an mineralischen Bestandteilen und an Phosphorsfiure die Ausbeute zu- 
riickbleibt, ist natiirlich. In bezug auf die Phosphors&ure werden nur 
geringe Mengen durch die Verdauung mehr gewonnen werden; was sich 
an Phosphor in der Verdauungsfliissigkeit findet, diirfte groBtenteils der 
Extraktion entgangen sein. 

Was bei der Verdauung mehr an Wichtigkeit gewinnt, als die 
Ausbeute, das ist die Qualitat. Es sei daran erinnert, daB durch die 
Pankreasverdauung eine weitgehende Spaltung der EiweiBkorper herbei- 
gefiihrt wird und daB erst diese Spaltprodukte fur die Mehrzahl der (patho- 
genen) Keime in Betracht kommt; jedenfalls bilden dieselben 
fast ausnahmslos die vorzfiglichste Stickstoffquelle. 

Erste Abt, Orig. Bd. 67. Heft 3. 13 


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194 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Demgegeniiber haben wir im gewohnlichen Fleischwasser Extraktiv- 
stoffe (Stoffwechselprodukte), die einen sehr zweifelhaften Nahrboden geben. 
Darunter sind besondere Kreatin- und die Purinbasen zu nennen. Als 
besonders wichtiger Bestandteil hingegen diirfte die Phosphorfleischsaure 
anzusehen sein, die vielleicht einzig die Herstellung von Fleischwasser 
zu bakteriologischen Zwecken empfehlenswert macht, wenn man von der 
leichten Art absieht, wie man im Fleischwasser die giinstigen Mineral- 
stoffwerte erhalt. Die stickstoffhaltigen Substanzen *) (Kreatin, Kreatinin, 
Sarkin, Xanthin, Inosinsaure, Karnin, Karnosin) diirften wohl ohne groBe 
EinbuBe an Qualitat des N&hrbodens fehlen kfinnen. Die stickstoffreien 
Substanzen hingegen sind meist geradezu unerwiinscht, denn in Form 
von Zucker storen sie oft Garungsversuche, sodann sind dieselben leicht 
in gewtinschter Menge und Qualitat zusetzbar (Salze organischer Sauren 
und Zucker, Glyzerin usw.). 

Die Produkte, die durch die Pankreatinverdauung dem Nahrboden 
geliefert werden, sind verschieden, je nach der Verdauungszeit. Die so- 
genannten primaren Albumosen entstehen rasch, ebenso rasch beinahe 
finden sich aber auch tiefer abgebaute EiweiBfragmente, Polypeptide und 
Aminosauren. Man konnte nun denken, daB es in diesem Falle vorteil- 
haft sei, die Verdauung moglichst lange auszudehnen, einmal urn die 
Ausbeute zu steigern, sodann aber, um moglichst viel Peptide zu er- 
halten. Dies hatte aber wieder einen Nachteil, indem z. B. das Tyrosin 
leicht auskristallisieren konnte, andererseits aber auch das in den ersten 
Phasen der Verdauung gebildete Tryptophan durch weiteren Abbau 
verschwinden wiirde. 

Gerade das Tryptophan (Proteinochrom) mochte ich als Indikator 
fur die Unterbrechung der Verdauung empfehlen, sei es nun, daB die 
zuerst auftretende minimale Menge, Oder aber das Maximum der Bildung 
als Endpunkt angenommen wird. Im letzteren Falle wird man aber 
schon mit Tyrosinverlust rechnen miissen, falls das Gemisch angesauert 
liingere Zeit stehen bleibt (die Filtration gelingt ja meist nur in leicht 
saurer Losung glatt). 


Die Tryptophanrcaktion. 

namentlich, wenn es sich darum handelt, das erste Auftreten derselben 
zu bestimmen, muB mit einiger Vorsicht ausgeftihrt werden. Die Reaktion 
besteht darin, daB durch Bromzusatz (auch Chlor) eine schon rote Farbung 
entsteht. Das Brom wird in Form von Bromwasser, von welchem man 
sich in einem kleinen Tropfflaschchen von etwa 20 ccm durch SchQtteln 
einiger Tropfen Brom mit Wasser einen kleinen Vorrat herstellt, an- 
gewendet. Zur Priifung wird nun etwa 1 ccm des Verdauungsgemisches 
in ein Reagenzglas abfiltriert (dekantierend) und vorsichtig, unter Schiitteln 
nach jedem Tropfen, Bromwasser zugesetzt. Das Filtrat der Verdauungs- 
briihe reagiert alkalisch, und wtire es von Vorteil, wenn eine neutrale 
oder leicht saure Reaktion hergestellt wiirde. Hat man aber nur ca. 
1 ccm filtriert, so braucht es sehr wenig Saure und leicht wiirde ein 
UeberschuB gegeben, und dann gelingt die Reaktion nicht schon. 

Aber auch ohne Neutralisieren laBt sich der Nachweis erbringen, 
nur hat man dann mit dem Bromzusatz fortzufahren. bis das Alkali in 
Form von Hypobromid gebunden ist und durch nunmehrigen Brom- 
iiberschuB die Reaktion eintritt. Ist (bei sehr wenig Tryptophan) die 


1) Konig, Chemie der menschl. Nahrungs- und Genufimittel. 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 195 


Farbung da, so wird man sicli leicht tiberzeugen, dafi etwa zwei weitere 
Tropfen Bromwasser die Farbung wieder verschwinden lassen. 1st mehr 
oder viel Tryptophan in der Losung, wird also auf maximale Bildung 
verdaut, so wird man so lange Bromwasser zusetzen, als die Rotung 
zunimmt; es soli eine tiefrote Farbung entstehen. 

Uebrigens gibt leicht ein Versuch fiber diesen Verlauf AufschluB; 
vorteilhaft wird dabei bei etwa 22—25° C verdaut. Tagliche Prfifung 
wird dann das Auftreten, das Maximum und das Verschwinden des 
Tryptophans zeigen. 


Das Chloroform im Verdauungsgemisch 

konnte vielleicht Bedenken erregen, in der Annahme, dad sich dasselbe 
bei den spateren Versuchen unangenehm bemerkbar macht. Wie bemerkt, 
mud das Filtrat des Verdauungsgemisches auf offenem Feuer aufgekocht 
werden. Wenn schou der Siedepunkt des Chloroforms bei 60° C liegt, 
so ist es doch notig, die Verjagung desselben bei 100° C im offenen 
Gefade vorzunehmen. Das Fleischwasser behalt verhaltnismadig stark 
Chloroform in Losung und Spuren lassen sich noch nachweisen, wenn 
100° C nur kurze Zeit, etwa 5 Minuten, innegehalten werden. Ueber 
die Eliminierung des Chloroforms geben folgende Versuche Aufschlud: 

Fleischbrfihe wurde mit Chloroform geschuttelt und nach verschieden 
langem Erhitzen nachzuweisen versucht. Der Nachweis geschah in erster 
Linie durch die Isonitrilreaktion sowie die Resorcin probe. Die Naphthol- 
reaktion ist zu wenig empfindlich. 100 ccm der Brfihe eventuell mehr 
werden mit ca. 40 ccm Alkohol unter guter Kfihlung destilliert und im 
Destillat der Nachweis des Chloroforms versucht. Eine quantitative 
Bestimmung etwa durch Ueberffihrung in Chlorsilber gelingt natfirlich 
bei solch kleinen Mengen nicht, hingegen lassen sich durch Testversuche 
genfigend Anhaltspunkte fiber den Chloroformgehalt gewinnen. In nach- 

folgender Tabelle bedeuten: -|—|—(- sehr stark, (-}-)-kaum nach- 

weisbar,-nicht nachweisbar. 


Chloroformnach weis nach verschieden intensivem Erhitzen. 


Chloroform f leisch wasser 

Isonitrilreaktion 

Resorcinreaktion 

Kolbchen im Wasserbad bis 82° 

+ + + 


Becherglas im Wasserbad bis 82° 

+ + 


Kolbchen aufgekocht 

+ 


Becher „ 

+— 

(mit AgN0 3 kaum 
opaleszierend) 

Anterkolben im Autoklav 110° 

+ + + 

++ 

Verdauungsbruhe 5 Min. gekocht: 



300 ccm destilliert 

+ + 

+ 

200 

+ + 

H— 

100 „ 

+— 

(+)- 

Eine andere Probe 10 Min. gekocht: 



100 ccm destilliert 

_ 

_ 

200 „ 

— 

— 

Empfiudlichkeit der 

Reaktion. 


Verdauungsbruhe mit 0,005-proz. Chloroform 

+ + + 

+++ 

„ „ 0,003- „ 

+ + 

+ — 

„ „ 0,0025- „ n 

+ 

— 

i» >i 0,002- „ „ 

+ - 

— 

» 0,0015-,, „ 

+- 

— 


13* 


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196 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Aus obigen Versuchen erhellt unter anderem, dafi die Nitrilreaktion 
bedeutend empfindlicher ist, als in der Literatur angegeben wird (1:5000). 
Der Nachweis gelang noch sicher, wenn in 100 ccm 0,0015 g Chloroform 
enthalten war. Die Reaktion ist besonders empfindlich, wenn das Re- 
aktionsgemisch in einen Topf gegossen wird, der wenig Wasser enth&lt, 
worauf durch Umschwenken und Benetzen der Wande die Oberflache 
vergrofiert, durch die geringe Menge Wasser die Alkoholdampfe gebunden 
und durch Einfiihren des Kopfes in den Topf der typische Geruch leichter 
bemerkt wird. So ausgefiihrt, werden oft zweifelhafte Falle der gewifi 
etwas subjektiven Priifung recht klar; es scheint, dafi so die Em¬ 
pfindlich keit bis 1:60000 gebracht werden kann. 

Das Verjagen des Chloroforms 
kann also nach obigen Versuchen als vollst&ndig angesehen werden, wenn 
auf offenem Feuer 10 Minuten gekocht wird. Uebrigens wird 
man sich leicht Iiberzeugen, dafi praktisch das Chloroform durch den 
Sterilisationsprozefi meist als verjagt angesehen werden kann, insofern 
nicht im geschlossenen Autoklaven nur einmal erhitzt wird. Durch 
etwa 5 Minuten langes Kochen diirfte der Chloroformgehalt von 0,7 Proz. 
auf 0,002 Proz. gesunken sein, wahrend durch 10 Minuten langes Kochen 
selbst in 200 ccm kein Chloroform mehr nachzuweisen war. Uebrigens 
vermindert die starke Verdiinnung des Verdauungsbreies schon (prozentuell) 
den Chloroformgehalt. 

QualitSt des Pankreatinfleischwassers. 

Die Natur dieses fliissigen Nahrbodens diirfte schliefien lassen, dafi 
derselbe dem iiblichen Fleischwasser mit Peptonzusatz (Witte) in keiner 
Weise nachsteht, sondern wohl fur die meisten Zwecke demselben iiber- 
legen ist, selbst wenn zu weitgehenden Verdiinnungen geschritten wird. 
Es ist nicht zu vergessen, dafi das Gesetz des Nahrstoffrainimums auch 
in der Bakteriologie gilt, und dafi die nahrungsphysiologischen Tatsachen 
auch fur die niedersten Organismen Geltung haben. Nicht auf die Menge, 
sondern auf Qualit&t und Verhaltnis der Bestandteile kommt es in erster 
Linie an, wenn ein giinstiges Wachstum erreicht werden soli. 

Eine zu reichliche Verabreichung assimilierbarer Nahrstoffe wird bei 
den Bakterien ebensowohl pathologische Verhaltnisse in den Zellfunktionen 
schaffen, wie bei hoheren Organismen, deren Leben ja ein Ausdruck 
multipler Zellfunktionen ist. Auf diese Schadigungen soli spater nalier 
eingegangen werden. 

Dafi die Pankreatinfleischbriihe infolge giinstiger N&hrstoffverh&ltnisse 
weitgehender Verdiinnung fahig ist, ohne dafi ein Niihrstoffmangel durch 
geringe Entwickelung der Kultur sich zeigt, mogen einige Versuche 
belegen: 

Als beweisend seien in erster Linie einige Versuche angefiihrt, die 
mit Pankreatin-Fleischriickstandbriihe gemacht wurden. Verfahren wurde 
so, dafi das Fleisch erst zur Darstellung des iiblichen Peptonfleischwassers 
benutzt und dann der Riickstand der Verdauung unterworfen wurde. 
Die Verdiinnungen wurden mit physiologischer Kochsalzlosung gemacht 
ohne weitere Zusatze. 

Die Verdiinnungen werden zweckmafiig in grofierer Menge, etwa 
200 ccm, hergestellt. Zum Abimpfen wird eine gut durchgeschiittelte 
Fleischbriihekultur benutzt. Der Platindraht wird gleichmafiig tief in die 
Kultur eingetaucht und die Oese flach herausgehoben. Die angegangenen 


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Hottinger, NachpriifuDg und Kritik der ublichen Bouillonbereitung. 197 


Kultureu werden zu verschiedenen Zeiten gepriift, sei es durch Ab- 
schatzen der auftretenden Triibung, der Fluoreszenz etc., oder durch 
Abimpfen auf Flatten, wobei entweder die Kolonieen gezahlt, oder durch 
Abschatzen die Platten unter sich verglichen werden. Fur unseren Zweck 
diirfte letztere Methode geniigend sein, da es auf eine genaue Feststellung 
nicht ankommt, sondern ein angenaherter Vergleich angestrebt wird. 
Alle Proben sind moglichst gleichmadig schwach alkalisiert gegen 
Azolithminpapier. 

Fleischrliekstand 

verdaut. Zusatze aufler physiologischer Kochsalzlosung (aus Tafelsalz) sind nicht ge- 
macht worden. 

Bac. coli. 


Nach eingetretener Triibung wurden Platten angelegt, wobei sich folgende Reihen- 
folge derselben in bezug auf Zahl der Kolonieen una Verdiinnung ergab: 

Am dichte9ten Pankreatin 12 1 (1 kg Fleisch 12 1 Wasser), alsdann 
„ 20 

6 „ 

„ 30 „ 

4 

)> ^ >1 

Peptonfleischbriihe 2 „ iibliche Herstellung 

Nach etwa 30 Stunden wurde quantitativ das gebildete Indol (kolorimetrisch) be- 
stimmt und gefunden: 

1 kg Fleisch 2 1 Wasser in 10 ccm Kultur 6,3 mg Indol 


Peptonfleisch wasser 
Pankreati n fleischbriihe 


4 
6 „ 
8 „ 
12 „ 
15 „ 
20 „ 
30 „ 
60 „ 


10 

10 

10 

10 

10 

10 

10 

10 


17,5 

17.5 

16.5 

12.5 
8,8 

7.8 
6,3 

2.8 


Beziiglich der Indolbildung ist der Pankreatin Verdiinnung 1:30 1 dem ublichen 
Peptonfleischwasser gleichwertig, mindestens ebenso aueh in bezug auf Keimzahl. 


Bac. pyocyaneus. 

Die Prufung der Kulturen wurde nach 24-stundigem Bebriiten vorgenommen. 
Dr. Rank war so freundlich, sowohl die Intensitat der Triibungen als auch der 
Fluoreszenzen der Kulturrohrchen abzuschatzen. In nachfolgender Tabelle ist die 
Reihenfolge durch Kreuze gekennzeichnet, so, da6 die Anzahl der Kreuze mit der 
Intensitat der Triibung resp. Fluoreszenz zunimmt, jedoch nicht proportional ist. 


No. 

Substrat 

Verdiinnung 

Triibung 

Fluoreszenz 1 ) 

1 

Pepton fleischwasser 

1:2 

xxxx 

XXX 

2 

Pankreatin 

1:4 

X 

X 

3 

4 

5 

Fleischbriihe 

1:6 

1:8 

1:12 

XX 

xx^x 

xxxxx 

6 

7 

>> 

1: 15 
1:20 


xxxxxx 

xxxxxxx 

8 

9 

>» 

1* 

1:30 

1:60 


xxxxxxxx 

xxxxxxxxx 


1) Alle Fluoreszenzerscheinungen werden in meinem Laboratorium seit Jahren unter 
Anwendung des an ultravioletten Strahlen reichen Bogenlichtes gepriift. Die Neutralrot- 
fluoreszenzen nach Rothberger sind so sehr friih sichtbar und besonders schbn. 

Auffiillig ist bei obigem Versuche das Anwachsen der Fluoreszenz mit der Ver- 
diinnung. Bei den drei ersten Proben konnte nur eine sehr geringe Reaktion beobachtet 
werden, beim Peptonfleischwasser herrschte eine mehr ins Violette stechende Fluoreszenz 
vor, die jedoch spaterhin in Griin iiberging, iibrigens haben sich bei 14-tagiger Bebriitung 
die Verhaltnisse verschoben. Bei gewbhnlichem Lichte konnte kaum Fluoreszenz be¬ 
obachtet werden. 


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198 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


Bac. prodigiosus 

verhalt sich in der Kultur wie Pyocyaneus. Der Beginn der Farb- 
stoffbildung tritt bei No. 9, Verdiinnung 1:60 I am deutliclisten hervor 
und nimmt sukzessive gegen die hoheren Konzentrationen ab. Bei der 
iiblichen Fleischbriihe machl die Farbe derselben den Farbton weit 
weniger rein und schon. 

Demgegeniiber sind die Trubungen in den hoheren Verdiinnungen, 
No. 7, 8, 9, besonders bei 30 und 60 1, weniger intensiv. Er scheint 
ein bestimmter Bestandteil mit dem Fleischwasser zu sehr extrahiert 
zu sein und nun zu fehlen. 

Pankreatinfleischbriihe. 

Wahrend die vorigen Versuche mit Nahrbriihe aus Fleischriickstand 
gemacht wurden, sollen noch einige Angaben mit vollvvertiger Ver- 
dauungsbruhe folgen. Im allgemeinen wird man nicht mit den Fleisch- 
riickstanden allein einen Nahrboden herstellen wollen, denn gewisse 
leichtlosliche Nahrstoffe werden leicht die Grenze des Minimums iiber- 
schreiten konnen, worauf ein gehemmtes Wachstum unausbleiblich ist. 
DaB dies jedoch mit dem Fleischriickstand, wie er bei der iiblichen 
Fleischwasserbereitung gewonnen wird, nicht rasch zutrifft, zeigen obige 
Versuche, wobei bemerkt sei, daB auch mit pathogenen Keimen ahnliche 
Resultate erzielt wurden. 

Sollte man aber einen chemisch genauer definierten Nahr¬ 
boden wiinschen, als dies mit dem gewohnlichen Peptonfleischwasser er- 
reichbar ist, so ware zu empfehlen, die Fleischextraktion mit Wasser so 
weit zu treiben. bis das Waschwasser salzfrei ist, was durch 
etwa Smaliges Auslaugen erreichbar sein diirfte. Der nunmehrige Ruck- 
stand verdaut, bis zu beginnender oder maximaler Tryptophanreaktion, 
wird als Stickstoffquelle nichts zu wiinschen iibrig lassen, wahrend die 
iibrigen Gruppen nach Wunsch variiert werden konnen. 

Statt des so behandelten Fleischriickstandes kann vorteilhaft auch 
Kasein nach Hammarsten verdaut werden, wobei jedoch auf den 
Phosphorgehalt des Kaseins (0,85 Proz.) Rucksicht genommen werden 
muB. Auch andere kristallisierte EiweiBstoffe w'erden sich in 
dieser Hinsicht verwerten lassen. 

Bei obigen Versuchen mit Fleischriickstand war die Hauptmenge 
der Extraktivstoffe, Phosphorsaure und Salze entfernt; immerhin zeigten 
sich in Verdiinnungen kraftige Kulturen, die in Rohrchen zu 10 ccm 
nur 0,000025 g Phosphorsaure enthielten, ein Beweis, daB es nicht auf 
die Menge, sondern auf Qualitat und Mischungsverhaitnis ankommt, 
beim Wachstum sowohl als auch bei gewissen Lebensfunktionen (Fluore- 
szenz. Farbstoffbildung). 

Das Wachstum ist nicht das einzige Desideratum, das wir an den 
Nahrboden stellen miissen. Es sind immer gewisse Leistungen, die be¬ 
sonders erwiinscht sind, also etwa Toxin, Skatol, Indol, FarbstofT etc. und 
in diesen Fallen wird sich der Nahrboden den Wiinschen an- 
zupassen haben. DaB es dabei nicht gleichgultig ist, wie die Nahr- 
stoffe verabreicht werden, daB etwa einfach ein UeberschuB gegeben 
wird, das zeigen die Fluoreszenzversuche mit Bac. pyocyaneus, mit 
prodigiosus und die Indolbilduug bei Bac. coli, indem in diesem 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 199 


Falle reichlicher und geeigneter Stickstoffgehalt (an Benzolkern gelagert) 
ndtig ist. 

Folgende Versuche wurden angestellt mit einem Niihrboden aus 
Fleisch, das, gekocht, 2 Tage bei 38 0 verdaut wurde und die Tryptophan- 
reaktion stark, aber nicht maximal zeigte: 

Bac. anthracis. 

Das Rohrchen mit dem Peptonfleischwasser blieb in den ersten Stunden so stark 
hinter den andern zuriick, da6 erst angenommen wurde, es sei iiberhaupt nicht 
beimpft worden; erst nach Verlauf einiger Stunden, nachdem die (Pkb.) Pankreatin- 
fleischbriihe auch in Verdiinnung von 1:80 1 schon sehr deutlich angegangen war, 
stellte sich sichtbare Entwickelung ein. Nach 16-stiindiger Bebriitung und sehr starkem 
Durchschiitteln der Kulturen wurden Platten angelegt, es zeigte sich folgendes Ver- 
halten: 


Substrat 

Verdiinnung 

Kolonieen auf der 
Platte 

Peptonfleischwasser 

1:2 Liter 

950 

Pan kreatin f leischbriihe 

1:3 „ 

1260 


1:5 „ 

850 

„ 

1:8 „ 

18-10 


1 :20 „ 

1080 


1:30 „ 

1010 


1:40 „ 

1800 


1:80 ,. 

2300 


Bei obigem Versuche wurden alle Rohrchen init einer Kultur in Pankreatinfleisch- 
briihe abgeimpft, um den Einwand auszuschlieOen, daS dabei das gewohnliche Pepton¬ 
fleischwasser durch notige Anpassungserscheinungen in der ersten Entwickelung ge- 
hemmt erscheine, wurde der Versuch wiederholt, nunmehr aus einer Peptonfleischwasser- 
kultur abgeimpft und nach 6 Stunden Platten angelegt. Zu dieser Zeit erschien die 
Kultur auf Fleischwasser noch ganz klar, die andern leicht angegangen. 


Substrat 

Verdiinnung 

Kolonieen auf der 
Platte 

Pepton fleischwasser 

1:2 Liter 

33 

Pankreatinfleischbriihe 

1:3 „ 

7 


1:5 „ 

186 


1:8 „ 

1040 


1:14 „ 

1070 


1:20 „ 

980 


1:30 „ 

560 


1:40 „ 

740 


1:70 „ 

1040 

»> 

1:80 „ 

850 


A n thrax. 

N o. 1 Peptonfleischwasser wird mit 3 Oesen geimpft, die verdiinnte Pankreatin- 
fleischbriihen mit einer Oese der stark geschiittelten Kultur. 

Nach 7 Stunden. 

N o. 1 keine Entwickelung sichtbar. 

Pankreatiufleischbriihe in alien Verdiinnungen deutliche Entwickelung, auf 
der Platte bei No. 1 keine Milzbrandkolonie, bei Verdiinnung 80 1 etwa 1500. 

Bei weiterer Bebriitung entwickelt sich auch das Rdhrchen mit dem iiblichen 
Fleischwasser. Die beigefiigte Photographie zeigt den Unterschied in der Ent¬ 
wickelung; No. 1 zeigt auf der Platte unverhaltnismafiig viel weniger Kolonien ala die 
Platte aus der Verdiinnung Pankreatinfleischbriihe 1:80 1. 


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200 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Bact. coli. 

Nach Bebriitung der Kulturen, und zwar 8 Stunden, wurden Platten angelegt und 
wie immer, Verdiinnungen bis 80 1 beriicksichtigt. Die Platten wurden auf eine groBe 
Glasscheibe gebracht, von unten diffus beleuchtet und durch 2 Beobachter, Geraldo 
de Paula Souza und O. de Gouveia, klassiffiziert. 

Beide Herren stellen unabhanging voneinander die Platten zusammen 
aus Peptonfleischwasser und Pankreatinfleiachbriihe 1:701. 

Die Untersuchung auf Indol mittels Kalorimeter ergab vergleichsweise die 


Reihenfolge 
am starksten 
schwacher: 


Pankreatinfleischbruhe 


1:5 1 
1:8 „ 
1:14 „ 
1:3 „ 
1:20 „ 
1:30 „ 

1:40 „ 
1:80 „ 


gleichwertig mit Peptonfleisch- 
wasser (vgl. p. 26) 


am schwachsten: „ 

Das indolreichste Rohrchen, Verdiinnung 1:5 1 enthielt etwa 4mal mehr Indol 
als Verdiinnung 1:30 1 sowie als das iibliche Pepton fleiach wasser 
1 : 21 . 

Untersucht wurden ferner Bac. typhi und Bac. paratphi A mit dem gleichen 
Resultate, d. h. daB auch in diesen Kulturen dieVerdiinnungen derPaukreatin- 
fleischbriihe 1:30 —1:40 fur die Entwickelung obiger Arten mindestens 
ebenBO giinstig ist, wie das iibliche 1-proz. Peptonfleischwasser. 


Corynebacterium diphtheriae, 

liebenswurdigerweise von Dr. Vital Brasil zur Verfiigung gestellt, wurde abgeimpft, 
wie iiblich, No. 1 Pepton fleisch wasser und No. 2 — 6 die verschiedenen Verdiinnungen 
mit Pankreatinfleischbruhe. Nach etwa 14 Stunden wurde die Priifung vorgenoramen, 
durch Abschatzung der Triibung und Anlegen der Platten, wobei No. 2—5 geschatzt, 
No. 1 und 5 auSerdern gezahlt wurden: 


Substrat 


No. 1 Peptonfleischwasser 

2 Pankreatinfleischbruhe 

3 

4 

5 

6 


Ver¬ 

diinnung 


1:2 

1:14 

1:20 

1:30 

1:50 

1:80 


) 


Triibung 

Platte 

Kolonieen 

kaum sichtbar 

weniger als No. 5 

860 

sehr deutliche l 
Kultur 

viel mehr Kolonieen 
als No. 1 


kaum sichtbar 

mehr als No. 1 
etwa lOrnal weniger 
als No. 1 

6700 


Man konnte den Einwand erheben, dafi vielleicht die iibliche Peptonfleischbriihe 
minderwertig gewesen sei. Dies trifft nicht zu, denn die Entwickelung tet auch in 
diesen Rohrchen eine Behr gute, nur bleibt im Anfange (bei gewissen Keimen) die Ent¬ 
wickelung etwas zuriick: Uebrigens wurde nicht immer mit dem gleichen Peptonfleisch- 
wasser gearbeitet, sondern, namentlich um diesem Einwande zu begegnen, jeweils frischer 
Nahrboden hergestellt. So sei noch kurz eine weitere Serie erwahnt. Die Verdiinnungen 
wurden nur bis auf 40 1 fortgefiihrt, da weitere Verdiinnung im allgemeinen nicht an- 

f ewendet werden wird, es sei denn fiir spezielle Zwecke, wie auch in solchen Fallen 
onzentriertere Pankreatinfleischbruhe, vielleicht bis auf 10 1 Verdiinnung, angezeigt ist 
(Indolbildung gegeniiber Farbstoffbildung, z. B. Pyocyaneus). 


1130 g Fleisch gekocht, durch die Maschine getrieben, verdaut bis zu starker 
Tryptophanbildung, wie iiblich behandelt und folgenoe Verdiinnungen hergestellt: 

No. 1. Peptonfleischwasser 1 leg Fleisch 2 1 Wasser 

Pankreatinfleischbruhe 1 „ „ 15 „ „ 


2 . 

3. 

4. 

5. 


20 

30 

40 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 201 


Bac. prodigiosus. 

Entwickelung in alien Rohrchen gleichmaflig; zwischen No. 1 und 5 kaum ein 
Unterachied. 

Bac. pyocyaneus. 

Farbstoffbildung, bei Bogenlicht beobachtet, bei No. 2—5 schon nach etwa 
12 Stunden sehr deutlich, bei No. 1 nicht nachweisbar. No. 5 (40 1) ist am deutlichsten 
gefarbt; Reihenfolge 5>4>3>2— (1 nicht nachweisbar). Farbung erst mehr violett, 
spater (24 Stunden) griin, wahrend alsdann Peptonfleischwasser erst violett, sowie spater 
ebenfalls griin wird. 

Bac. coli. 

Alle Rbhrchen entwickeln sich gleichmaSig gut beziiglich der Triibung. Indol- 
nachweis nach etwa 20 Stunden (2 ccm Kultur, 1 ccm Ehrlichs Reag., 1 can K,S,0„ 
nach ca. 1 L Stunde mit 3 ccm Chloroform geschiittelt). 

No. 1 steht beziiglich Indolbildung zwischen No. 4 und 5 entsprechend Ver- 
dunnung von 35 1 (vgl. p. 26 u. 30). Immerhin hat No. 4 kolorimetrisch bestimmt 
durch Verdiinnung mit Chloroform, etwas mehr als doppelt so viel Indol, als No. 1 
Reihenfolge 2>3>4> 1 >5. 

Bac. paratyphi A. 

Die Triibung tritt bei alien Rohrchen gleichzeitig und gleichmaSig auf. Auf den 
Platten entwickeln sich aus No. 5 etwa ‘/a mehr Kolonieen als aus No. 1. 

Bac. typhi 

wie bei Paratyphi setzen die Triibungen gleichmaSig ein und entwickeln sich kraftig. 
Immerhin sind die starken Verdiinnungen nach einigen Tagen insofern etwas zuriick- 
geblieben, als sich ein geringerer Niederschlag gebildet hatte, als im Peptonlleischwasser. 

Bac. anthracis 

wiederholt sich dasselbe Resultat, die Entwickelung bleibt im Anfange wesentlich zuriick. 
Wahrend sich auch bei der Verdiinnung 40 1 sehr sch6ne Flocken entwickelt haben, 
lassen sich kaum die ersten Entwickelungsstadien beim iiblichen Peptonfleischwasser 
erkennen. Von diesem Versuche sind die Rohrchen photographiert und 60 gestellt, 
daS der iibliche Peptonnahrboden zwischen den Verdiinnungen 15 una 40 1 
Pankreatinfleischwasser steht. 

Die Verdiinnungen des Pankreatlnflelschwassers 

lassen sich, wie aus den Versuchen ersichtlich, nicht ein filr allenial 
festsetzen. Es ist in erster Linie darauf Riicksicht zu nehmen, was sie 
leisten sollen. Hat man es mit farbstoffbildenden Keimen zu tun, so 
wird man mit weitgehenden Verdiinnungen, vielleicht bis 50 1, arbeiten, 
namentlich dann, wenn es sich urn diagnostische Zwecke handelt. 

Fiir die gewohnlichen Laboratoriumsarbeiten wird man 
eine Verdiinnung von 1 kg Fleisch auf 30 1 Wasser nehmen; bei 
dieser Verdiinnung ist beispielsweise die Indolbildung bei B. coli immer 
noch giinstiger, als beim iiblichen Peptonfleischwasser. 

Handelt es sich urn moglichst groBe Ausbeute an Bak- 
terien, also groBe Ernten, so wird man die Verdiinnungen nicht weiter 
als etwa 10 1 nehmen, da bei weiterer Verdiinnung die Entwickelung 
zu friih nachlaBt, was in diesem Falle unerwiinscht ist, fiir diagno¬ 
stische Zwecke hingegen nicht in Frage kommt, sondern 
namentlich die rasche initiale Entwickelung. 

Starkere Konzentrationen anzuwenden als 1 kg Fleisch, 
6 1 Wasser diirfte unzweckin&fiig sein, wenn nicht spezielle Fragen 
in Betracht 'kommen. 


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202 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Die Mineralstoffe 

des Fleisches sind im Gegensatze zu den Stickstoffquellen durch die 
Verdauung nicht vermehrt worden, und diirfte bei weitgehenden 



Fig. l. 



Fig. 2. 


Verdfinnungen leicht an einem oder dem anderen Elemente ein 
Mangel, das Minimum, eintreten. Die oben angefiihrten Versuche sind 


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Hottinger, Nachprufung und Kritik der iiblichen Bouillonbereitung. 203 


zwar alle ohne Salzzusatz, auBer Kochsalz, gemacht worden; immerhin 
radchte ich folgendes Verfahren empfehlen, daB durchaus keine Miihe 
macht und den Mineralstoffgehalt sicherstellt. 



Fig. 3. 



Fig. 4. 


Es wird eine konzentrierte Kochsalzlosung hergestellt, und zwar aus 
nicht gereinigtem Kristallsalz (Viehsalz), das namentlich reich an Ma¬ 
gnesium- und Calciumsalzen ist. Die L8sung wird filtriert und zu 100 ccm 


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204 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


5 g zweibasisch Kaliumphosphat (K 2 HP0 4 ) gefiigt, das sich 
langsam lost. Enthalt das Wasser keinen Kalk oder nur Spuren, wie 
hier in Sao Paulo, so wird zur Kochsalzldsung eine kleine Messerspitze 
dreibasisch Kalkphosphat zugefiigt, das sich nur teilweise lost 
und die Losung triibt. 

Fur den Gebrauch werden auf einen Liter Wasser 
20 ccm der so hergestellten Losung gegeben und (falls 
Calciumphosphat zugefiigt wurde) filtriert. Diese Losung erhalt dann ira 
Liter annahernd 




Fig. 5. 


Erkl&rnng zn den Photogrammen. 

Vergleich der Entwickelung 
von Bact. coli (Fig. 1 u. 2) sowie 
Anthrax (Fig. 3—5) in ublichem 
Peptonfleischwasser und Pankreatin- 
fleiachbriihe. 

Die Keime wurden auf die flus- 
sigen Substrate unter gleichen Bedin- 
gungen geirapft und nach Ablauf be- 
stimmter Bebriitungszeit Platten ange- 
legt, oder (Fig. 5) die Rohrchen direkt 
photograpiert. 

Fig. 1 u. 2. Bac. coli nach vor- 

f eschrittener Entwickelung auf die 
'latten verimpft (Versuch oben nicht 
angefiihrt;. 

Fig. 1 aus ublichem Fleischwasser 
1 kg Fleisch 2 1. 

Fig. 2 aus Pankreatinfleischbriihe 
1:80 1 verdiinnt 

Fig. 3 u. 4. Milzbrand; friiheres 
Entwickelungsstadium als Fig. 5. 

Fig. 3 aus ublichem Peptonfleisch- 
wasser. 

Fig. 4 aus Pankreatinfleischbriihe 
1:80. 

Fig. 5 Milzbrand. Rohrchen No. 1 
iibliches Peptonfleischwasser, kaum 
sichtbare Flockchen. No. 2 Pankreatin- 
fleischwasser 1:15 1. No. 5 Verdun- 
nung 1:40 1, in beiden starke Flocken- 
bildung. 

No. 5 Pankreatinfleischbriihe 1 :80. 
No. 1 ubliches Peptonfleischwasser 

1 ! 2 * 

No. 2 Pankreatinfleischbriihe 1:15. 


7 g Kochsalz (Magnesium und Calciumsalze als Verunreinigung) 

1 g Dikaliumphosphat. 

Bei der Sterilisation sollte 105° V 4 Atmosph. nicht tiberschritten 
werden. Besondere Vorsicht muB aber bezuglich des Autoklavdeckels 
angewendet werden, der bei quantitativen Versuchen grofies Unheil an- 
richten kann, indem ein Tropfen Kondenswasser in einem Rdhrchen die 
Entwickelung ganz hemmen kann. Statt der Kupferlegierungen wBren 
Stahl- und GuBstahldeckel vorzuziehen. In meinem Laboratorium werden 
die Rohrchen und Flaschen im Autoklaven mit Aluminiumdeckeln 
bedeckt oder es werden Bechergl&schen aufgestillpt. 


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Hottinger, Nachpriifung und Kritik der iiblichci) Bouillonbereitung. 205 

Ein Rezept der Darstellung der Verdauungsbrtthe, 
das fiir den Laboratoriumsdiener verstiindlich ist, diirfte angezeigt sein: 

Etwa 1 1 / 2 1 Wasser werden aufs Feuer gesetzt und zum Sieden ge- 
bracht. 

Inzwischen wird Fleisch in stark tingerdicke Streifen und Stiicke 
geschnitten und davon 1 kg abgewogen und in das nunmehr siedende 
Wasser geworfen. Kommt das Wasser wieder in starkes Sieden, so wird 
der Topf vom Feuer genomnien. 

Das Fleisch wird mit einer Gabel herausgefischt und durch die 
Maschine getrieben. 

Das auf Handwarme abgekiihlte Fleischwasser kornrat in eine Weit- 
halsflasche von etwa 2 1 Inhalt und es werden demselben zugefugt: 
eine Messerspitze Natriumkarbonat (Soda entwiissert) (etwa 1 l / 2 g) 
ein gehaufter Teeloffel Pancreatinum siccum (etwa 3 g) 

15—20 ccm Chloroform; nunmehr wird der Pfropfen aufgesetzt und 
tuchtig durchgeschtittelt. 

Das gekochte Hackfleisch wird in die Flasche gegeben und wieder 
tuchtig geschiittelt, wobei die Flasche am Boden und iiber dem Pfropfen 
zu fassen ist, urn das Ausschleudern des letzteren zu verhiiten, und nun 
wird das Gemisch an einen warmen Ort gestellt. Gelegentlich soli die 
Flasche geschiittelt werden. Die Verdauung dauert bei Zimmertempe- 
ratur etwa 5 Tage und mehr, bei 37° etwa 2 Tage. Ueber 40° darf 
nicht erwiirmt werden. 

Die Verdauung wird durch leichtes Ansauern nut Salzsaure unter- 
brochen, der Brei auf ein nicht zu kleines Filter (ca. 40 cm Durch- 
messer) gegossen. Ist der Brei filtriert, so wird der Riickstand samt 
Filter in etwa 2 1 Wasser gegeben, tiichtig durchgeriihrt und wieder 
filtriert. 

Die vereinigten Filtrate werden irn offeuen Topf einige Miuuten 
gekocht, je nacli Anordnung und Bedarf auf 10 - 30 50 1 (p. 33) ver- 
diinnt und wie iiblich behandelt. Oder: 

Nach dem Ans&uern wird das Verdauungsgemisch gemessen und 
wieder in die Flasche zuriickgebracht, die Menge notiert und aufbewahrt. 
Saure und Chloroform verhindern die Faulnis. Bei Bedarf wird die 
Halfte, ein Drittel etc. des vorher geschiittelten Breies filtriert, verdiinnt 
und gekocht, wie oben. 

Fur gewohnliche Zwecke konnen vorteilhaft 100 bis 
200 ccm des Breies entnommen, in einen Liter Wasser 
gegossen, filtriert und aufgekocht werden. Nachleichtem 
Alkalisieren ist der N&hrboden fertig. 

Praktische Winke. 

Wird bei etwa 38° verdaut, so tritt leicht Faulnis ein, indem an 
der Oberflache des Breies das Chloroform verdunstet, ein luftdichter 
AbschluB ist nur bei gutem VerschluB moglich, da leicht der Pfropfen 
durch die Gase ausgetrieben wird, ist Vorsicht geboten. Geniigend 
Chloroform und ofteres Umschiitteln sind angezeigt. Als erstes Anzeichen, 
daB das Gemisch nicht steril bleibt, zeigt sich ein Ansteigen des Fleisches 
an die Oberflache, etwas spater Gasbildung. 

Steigt das Fleisch an die Oberflache, so wird, unter etwas Chloro- 
formzusatz, ofter geschiittelt und die Verdauung bei Zimmertemperatur 
fortgesetzt. 


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206 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 3. 


Beachte das Aussehen der Fleischpartikel zu Beginn und im Laufe 
der Verdauung; wenig Uebung gestattet, die Verdauungskraft des Pan- 
kreatins abzuschiitzen, um eventuell mehr Pankreatin zuzusetzen. 

Leicht angesauert, setzt sich der Fleischriickstand und eine klare 
gelbliche Fliissigkeit bedeckt denselben. 


Literatnr 

beriicksichtigt namentlich die Hand- und Lehrbiicher, die bei der Herstellung von 
Nahrboden ini Laboratorium in erster Linie zu Bate gezogen werden. 

Abel, Bakteriologisches Taschenbuch. 

Courmont, Precis de Bact4riologie. 

Deycke u. Voigtlandcr, Studien iiber kulturellc Nahrboden. (Centralbl. f. Bakt. 

Abt. I. Bd. 29. p. 618ff.) 

Duclaux, Traitf* de Microbiol. T. 1. p. 105. 

Fischer, Vorlesungen iiber Bakt. (Nahrstoff u. Salzbediirfnis). 

Friedberger, in Kolle-Wassermann p. 442. 

Fuhrmann, in Abdcrhalden Biochem. Arbeitsmethoden. Bd. 3. p. 1216. 
Hottinger u. Gcraldo de Paula Souza, llevistn da Soc. Scient. Soa Paulo. 
Vol. 4. 

Hueppe, F., Die Methoden etc. p. 243. 

Konig, Die mcnschlichen Nahrunge- und GenuBmittel. III. 1. p. 643. 

Kuhne u. Chittenden, Zeitschr. f. Biol. Bd. 20. p. 16 (Pepton Witte und Hetero- 
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La far, Handb. d. techn. Mykolog. Bd. I. p. 554. 

Lehmann-Neumann, Bakteriologie. 

Mac£, Traitf- de Bactdriologic. 

Migula, System d. Bakt. Bd. 1. p. 249 sowie 307 (Alkalialbumiuatnahrboden). 
Neumeister, R., Zeitschr. f. Biol. Bd. 26. p. 33 (Hitzebestiindigkeit des Tryptophans). 
Oppenheimer, Fermente. 


Nachdruck verbolen. 

UntersuchuDgen iiber die Negativfarbung von Bakterien 
mittels des Tuscheverfahrens nach Burri. 

[Aus dem Institut fiir Seuchenlehre der Kgl. Tier&rztlichen Hochschule 
in Stuttgart (Vorstand: Prof. Dr. Reinhardt).] 

Von Hermann Bley. 

Mit 1 Tafel. 

I. Einlcitung and Literatur. 

Die Tatsache, daB es bis jetzt an einer geeigneten uud zuverlassigen 
Methode zur Herstellung von absolut sicheren Reinkulturen, d. h. von 
Kulturen, die unter vorheriger mikroskopischer, jeden Zweifel aus- 
sehliellenden Kontrolle aus einer einzigen Zelle entstanden sind, sogenannten 
Einzellkulturcn, fehlte, veranlaBte Prof. Dr. Burri, den Vorstand 
der Schweizer milchwirtschaftlichen und bakteriologischen Anstalt in Bern, 
nach ganz neuen Grundsatzen zu suchen, mit deren Hilfe eine strenge 
Isolierung einzelner Bakterien gelingen wiirde, und so Reinkulturen von 
Mikroorganisraen, speziell von Bakterien, erzielt werden konnten, die von 
einer einzigen Zelle stammen. 

Burri (2) ging von demGcdanken aus, dafidieMoglichkeit, aufeiner 
festen Nahrgclati nef lache liegende Bakterien mit der wiinschens- 


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Bley, Untersuchungen iiber die Negativfarbung von Bakterien etc. 207 


werten Leichtigkcit und Sicherheit aufzufinden. nur erreicht werden 
kann entweder durch intensive Farbung der Bakterien selbst oder 
durch intensive Farbung ihrer Umgebung. Da sich das erste Mittel wegen 
der damit verbundenen Schadigung der Lebenskraft der Zellen von selbst verbietet, so 
bleibt nur noch das zwcitc Mittel iibrig, und zwar kommt Burri auf den genialen 
Gedanken, zu diesen Versuchen die fliissige G ii n ther-Wagnersche Perl tusche 
zu nehmen. 

Yon diesem Praparat vermischtc Burri eine gewisse Menge mit einer wasserigen 
Bakterienaufschwemmung und zerstaubte dieses Gemisch iiber einer sterilen Gelatine- 
platte. Nach dem Vcrdunsten der in der Tusche vorhandenen Fliissigkeit waren auf 
der Gelatineoberflache zahlreiche kleine und kleinste, scharf umrandete, schwarze Piinkt- 
chen zu sehen, in denen nach Auflegen cines Deekglases und unter dem Mikroskope 
die vorhandenen einzelnen Bakterien als blendend weiB von der braunen Umgebung sich 
abhebende Zellen sichtbar waren. Diese Art des Tuscheverfahrens gab somit 
dem Bakteriologen die Moglichkeit, in einein scharf umgrenzten, 
kleinen, der mikroskopischen Untersuchung leicht zugiinglichen Feld 
das Vorhandenscin einer bestimmten Zahl von Bakterien mit un- 
zweifelhafter Sicherheit festzustellen. 

VVenn nun auch diesem Zerstaubungsverfahren verschiedene Mangel anhafteten, die 
hauptsachlich darin bestanden, daB durch das Zerstiiiiben einc groBe Anzahl derKeime 
auch in die umgebende Luft geschleudert wurden, und daB fernerhin die Auswahl eines 

f eeigneten Tuscnepunktes aus den zahlreichen auf der Gelatine liegenden schwarzen 
'unkten aus verschiedenen Griinden auf grofie Schwierigkeiten btieB, so war doch durch 
dieses Verfahren die Frage der Einzellkultur im Pnnzip gelcist. Nach verschiedenen 
Versuchen, die dahin zielten, auch diese Uebelstande zu beseitigen, modifizierte Burri 
sein Verfahren nach folgender Richtung: 

Gleichgiiltig, ob es sich um Bak terienarten handelt, die auf Ge¬ 
latine gedcihen oder nicht, wird zunachst zur Feststellung des iso- 
liertcn Keimes eine Gelatineplatte beniitzt. Hat man es mit Bak¬ 
terien zu tun, die auf Gelatine gedeihen, dann kann man das den 
einzelnen Keim enthaltendc Tuscheschei behen auf der Platte liegen 
lassen und die Vermchrung des Keimes abwarten. 

Als Tuscheverdiinnung wurae urspriinglich ein Gemisch von 1 Volumen der kauf- 
lichen fliissigen Perltusche (Giinther-Wagner) mit 6 Volumen Aqua destillata ver- 
wendet. Spater bediente er sich eines von der genannten Firma eigens fur diese Zwecke 
hergestellten Praparates, das von nun an durch Dr. G. Grubler & Cie. in Leipzig 
bezogen werden kann. Es wurde gleich der gauze Inhalt des Flaschchens mit der an- 
gegebenen Wassermenge grundlich gemischt, die schwarze Fliissigkeit zu 10 ccm auf 
moglichst saubere Keagensgliiser abgefullt und unter WatteverschluB sterilisiert. Weiterhin 
empfiehlt Burri, die Glaschen vor Gebrauch mindeslens 2 Wochen zura Sedimentieren 
stehen zu lassen. Auf einem absolut reinen und gut von Fett befreiten Objekttrager 
werden mit einer grofien Platinose nacheinander 4 groBe Tuschetropfen aus dem Reagens- 
glas verteilt; in den ersten Tuschetropfen eine geringe Menge des keimhaltigen Materials 
gebracht und darin zerrieben. Hierauf wird mitlels einer kleinen Oese etwas Tusche 
aus dem ersten Tropfen in den zweiten, aus dem zweiten in den dritten u. s. f. iiber- 
tragen und vermischt. Mit einer Zeichnungsfeder wird dann sofort aus den beiden letzten 
Tuschetropfen Material entnommen und auf einer Gelatineplatte in regelmaBiger Reihe 
Punkte aufgetragen. Nach Auflegen eines Deckglaschens konnen die Tropfen selbst mit 
dem immersionssystem auf ihren Gehalt an Bakterien untersucht werden. Um ein 
bequemeres Wiederauffinden derjenigen Tuschepunkte zu ermoglichen, welche nur eine 
ZelJe enthalten, konnen dieselben zweckmaBigerweise an der Unterseite der Nahrboden- 
schale mit Tinte gekennzeichnet werden. 

Handelt es sich um Bakterien, die auf Gelatineplatten nicht ge¬ 
deihen, so ist zunachst das Verfahren der Verdunnung des Keim- 
materials im Tu s c hegem isch dasselbe wie bei gelatin ewiichsigen 
Arten. Die Tuschepunkte werden nun auf der Gelatineplatte nicht 
wie bei der ersten Art auf einen kleinen Raum von DeckglasgroBe 
verteilt, sondern in weiten Abstiinden angebracht und jeder einzelne 
Punkt mit kleinen, sterilen Deckglassplittern bedeckt. Hat man bei der 
mikroskopischen Untersuchung, die allerdings nur mit Trockensystemen durehgefiihrt 
werden kann, einen Tuschepunkt mit nur einer Zelle ausfindig gemacht, so kann man 
den betreffenden Keim durch Abheben des Glassplitters mit der Pinzette in die fiir die 
Auskeimung giinstigen Verhaltnisse versetzen, denn die auf der erstarrten Gelatine liegen¬ 
den trockenen Tuschepliittchen bleiben beim Abheben des Deckglaschens mit dem in 
ihnen enthaltenen Keim regelmaBig an dem Glase haften. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Das Prinzip der Tuschepunkt-Einzellkultur faBt nun Burri in seiner Abhandlung 
in folgenden Satzen zusaramen: Das Verfahren ist ein reines lsolierun gs-, 
keiD Zuchtungsverfahreu; als Verdiinn ungsmitte 1 des Kei inm aterials 
dient sterilisierte fliissige Tusche. Die Keime werden dadurch in 
bestimmter Lage fixiert, daB man mit Hilfe einer Zeichnungsfeder 
moglichst kleine Tropfchen des schwarzen Geraisches auf die Ober- 
fliiche einer erstarrten Schicht von Nahrgelatinc bringt, wo sie nach 
wenigen Sekunden verdunsten. In den Verdunstu ngsruckstanden, 
auBerordentlich diinnen, d unkeI farbigen Scheibchen, sind die Keime 
eingelagert. Sie treten als glashelle Elemente auBerst 9charf hervor 
una konnen nach Auflegen eines Deckglases der U n tersuch un g mit 
beliebigen VergroBerungen unterworfen werden. Mit der Auffindung 
der Tuscheschei be hen, die eine einzige Zelle enthalten, ist der Zweck 
des Verfahrens erreicht. 

Die Eigenschaften der Tusche schildert hierauf Burri folgendermaBen: Der Haupt- 
bestandteil der schwarzen, flussigen Tusche ist ein sehr feiner RuB, der durch unvoll- 
standige Verbrennung von 61- und harzroichen Pflanzenbestandteilen gewonnen wird und 
in einer als Bindemittel wirkenden Fliissigkeit, meist in einer Leimlosung, die also 
kolloidalen Charakter hat, in feinster Suspension enthalten ist. Die Kohlenteilchen sind 
so fein und schlieBen so vollkoramen aneinander, daB man bei mikroskopischer Be- 
trachtung eines eingetrockneten Tuschetropfchens, selbst uutcr Verwendung aes Immer- 
6ionssystems, den Eindruck gewinnt, als ob es sich um den Riickstand einer bloBen 
kolloidalen Losung handle. Die Bedeutung der Tusche liegt in der Eigenschaft, die 
Bakterien nicht zu farben, da der ItuB als absolut unloslicher Farbstoff aufzufassen ist. 
Man gewinnt den Eindruck, als ob die Bakterienmembran befahigt ist, irgeudwelche 
verunreinigende Fremdkorperchen von sich fernzuhalten. Sehr wanrscheinlich ist, daB 
diese Eigentiimlichkeit mit der besonderen kolloidalen Beschaffenheit der Bakterien - 
membran in Zusammenhang steht, welche einem Niederscblagcn oder Ausflocken der 
suspendierten Kohlenteilchen direkt entgegenwirkt. Es war somit Burri gelungen, 
durch das Tuschcpunktverfahren die Aufgabe der Gewinnung von 
Kulturen, die aus einer einzigen Zelle stammen, ihrer Losung um 
ein wesentliches Stuck naher zu bringen. Einerseits ermoglicht das 
Tuschepun kt verfahren, lebende Bakterien moglichst deutlich und 
in einer jeden Zweifel der Verwechselung mit iihnlich geformten 
Elementen ausschlieBenden VVeise darzustellen, andererseits bietet 
es auch die Moglichkeit der schrittweisen Verfolgung der Entwicke- 
lung einer einzelnen Bakterienzelle zur Kolonie auf kiinstlichen 
N iihrboden. 

Bei Priifung der Frage, ob sich die gewohnlichen Ausstrichpraparate durch das 
Tuschepunktverfahren ersetzen lasscn, kam Burri zu dem SchluB, daB das Tusche- 
praparat unter gewissen Einschrankungen sehr gut imstande ist, das Ausstrichpraparat 
zu ersetzen. Es ergeben sich nach Burri zwei prinzipiclle Unterschiede 
zwischen dem gewohnlichen Farbepraparat und dem Tuschepriiparat. 
Wahrend man beim gewohnlichen Farbungspraparat in weiten 
Grenzen unabhangig von der Schichtdicke des Ein bettungsmittels 
ist, indem man die gefiirbte Zelle durch das farblose Einbettungs* 
medium hindurch sehen kanu, ist es andererseits nicht moglich, die 
ungefarbte Bakterienzelle durch eine Tuscheschicht von einiger- 
maiJen betrachtlicher Dicke zu erkennen. Es konnen demnach im allgemeinen 
fur eine einwandfreie Untersuchung von in trockener Tusche liegenden Bakterien nur 
Schichten in Betracht komraen, diecliinner sind als der Querschnitt der gewohnlichen Bak¬ 
terien, d. h. Schichten von 1,5 p. Hohc. Der zweite Unterschiea zwischen den 
zwei Farbungsmethodcn besteht darin, daB beim Tuschepunktver¬ 
fahren dieUmgebung der Bakterien, beim Farbepraparat die Bakterien 
selbst gefarbt werden. Man kann somit bei genauerer Betrachtung 
sagen, daB das Bild in der Tuschescheibe als etwas Natiirliches, den 
wirklichen Verhiiltnissen Entsprechendes, das Bild des gefarbten 
Praparate8 dagegen sich als etwas Un natiirl iches, Entstelltes dar- 
bietet. Um die Bakterienzelle so zu farben, daB sie auch unter schwierigen Verhalt- 
nissen gut als solche erkannt werden kann, muB man sie erst abtoten, beim Tusche- 
verfahren dagegen ist dies nicht notwendig. Vor allem eignen sich fur das Tusche- 
verfahren die aus Reinkulturen angefertigten Praparate. Handelt es sich jedoch 
um differenzierende Farbung von Zell bestandteilen, dann kann das 
Tuscheverfahren als Ersatz fiir diese Art der Farbung nicht in Frage 
kommen. Bei weiteren Versuchen gelang es jedoch Burri mit Hilfe des Tusche- 


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Bley, Untersuchungen iiber die Negativfarbung von Bakterien etc. 209 


punktverfahrens auch bei Praparaten, die aus den verschiedenartigsten korperlichen Ele- 
raenten zusammengesetzt waren, sehr schone Resultate zu erzielen. So konnte er z. B. 
bei Untersuchung des Gewebebreies aus dem Hinterleib von an Faulbrut zugrunde ge- 

O enen Bienenlarven den Faulbrutbacillus und die GeiBelzopfe sehr schon nachweisen. 

schlieBlich hatte Burri den Erfolg, auch den sonst schwierig nachweisbaren 
Syphiliserreger, die Spirochaete pallida, aus geeignetem Material im Tuschetropfen 
in kiirzester Zeit nachweisen zu konnen. 

Ausgehend von Burris Methode, wie sie in dessen Monographic niedorgelegt ist, 
versuchten nun verschiedene Autoren, dieses Tuschepunktverfahren toils zu priifen oder 
auch weiter zu vervollkommnen. 

So untersuchen Hecht und VVilenko (11) Burris Tuschevcrfahren zum Nach- 
weis von Spirochaete pallida und konstatieren, daB diese Methode bis heute die 
einfaehste zur Sichtbarmachung dieser Spirochaten ist. Bei der Herslellung der Pra- 
parate verfahren sie folgendermaBen: Eine Oesc von 1 mm Durchmesser des zu unter- 
suchenden Organbreies oder Sekretes wird auf einem Objekttrager mit einem oder 
mehreren groBeren Tropfen gewohnlichen VVassers vermischt und von dieser Verdiinnung 
auf einem zweiten Objekttrager eine kleine Oese mit einem sehr kleinen Trdpfchen (ca. 
1 mm Durchmesser) Tusche mbglichst schnell und gleichmaBig verstrichen, bis der 
Tuschefleck eine braunliche Farbe annimmt. Da das Priiparat sofort an der Luft 
trocknet, braucht es nicht durch die Flamme gezogen zu werden. Nach Auflegen eines 
Deckglases ist das Priiparat fertig. Als Tusche verwenden die Verfasser die Giinther- 
Wagnersche Tusche. Als Untersuchungsmaterial dienten frische Organe von einem 
an Lues hereditaria verstorbenen Kinde. Aus dem verdiinnten Ausstrich lieBen sich 
in kurzer Zeit zahlrciche Spirochaten deutlich nachweisen. Auch in alten luetischen 
Organen, die 2—3 Jahre in Formalin lagen, konnten noch mit Hilfe des Tuscheverfahrens 
leicht Spirochaten erkannt werden. Die Verfasser kommen auf Grund ihrer Unter- 
suchungsergebnisse zu dem Schlusse, daB das Tuscheverfahren infolge seiner auBer- 
ordentlichen Einfachheit gegeniiber dem komplizierten Verfahren der Dunkclfeldbeleuch- 
tung und der Giemsa-Levaditi-Behandlung fur den Nachvveis der Spiro¬ 
chaete pallida als die Methode des praktischcn Arztes zu bezeichnen ist. 

Zu demselben Resultat komrnt Gins (9), der das Tuscheverfahren 
ebenfalls hauptsachlich zum Nachweis der Spirochaete pallida ver- 
wendete. Um aber moglichst gleichmiiBige, diinnste Tuscheschichten zu erhalten, 
stellte Verfasser einen besonderen Ausstreicher her. An einem halben Objekttrager wird 
eine Kante an der Schmalseite mit einer feinen Feile oder an einem feinen Schleifstein 
derart abgeschliffen, daB an Stelle der Kante eine Fliiche entsteht, die ungefahr im 
Winkel von 45° zur Horizontalebene geneigt ist. Je nach dem Winkel, den der Aus¬ 
streicher beim Verteilen des Materials auf dem Objekttrager mit diesem bildet, ver- 
iindert sich die Dicke der Tuscheschicht. Als Material verwendet, Gins die Guntber- 
Wagnersche Tusche, die auf das Doppelte verdiinnt ist. Um beim Ausstreicheu eine 
moglichst feine und homogene Schicht zu erhalten, empfiehlt Gins die schon von 
Burri angewandte Methode, die Tusche 14 Tage zum Sedimentieren stehen zu lassen. 
Auch durch Zcntrifugieren gelingt es, die Tusche fast frei von Verunreinigungen zu 
erhalten. Durch griindliches Sterilisieren und etwas Zusntz von Formaldehyd bekommt 
man die Tusche keimfrei. Blutpraparate aber diirfen uur mit formolfreier Tusche her- 
gestellt werden. Es gelang Gins, besonders deutlich die Spirochaete 
pallida darzustellen, ebenso andere Spirillen, z. B. diejenigen von 
Febris recurrens und die Mausespirille. Auch beim Studium der 
Bakterienformen hat Gins das Tuscheverfahren angewandt und dabei 
die auffallende Tatsache festgestellt, daB im Tuschepraparat keine 
Andeutung von Kapseln zu sehen ist, wahrend vielleicht ein Grara- 
Priiparat derselben Kultur deutliche Kapselbildung zeigt. Auch die 
VerBUche, BakteriengeiBeln mit dem Tuscheverfahren darzustellen, ergaben unbefriedigende 
Resultate. Gins glaubt die Nichtdarstellbarkeit von GeiBeln darauf zuriickfiihren zu 
konnen, daB das Agarkondenswasser bereits in sehr geringer Menge die Homogenitat 
der Tuscheschicht schadigt, das Praparat flockig macht und dadurch die Aussicht zer- 
stort, feine Einzelheiten zu erkennen. Oder die Unsichtbarkeit der GeiBeln kommt 
vielleicht daher, daB diese auBerst feiuen Gebilde auf der Tuscheschicht schwimmen und 
somit noch eine undurchsichtige schwarze Schicht unter sich haben. Die Versuche, 
Trypanosomen und Spirillen des stromenden Blutes mit Hilfe des 
Tuscheverfahrens darzustellen, hatten ein positives Resultat. In 
diesen Blutpraparaten traten die Unterschiede zwischen Erythrocyten und Leukocyten 
deutlich hervor. Die Leukocyten sind groBer als die ersteren, sie zeigen 
sich als vollstandig weiBe Scheiben, die nicht imrner kreisrund sind, 
sondern entweder deutliche amoboide Fortsatze oder einen Kranz 
s trahlenartig nach alien Seiten ausgehender Fortsatze aufweisen. 
Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 3. 14 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Die roten Blutkorperchen lassen ihre Tellerform meist durch das 
Vorhan do n sei n von etwas Tusche in ilirer Mitte erkennen. Ein weiterer 
Vorzug des Tuscheverfahrens ist die Deutlichkeit der Darstellung der Blutplattchen. . 

Gins gelang es auch, Tuecheausstrichpraparate mit beliebigen 
F arbe verf ah ren nachzufarben. Die gut lufttrockenen Tuscne- 
priiparate werden genau so fixiert und gefarbt wie gewohnliche 
Ausstrichpraparatc. Nach dem vorsichtigen Abspulen werden die 
Praparate getrocknet, aber nicht zwischen Filtri erpapier. Auch 
bereits gefiirbte dtinne A usstrich praparate lassen sich nachtraglich 
noch mit Tusche iibcrziehen. 

Das Ergebnis seiner Arbeit faSt Gins in folgenden SchluBsatzen zusammen: Das 
Burrische Tuscheverfahren empfiehlt sich 

1) fur manche mikrobioskopische Zwecke (besonders Spirochaete pallida, 
Angina Vincenti, Recurrens, GeiBeln der Mausespirille und andere Spirillen, Bakterien- 
formen); 

2) zum Studium und zur Zahlung dor Blutplattchen und zum Studium der iibrigen 
Morphologie des Blutcs; 

3) zur Zahlung der Bakterienaufschwemmungen nach Wright; 

4) zur Herstellung ,von Projektionspraparaten. 

Ebenso wie Gins versuchte auch Sangiorgi (13) mit Hilfe des Tuscheverfahrens 
GeiBeln darzustellen, er konnte aber auch zu keinem befriedigendcn Resultat gelangen. 
Es war ibtn jedoch vergonnt, andere interessante Wahrnehmungen zu machen. Beim 
Versuche der Darstellung von Typhusbaci 1 lengeiBeln bemerkte er, 
daB der helle Raum, der bei dieser Tuschem ethode das Gebilde zum 
Vorschein bringt, von einem Einschlusse unterbrochen war. Dieser 
Ein sch 1 u B 8 te 111 e si ch als ein regelraiiBiges, ununterbrochenes, fast 
immcr cinzelnes Gebilde dar, das dieselbe Nuance wie der Boden des 
Priiparates besaB und dadurch vom hellen Leibe des Keimes deutlich 
abstach. Er slellte fcst, daB die Form dieses Gebildes bei der Coli- 
Gruppe zyliuderar tig, bei Prodigiosus, Pyocyaneus, Pest ovoiveal 
oder kugelrund ist. Weiterhin ist das Gebilde im Verhaltnis zu dem 
ganzen (Jmfange des Keimes ziemlich groB; es enteteht dadurch, daB 
der peripherische, gebildefreic Teil desselben als ein zarter, heller, 
kapsel ann licher Baum hervortritt. Durch Nachfarben der Tuschepraparate 
mit den gewohnlichen Anilinfarben kam Sangiorgi zu der Ueberzeugung, daB das 
genannte Gebilde ein Bestandteil des Keimes ist. Durch weitere Versuche zweeks Fest- 
stellung, ob das Gebilde durch Natur und Alter der Nahrboden, durch chemische 
Reagentien und durch die Lebensfiihigkeit der Keime Veranderungen crleiden wiirde, 
kam Sangiorgi zu folgendem Ergebnis: 

1) Die Natur des Nahrbodens, ob fliissig oder fest, ist indifferent fiir die Dar¬ 
stellung des Gebildes; 

2) man kann dasselbe bei einer viel grofleren Anzahl von Kcimen aus 16 bis 
24 Stunden alten Kulturen, als bei den aus 30—60 Tage alien Kulturen zur Darstellung 
bringen; 

3) Essigsaure etc. iibt bei 37° C schon nach '/« Stunde einen ungiinstigen Ein- 
fluB aus; 

4) die durch Sieden getoteten Keime lassen schon kurz nach ihrem Tode absolut 
keine Spur des Gebildes mchr erkennen. 

Nach Sangiorgi handelt es sich bei dem Zentralgebilde wahr- 
scheinlich urn einen durch die Tuschemethode differenzierten Teil 
des Keimleibes (En topi asm a). 

Gleichzeitig mit Sangiorgi, aber unabhiingig von diesem stellte auch Eisen- 
borg (4) die beschriebene Differenzierung des Zellinhaltes fest, und zwar sollen nur 
gramuegative Arten dieselbe erkennen lassen. Eisenberg priifte dann. ob das 
osmotisebe Verhalten der Bakterien Ursache ihrer verschiedenen Bilder beim Tusche- 
verfahren sei. Die Untersuchung ergab, daB bei grampositiven Arten die 

f anze helle Tuscheliicke die Farbe des neuen Farbstoffes beim Nach- 
iirben annimmt, wiihrend bei gramnegativen Arten die Fiirbung nur 
auf das dunkle Zentralgebilde beschrankt bleibt. und der helle Rand- 
saum farblos oder fast farblos erscheint. In diesem Punkte stimmt Eisen¬ 
berg mit Sangiorgi nicht uberein, da dieser bei ahnliehen Vcrsuchen die gauze Liicke 
vom gefarbten Baktcrium ausgefiillt gefunden hat. 

lleber das Verhalten des Zentralgebildes bei verschiedenem Alter und sonstigen 
Einwirkungen auf die Bakterien bcrichtet Eisenberg dasselbe wie Sangiorgi. 

In ihrer Arbeit teilen Lenartowicz und Potrzobowski (12) die verschiedenen 
Farbemethoden zum Nachwcis der Spirochaete pallida in 2 Gruppen ein. Die 


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Bley, Untersuchungen iiber die Ncgativfarbung von Bakterien etc. 211 


erste soli die Technik fiir diagnostische Zwecke erleichtern, die zweite die morphologischen 
Einzelheiten dcr Spirochate hervorheben. Wahrend die Alethoden nach Giemsa und 
anderen Forschern deni minder Geiibten oft groOe Schwierigkeiten beim Aufsuchen der 
Spirocbaeto pallida bereiten, bildet das Tuscheverfahren nach Burri eine jedem 
Praktiker zuganglicbe einfache Methode. 

Die Verfasser haben bei der Untersuchung iiber die Morphologie der Spiro- 
chacte pallida eine zweite Melhode festgestellt, die tihiiliche Bilder wie diejenige von 
Burri gibt. Diese neue Methode, die ich Interosses halber nnfiihren inochte, wird 
lolgendermaSen ausgefiihrt: Der gut gereinigte, von jeder Fettspur befreite Objekttrager 
wird 5 Sekunden lang iiber einer 2-proz. Osmiumsaurelosung gehalten; auf der von 
Osmiumdampfen bedeckten Flache wird moglichst schnell das zu untersuchende Material 
ausgestrichen. Der Ausstrich wird wieder iiber Osmiumsaure fixicrt wahrend 10 bis 
20 Sekunden langem Dariiberhalten. Dann Farbung mit der fiir Tuberkeibacillen ge- 
brauchlichen Ziehlschen Fuchsinlosung l / t —1 Minute lang; Abspiilung mit YVasser. 
Bei den so gefarbten Priiparaten soli sich die Spirochaete pallida deutlich als 
Negativ abheben und nuBerdem eroBer erscheinen als bei der Burrischen Methode. 
Auch soli diese neue Methode aifferentialdiagnostisch von groOem Vorteil bei der 
Unterscheidung der Spirochaete pallida von der refringens sein. 

Nachdem es Gins (9) bei seinen friiheren Arbeiten nicht gelungen war, Bakterien- 
geiBeln mit Hilfo des Tuscheverfahrens zur Darstellung zu bringen, nahm er spiiter die 
Vereuche wieder auf (10). 

Dieselben waren auch insofern von Erfolg gekront, als es lhm gelang, bei 
Typhus- und Paraty phusstam men Geifleln darzustellen. Das, was im 
Tuschepraparat als ein feiner spirillenahnlicher Faden erscheint, ist jedoch immer eine 
Summe von EinzelgeiBeln (Geifielzopf), denn die einzelne GeiBel ist, weil zu fein, in der 
Tusche nicht sichtbar zu machen. AuBer zur Darstellung von GeiBelzopfen einpfiehlt 
Gins die Tuscheausstrichmethode zur klaren Darstellung von Bakterienkapseln in der 
Kultur nach folgendem Verfahrcn: Ausstreichen der Kultur in dem Tuschetropfen, 
Fixieren des Tuscheausstriches in konzentiierter Subbraatlosung 1 Minute lang, Abspiilen 
mit Wasser, Farbung mit Karbolthionin 5—10 Minuten lang, Abspiilen, Trocknen. Die 
Kapsel bleibt so ungefiirbt, scharf abgegrenzt gegen die Tusche, dcr Bakterienleib liegt 
gefiirbt in der Kapsel. Durch diese Methode kann man bei der Gruppe des Rhinosklerom- 
bacillus, sowie bei Micrococcus tetragenus und anderen Kapselbakterien das Vor- 
handensein einer Kapsel oder Schleimhiille in Kulturen auf festen Nahrbodcn oder in 
Bouillonkulturen mit Sicherheit nachwcisen. 

Uebcr Ncgativfarbung von Bakterien berichtet weiterhin Fischer (7), der jedoch 
keine Tusche, soudern solche Auilinfarben benutzt, die von Bakterienzellen nicht auf- 

S enommen werden, z. B. Kongorot, Anilinblau, Saurefuchsin, Nigrosin. 
Ian mischt zur Herstellung solcher Praj)arate etwa gleich groBe Tropfen von Bakterien- 
aufschwemraungen und gesattigten, vorteilhaft frisch aufgekochten wasserigen Losungen 
solcher Farbstoffe, liiBt auf dem Objekttrager antrocknen und bringt Kauadabalsam und 
Deckglas darauf. In den so erhaltencn Bildern sollen sich die kleinsten Mikroorganismen 
deutlich von dem gefarbten Hintergrund abheben. Die genannten f'arbstoffe sind, weil 
in die Bakterienzelle gar nicht eiudringend, fiir diese auch nicht giftig. 

Bongert (1) beschreibt kurz das Burrische Tuscheverfahren, das sich als aus- 
gezeichnet zur Darstellung von Bakterien erwiesen habe. 


II. Zusamnicnfassung der bislierigen Ergebnisse. 

Wie aus der bezeickneten Literatur und aus den aus- 
zugsweise wiedergegebenen Schriften ersichtlich ist, 
sind seit dem Bekanntwerden des von Prof. Dr. Burri an- 
gegebenen Tuschepunktverfahrens als Mittel zur Her¬ 
stellung von sogenannten Einzellkultureu schon ver¬ 
se hie dene Arbeiten erschienen, die zeigen, daB auch die 
Tuscheausstrichmethode sehr wohl imstande ist, einzelne 
der bisherigen, mitunter auBerst umstandlichen, schwie- 
rigen und viel Uebung verlangenden Farbemethoden 
wenigstens teilweise zu ersetzen. Wahrend sich nun in 
der Human medizin die Tuscheausstrichmethode zum 
bakteriellen Nachweis in ausreichendem MaBe Ein gang 
verschafft hat, so daB es bereits als ein unentbehrliches 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Hilfsmittel fur den praktizierenden Arzt bezeichnet 
worden ist, w i e dies besonders die Erfolge beim Nach- 
weis des Syphiliserregers beweisen, finden sich in der 
veterinar-medizinischen Literatur bis jetzt keine A n - 
gaben liber Versuche und Resultate, die in dieser Rich- 
tun g gemacht worden sind. 

Auf Veranlassung von Professor Dr. Reinhardt, dem Vor- 
stand des Instituts fur Seuchenlehre der Ivgl. Tierarzt- 
lichen Hochschule in Stuttgart, fiihrte ich verschiedene Unter- 
suchungen aus; ich fertigte zunachst Tuscheausstriche von Reiukulturen 
verschiedener Bakterienstiimme an, die teils als Saprophyten, teils als 
Erreger von Krankheiten in der Veterinarmedizin bekannt sind. 
Spiiter wurden in der Hauptsache die Untersuchungen dahin ausgedehnt, 
festzustellen, ob es mit Hilfe dieser Methode moglich ist, in den aus 
den Organen natiirlich kranker oder kunstlich infizierter Tiere herge- 
stellten Tuschepriiparaten die entsprechenden Erreger einwandfrei fest¬ 
zustellen, und ob eventuell das Tuschverfahren Vorziige gegeniiber an- 
deren Farbemethoden besitzt. 

III. Eigcne Untersuchungen. 

Fiirbematerial und Untersuchungsmethode. 

Zur Herstellung der Ausstriche verwendete ich ebenfalls die von 
Burri empfohlene, im Handel kaufliche Giinther-Wagnersche 
fliissige Perltusche. Neben der Tusche gebrauchte ich auBerdem 
zwei von Fischer (5) zur Negativfiirbung empfohlene Farbstoffe, Ni- 
grosin und Kongo rot in wasseriger Losung. Da es von groBer 
Wichtigkeit war, festzustellen, welche besonders beinerkenswerten Unter- 
schiede zwischen den Tuschebildern und den nach den bisherigen iib- 
lichen Farbemethoden hergestellten Praparaten sich ergeben, wurden auch 
noch jedesmal von dem betreftenden Material Ausstriche nach den ge- 
brauchlichen, zum Teil spezifischen Methoden gefarbt. 

Was den Verdiinnungsgrad der Tusche anbetrifft, so hat sich nach 
verschiedenen, in dieser Hinsicht angestellten Versuchen die mit 
gleichen Teilen destillierten Wassers verdiinnte Tusche 
am besten bewahrt. Die so verdiinnte Tusche muBte verschiedentlich 
zentrifugiert und sterilisiert werden, da sich bei den mitunter vorgenom- 
meuen Kontrollen in der Tusche immer wieder Verunreinigungen zeigten, 
die auch durch das haufige Oeffuen der Gl&ser zur Entnahme des Ma¬ 
terials nicht ganz zu vermeiden sind. 

Die Herstellung der Ausstrichpraparate erfolgte in der Weise, daB 
mittels Platinose auf einen vorher gut gereinigten, moglichst auch ent- 
fetteten Objekttrager 1—2 Tropfen der verdunnteu Tusche gebracht, 
nach raschem Ausgliihen der PlatinQse mit ihr Untersuchungsmaterial 
entnommen und mit dem Tuschetropfen vermischt wurde. Zum Aus- 
streichen des Tuschetropfens verwendete ich nicht den von Gins (8) 
empfohlenen Ausstreicher, weil es sich nach wenigen Versuchen zeigte, 
daB eine einwandfreie Reinigung desselben nach jedesmaligem Gebrauche 
doch nicht gewiihrleistet wird. Ich nahra deshalb eine groBere Nadel, 
die eine Stahl-, Platin- oder Glasnadel sein kaun, mit deren Langsseite 
sich der Tuschetropfen leicht in diinnster oder dickerer Schicht auf dem 
Objekttrager gleichniBBig verteilen laBt und dereu Reinigung durch Aus- 
gliihen rasch und sicher moglich ist. Sobald das Priiparat lufttrocken 


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Bley, Untersuchungen fiber die Negativfarbung von Bakterien etc. 213 


ist, ist es zur Untersuchung fertig; es kann mit Zedernol ohne Auf- 
legen eines Deckglases versehen und mit Oelimmersion untersucht Oder 
nach Aufbringen von Kanadabalsam init einem Deckglas bedeckt werden. 

Untersuchungsergebnisse. 

1. Bacillus prodigiosus. 

Ein Tropfen aus einer 7 Tage alten Kultur wird mit einem gleich- 
groBen Tuschetropfen auf dem Objekttrager vermischt und gleichmaBig 
verteilt. Der Saprophyt zeigte sich nun in dem grau-schwarzen Grunde 
als ein kurzes, plumpes, glanzendes, stark lichtbrechendes Stabchen mit 
abgerundeten Enden. Jedes einzelne Bakterium war von einem dunk- 
leren, beinahe schwarzen Tuschehof umgeben und hob sich infolgedessen 
sehr deutlich von dem Untergrunde ab. Diese Konzentrierung von 
Tusche urn jeden einzelnen Bacillus ist wahrscheinlich auf Adh&sion 
zuriickzufiihren. 

Das negative Gebilde, das den Zelleib darstellte, war nun in seinem 
Innern durch ein dunkles, in der Langsrichtung des Bacillus verlaufen- 
des, eiformiges, bei kilrzeren Formen beinahe kugelformiges Zentral- 
gebilde unterbrochen, das dieselbe grauschwarze Farbe hatte wie der 
Untergrund. Dieses Zentralgebilde war so groB, daB von dem iibrigen 
Zelleib nur noch ein schmaler, heller Saum iibrig blieb. 

Diese Untersuchungen bestatigten somit die Angaben Sangiorgis 
(12) und Eisenbergs (4), die dieses Zentralgebilde zuerst festgestellt 
haben. 

Ausstrichpraparate aus derselben Kultur, mit einer konzentrierten 
w&sserigen Nigrosin- und Kongorotlosung lieferten ahnliche Bilder, nur 
daB der Untergrund uberall, auch in nBchster Nahe des einzelnen Bacillus, 
gleichmBBig starke Farbung aufwies. 

2. Der Bacillus pyocyaneus 

aus einer Reinkultur zeigte sich im Tuschepraparat als ein schlankes, 
gerades Stabchen, das an einem Ende etwas keilformig zugespitzt er- 
schien. In der Mitte des glashell erscheinenden Bacillenleibes war ein 
beinahe die ganze Lange desselben durchlaufendes, auBerst feines, faden- 
formiges Zentralgebilde sichtbar. 

Im Vergleich zu den mit Gentianaviolett gefarbten Ausstrichen zeigte 
sich im Tuschebild der Bacillus pyocyaneus als ein etwas dickeres 
Stabchen. Die GeiBeldarstellung gelang mir im Tuschepraparat nicht. 
Die Kongorot- und Nigrosinbilder waren nicht so schon wie die Tusche- 
bilder, hauptsachlich war das Zentralgebilde, weil es sehr fein ist, schwer 
nachweisbar. 

3. Staphylococcus pyogenes citreus 
lieferte, aus einer Reinkultur entnommen, im Tuschebild schone, runde, 
glashelle, meistens in Semmelform nebeneinanderliegende Kiigelchen, die 
immer von einem dunkleren Tuschehof umgeben waren. Das Bild ahnelt 
demjenigen, das man erhait, wenn man ein mit zahlreichen Nadelstichen 
durchlochertes Papier gegen einen hellen Grund halt. 

Im Nigrosinpraparat erschienen die Kokken groBer als im Tusche- 
ausstrich. 

4. Coli-Typhus-Gruppe. 

Aus dieser Gruppe standen mir Bacillus paratyphosus B, 
Bacillus enteritidis Gartner und Bacterium coli zur Verfiigung. 


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214 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


In den aus einer 20-stiindigen Agarkultur angefertigten Tusche- 
praparaten zeigten sich die Paratyphusbacillen als kurze, an den 
Enden stark abgerundete Stabchen, die mit einem Zentralgebilde 
ausgestattet waren. Dieses Zentralgebilde, das langlich-ovale Form hatte, 
fiillte beinahe den ganzen Zelleib aus, so dafi nur endstandige belle Pole 
iibrig blieben. 

Bei diesem Paratyphusstamm gelang es mir, Geifielzopfe fest- 
zustellen, die sich als hellere, auBerst feine, geschlungene Gebilde zwischen 
den Bacillen prasentierten. 

In Tuscheausstrichen, die aus dem Blute einer mit Paratyphus 
geimpften Maus angelegt wurden, konnten sehr leicht zwischen den 
Blutkorperchen die oben beschriebenen Stabchen festgestellt werden. 
In dem zur Kontrolle angefertigten Fuchsinpraparat zeigten sich kurze, 
plumpe, an den Enden abgerundete Stabchen. 

Wahrend bei der Farbung mit Nigrosin die dunkle Zentralpartie 
noch deutlich sichtbar war, war dies bei der Kongorotfarbung kaum 
der Fall. Geifielzopfe waren bei diesen beiden F&rbemethoden nicht 
sichtbar. 

Bacillus enteritidis Gartner: Die aus einer 2-tagigen Dri- 
galski-Kultur entnommenen Bakterien zeigten sich beim Tusche- 
verfahren als ovoid gestaltete Gebilde (s. Fig. 2). In der Mitte des Zell- 
leibes war ein wie die tibrige Tuscheschicht gefarbter Einschlufi sichtbar, 
der grofitenteils punktformiges, mitunter auch strichformiges Aussehen 
hatte. Aufierdem nahm das Zentralgebilde den grbfiten Raum des Zell- 
leibes ein, so daB nur noch ein kleiner Teil desselben als heller, glasiger 
Saum sichtbar war. Geifielzopfe waren nicht festzustellen. Dasselbe 
Bild lieferte das Nigrosinverfahren, wahrend bei der Kongorotfarbung 
das Zentralgebilde nicht sichtbar war. 

Bacterium coli commune aus einer 2-tagigen Drigalski- 
Kultur. Bei der Farbung mit Fnchsin zeigten sich die Erreger als 
kurze, plumpe, an den Enden abgerundete Stabchen. Beim Tusche- 
praparat, das aus der gleichen Kultur und am gleichen Tage angefertigt 
wurde, hatten die Erreger unter dem Mikroskop eine mehr kurze, plumpe, 
kokkenahnliche Form mit abgerundeten Enden. Das Zentralgebilde, der 
Form des Bacillenleibes angepaBt, hatte mehr punktfbrmiges Aussehen, 
nahm aber doch den grbfiten Teil des Zelleibes ein. 

Ebenfalls ein sehr schones Bild lieferte die F&rbung mit Nigrosin 
Aus dem blauen Untergrunde trat der Bacillenleib als helles, kurz- 
gedrungenes, an den Enden abgerundetes Stabchen hervor, in dessen 
Mitte das ebenfalls blau gefarbte zentrale Gebilde wie ein Kern sichtbar 
war. An den mit Kongorot gefarbten Ausstrichen sieht man die Coli- 
Bakterien auch als glashelle, ovoide Gebilde, jedoch ist das bei den 
beiden anderen Fiirbemethoden deutlich sichtbare dunklere Zentrum hier 
nur sehr undeutlich, teilweise auch nicht nachzuweisen. 

Beim Vergleich derAusstrichevon Coli- und Enteritis- 
erregern, hergestellt aus gleichaltrigen und gleichartigen 
NfthrbOden (Drigalski), glaube ich den Eindruck gewonnen 
zu haben, daB die Colibacillen ein kflrzeres, mehr ge- 
drungenes, dafiir aber etwas breiteres Bild im Tusche- 
prUparat geben als dieEnteritisbacillen. Es istdaherdas 
Zentralgebilde bei Coli mehr punktfbrmig, bei Enteritis 
mehr lSnglich-oval bis strichformig. 


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Bley, Untersuchungen iiber die Negativfarbung von Bakterien etc. 215 


5. Bacillus rhusiopathiae suis. 

Zum Nachweis von Rotlaufbacillen mit Hilfe des Tuscheverfahrens 
beniitzte ich zunachst eine 3-tagige Bouillonkultur. In dem daraus ver- 
fertigten Ausstriche waren die Erreger sehr schon als diinne, teilweise 
geschlangelte, langere oder kiirzere Faden sichtbar (Fig. 4). 

DaB die auBerst feinen und in gewohnlich gefarbten Organausstrichen 
sehr schwer sichtbaren Rotlaufbacillen nicht nur aus Reinkulturen mit 
Hilfe des Tuscheverfahrens, sondern auch in Organausstrichen darstellbar 
sind, dies zu beweisen, war mir verschiedentlich Gelegenheit gegebeD. 

In den Blutausstrichen von geimpften Mausen, Tauben und weiter- 
hin in den Tuschepraparaten aus Niere und Milz von an Rotlauf ver- 
endeten Schweinen, deren Organe dem Institut fur Seuchenlehre zwecks 
Untersuchung eingesandt worden waren, konnten die Rotlaufbacillen als 
sehr dunne Stabchen nachgewieseu werden (Fig. 5). Die mit Hilfe des 
Tuschepr&parates gestellte Diagnose Rotlauf konnte dann auch durch 
Impfung und Kulturverfahren bestatigt werden. Das Auffinden der feinen, 
langen Rotlaufstabchen war verhSltnismaBig leicht; sie fielen sowohl in 
den Blutausstrichen als auch in den aus Niere und Milz verfertigten 
Tuschepraparaten beim Durchmustern eines Gesichtsfeldes zwischen den 
zelligen Elementen sofort in die Augen. 

6. Bacillus tuberculosis. 

Zur Priifung des Nachweises von Tuberkelbacillen mit Hilfe des 
Tuscheverfahrens verschaffte ich mir zunachst geeignetes Material (Spu¬ 
tum) vom Menschen, das mir auch vom Stuttgarter Karl-Olga-Kranken- 
hause zur Verffigung gestellt wurde. Durch Homogenisierung des 
Schleimes mit Hilfe des Antiforminverfahrens und durch nachheriges 
Zentrifugieren konnte aus dem Bodensatz genugend Material entnommen 
werden. 

In einigen, zunachst nach Ziehl-Gabbet gefarbten Ausstrichen, 
waren zahlreiche Tuberkelbacillen nachzuweisen. In den Tusche- 
ausstrichen waren ebenfalls Tuberkelbacillen zu sehen, wie mir schien, 
jedoch nicht so leicht und in so reichlichem MaBe wie in den Ziehl- 
Gabbetschen Priiparaten. Wahrend einerseits in diesen Ausstrichen 
die Bacillen verschiedentlich zu zweien hinter- und nebeneinander 
liegend sich zeigten, war diese Eigenschaft in den Tuscheausstrichen 
bochst selten zu sehen; in den Tuschepraparaten aber trat andererseits 
das Gebogensein der Erreger in verstarkterem MaBe hervor als bei den 
anderen Farbepraparaten. 

Nun war es interessant, festzustellen, ob es mit Hilfe des Tusche¬ 
verfahrens moglich wfire, auch in den aus tuberkulosen Organen von 
Tieren hergestellten Tuscheausstrichen Tuberkelbacillen nachzuweisen. 
Es wurden zu diesem Zwecke zahlreiche Praparate angefertigt aus 
Lungenabszessen, Leberabszessen, Mediastinal-Lymphdrusen vom Rind, 
aus Leberlymphdriisen, Milz und aus einem tuberkulosen Herde im 
Herzmuskel vom Schwein, ferner aus den Kniefaltenlymphdrflsen eines 
Meerschweinchens, das, mit tuberkulbsem Material vom Rinde geimpft, 
verendet war. 

Fast in alien Prkparaten lieBen sich Tuberkelbacillen nachweisen, 
die sich von dem grauschwarzen Untergrunde dadurch, daB sie von 
einem dunkleren Hofe umgeben und selbst als helle, glanzende, stark 
lichtbrecheude feine Stabchen zu sehen waren, meist recht deutlich ab- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


hoben. In ihrer Form unterschieden sie sich von den Tuberkelbacillen 
des Typus humanus durch eine kurzere, etwas plumpere Gestalt; ein 
Gebogensein der Bacillen war auBerst selten wahrzunehmen, und dann 
war dasselbe nur in ganz geringem Grade ausgebildet. 

Auffallend ist, daB das bei den differenzierenden FSrbemethoden 
so haufig sichtbare Gekorntsein der Tuberkelbacillen in den Tusche- 
praparaten nicht zum Ausdruck kommt, sondern daB man hier regel- 
maBige, ununterbrochene, glashell erscheinende Stabchen erhalt. Eine 
weitere Erscheinung, die mir auffiel, mochte ich auch nicht unerwahnt 
lassen: ich habe gefunden, daB bei den aus tuberkuldsen Herden her- 
gestellten Praparaten die Zahl der im Tuschebild sich prasentierenden 
Tuberkelbacillen ini Vergleich zu den nach Ziehl-Gabbet gefarbten 
(selbstverstandlich aus demselben Organ entnommen) groBer war. Es 
ist diese Erscheinung wohl darauf zuruckzufuhren, daB beim Ziehl- 
Gabbetschen Verfahren doch mancher Tuberkelbacillus zerstort wird 
Oder ungefarbt bleibt, und deshalb nicht sichtbar wird, wahrend die 
Tuschemethode ohne nachteilige Einwirkung auf den Bacillenleib ist und 
daher alle Tuberkelbacillen, soweit dies iiberhaupt moglich ist, zu Ge- 
sicht bringt. 

7. Bacillus anthracis. 

An dem aus einer 24-stflndigen Agarkultur verfertigten Tusche- 
praparat waren interessante Wahrnehmungen zu machen. Die zu langen 
Ketten hintereinander gelagerten Milzbrandbacillen waren durch mehr 
oder weniger tiefe Einschniirungen voneinander getrennt. Das Bild war 
ahnlich demjenigen, das man immer bei der Gramschen Farbung er¬ 
halt, nur daB die Einzelzelle nicht langer als sonst erscheint, sondern 
durch die Einschniirungen deutlich von der nachstfolgenden Zelle ge¬ 
trennt ist. Man erhalt so eine schone, perlschnurahnliche Kette von 
Bacillen, die in ihrem ganzen Verlaufe auf beiden Seiten von einem 
dunklen Tuschehof begleitet sind (Fig. 1). Der Langsdurchmesser des 
einzelnen Erregers erscheint kaum groBer als der Querdurchmesser; 
dieses Merkmal ist besonders deutlich an einzeln liegenden Exemplaren 
zu erkennen. Eine besonders auffallende Eigenschaft konnte an den 
sich als helle Gebilde im dunkeln Tuschehintergrund zeigenden Bacillen- 
leibern festgestellt werden. In dem hellen Raum eines jeden Bacillus 
war mehr oder weniger deutlich ein dunkel gefarbtes Zentralgebilde 
sichtbar. Dieses war entweder punktformig und lag genau in der Mitte 
oder an einem Ende des Bakteriums, oder das Gebilde fiillte in mehr 
zylindrischer Form beinahe den ganzen Zelleib aus, so daB nur ein 
diinner, heller Saum sichtbar war. Eine weitere eigenartige Erscheinung 
war, daB bei etwas hoherer Einstellung der Immersionslinse ein die 
Bacillenkette beiderseits einsaumendes grunschillerndes Band sich zeigte. 
Wahrend die Segmentierung der einzelnen Bacillen, wie oben erwkhnt 
wurde, mit Hilfe des Tuscheverfahrens leicht sichtbar zu machen ist, 
gelingt die Kapseldarstellung nicht. 

Ebenso schbne Bilder erhalt man bei der Farbung mit Nigrosin; 
Kongorot liefert weniger deutliche Bilder. 

8. Bacillus mallei. 

In den aus einer 24-stiindigen Agarkultur angefertigten Tusche- 
ausstrichpraparaten zeigten sich die Rotzbacillen als Gebilde, die ein 
den Erregern der Coli-Typhusgruppe sehr ahnliches Aussehen hatten. 


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Bley, Unterauchungen iiber die Negativfiirbung von Bakterien etc. 217 


Die Individuen waren teils als kurze, gedrungene, an den Enden ab- 
gerundete oder am h&ufigsten als l&ngliche, an den Enden spitz zu- 
laufeude oder keulenformige Stabchen mit dunklen Zentralgebilden sicht- 
bar. Je nach der Form der Bacillen waren diese Zentralgebilde punkt- 
oder strichformig, jedoch waren sie, was ihre Starke anbetritft, nicht so 
breit, daB beinahe der ganze Zelleib ausgefullt wurde; es blieb somit 
hier ein breiterer heller Saum iibrig, als dies bei den Erregern der 
Coli-Typhusgruppe der Fall ist. Die kleinsten Bacillen waren meistens 
zu zweien hintereinander liegend anzutreffen (Fig. 8). 

9. Streptokokken. 

Diese Untersuchungen bezweckten zunachst den Nackweis von 
Streptokokken in Milch, die von euterkranken Iviihen stammte. 
Die moglichst steril entnommene Milch wurde zentrifugiert, und der 
Bodensatz zur Herstellung der Tuscheausstriche verwendet. Iu den 
Praparaten zeigten sich nun die Fetttropfchen als kreisrunde, von einem 
dunkleren Tuschehof umgebene weifiglfinzeude Scheibchen in den ver- 
schiedensten GroBen; daneben zahlreiche polynukleare Leukocyten, die 
zum Unterschiede von den Fetttropfchen von einem aunahernd schwarzen 
Tuschehof umgeben waren, an GroBe die Fetttropfen weit iiberragten 
und mit mehr oder weniger starken amoboiden Fortsatzen versehen 
und daher von unregelmSBiger Form waren. Die Anwesenheit der 
Kerne in den Leukocyten war an den beinahe weiBen, runden Hofen 
innerhalb der Zellkbrper erkenntlich. 

In dem braunschwarzen Untergrund hoben sich dann weiterhin in 
groBer Zahl die in Perlschnurform aneinandergereihten Kokken deutlich 
als glashelle glanzende Gebilde ab. Sie lagen teilweise zu zweien, mehr 
noch zu 8—20 Gliedern dicht hintereinander. Sie waren von einem 
etwas dunkleren Tuschesaum begleitet. Ihre Form wechselte haufig; 
man bekam in den Bildern teils kugelfdrmige, teils mehr breite als 
lange, teilweise aber auch mehr langliche Bakterienzellen zu Gesicht. 
Besonders auffallend aber war, daB in der Mitte eines jeden Strepto¬ 
coccus ein kleines punktformiges Zentralgebilde in derselben Tusche- 
farbe wie der Untergrund sichtbar war (Fig. 9). 

Weiterhin fertigte ich Tuschepraparate von Eiter an, der druse- 
kranken jungen Remonten entnommen war. Zwischen den zahlreichen 
Leukocyten waren dann in groBer Menge kurzere oder lSngere Ketten 
des Streptococcus equi sichtbar (Fig. 10). Wkhrend nun in den 
Gram-Praparaten die einzelnen Glieder solcher Ketten immer durch 
kleinere oder grbBere Zwischenr&ume deutlich voneinander getrennt 
waren, war dies in den Tuscheausstrichen nicht der Fall. Hier hatten 
vielmehr die einzelnen Kokkenverbknde ein mehr fadenartiges Aussehen. 
In den glashell erscheinenden und von einem dunklen Tuschesaum be- 
gleiteten Faden waren die einzelnen Kokken sehr dicht aneinander- 
gedrSngt, konnten aber dennoch einzeln durch einen aufierst dfinnen, 
schwarzen Querstrich voneinander unterschieden werden. Waren nur 
wenige Kokken zu einer Kette vereinigt, so erschienen die kiirzeren 
Faden breiter, und die einzelnen Kokken hatten eine mehr kreisrunde 
Form, wahrend sie in den groBen Zellverbanden beinahe quadratisch 
oder sogar platt gedriickt und breiter als lang aussahen. 

Ebenso wie bei dem Streptococcus agalactiae con- 
tagiosae, traten auch hier bei dem Streptococcus equi die 
punktformigen Zentralgebilde deutlich zu Gesicht. 


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220 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 

fiel auf, daB das ini reinen Tuschepraparat die Bacillenkette begleitende 
griinscliillernde Band ini nachgefarbten Praparat nicht nielir sichtbar war. 

Bei der Nachfarbung grain negativer Arten, z. B. des 
Paratyphus B, init Fuchsin war die vorher helle Tuseheliicke mit deni 
dnnklen Zentralgebilde in eine solche mit rosaroter Liicke und dunkel- 
rotem, mitunter beinahe schwarzrotem Zentralgebilde, das genau der 
vorherigen Form entsprach, umgewandelt worden. Meine Befunde stiinmen 
demnach mit denjenigen Sangiorgis (13) iiberein, wahrend nach Eisen- 
berg (4) bei der Nachfarbung die Farbung nur auf das dunkle Zentral¬ 
gebilde beschrankt bleiben soil. Auch diese Erscheinung spricht meiner 
Ansicht nach gegen das Auftreten osmotischer Vorgange beim Tusche- 
verfahren, ebenso wie das Sichtbarwerden der Zentralgebilde selbst bei 
abgetoteten Individuen. 

Was nun den Wert des Tuscheausstrichverfahrens nach Burri au- 
langt, so steht nunmehr fest, dad dasselbe wohl in manchen, aber nicht 
in alien Fallen die anderen Ausstrich- und Farberaethoden ersetzen kann; 
denn ganz konnen letztere nicht entbehrt werden, insbesondere nicht die- 
jenigen Farbemethoden, welche auf besonderen morphologischen, physi- 
kalischen, chemischen oder biologischen Eigenschaften der Bakterienzellen 
aufgebaut sind und spezifische Reaktionen hervorrufen. Das Tusche- 
verfahren besitzt jedoch gewisse Vorziige, welche seine Anwendung in 
vielen Fallen empfehlenswert machen; auBerdem kann es wohl auch eine 
willkoinmene Ergafizung der anderen Verfahren bilden. Abgesehen davon, 
daB nur ganz wenige Instrumente und Hilfsmittel notwendig sind, ist 
das Verfahren sehr einfach und leicht auszufiihren, es erfordert keinerlei 
Uebung und ist durchaus nicht zeitraubend. 

Nach meiner Ansicht eignet es sich sehr wohl fur den praktischen 
und den beamteten Tierarzt, die sich mit seiner Hilfe in gewissen Fallen 
sowohl am lebenden als auch am toten Tiere unter den einfachen Ver- 
haltnissen der Praxis eine rasche Uebersicht tiber das Vorhandensein von 
Bakterien und gewisseu abnormen Bestandteilen vergewissern konnen. 

Ein groBer Vorzug des Tuscheverfahrens liegt auBerdem auch darin, 
dafi durch dasselbe die Zellen in keiner Weise nachteilig beeinfluBt 
werden; die Tusche dringt nicht in dieselben ein, es werden keine 
chemischen Umsetzungen hervorgerufen, wir sehen infolgedessen die 
Zellen (Bakterien) nicht kiinstlich verandert, sondern in der Form, die 
ihnen durch die Natur gegeben ist. Aus diesem Grunde diirfte das 
Verfahren fur das Studium der auBeren Form von Zellen in Betracht 
kommen und geeignet sein, unsere Kenntnisse iiber die Morphologie der 
Bakterien zu bereichern und zu erganzen. 

Am Schlusse meiner Arbeit fiihle ich mich verpflichtet, Herrn Prof. 
Dr. Reinhardt, dem Vorstande des Instituts fiir Seuchenlehre der 
Kgl. Tierarztlichen Hochschule Stuttgart, fur das mir wahrend meines 
Kommandos an dieses Institut gezeigte Entgegenkommen meinen ver- 
bindlichsten Dank zu sagen. 


Literatur. 

1) Bongert, J., Bakteriologische Diagnostik der Tiereeuchen. Leipzig 1912. 

2) Burri, Das Tuscheverfahren ate einfaches Mittel zur Loeung einiger schwieriger 
Aufgaben der Baktcrioskopie. Jeua 1909. 

3) —, Vorlaufige Mitteilung. Eine einfache Methode zur Reinziichtung von Bakterien 
unter mikroskopischer Kontrolle des Ausgangs von der einzelnen Zelie. (Centralbl. 
f. Bakt. etc. Abt. II. Bd. 20. 1908.) 


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Kayser, Zum Nachweis der Typhusbacillen im Blut vermittelst Galle. 221 


4) Eisenberg, Ph., Ueber die Tuschedifferenzierung gramnegativer Bakterien. 
(Centralbl. F. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 56. 1910.) 

5) —, Ueber das Tuscheverfahren, eine neue Methode zum Nachweis von Spirochaten. 
(Klin, therap. Wochenschr. 1910. No. 5.) 

6) Fischer, H., Negativfarbung von Bakterien. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. 
Bd. 51.) 

7) —, Negativfarbung von Bakterien. (Zeitschr. f. wissenschaftl. Mikrosk. Bd. 27. 
1910.) 

8) Gins, H. A., Ueber Demonstration von Tuscheausstrichpraparaten in der wissen- 
schaftlichen Vereinigung am stadtischen Krankenhaus Frankfurt a/M. (Miinchen. 
med. Wochenschrift. 1910. p. 382.) 

9) —, Zur Technik und Verwendbarkeit des Burrischen Tuscheverfahrens. (Centralbl. 
f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 52.) 

10) —, Ueber die Darstellung von GeiBelzopfen bei Bact. typhi, Bact. proteus 
und den Bakterien der Salmonellagruppe mit der Methode des Tuscheausstrich- 
praparates. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 57.) 

11) Hecht, V. u. Wilenko, Ueber die Untersuchung der Spirochaete pallida 
mit dem Tuscheverfahren. (VV'ien. klin. Wochenschr. 1909. No. 20.) 

12) Lenartowicz, J. T. u. Potrzobowsk i, P., Eine einfache Methode der Dar¬ 
stellung der Spirochaete pallida. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 56. 

p. 186.) 

13) Sangiorgi, G., Ueber einen eigenartigen, bei einigen Mikroben durch die Tusche 
dargeslellten Baubefund. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 55.) 


Erkl&rung der Tafelfiguren. 

Die Bilder wurden von mir nach dem mikroskopischsn Befund raoglichst natur- 
getreu mit Tusche gezeichnet. 

Fig. 1. Bacillus anthracis aus einer 24-stiindigen Agarkultur. Die sich als 
zopfahnliche Ketteu darstellenden Zellverbiinde zeigen deutlich in ihrer Mitte die dunklen 
Zentralgebilde. 

Fig. 2. Bacillus en teritid is Gartner aus einer Drigalski - Kultur. Der 
Erreger zeigt sich als ovoides Gebilde mit einem strichformigen zentralen Einschlufi, 
der dieselbe Farbe wie der Tuscheuntergrund hat. 

Fig. 3. Bacillus rhusiopathiae suis. Ausstrich aus dem Herzblut einer an 
Stabchenrotlauf eingegangenen Taube. Zwischen den roten Blutkorperchen sind die 
auflerst feinen, schlanken Stabchen sichtbar. 

Fig. 4. Bacillus rhusiopathiae suis aus einer 3-tagigen Bouillonkultur. 
Langere, teilweise geschlungene Faden. 

Fig. 5. Bacillus tuberculosis (Typus bovinus). Tuscheausstrich aus der 
vereiterten Kniefaltenlymphdruse vom Meerschweinchen. 

Fig. 6. Bacillus tuberculosis aus Sputum des Menschen nach Homogeni- 
sierung mit Antiformin. 

Fig. 7. Bacillus tuberculosis. Ausstrich aus einem LungenabszeS vom Rind. 

Fig. 8. Bacillus mallei aus einer 24-stiindigen Kultur. 

Fig. 9. Streptococcus agalacti ae con tagiosae im Milchsedimentausstrich. 
Die kreisrunden, verschieden grofien Scheibchen sind Fetttropfen. 

Fig. 10. Streptococcus equi. Ausstrich aus Druseeiter vom Pferd. 


Nachdruck verboten. 

Zum Nachweis der Typhusbacillen im Blut 
vermittelst Galle. 

Von Stabsarzt Dr. Kayser in Altona. 

Die Frage der Prioritat beim Galleblutverfahren ist schon einige 
Male der Grund von Erorterungen gewesen, unter anderem in dieser 
Zeitschrift Bd. 60. p. 158 u. Bd. 61. p. 170. Letztere Notiz, die ich ver- 
spatet zu Gesicht bekam, gab AnlaB zu Verhandlungen. 

Herr Prof. Conradi ermachtigt mich zu der Feststellung. dafi ihm 


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222 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


bei seiner Replik eine beleidigende J ) Absicht fehlte, daB er aber seine 
Behauptung, seine Prioritat in dieser Frage sei nicht geniigend gewahrt. 
aufrecht erhalten miisse. 

Es sind im AnschluB daran einige sachliche Bemerkungen meiner- 
seits erforderlich: 

1) Es hat inir ferngelegen, die Prioritat hinsichtlich der Idee, Typhus- 
bacillen aus dem Blut vennittelst Galle zu ziichten, und die erste Nutz- 
anwendung dieses Prinzips fiir mich in Anspruch zu nehmen. Ich habe 
in meinen Arbeiten iiber diesen Gegenstand von Anfang an Herrn Prof. 
Conradi zitiert 1 2 ) und seine erste Originalarbeit genannt (Dtsche med. 
Wochenschr. 1906. No. 2). 

2) In Bd. 60 dieser Zeitschr. p. 158 unterliefen inir versehentlich 
zwei ungenaue Zitationen, was inir erst durek die Notiz dieser Zeitschr. 
Bd. 61. p. 170 bewuBt geworden ist. 

3) Urn die Gallenblutanreicherung der Typhusbacillen weiter in die 
Praxis zu iibertragen, regte ich seinerzeit, nach einer langeren prak- 
tischen Priifung, die Firma E. Merck zur Herstellung bestimniter ge- 
brauchsfertiger und versandfiihiger Gallerohren an, ohne daB ich hierbei 
irgendwelclie niaterielle Wiinsche hatte. Ein spateres spoiltanes Angebot 
obiger Firma am Reingewinn wurde von inir erst nach ausdriicklicher 
dienstlicher Genehmigung meines damaligen Chefs, Herrn Prof. Forster, 
augenommen. 

4) Die von Merck gewahlte erste Bezeichnung „Typhusgallerohre 
Kayser u wurde schon im Mai/Juni 1906. nach Yereinbarung zwischen 
Herrn Prof. Conradi und mir, in „Typhusgaller6hre Ivayser-Con- 
radi u abgeandert. 


Nachdruek verbolen. 

Zur Frage der Farbung der Tuberkelbacillen im Sputum. 

Von Privatdozent I. A. Waledinsky, Tomsk. 

SSmtliche Forscher, die sich mit der Frage der Farbung der Tuberkel- 
bacillen befaBt haben, heben die Schwierigkeit hervor, dieselben mit 
wasserigen Losungen von Anilinfarben zu fiirben, und weisen auf die 
Notwendigkeit hin, zu diesen Losungen verschiedene Substanzen hinzu- 
zufiigen, durch welclie die Farbekraft gesteigert wird. So ist es 
Robert Koch erst durch Zusatz von Alkalien zu Methylenblau ge- 
lungen, die Tuberkelbacillen zu farben. Ehrlich bezeichnete das Anilinol 
als gutes Hilfsmittel bei der Farbung der Tuberkelbacillen mittels Anilin¬ 
farben. Ziehl hat zu demselben Zwecke Karbolsaure und Resorzin vor- 
geschlagen. Dasselbe gilt fiir die neuesten Methoden von M uch, 
Michael ides und Hermann u. a. 

Mit einem VVorte, nach den feststehenden Ansichten ist es, urn die 
Tuberkelbacillen mit Erfolg farben zu konnen, notwendig, zu den Anilin¬ 
farben solche Substanzen hinzuzufiigen, die gleichsam die Rolle von 
Beizen fiir die Farben spielen. 


1 ) Die Redaktion nimmt zur Sache keine Stellung, erklart aber, daB sie aus der 
Replik von Herrn Prof. C. keine beleidigende Absicht herauslas, sonst wiire der Ab- 
druck der Erwiderung unterblieben. 

2) Munch, med. Wochenschr. 1006. No. 17. p. 823, 824, 826 und ebendaselbst 
1906. No. 40. p. 1964; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 42. 1906: Zur Fruhdiagnose 
usw. Abs. 4. 


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Waledinsky, Zur Frage der Farbung der Tuberkelbacillen im Sputum. 223 


Bei einigen Forschern kann man jedoch Angaben finden, daft die 
Tuberkelbacillen auch inittels gewohnlicher wasseriger Losungen von 
Anilinfarben bei Erw&rmung (Lichtheim, de Giacomi) oder in 
wasserig-alkoholischen Losungen dieser Farbstoffe (Straus) gefarbt 
werden konnen. Systematische (Jntersuchungen sind in dieser Richtung, 
soweit ich nach der mir zugangigen Literatur urteilen darf, noch nicht 
vorgenommen worden. 

Iufolgedessen babe ich die Angaben der zitierten Autoren nachzu- 
priifen versucht. 

Als Farbstoffe verwendete ich Fuchsin, Gentianviolett und Methyl- 
violett. Der betreffende Farbstoff wurde zuvor in absolutem Alkohol 
in einer Verdiinnung von 1:25 aufgelost. Aus dieser Stamm-Alkohol- 
losung wurde dann eine wasserige Losung in einer Verdiinnung von 
1:50 hergestellt und auf diese Weise eine stark verdiinnte alkoholisch- 
wasserige Losung erzielt. 

Als Material fur die Farbung diente meistenteils das Sputum von 
tuberkulosen Patienten, teils auch die Organe von mit Hiihnertuber- 
kulose intizierten Kaninchen. Die Farbung ging hier in derselben Weise 
von statten, wie bei der Methode von Ziehl-Neelsen. 

Auf Grund der Farbung des Sputums von zahlreichen Kranken und 
der Sthckchen von verschiedenen Organen von Kaninchen konnte man 
schlieBen, daft Tuberkelbacillen sich mit verdunnten, wasserig-alkoholischen 
Losungen von Anilinfarben tatsachlich ziemlich gut farben. Somit hat 
sich die Angabe von Straus theoretisch als vollkommen richtig erwiesen. 

Nun war es von Interesse, festzustellen, inwiefern sich diese Farbungs- 
methode in der Praxis bewahrt. Zu diesein Zwecke bediente ich mich 
folgender vergleichenden Methode: Ich farbte gleichzeitig nach der Methode 
von Ziehl-Neelsen und mittels einer verdunnten, wasserig-alkoholischen 
Fuchsinlosung, wobei ich bei den beiden Farbungsmethoden streng das- 
selbe Milieu einhielt. Ein kleines Sputumpartikelchen wurde zwischen 
2 Objekttragern zerdriickt und nach dem in der iiblichen Weise bewerk- 
stelligten Trocknen an der Flamme fixiert. Der eine Objekttriiger wurde 
dann mit dem Ziehl-N eel sen schen Farbstoff, der andere, der gleich- 
artiges Material trug, mit der wiisserig-alkoholischen Fuchsinlosung iiber- 
gossen. Die Farbung ging unter Erwarinung vor sich und dauerte 
2 Minuten. Abspiilung mit Wasser. Entfarbung mit 5-proz. Schwefel- 
saurelosung innerhalb einer Sekunde und hierauf in 70-proz. Alkohol inner- 
halb einer halben Minute. Komplementare Farbung mittels Loeffler- 
Blau in einer Verdiinnung von 1:4 innerhalb einer Sekunde. Urn die 
bei der Farbung nach dem einen und dem anderen Verfahren erzielten 
Resultate miteinander vergleichen zu konnen, wurden die Bacillen im 
Gesichtsfeld nach der Skala von Gaffky gezahlt. Die Resultate sind 
in der (p. 224) Tabelle zusammengestellt. 

Aus nachstehender Tabelle geht deutlich hervor, daft die alkoholisch- 
wftsserige Fuchsinlosung in der oben angegebenen Proportion und bei 
der oben beschriebenen Entfarbungsweise in praktischer Beziehung der 
Karbolmethode weit nachsteht und in zweifelhaften {’alien nicht an- 
gewendet werden kann. 

Es ist aber nicht ausgeschlossen, daft man bei einer auderen Modi- 
fikation der F&rbungsbedingungen wahrscheinlich den Grad der Fiirb- 
barkeit der Tuberkelbacillen auch mittels verdfinnter alkoholisch-wasse¬ 
riger Losung von Anilinfarben wiirde steigern konnen. 

Verdiinnte alkoholisch-wasserige Losung von Anilinfarben konnen 


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224 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 3. 


Tabelle. 


Falle 

Ziehl-Neelsen 

Alkoholisch- 

wiisserige 

Fuchsinlosung 

Falle 

Ziehl-Neelsen 

Alkoholisch- 

wasserige 

Fuchsinlosung 

1 

5 

1 

13 

. 

6 

3 

2 

2 

0 

14 

4 

2 

3 

8 

4 

15 

5 

1 

4 

2 

0 

16 

9 

3 

5 

3 

1 

17 

3 

0 

6 

9 

3 

18 

7 

2 

7 

2 

0 

19 

3 

1 

8 

4 

0 

20 

10 

3 

9 

4 

1 

21 

7 

2 

10 

5 

2 

22 

9 

2 

11 

10 

5 

23 

4 

2 

12 

1 9 

3 



1 


somit Tuberkelbacillen ffirben, so daB die Angaben von Straus fiber 
die Farbbarkeit der Tuberkelbacillen mit Anilinfarben ohne Beizen vom 
prinzipiellen Standpunkte aus richtig und von nicht geringem theore- 
tischen Interesse sind. 

Literatur. 

1) Koch, R., Die Aetiologie der Tuberkulose. (Berlin, klin. Wochenschr. 1882. 
No. 15.) 

2) Ehrlich, Farbung der Tuberkelbacillen. (Dtsche med. Wochenschr. 1882. No. 3.) 

3) Ziehl, Zur Farbung der Tuberkelbacillen. (Dtsche med. Wochenschr. 1882. No. 33.) 
— Ueber die Farbung der Tuberkelbacillen. (Dtsche med. Wochenschr. 1883. No. 17.) 

4) Straus, J., La Tuberculose et son bacille. Paris 1895. 

5) Steriopulo, S. S., Ueber die Tuberkelbacillen und andere saure- und spiritusfeste 
Bacillen. f Dissert.] Moskau 1908. 

6) Berger, Karl, Vergleicbende farberischeNachpriifung der von Ziehl-Neelsen, 
Much und Gadis empfohlenen Farbemethoden fur Tuberkelbacillen. (Centralbl. 
f. Bakt. Abt. L Orig. Bd. 53. p. 174—208.) 


Inhalt. 


Battaglia, Mario, Einige anatomo-patho- | 
logische Lasionen bei der Nagana (Try- j 
panosoma Brucei), p. 168. 

Bley, Hermann, Untersuchungen fiber 
die Negativfarbung von Bakterien mittels 
des Tuscheverfahrens nach Burri, 
p. 206. 

Cavara, V., Ueber eine aus der mensch- 
lichen Conjunctiva isolierte gramnegative 
Sarcine, p. 113. 

Franga, Carlos, Quelques considerations 
sur le genre Thei leria et description 
d’une nouvelle eapfcce de ce genre 
(Theileria stordii), p. 171. 

Hottinger, Rob., NachprfifuDg und Kritik 
der fiblichen Bouillonbereitung. Einfache 
Herstellung einer billigen guten Nahr- 
losung, p. 178. 

de Jong, D. A., Ueber einen Bacillus der 
Paratyphus B - Enteritisgruppe als Ur- 
sache des seuchcnhaften Abortus der 
Stutc, p. 148. 

Kayser, Zum Nachweis der TyphuBbacillen 
im Blut vermittelst Galle, 221. 


| Landsteiner, Karl u. Berliner, Karl, 

Ueber die Kultivierung des Virus der 
Hfihnerpest, p. 165. 

Loeb, Leo, Fleisher, Moyer S., Unter¬ 
suchungen fiber die Vererbung der das 
Tumorwachstum bestimmenden Faktoren 
p. 135. 

Mtiller, Reiner u. Willicb, Karl Theodor, 

Sarcinen in der menschlichen Harnblase, 
p. 124. 

Scordo, Francesco, ExperimentelleStudien 
fiber die Therapie des Mittelmeerfiebers, 
p. 151. 

Tissoni, Guido, Ueber die immunitare 
Reaktion des Blutes bei der Pellagra, 
p. 175. 

Twort, F. W. and Ingram, G. L. Y., 

Further experiments with the Myco¬ 
bacterium enteritidis chromcae 
pseudotuberculosae bovis Johne, 
and with vaccines prepared from this 
micro-organism, p. 126. 

Waledinsky, I. A., Zur Frage der Far¬ 
bung der Tuberkelbacillen im Sputum, 

p. 222. 


Krommannache Uucbdruckerei (Hermann Pohle) In Jena. 


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F Miranda, del. 


Veriag von Gustav Fischer in Jena. 


Lith Anst v A Giltsch. Jena 


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Centralbl. I. Bakt etc. I. AbL Originate. Bd. 07. Heft4. 

Ausgegeben am 11. Dezember 1912. 

Nachdruck verbolen. 

Ueber das Nukleoproteid der Cholerabacillen. 

[Aus dem Institut fur allgemeine Pathologie der Kgl. Universit&t 

zu Neapel.] 

Von Gt. Galeotti. 

In der modernen Literatur fiber die Toxine des Choleravibrios wird 
eine meiner Arbeiten gar nicht erwahnt, die ich zu Florenz im Institut 
ftir allgemeine Pathologie im Jahre 1896 ausgeffihrt und in Bd. 50. H. 2 
des nSperimentale 14 veroffentlicht babe. 

In dieser Arbeit beschrieb ich mit hinlanglicher Genauigkeit die 
chemischen und immunisierenden Eigeuschaften eines Stoffes, dessen 
Isolierung aus den Kulturen und den Choleravibrionen mir gelungen 
war und dessen Natur ich identifizierte. Auf diese Weise erkannte ich 
zuerst, daB in den Bakterien Nukleoproteide enthalten sind, die 
identisch mit denjenigen sind, welche kurz vorher aus den Geweben der 
hoheren Tiere isoliert und beschrieben worden waren. 

Diese meine Arbeit ist in Vergessenheit geraten und wird fast von 
keinem der neueren Autoren zitiert, obwohl man in letzter Zeit erkannt 
hat, daB das in den Choleravibrionen enthaltene Nukleoproteid das Endo¬ 
toxin ist, dem alle toxischen Erscheinungen zugeschrieben werden mtissen, 
die bei der spontanen Cholera des Menschen und bei der experimentellen 
Form der Tiere so typisch sind. 

In dieser Hiusicht muB ich auch einer Behauptung von Kolle und 
Schfirmann widersprechen, die in ihrer, in der letzten Ausgabe des 
Handbuches der pathogenen Mikroorganismen erschienenen Monographie 
fiber die Cholera sagen: „Es ist bis jetzt nicht gelungen, dieses Gift 
(das Choleragift) rein darzustellen.“ Dies ist mir aber schon im Jahre 
1896 gelungen, und es gelingt noch immer, wenn man die einfachen 
Methoden anwendet, welche zur Isolierung der Bakteriennukleoproteide 
dienen. NatUrlich handelt es sich urn eine relative Reinheit, wie man 
sie bei Isolierung nicht kristallisierender EiweiBstoffe erhalten kann. 
GewiB ist, daB man Praparate erhalten kann, welche stets dieselben 
chemischen Eigenschaften und dieselbe zentesimale Zusammensetzung 
zeigen. 

Allerdings ist die Toxizitfit dieser Praparate nicht immer die gleiche 
und sie erh&lt sich nicht konstant; dies ist aber bei alien toxischen Pro- 
teinen der Fall. Man darf nicht vergessen, daB es sich urn metastabile 
Kolloidsysteme handelt, die infolge sehr vieler Einflfisse (Wasser, Sauer- 
stoff, Licht, verschiedenartige Ionen) denaturiert werden und nacli und 
nach ihre spezifischen Eigenschaften immer mehr verlieren. Es ist auch 
richtig, daB man, um ein sehr toxisches Nukleoproteid zu erhalten, eine 
Kultur von hoher Virulenz verwenden muB; wer weifi aber, worin die 
Virulenz besteht? Wer weifi, warura ein Protein mit gewissen spezi¬ 
fischen Eigenschaften ausgestattet ist und ein anderes diese Eigenschaften 
nicht besitzt, obgleich es sich alien physikalischen und chemischen Proben 
gegentiber auf genau die gleiche Weise verhfilt? 

Indem ich auf meine schon zitierte Arbeit zurflckkomme, halte ich 
es ffir nfitzlich, einige Bruchstficke daraus anzuffihren, die beweisen, daB 

Erate Abt. Orig. Bd. 67. Heft 4-. 15 


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226 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


das von mir hergestellte Choleraendotoxin mit dem in jflngster Zeit von 
vielen Autoren studierten identisch ist. 

„8. Experiment (p. 9—10). Eine geniigende Menge einer 15 Tage lang bei 37 * 
im Brutschrank aufbewahrten Cholerakmtur wird mit Essigsaure angesauert und dann 
in 3 Teile geteilt, denen Ammoniumsulfat in verschiedener Menge zugesetzt wird. Die 
Prazipitate werden der Dialvse unterzogen, wahrend welcher sie sich wieder auflosen. 
Die.se Fliissigkeiten werden bei 3 Meerschweinchen iujiziert und verleihen den Tieren 
die Immunitat.“ 

„10. Experiment (p. 10—12). Eine 20 Tage alte stark alkalische Kultur mit reich- 
lichem schleimigen Bodensatz wird durch Cham berland-Filter filtriert.“ 

„1) Das mit HC1 angesauerte Filtrat ergibt ein Prazipitat, das mit Waaser, 
Alkohol und Aether abgewaschen und getrocknet wird. Es wurde wieder aufgelost 
und bei 3 Meerschweinchen injiziert, die der Probeinfektion vollkommen widerstanden.“ 

Bei diesem Experiment fiigte ich die folgende Bemerkung hinzu: 

„Hier weise ich darauf hin, daB die Filtrate der frischen Cholerakulturen nach 
leichter Ansauerung mit HC1 kein Prazipitat ergeben. IDs erscheint mir der Gedanke 
nicht unrichtig, daB in Anbetracht der starken alkalischen Reaktion der alten Kultur 
der gefallte Stoff eben derselbe ist, den man, wie ich jetzt beschreiben werde, aus den 
Bakterienzellen vermittelst einer Natrium- oder Kaliumhydratlosung extrahieren kann.“ 

„2) Der reichliche Bodensatz der alten Kulturen, auf dem Filter gesammelt und 
abgewaschen, wird in 0,5-proz. Sodalosung suspendiert, wobei auch etwas Glyzerin zu- 
gesetzt wird. Nachdem der Niederschlag sich aufgelost hat, behandle ich damit 2 Meer¬ 
schweinchen, die der Cholerainfektion widerstehen.“ 

Die Eigenschaften dieses Stoffes wollte ich nun eingehender untersuchen. Nach¬ 
dem ich ihn vermittelst einer weiteren Fallung durch HC1 gereinigt und wieder in 
einer alkalischen Losung aufgelost hatte, sah ich, daB er die Farbungs- und Fallungs- 
reaktionen der EiweiBstoffe ergab, Phosphor enthielt, nach Verdauung mit Pepsin ein 
Pepton entstehen lieB und endlich nach Spaltung mit Schwefelsaure die Reaktionen 
der Purinkorper ergab. Ich schloB damals folgendermaBen (p. 13): „Aus diesen Griinden 
wflrde es mir nicht unbegriindet erscheinen, diesen Stoff als analog den von Ham- 
marsten beschriebenen Nukleoproteiden zu betrachten.“ 

Endlich schrieb ich in den allgemeinen SchluBfolgerungen meiner Arbeit (p. 16): 
„Ein im Zelleib der Cholerabacillen sich vorfindendes Nukleoproteid zeigte immuni- 
sierendes Vermogen." 

Nach dieser ersten Arbeit wurden viele weitere unter Leitung und 
personlicher Beteiligung des Prof. Lustig im Institut fUr allgemeine 
Pathologie zu Florenz ausgefiihrt, und diese Arbeiten brachten voll- 
standige Aufklarung fiber die chemischen und biologischen Eigenschaften 
der Nukleoproteide, die aus verschiedenen Mikroorganismen mit Methoden 
extrahiert wurden, die sich im wesentlichen nicht von den in den oben 
besprochenen beiden Experimenten dargelegten unterscheiden 1 ). 

Was das Choleranukleoproteid anbelangt, so halte ich es ffir an- 
gezeigt, die von anderen Autoren erhaltenen Resultate anzuffihren. 

Schmitz praparierte dieses Nukleoproteid im Serotherapeutischen Institut zu 
Bern und konstatierte, daB es ein sehr wirksames immunisierendes Vermogen besitzt. 
Die Versuchstiere widerstanden der Infektion, auch nach einer einzigen immunisierenden 
Injektion, und auch wenn letztere der Infektion nur um 24 Stunden vorausgegangen 
war. Heller studierte die toxischen Eigenschaften dieses Nukleoproteide und sah 
ebenfalls, daB die Tiere, wenn sie die erste Injektion iiberlebten, dann auch hohe Dosen 
dieses Stoffes vertrugen und stark immun wurden. 

Dieser Autor folgerte, daB das Choleranukleoproteid groBe Vorziige als immuni¬ 
sierendes Material darbietet. Blell beschaftigte sich damit, die von Schmitz an- 
gestellten Untersuchungen zu kontrollieren und zu erweitern, und er gelangte zu der 
endgiiltigen SchluBfolgerung, daB das Choleranukleoproteid sich sehr wohl zur prophy- 
laktischen Anwendung in der Praxis gegen die asiatische Cholera eigne. 

Schurupoff immunisierte Meerschweinchen mit dem Choleranukleoproteid und 
entnahm mit diesem Stoff behandelten Pferden ein sehr aktives Serum, das mit Erfolg 
bei Tieren und beim Menschen erprobt wurde. 

Krawkoff erhielt mit einer der Methode von Lustig und mir analogen Methode 

1) Lustig e Galeotti, I nucleoproteidi bacterici. (Lo Sperimentale. Vol. 63. 
1909. p. 5.) 


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Galeotti, LJeber das Nukleoproteid der Cholerabacillen. 


227 


ein Nukleoproteid, (lessen physikalische und chemische Eigenschaften er darlegt und 
dessen zentesimale Zusammensetzung er auch angibt; diese Daten unterscheiden sieh 
nicht von denen, die ich fiir dieses und fiir andere Bakteriennukleoproteide erhalten babe. 

Krawkoff konstatierte, daS dieser Stoff fiir vieleTiere toxisch ist, insbesondere 
aber fiir Meerschweinchen und Kaninchen, und zwar in Dosen, die zwischen 0,1 und 
0,2 pro Kilogramm des Tieres schwanken. Einfiihrung dieses Toxins in die Venen oder 
unter die Haut, in die Peritonealhohle oder ins Verdauungsrohr ruft dieselben Er- 
6cheinungen hervor, wie man sie beobachtet, wenn man eine virulente Cholerakultur 
auf dieselbe Weise verwendet. Man kann namlich bei den vergifteten Tieren Temperatur- 
erniedrigung, Cyanose, Dyspnoe, Diarrhoe und Erbrechen konstatieren. Die postmortale 
Totenstarre tritt friih ein, wie bei Choleraleichen. Auch die auatomisch-patnologischen 
Lasionen sind dieselben, wie diejenigen, welche man bei den infolge experimenteller 
Cholerainfektion verendeten Tieren beobachtet. 

Rondoni gelangt in einer ausfiihrlichen Arbeit iiber Immunitat gegen Cholera zu dem 
Schlusse, dafi das Nukleoproteid Gruppen enthiilt, welche Antikorper fixieren und eine 
antigene Funktion haben. Bei Kanincnen injiziert, veranlafit es die Bildung von Agglu- 
tininen, Bakteriolysinen und Stoffen, die Komplementablenkung bewirken, wenn sie mit 
einem Choleraantigen vereinigt sind. Endlich sagt er, die Impfung nach der Methode 
Lustig-Galeotti scheine geeignet zur Erzeugung eines Heilserums gegen die Cholera. 

Bei Herstellung des Choleranukleoproteids, wie sie jetzt gewohnlich 
in dem von mir geleiteten Institut erfolgt, haben wir nunmehr die 
Methode des Sammelns der Kolonieen auf Kulturen in Agar aufgegeben 
und befolgen eine einfachere, leichte und schnell zum Ziele ftihrende. 

Wir legen Kulturen auf Bouillon an mit einem Stamm sehr viru- 
lenter Vibrionen, d. h. solcher, die imstande sind, ein Meerschweinchen 
in 12—24 Stunden nach intraperitonealer Injektion von wenigen Tropfen 
Kultur zu toten. 

Die Bouillon muB deutlich alkalisch sein; sie wird in Kolben in 
einer Menge von 300 ccm verteilt. Die Kulturen werden 2 Wochen 
lang im Brutschrank aufbewahrt, wiihrend dieser Zeit sammelt sich auf 
dem Boden der Flasche eine geniigende Menge von Bakterien. 

Dann wird der Kultur so viel Aetzkali zugesetzt, bis die Fliissig- 
keit letztere im Verhaltnis 1 Proz. enthalt, und man lfiBt diese Substanz 
etwas lSnger als 1 Stunde einwirken. Hierauf sauert man mit Essig- 
saure an und sSttigt mit Ammoniumsulfat. Auf diese Weise entsteht 
ein reichlicher Niederschlag, der auf einem Filter aufgefangen und mit 
anges&uertem Wasser abgewaschen wird, bis in der zur Abwaschung 
dienenden Fliissigkeit keine Sulfate mehr angetroffen werden. Alsdann 
lost man den Niederschlag in 0,5-proz. Sodakarbonatlosung auf, oder er 
kann auch auf Schwefelsaure getrocknet werden; er erhalt sich dann 
lange Zeit, ohne seine Eigenschaften zu verlieren. 

Das auf diese Weise erhaltene Nukleoproteid kann leicht gereinigt 
werden, indem man es wieder in alkalischen Losungen auflost und von 
neuem mit Saure prSzipitiert; man erhalt so einen Stoff von konstanter 
Zusammensetzung, der aber weniger aktiv ist. 

Die toxischen Eigenschaften des Choleranukleoproteids hat Cicco- 
nardi unter meiner Leitung studiert in einer Arbeit, die binnen kurzem 
veroffentlicht wird; ich halte es fiir angezeigt, hier einige der Haupt- 
resultate in Kiirze mitzuteilen. 

Die todliche Dosis des Choleranukleoproteids variiert sehr, je nach 
der Virulenz der Kultur, die man bei Herstellung dieses Stoffes ver¬ 
wendet. Wenn die Kultur sehr virulent ist, geniigen einige Milligramm, 
um ein Kaninchen — das empfindlichste Tier — zu toten. Etwas weniger 
empfindlich ist das Meerschweinchen und noch weniger der Hund. 

Die Wirkungen beginnen sich beim Tiere rasch zu zeigen, wenn zur 
Einfiihrung der intravenose Weg gewkhlt wurde, dagegen langsam, wenn 

15* 

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228 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


eine intraperitoneale Injektion erfolgte. Das Tier ist anfangs niederge- 
schlagen, und dieser Zustand dauert einige Stunden; in einem zweiten 
Zeitabschnitt treten tonische Krampfe der peripherischen Muskulatur und 
klonische Kr&mpfe des Zwerchfells auf, sowie ein Ger&usck, das an 
Schluchzen erinnert. Unterdessen sinkt die Teinperatur, die Anfang an 
die Tendenz zu langsamem Sinken zeigte, in der Krampfperiode rasch 
weit unter die Norm, und in dein der Agonie vorausgehenden Zustande 
konnen Temperaturen von 31°, 30°, ja von 29° konstatiert werden. 

Der Tod tritt zuweilen mitten in einem Krampfanfall ein, in anderen 
Malen mit LShmung der Respiration; dazu tritt Verlust des Conjunctival- 
reflexes, und das Tier, das in einer ersten Periode Miosis zeigte, stirbt 
unter ausgepr&gter Mydriasis. Die Extremitaten siud kalt und starr. 
Bei der makroskopischen Untersuchung der Organe beobachtet man: 
Gef&Be der Thorax- und BauchhShle stark injiziert, Infarkte und Lungen- 
odem, Herz von Gerinnseln erfiillt, Hyperamie in den Unterleibsorganen. 

Cicconardi hat dann getrennt die Wirkung dieses Toxins auf die 
Funktion der verschiedenen Apparate des Organismus studiert. 

Kreislaufapparat. Studiert wurde die Wirkung der Nukleoprotcide bei Ka- 
nincheu, die fiir dieVerzeichnung dee Blutdruckes mit dem Ludwigschen Manometer 
prapariert wurden. 

Man fand leichte Eruiedrigung dee arteriellen Druckee, fortschreitende Abuahme 
der Zahl und Intensitat der Herzkontraktionen bis zum Tode des Tieree. 

Bei den Untersuchungen am ieolierten Kaninchenherzen wurde betrachtliche 
Arhythmie, Auftreten von periodischem Rhythmus, Veranderungen der Erregbarkeit 
und dee LeitvermQgens der Reizung im Myocardium konstatiert. 

Blut. Bisweilen wurde leichtgradige, relative Polycythamie konstatiert. Leuko- 
cytose, die naraentlich die neutrophilen und die einkernigen betraf. Einmal wurde in¬ 
tensive Eosinophilic beobachtet. Zunahme der molekularen Konzentration des Blut- 
plasmaa. 

Atmungsapparat Die Experimente hinsichtlich der Atmungsmechanik wurden 
an Kaninchen mit den gewohnlichen Methoden gemacht. 

Konstatiert wurde Zunahme der Frequenz und Tiefe der Atembewegungen, 
Stbrungen dee Rhythmus mit verschiedenen Atmungstypen und einige Male Andeutung 
auf periodische Atmung. 

Harnapparat. Die Untersuchungen wurden angestellt an der ieolierten Niere 
mit kunstlicher Zirkulation von Ringerscher Fliissigkeit, der dann das Nukleoproteid 
zugesetzt wurde. Es wurde stets Stdlstand der Sekretion konstatiert; dieee Wirkung 
tritt ohne Ausnahme konstant ein, und sehr kleine Mengen des Nukleoproteids ge- 
niigen, um spezifisch auf die Niere einzuwirken. 

Darmrohr. Die Experimente wurden an Meerschweinchen gemacht mit einem 
speziellen Enterographen, den von Cicconardi in seiner ausfiihrlichen Arbeit be- 
schreiben wird. Zuweilen wurde Erhohung des Tonus der Muskelfasern beobachtet und 
konstant Aenderung im Rhythmus der spontanen Kontraktionen, die stets intensiver 
wurden. 

Die Wirkung des Choleranukleoproteids auf die Darmmuskulatur ist wahrhaft 
spezifisch. 

Willensmuskeln. Die Wirkung des Choleranukleoproteids wurde an den Waden- 
muskeln des Meerschweinchens studiert. Der betreffende Muskel wurde einige Male 
isoliert und in mit Sauerstoff versetzte Ringersche Flussigkeit, der Nukleoproteid zu- 

f esetzt war, eingetaucht; in anderen Malen wurden Wadenmuskeln experimentiert, die 
ei den kurarisierten Meerschweinchen in situ erhalten und verraittelst kiinstlicher At¬ 
mung am Leben erhalten wurden. Hierauf wurde dem Meerschweinchen eine geniigende 
Menge Nukleoproteid injiziert. Die Resultate waren die nachstehenden: Auftreten von 
spontanen Tetanuskontraktioneu; auf einen einzigen StoB folgende Kontrakturen vom 
Typus der Veratrinkontraktur. Geringere Dauer des Tetanus. Bei Anstrengung er- 
miidet der Muskel schneller und die Wiederherstellungsperiode dauert langer. Ernied- 
rigung der Reizschwelle. 

Man ersieht also aus dieser summarischen Zusammenfassung der 
wichtigsten Experimente Cicconardis, dad das Choleranukleoproteid 
bei den Tieren funktionelle Ver&nderungen verursacht, welche den cha- 


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Oaleotti, Ueber das Nukleoproteid der Cholerabacillen. 


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rakteristischsten Symptomen der spontanen KraDkheit beira Menschen 
eDtsprechen, wie hauptsSchlich Erniedrigung der Temperatur and des 
Blutdruckes, Verdichtung des Blutes, Anurie, tibermSBige Darmperistaltik 
und MuskelkrSmpfe es sind. 

Weitere Untersuchungen, die ebenfalls aus jtingster Zeit datieren 
und in dem von mir geleiteten Institut ausgefflhrt wurden, sind die von 
De Bonis, der einigen VibrionenstSmmen ein so toxisches Nukleoproteid 
entnahm, daB Mengen von 0,5—1 mgr geniigten, urn ein Meerschweinchen 
von ca. 300 g Gewicht zu toten. AuBerdem fand er, daB dieser Stoff 
wie ein sehr starkes Gift wirkt, wenn er auf dem \Vege des Magen- 
darmrohrs eingefiihrt wird, und so todliche Lasionen des Darms und des 
Peritoneums verursacht. Die diese Behandlung uberlebenden Meer¬ 
schweinchen zeigten jedoch das Vorhandensein von spezifischen Anti- 
kdrpern (Agglutinine) im Blute und widerstanden auch der experimen- 
tellen Infektion. 

Mithin ist zu hoffen, daB es moglich ist, eine Immunisierungs- 
methode fiir den Menschen zu finden, die auf der Einftihrung des Cho- 
leranukleoproteids auf dem Mundwege beruht. 

Zusammenfassung. 

Die Methode der Isolierung des in den Choleravibrionen enthaltenen 
Nukleoproteids wurde von mir im Jahre 1896 gefunden. Zu jener Zeit 
bestimmte ich genau die chemischen und immunisierenden Eigenschaften 
dieses Stoffes, den man in einem Zustand verhaltnismSBiger Reinheit 
und groBer AktivitSt erhalten kann. 

Untersuchungen aus neuester Zeit (von Schmitz, Blell, Heller, 
Rondoni, Schurupoff, Krakow) best&tigten diese meine friiheren 
Resultate und hoben alle Vorztige des Choleranukleoproteids ftir die 
Immunisierung der Tiere und die Erzeugung eines Choleraserums hervor. 

Endlich ist in dem von mir geleiteten Institut (Cicconardi) kon- 
statiert worden, daB die charakteristischen Cholerasymptome eben durch 
das in den Kreislauf eingedrungene toxische Nukleoproteid bedingt sind, 
weil mit diesem Stoff bei Tieren funktionelle Verfinderungen der ver- 
schiedenen Apparate hervorgerufen werden, die mit den bei Cholera- 
kranken beobachteten flbereinstimmen, nSmlich Erniedrigung der Tempe- 
ratur und des Blutdruckes, Verdickung des Blutes, Anurie, flbermfifiige 
Darmperistaltik und Muskelkr&mpfe. 

Ferner lassen einige Untersuchungen von De Bonis glauben, daB 
es mbglich sein wird, eine Immunisierungsmethode ftir den Menschen 
zu finden, die auf der Einfiihrung des Choleranukleoproteids auf gastri- 
schem Wege beruht. 


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230 


Ontralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die viscerale Lepra. 

[Aus der Lepraanstalt zu Osaka, Japan.] 

Von Prof. T. Sugal. 

Ich sezierte von Juni 1909 bis September 1910 11 mannliche und 
2 weibliche leprose Leichen und untersuchte deren Organe,. besonders 
unter Beriicksichtigung der Veranderungen des Genitalapparates. 

Praparate wurden von dem in 10-proz. wiisseriger Formalinlosung 
aufbewahrten Material hergestellt, das nach weiterer Ilartung in Alkokol 
in Zelloidinschnitte zerlegt wurde. 

Zur Untersuchung bediente ich mich der Alaunhamatoxylin-Eosin- 
farbung, der Ehrlichschen Leprabacilleufarbung und einer anderen 
Methode (Karbolfuchsinfarbung, Entfarbung mit 10-proz. alkoholischer 
Salpetersaurelosung und Nachfarbung mit Alaunha?natoxylin). 

I. Die Hoden zeigten in 8 unter 10 Fallen (6 tuberosen, 4 nervdsen) 
merkbare leprose Veranderungen mit zahlreichen Leprabacillen. 

Die Samenkanaichen des Hodens enthielten, nainentlich in der tube¬ 
rosen Form ausnahmslos und auch in der nervbsen Form nicht selten 
zahlreiche Leprabacillen. Die Bacillen stammten zum Teil aus dem 
erkrankten Interstitium und zum Teil aus dem in den Epithelzellen der 
Samenkanaichen entwickelten Lepraglobin. 

In 6 Fallen konnten Spermatozoen nicht gefunden werden, aber in 
2 Fallen wurde eine ganz kleine Anzahl von Spermatozoen neben zahl¬ 
reichen Leprabacillen beobachtet. 

Die (ibrigen 2 Falle zeigten keine leprosen Veranderungen und zahl¬ 
reiche Spermatozoen in den Samenkanaichen. 

II. Die Nebenhoden zeigten auch in 8 unter 10 Fallen leprose Ver¬ 
anderungen mit zahlreichen Leprabacillen; nur in einem Fall fand sich 
eine kleine Anzahl von Spermatozoen neben reichlichen Bacillen. 

Der Ductus epididymitis des Nebenhodens enthielt zahlreiche Lepra¬ 
bacillen , wie auch die Samenkanaichen des Hodens. Die Bacillen 
stammten teils aus den Samenkanaichen des Hodens, teils aus den 
auBeren Hauten des Ductus epididymitis und teils aus dem in den 
Epithelzellen des betreffenden Kanals entwickelten Lepraglobin. 

III. In den Samenleitern und Samenblasen kann man die Lepra¬ 
bacillen nachweisen, aber im allgemeinen ziemlich selten und in sehr 
sparlicher Anzahl. 

IV. Im Samenwege der tuberdsen Leprakranken sieht man in vielen 
Fallen keine Spermatozoen und nur in Ausnahmefailen eine sehr kleine 
Zahl. Aber es konnen, wenn auch selten, Leprabacillen und Spermato¬ 
zoen gleichzeitig im Samenwege vorkommen. 

Wenn die Leprabacillen im Hoden parasitieren, so wird die Fahig- 
keit des Hodens als Bildner von Spermatozoen bald bedeutend ge- 
schadigt; sie scheint aber auch wiederkehren zu konnen. 

V. Meiner Vermutung nach ist die Moglichkeit einer direkteu Ver- 
erbung bei der Lepra selten, besonders die von vaterlicher Seite. 

Nach meiner Erfahrung konnen die Leprabacillen ziemlich haufig 
im Laufe der Entwickelung des befruchteten Embryos durch die Placentar- 
gefafie von der Mutter in den letzteren eindringen. 


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Sugai, Ueber die viscerale Lepra. 


231 


VI. In 4 Fallen unter 8 von Testitis leprosa zeigen sich amyloide 
Entartungen der kleinen GefaBe, verursacht durch die Leprabacillen oder 
deren Toxine. 

VII. Im Ovarium kommen bei Nervenlepra leprose Veranderungen 
in vielen Fallen nicht vor. 

Im zentralen Teil des Ovariums sieht man haufig eigenartige Zellen, 
welche im Interstitium oder in den Lymphspalten der betreffenden Stelle 
lokalisiert sind und in ihrem Protoplasma unregelmaBige, saurebestandige, 
grobe Kornchen enthalten. Diese Zellen scheinen aber vom Lepra- 
prozesse unabhangig zu sein. 

VIII. Die Leber wird haufig (7 Faile unter 11) von den Lepra- 
bacilleu angegriffen und ist vergroBert. Die leprosen Infiltrationen der 
Leber lokalisieren sich in den interacinosen GefaBen, Lymphspalten und 
intraacinosen Kapillaren und rufen Bindegewebswucherungen hervor. 
Dadurch kann die Oberflache des Organes bisweilen eine eigentiimliche 
Granulation zeigen, die man „leprose hypertrophische Lebercirrhose 44 
nennen kann. 

IX. Niere. In dem Glomerulus der ganz normalen Nieren sieht 
man nicht selten (5 Faile unter 9) eine sehr kleine Anzahl von Lepra¬ 
bacillen, die aber keine diesbeziiglichen Veranderungen hervorrufen. Sie 
stammen aus den im zirkulierenden Blute des betreffenden Kranken 
enthaltenen Bacillen her, welche sich in den Kapillaren der Glomeruli 
ansammeln. 

X. Die Speicheldrfisen werden nicht selten (bei den Submaxillar- 
driisen 3 unter 4 Fallen, bei den Sublingualdriisen 1 unter 3 Fallen) 
von Leprabacillen angegriffen. Die Veranderung derselben ist immer 
eine zirkumskripte und ganz leichtgradige. Die Bacillen dringen zu- 
nachst langs den Nervenasten in die Driisen ein. 

XI. In den sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch normalen 
Lungen sieht man bisweilen (3 Faile unter 11) eine sehr kleine Anzahl 
von Leprabacillen. Es scheint mir, daB die Leprabacillen niemals von 
vornherein eine ganz gesunde Lunge angreifen. Falls die Lunge aber 
vorher schon irgeudeine Veranderung aufweist, so scheinen mir erst die 
Leprabacillen in derselben zu parasitieren und sich weiter vermehren zu 
konnen. 

XII. In 1 unter 2 TranendrUsen zeigt sich eine ganz leichtgradige, 
zirkumskripte leprose Veranderung. Die Bacillen dringen zunachst auch 
langs den diinnen Nervenasten in die Druse ein. 

XIII. Die Lymphdrdsen zeigen haufig (alle 2 Faile) keine betracht- 
liche Anschwellung, wenn sie auch zahlrciche Leprabacillen enthalten. 
Wird eine Druse zu gleicher Zeit von Lepra und Tuberkulose befallen, 
so scheint die erstere die letztere unterdriicken zu konnen. 

XIV. Die Schilddriisen zeigen in vielen Fallen (alle 3 Faile) keine 
leprose Veranderung. 

XV. Die regressiven Veranderungen des Knorpels bei den Lepra- 
kranken scheinen sekundare Erscheinungen eines primaren Prozesses in 
der Knorpelhaut zu sein. 

XVI. Nachtrag. Die leprose Infiltration der Haut greift, wenn auch 
selten, zuerst die diinnen Hautnervenaste an, dringt nachher in das 
subkutane Bindegewebe der Umgebung ein und wachst dann weiter. 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


Nachdruck verboten. 

Ueber histologische Befimde in der Placenta Tuberkulose- 

und Leprakranker. 

[Aus der Lepraanstalt zu Osaka, Japan.] 

Von Prof. T. Sugai und Dr. J. Monobe. 

Wir untersuchten histologisch 12 Placenten von Leprakranken und 
7 von Tuberkulosen. Unter den 12 Fallen von Lepra gehoren 7 zu der 
tuberosen und 4 zur nervosen Form. 

Die Resultate sind folgende: 

I. Die ziemlich zahlreichen Leprabacillen sieht man sehr haufig im Hyalin 
oder Fibrin der Placenta; sie rufen entweder keine leprosen Verande- 
rungen hervor oder bilden hier leprose Epitheloidzellen oder Schaumzellen. 

AuBerdem sieht man die Leprabacillen in den Syncytiumzellen, in 
Proliferationsinseln des Syncytiums, in Chorionzotten, in der Chorion- 
membran und in den GefaBwandungen. Die Zahl der Bacillen im Hyalin 
ist zwar nicht klein, dagegen ist sie an den anderen Orten haufig sehr gering. 



II. Von den 7 Placenten von Tuberkulosen zeigen 3 Faile tuber- 
kulfise Veranderungen. Sie bilden in der Anhaufung von Zotten miliar- 
groBe Herde, welche eine kleine Anzahl von Tuberkelbacillen enthalten. 
Im Hyalin der tuberkulosen Placenta sieht man keine Tuberkelbacillen. 

III. Das Hyalin oder Fibrin der Placenta scheint eine regressive 
Substanz zu sein, welche sich in dem 3. Monate der Schwangerschaft 
entwickelt und sich mit der Zeit vermehrt. Wir halten das Hyalin fur 
eine veranderte Substanz aus dem Blutgerinnsel, wobei die Syncytium¬ 
zellen eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Wir vermuten ferner, 
daB das Hyalin der Placenta unter Umstanden vom Syncytium selbst 
gebildet werden kann. 

IV. Warum kommen nun die Tuberkelbacillen nicht im Hyalin der 
Placenta vor. wahrend die Leprabacillen in demselben auBerordentlich 
haufig parasitieren? Dies ist wahrscheinlich dadurch erkiarbar, daB die 
ersteren aerob, die letzteren aber anaerob sind. 


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Sugai u. Monobe, Die Leprabacillen in der Milch von Leprakranken. 233 


Nachdruck verboten. 

Die Leprabacillen in der Milch von Leprakranken. 

[Aus der Lepraanstalt zu Osaka, Japan.J 
Von Prof. T. Sugai und Dr. J. Monobe. 

Wir untersuchten die Leprabacillen in der Milch von 10 Lepra¬ 
kranken nach und vor der Geburt. 

I. In 2 unter 10 Fallen war das Resultat positiv. 


Poaitiv 


Leprabacillen im Blute der Mutter 6 

Leprabacillen in der Milch ' 2 


| Negativ 



Die 2 Kranken, bei welchen in der Milch die Bacillen konstatiert 
wurden, hatten dieselben auch im Blute. 

II. In dem einen Falle war die Zahl der Bacillen am ersten Tage 
des Wochenbettes am groBten, verminderte sich mit der Zeit allraahlich 
und war nach einer Woche kaum noch nachweisbar. Danach unter¬ 
suchten wir viele Monate hindurch die Milch nach Leprabacillen und 
konnten bisweilen eine ganz kleine Zahl von Bacillen nachweisen. 

In dem anderen Falle starb die Mutter wahrend der Geburt. Die 
Leprabacillen in der Milch dieser Kranken waren vom 6. Monate der 
Schwangerschaft bis zum Ende derselben fortwahrend in ganz kleiner 
Anzahl nachweisbar. 

III. AuBerdem untersuchten wir zwei Milchdriisen von Leprakranken 
histologisch. In einem Falle parasitierten die Leprabacillen nur in den 
glatten Muskelzellen, welche die Zitze der Mamma umgeben. Die 
Bacillen waren lokalisiert neben dem Kerne oder an den beiden Polen 
desselben von Muskelzellen. Es ist bemerkenswert, daB die Bacillen nur 
in den Muskelzellen der Milchdriise nachweisbar waren. 

In einem anderen Falle sahen wir in der Wand einiger Ausftihrungs- 
gange ganz leichtgradige, zirkumskripte, leprose Prozesse, welche in der 
Epithelschicht der G&nge die Epitheloidzellen oder Schaumzellen mit 
einer ganz kleinen Anzahl von Leprabacillen bildeten. In der auBeren 
Bindegewebsschicht des befallenen Driisenganges sah man zahlreiche 
Leprazellen mit reichlichen Leprabacillen und ferner, daB die Bacillen 
von auBen her ins Innere des Ganges eingedrungen sein konnten. Die 
Milchdriise scheint fur die Leprabacillen keiu gunstiger Nahrboden zu sein. 


Nachdruck verboten. 

Beitrag zur Kenntnis der Blastomykosen. 

Lymphangitis epizootica und Histoplasmosis. 

Von H. da Rocha-Lima, 

Aaeistenten am Institut fur Schiffa- und iropenkrankheit in Hamburg. 

Mit 1 Tafel. 

Seitdem die Protozoenkunde im Vordergrunde der mikrobiologischen 
Forschung steht, w&chst stets die Neigung, die mit ihren Untersuchungs- 
methoden gewonnenen morphologischen Begriffe bei jedem Befunde an- 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


zuwenden. Hierdurch erlebt man nicht selten in der modernen Literatur, 
daB Erfahrungen aus anderen Gebieten vollkommen fibersehen werden. 
Es diirfte hauptsfichlich in dieser ungleichen Beachtung der verschiedenen 
Forschungsgebiete der Grund zu suchen sein, weshalb die Ansichten 
uber die Stellung mancher Mikroorganismen nicht nur etwa zwischen 
nahestehenden Arten oder Gattungen schwanken, sondern sogar bezfig- 
lich der Zugehorigkeit zu einer Pflanzenfamilie oder zu einer Gattung 
des Tierreiches auseinandergehen. So sind z. B. Leishmanien und 
Blastomyceten oft genug Gegenstand solcher Verwirrung. 

Die Zahl der Angaben fiber Krankheiten, deren Zugehorigkeit zu 
den Leishmaniosen mikroskopisch erwiesen sein soil, wficbst in letzter 
Zeit immer schneller, und doch wird bei den meisten die Moglichkeit 
einer Verwechslung mit Blastomykosen nicht einmal in Erwfigung ge- 
zogen. 

Unter dem aus alien Weltteilen im Institut einlaufenden Material 
befand sich auch solches von zwei hierzu gehorenden Krankheiten, deren 
Erreger jedoch von vornherein groBere Aehnlichkeit unter sich, als mit 
dem Erreger der Kala-Azar aufwiesen. Es handelt sich urn einige aus 
Ost-Afrika von Herrn Stabsarzt Dr. Manteufel Ubersandte Gewebs- 
stficke und Ausstrichprfiparate von an Lymphangitis epizootics ge- 
storbenen Tieren (wortiber er im Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. 1911 
berichtet hat) und um das dem Institut von Herrn Dr. S. Darling 
Oberlassene Material der von ihm zuerst beschriebenen Ffille einer neuen 
Krankheit des Menschen am Panamakanal, die von ihm Histoplas¬ 
mosis genannt wurde. 

An der Hand dieses und des Materials von Leishmaniosen unseres 
Institutes versuchte ich, durch vergleichende Untersuchungen Einsicht 
in die gegenseitigen verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Krankheiten 
zu gewinnen, unter genauer Berficksichtigung der morphologischen, 
tinktoriellen und histopathologischen Merkmale der Blastomykosen. — 
Hierzu benutzte ich hauptsfichlich eine kleine, aus einer Maus isolierte 
Hefe, welche sich bei den Vorversuchen mit zahlreichen anderen Arten 
als besonders geeignet erwiesen hatte. 

Da die Merkmale, durch die Hefen von Leishmanien mit Leichtig- 
keit unterschieden werden, wie Kulturen, Flagellatenformen usw. sehr 
oft nicht ermittelt werden konnen, diirfte der Versuch, aus der Morpho¬ 
logic und dem Verhalten gegenfiber Farbstoffen die Hauptpunkte hervor- 
zuheben, welche bei solchen Untersuchungen zu beachten sind, nicht 
ohne praktische Bedeutung sein. Es handelt sich also nicht nur um 
eine rein theoretische Frage der Systematik. Aufierdem diirfte der 
Nachweis einer nfiheren Verwandtschaft zwischen Histoplasmosis und 
Lymphangitis epizootica eine unmittelbare praktische Verwertung haben, 
nachdem N&gre und Bidr6 fiber glfinzende Erfolge der Salvarsan- 
behandlung von Lymphangitis epizootica bei Tieren und Menschen be¬ 
richtet haben. 

Lymphangitis epizootica. — Der Erreger dieser Krankheit der 
Einhufer, die auch auf Menschen tibertragbar ist, wurde bereits im 
Jahre 1873 von Rivolta entdeckt. Dieser nannte den Mikroorganismus 
„Cryptococcus farciminosus“ und schrieb ihn den Saccharo- 
myceten zu, bei welchen er eine besondere Stellung wegen der Unffihig- 
keit, Zucker zu vergfiren, einnehmen sollte. 

DaB der Rivoltasche Parasit der Erreger der Krankheit ist, wurde 
von alien spfiteren Untersuchern angenommen und bestfitigt. Dasselbe 


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Rocha-Lima, Beitrag zur Kenntnis der Blafitornykosen. 


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geschah aber nicht mit der Benennung und Stellung unter den SproB- 
pilzen. Bis jetzt ist diese Streitfrage unentschieden geblieben, und viele 
der neuesten Arbeiten auf diesem Gebiet trugen, durch gewisse Ein- 
seitigkeit der Betrachtung, eher dazu bei, die Sache noch zweifelhafter 
zu machen. 

HauptsSchlich stehen sich heute zwei Anschauungen gegenuber; die 
eine wird durch Anhanger der Ansicht von Rivolta, die andere von 
Autoren vertreten, die die Lymphangitiskorperchen fur Protozoen halten. 
Yon den ersten behalten die meisten, wie Fermi und Aruch, No¬ 
card und Leclainche, Sanfelice, Theiler, Manteufel, den 
von Rivolta gegebenen Namen bei, nur Tokishige schlagt die 
Aenderung in Saccharomyces farciminosus vor. 

Von denjenigen Autoren aber, die an die protozoische Natur des 
Mikroorganismus glauben, wurden dagegen fiir die Benennung bzw. 
Stellung im System verschiedene Vorschlage gemacht. Wahrend Mori 
sich begnugte, die Stellung unter den Protozoen zu akzeptieren, rech- 
neten Piana und Galli-Valerio den Parasiten den Sporozoen zu, 
Canal is hielt ihn fiir ein Coccidium, Gasperini schlug die Be- 
zeichnung Lymphosporidiu m equi vor, Duclaux hielt den Namen 
Leukocytozoon piroplasmoides ftir richtiger, und neuerdings 
nannte ihn Galli-Valerio Leishmania farciminosa. Jedenfalls 
scheint in den modernsten Arbeiten insoweit Uebereinstimmung zu 
herrschen, als der Cryptococcus Rivoltae unter die der Leish- 
mania nahestehenden Parasiten gestellt wird. 

Es soil hier zunachst festgestellt werden, welche Argumente fiir 
und welche gegen jede dieser Anschauungen in der Literatur zu finden 
sind, um sie dann mit dem Ergebnis meiner Untersuchungen zu ver- 
gleichen. 

Fiir die Auffassung der Rivoltaschen Korperchen als SproBpilze 
kommen hauptsachlich folgende Momente in Betracht: 

I. Das mikroskopische Aussehen der ungefarbten, in fri¬ 
se h e m Zustande untersuchten Parasiten, deren groBe Aehnlichkeit 
mit den Hefen Rivolta veranlaBte, sie als Saccharomyten anzusprechen, 
wurde genauer von Tokishige beschrieben, von anderen best&tigt und 
von keinem bestritten. Sie sind nach der Beschreibung des japanischen 
Forschers eirunde bzw. runde Korperchen von 3,7—4.0 ^ L&nge und 
2,4—3,6 // Breite, mit dicker, doppelt konturierter Membran; in dem 
mehr oder weniger homogenen Inhalt tritt hier und da ein stark liclit- 
brechendes, meist in lebhafter Bewegung befindliches Kornchen auf. Von 
dieser Beschreibung weichen diejenigen von anderen Autoren hbchstens 
in belanglosen Einzelheiten ab. So spricht Canal is von an beiden 
Enden leicht zugespitzten, oft aber kugelrunden Korperchen. Nach 
Sanfelice gibt es „darunter solche mit einem abgeruudeten und einem 
zugespitzten Ende, fihnlich den Zitronen, andere sind an beiden Enden 
rund, mithin elliptisch gestaltet; Kugelform zeigen die wenigsten". AuBer 
diesen Abweichungen der Form bespricht er eingehend das Auftreten 
von Halbmondformen, das Verkalken von Parasiten und die Verschieden- 
heit der GrbBe der Zellen, der Struktur des Inhaltes und der Membran. 
Auch diese Details stimmen ganz und gar mit dem iiberein, was von 
den SproBpilzen allgemein bekannt sein dtirfte. 

II. Die Vermehrung durch Sprossung wurde von verschiedenen 
Autoren erw&hnt, am genauesten aber von Sanfelice beschrieben. Er 
unterscheidet eine Pseudoknospung und eine wirkliche SproBbildung. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Bei der ersten, die er als Involutionsformen der Parasiten auffaBt, 
handelt es sich um den Austritt von ein wenig Protoplasraasubstanz am 
zugespitzten Pol der zitronenahnlichen Abart (ein kleines Knospchen 
vort&uschend) durch eine kleine Unterbrechung in der Kontinuitat der 
Membran; bei der wirklichen Sprossung, die er verfolgen konnte, besitzt 
die Membran der Tochterknospe dasselbe Lichtbrechungsvermogen wie 
die der Mutterzelle. In der Regel geht die Sprossung vom zugespitzten 
Ende der Zelle aus, und mehrmals sah er an dieser Stelle zwei kleine 
Knospen nebeneinander. 

Thiroux und Teppaz, Gasperini, Piana und Galli- 
Valerio bestreiten zwar nicht die Bildung von SproBfiguren, ver- 
suchen sie aber anders zu deuten (zufallige Lagerung) und leugnen die 
Identit&t des Vorganges mit der Hefesprossung. 

III. Wenn auch die wenigen, meist ungenauen oder nicht iiberein- 
stimmenden Angaben fiber die feine Struktur des Parasiten, auf die ich 
weiter unten zuriickkommen werde, keinen Anhaltspunkt fiir die Be- 
urteilung seiner Stellung unter den Blastomyceten liefern, dflrfte die 
F&rbbarkeit nach Gram, welche von verschiedenen Autoren an- 
gegeben wird, trotz der gegenteiligen Behauptung von Thiroux und 
Teppaz, als ein wichtiger Hinweis auf die Hefenatur der Rivolta- 
schen KQrperchen betrachtet werden. 

IV. Der von Sanfelice nachgewiesene Widerstand der Para¬ 
siten gegeniiber dem Zusatz von Essig-, Salz-, Schwefel- und Salpeter- 
s&ure, sowie von konzentrierter Kali- und Sodalosung entspricht durchaus 
dem Verhalten der Hefen. Im gleichen Sinne w&re die von Manteufel 
hervorgehobene Widerstandsf&higkeit gegen F&ulnis zu deuten. 

V. Einen ebenso wichtigen wie strittigen Punkt stellt die ZOch- 
tung des Lymphangitiserregers dar. Wahrend Piana und Galli- 
Valerio, Gasperini, Thiroux und Teppaz vollkommen negative 
Resultate hatten, gelang es Tokishige, Marcone, Fermi und 
Aruch, Baruchello und Sanfelice, Blastomyceten aus Lymphan- 
gitismaterial zu ziichten. Sanfelice behauptet sogar, die Entwicke- 
lung der Parasiten zu Hyphen unter dem Mikroskop verfolgt zu haben. 

Die mehrfachen negativen Ergebnisse sprechen deutlich gegen die 
atiologische Bedeutung der leicht und schnell wachsenden Hefen von 
Fermi und Aruch und lassen die Angaben von Sanfelice der 
Bestatigung bedurftig erscheinen. Dagegen konnten jene erfolglosen 
Zfichtungsversuche in den ziemlich Qbereinstimmenden positiven Resul- 
taten von Tokishige, Marcone und Baruchello, die schwer 
zQchtbare, auBerst langsam wachsende SproBpilze isoliert haben, eine 
natiirliche Erkiarung finden und dadurch ihre Beweiskraft gegen die 
Blastomycetennatur des Lymphangitiserregers verlieren. 

Immerhin sind gegen diese positiven Angaben nicht ganz unbe- 
griindete Bedenken anzufilhren. Die erst nach 2—5 Wochen erschei- 
nenden Kolonieen konnten wohl auf Verunreinigung beruhen, wie jeder, 
der bakteriologisch arbeitet, an alten Kulturen zu sehen gewbhnt ist. 
Hierzu kommt die Sparlichkeit der Kolonieen im Verhaitnis zu der 
enormen Menge der Parasiten, welche im Lymphaugitismaterial enthalten 
sind. AuBerdem bedeutet heutzutage die Herauszuchtung von Hefen 
aus pathologischem Material sehr wenig fiir die Aetiologie der Krank- 
heit, wenn sie nicht genau mit dem Ergebnis sorgfaltiger und phantasie- 
loser mikroskopischer Untersuchung des Materials iibereinstimmt. Die 


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Rocha-Lima, Beitrag zur Kenntnis der BlastomykoseD. 


237 


sonderbarsten Entdeckungen, besonders fiber die Krebsfitiologie, sind 
gerade auf diesem Gebiet wohlbekannt. 

Es darf aber nicht fibersehen werden, daB diese Bedenken kein 
tatsachlicher Gegenbeweis, sondern lediglich Vermutungen sind, welche 
allerdings durch die meist mangelhaften Angaben fiber weitere Zfichtung 
und Tierversuche bestfirkt werden. 

Das langsame Wachstum kann jedoch nicht gegen die Hefenatur 
des Parasiten sprechen; denn wenn auch solche langsam wachsende 
Blastomyceten bisher unbekannt waren, und wenn man auch die ge- 
lungenen Kulturen als Verunreinigung auffassen wfirde, so ware damit 
mindestens nachgewiesen, daB es langsam wachsende Hefen gibt. Nach 
Buschke laBt sich eine Anzahl, besonders auch parasitische Hefen, 
wie die bei Insekten schmarotzenden, nicht zfichten. 

Was nun die auBerordentlich wichtige Frage der Tierversuche 
mit Reinkulturen anbetrifft, so besitzen wir nur die Angaben von Toki- 
shige und Mar cone. Leider war mir die Arbeit von Mar cone, der 
mit seinen Kulturen die Krankheit erzeugt haben soli, nicht zugfinglich. 
Tokishige hat nur einen AbszeB und mehrere negative Impiungen an 
demselben Esel erzielen konnen. Wenn auch eine Abschwfichung durch 
Zfichtung auf kfinstlichem Nfihrboden denkbar wfire, so wfirde man diese 
mit anderen Hefen auch mogliche Erzeugung von Abszessen nicht als 
zwingenden Beweis der Spezifizitfit seiner Kulturen annehmen konnen. 

Aus dem Gesagten gewinnt man jedenfalls nicht den Eindruck, daB 
die Zflchtungsfrage mit Sicherheit gelost ist. Ebensowenig darf man 
aber aus diesem Grunde die Ergebnisse der Arbeiten von Tokishige, 
Marcone und Baruchello ohne weiteres als irrtfimlich betrachten 
und unbeachtet lassen. Einer genauen Nachprtifung mit Berficksichtigung 
der von jenen Forschern angewandten Technik, sowie mit genfigenden 
Tierversuchen an Einhufern, bleibt die endgfiltige Lfisung dieser Frage 
vorbehalten. 

Jedenfalls wird aus diesen Ausffihrungen verstfindlich, weshalb die 
morphologische und histopathologische Untersuchung dieser Krankheit 
und ihrer Erreger derart in den Vordergrund gerfickt ist, daB die meisten 
Autoren ihre Anschauung hauptsachlich oder lediglich darauf stfitzen. 

VI. Auf Grund von gelungenen und sorgffiltig kontrollierten Ver- 
suchen mittels der Komplementbindungsreaktion brachten 
Bidr6 und Nfcgre neue Beweismittel fur die Hefenatur des Crypto¬ 
coccus farciminosus. Sie erzielten Komplementbindung mit Serum 
von Lymphangitistieren und Rivoltaschen Parasiten oder Hefen als 
Antigen. Wenn dieses aus Bakterien (B. coli) oder Protozoen (Leish- 
mania infantum, Trypanosoma vespertilionis) in Kontroll- 
versuchen hergestellt wurden, fiel die Komplementbindungsreaktion 
negativ aus. AuBerdem konnten sie nachweisen, daB ein Hefeimmun- 
serum mit derselben zu der Immunisierung verwendeten Hefe oder mit 
einem anderen SproBpilz oder endlich mit dem Lymphangitiserreger als 
Antigen positive Bindung ergab, im Gegensatz zu den Versuchen mit 
Bakterien- und Protozoenantigen, die negativ ausfielen. 

Ffir die Blastomycetnatur des Erregers der Lymphangitis- 
epizootica spricht also eine Reihe von genau beobachteten Tatsachen, 
bo daB es berechtigt ist, zwingendere Beweise zu verlangen, ehe diese 
Tatsachen als belanglos betrachtet werden und der Mikroorganismus als 
Protozoon hingestellt wird. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Es geniigt, einen Blick in die meisten neueren Arbeiten zu werfen, 
uni sich von dem enormen Unterschied in der Weise, wie Blastomyceten 
und Protozoen beachtet werden, zu iiberzeugen. Selten gewinnt man 
den Eindruck, daB mit gleicher Beriicksichtigung beider Gebiete der 
Tatbestand beurteilt wird. 

Canal is und dann Pi an a und Galli-Valerio sind die ersten, 
welche auf die Idee gekommen sind, daB die Rivoltaschen Kbrperchen 
Protozoen sind. Auf die dort vertretenen, heute verlassenen Ansichten, 
daB es sich urn Coccidien bzw. Sporozoen handelt, braucht hier nicht 
eingegangen zu werden. 

Gasper ini, der fur sich die Priority der nach Thiroux und 
Teppaz bedeutenden Entdeckung Ducloux’ beansprucht, glaubt, ein 
neues Genus Lymphosporidium mit der Species Lymphospori- 
dium equi aufstellen zu milssen. Die Membran veranlaBt ihn, den 
Parasiten fiir eine Cyste zu halten, die leeren, sichelformigen Membranen 
nennt er Halbmondformen und die sprossenden Parasiten gebundene 
Formen; die anderen Gestalten sollen atypisch sein. In den kleinen 
Zellen kann er sogar Merozoiten, bewegliche, geiBeltragende Mikrogameten 
(bewegliche Kbrnchen der Hefezellen?) und unbewegliche Makrogameten 
erkennen. AuBerdem behauptet Gasperini, die Filtrierbarkeit seines 
Lymphosporidium, sogar durch Chamberland B, bewiesen zu 
haben. Es scheint mir unwahrscheinlich, daB die Originalarbeit, welche 
mir nicht zug&nglich war, mehr iiberzeugend wirken wiirde, als der 
Auszug im Bull. Pasteur, wonach die von Gasperini Schizonten 
genannten, zitronenahnlichen Parasiten 25X35 /i sein sollen, wahrend die 
Rivoltaschen Parasiten zehnmal kleiner sind. 

AuBerdem sieht Gasperini in seinen miBlungenen Zflchtungs- 
versuchen, in der Widerstandsfahigkeit gegen FSulnis und in dem Er- 
gebnis seiner histologischen Untersuchungen einen geniigenden Grund, 
um die Hefenatur des Lymphangitiserregers zu bestreiten. Wahrend 
negative Ziichtungsergebnisse nichts beweisen, halt Manteufel mit 
Recht die von ihm gleichfalls beobachtete Resistenz gegen Faulnis fiir 
einen Hinweis fiir die Blastomycetennatur. Von dem histologischen 
Befunde wird weiter unten die Rede sein. 

Ducloux, welcher in Uebereinstimmung mit den Angaben fast 
aller Autoren den Cryptococcus genau beschreibt, diskutiert nicht 
einmal die MSglichkeit, daB es sich um einen SproBpilz handeln kann, 
und stellt ohne weiteres sein Leucocytozoon piroplasmoi'des zu 
den Phagocytozoen Mesnils. Nach ihm besteht der Parasit aus einera 
meistens wandst&ndig in dem breiteren Pol, selten in der Mitte liegen- 
den, groBen, unregelrnaBig gestalteten Karyosom, einem manchmal viele 
Granulationen enthaltenden, sich nach Giemsa blaufarbenden Proto¬ 
plasma, und einer durch Differenzierung der auBeren Schicht des Proto¬ 
plasmas entstehenden Membran. AuBerdem beschreibt er in einigen 
Individuen ein zweites, punktfSrmiges Karyosom und die Vermehrung 
durch Zweiteilung, wobei das Karyosom sich zun&chst verlangert und 
dann teilt; die neu entstandenen Karyosomen entfernen sich voneinander 
und das Protoplasma teilt sich dann. Thiroux und Teppaz, den 
entscheidenden Wert der Giemsa-Farbung riihmend, bestatigen die 
Angaben und Ansichten Ducloux’s. Nur die doppelkonturierte Membran 
halten sie fiir ein Kunstprodukt und scheinen dem zweiten Karyosom 
von Ducloux keine Bedeutung beizumessen, da sie die Abwesenheit 
eines Mikronukleus als das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen 

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Bocha-Lima, Beitrag zur Kenntnis der Blastomykosen. 


239 


diesen Parasiten und den Orientbeulenerregern bezeichnen und aus diesem 
Merkmal seine rait Novy-Mac-Nealschem Nahrboden miBlungenen 
Ziichtungsversucbe zu erklaren suchen, indem sie auf die Notwendigkeit 
eines Mikronukleus fiir die Umwandlung in die Flagellatenform hin- 
weisen. 

AuBerdem behaupten diese Autoren, daB in den nach Ziehl oder 
nach Gram gef&rbten Praparaten nur einige chromatische Granulationen 
gefarbt bleiben, und die scheinbar sprossenden Formen weiter nichts als 
eine Tauschung sind, die durch eine zuf&llige Lagerung hervorgerufen 
sind. Diese Ergebnisse ihrer Uutersuchungen und die negativen Resul- 
tate der Ziichtung auf Kartoffelnahrboden fuhrten die Autoren zu folgen- 
dem SchluB: „La presence d’un Karyosome net, et Election tinctoriale 
obtenue par le melange 6osine-bleu, ne permettent pas de conserver le 
moindre doute sur la nature de ce protozoaire. u 

Galli-Valerio best&tigt 1909 die Angaben der franzosischen 
Autoren und driickt die Vermutung aus, dafi die in einigen Parasiten 
neben dera Karyosom gefundene Granulation ein Mikronukleus ist. Er 
hebt nochmals die Aehnlichkeit mit den Leishmaniosen hervor und schiagt 
die Bezeichnung Leishmania farciminosa Rivolta vor. 

Die Natur des mir zur Verfligung stehenden Materials zwang 
mich zu dieser ausffihrlichen Einleitung, welche festlegen sollte, daB 
wahrend viele Beweisgriinde fiir die Stellung des Lymph- 
angitiserregers unter den Blastom yceten beigebracht 
worden sind, lediglich die Aehnlichkeit der Lagerung 
und der Struktur dieser Parasiten mit den Leishmanien 
von verschiedenen Autoren als geniigender Grund dafiir 
angesehen wird, um die friiheren Erfahrungen zu wider- 
legen und um die Rivoltaschen Kdrperchen als Protozoen 
hinzustellen. Darum sollen hier haupts&chlich die Lagerung und die 
Struktur dieser Parasiten in dem von mir untersuchten Material besprochen 
werden. 

Es laBt sich nicht bestreiten, daB jene groBe Zellen mit kleinen, 
eirunden Parasiten beladen, gleich an Kala-Azar denken lassen. Es darf 
aber nicht vergessen werden, daB diese Aehnlichkeit lediglich darauf 
beruht, daB die Parasiten in groBer Zahl innerhalb von Phagocyten 
liegen, und es muB auBerdem noch gefragt werden, ob bei durch Hefen 
erzeugten Entziindungen eine ahnliche Lagerung der Mikroorganismen 
vorkommen kann. 

Was die Histologie der erkrankten Teile anbelangt, so kommt 
Kala-Azar kaum in Frage, da bei dieser Krankheit solche herdformige, 
abzedierende Bindegewebs- bzw. Lymphgef&Bentziindungen nicht vorzu- 
kommen pflegen. Dagegen steht in dieser Beziehung die Orientbeule 
der Lymphangitis epizootica bedeutend naher, obschon gewisse Unter- 
schiede nicht zu verkennen sind. 

Bei der Orientbeule spielen sich Vorg&nge ab, die auf eine 
Wirkung der Parasiten auf eine gewisse Entfernung hinweisen. Die von 
Riehl, Unna, Leboir, Kuhn, Jeanselme und Rist beschriebenen 
und am besten von Jeanselme zusammengefaBten Ver&nderungen be- 
stehen aus Hyperakanthose mit Dissoziation der Stachelzellen durch 
interstitielles und intracellulares Oedem, neben Parakeratose der Horn- 
schicht, aus Bildung nekrotischer Herde mit peripher gelegenen Riesen- 
zellen, Erweiterung der Kapillaren mit Diapedese und serosem oder 
serofibrinSsem Exsudat und einer auBeren Zone kleinzelliger Infiltration. 


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240 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Hett 4. 


Die mit Parasiten beladenen Makrophagen sind nach Nattan- 
Larrier und Bussi&re nur in geringer Zahl in den Zentralbezirken 
vorhanden; sie sind selten an der Oberflache, dagegen zahlreich in den 
tieferen und peripherischen Partieen der Beule. 

In unserem Material von Orientbeule, wo die Hjperakanthose neben 
den iibrigen entztindlichen Vorgangen deutlich zum Vorschein kommt, 
bei dem aber kein nekrotischer Herd nachgewiesen werden kann, fallen 
besonders die starken, hauptsachlich durch gewaltige, kleinzellige Infil¬ 
tration ausgedriickten, reaktionaren Vorgange im Verhaltnis zu den 
wenigen, parasitenhaltigen Makrophagen mit blascheuformigem Kern auf. 

Dem gegeniiber gewinnt man von einer Untersuchung desLymph- 
angitismaterials, wo eine Mischinfektion auszuschlieBen ist, den 
Eindruck, daB das Gewebe fast nur auf die direkte mechanische Wirkung 
der sich stark vermehrenden Parasiten reagiert. Nirgends konnte ich 
einen als Fernwirkung zu deutenden Vorgang nachweisen. In vielen 
Stellen grenzt vollkommen normales Gewebe ohne jede Spur von Ent- 
zfindung an vorgeschrittene, parasitenreiche Bezirke, und wenn eine 
kleinzellige Infiltration uberhaupt vorhanden ist, erscheint sie im Ver- 
hfiltnis zu dem Lymphangitisherd unbedeutend. 

AuBerdem findet man oft in der Nahe des Krankheitsherdes viele 
Makrophagen mit Parasiten im vollkommen reaktionslosem Gewebe. In 
dem Herd selbst sind die Parasiten und die sie enthaltenden Zellen in 
geradezu umgekehrtem Verhaltnis zu den iibrigen Elementen, als es in 
der Orientbeule der Fall war. Die Makrophagen sind zu Tausenden an- 
einander gereiht, so daB das dazwischen liegende Gewebe nur noch die 
Rolle eines nach der Mitte zu sp&rlicher werdenden, aus diinnen, blut- 
armen GefaBen bestehenden Stiitzgewebes spielt. AuBerdem findet man 
zwischen den Makrophagen mehr Oder weniger multinuklefire Leukocyten, 
die stellenweise die Oberhand gewinnen und sich zu kleineren oder 
groBeren Eiterherden ansammeln. In der Nahe der feinen BlutgefaBe 
sind iiberall Plasmazellen und vereinzelte Mastzellen verstreut. 

Die Makrophagen, deren Abstammung nicht mit Sicherheit festzu- 
stellen ist, zeichnen sich durch groBe, chromatinarme Kerne und schwach 
farbbares Protoplasma aus. Die Parasiten sind neben den GefaBen upd 
in den peripherischen Bezirken zwar schon in groBer Zahl in den Zellen 
vorhanden, aber entweder im Protoplasma zerstreut, oder in einer groBen, 
vom Protoplasma umsaumten Vakuole enthalten; jedenfalls sind die 
einzelnen Zellen und deren Protoplasma deutlich erkennbar. In den 
zentralen Partieen dagegen findet man groBe, den Umfang einer solchen 
Zelle weit iibertreffende Haufen von dicht aneinander gelagerten Para¬ 
siten, zwischen welchen ein oder mehrere Phagocytenkerne, die aber 
auch fehlen konnen, liegen. Diese Gebilde, welche aus zusammen- 
schmelzenden, parasitenhaltigen Zellen entstehen diirften, liefern hochst- 
wahrscheinlich durch Platzen die zahlreichen freien Parasiten. Im Gegen- 
satz zur Orientbeule nimrat die Zahl der Parasiten und die der sie ent¬ 
haltenden Zellen nach der Mitte bzw. nach der eitrig schmelzenden, 
freien Fl&che eines Geschwiirs, Fistel oder eines Abszesses zu. 

Was die experimentelle Infektion mit Hefen anbetrifft, so 
stellte sich aus vielen Vorversuchen heraus, daB kleinere Arten bedeutend 
geeigneter sind, als die von anderen Autoren herangezogenen groBen 
Hpfearten, wie S. hominis, S. ellipsoideus, S. cerevisiae usw. 

Mit 2 StSmmen, die mir Herr Stabsarzt Weissenborn giitigst 
Qberlassen hatte, impfte ich subkutan und intramuskul&r Mfiuse und 


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Rocha-Lima, Beitrag zur Kenntnis der Blaatomykosen. 


241 


Meerschweinchen, die nach verschiedenen Zeitr&umen gettitet wurden, um 
die Reaktion des Organismus verfolgen zu konnen. Obschon diese Hefen 
nicht pathogen waren, blieben sie lSngere Zeit lebend und sprossend im 
Tierkorper, bis sie nach und nach von Phagocyten aufgenommen und 
zerstort wurden. Ich erhielt auf diese Weise histologische Bilder, die, 
was Lagerung und Verteilung des Mikroorgauismen sowie die Reaktion 
des Gewebes anbelangt, der Lymphangitis epizootica n&her standen als 
die Orientbeule. 

Die Bildung von Granulationsgewebe mit Phagocytose der Hefepilze 
sowie die im Verh&ltnis zu der enormen Menge von Parasiten geringe 
Reaktion des Organismus sind bereits von vielen Autoren, wie Stern¬ 
berg, Busse, Maffucci und Sirleo, Rabinowitsch u. a. be- 
schrieben worden. 

Es liegt also kein Grund vor, um aus dem histo- 
logischen Bild oder aus der Lagerung der Parasiten 
innerhalb der Phagocyten auf eine Verwandtschaft der 
Lymphangitis epizootica mit den Leishmaniosen zu 
schlieBen. 

Unsere Aufgabe istjetzt, zu untersuchen, ob die mit der Roma- 
nowsky-F&rbung nachweisbaren Strukturbestandteile von 
so ausschlaggebender Bedeutung sind, wie die Verfechter der Protozoen- 
theorie es behaupten. 

Eine doppelt konturierte, farblose Kapsel umgibt die Parasiten. Sie 
besitzt genau dasselbe Aussehen, wie die bekannte Hefezellenmembran. 
Die von Manteufel angegebene blaue Farbung dieses Gebildes dtirfte 
sich auf tiberf&rbte Parasiten beziehen. 

Der Parasit besteht sonst aus einer meist hellblau gef&rbten, ziemlich 
homogenen Grundsubstanz und rot gef&rbten Strukturbestandteilen. 

Die Grundsubstanz erscheint selten dunkler, oft aber rotlich oder 
farblos. Die bekannte Erfahrung, daB das Protoplasma der Hefen in 
nach Giemsa gef&rbten Praparaten sich intensiv blau f&rbt, dtirfte kein 
schwerwiegendes Argument gegen die Hefenatur dieses Parasiten sein, 
weil es sich dort meistens um Hefen handelt, die im Magendarmkanal 
liegen, agonal in den Organismus eingedrungen sind, oder aus Kulturen 
stammen. Dagegen scheinen die innerhalb des lebenden Gewebes einige 
Zeit verweilenden Elemente sich oft anders zu verhalten, hell blau oder 
leicht rtitlich zu fSrben (Fig. 9—13). Dasselbe gilt ftir mancbe bei 
Arthropoden gefundenen Hefearten. 

Die roten Bestandteile des Lymphangitiserregers bestehen haupt- 
s&chlich aus einer groBeren, meistens an einem Pol zusammengeklumpten 
Masse, die von vielen Autoren als Kern angesprochen wird, und einem 
kleinen, scharf konturierten Korn, welches der Blepharoplast sein soli. 

Der groBe Klumpen, sogenannter Kern, erscheint nur hier und da 
so kompakt und von der Umgebung deutlich geschieden, daB ein kern- 
artiges Gebilde vorget&uscht wird. In meinem Material sind solche 
Elemente &ufierst selten. Dagegen bestimmen diejenigen Parasiten, bei 
welchen der angebliche Kern nur einen unregelmaBig und uuscharf kon¬ 
turierten Haufen einer rot gefSrbten Substanz darstellt, den Gesamt- 
eindruck. In der Tat ist aus Fig. A, 1 und 2 leicht ersichtlich, daB hier 
kein scharf begrenzter KQrper, sondern eine ungleich verteilte, mehr oder 
weniger zusammengeschrumpfte Substanz ohne bestimmteStruktur vorliegt. 

Diese rote Masse liegt gewtihnlich in dem breiteren Pol der Zelle, 
erscheint oft in dtinner Schicht bis tiber die Htilfte des Parasiten aus- 

Erste Abt. Orig. Bd. 67 . Heft 4. 16 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4.| 


gebreitet, Oder ist sichelformig und kompakt, wie an die Wand gepreBt. 
Die erste Form uberwiegt in den Ausstrichpraparaten, die zweite in ein- 
gebettetem Material. AuBerdem gibt Manteufel an, daB diese, von 
ihm „Innenkorper u genannte Substanz in feucht fixierten Praparaten den 
ganzen Parasiten ausfiillt. Von dieser roten Masse ausgehend und 
inanchmal sich bis zu der Membran erstreckend, sieht man in einer 
groBen Zahl von Parasiten langere oder kiirzere, breite oder filamentose 
AuslSufer. Eine solche UnregelmaBigkeit der Form, Beschatfenheit und 
GroBe sieht man bei dem Leishmania-Kern nie, obwohl andere Kern- 
gestalten als die gewohnliche zuweilen gefunden werden [Espundia 
(Laveran et Nattan-Larrier und Wenyon)J. 

Das kleine, dunkelrote Korn, der angebliche Blepharoplast, nimmt 
keine bestiinmte Stelle in dem Parasiten ein. Meistens liegt es in der 
Mitte, manchmal auch in der groBen, roten Masse. Nicht in alien Zellen 
ist dieses Gebilde nachweisbar. Es ist meistens im Verhaltnis zu der 
Anderen Substanz viel kleiner, als der Blepharoplast der Leishmania 
zu sein pflegt. 

Es genugt ein Blick auf die Fig. 9—14, um sich zu iiberzeugen, daB 
bei einer kleinen Hefeart mit Romano w sky-Farbung rot gefarbte 
Gebilde dargestellt werden konnen, die bedeutend groBere Aehnlichkeit 
mit dem Kern und Blepharoplast der Leishmania aufweisen, als unser 
Parasit, schon weil die betreffeuden Gebilde der Hefe deutlicher konturiert 
sind. Diese Gebilde stellen aber keineswegs den Kernapparat der Hefe 
dar, obwohl sie vielleicht den Kern unter Umstanden enthalten konnen; 
sie bestehen aus der, besonders von Guilliermond genau beschriebenen 
metachromatischen Substanz, welche sich mit Hamatoxylin sowie mit 
Azur-Eosin rot fBrbt. Besonders die Vakuole enthalt gewohnlich diese 
Substanz in groBerer Menge und erscheint in Giemsa-Praparaten als 
kernahnliches Gebilde. Der wirkliche Kern dieser kleinen Hefe ist, 
wie gewohnlich die Kerne der SproBpilze, sehr schwer darstellbar, er 
liegt neben der Vakuole und farbt sich bei Hamatoxylinfarbung nur etwas 
dunkler als das Protoplasma (Fig. 15, 16), sowie intensiv schwarz in den 
meisten nach Heidenhain gefarbten Praparaten (Fig. 29—32). Es bleibt 
freilich bei vielen Individuen unentschieden, ob das mit dieser Methode 
intensiv gefarbte Gebilde der Kern oder das metachromatische Kornchen 
ist. So ist es auch unsicher, ob die entsprechenden Gebilde des Lymphangitis- 
erregers immer oder in einigen Parasiten den Kern darstellen oder 
nicht. 

Wer aus eigener Erfahrung oder aus der Literatur die Launen- 
haftigkeit der Darstellungsmethoden von Hefezellenstrukturen kennt, wird 
die der Beurteilung solcher Bilder innewohnende Schwierigkeit selbst- 
verstandlich linden, wahrend fur den lediglich mit den Begriffen der 
Protozoeukunde Urteilenden die Frage bedeutend einfacher erscheinen 
dtirfte. 

Nach diesen Gesichtspunkten ist meines Wissens der Lymphangitis- 
erreger noch nicht untersucht worden, und bedauerlicherweise konnte 
ich kein frisches Material erhalten. Jedenfalls glaube ich, auf Grund 
des Studiums der Schnittpraparate die Vermutung aufstellen zu konnen, 
daB bei dem Lymphangitisparasiten mindestens ein Teil der sich nach 
Gierasa rot f&rbenden Bestandteile metachromatischer Natur und kein 
Chromatin ist. In der Tat lieBen sich die Gewebskerne, in den in Sub- 
limat-Eisessig fixierten Stficken mit Gierasa-Losung nicht rot, sondern 
blau farben. Dabei waren selbst in den schwach gefarbten oder entfarbten 


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Rocha-Lima, Beitrag zur Kenntnis der Blastomykosen. 


243 


Praparaten mit hellblauen Kernen die fraglichen Gebilde des Parasitea 
stets rot, was gegen ihre Chroraatinnatur spricht. 

Die in den Rivoltaschen Korperchen mit der Giemsa- 
Farbung sich darstellenden Gebilde entsprechen morpho- 
logisch und farberisch so wenig dem Kernapparate der 
Leishmania, daB daraus eine Ver wandtschaft beiderLebe- 
wesen zu konstruieren, jede Berechtigung abgesprochen 
werden m u B. 

Mit der Feststellung, daB weder die histologischen Merkmale noch 
die Lagerung und Struktur der Parasiten stichhaltige Argumente fur die 
Protozoentheorie liefern konnen, wurde dieser Auffassung vollstandig der 
Boden entzogen, und so erscheinen wieder die aiteren, fiir die Blasto- 
mycetennatur dieses Parasiten sprechenden Beobachtungen in ungetriibtem 
Lichte. 

Auch meine sonstigen Beobachtungen stehen mit diesen in vollem 
Einklang. Der griinlich schimmernde, olartige Glanz, der in un- 
gefarbten Praparaten, besonders nach Zusatz von Sauren oder Alkali, 
untersuchten Parasiten gleicht doch in jeder Beziehung dem Aussehen 
von Hefezellen. Ein ahnliches Verhalten bei Protozoen habe ich nur bei 
Mikrosporidien und Myxosporidien, aber nie bei Leishmania beob- 
achten konnen. Es sei noch hier an das in einer Vakuole tanzelnde 
Kornchen erinnert, welches von Tokishige u. a. beschrieben wurde, 
aber als solches in meinem konservierten Material nicht nachweisbar sein 
konnte. Ein lichtbrechendes Kornchen ist auch im konservierten Material 
erkennbar. Dasselbe war bei der kleinen Hefeart, deren ich mich zu Ver- 
gleichszwecken bedient habe, der Fall, bei welcher zweifellos das im kon¬ 
servierten Material nachweisbare Kornchen mit dem im lebenden Orga- 
nismus t&nzelnden Gebilde identisch ist. 

In ungefarbten sowie in gefarbten Schnitten und Ausstrichpraparaten 
konnte ich mehrere, allerdings nicht sehr zahlreiche, sprossende 
For men (Fig. 25—27) finden. Eine Tauschung durch zufallige Lagerung 
ungleicher Elemente halte ich fiir ausgeschlossen. 

Selbst bei den intracelluiaren, Kala-Azar-ahnlichen Formen des 
Schizotrypanum cruzi, wo Parasiten von verschiedenen GroBen zu- 
weilen gleichzeitig vertreten sind, habe ich trotz emsigen Suchens nie 
Bilder auffinden konnen, die eine solche Sprossung irgendwie vort&uschen 
konnten. Die UngleichmaBigkeit der Gr5Be, obwohl in meinem Material 
nicht sehr ausgesprochen, entspricht jedenfalls mehr dem Verhalten von 
Blastomyceten, als derajenigen der Orientbeulenerreger. 

Nach Entfarbung eines Giemsa-Praparates und nachtragliche 
Farbung nach Heidenhain habe ich kein befriedigendes Resultat er- 
halten, nur das kleine Kornchen hat sich gefarbt (Fig. 25—27). Dagegen 
farbte sich in Schnittpraparaten mit Eisenhamatoxylin auBer dem kleinen 
Kbrnchen die Ubrige, nach Giemsa sich rot farbende Substanz, deren 
ungleichmaBige Beschaffenheit, unregelmaBige Gestalt und infolgedessen 
geringe Aehnlichkeit mit Protozoenkernen noch deutlicher hervortritt 
(Fig. 24). Ebensolche Bilder konnte ich an Schnitten von mit ver¬ 
schiedenen Hefearten injizierten Tieren nachweisen *). 

Die mit Gi em s a-Losung und mit Eisenhamatoxylin in Schnitt¬ 
praparaten darstellbaren Strukturbestandteile der Parasiten farben sich 


1) Das Bild Fig. 23 illustriert nicht diesen Befund, sondern die mit der kleinen 
Maushefe unter Umstanden auftretenden, an Kern und Blepharoplast der Leishmania 
erinnernden Gebilde, die ebenfalis in einigen Histoplasmapraparaten zu sehen sind. 

16* 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


nach anderen Methoden ebenfalls in der gleichen Weise, und zwar blau 
mit Methylenblau, blaflgrau mit Hamatoxylin, rot nach Borrel und 
dunkelrosa nach Mann. 

Einen besonderen Wert messe ich der Gram-Farbung bei, da 
Protozoen meines Wissens sich stets negativ derselben gegeniiber ver- 
halten. Wenn einzelne Granulationen unter Umstfinden gefarbt bleiben 
konnen, Sndert dieses Verhalten nichts an jener Tatsache. Sowohl das 
Material von Kala-Azarvon verschiedenen Fallen und nach verschiedenen 
Fixierungen, Alkohol und Sublimat inbegriffen, behandelt, als auch das- 
jenige von Schizotrypanum cruzi mit Kala-Azarformen verhielten 
sich dementsprechend in meinen Versuchen. Selbst wenn die Gewebs- 
und besonders die Leukocytenkerne noch nicht vollkommen differenziert 
sind, erscheinen die Parasiten schon in dem reinen Tone der Kontrast- 
farbung. 

Dagegen bleibt der Lym ph an gitiserr eger bei derselben Technik 
intensiv mit Gentianaviolett gefarbt (Fig. 21). Auch der Einwand, daB 
bei der Gram-Farbung kleine Zeitunterschiede bei der Entfarbung mit 
Alkohol oder Anilin-Xylol das Resultat beeinflussen kbnnen, ware hier 
unangebracht, da selbst der Aufentlialt in der Differenzierungsfltissigkeit 
5 Minuten langer als die nbtige Zeit (1—2 Minuten) zur vollkommenen 
Entfarbung aller anderen Bestandteile. die positive Gram-Farbung in 
keiner Weise beeinflussen konnte. Nicht der ganze Parasit farbt sich 
nach Gram, sondern nur diejenigen Strukturbestandteile, die mit den 
flbrigen Farbungen auch darstellbar sind. AuBerdem findet man unter 
diesen Umstanden an den Kapseln kleine, rundliche, intensiv gefarbte 
Gebilde, die sonst nicht sichtbar sind und deren Bedeutung ich nicht 
zu erklaren vermag (Fig. 21). 

Solche Gebilde, ebenso wie die unvollkommene Farbung nach 
Gram der im Gewebe liegenden Hefen habe ich gleichfalls bei solchen 
beobachtet, die sonst in Ausstrichpraparaten aus Kulturen sich wie 
gewbhnlich homogen farbten. 

Aus diesen Beobachtungen geht die Unrichtigkeit der Behauptung 
von Thiroux und Teppaz hervor, daB der Lymphangitiserreger nicht 
nach Gram farbbar sei. 

Histoplasmosis. — Es handelt sich hier um eine Infektionskrank- 
heit des Menschen, die zuerst von Samuel Darling in der Panama- 
kanalgegend an drei tbdlich verlaufenden Fallen studiert wurde. Die 
Krankheit kommt vereinzelt und selten vor; sie wurde wahrend 
ca. 3 Jahren unter 33000 untersuchten Kranken nur 3mal beobachtet. 
Der spezifische Erreger wurde ebenfalls von Darling entdeckt und 
Histoplasma capsulatum genannt. 

Nach Darling zeichnet sich klinisch die neue Krankheit durch 
Abmagerung, unregelmaBiges, remittierendes Fieber, Milztumor, Leuko- 
penie und Anamie aus, wahrend pathologisch - anatomisch der Haupt- 
befund in einer Invasion der Endothelzellen der kleinen Lymph- und 
BlutgefaBe durch enorme Mengen von Parasiten besteht, welche Nekrosen 
und Cirrhose in der Leber, VergroBerung der Milz, Pseudogranulomata 
in den Lungen und im Dtinn- und Dickdarm, Geschwiirsbildung in diesem, 
sowie Nekrose in den entsprechenden Lymphdriisen hervorrufen. 

Es handelt sich nach D ar 1 in g um eine Kala-Azar-ahnliche Krank¬ 
heit, weil der klinische Befund ganz und der pathologisch-anatomische 
bis auf die Lungenknoten dem des Kala-Azar entsprechen soil, sowie 
besonders, weil der Erreger ein der Leishmania nahestehendes Pro- 


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Rocha-Lima, Beitrag zur Kenntnis der Blastomykosen. 


245 


tozoon sein soli, welcher sich von jener nur durch die Form des Kernes 
und das Fehlen eines Blepharoplastes unterscheidet. Diese Ansicht wird 
auch nacb Darling von Ronald Ross geteilt. 

Wir miissen die Griinde prlifen, warum der Parasit als ein mit 
Leishmania verwandtes Protozoon betrachtet wird. Sie sind aus- 
schlieBlich morphologischer Natur. Das Histoplasma ist ein ca. 3 n 
groBer, runder oder eifSrmiger, in groBen Mengen meistens intracellular 
gelegener Mikroorganismus, der mit Romano wsky-Farbung aus einem 
schwach gefarbten Protoplasmaleib mit hellen, farblosen Stellen und 
einem exzentrisch liegendem Kern besteht. AuBerdem behauptet Dar¬ 
ling, drei Flagellatenformen gesehen zu haben. 

Von dieser letzteren Behauptung muB hier, trotz der Autoritat 
Darlings, abgesehen werden, weil nur unter der Annahme, daB eine 
T&uschung vorliegen kann, eine Diskussion iiber die eventuelle Blasto- 
mycetennatur des Histoplasmas zul&ssig sein kann. — Obwohl es 
sich mit Sicherheit nicht behaupten laBt, daB die diesbeziigliche Mit- 
teilung Darlings auf einer irrtumlichen Deutung von beobachteten 
Bildern beruht, kann die Vermutung, daB es sich wahrscheinlich doch so 
verhalt, nicht als eine leere Hypothese aufgefaBt werden, und zwar aus 
folgenden Griinden: 

1) Samtliche andere Angaben von Darling sowie das Ergebnis 
meiner Untersuchungen rufen, wie weiter unten gezeigt wird, den Ein- 
druck hervor, daB es sich hier um Blastomyceten handeln muB. 

2) In dem ganzen Material, wo die Parasiten millionenweise vor- 
handen waren, konnte Darling nur 3 Individuen, die er als Flagellaten 
deuten konnte und zwar mit dicker kurzer GeiBel innerhalb der den 
Parasiten umgebenden Membran finden. 

3) Auf diese Flagellatenformen scheint Darling trotz ihrer prin- 
zipieller Bedeutung doch nicht ein allzu groBes Gewicht zu legen, da 
trotz reichlicher Illustrierung der anderen Befunde diese Formen nur 
ganz kurz im Text erwkbnt werden. Dadurch erscheint die Vermutung 
berechtigt, daB die genannten Formen nicht Qber alle Zweifel deutlich 
waren. 

4) Da diese Mikroorganismen sich durch eine mannigfaltige Gestal- 
tung ihrer Strukturbestandteile auszeichnen, ware es nicht unmoglich, 
daB hier und da Formen entstehen, die mit geiBeltragenden Protozoen 
Aehnlichkeit haben kbnnten. Es sei nochmal erinnert, daB die angeb- 
lichen Flagellatenformen innerhalb der Membran gelegen haben sollen. 

Wenn also von den fraglichen Flagellatenformen abgesehen wird, 
kommt ftir die Stellung des Histoplasma unter den Leishmania- 
ahnlichen Protozoen nur die angebliche Aehnlichkeit der besonders mit 
der Romanowsky-Farbung darstellbaren Struktur, sowie die Lagerung 
innerhalb der Phagocyten in Betracht. 

DaB eine solche Analogie ein sehr unsicheres Kriterium ist, wurde 
bereits bei der Besprechung des Lymphangitiserregers ausfiihrlich aus- 
einandergesetzt. AuBerdem l&Bt sich bei genauerer Untersuchung des 
Histoplasmas eine bedeutend grSBere Aehnlichkeit desselben mit 
den Blastomyceten und dem Cryptococcus farciminosus, als mit 
der Leishmania nachweisen. 

Im ungefarbten Pr&parate, besonders nach Zusatz von Alkali 
oder Sauren, gleichen die Histoplasmen in jeder Beziehung den stark 
glanzenden, grunlich schimmernden Rivoltaschen Korperchen sowie 
den Hefen. Ebenso wie bei diesen ist in vielen Individuen noch ein 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Onginale. Bd. 67. Heft 4. 


stark lichtbrechendes Kbrnchen innerhalb der Parasiten erkennbar. Nur 
in einzelnen Stellen ist auBerdem noch eine groBere Masse nachweisbar, 
die dem angeblichen Kern entsprecben dfirfte. 

Was aber in dem Histoplasmose-Material noch deutlicher zu sehen 
ist, als in dem Material von Lymphangitis und von mit Hefen geimpften 
Tieren, ist die auff&llige Verschiedenheit der GroBen der ein¬ 
zelnen Parasiten sowie die Zahl der sprossenden Formen. Die 
Moglichkeit einer T&uschung durch zufallige Lagerung von ungleicken 
Individuen halte ich ftir hbchst unwahrscheinlich. Diese Ansicht wird 
durch die gefarbten Pr&parate bestatigt. — Es ist zu bedauern, daB 
Darling fiber die Untersuchung von frischen, lebenden Parasiten nichts 
mitteilt, so daB eine Identifizierung des lichtbrechenden Kornchens mit 
dem des Cryptococcus durch die t&nzelnde Bewegung nicht gemacht 
werden kann. Ebensowenig scheinen in gef&rbten Praparaten diese 
Kornchen, die bei dem Lymphangitiserreger als Blepharoplast gedeutet 
wurden, diesem Forscher besonders aufgefallen zu sein, da er den 
Mangel eines Chromatinstabes als Unterscheidungsmerkmal im Vergleich 
zu Leishmania angibt. Jedenfalls hat er sie gesehen, aber anders 
gedeutet. Er nennt sie chromatoid granules. 

In meinen Pr&paraten verhielten sich diese Kornchen in jeder Be- 
ziehung denjenigen der Rivoltaschen Parasiten gleich. Ebenso wie dort 
fehlten sie in einigen Individuen. 

In den Ausstrichpraparaten ffillt die Ums&uraung jedes Parasiten 
durch einen scharf gezeichneten und gleichmaBig breiten, farblosen Hof 
am meisten auf. Diese, dem Parasiten den Namen verleihende Kapsel 
unterscheidet sich durch nichts von der des Cryptococcus und ent- 
spricht dem bekannten Bilde von Hefezellen in Ausstrichen von Ge- 
webesaft. 

Sehr treffend beschreibt Darling die chromatische Substanz oder 
Kern des Histoplasma, dessen charakteristischste Eigenschaft eine 
auBerordentliche Mannigfaltigkeit seiner Gestalt ist. 

Selten gleichen sich in dieser Hinsicht zwei Parasiten; die rote 
Substanz erinnert oft an das Bild eines Saugetierembryos (Darling) 
und erscheint meistens als rundliche oder eiformige, an einein Pol des 
Parasiten gelegene, undeutlich strukturierte Masse. Darling vergleicht 
auBerdem die von ihm beobachteten Bilder mit verschiedenen Gegen- 
standen, wie Muschelschale, Schild, Weberschiff, Flintenkugel usw. 

Gerade den Polymorphismus der als Kern gedeuteten Substanz 
habe ich bei der Besprechung der Lymphangitis epizootica im Vergleich 
zur Leishmania besonders betont. Darling hebt selbst diese ver- 
schiedene Gestaltung der chromatischen Substanz seines Histoplasma 
als ein besonderes Unterscheidungsmerkmal in bezug auf die Leish¬ 
mania hervor. 

In der Tat habe ich selbst in weniger gut konservierten Organen 
von Kala-Azar niemals eine analoge, unregelinaBige Struktur beobachtet. 
In manchen Prkparaten lassen sich Kern und Blepharoplast dieser Pro- 
tozoen nicht unterscheiden, aber dann stellt das Chromatin ein regel- 
m&Biges Gebilde, meistens einen Ring dar. Dagegen entsprechen die Bilder 
in dem Hefematerial durchaus dem bei der Histoplasmosis und Lymphangitis 
erhobenen Befunde. 

Obwohl das mir zur Verftlgung stehende, in Formalin konservierte 
Material von Histoplasmosis ftir eine Prtlfung auf Metachromasie ungeeignet 
war, bin ich geneigt, durch die Analogie mit dem Lymphangitiserreger 


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Rocha-Lima, Beitrag zur Kenntnie der Blaatomykosen. 


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diese rote Substanz nicht ohne weiteres als Kern zu betrachten, 
sondern ich halte es nicht fiir unwahrscheinlich, daB es sich hier eben- 
falls um metachromatische Substanz handle. Ob das kleine Korn den 
Zellkern darstellt, laBt sich nicht entscheiden. 

Es sei hier noch auf die Angabe Darlings hingewiesen, welcher 
keine Aenderung der F&rbbarkeit der Parasiten, selbst 24 Stunden nach 
dem Tode des Patienten beobachtet hatte. Diese Wider standsfahigkeit 
diirfte als ein weiterer Beweis fiir die Blastomycetennatur des Mikro- 
organismus gelten. 

Was nun die Gramfarbung anbetrilft, so habe ich bei diesem 
Parasiten eine noch st&rkere Farbbarkeit, als bei dem Cryptococcus 
farciminosus und sonstigen Blastomyceten gefunden. W&hrend diese 
sich im Gewebe oft nicht mehr ganz homogen ffirben, erscheint das 
Histoplasma fast immer ganz kompakt mit Gentianaviolett gefarbt. 
Der Differenzierung gegenflber verhielt sich das Histoplasma capsu- 
latum wie die Rivoltaschen Kbrperchen. Wie aus Fig. 20 deutlich 
zu ersehen ist, sind die sprossenden Formen mit Gram-Farbung besonders 
deutlich zu sehen. 

Andere F&rbungsmethoden haben nur das bereits erwahnte bestatigt. 
Einzelne Parasiten oder Parasitengruppen lassen schon im ungefarbtem 
Zustande, aber noch deutlicher mit der Eisenhamatoxylin-Farbung zwei 
verschieden groBe, runde, kernShnliche Kbrper in ihrem Innern erkennen 
und konnten danach ebensogut als Leishmania, wie als Hefen ge- 
deutet werden. Sie bilden aber nicht die Regel, sondern scheinen eher 
auf besonderer Wirkung der Fixierung zu beruhen. 

Wenn wir nun unsere Aufmerksamkeit der pathologischen Ana- 
tomie der Histoplasmosis zuwenden, so finden wir als einzige Analogic 
zu dem Kala-Azar die Lagerung der Parasiten innerhalb von Makrophagen. 
Das wichtigste pathologisch-anatomische Merkmal der Histoplasmosis, die 
Erzeugung von Entztindungsherden in den Lungen, Leber und Milz 
unter Bildung von Granulomen nebst Wucherung, hyaliner Degeneration 
oder nekrotischem Zerfall des Bindegewebes und Anhaufung von zahl- 
losen Parasiten nicht nur innerhalb der Phagozyten, sondern auch frei- 
liegend zwischen den Gewebselementen paBt wohl kaum in das Bild der 
Kala-Azar hiuein, sondern gehort vielmehr zu den bei Blastomykosen 
bekannten Veranderungen. 

SchluBfolgerungen. 

Der Cryptococcus farciminosus und das Histoplasma 
capsulatum zeigen auffallende Analogien nicht nur in ihrer Struktur, 
wie im Verhalten gegenuber Farbstoffen, sondern auch in bezug auf die 
von ihnen erzeugten L&sionen. 

Aus dem Vergleich dieser Mikroorganismen mit den Leishmanien 
einerseits und andererseits mit Blastomyceten stellte sich eine bedeutend 
groBere Uebereinstimmung ihrer Eigenschaften mit denjenigen der Hefen 
als mit den Protozoen heraus. 

Das Aussehen in frischem Zustande, die UnregelmaBigkeit der 
inneren Struktur, der Besitz einer sich nicht farbenden, lichtbrechenden 
Membran, die F&rbbarkeit nach Gram, das Vorhandensein von sprossen¬ 
den Formen und die Art der Gewebsreaktion sind Merkmale, deren 
genaue Beachtung bei de* - Untersuchung solcher Mikroorganismen nicht 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


unterlassen werden diirfte, wenn andere entscheidende Daten, wie Kul- 
turen, Tierversuche usw. nicht ermittelt werden kbnnen. 

Die Lagerung innerhalb von Phagozyten und eine gewisse Aehnlich- 
keit in nach Giemsa gefarbten Pr&paraten sind allein ungenfigende 
Kriterien, um einen Parasiten als Leishmania anzusprechen. 


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HSikura.pinx. 


Verlag vor. Gustav Fischer in Jena 


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Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


249 


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Theiler, Epizootic lymphangitis. (Transvaal Departm. of Agricult. Bull. No. 4. 1906; 
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Tokishige, Ueber pathogene Blastomyceten. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. 19. 1896. 
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Wenyon, A supposed peculiarity in the structure of the Leishmania from skin 
lesions in South America. (The Jour, of Trop. Med. Vol. 15. 1912. p. 193.) 

Tafelerkl&rrmg. 

A. Lymphangitis epizootica. Makrophag mit Parasiten. Giemsa-Farbung. Aus- 
strichpraparat von Manteufel. 

B. Histoplasmosis. Makrophag mit Parasiten. Leishman-Farbung. Ausstrich- 
praparat von barling. 

Fig. 1—2. Cryptococcus farciminosus. Vergr. 2000. Giemsa-Farbung. 
Fig. 3-8. Histoplasma capsulatum. Vergr. 2000. Leish man-Farbung. 
Fig. 9 —11. Maushefe aus dem Tierkorper. Vergr. 3500. Giemsa-Farbung. 
Fig. 12—14. Maushefe aus einer Kultur. Vergr. 3500. Fix. im Sublimat. Giemsa- 
Farbung. 

Fig. 15—16. Maushefekultur. Vergr. 3500. Hamatoxylin-Farbung. 

Fig. 17—19. Leishmania (Orientbeule). Vergr. 3500. Giemsa-Farbung. 
Fif(XX)0. Histoplasmosis, Schnittpraparat aus der Leber. Gram-Farbung. 

Fig. 21. Lymphangitis epizootica. Schnittpraparat aus einem subkutanen Ent- 
zfindungsherd. Gram-Farbung. Vergr. 2000. 

Fig. 22. Histoplasmosis. Schnittpraparat aus der Milz. Farbung mit Eisenhama¬ 
toxylin-Bismarckbraun. Vergr. 2000. 

Fig. 23. Maushefe. Schnittpraparat aus einem subkutanen Entzfindungsherd. 
Eisenhamatoxylin-Bismarckbraun. Vergr. 2000. 

Fig. 24. Lymphangitis epizootica. Schnittpraparat aus einem subkutanen Ent¬ 
zfindungsherd. Eisenhamatoxylin-Bismarckbraun. Vergr. 2000. 

Fig. 25—27. Cryptococcus farciminosus. Ausstricnpraparat. Farbung mit Eisen¬ 
hamatoxylin. Vergr. 3500. 

Fig. 28. Histoplasma capsulatum. Aus einem Schnittpraparat. Farbung mit 
Eisenhamatoxylin. Vergr. 3500. 

Fig. 29—32. Maushefe. Ausstrichpraparat. Farbung mit Eisenhamatoxylin. 
Vergr. 3500 


Nachdruck verbolen. 


Das Virus der Hiilmerpest ein Globulin. 

Von Stabsveterin&r Mrowka, Tsingtau. 

Die Forschungen auf dem Gebiete der unsichtbaren, filtrierbaren 
Krankheitserreger haben bisher ffir die Erkenntnis des eigentlichen 
Wesens des Infektionsstoffes namhafte Ergebnisse nicht gebracht. Bekannt 
ist, daB sie in Verdiinnungen Filter von bestimmter Dichtigkeit passieren, 
daB ferner viruleute Fltissigkeiten nach stundenlangem Zentrifugieren 
ihre Virulenz ungeschwacht beibehalten. Versuche, mit den uns heute 
zur Verfiigung stehenden Mitteln den Erreger farberisch sichtbar zu 



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250 


Centr&bll. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


machen sowie kiinstlich zu ziichten, sind bisher erfolglos geblieben. Die 
histologisch nachgewiesenen Gebilde der Guarnierischen und Negri- 
schen Korperchen sowie v. Prowaz'eks Chlamydozoen und Einschliisse 
werden von der Mehrheit der Forscher als Reaktionsprodukte der Zellen 
auf das eingedrungene Virus angesehen. 

Bei meinen Studien fiber das filtrierbare Virus der Hfihnerpest bin 
ich von dem Grundprinzip der Bakteriologie — aus Grfinden, die spfiter 
erlfiutert werden — abgewichen und babe analog der Darstellung der 
bakteriellen Antigene mit chemischen und physikalischen Methoden inter- 
essante Resultate erzielt. 

Das Virus entstammte einer Pute, die mit schlafsfichtigen Erschei- 
nungen eingeliefert wurde und am folgenden Tage starb. Aus den 
pericarditischen und peritonealen Exsudaten mit den punktformigen 
Blutungen auf den serosen Hfiuten sowie aus den parenchymatosen Ver- 
anderungen an den Organen ergab sich die Diagnose Hfihnerpest. Mit 
Herzblut beschickte Bouillonrohrcheu blieben steril, die mikroskopiscken 
Untersuchungen fielen negativ aus. Ein am 14. Dez. mit Herzblut ge- 
impftes Huhn starb am 16. Dez. an denselben Erscheinungen, Die bak- 
teriologische und raikroskopische Untersuchung ergab auch hier negativen 
Befund. Zwei mit Herzblut geimpfte Mfiuse blieben am Leben. Eine 
mit Leberemulsion von Huhn 1 am 20. Dez. intramuskulfir geimpfte 
Gans erkrankte am 27. und wurde am 28. zwecks mikroskopischer Unter¬ 
suchung des Gehirns auf Schiffmanns Hfihnerpestkorperchen getotet. 
Vorweg sei erwfihnt, daB es rair nicht gelungen ist, nach Schiffmanns 
Methode (cf. Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 45. H. 5) die be- 
schriebenen und abgebildeten Korper festzustellen. Allerdings konnte 
ich nicht in Besitz junger Gfinse gelangen, und die zu den Versuchen 
verwendeten intramuskulfir zu infizieren gelang mir nur in dem oben 
erwahnten Falle. Mit Gehirnemulsion der getfiteten Gans wurden am 
29. Dez. intramuskulfir geimpft 
Gans 2 und 
Huhn 22. 

Huhn 22 stirbt am 2. Jan. an Hfihnerpest, die Gans erkrankte kaum 
merklich und genas. 

Zu den weiteren Versuchen wurde eine Verdflnnung von 2 ccm 
Herzbeutelexsudat in 100 ccm Kochsalzlosung verwendet. Zuerst sollte 
ermittelt werden, ob durch anhaltendes Zentrifugieren die Virulenz der 
Flfissigkeitsschichten beeinfluBt wird. Zentrifugiert wurde anfangs V 2 Stunde 
je eine Verdfinnung von Blut und Herzbeutelflfissigkeit, spfiter 2 Stunden 
stets bei einer Umdrehungsgeschwindigkeit von etwa 3000. In jedem 
Falle wurde von der obersten Schicht je 1 ccm entnommen und auf die 
Hfihner 5, 6 und 8 intramuskulfir verimpft. Alle starben im Verlaufe 
von 48—72 Stunden an Hfihnerpest. Diese beiden Vorversuche erfolgten 
ohne Kontrollimpfungen. Es sollte erst festgestellt werden, ob durch 
Zentrifugieren die Virulenz irgendwie beeinfluBt werden wfirde, zum 
AusschluB einer bakteriellen Infektion. Beim 3. Versuch zentrifugierte 
ich, solange die Bauart der Zentrifuge es gestattete, 6 Stunden ebenfalls 
bei 3000 Umdrehungen. Bei Ausfibung aller Vorsicht wurde aus dem 
Zentrifugierglase, ohne es vorher aus seiner Lage gebracht zu haben, 
das Impfmaterial entnommen und 

Huhn 15 mit 1 ccm der obersten Schicht, 

„ 16 „ 1 „ „ untersten Schicht und 

„ 17 „ 1 „ „ nicht zentrifugierten Stnmmverdiinnung 2:100, 


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Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


251 


samtlich intramuskular, geimpft. Alle drei Hiibner starben im Laufe 
des Vorraittags des 31. Dez. an Hfihnerpest. 

Mit derselben Stammverdfinnung wurde am 27. Dez. eine Gans sub¬ 
dural geimpft. Sie erkrankte am 31. Dez. an schlafsiichtigen und Lfihmungs- 
erscheinungen und starb am 2. Jan. Der Versuch, hier Hfihnerpest- 
korperchen zu finden, blieb ebenfalls erfolglos. Da ich mir vorgenommen 
hatte, in erster Linie das Verhalten des Virus in flfissigen Medien zu 
studieren, stellte ich die histologiscken Untersuchungen ein. 

Bei den nun folgenden Versuchen bin ich von der Ueberlegung aus- 
gegangen, dal! bei den filtrierbaren Virusarten geformte Elemente, Bak- 
terien oder Protozoen, nicht in Frage kommen konnten. Die Moglichkeit, 
virulente Fliissigkeiten stundenlang zentrifugieren zu konnen — Barrath 
zentrifugierte Variola-, Vaccine- und Lyssavirus, Sieber Pferdesterbe- 
virus erfolglos 24 Stunden bei 4000 Umdrehungen — ohne dafi eine 
Virulenzanderung in den Fliissigkeitsschichten nachzuweisen ist, hat 
mich zu der Vermutung gefiihrt, daB — so absurd der Gedanke im 
ersten Moment auch erscheinen mag — das Virus in irgendeiner Form 
in der Flussigkeit gelost sein muB. Die uns bekannte Tatsache, daB die 
im Verlaufe der meisten Seucheu mit filtrierbarem Virus reichlich ge- 
bildeten Exsudate der Schleim- und serosen Haute Trfiger des Infektions- 
stoffes sind und trotz stundenlangen Zentrifugierens sowie nach Filtration 
durch Filter, die die kleinsten sichtbaren Erreger zuriickhalten, ihre 
Virulenz behalten, muB zu der SchluBfolgerung fiihren, daB das filtrier- 
bare Virus bei pathologischen Zustanden in geloster Form auch tierische 
Membranen, d. h. die Kapillarwande durchdringen inuB, etwa wie die 
EiweiBstoffe bzw. mit den EiweiBstotfen. Wir wissen schon aus den 
Filtrationsversuchen, daB die Filtration nur gelingt, wenn die virulente 
Flussigkeit so stark verdiinnt wird, daB das EiweiB die Filterporen nicht 
verlegt, sondern mit der Flussigkeit durch die Poren des Filters tritt. 
Vielleicht ist die Eigenschaft des filtrierbaren Virus, das EiweiB der 
Gewebe und sorait der Kapillarwande fUr den Durchtritt eiweiBhaltiger 
Fliissigkeiten vorzubereiten, ihm spezifisch, urn zur Erhaltung der Art 
mit den Exsudaten nach der AuBenwelt zu treten, und dort auf neuen 
giinstigen Niihrboden zu gelangen. 

Die Feststellung Daniel Konradis bei seinen Untersuchungs- 
reihen fiber die Vererbung der Tollwut, daB das Tollwutvirus von Mutter 
auf Kind fibergeht, und Leipziger-Siebers hat es neuerdings be- 
statigt, daB das Blut von Foten, deren Mutter an Pferdesterbe eingingen, 
virulent ist, laBt nicht daran zweifeln, daB, wie durch die Kapillarwande 
des Kreislaufes der serfisen und Schleimhaute, der Infektionsstoff auch 
die Kapillarwande des Placentarkreislaufs durchdringen muB, und so 
lfiBt sich auch die Virulenz des sonst eiweiBfreien Hams bei der Rinder- 
und Schweinepest erklaren. Die eiweiBlosende Energie des Virus in den 
Geweben macht den Durchtritt von EiweiB und somit von Virus durch 
die alterierten Kapillarwfinde moglich. Der Vorgang der Erkrankung ist 
demnach als Verflflssigung des KorpereiweiBes anzusehen. Daffir sprechen 
die eiweiBreicheu Exsudate, und so erklart sich die nutritive Storung an 
den Organen. Ftir diesen osmotischen Vorgang — Durchtritt des Virus 
durch die Kapillarwande — ist eine gewisse Wasserloslichkeit voraus- 
zusetzen. 

Versuche, ob in vitro der Infektionsstoff der Membrandiffusion unter- 
liegt, ergaben ein negatives Resultat. Die Virusverdtinnungen 2:100 
wurden gegen destilliertes Wasser, das vorher mit Silbernitrat auf Koch- 


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Mrowka, Das Virus der Huhnerpest ein Globulin. 


253 


die einmal seine EiweiBnatur, andererseits seine vitalen Eigenschaften 
zugleich beweisen muBten. Hierzu bediente ich raich chemischer und 
physikalischer Hilfsmittel, wie sie aus der Darstellung der Antigene und 
Antitoxine bekannt sind, jedoch stets nur solche berticksichtigend, die — 
soweit zu ermessen — das vitale Moment des Virus nicht zu beeinflussen 
imstande sein konnten. 

Ob das Virus bzw. seine Gifte durch Salze der Schwermetalle, die 
EiweiB koagulieren, ausgefallt bzw. abgetotet werden, dazu bediente ich 
mich zuerst Millons Reagens. Der LSsung 2:100 wurde Mi lion 
zugesetzt und die durch EiweiBausfall stark getriibte Fliissigkeit zentri- 
fugiert, bis die liber dem EiweiB stehende Fliissigkeit vollkommen klar 
erschien. Urn mit Sicherheit den gesamten fallbaren EiweiBgehalt aus- 
zufailen, muB das Reagens im UeberschuB zugesetzt werden. Alsdann 
wurden geimpft: 

Huhn 24 mit 1 ccm der uberstehenden Fliissigkeit, 

Huhn 28 mit 1 ccm des gefallten, in mehreren Wassern gewaschenen EiweiSstoffes 
intramuskular. Beide Hiihner blieben am Leben; sie sind spiiter mit Virus geimpft 
worden und starben. Auf Grund dieses Versuches mufite ich annehmen, daB das Virus 
durch das Quecksilbersalz abgetotet worden ist. Ich wahlte deshalb fiir einen weiteren 
Versuch an Stelle des anorganischen ein organisches Fallungsmittel, und zwar eine schwache 
Tanninldsung, die ich bei den folgenden Experimenten stets nach Gutdiinken im Reagens- 
glase frisch herstellte. 

Am 2. Jan. erhielten 

Huhn 25 1 ccm der uberstehenden Fliissigkeit, 

Huhn 27 1 ccm des durch Tannin gefallten EiweiSstoffes intramuskular. 

Huhn 27 stirbt am 6./7. Jan. an Huhnerpest, 

Huhn 25 bleibt am Leben und erliegt einer spateren Infektion. Mit 1 ccm einer 
Herzbeutelexsudatverdiinnung 1:30 von Huhn 27 wird am 1. Jan. geimpft: 

Huhn 18. 

Aus der ubrigen L6sung wird durch Tannin das Eiweifl gefallt. Nach Zentri- 
fugieren werden geimpft: 

Huhn 10 mit 1 ccm der uberstehenden Fliissigkeit, 

Huhn 32 mit dem gefallten und gewaschenen EiweiB. 

Es stirbt: 

Huhn 18 am 9./10. Jan., 

Huhn 32 am 11./12. Jan. 

Es bleibt am Leben : 

Huhn 10. 

Die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung steril entnommenen Herz- 
blutes ergab absolute Keimfreiheit. Mit 1 ccm Herzblut von Huhn 32 wird Huhn 42 
geimpft. Es stirbt am 14. Jan. an Huhnerpest. 

Die beiden Versuche, die in langer Reihenfolge mit stets demselben 
Ergebnisse wiederholt worden sind, beweisen, daB das Virus der Hfihner- 
pest ein durch Tannin failbarer, den Kolloiden verwandter Korper sein 
muB. Durch die Waschungen des gefallten EiweiBstoffes sollte ent- 
schieden werden, ob das Virus tatsfichlich ausgefallt, oder ob es nur 
mechanisch mitgerissen wird. Die Waschwasser blieben stets avirulent, 
und es ist mir bisher nicht gelungen, das Virus vom EiweiB zu trennen. 
Es unterliegt keinem Zweifel, daB das filtrierbare Virus dem EiweiB der 
pathologischen Exsudate anhaftet. Ob es nun ein selbstandiger, eiweiB- 
artiger Korper ist, oder ob das EiweiB selbst zum Virus wird, sei einst- 
weilen unentschieden. 

Die zahlreich ausgeflihrten Failungsversuche haben ein weiteres 
interessantes Ergebnis fiber die ffillbare EiweiBmenge ergeben. Es ist 
bei den Versuchen aufgefallen, daB das koagulierte EiweiB stets ein 
Mehrfaches seines Volumens ergibt, das wiederum bei den Exsudaten 
verschiedener Herkunft in weiten Grenzen schwankt. Obgleich die 
folgenden Zahlen auf vollkomraene Genauigkeit keinen Anspruch haben, 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


da die Menge der gefallten EiweiBsubstanz nach Zahl der Umdrehungen 
und Dauer des Zentrifugierens in gewissem Grade wechseln wird, so 
wird man nach einiger Uebung schon bei Zusatz des Fallungsmittels 
Unterschiede in der Menge des sich bildenden Niederschlages deutlich 
erkennen. Die Schwankungen betrugen bei den von mir untersuchten 
Fallen zwischen 5,8 und 1,2 ccm f&llbares EiweiB in 1 ccm Herzbeutel- 
exsudat. Dieses Ergebnis gibt dartiber AufschluB, warum so groBe Ver- 
dunnungen des Exsudates noch virulent sind, andererseits erklaren die 
Schwankungen im EiweiBgehalt die verschieden hohe Virulenz des Virus. 
Bei Weiterimpfung eines Virus, dessen EiweiBgehalt festgestellt ist, kann 
man auf die Virulenz des neu gewonnenen Exsudates keine Schlusse 
ziehen. Ein eiweiBarmes Virus kann eiweiBreiche Exsudate liefern und 
umgekehrt. Und es hat den Anschein, als wechselte die Menge und 
Virulenz des Exsudates mit dem Ern&hrungszustande. Gut genahrte 
Tiere liefern eiweiBreiches und hochvirulentes Exsudat. Diese Erschei- 
nung deutet darauf hin, daB die Bildung von Virus mit der Verflussigung 
des Korperproteins parallel verl&uft: Je eiweiBreicher der Korper, desto 
eiweiBreicher, d. h. virulenter das Exsudat, desto stiirmischer der Krank- 
heitsverlauf. 

Urn nun die kleinste Menge des fur ein Huhn todlichen gefallten 
EiweiBstoffes festzustellen, machte ich folgenden Versuch: Mit einer 
Platinose gefallten, zentrifugierten EiweiBes in 1 ccm NaCl-Losung wird 
am 21. Jan. geimpft: 

Huhn 52. 

Das Huhn bleibt am Leben und erhiilt am 1. Febr. 2 Oesen eines gefallten Eiweifi- 
stoffes anderer Herkunft. Es stirbt am 5./6. Febr. an Hiihnerpest. 

Am 6. Febr. erhalt 

Huhn 60 

wiederum eine Oese gefallles Eiweifl in 1 ccm NaCl-Losung. Huhn 60 stirbt am 
8. Febr. an Hiihnerpest. 

Abgesehen davon, daB das Ergebnis dafiir spricht, daB selbst in 
diesen kleinsten EiweiBmengen Virulenzschwankungen moglich sind, geben 
die Versuche dartiber AufschluB, daB eine Oese des gefallten EiweiBstoffes, 
als — sagen wir einmal — unendliche Verdiinnung eines Kubikzentimeters 
Exsudat, bereits todlich wirkt. Da nun die Anzahl dieser kleinsten 
todlichen Dosen in jedem neu gewonnenen Exsudat den groBten 
Schwankungen unterworfen ist, so ist auch damit eine Erklarung fur die 
verschiedenen Virulenzgrade gleicher Mengen Exsudat verschiedener Her¬ 
kunft gegeben. Dieses Phanomen lehrt uns, daB bei aktiven Immuni- 
sierungen zu jedem Virus ein besonderes Serum hatte hergestellt bzw. 
zu einem bekannten Serum ein bekanntes Virus hatte verwendet werden 
mtissen. Tats&chlich hatte Theiler 1 ) bei seinen Immunisierungs- 
versuchen gegen Pferdesterbe diese Erscheinung wohl erkannt. Er ge- 
brauchte zu seinen Simultanimpfungen nur das in seiner Wirkung ihm 
bekannte Virus. Er wuBte, daB sein auf ein bestimmtes Virus ein- 
gestelltes Serum bei Gebrauch eines anderen Virus versagen konnte. 

Wir mtissen aus den gewonnenen Versuchsergebnissen den SchluB 
ziehen. daB ein Exsudat mit Riicksicht auf den Gehalt an virulentem 
EiweiB einer gewissen Konzentration unterworfen ist. Der Weg, diese 
Konzentration und somit den Virulenzgrad mit Sicherheit feststellen zu 
kbnnen, bleibt uns einstweilen unbekannt. 


1) Private Mitteilung. 


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Mrowka, Dae Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


255 


Zur Kontrolle, ob nicht schon normales durch Tannin gefailtes 
EiweiB Hiihnern pathogen ist, wurde am 17. Jan. eine 3-proz. Hiihnerei- 
Eiweifilosung hergestellt, das EiweiB durch Tannin gefallt und davon 
1 ccm auf 

Huhn 47 
verimpft. 

Das Huhn bleibt am Leben und stirbt nach Infektion mit 1 ccm 
einer Verdtinnung 1:50 von Huhn 53 an Hiihnerpest. 

Wie Konradi, Leipziger und Sieber festgestellt haben, daB 
das Virus der Tollwut und Pferdesterbe auf den Fotus iibergeht, so hat 
Centanni bewiesen, daB das Virus der Hiihnerpest auch im Ei zu 
finden ist. Wir muBten demnach voraussetzen, daB das kolloide Virus 
auch die Kapillarwande der Ovarialzellen durchdringt. 

Die Behauptung Centannis best&tigen folgende Versuche: 

Von Huhu 49 wird am 15. Febr. ein Teil des Ovariums — etwa 10 kleine Eier — 
in mehreren Wassern gewaschen, im Morser zerrieben, in NaCl-Losung aufgeschwemmt 
und zentrifugiert. Zu der iiberstehenden, etwas rot gefarbten Flussigkeit wird Tannin¬ 
losung zugesetzt, erneut zentrifugiert, daa EiweiB gewaschen und 1 ccm davon auf 
Huhn 59 intramuskular verimpft. 

Das Huhn stirbt am 18./19. Febr. an Hiihnerpest. 

Da in diesem Falle mit Recht der Einwand erhoben werden durfte, daB das in 
den Gefafien des Ovariumteiles befindliche BluteiweiB den Tod bewirkt haben konnte, 
wird von Huhn 59 ein etwa erbsengroBes Eichen vorsichtig herausgeschnitten und die 
dasselbe umhiillende stark injizierte Serosa abgeetreift. Das Eichen wird alsdann, urn 
jede Spur von Exsudat zu entfernen, langere Zeit einem scharfen Strome flieBenden 
Wassers ausgesetzt und dann mit einer ausgegliihten Nadel punktiert. Der aus mehreren 
Tropfen bestehende Inhalt wird in 10 ccm NaCl-Losung aufgefangen und durch 
Schiitteln des Glases in der Flussigkeit verteilt. Nach Zusatz von etwas Tanninlosung 
wird die Flussigkeit zentrifugiert — etwa 0,5 ccm EiweiB —, der rein weifle EiweiBsatz 
gewaschen und wieder zentrifugiert, in 1 ccm NaCl-Losung durch Schiitteln verteilt 
und auf 

Huhn 57 intramuskular verimpft. 

Desgleichen wird der Inhalt eines haselnuBgroBen Eichens desselben Huhnes be- 
handelt und — etwa 5 ccm EiweiB — 1 ccm des gewaschenen, reinen EiweiBstoffes auf 
Huhn 65 verimpft. 

Huhn 57 stirbt am 21. Febr. an Hiihnerpest, 

Huhn 65 bleibt wunderbarerweise am Leben. 

Bei den weiteren Sektionen ist es nicht gegliickt, einen Eierstock mit verschieden 
groBen Eierchen zu finden. Deshalb wurden am 26. Febr. von Huhn 73 drei erbsen- 
groBe Eierchen vorsichtig herausgeschnitten, einzeln von der Serosa befreit und gemein- 
sam in einem Glase einem scharfen Strom flieBenden Wassers ausgesetzt, alsdann punk¬ 
tiert, der Inhalt in 1 ccm NaCl-Losung verteilt, nach Zusatz von Tanninlosung zentri¬ 
fugiert, mehrere Male gewaschen und das gesamte EiweiB jedes Eichens — etwa 
0,4 ccm — auf 

Huhn 65 — aus dem vorhergeheuden Versuch — 

Huhn 71 
Huhn 74 

verimpft. Zur Kontrolle wird mit 0,5 ccm Blut desselben Huhnes geimpft 
Huhn 72. 

Es stirbt: 

Huhn 74 am 28./29. Febr. 

Huhn 65 am 29. Febr. 

Huhn 72 am 29. Febr. 

Am Leben bleibt: 

Huhn 71, das einer spateren Infektion erliegt. 

Diesem Versuche folgen zwei weitere mit den Hiihnern 76, 77, 78 und 90, 91 und 
92. In beiden Versuchen sterben allc drei Hiihner an Hiihnerpest. 

Damit ist der Befund Centannis bestatigt. Gleichzeitig geht 
jedoch aus den Versuchen hervor, daB in ein und demselben Eierstock 
nicht alle Eier den Infektionsstoff enthalten. Eine Erklarung hierftir ist 



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Centr&lbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


schwer zu geben. Das Phan omen ist jedoch nicht neu. Daniel Kon- 
radi begegnete in der II. Untersuchungsreihe seiner experimentellen 
Untersuchungen iiber Vererbbarkeit der Tollwut der iiberraschenden 
Erscheinung, daB die von einer immunen Mutter geworfenen Jungen 
eines und desselben Wurfes nicht samtlich die miitterliche Immunitat 
ererbt hatten. Er sagt (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 46. p. 145): 
„Wie die Ergebnisse der II. Untersuchungsreihe beweisen, konnen die 
Nachkommen solche Eigenschaften vererben, welche die Eltern eine 
geraume Zeit vor der Konzeption sich erworben haben. Eine solche 
Vererbung kann aber nicht als eine allgemeine Regel betrachtet werden, 
denn die Jungen ein und desselben Wurfes zeigen kein gleiches Ver- 
halten, manche ererben eine solche Eigenschaft, andere nicht.“ Ob diese 
individuelle Verschiedenheit im Sinne von Dzierzgowski, daB nam- 
lich bezuglich der Uebertragungsfahigkeit der Immunitat die antitoxische 
Kraft der Follikelfliissigkeit eine verschiedene ist, erkiart werden konne, 
oder aber andere noch unbekannte Ursache hat, bleibt eine offene Frage, 
daB aber solche individuelle Verschiedenheiten vorkommen, beweisen sehr 
viele Erfahrungen. So werden die an den Jungen festgestellten Versuchs- 
ergebnisse Konradis bei der Tollwut an den Ovarialzellen bei Huhner- 
pest wiedergefunden. 

Kurz sei hier nur erwahnt, daB die Kenntnis der kolloiden Eigen¬ 
schaft des filtrierb’aren Virus uns der Losung des Vererbungsproblems 
naher bringt. Das kolloide Virus und die auf Grund seiner Wasser- 
lOslichkeit gegebene Fahigkeit, die Kapillarwande zu durchdringen, er¬ 
kiart, da Individuen, die die Seuche iiberstanden haben, aktive Immu¬ 
nitat erwerben, die fotale hereditare Immunitat (ovuiare, materne Ver¬ 
erbung), wenn die Mutter vor der Konzeption bereits immun war (Kon¬ 
radis II. Untersuchungsreihe) und die fotale kongenitale Immunitat, 
wenn die Mutter wahrend der Trachtigkeit Immunitat erlangt hat (Kon¬ 
radis I. Untersuchungsreihe und Leipziger, Sieber, Virulenz des 
fotalen Blutes sterbekranker Pferde). 

Durch diese Versuche ist ohne Zweifel festgestellt, daB das den 
Korperexsudaten anhaftende Virus der Hiihnerpest sich durch Tannin- 
lOsung mit den EiweiBstoffen ausfallen und dann sehr leicht zentri- 
fugieren lafit. Da nun das Tannin samtliche EiweiBstoffe ohne Ausnahme 
koaguliert, habe ich weitere Versuche zur Prtifung der Frage angestellt, 
ob das Virus den gesamten EiweiBstoffen anhaftet oder nur einer be- 
sonderen Proteinart. Bekanntlich haben die unsichtbaren Virusarten 
bei den einzelnen Seuchen besondere Affinitat zu bestimmten Gewebs- 
arten, in deuen ihre Vermehrung bzw. Neubildung stattfindet. Lip- 
schfitz auBert sich in seiner Arbeit: Ueber mikroskopisch sichtbare, 
filtrierbare Virusarten: „Es ist ferner von Wichtigkeit, festzustellen, daB 
im allgemeinen nur ganz bestimmte Gewebearten vom Virus befallen 
werden. . . .“ Wir konnten annehmen, daB das Virus jeder einzelnen 
Seuche eine bestimmte Affinitat zu einem dem Gewebe spezifischen 
EiweiBstoffe haben mflBte, und daB im Moment der Alteration dieser 
EiweiBsubstauz durch das betreffende Virus die charakteristischen 
Symptome der Seuche offensichtlich in Erscheinung treten. So vollzieht 
sich das Wachstum des Tollwutvirus in der Nervensubstanz, das Virus 
der Maul- und Klauenseuche in Gewebsbestandteilen der Maulschleim- 
haut und der Klauenepithelien, der Lungenseuche im Bindegewebe, der 
Pocken im Gewebe der Epidermis, des Virus der pestartigen Er- 
krankungen — Rinder-, Hiihner-, Schweinepest und Pferdesterbe — in 


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Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


257 


alien Geweben des Korpers. Es muBte bei der Hiihnerpest ein EiweiB- 
stoff in Frage kommen, der Bestandteil sSmtlicher Korperzellen ist, da 
bekanntlich jedes Gewebe und seine Extrakte eines an Hiihnerpest ge- 
storbenen Huhnes virulent sind. 

Es gait zun&chst, festzustellen, ob das Virus der Hiihnerpest den 
in Wasser lbslichen Albuminen oder den unloslichen Globulinen an- 
haftet. Die Trennung beider EiweiBstoffe erfolgte, um sie in moglichst 
unveranderter Form zu erhalten, durch Dialyse. Obgleich nach den 
neueren Forschungen durch die Dialyse — wenigstens aus Blutseruin — 
nicht die gesamten Globuline ausgef&llt werden, so lag es mir in erster 
Linie daran, zu priifen, ob iiberhaupt ausgefallenes Globulin virulent 
bleibt. Von der Anwendung der sicherer wirkenden Methode des Aus- 
salzens sah ich einstweilen ab, da es mir fiir deren Ausfiihrung an der 
notigen Technik fehlte, und ich von vornherein annahm, dafi die ge- 
sdttigten LSsungen das Virus abtdten wflrden. SpSter erst lehrten Ver- 
suche, daB diese Annahme ein Irrtum war. Die Herzbeutelverdtinnungen 
wurden in einen durch Pergamentpapier abgeschlossenen gewohnlichen 
Lampenzylinder gegossen und in destilliertes Wasser getaucht, das 
mehrere Male tSglich gewechselt wurde. Schon nach wenigen Stunden 
konnte man, je nach dem Grade der Salzentziehung in der Dialysator- 
flussigkeit das in Flocken ausgefallene Globulin beobachten. Schwierig 
oder iiberhaupt nicht zu kontrollieren jedoch war der Moment des Aus- 
falles der gesamten Globuline, soweit sie durch Dialyse fallbar waren. 
Richtige Werte konnten aber nur dann erzielt werden, wenn eine voll- 
kommene Trennung beider EiweiBarten eingetreten war. Ich dialysierte 
deshalb nach GutdOnken 1—2 Tage bei drei- bis fiinfmaligem Wasser- 
wechsel. Mir lag es zuerst daran, festzustellen, ob die ausgefallenen 
Globuline iiberhaupt virulent sind. lhre UnlSslichkeit in Wasser ergibt 
ohne weiteres die Garantie fiir ihre absolute Reinheit. Kaum mbglich 
dagegen war festzustellen, ob nach Beendigung der Dialyse und Zentri- 
fugieren die iiberstehende Fliissigkeit nur albuminhaltig und frei von 
Globulinen war. Da die geringste Menge des EiweiBstoffes aber tbdlich 
wirkt, konnten die Versuche nur einwandsfrei sein, wenn das gesamte 
Globulin ausgefSllt war. Da hierfiir jede Kontrolle fehlt und in jeder 
Verdiinnung der EiweiBgehalt wechselt, andererseits eine zu lang dauernde 
Dialyse — wie sich spSter herausstellt — die Virulenz vollkommen auf- 
hebt, ergaben die folgenden Versuche schwankende Resultate. In jedem 
Falle losten die Globuline Hiihnerpest aus, w&hrend die Albumine sowohl 
in L5sung wie ausgefallt wechselnde Resultate ergaben; je nach der 
Dauer der Dialyse und wahrscheinlich nach dem Grade der Ausfallung 
der Globuline. Bei sp&teren Versuchen bediente ich mich der Silber- 
nitratlosung zur Feststellung des Gehaltes an Kochsalz im destillierten 
Wasser nach mehrmaligem Wasserwechsel. Dabei stellte sich die Methode 
als nicht zuverl&ssig heraus. Die Gesamtausf&llung der Globuline scheint 
vielmehr vollkommen eingetreten zu sein, wenn bei Zusatz einer AgNo 8 - 
Losung die weiBe Fallung nicht sofort, sondern erst nach l&ngerer Zeit 
eintritt. Eine sichere Kontrolle liefert dieses Verfahren natflrlich eben- 
sowenig. 

Verauch 1. 

Am 30. Marz wird eine Verdiinnung aus Herzbeutelfluaaigkeit — im Verlauf der 
weiteren Beaprechung bezeichne ich aie mit den Buchataben HV (Herzbeutelexaudat- 
Verdunnung) — von Huhn 89 einer 24-atundigen Dialyse bei fiinfmaligem Wasser- 
wechsel ausgeaetzt. Nach 24 Stunden wird die Di&lyaatorflQaaigkeit (Verdiinnung dea 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 4. 17 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Herzbeutelexsudates nach AbschluB der Dialyse — DF — umgeschiittelt. Von dieser 
durch EiweiBflocken getriibten Fliissigkeit erhalt 
Huhn 80 

1 ccm. Der iibrige Teil der Losung wird in einer Handzentrifuge zentrifugiert. Die 
ausgeschleuderten Globuline — G1 — werden, um die kleinste Spur von Albuminen zu 
entiernen, in viel Wasser mehrere Mate gewaschen, wieder zentrifugiert und dann auf 
Huhn 94 

verimpft. Zu der nach Zentrifugieren von DF iiberstehenden klaren Fliissigkeit — A1 —, 
die nur die Albumine enthalten miifite, wird Tannin zugesetzt, das Albumin ausgefallt 
und zentrifugiert. Von diesem EiweiBstoff erhalt 
Huhn 93 

1 ccm. In den weiteren Versuchen wird das Albumin nicht ausgefallt, sondem geldst 
verimpft. Wo die Ausfallung stattfindet, wird dies besonders hervorgehoben. 

Es stirbt: 

Huhn 80 (DF) am 2./3. April, 

Huhn 94 (Gl) am 3./4. April. 

Es bleibt am Leben : 

Huhn 93 (Al), das einer spateren Infektion erliegt. Es sei von vornherein darauf 
hingewiesen, daB samtliche Hiihner, die auf eine Impfung nicht reagiert haben, im 
Vemuf der weiteren Versuche mit sicher totenden Losungen geimpft worden sind. Die 
zu den Versuchen verwendeten Tiere sind je nach Bedarf von 6—10 Stiick in der 
Markthalle Tsingtaus gekauft worden. Es haben sich dabei die ersten 113 Hiihner als 
einwandsfrei und empfanglich erwiesen, so dab mit der Mdgliehkeit einer natiirlichen 
Immunitat kaum noch gerechnet wurde. Wie die Versuchsreihe zeigen wird, hat dieser 
Irrtum zu unangenehmen Storungen gefiihrt. 

Dieser erste Versuch lieBe tatsachlich darauf schlieSen, daB das Virus der Hiihner- 
pest an die Globuline gebunden ist. Wenn bei den nun folgenden Versuchen die 
Btandige bakteriologische Priifung des virulenten Materiales unterbleibt, so hat das 
darin seinen Gruna, daB jede andere Infektion der Versuchstiere ausgeschlossen war 
und der klinische und pathologisch-anatomische Befund die Dingnose Hiihnerpest 
sicherten. Wo im Verlauf der Experimente der geringste Verdacht auf eine inter- 
kurrente Erkrankung aufkam, wurden samtliche Gesetze aer Bakteriologie beriicksichtigt 
und sofort Kontrollimpfungen ausgefuhrt. Storend erwies sich bei den Arbeiten die 
haufige Erkrankung aer chinesischen Hiihner infolge Einwanderung von Parasiten 
(Hetrakis inflexa) und Arachniden (Laminosioptes und Cytoleichus). 

Versuch 2. 

Am 2. April wird eine HV hergestellt und der Dialyse ausgesetzt. Am 3. April 
wird mit DF geimpft 
Huhn 95. 

Nach Zentrifugieren erhalt 
Huhn 96 1 ccm Al, 

Huhn 97 1 ccm der gewaschenen Gl. 

Alle 3 Hiihner sterben in der Nacht 5./6. April an Hiihnerpest. 

Versuch 3. 

Bisher wurde zum Zentrifugieren die Handzentrifuge benutzt. Urn sicher zu 
gehen, daB die ausgefiillten Globuline aus der Fliissigkeit vollstandig ausgeschleudert 
werden, wurde kiinftig in der elektrischen Zentrifugc bei 3000 Umdrehungen eine Stunde 
zentrifugiert, und die Dialyse bei dreistundigem Wasserwechsel auf 48 Stunden ver- 
langert. Ein sicheres Ergebnis konnte dennoch nicht gewahrleistet werden, denn nach 
wie vor blieb bei Unkenntnis des EiweiBgehaltes und somit der Konzentration dee 
Virus der Grad der Ausfallung der Globuline unkontrollierbar. 

Am 6. April wird geimpft: 

Huhn 98, mit 1 ccm HV von Huhn 96 und 97. Der iibrige Teil gelangt zur 
Dialyse. 

Am 8. April: 

Huhn 93 — cfr. Versuch 1 — mit 1 ccm DF. 

Nach Zentrifugieren: 

Huhn 99, mit 1 ccm Al, 

Huhn 100 mit 1 ccm der gewaschenen Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 88 (HV) am 8. April, 

Huhn 93 (DF) am 10. April, 

Huhn 100 (Gl) und Hnhn 99 (Al) am 13. April an Hiihnerpest. 


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Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


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Es wird in der Versuchsreihe fortgefahren. Ohne Zweifel haftet das Virus auch den 
ausgefallten G1 an, da sie sich in alien drei Versuchen als virulent erwiesen haben. 

Versuch 4. 

Einstweilen wird in den nachsten Versuchen von der Verimpfung von der zur 
Dialyse gelangenden Verdunnung des Exsudates abgesehen, da, wie aus den ersten 
drei Versuchen hervorgeht, sich die Dialysatorfliissigkeit stets virulent erwiesen hat 
und ein besonderer Wert auf das Verhalten der beiden EiweiBstoffe gelegt wird. 

Am 12. April werden geimpft: 

Huhn 102 mit DF vom Huhn 93, 

Huhn 103 mit Al, 

Huhn 104 mit GL 
Es stirbt: 

Huhn 102 (DF) am 15. April, 

Huhn 104 jGl) am 16. April. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 103 (Al). 

Versuch 5. 

Huhn 101 mit DF von Huhn 99 und 100 am 16. April, 

Huhn 105 mit Al, 

Huhn 106 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 101 (DF) am 21. April, 

Huhn 106 (Gl) am 19. April. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 105 (Al). 

Versuch 6. 

Am 20. April werden geimpft: 

Huhn 103 — cfr. Versuch 4 — mit DF von Huhn 102, 

Huhn 109 mit Al, 

Huhn 110 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 103 (DF) am 22 . 123 . April, 

Huhn 110 (Gl) am 23 /24. April. 

Es bleibt am Leben: 

Huhu 109 (Al). 

Dm die Dialyse zu beschleunigen, wird das Herzbeutelexsudat nicht in NaCl- 
Lbsung, sondern mit destilliertem Vvasser verdiinnt. Dabei fallt ein groBer Teil der 
Globuline sofort aus. Nach 24-stiindiger Dialyse bei funfmaligem Wasserwechsel werden 
am 23. April geimpft: 

Huhn 108 mit DF von Huhn 101, 

Huhn 111 mit Al, 

Huhn 112 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 108 (DF) am 25-/26. April, 

Huhn 112 (Gl) am 25./‘26. April. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 111 (Al). 


Versuch 8. 

Um die Dialyse noch mehr zu beschleunigen, wird das destillierte Wasser stiindlich, 
etwa lOmal gewechselt. 

Am 26. April werden geimpft: 

Huhn 105 — cfr. Versuch 5 — mit DF von Huhn 103, 

Huhn 114 mit Al, 

Huhn 115 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 105 (DF) am 28. April. 

Huhn 115 (Gl) am 28. April. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 114 (Al). 

17* 



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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67.' Heft 4. 


Huhn 114 stellt sich spater ale immun heraus. Es ist das erste Tier dee Stammes 
mit immunen Hiihnern. 

Um nun jeden Einwand zu begegnen, wird in den weiteren Versuchen die zur 
Dialyse verwendete HV 1 Stunde bei c£)00 Umdrehungen zentrifugiert uud 1 ccm davon 
verimpft, und der iibrige Teil der Dialyse ausgesetzt. Es soli damit erwiesen werden 
daB das Hiihnerpestvirus, das aus salzhaltigen Exsudaten sieh nicht zentrifugieren laBt 
demnach in einer bestimmten Form in der Flussigkeit gelost sein muB, nach Ent- 
ziehung der globulinlosenden Salze und mit der Ausfallung des Globulins geformte 
Gestalt annimmt. Die zentrifugierte, virulente Verdiinnung des Herzbeutelexsudaten 
die nach AbschluB der Dialyse von seiner Virulenz nichts eingebuflt hat, verliert diese 
Virulenz, wenn das durch die Dialyse ausgefiillte Globulin ausgeschleudert wird. Da¬ 
mit ware der Beweis erbracht, daB das filtnerbare Virus unter bestimmten Bedingungen 
zentrifugierbar ist. Da es ferner mit den Globulinen ausfallt und von ihnen nicht zu 
trennen ist, wahrend die Albumine sowohl in Losung wie ausgefallt avirulent bleiben, 
so waren wir zu dem SchluB berechtigt, daB das Virus der Huhnerpest Globulincha- 
rakter haben muB. 

Versuch 9. 

Am 25. April wird eine HV von Huhn 110 eine Stunde bei 3000 Umdrehungen 
zentrifugiert. Von der iiberstehenden Flussigkeit erhalt bei aller Vorsicht etwa aus 
der Mitte: 

Huhn 113 1 com. 

Die zentrifugierte HV wird alsdann der Dialyse ausgesetzt. 

Am 27. April werden geimpft: 

Huhn 116 mit DF. 

Nach erneutem Zentrifugieren: 

Huhn 117 mit Al, 

Huhn 111 — cfr. Versuch 7 — mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 113 (HV) am 27. April. 

Huhn 117 (Al) am 29./30. April, 

Huhn 111 (Gl) am 30. April. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 116 (DF), stellt sich spater als immun heraus. 

Dieses Ergebnis blieb mir zuerst unverstandlich. Huhn 116, geimpft mit der 
beide EiweiBarten enlhaltendon DF, bleibt am Leben, wahrend die Hiihner 117 und 
111, geimpft mit den einzclnen EiweiBstoffen, an Huhnerpest erkranken und sterben. 
Im ersten Moment glaubte ich an eine Verwechselung der Hiihner beim Einsetzen in 
die Kafige nach der Impfung. Da ferner der Verdacht vorlag, Huhn 117 k8nnte an 
einer anderen Krankheit gestorben sein, wurde, obgleich die Sektion keinen Zweifel an 
der Diagnose Huhnerpest liefi, am 30. April 

Huhn 122 mit 1 ccm des HerzDeutelexsudatee des Huhnes 117 geimpft. 

Huhn 122 stirbt ain 2. Mai an Huhnerpest. Damit war erwiesen, daB auf Grand 
der Versuche 1—8 die Ausfallung der Globuline nur teilweise eingetreten sein muBte, 
deshalb wurde bei den folgenden Versuchen die Einwirkung des destillierten Wassers 
auf die Dialysatorfliissigkeit bei einstundigem Wechsel so Tange fortgesetzt, bis nach 
Zusatz von AgNo, zum destillierten Wasser jede Spur einer Triibung ausblieb. Dieser 
Zeitpunkt trat erst nach mehreren Tagen ein. 

Versuch 10. 

Am 26. April wird geimpft: 

Huhn 109 — cfr. Versuch 6 — mit zentrifug. HV. 

Am 29. April ergibt Zusatz von Silbernitrat keine Triibung. Es werden geimpft: 

Huhn 118 mit DF. 

Nach Zentrifugieren: 

Huhn 119 mit Al, 

Huhn 120 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 109 am 29./30. April. 

Die iibrigen drei Hiihner bleiben am Leben. 

Versuch 11. 

HV von Huhn 115 wird eine Stunde zentrifugiert und 1 ccm davon auf 

Huhn 121 verimpft. Die tibrige Flussigkeit wird dialysiert. 


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Mrowka, Das Virus der Huhnerpest ein Globulin. 


261 


Am 2. Mai werden geimpft: 

Huhn 123 mit DF, 

Huhn 124 mit Al, 

Huhn 125 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 121 (HV) am 2./3. Mai. 

Die ubrigen drei Huhner bleiben am Leben. Erst in der Nacht 10./11. Mai, nach 
einer bisher mcht beobachteten Inkubationszeit, stirbt Huhn 124. Bei Eroffnung der 
Bauchhohle fallt eine VergroBerung der Leber auf. Im Dunndarm viele Exemplare von 
Hetrakis inflex a. Im Gallengang drei bis haselnufigrofle, harte, gelblich-griine, kugel- 
formige Gebilde. Die ganze Umgebung ist bindegewebig entartet. Die Gailengange der 
Leber sind erweitert, ihre Wande stark verdickt. Im Herzbeutel etwa */. ccm Fliissig- 
keit von wasseriger Beschaffenheit. Das Tier war stark abgemagert. Mit der Herz- 
beutelfliissigkeit wird geimpft 
Huhn 123. 

Es bleibt am Leben und erliegt einer spateren Infektion. Hieraus geht hervor, 
daS Huhn 124 nicht an Huhnerpest gestorben ist. 

Die Versuche 10 und 11 zwingen zu dem SchluB, daB eine zu lange andauernde 
Dialyse das Virus abtdtet. Auch hierin hat das Hiihnerpestvirus eine Aehnlichkeit mit 
den bakteriellen, kolloiden Antigenen. Beide Versuche bestatigen fiir das Virus der 
Huhnerpest, was durch die grundlegenden Arbeiten Buchners fur die Antigene be- 
kannt ist, namlich, „daB“, um mit E. P. Pick zu sprechen, ,.fur zahlreiche Antigene 
die Anwesenheit von Salzen ausschlaggebend ist“. Deshalb wird in den weiteren Ver- 
suchen die Dialyse bei 5—8maligem Wasserwechsel auf 24 Stunden beschrankt. 

V ersuch 12. 

Am 8. Mai wird geimpft: 

Huhn 114 — cfr. Versuch 8 — mit HV. 

Am 9. Mai 

Huhn 116 — cfr. Versuch 9 — mit DF. 

Nach Zentrifugieren: 

Huhn 118 — cfr. Versuch 10 — mit Gl, 

Huhn 119 — cfr. Versuch 10 — mit Al, 

Huhn 120 — cfr. Versuch 10 — mit durch Tannin ausgefalltes Al. 

Es stirbt: 

Huhn 118 (Gl) am 11./12. Mai an Huhnerpest. 

Die ubrigen Huhner bleiben am Leben. Auch dieses Ergebnis blieb mir erst un- 
verstandlich. Spater hat sich dann herausgestellt, daB die Huhner 114 und 116 immun 
waren, die Hiinner 119 und 120 dagegen empfanglich. Es geht demnach auch aus 
diesem Versuche einwandsfrei hervor, daB das Virus mit den Globulinen aus der Losung 
ausgeschleudert worden ist, wahrend die Albumine sowohl in Losung wie ausgefallt, 
demnach konzentriert. avirulent blieben. 

Versuch 13. 

Mit HV des Huhnes 118 aus dem vorhergehenden Versuch wird zur Bestatigung 
der Todesursache geimpft: 

Huhn 125 — cfr. Versuch 11. 

Die ubrige Fliissigkeit kommt zur Dialyse. 

Am 13. Mai werden geimpft: 

Huhn 126 mit DF, 

Huhn 127 mit Al, 

Huhn 129 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 125 (HV)’am 14. Mai, 

Huhn 126 (DF) am 15. Mai, 

Huhn 127 (Al) am 16. Mai, 

Huhn 128 (Gl) am 15. Mai an Huhnerpest. 

Zur Priifung der |Todesursache des mit Al geimpften Huhnes 127 wird mit Herz- 
blut geimpft 

Huhn 130. 

Es bestand der Verdacht, daB Huhn 127 nicht an; Huhnerpest gestorben ist, weil 
es mit Heterakis infiziert war und die Hiihnerpestsymptome mcnt ausgepragt gefunden 
worden sind. Huhn 130 bleibt zwar am Leben, erweist sich jedoch spater als immun; 
deshalb scheidet der ganze Versuch als nicht einwandsfrei aus. 


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262 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Versuch 14. 

Am 14. Mai wird geimpft: 

Huhn 129 mit HV von Huhn 126. 

Nach 24-etundiger Dialyse: 

Huhn 120 — cfr. Versuch 12 — mit DF. 

Nach Zentrifugieren: 

Huhn 116 — cfr. Versuch 9 und 12 — mit Al, 

Huhn 119 — cfr. Versuch 12 — mit G1 und 

Huhn 114 — cfr. Versuch 8 — ebenfalls mit dem bisher sicher virulenten Gl. 
Es stirbt: 

Huhn 129 (HV) am 16./17. Mai, 

Huhn 120 (DF) am 17./18. Mai, 

Huhn 119 (Gl) am 17. Mai. 

Es bleibt am Leben:i 
Huhn 116 (Al) und 
Huhn 114 (Gl). 

Es waren demnach die Globuline, die auch in diesem Falle Huhn 119 toteten, 
nicht imstande, Huhn 114 — cfr. Versuch 12 — zu infizieren. Trotzdem ist auch der 
Versuch nicht einwandsfrei, weil irrtumlich Huhn 116, das im Versuch 12 auf Ver- 
unpfung von DF nicht reagiert hatte, hier 1 ccm Al erhielt. 


V ersuch 15. 


Am 17. Mai wird geimpft: 

Huhn 131 mit HV.} 

Am 18. Mai nach 36-stiindiger Dialyse: 

Huhn 132 mit DF, 

Huhn 133 mit Al, 

Huhn 134 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 132 (DF) am 23. Mai, 

Huhn 134 (Gl) am 20./21. Mai. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 131 (HV) stellt sich als immun heraus und 
Huhn 133 (Al). 

Huhn 133 wird am 28. Mai mit Leberemulsion von Huhn 140 geimpft und stirbt 
am 31. Mai an Hiihnerpest. 

Die drei Huhner 114, 116 und 131, die mit sicher wirkendem virulenten Material 
geimpft am Leben geblieben sind, werden noch einmal zu Kontrolle mit Herzblut von 
Huhn 134 geimpft und bleiben am Leben, wahrend die Huhner 123, 135, 136 an 
Hiihnerpest sterben. Daraus geht hervor, da0 die drei Hflhner 114, 116, 131 immun 
gegen Hiihnerpest sind. Die Tiere sind an einem Tage von einem Handler gekauft 
worden und gehorten wahrscheinlich einem Stamme an. Da zufallig 114 ein mannliches 
Tier ist, sollen die drei Hiihner zusammen mit zwei deutschen Hennen einen Stamm 
bilden und deren Nachkommenschaft gepriift werden. 

Es mufl hier zugestanden werden, daS ich die Immunitat der drei Huhner zu spat 
erkannt hatte, und daft die zuerst unverstandlichen Ergebnisse zu einer gewissen Un- 
sicherheit in der konsequenten Durchfiihrung der letzten Versuche fuhrte. So folgten 
dem Wechsel in der Starke der Verdiinnungen und der Dauer der Dialyse weitere 
schwankende Versuchsergebnisse. 


-Versuch 16. 

Am 4. Juni wird eine HV 1:30 zentrifugiert und davon 1 ccm auf 
Huhn 143 verimpft. 

Nach 2-tagiger Dialyse mit etwa 15maligem VVasserwechsel werden am 6. Juni 
geimpft: 

Huhn 147 mit DF. 

Nach Zentrifugieren: 

Huhn 149 mit Gl, 

Huhn 148 mit Al. 

Es stirbt: 

Huhn 143 (HV) am 6. Juni,' 
die iibrigen drei Huhner bleiben am Leben. 


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Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


263 


Versuch 17. 

Aus den vorhergehenden Versuchen geht hervor, dafi die Verdunnung zu schwach 
Oder die Dialyse zu intensiv waren. Deshalb gelangt eine Verdiinnung 1: 10 fiir den 
nachsten Versuch zur Anwendung. Am 7. Juni wird diese Verdunnung zeutrifugiert 
und 1 ccm verimpft auf 

Huhn 141. 

Am 8. Juni, nach 6maligem Wasserwechsel, werden geimpft: 

Huhn 142 mit DF. 

Nach Zentrifugieren: 

Huhn 150 mit Al, 

Huhn 151 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 141 (HV) am 10. Juni, 

Hiihner 142 (DF), 150 (Al), 151 (Gl) am 10 Juni abends. 

Aus diesem Versuch laBt sich wiederum schliefien, daB bei zu starker Verdunnung 
die Dialyse zu kurze Zeit eingewirkt hat. 

Beide Versuche, 17 und 18, ergeben mit Bestimmtheit die Abhangigkeit der Viru- 
lenz der Dialysatorfliissigkeit von der Konzentration der HV und der Dauer der Dia¬ 
lyse. Immer wieder mufl hervorgehoben werden, daB bei Unkenntnis der Konzentration 
eine sichere Festsellung der Dauer der Dialyse einstweilen nicht zu ermitteln ist. Wit 
einiger Wahrecheinlichkeit wird sich der Zeitpunkt fiir die Gesamtausscheidnng des 
Globulins bei Anwendung gleich starker Verdiinnungen mit gleich langer Dialyse fest- 
stellen lassen. Es wird deshalb in Zukunft wieder nur eine Verdunnung 1:30 ver- 
wendet und das Wasser innerhalb 24 Stunden 5—8mal gewechselt werden. 


Am 10. Juni wird 
Huhn 152 mit 



V ersuch 18. 


Am 11. Juni nach 5maligem Wasserwechsel: 

Huhn 153 mit DF, 

Huhn 154 mit Gl, 

Huhn 155 mit Al. 

Es stirbt: 

Huhn 152 (HV) am 12./13. Juni, 

Huhn 153 (DF) am 13./14. Juni,) 

Huhn 154 (Gl) am 14. Juni, 

Huhn 155 (Al) am 13./14. Juni. 

Daraus folgt, daB nicht das geeamte Globulin ausgefallt war. Im niichsten Ver¬ 
such wird die Dialyse verlangert. 


Versuch 1$. 

Am 12. Juni wird geimpft: 

Huhn 156 mit HV. 

Am 13. Juni, nach 7maligem Wasserwechsel, werden die Hiihner des Versuches 16 
in derselben Reihenfolge wiedergeimpft: 

Huhn 147 mit DF, 

Huhn 149 mit Gl, 

Huhn 148 mit Al. 


Es stirbt: 

Huhn 156 (HV) am 14. Juni, 

Huhn 147 (DF) am 15. Juni, 

Huhn 149 (Gl) am 14./15. Juni. 

FIs bleibt am Leben: 

Huhn 148 (Al). 

Mit Bestimmtheit geht hieraus hervor, daB im Versuch 16 das Virus der HV, das 
Huhn 143 totete, durch zu lange Dauer der Dialyse abgetotet worden ist. 


Versuch 20. 

Am 14. Juni wird geimpft — samtliche zur Anwendung gelangenden Verdiinnungen 
werden bei 3000 Umdrenungen 1 Stunde zentrifugiert: 

Huhn 157 mit HV. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Am 15. Juni nach Gmaligera Wasserwechsel: 

Huhn 158 mit DF, 

Huhn 159 mit Gl, 

Huhn 160 mit Al. 

Es stirbt: 

Huhn 157 (HV) am 16. Juni, 

Huhn 159 (Gl) am 17./18. Juni. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 158 (DF) und 
Huhn 160 (Al). 

Da in dem Versuch auch das mit DF geimpfte Huhn 158 am Leben geblieben 
ist, werden zur Kontrolle beide Huhner des Versucnes, 158 und 160, am 21. Juni mit 
je 1 ccm HV geimpft. 

Huhn 158 stirbt am 24. Juni, 

Huhn 160 am 22./23. Juni. 

Huhn 158 scheint demnach — dafiir spricht die Inkubationszeit — ein gewisse 
Widerstandsfahigkeit besessen zu haben. Andererseita ist anznnehmen, daB in der stark 
verdiinnten Dialyaatorfliissigkeit das Globulin durch die Dialyse eine starke Ab- 
schwachung in der Virulenz erfahren hat, wahrend das Globulin in konzen trier ter Form 
— cfr. Hunn 159 — seine Virulenz behielt. 

Versuch 21. 

Am 16. Juni wird geimpft: 

Huhn 161 mit HV. 

Am 17. Juni, nach 7maligem Wasserwechsel: 

Huhn 162 mit Al, 

Huhn 163 mit Gl. 

Irrtumlich ist hier die Impfung mit DF unterblieben. 

Es stirbt: 

Huhn 161 (HV) am 18./19. Juni, 

Huhn 163 (Gl) am 19. Juni. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 162 (Al). 

Trotzdem geht aus dem Versuch hervor, daB die zentrifugierte Exsudatverdiinnung 
ihre Virulenz behalt, wahrend sie nach der Dialyse avirulent wird, sobald die Globuline 
ausgefallt und ausgeschleudert sind. 

Versuch 22. 

Am 17. Juni wird geimpft: 

Huhn 164 mit HV von Huhn 149. 

Am 18. Juni, nach 6maligem Wasserwechsel: 

Huhn 148 — cfr. Versuch 19 — mit DF, 

Huhn 165 mit Gl, 

Huhn 166 mit Al. 

Es stirbt: 

Huhn 164 (HV) am 19./20. Juni, 

Huhn 148 (DF) am 19./20. Juni, 

Huhn 165 (Gl) am 20. Juni. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 166 (Al). 

Versuch 23. 

Am 20. Juni wird geimpft: 

Huhn 167 mit HV von Huhn 164. 

Am 21. Juni nach 7-maligem Wasserwechsel: 

Huhn 168 mit DF, 

Huhn 169 mit Al, 

Huhn 170 mit Gl. 

Es stirbt: 

Huhn 167 (HV) am 22 . 123 . Juni. 

Huhn 170 (Gl) am 23. Juni. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 168 (DF) und 
Huhn 169 (Al). 


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265 


Beide Hiihner erliegen einer Infektion mit je */« ccm einer Verdiinnung 1:50. 
Hier liegen demnach dieselben Verhaltnisse vor wie in Versuch 20. 

Versuch 24. 

Am 23. Juni wird geimpft: 

Huhn 162 — cfr. Versuch 21 — mit HV von Huhn 159. 

Am 24. Juni nach 7-maligem Wasserwechsel: 

Huhn 171 mit DF 
Huhn 172 mit Gl, 

Huhn 173 mit Al. 

Es stirbt: 

Huhn 162 (HV) am 25. Juni, 

Huhn 171 (DF) am 26./27. Juni, 

Huhn 172 (Gl) am 26. Juni. 

Es bleibt am Leben: 

Huhn 173 (Al). 

Die Hiihner 166 — cfr. Versuch 22 —, 169 — cfr. Versuch 23 —, 173 — cfr. 
Versuch 24 —, die mit der zentrifugierten, iiberstehenden, albuminhaltigen Dialysator- 
fliissigkeit geimpft am Leben bleiben, werden zur Kontrolle mit HV geimpft und sterben 
samthch an Hiihnerpest 

Die Versuchsreihe wird damit geschlossen. 14 von 24 Versuchen 
haben trotz der obwaltenden Schwierigkeiten den Beweis erbracht, daB 
das im Herzbeutelexsudat gelSste und nicht zentrifugierbare Hiihnerpest- 
virus sich mit den aus der virulenten LSsung ausgefallten Globulinen 
zentrifugieren laBt. 

In drei weiteren Experimenten wird, da mittlerweile das Verfahren 
des Aussalzens geiibt und dabei festgestellt ist, daB die gesattigte 
Ammoniumsulfatlosung die Virulenz des Virus nicht beeinfluBt, die 
Kolloidnatur des Hflhnerpestvirus nachgeprflft. Diese Versuchsrichtung 
hat indessen den Nachteil vor der Dialyse, daB die ausgefallten und 
zentrifugierten Globuline nicht mit Sicherheit von den geldsten Albuminen 
getrennt werden konnen, da bei der geringsten Aenderung der Kon- 
zentration die Globuline wieder in LOsung gehen, wahrend die durch 
Dialyse ausgefallten Globuline in Wasser unloslich und durch wieder- 
holte Waschungen von der albuminhaltigen Flflssigkeit befreit werden 
kbnnen. Dagegen erbringt dieses Verfahren einen weiteren Beweis fur 
die Kolloidnatur des Virus, namlich seine Reversibilitat. Das durch 
Dialyse ausgefailte Globulin ist zwar in 10-proz. NaCl-L6sung lbslich, 
verliert jedoch seine Virulenz, wahrend das durch Ammoniumsulfat aus- 
gefallte zentrifugierte Globulin bei Zusatz von destilliertem Wasser unter 
vollkommener WiederauflOsung seine voile Virulenz behait. 

Versuch 1. 

Eine HV 1:10 wird 1 Stunde zentrifugiert und mit 1 ccm geimpft 
Huhn 176. 

Zu weiteren 5 ccm der zentrifugierten Losung werden 5 ccm gesattigte Ammonium¬ 
sulfatlosung zugesetzt. Da die Fallungsgrenzen fur die Globuline zwiscnen 2,9 und 6,4 
liegen, der Ausfall der Albumine erst bei 6,4 beginnt, mfissen bei Mischung gleicher 
Volumina gesattigten Ammoniumsulfates und der Eiweiflldsung nur die Globuline aus- 
fallen, die Albumine in Losung bleiben; den entsprechenden prozentualen EiweiSgehalt 
vorausgesetzt. Der jedoch in weiten Grenzen schwankende EiweiSgehalt der verwendeten 
Exsudatlosungen und die technischen Schwierigkeiten der Bestimmung des EiweiSgehaltes 
boten auch hier keine Gewfihr dafur, dafi die Globuline vollkommen ausgefallt wurden. 
Fiir ein Gelingen der Versuche ist aber diese Forderung GrundbediDgung, da bekanntlich 
die geringsten Spuren des nicht ausgefallten Globulins todlich wirken. 

Die nach Zusatz des Ammoniumsulfats durch EiweiSflocken getriibte Flussigkeit 
wird zentrifugiert und das ausgeschleuderte Globulin auf 
Huhn 177 verimpft. 


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Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein Globulin. 


267 


Gelkolloid sowie seiner Reversibilitat haben wir alle Ursache an den 
vitalen Eigenschaften des Virus zu zweifeln. Die Alteration des Globulins 
im Sinne des Hiihnerpestvirus ist wahrscheinlich ein rein biologischer 
Vorgang, dessen Natur uns einstweilen unbekannt bleibt. Sie ist ver- 
bunden mit dem Uebergang des Gel- in den Solzustand des Korper- 
globulins unter jenen stilrinischen Krankheitserscheinungen, wie wir sie 
bei alien Seuchen dieser Art kennen. So sind die infolge Auflfisung des 
gewebeaufbauenden Proteins bekannten Begleiterscheinungen der nutri- 
tiven Stfirungen an samtlichen Geweben und damit auch die Durch- 
lfissigkeit der kleinsten BlutgefaBe zu erklaren. Da nun bei Tieren, die 
die Seuche fiberstanden haben und Immunitat besitzen, dieser Vorgang 
weder kiinstlich noch durch natiirliche Ansteckung wieder erzeugt werden 
kann, so diirfte die Immunitat als ein Dauerzustand des alterierten 
Globulins aufzufassen sein, das aus dem virulenten Sol- in einen un- 
schfidlichen Gelzustand iibergeht, der alle Eigenschaften des virulenten 
Globulins, d. h. des Hiihnerpestvirus beibehalten hat und in diesem 
Zustande ein integrierender Bestandteil des Organismus geworden ist. 
So wiirde sich die Anschauung 1 ), wonach das Wesen der Immunitat bei 
den Seuchen mit liltrierbarem Virus nichts anderes ist, als das dauernde 
Verbleiben des Virus in infizierten Korpern, bestatigen. 

Die Kenntnis des Viruscharakters spricht mit Bestimmtheit daflir, 
daB das filtrierbare Virus nur an den Tierkorper und hochstwahrscheinlich 
an eine bestimmte Proteinart des lebenden Kfirpers gebunden ist und 
sich nur im lebenden Organismus vermehren kann. Die periodischen, 
oft an bestimmte Jahreszeiten gebundenen Seuchenausbriiche haben ihre 
Ursache in Rezidiven mit unmerklichen klinischen Erscheinungen bei 
immunen Tieren. Die Widerstandskraft der in endemischen Bezirken 
geborenen Individuen ist zurfickzuffihren auf die Alteration des EiweiB- 
stoffes im Keimplasma des mtitterlichen Ovariums, wie eingangs bereits 
angefiihrt. Den Beweis ffir das Rezidiv zu erbringen, wird Aufgabe einer 
spateren Arbeit sein. 

Die durch die neueren Forschungen bei den hier in Frage kommen- 
den Seuchen innerhalb der Organzellen festgestellten spezifischen Ge- 
bilde, deren Erregernatur bis heute zweifelhaft geblieben ist, diirften 
bei Beriicksichtigung der Kolloidnatur des Virus tatsfichlich als Reaktions- 
produkte des durch das Virus alterierten Zell- bzw. Kernproteins auf¬ 
zufassen sein, wie sie ja auch f&rberisch als Abkommlinge eines EiweiB- 
stoffes, desPlastins, gedeutet werden. So sagt v. Prowazek in seinen 
Untersuchungen fiber Vaccinevirus: „Immerhin neige ich der Ansicht 
zu, daB das Guarnierische Phanomen nur eine Reaktion auf lebendes 
auch intracellulfir teilweise sich entwickelndes Variola-Vaccinevirus ist“ 
(Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 56. p. 42). Neuerdings fiuBert 
sich Joest in seiner Arbeit fiber die Bornasche Krankheit: „Die charak- 
teristischen, aus Plastinmasse bestehenden Reaktionsprodukte der Zelle, 
also der Zelleinschlfisse, bilden einen Indikator daffir, daB die Zelle von 
Chlaraydozoen befallen ist, auch wenn diese selbst nicht mikroskopisch 
nachweisbar sind. u Die EiweiBnatur des filtrierbaren Virus gibt uns 
auch eine Gewahr daffir, daB das Suchen nach mikroskopisch sichtbaren 
Erregern, sowie das Bestreben, das Virus sichtbar zu zfichten, kaum 
Erfolge zeitigen werden. Eine kfinstliche Zfichtung des Virus scheint, 
soweit bisherige Versuche einen SchluB gestatten, unter bestimmten 

1) Siegel, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 45. p. 221. 


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268 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Bedingungen mbglich zu sein. Die Ziichtung besteht in einer Ueber- 
fiihrung von nativera HuhnereieiweiB in Virus. A.uch daruber sp&ter. 


Literatur. 

1) Kraus u. Levaditi, Handb. d. Technik u. Methodik d. Immunitatsforschung. 

2) Hutyra u. Marek, Spezielle Pathologie u. Therapie d. Haustiere. 

3) Friedberger u. Frohner, Lehrb. d. spez. Pathol, u. Ther. d. Haustiere. 

4) Neuberg, Der Harn sowie die iibrigen Ausscheidungen und Korperfliissigkeiten. 

5) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 45. 

6) Dasselbe. Bd. 46. 

7) Dasselbe. Bd. 56. 

8) Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 10. H. 2/3. 

9) Dieselbe. Bd. 10. H. 5. 

10) Dieselbe. Bd. 9. H. 1/2. 

11) Dieselbe. Bd. 9. H. 6. 

12) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 50. Beiheft. 


jS'adtdruck verboten. 

Untersuchungen iiber die Gelbsucht der Seidenraupen 

[Aus dem Institut fQr Schiffs- und Tropenkrankheiten Hamburg (Vorstand: 

Obermedizinalrat Prof. Nocht).] 

Von 8. y. Prowazek. 

Mit 2 Tafeln und 1 Textfigur. 

Die Gelbsucht der Lepidopteren ist zuerst aus wirtschaftlichen 
Grunden eingehender bei den verschiedenen Seidenraupenrassen unter- 
sucht worden und hat wegen ihrer HSufigkeit und Hartn&ckigkeit bereits 
die Aufmerksamkeit der aiteren Autoren auf sich gelenkt. 

Die Krankheitserscheinungen sind sehr charakteristisch und von 
Verson und J. Bolle (1893) genauer beschrieben worden: Die Gelb¬ 
sucht bef&llt besonders vor der Spinnreife oder vor der Hautung 
die Raupen, die zuerst teilweise Unruhe, dann FreBunlust an den Tag 
legen; ihre Haut besitzt nicht mehr das sammetartige, reine Aussehen 
und das dorsale Gef&B tritt bei seinen Pulsationen nicht mehr in der 
ublichen Weise klar zutage — die Haut des Hinterendes der Raupe 
sieht zuerst glanzend aus (Glanzraupen, luisettes) und die im Laufe 
der Zeit odematosen Raupen nehmen nicht unbetrachtlich an Umfang 
(Fettsucht, grasserie) zu. An einzelnen Stellen tauchen zuerst ver- 
schwommene, blaBgelbliche Flecken auf, die oft zusammenflieBen, an In- 
tensitSt gewinnen und den Raupen sodann fast ein schwefelgelbes Aus¬ 
sehen verleihen (Gelbsucht, giallume, jaundice), das besonders bei den 
Raupenrassen mit gelblichen Kokons auffallend ist Infolge der zu- 
nehmenden Spannung wird spater die Haut leicht rissig und statt des 
sonst goldgelben, klaren Blutes sickert bei den entstehenden Verletzungen 
aus den Wanden eine trtibe. milchig-gelbe Fltissigkeit heraus. Die 
schlaffen Raupen bewegen sich kaum, auf Reize reagieren die FiiBe 
des etwas eingezogenen Vorderteiles langsam, die Raupenleiber werden 
braungelb, braun und verwandeln sich je nach der Temperatur und 
Feuchtigkeit der Umgebung in eine charakteristisch tibelriechende, dunkle 
Masse. 

Maestri hat 1856 in dem Blut der kranken Raupen kristallinisch aussehende 
Granulationen gefunden; rait der Untersuchung ihrer Natur und Entwickelung hat 


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v. Prowazek, Untersucbungen fiber die Gelbsucht deb Seidenraupen. 269 


eicb aeit dem Jabre 1872/73 J. Bolle intensiv beschaftigt und sie ala polyedrieche 
Korperchen 1893, dann 1898 sehr eingehend beschrieben. 

Nach alien folgenden Untersuchern, mit Auanahme von Sasaki, sind diese Ge- 
bilde fur die Gelbsucht der Seidenraupen spezifiscb und lhr selbst sparlicher 
Befund im Blute, das man durch Anstechen des Dorsalhornes oder des falscben Fufies 
gewinnt, von grofier diagnostischer Bedeutung. Alle Vereuche miissen sich nach 
den Erfahrungen von Escherich und Miyajima auf eine sorgfaltige, wiederholte 
Blutuntersuchung grunden. 

Die hier geschilderte Raupenkrankheit ist von verschiedenen Autoren verschieden 
bezeichnet worden. Am haufigsten werden folgende Bezeichnungen gebraucht: 
Gelbsucht,' Fettsucht, Grasserie, VVeifisucht (bei WeiS- oder Grunspinnern), Flacherie 
(falsche Bezeichnung), bzw. Sporozoenflascherie (Fischer), Polyederarankheit (Wahl). 
Wipfelsucht oder Wipfelkranaheit bei den Nonnenraupen. Chlamydozoonose (Wolf) 
una andere mehr. 

Die Aetiologie der Gelbsucht ist bis jetzt trotz verschiedener Untersuchungen 
noch nicht vollkommen aufgeklart und die Resultate der Forschungen differieren unter- 
einander in bedeutendem Mafie. Eine Auzahl der Autoren erblickt in der Gelbsucht 
der Lepidopteren eine Bakteriose, andere Forscher beschreiben sie als Protozoenkrankheit, 
wieder andere als Chlamydozoonose. Nach einer teilweisen Zusammenstellung von 
v. Tubeuf (Zur Geschichte der Nonnenkrankheit, Naturw. Zeitschr. f. Forst- u. 
Landwirtsch. 1911) sind bis jetzt als Erreger der Gelbsucht folgende Organismen an- 
gesehen worden: 

1) Bakterien als einzige Erreger der Krankheit: 

a) Bacillus B Hofmann, Mokry u. a.; nach Eckstein ist Bacillus B 
Hofm. identisch mit Bacterium monachae. Vereuche mit Bakterien- 
infektionen haben Metzger und Muller, Sasaki u. a. ausgefuhrt; 

b) Bacillus A Hofmann nach v. Gehren (Forstw. Centralbl. 1893); 

c) Bacterium monachae nach v. Tubeuf; zur Erkrankung bedarf es aber 
einer besonderen Disposition; 

d) Micrococcus lardarius Krassilschtschik. 

e) Micrococcus Bombycis nach Cohn. 

Die Polyeder sind in alien Fallen nur Reaktionsprodukte auf die vermut- 
lichen Bakterientoxine. 

2) Protozoen als Erreger der Krankheit: 

а) Mikrosporidien (Mlcrosporidium bombycis) nach J. Bolle. Fischer 
nimmt als Erreger besondere Sporozoen an, die aber, um ihre Schadigungen bei den 
Raupen als eigentliche „Krankheit“ zu entfalten, noch einer Kombination mit der 
„Minderwertigkeit der Nahrung 44 der befallenen Tiere bedurfen. Marzocchi nimmt 
gleichfalls die Protozoennatur des Giallumeerregers an. 

Knoche vertritt im allgemeinen dieselbe Anschauung. 

Nach einem Vortrag vom 14. Marz 1912 in Stuttgart (Schwabische Chronik) treten 
im Zelleib der Blutzellen zuerst rosagefarbte, stark fetthaltigeund lichtbrechende Kornchen 
auf, die sich vermehren und auch den Zellkern infizieren. Im Zellkern verhartet ihre 
„vorher amfiboid bewegliche Membran“ und sie werden zu Polyedern. Die „kleinen 
Korperchen, welche den Chlamydozoen Prowazeks entsprechen“, sind die Keimform 
des Erregere, die Polyeder stellen die Dauerform dar. B Dem Vortragenden gelang es, 
durch Quellungsversuche das Freiwerden der Binncnkorper der Polyeder und der innen 
anhaftenden kleinen Korperchen kiinstlich zu erzeugen. 14 

4) Escherich und Miyajima neigen der Ansicht zu „da8 wir in den Poly¬ 
edern selbst die Trager des Virus zu erblicken haben 44 . Die Frage nach der Art und 
Natur des Virus lassen sie noch offen. 

5) Chlamydozoen als Erreger der Krankheit; sie dringen in die Zellkerne ein und 
rufen hier als Reaktionsprodukte die Polyeder hervor (Prowazek). Wolf, der 
der sich dieser Ansicht im allgemeinen anschlieCt, betont bei dem Zustandekommen der 
Erkrankung noch die synergetische Tsitigkeit der Streptokokken. Nach den 
Abbildungen einer japanisch geschriebenen Arbeit, sowie nach brieflichen Mit- 
teilungen von Omori, durfte es sich nach diesem Autor um ahnliche Gebilde handeln. 

б) Sasaki betrachtet die Polyeder als Reaktionsprodukte auf durch ver- 
schiedene aufiere Noxen hervorgerufene Krankheiten (Formalin- und Kampfer- 
dampfe). 

Nach v.Tubeuf. Krassilschtschik, Prowazek, Wahl, Wolff, Sasaki 
waren die spezifischen (ausgenommen Sasaki) Polyeder Reaktionsprodukte, 
nach Bolle, Fischer, Marzocchi, Knoche Entwickelungstadien eines 
Protozoons, nach Escherich und Miyajima Trager eines noch unt>ekannten Virus. 



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270 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


I. Eigene Untersuchungen 1912. 

Dank dem liebenswflrdigen Entgegenkommen des Herrn J. Bo lie, 
Direktor der k. k. landw. cheraischen Versuchsstation in Gflrz, der sich 
um die Erforschung der Gelbsucht der Seidenraupen sehr groBe Ver- 
dienste erworben hatte und dessen Forschungen erst in der letzten Zeit 
(Escherich, Miyajima, Fischer, Wolff u. a.) gewflrdigt werden, 
konnten Dr. M. Mayer und ich im Juni 1912 einige atiologische Unter¬ 
suchungen an dem uns aus Gflrz gelieferten kranken und gesunden 
Raupenmaterial ausfflhren. 

Fflr die wiederholt uns erwiesenen Unterstiitzungen und brieflichen 
Ratschl&ge sei Herrn Direktor J. Bolle an dieser Stelle unser bester 
Dank ausgesprochen. 

Wir erhielten zwei getrennte Sendungen mit infiziertem Raupen¬ 
material, sowie gesunde Raupen. Von der letzten Sendung gingen beim 
Transport einige Raupen an interkurrenten Krankheiten (keine Poly- 
eder) ein, spflter starben infolge Nahrungsmangel noch einige Raupen. 
Von dem vollkommen normal aussehenden Raupenmaterial wurde 
der grflBteTeil in einem abgesonderten Raum deszweiten Stockwerkes 
im Institut vom 3. Juni ab weiter geziichtet. Da die Raupen Schwarz- 
wurzelbldtter ungern annahmen, wurden sie mit Maulbeerblflttern, die 
gerade in diesem Jahre infolge der strengen Kalte des Winters anfangs 
schwer erhflltlich waren. von einer Person, die mit dem infizierten 
Material, das im ersten Stockwerk untergebracht war, nicht in Beriihrung 
kam, gefiittert. Trotz wiederholter negativer Blutuntersuchungen 
fanden wir doch am 14. Juni noch drei Raupen, die sehr sp&rliche 
Polyeder im Blute enthielten und sofort abgesondert worden sind. 
Bemerkenswerterweise wurden in der Folge im Blute einer solchen Raupe 
die spezifischen Polyeder wiederum nicht mehr gefunden, um erst 
spa ter abermals aufzutreten. Raupen mit spflrlicher Polyeder- 
infektion kflnnen sich einpuppen und stellen so normal aussehende 
Parasitentrager dar. Solche Tiere kflnnen aber sofort eine sehr 
sturmisch verlaufende Gelbsucht erwerben, sofern sie mit dem Filtrat 
einer polyederkranken Raupe interlakunar mit einer Glaskapillare in- 
fiziert worden sind. Aus solchen Versuchen geht hervor, daB sie nur 
Parasitentrager, aber nicht etwa gelbsuchtimmune (d. h. relativ immune) 
Raupen sind. 

Nach Analogie der Proteosoma-Piroplasmeninfektion (Moldovan) 
kann man bei der Polyederkrankheit nicht annehmen, daB chronisch 
infizierte Tiere relativ immun sind, da man eben durch eine Injek- 
tion sofort eine akut verlaufende Superinfektion erzielen kann. 

Auch war der Virustamm der derart „chronisch u infizierten Raupen 
nicht etwa selbst „serumfest u , da mit ihm ein anderer gleicher Parasiten¬ 
trager mit gleichem Erfolg superinfiziert werden konnte. — 

Die Ergebnisse dieser Beobachtungen zwingen uns, alle Ergebnisse 
der Uebertragungsversuche mit einer gewissen Skepsis aufzunehmen, 
da selbst eine sorgfaltige Blutuntersuchung uns nicht iminer in 
die Lage versetzt, die fflr die Versuche ausgesuchten Raupen als wirk- 
lich gesund anzusehen (vgl. Escherich und Miyajima). Diese 
Zweifel kflnnen nur sehr groBe Versuchsserien mit hunderten von 
Raupen, die wir hier nicht ausfflhren kflnnen, teilweise beseitigen. — 
Die Frage, ob die sich einspinnenden Parasitentrager unter gflnstigen 
Umstflnden die Krankheit doch vererben kflnnen, ist bis jetzt noch 
nicht definitiv entschieden — aus unseren Kokons, die Parasitentrager 


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v. Prowazek, Untersuchungen liber die (ielbeucht der Seidenraupen. 271 


«nthielten, schliipften keine Schmetterlinge aus, zum Toil gingen sie 
noch als Raupen im Kokon zugrunde, seltener erreichten sie das 
Puppenstadium. In ihrem zersetzten Blut waren zahlreiche Polyeder 
nachweisbar. 

Aus den oben auseinandergesetzten Griinden baben auch unsere 
Versuche (Filtration, Zentrifugieren) nur einen mehr orientierenden 
Gharakter und mflssen auf einem groBen Material einer Seidenraupen- 
zuchtanstalt nachgepriift und erweitert werden. 

I. Zunachst sind einige Passageimpfungen ausgefiihrt worden, 
um uns von der Uebertragbarkeit und Reproduktionsfahig- 
keit des uns zur Verfflgung stehenden Virus zu flberzeugen. Nach 
Bolle kann man die gesunden Raupen infizieren, indem man sie mit 
Maulbeerblattern, die mit dem Virus bestrichen worden sind, futtert 
(a) oder indem man den falschen RaupenfuB oder das Dorsalhorn mit 
einer in das virushaltige, milchige Blut eingetauchten Nadel ansticht (b). 
Von dieser letzteren Methode kann man verschiedene Variationen in 
Anwendung bringen. Escherich und Miyaj ima infizierten die Nonnen- 
raupen mit haardiinn ausgezogenen Glaskapillaren (c); wir be- 
dieuten uns spater dieser sehr sicheren und einfachen Methode fast aus- 
schlieBlich — man kann auf diese Weise grfiBere Mengen des Filtrates in 
das Lakunom injizieren. 

Wie bereits bemerkt worden ist, erhielten wir die von Herrn 
J. Bolle intizierten Raupen am 3. Juni d. J. Von den Passageinfek- 
tionen seien hier folgende erwahnt: 

Stichinfektion 3. Juni tot mit vielen Polyedern 12. Juni j 


n ti n n r 1 vy * v 

Futterinfektion 4. „ „ „ „ „ 11. „ 

(sehr reichlich) 

Glaskapillaren 7. Juni viele Polyeder tot 10. Juni 
(groBe Mengen) 


II. Passage. 


7. „ „ „ „ 11. 

7 12 

7 iq 

1 • n n n At ' # 


III. Passage. 


Von Raupe 


10. Juni tot, andere infiziert, die am 

18. Juni und 20. Juni starben 


} 


IV. Passage. 


Am dr it ten oder vierten Tage konnte man meist im Blute die 
ersten Polyeder nachweisen und von da ab stellten sich auch die makro- 
skopisch erkennbaren Ver&nderungen am Raupenleibe ein — allerdings 
waren sie anfBnglich nicht sehr stark ausgepragt. Je nach der Kon- 
stitution der Raupe, sowie nach der Menge des eingeftihrten 
Materials starben die Raupen meist am 7., 8. oder 10. Tage langsam 
ab; wie die Protokolle aber angeben, gingen einzelne Raupen auch am 
4. Tage ein. Die Inkubation ist, wie Escherich und Miyajima fur 
das Virus der Nonnenraupen festgestellt haben, von der Temperatur 
sehr abh&ngig. Als die infizierten Raupen in einem Laboratorium ge- 
halten worden sind, wo infolge von anderen Arbeiten die Temperatur 
bis auf 28° und mehr stieg, gingen die in der Sonne gehaltenen Ver- 
suchstiere bereits am 4., ja einmal am 3. Tage ein. Es braucht nicht 
besonders erwfthnt zu werden, daB Mischinfektionen (Kokken) den 
Krankheitsverlauf stiirmischer gestalten und den Tod friiher herbeifQhren. 

II. Filtrationsversuche. Derartige Versuche sind beim Nonnen- 
raupenvirus zuerst von Escherich und Miyajima mit Berkefeld- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


und Chamberland-Kerzen mit negativen Resultaten ausgefflhrt 
worden. Die Autoren schlieBen aus ihren Versuchen, „daB das Nonnen- 
virus durchaus nicht von jener chlamydozoonhaften Kleinheit ist, ftir 
die kein Filter zu dicht ist u . Wir haben gleichfalls Filtrationsversuche 
mit dem Gelbsuchtvirus durch Liliputfilter (Berkefeld) angestellt, 
ohne ihnen nach unseren letzten Erfahrungen jedoch sehr groBen Wert 
beizulegen. Jedes einzelne Filter stellt im Hinblick auf das Filtra- 
tionsresultat ein „Individuum“, behaftet mit dem Stigma des „Zuf&lligen“, 
dar, und die Resultate sind viel zu sehr von der Technik, der Art der 
Verdtinnung, der Absorption des Virus und anderen Nebenumst&nden 
abh&ngig; wir befinden uns in diesem Sinne in Uebereinstimmung mit 
den sorgfaltigen, kritischen IJntersuchungen von D o e r r (5. Tagung d. freien 
Vereinigung f. Mikrobiologie, Dresden 1911) und verweisen nur auf die 
anfangs widersprechenden Filtrationsresultate mit Variola-Vaccine-Trachom 
und Lyssa bin; sehr schwer filtrierbar ist das Virus des Vogelepithelioms 
(Rocha-Lim a), trotzdem es fast ebenso groB wie das Variolavirus 
ist, nur besitzt es die Eigenschaft einer Art von Klebrigkeit (Hofbildung), 
durch die die kleinen Elementarkhrner meist zu Gruppen sich vereinigen. 

Nach anf&nglichen Fehlversuchen gelang uns die Filtration des Gelb¬ 
suchtvirus durch Liliputfilter (Berkefeld) auf folgende Weise: 

Stark polyederhaltige Raupen wurden eroffnet und der mit Nahrung 
gefullte Darm entfernt. Das zerkleinerte Material wurde zuerst trocken 
in einem Achatmorser zerrieben, dann sorgfaltig nochmals unter Zu- 
satz von physiologischer Kochsalzlosung verrieben, eine halbe Stunde 
bei 20° C bzw. eine Viertelstunde bei 37° 0 stehen gelassen, stark 
geschiittelt und sodann durch dflnn ausgebreitete Watte filtriert. 

Das Filtrat wurde stark verdiinnt und dann durch ein Liliput¬ 
filter, dessen Boden mit Agar ausgegossen wurde (vgl. Do err), bei 
einem Druck von 70 des Kortingschen Wasserstrahlapparates filtriert- 

Die Filtrate blieben steril und zeigten im Laufe der Zeit keine Ver- 
Snderungen (Kontrollkulturen: Agar, Glyzerinagar, Pepton, Bouillon und 
Gelatine). 

In den Filtraten waren keine Polyeder vorhanden. Im Dunkel- 
feld sind in ihnen einzelne tanzende Kfirnchen beobachtet worden. 

Meist wurden die Filtrate auf einem Agarschicht-Ultrafilter ange- 
reichert. In Loffler-Praparaten aus einem derartigen Ultrafiltrat 
(dicker Tropfen eingetrocknet, 10 Minuten in Aqua dest. gewfissert, ge- 
trocknet, Alkohol absolut. fixiert, nach Loffler gefSrbt) waren zwar 
kleine Kfirnchen nachweisbar, jedoch nicht so deutlich und reichlich 
wie bei Variola-Molluscum. 

Mit diesen Filtraten sind gesunde Raupen durch Glaskapillaren, 
durch Impfstiche und durch Verfutterung (Bestreichen der Maulbeer- 
blatter) infiziert worden. Fur die Infektion wurden stets gro Bere Mengen 
des Filtrates verwendet: 

A. 4. Juni. 3 Raupen Stichinfektion, auBerdem im Filtrat gebadet: 

1. Raupe an Bakterieninfektion gestorben. 

2. Raupe 14. Juni stark polyederhaltig; tot. 

3. Raupe keine Polyeder im Blut; 17. Juni eingepuppt; 

2. Juli tot, positiv. 

3 Raupen mit bestrichenen Blattern geftittert: 

1. Raupe polyederhaltig, tot 11. Juni. 

9 11 

3. r> v n 13. „ 


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v. Prowazek, Untereuchungen fiber die Gelbsucht der Seidenraupen. 273 


B. 5. Juni. Zuerst durch „gehartete“ Papierfilter, dann Liliputfilter 
filtriert. 

6 Raupen durch Glaskapillaren (groBere Menge) infiziert: 

1. Raupe 10. Juni wenig Polyeder, Bakterien; andere 
Raupen von ihr aus infiziert; 13. Juni positiv, viel Bakterien. 

2. Raupe 13. Juni polyederhal tig. 


3. * H. „ 

4. „ 10. „ tot, keine Polyeder. 

5. „ 15. „ Kokken im Blut; 17. Juni wenig Kokken; 

18. Juni tot, keine Polyeder. 

6. Raupe 20. Juni eingepuppt: 15. Juli untersucht, keine 
Polyeder, viel Kokken; Raupenleib mumifiziert. 

C. 10. Juni. Virus im AchatmOrser bei 20° C, aufgeschlossen, Liliput¬ 
filter; Ultrafilter; intral akun are Impfung mit grSBeren Filtrat- 
mengen: 

1. Raupe 14. Juni tot, wenig Polyeder. 

2. „ 14. „ wenig Polyeder; tot 18. Juni stark positiv. 

3« n v ii n n n it ii 

4 14 20 

w a-x. ** •« •• •• «« •• •• 


D. 12. Juni. Liliputfilter, Ultrafilter, interlakunare Impfung mit 
grOBeren Mengen: 

1. Raupe 14. Juni e; 15. Juni wenig Polyeder; 17. Juni posi¬ 
tiv; tot 21. Juni. 

2. Raupe 14. Juni wenig Polyeder; 15. Juni keine Polyeder, 
rOtliche KSrnchen in den Leukocyten; 17. Juni eingepuppt; 
2. Juli untersucht, tot, Polyeder. 

E. 13. Juni. Material Viertelstunde bei 37 0 C geschuttelt, Liliput- 
filtrat 

1. Eine bereits polyederhaltige Raupe superinfiziert; 
14. Juni sehr viel Polyeder; 17. Juni tot. 

2. Gesunde Raupe; 17. Juni wenig Polyeder (?); 18. Juni ein¬ 
gepuppt; 2. Juli untersucht, viele Polyeder, keine Bakterien. 

Versuche D. und E. (2) scheinen besonders wichtig zu sein, da die 
Raupen oft zweimal am Tage auf ihre Infektion hin untersucht worden 
sind. 


Aus den noch zu wiederholenden und variierenden Filtrationsver- 
suchen geht hervor, daB man unter den angegebenen Versuchsbedin- 
gungen in manchen Fallen mit polyederfreien Filtraten mit 
Erfolg gesunde Raupen infizieren kann. 

III. Infektion mit Zentrifugaten. Die Polyeder sind schwerer 
als das Wasser oder die physiologische Kochsalzlosung und sinken da- 
her im Gegensatz zu dem reichlich vorhandenen Fett bald zu Boden. 
Diese Art von mechanischer Trennung kann man durch Zentrifugieren 
auf einer elektrischen Zentrifuge wesentlich beschleunigen. Nach dem 
Zentrifugieren bedecken die Polyeder in einer truben Schicht den Boden 
der Rohrchen, dann folgt eine opake Fliissigkeit, die aus Serum und 
physiologischer Kochsalzlosung besteht und oben von einer, aus Fett be- 
stehenden Kahmhaut bedeckt wird. Im Gegensatz zu den Polyedern 
f&rben sich die Fetttropfchen mit Sudan gelbrot. In einem Falle ist ein 
Polyeder zwischen den Fetttropfchen, die ihn wohl mitgerissen haben, 
beobachtet worden. Vor der Impfung ist es daher zweckmaBig, die Kahm¬ 
haut zu entfernen. Mit einem derartigen Zentrifugat, das vorher noch 


£rste Abt. Orig. EM. 07. 


Heft 4. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


durch ein Papierfilter filtriert wurde, sind Maulbeerblfltter bestrichen und 
nach dem Trockenwerden an eine Raupe, die nach 7 Tagen an starker 
Gelbsucht starb, verfflttert worden. 

IV. Verdunnungen des Virus. Beim Heraustreten aus der Leibes- 
hohle wurde polyederhaltige Blutfliissigkeit mit einer graduierten Kapil- 
lare aufgefangen und mit physiologischer Kochsalzlosung verdiinnt. 

11. Juni. Verdiinnung 1:100; 15. Juni Polyeder; tot 18. Juni. 

„ 1:1000; 15. „ „ „ 17. „ 

1:10000; 17. „ „ (?) „ 21. „ , 

schwache Infektion. 

Das Virus ist demnach auch in einer Verdfinnung von 1 :10000 
infektiSs. 

V. Nachstehende Versuche haben infolge von Mangel an Impfmaterial 
einen nur provisorischen Charakter. 

1) Ochsengalle (konzentriert) sowie 1 Proz. Saponin ver&ndern die 
Polyeder nicht. Das Material wurde nach 23 Stunden durch dreimaliges 
Waschen mit physiologischer Kochsalzlosung durch Zentrifugieren ge- 
reinigt und dann verimpft. Leider wuchsen in der Ochsengalle so viele 
Bakterien, daB sie die Raupen am 3. Tage ohne Anwesenheit von Poly- 
edern tfiteten. Das Saponin vernichtete das Virus nicht und die ersten 
Polyeder traten nach 4 Tagen auf. 

2) Die Toxine mancher Fauluisbakterien beeinflussen die Polyeder 
in der Weise, dad sie nach 3 Tagen alle mehr oder weniger segment- 
weise und kornig zerfallen. Das Material wurde an eine Raupe am 
6. Juni verimpft; am 7. Juni ging das Tier an einer Bakterien infektion 
zugrunde, trotzdem wurden einzelne Polyeder bereits gefunden; eine 
weitere Raupe wurde mit der Blutfliissigkeit der getoteten Raupe infiziert 
und ging bereits am 8. Juni an einer Bakterieninfektion zugrunde, ohne 
jedoch diesmal Polyeder im Blute zu haben. 

Aus den Versuchen gehtbis jetztallein hervor, dad man das Virus der 
Gelbsucht der Seidenraupen passagenweise iibertragen kann, sowie dad 
man unter Umstdnden mit polyederfreien Filtraten und Zentri- 
fugaten Infektionen an vorher untersuchten, stets kontrollierten Raupen 
vorzunehmen in der Lage ist. Die Versuche werden durch die Existenz 
von Parasitentragern unter den Raupen, die man nicht iramer durch 
eine einfache Blutuntersuchung feststellen kann, sehr erschwert. Das 
Virus tbtet noch in einer Verdiinnung von 1 :10000 die Raupen ab. 


II. Ueber die Natur der Polyeder. 

Die Polyeder der Gelbsucht der Seidenraupen sind von Maestri 
(1856), E. Verson, besonders von Bo 11 e, dann Marzocchi, Omori, 
Sasaki u. a. eingehend untersucht worden, ihre Natur ist aber bis 
jetzt noch nicht klargelegt, da sie entweder als Protozoen bzw. Ent- 
wickelungsstadien dieser oder als blofie Reaktionsprodukte auf ein Virus 
hin aufgefaBt worden sind. Die Polyeder sind durchschnittlich 5—10 
(11) /u groB; besonders nach dem Burrischen Tuscheverfahren kann man 
auf dem dunklen Untergrunde des PrSparates noch kleinere Polyeder 
nachweisen, die nach unserer Beobachtung zu groBeren Polyedern, 
anscheinend ziemlich rasch, heranwachsen. Sie kommen auf der HQhe 
der Infektion in groBer Menge im Blute der Raupen vor und Bolle 
konnte am 6. Tage nach der Infektion in 1 ccm Blut 5600000 Korper- 
chen zihlen. 


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t. Prowazek, Untersuchungen fiber die Qelbsucht der Seidenraupen. 275 


Die Polyeder besitzen neben den Fettkbrnchen einen lebhafteren 
Glanz und sind an der Peripherie sch&rfer uraschrieben; durch Sudan- 
zusatz (Escherich und Miyajima) kann man sie von den Fettkorn- 
chen dadurch unterscheiden, daB sie keine Farbung annehmen. 

Sie sind durchsichtig, lichtbrechend, hellen im Polarisationsmikroskop 
das dunkle Feld nicht auf, sind schwerer als Wasser und bestehen im 
Gegensatz zu dem Fett aus einer sproden Masse — bei Druck zer- 
springen (Taf. I, Fig. 2) sie, je nach der Starke des Insultes, in 
2 Teile oder 3—4 und mehr Segmente, die schlieBlich peripher in un- 
regelmSBiger Strahlenform einer kornigen Zentralraasse ansitzen, „woraus 
sich schlieBen lBBt, daB das Kdrnchen aus einer einigermaBen plastischen 
Masse besteht, welche an der Peripherie dichter und zaher zu sein scheint, 
als in ihrem Zentralteile“ (Bolle). 

Wie der Name andeutet, sind die Kbrperchen von ebenen Flachen 
umgrenzt, die allerdings manches Mai so wenig ausgepr&gt sind, daB 
sie nicht sofort zum Vorschein kommen, worauf die Kbrperchen rund- 
lich aussehen (Taf. I, Fig. 1). Meist scheinen sie sechseckig zu sein 
und bei genauerer Untersuchung tauchen noch weitere Fl&chenschatten 
auf; im allgemeinen besitzen sie die Gestalt eines Rhombendodekaeders. 
Nach Bolle findet man auch Hexaeder, Oktaeder, Deltoiddodekaeder uud 
Tetraeder. Bei Eisenh&matoxylinfarbungen treten die Kanten scharfer 
hervor und offenbaren so die verschiedenen Kristallkombinationen. 

Wie von Bolle sind auch von mir Zwillingskbrperchen 
beobachtet worden — eine eigentliche Teilung sah ich nicht und 
nehme an, daB es sich dabei um Zwillingsbildungen im Sinne der 
Kristallographie handelt. Die Zwillingsbildungen werden besonders in 
SchnittprBparaten deutlich sichtbar. Um die chemische Untersuchung 
der Polyeder hat sich gleichfalls Bolle besondere Verdienste erworben. 

Die Polyeder werden nicht verSndert durch jahrelanges Trocknen 
(ich besitze bis 5 Jahre alte Pr&parate), durch Alkohol, Aether, Chloro¬ 
form, Benzol, Glyzerin, Schwefelkohlenstoff, Saponin, Sapotoxin, Wasser- 
stoffsuperqxyd werden sie nicht gelbst; 1-proz. Natronlauge blftht die 
Polyeder stark auf, dasselbe gilt von 1-proz. Kalilauge, die sie auf fast 
das doppelte Volumen vergrfiBert, innen erscheint dann eine kbrnige 
Masse, die besonders in L o e f f 1 e r - PrBparaten deutlich ist und spBter 
zu einzelnen Inseln zerfallt, um schlieBlich zu verschwinden. Es bleibt 
eine Art von Polyederschatten zurflck, der von einer Membran- 
umhfillung, die in Falten gelegt werden kann, umgrenzt ist (Fig. 5). 

Aramoniak laBt gleichfalls eine Trennung in eine Grundmasse 
und eine Rindenschicht, die zun&chst meist in 6 Kristallplatten zerfallt, 
erkennen. Diese mitunter sehr zierliche Plattenanordnung wird in 
Loeffler-Praparaten ungemein deutlich (Fig. 6). 

SchlieBlich bleibt auch hier nur eine Art von Polyederschatten, der 
spater unsichtbar wird, fibrig. 

In Eisessig biahen sich die Polyeder gleichfalls auf und in manchen 
Kbrnchen erscheint eine kristallinische Streifung, meist aber schmilzt die 
Substanz, von der Peripherie angefangen, wie eine Schneeflocke zusammen 
und es bleibt ein groBer Polyederschatten iibrig, der zentralw&rts etwas 
gekdrnt erscheint (Taf. I, Fig. 7). 

Ueber die Auflbsungsprozesse bei einer Behandlung mit Schwefel- 
saure und Salpeters&ure hatte Bolle bereits berichtet. 

Aus den Versuchen geht zunachst hervor, daB die Polyeder nicht 
einfache Kristalloide sind, sondern daB sie eine komplizierte Struktur 

18 * 


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276 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 4. 


besitzen, und zwar eine Grundsubstanz, die den Polyederschatten 
bildet (Alkalien und Sauren), eine kristallinische Rindenschicht 
(Druckversuche, Ammoniak, Eisessig), eine etwas anders beschaffene 
Zentralsubstanz und schlieBlich eine Art von Membranumhfil- 
lung, die in Falten gelegt werden kann. 

Den Alkalien und S&uren gegeniiber verhalten sich die Polyeder 
nicht gleich und es liegen in dieser Hinsicht bei ihnen Alters- 
unterschiede in ihrer chemischen Struktur vor. 

Mit Osmiums&ure schwSrzen sie sich nicht, farben sich nicht mit 
Sudan und Nilblau, enthalten deinnach keine Fettsubstanzen. 

Bolle erhielt ebenso wie ich frflher eine positive Millonsche 
Reaktion, die aber bei spateren Untersuchungen nicht mehr so eindeutig 
ausgefallen ist. Auch die Xanthoproteinreaktion fiel nicht fflr alle K5r- 
percheu gleichartig sowie gleich deutlich aus, negativ war bei meinen 
letzten Untersuchungen die B i u r e t- Reaktion und die Reaktion nach 
Adamkiewicz’ (Material gewaschen). Mit der Lugolschen Losung 
ffirben sich die Korperchen gelb, einzelne braun (EiweiBstoffe). Im 
gleichen Sinne tingieren sie sich mit Pikrins&ure gelb. Mit 5 Proz. 
Saurefuchsin farben sich die jungen Polyeder rotlich, die aiteren Gebilde 
bleiben fast ungefarbt. 

Je nach ihrem Alter legen sie ein verschiedenes Verhalten den 
Vitalfarbstoffen gegeniiber dar. Mit Bismarckbraun f&rben sich 
einzelne gelblich, mit 5 Proz. Methylenblau + 5 Proz. Neutralrot werden 
einzelne schmutzigviolett gef&rbt, Azur II f&rbt sie bl&ulich, ebenso 
Brillantkresylblau. Werden sie in diesem Vitalfarbstoff zerdruckt, so 
taucht im Zentrum eine blaflblaue Masse auf, die peripher von Kristall- 
splittem umgeben ist. 

Wie Marzocchi dargetan hatte, f&rbt sich nach Gram in ihnen 
eine Zentralpartie, die von einer hellen Zone umgeben ist Nach Mal¬ 
lory gefarbt (Schnitte), nimmt das (oft gestreifte) Zentrum eine orange- 
rote F&rbung an, dasselbe gilt beziiglich der F&rbung nach Borrel, in 
manchen Fallen nach Heidenhain (vgl. Wahl) und Giemsa. 

Bolle farbte sie mit Fuchsin, Eosin, Erythrosin, Methylgriin, Meteor- 
blau, Gentianablau und Methylviolett. 

Durch Pepsinsalzs&ure werden sie gelost; nach den Untersuchungen 
von Bolle werden sie auch von den S&ften des Magens der Raupe, 
durch den wohl in den ineisten Fallen die naturliche Infektion stattfindet, 
aufgelost, ein Umstand, der gegen ibre Auffassung als Sporenzustande 
sprechen diirfte. Auch ist zu betonen, daB die Polyeder aus ganz 
kleinen im Dunkelfeld oder nach dem Burrischen Tuscheverfahren 
eben sichtbaren Polyedern heranwachsen, wahrend die sonst 
bekannten Sporenzustande eine Wachstumsperiode abschlieBen. 

Eigentliche Differenzierung in Kern und Protoplasma konnte an 
ihnen nie wahrgenommen werden, ebensowenig eine Weiterentwicke- 
lung in Kulturen mit Raupenblut im hangenden Tropfen. Auch gelang 
mir die Feststellung von Polkapseln. Polfaden etc. nicht. Die Diffe¬ 
renzierung in eine Zentralmasse und Rindenschicht, wie sie sich in 
vielen Fallen bei manchen Farbungen herausstellt, kann ebensogut im 
Sinne einer Spiegel far bung, deren Wesen A. Fischer (Fixierung, 
Farbung und Bau des Protoplasma) untersucht hatte, erklart werden. 
Fur eine Spiegeldifferenzierung sind eben Farbungen nach Benda- 
Heidenhain, Gramsche Farbung, Mallorys Farbung, Giemsa- 


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v. Prowazek, Untersuchungen fiber die Gelbsucht der Seidenraupen. 277 


Farbung u. a. m. sehr zuganglich. Selbst wenn wir sie aber als 
Reaktionsprodukte in kristalloider Form mit EiweiB- 
natur (Pikrinsaure, Lugol, Xanthoproteinreaktion, zuweilen Mil Ions 
Reaktion) auffassen, so konnte das Virus in lhnen eingeschlossen 
sein. Fiir eine derartige Annahme liefert die intensive Loeffler- 
Farbung nach teilweiser Auflosung oder Verdnderung der Polyeder 
(Alkalien, S&uren, Kochen) keine Grundlage. Die Frage, ob das Virus 
den Polyedern, die intranuklear entstehen, nicht anhaftet, ist schwie- 
riger zu beantworten. Chromatinbrocken kleben den Polyedern manchmal 
an, in nach Levaditi behandelten Schnitten sieht man in den Polyedern 
2—4 gelblich-braune Flecken, und peripheriewarts kann man an manchen 
Polyedern schwarze oder schwarzbraune Kornchen nachweisen. Immerhin 
diirfte nach den bisherigen Beobachtungen ein Anhaften des Virus an 
die Polyeder nicht die Regel sein. In den Schnittpraparaten findet man 
oft Fragmente von Polyedern, und auch auf solchen Stadien konnten 
keine Strukturen, die auf einen Plasmainhalt deuten wiirden, nach- 
gewiesen werden. Im elektrischen Strom bei 30— 40 Volt wanderten schein- 
bar die meisten Polyeder nach dem positiven Pol, wo ein Niederschlag ent- 
standen ist 1 ). Am negativen Pol lockerten sich einzelne Polyeder wohi 
unter elektrolytischen Einflflssen auf, es kam die mehrfach beschriebene 
Rindenschicht zum Vorschein, innerhalb der kleine Kdrnchen tanzten — 
aber auch in diesen Fallen wurden keine Strukturen beobachtet, die man 
mit den Dauerzustanden bisher bekannter Protozoen vergleichen kdnnte. 
Fflr Kataphoreseversuche ist, um weitere StrSmungserscheinungen aus- 
zuschlieBen, eine feinere Apparatur mit unpolarisierbaren Elektroden 
notwendig. 

III. Aetiologische Untersuchungen. 

So strittig die Bedeutung der Polyeder ist, so einig ist man sich in 
der Auffassung des Ortes ihrer Genese: Nach den flbereinstimmenden 
Ergebnissen der Untersuchungen (Wahl, Marzocchi, Escherich 
und Miyajima u. a.) entstehen die Polyeder in den Kernen, und 
zwar hauptsachlich in den Zellen des Ektoderms, in den vergrOBerten 
Hautepithelzellen (Wahl) sowie in den Matrixzellen der Tracheen, dann 
aber auch in dem hypertrophischen Fettgewebe, dessen Kerne oft ganz 
mit Polyedern gleichmaBig erfiillt sind. Werden solche Kerne frei, so 
stellen sie die bekannten und mehrfach beschriebenen „Polyedercysten“ 
dar. Sekundar konnen die freien Polyeder auch von den Blutzellen, 
in deren Kernen nur einzelne Polyeder entstehen, phagocytiert werden 
(Wahl). Aus den angefQhrten Griinden war es naheliegend, das Virus 
bzw. irgendwelche Stadien desselben in den veranderten ge- 
blahten Zellkernen zu suchen, ohn e Riicksicht auf die Frage, ob die 
Polyeder Parasiten sind oder nicht. In dieser Hinsicht wurden die ersten 
Resultate mit den vielfach so interessanten, leider sehr veranderlichen 
und flflchtigen Vitalfarbungen erzielt. Gefarbt wurde mit 1-proz. 
Azur II, 1-proz. Methylenblau medicinale, 1-proz. Brilliantkresylblau, 
1-proz. Neutralrot und 5-proz. Neutralrot -f- 5-proz. Methylenblau. Auf 
gut gereinigten ObjekttrMgern lieB man einen sehr kleinen Tropfen der 
Farblosung im Brutschrank eintrocknen, sodann wurde das Untersuchungs- 
material (Fettkorper oder Blut) zugesetzt und rasch untersucht. In den 


1) Der Ueberffihrungsapparat nach Landsteiner (Firmn Kohler), in dem 
Colpidien sehr deutlich negativ wandern (auch unter Chinineinflufi 1:20000), ergab bei 
110 Volt keine Resultate. 


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278 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


hypertrophischen Kernen farbten sich zun&chst peripher (1) unregelmSBige* 
kfirnige oder schollige Gebilde anscheinend chromatischer Substanz, und 
zwar mit Azur II, Methylenblau violett, zum Teil mit Neutralrot- 
Methylenblau violettschwarz, mit Brillantkresylblau blaulich, ferner (2) 
tauchte meist zentral stets in metachromatischer VerfSrbung ein 
unregelmaBiger. ftlr die Polyederkrankheit spezifischer, intranuklearer, 
anscheinend wabig gebauter EinschluB auf, den bereits Marzocchi 
beschrieben hatte und der sich mit Azur II und Brillantkresylblau leuchtend 
rot, mit Methylenblau rot, mit Neutralrot-Methylenblau rotviolett fSrbto 
(Taf. II, Fig. 5—9). Nach dem Untergang des Kernes findet man 
ihn auch frei im Serum vor. Auf gewissen Stufen der Verfftrbung 
kamen im Kern zuweilen in der Nahe des Einschlusses 1 — 2 und mehr 
unregelmaBige zoogloeaartige Haufen von Kornchen zum Vorschein, 
die wie ein Fremdkorper scharf umschrieben waren (3). Sie farbten sich 
nur leicht blau und die Tinktion war fliichtig. In manchen Fallen er- 
fiillten sie den ganzen Kernhohlraum (vgl. Eisenhamatoxylin und Giemsa- 
Ausstriche) [Taf. II, Fig. 5, 6 (sehr fliichtige Farbung), Fig. 9J. 

Die Polyeder, falls sie bereits entwickelt waren, farbten sich je nach 
ihrem Alter blau, violettrot oder schienen nur zart blaulich verfarbt zu 
sein (4). 

Die Vitalfarbungen belehrten uns. daB in den erkrankten, hyper¬ 
trophischen Kernen voneinander unabhangig folgende morphologisch 
definierbare Elemente vorkommen kfinnen: 

1) Kleine, periphere Kornchen (kokkoide Kornchen) und Schollen, 
teils chromatischer, teils plastinartiger Natur. 

2) Ein chromatoider, spezifischer EinschluB. 

3) Die fraglichen zoogloeaartigen Inseln und Haufen. 

4) Polyeder. 

In der Folge wurden mit heiBem Sublimatalkohol nach Schaudinn 
fixierte Ausstriche mit Bohmers Hamatoxylin, Heidenhains Hamato- 
xylin, Giemsas Eosinagar sowie nach Gram, Borrel und Mallory 
gefarbt und untersucht. In alien Fallen konnte mit einigen Abweichungen 
nachgewiesen werden, daB in den zuerst befallenen, maBig gebiahten 
Kernen das peripher liegende Chromatin kSrnig, fast kokkenartig 
aussieht (vgl. Befunde von Marzocchi), daB dazwischen vereinzelte 
Plastinschollen auftreten (Giemsa, Mallory), sowie daB bald die 
peripheren ChromatinkOrnchen und Doppelkornchen zu grbBeren un- 
regelmaBigen Gebilden sich vereinigen (1). 

Der chromatische, wabig-kornig aussehende EinschluB gewinnt her- 
nach an Machtigkeit und ist auBerordentlich verschieden gestaltet (2). 
Nach Giemsa farbt er sich dunkelrot, schwarzt sich mit Eisenhama¬ 
toxylin, nach Borrel farbt er sich bei entsprechender Differenzierung 
braunrot etc. 

Die zoogloeaartigen Haufen (3) kamen in vielen, wenn auch nicht 
alien Praparaten zum Vorschein (Taf. I. Fig. 8—10). Am deutlichsten 
farbten sie sich mit Eisenhamatoxylin und nahmen einen schmutzig- 
grauen Farbenton an, in Borrel-Giemsa- und Hamatoxylinpraparaten 
waren sie schwach gefarbt und undeutlich. Oft konnte man sie von dem 
chromatoideu EinschluB nicht differenzieren, nicht selten erfullten sie den 
gesamten Kernhohlraum. 

Die Polyeder (4) erschienen oft in Spiegelfarbung und besaBen im 
allgemeinen, sofern sie im Kern noch geborgen waren, im Gegensatz zu 
den freien Polyedern einen dunkleren Farbenton. 


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v. Prowazek, Untersuchungen tiber die Gelbsucht der Seidenraupen. 279 


Das seltener nachweisbare Achromatin war meist unregelmaBig 
globulitisch ausgefallt und farbte sich nach Borrel griin. 

Die auf diese Weise gewonnenen Erfahrungen wurden durch das 
Studium der Schnittpraparate (Sublimatalkoholfixierung, Farbung nach 
Gierasa, Borrel, Mallory, Bohmers Hamatoxylin und Eisenhamato- 
xylin) vertieft und erweitert; die immer sich wiederholenden cytologischen 
Bilder belehrten mich, daB das an der Kernmembran auftretende, sehr 
regelmaBige granulare, kokkenartige Chromatin sich zu groberen 
Brocken und Inseln vereinigt und daB dazwischen auch Plastinkflrnchen 
auftreten. Mit der Verodung des peripheren Chromatinbezirkes bildet 
sich immer mehr und mehr intranuklear ein unregelm&Biger, spezi- 
fischer, anscheinend wabig gebauter, chromatoider EinschluB aus, neben 



Schnitt durch fiinf Fettkorperzellkeme mit Polyedern, chromatoidem EinschluB 
( zweite Zelle links) und zahlreichen graugefarbten Elementarkornern. 

ihm treten die nicht immer differenzierbaren zoogloeaartigen, regel- 
m&Big kornigen Haufen auf, die mit der Zunahme der Polyeder zu 
schwinden pfiegen. Die Polyeder entstehen davon unabhfingig 
aus winzigen, meist von ebenen Fl&chen begrenzten Gebilden, die sich 
zentralwarts farben (Spiegelfarbung) und bald zu den groBen Polyedern 
heranwachsen, die nach dem Untergang der Kerne frei werden. Es gibt 
Kerne, in denen nur tetraedrische Polyeder entstehen; dieser Umstand 
sowie ihre Mannigfaltigkeit, die aber doch innerhalb der Parameter- 
mannigfaltigkeit des regularen Systems gelegen ist, diirften auch gegen 
ihre Protozoennatur sprechen. In Zukunft muB man wohl darauf achten, 
ob bei Infektionsversuchen auf an der e Raupenarten die Form der 
Kristalle sich nicht wesentlich &ndert (vgl. Bolle). 

Instruktive Bilder lieferten die Schnittpraparate, die vorher nach 
der bekannten Spirochatenversilberungsmethode von Levaditi (aitere 
Methode) (Taf. I, Fig. 10) behandelt worden sind. In den hyper- 
trophischen Kernen, die zum Teil noch k e i n e Polyeder enthalten. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


sieht man deutlich zoogloeaartige Inseln, die aus kleinen kokkenartigen 
Granulationen bestehen — sie farben sich dunkelbraun, einzelne schwarz. 
Neben ihnen treten braune Granulationen auf. Sobald sich die hellgelben 
Polyeder ausbilden, schwinden im allgemeinen die zoogleaartigen Inseln 
und hernach nimrat man meist zentral zusammengedrangt den chroma- 
toiden EinschluB wahr, der sich meist lich ter farbt als jene Granula- 
haufen. Trotz aller Bemiihungen ist nicht in alien Fallen die Beziehung 
der zoogloeaartigen Haufen zu dem EinschluB klar geworden und ich 
gedenke bei weiteren Untersuchungen auf diesen Punkt bei abgeanderter 
Methodik besonders zu achten. In gut differenzierten Hamatoxylin- und 
Eisenhamatoxylinpr&paraten erfiillten die Korperchen oft den ganzen 
Kernhohlraum, wBhrend daneben noch der ChromatineinschluB fest- 
stellbar war. 

Im Jahre 1907 beschrieb ich aus altem Gelbsuchtmaterial (1903/04) 
im Arch. f. Protistenkunde kleine gehofte Kdrperchen, die ich als Erreger 
angesehen und in die provisorische Gruppe der Chlamydozoen eingereiht 
habe. Die Polyeder habe ich als Reaktionsprodukte des Kernes 
bzw. seiner Substanzen aufgefaBt und nur in diesem Sinne mit den 
anderen Reaktionsprodukten der EinschluBkrankheiten verglichen. In 
ihrem Wesen unterscheiden sie sich als Biokristalle des tesseralen 
Systems von den morphologischen Plastin- und Chromatineinschliissen 
nicht unwesentlich (vgl. Handb. d. pathogen. Protozoen. p. 158). Bei 
Pergesa elpenor beschrieb L. K. Bohm 1910 Shnliche, nur grbBere 
Kdrperchen. Weitere, hierher gehorige Gebilde beobachtete (1910) 
M. Wolf bei der Wipfelkrankheit der Nonne, der Raupenpest des 
Kiefernspanners und Schwammspinners (Chlamydozoon prowazeki) 
und der Raupenpest der Schwarmer (Ch. sphingidarum). Aehnliche 
Kdrperchen fanden in Blutausstrichen polyederhaltiger Raupen Esche- 
rich und Miyajima (1911). „Doch konnten wir solche (Korperchen), 
wenn auch nicht so zahlreich, auch im Blute gesunder Raupen nach- 
weisen, so daB wir nicht imstande sind, in ihnen spezifische Erreger zu 
erblicken. u Knoche (1912) sieht „in den kleinen Kornchen, welche den 
Chlamydozoen Prowazeks entsprechen, die Sporenform *) des Erregers, 
in den Polyedern die Dauerform, welche die Krankheit auf andere Wirts- 
tiere iibertr&gt". 

Besonders gegen den Rand der G i e m s a - Ausstriche hin fand ich 
bei diesen erneuerten Untersuchungen oft in Haufen gelagert diese be- 
hoften Korperchen wieder und analoge Gebilde sah ich in Trocken- 
praparaten, die nach dem Burrischen Tuscheverfahren hergestellt worden 
sind. Sie lagen meist zu Gruppen vereinigt und besaBen zentralw&rts 
einen dunkleren Punkt oder Doppelpunkt. Immerhin sind diese Befunde 
nicht leicht zu erheben. 

Ich bin auf Grund meiner neueren Untersuchungen geneigt, sie in 
die Reihe der intranuklearen, kokkenartigen Gebilde zu stellen, die bei 
Prdparationen nach Levaditi, bei F&rbungen mit Hamatoxylin oder bei 
Vitalfarbungen zeitweise zum Vorschein kommen. Auch entsprechend 
differenzierte Eisenhamatoxylinpraparate liefern Stadien, auf denen man 
neben dem chromatoideu EinschluB Haufen, die wahrscheinlich die Erreger 
darstellen, sieht 1 2 ). 

1) Wohl Druckfehler, soil heifien Keimform. 

2) Auf diesen Stadien sind sie den nach EH ^efarbten Molluskumelementarkorpern, 
im Einschlufi auch segmentweise angeordnet sind, auBerordcntlich ahn lich. 


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v. Prowazek, Untersuchungen iiber die Gelbsucht der Seidenraupen. 281 


Ueber weitere Darstellungsverfahren der Korperchen im Blutkorper- 
plasma sowie deren Anreicherung hoffe ich in Zukunft auf Grund eines 
neuen Materials weiter berichten zu konnen. 

Kulturen sind in verschiedener Weise versucht worden. HSngende 
Tropfen mit Blut aus gesunden Raupen sind blofi mit einem Stich einer 
Nadel, die in verdtinntes Polyedermaterial eingetaucht war, geimpft 
worden. Die Leukocyten nahmen die Polyeder auf. Nach einiger Zeit 
(6.—10. Juni) schien ihre Zahl etwas zugenommen zu haben, jeden- 
falls fand ich einmal in einem Kern einen Polyederzwilling, der an 
Ort und Stelle entstanden ist. Sonst ist ein Wachstum der Polyeder 
auf verschiedenen Nahrboden stets mit negativem Resultat versucht 
worden (Peptonwasser, Bouillon, Glyzerinagar, Agar, Serumagar, Pferde- 
serum, Gelatine). Zeitweise wuchs auf den vier erstgenannten Nahrboden 
ein Coccus, der grampositiv war, sich leicht reinziichten lieB und wahr- 
scheinlich an dem sturmischen Verlauf der Krankheit Schuld tragt (vgl. 
M. Wolff, Ueber Synergetismus der Streptokokken). In Schnittpr&paraten 
sind die Kokken auch im Innern des Lakunoms beobachtet worden. 

Aus der Reihe von weiteren Versuchen mbgen schlieBlich nur noch 
zwei hervorgehoben werden: 1) Um die Natur der „Einschliisse“ zu 
studieren, wurde nach Analogie der Vaccineimpfung die Kaninchencornea 
geimpft, abgesehen von der Impflasion verlief die Impfung reaktionslos 
nur in einem Falle entstand eine leichte Triibung der Hornhaut (15. bis 
18. Juni), die bald zurtlckgegangen ist; in den Abstrichen sind Kokken, 
kleine rote Kornchen (Giemsa-F&rbung) und vereinzelt neben dem 
Kern helle, myelinartige Inklusionen, aber keine Einschliisse nach Art 
des Guarnierischen Phanomens oder gar Polyeder beobachtet worden. 

2) Zum Zwecke einer Anreicherung wurde reichliches Polyeder¬ 
material weiBen Ratten in die Bauchhbhle gespritzt und nach ver¬ 
schiedenen Zeiten wurde nach Art des Pfeifferschen Versuches mit 
Glaskapillaren Material entnommen. Bereits nach 3 Stunden waren 
bemerkenswerterweise im Exsudat neben Polynuklearen Lymphocyten 
sowie Mastzellen nachweisbar; das frilhzeitige Auftreten der Lympho¬ 
cyten fiihrt Bergel 1 ) in letzter Zeit auf die Existenz von Lipoiden bzw. 
lipoidhaltigen Virusarten zurilck. 

Aus den bisherigen morphologischen Untersuchungen geht hervor, 
daB bei reinen Infektionen die Polyeder der Seidenraupen keine 
Strukturen besitzen, die man auf bekannte Protozoenstrukturen zurilck- 
fiihren muBte, daB sie intranuklear auftreten, sowie daB man in den 
hypertrophischen Kernen verschiedene Differenzierungen je nach 
der Stufe der Infektion feststellen kann, und zwar 1) periphere, ftuBerst 
regelm&Bige Chromatin-, seltener Plastinkornchen; 2) einen zen- 
tralen chromatoiden EinschluB; 3) in Levaditi-, E.-H.- und 
Hamatoxylinschnitten feine, regelmBBige Haufen von Granula- 
tionen, die den analog behandelten (E.-H.)-MolluscumeinschluBkorper- 
chen (Elementarkorperchen) sehr ahnlich sind; 4) Polyeder, die als 
eiweiBartige Biokristalle aufgefaBt werden. 

Hamburg, 10. Juli 1912. 


1) Bergel, S., Hamolyse, Lipolyse und die Rolle der einkernigen, ungranulierten, 
basophilen Zellen. (Munchen. med. VVochenschr. Jahrg. 59. 1912. p. 634 if.) 


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282 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Nachtrag. 

Von Prof. Vosseler (Hamburg) erhielt ich mit Polyedern infizierte 
Raupen von Philosamia cynthia und Antherea pernyi. Die 
Polyeder beider Raupenarten unterschieden sich wesentlich von den 
Seidenraupetipolyedern, die allerdings in ihrer Form einer Variation 
unterliegen, jedoch im allgemeinen einen sechseckigen UmriB be- 
sitzen, wahrend die Polyeder dieser Raupen bei schwacher VergroBerung 
mehr dreieckig aussehen. In einigen Fallen schienen sie auf der 
einen Ecke einen helleren, schnabelartigen Fortsatz zu besitzen, in 
keinem Falle konnte ich mich von der Existenz eines Nesselfadens iiber- 
zeugen. Moribunde Raupen lieBen beim Anfassen oft den Magensaft 
ausfliefien, der jedoch die Polyeder selbst bei tagelanger Einwirkung 
nicht beeinfluBte. Bei Zusatz von Blutserum veranderten sich die Ge- 
bilde nicht (sowohl im Licht als auch im Dunklen). 

Die geblahten Kerne der Raupenzellen sind bei vitaler Beobachtung 
zentral meist mit einer kornigen regelmaBigen Masse erfQllt, die die 
Polyeder in einer Kugelschale umgeben. Es ist auffallend, daB neben 
groBeren kleine Polyeder vorkommen, GroBendifferenzen, die bei 
Sporenzustanden sonst nicht aufzutreten pflegen. 

In gefarbten Schnittpraparaten sind, wie bei der Seidenraupe, analoge 
Vorgange in den Zellkernen beobachtet worden: 1) Zuerst bildet das 
periphere Chromatin kokkoide Korperchen; 2) in der Folgezeit 
tritt ein chromatoider EinschluB, der oft balkenartige Fortsatze 
gegen die Peripherie aussendet, auf; 3) auf gewissen Stadien findet 
man in diesen Maschenraumen mit Eisenhamatoxylin grau sich farbende, 
regelmaBige Elementarkorperchen, die den Molluscum-Elementar- 
korperchen ahnlich sind; 4) unabh&ngig, d. h. in sichtbarer Weise nicht 
abhangig von ihnen treten peripher die Polyeder auf. 

Die sehr groBen Spinndriisenzellkerne zeigen dieselben Verande- 
rungen — der chromatoide EinschluB ist bei ihnen wabig gebaut. Die 
Elementarkorper scheinen spater gegen den chromatoiden EinschluB ge- 
drangt zu werden. Bei den Untersuchungen verhielten sich die Polyeder 
wie Biokristalle, liber die letzthin Della Valle 1 ) eine sehr interessante 
Studie verfaBt hatte, jedenfalls konnte ich sie in keiner Weise Ent- 
wickelungsstadien eines Protozoons zuordnen. 

Fur die Auffassung, ob es sich urn intranukleare, biokristal- 
linische Reaktionsprodukte oder um Protozoen handelt, scheint 
mir ein Versuch mit Superinfektionen sowie Infektionen von 
anderen Raupen nicht bedeutungslos zu sein — in diesem Falle ist die 
Frage zu losen, ob die Kristalloide ihre artspezifische Gestalt im all¬ 
gemeinen (Abweichungen sind bekannt) beibehalten oder nicht. Da fast 
alle mir zur Verfiigung stehenden Raupen eine subakute Form der 
Polyederinfektion besaBen, habe ich nur Superinfektionen mit Seiden- 
raupengelbsucht ausgeffihrt, in keinem Fall traten die typischen 
Polyeder der Seidenraupe in den Zellkernen auf; einzelne freie 
Polyeder blieben allein im Blutserum von der Injektion her erhalten. 
Natiirlich beweist dieser negative Versuch nichts, da man den Einwand 
erheben kann, daB die Gelbsucht der Seidenraupen iiberhaupt auf diese 
Raupen nicht fibertragbar ist und ihre eigene subakute Infektion durch 
die Injektion in ein akutes Stadium flberfiihrt worden ist. Eine Raupe, 


1) P. D. Valle, La morfologia della cromatina dal punto di vista fisico. (Arch, 
toolog. italiano. 1912.) 


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v. Prowazek, Untersuchungen fiber die Gelbsucht der Seidenraupen. 283 


die auf Grund von drei Blutuntersuchungen fiir „gesund“ gehalten 
worden ist, erhielt nach einer Injektion mit B o m b y x - Polyedern eine 
subakut verlaufende Infektion mit ihren eigenen Polyedern — dieses 
trat allerdings nur in einem Falle auf. 

September 1912. 


Literatur. 

Bolle, J., Verechiedene Berichte fiber die Polyederkrankheiten der Raupen in Bericht 
fiber die Tatigkeit der k. k. landwirtschaftl. Versuchsstation in Gorz 1908 (p. 8 ff. 
wichtige Angaben fiber Wechsel der Form der Polyeder je nach dem Wirt, die gegen 
die Protozoennatur sprechen wfirden) 1903, 1905—10. 

—. Der Seidenbau in Japan Anhang *Die Gelb- oder Fettsucht der Seidenraupe etc.“ 
Budapest, Wien, Leipzig (Hartleben) 1898. 

Bohm, L. K.. Ueber die Polyederkrankheit der Sphingiden. (Zoolog. Anzeig. Bd. 35. 
1910. p. 677 ff.) 

Escherich, E. u. Miyajima, M., Studien fiber die Wipfelkrankheit der Nonne. 
(Naturwissenschaftl. Zeitschr. f. Forst- u. Landwirtsch. 1911. Heft 9.) 

-, Studien fiber die Wipfelkrankheit der Nonne. (Biolog. Centralbl. Bd. 32. 1912.) 

Fischer, F., Ueber die Ursachen der Disposition und fiber die Frfihsymptome der 
Raupenkrankheiten lAutoreferat). (Entomolog. Zeitschr. Jahrg. 20. 1907. No. 39.) 

Knocne, Vortrag fiber die Wipfelkrankheit der Nonne. Stuttgart 1912; Referat 
Schwab. Chronik des Schwab. Merkurs. No. 124. Abendbl. 1912. 

Marz occhi, V., Sul parassita del giallume del Bombyx mori (Microsporidium 
polyedricum Bolle). (Arch, de Parasitol. T. 12. 1901). No. 3.) 

Omori, J., Ueber Aetiologie der Gelbsucht der Seidenraupe. [Japan.] (Journ. of the 
Silk ind. January February 20th 1905.) 

Panebianco, Osservazione sul granuli d. giallume. (Bollet. man. di vachicolt. Ser. 2. 
X.) 

Prowazek, S. v., Chlamydozoen. II. Gelbsucht der Seidenraupe. (Arch. f. Pro- 
tistenkunde. Bd. 10. 1907. p. 358 ff.) 

—, Bemerkungen zur Kenntnis der Chlamydozoa. (Mfinchen. med. Wochenschr. 
1908. No. 19.) 

—, Handb. d. pathog. Protozoen. Leipzig (A. Barth) 1912. p. 156. (p. 156 10. Zeile 
von unten soil heiflen statt „Flacherie“ — „falsche Flascnerie" — bei der patho- 
logischen Anatomie ist die Verdickung des Hautepithels nicht erwahnt.) 

Reiff, W., The „Wilt Disease" or „Flacherie“ of the gypsy moth. Boston (Wright 
and Potter print. Comp.) 1911. 

—, Einige Flacherieexperimente mit der Gypsy moth. (Societas entomolog. Jahrg. 24. 
p. 178-181.) 

Sasaki, On the pathology of the jaundice of the silkworm. (Journ. of the College 
of Agricult. Imp. Univers. Tokio. Vol. 2. 1910. No. 2.) [Dort altere Literatur au- 
geffihrt.] 

Wahl, Bruno, Ueber die Polyederkrankheit der Nonne (Limantria monacha L.). 
(Centralbl. f. d. gesamte Forstwesen. 1909. (I.) 1910. (II u. III.) IV. 1911. Heft 6.) 

Wolff, M., Ueber eine neue Krankheit der Raupe von Bupalus pissiarius L. 
(Mitteil. d. Kaiser Wilhelm-Instit. f. Landwirtsch. in Bromberg. Bd. 3. 1910. Heft 2. 
p. 70 ff.) 

Verson, E. u. Quajat E., II filugello e l’arte serica. Padua 1896. 


Tafelerkl&rxmg. 

Tafel I. 

Fig. 1. Verschiedene Polyeder. Okular 6, Zeichenapparat, homog. Immers. 

Fig. 2. Zerdrfickte Polyecler. Okular 6, Zeichenapparat, homog. Immers. 

Fig. 3. Polyeder, E.-H.-Farbung. Okular 8, Zeichenapparat, homog. Immers. 

Fig. 4. Polyeder, Gram-Farbung. Okular 6, Zeichenapparat, homog. Immers. 

Fig. 5. Polyeder, Kalilaugezusatz, Loeffler-Farbung. Okular 6, Zeichenapparat, 
homog. Immers. 

Fig. 6. Polyeder, Ammoniakzusatz, Loeffler-Farbung. Wie Fig. 5. 

Fig. 7. Polyeder, Eisessigzusatz, Loeffler-Farbung. Wie Fig. 5. 

Fig. 8. Schnitt durch eine Zeile von Philosamia cynthia. EH. Im Korn 
zoogloeaartige Haufen und geriistartig angeordnetes Chromatin. Vergr. 1400. 

Fig. 9. Dasselbe. Fettkorperzelle uer Seidenraupe. Zoogloeaartige Granulation 
den Molluscumkorperchen ahnlicn. 


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284 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Fig. 10. Schnitt nach Levaditi gefarbt; in den Kemen zoogloeaartige Haufen, 
die sehr regelmafiig granuliert sind; die nachsten Zellkerne des Schnittes enthalten bereits 
Polyeder und einen blaflgelb gefarbten Einschlufi. Homog. Immers., Okular 6, Tubus- 
lange 150. 

Tafel II. 

Fig. 1. Polyederhaltiger Kern; Feuchtfixierung nach Schaudinn; Borrel- 
Farbung; peripheres Chromatin, Einschlufi und Polyeder. Homog. Immers., Okular 6, 
Tubusliinge 150 ca., 1400-fache Vergr., Zeichenapparat. 

Fig. 2. Daseelbe; Hiimatoxylin. 

Fig. 3. Dasselbe; neben dem Einschlufi noch zoogloeaartige Haufen. Giemsa- 
Farbung. 

Fig. 4. Dasselbe; Borrel-Farbung; zoogloeaartige Haufen rosa gefarbt. 

Fig. 5. Vitalfarbung mit Azur II. Polyeder; penpheres Chromatin und chroroa- 
toider Einschlufi, unter dem nach Abblassen der Farbung zoogloeaartige Haufen zum 
Vorschein karoen (a). 

Fig. 6. Vitalfarbung mit Azur II; peripheres Chromatin und Plastin (?) zoogloea¬ 
artige Haufen. 

Fig. 7. Dasselbe, sehr intensive Farbung des Einschlusses und der kernendogenen 
Polyeder. 

Fig. 8. Farbung mit Methylenblau — medizinale zahllose Granulationen; chroma- 
toider Einschlufi und peripheres Chromatin. 

Fig. 9. Vitalfarbung mit Azur II. Verschiedene Stadien — Zoogloeahaufen. 


Nachdruck verboten. 

TJeber die Prazipitationsreaktion bei Schweinerotlauf. 

[Aus dem Bakteriologischen Institut zu Smolensk.J 
Von M. Isabolinsky und B. Patzewitsch. 

Der groBe praktische Wert der Prazipitationsreaktion nach Ascoli 
bei Milzbrand steht jetzt wohl allgemein fest. Eine ganze Reihe wissen- 
schaftlicher Untersuchungen hat die auBerordentliche Empfindlichkeit 
dieser Reaktion in Gegenwart eines wirksamen prazipitierenden Serums, 
sogar gegen verfaultes Milzbrandmaterial, festgestellt Wie unsere Unter¬ 
suchungen zeigen, gab das Serum von Ascoli die besten Resultate. 
Vielleicht hangt die ungeniigende Empfindlichkeit anderer Sera von 
einigen Details der Zubereitung ab, die anderen Laboratorien noch 
unbekannt sind. Jedenfalls bekommen wir mit Sera anderer Laboratorien 
auch geniigend ausgepr&gte Resultate, die uns das Recht geben, die 
Reaktion als streng spezifisch zu bezeichnen. 

Das Resultat der bakteriologischen Kontrolluntersuchung in verhaltnis- 
m&Big frischen Fallen steht immer mit der Prazipitationsreaktion im 
Einklang, was noch mehr fur die Spezifizitat derselben spricht. 

Die gianzenden Resultate bei Milzbrand veranlafiten Ascoli, die 
Prazipitationsreaktion auch bei Schweinekrankheiten, und in erster Linie 
bei Rotlauf, zu verwenden. Nach seinen Angaben ist auch beim Schweine¬ 
rotlauf die Reaktion spezifisch. DieTechnik der Zubereitung des Antigens 
unterscheidet sich von der beim Milzbrand nicht. Was das prazipitierende 
Serum anbelangt, so ist nach Ascoli die Herstellung desselben viel 
leichter und einfacher als bei Milzbrand. 

Da in seiner Mitteilung die Methode der Zubereitung des Serums 
nicht angegeben ist, so wandten wir uns an ihn mit der Bitte, uns eine 
gewisse Menge seines Serums zur Verfflgung zu stellen, was Ascoli 
in liebenstftirdigster Weise tat, wofiir wir ihm an dieser Stelle unseren 
besten Dank aussprechen. 


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HSikora pini 


Verlag von Gustav Fischer in Jena. 


itautoJt.'f-S AfunlE, letptlj 


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Centmlblatt IlirBakteriolotjie Abt.iOritf AW 6V. 

vPrownzek,Oelbsuchl derSeidrnraupen .Taf.U. 




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Isabolinsky u. Patzewitsch, Ueber die Prazipitationsreaktion etc. 285 


Zur Versuchsanstellung nahmen wir auBer dem Ascolischen Serum 
alle bei uns befindlichen Schweinerotlaufheilsera; zu den Kontrollversuchen 
benutzten wir normales Pferdeserum. Die Extrakte bereiteten wir aus den 
Organen kiinstlich infizierter Tauben und Mause und aus verschiedenem 
Material, das ins Laboratorium unter dem Verdachte auf Schweinerotlauf 
gekommen war. Die Organe oder Gewebe zerreiben wir und fiigen dann 
physiologische Kochsalzlosung im Verhaltnis von 1:5 hinzu. Die auf 
diese Weise hergestellten Extrakte erwarmen wir dann auf 80—90° C 
zur Entfernung von Hamoglobin und filtrieren dann durch ein Papier- 
doppelfilter. Zu den Untersuchungen benutzten wir kleine Uhlenhuth- 
sche ReajjmnzrQhrchen. Zuerst gieBen wir kleine Serummengen hinein 
und gaben dann durch einen Trichter mit Asbest oder Watte das 
Untersuckungsextrakt hinzu. 

In unserem ersten Versuche stellten wir uns die Aufgabe, die 
Reaktionskraft des Ascolischen Serums und eines der bei uns befind¬ 
lichen Heilsera gegen verschiedene RotlaufstSmme nachzuprtifen. Gleich- 
zeitig stellten wir Vorversuche mit Organextrakten einer Taube an, die 
an kiinstlicher Rotlaufinfektion zugrunde giug. 


Tabelle No. 1. 


Extrakte und Kulturen 

Serum Ascoli 

Rotlaufheilserum 
Pferd No. 6 vom 
28. Febr. 

Normalpferde- 

serum 

Milz, Rotlauftaube 

+ + 

+ + 


Leber, „ 

+ + 

+ 

$ 

Herz, „ 

+ + + 

+ + + 

3 

Leber, Rotlaufmaus 

+ + 

+ + 


Lunge, Rotlauftaube 

+ + 

+ + 

Ph 

Rotlaufkultur I 

+ + + 

+ + 

8 

„ II 

+ + 

+ 

► 

„ III 

+ + + 

+ + 

% 

V 

+ + + 

+ + 

. V 

„ VII 

+ + + 

+ + 



+ + + scharf ausgepragter Ring. 

+ + ausgepragter Ring. 

+ schwach ausgepragter Ring. 

— kein Ring. 

Dieser Versuch hat uns gezeigt, daB das Ascolische Serum wie 
unser Heilserum an der Grenze der Beriihrung mit dem PrSzipitinogen 
einen Ring gibt; man muB aber sagen, daB beim Serum von Ascoli 
dieser Ring sch&rfer ist und viel schneller auftritt als beim Heilserum 
(0,5 ccm schiitzte eine Taube gegen eine 50-fache todliche Dosis). Die 
demonstrativen Resultate der Prazipitationsreaktion mit dem Heilserum 
haben uns veranlaBt, verschiedene Heilsera in dieser Hinsicht nachzu- 
prflfen. 

So prflften wir 5 verschiedene Serien von Heilsera. Alle gaben 
positive Resultate. Am wirksamsten zeigten sich die Sera vom Pferde 
No. 6 (vom 8. Febr. und 1. Juni). Diese Erscheinung erklSren wir 
damit, daB in diesen Perioden sich im Blute des immunisierten Tieres 
die Prkzipitine anhSuften, was die AktivitSt dieser Sera veranlaBte. 

Zur Kontrolle nahmen wir Organextrakte von Tieren, die an anderen 
Krankheiten zugrunde gingen, und von v6llig gesunden Tieren. Alle 
Kontrollversnche gaben negative Resultate. Wie unsere Untersuchungen 
zeigen, ist der Ring am sch&rfsten mit Herzextrakten zu bekommen, dann 


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286 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Tabelle No. 2. 


Extrakte 

Serum 

Ascoli 

Rotlaufheilser. 
Pferd No. 6 
vom 28. Febr. i 

Rotlaufheilser. [ 
Pferd No. 6 
vom 24. Marz 

Rotlaufheilser. 
Pferd No. 6 
vom 27. April 

Rotlaufheilser. 
Pferd No. 6 
vom 1. Juni 

Rotlaufheilser. 
Pferd No. 7 
vom 29. April 

Rotlaufheilser. 
Pferd No. 7 
vom 1. Juni 

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Milz, Rotlauftaube 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 


Leber, „ 

+ + 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 


Herz, „ 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

+ + 

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+ + 


Lunge, 

+ + 

+ + 

— 

+ 

+ + 

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+ 


Muskel, „ 

_ 

_ 

_ 



_ 



Leber, Rotlaufmaus 

+ + + 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + + 

+ 

+ + 


Milz, Rotlaufschwein 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

+ + 

+ + 

+ + 


Milz, Kaninchen (Milzbrand) 









Milz, Pferd (Milzbrand) 

— 

— 

— 

_ 

_ 

_ 



Herz, Meerschweinchen normal 
Leber, „ 

Herz, Kaninchen normal 

Leber, „ „ 


— 

— 

1 — 

— 

— 

— 


Herz, Wutkaninchen 

_ 


_ 

_ 

_ 




Milz, „ 

_ 

_ 

_ 


_ 


_ 


Milz, Rotlaufschwein 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 


Leber, „ 

Leber, Rotlaufmaus 

+ + 

+ 

+ 

— 

+ + 

_ 

+ 


+ + ! 

+ + 

+ 

+ 

4*+ 

+ 

+ 


Milz, Taube normal 








Leber, „ „ 

Herz, „ „ 


— 

— 

— 

11 

— 

— 


Milz, Rotlaufschwein 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

++ 

+ 

+ + 

3 

■■ i 

Herz, Rotlauftaube 

+ + + 

+ + 

+ + 

+ + 

++ 

+ 

+ 

i 

Leber, „ 

+ + 

+ + 

+ 

+ 

++ 

+ 

+ 


Muskel, „ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Milz, „ 

Leber, „ 

+ + 

+ + 

— 

+ + 

+ 


+ 

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+ + 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 

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Herz, „ 

+ + + 

+ + 

— 

+ 

++ 

+ 

— 

Milz, Rotlaufschwein 

+ + 

+ 

— 


++ 

+ 

+ 

a 

Milz, Kuh (Milzbrand) 



— 

— 





Herz, Kaninchen (Tuberkulose) 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Leber, Meerschweinchen normal 
Milz, Rotlaufschwein 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

+++ 

+ 

+ + 


Leber, Rotlaufmaus 

+ + 

+ + + 

+ 

+ + 

++ 

+ 

+ 


Suisepticus-Kultur I 
„ 11 

„ 111 

Suisepticus-Extrakt 

Haut, Kuh (Milzbrand) 



— 






Milz, „ ( ., ) 

Milz, Pferd (Milzbrana) 

Herz, Rotlauftaube 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

++ 

+ 

+ 


Leber, „ 

4" + 

+ + 

+ + 

+ + 

4- 4* 

+ 

+ 


Lunge, „ 

+ + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 


Milz, Rotlaufschwein 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

++ 

+ 

+ 


It ft 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

+ f 

+ 

+ 


Lefier, Maus normal 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ 

+++ 

+ + 

+ + 







— 

— 



folgen Milz, Leber und Lunge. Mit Muskelextrakten bekamen wir immer 
negative Resultate. 

Bei der Untersuchung von verfaultem Material (w&hrend 38—40Tagen) 
bekamen wir manchmal noch mehr ausgepr&gte Resultate als in frischen 
Fallen, wobei der Ring manchmal viel schneller auftritt. 


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Isabolinsky u. PatzewitBch, Ueber die Prazipitationsreaktion etc. 287 


Tabelle No. 3. 


Extrakte 


Milz, Rotlauftaube, nach 
Leber, „ 

Herz, „ 

Milz, „ 

Milz, Rotlaufschwein,, 
Herz, Rotlauftaube, 

Milz, ., 

11 » 

Leber, „ 

Milz, Rotlaufschwein, 

Milz, Pferd (Milzbr.), 

„ Kuh „ 

Haut, „ „ 



Serum 

a» o 

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+ + 


+ 

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+ 

+ 

+ 


10 „ 

+ + 


— 

+ 

— 

— 

+ 


20 „ 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+++ 

+ 

+ 

++ 

<-> 

20 „ 

+ + 

+ + 

+ 

++ 

+ 

+ 

+ 


20 „ 

+ + + 

+ + + 

++ 

+++ 

++ 

+ 

++ 

i 

30 „ 

38 „ 

40 „ 

+ + + 

+ + 

+ 

+ + 

++ 

+ 

+ 


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+2 

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+ + 

+ + 

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+ 

++ 

40 „ 


+ + 

++ 

+++ 

+ 

+ 

+ 

20 „ 

20 „ 


+ + + 

++ 

++ 

+ 


+ 

a 

30 ,, 

15 „ 


_ 


_ 

_ 

— 

— 



Hier mussen wir bemerken, daB in 2 Fallen mit verfaultem Milz- 
extrakt einer Rotlauftaube die Prazipitationsreaktion sogar mit dem 
Serum von Ascoli negativ ausfiel. Auch Iwicki, aus dem Labora- 
torium von Bongert, hat ein negatives Resultat mit Milzextrakt eines 
Rotlaufschweines bekommen, erhielt dann aber bei Wiederholung des 
Versuches mit einer anderen Serumportion ein positives Resultat. Diese 
Tatsache betrachtet er als eine ungenugende Spezifizitat der Reaktion. Wir 
glauben aber, daB das Urteil des erwahnten Verfassers zu streng ist, 
da die Reaktion nocli neu ist, und Fehler immer moglich sind. Bei 
Wiederholung des Versuches hat er doch mit demselben Material ein 
positives Resultat bekommen. Was unsere zwei negativen Falle mit 
sicherem Rotlaufmaterial anbelangt, so schreiben wir die Schuld eher 
einem Fehler in der Technik zu, da die Extrakte zur Hamoglobin- 
entfernung flbererwarmt waren, was leicht das Resultat der Reaktion be- 
einflussen konnte. 

Es liegt uns fern, fur die absolute Genauigkeit der Reaktion einzu- 
treten, andererseits aber haben wir keinen Grund, wegen der oben er¬ 
wahnten negativen Resultate gegen die Genauigkeit der Reaktion zu 
sprechen, da diese Falle ihre Erklarung finden. 

Um den EinfluB verschiedener Desinfizientien auf das Resultat der 
Reaktion zu priifen, lieBen wir 5-proz. Karbolsaure, 1-prom. Sublimat- 
losung und 95-proz. Alkohol auf Herz, Leber und Milz einer an experi- 
menteilem Rotlauf verendeten Taube einwirken. Nach 10 Tagen ver- 
scliwindet die Reaktion nicht, sie wird nur schwacher und die Zeit der 
Ringbildung verlangsamt sich. Bei der Herstellung von Extrakten solcher 
Organe muB man sie sorgfaitig in physiologischer Kochsalzlosung aus- 
spiilen, da die Mehrzahl dieser Desinfektionsmittel allein ftir sich mit 
dem Serum einen EiweiBring gibt, was selbstverstandlich eine richtige 
Beurteilung der Resultate verdunklen kann. 


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288 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


T a be 11 e No. 4. 






Rotlauf- 

Rotlauf- 

Rotlauf- 

i u 

T2 © 



Extrakte 

heilserum 

heilaerum 

heilserum 

a a. 

E Js 



Pferd No. 6 

Pferd No. 6 

Pferd No. 6 






vom 28. Febr. 

vom 1. Juni 

vom 27. April 


Herz, 

Rotlauftaube, n. 

5-proz. Karbolsaure 

+ + + 

+ + 

+ 4- 


Milz, 

11 

»» 

11 11 

+ + + 

+ + 

++ 


Leber, 

11 

11 

11 ii 

+ + 

+ + 

+ 

3 

Herz, 

V 

» 

Chloroform 

+ + + 

+ + 

+ 


Milz, 

V 

V 

11 

+ + 

+ 

+ 

$ 

Leber, 

V 

V 


+ + 

+ + 

+ 


Herz, 

n 

V 

1-prom. Sublimat 

+ + + 

+ 

++ 

IK 

Milz, 

V 

V 

11 11 

+ + + 

+ + 

+ 

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Leber, 

V 


11 11 

+ + 

+ + 

+ 

a 

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Herz, 

Milz, 

V 

V 

V 

95-proz. Alkohol 

11 11 

+ + 

+ + 

+ + 

+ 

++ 

+ 

Leber, 

V 

V 

>» 11 

+ + 


+ 



Vergleichen wir die Reaktion bei Milzbrand und Rotlauf, so miissen 
wir sagen, daB in beiden Fallen bei absolut genauer Technik und strenger 
Berficksichtigung aller rabglichen Fehler die Resultate dieser Reaktion 
volliges Zutrauen verdienen. 

Was die praktische Verwertbarkeit der Reaktion anbelangt, so ist 
sie ohne Zweifel bei Milzbrand, wo wir oft nicht irastande sind, eine bak- 
teriologische Diagnose zu stellen, ein wertvolles Werkzeug in der Hand 
des Forschers. 

Nicht so steht es beira Rotlauf, wo wir sogar mit verfaultem Material 
leicht bakteriologisch, oder auf dem Wege der Taubenimpfung eine Dia¬ 
gnose stellen konnen. Die Reaktion nach Ascoli hat beim Rot¬ 
lauf die Bedeutung eines leichten und schnellen Dia¬ 
gnose verfahren. 

Auf Grund unserer Beobachtungen erlauben wir uns folgende Schlflsse 
zu ziehen: 

1) Die Reaktion nach Ascoli ist beim Rotlauf spezifisch. 

2) Man bekommt die Reaktion nicht nur mit dem Serum von 
Ascoli, sondern mit verschiedenen Rotlaufheilsera, wobei nicht alle Sera 
gleichen prazipitierenden Wert haben. 

3) Die PrSzipitationsreaktion kann man mit verfaulten Organextrakten 
von an Rotlauf verendeten Tieren bekommen, wobei die Reaktion noch 
sch&rfer ausgepragt ist, als mit frischem Material. 

4) Desinfektionsmittel ver&ndern die Resultate der Reaktion nicht, 
eine sorgfaitige Entfernung derselben aus dem Material vorausgesetzt. 

5) Am sch&rfsten und ausgeprSgtesten sind die Resultate mit Herz 
und Milzextrakt. 

6) Serum und Extrakt miissen zum Zwecke richtiger Verwertung 
der Resultate absolut rein und durchsichtig sein. 

Die Reaktion nach Ascoli bedarf als ein neues diagnostisches Hilfs- 
mittel noch weiterer Ausarbeitung. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 289 


Nachdruck verboten. 

Untersucbungen iiber die Verwendbarkeit der Komplement- 
ablenkungsmethode zum Nachweis des Typhusbacillus in 

den Trinkwassern 1 2 3 * ). 

Von Gr. Satta und F. Vanzetti, Privatdozenten, Turin. 

Die groBen Sclnvierigkeiten, denen der Bakteriologe bei der Isolierung 
des Typhusbacillus in Trinkwassern begegnet, sind allgeinein bekannt. 
Sind auch die Untersuchungsmethoden in den letzten Jahren vermehrt 
und verfeinert worden, so verfiigen wir doch allern Anschein nach noch 
iiber keine Methode, die, unmittelbar zur Analyse der Wasser herange- 
zogen, imstande w&re, die Wahrscheinlichkeit des Erfolges bei dem Nach¬ 
weis tier Typhusbacillen bedeutend zu vennehren. 

Neuerdings ist nun eine neue Methode empfohlen worden, die ganz besonders em- 
pfindlich und praktisch sein soli, und dank deren man hoffte, diese wichtige Frage 
fiir erledigt erkliiren zu konnen. Volpino und Cler haben namlich’) die Ver- 
wendung der Komplementablenkungsmethode zum Nachweis des Typhusbacillus in 
Trinkwassern vorgeschlagen. Nach ADsicht genannter Verfasser lassen sich mit 
diesem Verfahren zwei Vorteile erreichen. Erstens der Nachweis des Typhusbacillus 
auch da, wo er nur in geringen Men gen vorhanden ist, zweitens die leichte Ausschal- 
tung aller MiBstande, die sich aus der Vermischung des pathogenen Keims mit ver- 
schiedenen und zuweilen zahlreichen anderen Keimen ergeben. Die Methode soli ihre 
Verwendbarkeit der groBen, ihr innewohnenden Empfindlichkeit verdanken, die imstande 
war, die Gegenwart von 0,002 mg Typhusbacillen zu verraten. Zur tJebertragung des Ver- 
suchs auf das praktische Gebiet, d. h. zum Nachweis des Typhusbacillus in den Trink¬ 
wassern, verteilen die Verfasser eine Normalose Typhusbacillenkultur in so viel Leitungs- 
wasser, dafi in 10 Litem 0,2 mg Bacillen enthalten waren. In einer solchen Ver- 
diinnung vermochten die Verff. die Typhusbacillen vermittels Ziichtung auf Drigalski- 
Platten nicht mehr zu erkennen. Dagegen soli ihnen mit Hilfe der biologischen Probe 
dieser Nachweis voll und sicher gelungen sein. Die Verff. erhielten namlich eine 
deutliche Ablenkung des Komplements mit 0,2 ccm der von 10 Litern auf 10 cem ein- 
geengten Fliissigkeit. Wurde in Gegenwart des Antityphusserums der Paratyphus- 
Bacillus und der B. coli als Antigen verwandt, 60 soil die Reaktion nicht eingetreten 
sein. Damit hatte sie sich also als spezifisch erwiesen. 

Trotz alledem stiefl die Verwendung dieses Verfahrens auf Schwierigkeiten, die 
dem Umstande entsprangen, daB dabei groBeAVassermengen konzentriert, und iiberdies 
eine zuweilen ganz bedeutende Menge von Salzen in der konzentrierten Fliissigkeit 
angehauft werden muBte. Zur Vermeidung dieser Uebelstande haben die Verff. selbst 
den Vorschlag gemacht, an Stelle der Konzentration die Filtrierung einer groBen, be- 
stiramten Wassermenge unter Druck durch Kerzen treten zu lassen, den auf dem Filter 
gebildeten Belag in einer Kochsalzlosung aufzuschwemmen und den so aufgeschwemmten 
Belag mit der Komplementablenkungsreaktion zu priifen. Ein anderer Vorteil der Me¬ 
thode soli darin bestehen, daB sie nicht ungiinstig beeinfluBt werden kann durch die 
glcichzeitige Entwickelung anderer im Wasser enthaltener Keime, besonders des B. coli. 
Besondere Nachforschungen haben jedoch die Verff. iiber diesen Punkt nicht angestellt. 

Gegen die von Volpino und Cler vorgeschlagene Methode wurden gegen Ende 
letzten Jahres von Rosier vom hvgienischen Institut zu Graz 8 ) Einwendungen er- 
hoben. Er stellte den giinstigen Ergebnissen der beiden Verff. die vorher von Mo- 
reschi erhaltenen gegeniiber, dem mit der Komplementbindung der Nachweis kleiner 
Mengen Typhusbacillen nicht gelungen sein soli. Moreschi erhielt namlich bei Ver- 
wendung einer 7 1000 und '/, 00 Oese Typhusbacillen vollstandige Hamolvse und erst mit 

Rosier hat bei der Nanhpriifung der Ergebnisse Volpinos und Clers genau 
dieselbe Teehnik verfolgt wie diese; aus der Reihe der angestellten Versuche ging her- 
vor, daB s /, oa Oese Bakterienemulsion allein schon die Hiimolyso hemmten und die 
mit einem hochwertigen Immunserum nachweisbare Antigenmenge bei einfacher Ambo- 


1) Ins Deutsche iibertragen von Prof. A. Wihlfahrt, Turin. 

2) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 58. p. 392. 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 61. p. 166. 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 4. 19 


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290 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67 Heft 4. 


zeptordosis nur bis ’/ 100 Oese reichte; bei l 1 /,- odor 3-facher Ambozeptordosis war die 
Bindung aber auch mit dieser Quantitiit nicht wahrnehmbar. 

Bei der Anfertigung der Typhunbacillenverdiinnung in 10 Liter Wasser und der 
darauffolgcnden Einengung bis auf 100 ccm, sowie bei der Filtrierung durch Nordt- 
maier-Berkefeld- Kerzen und Aufnahme des Belags in 100 ccm NaCI konnte Rosier 
mit den so erhaltenen Emulsionen und Immunserum auch bei Verwendung einfacher. 
1*/.- und 3-facher Ambozeptordosis vollstandige, oder fast vollstiindige Hamolyse fest- 
stdlen. 

Ebendeshalb kommt Rosier zu dem Schlusse: 

1) Es konnten Typhusbakterienaufschwemmungen mittels spezifischen Immun- 
Herums durch die Komplementablenkung erst in relativ hohen Konzentrationen, in un- 
serem Falle von ‘/too Normalose an, bei einfacher Ambozeptordosis naehgewiesen werden. 

2) Diese Bakterienaufschwemmuugen hemmten von */ 100 Normalose aufwarts selbst 
ohne Immunserum. 

3) Uebereinstiramend mit den Angaben Moreschis erwies sich die Komplement- 
bindung zum Nachweis geringer Mengen von Typhusbacillen als nicht geeignet. 

Die Abweichuug dieser Resultate von denen Volpinos und Clers lafit sich 
nach Rosier nur schwer erkliiren, und scheint darauf zuriickzufiihren zu sein, daS 
die beiden Autoren eigens fiir diesen Zweck hergestellte Immunsera verwandt haben, 
die andere Qualitaten oesaBen. 

Auf diese Auslassungen erwiderten Volpino und Cler 1 ), daB auch Rosier die 
Komplementbindung mit l / l0 „ Oese gehabt habe, namlich mit 0,02 mg Typhusbacillen, 
sowie daB, auch fiir den Fall, daB man annehmen miiBte, daB diese Grenze nicht er- 
reicht worden sei, doch deswegen die von ihnen vorgeschlagene Methode ihren prak- 
tischen Wert nicht verliere, weil dem Uebelstand einfach damit abgeholfen werden konne, 
daft man durch die Filtrierkerze eine groBere Menge des zu priifenden Wassers durch- 
laufen laBt, urn im Belag eine groBere Anzahl Typhuskeime zu haben und so die Kom¬ 
plementbindung mit dem Immunserum zu erhalten. 

Die Frage lieBe sich niithin nach den beiden Verff. praktisch einfach 
durch Heranziehung einer grSfieren Menge Wasser und demgem£LB einer 
grOBeren Menge Typhuskeime erledigen. 

Dieser SchluB ware nun auch bis zu einem gewissen Punkt wirklich 
gerechtfertigt gewesen, wenn namlich in dem zu priifenden Wasser die 
Typhusbacillen allein oder wenigstens nur zusammen mit wenigen Keimen 
anderer Arten vorzufinden waren. In diesem Falle lieBe sich vielleicht 
ihre Gegenwart auch bei beschranktester Anzahl feststellen, nur l&ge da 
xiberhaupt kein Grund vor, zu anderen Verfahren zu greifen, von dem 
Augenblick an, wo die Kulturverfahren an und fur sich schon hinreichen. 

In der Praxis tritt aber der Fall, der die Behauptung der beiden 
Verff. stutzen konnte, niemals ein. Deshalb wird es notig, dariiber zu 
entscheiden, ob das Komplementablenkungsverfahren trotz der Gegen¬ 
wart einer uberwiegenden Anzahl anderer Keime neben den Typhus¬ 
bacillen verwendet werden kann. 

Das Vorhandensein anderer Keime kann den Wert der Reaktion 
beeintrachtigen, und zwar Verhiiltnisse wegen, die teils mit der bakte- 
rischen Aufschwemmung, teils mit dem Immunserum verkniipft sind. 

Was nun die mit der bakterischen Aufschwemmung verkniipften 
Verhaltnisse anbelangt, so bemerken wir vor allem, daB beim Durchzug 
des Wassers durch die Kerzen verschiedene Keiraarten angehalten werden, 
und wahrscheinlich gewisse komplizierte, kolloidale Stoffe, die nur schwer 
durch die Poren der Kerze hindurch gelangen. Folglich finden sich in 
der mit dem abgeschabten Kerzenbelag hergestellten Bakterienaufschwem- 
mung in schwankender Menge auch diese kolloidalen Substanzen vor. 
Nun haben aber alle Keime und viele komplizierte, kolloidale Stoffe anti- 
komplementares Vermbgen; demnach muB auch die FKissigkeit, in der 
der Belag aufgelbst worden ist, unzweifelhaft eine antikomplementare 


1) Dieses Centralbl. 1912. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 291 


Wirkung entfalten, und zwar von einer gewissen Dosis an. Es leuchtet 
somit ein, daB die Enipfindlichkeit des Verfahrens von Volpino und 
Cler an gewisse Grenzen gebunden ist. Denn wenn man nur eine be- 
schrankte Menge Fliissigkeit zu verwenden vermag, so wird sich in ihr 
die Gegenwart des Typhusbacillus nicht feststellen lassen, wenn er darin 
nicht in einer derartigen Quantitiit vorhanden ist, daB er mit der Kom- 
plementablenkungsmethode erkannt werden kann. Diese Mindestmenge 
Typhusbacillen lieBe sich zahlenmSBig a priori bestimmen, wenn das 
antikomplementare Vermogen der Emulsion im Verhaltnis zur Anzahl 
der gewdhnlichen Wasserkeime bekannt ware, sowie der Wert des Immun- 
serums, vorausgesetzt natiirlich, daB keine anderen Momente interferieren. 
Nehmen wir zum Beispiel an, daB sich aus der Bewertung der von der 
Kerze aufgenommenen Belagsaufschwemmung ergeben habe, daB man 
eine Menge bakterischer Anschwemmung verwenden kann, die. auf 
Normalosen bezogen, 8 /ioo Oese entspricht *). Nehmen wir ferner an, 
daB die Mindestmenge Typhusbacillen, die sich bei Verwendung eines 
sehr aktiven Immunserums mit der Komplementablenkungsmethode nach- 
weisen l&Bt, wie Rosier meint, Vioo Oese betrage. Folgerichtig konnen 
dann in der 3 / 100 Oese enthaltenden Aufschwemmung sich auBer 1 / 100 Oese 
Typhusbacillen 2 /ioo Oese anderer Bakterien vorfinden. Vorausgesetzt, 
daB die GrbBe der Keime diese Berechnung nicht zu storen vermag, 
kSmen wir also zu dem Schlusse, daB, sobald mit der Komplementab¬ 
lenkungsmethode in der Bakterienmischung die Anwesenheit des Typhus- 
bacillus festgestellt werden soil, er sich daselbst im Verhaltnis von 1:2 
vorfinden muB. Dieses Verhaltnis konnte auch dann sich nur wenig ver- 
schieben, wenn man mehr als 3 / 100 Oese zu verwenden vermochte und 
ein Immunserum besaBe, das einen hoheren Wert hat, als das von Rosier 
verwandte Serum. Auf jeden Fall laBt sich aus diesen Betrachtungen 
ableiten, daB die Empfindlichkeit der von Volpino und Cler gegebenen 
Methode in der Praxis nur durch die Anwesenheit verschiedener, anti- 
komplementares Vermogen besitzender Keime und Substanzen im Be- 
lage eine Einschrankung erfahrt. 

Es muB aber die Methode auch noch in anderer Richtung beschrankt 
sein. Bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse wird tibereinstimmend 
angenommen, daB die Bakterien einen ziemlich komplizierten, aus einer 
groBen Anzahl verschiedenster Gruppen bestehenden Rezeptorenapparat 
besitzen. Diese Rezeptoren sollen teilweise kennzeichnend und einer 
gegebenen Bakterienart eigen sein, teilweise konnen sie sich aber auch 
bei anderen Bakterienarten vorfinden, so daB also von einer teilweisen 
Gemeinschaftlichkeit der Rezeptoren gesprochen werden kann. Wer kann 
unter diesen Umstanden verneinen, daB sich in der mit dem Belag der 
Kerze hergestellten Aufschwemmung Keime vorfinden, die mit den 
Typhusbacillen gemeinsame Rezeptoren haben? 

Die Mehrzahl der Forscher huldigt z. B. der Anschauung, daB es 
haufig mSglich ist, mit dem Komplementablenkungsverfahren verwandte 
Bakterienarten zu unterscheiden. Aus einer neueren und erschbpfenden 
Arbeit C. Altmanns 2 ) leitet man ab, daB mit dem Komplementablen¬ 
kungsverfahren sich in der groBen Gruppe Salmonella nur zwei 
Dntergruppen unterscheiden lassen. Will man aber selbst nur die 


1) Wenngleich nach Rosier (1. c.) mit einer TyphusbacillenaufschwemmuDg 
Komplementablenkung ohne Immunserum von */ioo Normalise an eintritt 

2) Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 54. Heft 2. 


19* 


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292 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Forschungen derer in Betracht ziehen, die da behaupten, daB eiue 
genaue Identifizierung der zu verwandten Arten gehbrenden Keime 
moglich ist, so muB man beriicksichtigen, daB diese Identifizierung zwar 
vorgenommen werden kann, aber mit Prozeduren, die einerseits iiber- 
haupt nicht dazu dienen konnen, wenn man es mit einer eine verschieden- 
artige und unbekannte Schar Keime enthaltenden Emulsion zu tun hat, 
und andererseits die Empfindlichkeit der Methode Volpinos und Clers 
bedeutend beeintrSchtigen. Nach H. R. Dean 1 ), der behauptet, „daB 
man mit der Komplementbindungsmethode die nahe verwandten Bakterien- 
rassen unterscheiden und identifizieren kann u , geschieht diese Differen- 
zierung „nur durch die sorgfaltige Vorbestimmung der passenden Menge 
des Antiserums und des Antikorpers. In der Regel kann die beste 
Unterscheidung mit der geringsten Menge, die mit dem homologen Ex- 
trakt reagiert, erzielt werden. Ein UeberschuB entweder des Extraktes 
Oder des Antiserums hat einen ungiinstigen EinfluB auf die Bindung 
des Komplementes 11 . 

Bei den von Volpino und Cler vorgenommenen Versuchen ist 
dann wahrscheinlich derselbe Keimstamm als Antigen herangezogen 
worden, der auch zur Zubereitung des Immunserums gedient hat. Diese 
genaue Uebereinstimmung zwischen Antigen und Antikorper darf auch 
nicht vorkommen, wenn wir den Typhusbacillus in einem verunreinigten 
Wasser mit der Komplementablenkungsmethode auffinden wollen, mit 
anderen Worten, konnen wir kein Immunserum verwenden, das mit dem 
Keimstamme hergestellt worden ist, dessen Gegenwart wir in einem be- 
stimmten Wasser nachweisen wollen. Wie stellen wir uns nun zur Frage 
der Beziehungen zwischen Antigen und Antikorper der zur selben Art 
gehorenden Keime? Wir wollen in dieser Hinsicht nur die SchluBfolge- 
rungen zweier kiirzlich erschienenen, aus zwei auf dem Gebiete der 
Immunitatsforschung hochangesehenen Laboratorien stammenden Arbeiten 
anfuhren: K. Altmann und A. Rauth 2 ) leiten aus den von ihnen im 
Laboratorium Ehrlichs vorgenommenen Versuchen folgendes ab: „Es 
ist bekannt, daB sich Coli-Stamme verschiedener Herkunft serologisch 
durchaus different verhalten, in dem Sinne, daB ein mit einem Coli- 
stamm erzeugtes Immunserum im wesentlichen nur auf den zur Immuni- 
sierung verwandten Stamm (den homologen) wirkt, wahrend andere (hetero- 
loge) Stamme entweder gar nicht oder in bedeutend geringerem Grade 
beeinflufit werden. Dieses Verhalten wird durch die Agglutinationsreaktion 
und mit der Komplementbindung festgestellt. u 

M. Raskin 3 ), aus dem Institut Pfeiffers, schreibt in bezug auf 
die Typhusstamme: „Die Art des Immunitat herbeifiihrenden Typhus- 
stammes ubt auf das Zustandekommen und die quantitative Wertigkeit der 
Komplementbindungsreaktion einen nicht zu verkennenden EinfluB aus. 
Wahrend die mittels Stamm „Wassermann u gewonnenen Sera eine 
ausgepragt hemmende Wirkung mit alien Typhusstammen auBerten, 
reagierten die Immunsera „Griesen u und „Moreschi u deutlich ab- 
lenkend nur mit arteigenem Extrakt. Andererseits spielt auch die Art 
des als Antigen dienenden Stammes eine wesentliche Rolle. 

Was die mit dem Immunserum in Verbindung stehenden Ursacheu 
anbetrifft, die das Ergebnis der Methode Volpinos und Clers zu ent- 


1) Zeitfichr. f. Immunitatsforsch. Orig. Bd. 11. p. 58. 

2) Zeitschr. f. Immunitatsforsch. Orig. Bd. 7 p. 629. 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 48. p. 508. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkuugsmethode etc. 293 

krfiften vermdgen, so sei hier daran erinnert, das im Immunserum auBer 
den Typhusantikorpern auch andere Antikorper vorhanden sein konnen. 
Hierbei ist es moglich, daB einige oder auch nur ein einziger dieser Anti- 
kbrper in der Emulsion das passende Antigen findet. Um ausschlieBen 
zu konnen, daB die Komplementablenkung nicht von einer Nichttyphus- 
Antigen-Antikorperreaktion abhSngt, miiBte zuvor festgestellt werdeu, 
ob in dem zur Verwendung gelangenden Immunserum Antikorper ent- 
halten sind, die in der Bakterienaufschwemmung die entsprechenden 
Antigene haben. Diese Bestimmung lieBe sich jedoch in der Praxis auf 
direktem Wege liberhaupt nicht ausfiihren, da man das Serum des Tieres 
nicht mit der Bakterienaufschwemmung prtifen kann, bevor man es gegen 
Typhus immunisiert hat, um dann auf diese Weise das Bestehen natiir- 
licher Ambozeptoren fflr einige in der Aufschwemmung enthaltene Anti¬ 
gene auszuschlieBen, da die Vornahme der Immunisierung zu lange 
dauert, als daB dann, wenn sie beendet ist, die Aufschwemmung noch 
zur Reaktion verwendet werden konnte. Aber auch fur den Fall, daB 
diese zweite AusschluBinethode Verwendung finden konnte, bliebe ihr 
gegentiber doch noch immer der nicht unbedeutende Einwand zu Recht 
bestehen, daB namlich wahrend der Immunisierung die Aktivitat der 
natiirlichen Ambozeptoren sich bedeutend vermehrt haben konnte, und 
daB folgerichtig die Aufschwemmungsdosis, die mit dem Serum vor der 
Immunisierung keine Komplementablenkung ergeben hatte, sie nunmehr 
nach der Immunisierung zu geben vermochte, ganz abgesehen von dem 
Eingreifen des spezifischen Typhusambozeptors. Andererseits ist auch 
die andere AusschluBmethode, die auf den ersten Blick brauchbar er- 
scheinen konnte und darin besteht, daB von einer Probe Immunserum 
die Typhusambozeptoren mittels Zusatzes spezifischen Antigens entfernt 
werden und dann mit dieser Probe die Aufschwemmung beziiglich ihres 
Gehaltes an fiir die natiirlichen Ambozeptoren des Serums passenden 
Antigenen geprhft wird, nicht zu verwenden, da es nicht immer sicher 
gelingt, die gesamten spezifischen Ambozeptoren zu entfernen, und man 
nicht ohne weiteres ausschlieBen kann, mit dem Zusatz des Typhusantigens 
die Aktivitat der natiirlichen Ambozeptoren verandert zu haben. Aus dem 
Gegebenen glauben wir schlieBen zu konnen, daB die Aufgabe, die 
Wirkung des nicht typhusartigen Antigens und Antikorpers bei der (lurch 
eine Aufschwemmung von verschiedenen Bakterien und durch Antityphus- 
serum hervorgerufenen Komplementablenkung auszuschlieBen, wenn nicht 
gerade unmoglich, so doch zum mindesten sehr schwer und auf jeden 
Fall derart kompliziert und unsicher ist, daB sie zu praktischen Zwecken 
nicht angeraten werden kann. 

Ein weiteres Hindernis konnte die Verwendbarkeit der Komplement- 
ablenkungsreaktion zu dem von Volpino und Cler vorgeschlagenen 
Zwecke aus dem unsicheren Effekt des kolloidalen Milieus bei der Ent- 
wickelung der Reaktion selbst erwachsen. In der Tat haben H. Noguchi 
und J. Bronfenbrenner 1 ) wahrnehmen konnen, daB der Zusatz kleiner 
Mengen von EiereiweiB oder Serumproteinen zu einera antikomplemen- 
taren System (Syphilisserum, Organextrakt, Meningokokken-Antigen-Anti- 
kdrper) der Komplementablenkung hinderlich ist. Dagegen kann unter 
anderen Verh&ltnissen die Vermehrung des Gehalts des Systems an 
Kolloiden die Reaktion selbst begiinstigen. Angesichts der schwierigen 
Feststellung der von der Belagsaufschwemmung gegebenen Einwirkung 

1) Joani. of exper. Med. Vol. 13. p. 92. 


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294 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


auf die Komplementablenkungsreaktion l&Bt sich nicht verkennen, dafi 
der Zusatz der Aufschweminung, indent er einen von der Qualitat 
etwa darin vorhandenen Antigene unabh&ngigen EinfluB austibt, in der 
Praxis bei Verwendung der Volpino und Clerschen Methode cine 
ziemlich schwerwiegende Komplikation bedeutet. 


Angesichts der Einwiinde, die sicb von theoretischen Gesichtspunkten 
aus gegen die von Volpino und Cler 1 ) vorgeschlagene Methode er- 
heben lassen, erstand ohne weiteres die Aufgabe, nachzuforschen, ob sie 
auch in der Praxis ihren Wert behalten. Nach den erschopfenden Unter- 
suchungen Raskins 2 ) haben wir jedoch darauf verzichtet, Versuche an- 
zustellen iiber den EinfluB, den die Verwendung eines Antityphusimmun- 
serums, das man mit einem Antigen reagieren lMBt, das verschieden ist 
von dem, das zur Immunisieruug gedient hat, in bezug auf die Komple- 
mentablenkung ausiiben kann. 

Um nun unseren Zweck besser zu erreichen und besonders um die 
quantitativen Beziehungen im Auge behalten zu konnen, haben wir bei 
unseren Versuchen anstatt des von einer Kerze aufgenommenen Belags 
die Agarkulturbelage verschiedener, aus mehreren Trinkwasserproben der 
Stadt Turin isolierten Keime verwandt. 

Zur Vermeidung von Wiederholungen schicken wir voraus, daB, wo 
nicht besonders vermerkt ist, wir als [Complement das dem Meerschwein- 
chen entnommene und auf 1:10 verdiinnte Serum gewahlt haben, als 
hSmolytischen Ambozeptor das Serum eines immunisierten Kaninchens 
in der Dosis von zwei Einheiten, als Erythrocytenart die roten BlutkSrper- 
chen des Hammels in 5-proz. Aufschwemmung und einer Quantit&t von 
0,5 ccm, als Antityphusserum das eines wiederholt mit endovenosen In- 
jektionen von eine halbe Stunde lang auf 60° erhitzten Typhuskeimen 
behandelten Kaninchens in Verdiinnung 1:5. Das Gesamtvolumen der 
Mischung betragt 2 ccm. Das Ablesen der Ergebnisse fand nach ungefahr 
18 Stunden statt. Den Grad der Hamolyse haben wir mit folgenden 
Zeichen wiedergegeben: 

+ + + + fast vollstandige Hamolyse, 

+ + + sehr starke Hamolyse, 

+ 4- starke Hamolyse, 

+ schwache Hamolyse, 

0 keine Hamolyse. 

Die von uns verwandte Platin5se ist die sogenannte normale; bei 
alien Versuchen bedieuten wir uns iramer derselben Oese. 


Un t er suchungen mit den Bakterienaufsch wemraun gen. 

Im Vorstehenden haben wir bereits darauf hingewiesen, daB es seit 
langer Zeit bekannt ist, daB alle Keime ein antikomplementares Vermogen 
besitzen; mit anderen Worten, es kann von einer gewissen Dosis Auf¬ 
schwemmung an die Komplementablenkung ohne das Eingreifen eines 
dritten Faktors eintreten. Vorausgesetzt, daB die anderen Elemente sich 
konstant erhalten, kann diese Dosis natiirlich je nach der Keimvarietat 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 58. 

2) Centralbl. f. Bakt Abt I. Orig. Bd. 48. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 295 


schwanken, wahrscheinlich aber innerhalb nicht sehr weiter Grenzen. 
Bei zahlreichen Versuchen haben wir die Keimraenge des Wassers, mit 
der man eine nicht spezifische Komplementablenkung erhalt, in Normal- 
bsen festzustellen versucht. In der nachfolgenden Tabelle sind die Er- 
gebnisse zweier solcher Versuche vorgefiihrt. 

Tabelle I. 

Es finden die folgenden Aufschwemmungen Verwendung: 

A. 10 OeBen gewohnlicher Wasserkeime in 60 ccm physiologiseher Losuug 

D OA 1nn 

^ II n ii ii ii ii ii 







Hamolyse mit 

A | B 

0,1 ccm 

Aufschwemmung -f 0,5 Komplement + 0,9 physiol. Losung 

vollstand. 

vollstand. 

0,2 „ 

n + 0,5 

„ + 0,8 

Ii 

>1 

4- + + + 

+ + + + 

0,3 „ 

„ + 0.5 

I, + 0,7 

II 

II 

+ + 

+ + 

0,4 „ 

>, + 0,5 

>, + 0,6 

II 

11 

Spur 

Spur 

0,5 „ 

» + 0,5 

„ + 0,5 

II 

II 

0 

kl. Spur 

0,6 „ 

» + 0,5 

>, + 0,4 

II 

II 

0 

0 


Aus der Tabelle laBt sich ableiten, daB man mit 0,4 Aufschwemmung 
Hamolysehemmung erhalt, d. h. von 7ioo Oese an besitzen die Keime 
antikomplementSres Vermogen. Diese Menge hat sich jedoch nicht bei 
alien Versuchen konstant erwiesen; wir haben Komplementablenkung mit 
geringeren und selten mit wenig starkeren Dosen gehabt. Bei der Mehr- 
zahl der Versuche stimmt das erhaltene Ergebnis aber mit dem in der 
Tabelle I angegebenen iiberein. Womit nun diese, wenn auch leiclrte 
Differenz zusammenhangen kann, kdnnen wir nicht sagen; die Anzahl 
der Ambozeptoreneinheiten und das Gesamtvolumen der Mischung ist 
immer konstant geblieben. Wahrscheinlich sind da besondere Eigen- 
schaften des Meerschweinchenserums im Spiele. Auf jeden Fall beweist 
dieser Umstand von neuem, daB bei den Komplementablenkungsreaktionen 
verschiedene und noch unbekannte Faktoren ihre Hand im Spiele haben. 

Wenn wir nun in einer Aufschwemmung von verschiedenen Keimen 
mit der Komplementablenkungsmethodeden Typbuskeim aufsuchen wollen, 
so konnen wir dazu nur eine Dosis Aufschwemmung verwenden, die zum 
mindesten geringer ist als die Halfte derjenigen, mit der wir allein noch 
vollstandige Hamolyse erhalten, um zu verhindern, daB eine mogliche 
Hemmung der Hamolyse von der Summierung des antikomplementdren 
Vermogens der Aufschwemmung und desjenigen des Immunserums ab- 
hSngt. Es lieBe sich demnach von einer Wasserkeimaufschweramung im 
Durchschnitt eine Menge verwenden, in der l>6 /ioo Normalose enthalten 
ist, bei unserer Aufschwemmung = 0,1. Damit das Aufsuchen des Typhus- 
bacillus in einer gegebenen Wasserkeimaufschweramung, immer voraus- 
gesetzt, daB keine anderen Momente interferieren, zu einem positiven 
Ergebnis fiihrt, muB in 1>6 |ioo Normalose auch die Minimalquantitat der 
Typhuskeime enthalten sein, die von einer bestimmten Quantitat Immun- 
serum aufgedeckt werden kann. Es liegt auf der Hand, daB diese 
Minimalquantitat mit der Veranderung des Wertes und der verwandten 
Menge des Immunserums variieren wird, natflrlich bei Konstantbleiben 
der anderen Elemente. In der Praxis ist in dieser Hinsicht die Ver¬ 
wendung einer bedeutenden Menge von Antiserum anzuraten, weil so auch 
kleine Mengen Antigen nachgewiesen werden konnen. 


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296 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Verwendet man als Antigen eine Typhuskeimaufschwemmung, so 
lassen sich mit der Komplementablenkungsmethode nach Moreschi 1 ) 
mit 0,01 Immunserum nur V 12 Oese, nach Volpino und Cler 2 ) mit 
2 Tropfen Immunserum Viooo Oese, nach Rosier 3 ) mit 0,1 Immunserum 
und 1 Ambozeptoreinheit Vjoo Oese entdecken. Es behaupten also 
Moreschi und Rbsler, daB kleine Mengen Keime nicht entdeckt 
werden konnen, Volpino und Cler dagegen, daB die Komplement¬ 
ablenkungsmethode sehr kleine Mengen von Typhusbacillen aufzudecken 
vermag. Wie aus den gegebenen Zahlen hervorgeht, sind die Uuter- 
schiede zwischen den Resultaten Moreschis und Roslers einerseits 
und denen Volpinos und Clers andererseits recht bedeutend. Woher 
aber diese Differenz kommen kann, ist uns unbekannt. Rosier ver- 
inutet, daB sie von besonderen Eigenschaften des von Volpino und Cler 
gebrauchten Immunserums abhangt. Was aber heute feststeht und 
worin alle Forscher iibereinstimmen, das ist die Tatsache, daB bei Ver- 
wendung der Aufschwemmung als Antigen mit dent Komplement- 
ablenkungsverfahren nur kleine Keimmengen nachgewiesen werden konnen. 
Es ist denn auch die Verwendung der Aufschwemntungen vollstSndig 
aufgegeben und durch die Bakterienextrakte ersetzt worden. Aber auch 
mit diesen gelingt es z. B. beim Typhus, Antigenmengen nachzuweisen, 
die denen ziemlich nahe kommen, die sich nach Volpin o und Cler mit 
den Keimaufschweinmungen aufdecken lieBen, wenn die Dosis des Komple- 
inents, des Ambozeptors, der Erythrocytenemulsion etc. bedeutend ein- 
geengt wird. In bezug auf die Komplementmenge verwandten Volpino 
und Cler 1 Tropfen Meerschweinchenserum, wahrscheinlich 0,05 ccm; 
iiber die Ambozeptorendosis sprechen sie sich nicht aus, dagegen ist die 
Menge der Erythrocytenaufschwemmung bedeutend, namlich 1 ccm. 

Nehmen wir aber selbst an, daB sich Viooo Oese nachweisen lSBt, was 
wir, wie wiederholt bemerkt, bezweifeln mochten, und worauf selbst 
Volpino und Cler in ihrer Antwort auf die Einwendungen Roslers 
nicht bestehen zu wollen scheinen, so wird es sich rasch zeigen, in 
welchem Verhaltnis der Typhusbacillus sich zu den anderen Keinten be- 
finden miiBte, damit seine Anwesenheit in der von uns verwandten Auf¬ 
schwemmung nachgewiesen werden kann. Wir haben bereits erwahnt, 
daB man nur 1,H /ioo Oese verwenden konnte; in dieser Menge miiBte dann 
Viooo Oese Typhuskeime enthalten sein, d. h. die Typhuskeime miiBten 
den anderen Keimen gegeniiber im Verhaltnis von 1:15 stehen, wobei 
naturlich vermutet wird, daB bei der Berechnung der verschiedene Durch- 
messer der Keime nicht schwer ins Gewicht fallt. Stellt man die 
Berechnung dagegen auf Grund der Versuchsergebnisse; Roslers an, 
so muB man daraus schlieBen, daB in I6 /ioo anderer Keime Vioo Oese 
Typhusbacillen enthalten sein muB. Nehmen wir dann ferner an, was 
ohne Zweifel der Wahrheit sehr nahe kommt, daB das antikomplementare 
Vermogen aller Keime ungefahr das gleiche ist, so muB auf je oc /ioo Oese 
anderer Keime Vioo Oese Typhuskeime kommen, d. h. auf je 2 Typhus¬ 
keime 1 Keirn, oder wenig mehr von anderen Arten. 

Mit einem unserer hochwertigen Immunseren haben wir folgende 
Ergebnisse erhalten: 

1) 1. c. 

2) 1. c. 

3) Zitiert von Rosier. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 297 


Tabelle II. 

Hamolyse 


0,1 ccm Typhusaufschw. + 0,5 
(1 Oese in 20 ccm) 

Kompl. + 0,4 

Immunser. + 0,5 phys. Losung 

vollstaudig 

0,2 

ft » 4* 0,5 

,» + 0,4 

ii + 0,4 

II 


4- + 

0,3 

,i „ + 0,5 

» + 0,4 

„ + 0,3 

II 


0 

0,4 

» » + 0,5 

>, 4- 0,4 

„ + 0,2 

II 


0 

0,2 

» >» + 0,5 


0,8 

II 


vollstandig 

0,3 

» u + 0,5 

>» 

0,7 

II 


4- + + + 

0,4 

>, >. + 0,5 

II 

0,6 

II 


4- + + 

0,5 

„ + 0,8 

4- 0,2 

II 


vollstiindig 


die sich somit denen Roslers und Moreschis nBhern und uns zu dem 
Schlusse berechtigen, daB init der Komplementablenkungsmethode bei Ver- 
wendung der Keimaufschwemmung zum Antigen sich kleine Typhus- 
bacillenmengen nicht nachweisen lassen. 

Trotzdem blieb es unsere Aufgabe, die Tragweite der etwaigen Uebel- 
st&nde der Methode in der Praxis zu studieren. 

Zu diesem Zwecke haben wir in einem bestimmten Volumen physio- 
logischer Losung eine bestimmte Zahl von Normalbsen von Kulturbelagen 
verschiedener, aus mehreren Trinkwasserproben Turins isolierter Keime 
aufgeschwemmt. Die Aufschwemmung wurde zu gleichen Teilen in 
mehrere GefaBe verbracht; dem ersten wurden keine anderen Keime 
zugesetzt, den anderen GefaBen dagegen wurden bestimmte und fort- 
schreitende Mengen einer Typhuskeimaufschweramung hinzugeffigt. Die 
verschiedenen Mischungen wurden dann durch Zusatz von physiologischer 
LSsung auf dasselbe Volumen gebracht. 

Bei einem der verschiedenen Versuche wurden nachfolgende Mi¬ 
schungen hergestellt: 


so daB 


a) 

b) 

c) 

d) 

f) 

A' 

also 


A. 10 Oesen verschiedener Keime in 30 ccm. 

B. 2 Oesen Typhuskeime in 10 ccm. 
ccm von A + 2,5 ccm von B + 0,5 ccm physiologischer Lbsung 


II II 

A 4- 1,0 

II 

,, B + 1,0 „ 

ll 

II 

II II 

A 4" 0,5 

n 

„ B + 2,5 „ 

II 

II 

II >1 

A + 0,25 

ii 

,, B + 2,75 „ 

II 

II 

II II 

A 4- 0,125 

n 

„ B + 2,875 „ 

II 

II 

II II 

A + 0,1 

ii 

„ B + 2,9 „ 

II 

II 

II II 

A 


+ 3,0 „ 

II 

II 


a) auf 2 Oesen anderer Keime 1 Oese Typhuskeime kam 

b) 

c) 

d) 

e) 

f) 


,, 5 ,, 

II 


II 

II 

„ io „ 

II 


II 

II 

„ 20 „ 

II 


II 

II 

„ 40 „ 

II 


II 

II 

» 50 ,, 

11 


II 

II 


Als wir mit diesen Mischungen die Komplemeutablenkung erprobten, 
haben wir die in nachstehender Tabelle verzeichneten Resultate er- 
halten (s. Tab. Ill, p. 298): 

Aus der Tabelle ergibt sich also: 1) DaB die HSmolyse in der Reihe 
der Rbhrchen ohne Typhusbacillen deutlicher hervortritt als in der Reihe 
der Rdhrchen, die Typhuskeime enthalten, auch nur im Verh&ltnis von 
1 Oese Typhus auf 40 Oesen anderer Keime. Wenn wir nun die 
Quantitat der Typhuskeime berechnen, die in der im 4. RShrchen der 
Reihe e verwandten Flflssigkeit enthalten ist, so geht daraus hervor, daB 


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298 


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Tabelle III. 


1 


Starke der Hamolyse mit 


1 

a 1 

b 

c 

d 

e 

f 

A' 

0,05 Aufschw. + 0,5 Kompl. + 0,4 Im- 
munser. + 0,45 physiol. Fliissigkeit 
0,1 Aufschw. + 0,5 Kompl. + 0,4 Im- 
munser. + 0,4 physiol. Fliissigkeit 

kompl. 

kompl. 

kompl. 

kompl. 

kompl. 

kompl. 

kompL 

Spuren 



ft 


It 

ft 

0,2 Aufschw. -f 0,5 Kompl. + 0,4 Im- 
munser. + 0,3 physiol. Fliissigkeit 

0 

0 

0 

+ 

+ + 

+ + + 

+ + + 

0,3 Aufschw. + 0,5 Kompl. + 0,4 Im- 
munser. + 0,2 physiol. Fliissigkeit 

0 

0 

0 

0 

+ 


_ 

0,8 Immunser. + 0,1 physiol. Fliissig¬ 
keit + 0,5 Kompl. 



Komplette Hamolyse 




sie V8oo Oese entspricht, d. h. also einer Menge, die, wie bereits hervor- 
gehoben worden ist (Tabelle II), wenn ihr nicht andere Keime bei- 
gemengt sind, lange nicht hinreicht, um die Hamolyse zu hemmen. 

2) Dafi man, je mehr man einerseits nach und nach die Menge der 
keine Typhusbacillen enthaltenen Aufschwemmung vermehrt, mit einer 
immer geringeren Menge von Typhuskeimen die spezifische Ablenkung 
des Komplementes erhalt. Dieser Umstand ergibt sich ohne weiteres 
aus dem Vergleich der Tabelle III mit der nachfolgenden 

Tabelle IV. 

Typhusbacillenmenge *) ausgedriickt in Milligramm, enthalten in den Serien: 


a 

b 

c 

d 

e 

0,0083 

0,0033 

0,0016 

0,00083 

0,000416 

0,0166 

0,0066 

0,0033 

0,00166 

0,000833 

0,0332 

0,0132 

0,0066 

0,00333 

0,001666 

0,0498 

0,0198 

0,0092 

0,00498 

0,002496 


Es zeigt also sowohl das eine wie das andere der beiden Ergebnisse, 
daB unabhangig von einer Summationswirkung der nicht-spezifischen und 
der Typhuskeime die Gegenwart der ersteren die spezifische Ablenkung 
der letzteren erleichtert. 

Da dieselbe giinstige Beeinflussung auch mit den Bakterienextrakten 
beobachtet worden ist, behalten wir uns vor, spater auf ihre Bedeutung 
und Interpretation zuriickzukommen. Fur den Augenblick begniigen wir 
uns damit, darauf hinzuweisen, daB diese Beeinflussung von seiten nicht- 
spezifischer Keime zugunsten des Auffindens der spezifischen ein Punkt 
sein konnte, der zugunsten der Verwendbarkeit der Methode Volpinos 
und Clers spricht; nur darf dabei nicht ubersehen werden, daB diese 
giinstige Einwirkung ein anderes, von einem in der Aufschwemmung 
enthaltenen nicht Typhusantigen und einen entsprechenden, natflrlich im 
Immunserum oder in dem Meerschweinchenserum vorhandenen Antikorper 
herriihrendes antikomplementfires System treffen konnte. Aber auch ganz 
abgesehen von dem vermuteten Bestehen anderer antikomplementarer 
Systeme und der Einwirkung der Keimaufschwemmung auf diese, glauben 
wir, daB die giinstige Einwirkung der Aufschwemmung auf die spezifische 
Typhus-Antityphusreaktion doch noch nicht ausreicht, um derVolpino- 
und Clerschen Methode die Empfindlichkeit zu verleihen, die von der 

1) In der Annahme, daB 1 Normalose 2,0 mg wiegt. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 299 


Praxis verlangt wird. Denn wenn man die groBte zul&ssige Menge zu- 
setzt, also die H&lfte derjenigen, mit der man ohne Immunserum noch 
vollstandige H&molyse erhalt (Tabelle I), so erlangt man mit ihr (0,1) 
die spezifische Ablenkung des Komplementes nur in den Rohrchen, die 
Typhuskeime (Tabelle III) im Verhaitnis von 1 Typhuskeim zu zwei 
anderen Bakterien bergen, ein Verhaitnis, das wir ohne weiteres fur 
weitaus zu stark erklaren zu durfen glauben, als daB die Methode der 
Ablenkung, nach den gegebenen Vorschriften angewandt, als eine das 
Zuchtungsverfahren an Feinheit (ibertreffende Methode angezeigt er- 
scheinen und ihre Verwenduug empfohlen werden kann. 

Was dann unsere theoretische Einwendung anbetrifft, die wir eingangs 
gemacht haben, daB nfimlich die Moglichkeit nicht ausgeschlossen ist, 
daB infolge der Anwesenheit natiirlicher Ambozeptoren im Kaninchen- 
serum neben der Typhus-Antityphusreaktion eine Korper-Antikorperreaktion 
vor sich gehen konne, so haben wir einige Versuche angestellt, urn heraus- 
zufinden, ob besagter Einwand fiir das von uns verwandte System wirklich 
begrundet ist. Zu diesem Zwecke haben wir 2 Versuchsserien mitein- 
ander verglichen, in deren einer wir Bakterienaufschwemmung ohne 
Typhus und Meerschweinchenserum hatten, in der anderen diese beiden 
und Kaninchenantityphusserum. Bei einigen Versuchen haben wir anstatt 
des Antityphusserums Anticholeraserum oder normales Kaninchenserum 
verwandt. 

Aus der Gesamtheit dieser Versuche, deren Ergebnisse wir der 
Kiirze wegen nicht anfiihren, laBt sich ableiten, daB ganz unabhfingig von 
der Typhus-Antityphusreaktion eine in ihrer Starke nicht bestandige 
antikomplementare Reaktion stattfindet. Ob dies aber wirklich eine 
Antigen-Antikorperreaktion ist, oder ob sie z. B. von der gegenseitigen 
Einwirkung gewisser kolloidaler Substanzen herrflhrt, das kbnnen wir 
weder behaupten, noch in Abrede stellen, ebensowenig kOnnen bisher 
wir in diesem Falle auf experimentellem Wege Klarheit schaffen. 


Angesichts der wenig gflnstigen mit den Aufschwemmungen erhaltenen 
Ergebnisse suchten wir ausfindig zu machen, ob die Methode der Ab¬ 
lenkung des Komplementes zum Auffinden des Typhuskeims im Leitungs- 
wasser in der Praxis verwendbar werden kann, wenn man an Stelle des 
Antigens in der Aufschwemmung das aufgeloste treten laBt, insofern als 
bekanntlich dieser Ersatz nach Sachs 1 ) nicht nur vom theoretischen 
Standpunkt, sondern auch vom methodologischen einen wesentlichen 
Fortschritt darstellt. Mit der Auflosung des Antigens nimmt tatsachlich 
die Empfindlichkeit der Reaktion bedeutend zu, sei es weil das auf¬ 
geloste Antigen viel wirksamer ist als die Aufschwemmung, sei es weil 
es ein geringeres antikomplementares Vermogen hat als die Aufschwem¬ 
mung und also in starkeren Dosen verwendet werden kann. 

Zur Herstellung der Extrakte hat uns das Verfahren Leuchs’ 2 ) 
und das Altmanns 3 ) gedient. 

Versuche mit den nach Leuchs zubereiteten Extrakten. 

Aus vorher erwahnten Grfinden haben wir zur Herstellung der 
Extrakte die von Wasserkeim-Agarkulturen und 24-stiindigen Typhuskeim- 
Agarkulturen erhaltenen Belage herangezogen. 

1) Kolle u. WaSBermann, Erganzungsbd. 2. Heft 3. 

2) Ibidem. 

3j Zeitechr. f. Immunitateforsch. Bd. 3. Orig. 


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300 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


Die Belage wurden in physiologischer Losung aufgeschwemmt und 
daraus zwei gleichformige Aufschweramungen hergerichtet, die wir auf 
die vorher beschriebene Art und Weise auf eine Reihe von GefaBen ver- 
teilten. Nach 24-stiindigem Verbleib im Ofen bei 60°, nachfolgendem 
Schfltteln wahrend 24 Stunden und rascher, langer andauernder Zentri- 
fugierung wurde aus jedem GefaB die schillernde Fliissigkeit durch 
Dekantieren abgetragen, der dann NaCl im Verhaltnis von 0,9 Proz. und 
Karbolsaure im Verhaltnis von 0,5 Proz. zugesetzt wurde. 

Nachstehend geben wir ausfiihrlich einen der Versuche wieder: 

Es wurden nachfolgende Mischungen hergestellt: 

A. 56 Oesen verschiedener Wasserkeime, aufgeschwemmt in 56 ccm. 

B. 4 Oesen Typhuskeime, aufgeschwemmt in 16 ccm. 

Els wurden diese dann laut nachstehenden Angaben verteilt: 

a) 5 ccm A + 1,0 ccm B 

b) 5 „ A + 0,5 „ B + 0,5 ccm physiol. Losung 

c) 5 „ A + 0,33 „ B + 0,7 „ 

d) 5 „ A + 0,25 „ B + 0,75 „ 

e) 5 „ A+ 020 „ B + 0,80 „ 

A'10 „ A 
B' 10 „ B 

Es kommen so also verschiedene Extrakte zustande, in denen der Typhuskeim im 
Verhaltnis zu den anderen Keimen verschiedene Zahlenstellungen einnimmt: 

in a) kommt 1 Typhuskeim auf 20 andere Keime 
» b) ,, 1 ,, ,, 40 „ ,, 

n ®) ii t ii ii 00 „ ,, 

ii d) ,, 1 ,, ,, 80 ,, ,, 

ii ®) ii 1 n ii 100 „ „ 

In einem Vorversuch wird das antikomplemcntare Vermogen von A' allein und 
zusammen mit einer bestimmten Dosis Antityphusserum bestimmt. 

Hierauf werden a, b, c, d, e und A' im Verhaltnis von 1:5 verdunnt; ansteigenden 
Dosen dieser Verdiinnungen werden dann zugesetzt: 0,5 ccm Meerschweinchenserum 
(1:10), 0,4 Immunserum (1:5) und physiologische Flussigkeit bis zum Gesamtvolumen 
von 1,5. Nach 1-stiindigem Verbleib im Brutofen werden 0,5 ccm einer 5-proz. Auf- 
schwemmung von roten Blutkorperchen zugesetzt, die mit zweifacher Ambozeptorendosis 
sensibilisiert worden waren. 

In der Tabelle V sind die erhaltenen Resultate zusainmengefafit. 


| Bleiben 24 Stunden lang auf 60°, 
j werden dann geschiittelt etc. 


Tabelle V. 


Menge des Extrakts 
verdunnt in Kubik- 
zentimeter 



Starke der Hamolyse 



a 

b 

c 

d 

e 

A' 

0,1 

vollstandig 

vollstandig 

vollstandig 

vollstandig 

vollstandig 

vollstandig 

0,2 

>» 


7f 

yy 


>> 

0,3 

+ + + 

+ + + + 

yy 

yy 

yy 

yy 

0,4 

+ + 

+ + 

+ + + + 

++++ 

++++ 

yy 

0,5 

0 

Spuren 

+ + 

+++ 

+++ 

+++ 


Diese Tabelle ergibt, dafi man mit 0,5 der Losung a und b keine Hamolyse oder 
kaum Spuren von Hamolyse erhalt, wahrend mit derselben Menge c, d, e und A' ziemlich 
starke und fast gleichstarke Hamolyse zustande kommt; nur ganz gering ist jedoch 
dieser Unterschiea, der derselben vorstehend schon hervorgehobenen die Typhusantigen- 
antikorperreaktion giinstig beeinflussenden Ursache zuzuschreiben ist, die bei eimgen 
anderen Versuchen, auch mit den Extrakten, sich starker geltend gemacht hat. 

Nun wissen wir aber, daS der Typhuskeim im Extrakt a im Verhaltnis von 1:20, 
im Extrakt b von 1:40 anderen Keimen vorhanden ist, iramer natiirlich von der An- 
nahmo ausgehend, dafi in einer Oese anderer Keime und in einer Oese Typhuskeime 
sich dieselbe Anzahl Keime vorfindet. In unserem Falle also ware es uns gelungen, 
den Typhuskeim am meisten in den Proben aufzudecken, in denen er im Verhaltnis von 
1:40 enthalten ist. Es bleibt nun noch zu berechnen, in welcher Menge, in Normaldsen 
ausgedriickt, der Typhuskeim im 4. Rdhrchen dor Reihe b enthalten ist 0,5 ccm von b 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 301 

entsprechen */.„ Oese anderer Keiroe; da dann in b auf jede Oese anderer Keime ‘/. 0 Oese 
Typnuskeime lcommen, so ist in 0,5 ccm 1 /. 00 Oese Typhus enthalteu. Aus der folgen- 
den Tabelle, die die Ergebnisse des Versucnes wiedergibt, der gleichzeitig mit dem in 
Tabeile V ausgefiihrt worden ist, und darauf ausgeht, den Wert des Antityphusserums 
zu bestimmen, ergibt sich, dafi man mit 0,4 Veraiinnung 1:5 des Immunserums Kom- 


Tabelle VI. 























302 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Filterbelagextrakten des Leitungswassers nebst Zusatz einer in einem 
bestimraten Verhaltnis stehenden Typhuskeimmenge arbeiten zu konnen. 
Dieses Begehren stoBt in der Praxis aber auf den Uebelstand, daB es 
ziemlich schwer f&llt, die durch eine Kerze gejagte Wassermenge mit 
hinreichender Genauigkeit zu bestimraen, wenn wir uns innerkalb der 
natiirlichen Verhaltnisse einer unter Druck stehenden Wasserleitung 
halten wollen. Nehmen wir also an, daB wir mit der Bestimmung des 
autoantikomplementaren Vermogens des mit der Methode Leuchs aus 
der Aufschwemmung des Kerzenbelags erhaltenen Extrakts die in Ta- 
belle VII erhaltenen Ergebnisse erhalten hatten. Wollen wir dann er- 
fahren, ob in diesem Extrakt das Typhusantigen enthalten ist, so mussen 
wir das Extrakt mit dem Immunserum zur Reaktion bringen. Welche 
Extraktdosis ist in diesem Falle angeraten? Hochstens 0,2 ccm; d. h. 
die Halfte der Dosis, mit der wir noch vollstandige Hamolyse erhalten. 
Nun ist aber in 0,2 ccm Extrakt das Extrakt von Vioo Oese anderer 
Keime enthalten. Da man jedoch mit dem Immunserum V 400 Oese 
Typhuskeime erkennen kann, lieBe sich in der Praxis ein positives Er- 
gebnis erst dann erreichen, wenn auf je 16 andere Keime 1 Typhuskeim 
kommt. Obgleich nun, wie hieraus ersichtlich, das Resultat besser ist, als 
das mit den Aufschwemmungen erhaltene, sind wir doch der Ansicht, daB 
wir der Methode noch lange keine praktische Bedeutung beimessen konnen. 

Wenn das Immunserum einen hoheren Wert hatte, als das von uns 
verwandte, so konnte der Typhuskeim auch dann nachgewiesen werden, 
wenn er den anderen Mikroorganisraen gegeniiber sich in einem geringeren 
Verhaltnis befaude als 1 : 16. Wir mochten hier jedoch darauf hinweisen, 
daB dies erstens das Resultat nur wenig zu andern iinstande ware und 
zweitens, daB unser Serum ziemlich hochwertig war. Mit ihm laBt sich, 
wie wir gesehen haben, bei Verwendung einer zweifachen Ambozeptor- 
dosis auch 1 / i00 Oese erkennen, doch ist dies zweifellos noch nicht die 
erreichbare Maximalgrenze. Vermindert man zweckentsprechend die 
Menge des Antigens und besonders die des hamolytischen Ambozeptors, 
des Komplements und der Erythrocytenaufschwemmung, so kann man 
sicherlich noch weit iiber die erhaltene Grenze hinauskommen. Leider 
aber lafit sich eine so hochgradige Empfindlichkeit in Wirklichkeit nur er¬ 
reichen, wenn das Extrakt allein mit Typsuskeimen hergestellt ist. Denn 
wenn es so hergestellt wird, wie in dem Falle, wo wir einen von der 
Kerze aufgenommenen Belag zu prtifen hatten, d. h. mit einer Mischuug 
von Keimen, namlich mit der Verminderung der Menge des hamo¬ 
lytischen Ambozeptors, des Komplements usw., so muB man natiirlich 
auch die Menge des Extrakts bedeutend vermindern, das man mit dem 
Immunserum reagieren lassen kann; aber mit der Verminderung der 
Extraktmenge vermindern wir auch die etwa in ihm enthaltene Typhus- 
antigenmenge. Was man also auf der einen Seite gewinnt, verliert man 
wieder auf der anderen. 


Versuche mit den nach Altmann hergestellten Extrakten. 

Auch auf Grund dieses Verfahrens haben wir verschiedene Versuche 
angestellt, von denen wir der Kiirze halber nur einige Resultate wieder- 
geben: 

162 Normalosen Agarbelag von verschiedenen Wasserkeimen werden in 115 destil- 
lierten Wasaers aufgcschwemmt. Es wird nun Antiformin in kleinen Mengen wiederholt 
hinzugegeben, vor Zusatz der folgenden Dosis stets der Ueberschufi an Alkali neutra- 
lisiert und so fortgefahren bis zur vollstandigen Auflosung der Keime. Hierauf wird 
die Fliissigkeit neutralisiert, der UeberachuS an Chlor behoben usw., genau nach den 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungemethode etc. 303 


Vorschriften Altman ns. Auf dieee Weise erhalt man im ganzen 121,5 ccm Fliissig- 
keit, der man, sobald sie mit NaCl isotonisch geworden, Karbolsaure im Verhaltnis von 
0,5 Proz. zusetzt. 0,75 ccm dieser Flussigkeit entsprechen 1 Normalose. Daneben 
prapariert man eine Losung B von Typhuskeimen mit Antiformin, und zwar derart, 
dad 10 ccm einer Normalose entsprechen. 

Schliedlich werden die folgenden Mischungen hergestellt: 

a) 1,5 A + 1,0 B 4- 9,5 physiol. Losung 

b) 1,5 A 4- 0.5 B 4- 10 „ „ 

c) 1,5 A + 0,33 B + 10,17 

d) 1,5 A + 0,25 B + 10,25 

e) 1,5 A 4-0,20 B -t- 10,30 

A') 1,5 A + 10,50 „ 

so dad also 


in 

a 

auf 

je 

1 

Oese gewShnlicher Keime 

1/ 

190 

Oese Typhuskeime 

kommt 

V 

b 

T) 

It 

1 

n 

71 

n 

'/to 

71 

V 

71 

V 

c 

V 

71 

1 

V 

T» 

n 

1/ 

/AO 

Jt 

11 

19 

11 

d 

ft 

19 

1 

a 

it 

19 

7 8 o 

11 

11 

11 

if 

e 

ft 

it 

1 

a 

it 

11 

7,00 

11 

H 

11 


LaSt man dann ansteigende Dosen dieser Gemische mit Antityphusimmunserum 
reagieren, so gelangt man zu den folgenden Resultaten: 

Tabelle VIII. 



Starke der Hamolyse in 


a 

b 

c 

Id 

e 

A' 

0,3 ccm Extr. 4 - 0,5 Kompl. 4- 0,4 Antityph.- 8 er. 4 - 0,3 phys. Los. 

0 

0 

Sp.') 

+ 

+ + 

4-4-4- 

0,4 „ „ + 0,5 „ + 0,4 „ + 0,2 „ „ 

0 

0 

0 

0 

Sp. 1 ) 

4-4- 

0,5 „ ,, + 0,5 ,, + 0,4 „ + 0,1 „ „ 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0,6 ,, „ + 0,5 „ 4- 0,4 „ 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


50 Oesen Agarkulturbelag von Typhuskeimen werden nun wie vorstehend be- 
schrieben behandelt; so erhalt man schliedlich 150 ccm Flussigkeit D. — Als Typhus- 
antigen wird eine Flussigkeit verwandt, die in je 20 ccm die Auflosungsprodukte 
1 Oese E. enthalt. 

Hierauf werden die nachstehenden Gemische hergerichtet: 

a' 3 ccm D 4- 1,0 ccm E + 2 phys. Losung, so dad das Verhaltnis bleibt: 


b' 3 

„ D 4 - 0,5 

„ E 4 - 2,5 ,, 

»> 

a' 1:20 

c' 3 

„ D 4 -0,33 

„ E -f 2,67 „ 

11 

b' 1:40 

d' 3 

„ D 4- 0,25 

,, E 4 - 2,75 „ 

11 

c' 1 :60 

e' 3 

„ D 4 -0,20 

„ E 4 - 2,80 ,, 

11 

d' 1:80 

D' 3 

„ D 

4- 3,00 „ 

♦> 

e' 1 :100 


Tabelle IX. 



Starke der Hamolyse in 

a' 

|b' 

& 1 

d' 

1 e' I 

D' 

0,3 ccm Extr. 4 - 0,5 Kompl. 4 - 0,4 Antityph.-Ser. 4 - 0,3 phys. Los. 

0 

0 

Sp. 

4- 

4- 

4-4-4- 

0,4 ,, „ + 0,5 „ 4 - 0,4 „ 4- 0,2 „ „ 

0 

0 

0 

0 

bj). 

4- 

0^ ,, » 4- 0,5 „ 4 - 0,4 „ 4- 0,1 „ ,, 

0 

0 

0 

0 

0 

Sp. 

0,6 „ „ 4 - 0,5 „ 4 - 0,4 „ 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


30 Oesen verschiedener Keime werden wie vorbeschrieben behandelt. Man erhalt 
so 90 ccm Flussigkeit F, als Typhusantigen eine FliisBigkeit, die in 20 ccm 1 Oese G 
enthalt. 


Hierauf werden folgende Gemische hergerichtet: 
a" 3 ccm F + 1 ccm G + 2,0 ccm physiol. Losung, 


b" 3 

„ F 4- 0,5 

„ 0 4-2,5 

11 

11 

11 

c" 3 

,, F 4 - 0,33 

„ G 4-2,67 

11 

11 

11 

d" 3 

„ F 4 - 0,25 

„ 0 4-2,75 

11 

11 

11 

e" 3 

„ F 4 - 0,20 

„ G 4-2.80 

11 

11 

11 

F' 3 

,, F 

4-3,00 

11 

If 

11 


so dafi das Verhaltnis bleibt in : 
a" 1:20 
b" 1:40 
c" 1:60 
d" 1:80 
e" 1:100 


1) Bp. = Spuren. 


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304 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Tabelle X. 



a"| 


Hamolyse 

in 

b u | 

ic" 

| d" 

e" | 

F' 

0,2 Fliis8. 4- 0,5 Kompl. + 0,4 Antityph.-Ser. 4- 0,4 phys. Losg. 

0 

o 

o 

+ 

+ 

+ + 

vollst. 

0,3 ,, 4- 0,5 „ + 0,4 „ -f 0,3 „ „ 

0 

o 

0 

0 

0 

++ 

0,4 ,, + 0,5 „ + 0,4 „ + 0,2 „ „ 

0 

0 

0 

o 

0 

0 

0,5 „ + 0,5 „ + 0,4 „ + 0,1 „ „ 

0 

! 0 

0 

o 

0 

0 


Liefien wir das Immunserum in den bei den nngefuhrten Versuchen verwandten 
Dosen reagieren, mit der zur Herstellung der Gemische herangezogenen Antigenloaung, 
so haben wir immer die in nachfolgender Tabelle auftretenden Ergebnisse erhalten. 


Tabelle XI. 


Hamolyse 


0,1 ccm verdiinntes Antigen (1 Oese auf 100 ccm) + 0,5 Komplement + 
0,4 Immunserum -f 0,5 physiol. Losung 
0,2 ccm verdiinntes Antigen (1 Oese auf 100 ccm) + 0,5 Komplement + 
0,4 Immunserum + 0,4 physiol. Losung 
0,3 ccm verdiinntes Antigen (1 Oese auf 100 ccm) + 0,5 Komplement 4- 
0,4 Immunserum + 0,3 physiol. Losung 
0,4 ccm verdiinntes Antigen (1 Oese auf 100 ccm) + 0,5 Komplement + 
0,4 Immunserum + 0,2 physiol. Losung 
0,8 Immunserum + 0,5 Komplement + 0,1 physiol. Losung 


4-4-4- 

Spuren 

0 

0 

vollstandig 


Daraus ergibt sich, dafi man mit der von uns verwendeten Dosis Immunserum 
Veoo Oese Typhuskeime aufdecken kann. 

Wir schreiten nun zur nfiheren Betrachtung der erhaltenen Ergeb¬ 
nisse. Die erste Tatsache, die sich aus der Betrachtung der Tabellen 
VIII, IX, X ergibt, ist. daB wir mit alien 3 mit drei verschiedenen 
Kulturgruppen hergerichteten Fliissigkeiten, abgesehen von ganz ge- 
ringen Unterschieden, gleiche Resultate erhalten haben, d. h. wir haben 
dieselbe Starke der Hamolyse mit derselben Dosis Gemisch wahrnehmen 
konnen. In Wirklichkeit haben wir bei einigen anderen Versuchen einen 
leichten Unterschied feststelleu konnen, obgleich die Ambozeptorendosis 
immer dieselbe geblieben war. Ferner konnen wir feststellen, daB bei 
den Gemischen der 3 Versuche deutliche Unterschiede in der St&rke der 
Hamolyse bei den Proben mit Typhusantigengehalt und denen ohne 
Typhusantigen sich wahrnehmen lassen. Auch zwischen den Rohrchen- 
reihen e, e', e", bei denen auf je 1 Oese gewohnlicher Keime Vioo Oese 
Typhuskeime kommen, und der Rohrchenserie A', D‘, F‘ bestehen Unter¬ 
schiede in der Starke der Hamolyse. Man miiBte daraus also auf den 
ersten Blick zu dem Schlusse kommen, daB die Altmannsche Methode 
in der Praxis die besten Resultate gibt und fiber eine ganz betrfichtliche 
Empfindlichkeit verffigt. Doch muB dieser SchluB unseres Erachtens mit 
Vorbehalt aufgenommen werden. 

Es sei vor allem darauf hingewiesen, daB das Ergebnis der Tabellen 
VIII, IX, X mit dem der Tabelle XI in Widerspruch steht. Aus dieser 
letzteren wird entnommen, daB man mit der von uns verwandten Menge 
Immunserum hochstens Vsoo Oese Typhuskeime nachweiseu konnte, d. h. 
0,004 mg Keime. Berechnen wir nun die Menge der Typhuskeime, die 
in den einzelnen RShrchen des Versuchs der Tabelle VIII enthalten ist* 
so erhalten wir die folgenden Werte. 


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Satta u. Vanzetti, Verwendbarkeit der Komplementablenkungsmethode etc. 305 


Tabelle XII. 


Menge der Typhuskeime, ausgedriickt in mg und enthalten in: 


a 

b 

c 

d 

e 

0,005 

0,0025 

0.00165 

0,00125 

0,001 

0,0066 

0,0033 

0,0022 

0,00165 

0,00132 

0,0083 

0,00416 

0,00275 

0,00208 

0,00166 


Vergleichen wir nun die Angaben der Tabelle XI mit denen der 
Tabelle VIII, so sehen wir, daB man in Gegenwart des Extrakts anderer 
Bakterien Hamolysehemmung mit 0,00132 mg Typhuskeimen erhalt, bei 
Verwendung von Typhusantigen allein zu demselben Resultat mit 
0,004 mg gelangt, d. i. mit einer dreimal so grofien Menge. Vergleicht man 
dann die Angaben der Tabelle IV mit denen der Tabelle XII, so ergibt 
sich, daB man mit der Bakterienaufschwemmung die Hemmung der 
Hamolyse erst mit 0,00698 mg Typhuskeimen erhielt, mit dem :Anti- 
forminextrakt dasselbe Resultat dagegen mit 0,00132 mmg. Dieser Unter- 
schied ist ohne Zweifel der Empfindlichkeit der Komplementablenkungs¬ 
methode zuzuschreiben, die bei Verwendung der Extrakte groBer ist als 
bei Beschickung mit Bakterienaufschwemmungen. 

Worauf wir aber ganz besonders hinweisen mOchten, das ist der 
Umstand, daB auch mit dem Antiforminextrakt der mit den Bakterien¬ 
aufschwemmungen deutlich und best&ndig, mit dem Extrakt nach Leuchs 
wenig energisch und unbest&ndig hervorgetretene Vorgang beobachtet 
werden kann, daB n&mlich sowohl in Gegenwart des Extrakts wie auch 
der Aufschwemmung mit der Komplementablenkungsmethode eine ge- 
ringere Menge Typhusantigen nachgewiesen werden kann, als ohne Ex¬ 
trakt und ohne Aufschwemmung. Diese Tatsache haben wir bei alien 
mindestens zehnmal, nicht nur mit einem Immunserum, sondern auch 
mit zwei anderen Immunseren wiederholten Versuchen feststellen kdnnen, 
wie aus folgender Tabelle hervorgeht. 


Tabelle XIII. 







Hamolyse mit 





a' 

b' 

1 

c' 


d' 

D' 


Ser. 

I 

Ser. 

11 

Ser. 

1 

Ser. II 

Ser. 

I 

Ser. 

II 

Ser. 

I 

Ser. II 

Ser. I 

Ser. II 

0,2 Extr. (Tabelle 











VIII) + 0,5Kpl. 
+ 0,4 A.-Typ.- 
Ser. + 0,4 phy¬ 
siol. Losung 

0 

+ 

Spur. 

+ + + + 

+ + 

vollst. 

+ + + 

vollst. 

vollst. 

vollst. 

0,3 id. Kpl. id. 









A. -Typh. - Ser.; 











+ 0,3 phys. Los. 
0,4 id. Kpl. id. 

0 

0 

0 

+ + 

Spur. 

+++ 

+ 

++++I 

+ + + + 

+ + + + 

A. -Typh. - Ser.; 
+ 0,2 phys. Los. 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

Spur. 

++ 1 

+ + 

+ + + 


0,8 Serum I + 0,5 Komplement + 0,2 physiologischer LOsunjr vollstandig 

0,8 „ 1 + 0,5 „ +0,2 ,, ,, „ 


Vergleichen wir nun die in Gegenwart des Antiforminextrakts anderer 
Keime von dem Immunserum aufgedeckte Menge Typhusantigen mit der 

Brste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 4. 20 


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306 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


ohne Extrakt aufgedeckten, so finden wir, daB sie groBer ist. Der Kiirze 
wegen verzichten wir auf die Wiedergabe der die beiden Immunseren 
betreffenden Bewertungsresultate. Der Unterschied in der Starke der 
Hamolyse zwischen den Rohrchen mit Serum I und denen mit Serum II 
steht mit dem verschiedeneu Wert der beiden Seren in Zusammenhang, 
was besondere Nachforschungen erwiesen haben. 

Es kann also keinerlei Zweifel dariiber bestehen, daB die aufdeckbare 
Menge Typhusantigen grbBer ist, wenn es allein verwandt ist, als die- 
jenige, die sich feststellen laBt, wenn neben dem Typhusantigen sich auch 
Extrakt oder Aufschwemmungen anderer Bakterien vorfinden. Schwer 
fallt dagegen die Auslegung. Bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse 
ist die nachstliegende Vermutung wohl die, daB das Extrakt oder die 
Aufschwemmung, auf das kolloidale Milieu verandernd einwirkend, es fiir 
die Auflosung der Typhus-Antigen-Antikorperreaktion giinstiger stimmt, 
oder aber den antagonistischen Effekt einer im Immunserum oder im 
Meerschweinchenserum enthaltenen Substanz neutralisiert. Ob aber diese 
giinstige Einwirkung bestandig, ohne Ausnahme, beobachtet wird, und 
bei alien spezifischen antikomplementaren Reaktionen, darauf konnen wir 
weder im positiven noch im negativen Sinne antworten. Von uns 
wenigstens ist sie bei Verwendung des Antiforminextrakts in alien Fallen 
festgestellt worden. 

Es ist somit die Verwendung der Antiforminextrakte der der Bakterien- 
aufschwemmung vorzuziehen. DaB aber dann die Methode der Komple- 
mentablenkung mit diesen Abanderungen in der Praxis zum Nachweis des 
Typhusbacillus im Trinkwasser verwendbar werden kounte, ist nach unserer 
Anschauung auf Grund nachfolgender Betrachtungen auszuschlieBen: 

Ist es Tatsache, daB wir bei unseren Versuchen einen bedeutenden 
Grad von Empfindlichkeit erreicht haben und wir auch dartun konnten, 
daB die Ablenkung des Komplements von der Typhus-Antigen-Antikorper- 
reaktion hervorgerufen wird, so ist es nicht weniger wahr, daB die von 
uns geschaffenen Versuchsbedingungen insofern nicht auf die praktischen 
Falle angewandt werden konnen, als wir Extraktmengen verwandt haben, 
mit denen wir bei den Kontrollversuchen ein von fast vollstandiger 
Hamolyse bis zum Fehlen von Hamolyse gehendes Ergebnis erhalten 
haben. Nun milssen wir uns aber bei Verwendung in der Praxis an 
Dosen halten, die der Halfte von denen entsprechen, die nach den Vor- 
versuchen noch eine vollstandige Hamolyse zulassen. Es haben sich 
aber selbst diese Dosen viele Male noch als zu hoch erwiesen, so. z. B. 
bei dem Versuche, dessen Resultate in der folgenden Tabelle wieder- 
gegeben sind: 

Tabelle XIV. 


1 Oese Wasserkeime in 6 ccm Fliissigkeit = Q. 


Hamolyse mit 



+ 0,4 
physiol. 
LoBung 

+ 0,4 
Anti¬ 
typhus- 
serum I 

+ 0,4 
Anti¬ 
typhus- 
serum II 

+ 0,4 
Serum 
anti- 

melitensis 

+ normales 
Kanincheu- 
serum 

0,1 Q + 0,5 Komplement 


vollstandig 

vollstandig 

+ + + + 

+ + + 

vollstandig 

0,2 „ -|- u,t> ,, 

CJL 

.2 = 


+ + + 

+ + + 

+ + 


0,4 „ -f 0,5 „ 

OD 3 

>* cc 

99 

+ + 

+ + 

+ 

+ + + + 

0>6 »» “1“ 0»£) n 



0 

0 

0 

+ + + 

0,8 „ + 0,5 „ 



— 

— 

— 


TO ,, + 0,5 ,, 


99 

— 

— 

— 

— 


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Verderame, Zur Differenzierung gramnegativer Diplokokken etc. 


307 


0,8 Antityphusser. I + 0,5 Komplement + 0,2 physiol. Losung etc. vollstandig 

0,8 „ II + 0,5 „ + 0,2 „ „ „ 

0,8 Ser. antimelitensis + 0,5 „ +0,2 „ „ ,, 

0,8 Normales Serum + 0,5 „ + 0,2 „ „ „ 

0,4 Antityphusser. I + 0,5 Komp. + 0,6phys. Lsg. + 0,5 Hammelerythrocyten- „ 

aufschwemmung + + + 

0,4 „ II +0,5 „ +0,6 „ „ +0,5 „ + + + 

0,4 Ser. antimelitensis + 0,5 „ + 0,6 „ „ + 0,5 „ + + 

0,4 Normales Serum +0,5 „ +0,6 „ „ +0,5 „ vollstandig 

Aus (liesen Versuchen geht hervor, daB in Gegenwart von Iinmun- 
serum auch init weniger als der HSlfte der Extraktdosis ohne Typhus- 
keime, die nach den allgemein festgesetzten Normen als gestattet gilt, 
ein gewisser Grad von Hamolysehemmung beobachtet worden ist. Um 
also die passende Dosis zu wahlen, miiBte man die Auflosungsflilssigkeit 
des Belags init Antiformin, in Vorversuchen mit Kaninchennormalseris und 
Immunseris reagieren zu lassen, wobei jedoch zu beachten ist, daB ihr Anti- 
korper im Wasser kein entsprechendes Antigen finden darf. Wollte man 
in unserem Falle verraeiden, daB eine etwaige Ablenkung des Komplements 
der Typhus-Antigen-Antikorperreaktion zugeschrieben werden kbnnte, so 
miiBte man zu einer 0,1 nicht iiberschreitenden Extraktdosis greifen. 
Damit wtirde man den Typhuskeim nur dann nachweisen konnen, wenn 
er hdchstens im Verhiiltnis von 1 Typhuskeim auf 20 andere Keime vor- 
handen ist. Doch ist es einleuchtend, daB dieses Verhiiltnis die Methode 
der Komplementablenkung zum Nachweis der Typhuskeime im Wasser 
ihrer praktischen Bedeutung beraubt. 

AuBer alien Einwendungen, deren Berechtigung wir nachgewiesen 
haben, mbchten wir nur noch an diejenige erinnern, die auch dann 
noch bestehen wird, wenn es uns gelungen sein wird, mit der Verbesse- 
rung der Methoden die Reaktion verfeinert und viele Fehlerquellen aus- 
geschieden zu sehen, n&mlich die Schwierigkeit, ein zu dem noch aufzu- 
suchenden Typhusantigen passendes Antityphusserum reagieren zu lassen, 
da nach den Versuchen Raskins 1 ) die MSglichkeit gegeben ist, daB 
das Antityphusiinmunserum nur mit dem zur Immunisierung verwandten 
Antigen reagiert. 


Nachdruck verboten. 

Zur Differenzierung gramnegativer Diplokokken mit Hilfe 
der Agglutinations- und Komplementbindungsprobe. 

[Aus der Universitats-Augenklinik in Freiburg i. Br. (Direktor: Geh.-Rat 

Prof. Th. Axenfeld)]. 

Von Dr. Ph. Verderame, Universitats-Augenklinik Turin. 

Die serologischen Untersuchungsmethoden haben in der neueren 
Zeit, dank der Vervollkommnung der technischen Seite, eine immer mehr 
ausgedehnte Anwendung in der Bakteriologie und besonders in der Diffe¬ 
renzierung sich morphologisch sowie kulturell nahestehender und daher 
zum Teil schwer trennbarer Keime gefunden. Zu diesen Keimen gehort 
auch die Gruppe der gramnegativen Kokken, unter denen gerade 


l) 1. c. 

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20 * 

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308 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


die Ditferenzierung von Gono- und Meningokokken oft von nicht geringer 
klinischer Bedeutung ist. 

Da ich im Verlaufe meiner Untersuchungen fiber das Vorkommen 
gramnegativer Kokken auf der menschlichen Bindehaut unter anderem 
die Gelegenheit hatte, einmal auch einen echten Weichselbaum- 
schen Meningococcus zu isolieren, so legte mir dieser Befund den 
Gedanken nahe, neben dem genauen kulturelleu Studium dieses Keimes 
auch sein Verhalten gegentiber der Agglutinationsprobe sowie der Kom- 
plementablenkungsreaktion naher zu prfifen. Zur Untersuchung gelangten 
hierbei, auBer diesem Keime, sichere Meningokokkenstamme, die teils aus 
unserer eigenen Sammlung, teils aus dem Berner Seruminstitut starnmteu, 
ferner der Gonococcus, der Micrococcus catarrhalis sowie 
einige andere von mir isolierte Stamme gramnegativer Kokken. 

Was nun den bereits erw&hnten, von mir aus der menschlichen 
Conjunctiva isolierten Meningokokkenstamm anbetrifft, will ich zunachst 
anffihren, daB derselbe einer sorgfaltigen kulturellen Unter¬ 
suchung unterzogen wurde. Die hierbei erhaltenen Hauptdaten 
waren kurz folgende 1 ): 

Die streng gramnegativen semmelformigen Diplokokken wachsen zunachst nur auf 
Serum- oder bluthaltigen Nahrboden, und zwar in Form von feuchten Kolonieen von 
graulichem Aussehen, die sich bei LupenvergroSerung vollkommen rund und glatt kon- 
turiert, 90wie durchscheinend erweisen; an der Oberflache des Kondenswassers Kahm- 
hautbildung. In den Ausstrichpraparaten alterer (36—48-stiindiger) Kulturen sehr viele 
Degenerationsformen. Von der 28. bzw. 29. Generation ab Wachstum auch auf Loff- 
lers Blutserum sowie auf Pepton- und Glyzerinatrar. In Ascites- sowie Serumbouillon 
bei ganz ruhigem Stehen zartc Kahmhaut- oder Ringbildung. Gelatine wird nicht ver- 
fliissigt; auf Blutplatte keine Hamolyse. Wachstum auf Kartoffel und Milch sehr 
sparlich; Reaktion in letzterer sowie in neutralroter Lackmusmolke, die sich dabei leicht 
blaulich farbt, leicht alkalisch. Fehlen von Gasbildung. Wachstum nur aerob und am 
beaten bei 34— 38° C. Widerstandsfahigkeit im ganzen gering, namentlich gegen Aus- 
trocknung. Pathogenitat fiir Mause und Meerschweinchen sehr gering. Die zwei- 
malige Priifung gegeniiber den v. Lingelsheimschen Zuckernahrboden ergab, dafi stets 
nur Maltose uncf Dextrose vergiirt wurden, und zwar erstere etwas starker als letztere. 

Nach dem ganzen morphologischen und kulturellen Verhalten dieses 
Keimes mfissen wir ihn zweifelsohne zu den echten Meningokokken 
zahlen. Dieses Resultat war ffir uns urn so tiberraschender, als es sich 
bei ihm um einen zufalligen Befund bei einem sonst vollkommen 
gesunden Patienten handelte, der sich von uns eine Brille ver- 
schreiben lassen wollte; irgendwelche Beziehungen zu Genickstarre- 
kranken konnten auf einem Zeitraum von mehr als einem Jahr nicht 
nachgewiesen werden, und der vorher immer gesund gewesene Patient 
blieb auch in der Folge gesund. 

Ohne mich auf die Frage nfiher einzulassen, ob echte Meningokokken 
bei Gesunden vorkommen, und ob dessen Befund sich stets auf einen 
Zusammenhang mit Meningitiserkrankungen zurfickffihren lasse, eine 
Frage, die, wie aus den neueren Untersuchungen hervorzugehen scheint 2 ), 
auf Grund des Nachweises gesunder „Kokkentrfiger tt sowie der so- 
genannten Dauerausscheider als im bejahenden Sinne gelost betrachtet 
werden kann, ffihre ich an, daB mich der interessante Befund anregte, 
zur weiteren Identifizierung des Keimes auch die Agglutinations¬ 
probe zu Rate zu ziehen. 


1) Naheres s. in Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 50. 1912. T. II. p. 155. 

2) Vgl. Busse, Die iibertragbare Genickstarre. (Klin. Jahrb. Bd. 23. 1910. 
p. 506.) 


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Verderame, Zur Differenzierung gramnegativer Diplokokken etc. 


309 


Ueber den Wert derselben hat man in ueuerer Zeit nicht wenig de- 
battiert, und zwar stehen sich hier zwei Ansichten gegeniiber. Nach der 
eineu von ihnen besitzt die Agglutination einen absolut spezifischen Cha- 
rakter, und zwar werden von einem Serum, das durch Vorbehandlung 
von Tieren mit dem betreffenden Stamm gewonnen wird, imraer nur die 
der betreffenden Gruppe angehorigen Stamme in hoheren Verdiinuungen 
zusammengeballt. Zu dieser Ansicht bekennen sich v. Lingels- 
heim (36), Brons (10), Krumbein und Schatiloff (30). Felder- 
mann (20), K on rich (28) u. a. m. In der Folge zeigte sich jedoch, 
daB bei den Meningokokken oft nicht unerhebliche Schvvankungen in den 
Agglutinationswerten zutage treten, und wurde darauf besonders auf- 
merksam gemacht durch Pick (41), Ditthorn und Gildemeister (17), 
0naka (40), Ko 11 e und Wassermann (27). Die letzteren Autoren be- 
obachteten auBerdem, daB normales Tierserum echte Meningokokken in 
geringem Grade (etwa in 20—25-facher Verdiinnung) zur Zusammen¬ 
ballung bringen, dagegen meningokokkenahnliche Stamme in viel hoherem 
Grade, und zwar nicht weniger als durch Serum vorbehandelter Tiere, sie 
verlangen daher eine Kontrolle mit dem Normalserum des Tieres, dem das 
agglutinierende Serum entstaramt. Dieser Ansicht schlieBen sich Friese 
und Muller (23), Bruns und Hohn (13), Westenhoffer (54) sowie 
andere an. 

Kutscher (32, 33) stellte dann fest, daB es echte Meningokokken- 
stamme gibt, die nach 24 Stunden bei 37° C nicht, dagegen bei 55° C 
deutlich agglutiniert werden. Bestatigt wurde dieser Behind u. a. durch 
Friese und Muller (1. c.), Lieberknecht (35), G. Mayer (38), 
Sachs-Mfike (44). 

Vor kurzer Zeit sind dann von Friese und Muller (23) meningo¬ 
kokkenahnliche Keime beschrieben worden, die von ihnen als „S.-Stamme“ 
bezeichnet werden, und die, auBer durch die oft nicht ganz runde Kontur 
der einzelnen Kolonieen, nur durch die Hohe der Zusammenballung von 
echten Meningokokken zu unterscheiden seien l ). Diese Differenzierung 
ist nach ihnen, sowie nach Sachs-Mfike (44) und anderen Autoren, 
dagegen im Widerspruch zu den Resultaten von Lieberknecht (35), 
schon bei einer Temperatur von 37° in hSheren Verdiinnungen als 1:200 
nach 24 resp. 48 Stunden moglich, wird aber besonders evident erst bei 
55°, da bei letzterer Temperatur die Zusammenballung der meningo- 
kokkenahnlichen Stamme, die sogenannte Mitagglutination, ganzlich 
ausbleibt. Demnach ware die Wirkung der Temperatur von 55° eine 
artspezifische fiir den Meningococcus. In zweifelhaften Fallen 
mtifite man also nach Sachs-Mfike (1. c. p. 449) auBer der Agglutination 
bei 37° auch diejenige bei 55° vornehmen und wurde es dann sicher fflr 
Meningokokken sprechen, wenn bei letzterer Temperatur die zusammen- 
ballende Wirkung des polyvalenten Meningokokkenserums eine st&rkere 
wire und mindestens die halbe Titergrenze des agglutinierenden Serums 
erreichte. 

Es ist ferner von verschiedener Seite, so von Van nod (49), W oli¬ 
st ein (55) darauf aufmerksam gemacht worden, daB bei den grain- 
negativen Kokken eine sogenannte „Gruppenagglutination“ auf- 
treten kann. So kann ein spezifisches Meningokokkenserum Gonokokken 

1) Einen ihnen nahe verwandten gramnegativen Diplococcus haben kiirziich auch 
Pagenstecher und Wiasmann (Ueber m etas tat. Panophthalmie durch gramnegative 
Kokken etc. Klin. Monatsbl. f. Augenheiik. Bd. 1. 1911. p. 468) aus dem Auge iaolieren 
konnen. 


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310 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


zur Agglutination bringen und umgekebrt; ahnliches hat auch v. L i n g e 1 s - 
heim (1. c. p. 413) fiir audere gramnegative Kokkeu nachweisen konnen, 
er macht aber darauf aufmerksam, daB dies nurbei gauz schwachen 
Verdunnungen und inkonstant auftritt. 

Die zweite Ansicht iiber den Wert der Agglutination gelit dahin, daB 
derselbe ein geringer Oder direkt nichtiger sei; sie wird uuter anderem 
besonders von Eberle (19), Silberschinidt (45), Ballner und 
Reibmayer (5), Mucha und Wiesner, Baecher und Hachla (4), 
Trautmann und From me (48), Bruckner und Crist^anu (11) 
verfochten. Nacli Baecher gibt es sogar echte, spontan aggluti- 
nierende Meningokokken neben solchen, die iiberhaupt nicht aggluti- 
nabel sind, eine Tatsache, auf die ubrigens anch Rautenberg (42), 
Kolle-Wassermann (Erg.-Bd. 1907), Lieberknecht (35, p. 178) 
aufmerksam machen. Auch Bartels (6) ist zu einem wenig ermuti- 
genden Resultat gelangt 1 ) und ebenso Colombo (16), der auf das Auf- 
treten von sogenannten Koagglutininen hinweist. 

In Anbetracht dieser Meinungsverschiedenheit schien es mir nicht 
nutzlos, mit den von mir aus der menschlichen Conjunctiva isolierten 
Stammen gramnegativer Diplokokken Agglutinationsversuche vorzunehmen 
und so einen, wenn auch im Hinblick auf ihre nicht sehr groBe Anzahl 
nur bescheidenen Beitrag zu dieser nicht unwichtigen Frage beizusteuern. 

Zur Untersuchung gelangten auBer dem kulturell als Meningo¬ 
coccus erkannten Stamm Huemer zwei sichere Meningokokkenstamme 
aus unserer Sammlung, ferner ein Gonokokkenstamm (aus einer Blen- 
norrhoea neonatorum gezuchtet), zwei Stamme von Micrococcus ca¬ 
tarrh alis sowie zwei weitere Stamme gramnegativer, aus der Con¬ 
junctiva isolierter Kokken, die sich kulturell von den anderen drei er- 
wahnten Arten deutlich unterschieden (Stamm Simon und Graf). Auf 
diese Stamme lieBen wir nun zwei polyvalente Antimeningokokkensera 
einwirken, die wir aus dem Berner Institut fiir Infektions- 
krankheiten, bzw. aus den Hochster Farbwerken von Meister, 
Lucius und Brlining bezogen; zur Kontrolle dienten Kochsalzlosung 
sowie normales Pferdeserum. Die Agglutinationsversuche selbst wurden 
mit Kochsalzaufschwemmungen der betreffenden Stamme, und zwar in 
Vidalschen Schalen vorgenommen. Die Ablesung der Resultate ge- 
schah nach 5 /4 Stunden bei 37° C, die Kontrolle nach 24 Stunden bei 
Zimmertemperatur. 

Im folgenden sind die Versuchsprotokolle ersichtlich (Tabelle I und 
Tabelle II), wobei 

0 keine, +' ganz schwache. +" maSige, +"' starke, und +"" sehr starke Agglutination 

bedeutet. 

Aus den beiden Tabellen I und II geht deutlich hervor, daB unser 
Stamm Huemer sich den polyvalenten Antimeningokokkenseris aus Bern 
und aus Hbchst 2 * * ) gegeniiber ganz ahnlich verhielt wie die beiden 
sicheren Meningokokkenstamme Biehl und Beuthen; alle drei StAmme 
wurden von den erwahnten Seris noch bei einer Verdtinnung von 1:800 


1) Bartels spricht in seiner Arbeit mehrfach von einem Meningococcus ca- 
tarrhalis; es wird wohl darunter der Meningococcus intracellularis ge- 
meint sein. 

2) Wie die Hfichster Farbwerke Herrn Geheirorat Axenfeld brieflich mitteilen, 

wird das von ihnen gelieferte Serum entgegen den Angaben in der Literalur mit zahl- 

reichen Originalstammen von Meningokokken hergestellt und nicht mit einer Passage- 

kultur. 


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Verderame, Zur Differenzierung gramnegativer Diplokokken etc. 


311 


Tabelle 1. 


Agglutinationsversuch mit polyvalentem Antimeningokokken- 

serum (A.-S.) Bern (Titre 1:1500). 


Meningo- 

kokken-A.-S. 

„Bern“ 

Verdunnung 

Menin¬ 

gococ¬ 

cus 

Biehl 

Menin¬ 

gococ¬ 

cus 

Beuthen 

Stamm 

Huemer 

Micro¬ 

coccus 

catarrh. 

Steiger 

Micro¬ 

coccus 

catarrh. 

Koch 

Gono¬ 

coccus 

Ruh 

Stamm 

Simon 

Stamm 

Graf 

1:20 

j UU 


j UU 


+ '? 

+ 

' 

? 

+'? 

1:40 

j U U 

j UU 

j u u 

o 

0! 

0! 

0! 

+ '? 

1:80 

j UU 

_j_*i h 

j M U 

c3 

0 

o 

0 

0 

1 :100 

j u U 

| UU 

| U U 

a 

0 

0 

0 

0 

1:200 

I UU 

j UH 


2 

0 

0 

0 

0 

1 :400 

+'" 



bO 

I 

0 

0 

0 

0 

1:800 



+ " 

0 

0 

0 

0 

1:1200 

+" 

+ " 

+' 

I 

o 

0 

0 

0 

NaUl-Losung 

Normales 

0 

0 

0 

e 

o 

& 

0 

0 

0 

0 

Serum 

0 

0 

0 


0 

0 

0 

0 


Tabelle II. 

Agglutinationsversuch mit polyvalentem Antimeningokokken 
serum (A.-S.) Hochst (Titre 1:1200). 


Meningo- i 
kokken-A.-S. 
„H6chst“ 

Verdunnung 

Menin¬ 

gococ¬ 

cus 

Biehl 

Menin¬ 

gococ¬ 

cus 

Beuthen 

Stamm 

Huemer 

Micro¬ 

coccus 

catarrh. 

Steiger 

Micro¬ 

coccus 

catarrh. 

Koch 

Gono¬ 

coccus 

Ruh 

Stamm 

Simon 

Stamm 

Graf 

1:20 

j UU 

j UU 

j UU 


+‘? 

+ ' 

? 

+'? 

1:40 

1 UU 

1 UU 

u u 

o 

0 

? 

0 

? 

1:80 

1 uu 

1 U H 

_j_ HU 

'■& 

03 

0 

0 

0 

0 

1:100 

uu 

uu 

uu 

a 

0 

0 

0 

0 

1:200 

j u u 

1 uu 

| uu 

15 

0 

0 

0 

0 

1 :400 





0 

0 

0 

0 

1:800 

+" 


+" 

+' 

0 

0 

0 

0 

1:1200 

+' 

+" 

1 

0 

0 

0 

0 

NaCl-L5sung 

0 

0 

0 

a 

| 

CO 

0 

0 

0 

0 

Normales 

Serum 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


deutlich agglutiniert; Stamm Biehl und Beuthen sogar noch bis 1:1200, 
aber auch Huemer zeigte, wenn auch schwacher, noch Agglutination. 
In bezug auf die agglutinierende Wirkung der beiden Sera zeigte sich 
kein besonderer Unterschied. 

Was die tibrigen untersuchten Stamme anbetrifft, namlich ein Gono- 
kokkenstamm, zwei StSmme des Micrococcus catarrhalis sowie 
zwei von alien diesen sich kulturell verschieden verhaltende Stamme 
gramnegativer Kokken (Simon und Graf) wurden von den Meningo- 
kokkenseris kaum oder gar nicht beeinfluBt; Beim Micrococcus 
catarrhalis Steiger zeigte sich eine deutliche Spontanaggluti- 
nation, ein Verhalten, auf das besonders Brons (9) aufmerksam ge- 
macht hat und das ich, auBer bei einigen in letzter Zeit isolierten Catar- 
rhalis-St5mmen, auch bei einem anderen friiher (50, p. 539) bereits 
genau beschriebenen Stamm (Koch) feststellen konnte. Dieser selbe 
Stamm, den ich nun seit mehr als zwei Jahren weitergeziichtet habe und 
der auf den beiden Agglutinationstabellen I und II figuriert, zeigte nun 


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312 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


das interessante Faktura, daB er nicht raehr spontan agglu- 
tinierte und sich daher zur Anstellung dieser Reaktion gut eignete. 

Aus deu Agglutinationstabellen I und II wtirde sich also ergeben, 
daB die Antimeningokokkensera nur die Meningokokken zusammenbalien, 
wahrend die iibrigen untersuchten Stamme gramnegativer Kokken von ihnen 
sehr wenig Oder gSnzlich unbeeinfluBt bleiben. Um dieses Resultat zu kon- 
trollieren, haben wir uns beim Kaninchen durch passive Immunisierung mit 
dem Stamm Huemer ein Antiserum hergestellt, das wir auf diesen selben 
Stamm sowie auf alle iibrigen bereits erwahnten Stamme haben ein- 
wirken lassen. Die Anordnung dieses dritten Agglutinationsversuches 
war dieselbe, wie bei den vorhergehenden. Das Resultat ist aus der 
Tabelle III ersichtlich. 


Tabelle III. 


Aggl utinations versuch mit dem Antiserum „Huemer“. 


A.-S. 

„Huemer“ 

Verdunnung 

Menin¬ 

gococ¬ 

cus 

Biehl 

Menin¬ 

gococ¬ 

cus 

Beuthen 

Stamm 

Huemer 

Micro¬ 

coccus 

catarrh. 

Steiger 

Micro¬ 

coccus 

catarrh. 

Koch 

Gono¬ 

coccus 

Ruh 

Stamm 

Simon 

Stamm 

Graf 

1:20 

■ UU 

j UU 

| UU 


+'? 

+' 

? 

+ # 

1:40 

j UU 

| u u 

u 

_o 

0 

+'? 

0 

+'? 

1:80 

| UU 

1 UU 

1 UU 

ca 

0 

0 

0 

0 

1:100 

| UU 

1 UU 

+"" 

.2 

0 

0 

0 

0 

1:200 

1 u u 

| u u 

1 UU 

3 

0 

0 

0 

0 

1:400 




bD 

SP 

0 

0 

0 

0 

1:800 

+" 

+" 

+- 

0 

0 

0 

0 

1:1200 

+'? 

? 

+'? 

3 

0 

0 

0 

0 

NaCl-Losung 

0 

0 

0 

a 

8. 

03 

0 

0 

0 

0 

NormalesKa- 

ninchenser. 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


Aus Tabelle III ersieht man also, daB das mit unserem Stamm 
Huemer hergestellte Antiserum diesen selben Stamm sowie zwei sichere 
Meningokokkenstamme bis zu einer Verdunnung von 1: 800 noch deutlich 
agglutinierte; gar nicht oder kaum wurden von ihm beeinfluBt die 
Catarrhal is-Stamme, der Gonococcus sowie zwei weitere Stamme 
gramnegativer und von diesen auch kulturell verschiedener Kokken. 
Kontrollversuche mit KochsalzlOsung und normalem Kaninchenserum 
lieBen keine Wirkung erkennen. 

Aus den 3 Agglutinationstabellen wiirde sich also einmal ergeben, 
daB der von uns aus der Conjunctiva eines gesunden Menschen isolierte 
Stamm Huemer, irn Einklang mit den ausgiebigen morphologischen sowie 
kulturellen Untersuchungen, als ein echter Meningococcus zu be- 
trachten ist. Unsere Agglutinationsversuche lehren uns ferner, daB 
die Agglutination in unseren Fallen eine spezifische war, daB also 
mit dem Meningokokkenserum nur Meningokokken in einer starkeren 
Verdunnung agglutiniert wurden, wahrend Stamme anderer Gruppen 
gar nicht oder nur in starken Ivonzentrationen von ihm beeinfluBt wurden 
(Gruppenagglutination). Die Agglutination kann also nebst dem kul¬ 
turellen Verhalten mit Nutzen zur Trennung des Meningococcus von 
anderen gramnegativen Kokken herangezogen werden; es gilt dies, wie ich 
bereits frtiher 1 ) Gelegenheit hatte zu betonen, in ganz besonderem 

1) Verderame, Ancora a proposito del Micrococcus catarrhalis e la sua 
azione sulla congiuntiva iimaua. (Annali di Ottalm. 1911. Fasc. 11.) 


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Verderame, Zur Differenzierung gramnegativer Diplokokken etc. 


313 


MaBe fur (lessen Trennung von tier i h m naheverwandten Catar¬ 
rhal is gruppe. In zweifelhaften Fallen ist daher die Anwendung dieser 
Differenzierungsmethode nicht auBer acht zu lassen. Ich kann mich also 
durchaus nicht der Ansicht der Autoren anschlieBen, welche tier Agglu- 
tinationsreaktion jede Bedeutung absprechen mochten, und pflichte der 
Meinung von Sachs-Miike (44) bei, der sich dariiber folgendermaBen 
ausspricht: „Zur endgiiltigen Bestimmung der Stamme (scil. gramnegativer 
Kokken) bliebalso nur die Agglutination iibrig, der von manchen Seiten fiir 
die Meningokokken nicht die Bedeutung beigemessen wird, die sie fiir die 
Erreger anderer Infektionskrankheiten heutzutage besitzt. Wie sie bei 
diesen sich erst nach Vermeidung gewisser Fehlerquellen voile An- 
erkennung erringen konnte, so ist dies auch fiir die Meningokokken zu 
hoffen, sobald alle Bedingungen fiir eine einwandfreie Reaktion bekannt 
sein werden. u 

Neben der Agglutinationsprobe hat man dann in neuerer Zeit zur 
Differenzierung der Meningokokken von den iibrigen Arten derselben 
Familie vielfach auch von der von Bordet und Gen gou eingefiihrten 
und von Wassermann und Bruck weiter ausgearbeiteten Methode, 
der sogenannten Kompiementbindung gesprochen, mit deren Hilfe 
es gelingt, spezifische Bakteriensubstanzen in Bakterienextrakten durch 
Beimengung spezifischen inaktivierten entsprechenden Serums nachzu- 
weisen. Fiir die Verwendbarkeit dieser Methode sind besonders 
K rum bei n und Schatiloff (31), Kutscher (32), Meakins (39 a), 
Vann od (49), On aka (40) sowie andere Autoren eingetreten, wahrend 
sie nach v. Lingelsheim (36) und nach Mayer (38) keinen Vorteil fiir 
die Diagnose bietet. Nach Wo 11 stein (55) besitzen der Meningo¬ 
coccus und der Gonococcus gemeinsame Ambozeptoren, eine 
Eigenschaft, die auch von Bartels (1. c. p. 549) angegeben wird. 
Auch Colombo (16) halt die Methode nicht fiir geniigend wegen der 
Variability der Antigene und der Unraoglichkeit, ihren Wert genau ab- 
zuschatzen, sowie weil bisweilen in den Seris keine spezifischen Ambo¬ 
zeptoren, sondern nur Koambozeptoren enthalten sind. 

Da, wie wir gesehen haben, die Agglutinationsprobe einigen Autoren 
nicht dieselben brauchbaren Resultate in der Differenzierung der gramnega- 
tiven Kokken geliefert hat, wie uns, war es von Interesse, auch die Kom- 
plementablenkung zurTrennung dieser Keime vergleichend heranzuziehen. 
In Anbetracht der etwas groBeren Umstandlichkeit dieser Methode haben 
wir dieselbe nur bei 4 Stammen angewandt, und zwar bei je einem 
Stamm Gonokokken, Meningokokken und Micrococcus catarrhalis 
sowie bei unserem aus der Bindehaut eines Patienten isolierten Stamm 
Huemer, der nach seinem ganzen iibrigen Verhalten als ein Meningo¬ 
coccus zu betrachten ist; denn gerade bei diesen 3 Arten sich nahe- 
stehender gramnegativer Kokken ware es wiinschenswert, da, wo die Kultur 
nicht zu einem eindeutigen Resultat ftihrt, ein Mittel zu deren sicherer 
Untcrscheidung in der Hand zu haben. Gegen diese 4 StSmme lieBen 
wir drei verschiedene spezifische Sera einwirken, niimlich ein Antimeningo- 
kokkenserum aus Hochst, ein weiteres aus Bern bezogenes und ein eigenes 
durch Immunisierung eines Kaninchens mit unserem Stamm Huemer 
gewonnenes Antiserum. 


1) Da nach unserer Erfahrung der Gonococcus, mit Ausnahme der Original- 
kultur, nicht auf gewohnlichem Agar wiichst, haben wir, um den Versuch moglichat 
gleichmaBig zu gestalten, fiir alle Keime Ascitesagarkulturen verwendet. 


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314 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 4. 


Die Bereitung der Extrakte geschah nach Uhlenhuth: Zwei 
24 Stunden alte, iippig gewachsene SchrSgagarkulturen x ) wurden in 
5 ccm physiologischer Kochsalzlosung abgeschwemmt und mit 5 ccm 
einer 10-proz. Antiforminlosung versetzt. Nachdem die nunraehr 5-proz. 
Antiforminaufschwemmung ganz klar geworden ist, wird sie mit 10 Proz. 
Schwefels&ure bzw. mit Natronlauge neutralisiert und das Chlor mit 
10-proz. Natriumsulfit entfernt. Die Extrakte wurden durch Phenol- 
zusatz (1:10) einer 5-proz. Losung konserviert. 

Vor der Anstellung der eigentlichen Reaktion wurde durch einen 
Vorversuch die Extrakteinstellung vorgenommen. Nachstehend gebe 
ich als Beispiel fiir die Extrakteinstellung das Resultat eines solchen 
Versuches mit Stamm Huemer. 

PriifuDg des Extraktes von IStamm Huemer beziiglich seines 
Einflusses auf das hamolytische System. 

0,1 MS. -f 0,5 HB1. 5 % + Vioo'0,1 HK. + Extr. „Huemer u . 

1. 0,4 0 

2. 0,3 Spch. 

3. 0,25 m. 

4. 0,2 st. 


7. 0,4 

8. 0,3 

9. 0 

Die Reaktion selbst wurde so vorgenommen, daB zu den absteigen- 
den Mengen Antiserums, zu denen physiologische NaCl-L 6 sung bis zur 
Erreichung der gleichen Menge von 0,5 ccm zugesetzt wurde, je 0,1 ccm 
inaktiviertes Meerschweinchenserum (MS.) sowie je 1 / 2 ccm der nicht 
mehr hemmenden Dosis Antiforminextrakt zugefiigt wurde. Das Ganze 
blieb dann P /4 Stunde im Brutofen bei 37° C stehen, worauf dann zu 
jedem Rohrchen 0,5 ccm einer 5-proz. Hammelblutaufschwemmung (HB1.) 
sowie eine der jeweiligen Ambozeptoreinstellung entsprechende Menge 
des Hammelblutantiserums (HK.) (in der Regel 0,1 ccm der Verdiiunung 
1:100) hinzugesetzt wurde. Die Ablesung der Resultate geschah nach 
1-stiindigem Stehen im Brutofen bei 37° C; nach 24-stiindigem Stehen 
bei Zimmertemperatur wurde eine Kontrollablesung vorgenommen. 

Wir geben nun im folgenden in 3 Tabellen die Resultate unserer 
Versuche (s. Tab. IV, V und VI, p. 215). Es bedeutet dabei: 

0 = Hemmung; Spch. = Spurchen Hamolyse; w. = wenig Hamolyse; m. = maBige 
Hamolyse; st. = starke Hamolyse; f. k. = fast komplette Hamolyse; k. = komplette 
Hamolyse. 

Aus der Durchsicht der Tabellen IV, V und VI geht zun&chst hervor, 
daB das Bakterienextrakt Huemer in dem Meningokokkenserum Bern 
sowie in demjenigen aus Hochst einen spezifischen Ambozeptor gefunden 
hat, wofflr die eingetretene Hemmung der Hamolyse spricht. In ganz 
gleicher Weise hat sich der Meningococcus Hochst diesen beiden 
Antiseris gegenuber verhalten. Demgegeniiber hat sich bei den anderen 
beiden Extrakten (Gonococcus und Micrococcus catarrhalis) eine 
mehr oder weniger ausgesprochene Hamolyse gezeigt. Die mit dem von 
uns selbst hergestellten Antiserum Huemer vorgenommene Kontrollpriifung 
bestfitigt, wie aus der TabelleVI ersichtlich ist, diese Resultate. 

Aus unseren Kompleinentablenkungsversuchen ergibt sich also, daB 
der von uns aus der menschlichen Bindehaut isolierte Keim ein echter 
Meningococcus ist, und bildet dies eine Bestatigung des Resultates, 


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Verderame, Zur Differenaierung gramnegativer Diplokokken etc. 


315 


Tabelle IV. 


Komplementablenkung mit polyvalentem Meningokokken- 
antiserum (A.-S.) Bern. 

0,1 MS. + Antiforminextrakt. 


6 ! 
55 

Meningokokken- 
A.-S. Bern 

a) 7 j- 0,5 
Gonococcus 
Buh 

b) 7 ? - 0,5 ii n c 

d) Vj-0,5 
Micrococcus 
catarrhalis 
Koch 

1 

7,.-0,5 

Spch. 

0 

0 

8t. 

2 

0,25 

w. 

0 

0 

• f.k. 

3 

0,15 

m. 

0 

0 

k. 

4 

7,0-0,5 

f. k. 

Sp. 

0 

k. 

5 

0,25 

k. 

8t. 

0 

k. 

6 

0,15 

k. 

f. k. 

Spch. 

k. 

7 

0 

(Kontrolle) 

k. 

k. 

k. 

k. 


Der Versuch bleibt 1 ’/. Stunde bei 37° C im Brutofen, danu wird hinzugefiigt 
0,5 HB1. 5% + I/,,.-0,1 HK. 


Tabelle V. 

Komplementablenkung mit polyvalentem Meningokokken- 
antiserum (A.-S.) Hochst. 

0,1 MS. + Antiforminextrakt. 


6 1 
Z | 

Meningokokken- 
A.-S. Hochst 

a) Vs'0,5 
Gonococcus 
Ruh 

b) 7,-0,5 
Meningo - 
coccus Hochst 

c) 7,-0,5 

Stamm Huemer 

d) 7, 0,5 
Micrococcus 
catarrhalis 
Koch 

i * 

7,o-0,5 

Spch. 

0 

o 

k- 

2 

0,25 

w. 

0 

Spch. 

k. 

3 

0,15 

m. 

0 

w. 

k. 

4 1 

'/so0,5 

k. 

Spch. 

St. 

k. 

5 

0,25 

k. 

Sp. 

f. k. 

k. 

6 

0,15 

k. 

w. 

k. 

k. 

7 1 

0 

(Kontrolle) 

k. 

k. 

k. 

k. 


Der Versuch bleibt 1 */. Stunde bei 37° C im Brutofen, dann wird hinzugefiigt 
0,5 HB1. 5°/ 0 + Vioo'O,! HK. 


Tabelle VI. 

Komplementablenkung mit Antiserum (A.-S.) Huemer. 
0,1 MS. + Antiforminextrakt. 


6 

Z 

A.-S. Huemer 

a) 7,-0,5 
Gonococcus 
Ruh 

b) 7,-0,5 
Meningo¬ 
coccus Hochst 

c) 7,.0,5 
Stamm Huemer 

d) 7,-0,5 
Micrococcus 
catarrhalis 
Koch 

i 

7 10 -0,5 

f.k. 

0 

0 

k. 

2 

0,25 

k. 

0 

0 

k. 

3 

0,15 

k. 

0 

0 

k. 

4 

7,o-0,5 

k. 

0 

Spch. 

k. 

5 

0,25 

k. 

0 

st. 

k. 

6 

0,15 

k. 

Spch. 

f.k. 

k. 

7 

0 

(Kontrolle) 

k. 

k. 

1 

k. 

t 

k. 


Der Versuch bleibt 1Stunde bei 37° C im Brutofen, dann wird hinzugefiigt 
0,5 HBL 5 % + Vioo'O.l HK. 


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316 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


zu dem wir bereits auf Grund des morphologischen und kulturellen Ver- 
haltens sowie der Agglutinationsprobe gelangt waren. 

Als weiteres Ergebnis hatten wir, daB in deni Meningokokkenserum 
spezilische Ambozeptoren vorhanden sind; denn auf der einen Seite sehen 
wir bei den beiden Meningokokkenextrakten Hemmung der Hamolyse, 
bei den beiden anderen Extrakten dagegen die mit dem Gonococcus 
und dem Micrococcus catarrhalis gewonnen waren, Hamolyse 
eintreten. Ganz besonders deutlich fallt dieser Unterschied gegeniiber 
dem Micrococcus catarrhalis-Extrakt in die Augen, wahrend er 
dem Go no co ecu s-Extrakt gegeniiber weniger deutlich zutage tritt. 
Es wurde dies im Einklang stehen mit der wohl allgemein anerkannten 
naheren kulturellen und biologischen Verwandtschaft des Meningo¬ 
coccus mit dem Gonococcus. Somit konnte man zunSchst zu der An- 
nahme neigen, daB sich die Komplementbindungsreaktion zur Trennung 
dieser drei Arten gramnegativer Kokken eignen wurde. 

Sehen wir uns jedoch die drei diesbeziiglichen Tabellen etwas n&her 
an, so fallt es auf, wie versehieden ein und dasselbe Extrakt 
sich den verschiedenenSeris gegeniiber verhait. Am gleich- 
maBigsten verhait sich in dieser Beziehung der Micrococcus catar¬ 
rhalis, die anderen Extrakte dagegen, besonders die beiden Meningo- 
kokken, zeigen sehr schwankende Werte. So finden wir beim Bakterien- 
extrakt Huemer fiir das Antiserum Bern ausgesprochene Hemmung noch 
bei einer Verdiinnung von 1 l 60 '0,2b (Tabelle IV), wahrend dies fiir das 
Hochster Serum nur bei der Verdiinnung 1 /io •0,5 der Fall ist (Tabelle V). 

Vergleicht man ferner auf Tabelle V die Werte fiir den Meningo¬ 
coccus Huemer mit denjenigen fiir den Gonococcus, so fallt sofort 
auf, wie gering hier die Unterschiede sind zwischen zwei 
versehiedenen Kokkenarten in ihrem Verhalten gegen- 
iiber einem und demselben Serum. 

Noch augenfalliger ist das Verhalten des Meningokokkenextraktes 
Huemers gegeniiber dem mit demselben Stamm gewonnenen Serum. 
Wie aus Tabelle VI hervorgeht, zeigt sich fur das Extrakt Huemer eine 
Hemmung der Hamolyse bei Einwirkung des Antiserums Huemer nur 
bis zu einer Verdiinnung von ‘/to-0,15, wahrend fiir das Extrakt Hochst 
dieselbe bei Einwirkung desselben Serums noch bis zu einer Verdiinnung 
von l l 50 -0,25 komplett ist. Daraus wiirde hervorgehen, daB in einem 
Serum eine geringere Menge spezifischer Ambozeptoren fiir den homo- 
logen Rezeptor vorhanden ware, als fur den heterologen. Dies ist aber 
nicht gut denkbar und wird dieser Fehler der Unzuianglichkeit der 
Methode zuzuschreiben sein. Es ergibt sich also hiermit nicht nur ein 
schwankendes Verhalten derselben Extrakte gegeniiber hetero¬ 
logen, sondern auch gegeniiber den homologen Seris. 

Die Zahl der von uns untersuchten Stamme ist nicht so groB, daB 
man daraus weitgehende SchlUsse ziehen konnte. Immerhin glauben wir, 
auf Grund unserer Versuche sagen zu diirfen, daB eine sichere 
Trennung des Meningococcus, Gonococcus und Micro¬ 
coccus catarrhalis mit Hilfe der Komplementablenkungs- 
methode nicht mit Sicherheit durchfiihrbar ist; am ehesten 
lieBe sich durch dieselbe der Catarrhalis von den beiden anderen 
Kokkenarten differenzieren. Da jedoch die Resultate in bezug auf die 
Identitizierung des Meningococcus nicht vollkommen negativ aus- 
gefallen sind, sondern zum Teil verwertbar waren, dtirfte man in Fallen, 


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Verderame, Zur Differenzieruug graranegativer Diplokokken etc. 


317 


wo alle iibrigen diagnostischen Hilfsmittel im Stiche lassen, deren An- 
wendung versuchsweise und mit Reserve zu Rate ziehen. 

Vergleichen wir zura Schlusse die mit der Agglutinationsprobe er- 
zielten Resultate mit denen, die uns die Komplementablenkungsmethode 
geliefert. hat, so miissen wir fur die Differenzierung gramnegativer 
Diplokokken, und besonders des Meningococcus, Gonococcus 
und Micrococcus catarrhalis der Agglutinationsprobe 
den Vorzug geben, und zwar nicht nur wegen der grofieren Gleich- 
mSBigkeit der von ihr gelieferten Resultate, sondern auch wegen ihrer 
leichteren Ausfiihrbarkeit. 

An dieser Stelle ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrat 
Prof. Axenfeld, fiir das diesen Untersuchungen entgegengebrachte 
Interesse ergebenst zu danken. Ebenso bin ich Herrn Privatdozent 
Dr. v. Szily, der in liebenswtirdiger Weise meine Resultate kontrolliert 
hat, herzlichen Dank schuldig. 

Freiburg i. Br., Mai 1912. 


Literatnr. 

(Aufiihrliche Literaturangaben finden sich unter anderen bei: Busse, Sachs- 
Miike, Mayer, Sternberg.) 

1) Albrecht u. Ghon, Wien. klin. Wochensclir. 1901. 

2) Axenfeld, Die Bakteriologie in der Augenheilkunde. Jena (G. Fischer) 1907. 

p. 200. 

3) Baecher, Zur Priifungsmethode des Meningokokkenserums. (Zeitschr. f. Immuni¬ 
tatsforsch. u. experim. Ther. Bd. 5. Heft 2 u. 8.) 

4) — u. Hachla, Zur Kritik der Priifungsmethoden des Meningokokkenserums. 

i Zeitschr. f. Immunitatsforsch. u. experim. Ther. Orig. Bd. 5. 1910. p. 404.) 
lallner u. Reibmayer, Arch. f. Hyg. Bd. 64. 1908. Heft 4. 

6) Bartels, Ein Beitrag zur Augeneiterung der Neugeborenen. (Klin. Mon. f. Augenh. 
XLIX. 1911. Bd. 1. p. 537.) 

7) Baumgarten, Jahresber. f. Immunitatsforsch. Bd. 22. p. 77. 

8) Bochalli, Weitere Untersuchungen iiber das Vorkommen von Meningokokken im 
Nascnrachenraum Gesunder aus der Umgebung von Kranken. [fnaug. - Diss.] 
Breslau 1906. 

9) Brons, Beitrage zur Frage der gramnegativen Diplokokken der Bindehaut. (Klin. 

Monatsbl. f. Augenh. XLV. 1907. Bd. 1. p. 19.) 

10) —, Weitere Mitteilungen iiber gramnegative Diplokokken der Bindehaut, besonders 
iiber einen Fall von echten Weichselbaumschen Meningokokken. (Centralbl. f. Bakt. 
Abt. I. Orig. Bd. 48. 1908. p. 141.) 

11) Bruckner u. Crist6anu, Sur l’agglutination du m6ningocoque (Weichselbaum) 
par un s6rum gonococcique. (Compt. rend, de la Soc. de Biol. T. 60. 1906. p. 988.) 

12) Bruckner, Bur le Micrococcus catarrhalis de Pfeiffer et ses relations avec le 
|Toupe gonocoque-mtiningocoque. (Compt. rend, de la Soc. de Biol. T. 64. 1908. 

13) Bruns u. Hahn, Ueber den Mechanismus und das Vorkommen der Meningo- 
kokkeu im Nascnrachenraum. (Klin. Jahrb. Bd. 18. 1908. Heft 3, 4.) 

14) Busse, Die iibertragbare Genickstarre. (Klin. Jahrb. Bd. 23. 1910. p. 363.) 

15) Cohen, De l’emploi de la reaction de fixation de Bordet-Gengou pour le 
diagnostic de la m^ningite c&^bro-spinale. (La presse m4d. 1909. p. 791.) 

16) Colombo, Ueberdie Komplementbindungals Priifungsmethode der Meningokokken- 
und Gonokokkensera und aer Spezifizitat ihrer Ambozeptoren. (Zeitschr. f. Immuni¬ 
tatsforsch. u. experim. Ther. Ba. 9. 1911. p. 287.) 

17) Ditthorn u. Gildemeister, Klin. Jahrb. Bd. 17. 1907. p. 97. 

18) — u. Schulz, Hyg. Rundsch. 1906. p. 1335. 

19) Ebe_rle, Ueber Agglutination der Meningokokken. (Arch. f. Hyg. Bd. 64. 1908. 

20) £ eldermann, Agglutinationsversuche mit Meningokokken. [Inaug.-Diss.l Marburg 
1906. 

21) Fischer, Beitrag zur Frage der Identitat des Meningococcus (Weichselbaum) und 
des Diplococcus intracellularis (Jager), mit besonderer Beriicksichtigung der Agglu- 


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318 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4.* 


tinationsverhaltniB.se dieser beiden Diplokokkenarten. (Arch. f. Hyg. Bd. 65. 1908. 
Heft 1.) 

22) Fliigge, Die im Hygienischen Institut der Kgl. Universitat Breslau wiihrend der 
Genickstarreepidemie im Jahre 1905 ausgefiihrten Untersuchungen. (Klin. Jahrb. 
Bd. 15. 1906. p. 367.) 

23) Frieae u. Muller, VVeitere Untersuchungen iiber Meningokokken und meningo- 
kokkenahnliche Bakterien. (Klin. Jahrb. Bd. 20. 1908. p. 321.) 

24) Ghon, Meningokokken und verwandte Bakterien. (Wien. klin. Wochenschr. 1907. 
p. 1277.) 

25) Kach e, Ueber charnkteristische Merkmale und Resistenz des Micrococcus meningitidis 
cerebrospinalis (Weichsclbaum). [Inaug.-Diss.] Breslau 1906. 

26) Kolle u. Hetsch, Die ex peri men telle Bakteriologie und die Infektionskrankheiten. 
2. Aufl. Wien (Urban-Schwarzenberg) 1908. p. 296. 

27) — u. Wassermann, Untersuchungen iiber Meningokokken. (Klin. Jahrb. Bd. 15. 
1906. p. 413.) 

28) Konrich, Ueber einen atypischen Meningococcus. (Miinchen. med. Wochenschr. 

1908. p. 1282.) 

29) Kraus u. Biicher, Ueber Meningokokkenserum. (Zeitschr. f. Immunitatsforsch. 
u. experim. Ther. Bd. 2. p. 9.) 

30) Krumbein u. Diehl, Neue Untersuchungen zur Wertbestimmung des Meningo- 
kokkenserums. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 42. Beih. 1908. p. 160.) 

31) — u. Schatiloff, Untersuchungen fiber das Meningokokkenserum. (Dtsche med. 
Wochenschr. 1908. p. 1002.) 

32) Kutscher, Ueber Untersuchungen der Nasenrachenhohle gesunder Menschen auf 
Meningokokken. (Dtsche med. Wochenschr. 1906. p. 1071.) 

33) —, Epidemische Genickstarre. (Kolle - Wassermann, Handb. d. path. Mikro- 
orgamsmen. Erg.-Bd. I. 1907. p. 481.) 

34) Jochmann, Dtsche med. Wochenschr. 1906. p. 788. 

35) Lieberknecht, Ueber Pseudomeningokokken aus dem Rachen gesunder Schul- 
kinder, verglichen mit echten Meningokokken, unter besonderer Berucksichtigung 
des Wachstums dieser Arten auf hamatinhaltigen Nahrboden. (Arch. f. Hyg. Bd. 68. 

1909. p. 143.) 

36) v. Lingelsheim, Die bakteriologischen Arbeiten der Kgl. Hygienischen Station 
zu Beuthen O.-Schl. wiihrend der Genickstarreepidemie in Oberschlesien im Winter 
1904—05. (Klin. Jahrb. Bd. 15. 190b. p. 373.) 

37) —, Beitrag zur Aetiologie der epidemischen Genickstarre nach den Ergebnissen der 
letzten Jahre. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 59. 1908. p. 457.) 

38) Mayer, Kritische Darstellung der Forschung der tibertragbaren Genickstarre in 
Beziehung zur Immunitat. (Jahresber. fib. d. Ergcbn. d. Immunitatsforsch. Bd. 6. 

1910. ) 

39) — u. Waldmann, Beobachtungen fiber Genickstarre, speziell fiber Keimtrager. 
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 47. Beih. p. 213.) 

39a) Meakins, John Hopkins Hosp. Bullet. 11)07. 

40) On aka, Ueber Meningokokkenserum. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 66. 1910. p. 348.) 

41) Pick, Berlin, klin. Wochenschr. 1907. No. 30. 

42) Rau ten berg, Veroffentlichungen aus dem -Gebiete des Militarsanitatswesens. 
Bd. 31. 1905. 

43) Ruppel, Ueber den Diplococcus intracellularis menigitidis und seine Beziehungcn 
zu aen Gonokokken. (Dtsche med. Wochenschr. 1906. p. 1366.) 

44) Sachs-Mfike, Untersuchungen fiber das Vorkommen von Meningokokken und 
Pseudomeningokokken im Nasenrachenraum Gesunder. (Klin. Jahrb. Bd. 24. 1911. 
p. 425 u. 451.) 

45) Silberschmidt, Korrespondenzbl. f. schweiz. Aerzte. 1905. p. 683. 

46) Sternberg, Meningococcus. (Ergebn. d. allgem. Pathol, u. pathol. Anat. d. 
Menschen u. d. Tiere von Lubarsch-Ostertag. Jahrg. 14. 1910. Abt 1. 
p. 136.) 

47) Stoevesandt, Erfahrungen bei der bakteriologischen Untersuchung menmgitis- 
verdiichtigen Materials. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 46. 1908. p. 295.) 

48) Trautmann u. Fromme, Beitrag zur Epidemiologie und Bakteriologie der epi¬ 
demischen Genickstarre. (Miinchen. med. Wochenschr. 1908. p. 791.) 

49) Van nod, Ueber Agglutinine und spezifische Immunkorper im Gonokokkenserum. 
(Dtsche med. Wochenschr. 1906. p. 1984.) 

50) Verderame, Beitrag zum Befund gramnegativer Diplokokken auf der mensch- 
lichen Bindehaut. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 54. 1910. p. 523.) 

51) —, A proposito del Micrococcus catarrhalis e la sua azione sulla congiunt. umana. 
(Annali di Ott. 1910. Fasc. 11.) 


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Tschachotin, Eine hyg. Saugpipette fiir bakteriol. u. chemische Zwecke. 319 


52) Verderame, Ueber das Vorkommen von echten WeichselbaumBchen Meningo- 
kokken auf der mengchlichen Conjunctiva. (Klin. Monatsbl. f. Augenh. L. 1912. 
Bd. 1. p. 155.) 

53) Watabiki, A study of complement fixation in gonorrhoeaLinfections. (Journ. of 
infect. Dis. Vol. 7. 1910. p. 159.) 

54) Westenhoffer, Ueber den gegenwartigen Stand unserer Kenntnisse von der 
iibertragbaren Genickstarre. (Berlin, klin. Wochenechr. 1906. p. 1267.) 

55) Woll stein, Biological relationships of Diplococcus intracellularis and Gonococcus. 
(Journ. of exper. Med. Vol. 9. 1907. No. 5.) 

56) Zupnik, Die Beziehungen der Meningokokken zu den Gonokokken. (Berlin, klin. 
Wochenschr. 1906. p. 1672.)' 


Nachdruck verbolen. 

Eine hygienische Saugpipette fiir bakteriologische und 

chemiselie Zwecke. 

[Aus der £parasitologischen Abteilung (Vorstand: Prof. Dr. v. Wasie- 
lewski) des Instituts fiir Krebsforschung in Heidelberg; Direktor: 

Prof. Dr. V. Czerny, Exz.] 

Von Dr. Sergei Tschachotin. 

Mit 1 Textfigur. 

In der Praxis der bakteriologischen Laboratorien haben wir oft 
Fliissigkeiten aus einem Gefafie in andere, und zwar in ganz bestimmten 
Volummengen zu uberfiihren, z. B. Reagensrbhrchen zu filllen usw. 

Meist geschieht das in der Weise, daB man die Fliissigkeiten dazu 
mit Pipetten ansaugt. Schon abgesehen davon, daB im Falle von Stoffen 
mit pathogenen Keimen das Verfahren sich 
verbietet, wird beim Herausnehmen der 
Pipette aus dem Mund und VerschlieBen der 
oberen Oeffnung derselben mit dem Finger 
ein Teil der Fliissigkeit wieder herausflieBen; 
wodurch in dem Entnahmeglas Strome, 

Aufwirbeln von Sediment usw. hervorgerufen 
werden konnen, was oft tunlichst zu ver- 
meiden ist. 

Ich habe nun in der Zeitschr. f. biolog. 

Techn. u. Methodik *) neuerdings eine neue, 
einfache Laboratoriumsspritz- und Tropf- 
flasche beschrieben. Auf demselben Prinzip 
fuBend gelingt es, eine einfache Saugpipette 
fiir bakteriologische Zwecke zu konstruieren, 
die die obigen MiBst&nde zu meiden erlaubt. 

Der Apparat besteht aus einer kleinen 
Gummikappe a , die mit zwei kleinen, mittels 
heiBer Nadel in dieselbe gestochenen 
LSchern versehen ist. Auf diese Kappe 
werden beiderseits die beiden Hiilften eines 
querhalbierten, mit zwei Bohrungen ver- 
sehenen Korkes luftdicht aufgeklebt. In die Bohrungen werden ein 
kleines, gerades Rohrchen d und ein groBeres, gebogenes e geschoben. 

1) Tschachotin, Eine neue Spritz- und Tropfflasche fur Laboratorien. (Zeitschr. 
f. biolog. Technik u. Methodik 1912.) 




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320 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


Das Ganze wird auf ein Reagensrohrchen montiert, dessen Oeffnung 
etwas grbBer als der Durchmesser des Korkes ist, so dafi letzterer darin 
auf und ab frei beweglich ist. 

Die Vorrichtung funktioniert in folgender Weise: 

1) Mit dem Daumen und dent Mittelfinger der rechten Hand wird 
der Kork erfaBt und etwas nach unten gedruckt, was infolge Elastizit&t 
der Gumntikappe leicht von statten geht. 

2) Nun wird die Oeffnung des Rohrchens d mit der Kuppe des Zeige- 
fingers geschlossen und 

3) das Ganze leicht nach oben gezogen. Dabei entsteht im Reagens- 
rohr ein Unterdruck und die Flussigkeit aus dem GeffiB g wird ange- 
saugt bis sie in e das Niveau f uberschritten hat; von diesem Moment 
ab funktioniert das Ganze als ein Heber und die Fliissigkeit flieBt aus 
g von selbst in das Rohrchen ein und fiillt es. 

4) Zugleich wird der Zeigefinger von der Oeffnung des Rohrchens d 
abgehoben. 

Um das HeruberflieBen zu sistieren, geniigt es 

5) durch Heben des Reagensrohres das Rohrchen e aus dem Kontakt 
mit der Flussigkeit in g zu bringen. 

Wie leicht zu ersehen, ist die Pipette auch besonders fur Arbeiten 
mit ubelriechenden oder fluchtigen giftigen Substanzen auch fur chemische 
Laboratorien geeignet; auch haben wir in letzteren oft die Aufgabe vor 
uns, eine Flussigkeit von einem Sediment zu dekantieren; mit der be- 
schriebenen Saugpipette gelingt dieses mit der groBten Sicherheit und 
ohne das GeffiB vom Platze zu riihren. 


Berichtigung. 

In der Arbeit von Dr. F. M. Marras: Superiority du vaccin Fermi 
sur le vaccin Pasteur, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 62. 1912. 
p. 612, ist in den Tabellen in der 5. Spalte p. 614—617 anstatt «virus 
fixe» zu lesen «virus de routes. 


Inhalt. 


Galeotti, G., Ueber das Nukleoproteid der 
Cholerabacillen, 225. 

Isabolinsky, M. u. Fatzewitsch, B., 

Ueber die Prsizipitalionsreaktion bei 
Schweinerotlauf, 284. 

Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein 
Globulin, 249. 

v. Prowazek, S., Untersuchungen fiber die 
Gelbsucht der Seidenraupen, 268. 
da Rocha-Lima, H., Beitrag zur Kennt- 
nis der Blastomykosen. Lymphangitis 
epizootica und Histoplasmosis, 233. 
Satta, G. u. Vanzetti,F., UntersuchuDgen 
fiber die Verwendbarkeit der Komple- 


mentablenkungsmethode zum Nachweis 
des Typhusbacillus in Trinkwassern, 289. 

Sugat, T., Ueber die viscerale Lepra, 230. 

— u. Monobe, J., Ueber hi6tologische Be- 
funde in der Placenta Tuberkulose- und 
Leprakranker, 232. 

-, Die Leprabacillen in der Milch von 

Leprakranken, 233. 

Tachachotin, Sergei, Gine Saugpipette 
ffir bakteriologische und chemische 
Zwecke, 319. 

Verderame, Ph. , Zur Differenzierung 
gramnegativer Diplokokken mit Hilfe 
der Agglutinations- und Komplement- 
bindungsprobe, 307. 


Fromtnjnnsch* Bachdniclceral (Hermann Pnhle) In Jana. 


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Centralbl. f. Bald etc. I. Abt Originate. Bd. 17. Heft 5. 

Ausgegeben am 30. Dezember 1912. 


Nachdruck verboten. 

Ueber choleraahnliche Vibrionen. 

[Aus der bakteriologischen Abteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamts.] 

Von Dr. med. Baerthlcln, 

Kgl. Bayer. Oberarzt, kommandiert zum Kaiserlichen Geaundheitsamt. 

In der Sitzung der Berliner militfirarztlichen Gesellschaft (1) im 
Januar des Jahres 1911 hatte ich kurz dariiber berichtet, daB es mir 
verschiedentlich gelungen war, aus menschlichem Stuhl choleraahnliche 
Vibrionen mit Hilfe des Dieudonn6schen Blutalkaliagars zu isolieren. 
Ich hatte zugleich betont, daB es sich in alien Fallen um Stfihle darm- 
kranker Personen gehandelt hatte, und darauf hingewiesen, daB man 
wohl kiinftig mittels der Choleraelektivnahrboden haufiger wie bisher 
derartige Befunde erheben wiirde. Es lagen damals allerdings schon 
aus friiherer Zeit verschiedene Mitteilungen iiber Isolierung von cholera- 
ahnlichen Vibrionen aus menschlichen Faeces vor, so z. B. von Gotsch- 
lich (2), der im Jahre 1905 bei 127 Fallen 32mal choleraahnliche, ein- 
geiBelige Vibrionen, und zwar fast ausschlieBlich aus den Stiihlen darm- 
kranker Mekkapilger, geziichtet hatte. Im allgemeinen war aber ein 
derartiges haufigeres Vorkommen von solchen Vibrionen nur in tropischen, 
bzw. subtropischen Gegenden beobachtet worden. Dold und Harris (3) 
batten zwar auch in England bei 5 russischen, an Phosphorwasserstoff- 
vergiftung plotzlich verstorbenen Auswanderern bei der mikroskopischen 
Untersuchung von Schleimflocken des Diiundarms choleraahnliche 
Vibrionen gefunden und in 2 Fallen auch aus dem Darminhalt heraus- 
zfichten konnen. Bei den in Verfolg dieser Mitteilung von Rothe und 
Meinicke (4) nach dieser Richtung angestellten Untersuchungen hatte 
aber der erste bei der bakteriologischen Untersuchung des Dfinndarm- 
inhaltes von 100 Leichen nur in 1 Falle ein positives Resultat erzielt, 
und Meinicke sogar bei 192 untersuchten Stiihlen ausschlieBlich 
negative Ergebnisse erhalten, so daB sich beide Autoren dahin aus- 
spreclien, daB „das Vorkommen von Vibrionen im menschlichen Darm 
zu cholerafreien Zeiten — in Deutschland — eine sehr groBe Seltenheit 
darstelle“. Neuerdings sind nun auch von anderer Seite, z. B. von 
Burgers (5), Kandiba (6), Sparmberg (7) und Bernhardt (8), 
Mitteilungen erfolgt, welche in Uebereinstimmung mit meinen damaligen 
Beobachtungen fur ein haufigeres Vorkommen von choleraahnlichen 
Vibrionen im menschlichen Stuhl auch in unseren Breitengraden sprechen. 

Da dem Ergebnis der genauen Untersuchung bei einzelnen der von 
mir isolierten choleraahnlichen Vibrionenstamme vielleicht doch ein ge- 
wisses Interesse zukommen dfirfte, eine friihere ausfiihrlichere Wieder- 
gabe meiner Befunde mir jedoch infolge anderer \A.rbeiten bisher nicht 
moglich war, soil nachstehend fiber das kulturelle und biologische Ver- 
halten einer Anzahl dieser Vibrionenkulturen x ) kurz berichtet werden. 
Ich benutzte zugleich die Gelegenheit, um nach den von mir ffir die 
Differentialdiagnose der choleraahnlichen Vibrionen aufgestellten Gesichts- 


1) Mehrere andere Stamme sind leider im Laufe der Weiterziichtung eingegangen. 


Erste Abt. Orig. Bd. 67. 


Heft 5. 


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322 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


punkten (9) noch vergleichende Untersuchungen mit einigen von anderen 
Autoren in der letzten Zeit isolierten Vibrionen vorzunehmen. 

Die Untersuchungen sind von mir in dem von Herrn Regierungsrat 
Prof. Dr. Haendel geleiteteu bakteriologischen Laboratorium des 
Kaiserlichen Gesundheitsamtes ausgefiihrt worden. 

Die gesamten bei der Priifung verwendeten Stamme sind in Tabelle I 
zusammengestellt unter Angabe ihrer Herkunft. Besonders hervor- 
gehoben sei, daB die verschiedenen Kulturen jeweils nur von sporadisch 


Tabelle I. 


No. 


Bezeichnung des Stammes 


Herkunft 


1 

2 

3 

4 

5 

6 


1) Gruppe der von mir geziichteten, bzw. untersuchten Stamme. 


Vibrio Kind 
Vibrio Kriiger 
Vibrio Schmock 
Vibrio 8. I 
Vibrio S. II 
Vibrio Dieudonn6 6 K 


aus dem Darminhalt eines schwer darmkranken 
Kindes gezuchtet 

aus den Faeces eines an Brechdurchfall erkrankten 
Mannes isoliert 

aus dem Blut eines darmkranken Mannes ge¬ 
zuchtet 

aus den Ausleerungeu einer klinisch unter dem Bild 
von Cholera erkrankten Frau isoliert 
aus den Faeces eines choleraverdachtigen, darm¬ 
kranken Mannes gezuchtet 
aus dem Stuhl eines darmkranken Kindes gezuchtet 


7 

8 
9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 


2) Gruppe der von Sparmberg geziichteten Stamme. 


Vibrio 6546 
Vibrio 2261 
Vibrio 2234 
Vibrio 2243 
Vibrio 2865 
Vibrio 3065 
Vibrio 1537 
Vibrio 1225 
Vibrio 3657 


aus Darminhalt gezuchtet 


16 

17 


3) Gruppe der von Bernhardt geziichteten Stamme. 

Vibrio Stade aus den Faeces eines an Durchfall Erkrankten ge- 

ziichtet 

Vibrio Virchow-Krankenhaus aus den Ausleerungen eines typhusverdachtigen 

Darmkranken isoliert 


vorgekomraenen Erkrankungen gewonnen wurden. Im einzeineu handelt 
es sich um folgende Stamme: 

Der „Vibrio Kind" wurde von mir aus dem Stuhl eines Kindes 
isoliert, das unter sturmischen Allgemeinerscheinungen nach Art der 
Fleischvergiftung an akutem schwerem, fieberhaftem Darmkatarrh er- 
krankt war. Die schweren Darmstorungen, die sich vor allem in ge- 
hauften, profusen Diarrhoen auBerten, und das zwischen 38,5 0 und 39,5 0 
schwankende Fieber dauerten etwa 12 Tage an, wobei ein allmahlicher 
Rtickgang dieser Erscheinungen zu beobachten war. Der eingesandte 
Stuhl zeigte ein helles, wasseriges Aussehen und war mit Schleimflocken 
reichlich vermischt. 

Die mit Hilfe der bekannten ElektivnahrbSden durchgefuhrte Unter- 
suchung auf bekannte pathogene Keime verlief negativ. Dagegen ent- 
wickelten sich bei der Aussaat auf Dieudonn6schem Blutalkaliagar 
sehr zahlreiche, rauchbraune, choleraahnliche Kolonieen, die aus Vibrionen 
bestanden. Im gefarbten Praparat stellten diese Vibrionen kurze, mittel- 


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Baerthlein, Ueber choleraahnliche Vibrionen. 


323 


dicke, gut gekriimmte Formen dar, und im hangenden Tropfen zeigten 
sie lebhafte, rniickenschwarmartige Bewegungen. Die GeiBelfarbung nach 
Zettnow und nach Corner ergab nur 1 GeiBel. Die Vibrionen 
wuchsen gut auf den gewohnlichen Nahrmedien. Auf Gelatine ent- 
wickelten sie choleraahnliche Kolonieen; in Gelatinestichkultur erfolgte 
starke Verfliissigung des Nahrbodens. Auf Agar wuchsen sie in Form 
von hellen, zarten, durchscheinenden Scheibchen. Auf dem Dieu- 
donndschen Blutalkaliagar bildeten sie zarte, durchscheinende, rauch- 
braune Kolonieen. Die Priifung auf Indolbildung in mehrere Tage alten 
Bouillonkulturen fiel positiv aus. In Hammelblutkorperchenaufschwem- 
mung und auf der Hammelblutagarplatte bewirkten die Vibrionen kraftige 
Hamolyse. Die Untersuchung auf etwaige Agglutination durch ein 
Cholera-Eselserum vom Titer 1:6000 verlief selbst bei einer Serura- 
verdiinnung von 1:100 negativ. 

Der Stamm „ Kruger “ wurde aus den Faeces eines Mannes ge- 
ztichtet, der an akuter, schwerer Cholera nostras erkrankt war. Er hot 
ein ziemlich schweres Krankheitsbild bei mafiiger Temperatursteigerung 
— 38,5°— und zahlreichen dunnfliissigen Ausleerungen. Nach 2 Tagen 
jedoch schwanden Fieber- und Darmerscheinungen, und der Pat. erholte 
sich rasch wieder vollstandig. Die eingesandte Stuhlprobe bestand in 
einer typischen, reichlich mit Schleitn versetzten, reiswasser&hnlichen 
Ausleerung. Auch hier verlief die Untersuchung auf bekannte pathogene 
Keime, insbesondere auf Ruhr, ergebnislos. Bei Stuhlausstrichen ent- 
wickelten sich aber auf dem Blutalkaliagar iippige Rasen von zarten, 
rauchbraunen, choleraahnlichen Kolonieen mit gut gekriimmten, kurzen, 
schlanken Vibrionen. Sie zeigten im hangenden Tropfen lebhafte, 
rniickenschwarmartige Bewegungen und besafien bei Farbung nach 
Corner nur 1 GeiBel. Auf den gewohnlichen Nahrmedien zeigten sie 
reichliches Wachstum. Auf Gelatine bildeten sie choleraahnliche Kolo¬ 
nieen, welche den Nahrboden kraftig peptonisierten. Auf Agar wuchsen 
sie innerhalb 24 Stunden in auBerst feinen, hellen, schwach irisierenden 
Scheibchen. In mehrtagigen Bouillonkulturen lieB sich Indolbildung 
nachweisen. Im Gegensatz zum vorigen Stamm fuhrten diese Vibrionen 
weder in Hammelblutkorperchenaufschwemmung noch auf der frischen 
Hammelblutagarplatte selbst bei mehrtagiger Beobachtung Hamolyse 
herbei. Die Agglutinationspriifung mittels eines Cholera-Eselserums vom 
Titer 1:6000 war bei der Serumkonzentration 1 :100 negativ. 

Besonderes Interesse diirfte die Kultur „Vibrio Schmock“ bieten, 
weil sie von mir aus dem peripheren Blut eines Schwerkranken ge- 
zuchtet wurde. Der betreffende Pat. war an heftigen Durchfallen mit 
Fieber — 38,9° — erkrankt und bot klinisch ein Bild, das dem erst- 
erwahnten Fall stark ahnlich war und den Verdacht auf Fleischvergiftung 
erweckte. Auch hier dauerten die Darm- und Fiebererscheinungen 
langere Zeit hindurch an, etwa 2—3 Wochen. Die wiederholte bakterio- 
logische Untersuchung der dunnflussigen Ausleerungen auf bekannte 
pathogene Keime zeigte stets ein negatives Resultat. Einmal gelang es 
mir, Bac. faecal, alcalig. mittels des Dieudonn6schen Nahrbodens 
aus dem Stuhl zu isolieren. Als ich jedoch steril aus der Armvene 
entnommenes Blut des Kranken auf je 3 Peptonwasser-, bzw. Blutagar- 
rohrchen verimpfte, die zur Kontrolle ihrer Keimfreiheit vorher 24 Stunden 
lang im Brutschrank von 37° aufbewahrt worden waren, wuchsen in 
samtlichen 6 beschickten Rohrchen Vibrionen in Reinkultur. Bei Be- 
impfung der Nahrmedien hatte ich pro Rbhrchen nur 2 Tropfen Blut 

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324 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


zugesetzt, die ich bei den Blutagarrohrchen iiber die ganze Flache aus- 
strich. Trotz dieses geringen Materials entwickelten sich auf den festen 
Nfihrboden zahlreiche getrennte Kolonieen. Die Yibrionen erwiesen sich 
im gefarbten Ausstrichprfiparat als kurze, m&Big dicke, gut gekriimmte, 
gleichmaBig gef&rbte Stabchen, die im hangenden Tropfen lebhafte, 
schiefiende Bewegungen nach Art der Cholerabacillen zeigten. Die 
GeiBelfarbung nach Corner ergab nur 1 GeiBel. Die Vibrionen wuchsen 
auf den gewohnlichen N&hrboden ziemlich gut. Auf Gelatine bildeten 
sie cholera&hnliche Kolonieen unter gleichzeitiger Verfliissigung des 
Nahrbodens. Auf Agar entwickelten sie feine, zarte, durchscheinende 
Scheibchen und auf dem Blutalkaliagar kleine, zarte, rauchbraune Kolo¬ 
nieen, die erst nach 36—48 Stunden die GroBe der echten Cholera- 
kolonieen erreichten. Die Nitrosoindolreaktion bei mehrere Tage alten 
Bouillonkulturen war positiv. In fllissigen und auf festen Hammelblut- 
nahrboden erfolgte durch die Vibrionen kraftige Hamolyse. Die Agglu- 
tinationspriifung mittels eines Cholera-Eselserums vom Titer 1:6000 bei 
der Serumkonzentration 1:100 war negativ. 

Der Stamm „Vibrio S. I u stammt aus den Faeces einer unter einem 
klinisch der Cholera ahnlichen Bild erkrankten Frau, bei der die schweren 
Darmerscheinungen fast 3 Wochen lang anhielten. Nach Anreicherung 
von 1 Oese der reiswasserahnlichen Ausleerung in Peptonwasser wuchsen 
die Vibrionen auf Hamoglobinagar in iippigen, rasenfbrmig angeordueten, 
rauchbraunen Kolonieen. Im gefarbten Pr&parat stellen die Vibrionen 
lange, schlanke, gut gekriimmte Stabchen dar, die bei der Farbuug nach 
Corner 1 endst&ndige GeiBel besitzen und im hangenden Tropfen leb¬ 
hafte, muckenschwarmartige Bewegungen zeigen. Auf Gelatine wuchsen 
sie in choleraahnlichen Kolonieen, die den Nahrboden verfliissigten. 
Ebenso entwickelten sie sich gut auf gewohnlichem Agar und bildeten 
zarte, helle Scheibchen. Auf festen und in fliissigen Hammelblut- 
nahrboden fiihrten sie eine kraftige Hamolyse herbei. In mehrere Tage 
alten Bouillonkulturen war deutliche Indolbildung nachweisbar. Die 
Agglutinationspriifung mit Cholera-Eselserum vom Titer 1:6000 verlief 
selbst bei der Serumverdiinnung 1:100 negativ. 

Die Kultur „Vibrio S. II U wurde in der gleichen Weise wie der 
vorige Stamm aus dem Stuhl eines Mannes isoliert, der ebenfalls klinisch 
das Bild einer schweren choleraahnlichen Erkrankung aufwies. Die 
gehauften Ausleerungen hatten das fiir Cholera charakteristische, reis- 
wasserahnliche Aussehen. Bei der weiteren Untersuchung erwiesen sich 
die Vibrionen als ziemlich lange, schlanke, schwach gekriimmte Stabchen 
mit 1 GeiBel und zeigten im hangenden Tropfen lebhafte, schiefiende 
Bewegungen. Auf Gelatine und Agar wuchsen sie ahnlich wie der vorige 
Stamm und peptonisierten gleichfalls den Gelatinen&hrboden. Auf dem 
Dieud onn6schen Blutalkaliagar bildeten sie zarte, rauchbraune Kolo¬ 
nieen. In Hammelblutkorperchenaufschwemmung sowie auf Hammelblut- 
agarplatten erfolgte starke Hamolyse, die mehrere Tage alten Bouillon- 
kulturen gaben eine positive Nitrosoindolreaktion. Ein Cholera-Eselserum 
vom Titer 1:6000 agglutinierte sie ebenfalls nicht. bei einer Verdiinnung 
1 : 100 . 

Die vorstehend beschriebenen Kulturen entwickelten sich also auf 
den verschiedenen iiblichen Nahrboden im allgemeinen ziemlich gat. 
Wenn auch bei einzelnen St&mmen nach dieser Richtung hin geringe 
Differenzen bestehen derart, dafi z. B. das Wachstum auf der Agarplatte 
etwas sparlich und langsam bei einzelnen Kulturen erfolgte, so machte 


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Baerthlein, Ueber choleraiihuliche Vibrionen. 


325 


es doch weiter keine Schwierigkeit, sie auf jedem der iiblichen Nahr- 
boden weiterzuziichten. 

Ein ganz anderes Verhalten zeigte nun der Stamm „Vibrio Dieu- 
donnb 6 K u , der aus dem Stuhl eines darmkranken Sauglings mit Hilfe 
des Dieudonu6schen Nahrbodens isoliert wurde. Es handelte sich 
bei dem Pat. urn ein Kind, das bereits 1 Wocke an Brechdurchfall mit 
geringem Fieber litt, und dessen Ausleerungen diinnflilssig, hellgelb und 
stark schleimig waren. Bei der ersten Untersuchung der Faeces — 
der Stamm wurde gelegentlich der Untersuchungen fiber Sauglings- 
darmkatarrhe von Gildemeister und mir isoliert — gelang es mit 
Hilfe von Lackinus-Laktoseagar und Malachitgriinagar, auf jedem dieser 
Nahrbfiden einen sogenannten Dahlemstamm J ) zu ziichteu. Als wir 
8 Tage spater bei dem bereits in Rekonvaleszenz befindlichen Saugling 
wiederum den Stuhl untersuchten, verlief die Priifung auch nach dieser 
Richtung bin negativ; dagegen entwickelten sich auf dem D ieu don n 6- 
schen Blutalkaliagar vom 3. Tage ab zarte, rauchbraune, choleraalinliche 
Kolonieen, welche fast aus einer Reinkultur von Vibrionen unter sparlicher 
Beimengung von Kokken bestanden. Alle meine weiteren Versuche, durch 
Ueberimpfung auf andere feste und fliissige Nahrboden den Stamm von 
den beigemischten Kokken zu befreien, scheiterten saintlich daran, dab die 
Vibrionen auf diesen Nahrboden — ich beuutzte nacheinander Gelatine, 
Agar, stark alkalischen 3-proz. Agar, Lackmus-Laktoseagar, frische Hamrnel- 
blutagarplatten. Peptonwasser und Bouillon — niemals sich entwickelten, 
sondern uur auf den speziellen Choleraelektivnahrboden, am besten auf dem 
Dieudonn6schen Blutalkaliagar wuchsen. Im Gegensatz zu Cholera- 
und anderen Vibrionen erfolgte bei dieser Kultur auch keine Anreiche- 
rung im Peptonwasser, sondern die Vibrionen starben allmahlich ab. 
Ich konnte den Stamm nur auf dem Blutalkaliagar weiter ziichteu und 
allmahlich von den beigemischten Kokken befreien. Begiinstigt wurden 
meine derartigen Bemiihungen durch den Umstand, dab, wie sich spater 
zeigte, die erwahnte Kultur am besten bei Ziinmertemperatur wuchs und 
dann bereits innerhalb 36—48 Stunden auf dem Blutalkaliagar deutliche 
saftige Kolonieen bildete, zu einer Zeit also, wo die Kokken noch nicht 
entsprechend sich vermehren konnten. Bei einer Bebriitung von 37 0 
lagen die Verhaltnisse gerade umgekehrt, indem bei dieser Temperatur 
auf dem Blutalkaliagar sich innerhalb 24 Stunden fast aussclilieblich die 
Kokkenkolonieen entwickelten, wahrend die Vibrionen in dieser Zeit 
noch recht sparlich wuchsen und erst spater starker hervortraten. Im 
Hinblick darauf, dab von anderen Autoren, z. B. Ha chi a und Holo- 
but (10), Sineff und Drosdowitsch (11), Schiirmann und Abe- 
lin (12), berichtet wurde, die choleraahnlichen Vibrionen zeigten im 
Gegensatz zu echter Cholera auf dem Dieudonn6scheu Nabrboden 
nur sparliches, vielfach iiberhaupt kein Wachstum, erscheint mir die 
Tatsache, dab dieser Vibrionenstamm nur auf dem Blutalkaliagar sich 
eutwickelt, besonders beach tens wert. Was die morphologischen Verhalt¬ 
nisse betrifft, so zeigt die genannte Kultur alle Charakteristika eines 
Vibrio und besteht aus kurzen, schlanken, gut gekrummten Stabchen, 
die bei Farbung nach Corner 1 Geibel zeigen. Im hangenden Tropfen 
weisen sie lebhafte muckenschwarmartige Bewegungen auf. Die Priifung 
auf Indolbildung und auf etwaige hamolytische Eigenschaften der 
Vibrionen war wegen ihres oben erwahnten eigenartig beschrankten 

1) Eine diesbeziigliche Arbeit erscheint in der gleichen Zeitschrift Bd. 67. Heft 6. 


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326 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Wachstums nicht durchffihrbar. Die Agglutinationsprfifung mittels eines 
Cholera-Eselseruras vom Titer 1: 6000 fiel selbst bei der Serumkonzen- 
tration 1 :100 negativ aus. 

Eine Uebersicht fiber die bisher beschriebenen morpliologischen und 
kulturellen Verhfiltnisse der Vibrionen findet sich in Tabelle II. 


Tabelle II. 


o 

Bezeichnung des 
Stamm es 

BegeiBclung 

Indolbildung 

Hamolyse 

Gelatineverfliissigung 

(Stichkultur) 

i 

Vibrio Kind 

1 GeiSel 

positiv 

positiv 

kraftig 

2 

Vibrio Kriiger 

dgl. 

»» 

e 

>» 

3 

Vibrio Schmock 



positiv 

M 

4 

Vibrio S. I 





5 

Vibrio S. 11 

»» 




6 

Vibrio Dieud. 6 K 

J} 





Gelegentlich der Untersuchungen fiber Choleraelektivnfihrboden war 
nun von verschiedenen Seiten [von Pergola (13), von Glaser und 
Hachla (14), sowie von Haendel und mir (15) und von Pollack (16)] 
beobachtet worden, daB auch audere Bakterien nach der Isolierung aus 
dein Stuhl die Neigung zeigen, auf Choleraelektivnfihrboden in vibrionen- 
artigen, gekrtimmten Formen zu wachsen; insbesondere ist dies der Fall 
bei den Bac. faecal. alcalig.-Stfimmen. Es schien daher wohl an- 
gezeigt, die oben erwfihnten Vibrionenstfimme noch auf ihr weiteres 
kulturelles und serologisches Verhalten hin zu untersuchen. Gewisse 
Schwierigkeiten bot nun allerdings gerade der Stamm „Vibrio Dieud. 
6 K“, weil ich mit einem Wachstum auf den bei der Differentialdiagnose 
der Typhus-Coli-Gruppe tiblichen Nfihrmedien nach meinen Erfah- 


Tabelle III. 


No. 

Bezeichnung dee 
Stamm es 

Malachit- 
griinl69ung 
Loeffler 1 

Malachit- 
griinlosung 
Loeffler II 

Lackmus- 

molke 

Milch 

1 

Vibrio Kind 

starke Trii- 
bung 

0 

Violettfarbg. 
und feine 
Triibung 

Koagulation 

2 

Vibrio Kruger 

0 

0 

dgl. 

unverandert; 
stark saure 
Reaktion 

3 

Vibrio Schmock 

starke Trii- 
bung 

0 

tf 

Koagulation 

4 

Vibrio S. I 

dgl. 

0 

Rotung und 
feine Tru- 
bung 

It 

5 

Vibrio S. II 

ff 

0 

dgl. 

99 

6 

Vibrio Dieud. 6 K 

Koagulation 

0 


ft 


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. 1IRR ANA-CHAMPAIGN 



Baerthlein, Ueber choleraahnliche Vibrionen. 


327 


rungen nicht rechnen durfte. Ich suchte diesem Uebelstande dadurch 
zu begegnen, daB ich beira Beirapfen der Nahrboden reichlich Kultur- 
material verwandte, und in der Tat trat innerhalb 36 Stunden auf den 
Differentialnahrbodeu auch bei dem „Vibrio Dieud. 6 K“ ein Reaktions- 
ausschlag ein, wie ich ihn als charakteristisch fur choleraahnliche Vibrionen 
beschrieben habe. Wie ich dann durch Riickimpfung aus den verschie- 
denen Nahrboden auf den Dieudonn^schen Blutalkaliagar feststellen 
konnte, bei der allerdings iminer nur noch eine spfirliche Anzahl von 
Kolonieen zur Entwickelung kamen, ist es zwar auf den genannten 
Nahrmedien nicht zu einer Verinehrung der Vibrionen gekommen, sie 
haben sich aber auf ihnen einige Zeit lebensf&hig erhalten, und die 
eingesate Menge des Kulturniaterials hatte geniigt, um die erw&hnten 
charakteristischen Veranderungen der Nahrboden herbeizufflhren. Wir 
sehen also, wie in Tabelle III wiedergegeben ist, bei samtlichen Vibrionen- 
stammen in der Milch entweder eine stark saure Reaktion oder bereits 
kraftige Koagulation, in den N&hrlosungen Barsiekow I und Hetsch 
infolge der Saurebildung Rotung und Trubung, bzw. Rotung und Ko¬ 
agulation. Barsiekow II wird von einem Teil der Stamme, z. B. 
Vibrio Kind, S. I und S. II, allm&hlich komplett aufgehellt, vom anderen 
Teil, namlich den Kulturen Kruger, Schmock und Dieud. 6 K, nicht 
weiter beeintiuBt. Die Lackmusmolke lfiBt entweder Rotung und feine 
Trubung oder Violettf&rbung und feine Trubung erkennen. In den 
Garungsrohrchen von Traubenzucker-, bzw. Milchzuckerbouillon findet 
sich, wie bei alien Vibrionen, in beiden Schenkeln gleichmaBige Trubung 
der NShrlosung, und in den Stichkulturen des Neutralrotagars tritt 
keinerlei VerSnderung auf. Die Loeffler I-L5sung zeigt bei alien 
Stammen mit Ausnahme des Vibrio Kruger beginnende oder komplette 
Ausfallung, Loeffler II bleibt unverSndert. 


Tabelle III. 


Lackmue- 
Nutrose- 
Mannitlosung 
nach Hetech 

Barsiekow I 
(Lackmus- 
Nutrose- 
Traubenz.-Los.) 

Barsiekow II 
(Lackmus- 
Nutrose-Milch- 
zuckerlosung) 

Buck'S"’ Milchzucker- 
Bouillon 

Neutralrot- 

agar 

Rotung und 

Rotung und 
Koagulation 

Trubung, von 

gleichmaBige Trubung 

0 

Koagulation 

unten nach 
oben fort- 
schreitende 
komplette 
Aufhellung 

in beiden Schenkeln der 
Rohrchen 


dgl. 

Rdtung und 
starke Tru¬ 
bung 

0 

dgl. 

0 

Rotung und 
starke Tru¬ 
bung 

dgl. 

0 

if 

0 

Rotung und 
Koagulation 

n 

Trubung, vou 
unten nach 
oben fort- 
schreitende 
komplette 
Aufhellung 

» 

0 

dgl. 

if 

dgl. 

it 

0 

• 1 

Rdtung und 
Koagulation 

0 

ti 

0 

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328 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Zur Prufung der serologischen Verhaltnisse stellte ich mir von 
2 Stammen, dem Vibrio Krfiger und dem Vibrio S. I, agglutinierende 
Kaninchensera her. Die Untersuchung der verschiedenen Stamme mittels 
der beiden Sera ergab, daB von dem Serum des Vibrio Kriiger nur die 
zugehorige Kultur, von dem Serum des Vibrio S. I die beiden Stamme 
S. I und II noch bei der Serumverdiinnung 1 : 1000 gleichmaBig gut 
beeinfluBt wurden. Soweit sich aus dieser Prufung beurteilen laBt, 
handelt es sich also, abgesehen von den zwei nahe verwandten Stammen 
Vibrio S. I und II, urn serologisch (wenigstens hinsichtlich der Agglu- 
tinabilitat) nicht verwandte Kulturen. 

Die Virulenz meiner Stamme war, wie dies im allgemeinen bei den 
choleraahnlichen Vibrionen der Fall zu sein pflegt, gegeniiber Meer- 
schweinchen ziemlich betrachtlich und schwankte bei intraperitonealer 
Injektion zwischen Vio—Vs Oese. Eine Ausnahme bildete hier wiederum 
der Vibrio Dieud. 6 K, von dem selbst 2 Oesen, intraperitoneal ein- 
verleibt, nicht zu tbten vermochten. Auch die an Tauben vorgenommenen 
Versuche auf eine etwaige Pathogenitat gegeniiber Gefliigel fiihrten zu 
einem negativen Ergebnis, indem die Tiere bei intramuskuiarer (Brust- 
muskeln) Injektion von 1—2 Oesen der Kultur Dieud. 6 K keine 
Krankheitserscheinungen aufwiesen. 

Wie ich in meiner fruheren Arbeit (9) hervorgehoben habe, sind 
allerdings auch verschiedentlich auf Grund ihres morphologischen Aus- 
sehens den choleraahnlichen Vibrionen aus menschlichem Stuhl isolierte 
Kulturen zugerechnet worden, die nicht monotrich, sondern ainphitrich 
Oder mehrgeiBelig waren und sich beziiglich des kulturellen und sero¬ 
logischen Verhaltens mit Stammen identisch erwiesen, die in der Lite- 
ratur als amphitrich gegeiBelte Kulturen des Bac. faecal, alcalig. 
beschrieben worden waren. Da im Interesse einer gleichmaBigen Be- 
urteilung der Befunde von choleraahnlichen Vibrionen im menschlichen 
Stuhl eine einheitliche Fassung des Begriffes „choleraahnliche Vibrionen* 
als wiinschenswert erscheint, so habe ich im AnschluB au die oben mit- 
geteilten Beobachtungen bei einer Anzahl neuerdings von Sparmberg 
und von Bernhardt beschriebener, choleraahnlicher Vibrionen, die von 
den genannten Autoren dem Laboratorium des Kaiserlichen Gesuudheits- 
amtes in liebenswiirdiger Weise zur Verfiigung gestellt worden waren, 
vergleichende Untersuchungen nach dieser Richtung hin angestellt, liber 
deren Ergebnis ich nachstehend kurz berichten mochte. 

Ich priifte zunaohst alle herangezogenen Stamme, die ebenfalls 
unter Angabe ihrer Herkunft in Tabelle I aufgefuhrt sind, hinsichtlich 
ihres morphologischen Verhaltens und ihres Wachstums auf Gelatine, 
Agar, dem Dieudonneschen Choleranahrboden und den fiir die 
Differentialdiagnose der Typhus-Coli-Gruppe gebrauchlichen Nahrbodeu, 
ferner auf Indol- und Hamolysinbildung und endlich beziiglich ihres sero¬ 
logischen Verhaltens. Wahrend meine Stamme nun alle den Anforde- 
rungen entsprechen, die ich an choleraahnliche Vibrionen gestellt hatte, 
zeigen die letztgenannten Stamme kein einheitliches Bild. 

Was zunkchst das morphologische Aussehen betrifft, so stellen die 
Kulturen Vibrio 6546, 2261, 2234, 2242 und Vibrio Stade im gefarbten 
Ausstrichpraparate gleichmaBig groBe, entweder kurze oder mittellange, 
schlanke, durchweg mehr oder weniger stark gekriimmte Stabchen dar, 
die in alien Abschnitten gleichmaBig gut gefarbt erscheinen. Im hangenden 
Tropfen zeigen sie die fiir Cholera charakteristischen miickenschwarm- 
artigen Bewegungen; bei der Farbung nach Corner lftBt sich eine end- 


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Baerthlein, Ueber choleraahnliche Vibrionen. 


329 


standige GeiBel nachweisen. Abweichend davon ist das morphologische 
Bild bei den Stammen Vibrio 2965, 3065, 1537, 1225, 3657 und Vibrio 
Virchow-Krankenhaus. Sie setzen sich aus groBtenteils geraden, nur 
zum kleinen Teil schwach gekrummten, schlanken Stabchen zusamraen, 
die ahnlich wie Bac. faecal, alcalig. in ein und deraselben Aus- 
strichpraparate bald langere bald kflrzere Forinen aufweisen und h&ufig 
segmentierte Farbung erkennen lassen. Im hangenden Tropfen beob- 
achtet man gewohnlich schiangelnde Bewegungen, die von den Bacillen 
oft plotzlich unterbrochen werden, so daB diese fiir einen Augenblick 
stillzustehen scheinen. Bei der GeiBelfarbung nacli Corner erweisen 
sie sich als ampkitrich gegeiBelt. 

Fine weitere Differenzierung ergibt sich zwischen den oben erwahnten 
Kulturen auch im kulturellen Verhalten. Auf Gelatine wachsen die 
eingeiBeligen Vibrionen meist in Kolonieen, welche mit denen der 
Cholerabacillen Aehnlichkeit haben, wobei der Nahrboden durchweg in 
verschieden starkem Grade verfliissigt wird, die amphitrichen Stamme 
bilden glattrandige, homogene, schwach irisierende Scheibchen, und es 
tritt auch keine Peptonisierung der Gelatine ein. In dem Wachstum 
auf Agar bestehen ebenfalls gewisse Unterschiede, die namentlich beim 
Auftreten der Mutationserscheinungen deutlich zur Geltung kommen. 
Wir sehen dann bei den Kulturen 6546, 2261, 2234, 2243 und Vibrio 
Stade einmal zarte, helle, durchscheinende, schwach biaulich schimmernde 
Kolonieen, die aus zarten, schlanken, gut gekrummten und gleichmaBig 
gefarbten Stabchen bestehen, und gelbweiBe, undurchsichtige Kolonieen, 
die von plumpen, ebenfalls gut gekriimmten, bipolar oder segmentiert 
gefarbten Stabchen gebildet werden. Dagegen entwickeln sich auf der 
Agarplatte bei den mehrgeiBeligen Stammen Vibrio 2865, 3065, 1537, 
1225, 3657 und Vibrio Virchow-Krankenhaus einmal zarte, durch¬ 
scheinende Scheibchen, welche sich aus meist geraden, schlanken, iiber- 
wiegend gleichmaBig gefarbten Stabchen zusammensetzen, die vielfach 
zu mehr oder weniger langen Faden ausgewachsen sind, und dann triibe, 
stark irisierende Kolonieen, die aus kiirzeren, plumpen, bipolar oder 
segmentiert gefarbten, geraden, mitunter auch schwach gekriimmten 
Stabchen bestehen. Auf dem Dieudonndschen Blutalkaliagar, auf 
dem samtliche Kulturen gut gedeihen, wachsen die eingeiBeligen 
Vibrionen in der Regel nach Art der fiir Cholera charakteristischen, 
durchscheinenden, rauchbraunen Kolonieen, die amphitrich gegeiBelten 
Stamme aber bilden auf diesem Nahrboden, ahnlich wie Bac. faecal, 
alcalig., zarte, triibe Scheibchen mit einem schwach dunkelgriinen 
Schimmer. 

Wesentlich starker noch treten die Unterschiede zwischen den beiden 
Gruppen von Stammen hervor auf den fiir die Typhusdiagnose gebrhuch- 
lichen Nahrboden. Wie aus den in Tabelle IV zusammengestellten 
Resultaten der Untersuchung, zu der ich vergleichsweise noch die Kultur 
Vibrio Finkler und einen in der Saminlung des Kaiserlichen Gesundheits- 
amtes befindlichen Bac. faecal. alcalig.-Stamm heranzog, hervorgeht, 
geben die eingeiBeligen Kulturen Vibrio 6546, 2261. 2234, 2243, Vibrio 
Stade und Vibrio Finkler die charakteristischen Reaktionen der cholera- 
ahnlichen Vibrionen, wie sie von mir beschrieben wurden. Die Milch 
zeigt also bei diesen Stammen eine stark saure Reaktion oder eine be- 
reits kraftige Koagulation, in den Barsiekow I- und Hetsch-Nahr- 
Rjsungen tritt infolge der Saurebildung R6tung und Triibung, bzw. Rotung 
und Koagulation ein, Barsiekow II-Losung wird allmahlich unter 


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Anmerkuug: Die mit * bezeichneten Kulturen beetehen aus mehrgeifieligen Bakterien. 


330 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 67. Heft 5 


CO CO »-» O CO 00 O or ^ CO l\3 h- 

No. 

Vibrio 6546 

Vibrio 2261 

Vibrio 2234 
Vibrio 2243 

* Vi brio 2865 

* Vibrio 3065 

* Vibrio 1537 

* Vibrio 1225 

•Vibrio 3657 

• 

Vibrio Stade 

* Vibrio Vir¬ 
chow -Kran- 
kenhaus 

Bac. faec. al- 
calig.K.G.A. 
Vibrio Fink- 
ler 

Anmerkun, 

Bezeichnung 

des 

Stammes 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

starke Trii- 
bungu. Auf- 
hellung 

g: Die mit * 

Malachit,- 
grunlSsung 
Loffler I 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Aufhellungu. 

Triibuug 

0 

0 

Aufhellungu. 

Triibung 

bezeichneten 

Malachit- 
griinlosung 
LSffler II 

Rotung und 
feine Trii¬ 
bung 

dgl. 

II 

II 

Tiefblaufarb. 
u. feine Trii- 
bung 
dgl. 

II 

II 

II 

Rotung und 
feine Trii- 
bung 

Tiefblaufarb. 
u. Triibung 

dgl. 

Rotung und 
feine Trii- 
bung 

Kulturen beel 

Lackmus- 

molke 

Koagulation 

unverandert ; 
starke saure 
Reaktion 
dgl. 

II 

starke Auf¬ 
hellung u.Al- 
kalisierung 
dgl. 

II 

II 

II 

unverandert ; 
Reakt. stark 
sauer 

starke Auf¬ 
hellungu. Al- 
kalisierung 
dgl. 

Koagulation 

behen aus me 

Milch 

5" g-®§? «§? a-®g 

‘S § 3 S' = 

c: CT5 ^*3 CTQ 3 O- (TQ ?TD 

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0D C ® ® 

” a 1 ' 

^CR 

Rotung und 
starke Trii- 
bung 

dgl. 

II 

II 

0 

0 

0 

0 

o 

Rotung und 
starke Trii¬ 
bung 

0 

0 

Rotung und 
starke Trii¬ 
bung 

Bakterien. 

Barsiekow I 
(Lackmus- 
Nutrose- 
Traubeu- 
zuckerlosung) 

| 

Triibung, von 
unten nach 
ob. fortschr. 
kompl.Aufh. 
dgl. 

II 

II 

0 

0 

0 

0 

0 

Triibung, von 
unten nach 
ob. fortschr. 
Aufhellung 

0 

0 

Triibung, von 
unten nach 
ob. fortschr. 
Aufhellung 

Barsiekow II 
(Lackmus- 
N utrose- 
Milchzucker- 
losung) 

gleichmiifi. Triibung 
in beiden Sohenkeln 
der Rohrchen 

dgl. 

II 

19 

Wachstum nur im 
aufleren Schenkel 
der Rohrchen 
dgl. 

II 

II 

II 

gleichmaS. Wachst. 
in beiden Schenkeln 
der Rohrchen 

Wachstum nur im 
auSeren Schenkel 
der Rohrchen 
dgl. 

gleichmafi. Wachst. 
in beiden Schenkeln 
der Rbhrchen 

Trauben- 

zucker- 

Bou 

Milch- 

zucker- 

illon 

^ CB „ . 02 

B ► g, E ► g, 

B S PT B c 

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Neutralrot- 

agar 


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Baerthlein, Ueber choleraahnliche Vibrionen. 


331 


gleichzeitiger Triibung komplett aufgehellt Die Lackmusmolke nimmt 
Rotung und feine Triibung an, in den Garungsrohrchen von Trauben- 
zucker-, bzw. Milchzuckerbouillon erfolgt in beiden Schenkeln eine 
gleichmaBige Triibung der Nahrlosung; die Stichkulturen in Neutralrot- 
agar bleiben unverSndert, ebenso zum groBten Teil auch die Malachit- 
griinzuckerlosungen Loffler I und II, von denen die erste nur vom 
Vibrio Finkler stark getriibt und aufgehellt wird, und der Loffler II- 
Nahrboden durch den gleichen Stamm sowie durch Vibrio Stade eine 
Aufhellung und Triibung erleidet. 

Anders ist dagegen das kulturelle Verhalten der mehrgeiBeligen, 
von Sparmberg, bzw. Bernhardt isolierten und ebenfalls in die 
Gruppe der choleraahnlichen Vibrionen einbezogenen Stamme, namlich 
der Kulturen 2865, 2065, 1537, 1225, 3657 und Virchow-Krankenhaus. 
Wie aus der gleichen Tabelle ersichtlich ist, losen sie auf den Differential- 
nahrboden iibereinstimmend die gleichen Reaktionen aus wie der zur 
Kontrolle herangezogene Bac. faec. alcalig.-Stamm K.G. A. Sie be- 
wirken n&mlich in der Lackmusmolke stets eine tiefblaue FSrbung der 
Losung unter gleichzeitiger Triibung, hellen die Milch auf und machen 
sie stark alkalisch. Bei Traubenzucker- und Milchzuckerbouillon kommt 
es nur im offenen Schenkel der G&rungsrohrchen zu einem Wachstum, 
und in den Stichkulturen von Neutralrotagar tritt bei lSngerer Beob- 
achtung eine safranartige Verfiirbung in der oberen Schicht des NS.hr- 
bodens ein, die Lackmus-Nutrose-Zuckerlosungen I und II nach Bar- 
siekow, sowie die Malachitgriinlosungen I und II nach Loeffler er- 
fahren keine weiteren VerSnderungen. 

In gleichem Sinne fiel die Priifung der Kulturen auf etwaige Indol- 
bildung und der Nachweis des HSmolysierungsvermogens aus, denen, 
wie ich bereits friiher betont habe, insofern ein differentialdiagnostischer 
Wert zukommt, als ein positiver Ausfall der Reaktion nur bei echten 
choleraahnlichen Vibrionen und niemals bei Bac. faecalis alcalig. 
zu finden ist. Wie aus Tabelle V hervorgeht, brachte die Untersuchung 
auf Indolentwicklung bei samtlichen eingeiBeligen Vibrionen iiberein¬ 
stimmend ein positives Ergebnis, ferner finden wir bei diesen Stammen 
sowohl in Blutkorperchenaufschwemmungen wie auf festen Hammelblut- 
nahrboden eine kraftige, hSmolytische Wirkung. Die mehrgeiBeligen 


Tabelle V. 


c 

fc 

Bezeichnung des 
Stammes 

Begeiftelung 

Indolbildung 

Hamolyse 

Gelatineverflussigung 

Stichkultur 

1 

Vibrio 6456 

1 Geiflel 

positiv 

positiv 

kriiftig 

2 

Vibrio 2261 





3 

Vibrio 2234 





4 

Vibrio 2243 





5 

*Vibrio 2865 

amphitrich 

gegeifielt 

e 

e 

0 

6 

'Vibrio 3065 


0 

e 

0 

7 

'Vibrio 1537 


e 

e 

0 

8 

'Vibrio 1225 


e 

e 

0 

9 

'Vibrio 3657 


e 

e 

0 

10 

'Vibrio Virchow- 
Krankenhaus 

91 

e 

e 

0 ' 

11 

Vibrio Stade 

1 GeiBel 

positiv 

positiv 

schwach 

12 

Vibrio Finkler 




kriiftig 

13 

Bac. faecal, alca- 
ligen. K.G.A. 

amphitrich 

gcgeiOelt 

0 

e 

0 


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332 


CentralbL f. Bakt. etc. i. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 5. 


Kulturen dagegen bilden ebenso wie der Bac. faec. a leal, in keinera 
Falle Indol, und bewirken auch keine Hamolyse. Eine zusammenfassende 
Darstellung dieser Befunde ist in Tabelle V gegeben. 

Schon nach dem biskerigen Untersuchungsergebnis sehen wir deutlich, 
daB die iiberpriiften Kulturen in zwei Gruppen zerfallen, von denen die 
eine Stamme umfafit mit den fur choleraahnliche Vibrionen charakte- 
ristischen Merkmalen, wahrend die andere sich aus Kulturen zusammen- 
setzt, welche den amphitrich gegeiBelten Bac. faecal, alcaligenes- 
Stammen morphologisch und kulturell auBerordentlich nahestehen. Diese 
AufFassung wird weiter unterstiitzt durch das serologische Verhalten der 
fragliclien Stamme. Die Agglutinationspriifung, die ich bei samtlichen 
Kulturen, und zwar eigenen wie fremden, mit einem durch den Stamm 
Bac. faec. alcaligenes K.G.A. gewonnenen Kaninchen-Immunserum 
vornahm, ergab, wie dies aus Tabelle VI hervorgeht, daB von diesem 


Tabelle VI. 


6 

Bezeichnung des 


Serum verdunnung 


Kochsalz- 

Stamme,*) 

100 

500 

1000 

3000 

5000 

kontrolle 

i 

Vibrio Kind 

e 

e 

0 

0 

0 

0 

2 

Vibrio Kruger 

e 

e 

0 

0 

0 

0 

3 

Vibrio Schmock 

e 

e 

0 

0 

0 

0 

4 

Vibrio S. I 

e 

a 

0 

0 

0 

0 

5 

Vibrio S. II 

0 

e 

0 

0 

0 

0 

6 

Vibrio Dieud. 6 K. 

e 

e 

0 

0 

0 

0 

7 

Vbrio Finkler 

e 

e 

0 

0 

0 

0 

8 

Vibrio 6546 

e 

e 

0 

0 

0 

0 

9 

Vibrio 2261 

e 

0 

0 

0 

0 

0 

10 

Vibrio 2234 

e 

0 

0 

0 

0 

0 

11 

Vibrio 2243 

e 

0 

0 

0 

0 

0 

12 

♦Vibrio 2865 

+ + + 

+ + + 

++ 

+ 

+ 

0 

13 

♦Vibrio 3065 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ + 

+ 

0 

14 

♦Vibrio 1537 

+ + + 

+ + + 

++ 

+ + 

+ 

0 

15 

♦Vibrio 1225 

+ ++ 

+ + + 

++ 

+ + 

+ + 

0 

16 

♦Vibrio 3657 

+ + + 

+ + + 

++ 

+ 

+ 

0 

17 

Vibrio Stade 

e 

0 

0 

0 

0 

0 

18 

♦Vibrio Virehow- 
KrankenhauB 

+ + + 

+ 4* + 

+ + 

+ 


0 

19 

Bac. faec. alcali¬ 
genes K.G.A. 

+ + + 

+++ 

++ 

+ + 

+ 

0 


Serum alle mekrgeiBeligen sogenannten Vibrionenstamme, n&mlich die 
Kulturen 2865, 3065, 1537, 1225, 3657 und Virchow - Krankenhaus bis 
zur Titergrenze stark, bzw. deutlich agglutinatorisch beeinfluBt werden, 
wdhrend die eingeiBeligen, choleraabnlichen Vibrionen selbst bei einer 
Serumkonzentration von 1:100 nicht agglutiniert werden. Die Er- 
scheinung, daB die samtlichen mehrgeiBeligen Stamme von ein und 
demselben Alcaligenes-Serum beeinfluBt werden, ist auch insofern 
von einem gewissen Interesse, als man ja im allgemeinen bei Bac. 
faec. alcaligenes mit serologisch abgrenzbaren Untergruppen zu 
rechnen hat. 

In gewisser Hinsicht spricht endlich auch die verschieden hohe 
Pathogenitat der Kulturen fiir eine Trennung derselben. Nach den 
Angaben von Sparmberg, bzw. Bernhardt besitzen die echten, ein¬ 
geiBeligen, choleraabnlichen Vibrionen 6546, 2261, 2234, 2243 und 
Vibrio Stade eine betrachtliche Virulenz, indem die todlicke Dosis fur 
Meerschweinchen bei den einzelnen Kulturen Vio — l U Oese betrug. Bei 


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Baerthlein, Ueber choleraahnliche Vibrionen. 


333 



Tabelle VII. 


6 



Komplement 

Ergebnia der Harnolyse nach l l / a Stunden t 

nit 

Menge und Art 
des Serums 

l / 6 Oese 
Vibrio Kind 

*/. Oese 
Vibrio 
Kruger 

*/. Oese 
Vibrio 
Schmock 

© . 

<£ co 
Oo 

" > 

® H 

" j> 

« M 
8,2® 
°:2-d 
g 

“ 5 

2 

sS 

O) X) 

° p 
•o ^ 

" > 

H 

o CO 

is 

o 0 

> 

i 

0,03 


0,1 Meer- 

± 

+ 

0 

0 

± 

+ 

± 

+ 



Spez. 

sc.hweinchen- 











Cholera- 

komplement 









2 

0,01 

Kan.- 

dgl. 

d- 

d-d- 


± 

+ 

d-d- 

+ 

+ + 

3 

0,003 

Serum 

11 

+ + 

d-d- 

+ 

d- 

+ + 

+ + 

++ 

+ + + 

4 

0,001 



d-d-d- 

d-d-d- 

d-d- 

+ 

+ + + 

d-d-d- 

+ + 

+ + + 

5 

0,03 

Normal- 

» 

d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d- 

+ + + 

d-d-d- 

+++ 

+ + + 

6 

0,01 

Serum 

» 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

+++ 

+ + + 

7 



11 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

d-d-d- 

+ + + 

d-d-d- 

+++ 

+ + + 

8 


— 


0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


n Menge und Art v . §£; ! « 

£ del Serums Komplement | ® 


Ergebnia der Harnolyse nach l 1 /, Stunden mit 

i 1 * * I * * i * ( 

©^ i ©£§ ©§ ©co ©<5 ©[o 1 © a 

©<^i i 8sg $Q | 8©§ ©co 

! .2 o o o o q o 


1 0,03 

Spez. 

Cholera- 

2 0,01 Kan.- 

3 0,003 Serum 

4 0,001 

c a aq Normal- 

5 0,03 

< i ; 0 ' 01 £“;» 

7 — 

8 — 


j 0,1 Meer- 
schweinchen- 
komplement 
dgl. 


+ + ++ + ++ + ++ + + + + + I 


+ ± + + ++ + ++ + ++ + ++ + + ± 

+ + + + + ++ + ++ + ++ + ++ + + + 

+ + + ++ + + ++ + ++ + ++ + ++ + + + + 

+ + + + + + ++ + ++ + ++ + ++ + + + 

+ + + ++ + + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + + 

+ + H—h + H—1- + + + + H—h + d—h + + d- + d—f- + + 

0 0 0 0 0 0 0 


Ergebnia der Harnolyse nach l‘/ # Stunden mit 


g M dTs“ramt rt Komplement 


1 / 5 Oeae J /s Oese 1 /. Oeae 
Vi brio Virchow- Bac. faecalia Vibrio 

Krankenh.* alcaligenes Finkler 


*/« Oeae 
Choi. 74 vir. 


1 0,03 0,1 Meer- 

Spez. schweinchen- 
Cholera- komplement 

2 0,01 Kan.- agl. 

3 0,003 Serum „ 

4 0,001 

, nno Normal- 

5 0,03 „ 

6 I Sm 


d* d-d- 


d-d--f 
+ + + 
+ + + 

"H d-d- 
d-d"-F 

+ + + 

0 


d-d-d- 


d-d-d- 
d-d-d- 
d-d-d- 

+++ 

+d-d- 

d-d-d- 

0 


d-d- 
+++ 
d-d-d- 

d-d-d- 
d-d-d- 

d-d-d- 

0 


d-d-d- 
d-d-d- 

d-d-d- 

0 


'I I I ~ I v I v I 

0 = keine Harnolyse, ± = achwacho Harnolyse, + = mafiige Harnolyse, ++ = 
tarke Harnolyse, + 4- + = komplette Harnolyse. Die mit * bezeichneten Kulturen sind 
nehrgeiSelige Starame. 


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334 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


den mehrgeiBeligen, mit unserem Laboratoriumsstamm Bac. faecalis 
alcaligenes durchaus kongruenten Stammen 28(55, 3065, 1537, 1225, 
3657 und Virchow-Krankenhaus vermochte selbst eine voile Oese nach 
den Mitteilungen der genannten Autoren die Versuchstiere nicht zu 
toten. 

SchlieBlich habe ich noch die gesamten Ivulturen auf ihr Komplement- 
bindungsvermogen raittels eines Choleraiminuuserums untersucht. Neu- 
feld und Haendel, ferner Schiitze haben bereits zeigen konnen, daB 
sich bei Komplementbindungsversuchen init Choleraimmunseris gegentiber 
choleraahnlichen Vibrionen (Vibrio Metschnikoff, Vibrio Elwers 
u. a.) ein gewisses, wenn auch geringgradiges Uebergreifen der Reaktion 
geltend machen kann, wahrend ich bei wiederholten Versuchen mit 
Alcaligenes-Kulturen und Choleraimmunserum ein derartiges Ueber¬ 
greifen nicht beobachten konnte. Was die Technik bei meiuen dies- 
beziiglichen Versuchen anlangt, zu denen ich samtliche Stamme heranzog, 
so ging ich in der Weise vor, daB jeweils 1 / b Oese der 1 Stunde bei 
60° C abgetoteten Kulturen mit fallenden Mengen des Choleraimmun- 
serums und der gleichen Dosis Komplement 1 Stunde bei 37 0 C gehalten, 
und dann jedem Rohrchen 1 ccm einer 5-proz. Hammelblutkorperchen- 
aufschwemmung und die doppelte Menge des hamolytischen Ambozeptors 
zugesetzt wurden. Die Sensibilisierung der roten Blutkorperchen erfolgte 
20 Minuten vor dem Hinzufugen zu den Bakterienaufschwemmungen. 
Wie aus Tabelle VII ersichtlich ist, machte sich fast bei skmtlichen 
echten choleraahnlichen Vibrionen eine gewisse, wenn auch verschieden 
starke Hemmung der Hamolyse bemerkbar, dagegen niemals bei den 
mehrgeiBeligen, dem Bac. faecalis alcaligenes sich gleich ver- 
haltenden Stammen. Wenn auch diesen Komplementbindungsversuchen 
nur ein gewisser bedingter Wert zuzuerkennen ist, so erscheint mir das 
verschiedene Verhalten, welches beide Kulturengruppen auch in diesem 
Falle zeigen, doch ebenfalls bemerkenswert. 


Zusaramenfassung. 

ZusammengefaBt ergibt sich, daB die echten choleraahnlichen 
Vibrionen morphologisch und kulturell ein mit den Choleravibrionen 
iibereinstimmendes Verhalten zeigen. Sie sind eingeiBelig und zeigen 
auf dem Differentialnahrboden dasselbe kulturelle Bild. Hinsichtlich der 
Hamolysinbildung ist das Verhalten der choleraahnlichen Kommabacillen, 
wie das der Choleravibrionen, nicht einheitlich, doch scheint nach alien 
bisherigen Erfahrungen die weit iiberwiegende Mehrzahl der cholera¬ 
ahnlichen Vibrionen hamolytisch zu wirken. Serologisch lassen sie sich 
durch die Agglutination von Cholera scharf abgrenzen und weisen auch 
untereinander in dieser Hinsicht anscheinend nur vereinzelt engere Be- 
ziehungen auf. Mittels der Komplementbindung ist allerdings bei 
nianehen Stammen eine scharfe Abtrennung von echter Cholera nicht 
durchftihrbar. Mit vereinzelten Ausnahinen kommt den choleraanlichen 
Vibrionen auch eine gewisse Tierpathogenitat (Meerschweinchen) zu. 

Im Interesse einer einheitlichen Auffassung des Begriffes „cholera- 
ahnlicher Vibrio“ dilrfte es sich empfehlen, als choleraahuliche Vibrionen 


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Baerthlein, Ueber choleraiihnliche Vibrionen. 


335 


nur solche St&mme zu bezeichnen, die eingeiBelig sind und sich auch 
sonst morphologisch und kulturell den Choleravibrionen gleich verhalten, 
jedoch dieser Gruppe nicht Kulturen zuzurechnen, die morphologisch, 
kulturell und serologisch mit St&mmen iibereinstimmen, die in der 
Literatur bisher als zur Gruppe des Bac. faecal, alcaligenes ge- 
horig beschrieben wurden. 

Cholera&hnliche Vibrionen werden auch in unsern Breitengraden 
selbst in cholerafreien Zeiten infolge der verbesserten Technik — Dieu- 
donn^scher Blutalkaliagar! — hSufiger isoliert, als man vor kurzem 
anzunehmen geneigt war. Beachtenswert ist es, daB derartige Vibrionen, 
soweit dies aus den Angaben der einzelnen Autoren ersichtlich ist, 
hauptsachlich im Stuhl von Darmkranken, bzw. in einem Fall im Blut 
eines solchen Kranken gefunden worden sind. Ob dies darauf beruht, 
daB die Vibrionen bei pathologischen Vorgangen im Darm vielleicht 
bessere Lebens- und Entwicklungsbedingungen finden, oder ob ihnen 
bei solchen sporadischen Erkrankungen vielleicht auch eine ktiologische 
Bedeutung zuzuerkennen ist, bedarf noch weiterer Aufkl&rung. 


Literatur] 

1) Baerthlein, Dtsche militararztL Wochenschr. 1911. 

2) Gotschlich, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 53. 1906. 

31 Dold u. Harris, Dtsche med. Wochenschr. 1909. No. 6. 

4) Rothe u. Meinicke, Dtsche med. Wochenschr. 1909. No. 36. 

5) Burgers, Hygien. Rundsch. 1911. 

6) Kandiba, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 69. 1911. 

7) Sparmberg, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 70. 1912. 

8) Bernhardt, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 71. 1912. 

9) Baerthlein, Berlin, klin. Wochenschr. 1912. No. 4. 

10) Hachla u. Holobat, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 52. 

11) Sineff u. Drosdowitsch, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 52. 

12) Schiirmann u. Abelin, Arb. a. d. Instit. z. Erforsch. d. Infektionskrankh. in 
Bern. 1912. H. 7. 

13) Pergola, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 54. u. Bd. 59. 

14) Glaser u. Hachla, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 57. 

15) Haendel u. Baerthlein, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 40. 1912. H. 4. 

16) Pollack, Berlin, klin. Wochenschr. 1912. 


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336 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 5. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Vererblichkeit der Lepra und einiger anderen 

Infektionskrankbeiten. 

[Aus der Lepraanstalt Osaka, Japan.] 

Von Prof. A. Sugai und Dr. J. Monobe. 

Wir behandelten w&hrend der Jahre 1910 und 1912 12 Geburten 
von Leprakranken und untersuchten die Leprabacillen im zirkulierenden 
Blute der Kinder, welche selbstverstandlich kein leproses Symptom zeigten. 
Wir erweiterten die Untersuchungsresultate durch einige Tierversuche. 
Die Ergebnisse sind folgende: 

1) Die Leprabacillen im Blute der neugeborenen Kinder. 

In 10 unter 12 Fallen ist der Nachweis positiv, in 2 negativ. Die 
Zahl der Bacillen im Kinderblute ist immer ganz gering. 

In 9 unter 12 Fallen sieht man die Leprabacillen in der Placenta, 
darunter bemerkt man leprose Epitheloidzellen oder Schaumzellen mit 
Leprabacillen in 5 Fallen. 

Die Leprabacillen im Blute der Mutter und dem des Kindes und 
der Placenta: 



Leprabacillen im 
Blute der Mutter 

Leprabacillen in 
der Placenta 

Leprabacillen im 
Blute des Kindes 

1 

+ 

+ 

+ 

2 

? 

+ 

+ 

3 

— 

+ 

+ 

4 

+ + 

+ + 

+ 

5 

+ 

— 

— 

6 

+ 

+ 

+ 

7 

+ 

+ 

+ 

8 

+ 

— 

+ 

9 

— 

+ + 

+ 

10 

— 


— 

11 

+ 

+ + 

+ 

12 

+ 

+ + 

+ 



Positiv 

Negativ 

? 

Leprabacillen im Blute der Mutter 

8 

3 

1 

Leprabacillen im Blute des Kindes 

10 

2 



Von den von uns behandelten neugeborenen Kindern der Lepra¬ 
kranken sind 4 m&nnliche und 8 weibliche. 

AuBerdem behandelten wir eine Geburt, welche von einer Ehe 
zwischen einem leprdsen Manne und einem nicht leprosen Weibe stammte. 

In diesem Falle wiesen wir auch im Blute des Kindes, wenn auch 
in ganz kleiner Anzahl, die Leprabacillen nach. 

2) Wir injizierten in die Hoden von Meerschweinchen 0,2 ccm einer 
1-prom. Emulsion des Lepraknotens, die mit physiologischer Kochsalz- 
losung angefertigt wurde. Nach einigen Tagen untersuchten wir den 
Samen des Tieres nach Leprabacillen unter Antiforminbehandlung. Die 
Resultate waren negativ, woran wohl die mangelhafte Technik schuld hat. 

In beide Hoden eines Meerschweinchens injizierten wir 0,2 ccm 


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Sugai u. Monobe, Ueber die Vererblichkeit der Lepra etc. 337 

einer Tuberkelbacillenemulsion, in welcher x / 5 Oese Bacillen enthalten 
war. Nach 4 Tagen untersuckten wir die Tuberkelbacillen im Samen 
des Tieres nach der oben genannten Methode. Das Resultat war positiv. 

Wir lieBen dieses Tier mit einem weiblichen Meerschweinchen 
koitieren und untersuchten nach 11 Tagen den Uterus des letzteren. 
Das Tier hatte keinen deutlichen Embryo, litt aber an einer Endometritis 
tuberculosa und hatte zahlreiche Tuberkelbacillen im Uterus. 

3) In die Vena jugularis eines befruchteten Meerschweinchens inji- 
zierten wir l ccm einer 1-prom. Lepraknotenemulsion. Nach 48 Stunden 
suchten wir nach Leprabacillen im Blute des Fbtus unter Antiformin- 
behandlung. Alle 4 Foten hatten 5—30 Leprabacillen im Blute des 
Herzens. 

Wir machten einen ganz gleichen Versuch mit einer durch 2-stUn- 
diges Kochen bei 100° abgetoteten Leprabacillenemulsion und unter¬ 
suchten nach 2 Tagen das Blut des Fotus; jedes Tierchen hatte Bacillen. 

In die Vena jugularis der 3 befruchteten Meerschweinchen injizierten 
wir 1 ccm einer Tuberkelbacillenemulsion, welche eine Oese Bacillen 
enthielt. Die Tiere warfen 5—8 Tage nach der Injektion 7 Tierchen, 
bei denen wir in 3 Tierchen die Tuberkelbacillen im Blute nachwiesen, 
und zwar sahen wir in der Leber oder in den Nieren von 2 Tierchen 
pathologisch veranderte Partieen, welche wahrscheinlich durch Tuberkel¬ 
bacillen verursacht worden waren. 

In die Vena jugularis von 5 befruchteten Meerschweinchen wurde 
1 ccm einer Coli-Bacillenemulsion oder Typhusbacillenemulsion inji- 
ziert, die je eine Oese Bacillen enthielt. Von den erhaltenen Embryonen 
wurde das Blut auf Agar-Agarnahrboden verrieben. In alien Kultur- 
rohrchen entwickelten sich die betreffenden Bacillen nicht gut. 

In der Vena jugularis eines befruchteten Meerschweinchens wurden 
3 ccm einer Emulsion, welche 2 Oesen von Staphylococcus pyo¬ 
genes aureus enthielt, injiziert. Nach 10 Stunden wurde das Tier 
getotet und das Blut von 3 Embryonen auf schragem Agar-Agarnahrboden 
verrieben. Auf alien NahrbSden entwickelten sich die Kolonieen der be¬ 
treffenden Kokken, wenn auch in kleiner Anzahl. 

Restimee. 

1) Die Bacillen konnen vom Hoden in die Samenblase gelangen* 
Die Tuberkelbacillen bleiben im Samen lebensfahig und konnen sich an 
geeigneten Stellen vermehren und dort tuberkulSse Prozesse hervor- 
rufen. 

2) Die Leprabacillen, Tuberkelbacillen und kleine Kokkenarten kfinnen 
die gesunden PlacentargefaBe von Menschen und Tieren passieren 
und vom miitterlichen Blute in das fotale gelangen. Die Zahl der be¬ 
treffenden Mikroorganismen im letzteren ist immer eine ganz kleine. 

3) Eine vaterliche direkte Vererbung und miitterliche Infektion mit 
Lepra, Tuberkulose und anderen Infektionskrankheiten im FStalleben 
kann man nicht ausschlieBen. 

4) Bacterium coli commune oder Typhusbacillen konnen die 
PlacentargefaBe kaum passieren. 


Erste Abt. Orig. Bd. 67. 


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Heft 5. 


22 

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338 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67 . Heft 5. 


Nachdruck verboten. 

Beobachtungen liber Flecktyphus in Astracban in den 

Jahren 1907—09. 

Von N. Klodnitzky. 

Vortsteher des bakteriologischen Laboratoriums des Ministeriuras des Innern, Astrachan. 

Mit 5 Kurvcn. 

Die Hebung der Kultur und des Wohlstandes der Bevblkerung 
einerseits und die groBen Fortschritte der Bakteriologie und Hygiene 
andererseits haben es bewirkt, daB Flecktyphus ebenso wie Febris re- 
currens aus Westeuropa beinahe ganz verschwunden sind. Es kommen 
da uur vereinzelte, von auBen eingeschleppte Falle vor. Schon lange 
beobachtet man keine Massenerkrankungen melir mit Flecktyphus in den 
Landern, welche friiher als klassische Territorien dieser Krankheit galten, 
wie England (besonders aber Irland) und die Bretagne. Ausnahmen da- 
von bilden einige slavische Lander, wie Polen, Galizien und an erster 
Stelle RuBland. 

Der Mehrzahl der von den Russen im vorigen Jahrhundert gefiihrten 
Kriege folgten groBe Flecktyphus-Epidemieen. Daher starnmt auch der 
Name „Kriegstyphus u , richtiger ware ^Hungertyphus 44 , weil mit alien 
Kriegen iminer eine ungeniigende Erniihrung der Soldaten verbunden 
war, die durch Diebstahle des Ivriegskommissariats bedingt war. So 
entstanden in der russischen Armee kolossale Epidemieen von Fleck¬ 
typhus (fiber 100000 Falle) mit enormer Sterblichkeit im Krimkriege 
und im russisch-turkischen Kriege 1877—78. 

Der letzte Krieg mit Japan stellt in dieser Beziehung die erste 
Ausnahme dar. Die russischen Truppen wurden ununterbrochen ge- 
schlagen, der Krieg war ungliicklich und nicht popular, und gerade 
diesen ungiinstigen psychischen Einwirkungen schreibt man gewohnlich 
eine groBe Bedeutung neben anderen atiologischen Momenten zu. Doch 
hungerten die Truppen nicht. Ihre geniigende Ernahrung war urn so 
leichter, als der Krieg in der fruchtbaren Mandschurei gefiihrt und die 
Fleischversorguug durch die Nahe der Mongolei erleichtert wurde. 
Flecktyphus war dabei jedoch immer vorhanden, lokal entstanden und 
aus RuBland eingeschleppt. Im Eisenbahnkrankenhause zu Charbin 
beobachtete ich einige unzweifelhafte Falle von Flecktyphus unter Sol¬ 
daten und Ortsbewohnern. Wenn ich hierher auch einige Falle von so- 
genanntem Mandschurei - Flecktyphus zahle, glaube ich, keinen groBen 
Irrtum zu begehen. 

In RuBland selbst horen sporadische Erkrankungen und Endemieen 
nicht auf. 

Die amtlichen „Berichte fiber Volksgesundheit 44 geben folgende 
Ziffern (absolute Ziffern): 


1802 

184142 

1898 

38 881 

1904 

54178 

1893 

147 952 

1899 

53 028 

1905 

76 931 

1894 

105 316 

1900 

52 523 

1906 

52 412 

1895 

71 552 

1901 

52 523 

1907 

51 984 

1896 

44 889 

1902 

59184 

1908 

95 738 

1897 

35 822 

1903 

70402 

1909 

180 724 


Wenn wir die Statistik von verschiedenen typhoiden Erkrankungen 
in den letzten 17 Jahren vergleichen, so sehen wir, daB die Recurrens- 


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Klodnitzky, Beobachtungen fiber Flecktyphus in Astrachan etc. 


339 


erkrankungen in verschiedenen Jahren beinahe gleiche Ziffern gaben, 
wahrend die Zahl von Ileotyphuskranken immer steigt (von 200000 im 
Jahre 1890 bis auf 450000 im Jahre 1906 und 400000 1907), ein Beweis 
fur die Verschlechterung der hygienischen Bedingungen, unter welchen 
die Bevolkerung der groBeren Stadte wohnt. 

Das Zustandekommen und die Entwickelung groBerer Epidemieen 
von Flecktyphus fordert besondere Bedingungen, sozusagen eine spezielle 
Vorbereitung der Bevolkerung. Die beiden letzten groBeren Epidemieen 
in RuBland fallen in die Jahre 1892—94 und 1908—09. In den Jahren 
1891—92 war eine groBe MiBernte, im Vergleich mit dieser war die 
mangelhafte Ernte des Jahres 1906 viel besser. Es kommt aber jedes 
Jahr in diesem oder jenem Gebiete Mangel an Korn und mit diesem 
verbundene Unterernahrung und Verhungerung der Bevolkerung vor, 
welche manchmal zur Volksplage wird. Dieses Moment muB also als 
immer vorhanden betrachtet werden. Seine Bedeutung ist deinent- 
sprechend fur die Landbevolkerung groBer. Aber die Opfer der letzten 
Epidemie stammen hauptsachlich aus der Bevolkerung der Stadte. 

In dieselben Jahre mit den beiden genannten Flecktyphusepidemieen 
fallen groBe Epidemieen von Cholera (1892—95 und 1907—09) und in 
die Jahre 1908—09 eine Recurrensepidemie. Beim Mangel eines an- 
deren genaueren Kriteriums miissen wir eine Schwachung der Wider- 
standsfahigkeit der Bevolkerung gegenuber diesen Infektionen annehmen. 
Als Quelle der Infektion und der Virulenzsteigerung in den letzten 
3 Jahren miissen wir die kolossale Ueberfiillung der Gefangnisse be- 
trachten, welche eine Folge der inneren politischen Krisis ist. 

Das epidemiologische Bild der Stadt Astrachan stellt sich in den 
Jahren 1907—1909 folgendermaBen dar: 











1 

Unbestimmte 





Flecktyphus 

Recurrens 

Ileotyphus 

und Misch- 
formen 

Cholera 


1907: 

1908| 1909|l907|l908 190911907! 

19081909 

1907 

1908! 

1909 

1907 

1908 

1909 

Januar 

3 

8 

40 

91 

7 

545 

26 

27 ! 

18 

11 

7 

46 




Februar 

1 

7 

81 

85 

17 

3341 

11 

10 

19 

8 

5 

35 




Mfirz 

6 

15 

355 

197 

12 

I 385 

14 

15 

12 

8 

10 

39 




April 

39 

73 

558 

244 

224 

350 

20 

14 

12 

16 

18 

68 




Mai 

30 

129 

387 

232 

338 

325! 

19 

23 

6 

14 

23 

, 36 




Juni 

21 

82 

112 

113 

245 

1971 

20 

12 

15 

18 

27 

| 26 




Juli 

3 

23 

35 

43 

196 

96 

32 

20 

15 

21 

19 

14 


184 


August 

5 

5 

5 

201 65 

56 

57 

49 

43 

30 

23 

17 

994 

443 

2 

September 

9 

2 

4 

5 

22 

27 

58 

46 

74 

44 

20 

31 

123 

121 

21 

Oktober 

4 

15 

3 

1 

5 

12 

7, 

59 

50 

55 

16 

12 



3 

3 

November 

1 

14 

7! 

102 

6 

31 

29 

65 

6 

7 

11 




Dezember 

1 

25 

2| 7 

599 

HI 

19 

26 

39 

: 6 

24 

9 




Total 

129 

398 

1583[ 10491183912339 

366 

321 

373 

198 

I 195 

332 

1117 

751 

26 

Mortalitat 




1 1 












p. H. 

11,6 

12,5 

11,55) 1,43 

2,45; 

2,17 

33,1 

28,0 

17,4 

1 — 

| — 

— 

66,16 

46,74 

|ei,54 


Fast samtliche Berichte iiber die Volksgesundheit notieren eine 
Steigerung der Erkrankungen an Flecktyphus in den Wintermonaten, 
dagegen fiel die groBte Anzahl der Erkrankungen wahrend der letzten 
Epidemie in Astrachan auf die Friihlingsmonate; im Juni und besonders 
im August sank ihre Zahl. Dies steht im Zusammenhang mit dem 
ZufluB der Arbeiter, die im Friihling nach Astrachan zuin Fischfang 
kominen. 

22 * 


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340 


Oentralbl. f. Bakt. etc. [. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


So ist tier Flecktyphus fiir Astrachan eine eingeschleppte Krankheit. 
Die Bevolkerung vom hiesigen Gefangnis blieb vom Flecktyphus im all- 
gemeinen verschont, doch kamen die ersten Falle bei von Ssaratow her 
versetzten Verhafteten vor. Nach der Ankunft in Astrachan blieben die 
Haftlinge eine gewisse Zeit im hiesigen Arrestlokal, und von hier aus 
stellte sich durch arretierte Ortsbewohner die Verbindung mit der Be¬ 
volkerung von Astrachan her. AuBerdem lieBen die Verbannten die In- 
fektion auf ihrem Wege in den Distriktstadten zuriick Oder wurden selbst 
infiziert. Darum wurde auf der Hohe der Epideinie 1909 der Transport 
der Verbannten temporar aufgehoben. 

Die Recurrenserkrankungen verteilten sich in Astrachan in den 
verschiedenen Monaten gleich denen an Flecktyphus. Doch fielen die 
hochsten Ziffern 1909 schon auf die Wintermonate. 

In diesen 3 Jahren waren die von Flecktyphus und Recurrens 
freien Monate — Juli-August, bis Ende des Jahres Abdominaltyphus 
und Cholera. Wahrscheinlich hangt das von den hiesigen antihygie- 
nischen Lebensbedingungen ab, worauf auch die groBe Sterblichkeit an 
Abdominaltyphus, welche 1907 33 Proz. erreichte, hinweist. 

Meine unten angefuhrten Beobachtungen sind noch nicht abge- 
schlossen, — da ich gerade in der Mitte der Arbeit, wo mir viele De¬ 
tails klar wurden, selbst an Flecktyphus in ziemlich schwerer Form er- 
krankte. Diese Erkrankung hatte eine lange Unterbrechung der Arbeit 
zur Folge, und wahrend dieser Zeit kamen die schon isolierten Kulturen 
in Gefahr, abzusterben. 

An dieser Stelle spreche ich meinen tiefsten Dank den 6 Herren 
Kollegen aus, deren aufopfernder Pflege ich meine Genesung verdanke. 

Der mit mir gleichzeitig infizierte Dr. F. Martemjanoff starb 
am 12. April 1909 als Opfer seines Berufes. Da diese doppelte Infektion 
von Interesse fur das Folgende ist, so fiihre ich unten die Daten iiber 
die Inkubation und Temperaturkurven der beiden Falle an. Von sechs 
Aerzten starben in Astrachan 1907—09 zwei. 

Die ersten Untersucliungen wurden an den Kranken aus der Ge- 
fangenenabteilung des aintlichen Krankenhauses angestellt. Im Januar 
und Februar 1909 ordinierte ich eine Flecktyphus-Abteilung des stadti- 
schen Krankenhauses (25—30 Kranke). Im April hatte ich eine Ab- 
teilung in dem von der Stadtverwaltung extra eingerichteten Kranken- 
hause fiir Flecktyphus- und Recurrenskranke. 

Im Herbst und bis zum Ende des Jahres 1909 wurde in Astrachan 
kein Fall von Flecktyphus beobachtet. Einige zuerst verd&chtige Falle 
im stadtischen Krankenhause erwiesen sich bei der bakteriologischen 
Untersuchung und genauerer klinischer Beobachtung als Abdominal¬ 
typhus. 

Zur Frage der Bedeutung von Insekten bei der Ver- 
breitung des Flecktyphus. 

In den letzten Jahren widmeten viele Forscher der Rolle der blut- 
saugenden Insekten als Vermittler bei der Uebertragung der Infektion 
vom kranken zum gesunden Individuum (auBere Schmarotzer, Ekto- 
parasiten) ihre Aufmerksamkeit. AuBer Malaria und den Trypanosomen- 
krankheiten studierte man am eingehendsten in dieser Beziehung das 
Recurrens, weshalb wir hier diese Frage etwas naher erortern wollen, 
um so mehr, als einige der auf diesem Gebiete festgestellten Tatsachen 
nicht ohne Bedeutung auch fiir die Flecktyphuspathologie sind. 


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Klodnitzky, Beobachtungen fiber Flecktyphus in Astrachan etc. 


341 


Dutton und Todd und spater besondere R. Koch haben fcstgestellt, daB die 
Infektion an Recurrens in Afrika durch eine besondere Zeckenart (Ornithodorus 
moubata) geschieht und dafi die Spirochaten viele Monate hindurch im Korper dieser 
Zecken gut erhalten bleiben. Mollers fand sogar, dafi die afrikanischen Spirochaten 
bis zur 3. Generation der Zecken fibergehen konnen, ohne daB man dabei die 2. Gene¬ 
ration das Blut kranker Tiere saugen lafit. Direkte Versuche bewiesen die Ansteckungs- 
moglichkeit durch die Zecken bisse. 

Seit den Angaben von Tiktin und Karl inski schrieb man die Hauptrolle bei 
der Verbreitung des Recurrens in Europa (RuBland) den Wanzen zu; neuere Unter- 
suchungen erschfitterten aber diese Hypothese, denn viele Forscher erhielten negative 
Resultate bei ihren Impfversuchen mittels infizierter Wanzen. Ich konnte durch die 
Wanzenbisse weder mien selbst, noch Tiere mit Recurrens infizieren. Ueber positive 
Resultate berichten Mackie bei einem Affen und Nuttall bei einer Maus. Diese 
Resultate sind etwas zweifelhaft, well die Ratten per os infiziert werden konnen. Man- 
teufel konnte sogar die Ratten durch die abrasierte oder nur geschorene Bauchhaut 
infizieren. Der Versuch gelang nur sofort und hochstens 24 Stunden nach dem Haugen 
des infizierten Blutes durch die Wanzen, 48—72 Stunden nachher trat keine In¬ 
fektion ein. 

Die Rolle der Flohe bei der Infektion 1st noch nicht naher untersucht worden, 
doch sprechen sich die meisten Autoren gegen die Bedeutung der Flohe in der Epi- 
demiologie des Recurrens aus. 

Was die Lause anbelangt, so gelang Manteufel bei seinen Experimenten die In¬ 
fektion gesunder Ratten von kranken nur bei Anwesenheit der Lause (Haematopinus 
spinulosus). In diesen Versuchen ist aber die Moglichkeit der Infektion per os nicht 
ausgeschlossen (Verschlucken oder Zerbeifien der Insekten). Aus der groBen Aehnlich- 
keit im Bau des Haematopinus und der menschlichen Laus schlieBt Manteufel 
auf einen ahnlichen Modus der Verbreitung des Recurrens unter den Menschen durch 
die Lause (Pediculi capitis und vestimenti). Daruin ist Manteufel der An- 
sicht, daB die MaBnahmen gegen Recurrens zuerst gegen die Parasiten, und zwar gegen 
die Lause, gerichtet werden mfissen, und daB die aligemeinen hygienischen MaBregeln, 
wie Desinfektion, welche die Vernichtung der so wie so labilen Spirochaten bezwecken, 
nicht ausreichen. 

Oft werden die Beobachtungen von Mackie (in Nasik bei Bombay, Indien) an- 
gefuhrt. Mackie fand in einer Wohnung von den vorhandenen Lausen 14 Proz. mit 
Spirochaten infiziert, und in einer anderen Wohnung, wo Recurrens etwas spater und 
wahrscheinlich durch Uebertragung aus der ersten Wohnung sich entwickelte, 2,75 Proz. 
infiziert. Von den kfinstlich geffitterten Lausen infizierten sich 13,5 Proz. Man konnte 
nie Spirochaten sowie Blut im Korper der Kopflause finden, woraus Mackie schlieBt, 
daB diese Lause sich nur mit Fett und anderen Resten der Kopfhaut ernahren und daB 
die Verbreitung des Recurrens ausschlieBlich durch die Kleiderlause geschieht. Doch 
fielen Mackies Versuche von Ansteckung der Makaken durch die Kleiderlause negativ 
aus. Natfirlich muB man dabei uberhaupt Derficksichtigen, daB unsere Versuchstiere sich 
gegenfiber den Spirochaten ziemlich refraktar verhalten. 

Es gibt bis jetzt also keine experimentell festgesetzte Tatsache zur 
Bestatigung der Verbreitung der Infektion mit Spirochaete recur- 
rentis in Europa durch die blutsaugenden Insekten. Trotzdem wurde 
die Theorie von der Bedeutung der Lause allgemein angenommen. Der 
Befund von Spirochaten im Korper von Lausen wie anderen Blutsaugern 
beweist, daB die Spirochaten ebenso wie andere Krankheitserreger sich 
zu dieser Zeit im Blute des Wirtes befanden. 

Noch weniger geklart ist die Epidemiologie des Flecktyphus, weil 
der Erreger dieser Krankheit noch nicht sicher festgestellt ist. 

Neben Armut und Hfiufung der Bevolkerung werden besonders 
Ektoparasiten, und zwar LSuse, als Ursache beschuldigt. Doch spricht 
der Umstand gegen die besondere Bedeutung der Lause, daB wahrend 
langerer Zeit das Kontagium des Flecktyphus in Kleidern, Sachen, 
Hausern usw. sich konserviert Wenn man zugibt, daB dieses Kontagium 
bei der Austrocknung abstirbt resp. vernichtet wird, so konnen von den 
menschlichen Schmarotzern am langsten die Wanzen das Virus lebendig 
aufbewahren. In einer mit Jordan sky zusammen ausgefflhrten Arbeit 
konnteu wir feststellen, daB lebeusfahige Pestbacillen derselben Virulenz 


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342 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


sich mindestens 3 Monate im Korper der mit Pest infizierten Wanzen 
erli alien. 

Meiner Ueberzeugung nach schreibt man den vielfach den an 
Kranken beobachteten Lausen eine zu groGe Bedeutung zu. Unsauber- 
keit und Armut befordern die Entwickelung der Lause, und diese beiden 
Faktoren steigen in den Epidemiejahren. In von Epidemieen freien 
Friedenszeiten beachtet man diese Unsauberkeit wenig, und doch kann 
sie ziemlich weit gehen. So fanden z. B. fur mick 2 Manner aus dern 
Nachtasyl an ihrem Korper ohne besondere Mtihe ca. 30 Lause. 

Trotz alledem will ich keineswegs die Moglichkeit leugnen, dad in 
einigen Fallen Ansteckung durch die Lause stattfindet. Ich denke nur, 
daG wir die Bedeutung der Lause allzu lioch einschatzen, denn fur RuG- 
land ist nicht die Vernichtung der Mikroben resp. Ektoparasiten, sondern 
die Hebung der Kultur und des Wohlstandes der Bevolkerung als die 
erste und hauptsSchlichste staatliche Aufgabe im Auge zu behalten. Bis 
dahin miissen wir mit alien Kraften gegen sch&dliche und fiir das Land 
gefahrliche Ueberfiillung der Gefangnisse kampfen und fiir Besserung 
der Nachtasyle sorgen. Die Sauberkeit der immer wechselnden Bevfllke- 
rung der letzteren muG obligatorisch durchgefiihrt werden. 

Den Versuchen von Nicolle und seiner Mitarbeiter Comte und 
Conseil schreibt man eine so groGe Bedeutung bei, daG ich sie hier 
kurz im Referate von Mesnil aus dem Bulletin de l’Institut Pasteur. 
1909. p. 925 anfiihren will. 

„Nicolle impfte einen Schimpansen mit dein Blute von einem klassischen Falle 
von Flecktyphus am 3. Tage der Erkrankung. Inkubationsdauer 24 Tage, Erhohnng 
der Temperatur, vom 5. Tage der Erkrankung Ausschlag mit nachtraglicher Abschuppung, 
progressiver Abmagerung und Temperaturerniedrigung. Am 4. Tage der Erkrankung 
impfte man mit dem Blute dieses Schimpansen einen Macacus sinicus; Inkuba¬ 
tionsdauer 13 Tage, Temperaturerhohung, sehr charakteristischer Ausschlag. Direkte 
Impfung dee Macacus sinicus mit dem Blute des kranken Menschen mifilang 2mal. 
Die Erfahrungen aus der tunesischen Epidemiologie liefien die Verfasser als Vermittler 
und Uebertrager der Infektion Lause, nicht Flbhe und Wanzen, annehmen. Dem- 
entsprechend wurden 29 Lause auf einen Macacus sinicus sofort nach dem Erscheinen 
des Ausschlags gesetzt. 6 Tage spater wurden diese Lause auf 2 audere Macacus- 
Affen ubertragen; der eine erkrankte nach einer Inkubationsdauer von 22 Tagen (ohne 
Ausschlag, Tod), der andere nach 40 Tagen (Ausschlag, Genesung). Mit dem Blute von 
diesen zwei wurden einige neue Affen geimpft und machten abortive Erkrankungen durch, 
was eine Abnahiue der Virulenz beweist. 

Aus obigem folgt, dafi diese Experimente den Charakter der Vorversuche haben 
und weit von der Entscheidung iiber den Injektionsmodus beim Flecktyphus entfernt 
sind. Besonders interessant ist der Fall der direkten Ansteckung des Schimpansen und 
spater auch des Macacus sinicus. Diese Falle beweisen die Infektiositat des Blutes. 
Die Verfasser haben wahrscheinlich keinen Krankheitserreger isoliert. Nachtragliche 
Erkrankungen der Macacu s-Affen haben eher den Charakter einer Vergiftung." 

Aehnlich erkl&ren wir auch unsere folgenden Versuche, die an Meer- 
schweinchen angestellt wurden: 

Es wurden Anfang April 1909 3mal die Lause an typhosen Kranken mit typischem 
Ausschlag bei ihrer Aufnahme vor dem Bade gesammclt. Ein Teil der Liiuse, 3—5 8tiick, 
wurde mit physiologischer Kochsalzlosung zerrieben, und diese Emulsion fiihrte ich 
Mausen subkutan und intraperitoneal ein. Im hangenden Tropfen aus der Emulsion 
Bah man zahlreiche, bewegliche Punkte (Kokken oder Coecobacillen mit anhaftcndem 
Blutpigment) und Stabchen. Es wurden auch Bouillonrohrchen geimpft und nach 
20-stiindiger Aufbewahrung im Brutschrank eine neue Serie von Mausen damit geimpft. 
4 Versucne blieben ohne Erfolg. Die Miiuse blieben lebendip. Ebenso miBlangen auch 
Versuche, die Miiuse und Meerschweinchen durch Bisse zu mfizieren; die Lause bissen 
die Versuchstiere sehr ungern. Plattenkulturen aus der Emulsion liefien keine besondere 
Bakterienart als spezifisch erkennen. 

Am 17. April wurden Lause an den Kalmiicken im Krankenhause fiir Fischfang- 
arbeiter gesammelt. Die Kranken (Flecktyphus) waren, sozusagen, mit Lausen in grofler 


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Klodnitzky, Beobachtungen iiber Flecktyphus in Astrachan etc. 


343 


Menge besat. Die Insekten waren grofi, ganz weifi oiler mit durchscheinendem, schwarzem 
Inhalt, d. h. Blut. Diese Lause bissen meine Meerschweinchen sehr gern. 

2 Tage spater (19. April) setzte ich 6 Lause auf die abrasierte Bauchhaut eines 
Meerschweinchens, No. 17. Bei der Beobachtung des Saugaktes hatte ich deutlich den 
Eindruck, dafl das Blut des Meerschweinchens zuerst vom Parasiten eingesaugt wird und 
dann wieder in die Haut des Meerschweinchens zuriickflieSt. Dieser ProzeS wieder- 
holt sich einige Male, bis schliefilich die Laus das Blut vollsaugt. Auf diese Weise 
wird eine Wechselverbindung zwischen dem Magen der Laus und den BlutgefaSen des 
Wirtes hergestellt. Diese Erklarung scheint mir aber ganz paradox, und ich glaube 
nicht an die Richtigkeit der Deutung der Erscheinung, da ich diese Beobachtung nicht 
wiederholen konnte. 

3 Tage spater horte das Meerschweinchen zu fressen auf, sein Gewicht fiel in 
8 Tagen von 610 g auf 410 und es konnte sich vor Schwache nicht mehr bewegen. Bei 
meiner eigenen beginnenden UnpafiJichkeit fiirchtete ich, den Versuch nicht bis zu 
Ende fuhren zu konnen, weshalb ich das Meerschweinchen am 27. April, d. h. 8 Tage 
spater, durch Chloroform getotet habe. Die Sektion ergab: In der Bauchhaut mehr 
oder weniger ausgedehnte Blutungen. wahrscheinlich den Lausebissen entsprechend, Milz 
vergroBert, Leber stark vergrofiert, an ihrem vorderen Rande rechts ein grofies Stiick 
nekrotisierten Gewebes von gelber Farbe, auch an anderen Stellen der Oberflache sieht 
man einige gelbe Flecke. Auf dem Durchschnitte erscheint das Lebergewebe auch etwas 

f elblich, blutarm; Blut flflssig. Auf den Abstrichpraparaten sind keine Bakterien zu 
emerken, geimpfte Nahrboden blieben steril. 

Aus der Leber und Milz dieses Meerschweinchens wurde eine Emulsion bereitet, 
die in die Bauchhohle des Meerschweinchens No. 18 eingefiihrt wurde, bei welchem 
zuerst im Laufe der Woche das Gewicht um 60 g fiel, um dann wieder zu steigen. 

Am 29. April lieB ich das Meerschweinchen No. 21 durch Lause beifien. In der 
ersten Woche fiel das Gewicht dieses Tieres um 60 g; es starb am 18. Tage des Ver- 
suches. 

Meerschweinchen No. 22 wurde durch 4 von Meerschweinchen No. 17 ubertragene 
Lause gebissen; sein Gewicht fiel binnen einer Woche um 90 g; es starb 24 Tage 
spater. 

Diese beiden Tiere wurden ohne Sektion verbrannt. 

Augenscheinlich sind diese Versuche denen von Nicolle und seinen 
Mitarbeitern analog. Sie beweisen, daB nicht nur Affen, sondem auch 
Meerschweinchen an den LSusebissen sterben konnen. Ueber den 
Charakter des wirkenden Giftes etwas Bestimmtes zu sagen, ist schwer, 
doch ist es kaum moglich, diese Erkrankung durch die Wirkung der 
geringen Menge atzender Flussigkeit, die die Lause in die BiBstelle aus- 
scheiden, zu erklaren. Fiir eine Vergiftung der Meerschweinchen spricht 
folgende Beobachtung: 

Zum Zwecke der Entscheidung der Frage, ob unsere Bacillen (s. unten) ein Toxin 
ausscheiden, wurden Filtrate aus 7-tiigigen Bouillonkulturen zubereitet (im ganzen 
4 Kolben, je 2 von jeder ubriggebliebenen Kultur). Ein Kolben wurde durch Kokken 
verunreinigt; hiervon fiihrte ich Mausen 0,2—0,4 ccm subkutan und 1 ccm intraperitoneal 
ohne jede Wirkung ein. Nur bei einem von den auch geimpften Meerschweinchen, 
welches subkutan 1,5 ccm vom Filtrat der gemischten Kultur erhielt, bildete sich an 
der Impfstelle eine heifie Anschwellung, das Tier fra0 nicht mehr und starb nach 
7 Tagen. Bei der Sektion Abmagerung, stark blutige Durchtrankung der Bauchwand 
gelbe, nekrotisierte Stellen in der Leber; auf den mit Blut und Organen geimpften 
Nahrboden kein Wachstum. 

Im Herbste des vorigen Jahres wiederholte ich zweimal mit den 
vorhandenen Kulturen die Versuche mit den LSusen. Leider starb schon 
in den ersten 3—4 Tagen die Mehrzahl der in den Nachtasylen ge- 
sammelten, verhaltnismSBig kleinen Lause. Von den iibriggebliebenen 
bissen nur wenige gesunde Tiere, die schon am nBchsten Tage tot ge- 
funden wurden. 

Ebenso unsch&dlich fiir Meerschweinchen erwiesen sich auch Bisse 
von Wanzen, welche in der Flecktyphusabteilung im Krankenhause oder 
an infizierten Tieren gesammelt wurden. Alle diese Versuche betrachten 
wir als vorlBufige. 


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344 


Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Klinische Beobachtungen. 

Fur die Dauer der Inkubationsperiode bei Flecktyphus werden un- 
gefahr 12 Tage angenommen. Eine genaue Feststellung der Inkubations- 
dauer ist in der Praxis sehr schwierig und meistens sogar unmOglich, 
weil die schon Infizierten wahrend der Inkubationsperiode noch vielfach 
mit Kranken in Bertihrung kommen, was besonders fiir Aerzte und Nacht- 
asylbesucher gilt. 

Ich kann 2 Falle anfuhren, wo die Infektionszeit rait groBer Ge- 
nauigkeit festgestellt werden kann. Es sind dies die Erkrankungen von 
Dr. Martemjanoff und mir selbst. 

Ich und der Sanit&rarzt der Astrachaner Fischfangverwaltung, 
Dr. Martemjanoff, besuchten am 17. April 1909 die 80 km von 
Astrachan entfernte „Alexandrowsky“-Fischfangstelle, um die wahre Natur 
der zwischen den Kalmiicken-Arbeitern ausgebrochenen Epidemie fest- 
zustellen. Im dortigen Krankenhause fanden wir nur 6 Kranke (5 waren 
friiher entlassen). Von diesen 6 liatte nur einer erhohte Temperatur 
und reichlichen Ausschlag, der durch eine dicke Schicht von Schmutz 
hindurchschimmerte. An diesem Kranken und den Rekonvaleszenten 
fanden wir in groBer Menge groBe LBuse, die teilweise auch fiir die 
schon beschriebenen Versuche gefangen wurden. 



Krankhtag 
Temper. 

40° 

39.5P 

39° 

38,5' 

38* 

37.5* 

37' 

Kurve No. 2. F. M. 


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DaB Flecktyphuserkrankung vor- 
lag, wurde sofort durch die Blutunter- 
suchung im hangenden Tropfen ent- 
schieden. Das unter dem Mikroskop 
sichtbare Bild der fiir Flecktyphus 
typischen Bakteriiimie zeigte ich auBer 
Dr. Martemjanoff noch einem an- 
deren anwesenden Arzte. Wahrend ich 
immer Umgang mit Flecktyphuskranken 
hatte, hatte Dr. Martemjanoff weder 
friiher noch spBter eine andere Gelegen- 
heit zur Infektion. 

Die ereten Zeichen der Erkrankungen traten 
bei mir am 23. April auf, d. h. 6 Tage uach 


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Klodnitzkv, Beobachtungen liber Flecktyphus in Astrachan etc. 


345 


dem gemeinsamen Besuche der Kranken. Sie bestanden in wiederholtem leichten, 
beinahe angenehmen Frostgefiihl und wiederholt wiihrend des Tages eintretendem 
SchweiBe, stark belegter Zunge, Kopfschinerzen, Unlust zur Arbeit usw. Eine Woche 
spiiter, am 30. April, war ich gezwungen, rnich ins Belt zu legen. Sehr bald danach 
eingetretene BewuBtlosigkeit dauerte bemahe 2 VVochen. Dr. Marterajanoff war vom 
30. April an krank, d. h. 12—13 Tage nach dem genannten Besuche der Fischfangstelle. 

Der Krankheitsverlauf ist auf den beigegebenen Temperaturkurven dargestellt. 

Blutproben zur Untersuchung liefi ich bei mir am 30. April entnehmen. 

Die Zeit von der Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch kann 
wahrscheinlich auch in einem dritten Falle festgestellt werden. Dieser 
Fall ist besonders deswegen interessant, weil man hier zuerst eine 
septische Infektion vermuten konnte. 

In meiner Arbeit nimmt dieser Fall auch einen besonderen Platz 
ein. Im Glauben, daB hier die Infektion (lurch direkte Einfflhrung des 
Giftes (lurch die verletzte Haut erfolgt sei, infizierte ich spiiter meine 
Miiuse mit Kulturen (lurch einen Stich ins Pfotchen. Der Versuch gelang 
vollstiindig, denn der Stich mit einem kleinen, vorher angebrachten 
Tropfen von Bouillonkultur rief immer eine todliche Erkrankung der 
Miiuse hervor. 

Am 17. Jaimar bat mich ein Diener des stadtischen Leichenhauses um arztliche 
Hilfe. Nach der Sektion der Leiche eines ermordetcn Mannes aus dem Nachtasyl nahte 
er die Haut zusammen und stach sich dabei in den Mittelfinger der rechten Hand. 
Am nachsten Tage schon trat Schiittelfrost auf, die Axillardriisen waren vergroBert und 
schmerzhaft. 

Bei der ersten Untersuchung des Kranken im Laboratorium fand ich kleine An- 
schwellung und Empfindlichkeit des Mittelfingers der rechten Hand; die Stichstelle 
durch eine punktformige Kruste bedeckt; Axillardriisen rechts vergroBert, druck- 
empfindlich, Zunge belegt, Milz vergroBert, derb (friiher hatte der Kranke an Malaria 
gelitten). Tcmperatur 38,8, Puls lit). 

Aus einer Vene wurden ca. 3 ccm Blut entnommen. Die mikroskopischo Unter¬ 
suchung der aus frischem und lackfarbig gemachtem Blute angefertigten Praparate er- 
gab nicnts Bestimmtes. Geimpfte Nahrboden blieben steril. 

Der Kranke konnte erst am nachsten Tage ins Krankenhaus aufgenomraen werden; 
Temperatur 39,5; auf dem rechten Handriicken zwei deutliche rote Streifen einer 
Lymphangitis, die auf dem Vorderarme sich fortsetzten und zu einer nuf der medianen 
Seite des Ellenbogens gelegenen Lymphdriise gingen; diese Driise war vergroBert und 
schmerzhaft; der allgemeine Zustand viel schlimmer, der Kranke kann nur mit Miihe 
aufrecht steben, klagt iiber starke Kopfschinerzen. Auf Vorschlag eines anderen an- 
wesenden Arztes und auf Wunsch des Patienten wurden ihm subkutan 50 ccm Anti- 
streptokokkensemm vom Moskauer bakteriologischen Institut eingefiihrt, obgleich keine 
Streptokokken im Blute gefunden wurden. Diese Einspritzung blieb ohne EinfluB auf 
die Temperatur und den weiteren Krankheitsverlauf. 

Am selben Page fand die Aufnahme des Kranken S. Sch. ins stiidtische Kranken¬ 
haus statt, Abteilung von Dr. Jordansky. Hier beobachteten wir ihn zusammen bis 
zur Verlegung in die Infektionsabteilung, wobei wir zuerst vermuteten, es mit einem 
Falle von Sepsis zu tun zu haben. Die unten angefiihrte Krankheitsgeschichte ist von 
Dr. .Iordansky geschrieben: 

19. Jan. S. Sch., 34 Jahre alt. 7 Tage vorher bei der Sektion der Leiche eines 
Ermordeten in den Mittelfinger der rechten Hand gestochen. Am Tage darauf Schiittel- 
frost, Temperaturerhohung, Schmerzen in der Hand. 5 Tage spiiter wurde bei ihm 
das Blut im bakteriologischen Laboratorium untersucht und 50 ccm Antistreptokokken- 
serum eingefiihrt. Puls 9fi, voll; in den Lungen vereinzelt trockenes Rasseln. Reine 
Herztone, Milz vergroBert. Am rechten Mittelfinger kleine Hautschiirfung; Vorderarm 
etwas gerbtet und warm beim Antasten, auf seiner ganzen Ausdehnung 4 Lymphangitis- 
streifen sichtbar; die kubitalen und axillaren Lymphdrusen vergroBert, nicht schmerz¬ 
haft; Temperatur 39,4. BewuBtsein klar, kein Appetit. 

20. Jan. Collargol per clysma, Eis auf den Kopf. Am Abend wurden ca. 200 ccm 
venosen Blutes entnommen, subkutan 300 ccm physiologischer Kochsalzlosung. 

21. Jan. Allgemeinzustand schlimmer, Depression, zeitweises Irrereden. Puls 96, 
voll. 2 Klysmen mit Collargol. 

22. Jan. Temperatur sinkt nicht; Collargol. Puls 110, sehr schwach. 

23. Jan. Puls 120, weich; BewuBtsein etwas deprimiert. 2 Klysmen mit Collargol. 
Abreibungen mit Essigspiritus, Himbeertee, Kognak, Schwitzprozedur. 


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346 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. OrigiDale. Bd. 67. Heft 5. 


24. Jan. In der Nacht stark geschwitzt, 2mal Wasche gewechselt. Milzumrisse 
veriindert, ihr Rand steht ca. 3 cm tiefer, weicher geworden, Milzpalpation schmerzhaft. 
Auf dem ganzen Rumpfe erschien ein Ausschlag in Gestalt ver- 
einzelter, nicht prominierender Punkte, welche hier den Roseola-, 
dort Petechiencharakter annehmen. Puls 126, weich. Allgemeinzustand olme 
Veranderungen. 

25. Jan. l'emperatur 37,5. Puls 126, schwach. Der Ausschlag hat mehr einen 
petechialen Charakter angenommen. Der Kranke wurde wegen Verdacht auf Fleck- 
typhus in die Infektionsabteuung verlegt. 

26. —27. Jan. Zahlreiche Petechien auf dem ganzen Korper, besonders dem Riicken 
und den Extremitaten. Milz vergroSert. Puls gut, Zunge trocken. Kopfschmerzen. 
Stuhlgang normal. 

28. Jan. An der Stelle der Serumeinspritzung Urticaria. In der Nacht geschwitzt. 
Puls gut. 

29. Jan. Verstopfung. Zunge immer trocken. Ziemlich starke Abmagerung. Am 
Morgen stark geschwitzt. Puls gut. Ausschlag beinahe verschwunden. 

30. Jan. Morgens friih geschwitzt. Zunge feucht, stark belegt. Puls mafiig 
gefiillt. 

31. Jan. Kein Stuhlgang. Schwitzt wie friiher. Zunge feucht. Puls gut, volL 

1. Febr. In der Nacht SchweiS. Schalldampfung oberhalb beider Schulterblatter; 

AtemgerauBch unbestimmt, keine Rasselgerausche. Entsprechend dem rechten unteren 
Lungenlappen abgeschwachtes Atmen und vereinzelte Rasselgerausche. Pharynxkatarrh. 

5. Febr. Starker Husten lafit nicht nach. Auf dem weichen Gaumen und den 
vorderen Gaumenbogen kleine, flache Geschwiire. 

7. Febr. Husten etwas schwacher. Bedeutende FuOodeme, besonders um die 
Knochel. Kein Eiweili im Urin. 

8. Febr. Oedem verschwunden. Rechts unten Atemgerausch abgeschwacht, ver¬ 
einzelte feuchte Rasselgerausche. 

13. Febr. Entlassen. 

In diesem Falle erschien also der Ausschlag 12 Tage nach der ver- 
mutlichen Ansteckung. In dem 7 Tage nach der Entlassung im hiingen- 
den Tropfen untersuchten Blute zahlreiche bewegliche Stabchen. Kultur- 
versuche blieben erfolglos. 



Nach Ansicht der meisten Kliniker beginnt der Flecktyphus ent- 
weder plotzlich oder mit einer schnellen Erhbhung der Ivorpertemperatur 
auf 40° und sogar dariiber. Ob dies wirklich fiir die meisten Falle zu- 
trifft, ist fraglich. Die meisten Kranken kommen doch schon inmitten 
der Krankheit unter &rztliche Beobachtung, weswegen das vorausge- 
gangene erste Stadium der allmahlich steigenden K6rpenv&rme und Ent- 
wicklung des Krankheitsprozesses der Beobachtung des Arztes sowie des 
Kranken selbst verborgen bleibt. 


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Klodnitzky, Bcobachtungen iiber Flecktyphus in Astrachan etc. 


347 


Dr. Kirejeff studierte eingehend 690 Temperaturkurven aus der 
Flecktyphusabteilung des Krankenhauses Sokolniki in Moskau aus den 
Jahren 1902—1905, und behauptet, daB die Krankheit immer plotzlich, 
inmitten voller Gesundheit, ausbricht. Aber auch er gibt zu, daB Tem- 
peraturerhohung nicht so schnell und briisk, wie z. B. bei Recurrens 
und Malaria, eintritt. Unter seinem groBen Material fand K. nur zwei 
Kurven, wo der Temperaturanstieg nur binnen eines Tages stattfand. 
Meist stieg die Temperatur wahrend 3-4 Tagen. Wie gesagt, kann man 
auch diese Beobachtung nicht als exakt betrachten. In seinen (ibrigen 
8 Kurven (10 sind dem Berichte beigefiigt) beginnt die Beobachtung im 
Krankenhause erst am 5.-9. Tage der Erkrankung (einmal am 3.). 

AuBer dem oben angefuhrten Falle N. K. kann ich beispielsweise 
auch die Kurve von Dr. P, T. anfiihren. 

P. T„ 29 Jahre alt, Arzt. 25. Dez. 2 ccm Blut aus der Vene cntnommen. Agglu- 
tinationsprobe mit der typhosen Kultur und Galleeinsaat negativ. 



Der Verlauf der Erkrankungen an Flecktyphus in Astrachan wahrend 
dieser letzten Epidemie ergab keine klinischen Besonderheiten und eine 
verhaltnismaBig geringe Sterblichkeit — ca. 12 Proz. Das Hauptkon- 
tingent der Erkrankten bildeten Schwarzarbeiter, meist Bewohner der 
Nachtasyle. Trotz schlechter Ernahrung verlief bei ihnen die Krankheit 
iiberraschend leicht, besonders im Vergleich mit den Erkrankungen unter 
dem medizinischen Personal. Im Gegensatz zum Abdominaltyphus traten 
Ernahrungsverfall und SchwSche besonders scharf nach dem Ablauf der 
Fieberperiode auf. 

Die Behandlung wich nicht von der iiblichen ab. Der Hauptwert 
wurde auf die Pflege gelegt. Excitantia verordnete ich wahrend der 
Krise, 2—3 Tage vor dem Beginn der Senkung der Temperatur und 
noch einige Tage nachher. Bader wurden nur der Reinlichkeit wegen 
angewandt, besonders nach dem Temperaturabfall. Bei der Anwendung 
der Bader bildete der Wassermangel im provisorisch eingerichteten 
Krankenhause bedeutende Hindernisse. Meiner Ansicht nach konnen 
zu frtih verordnete Bader sogar schadlich wirken, indent sie die Herz- 
tatigkeit ungunstig beeinflussen, da die Kranken oft bis zur Wanne zu 
FuB gehen milssen. 


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348 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 5. 


Bei der Krankenpflege lieB ich moglichst oft Lagenwechsel des 
Kranken vornehtnen, uni Lungeuhypostasen und neue Hindernisse der 
Herztatigkeit zu vermeiden. In schwierigen Fallen, bei wie bet&ubt und 
bewegungslos liegenden Kranken hat die Nichtbeachtung dieser Regel 
fatalere Folgen, als das vollst&ndige Fehlen jeglicher Arzuei. 

Dieser Umstand wird in den klinischen Lehrbiichern nicht geniigend 
beriicksichtigt, und die Lungenkoraplikationen werden sogar als unver- 
meidlich, fest mit der Natur der Krankheit verbunden, betrachtet. 

Als zweite wichtige Forderung der Krankenpflege stelle ich sorg- 
faltige Reinigung der Mundhohle und der Zahne auf. 

Veranderungen der Nagel nach Fleck typhus. 

1905 beschrieb E. Feer Veranderungen der Nagel bei Scharlach, 
welche in der Bildung einer Falte oiler eines kleinen Walles am Nagel- 
falz bestanden. Diese Falte schreitet allmahlich zur Peripherie fort. 
Das erste Auftreten dieser Veranderung fallt auf die 4.—6 Woche vom 
Beginn der Erkrankung, und ihr Verschwinden auf den 5.—6. Monat. 
Verf. hielt diese Erscheinung fur analog der Abschuppung der Haut und 
vom YVechsel der ganzen Hornschicht der Haut abhangig und fiir Schar¬ 
lach pathognomisch (Scharlachlinie). Beim naheren Studium der Lite- 
ratur (J. Heller, Die Krankheiten der Nagel. Berlin 1900) anderte 
Feer seine Meinung. Heller betrachtet diese Querfalten auf den 
Nageln als Ausdruck einer vorausgegangenen Ernahrungsstorung. Aehn- 
liche Veranderungen wurden nach verschiedenen akuten Krankheiten 
beschrieben. Nach Scharlach sieht man diese Fatten am meisten, weil 
die Kranken langere Zeit vom Arzte beobachtet werden. 

In vielen Fallen von Flecktyphus beobachtete ich dieselben Ver¬ 
anderungen der Ntigel, und betrachte sie auch nur als Ausdruck einer 
weit gegangenen Ernahrungsstorung 1 ). 

Bakteriologische Untersuchungen. 

Als Flecktyphuserreger wurden verschiedene Mikroorganismen be¬ 
schrieben — Stabchen, Streptobacillen, Streptokokken, Spirillen usw. 
Alle diese Resultate erklaren sich (lurch mangelhafte Methodik, als zu- 
fallige Verunreinigungen, besonders bei Entnahme eines Bluttropfens, 
welcher aus einem Nadelstiche der Haut hervortritt. 

Die Ziichtung des Eborthschen Stiibchens aus Hautschnitten oder skarifizierten 
Roseolen gelang zwar oft. Aber das gesuchte X war dabei schon vorher bestimmt und 
bekannt, und auSerdem warcn noch ziemlich genaue Methoden zur Uuterscheidung des 
Stiibchens von anderen Bakterien ausgearbeitet. Auf dem von Conradi und Kayser 
angegebencn Nahrboden mit Gallo ist es nicht schwierig, den Typhusbacillus sogar 
aus kleinen Blutmengen rein zu ziichten. 

Prof. S. VV. Lewaschew hat bei Flecktyphus den Micrococcus exauthe¬ 
matic us rein geziichtet. Zur Impfung von Ascites-Agar nahm er etwas Biut aus dera 
Finger oder der Milz, oder noch bcsser, wie er sagt, aus der Vene mittels einer aus- 
gegliihten Kaniile. Die Bluttropfen fing er mit der Platinose auf und brachte sie in 
eine Reihe von Iteagensgliisern mit den Nahrboden; in einigen davon fand Wachstum 
statt. Es ist. kein Wunder, da6 bei dieser Methodik von 168 Fallen in 166 die Re¬ 
sultate positiv warcn. Die Spezifitat dieses Micrococcus ist jedoch von Lewa¬ 
schew noch nicht bewiesen worden. Dieser Mikroorganismus erwies Bich fur Tiere 
wenig pathogen, sogar in groGen Dosen. Die Resultate von L. wie auch die seiner 
Vorgiinger wurden spiiter nicht bcstatigt; es existieren nur einige zweifelhafte Hinweise 


1) Ich demonstrierte die Photographieen von solchen Nageln samt den Praparaten, 
Kulturen und Leichen der an der experimentellen Infektion gefallenen Versuchstiere 
am 8. Mai 1910 in einer Sitzung der Mikrobiologischen Gesellschaft in St. Petersburg. 


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Klodnitzky, Beobachtungen iiber Flecktyphus in Astrachan etc. 


349 


In einigen Fallen ziichtete ich auch bewegliche oder unbewegliehe Kokken aus 
dem durch eine Luersche Spritze entnommenen Venenblute. Bei beinahe alien diesen 
Fallen wurde vorher eine zufallige Verunreinigung bemerkt. 

Im Jahre 1891 kaben Thoinot und Calmette, und gleichzeitig Lewaschew, 
spater auch andere Forscher im Blute der Flecktyphuskranken kleine, bewegliche 
Kugelchen beobachtet, von deren Peripherie manchmal mehr oder minder lange Faden 
mil Verdickungen am freien Ende oder in der Mitte (rosenkranzartig) abgingen. Le- 
waschew betrachtete sie ala Krankheitserreger, identifizierte sie mit den von ihm ge- 
ziichteten und nanute sie M i crococcus und Coccospirillum exanthematicum. 
AuSer L. beschrieb sie ausfiihrlich Benjasch. 

Diese Beobachtungen sind zwar vollstandig exakt, aber die Erklarung kann man 
nicht zutreffend nennen, denn dieselben Bildungen finden sich auch bei vielen anderen 
Infektionskrankheiten, bei welchen eine Zerstorung der roten BlutkSrperchen stattfindet. 
Sehr deutlich werden diese Bildungen im hangenden Tropfen, wenn man dazu 0,2—0,5 ccm 
des Blutes in Glyzerinbouillon verriihrt. Ich beobachtete diese Gebilde standig bei 
Malaria und bei einem syphilitischen Totneugcborenen (8 Monate, Herzblut). Mir 
scheinen diese Bildungen fur Malaria palhognomisch zu sein. 

Im Jahre 1908 veroffentlichte Horiuchi Untersuchungen iiber einen besonderen 
Bacillus, welchen er aus den Faeces von mandschurischen Flecktyphuskranken ziichtete 
und Bacillus febris exantheinatici mandschurici nanute. Das Serum der 
Kranken agglutinierte diese Bacillen in Verdiinnung von 1:500. Durch die Liebens- 
wiirdigkeit von Prof. Gruber in Miinchen erhielt ich eine Kultur davon und stellte 
damit Untersuchungen an. Ich hielt es fur sehr wahrscheinlich, den Erreger von 
Flecktyphus gerade aus den Faeces gewinnen zu konnen. Diese Kultur nahert sich 
durch einige biologische Eigenschaften dem Paratyphus B, durch andere Besonderheiten 
dem Coli. Das Serum einiger unserer Kranken agglutinierte diese Bacillen in Ver- 
dunnungen von 1:50 und sogar 1:100. Komplementablenkung wurde nicht gepruft. 

Im Jahre 1909 erschien eine vorlaufige Mitteilung von M. Rabiuow'itsch iiber 
einen aus dem Blute Flecktyphuskranker gewonnenen Bacillus. Diese Bacillen fiirbten 
sich nach Gram und wuchsen langsam, besonders in den ersten Generationen, auf 
Glyzerinagar, besser auf Ascitesagar; auf festen Nahrboden war das Wachstum ahnlich 
dem von Streptococcus. Bouillon blieb klar. Das Serum der Kranken soil die 
Bacillen in einer Verdiinnung von 1:160 agglutinieren. Dicscr Diplobacillus erwies 
sich fiir Kaninchen und Meerschweiuchen als pathogen, und bei diesen Tieren ent- 
wickelte sich eine der menschlichen ahnliche Erkrankung (?). Dieselben Bakterien fand 
Rabinowitsch durch Silberimpragnation auch in den Schnitten innerer Organe und 
Petechien an Flecktyphus Gestorbener. Rabinowitsch halt den Diplobacillus fiir den 
Erreger des Flecktypnus. 

1910 erschien eine Mitteilung von W. Predtjetschensky. Er mischte das 
Blut von Flecktypkuskranken mit physiologischer Kochsalzlosung und einer 0,2-proz. 
Losung von Ammonium oxalicum und zentrifugierte es wiederholt. Bei Farbung des 
Niederschlages fand Predtjetschensky Stiibchen in Haufen. Bei der Impfung von 
200 ccm Bouillon mit 2—5 ccm Blut von 30 Flecktyphuskranken erhielt er eine Kultur 
der Stabchen, welche er als Krankheitserreger betrachtet. Es ist ein kurzes, dickes 
Stabchen mit abgerundeten Enden, welches leicht Involutionsforinen gibt, Polfarbung 
aufweist und nach Gram sich entfarbt. Bouillon wird davon triibe, Gelatine ver- 
fliissigt, auf Agar und Kartoffel bildet sich eine dicke Schicht, auf Agar von Conradi- 
Drigalski bilden sich zuerst blaue Kolonieen, die spater eine rotliche P’arbe annehmen. 
Das Serum der Flecktyphuskranken agglutiniert die Stabchen in Verdiinnung von 1:10 
bis 1:20. Morphologisch stehcn die Stabchen dem Bacilluspestisund B.mucosus 
Fricke nahe. 

Die Unmoglichkeit, einen Krankheitserreger aus dem Blute zu zuchten, gab einigen 
Verfassern Veranlassung zu der Hypothese, dafl die Krankheit durch ein Protozoon 
hervorgerufen wird. Gotschlich beschrieb die von ihm im Blute gefundenen Bil¬ 
dungen, welche dem Piroplasma bigeminum nahe stehen. Galesesco und 
Slatineano, Krompecher, Goldzieher (und) Augyan berichten iiber die von 
ihnen im Blute gefundenen Protozoen. 

Ich fand 1905 in den gefarbten Ausstrichpraparaten aus dem Lack- 
blute Flecktyphuskrauker ziemlich sparliche, kurze, schmale Bacillen. 
Auch spater fand ich dieselben in der Mehrzahl der Falle, manchmal in 
bedeutender Zahl. Im hangenden Tropfen aus Bouillon mit Blut sieht 
man sich schnell bewegende Stabchen mit dunklen Enden, die beim 
ersten Blick fiir Diplokokken gehalten werden konnen. 


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350 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Ihre Zahl im Blute steigt nach dem Ausschlag an, in einigen Fallen 
werden sie im Stadium der Genesung besonders zahlreich. Es besteht 
also bei Flecktyphus eine Bakteriamie, vielleicht mit steigender Anzahl 
der Bakterien im Blute. 

Doch blieben verschiedene, mit dem Blute geimpfte Nahrboden steril, 
ebenso blieben auch direkte Impfungen der Tiere mit kleinen Blut- 
mengen ohne Resultat. Das bei mir selbst am Tage der Temperatur- 
erhohung entnommene Blut aus der Vene blieb 3 V 2 Monate steril, ob- 
gleich im lackfarbigen Blute Bacillen noch vorhanden waren. 

Darum fing ich noch im Dezember 1907 und Januar 1908 Unter- 
suchungen von Wanzen an, welche in der Abteilung fur Flecktyphus 
des Gefangniskrankenhauses gesammelt wurden. Ich hoffte, dabei jene 
Parasiten zu fiuden, welche das Blut im gunstigsten Momente gesaugt 
haben, d. h. wo die Lebensfahigkeit der Bacillen noch nicht vermindert 
war. Unsere fruheren Untersuchungen haben gezeigt, dafi im Magen 
der Wanzen, welche an pestkranken Tieren gesaugt haben, eine enorme 
Vermehrung der Bakterien stattfindet. Nach vielen erfolglosen Versuchen 
erhielt ich einmal ein positives Resultat (fur jede subkutane oder intra- 
peritoneale Impfung dienten 1—2 Wanzen). Ich beschreibe dieses Ex¬ 
periment etwas ausfuhrlicher: 

Wanzen am 16. Jan. 1908 gesammelt. 3 Tage spater 20 M&use sub- 
kutan oder intraperitoneal geimpft. Von den subkutan Geimpften wurde 
eine Maus nach 2 Tagen krank und nach 8 Tagen in der Agonie durch 
Chloroform getotet. Sektion: Sehr groBe, derbe Milz, vergroBerte, blasse, 
blutarme Leber, axillar und inguinal kleine Bubonen, durch ein er- 
weitertes BlutgefkB miteinander verbunden. In den Ausstrichpr&paraten 
aus dem Blute und Organsaft keine Bakterien. Mit dem Blute dieser 
Maus wurden zwei neue Mause geimpft. Eine starb 7 Tage spater, die 
andere nach 29 Tagen; die mit dem Blute dieser Mause geimpften Nahr¬ 
boden blieben steril. 

Die mit dem Blute und Leber der ersten Maus (durch die Wanze 
infiziert) geimpfte Bouillon wurde ganz triibe. Die Kultur besteht aus 
kleinen, beweglichen Bacillen. Auf Agar wachst sie in diinner, farbloser 
Schicht. Diese Kultur erwies sich spater fiir Mause sehr virulent, be¬ 
sonders die Bouillonkultur. Spater konnte ich noch 3mal dieselbe Kultur 
aus Wanzen direkt gewinnen. 

Diese Bakterien werden manchmal vom Serum der Kranken agglu- 
tiniert, sogar bei starker Verdiinnung, manchmal aber blieb die Agglu¬ 
tination vollstandig aus. Systematisch wurde die Reaktion nicht an- 
gewandt. 

Die Untersuchungen des Blutes bei Flecktyphuskranken wurden auch 
1908 und 1909 fortgesetzt. Sie kosteten sehr viel Zeit, da in den 
meisten Fallen Agglutinationsproben mit typhosen und paratyphSsen 
Kulturen gemacht wurden, urn diese Erkrankungen auszuschlieBen. Wie 
schon gesagt, blieben die NahrbSden steril (im ganzen 70 Untersuchungen, 
Falle mit Verdacht auf Verunreinigung ausgeschlossen). Positives Resultat 
nur einmal erhalten. In mit dem Blute geimpfter Glyzeriubouillon wuchs 
eine Reinkultur der Bacillen, welche morphologisch, kulturell und ex- 
perimentell vollstandig den aus den Wanzen geziichteten glich. Das 
Serum dieser Kranken agglutinierte die Kultur in Verdiinnung von 
1 : 2000 (Kultur aus Wanzen nur 1 : 500). 


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Klodnitzky, Beobachtungen fiber Flecktyphus in Astrachan etc. 


351 


Ich fiihre die Krankheitsgeschichte und Temperaturkurve dieses 
Falles an: 


Krankhtag 
Temper. 

41 . 5 " 


A. K., Bauerin, am 24. Jan. 

1909 in die Infektionaabteilung 
des stadtischen Krankenhauses 
aus dem Nachtasyl aufgenom- 
men. Entlassen am 24. Marz. 

25. Jan. Krank 3 Tage. 

Plbtzlich erkrankt, lag die ganze 
Zeit mit erhohter Temperatur. 

Jetzt allgemeine Schwache, Kopf- 
Bchmerzen, allgemeine Muakel- 
echmerzen, beaondera aber an den 
Beinen und Hypochondrien. 

Haut trocken; Zunge mit dickem 
Belag. Abdomen etwas aufge- 
trieben, achmerzloa, Stuhlgang 
verhalten. In den Lungen zer- 
atreute trockene und feuchte 
Raaaelgerauache. Atmung rechta 
bis zur Halfte der Schulterblatt- 
hohe abgeachwacht. Milz ver- 
groflert, derb, Leber druckerap- 
findlich. 

26. Jan. Im Auswurf Blut¬ 
beimiachung. 

27. -28. Jan. Sehr atark 
geachwitzt. Blutiger Auawurf. 

29. Jan. Am ganzen Korper 
reichlicher, roseoloser Auaschlag. 

Reichlicher, blutiger Auawurf. 

Pula 120, etwaa 8cnwach. Per- 
kuaaionaacball an der rechten 
Thoraxhalfte gedampft, voile 

Dampfung entaprechend der unteren Halfte dea Schulterblattea. Hier hort man mittel- 
blaaige, feuchte Rasaelgerauache, atellenweise Krepitation, links trockenea Rasaeln. 
Kranke aehr achwach, deawegen Untersuchung etwas beachriinkt. 5 ccm Blut aua der 
Vene entnommen. 

1. Febr. Starker Huaten, viel Blut im Auswurf. Der Auaschlag hat petechialen 
Charakter angenommen. In den Lungen dieselben Eracheinungen. 

3. Febr. Huaten nicht so stark, weniger Blut im Auawurf. Schalldampfung ent- 
aprechend dem mittleren Lappen der rechten Lunge. Atmungagerauacb abgeachwacht. 
Die Kranke aehr schwach. 

5. Febr. Puls schwach, 90. Zunge trocken. Der Auaschlag verachwindet. Im 
Auawurf noch Blutbeimiachung. 

7. Febr. Pula etwas voller, 90. Huaten laQt nach, Auawurf nicht so reichlich, 
aber immer noch mit Blutbeimiachung. Zunge feucht, rein. In der rechten Lunge 
mittel- und kleinblasige Rasselgerausche. Atmungagerauach deutlicher. 

9. Febr. Allgemeinbefinden viel beaaer. Hustet wenig, im Auawurf wenig Blut. 

19. Febr. Gute Besserung. 

3. Marz. Reine Atmung, keine Schalldampfung. Lungenrander beweglich. Gesund 
entlassen. 

Einen Tag epater nach der Mutter (26. Jan.) kam in dieaelbe Abteilung die 8-jahr. 
Tochter der Kranken K. Sie machte auch den Flecktyphus mit reichlichem petechialen 
Auaschlag durch. 

Leider war ich nicht imstande, den blutigen Auswurf genau zu untersuchen. Die 
damit geimpften Miiuse atarben an einer aeptischen Miachinfektion. 



Kurve No. 5. A. K. 


Die aus dem Blute der Kranken isolierten Bakterien wuchsen spkter 
sehr gut in Bouillon. Schon nach 3-sttindigem Aufenthalt im Brut- 
schrank tritt deutliche allgemeine Triibung des N&hrbodens ein; es bildet 
sich nie ein Hautchen. Wenn man alte Kulturen gut umschtittelt, so 
steigt vom Boden die da liegende Bakterienmasse als ein schleiiniger aus- 
gezogener Streifen empor. 


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352 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 07. Heft 5. 


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Das fippigste Wachstuin findet in Bouillon init Zusatz von Mannit 
oder Rohrzucker statt; in 0,1—0,2-proz. Agar wachsen die Bakterien 
ausschlieBlich auf der Oberflache in dicker Schicht, was auf ihre Beweg- 
lichkeit hinweist. Die neutrale Reaktion von Bouillon ist das Optimum; 
bei alkalischer Reaktion tritt die erwfihnte schleimige Entartung schneller 
ein. Auf dem koagulierten Serum bildet sich eine matte, solide Schicht; 
das Kondensationswasser wird stark triib. 

Einzelne Kolonieen auf dem Agar sind sehr klein, homogen und 
ganz durchsichtig. Etwas reichliches Wachstuin beobachtet man, wenn 
man in eine Petri-Schale mit erstarrtem Agar etwas Bouillonkultur 
mittels einer Pipette gieBt. Auf dem Agar von Conradi-Drigalski 
wachsen zarte, blauliche, auf dem Agar von Endo entwickeln sich zarte, 
farblose Kolonieen. Gelatine wird nicht verfliissigt, auf schrager Gelatine 
bildet sich eine zarte. diinne Schicht, die etwa an das Wachstum der 
Streptokokken erinnert. Verschiedene Zuckersorten (Dextrose, LSvulose, 
Laktose, Mannit) garen nicht. Indol bildet sich nicht, sogar neutrali- 
sierte Milch wird nicht koaguliert. Auf gewohnlicher Kartoffel kein 
Wachstum, die etwas alkalische Impfstelle ist nur an ihrem Glanze be- 
merkbar. Die Bacillen sind sehr empfindlich gegen Sauren und iiber- 
treffen in dieser Beziehung sogar den Choleravibrio; sie bilden keine 
Sporen und sterben nach Erwarmung bis 50° in einer Stunde und bis 
55° in 30 Minuten. 

In der Vermutung, daB die Flecktyphusbacillen auch mit Urin aus- 
geschieden werden konnen, ahnlich den Typhus- und Paratyphusbacillen, 
untersuchte ich 16mal Urin von verschiedenen Kranken in der Fieber- 
periode. Der Urin reagierte stets sauer und enthielt kein EiweiB. Im 
gefarbten Niederschlage waren nach der Zentrifugierung nicht selten 
Faden aus kurzen Bakterien, den Streptokokken etwas ahnlich, vorhanden. 
Auf den Nahrboden kein Wachstum. 

Die isolierten Bacillen sind 1,2—2,6 /< lang, in Bouillon meist kurzer 
als auf Agar. Im hangenden Tropfen sind sie beweglich und haben, 
soweit ich nach einigen Praparaten urteilen kann, mehrere GeiBeln. 

Diese Bacillen besitzen eine ganz auBerordentliche Virulenz. 
Mause sterben in 20—30 Stunden nach der intraperitonealen Impfung 
der Dose 0,000000001 und sogar 0,0000000001 ccm; bei der subkutanen 
Impfung tritt der Tod etwas spater. nach 30—40 Stunden, ein. Bringt 
man einen kleinen Tropfen Bouillonkultur auf das Pfotchen einer Maus 
und sticht durch diesen Tropfen ein, so stirbt die Maus nach 24—55 
Stunden. Wenn man die Tiere mit in die Bouillonkultur eingetauchtem 
Brote futtert, so tritt die Infektion nicht immer ein, und ftihrt in 3—4 
Tagen zum Tode. Gesunde KontrollmSuse, die sich in einem KSfige 
mit den infizierten befinden, erkranken oft und sterben am 6.—7. Tage. 
Es sei hier zum Vergleich erwahnt, daB bei der Pestinfektion die Kon- 
trollmaus nach dem Tode ihrer Gesellen gesund bleibt. Bei der Sektion 
der gefallenen Miiuse fiillt die enorm vergroBerte, derbe Milz und Muskat- 
nuBIeber gleich in die Augen. Im Blute und den Organen ist eine ko- 
lossale Menge von Bacillen nachweisbar, welche noch bedeutend dicker 
und liinger erscheinen, als in den Praparaten von den Nahrboden. Filr 
diese Versuche verbrauchte ich fiber 200 weiBe Mause. 

1000—1200 g sclnvere Kauinchen sterben bei intravenoser Ein- 
ffihrung von 0,01—0,001 ccm nach 12 Stunden, von 0,000001—0,0000001 
ccm nach 30 — 40 Stunden, von 0,00000001 ccm nach 3 Tagen, von 
0,000000001 ccm nach 11 Tagen. Ein 2500 g schweres Kaninchen, 


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Klodnitzky, Beobachtungen fiber Flecktyphus in Aetrachan etc. 


353 


welches ich am 22. April 1910 im Institute fflr experimentelle Medizin 
in St. Petersburg mit 0,0002 ccm infizierte, starb am 30. April. Die 
mit denselben Dosen intraperitoneal geimpften Kaninchen starben unter 
den Erscheinungen einer diffusen Peritonitis. Subkutane Impfung des 
Kaninchens ruft AbszeBbildung an der Impfstelle hervor. Das infizierte 
Tier wird gleich krank und hort zu fressen auf. Wenn die Krankheit 
einige Tage dauert, so schlieBt das Tier die Augen und es tritt eine 
schwere Eiterung im Conjunctivalsack ein (vielleicht auch eine Panoph¬ 
thalmitis). Wahrscheinlich ist diese Augenaffektion sekund&r; 2mal 
konnte ich meine Bacillen nicht aus dem Eiter ziichten. Dieselbe Er- 
krankung tritt auch bei Meerschweinchen ein, bei Mausen manchmal so- 
gar nur auf der Seite, wo die Einspritzung stattfand. Das AugenschlieBen 
und die Trubung der Hornhaut sind fur Mause sogar charakteristisch. 

Bei einem mit 0,3 ccm intraperitoneal infizierten Meerschweinchen 
entwickelt sich akute Peritonitis, und der Tod tritt nach 20 Stunden ein; 
von 0,0000001 ccm nach 40 Stunden; von 0,1 ccm subkutan nach 7 
Tagen. Den Einstich probierte ich nur einmal, und zwar erfolglos. Ich 
hatte nur eine kleine Anzahl dieser Tiere zur Verfiigung und konnte 
daher nur wenige Versuche anstellen. Nach dem Einreiben der Bouillon- 
kultur in die abrasierte Haut starb das Tier nach 8—10 Tagen; groBe 
Milz, MuskatnuBleber; geimpfte Nfihrboden steril. Nach dem Einreiben 
der Kultur in die unversehrte Haut mit abgeschnittenen Haaren lebt 
das Tier etwas langer — bis 18—20 Tage; sehr groBe, blaBgelbe Leber 
mit Nekroseherden, Milz vergrOBert, geimpfte N&hrboden blieben auch 
diesinal steril. 

WeiBe Ratten (wie auch wilde) sind vollstandig immun und ver- 
tragen scheinbar ohne besonderen Schaden eine subkutane Oder intra- 
peritoneale Impfung mit 1,5—2 ccm von Bouillonkultur. Bei den 14 Tage 
nach der Impfung Oder noch sp&ter getoteten Ratten fand ich keine be¬ 
sonderen Veriinderungen der Organe. Einigen Vorversuchen nach zu 
schlieBen, hat Rattenserum eine preventive und sogar kurative Wirkung. 

Die Bacillen konservieren bis zu 12 Tagen ihre Lebensfahigkeit und 
Virulenz im Korper der Wanzen, welche an den sterbenden Tieren ge- 
saugt haben. Am 14. —15. Tage gelang es mir nicht mehr, eine Maus 
durch die Emulsion zu infizieren, welche aus einer zerriebenen Wanze 
gewonnen war. Nur bei der Impfung von Bouillon mit dem Blute der 
Wanze entwickelte sich noch eine reine, virulente Kultur. 

Immunisationsversuche an Kaninchen blieben bis jetzt ohne Er- 
folg; nach einem Monate trat fiuBerste Abmagerung und der Tod der * 
Tiere ein. 

Die beschriebenen Eigenschaften des Bacillus gestatten, ihn als 
eine neue Art (in der Reihe der Bacillen der hamorrhagischen Septikamie) 
zu betrachten. Wegen seiner sehr groBen Virulenz nannte ich ihn Ba¬ 
cillus violcntus. 

Ich wage nicht, meine Bacillen als den Erreger von Flecktyphus zu 
bezeichnen. Nachdem mir ihre Ziichtung aus Wanzen einige Male ge- 
lungen war, hoffte ich, sie mehrmals aus dem Blute oder den Exkreten 
der Kranken zu gewinnen. Diese Voraussetzung wurde aber nur ein¬ 
mal, d. h. sehr ungeniigend, erfiillt. Das Serum der Kranken aggluti- 
nierte diese Bacillen in einigen Fallen in sehr starker Verdiinuung, 
manchmal blieb aber diese Reaktion vollstandig aus. Diese Unter- 
suchungen sowie diejenigen mit der Komplementablenkung sind noch 
nicht abgeschlossen und werden bei Gelegenheit systematisch wiederholt. 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. Ileft 5. 23 


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354 


Centralbl f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 5. 


Jedenfalls scheint mir der von mir eingeschlagene Weg der Unter- 
suchung von Ektoparasiten etwas Interesse und Aufmerksamkeit zu ver- 
dienen. 

Zum Schlusse spreche ich meinen besten Dank dem hochgeehrten 
Herrn N. K. Schulz fur die Erlaubnis, in seinem Laboratorium einige 
Experimente anzustellen, aus. 


Literatur. 

Mackie, Bull, de l’Instit Pasteur. 1908. p. 255. 

Nuttall, ebenda. p. 963. 

Moilers, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 42. p. 112. 

Manteufel, ebenda. Beiheft. p. 116. 

Feer, E., Miinchen. med. Wochenschr. 1905. p. 1782 u. 1973. 

Lewaschew, S. W., Wratsch. 1892. No. 11 u. 12; 1899. No. 1 u. 2. — Arch. biol. 

Nank. Bd. 4. 1896. fl. 4. 

Benjasch, G., Wratsch. 1899. No. 44—45. 

Kirejeff, M. P., Med. Obozren. 1906. p. 154. 

Gotschlich, E., Dtsche med. Wochenschr. 1903. (Referiert Russky Wratsch. 1905. 
p. 1134.) 

Galesesco u. Slatineano, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 40. p. 523. 
Krompecher, E., Goldzieher, M., u. Augyan, J., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 50. p. 612. 

Horiuchi, Centralbl. f. Bakt Abt. 1. Orig. Bd. 46. p. 586. 

Rabinowitsch, M., ebenda. Bd. 56. p. 179. 

Predtjetschensky, W., ebenda. Bd. 55. p. 212. 

Klodnitzky, N., ebenda. Bd. 46. p. 561. — Russky Wratsch. 1907. p. 1008. 


Nachdruck verbolen. 

Untersuchungen liber die Bakterienflora der Nase, mit 
hesonderer Berucksichtigung des Vorkommens 
von Diphtheriebacillen. 

[GroCherzogl. Untersuchungsamt fur ansteckende Krankheiten 

in Freiburg i. Br.] 

Von Prof. Dr. Kiister und Dr. med. Paul Wtfssner. 

Die ersten Untersuchungen fiber die Mikroorganismen der gesunden 
Nasenhohle liegen schon weit zurfick; sie wurden seither oft wiederholt 
und nach den verschiedensten Richtungen hin ausgebaut. Bei derartigen 
Untersuchungen hat man einerseits versucht, die Gesamtflora der gesunden 
Nasenschleimhaut zu erforschen, andererseits das regelmfillige Vorkommen 
bestimmter Keime, vor allem solcher, die ffir die spezifischen Erreger 
bestimmter Erkrankungen der Nasenschleimhaut galten, festzustellen. 
Unter diesen Mikroorganismen stand im Vordergrund des Interesses 
neben dem Tuberkelbacillus der Diphtheriebacillus. 

Bei den bakteriologischen Untersuchungen auf den letztgenannten Bacillus wurde 
zuerst Sekret aus gesunden Nasenhohlen herangezogen. Gross untersuchte in dieser 
Weise 316 Kinder und fand 26mal Diphtheriebacillen im Rachen oder in der Nasen- 
hohle. Vausant konnte unter 100 Insassen eines Krankenhauses 26mal Diphtherie¬ 
bacillen feststellen. Beide Forscher erwahnen jedoch keinen Befund von Pseudodiphtherie- 
bacillen; auch sind zur Bicherung der Diagnose „ Diphtheriebacillen 11 keine Virulenz- 
priifungen angefiihrt und es ist daher nicht alar ersichtlich, ob sie die Unterscheidung 
zwischen Pseudo- und echten Diphtheriebacillen streng durchgefuhrt haben. Diese 
Frage drangt sich um so mehr auf, wenn man die Resultate dieser Autoren mit jenen 


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Kiister u. Wossner, Untersuchungen iiber die Bakterienflora der Nase etc. 355 


von spater angestell ten Untersuchungen vergleicht, in denen der Befund von echten 
Diphtheriebacillen bei vollig gesunder Nasenschleimhaut und bei Personen, die nicht 
in dor UmgebuDg von Diphtheriekranken sich aufhielten, nicht oder nur selten ein 
positiver war. So fand Francis Demy in gesunden Nasen, die einer diphtherischen 
Infektion nicht ausgesetzt waren, nur sehr selten Diphtheriebacillen, dagegen haufig 
in der Nase von Personen, die in der Niihe von Diphtheriekranken lebten, also direkt 
einer Infektion init Diphtheriebacillen ausgesetzt waren. Andere Verhaltnisse scheinen 
beziiglich des Vorkommens von Pseudodiphtheriebacillen vorzuliegen, Richardikre 
und Tollenier, ebenso wie v. Hoffmann-YVellenhof und de Simoni haben ihn 
als ziemlich regelniaSigen Bewohner der gesunden Nasenschleimhaut gefunden. Die 
genannten Autoren halten deshalb auch in Uebereinstimmung mit vielen anderen 
Forscliern den Pseudodiphtheriebacillus fiir einen harmlosen Saprophyten der normalen 
Nasenschleimhaut entgegen der Auffassung von Roux uud Yersin und einigen anderen, 
die ihn fiir einen abgeschwachten oder im avirulenten Zustande befindlichen Diphtherie- 
bacillus erklaren. Die erstgenannte Ansicht wird unterstiitzt durch die Arbeiten von 
Neumann, Hasslauer und de Simoni, welche iibereinstimmend den Pseudo¬ 
diphtheriebacillus sehr haufig auf der gesunden Nasenschleimhaut antrafen. Neumann 
fand allerdings unter 111 Fallen auch einigemal den echten Diphtheriebacillus. Meine 
eigenen Untersuchungen von 100 normalen und an leichten nicht spezifischen Ent- 
ziindungen erkrankten Nasenschleimhiiuten haben ebenfails das Vorkommen von 
diphtherieiihnlichen, aber in keinem Falle das Vorhandensein von echten Diphtherie¬ 
bacillen ergeben. Etwas hiiufiger wird in der Literatur das Vorkommen von echten 
Diphtheriebacillen auf der Nasenschleimhaut bei den verschiedenen Formen von Rhini- 
tiden berichtet, auch schon bei der einfachen Rhinitis, der bekannten, haufig vor- 
kommenden Coryza. Neumann hat in 5 Fallen von einfacher Rhinitis ohne dipb- 
therische Membranbildung und ohne jegliche andere Anzeichen einer bestehenden 
diphtherischen Erkrankung vollvirulente Diphtheriebacillen auf der Nasenschleimhaut 
nachgewiesen. Das Vorkommen von Pseudodiphtheriebacillen konstatierte er dabei als 
etwas ganz Gewohnliches. Stooss fand zufailig im Schnupfensekret von zwei Saug- 
lingen, die sonst keine diphtherischen Erkrankungssymptome aufwiesen, jedoch in der 
Umgebung von diphtherielrranken Kiudern lebten, virulente Diphtheriebacillen. Durch 
diesen Befund angeregt, untersuchte er 75 weitere Falle von Coryza und fand 4mal 
virulente Diphtheriebacillen. Daneben waren in 68 Fallen Pseudodiphtheriebacillen vor- 
handen. Ballin fand entgegen den Befunden der beiden letztgenannten Autoren in 
63 Fallen von Schnupfen nur llmal Diphtherie- und Pseudodiphtheriebacillen. Eine 
Differenzierung der beiden Arten nach Form und Grofie der Staochen, Plattenkulturen, 
Siiurebiklung, Kornchenfarbung und Pathogenitat halt er fiir untunlich. Er schliefit 
sich der Behringschen Auffassung von avirulenten und virulenten Diphtheriebacillen 
an und sagt, das Vorkommen von Diphtherie- und diphtherieahn lichen Bacillen beim 

S ewohnlichen Schnupfen sei iiberhaupt etwas Ungewohuliches und nur bei solchen In- 
ividuen zu konstatieren, die langere Zeit in der Umgebung von Diphtheriekranken 
sich aufgehalten batten. Er halt auch, entgegen der Meinung von Neumann, wonach 
ein gewbhnlicher Schnupfen durch Diphtheriebacillen hervorgerufen werden kann, die 
Bacillen fiir zufallige Schmarotzer, deren Vorhandensein gleichbedeutend sei mit dem 
zufiilligen Vorkommen von Diphtheriebacillen auf der Nasenschleimhaut von Gesunden. 

Mit etwas mehr Uebereinstimmung schreiben die Autoren dem Diphtheriebacillus 
ein atiologisches Moment zu bei der Rhinitis chronica atrophicans unci besonders bei 
der Rhinitis fibrinosa. Symes fand unter 23 Fallen von Rhinitis atrophicans 20mal 
einen dem Diphtheriebacillus ahnlichen Bacillus, daneben noch zwei anaere Bakterien- 
arten; Kontrolluntersuchungen in gesunden Nasen liefien nur das Vorkommen der 
kurzen Form des diphtheneahnlichen Bacillus erkennen. Symes sieht deshalb die 
lange Form als die fiir die atrophische Rhinitis spezifische an und halt diese Erkrankung 
fiir eine chronische Nasendiphtherie. Auch Ludwig Wolff hat in 16 Fallen von 
Rhinitis chronica atrophicans echte Diphtheriebacillen nachgewiesen. 

Sehr haufig war der positive Diphtheriebacillenbefuna bei der Rhinitis fibrinosa, 
so daO eine grofte Anzahl von Forscnern diese Erkrankungsform endgiiltig als einen 
diphtherischen Prozefi betrachtet. Betreffs naherer Angaben hieriiber verweise ich auf 
das Sammelreferat von Hasslauer im Centralblatt fiir Bakteriologie. Ich babe nach 
Erscheinen dieses Referates nur noch eine hierher gehdrige Notiz im Centralblatt fiir 
Bakteriologie gefunden: Pawlowski ist der Ansicht, daft die parasitar im Rachen so- 
wohl von gesunden als auch von Rekonvaleszenten nach Angina und Diphtherie vor- 
kommenden Diphtheriebacillen dem echten Diphtheriebacillus biologisch-morphologisch 
verwandt seien, jedoch eine selbstandige Species darstellten, die ihre Pathogenitat ein- 
gebuBt hatte. 

Nur ausnahmsweise wurde die Nasenhohle keimfrei, im iibrigen regelmafiig eine 
reiche Bakterienflora in ihr gefunden. Thomson und Hewlett haben zwar angegeben, 

23* 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


daB die Nasenhohle in etwa 80 Proz. dtr Falle keimfrei sei. Zahlreiche Nachunlersuchungen 
haben jedoch bald das Gegenteil bewiesen, und auch in meinen eigenen Untersuchungen 
sind in 100 Fallen nur 2mal die angelegten Platten steril geblieben. Im direkten mikro- 
ekopischen Ausstrichpraparat konnten allerdings bei etwa 50 Proz. der normalen und 
in 28 Proz. der leicht pathologisch veranderten Falle keine Keime gefunden werden. 
Aber das Kulturverfahren arbeitet eben in dieser Beziehung viel genauer und gestattet 
noch einzelne Keime durch Kolonieenbildung zu erkennen, die sich dem mikroskopischen 
Nachweis leicht entziehen. 

Ueber den Ansiedelungsort der Nasenbakterien gibt Klemperer an, daB eine 
Haufung von Bakterien nur im Naseneingang statthabe, daB dieselberi jedoch an keiner 
8 telle der Nase ganz fehlten, wenn auch die Zahl der Keime in der Tiefe der Nase 
sehr klein sei. Die Anzahl der verschicdenen in der gesunden Nase vorkommenden 
Keime ist eine ziemlich betrachtliche; die Zahl der gleichzeitig im selben Falle vor¬ 
kommenden Bakterienarten dagegen eine beschrankte und dabei ziemlich konstante; 
fiir gewohnlich nicht mehr als 3—4 verschicdene Arten. Hasslauer strich mit der 
ausgegliihten Platinose die untere Muschel und den unteren Teil der Nasenscheidewand 
ab. Er machte mit dem so gewonnenen Material zwei direkte Ausstrichpraparate und 
einen Ausstrich auf Glvzerinagar. Dann verfuhr er noch einmal gennu so, aber mit 
Material, das der Regio olfactoria entnommen war. Er untersuchte auf diese Weise 
111 normale und 78 kranke Nasenhiilften. Im ganzen blieben dabei steril 13 Kulturen 
(=ca. 7 Proz ). Bei meinen Untersuchungen ist die Prozentzahl der sterilen Kulturen 
noch eine geringere (2 Proz.), was darin seine Erklarung findet, daB ich nicht nur 
auf Glvzerinagar ausstrich, sondern auch noch Serum- und Gelatineplattenkulturen 
jeweils angefertigt babe. Auch bei mir waren eine Anzahl von Agarplatten steril, al>er 
gleichzeitig wuchsen auf Gelatine oder Serum Kolonieen, und umgekehrt wuchsen auf 
Agar noch Kolonieen, wo die Gelatine- und Serumplattcn steril geblieben waren. Unter 
den von Hasslauer gefundenen Arten waren folgende vertreten: Am haufigsten der 
Streptococcus pyogenes, dann Diplococcus pneumoniae Fraenkel seu 
Streptococcus lanceolatus, Staphylococcus pyogenes albus und der 
Pseudodiphtheriebacillus. An zweiter Stelle kam Subtilis, und in erheblich geringerer 
Zahl Bacterium pneumoniae Friedlander, Bacterium septicaemiae haemor- 
rhngicae, Sarcina, der Staphylococcus pyogenes aureus und ein Luft- 
coccus. Vereinzelt fanden sich noch vor ein Schimmelpilz, Faulnisbaktericn und 
Spirillen. Ein besonderer Unterschied in den Arten der Bakterien, die in gesunden 
Nasen vorkommcn und denen, die hauptsachlich in kranken angetroffen werden, konnte 
nicht festgestellt werden. Hasslauer nimmt daher an, daB fiir das Zustande- 
kommen einer Entziindung der Nasenschleimhaut nicht allein die Anwesenheit der 

f efundenen pathogenen Keime, wie sie auch auf der gesunden Nasenschleimhaut vor- 
ommen, notig sei, sondern daB diese erst durch irgendwelche SuBere Veranlassungen 
virulent werden oder sich in besonders starkem MaBe vermehren miissen, urn dann die 
durch irgendwelche Umstande — Erkaltungen, Allgemein- und Infektionskrankheiten 
usw. — in ihrer Widerstandskraft geschwachte Nasenschleimhaut angreifen zu konnen. 
Diese Frage diirfte jedoch noch offen zu lassen sein, denn der Umstand, daB wir noch 
keinen spezifischen Erreger der Rhinitis catarrhalis gefunden haben, beweist noch nicht. 
daB es auch keinen gibt. Bis jetzt hat man also wohl eine Vermehrung der schon auf 
der gesunden Nasenschleimhaut vorkommenden Arten bei der an einer einfaehen Ent- 
ziindung erkrankten Nasenschleimhaut festgestellt, aber keine neuen besonderen Keime 
fur diese pathologischen Falle gefunden. Tuberkelbacillen konnte Hasslauer nicht 
nachweiseti, auch nicht bei einem mit Lungen- und Darmtuberkulose beliafteten 
Patienten. Bei aktiven Soldaten, die viel in der freieu Luft waren, fanden sich 3mal 
soviel Bacterium subtilis wie bei Schneidern, die sich den groBten Teil des Tages 
im geschlossenen Raurn aufhielten. Dafiir iiberwog bei den letzteren der Gehalt an 
Staphylococcus albus und aureus und an Bacterium pneumoniae Fried- 
lander bedeutend gegeniiber den ersteren. Diplokokken, Streptokokken und Pseudo- 
diphtheriebacillen waren bei beiden Gruppen etwa gleichermaBen vorhanden. 

Zu iihnlichen Resullatcn fiihrten die Untersuchungen von Paulsen. Er ging von 
vornherein darauf aus, einen Erreger des Schnupfens zu fiuden. Er untersuchte zu 
diesem Zwecke zuerst 27 normale Nasenhoblen und dann 24 mit akutem Katarrh der 
Nase behaftete Personen. In den gesunden Fallen fand er vier verschicdene Arten von 
Kokken: 

einen schwefelgelben Coccus, 
einen weiBen Coccus, 
einen neapelgelben Coccus und 
einen goldockerfarbcnen Coccus. 

AuBerdem waren etwa 20 kleine Kokkenarten vorhanden, die Gelatine verfliissigten, 
und einmal ein pathogener Streptococcus. Neben apathogenen Schimmelpilzen 
(Mucor- und Aspergillus-Arten) fand er an Stabchen: 

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Kiister u. Wbssner, Untersuchungen liber die Bakterienflora der Nase etc. 357 


1) Einen Doppelbacillus, 

2) einen Bacillus foetid us, deni Pnssetschen iihnlich, und 

3) ein an den Enden abgerundetes Stabchen von Fadenform, das sich nur an den 
Polen farbt. 

Aus dem von den pathologischcn Fallen herruhrenden Material wuchsen viel raehr 
Kolonieen als bei der &erie der nornialen Fiillc, aber im wesentlichen keine anderen 
Keirue als in den gcsunden Fallen auch. Neben 15 nicht naher beschriebenen Kokken- 
arten fand Paulsen in dieser zweiten Serie Streptokokken, Staphylococcus pyo¬ 
genes aureus und an Stabchen den in der ersten Serie unter 1) angefuhrten Diplo- 
bacillus und das unter 3) genannte, an den Enden abgerundete Stabchen; aufierdem 
einmal ein gelatineverflussigeudes Stabchen. Einen fiir den Schnupfen spezifischen Keim 
fand also auch Paulsen nicht. Klebs und Hajek vermuteten fiir ihren Diplo- 
bacillus coryzae Spezifitat fiir den Schnupfen. Man erorterte auch damals (1890) 
die Frage nach einer besonderen Bedeutung des Staphylococcus pyogenes aureus 
fiir die Coryza. Dieser Keim ist jedoch neither so oft auf der vollig gesunden Nasen- 
schleimhaut getroffen worden, dab er fiir die Entstehung des Schnupfens keine spezi- 
fische Rolle spielen diirfte. Reimann fand im uormalen Nasensekret ziemlich regel- 
mabig 2 Bakterienarten, plumpe, kurze Bacillen und kleine Kokken. Beide verfliissigten 
Gelatine, waren jedoch im iibrigcn ohne besondere kulturelle Merkmale. Le Noir und 
Cannes impften 9 Meerschwemchen intraperitoneal mit Nasenschleim von gesunden, 
auf Tuberkulosestationen sich aufhaltenden Personcn. Es zeigte jedoch keines der Tiere 
tuberkulose Veriinderungen. Ein etwas anderes Resultat hatte friiher (1900) Jon es. 
Er verimpfte Nasensekret von 31 anscheinend gesunden Personen intraperitoneal auf 
Mecrschiveinchen. 3 Tiere starben und zeigten hochgradige tuberkulose Veriinderungen. 
Der Bacillenbefund war ein negativer. Dor Berichlerstatter bemerkt jedoch, wohl mit 
Recht, daO es sich vielleicht um Spontantuberkulose gchandelt habe, um so mehr als 
2 Tiere schon nach 8 reap. 14 Tagen starben und bei der Sektion eine schon weit ge- 
diehene Tuberkulose zeigten. Betreffs Vorkommen von Pseudodiphtheriebacillen auf der 
normalen Nasenschleimnaut will ich nochmals bemerken, dab de Simoni, der sie oft 
sowohl in der gesunden Nase als auch bei ganz verschiedencn Formen von Rhinitis 
antraf, auch auf Grund von zwei spiiter nochmals angestellten Untersuchungen mit 
Neumann u. A. der Ansicht ist, dab diese Bakterien ganz gewohnliche Saprophyten 
Beieu, die auf ganz normalen Nasenschleimhiiuten vorkommen. 

VVeiterc aetaillierte Angaben wiirden mich hier zu weit fiihren und sind in dem 
schon erwiihnten Sammelreferat von Hasslauer (190b) nachzulesen. Neueren Datums 
sind die schon angefiihrten Arbeiten von Ludwig Wolff und von Pawlowski. 
Hasslauer selbst hat auch noch einmal (190b) Untersuchungen iiber den Bakterien- 
gehalt der Nase bei den verschiedensten Erkrankungen angestellt. Die uns hier inter- 
essierenden Ergebnisse waren etwa dieselben wie die bereits mitgeteilten. Ben ham 
meint in einer 1910 veroffentlichten Arbeit, dab unter den zahlreichen Saprophyten, die 
normalerweise Nasen- und Rachenhohle bewohnen, einige besondere Beachtung ver- 
dienten, da sie in urspriinglichen Beziehungen zum Schnupfen stiinden. Es seien dies: 
Der Micrococcus catarrhalis, der Micrococcus tetragenus, das Bacterium 
septus (Bacterium coryzae segmentosus), Bacter i um Fried lander und 
wahrscheinlich auch Bacterium influenzae und der Pneumococcus. 

Eigene Untersuchungen. 

Meine eigenen Untersuchungen erstreckten sich auf 100 Falle und 
betreffen zum groBten Teil narmale Nasenhohlen, zum kleineren Teil durch 
leichte, nicht-spezifische Entzundungsformen erkrankte Nasenschleiinhaute. 
Das Material wurde in der hiesigen Universitatsnasenklinik durch Aus- 
wischen der Nasenhohlen mit sterilen Wattetupfern gcwonnen und mir 
freundlichst zugewiesen. Ich bestrich mit diesem Material eine Glyzerin- 
agarplatte, eine Glyzerinserumplatte, infizierte dann fliissige Gelatine, in- 
dem ich mit dem Wattetupfer darin umruhrte, und bebrtitete endlich den 
Tupfer in steriler Bouillon. Die infizierte Gelatine wurde zu Platten ge- 
gossen. In den ersten 50 Fallen machte ich auGerdem aus dem frischen 
Sekret ein Ausstrichpr&parat auf einen rein geputzten und in der Flamme 
abgesengten Objekttrdger. Da es mir darauf ankam, jeden in Ivultur 
angehenden Keim zu untersuchen, so wurde jede Kolonie, die in irgend- 
einem Punkt — in der Form Oder GroBe, im mikroskopischen Prliparat, 
oder in Form, Farbe oder sonstigen kulturellen Eigenschafteu der ge- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


wachsenen Kolonie — makroskopisch und bei schwacher Vergrofierung 
betrachtet — sich von einer schon isolierten unterschied. in Reinkultur 
geziichtet Auf diese Weise bekam ich allerdings mehrmals denselben 
Keini zwei- und mehrfach in Reinkultur. Aus den 100 zur Untersuchung 
gelangten Fallen erhielt ich urspriinglich 56 Reinkulturen, die sich zum 
Schlusse, nach Ausschaltung von schon vorhanden geweseuen, auf 33 
reduzierten. Die in Reinkultur geziichteten Mikroorganismen untersuchte 
ich dann differentialdiagnostisch kulturell sowie auf Farbbarkeit nach 
Gram und auf Beweglichkeit im hangemlen Tropfen. 

1 . 

Mikroskopische Form: Kokken, in Haufen, auch in kleinen Ketten, ineist zu 
zweien liegend. In Bouillon zu zweien liegend und Ketten bildend. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: keine. 

Agarstrich: WeiOglanzende Auflage langs des Strichs. Spater gelbe Flecke in 
ihr. Rand gezahnt. Oberflache etwas uneben, hockerig. Kondenswasser triib; weifler 
wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Trichterforroige Verfliissigung langs des Stichs. Am Boden dee 
Triehters kriimeliger Bodensatz. Inhalt des Trichters krtimclig-wolkig getriibt. Spater 
wird die Verfliissigung zvlindrisch. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: schwache Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: schwache Rotung. 

Traubenzuckerbouillon: Gleichmiil3ige Triibung; geringer Bodensatz. Beim Auf- 
schiitteln kriimelige und fetzige Flockchen. 

Drigalski-Plattestrich: Rdtliche, zum Teil unterbrochene Auflage mit weiB- 
triiben, leistenartig erhabenen Langsstreifen. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelatrich: Scharf abgesetzte, weifiglanzende Auflage. Mitte etwas vertieft. 
Oberflache feinkornig. Rand steil abfallend; etwas kornig; fein gezahnt. 

Diplostrcptococcus. 

II. 

Mikroskopische Form: Kurze und Iangere, gcrade und schwach gekriimmteStabeheen 
mit abgerundetcn Enden. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Sattig glanzende Auflage liings des Strichs. Mitte etwas erhaben. 
Randpartie gekriiuselt, durchscheinend. Rand leicht gekerbt. Kondenswasser triib; 
wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Fadenformiger Stichkanal. Schalen- bis rettichformiges Einsinken 
der rosettcnformigen Oberflachenkolonie, die wie eiu vielfach gefalteltes, zartes, schlei- 
riges Hautchen aussieht. Spater wenige haarfeine, verzweigte Aestchen im iStichkanal- 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von Rotung. 

Traubenzucker-Bouillon: Sehr geringe neblige Triibung. Dicker wolkiger Boden- 
satz. Schmales ringformiges Obcrtiiichenhautchen. 

Drigalski-Plattestrich: Hellblaues, saftig gl&nzendes Wachstum. Mitte etwas 
erhaben. Oberflache glatt. Rand stark geziihnt und zackig. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Scharf abgesetzte, saftig-bis mattgliinzende, zuerst gelbliche, dann 
gelb-braunliche, diinne Auflage. Oberflache etwas uneben, hockerig und kornig. Rinne 
in der Mitte. Die Kartoffel wird rotlich-braun. 

Bac. sphaericus A. Meyer et Neide. 

III. 

Mikroskopische Form: Schlanke, diinne Stabchen. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Saftig glanzende Auflage langs des Strichs. Oberflache uneben. 
Mitte etwas vertieft. Rand zuerst Inngwellig, spater grob gezahnt und gefurcht. Kon- 
denswasser klar; wolkig-nebliger Bodensatz. 

Gelatinestich: Stichkanal zart, fadenformig. WeiCe, flache Oberflachen kolonie 
mit gekerbtem, spater lappigem Rand. Stichkanal gelblieh. 


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Kiister u. Wbssner, Untersuchungen iiber die Bakterienflora der Nase etc. 359 


Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von Rotung. 

Traubenzucker-Bouillon: Klar. Nur einzelne kriimelige und kleinwolkige Trii- 
bungen. Dickes Hautchen. Kompakter Bodensatz. 

Drigalski-Plattestrich: Weifie, zum Teil unterbrochene Auflage mit weiUlich- 
triiben Streifen in der Mitte und am Rand. Rand gekerbt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Zuerst schleimige, saftig-glanzende, spater scharf abgesetzte, rotlich- 
braune Auflage. Oberflache saftig- Dis mattglanzend, leicht uneben hockerig und ge- 
kfirnt. Rand rund gelappt. 

Bac. aerogenes Miller. 

IV. 

Mikroskopische Form: Kurze, an Kokkenform grenzende und etwas langere 
Stabchen. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Saftig glanzende, grau-weifie Auflage, teilw.eise nicht zusammen- 
hangend. Mitte leicht erhaben. Oberflachen uneben. Rand langwellig. Kondenuwasser 
klar. Wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Zylindrische Verflussigung. Am Boden mehrschichtiges dickes 
Hautchen. Inhalt zuerst klar, spater kriimelige weiUe Triibungen. Zartes, weiSes, durch- 
scheinendes Oberflachenhautchen. Fiiulnisgeruch! 

Nutrose-Lackmus-Traul)enzucker: Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von R6tung; nach 10 Tagen Hautchen. 

Traubenzuckerbouillon: Zuerst zartes, spater dickes Oberflachenhautchen mit ab- 
steigenden, flockig-wolkigen Triibungen, langs der Wand auch staubformige. Geringer 
Bodensatz. 

Drigalski-Plattestrich: Hellblau-grunliche Auflage. Rand durchscheinend, 
stark gezackt und geschuppt. Oberflache etwas uneben, wellig. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Ziemlich scharf abgesetzte, erhabene Auflage. Oberflache matt¬ 
glanzend, glalt bis feinkornig, gelb. Rand etwas gelappt, Kartoffel wird grau-gelb. 

Bac. liq ue facie ns. 

V. 

Mikroskopische Form: Kurze, ovalare und langere Stabchen mit abgerundeten 
Enden; auch langere, septierte, kraftige Faden. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Breite, die ganze Oberflache bedeckcnde Auflage; sehr zart, schleirig- 
durchscheinend. Mitte kriimelig und etwas erhaben. Randpartie gestreift und etwas 
gefeldert. Gewulstetes Oberflachenhautchen. Feinwolkiger Bodensatz. Kondenswasser 
schwach getriibt. 

Gelatinestich: Stichkanal fadenformig; oben mit feinen Zaekchen besctzt; spater 
biischelfbrmige, feinste Hiirchen. Tellerformiges Einsinken der ganz schwach gekerbten, 
kleineJi runden Oberfliichenkolonie. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackraus-Milchzucker: Gerinnung, mit truoer hellblauer Farbe. 

Traubenzucker-Bouillon: Diffuse‘schwache Triibung. Dickes Oberflachenhautchen. 
Bodensatz mit wolkig-aufsteigender Triibung. 

Drigalski-Plattestrich: Triibes, weiB-bliiuliches Wachstum. Oberflache un- 
eben-kriimelig. Rand sehr fein gezahnt, spater grob gelappt und geschuppt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Aus kugeligen und fein- und grobwulstigen, wurstformigen Er- 
hebungen bestehende. iiber die ganze Flache verbreitete Auflage von rotlich-brauner 
Farbe. 

Unbekannter Keim. 

VI. 

Mikroskopische Form: Kurze und etwas langere Stabchen mit abgerundeten Enden. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Sparliche, durchscheinende Auflage, zum Teil aus Kriimeln bestehend; 
spater Langsstreifen in der Mitte. Randpartieen quergestreift; schuppenartige Zacken. 
Kondenswasser klar; dicker wolkiger Bodensatz. Griinliche Fluoreszenz. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 5. 


Gelatinestich: Stichkanal fadenf6rmig, zart. Oben feine, sich verzweigende Har- 
chen. Spater sehr reichliche und dichtstehende, biischelformige, feinste Harchen. Spar- 
hche Oberflachenkolonie mit umgekrempeltem Band. Oben griinliche Fluoreszenz. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: schwache Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: schwache Rotung; spater hellrot, klar; opale- 
szierend. 

Traubenzuckerbouillon: Streifig-wolkige Triibungen. Weifigriinliches Oberflachen- 
hautchen mit absteigenden dicken Vvolken. Kompakter Bodensatz. 

D r i g a 1 s k i - Plattestrich: Sehr sparliches, blaues Wachstum. Mitte etwas erhaben. 
Rand gekerbt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Leicht erhabene, matt- bis saftigglanzende Auflage; zitronengelb. 
Oberflache etwas uneben. Spater etwas gelbbraunlieh. 

Bact. putridum fluorescens Fliigge. 

VII. 

Mikroskopische Form: Kurze, kokkenformige und ovalare Stabchen, die auch 
langere Faden bilden. 

Farbbarkeit: gramnegativ und positiv. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Sparliehe Auflage liings des Strichs. Oberflache bucklig - hockerig. 
Rand gekerbt, spater rund ausgebuchtet. Kondenswasser klar; flockig-wolkiger Boden¬ 
satz. Andeutung von Hautchenbildung. Grunliche Fluoreszenz. 

Gelatinestich: Zvlindrische Verfuissigung. Am Boden doppelschichtiges, dickes 
Hautchen. Inhalt gelbgrun fluoreszierend und kriiraelig-fetzig getrubt. Stichtcanal zart, 
fadenformig. (Keine Hfirchen.) 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von Rotung, Hautchen. 

Traubenzuckerbouillon: Klar bis schwach getrubt. Zartes Oberflachenhautchen 
mit absteigenden kriimeligen Triibungen. Geringer Bodensatz. 

Drigalski-Plattestrich: Hell - blaugriinliches Wachstum. Oberflache hockerig. 
Rand etwas durchscheinend, gezahnt. Mitte dicht, leicht erhaben. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Etwas wulstig erhabene Auflage von honigartigem Aussehen. Farbe 
gelbbraunlieh. Oberflache uneben bucklig. Rand gezahnt, 

Bact. fluorescens Fliigge. 

VIII. 

Mikroskopische Form: Kokken, in Haufen liegend. 

Farbbarkeit: schlecht nach Gram. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich; Wcifllich-gelb glanzende Auflage langs des Strichs. Rand etwas 
buchtig, unregelmaSig. Kondenswasser klar; sehr geringer Bodensatz. 

Gelatinestich: Stichkanal fadenformig; im oberen Teil mit zarteu Spitzchen und 
Hockerchen besetzt. Rundliche, kleine Oberflachenkolonie. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: unverandert. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: anfangs unverandert, spater etwas rotlich. 

Traubenzuckerbouillon: Klar. Geringer, neblig-flockiger Bodensatz. 

Driga 1 s ki - Plattestrich: Grtin-blau-weifies Wachstum, mit leistenforraigen, weifilich 
truben Langsstreifen. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Auflage weifi; ziemlich dick. 

Micrococcus candicans. 

IX. 

Mikroskopische Form: Sehr kurze, plumpe, zum Teil kokkeniihnlicheStabchen von 
ovaler Form; manchinal nur an den beiden Polen farbbar. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Durchscheinende Auflage liings des Strichs mit sattem, weiBlich-triiben 
Flecken. Dio Oberflache zeigt Hocker und Vertiefungen. Rand glatt. Kondenswasser 
anfangs klar, spater milchig-triib. Wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Stichkanal fadenformig; mit kleinen Hockerchen und Zacken besetzt. 
Oberflachenkolonie klein ; spater schalenforraiges bis halbkugelformiges Einsinken. Inhalt. 
streifig-wolkig getriibt. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Rotung und Triibung. 


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Traubenzuckerbouillon: Diffuse und kriimelige Trubungen. Wenig Bodensatz. 
Weifies Oberflachenhnutchen, zart, schleierig, zerrissen. Keine Gasbildung. 

D r i g a 1 s k i - Plattestrich: Hellblaue Auflage langs dee Strichs. Oberflache glanzend, 
glatt. Rand gezahnt. 

Indolbildung: negativ. 

Kartoffelstrich: Spiirliche, schleimig-wachsartig aussehende, glanzende Auflage; 
spater erhaben, abgesetzt, honigartig. Rand rund gelappt. Kolonie rotlich braun; 
Kartoffel graubraun. 

Bac. alb. putridus Maschek. 

XIII. 

Mikroskopische Form: Ovate, kokkenahnliche Stabehen, meist zu zweien beisarnmen- 
liegend. 

Farbbarkeit: gramnegativ. • 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Breite, fa9t die ganze Flache einnehmende Auflage. WeiBlich-fett- 
glanzende, schuppige Zeichnung; Rand grob-buchtig. Kondenswasser triib. Gasbildung. 

Gelatinestich: Stichkanal fadenformig, kornig; mit feinen Hockerchen und Spitzen 
besetzt. Silberhelle, klare Blasen am Stichkanal, von denen spater zarte, straffe, 
schleierige und leicht gekornte, sporn- und blattformige Hautchen ausgehen. Ober- 
flachenkolonie rund, klein, weiB. 

Nutrose- Lackmus-Traubenzucker: Vollige Gerinnung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Vollige Gerinnung und Rotung. 

Traubenzuckerbouillon: Ganz geringe, diffuse Triibung. Kompakter Bodensatz. 
Gasbildung. 

Drigalski-Plattestrich: Rdtlich-blaue Auflage mit hellen, weiBlich-truben Langs- 
streifen. Rand gelappt. Randpartie schuppenartige Zeichnung. Umgebung rot gefarbt. 

Indolbildung: negativ. 

Kartoffelstrich: Scharf abgesetzte, wulstig-erhabene Auflage; in der Mitte schmale 
Rinne. Randpartie feinhockerig bis bucklig gekornt. Rand gelappt. Die Lappen fein 
gezahnt. Oberflachen glanzend, feucht. Kartoffel schmutzig-grau. 

Bact. pneumoniae Friedlander. 

XIV. 

Mikroskopische Form: Kokken in Haufen liegend. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Glanzende, weiBliche Auflage langs des Strichs; unten etwas erweitert. 
Oberflache septiert und gefeldert; in der Mitte gelb werdend. Kondenswasser flockig 
getriibt; weiBlicher, flockiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Sack- bis schlauchformige Verfliissigung; nach unten konisch werdend. 
Inhalt schleierig-durchscheinend, neblig-triib mit einzelnen dichteren Kriimeln und 
Brockeln. Am Boden dichte, weiBliche Massen mit gelben Flecken. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: geringe Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Michzucker : geringe Spur von Rotung, spater deutlicher werdend. 

Traubenzuckerbouillon: Diffuse leichte Triibung, kompakter, kriimelig-flockiger 
Bodensatz. Keine Gasbildung. 

D r i g a 1 s k i - Plattestrich: Scharf abgesetzte, flach erhabene Auflage, mit schmalem, 
leistenartig erhabenem, weiBlich-triibem Rand. Mitte rinnenartig vertieft; rotlich, locherig. 
Rand gezahnt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstich: Weifigliinzende Auflage. 

Micrococcus pyogenes albus. 

XV. 

Mikroskopische Form: Knrze, zum Teil ovalare und etwas langere, gerade und 
leicht gebogene Stabchen mit abgerundeten Enden. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Ziemlich sparliche, flach erhabene, rahmige, fettglanzende Auflage 
langs des Strichs. Oberflache wellig. Rand glatt. Kondenswasser neblig getriibt; 
wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Stichkanal fadenformig; flache, weiBe, gelappte Oberflachen- 
kolonie, diinn. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Spur von Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von Rotung. 


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Kfister u. Wossner, Untersuchungen liber die Bakterienflora der Nase etc. 363 


Traubenzuckerbouillon: Krfimelige Trfibungen. Zartes Oberflachenhautchen, spater 
dick werdend mit anhangenden, dicken fettigen Massen. Keine Gasbildung. 

Drigalski-Plattestrich: Grunliche, saftig glanzende Auflage. Oberflache glatt 
bis wellig. Rand gezahnt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Matt- bis saftigglanzende, auf den Strich beschrankte Auflage. 
Spater Oberflache etwas hfickerig bis granuliert. Farbe gelb-braunlich. Rand leicht 
gezahnt. 

Helicobact. aerogenes Miller. 

XVI. 

Mikroskopische Form: kleine, kreisrunde Kokken. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Glanzende, leicht erhabene Auflage langs des Strichs. Oberflache un- 
eben hockerig, wellig. Rand gekerbt. Ueber dem Kondenswasser zahlreiche einzeln 
stehende Kolonieen. Kondenswasser trfib; wolkiger Bodensatz. Farbe braunorange. 

Gelatinestich: Zylindrische, dann weit sackformige, bis an das Ende des Stich- 
kanals fortschreitende Verflfissigung. Inhalt neblig trfib mit einzelnen krfimeligen und 
brockligen Massen. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: unverandert. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: unverandert. 

Traubenzuckerbouillon: Staubig-kriimlige Trfibungen langs der Wand. Kompakter 
Bodensatz. Keine Gasbildung. 

Drigalski-Plattestrich: Auflage von intensiv orangegelber Farbe. Mitte etwas 
rinnenartig vertieft. Randpartieen leicht erhaben, uneben hockerig und kriimelig. Rand 
etwas gelappt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstich: Scharf abgesetzte, flache, dfinne Auflage. Oberflache mattglanzend, 
feinkornig, orangefarben. 

Micrococcus pyogenes aureus. 

XVII. 

Mikroskopische Form: Kurze, ovalare und eiformige Stabchen, manchmal das eine 
Ende kolbig angeschwollen. Kornchenfarbung. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Etwas verbreiterte, mattglanzende, flache, weifie Auflage. Rand gezahnt 
oder etwas zerrissen. Zahlreiche, einzeln stehende Kolonieen. Kondenswasser klar, 
wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Stichkanal zart, fadenformig, kaum sichtbar. Oberflachenkolonie 
klein, zart, trocken. Keine Verflfissigung. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Ganz geringe Rotung, minimale Trfibung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Ganz geringe Rotung, nach lOTagen hellrot, klar. 

Traulienzuckerbouillon: Keine Trfibung. Schmales, ringformiges Oberflachenhaut¬ 
chen. Fetziger Bodensatz. Keine Gasbildung. 

D r i g a 18 k i - Plattestrich: Mattglanzende, erhabene Auflage; in der Mitte weifilich- 
blau; am Rand blau. Rand gesiigt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: WeiBe, saftig glanzende, schwach erhabene Auflage langs des 
Strichs; ziemlich sparlich. 

Diphtherieahnliche Stabchen. 

XVIII. 

Mikroskopische Form: Kurze und lange, septierte Stabchen und Faden. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Zarte, schleirig-durchscheinende Auflage fiber die ganze Flache ver- 
breitet. Mitte leicht erhaben. Randpartie Btreifig. Rana gezahnt und glatt. Kondens¬ 
wasser flockig-wolkig getrfibt. 

Gelatinestich: Zylindrische Verflfissigung. Inhalt wolkig und flockig getrfibt. 
Stichkanal weiter unten fadenformig. Oberflachenkolonie uneben hockerig, getaltelt und 
durchlochert. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Rotung und ganz schwache Trfibung. Krfim- 
liges, fetziges Hautchen. 


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Nutrose-LackmuB-Milchzucker: Zuerst Spur von Rotung. Nach 10 Tagen Ent- 
farbung und Trubung. Diekes, weifies Hautchen. 

Traubenzuckerbouillon: Diffuse Trubung. Wolkig-fetziger Bodensatz. Weifies, 
dickes Oberflachenhautchen. Keine Gasbildung. 

Drigalski-Plattestrich: Ziemlich breite, flache, grun-bliiuliche Auflage, mit 
leistenartig erhabenen, wellig verlaufenden und unter sich parallelen Langsstreifen. 
Band gezackt und gezahnt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Auflage zart, wie ein vielfach gefalteltes und gekrauseltes Hautchen. 
aussehend. Netz- und maschenartig angeordnete, feine, faltige Erhebungen. Farbe von 
Kolonie und Kartoffel schmutzig-gelb. 

Bac. mesentericus vulgatus. 

XIX. 

Mikroskopieche Form: Langlich ovale, ziemlich kraftige Stabchen mit abgerundeten 
Enden. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Ziemlich iippige, saftig glanzende Auflage. Rand unregelmafiig zer- 
setzt und zerrissen. Auch zahlreiche, einzeln stehende Kolonieen. Kondenswasser 
wolkig triib; wolkiger Bodensatz. Spater Auflage dickrahmig gliinzend. Griine 
Fluoreszenz. 

Gelatinestich: Schalenformige, spater zylindrische Verfliissigung. Inhalt dickwolkig 
getriibt. Am Boden dicke, kriimelige Massen. Stichkanal weiter unten zart, fadenformig. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: unverandert. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von Rotung. 

Traubenzuckerbouillon: Diffuse Trubung. Kompakter Bodensatz. Weifies Ober¬ 
flachenhautchen. Keine Gasbildung. 

Drigalski-Plattestrich: Glanzende, griinlich-blaue Auflage mit durchscheinendem, 
fein gezahntem Rand. Oberflache glatt bis wellig. 

Indolrektion: negativ. 

Kartoffelstrich: Zuerst sparliche, wiisserig-schleimig aussehende, auf den Strich 
be8chriinkte Auflage. Spater wulstig erhaben, scharf abgcsetzt, mattglanzend. Ober¬ 
flache kugelig-hockerig. In der Mitte eine Rinne. Rand rund gelappt. Kolonie von 
braunlicher, Kartoffel von griiu-braunlicher Farbe. 

Bact. fluorescens liquefaciens. 

XX. 

Mikroskopische Form: Ziemlich kraftige, oft zu zweien und mehreren, hinter- und 
nebeneinander liegenden Stabchen. Enden rund und spitzbogig. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Saftig glanzende, erhabene Auflage langs des Strichs. Oberflache uneben, 
schuppig, hockerig, wie aus einzelnen runden Kolonieen zusammengeschmolzen. Kondens¬ 
wasser klar. Kompakter Bodensatz. Hautchenbildung. Griinliche Fluoreszenz. 

Gelatinestich: Breites, scbalenformiges Einsinken der Oberflachenkolonie. Letztere 
gefelderte Zeichnung; aufien konzentrische Ringe. Spater: Inhalt der Schale: ballig- 
trube Massen. Stichkanal fadenformig, sehr zart, gezfihnt. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: unverandert. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: unverandert. 

Traubenzuckerbouillon: Miifiige, diffuse Trubung. Ganz geringe Gasbildung. 

Drigalski-Plattestrich: Papierdiinne, pergamentartige, weifilich blaue, durch- 
scheinende Auflage mit faltigen weifien Erhebungen. Oberflache feinkornig, wie betaut. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Sehr spiirliches, saftig glanzendes Wachstum langs des Strichs. 

Bact. fluorescens non liquefaciens. 

XXI. 

Mikroskopische Form: Kleine kurze, auch dicke, plumpe Stabchen, zum Teil 
Faden bildend. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: positiv. 

Agarstrich: Die ganze Flache einnehmende, saftig-glanzende, durchscheinende Auf¬ 
lage. Mitte etwas dicker als der diinne Rand. Konsistenz nihmig. Kondenswasser 
diff us weifilich getrubt. Flockig-kompakter Bodensatz. 


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Kiister u. Wossner, Untersuchungen iiber die Bakterienflora der Nase etc. 365 


Gelatinestich: Zylindrische Verfliissigung. Inhalt dick-wolkig triib. Spater hangen 
vom Boden der Verfliissigungszone dicke ballige Massen herab. Die Verfliissigung 
schreitet in unregelmaSigen Strangen weiter. Stichkanal weiter unten fadenformig, mit 
feiuen Hockerchen und Spitzchen besetzt. Gasbildung. Spater wird der Stichkanal 
schwarz-braun. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Vollige Rotung und Gerinnung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Vollige Rotung und Gerinnung. 

Traubenzuckerbouillon: Schwache, diffuse Triibung; weifier kompakter Bodensatz. 
Gasbildung. 

D r i ga 1 s ki-Plattestrich: Weifi-rotliches Wachstum. Oberflache glanzend, glatt- 
wellig. Rand glatt und lappig. Umgebung rbtlich. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Leicht wallartig erhabene, wachsahnliche, mattglanzende Auflage 
langs des Striches; spater scharf abgesetzte, weifi-gelbe Auflage. 

Bact. punctatuin Lehrn. et Neum. 


XXII. 

Mikroskopisehe Form: Sechseckige, hefeartige Gebilde. 

Fiirbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Etwas erhabene, saftig glanzende Auflage mit glatter Oberflache. 
Spater gelb-briiunlicher Farbton. Rand glatt und etwas geziihnt. 

Gelatinestich: Stichkanal fadenforraig, sehr zart, kaum sichtbar. Kleine rundliche, 
nagelkopfformige Oberflachenkolonie; mattglanzend, stearin far ben. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: unverandert. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: unverandert. 

Traubenzuckerbouillon: Geringe Triibungeu an der Wand, wenig fester, fetziger 
Bodensatz. Oberflachenhiiutchen. 

Drigalski-Plattestrich: Sehr sparliches Wachstum; violette Farbe. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Kaum sichtbares, undeutliches Wachstum. Nach 7 Tagen: Scharf 
abgesetzte, erhabene, mattglanzende, weiOe Auflage mit verwischter, schuppiger Ober- 
flachenzeichnung. Rand rund gelappt. 

H e f e a r t. 

XXIII. 

Mikroskopisehe Form: Meist zu zweien, auch in kleinen Haufen liegende kleine 
Kokken. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Ziemlich diinne, orangefarbene Auflage mit etwas welliger Ober¬ 
flache. Rand fein und grob gekerbt. Kondenswasser leicht getrubt; flockig-wolkiger 
Bodensatz. 

Gelatinestich: Trichter-, spater sackformige Verflussigung. Inhalt schleimig-zart, 
spater dicht-wolkig und kriimlig getrubt. Am Boden braunlich-gelbe, kriimlige Alassen. 
Spater weifies, gefiilteltes Oberflacnenhautchen. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Rotung, klar. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Rotung, klar. 

Traubenzuckerbouillon: Geringe diffuse Triibung vom Bodensatz ausgehend. Kom¬ 
pakter weifier Bodeusatz. 

Drigalski-Plattestrich: Sparliche, etwas erhabene, ziemlich schmale Auflage 
von violetter Farbe mit Stich ins weifie. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Sehr sparliches Wachstum, orangefarben. 

Micrococcus pyogenes a aureus. 

XXIV. 

Mikroskopisehe Form: Ziemlich lange, kraftige, scharf konturierte Stabchen; auch 
sporenbildende Formen. 

Farbbarkeit: gramnegativ und positiv. 

Beweglichkeit: Positiv, schlangelnd, in geknickten Linien. 

Agarstrich: Dunne, durchscheinende Auflage mit etwas erhabener Mitte. Oberflache 
bucklig und hockerig, unregelmaflig gefeldert. Trocken aussehende, weifilich-triibe und 
staubige Flecken. Kondenswasser wolkig-ballig getrubt. Weifies, trocken aussehendes 
Oberflachenhautchen. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Gelatineatich: Zylindrische, naeh unten sackformig, apiiter ebenfalls zylindrisch 
fortschreitende Verfliisaigung. Inhalt unten wolkig triib, oben klar. Wei Bea gefalteltee 
Oberflachenhautchen. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Rotung und Gerinnung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: mfiBige Kotung. 

Traubenzuckerbouillon: Sehr geringe, diffuse und staubige Triibung. Sehr wenig 
flockiger Bodensatz. Wei flea, raehlig-ataubiges Oberflachenhautchen. 

I) ri gala k i-Platteatrich: Blaulich-weiBca Wachstum von einzeln stehenden und 
konfluierenden, blumenblattformigen Kolonieen mit faltigen, weifl-triiben Erhebungen. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelatrich: Stark erhabene, zopfformige Auflage, wie geflochtene Achaelstiicke 
ausBehend. Gewundene und verachlungene, wulstige Erhebungen. Mehlig bestaubte 
Oberflache. Kolonie und Kartoffel weraen gelb-braun. Spater grabt aich die Auflage 
rinnenformig in die Kartoffel ein. 

Bac. vulgatua Migula. 

XXV. 

Mikroakopiache Form: Zu zweien und in kleinen Haufen liegende Kokken. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agaratrich: Ziemhch diinne, weifiglanzende Auflage langa dea Stricha. Unten kleine, 
abgeaprengte, vereinzelte Kolonieen. Oberflache kleinnockerig. Rand gekerbt. 

Gelatineatich: Flachea, schalenformigea Einainken der Oberflachenkolonie. Spater 
konische aackformige Verfliiaaigung. Inhalt: Einzelne kriimlige Triibungen; am Boden 
dichte kriimlige Maaaen. Die anfangliche Oberflftchenkolonie klein, rundlich und 
zackig. 

Nulroae-Lackmua-Traubenzucker: Rotung, klar. 

Nutroae-Lackmua-Milchzucker: minimale Rotung. 

Traubenzuckerbouillon: Geringe diffuse Trubung, auagehend von dem weiflen 
Bodensatz. 

D r i g a I a k i-Platteatrich: Weifi-rotliche, ziemlich acharf abgeaetzte Auflage. Rand 
steil, etwas leiatenartig erhaben, wei61ich-trub, gekerbt. Umgebung rot. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelatrich: Scharf abgeaetzte, weiB-glanzende Auflage mit ateilem, etwas ge- 
korntem Rand. Mitte flach vertieft. 

Micrococcus pyogenes f albua. 

XXVI. 

Mikroskopi-che Form: Sehr grofle, dicke Kokken, meiat zu vieren oder in Haufen 
liegcnd. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agaratrich: Ziemlich iippige, mattglanzende, gelbe Auflage. Daneben zahlreiche 
einzelne rundliche und unregelmiiBige Kolonieen. Oberflache Kornig-kriimelig. Rand 
gezahnt und fein gekerbt. 

Gelatineatich: Oberflachenkolonie rund, klein, halbkuglig erhaben mit hockerig- 
buckliger Oberflache. Sie sinkt nach 5 Tagen schalenformig ein. Rand gelappt. 
Stichkanal aehr fein. fadenformig, fein gezahnt. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Unveriindert. Kriimliger Bodensatz. 

Nutroae-Lackmua-Milchzucker: geringe Rotung. 

Traubenzuckerbouillon: Staubige Trubungen langa der Wand. Schmales, ring- 
formigea Hautchen. Bodensatz durch Schutteln fetzig-Kriimelig. 

Drigalaki-Platteatrich: Mattglanzende, zitronengelbe Auflage. Oberflache fein- 
komig; Rand gekrauselt und geeagt. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelatrich: Scharf abgesetzte, flache Auflage, zum grofiten Teil von achwefel- 
gelber Farbe. Rand gezahnt und gezackt. 

Sarcina lutea tetrag. 

XXVII. 

Mikroakopiache Form: Kurze Ketten bildende Kokken. 

Farbbarkeit: Meiat grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agaratrich: WeiBe, fettglanzende, auf den Strich beschrankte Auflage; unten etwas 
verbreitert. Zahlreiche einzeln atehende, rundliche Kolonieen. Oberflache etwas wellig- 


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Kiister u. Wossner, Untersuchungen iiber die Bakterienflora der Nase etc. 367 


bucklig. Kondenswasser ein wenig streifig und flockig getriibt. Geringer weiBer 
Bodensatz. 

Gelatinestich: Kleine rundliche, gelb-weiBe Oberflachenkolonie. Sie sinkt nach 
ein paar Tagen teller-, spater trichter- bis lochformig ein. Stichkanal weiter unten 
fadenformig, sehr zart; spater kornig-kriimelig. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: geringe Rotung. 

Nutrose-JLackmus-Milchzucker: Zuerst unverandert; spater minimale Rotung. 

Traubenzuckerbouillon: Geringe diffuse Triibung. WeiBer kompakter Bodensatz. 
Durch Schiitteln flockig-wolkig. 

Drigalski-Plattestrich: Kauin sicbtbares Wachstum. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Ziemlich scharf abgesetzte, weiBglanzende, flach erhabene, sparliche 
Auflage langs des Stricbs. Rand kdrnig und gezahnt. 

Streptococcus pyogenes. 

XXVIII. 

Mikroskopische Form: Ziemlich kleine, oft lanzettformige und zu zweien liegende 
Stabchen. manchmal Faden bildend. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Auf den Strich beschrankte, saftig glanzende, weiBlich durchscheinende 
Auflage. Oberflflche uneben, wellig-hockerig. Rand buchtig und langwellig. Konsistenz 
weich-schleimig, fadenziehend. Kondenswasser klar; wenig nebliger Bodensatz; spater 
Hautchen bildend. 

Gelatinestich: Die kleine runde Oberflachenkolonie sinkt lochformig ein; am 
Boden des Loches ballige und hautige, triibe Massen. Spater um die erste Schale eine 
zweite groBere, wellige, durchscheinende. Nach 10 Tagen zylindrische Verfliissigung. 
Inhalt mehlig, wolkig triib. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Unverandert; nach 10 Tagen triibe Entfarbung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Unverandert; spater weiB- und blau-triib. 

Traubenzuckerbouillon: Stellenweise diffuse Triibung. Zartes, weiBes Oberflachen- 
hautchen. Wenig Bodensatz. 

DrigalBki-Plattestrich: Griinlich glanzende Auflage mit Liingsfurchen und 
Langsleisten. Rand gezackt und lappig. Oberflache wellig. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Sparliehes, saftig glanzendes, schleimig bis honigartig aussehendes 
Wachstum. 

Unbekanntes Bakterium. 

XXIX. 

Mikroskopische Form: Meist zu vieren liegende Kokken von gewohnlicher Grofle. 

Farbbarkeit: schlecht nach Gram. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Ziemlich scharf abgesetzte, gelb-glanzende, spater schwefelgelbe Auf¬ 
lage langs des Stricbs. Schmale, etwas erhabene Randpartie und etwas flachere, leicht 
bucklige Mitte. Rand etwas zerrissen oder leicht gekerbt. Kondenswasser klar; flockig- 
nebliger Bodensatz. 

Gelatinestich: Kleine runde, nagelkopfartig erhabene Oberflachenkolonie. Nach 
6 Tagen bekommt sie einen gelben bis braunlichen Farbton. Stichkanal fadenformig, 
sehr fein gezahnt. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: geringe Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: mSBige Rotung; nach 10 Tagen intensiv und etwas 
Triibung. 

Traubenzucker-Bouillon: Stellenweise diffuse Triibung und staubige Triibung an 
der Wand. WeiBes Oberflachenhautchen. WeiBer Bodensatz. 

Drigalski-Plattestrich: Mattglanzende, aus einzelnen und konfluierten rund- 
lichen Kolonieen bestehende Auflage, nagelkopfartig erhaben. Die Oberflache hat 
nadelstichartige Vertiefungen. Rana fein gezahnt. 

IndolreaKtion: negativ. 

Kartoffelstrich: Scharf abgesetzte, mattglanzende, zitronengelbe, ziemlich iippige 
Auflage mit steilem, grobkornigem und rundlappigem Rand. 

Sarcina flava. 


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368 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


XXX. 

Mikroskopische Form : Sehr kleine, oft zu zweien lanzettformig beisammen liegende 
und stabchenformige Kokken. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: WeiBglanzende, ziemlich sparliche Auflage langs des Strichs. Ober¬ 
flache leicht wellig. Schmaler geriffter Rand. Konsistenz briichig. Kondenswasser 
klar; geringer zarter, schleiriger Bodensatz. 

Gelatinestich: Kleine rundliche, beinahe nagelkopfartig erhabene, mattglanzende 
Oberflachenkolonie, mit feiner radiarer und konzentrischer Zeichnung. Die Mitte wird 
spater braunlich-rot. Stichkanal fadenformig, sehr zart, schleirig; spater perlschnur- 
artig. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: unverandert; nach 10 Tagen Rotung und kreidig 
weiBes Oberflachenhautchen. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: unverandert. 

Traubenzucker-Bouillon: Klar; minimaler wolkiger und brockeliger Bodensatz. 

D r iga 1 s k i • Plattestrich: Kaum sichtbares Wacnstuin, wie ein Hauch auasehend. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffetetrich: Kaum sichtbares, wasserig aussehendes, sehr sparliches Wachstum. 

Streptococcus lanceolatus. 

XXXJ. 

Mikroskopische Form: In Haufen, oft zu zweien beisammenliegende und ketten- 
bildende Kokken. 

Farbbarkeit: grampositiv. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Auf den Strich beschrankte, fcttglanzende, gelb-braunliche, ziemlich 
diinne Auflage. Im untem Teil Auflage breit, unregelmaBig zerrissen und hockerig. 
Kondenswasser klar; geringer kompakter und nebliger weiBer Bodensatz. 

Gelatinestich: Schalenformige, dann spitztricnterformige Verfliissigung. Inhalt 
staubig und brockelig triib. Am Ende des Trichters dichte kriimelige Massen. Spater 
Verfliissigung oben zylindrisch, nach unten konisch bis sackformig fortschreitend. Am 
Boden dichte kriimelige, gelbe Massen. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker: Rotung; spater auch Gerinnung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Spur von Rotung. 

Traubenzucker-Bouillon: Dichte staubige und kriimeligeTriibungen ander Wand; 
weiBer Bodensatz. 

Dri gal ski-Plattestrich: Kaum sichtbares Wachstum, aus einzelnen kleinsten, 
tautropfenartigen Kolonieen bestchend. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Sehr sparliche, auf den Strich beschrankte, orangefarbene Auflage. 

Streptococcus gracilis. 

XXXII. 

Mikroskopische Form: Kleine feine, auch etwas langere, an den Enden zugespitzte, 
zigarrenformige Stabchen. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agarstrich: Saftig glanzende, etwas verbreiterte Auflage langs des Strichs. Mitte 
etwas leistenformig erhaben; Oberflache wellig. Randzone etwas rlacher, wellig, durch- 
scheinend. Andeutung von Querstreifen. Einzelne unregelmaBige, weiBlich - triibe Er- 
hebungen. Spater die ganze Flache einnehmend. Kondenswasser leicht getriibt; weiB- 
licher, dick-wolkiger Bodensatz. 

Gelatinestich: Oberflachenkolonie flach, durchscheinend, diinn, zart und weinblatt- 
fdrmig. Rand gekerbt. Spater wird die Oberflache buckelig und hockerig. Stichkanal 
zart, fadenformig; spater mit feinen Spitzchen besetzt; im oberen Teil umgeben von 
einem durchsichtigen, klaren, intensiv braunen Mantel. 

Nutrose-Lackmus-Traubenzucker; Rotung. 

Nutrose-Lackmus-Milchzucker: Geringe Entfarbung und etwas Rotung; spater 
Rotung, klar. 

Traubenzucker-Bouillon: Schwache, diffuse Triibung, weiBer Bodensatz. Schwache 
Gasbildung. 

D r i g a 1 s k i - Plattestrich: Rotlich glanzende, ziemlich zarte, klar durchscheinende 
Auflage mit satteren, triib -weifien Langsstreifen. Oberflache etwas wellig. Rand ge- 
ziihnt und gelappt. Umgebung der Kolonie rot. 


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Kfiater u. Wosaner, Untersuchungen fiber die Bakterienflora der Nase etc. 369 


Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelstrich: Sehr aparliche, glanzende, waaserig-achleimig auasehende Auflage. 

Bact. aerogenea. 

XXX11I. 

Mikroakopiache Form: Ziemlich kraftige, an den Enden ovale, oft zu zweien 
liegende Stabchen. 

Farbbarkeit: gramnegativ. 

Beweglichkeit: negativ. 

Agaratrich: Ziemlich zarte, etwas durchseheinende, aaftig-glanzende, flache Auf¬ 
lage, die ganze Oberflache einnehmend. Einzelne Erhebungen, besondera in der Mitte. 
lm Randgebiet zarte Streifung. Kondenawaaser dicht-trfib, dickwolkiger Bodenaatz. 

Gelatineaticli: Zylindriacne Verflfiasigung. Inhalt wolkig-trfib, beaondera am Boden. 
Sie achreitet ballonformig nach unten fort; dickwolkige und ballige Maaaen am Boden. 
Stichkanal fadenformig, im oberen Teil von einer durchaichtigen, zarten, intenaiv braunen, 
zylindriachen Ufille umgeben; im unteren Teil mit feineu Hockerchen und Zacken 
beaetzt. 

Nutroae-Lackmus-Traubenzucker: unverandert; apater Rotung, klar. 

Nutroae-Lackmus-Milchzucker: minimale Rotung. 

Traubenzucker-Bouillon: Geringe diffuae Trfibung. Weifier Bodenaatz. 

Drigalaki-Plattestrich: Bliiuliche, aaftig-glanzende Auflage mitaatteren, weiSlich- 
trfiben Langaatreifen. Rand gezahnt bis gezackt. Von der Auflage gehen apater trube, 
neblige, konzentriache Hofe aua. 

Indolreaktion: negativ. 

Kartoffelatrich: Spiirhche, wasserig auaaehende Auflage; apiiter weiB, aaftig- 
glanzend, achleimig. 

Unbekannter Diplobacillua. 

Die kulturellen Eigenschaften beobachtete ich im Agarstrich, im 
Gelatinestich, im linearen Ausstrich auf der Drigalski-Platte und auf 
steriler Kartoffel. Ferner untersuchte ich jede der gewonnenen Rein- 
kulturen auf Gasbildung ira Garrdhrchen, iu Traubenzuckerbouillon uud 
auf Saurebildung in Milch- und Traubenzuckerlosung nach Barsiekow. 
Auf Grund der auf diesen Nabrbodeu zutage tretenden Kultureigentiim- 
lichkeiten versuchte ich mit Hilfe des von Lehmann und Neumann 
angegebenen Schliissels und der bakteriologischen Diagnostik von 
Eisenberg die verschiedenen Keime in die schon beschriebenen und 
benannten Arten einzureihen. 

Weitaus in der Mehrzahl waren die Kokken vertreten. Ich habe 
sie in 32 Proz. der Falle direkt in Reinkultur getroffen, wahrend sie 
nur in etwa 4 Proz. der untersuchten Falle ganz gefehlt haben. Be- 
trachten wir uns nun die beschriebenen Keime etwas naher, so finden 
wir zunSchst unter den Kugelbakterieu die verschiedensten Forrnen: 

Micrococcus can dicans, Micrococcus pyogenes albuset 
aureus, Sa rcina flava und Sarcina lutea tetragena, Strepto¬ 
coccus gracilis, Streptococcus pyogenes, Streptococcus 
lanceolatus und Diplostreptokokken. Unter den Stabchenformen sind 
vertreten: 

Bacillus sphaericus, Bac. aerogenes, Bac. liquefaciens. 
Bact. putidum fluorescens, Bact. fluorescens liquefaciens 
et non liquefaciens, Bact. septicaemiae haemorrhagicae, 
Bact. pneumoniae Friedliinder, Bact. punctatus, Bac. mes- 
entericusvulgatus, Bac. albus putridus und Bac. vulgatus. 
AuBerdem sind Faulnispilze und Hefearten vorhanden und 3 Keime, die 
sich nicht zwanglos in die bestehenden Schemata einreihen lieBen. 
Interessant ist nun, die aufgezalilten Mikroorganismen nach dem Ort 
ihres gewohnlichen Vorkommens zu studieren; und da sehen wir, daB 
sie alle recht haufig in der nachsten Umgebung des Menschen, in der 
Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 5. 24 


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370 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Luft, im Wasser, im Staub, auf Kartoffeln, oder im menschlichen Orga- 
nismus selbst, im Verdauungstraktus, im Speichel oder im physiologischen 
Nasensekret angetroffen werden. Sie gehoren also samt und sonders in 
den groBen Bereich der sich in nSchster Umgebung des Menschen oder 
in und an diesem selbst aufhaltenden saprophytischen Keime. 
Diphtheriebacillen habe ich keine gefunden. Wohl aber sehen wir unter 
den gefundenen Keimen diphtherieahnliche Stabchen verzeichnet. Diese 
Keime stammen jedoch beide von ein und demselben Fall von Ozaena 
her, der mir unter meine Serie gemischt wurde! Leider hat sich der 
Name Pseudodiphtheriebacillus schon zu sehr eingebiirgert, sonst lieBe 
man ihn am besten ganz fallen. Denn er ist in hohem MaBe dazu ge- 
eignet, Unklarheit und Verwirrung zu bringen. Ich glaube, daB ein 
groBer Teil der unter dem Namen Pseudodiphtheriebacillus beschriebenen 
Keime, besonders die, die keine K6rnchenf£rbung zeigen, richtiger unter 
dem von v. Besser benanuten Bacillus striatus albus oder 
flavus, der ein ganz gewohnlicher Bewohner unseres FluB- und Trink- 
wassers ist, unterzubringen waren. Wenn echte Kornchenfarbung beob- 
achtet ist, so soil man lieber von diphtherieahnlichen Stabchen oder von 
avirulenten Diphtheriebacillen sprechen. 


Literatnr. 

1) Gross, Schmidts Jahrb. Ref. Bd. 253. 1897. p. 84. 

2) Vausant, Virchow-Hirsch. 1897. Bd. 2. p. 147. 

3) Demy, Francis, Intern. Centralbl. f. Laryngol. 1902. p. 26. 

4) De Simoni, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. 24. 1898. p. 294. 

5) -, ibid. Bd. 26. p. 458. 

6 ) Neumann, Zeitschr. f. Hvg. Bd. 40. p. 33. 

7) Hasslauer, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. 33. 1903. p. 47. 

8 ) Neumann, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. 1. Bd. 31. p. 33. 

9) Symes, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. 33. p. 703. 

10) St. Clair Thomsen u. Hewlett, Schmidts Jahrb. Ref. Bd. 252. 1896. p. 151. 

11) Klemperer, Miinchen. med. Wochenschr. 1896. p. 730. 

12) Paulsen, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. 8. 1890. p. 344. 

13) Reimann, Baumgartens Jahresber. Bd. 3. 1888. p. 417. 

14) Jonas, Baumgartens Jahresber. Bd. 16. 1900. p. 371. 

15) De Simoni, Baumgartens Jahresber. Bd. 15. p. 269. 

16) Wright, Baumgartens Jahresber. Bd. 5. 1889. p. 550. 

17) Hasslauer, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 37. 1906. p. 1. 

18) -, ibid. Orig. Bd. 41. 1906. p. 633. 

19) Le Noir et Cannes, Jean, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 44. 1909 

p. 68. 

20) Ben ham, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 45. 1910. p. 389. 

21) Wolff, Ludwig, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 4o. 1910. p. 26. 

22) Pawlowski, Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Ref. Bd. 46. 1910. p. 615. 


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Hecht, Die Prazipitindiagnose des Rauschbrands etc. 


371 


Nachdruck verbolen. 

Die Prazipitindiagnose des Rauschbrands, mit einem Beitrag 
zur Frage der Thermoresistenz der Prazipitinogene. 

[Aus deni Laboratoriura des Instituts Jenner-Pasteur in Budapest (Leiter: 

Dozent Detre).] 

Von Dr. Victor Hecht. 

Mit 2 Textfiguren. 

Vereinfachungen biologischer Reaktionen sind immer als ein Fort- 
schritt zu betrachten, der fur die praktische Durchfiihrung derselben von 
groBtem Wert ist. Nachdem es Ascoli gelungen war, durch Kocli- 
extrakte aus Milzbrandorganen mit Hilfe eines spezifisch prazipitierenden 
Serums die Diagnose auf Milzbrand zu stellen, konnte er spater auch 
die Verwendbarkeit dieser Methode fiir den Stabchenrotlauf der Schweine 
feststellen. 

Meine Untersuchungen iiber die Verwertbarkeit der Ascolischen 
Modifikation der diagnostischen Prazipitinmethode fiir Rotlauf haben zur 
Ueberzeugung gefiihrt, daB wir dieser Methode die Bedeutung einer 
allgemeinen serodiagnostischen Methode beilegen miissen; 
vorausgesetzt naturlich, daB die Grundbediugungen fiir das Gelingen der 
Reaktion vorhanden sind, d. h. man muB im Besitz eines spezifisch pra¬ 
zipitierenden Serums fiir die zu untersuchende Bakterienart sein, und es 
muB sich die Thermoresistenz fiir die Prazipitinogene der betreffenden 
Mikroorganismen (in Kuitur und Organen) nachweisen lassen. 

Es sei gleich eingangs dieser Ausfiihrungen bemerkt, daB es mir 
gelungen ist, $as Anwendungsgebiet dieser Methode zu erweitern und 
auch fiir Rauschbrand (Infektion mit Bac. sarcophysematos 
bovis, Bac. Chauvoei) in it Hilfe eines prazipitierenden 
Pferdeimmunserums die Verwendbarkeit dieser Methode 
konstatieren zu konnen. 

Zunachst seien aber die Beobachtungen wiedergegeben, die ich an 
den Seris von drei gegen Stabchenrotlauf immunisierten Pferden, 
sowie an den Prazipitinogenen des Rotlaufs, insbesondere in bezug 
auf ihre Thermoresistenz, machen konnte. 


I. Prazipitation bei Stabchenrotlauf. 

Alle drei Sera zeigten, auf ihr Prfizipitationsvermbgen gegen Organ- 
kochextrakte von an Schweinerotlauf verendeten Tieren untersucht, deut- 
lich prazipitierende Wirkung. 

Fiir Rotlauf gibt schon Ascoli an, daB ihm die Gewinnung von 
prazipitierenden Seris leichter gelang als bei Milzbrand; er hat bei 40 
daraufhin untersuchten Milzbrandseris nur 9 prazipitierende gefunden. 
Unsere Rotlaufsera zeigten durchwegs gleichen Gehalt an Prazipitinen; 
an frisch ennommenem Serum war derselbe allerdings hoher als an 
lfingere Zeit aufbewahrten Proben. 

Zwei von den Pferden wurden schon seit einigen Jahren, eines seit 
einem Jahr in 4-wochentlichen Intervallen mit je ca. 100 ccm Rotlauf- 
bouillon immunisiert. Das Serum schiitzte Tauben in der Dosis von 
0,1—0,2 ccm gegen die gleichzeitig verimpfte todliche Kulturmenge bei 
intramuskularer Injektion. 

24* 


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372 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Zunachst wurde die Untersuchung an solchen an Schweinerotlauf 
verendeten Kontrolltauben vorgenommen, nachdem zuerst die PrSzipi- 
tation fur reine Agarkulturextrakte (Abschwemmung in Kochsalzlosung, 
Aufkochen und Filtrieren) festgestellt war. 

Die Bereitung der *Extrakte geschah analog der von Ascoli an- 
gegebenen „Thermoprazipitationsmethode“, indem ein Organstiick (ge- 
wohnlich Muskel oder Leber), ca. 1 g, mit ca. 5 ccm physiologischer 
Kochsalzlosung im Wasserbad oder iiber der Flamme einige Minuten lang 
gekocht und dann sorgfaltig filtriert wurde. 

Die von Ascoli angegebene Methode stellt eigentlich nur eine ein- 
fache Form der Gewinnung von Prazipitinogenen aus bakterienhaltigen 
Organstiicken dar. 

Das eigentiimliche Verhalten dieser organischen Substanz gegeniiber 
der Erhitzung veranlaBte mich, diese Eigenschaft naher zu untersuchen 
und womoglich die Grenzen der Erhitzbarkeit festzustellen. 

Die Thermoresistenz der aus den Bakterienleibern zu ge- 
winnenden prlizipitogenen Substanz war sclion bald nach der Entdeckung 
der Prazipitine durch Kraus (1897) bekannt geworden. So erwahnt 
v. Eisler, dad es gelingt, durch 15 — 20 Minuten langes Kochen in 
schwach saurer oder alkalischer Losung einen Teil der Bakterienleiber 
zu hydrolysieren und so in der durch Filtration erhaltenen Losung Pra- 
zipitinogen darzustellen. Nach der Thermoresistenz lassen sicli zwei 
Pr&zipitinogene unterscheiden, von denen das thermostabile ein Er- 
warmen auf 62° vertriigt, ohne eine Einbufie seiner Fiillbarkeit zu er- 
leiden und in Alkohol unloslich ist. 

Die Resistenz dieser Prazipitinogene ist nach E. Pick 
eine selir grofie. 5—10 Minuten langes Kochen ist ohne schadigende 
Wirkung, ebensowenig vermag Faulnis, Alkohol oder Aether die VYirk- 
samkeit zu beeintriichtigen. Auch der Einwirkung von Verdauungs- 
fermenten — Pepsinsalzsaure und Trypsinlosung — gegeniiber verliereu 
sie nichts von ihrer Wirksamkeit. 

Die Frage nach der chemischen Natur dieser so resistenten 
organischen Korper ist daher von grodem Interesse; doch laBt sich 
dariiber gegenwiirtig ebensowenig wie bei den Iinmunkorpern ein be- 
stimmtes Urteil abgeben. Es handelt sich offenbar urn niedere Spaltungs- 
produkte von Eiweidkorpern oder um Substanzen, die nur in entfernten 
Beziehungen zu Eiweidkorpern stehen. „So gibt das von Pick aus Bouillon- 
filtraten rein dargestellte Prdzipitinogen keine Biuretreaktion, allerdings 
aber noch die nach Millon u (v. Eisler). — In ihrer hohen Resistenz 
gleichen diese Korper den sich iihnlich verhaltenden Vorstufen der 
labilen Fermente (Pick). 

Nach Analogic der Fr e u n d - K am i n er schen Reaktion miidte man 
auch an die Euglobuline denken. Bei Carcinom gelingt es nach 
Freund, durch einen Kochextrakt aus Carcinomzellen mit Carcinomseris 
eine Trtibung herzustellen; ganz analog der „Therinoreaktion u . — Die 
Triibung soli durch ein Euglobulin gebildet sein. 

Die thermorefiistente Gruppe bezeichnen Kraus und Joachim als 
„Prazipitoid“ der prazipitinogenen Substanz. 

Nach Eisenberg soil nach Erhitzung auf 130°, bei welcher Teniperatur eine 
Denaturierung der Eiweihkorper eintritt, an getrocknetem Serum die Reaktion nicht 
mehr auftreten. 

Noch weitergehende Erhitzungen hat Ferrai (zit. bei UhleDhuth), allerdings 
an trockenem BluteiweiU, nicht an Bakterien, vorgenommen und gefunden, daB Tem- 
peraturen von 130° in einer Stunde, von 16U° in 5—10 Minuten die reaktionsfahigen 


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Hccht, Die Prazipitindiagnose des Rauschbrande etc. 


373 


Substanzen ira Blut zerstbren. — Weiter konute Loffler zeigen, daB HiihnereiweiB, 
getrocknet, nach ‘/^tiindigem Erhitzen auf 150° noch imstande ist, im Tierkorper Pra- 
zipitine hervorzuruten. 

W. A. Schmidt, erhitzte trockenes Pferdcserum 2 Stunden auf 110°, ohne dafl 
die Reaktionsfahigkeit beeinfluBt worden war; auch konnte Schmidt noch mit auf 
130° erhitztem Serum, im Gegensatz zu Ferrai, kraftige Reaktioneu erzielen, nur tritt 
die Reaktiou verzdgert auf. 

Bei praktischen Verauchen uber die Verwertbarkeit der PrazipitineiweiBreaktion 
zur Diagnose von PferdeeiweiB gelang es VVeidanz und Borchmann, bei 
HeiBraucherung 1—2 Stunden mit einer Temperatur von 70 —90 u mit nachherigem 
6 Minuten langem Kochen in Wiirsten noch PferdeeiweiB prazipitativ nachzuweisen, 
nicht aber nach 15 Minuten langem Kochen. Bei fest durchgebratenem Fleisch erzielte 
W. A. Schmidt glcichfalls noch positive Reaktionen. Versuche mit gekochtem Fleisch 
waren negativ. 

Dem letzteren Befund gegeniiber scheint die Rcsistenz der Bakterienprazi- 

& itinogeue im Organ aber wosentlich grbfler zu sein; denn gerade gekochte 
rganc gebcn ja gute Extrakte. 


II. Untersuchungen fiber die Thermoresistenz. 

Meine Untersuchungen zeigen nun, daB noch weit hohereTeinpe- 
raturen nicht imstande sind, auch bei liingerer Einwirkung die aus 
den bakterienhaltigen Organen zu gewinnenden Prazipitinogene in ihrer 
Wirksamkeit zu schadigen. 

Ich verwendete fiir diese Versuche Brustmuskeln und die parenchyma- 
tosen Organe von an Impfrotlauf verendeten Tauben. Die Kocliproben 
dieser Organe ergaben selbst bei einstiindiger Einwirkung von 100° 
keine Beeintrachtigung der Priizipitinreaktion. 


Dauer 


feucht 

im Wasserbad 


e 

Temperatur 


1 2 ‘ 

100* 

posi 

J l5< 

100° 

130' 

100° 


IfiO' 

100° 

tt 

Go' 

30' 

100° 


ICO* 


(45' 

160° 



Prazipitation 


(etwas schwiicher) 


Die Erhitzung geschah derart, daB ein etwa doppelt bohnengroBes 
Stuck Muskel oder mehrere Organstiicke im selben Volumen mit der 
fOnffachen Menge physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt im 
kochenden Wasserbad gekocht, nachher rascli abgekiihlt und auf drei- 
fachein, mit Kochsalzlosung angefeuchtetem Papierfilter ein oder mehrere 
Male filtriert wurde. 

Dio Trockenerhitzung geschah im Sterilisierschrank bei 160 0 auf 
Glasplattcheu. Die stark „gebratenen u Fleischstucke wurden sodann mit 
der Schere zerkleinert, in Kochsalzlosung verrieben, kurz fiber offener 
Bun seu-Flamme aufgekocht und das Gemenge sodann mehrere Male bis 
zur Klarheit des Filtrats, wie oben, filtriert. 

Da sich nun die Prazipitation mit diesem Filtrat gleichfalls nach- 
weisen lieB, so war somit die Tatsache erwiesen, daB die praktisch 
bei derVerarbeitung von Fleisch inBetracht k o in men den 
Temperaturen nicht imstande sind, das Prazipitin- 
phanomen zu storen. Es ist deshalb darauf hinzuweisen, daB diese 
Methode praktisch sich zur Diagnose von verseuclitem, bereits 
verarbeitetem Fleisch wird verwenden lafit. 

Der weitere Versuch, die obere Grenze der Erhitzbarkeit festzustellen 
wurde an den Organen einer anderen Taube angestellt. 


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Die Erhitzungstemperatur war 190— 200° C, die Dauer betrug 
10 Minuten bis 1 Stunde; die Bereitung des Extraktes geschah wie 
oben; doch zeigte sich, daB auch bloBes Stehenlassen der leicht pulverisier- 
baren, erhitzten Muskelstiicke 2 Stunden lang bei Zimmertemperatur 
gleichfalls die Prazipitinogene in Losung bringen konnte: 


Tem- 

peratur 

Er- 

hitzungs- 

dauer 


Serum „Tolua“ 
v, verdiinnt nach 

Serum Ascoli 
nach 

Kontroll- 
N.-Serum 
nach 

Minuten 

5' i 

10' 

15' 1 

30' 

1 5 ' 

10- | 15' 

SO 1 

5'—60' 

190° 

10' 

+ 

+ 

+ + 

+ + 

I+ + 

+ + + + 

+ + 

0 

190° 

25' 

Spur 

+ 

+ + 

+ + 

+ 

+ + + + 

+ + 

0 

190-200° 

40' 


Spur 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

0 

190—200° 

60 7 

e 

e 

e 

Spur nach 50', 0 

0 Spur 

+ 

0 


Aus dieser Tabelle geht hervor, daB die Grenze fur die Thermo- 
resistenz einstiindiges trockenes Erhitzen bei 190—200° bildet. Jeden- 
falls ist die Thermoresistenz eine derartige, daB der Dauer der Erhitzung 
entsprechend einzelne Gruppen der Prazipitinogene zerstort werden. Hier- 
fiir spricht der Abfall in der Starke der Reaktion, wie er sowohl bei 
unserem (dreifach verdunnten) „Tolua u -Serum als auch bei deni noch 
empfindlicheren Ascoli-Serum klar hervortritt. Wahrend 10 Minuten 
langes Erhitzen die Reaktion niit detn Extrakt noch deutlich herstellen 
lSBt, ist bei einstiindigem Erhitzen nur mehr niit dem empfindlichen 
Ascoli-Serum noch eine sehr spat eintretende Reaktion zu konstatieren. 
Da man aber eine halbstiindige Beobachtungszeit fur den Eintritt der Pr&- 
zipitinreaktion fiir Rotlauf als Grenze ansehen muB (denn nach dieser 
Frist treten auch durch die Normalprazipitine oft in den Kontrollseris 
Prazipitationen auf), so muB man einstiindiges Erhitzen bei 200° 
als Grenze der Thermoresistenz der Prazipitinogene 
ansehen. 

In getrocknetem Zustande ist auch die Resistenz des Prazipitins, 
ahnlich wie beim Prazipitinogen. eine hohere. Eisenberg konnte ge- 
trocknetes Prazipitin V 2 Stunde auf 100° erhitzen. Beziiglich der Be- 
obachtungsfrist ist zu bemerken, daB im allgemeinen Bakterien- 
prazipitine nicht so rasch auftreten, wie dies fiir hochwertige Serum- 
prazipitine der Fall ist. W&hrend fiir Milzbrand, Rotlauf und nun auch 
fiir Rauschbrand die Grenze der Beobachtungsfrist sehr kurz ist (20 bis 
25 Minuten Maximum), beobachteten andere Autoren das Phanomen bei 
anderen Bakterien innerhalb 24, selbst 48 Stunden (v. Eisler); selbst 
bei EiweiBpriizipitinen werden stundenlange Beobachtungsfristen angegeben 
(Schmidt). Selbstverst&ndlich hat die Beobachtung nur bei negativem 
Ausfall der Kontrollen dann positiven Wert. 

Es muB deshalb darauf hingewiesen werden, daB dieser diagnostischen 
Methode gelegentlich forensische Bedeutung 1 ) zukommen kann 
und sie Wert fiir die Nahrungsmittelkun de und Fleisch- 
beschau hat, wenn es sich darum handelt, einen Krankheits- 
erreger in Fleisch oder Organstiicken, selbst in konserviertem 
oder verarbeitetem und erhitztemZustandnachzuweisen, 
falls nur die Grundbedingungen fiir die Reaktion (entsprechendes Immun- 
serum, Thermoresistenz) erfiillt sind (Milzbrand, Schweinerotlauf). 

1) Tatsachlich lint sich in diesen Wochen der Fall ercignet, daB der Selchwnren- 
fabrikant B. in G. Fleisch von rotlaufkranken Schweinen in der betreffenden Stadt 
vertrieben hnt. Ails auBcren Griinden konnte mir das beziigliche Material von der 
Staatsanwaltachaft nicht zur VerfQgung gestellt werden. 


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Hecht, Die Prazipitindiagnose des Rauschbrands etc. 


375 


Desgleichen kommt diese Methode zur Anwendung, wenn es sich 
darum handelt, die Diagnose eines Krankbeitserregers zu stellen aus 
Organen, die bereits in Faulnis iibergegangen sind, also z. B. aucb 
bei Kadavern, die bereits beerdigt sind. Fur Milzbrand ist dies bereits 
praktisch wiederholt erprobt worden. 

Gelegentlich von Vorversuchen, die ich iiber die Verwert- 
barkeit der Methode bei Typhus vornahm, konnte ich zunachst 
feststellen, daB sich aus gekochten und abgeschwemmten Agarkulturen 
PrSzipitation-gebende Extrakte herstellen lieBen. — Extrakte, die durch 
Kochen aus Organen an Typhusinfektion gefallener Meerschweinchen und 
Kaninchen bereitet wurden, waren zunachst ohne Wirkung, wenn auch 
mikroskopisch sehr viele Typhusbacillen vorhanden waren. LieB ich dagegen 
die zerquetschten Organe (Leber, Milz, Herz) 8 Tage bei Zimmer- 
teraperatur in gleicher Menge Kochsalzlosung aufgeschwemmt stehen, 
so ergab sich bereits nach Kochen und Filtrieren des Extrakts eine posi¬ 
tive Reakt ion, sei es daB sich die Bacillen so sehr vermehrt hatten, 
oder daB die langere Extraktion mehr Prazipitiuogene in Ldsung brachte 
als das bloBe Auskochen der frischen Organe allein. Als Immunserum 
verwendete ich ein mir von Herrn Dozenten Pribram (Wien) in 
entgegenkommender Weise zur Verfugung gestelltes Pferdeserum mit 
einem Agglutinationstitre 1:4000, sowie ein Kaninchenserum, das nach 
zweimaliger Typhusbacilleninjektion bereits ein ebenso deutlich prSzipi- 
tierendes Serum lieferte. Ueber die genaueren Befunde wird an anderer 
Stelle berichtet werden. — 

DaB Milzbrandimmunsera prazipitierende Eigenschaften annehmen 
konnen, war schon seit langer Zeit (Bail) bekannt; auf die groBe 
Resistenz der Reaktion hatte schon E. Pick hingewiesen. Ascoli hat 
sich aber groBe Verdienste um die praktische Propagierung, nament- 
lich in veterin&r-medizinischer Ilinsicht, erworben. Es hat sich namlich 
gezeigt, daB die Pr&zipitation auch noch dort gelingt, wo durch Faulnis 
bereits Bakteriolyse eingetreten ist, wobei sich die prazipitinogene Substanz 
offenbar den Organen mitteilt. Die Untersuchung von selbst stark fauligen 
Organen ergibt also auch dann noch eine positive Prazipitation, wenn 
selbst die Organe in einem Zustande sind, bei dem sich bakteriologisch 
durch Kultur oder Mikroskop nichts mehr einwandfrei nachweisen laBt. — 
Der Vorteil der „Thermoprazipitation u gegeniiber auderen Untersuchungs- 
methoden in dieser Hinsicht ist fiir Milzbrand von Ascoli, Bierbaum, 
Pfeiler, Markoff, v. Izabolinski-Fatrewitsch u. v. a., und auch 
schon fiir den St&bchenrotlauf der Schweine auBer von Ascoli noch von 
anderen Autoren betont worden (Pfeiler, Raebiger, Gero, Silva, 
Iwicki). So gaben selbst Organe noch eine positive Reaktion, die 
1 ‘/ 2 Jahre der F&ulnis ausgesetzt waren (Pfeiler). 

Casalotti hat noch positive Resultate bei Extrakten von Organen 
eines Milzbrandkadavers erhalten, der P /2 Monate in der Erde gelegen 
und mit Kalk und Petroleum iibergossen war. Er zitiert mehrere 
italienische Autoren, die gute Erfahrungen gemacht haben (Zibordi, 
Faverso, De Gasperi, Gramicci). 

Pfeiler erwahnt einen Fall, bei dem ein in Pokellake durch 14 Tage 
gelegenes Schweinefleisch, das dann noch 1 Monat getrocknet lag, noch 
eine positive Milzbrandreaktion ergab. 

Gunstige Erfolge bei Milzbrand, auch an fauligem Material, be- 
richten noch Floris, Roncaglio. Letzterer untersuchte bis 60 Tage 
altes Material. Am schnellsten gibt das Extrakt aus Milz Prazipitation, 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


dann folgen von den Organen das Unterhautzellgewebe, Herz, Lungen, 
Blut, Muskeln, Leber, Niere, Hirnsubstanz (Roncaglio). 

Fauliges Rotlaufmaterial hat auch Silva untersucht. Er arbeitete 
mit stark verdiinntem Ascolischen Seris, und fand auch, daB der In- 
tensitatsgrad und die Schnelligkeit der Reaktion im direkten Verhaltnis 
zu der Extraktkonzentration und dein Prazipitationsvermogen des ge- 
brauchten Serums steht. 

Aus alien diesen Beobachtungen geht somit hervor, daB, entgegen 
der von V. Russ (fur Typhus) gewonnenen Anschauung, anzunehmen 
ist, daB man wohl im tierischen Organismus Bakterien- 
prfizipitinogen nachweisen kann. 

Beziiglich der verschiedenen Methoden zur Herstellung der 
Extrakte sei erwfihnt, daB mit der urspriinglichen langsamen Organ- 
extraktion von Bierbaum uber bessere Resultate als mit der Koch- 
methode berichtet wird. Pfeiler hat die ursprungliche Methode etwas 
modifiziert, und Hobstetter hat damit raschere und schSrfere Resultate 
erhalten als mit der Rochmethode. Allerdings dauert diese Extrakt- 
bereitung mehr als 24 Stunden. 

Was die Herstellung der prazipitierenden Sera betrifft, 
so ist bereits eingangs erwahnt worden, daB es bei der Herstellung von 
Milzbrandseris nicht immer gelingt, prazipitierende Sera zu erhalten. So 
prazipitierten unsere Institutssera R. und Sz., die im allgemeinen eine 
hochschtitzende Wirkung entfalten, nur Bakterienextrakte, nicht aber 
Organ extrakte an Milzbrand gefallener Versuchstiere in der gewohnlichen 
Beobachtungsfrist. 

Fiir Rotlaufseris ist die leichtere Herstellungsart schon von 
Ascoli erwahnt worden. Fiir Rausch bran d gelang es uns, wie weiter 
unten ausgefuhrt wird, gleichfalls, in durch Injektion groBer Bakterien- 
mengen, ebenso wie fiir Milzbrand und Rotlauf, hergestellten Immun- 
seris prazipitierende Eigenschaften nachzuweisen. 

Markoff hat bei Kaninchen durch oftere Injektion vou bakterien- 
freien Filtraten spezitisch prazipitierende Sera fur Milzbrand erhalten. 

Die Pferde des Instituts wareh dagegen durchwegs mit virulenten 
Bakterienmengen (bis zu 100 ccm Bouillon in 4-wochentlichen Ab- 
standen) seit Jahren zur Gewinnung von Immunserura vorbehandelt. 

Wasserklare Extrakte erhait man iibrigens auch aus dem frischen 
Blutgerinnsel durch Auskochen. Falls also im lebenden Tier Bakteriamie 
vorhanden ist, diirfte es auch gelingen, aus dem Blutgerinnselkochextrakt 
Prazipitationsreaktion hervorzurufen. 

Wichtig bei der Verarbeitung verfaulten Materials ist die 
Herstellung eines klaren Extrakts, die den Autoren nicht immer gelang. 
Wir haben unsere Proben an verfaultem Rotlaufmaterial angestellt. 

Brustmuskel, Herz und Leber einer mit Rotlauf iufizierten Taube 
wurden durch 8 Tage bei Zimmertemperatur aufgehoben und waren nach 
dieser Zeit in eine tibelriechende, fliegenmadenbedeckte Masse umge- 
wandelt. Das durch Kochen hergestellte Extrakt in physiologischer 
Kochsalzldsung war stark opaleszierend. Die Klarung gelang durch 
Schiitteln mit Chloroform, Zentrifugieren und wiederholtes Filtrieren 
durch 3-fachen Papierfilter. Durch vorheriges Aufkochen und rasches 
Abkuhlen kann ein Teil der triibenden Fettstoffe auf dem Filter zuriick- 
gehalten werden. Das so geklarte Extrakt gab nach wenigen Minuten 
mit unseren Seris T. und B. deutliche Ringbildung. Von Prof. Ascoli war 
mir in liebenswiirdigster Weise eine Reihe von Ampullen mit prRzipi- 


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Hecht, Die Prazipitindiagnoee des Rauechbrands etc. 


377 


tierendem Rotlaufserum zur Verfiigung gestellt worden; die zur Kon- 
trolle mit diesem Ascolischen Serum angestellte Probe lieB diese Ring- 
bildung rascher, aber sonst in der gleichen Starke eintreten. 

Die Durchfuhrung der Extraktklarung gelingt naturlich auch 
durch Filtrieren mittels Bakterienfilter, am besten fiir kleine Mengen 
in den Filtrierkerzen in Bougieform nach Maas sen; fur die praktische 
Durchfuhrung wird man aber bei der gewohnlichen Papier- oder Asbest- 
filtration bleiben miissen. 

Untersuchungen, die ich an einigen Organen von an Rotlauf- 
sepsis gefallenen Schweinen auszufiihren Gelegenheit hatte, er- 
gaben gleichfalls durchwegs positive Prazipitationsresultate von ver- 
schieden starker Intensitat mit unseren Seris. — In einem Falle handelte 
es sich um ein bereits stark in Faulnis iibergehendes Stuck Milz, dessen 
Extrakt nach Filtration durch gehartete Filter deutlich positiv reagierte. 
Ein mit dieser Milz vorgenommener E r h i t z u n gs versuch ergab, analog 
den Organextrakten aus kiinstlich intizierten Tauben, daB es erst bei 
einstiindiger Erhitzung auf 190-195° C gelingt, die extrahierbaren Pra- 
zipitinogene zu zerstoren. Bei kurzerer Einwirkung und niedrigeren 
Temperaturen, wobei sich die Organstiicke in stark n gebratenenG Zu- 
stande befanden, waren die Prkzipitationsproben positiv. Gerade dieser 
Umstand lafit die Prazipitinmethode aber fiir den praktischen 
Nachweis von Rotlaufsepsis in bereits verarbeitetem Material w ich tig 
erscheinen; die lange erhitzten Fleischstiicke sind vollkommen trocken und 
hart, ein Zustand, der fiir praktische Zwecke weniger in Betracht kommt. 

Mit frischen Extrakten aus Niere und Milz eines zweiten, an Rot- 
lauf gefallenen Tieres war die Reaktion gleichfalls sehr scharf und trat 
bei dem Serum T. sofort, bei den Seris H. und B. nach einigen Minuten, 
aber ebenso deutlich auf. 

Um in diesem Falle zu konstatieren, wie weit die Verdiinnung des 
Extraktes gebracht werden kann, wurde derselbe mit Kochsalzlosung im 
Verhaltnis von 1:5, 1:10, 1:20, 1:30, 1:40, 1:50, 1:60, 1:75, 1:90, 
1:180, 1:200 versetzt. Die Reaktion erfolgt am deutlichsten und 
schnellsten bei Verdiinnungen bis 1:5, ist aber nach 15 Minuten auch 
bei den Verdiinnungen bis zu 1:60 noch deutlich zu konstatieren. 

Bei einer Konzentration von 1: 75 an wird die Reaktion undeutlich. 
Die Empfindlichkeit der Reaktion wird besonders klar, wenn man be- 
denkt, daB im mikroskopischen Gesichtsfeld die Rotlaufbacillen nicht 
allzu zahlreich und kulturell die Rotlaufbacillenkolonieen neben vielen 
anderen Bakterien verstreut zu finden waren. 

Bei einem dritten Milzextrakt war die Reaktion mit unserem Serum 
schwacher und spat eintretend; mit Ascolis Serum trat die Reaktion 
deutlicher, aber ebenso spat ein; die Ursache hierfur bei sonst gleichem 
mikroskopischen und kulturellen Befund war nicht festzustellen. 

AuBer dem Ascolischen Originalserum stand uns von fremden 
Seris nur ein staatlich gepriiftes Rotlaufserum des Seruminstitutes Th. 
zur Verfiigung. Dieses gab keine Prazipitation; das Serum scheint. mit 
Karbolldsung konserviert. Die gleichzeitig mit unseren karbolisierten 
Seris angestellte Probe war sofort positiv; bei einem zweiten Rotlauf¬ 
serum (Tierarzt B.) war das Prazipitationsvermdgen wohl vorhanden, 
aber weit geringer, d. h. spater und in schwacherer Intensitat, als bei 
unseren Seris und dem Ascolischen Serum. 

Das Serum ist bei der Prazipitation etwa 5-fach zu verduunen; an 
dem helleren, verdflnnten Serum ist die Reaktion leichter zu beobachten, 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


als an dem konzentrierten Serum; bei allzu groBer Verdflnnung andert 
sich das spezifische Gewicht, so daB der schwerere Extrakt unter das 
Serum geschichtet werden muB, und die Reaktion wird auch schwacher. 

Serum T, konzentriert Reaktion: sofort 

„ „ 5-fach verdunnt „ sofort 

„ „ 50-fach verdunnt „ schwach 

„ „ 500-fach verdunnt „ 6 

Ascoli, konzentriert (?) „ sofort 

Die Reaktion war in alien untersuchten Fallen positiv, 
iiberall in Uebereinstimmung mit dem analogen Befund 
an dem Ascolischen Serum. Parallel damit war auch die mikro- 
skopische und kulturelle Untersuchung positiv. 

„Die Verwertung der Thermoresistenz laBt die zeitraubende nach 
der frflheren Technik erforderliche Vorbehandlung des Materials ent- 
behrlich erscheinen und verleiht dem Extraktionsverfahren das Geprflge 
einer groBen Einfachheit“ (Ascoli). 

Der Ausdruck „Thermoprflzipitation u , den Ascoli hierfflr anwendet, 
ist nicht ganz glflcklich gewahlt, weil er den Glauben an einen PrS- 
zipitationsvorgang in der Hitze erwecken konnte, wahrend es sich tat- 
sachlich nur urn die abgektirzte Gewinnung der PrSzipitinogene handelt, 
also um eine Organ-Kochextraktprazipitation. Der Ascolische Apparat 
wird nur fflr den weniger geubten Praktiker in Betracht kommen, fiir 
den aber wieder sich die Schwierigkeit ergibt, den Apparat fur die 
heikle Prazipitationsarbeit entsprechend reinigen zu konnen. Fflr Labo- 
ratoriumszwecke und groBere Untersuchungsreihen wird man an der 
Ueberschichtungsprobe mit Pipetten oder dem direkten Auffiltrieren fest- 
halten. 

Wir verfahren dabei folgendermaBen: Fflr groBere Mengen geschieht 
die Ueberschichtung in womoglich neuen, gewohnlichen Kultureprouvetten 
mit Hilfe einer unten kapillar ausgezogenen, im stumpfen Winkel ab- 




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Hecht, Die Prazipitindiagnose des Rauschbrands etc. 


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gebogenen Pasteur-Pipette, wie man sich sie zu Dutzenden im 
Laboratorium in wenigen Minuten herstellen kann. 

Man fixiert die Pipette mit einem Wattepfropf derart, daB der untere 
kapillare Anted fast die Eprouvettenwand beriihrt, und so die Ueber¬ 
schichtung automatisch in kleinsten Tropfchen erfolgt (Fig. 1). 

Oder fur kleinere Mengen in kleinen Eprouvetten von etwa 4 bis 
5 cm Lange und 4—5 mm Lumen. Hier kann die Ueberschichtung 
direkt vom Papierfilter weg erfolgen, indent man den vorher in einer 
gewohnlichen Eprouvette klar filtrierten Extrakt in wenigen Tropfchen 
derart herabflieBen l&Bt, daB man, den Papierfilter mit der Pinzette haltend, 
die Trichterspitze direkt auf den Rand des Gl&schens abstreift, so daB 
in langsamem Strom die Fliissigkeit an der Wand des GefaBes auf das 
Serum hinabgleitet. Die Ueberschichtung ist dann eine haarscharfe 
(Fig. 2). 


III. Pr&zipitation bei Rauschbrand. 

Im Verlaufe weiterer Untersuchungen konnte ich nun zeigen, daB 
sich die Prazipitinmethode auch fur Rauschbrand anwenden lSBt. 
Die Thermoresistenz ist sowohl fur die Prazipitinogene in Rausch- 
brandkulturen, als auch in den infizierten Organen vorhanden. Die 
zweite Bedingung ffir die Ausfiihrung der PrSzipitation, die Prazipitin- 
bildung in dem entsprechenden Immunserum, ist gleichfalls erfiillt. Das 
von mir verwendete Immunserum stammt von einem seit langem mit 
Rauschbrandkultur behandelten Pferd mit einem Agglutinationstiter 
gegeniiber Rauschbrandbouillonkultur von 1:20 000. Ueber die Her- 
stellung dieses Serums hat Detre ausfiihrlich berichtet. 

Urn zun&chst zu konstatieren, ob das Serum tiberhaupt Bakterien- 
prazipitine enth&lt, wurde ein Antigenextrakt aus Leberstuckbouillonkultur 
durch kurzes Aufkochen (2—3 Minuten) und nachheriges Filtrieren auf 
Papierfilter bis zur Klarheit hergestellt. Dieses Extrakt gab nur mit 
Rauschbrandserum Prazipitation, dagegen nicht mit zur Kontrolle ver- 
wendeten Rotlaufimmunseris und anderen Seris. 

Ein zweites Antigenextrakt wurde durch Aufschwemmung von der 
im hiesigen Institut hergestellten Modifikation des sogenannten Lyoner 
Pulvers (getrockneter und gemahlener Organe aus entsprechenden 
Rauschbrandkulturen) und kurzes Aufkochen, Abkiihlen und mehrmaliges 
Filtrieren hergestellt; dabei scheinen etwas weniger Prazipitinogene in 
Lbsung zu gehen; die Reaktion ist schwacher. Aus grbBeren getrockneten 
Stiicken gelingt es auf diese Weise ohne Pulverisierung nicht, die Pra¬ 
zipitinogene auszuziehen. 

Die Reaktion mit Organ-Kochextrakt, analog der „Thermo- 
pr&zipitation u , wurde an Meerschweinchen angestellt, die durch intra- 
muskulare Injektion mit Rauschbrand infiziert und an Rauschbrand ge- 
fallen waren. 

Mit dem Extrakt, das aus der hfimorrhagischen Muskulatur her¬ 
gestellt wurde, war die Reaktion kraftiger als mit dem aus den paren- 
chymatosen Organen erzeugten Kochextrakt, offenbar dem Gehalt an 
Bakterien entsprechend, nur die Leberextrakte, besonders wenn das 
Organ von Gasblasen durchsetzt war, gaben starke Reaktion. 

Die Herstellung des Extrakts geschieht in Kochsalzlosung im 
Verhaltnisse 1:5 bis 1:10 aus den mit der Schere zerkleinerten und 
zerquetschten Organstticken durch 2—5 Minuten langes Auskochen und 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


grundliches Filtrieren, eventuell Ausschutteln mit Chloroform und Zeutri- 
fugieren, falls das Extrakt opaleszierend ist. 

Der Gehalt an Bakterien scheint fiir die Starke der Reaktion 
auch beim Rauschbrand von Bedeutung zu sein, wie dies von Gas peri 
fiir Milzbrand, von Iwicki fiir Rotlauf angegeben wurde und wie dies 
auch eigene Untersuchungen an Rotlauf zeigten. Frisches Material von 
an Rauschbrand gefallenen Rindern stand uns zur Zeit dieser Unter¬ 
suchungen nicht zur Verfiigung. 

Auch hier lieB sich konstatieren, daB die Reaktion an dem 
frisch entnommenen Serum scharfer eintrat, als an dem l&nger 
abgelagerten. wie wir dies auch bei Rotlaufseris beobachteteu und wie 
dies fur Milzbrandsera von Pressler betont worden war. 

Von den Organen wurden getrennt Extrakte untersucht aus Herz, 
Milz, Lunge, Leber und Muskel. Die ersten 3 Extrakte gaben keine 
positive Reaktion; der Extrakt aus Leber und Muskulatur war nach 
15 Minuten deutlich, nach 30 Minuten sehr scharf (Kontrollen negativ). 
Das Serum ist entweder konzentriert oder in gleichen Teilen mit Koch- 
salzlosung zu verdiinnen. 

Die Versuchsanordnung geschah unter folgenden Kontrollen: 

Rausch brandserum konzentriert -f Organ-Kochextrakt., Rauschbrand 
„ verdunnt + „ „ 

Anderes Kontrollserum -f „ 

Rausch brandserum -f physiologische Kochsalzlosung 

„ + Normal-Organ-Kochextrakt. 

Die Extrakte halten sich iiber Chloroform langere Zeit klar und 
steril. Ein Zusatz von Karbollosung (0,5-proz.) schadigt die Reaktions- 
fahigkeit nicht. 

Die Reaktion war in alien 14 untersuchten Fallen ausnahms- 
los deutlich positiv. Somit kann, da andere Bakterienextrakte und 
Extrakte infizierter Organe die Reaktion nicht geben, diese Thermo- 
prazipitation zur Unterstiitzung der Rauschbranddiagnose verwendet 
werden. 


Zusammenfassung. 

1) Die Thermoresistenz der Bakterienprazipitinogene 
ist eine bedeutend hohere, als man bisher angenonnnen, 
wie sich dies fiir Bac. erysipelatos suum nachweisen laBt. 

2) Mit Hilfe der „Thermoprazipitation“ gelingt es 
daher, auch an erhitztem und verarbeitetem Fleisch- 
material, falls dieses aus verseuchtem Material stamint, 
den Krankheitserr eger festzustellen. 

3) Die „Thermoprazipitation u mit Hilfe von Organ- 
Kochextrakten hat den Charakter einer allgem einen 
sero diagnostic hen Method e. 

4) Es gelingt die Prazipitation auch mit hochwertigera 
Rausch brandserum an Extrakten aus Rauschbrand- 
organen. 


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Hecht, Die Prazipitindiagnose des Rauschbrands etc. 


381 


Literatar. 

1) Ascoli, A., Die Prazipitindiagnoee bei Milzbrand. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. 1. 
Orig. Bd. 58. 1911.) 

2) -, Zur Technik meiner Prazipitinreaktion bei Milzbrand. (Berlin, tierarztl. 

Wochenschr. 1911. p. 389.) 

3) -, Die Thermopriizipitation ale allgemeine serodiagnostische Methode. Ihre An- 

wendung bei der Diagnose des Schweinerotlaufs. DasTnermoprazipitin-Diagnosticum. 
(Ibid. 1912. p. 165.) 

4) Bierbaum, Beitrag zur Milzbranddiagnose mit Hilfe der Prazipitationsmethode. 
(Berlin, tierarztl. Wochenechr. 1911. p. 202.) 

5) Caealotti, A., Die Thermoprazipitinmethode bei der Milzbranddiagnose. (Berlin, 
tierarztl. Wochenschr. 1911. p. 889.) 

6) Detre, Allatorv. Lap. 1911. No. 17. 

7) Eisenberg, zit. bei v. Eieler. 

8) v. Eisler, Ueber Bakterienprazipitine. (Kraus’ u. Levaditis Handb. p. 834.) 
I Literatur.J 

9) Floris, Die Thermopriizipitation Ascolis bei der Milzbranddiagnose. (Dteche 
tierarztl. Wochenechr. 1912. No. 14; ref. Tierarztl. Centralbl. 1912. No. 20.) 

10) Freund, Wien. klin. Wochenschr. 1912. 

11) Gasperi, Ueber die Iledeutung der Thermopriizipitation nach Ascoli fiir die 
Diagnose des Milzbrandes. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 61. 1911. 
p. 184.) 

12) Gero, Allatorv. Lap. 1912. No. 31. 

13) Hobstetter, Zur Milzbrandprazipitation. (Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1912. 
P- H7-) 

14) Ifticki, M., Die Ascolische Thermoprazipitinreaktion ale diagnostisches Hilfs- 
mittel beim Rotlauf der Sclav cine. (Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1912. p. 402.) 

15) Izabolinski u. Patrewitsch, Zur Milzbranddiagnostik nach Ascoli. (Russki 

Wratsch; ref. Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1912. p. 672.) 

16) Kraus u. Joachim, zit. bei v. Eisler. 

17) Kraus, Kol 1 e- Wasserman ns Handb. d. pathog. Mikroorg. 

18) Markoff, W. N., Zur Frage der Herstellung eines priizipitierendeu Milzbrand- 
serums. (Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1911. p. 849.) 

19) Pfeiler, W., Die Prazipitinreaktion und der Milzbrand des Schweines. (Berlin, 
tierarztl Wochenschr. 1912. p. 463.) 

20) — —, Der Nachweis des Milzbrandes mittels der Prazipitationsmethode. (Ibid, 
p. 149.) 

21) -, Dio Diagnose des Milzbrandes mit Hilfe der Prazipitationsmethode. (Berlin. 

klin. Wochenschr. 1911. No. 13.) 

22) Pick, E., zit. bei v. Eisler. 

23) Pressler, K., Das Milzbranddiagnostikum Ascoli in der Praxis. (Berlin, tier¬ 
arztl. Wochenschr. 1912. p. 192.) 

24) Raebiger, Vortrag, Verein. thiiring. Tieriirzte. (Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1912. 
p. 595.) 

25) Russ, Ueber das Schicksal der Bnkterienpriizipitinogene iin Organismus. (Centralbl. 

f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 43.) 

26) Roncaglio, Ueber die Spezifitat der Ascolischen Prazipitinreaktion bei ver- 
schiedenen Organen. (Zeitschr. f. Infektionskr. d. Haustiere. 1911; ref. Tierarztl. 
Centralbl. 1912. No. 19.) 

27) Schmidt, W. A., Studien uber Prazipitinreaktion und erhitzte EiweiSstoffe. (Bio- 
chem. Zeitschr. Bd. 14. 1908. p. 294.) 

28) Silva, Die Ascolische Thermopriizipitation beim Rotlauf der Schweine. (Dtsche 
tierarztl. Wochenschr. 1912. No. 21; ref. Tierarztl. Centralbl. 1912. No. 24.) 

29) -, Experimentelle Untersuchungen iiber die Spezifitiit der Ascolischen Pra- 

zipitindiagnose bei der Milzbranddiagnose. (Zeitschr. f. Infektionskr. d. Haustiere. 
1912. p. 98.) 

30) Uhlenhuth, Das biologische Verfahren zur Erkennung und Unterscheidung von 
Menschen- und Tierblut etc. Jena 1905. p. 72. 

31) Wcidanz u. Borchmann, Vergleiehende Untersuchungen uber die praktische 
Verwertbarkeit der Prazipitinreaktion und der Komplementbindungsmethode zum 
Nachweis von Pferdefleisch. (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 28. 1908. 
p. 477.) [Zit. bei Schmidt, p. 310.] 


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382 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Verdauungsfahigkeit des Normal- und Luesserums. 

[Aus dem Hygienischen Laboratorium des klinischen Institutes der Grofi- 
fiirstin Helena Pawlowna in St. Petersburg (Vorstand: Prof. Dr. G. W. 
Chlopin. Leiter der bakteriologischen Abteilung: Assistent Privat- 
dozent Dr. G. D. Belanowsky).] 

Von Dr. E. Manoiloff. 

In einer friiheren Arbeit 1 ) .,Natiirlicher Magensaft bei der Sero- 
diagnose der Syphilis 14 konnte ich zeigen, daB, wenn man an Stelle des 
von Wassermann angegebenen Ambozeptors, des durch Hammelblut- 
korpercheneinspritzung bei Kaninchen gewonnenen Blutserums, den 
natiirlichen Magensaft resp. Hundemageusaft fbereitet nach Prof. Dr. 
Paw low 2 )] setzt, man dieselben Resultate bekommen kann, wie mit der 
klassischen Wassermann-Neisser-Br uckschen Reaktion. Auf die 
Idee, Magensaft bei der Serodiagnose der Syphilis zu benutzen, kam ich 
durch meine Beobachtungen an syphilitischen Kranken, die an Magen- 
storung litten; solchen Kranken verordnete ich mit Erfolg natiirlichen 
Magensaft. 

Ich vermutete damals, dad ein chemischer Zusamraenhang zwischen 
Magensaft und Luestoxin bestehe, und versuchte, Magensaft als sero- 
diagnostisches Mittel zu benutzen, was mir gelang. Die Kontroll- 
versuche mit Normalserum gaben negative Resultate. Da durch Er- 
setzen des Wassermann-Neisser-Bruckschen Ambozeptors durch 
natiirlichen Magensaft dieselben Resultate erzielt wurden, so muBte 
offenbar ein Zusammenhang zwischen Luesserum und Magensaft vor- 
handen sein. So lag der Gedanke nahe, diesen Zusammenhang n&lier 
zu studieren und zu erforschen. Um zu erfahren, ob in der Tat zwischen 
Magensaft und Luesserum eine Attraktion, Bindungsfahigkeit, bestehe, 
liabe ich beziiglich der Verdauungsfahigkeit des Luesserums bzw. des 
Normalserums Versuche angestellt. Die erzielten Resultate fiihre ich 
hier an. 

Eigene Untersuchungen und Methodik. 

Die Verdauung bestimmte ich mittels der Mettschen Methode, die 
so bekannt ist und so allgemein angewandt wird, daB hier von ihrer 
genauen Besprechung wohl abgesehen werden kann. Ich nahm also 
Luesserum sowie Normalserum und fiillte mit ihnen die Mett schen 
Rbhrchen. Dann tauchte ich die Rohrchen in 65° warmes Wasser, um 
zu koagulieren, und schlieBlich untersuchte ich die Verdauungsfahigkeit 
des Magensaftes resp. den EinfluB des Magensaftes auf Normal- sowie 
Luesserum. Diese so mit Normal- und Luesserum vorbereiteten Rohrchen 
hielt ich im Thermostaten bei 38° x / 2 , 1 und 24 Stunden in einer be- 
stimmten Menge (2—5 ccm) Pawlowschen Magensaftes und nach Ab- 
lauf der Versuchszeit wurden die Verdauungsresultate abgelesen. 

Die folgende Tabelle bringt das Ergebnis der Untersuchung. 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 57. 1911. p. 463. 

2) Im Kaiserlichen Institut fiir experimentelle Medizin zu St Petersburg bereitet. 


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Manoiloff, Ueber die Verdauunggfahigkeit des Normal- und Luesserums. 383 


Tabelle No. I (NormaUerum). 

Versuchsreihe nach Mett mit je 2 Rohrchen, im Thcrinostaten bei 38° gehalten, ver- 
daut nach 1 und nach 24 Stunden. 


Name der 
Patienteu 

Normal- 

serum 

Reaktion nach 
V, Stunde 

Reaktion nach 
1 Stunde 

Reaktion nach 
24 Stunden 

Magensaft- 

menge 

Be- 

merkungen 

1. L. M. 

0,5 ccm 

1 mm 

2 mm 

3 mm 

3 ccm 


2. S. P. 

0,5 ,, 

1 

2 „ 

3 „ 

3 „ 


3. N. R. 

0,5 „ 

2 „ 

2 „ 

5 „ 

3 „ 


4. T. B. 

0,5 „ 


3 „ 

5 „ 

3 „ 


5. Z. A. 

0,5 „ 

3 

3 „ 

3 „ 

5 


6. S. Y. 

0,6 „ 

5 „ 

2 „ 

5 „ 

5 i. 



Aus Tabelle No. I ist zu ersehen, daB, wenn die Versuchsrohrchen 
nach Mett 1 / 2 , 1, 24 Stunden im Thermostaten bei 38° gestanden haben, 
die Verdauungsfahigkeit mit Normalseruin folgende Resultate ergab: 
der Pawlowsche Magensaft verdaute wahrend V 2 Stunde 1 cmm bis 
3 cmm, wahrend 1 Stunde 2—3 cmm und wahrend 24 Stunden 3—5 cmm 
Normalseruin. 


Tabelle No. II (Luesserum). 

VeTBUchereihe nach Melt mit je 2 Rohrchen im Thermostaten bei 38° gehalten, verdaut 
nach */, Stunde, 1 Stunde und nach 24 Stunden. 


Name der 
Patienten 

Lues- 

serum 

Reaktion nach 
'/, Stunde 

Reaktion nach 
1 Stunde 

Reaktion nach 
24 Stunden 

Magensaft- 

raenge 

Be- 

merkungen 

O. T. 

0,5 ccm 

2 mm 

2.5 mm 

5 mm 

5 ccm 


P. T. 

0,5 „ 

1,5 „ 

3 „ 

6 „ 

5 „ 


Z. P. 

0,5 „ 

1,5 „ 

3 

5 „ 

5 „ 


0. J. 

0,5 „ 

2 „ 

4 ,. 

6 „ 

5 „ 


A. B. 

0,5 „ 

2 „ 

4 

8 „ 

5 „ 


A. N. 

0,5 „ 

2,5 „ 

5 

6 „ 

5 „ 



Aus den vorstehenden Versuchen geht hervor, daB Luesserum durch 
Magensaft bedeutend starker verdaut wird als Normalserum. Nach 
V 2 Stunde waren 1,5—2,5 cmm Luesserum verdaut, nach 1 Stunde 
2,5—5 cmm und nach 24 Stunden 5—8 cmm. Man sieht aus diesen Ver¬ 
suchen, daB im Luesserum eine die Verdauung fSrdernde Wirkung vor- 
handen ist. 

* * 

* 

Das Resultat unserer Beobachtungen ist, kur? gefaBt, folgendes: 
Offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen Magensaft und Luesserum, 
jedoch kann vorlaufig hier keine treffende ErklBrung gegeben werden. 
Auch ware es nicht angebracht, hier schon irgendwelche Vermutungen 
auszusprechen oder nach Erkiarungen zu suchen, da die hier ein- 
schlagige Frage und flberhaupt diese Frage noch weiter verfolgt 
werden soil. 


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384 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Nachdruck verbolen. 

Ueber die Beeinflussung von Katalysatoren durch 
Eiweissspaltprodukte. 

[Aus der Kgl. Bakteriologischen Untersuchungsanstalt Erlangen.] 

Von Prof. Dr. Wolfgang Weichardt und Dr. Erwin Sckwenk. 

Mit 1 Kurve. 

In No. 9 des Centralblattes fiir die gesamte Physiologie und Patho¬ 
logic hat der eine von uns (Weichardt) gemeinsam mit Muller fest- 
gestellt, daB Toxine pathogener Mikroorganismen in bestimmten Kon- 
zentrationen den Eintrittder bekannten Guajakreaktion verzogern, wahrend 
die Sera von immunisierten Tieren diese Vergiftung verhindern konnen 1 ). 

Bei der vergleichsweisen Bewertung von Serum, Katalysator und 
Toxin kamen wir zwar zu Verdunnungen, bei denen diese Erscheinungen 
genau zutage traten, doch bemerkten wir schon dainals, daft die quan- 
titativen Verhaltnisse dieser Reaktion nicht ganz einfach liegen. Es 
wurde deshalb der damalige Stand unserer Versuche foIgendermaBen 
gekennzeichnet: „Allerdings fanden wir bei Verwendung der verschie- 
densten Seren recht merkwiirdige quantitative Verhaltnisse als geeignet, 
die zunachst ein weiteres Studium wiinschenswert erscheinen lassen 2 ).“ 

Dieses Studium hat der eine von uns (Weichardt) mit Stotter 3 ) 
fortgesetzt und gezeigt, daB geringe Mengen von EiweiBspaltprodukten 
die Guajakreaktion anregen, wahrend groBere Mengen sie lahmen. 

Es sei hier ein Beispiel angefiihrt: 


Erklarung der Kurve undTabelle. 

In der Kurve sind die Werte fur 
die jeweiligen Verdunnungen der unter- 
. suchten Stoffe auf der Abszisse ab- 

Titriert: getragen, und zwar bezeichnet 1 die 

a nach 5 Minuten ^tarkste Verdiinnung, die tolgenden 

b 15 Zahlen die hoheren Konzentrationen. 

c ’ i Stunde Die Einteilung auf den Ordinaten ent- 

sprieht der Starke der Reaktion, ge- 
niessen an einer Kontrollosung. 

In den Tabellen enteprechen die Ver¬ 
dunnungen von: lniul 10—5 = 0,01 rag, 
5mal 10—5 = 0,05 mg, lmal 10— 4 == 
0,1 mg, 5mal 10— 4 =0,5 mg, lmal 10—3 = 1 mg, 5mal 10-3 = 5 mg und l,5mal 10-2 
= 15 mg der angewandtcn Substanz. 

Beeinflussung der Guajakreaktion durch Kaseinpepton. 


Reaktione- 

dauer 

j 5-10-6 

MO-6 

5-10-6 

1 • 10— 4 

5*10— 4 

1-10-3 

5-10-3 

1,5-10-2 

5 Minuten 

f" ~ 

+ 1 

+ 1 

+ 17. 

+ Vs 

+ 3 

+ 4 

+ 7, 

— 4 

» » 

±0 

±0 

+ 1 

+ 1 

+ 37, 

+ 5 

+ 5 

— 2 

30 n 

±0 

±0 

+ 2 

+ 2 

+ 4 

+ 5 

+ 4 

— 2 

60 , 

±0 

±0 

+ 2 

+ 2 

+ 4 

+ 5 

+ 3 

— 2 

2 Stunden 

±0 

±0 

+ 1 

+ 1 

+ 3 

+ 3 

±0 

— 2 



1) Centralbl. f. d. ges. Physiol, u. Pathol, d. Stoffwechsels. 1911. No. 9. 

2) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. 1. Ref. 1911. Beiheft. p. 63. 

3) Arch. f. Hyg. Bd. 75. p. 265. 


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Weichardt u. Schwenk, Ueber die Beeinflussung von Katalysatoren etc. 385 


Uni diese Katalysenreaktion quantitativer zu gestalten, sind wir nun 
zu folgender Ausfiihrungsform iibergegangen: Wir ersetzten das schlecht 
dosierbare Blut durch einen anorganischeu Katalysator, als welchen wir 
nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen init anderen Metallen eine 
kolloidale Osmiumlosung verwenden. Die von uns beniitzte Lbsung 
wurde von der Firma GrAbler hergestellt und enthalt etwa 0,1 g im 
Liter. Sie wird im Verhaltnis 1 : 5 mit destilliertem Wasser verdiinnt. 
Handelt es sich um die Messung von Stoffen, die leicht zersetzbar sind, 
so ist Glyzerin als Verdiinnungsfliissigkeit vorzuziehen *)• Von dieser 
Losung werden fiir jeden Versuch 3 ccm entsprechend 0,5 mg Osmium 
mit der Pipette gemessen und in ein kleines Titrierkolbchen mit breitem 
Hals von etwa 50 ccm Fassungsraum gegeben. Zu diesem Katalysator 
fiigt man dann die zu untersuchende Losung (am besten 1 ccm), schuttelt 
gut um und lalit einige Zeit im Brutschrank bei 37° C stehen. 

Hierauf fiigt man 5 ccm einer Starkelosung, die im Liter 2 g Jod- 
kalium und 1,2 g Starke gelbst enthalt, hinzu. Man schuttelt wieder 
gut um und gibt hernach noch 2 ccm einer wasserigen Ausschiittelung 
von etwa 200 ccm eingetrocknetem Terpentinol (aus 10 1) mit 2 1 Wasser 
zu 2 ). Nach gutem Umschutteln wird 1 / 2 Stunde stehen gelassen und 
hierauf das ausgeschiedene Jod mit n/ 1000 Natriumthiosulfatlosung titriert. 
Zu gleicher Zeit wird ein blinder Versuch angestellt, bei dem statt der 
zu untersuchenden Losung 1 ccm destilliertes Wasser zugefugt wird. 

Nach diesem Verfahren haben wir eine Reihe von EiweiBspalt- 
produkten, Seren und Toxinen untersucht. Wir bemerken hier, daB 
diese Versuche durchaus keiue absoluten Werte geben sollen; die an- 
gefuhrten Zahlen, die unseren Vorversuchen entnommen sind, sollen 
nur die Brauchbarkeit unserer Methode im allgemeinen erweisen. 

Versuche. 

Die folgenden Versuche sind mit Ausnahme der ersten 2 Versuchs- 
reihen nach der Vorschrift von Weichardt und K el her 3 ) durch- 
gefQhrt. Diese unterscheidet sich von der oben angefiihrten nur in 
bezug auf den Zusatz der Jodkaliumstarkelosung (1 ccm einer Losung, 
die von beiden Substanzen 0,1 Proz. enthalt) und der TerpentinSl- 
ausschiittelung, von der 0,5 ccm verwendet werden. Fiir die Versuche, 
die wir im Begriffe sind durchzufiihren, hat sich jedoch die weiter oben 
angegebene Vorschrift als gut bewahrt. 

In den einzelnen Versuchsreihen sind die bei der Titration mit 
n/ 100 <, Thiosulfat erhaltenen Zahlen angefiihrt. Die mit Differenz be- 
zeichnete Spalte enthalt den Wert, der sich durch Abziehen der titrierten 
Kubikzentimeter von der bei dem Kontrollversuch mit Wasserzusatz 
gefundenen Zahl ergibt. 

A. Die hier gegebenen 2 Versuchsreihen wurden zum Zwecke der 
vorlaufigen Orientierung unternommen. 

Wie aus den angefiihrten Zahlenreihen hervorgeht, ist diese Methode 
ausgezeichnet dazu geeignet, um in vergleichender Weise die 
quantitativen Verhaltnisse bei der Giftwirkung von EiweiBspaltprodukten 
zu untersuchen. 


1) Weichardt u. Kelber, Miinchen. med. Wochenschr. 1912. 

2) Nach der Vorschrift von Liebermanns, zu beziehen von Griibler, Leipzig. 

3) Miinchen. med. Wochenschr. 1912. No. 35. 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 5. 25 


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386 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


I. > T ach '/, Stunde titriert. 


CCOl 

Terpentinol- 


3 ccm 


Katalysatorzusatz 
6 ccm 


10 ccm 


ccm Starkelosung 


ccm Starkelosung 


ccm Starkelosung 



1 

2 

3 

1 

2 

3 

1 | 2 

3 

0,5 

1,25 



1,00 



0,00 ' . 


1,0 

| 

2,20 



2,20 


2,10 

. 

1,5 

1,40 


3,00 

1,60 


3,40 

1,70 

3,35 

2,0 


2,25 



2,70 


3,05 


3,0 

. 


3,05 

• 


3,60 

* 1 

4,20 


II. Nach 1 Stunde titriert. 


ccm 

Terpentiuol- 

waaser 

Katalysatorzusatz 

3 ccm 

4 ccm 

5 ccm 

6 ccm 

ccm Starkelosung 

ccm Starkelosung ccm Starkelosung ccm Starkelosung 

2 

i 3 

4 

2 ! 

3 4 

2 

3 

4 1 2 

3 

4 

1,0 

1,5 

2,0 

2,60 

2,90 

2,95 

3,30 

4,00 

4,15 

3,50 

4,70 

5,10 

2,70 

3,20 

3,20 

3,30 

4,80 

4,45 

3,80 

4,10 

(3,20) 

2,70 

3,40 

3,35 

3,45 
4,40 
| 4,70 

3,80 

5,00 

5,65 

2,75 

3,40 

3,60 

3,40 

4,45 

5,10 

3,60 

5.20 

5,80 


A. Versuche mit Zusatz von Witte-Pepton. 
1) Die Kolben standcn 1 Stunde im Brutschrank bei 37°. 


Zusatz 

1 ccm 

I 

II 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 

H,0 

1,40 

1,35 

1,40 

1,30 

1,36 

— 

1-10-3 g 

0,50 

0,55 

0,50 

0,50 

0,52 

0,84 

M0-4 g 

(1,05) 

0,05 

0,62 

0,65 

0,64 

0,72 

1-10-5 g 

1,30 

1,30 

1,30 

1,30 

1,30 

0,06 

1-10-6 g 

1,30 

1,30 

1,30 

1,40 

1,32 

0,04 

1-10-7 g 

1,40 

1,30 

1,50 

1,45 

1,41 

-0,05 


2 ) 


Zusatz 

1 ccm 

I 

II 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 

H,0 

- 1,20 

1,00 

1,10 

1,10 

1,10 

— 

1-10-3 g 

0,75 

0,75 

0,85 

0,85 

0,80 

0,30 

1-10-4 g 

(0,40) 

(1,45) 

0,95 

0,95 

0,95 

0,15 

1-10-6 g 

1,15 

1,10 

1,10 

1,20 

1,14 

— 0,04 

1 • 10-6 g 

1.15 

1,20 

— 

1,10 

1,15 

— 0,05 

1-10-7 g 

1,20 

1,10 

1,20 

1,20 

1,17 

-0,07 


3) In diesem Versuche wurde der Katalysator noch lOmal verdiinnt. Die Kolbchen 
standen 3 Stunden im Brutschrank bei 37°. 


Zusatz 

1 ccm 

I 

II 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 

H,0 

0,40 

0,50 

0,50 

0,55 

0,49 

— 

1-10-8 g 

0,25 

0,30 

0,30 

030 

0,29 

0,20 

MO-4 g 

0,30 

0,30 

0,25 

0,30 

0,29 

0,20 

1 -10-6 g 

0,35 

0,35 

0,40 

0.38 

0,37 

0,12 

1 • 10—6 g 

0,40 

0,40 

0,50 

0,40 

0,43 

0,06 

1-10-7 g 

0,40 

0,50 

0,40 

0,45 

0,44 

0,05 


Original from 




Weichardt u. Schwenk, Ueber die Beeinflussung von Katalysatoren etc. 387 


B. Versuche mit Serum und Toxinen. 
1. Menschliches Serum. 


Die Versuche standen 3'/ 2 Std. bei 37° C im Brutschrank und wurden l‘/ 4 Std. 
nach der Zugabe von Starke und Terpentinol titriert. 


Zusatz 

1 ccm 

I 

II 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 

Wasser 

1,55 

1,60 

1,50 

1,50 

1.54 

— 

Ser. 1 : 10 

0 

0 

0 

0 

0 

1,54 

Ser. 1 :50 

0,90 

1,00 

1,00 

1,00 

0,98 

0,5(3 

Ser. 1:100 

0,95 

1,00 

1,00 

1,00 

0,99 

0,55 

Ser. 1:500 

1,35 

1,35 

1,35 

1,35 

1,35 

019 

Ser. 1:1000 

1,40 

1,50 

1,45 

1,45 

1,45 

0,09 


2. Diphtherietoxin ’). 


Zusatz 

1 ccm 

Ver- 

dunnung 

1 1 

II 

III 

Mittel 

Differenz 


100 

0,55 

0,70 

0,60 

0,62 

0,43 


500 

0,80 

0,80 

0,80 

0,80 

0,25 

10X1H 

1000 

0,90 

0,90 

0,90 

0,90 

0,15 


10000 

0,95 

0,95 

0,90 

0,93 

0,08 

Wasser 

1 

1,05 

1,00 

1,10 

1,05 

— 


3. Tetanustoxin’). 


Zusatz 

1 ccm 

Ver- 

diinnung 

I 

II 

1 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 


100 

0,60 

0,60 

0,70 

0,60 

0,62 

0,48 

Toxin 

500 

0,90 

0,90 

0,90 

1,00 

0,92 

0,18 

1000 

0,90 

1,00 

1,00 

(1,20) 

0,97 

0,13 


10000 

1,10 

1,10 

1,00 

1,10 

1,07 

0,03 

Wasser 


(1,35) 

1,10 

1,10 

| 1,10 

1,10 

— 


4. Diphtherietoxin a ). 

a) Es wurde 2 Stunden gegen flieBendes Wasser dialysiert, dann wurde der Versuch 
angestellt. 


Verdunnung 

I 

II 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 

1 

0,50 

0,45 

0,35 

0,50 

0,45 

0,85 

5 

0,80 

0,70 

0,80 

0,80 

0,78 

0,52 

10 

0,90 

0,95 

1,00 

0,95 

0,95 

0,35 

50 

1,20 

1,15 

1,15 

1,15 

1,18 

0,12 

100 

1,15 

1,20 

1,30 

1,20 

1,21 

0,09 

500 

1,30 

1,20 

1,30 

1,25 

1,28 

0,02 

1000 

1,35 

1,30 

1,30 

1,30 

1,31 

— 0,01 

Wasser 

1,30 

1,30 

1,30 

— 

1,30 

— 


1) Ruete-Enoch, let. Doe. 0,005. 

2) HSchat. 

3) Ruete-Enoch, let. Dos. 0,005. 


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388 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


b) Ohne vorhergchende Dialyse. 


Verdiinnung 

I 

II 

III 

IV 

Mittel 

Differenz 

1 

0,30 

0,30 

0,30 

0,30 

0,30 

1,02 

5 

0,70 

0,65 

0,65 

0,70 

0,68 

0,64 

10 

0,80 

(1,10) 

0,80 

0,90 

0,83 

0,49 

50 

1,15 

1,15 

1,15 

1,10 

1,14 

0,18 

100 

1,35 

(1,15) 

1,30 

1,30 

1,32 

0,00 

500 

1,30 

1,35 

1,25 

1,30 

1,30 

0,02 

1000 

1,30 

1,30 

1,20 

1,30 

1,28 

0,04 

Wasser 

| 1.30 

1,30 

1,30 

1,35 

1,32 

— 


Es ist uns bisher nicht gelungen mit Hilfe dieser quantitativen 
Methode Toxin-Antitoxinbeeinflussungen festzustellen. Ob dies bei Ver- 
wendung von Blutkatalysator gelingt, worauf die oben angeffihrten quali- 
tati ven Reaktionen hinzudeuten schienen, sollen weitere Versuche zeigen, 
die ini Gange sind. 


Nachdruck verboten. 

Bakteriologische Diagnose der Rattenpest. 

[Aus dem staatlichen Laboratorium fiir medizinische Diagnostik in Triest.] 
Von Seesanit&tsinspektor Dr. Markl. 

Die Rolle, welche die Ratten bei der Verbreitung der Pest spielen, 
ist allgemein anerkannt, und die friihzeitige Erkennung der Rattenpest 
bildet die Grundlage fiir die rationelle Bekampfung dieser Seuche im 
Seeverkehr. In Wtirdigung dieser Tatsache hat die Internationale 
Pariser Sanitatskonvention fiir Schiffe, auf welchen eine autfallende 
Rattensterblichkeit beobachtet und auf welchen die Rattenpest festgestellt 
wurde, besondere Mafinahmen vorgeschrieben. Die Feststellung der 
Rattenpest gehort aber unter Umstfinden zu den schwierigsten Aufgabeu 
der Bakteriologen, von welchen, trotz der unifangreichen Pestliteratur, 
die richtige Vorstellung noch nicht allgemein verbreitet sein diirfte. Ich 
halte es daher fiir opportun, einen kasuistischen Beitrag zu dieser Frage 
mitzuteilen. 

Wenn bei der Ankunft eines Schiffes nach den Rattenverhaitnissen 
gefragt wird, hort man in der Regel nichts Beunruhigendes. Das ist 
auch ganz begreiflich, denn wenn eine Rattenepidemie besteht, spielt sich 
diese gewfihnlich in den Laderauraen ab, welche wahrend der Ueberfahrt 
geschlossen bleiben. Die toten Ratten kommen erst bei der Loschung 
der Ladung, oder noch spater, anl&filich der Reinigung und Reparatur 
des Schiffes, zum Vorschein. Wenn die Kadaver frisch sind, daun ist 
die Untersuchung und Diagnosestellung mit keinen besonderen Schwierig- 
keiten verbunden. Der pathologisch - anatomische und mikroskopische 
Befund wird in wenigen Minuten fiber die Berechtigung eines Pestver- 
dachts orientieren, und die definitive Entscheidung kann schon nach 
24 Stunden auf Grund der aus dem Kadaver direkt gewonnenen Kul- 
turen gelingen. Allerdings darf man nicht vergessen, dali bei Ratten 
Affektionen vorkommen, welche ein pestfihnliches Bild darbieten, mit der 
Pest aber nichts zu tun haben x ). 

1) Dieudonnd, Die Pest. (Handb. d. path. Mikroorg. v. Kolle-WaBser- 
mann, Erganzungsb. II. Heft 1.) 

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Markl, Bakteriologische Diagnose der Rattenpest. 


389 


Skchivan 1 2 3 ) beobachtete bei einer Rattenepizootie, welche der Odessaer Pest- 
epidemie voranging, pestahnliche Erscheinungen, insbesondere Bubonen, die durch eine 
der Gruppe des Bac. mucosis caps, und B. coli angehorige Bakterienart verursacht 
waren. 

Nach Zlatogorof f 4 5 ) ist der Festbacillus vom B. pseudotuberculosis ro¬ 
deo tium kaum zu unterscheiden. Bei Meerschweinchen erzeugt der Pseudotuber- 
kulosebacillus, der fast ubiquitiir vorkommt (in Erde, Staub, Heu etc.), Bubonen, 
Knotchenbildung sowie Exsudationsprozesse in den Korperhohlen, und wird sogar durch 
Pestserum agglutiniert. 

Aujezky 8 ) beobachtete eine pestahnliche Rattenseuche unter den Versuchstieren 
dee bakteriologischen Institutes. Der Erreger war eine Varietat des Friedlander- 
echen Rhinosklerombacillus. Andere rattenpathogene Bakterien aus dieser Gruppe be- 
schriebcn Toyama 4 ), Schilling 6 ), Sachs 0 ) und Xylander 7 ). 

Kister-Schmidt") beschrieoen bei einer Frettchenseuche, welche an den Kai- 
anlagen in Hamburg zur Beobachtung kam, einen Erreger aus der Gruppe der hiiraor- 
rhagischen Septikamie, der fur Meerschweinchen auch bei perkutauer Impfung in- 
fektios war. 

Die Gruppe der pestahnlichen Bakterien, zu welcher auch der Ba¬ 
cillus von Danysz, Issatschenko, Klein (Bact. bristolense) 
und Neumann (ein dem B. der deutschen Schweineseuche verwandter 
Bacillus) gehort, kann also einen Anfanger leicht irreftihren; sie wird 
aber einem Fachmann, der mit der Biologie des Pestbacillus gut ver- 
traut ist, keine Schwierigkeiten darbieten, wenn es sicli um frische Ka- 
daver handelt. 

In faulen Kadavern ist die Sache aber anders. 

Die Diagnose der Pest aus faulen Kadavern ist desto schwieriger, je 
vorgeschrittener die Faulnis ist, ja, sie wird in gewissem Stadium ganz 
unmoglich, weil sowokl das pathologisch-auatomische Bild als der mikro- 
skopische Befund negativ sind und der bakteriologisch-biologische Nach- 
weis nicht mehr gelingt. 

Die pathologisch-anatomischen Veriinderungen, so charakteristisch 
sie bei der Pest auch sind, schwinden nach und nach mit fortschreitender 
Faulnis. Ich habe in dieser Richtung Versuche angestellt und gefunden, 
daB Kadaver von an Pest eingegangenen Meerschweinchen, welche bei 
der Zimmertemperatur im Sommer (26- 28°) 5—7 Tage aufbewahrt 
waren, keine Pesterscheinungen mehr erkennen lieBen. Die ausgepragte 
Hyper&mie des Unterhautzellgewebes, die Bubonen, die Milztumoren, 
alles, was in frischen Kadavern so deutlich war, verschwand mit vorge¬ 
schrittener Faulnis oder wurde bis zur Unkenntlichkeit verwischt. 

Diese Beobachtung stimmt mit den Literaturangaben vollkommen 
tiberein. Nach Kister-Schuhmacher 9 ) ergibt bei faulen Kadavern 
der makroskopische und mikroskopische Befund keine Resultate; nur 
der Tierversuch gibt Ausschlag, aber die Feststellung ist oft sehr schwer. 

Nach Zlatogoroff 10 ) zersetzen sich die subkutanen Bubonen und 
die Milz sehr rasch; die Farbung der Pestbacillen, speziell die Pol- 
fftrbung, wird undeutlich, und es treten Kugelformen und Schatten auf. 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 33. 

2) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 37. 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 36. 

4) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 33. 

5) Arb. a. d. Kais. Gesnndheitsamte. Bd. 18. 

6) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 33. 

7) Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte. Bd. 24. 

8) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 36. 

9) Zeitschr. f. Hyg. Bd. 51. 

10) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 36. 


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390 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Der kulturelle Nachweis tier Pestbacillen gelingt aus faulen Ka- 
davern nicht, weil die begleitenden F&ulnisbakterien schneller wachsen 
und den Nahrboden iiberwuchern. Nach meinen Versuchen ist von den 
Faulnisbakterien der Bac. proteus der storendste Begleiter, weil er 
einerseits den ganzen Nahrboden rasch schleierartig bedeckt, andererseits 
aber durch seine Stoffwechselprodukte den Pestbacillus an der Entwicke- 
lung hindert. 

Es bietet also bei faulen Kadavern nur der Tierversuch einige 
Aussicht auf Erfolg. Aber auch dieser ist von problematisckem Werte. 
Der Grund liegt wieder in den Begleitbakterien und in der Abschwachung 
der Virulenz der Pestbacillen. Bei subkutaner oder intraperitonealer 
Infektion mit faulem Materiale gehen die Versuchstiere gewohnlich an 
Intoxikation oder putrider Infektion zugrunde, ehe sich die Pestbacillen 
im Korper wesentlich vermehrt haben. Aus diesera Grunde hat die 
osterreichische Pestkoramission die perkutane Impfungsmethode em- 
pfohlen. Diese Impfung haftet aber nicht, wenn es sich um sehr ge- 
schiidigte Pestbacillen handelt, wie sie bei vorgeschrittener F&ulnis vor- 
komnien. Man hat noch andere Methoden empfohlen, wie die Ver- 
futterung der faulen Kadaver an Ratten; die Abschwachung der Begleit¬ 
bakterien durch Gefrierenlassen; die pernasale Impfung. Alle diese 
Methoden haben unter Umst&nden ihre Vorteile, sicher und unfehlbar 
ist aber keine. 

Versuche von Maassen und Otto 1 ) zeigten, daB die Kadaver von 
Pestratten bei Verfutterung nicht sehr lange ihre Infektiosit&t bewahren 
(6 Tage bei 22° C, 22 Tage bei 8° C). Otto priifte die Lebensdauer 
und Virulenz der Pestbacillen in Kadavern durch interne und subkutane 
Verimpfung auf Meerschweinchen, und fand, daB sie von dem Grade der 
F&ulnis abhangig war. Bei 22° C waren die Kadaver 24 Tage, bei 6° 
61 Tage infektios. Die subkutane Verimpfung ergab mitunter bessere 
Resultate als die kutane. 

Nach Goldberg-Zlatogoroff 2 3 ) sind Pestbacillen im Leichen- 
materiale bei 30—35° C bis zu 5 Tagen nachweisbar. Zlatogoroff s ) 
fand weiter, daB in faulen Meerschweinchen, welche bei einer Temperatur 
von 30—37° C aufbewahrt waren, die Pestbacillen nach 7 Tagen nicht 
mehr nachweisbar waren. Durch Gefrieren (2—3 Tage) gelang es ihm, 
in Gemischen von Pestbacillen und Faulnisbakterien die Wirkung der 
letzteren aufzuheben. Die perkutane Methode war bei faulen Kadavern, 
wo wenig oder schwaches Virus vorhanden war, unsicher; die besten 
Resultate gab die pernasale Infektion nach Bazaroff. Bei frischen 
Kadavern war die peritoneale Infektion die sicherste, da sie schon nach 
24 Stunden zum Tode fuhrte. Bei faulen Kadavern war die subkutane 
Infektion oft negativ, weil die Tiere an putrider Infektion rasch ein- 
gingen. Wenn wenig Bacillen vorhanden sind, kann die subkutane Im¬ 
pfung fehlschlagen, wo die peritoneale noch positiv ausf&llt. Die Pro¬ 
teus-Infektion beschleunigte bei pernasaler Einverleibung den Pesttod. 
Aehnliche Versuche mit MSusen und Meerschweinchen beschrieben Vo- 
kote 4 ), Klein 5 ) und Sata 6 ). 


1) Arb. n. d. Kaifl. Gesunclheitsamt. Bd. 19. 

2) Wratfich 1904 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Oripr. Bd. 36 u. 37. 

4) 5) Zitiert nach Zlatogoroff, Centralbl. f. Bakt. 1904. Abt. I. Orig. 

6) Arch. f. Hyg. 1901. 


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Markl, Bakteriologische Diagnose der Ratten pest. 


391 


Schone kasuistische Beitrage zum Nachweise der Pestbacillen in 
Kadavern lieferte Dunbar 1 ) und Kister 2 ). In einem Falle (lebende 
Ratte) war Obduktion, Kultur und Rattenimpfung negativ, aber ein kutan 
geimpftes Meerschweinchen ging an Pest ein. Sehr interessant war der 
Fall vom Dampfer „Cordoba u , wo 6 hochgradig faule Ratten gefunden 
wurden. Die geimpften Tiere wurden sukzessive getbtet und zeigten 
Pesterscheinungen, aber in den angelegten Kulturen sind nur Faulnis- 
bakterien aufgegangen. Nur aus Gelatineplatten, die bei 18° C bebriitet 
waren, gelang es nach 5 Tagen. die Pestkultur zu gewinnen. Eine 
spontan nach 52 Stunden eingegangene Ratte bot zwar das Pestbild dar, 
aber ohne Pestbacillen. Zur Feststellung der Diagnose wurden nicht. 
weniger als 35 Tiere geimpft und mehrere hundert Kulturen angelegt. 
Die Begleitbakterien waren den Pestbacillen ahnlich, fiir Meerschweinchen 
pathogen und erzeugten bei subkutaner Einverleibung ein pestahnliches 
Bild. Im Falle „Balfour“ handelte es sich um zwei sehr faule Ratten- 
kadaver. In der Lunge fanden sich Polstabchen vor. Die geimpften Tiere 
gingen ein, aber der Sektionsbefund war unverdachtig. Die isolierten 
Polstabchen gehorten teils der Proteus-, teil der Co 1 i-Typhusgruppe an. 

Der Fall von nKarthago 4 * und „ Ashmore “ zeichnete sich durch fast 
avirulente Pestbacillen aus. In den Organen und Mesenterialdrusen 
einer Ratte von dein erstgenannten Schiffe wurden massenhaft graffi- 
negative und einige grampositive Stabchen gefunden. Auf Platten gingen 
keine Pestkolonieen auf. Die Impfung einer Ratte und eines Meer- 
schweinchens war negativ, wahrend eine andere Ratte chronische Pest- 
veranderungen zeigte. 

Bei einer Ratte vom Schiffe „Ashmore" war der makroskopisch- 
mikroskopische Befund verdachtig, aber von den geimpften Tieren ist 
nur ein einziges eingegangen, welches die groBte Menge der Milzauf- 
schwemmung subkutan erhielt. AuBer den Pestbacillen waren auch Ba- 
cillen der Paratyphusgruppe zugegen, welche fur Ratten und Meer¬ 
schweinchen pathogen sind und ein pestahnliches Bild erzeugen konnen. 


Ich hatte in der letzten Zeit Gelegenheit, 3 Dampfer kurz nach- 
einander wegen auffallender Rattensterblichkeit zu untersuchen. 

Die Falle durften nicht nur fur den Bakteriologen, sondern auch 
fur den Sanitats- und Verwaltungsbeamten von Interesse sein, indem sie 
zeigen, welche Schwierigkeiten sich mitunter der prompten Diagnose 
entgegenstellen. 

I. „Tr ieste 

Der Lloyddampfer „Trieste“ war am 27. Februar 1. J. von Triest 
nach Kalkutta abgereist, kehrte von dort am 20. April 1. J. via Madras, 
Colombo, Aden, Suez, Port-Said zuriick, und traf wieder am 20. Mai 1. J. 
in Triest ein. Bei der Ankunft war alles wohl; uber die sanitaren Ver- 
haitnisse machte der Kommandant keine besonderen Aussagen. Die 
Ladung stammte hauptsachlich aus Kalkutta und bestand in Tee, Reis, 
Jute, Kanape, Mirabolano (Ntisse zum Gerben), Guni (Ballen von zu- 
sammengepreBten neuen Sacken) und altem Eisen. Ladeoperationen 
wurden auBer in Kalkutta in Madras und Colombo vorgenommen; in 
Suez und Port Said wurde bloB ausgeladen. Kalkutta ausgenommen, 
lag das Schiff in den Zwischenhafen nirgends am Kai. 

1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 36. 

2) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 41. 


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392 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. G7. Heft 5. 


Am 22. Mai hat der diensthabende Sanitatswachter beim Loschen der Fracht im 
Schiffsmagazin No. Ill eine groBe Menge toter Ratten zwischen Jute und Reis be- 
obachtet und verstandigte hiervon den Seesanitiitsarzt. Die Ratten, 50 an der Zahl, 
wurden in starke Lysollosung gesammelt und zum Seesanitatsamte gebracht, das Schiff 
aber am nachsten Tage auf die Reede geschickt, dort mit Claytongas ausgerauchert 
und sodann an der Reede mittels Lichtern weiter geloscht. 

Waren, zwischen welchen Rattenkadaver gefunden wurden, oder die mit Rattenkot 
starker beschmutzt erschienen, wurden in das Seelazarett geschickt, bzw. an Ort und 
Stelle mit Lysolspray desinfiziert. Es wurden also alie Mafluahmen getroffen, welche 
die neue Pariser Kouventiou fiir Schiffe mit auffallender Rattensterblichkeit vorgesehen 
hat, bevor man noch dazu gekommen war, dieser Erscheinung auf den Grund zu gehen. 

Am 24. Mai gegen Mittag, als ich eben im Begriffe war, eine kurze Pfingstreise 
zu unternehmen, wurde ich telephonisch verstandigt, daB im Sanitatsamte verdachtige 
•Rattenkadaver seien. Ich begab mich in Begleitung meines Assistenten Dr. Pollack 
sofort an Ort und Stelle, wo mir der diensthabende Seesanitatsarzt die inneren Organe 
von mehreren Rattenkadavern zeigte, die in eiuer groficn Glasdose aufbewahrt waren. 
Die Kadaver selbst waren schon beseitigt. 

Die Organe waren im Stadium hochgradiger Fiiulnis, und zeigten keine fur die 
Pest charakteristischen Erscheinungen. Es waren weder Hyperamie, noch Blutungen, 
noch VergroOerung der Milzen, noch die bei chronischer und subchronischer Pest so 
oft vorkommenden miliaren Nekrosen wahrzunehmen. Im Gegensatz zu der dunkel- 
roten Farbe, welche Organe der an Pest verendeten Tiere zeigen, erschienen die mir 
vorgezeigten Organe schmutziggrau verfarbt. Bei mikroskopischer Betrachtune: der 
Ausstrichpraparate habe ich Bacillen mit endstehenden Sporen, lose Sporen, Kurze 
Stabchen, auBctdem aber auch ovoide Gebilde wahrgenommen, welche mit Involutions- 
formen der Pestbacillen eine frappante Aehnlichkeit hatten. 

Auf Grund dieses Befundes bezeichnete ich die Ratten als im hochsten Grade 
pestverdiichtig, und teilte diesen Befund telephonisch meiner vorgesetzten Behorde mit. 

Im Sanitatsamte befanden sich, in einer starken Lysollosung aufbewahrt, noch 
viele bisher nicht sezierte Rattenkadaver. Die eingehende Untersuchung derselben war 
aber mit Schwierigkeiten verbunden, weil das fiir diese Zwecke bestimmle bakterio- 
logische Laboratorium im Seelazarette S. Bartolomeo wegen Neubauten ausgeraumt und 
unverwendbar war. Ich muBte daher die Untersuchungen in meinem in der Stadt be- 
findlichen Laboratorium vornehmen. Dabei war selbstverstiindlich an Untersuchungen 
im grofien Stile gar nicht zu denken, weil ich die Verantwortung fiir deren Ungefuhr- 
lichkeit nicht iibernehmen konnte. Ich muflte daher darauf verzichten, das ganze 
Material (50 Ratten) zu verarbeiten, und lieB bloB 10 Rattenkadaver, die am wenigsten 
verfault erschienen, heraussuchen. 

Von diesen 10 Rattenkadavern erwiesen sich 6 bei der Obduktion wegen hoch¬ 
gradiger Fiiulnis (die Organe waren in eine breiige Masse umgewandelt) zu weiteren 
Untersuchungen ganzlich unbrauchbar. Vier Rattenkadaver waren zwar in vorge- 
schrittener stinkender Faulnis begriffen, wurden jedoch trotzdem zur Anlegung von 
Kulturcn und zu Tierversuchen verweudet. 

Pathologisch-anatomisch waren keinerlei Veranderangen zu konstatieren, aus 
welchen man auf Pest als Todesursache hiitte schlieBen konnen; ich betone insbesondere, 
daB keine Hyperamie der HautgefaBe und inneren Organe, keine Bubonen, keine Ver- 
groBerung der Milz sichtbar waren. Die Organe erschienen schmutziggrau und waren 
infolge der langen Einwirkung der starken Lysollosung wie gehartet. 

Bei 2 Ratten war das subkutane Bindegewebe insbesondere in der Leistengegend 
sulzarlig imbibiert. Diese 2 Kadaver wurden besonders eingehend weiter bearbeitet, 

Mikroskopisch waren sowohl im Blute als in den Organen und dem sulzigen 
Oedem plutnpe Stabchen, teilweise mil endstehenden Sporen, lose Sporen, kurze, auch 
bipolar gefarbte Bacillen und eudlich ziemlich sparlich Formen vorhanden, welche mit 
Pestbacillen groBe Aehnlichkeit zeigten. 

Von dem Leichenmaterial wurden nun zahlreiche Plattenkulturen angelegt und 
6 Meerschweinchen geimpft. 4 Meerschweinchen wurden, wie es bei faulem Material 
zuerst von der osterreichischen Pestkommission vorgeschlagen wurde, perkutan geimpft, 
indem ihnen das Impfmaterial auf die unverletzte rasierte Bauchhaut reichlich ausge- 
strichen wurde. Ich mochte gleich an dieser Stelle hervorheben und betonen, daB die 
nach dieser klassischen Methode vorschriftsmaBig geimpften 4 Meerschweinchen in den 
nachsten 4 Tagen nach der Impfuug keinerlei Krankheitssymptome, insbesondere keine 
palpablen und schmerzhaften Leistendrusen zeigten und bis heute am Leben ge- 
olieben sind. 

AuBer diesen 4 Tieren, welche mit dem Material von Ratte No. 1, 2, 4 und 5 ge¬ 
impft wurden, habo ich mit Herzblut von der Ratte No. 4 je ein Meerschweinchen 
subkutan und intraperitoneal geimpft. 


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Markl, Bakteriologische Diagnose der Ratten pest. 


393 


In diese letztere Impfung babe ich wohl keine groBc Hoffnung gelegt, da ich 
angesichts der vorgeschrittenen Faulnis erwartete, daB die Tiere am nachsten Tage an 
Intoxikation oder putrider Infektion eingehen werden, wie ich es oftcrs in ahnlichen 
Fallen zu beobachten Gelegenheit hatte. Wenn ich es aber dennoch tat, geschah es 
mit der Absicht, um im Falle, daB die Wirkungen der Faulniserreger gegen Erwartung 
ausbleiben sollten, die etwa vorhandenen Pestbacillen rasch in Erscheinung treten zu 
lassen. Zahlreiche Versuche, die ich seinerzeit anlafilich der Forschung iiber die Pest- 
toxine ausfiihrte, ergaben in roller Uebereinstimmung mit den Arbeiten anderer Pest- 
forscher, daB die mit Pestbacillen intraperitoneal getmpften Tiere am raschesten der 
Infektion unterliegen. Selbst bei Anwendung der kleinsten Mengen virulenter Kultur, 
welche Millionstel eines Milligramme betragen, sterben Meerschweinchen bei intra- 
peritonealer Einverleibung echon am 2. oder 3. Tage nach der Impfung. 

Ich wiederhole, daB ich in dem positiven Ausfall der angestellten Versuche wegen 
der vorgeschrittenen Faulnis und der hohen Temperatur wemg Hoffnung hatte. Alle 
Autoren eind einig dariiber, daB die Virulenz der Pestbacillen in faulen Kadavern bei 
hohcr Temperatur rasch abnimmt, so daB dieselben nach wenigen Tagen durch den 
Tierversuch nicht mehr nachweisbar sind. Mcine eigenen Versuche ergaben, daB Kadaver 
von an Pest eingegangenen Meerschvveinchen, die bei Sommertemperatur der Faulnis 
iiberlassen waren, schon nach 7 Tagen fiir Versuchstiere nicht mehr infektios waren. 
Nun aber war der Dampfer „Triestc“ seit 1 Monat bei hoher Temperatur unterwegs 
von Indien und die vorgeschrittene Faulnis der Rattenkadaver lieB darauf schlieBen, 
daB sie gewiB alter waren als 7 Tage. Die Sc.hwierigkeit und oft Unmoglichkeit des 
Nachweises der Pestinfektion in faulen Ratten kadavern ist allgemein bckannt und ihre 

S raktischen Konsequenzen werden von alien Staaten entsprechend gewiirdigt. Ich habe 
iese Talsache am Abend desselben Tages, an dem die Untersuchungen aufgenommen 
wurden, meiner vorgesetzten Behorde in Erinnerung gebracht und betont, daB im vor- 
liegenden Falle wenig Aussicht vorhanden ist, zu einem positiven Ergebnisse zu kommcn, 
daB aber ein negativer Ausfall die Rattenpest absolut nicht ausschheBt und daher die 
zu treffenden Mafinahmen dieselben sein miissen, als wenn Rattenpest experimented 
nachgewiesen ware. Diese MaBnahinen wurden auch unverziiglich getroffen. 

Das Schiff ist 3mnl hintercinander mit Claytongas ausgerauchert worden. Nach 
den Raucherungen hat man im Schiffsmagazin No. Ill noch 100 tote Ratten gefunden, 
welche in vorgeschrittener Verwesung begriffen und daher sicher schon vor den 
Raucherungen eingegangen waren. In den ubrigen Schiffsmagazinen wurden nach der 
Deratisation 59 Rattenkadaver gefunden; auBcrdem sind 55 Ratten an Bord mit 
mechanischen Mitteln getotct worden. Das Schiff beherbergte also iiber 250 Ratten, 
welche es im Laufe der letzten Reise erworben haben rauB, da es vor der Abreise nach 
Kalkutta ca. 0 Monate im Arsenate lag uud die letzte Deratisation am 28. Mai v. J.. 
also genau vor Jahresfrist, erfolgte. 

Obwohl im vorliegenden Falle die zu ergreifenden MaBnahmen schon auf Grund 
der mikroskopischen Untersuchung als PestmaBnahmen bezeichnet und getroffen worden 
waren und der Ausgang der bakteriologischen Untersuchung fiir die weitere Behandlung 
des Schiffes ganz belanglos war und hochstens einen akademischen Wert haben konnte, 
habe ich dennoch meine Abreise aufgcschoben, um das Ergebnis der Untersuchung zu 
kontrollieren. 

Am nachsten Tage waren nlle geimpften Tiere am Leben. Auch das peritoneal 
geimpfte Meerschweinchen lebte und zeigte unverminderte FreBlust. Die perkutan ge¬ 
impften Meerschweinchen wurden sorgfiiltig in den Leisten pnlpiert, ohne daB es ge- 
lungen war, eine vergroBerte oder empfindliche Driise zu entdecken. Am 3., 4. und 
5. Tage war dasselbe Resultat zu verzeichnen. 

Auf den angelegten Plattenkulturen sind keine Pestkolonieeu aufgegangen. Ich 
musterte alle Kolonieen sorgfiiltig unter dem Mikroskop durch, jedoch ohne nur eine 
einzige pestiihnliche aufzufinden. Die in den Rattenkadavern mikroskopisch beobachtete 
Bakterienflora wurde reingeziichtet. Ich erwiihne davon zwei vorwiegend vertretene 
Arten: Die eine war B. proteus, die andere ein streng anaerober, sporenbildender, 
dem Bacillus des malignen Oedems iihnlicher Bacillus, welcher fiir kleine Laboratoriums- 
ticre nach den bisherigen Versuchen nicht infektios zu sein sohcint, aber in fliissigen 
Nahrmedien hcftig und todlich wirkende Toxine erzeugt. Ich will ihn, da er auch 
sonst bei stinkender Faulnis vorkommt, als H au t-goilt-Bacillus bezeichnen. 

Am 5. Tage nach der Impfung habe ich alle 6 Meerschweinchen untersucht, ohne 
etwas Auffallendes zu finden. Das subkutan geimpfte Tier hatte an der Injektionsstelle 
einen kleinen AbszeB, was mich nicht iiberraschte, da dasselbe mit putridem Material 
geimpft worden war. Ich inzidierte den AbszeB und fand, daB er keine Pestbacillen, 
sondern nur Proteus enthielt. Ich war daher der Ansicht, daB die Versuche als 
negativ anzusehen sind und trat mit Ermiichtigung meiner vorgesetzten Behorde am 
nachsten Tage meine Reise an. 


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394 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Nach Triest eine Woebe spiiter zuriickgekchrt, war ich nicht wenig iiberrascht, 
als mir mein Assistant den Tod des peritoneal und Bubkutan geimpften Meerschweinchens 
meldete und die iui Kaiserlitig aufbewabrten Kadaver zeigte. Auf den ersten Blick sah 
ich das Bild einer der subchronischen Pest iihnlichen Affektiou mit miliaren Nekrosen 
in der Milz und Leber. Auch die mikroskopischen Praparate aus den Organausstrichen 
lieBen fiber die Natur der vorhandenen Bacillenformen kaum Zweifel aufkommen. 
Aber die daraus gewonnencn Kulturcn waren keine Pest. 

Es lag ein eonderbarer Fall vor: Pathologisch-anatomisch ein pestahulicher Befund, 
kulturell keine Pestbacillen, sondern B. proteus. 

Zur Kliirung der Sache waren weitere Versuche notwendig, weil es pestahnliche 
Affektionen gibt, deren Erreger nicht der Pestbacillus, sondern andcre Mikroben sind. 
Zu solchen Mikroben gehort, wie meine Versuche zeigten, gewissermaflen auch der 
Proteus. 

Mit Proteus intraperitoneal geimpfte Meerschweinchen unterliegen, wenn die Dosia 
hoch genug gewiihlt worden war, binnen 24 Stunden der Infektion. Bei der Obduktion 
findet man hochgradige Hyperiimie des Unterhautzellgewebes, Injektion der zu den 
Leisten- und Axillardriisen fiihrendcn GefaBe, VergrOBerung der Driisen, serofibrinose 
Peritonitis und Hiimorrhagieen an der Pleura. Das Peritoncalexsudat, das Herzblut, 
die Milz und die Driisen enthalten bipolar sich farbende Stabchen, welche aber kleiner 
sind als Pestbacillen und zum Unterschiede von diesen mit alkoholischem Methylenblau 
nicht gefarbt werden. Die Kultur ergibt das charakteristische Proteus-Wachstum, 
welches sich schon durch den penetranten Geruch verrat. 

Ich will an dieser Stelle nicht iiber alle Versuche berichten, welche die Kliirung 
des Falles zum Zwecke hatten oder sich unmittelbar daran kuiipften, und mochte nur 
das Wesenthchstc anfuhren. 

In einer von den eingegangenen Meerschweinchen anjzelegten, von Proteus ganz 
iiberwucherten und verfliissigten Gelatinekultur entdeckte ich mikroskopisch unter den 
kleinen, bipolar gefiirbten Proteus-Bacillen einige pestahnliche Formen. Diese Kultur 
habe ich am 7. Juni auf die rasierte und leicht skarifizierte Bauchhaut eines Meer¬ 
schweinchens eingerieben. Das Tier verendete nach 6 Tagen mit den Erscheinungen 
der Bubonenpest. 

Dio angelegten Kulturen ergaben: 

Vom Bubo (5 Flatten bei Zimmertemperatur) waren nach 48 Stunden 2 Platten 
steril, 3 Platten enthielten schone charakteristische Pestkolonieen mit brcitem, homo- 
genem Saum. 

Vom Bubo (5 Platten bei Bruttemperatur) waren 2 Platten mit Proteus ver- 
unreinigt, 3 Platten mit Pestkolonieen. 

Von der Milz (7 Platten bei Bruttemperatur). Nach 24 Stunden 2 Platten steril, 
2 Flatten mit spiirlichen Pestkolonieen, 3 Platten nur mit Proteus. 

Vom Peritoneum (4 Platten) steril. 

Vom Hint (6 Flatten) vereinzelte Pestkolonieen, auf den bei Zimmertemperatur 
gchaltenen Platten zahlreicher. 

Hiermit war die Diagnose Rattenpest gesichert. 

Es la" also ein analoger Fall vor, wie ihu Kister seinerzcit be- 
schrieb. Kister hatte damals nicht weniger als 35 Tiere geinipft und 
niehrere Hundert Kulturen angelegt, um die bakteriologische Diagnose 
zu stellen, also eine Tatigkeit entfaltet, die ich ihm mit Riicksicht auf 
die auBerste V'orsicht, welche mir die Lage und Einrichtung meines 
Laboratoriums auferlegte, nicht nachmachen konnte. 

Die Untersuchungen iiber die Rattenpest vom Dampfer „Trieste a 
sind in 3-facher Hinsicht lehrreich: 

1) Die perkutane Impfungsmethode ergab ein negatives Resultat, 
wahrend die subkutane und peritoneale Impfung noch zum Ziele fiihrte. 

2) Das intraperitoneal geimpfte Tier ist verspatet an subchronischer 
Pest eingegangen. 

3) Der Reinziichtung der Pestbacillen aus den Tierkadavern stand 
die Mischinfektion mit Proteus hinderlich im Wege. 

Die beiden erstgenannten Tatsachen deuten darauf bin, daB die 
Virulenz der Pestbacillen im vorliegenden Falle ungewohnlich geschwacht 
war. DaB diese Erklarung zutrifft, konnte ich experimentell bestatigen. 
Meerschweinchen, welche mit 6 /tooo UU( 1 Vtoooo Oese des isolierten Pest- 
stammes intrai»eritoneal geimpft wurden, starben erst nach 6 Tagen an 


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Mark), Bakteriologische Diagnose tier Ratteupest. 


395 


subchronischer Pest. Auf den subchronischen Verlauf war auBerdem die 
Symbiose mit Proteus nicht ohne EinfluB. Wiihrend n&mlich groBe 
Proteus-Mengen (Vio Oese Agarkultur), welche mit Pestbacillen gleich- 
zeitig peritoneal einverleibt wurden, den Tod des Versuchstieres be- 
schleunigten (Exitus in 24 Stunden), wirkten kleine Dosen (Vioo Oese) 
ganz in entgegengesetztem Sinne, indem sie den Krankheitsverlauf bis 
auf 10 Tage verlangerten. Dieser Kombination ist offenbar zuzuschreiben, 
daB das peritoneal geimpfte Meersclnveinchen so spat eingegangen war. 
Daraus ergibt sich ftir die Praxis die Lehre, daB von den Begleit- 
bakterien in faulen Rattenkadavern B. proteus besonders zu berflck- 
sichtigen ist. 

II. „ Africana u . 

Der von der Austro-Americana gepachtete Dampfer ist am 1. Juli 
1. J. von Buenos Ayres fiber Santos, Rio de Janeiro und Las Palmas in 
Triest angekommen. Die Ladung bestand haupts&chlich aus Kaffee, 
Hauten und Kleie. Am 4. Juli wurden bei der Loschung der Kleie- 
ladung des II. Magazins ca. 20 tote Ratten gefunden, die in vor- 
geschrittener Verwesung waren. 

Der pathologisch-anatomische und mikroskopische Refund lieB keine pestverdiich- 
tigen fcymptome erkennen. Drei mit dem Rattenmateriale im Seeeanitiitsamtc perkutan 
geimpfte Meersehweinchen blicben dauernd gesund. Trotzdem wurde am nachstcn Tage 
nach dem Rattenfunde eine Ausraucherung des fcjchiffes mit Claytongas ausgefiihrt, 
nach welcher 200 tote Ratten gefunden wurden. Die meisten davon befanden sich in 
dem erwahnten Magazin, welches den groBten Teil der Kleieladung enthielt, zuerst 
geladen wurde und wahrend der Ladeoperationen am liingsten offen und der Ratten- 
mvasion zuganglich war. 

Am 6. Juli habe ieh mit der aus mehreren Rattenkadavern bereiteten und ge- 
mischten Aufschwemmung der inneren Organe je 2 Meersehweinchen subkulan und 

E iritoneal und 1 Meersehweinchen perkutan auf die rasierte und leicht skarifizierte 
auchbaut geimpft. 

Die Aufschwemmung wirkte stark toxisch; die peritoneal geimpften Tiere zeigten 
gleieh nach der Injektion heftige Krampfe und gingen am niichsten Tage ein. Die 
Obduktion ergab Injektion der HautgetaBe, VergroBerung der Leistendriisen, sero- 
fibrinose Peritonitis. Mikroskopisch wurden im Exaudate vide Leukocyten, aber keine 
Bakterien festgestellt. Blut, Milz, Driisen waren bakterienfrei. Die angelegten Platten- 
kulturen blieben steril. Es handelte sich offenbar um Intoxikation mit den Faulnis- 
produkten. Zur Bestatigung dieser Annahme wurden mit dem Peritonealexsudate der 
eingegangenen Tiere weitere Meersehweinchen peritoneal geimpft und nuch diese ver- 
endeten im Laufe von 24—48 Stunden mit negativem Bakterienbefunde. Pathologisch- 
anatomisch war nur eine Injektion der HautgefiiBe, Ekchymosen an der Pleura und 
mikroskopisch starke Leukocytose im Peritoneum sichtbar. 

Von den subkutan geimpften Tieren erlag das eine am nachsten, das andere am 
3. Tage nach der Impfung. Das erstere zeigte ein sulziges Oedem an der Injektions- 
stelle, welches mikroskopisch lange Bacillen enthielt. Ku Huron vom Blute blieben steril. 
Das andere Meersehweinchen zeigte eine Injektion der HautgefiiBe, insbesondere in der 
Leisten- und Axillargegend, Abszesse an der Injektionsstelle. Der AbszeB enthielt dicke 
Stabchen, Diplokokken und bipolar gefiirbte Bacillen. Kulturell keine Pest. Milz, 
Driisen, Peritoneum und Blut waren frei von Bakterien. Es ist also auch in diesem 
Falle eine Intoxikation anzunehmen. 

Das perkutan geimpfte Meersehweinchen (No. 21) sah 2 Tage nach der Injektion 
echwer krank, fast moribund aus. Die Driisen in der Leistengcgeml waren deutlich 
vergroBert und gut palpabel. Das Tier erholte sich aber nach emigen Stunden wieder 
und ging erst am 5. Tage ein. Die Obduktion ergab: 

Injektion der HautgefiiBe, eitrig-fibrinose, pseudomembranose Peritonitis, Pleuritis, 
Pericarditis und Perisplenitis. VergroBerung der Axillar- und Leistendriisen. 

Im Eiter waren ziemlich dicke, langere und kiirzere Bacillenformen mit Vakuolen. 
Die kiirzcren zeigten auch Polarfiirbung und waren etwns den Pestbacillen iihnlich. 
AuBerdem fanden sich Gebilde vor, welche eine fast quadratische Form zeigten, ferner 

■c-»— _i— 1 i_. -j__ - erinnerten, wie 

dieser Formen gelang aus 


Exemplare mit abgehackten oder zernagten Enden, welche an 
sie Zlatogoroff 1 ) bei Pest beschrieben hat. Die Kultur d 

1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 36. 37. 

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396 


Oentralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 5. 


Eiter und Blut auf Agarplatten ohne Schwierigkeiten sowohl acirob als anaerob. Es 
war ein rasch wach sen ties, aus Traubenzucker Gas bildendes, bewegliches, gramnegatives. 
Gelatine nicht verfliissigendes Stabchen, welches in Kulluren vom Pestbacillus gut zu 
unterscheiden war. 

Mit dem Peritonealexsudate von Meerschweinehen No. 21 wurden zwei andere 
Meerschweinehen geirapft, und zwar das eine (No. 28) subkutan, das andere (No. 29) 
peritoneal. Beide Tiere erkrankten unter den Erscheiuungen verminderter FreBlust, 
starker Abmagerung und Hinfalligkeit und verendeten nach 4 Tagen. Ich lasse die 
Obduktionsprotokolle folgen: 

Meerschweinehen No. 28: Fibrinauflagerungen im Unterhautzellgewebe an der 
Injektionsstelle, kleine Driisen in den Leisten, eine groBere in der linken Achselhohle. 
Das Peritoneum verdickt, mit sulzig-fibrinosen Pseudomembranen belegt, in der Bauch- 
hohle geringe Menge viskoser, triiber Fliissigkeit. Auflagerungen auf alien Organen der 
Bauch- und Brusthohle, Nebennieren vergrofiert. 

Meerschweinehen No. 29: Injektion der HautgefiiBe an der Einstichstellc und 
in der Driisengegend. Kleine hiimorrhagische Leisten- und Axillarbubonen. Fibrinose 
Peritonitis nut spiirlichem, fadenziehendem Exsudat, Auflagerungen auf der Leber, Milz, 
zwischen den Eingeweiden. Gedarme verklebt. Milz etwas vcrgroBert, von schwarz- 
brauner Farbe, Nebennieren geschwollen, braungelb. Fibrinose Pleuritis und Pericarditis 
mit Auflagerungen auf Pericard und Lunge, punktformige Hamorrhagieen auf der 
Pleura. 

Mikroskopisch wareu in den beiden Fallen im Eiter, Exsudat, Pseudomembranen, 
Bubonen, Milz und Blut die beschriebenen Stabchen und abgehackten Formen nach- 
w'eisbar die auch in Kulturen als runde, saftige, graugelbe, feinkornige Kolonieen auf- 
gegangen sind. 

Tierversuche mit Reinkulturen an Meerschweinehen ergaben bei intraperitonealer 
Einverleibung dasselbe Bild. Bei subkutaner Injektion erzeugten sie aber nur eine 
voriibergehende Erkrankung, welche zu AbszeB- und Geschwiirsbildung fiihrtc und mit 
Heilung endigte. Offenbar hat die Virulenz des Mikroben, den ich wegen seiner 
morphologischen Formen als Bacillus abscissus bezeichnen mochte, in Kulturen 
rasch abgenommen. 

Es handelte sich also ira vorliegenden Falle um einen dem Fried- 
landerschen Bacillus verwandten Mikroben, welcher unter den Ratten 
der „Africana“ eine auffallende Sterblichkeit verursachte. 

III. „Amphitrite u . 

Am 26. Juli 1. J. bin ich von meinem Urlaube, den ich tags zuvor 
angetreten hatte, telegraphisch nach Triest zuriickberufen worden, weil 
sich auf dem Lloyddampfer „Amphitrite u zwei Pestfalle ereignet hatten. 
In der Nacht am selben Tage zuriickgekehrt, informierte ich mich sofort 
iiber den Tatbestand. 

Die „Amphitrite u ist am 4. Juli von einer Syrienreise in Triest 
eingetroffen und war seit dem 9. Juli im Arsenal zur Reparatur. 

Am 25. Juli meldete sich der 54 Jahre alte Matrose Gaspich krank und wurde 
von dem diensthabenden Lloydarzte, welcher einen groBen Leistenbubo konstatierte, als 
pestverdachtig bezeichnet. Ein anderer Matrose, Pribila, der ebenfalls zur Mannschaft 
der „Amphitritc“ gehorte und wegen schmerzlosen indurierten Leistendrusen bisher in 
ambulanter Behandlungstand, wurdegleichfalls gemeldetund mit Gaspich im stiidtischen 
Infektionsspitale isoliert. Nach Feststellung dieser Falle wurde das Schiff in das See- 
lazareit dirigiert und an Bord Nachschau gepflogen. Bei dieser wurden 3 tote und 
eine lebende Rutte gefunden, welche infolge VergroBerung der Drusen und Milz, pneu- 
monischen Herden (bei der lebend gefangenen Ratte) und Anwesenheit von bipolar 
gefarbten Stabchen in den Organen sehr pestverdachtig waren. Mit dem Leichen- 
materiale von diesen ganz frischen Ratten wurden noch vor meiner Ankunft im See- 
saniliitsamte 2 Meerschweinehen perkutan geimpft. 

Der im Infektionsspitale isolierte Matrose Gaspich hatte am 27. Juli, wie ich mich 
personlich iiberzeugte. subfebrile Temperatur, leichte Benommenheit, guten Puls, 
schmntzig belegte Zunge. In der linken Leistengegcnd war ein diffuser, brettharter, 
schmerzhafter und entzundlicher Tumor. Das mikroskopische Priiparat vom aspirierten 
Tumorsaft zeigte Eiterzellen mit zahlreichen ovoiden, bipolar sich fiirbenden Stabchen. 
Klinisch und mikroskopisch war die Diagnose Pest auBer Zweifel. Die bakteriologische 
Diagnose wurde aber noch nicht gestellt. Das Infektionsspital hat keinen Bakterio- 
logen; die erforderlichen Untersuchungeu miissen die vielbeschaftigten Spitalsarzte selbst 


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Markl, Bakteriologische Diagnose der Ratten pest. 


397 


vornehmen. Sie haben mit Drueensaft cine Ratte subkutan geimpft, die nach 36 
Stunden an Mischinfektion eingegangen war und im Blute pestartige Bacillen erkennen 
liefl. Ein mit deni Rattenblutc geimpfter Schiefagar sowic ein Lof flcr-Serum, auf 
dem der Bubonensaft von Gaspich ausgestrichen wurde, waren noch steril. 

Der andere Matrose Pribila hatte indurierte Leistendriisen, sonst aber keine 
Krankheitserscheinungen, und ist auch dauernd ohne aolche geblieben. Die beiden 
Meerschweinchen, weiche im Sanilatsamte mit dem Rat ten material geimpft wurden, 
hatten palpable und etwas empfindlicbe Leistendriisen; im peripheren Blute waren aber 
weder mikroskopisch noch kulturell Pestbacillen nachweisbar. 

Am nachsten Tage war auf dem Lbffler-Serum ein iippiger Rasen gewachsen, 
der fiir die Pest nichts Charakteristisches bot, und mikroskopisch vorzugsweise aus 
Tetradenkokkcn bestand, unter welchen vereinzelt auch pestartige Stabchen vorkamen. 
Da das Ministcrium angcblich die Mitteilung der bakteriologischen Diagnose urgierte, 
wollte man mit dem verfiigbaren Material rasch zum Ziele kommen, und versuchte die 
Agglutination der Mischkultur mit dem Patientenserum. Ich benutzte diese Gelegenheit 
und erbat mir ein wenig Patientenserum, um dessen agglutinierende Wirkung gegeniiber 
echten Pestbacillen zu priifen. Gleichzeitig legte ich von der Mischkultur auf Loffler- 
Serum zahlreiche Ausstriche auf Agarplatten an. Auf diesen Plattcn sind am nachsten 
Tage zuerst opake, aus Tetradenkokkcn bestehende Kolonieen aufgegangcn; erst gegen 
Abend wurden unter dem Mikroskope die ersten eharakteristischen Pestkolonieen ge- 
sichtet, womit die bakteriologische Diagnose der Pest bei Gaspich gestellt worden war. 

Bezuglich des Vcrdachtes einer Rattenpest an Bord der „Amphitrite“ wurde in- 
zwischen erhoben, dull am 11. Juli bei Entfernung des den Kielraum deckenden Bretter- 
bodens im Magazin No. Ill 30—40 teils skelettierte, teils frischere Rattenkadaver ge- 
funden wurden. Der Geruch, teilweise auch von vergossenem Weine herriihrend, war 
so intensiv, dad cs erst nach reichlichcm Gebrauch von Karbolsaure moglich war, die 
Arbeit zu vollenden. An Bord hat man die Rattensterbe auf die Giirung des Weines 
zuriickgefiihrt und die Rattenkadaver mit dem Kehricht mittcls Kbrben auf ein an- 
liegendes Lichterboot geworfen und dieses dann mit einem Tender fortgeschleppt, ohne 
die Behorde zu verstiindigen, 

Inzwischen war die Raucherung der „Amphitrite“ vollendet und bei der ein- 
gehenden Nachschau wurden zwei Rattenkadaver gefunden. Ich lied mir diese sofort 
ins Laboratorium bringen, zumal bei den im Sanitatsamte geimpften Tiereu wenig 
Aussicht auf positiven Erfolg war, da die anfangs geschwollenen Leistendriisen eicn 
wieder verkleinert haben und die taglich vom peripheren Blute angelcgten Platten steril 
blieben. Die Tiere haben sieh tatsiichlich vollkommeu erholt und sind am Leben ge¬ 
blieben. 

Von den mir zugeschickten Ratten war die eine nur ein von durchloeherter Haut 
zusammengehaltenes Hkelett, also zu bakteriologischen Untersuchungen vollig un- 
brauchar. Die andere, auch schon in Verwesung begriffen, zeigte pathologisch-anatomisch 
nur einen kleiuen Milztumor und einige Petechien an der Lunge. Die Driisen waren 
klein. Im Blute, in der Milz, Lunge und in Driisen waren zahlreich Haut-goAt-Bacillen, 
auderdem aber spiirlich pestiihnliche Btiibchen vorhanden. 

Von diesem Materiale wurden zahlreiche Platten angelegt und 3 Meerschweinchen 
subkutan, intraperitoneal und perkutan geimpft. 

Die angelegten Platten zeigteu schon am nachsten Tage ein zartes Wachstum von 
tautropfenahnlichen Kolonieen, die am Abende desselben Tages zu eharakteristischen 
Pestkolonieen entwickelt waren. Hiermit war die Rattenpest auf „Amphitrite“ bakte- 
riologisch festgestellt und der Konnex der Erkrankung Gaspichs mit dieser Epizootic 
nachgewiesen. Die Diagnose wurde auch durch die Tierversuche bestatigt. Das sub¬ 
kutan und peritoneal geimpfte Meerschweinchen verendete nach 48 Stunden, das per¬ 
kutan geimpfto nach 4 Tagen mit Erscheinungen typischer Pest und aus den Organen 
sind Reinkulturen von Pestbacillen gewonnen worden. 

Es eriibrigt noch zu erwahnen, daB der Matrose Gaspicli aus dem 
Spitale vollkoinmen geheilt am 21. September entlassen wurde. Es 
handelte sich otfenbar um die Infektion mit einem sehr abgeschwachten 
Virus. Der Matrose Dabrila, der schon am 4. September aus der 
Spitalspflege schied und, abgesehen von Drtisenschwellungen, keine 
Krankheitserscheinungen auBerte, diirfte eine ganz leichte, auf die 
Lymphdriisen lokalisierte Pestinfektion durchgemacfit haben. da sein 
Serum die Pestbacillen in Verdtinnung von 1 :2 und 1 :5 deutlich agglu- 
tinierte. 


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398 


Centrnlbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Nachdruck verboten. 

Zusammenlegbarer Bakterienbrutschrank ! ), besonders ftir 
den Gebrauch im Felde geeignet. 

(D. R.G.M. 433475.) 

Von Stabsarzt Dr. Otto Mayer, 

Leiter der K. bakteriologischen Untersuchungsstation Landau. 

Mit 2 Figuren. 

Der Apparat besteht aus: Zwei ineinandergeschachtelten Blechkasten, 
einer Asbestauskleidung, einer Thermometerhiilse, einem Thermometer, 
einer Petroleumlampe. 

Der freie Raum zwi- 
schen den Hasten wird mit 
trockenem, auf ca. 37 0 C er- 
warmten Sand ausgefiillt. 
Der gebrauchsfertige Apparat 
kommt auf ein seitlich und 
ruckwarts geschlossenes Sta- 
tiv aus Backsteinen zu stehen 
und wird durch eine unter- 
gestellte Petroleumlampe von 
besonderer Konstruktion auf 
einer Innentemperatur von 
35—37° C erhalten (Fig. 1). 

Zur Aufstellung des Ap- 
parates werden zuerst die 
einzelnen Teile des groBeren 
Hastens auseinandergefaltet 
(siehe Fig. 2), dann wird der 
kleinere Hasten zusammen- 
gelegt, in die an der Vorder- 
wand des groBeren vorhan- 
dene Schiene geschoben und 
durch Herablegen der Klappe 
in dieser befestigt. Danach 
werden die Seitenwande des 
groBeren Apparates ebenfalls 
zusammengelegt und nur die 
der Tiire gegeniibergelegene Wand ofifen gelassen. Nach Einfflgung der 
Asbestauskleidung und der Thermometerhiilse wird der Apparat von der 
offenen Riickseite aus mit dem auf 37° C erw&rmten trockenen Sand 
gefullt. SchlieBlich wird die Ruckwand geschlossen, der Apparat auf das 
Stativ gesetzt, der Thermometer eingefiigt und die Petroleumlampe unter- 
geschoben. 

Die Aufstellung des Apparates erfordert nur wenige Minuten. Wenn 
trockener Sand vorhanden ist, kann die Einstellung des Apparates, je 
nach der GleichmaBigkeit der Temperatur des Sandes, in einer halben 



1) Der Apparat ist erhiiltlich bei H. A. Schauwecker, technisches Biiro, Niirnberg, 
Obcre Pirkheimerstr. 53. 


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Mayer, Zusammenlegbarer Bakterienbrutschrank etc. 


399 


bis einer Stunde beendet sein. Steht nur feuchter Sand zur Ver- 
fiigung, so muB derselbe erst ausgegliiht und dann auf 37 0 C ab- 
gekiihlt werden. 

Ein geeignetes kleines heizbares Zimmer, Sand, Backsteine und 
Petroleum findet man auf dem Lande in jedem Hause. 

Der Apparat ist wegen des geringen Raumes, den er in zusammen- 
gelegtem Zustande einnimmt (in einem Mahagonikasten von den Aus- 
maBen 46X31X12 cm, bei einem Gewicht von 8540 g) und wegen der 
Unabhangigkeit von komplizierten Einrichtungen vorwiegend geeignet 
fflr ein fliegendes Kriegslaboratorium wie auch fur Expeditionen zu 
Epidemiezeiten, namentlich wenn es sich uni Untersuchungsmaterial 
handelt, welches keinen Transport vertragt und daher am Entnahmeort 
verarbeitet werden muB, wie z. B. genickstarreverdachtiges Material. 



Fig. 2. 


Im oberen Drittel des Apparates ist die Temperatur urn 1 0 C 
niedriger wie im unteren Teile. 

Der verfiigbare Innenraum bietet Platz fur insgesamt 20 Petri- 
Schalen und 25 Reagenzglaser. 

Wenn die AuBentemperatur im Zimmer Tag und Nacht ziemlich 
gleichmaBig ca. 20° betr&gt, wird ein Regulieren der Petroleumlampe 
nur selten notwendig. 

Im Winter braucht die Beheizung des Zimmers wiihrend der Nacht 
nicht fortgesetzt zu werden, jedoch sinkt sodann die Innentemperatur 
im Apparat bis zum Morgen urn ca. 3° C. 

Man darf die Kulturschalen und Gl&ser nicht unmittelbar auf den 
Boden des Apparates bringen, sondern muB sie auf ein Glas- oder Blech- 
bankchen steilen, da direkt am Boden des Apparates die W&rme wegen 
der direkten Fortleitung von unten her zu stark ist. 

Der Apparat wurde gelegentlich der Errichtung fliegender Labora- 
torien bei den Herbstiibungen des K. III. Armeekorps im Jahre 1910 
und bei einer Typhusepidemie in R., einem kleinen Orte in dcr Pfalz, 
im Juli 1912 ausprobiert. In beiden Fallen war es nicht moglich, rait 
Gasflamme geheizte Brutschranke aufzustellen. 


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400 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 5. 


Der Brutschrank eignet sich zur Einreihung in die einfachen Hilfs- 
mittel zur Ausfiihrung bakteriologischer Untersuchungen, welche von 
R. Abel und M. Ficker zusaimnengestellt wurden *). 

Er fiillt eine Liicke aus, da zurzeit einfache transportable Brut- 
schranke, welche iiberall schnell aufgestellt werden und sofort in T&tig- 
keit treten konnen, nicht vorhanden sind. 

Bei den notigen Vorkenntnissen in bakteriologischen Arbeiten ist es 
mit Hilfe des Ragitagars, des v. Drigalskischen Dampftopfes (bei 
Lautenschlager-Berlin beziehbar) und eines Backofens nunmehr durch 
den geschilderten Brutschrank auch unter landlichen Verhaltnissen m5g- 
lich, die zur Stellung einer raschen bakteriologischen Diagnose not- 
wendigen Untersuchungen auszufiihren. 


1) Ueber einfache Hilfsmittel zur Ausfiihrung bakteriologischer Untersuchungen 
von Geh. Med.-Rat Dr. Rudolf Abel und Prof. Dr. M. Ficker. 2. vermehrte und 
verbesserte Auflage. Wurzburg (Kurt Kabitzsch). 


Die Herren Mitarbeiter werden hOf lichst gcbeten, bereits fertig- 
gestellte Klischees — falls solclie mit den Manuskripten abgeliefert 
werden — nicht der Rcdaktion, sondern dlrekt der Verlagshand- 
lung (xustav Fischer in Jena einzusenden. 


Inhalt. 


Baerthlein, Ueber cholerafihnliche Vibrio- 
nen, p. 321. 

Hecht, Victor, Die Prazipitindiagnose des 
Rauschbrands, mit einem Beitrag zur 
Frage der Thermoresistenz der Prazipi- 
tinogene, p. 371. 

Klodnitzky, N. , Beobachtungen iiber 
Flecktvphus in Astrachan in den Jahren 
1907—09, p. 338. 

Kftster u. Wossner, Paul, Untersuchun¬ 
gen iiber die Bakterienflora der Nase, 
mit besonderer Beriicksichti^ung des 
Vorkommens von Diphtheriebacillen, 
p. 354. 

Manoiloff, E., Ueber die Verdauungs- 


fahigkeit des Normal- und Luesserums, 
p. 383. 

Markl, Bakteriologische Diagnose der 
Ratten pest, p. 388. 

Mayer, Otto, Zusammenlegbarer Bakte- 
rienbrutschrank, besonders fiir den Ge- 
brauch ini Felde geeignet, p. 398. 

Sugai, A. u. Monobe, J., Ueber die Ver- 
erblichkeit der Lepra und einiger anderen 
Infektionskrankheiten, p. 336. 

Weichardt, Wolfgang u. Schwenk, 
Erwin, Ueber die Beeinflussung von 
Katalysatoren durch Eiweifispaltpro- 
dukte, p. 384. 


Krotmnanntche HQchdruckerei (Hcnuaun Pohle) la Jena. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt 0 rig in ale. Bd. 67. Heft 6. 

Ausgegeben am 11. Januar 1913. 


Nachdruck verboten. 

Ueber eine besondere, bei Menschen UDd Tieren vorkom- 

mende Bakteriengruppe*). 

[Aus der Bakteriologischen Abteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.] 

Von 

Dr. E. GMdemeister, und Dr. K. Baerthlein, 

Kgl. PreuS. Stabsarzt, Kgl. Bayer. Oberarzt, 

komdt. zum Kainerl. Geeundheitsamt, komdt. zum Kaiserl. Geaundheitaamt. 

Gelegentlich einer Rattenepizootie, der eine groGere Anzahl von 
Tieren im Zuchtstall des Kaiserlichen.Gesundheitsamts zum Opfer fielen, 
hatten wir bei den zur Sektion gekommenen Tieren teils den Bac. en- 
teritidis Gartner, teils eine Reihe von Bakterienstammen in Rein- 
kultur vorgefunden, welche bei der Priifung auf den DifferentialnShrboden 
von der Paratyphus-Gruppe betr&chtliche kulturelle Abweichungen zeigten. 
Die Untersuchung auf etwaige Agglutination der isolierten Bakterien- 
stSmme durch das Blutserum der verendeten Ratten fiel bei Verdiinnung 
1:20 vollkommen negativ aus. Angesichts des negativen Ausfalles der 
Agglutinationsversuche und des verschiedenen bakteriologischen Befundes 
rechneten wir mit der Mdglichkeit, daG die Seuche vielleicht durch ein 
filtrierbares Virus hervorgerufen sein konne. 

Die nach dieser Richtung hin angestellten Untersuchungen, bei denen 
wir teils Blut, toils filtriertes Serum von frisch getoteten, schwerkranken 
Ratten intraperitoneal anderen Tieren der gleichen Gattung einspritzten, 
lieferten aber ein negatives Ergebnis. Wir unterzogen hierauf die aus 
den eingegangenen Tieren isolierten GSrtner-Kulturen sowie die vor- 
stehend erwahnten, in kultureller Hinsicht von dem Verhalten der Bac. 
enteritidis Gartner- und der Paratyphus B-Gruppe abweichenden 
Bakterienstamme einer genauen Priifung. Dabei ergab sich eine vollige 
Uebereinstimmung der letzteren mit einer Anzahl anderer Kulturen, 
welche von uns fruher aus den Stuhlen darmkranker, ruhrverdachtiger 
Personen gezuchtet waren. 3 weitere St&mme, welche ein gleiches Ver¬ 
halten zeigten, hatten wir aus 3 Cholerakulturen isolieren kounen, die 
dem Laboratorium vom Ausland her iiberwiesen waren und aus Misch- 
kulturen von Cholera und jenen Bakterien bestanden hatten. Diese Be- 
obachtungen gaben Veranlassung, weitere Untersuchungen iiber das 
sonstige Vorkommen jener Bakterien, insbesondere bei kranken bzw. ge- 
sunden Menschen sowie auch bei Tieren anzustellen. In der Tat konnten 
wir dann gelegentlich der im Kaiserlichen Gesundheitsamte vorge- 
nommenen Schweinepest-Untersuchungen wiederholt auch aus den Or- 
ganen an Schweinepest verendeter Schweine wie aus dem Kot schweine- 
pestkranker Tiere ebenfalls eine Anzahl derartiger Stamme isolieren. 
In einem iiberraschend hohen Prozentsatz fanden wir ferner diese Kul¬ 
turen in den Sttihlen darmkranker Kinder gelegentlich von Untersuch¬ 
ungen bei Sauglingsdurchfallen. Da wir somit nach den von uns er- 
hobenen Befunden doch mit einem verhliltnismaBig haufigen Vorkommen 
derartiger Kulturen insbesondere bei darmkranken Menschen zu rechnen 
haben, so diirfte vielleicht eine kurze Beschreibung dieser Stamme, welche 


1) Vortrag, gehalten in der Berliner nukrobiol. Gesellachaft am 7. November 1912. 
Er*te Abt. Orig. Bd. 67. Heft 6. 26 


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402 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


wir in den folgenden Ausfflhrungen nach dem Ort ihrer Isolierung kurz 
als Dahlem-St&mme bezeichnen wollen, von einigera Interesse sein. 

Die Untersuchungen wurden von uns in dem von Herrn Regierungs- 
rat Prof. Dr. Haendel geleiteten bakteriologischen Laboratoriura des 
Kaiserlichen Gesundheitsamtes durchgefiihrt. 


1. Morphologisches und kulturelles Verhalten. 

Was das morphologische Verhalten unserer Kulturen anlangt, so 
bestehen sie aus sehr kurzen, feinen St&bchen, die lebhaft beweglich 


Tabelle I. 


o 

Bezeiclinung dee 
Stammes 

Malachit- 
griinlosung 
Loeffler I 

Malachit- 
griinlosung 
Loeffler II 

Lackmus- 

molke 

Milch 

Lackmus- 
Nutrose- 
Mannit- 
losung nach 
Hetsch 

i 

Bac. Dahl. Ratte I 

Koagulation 
und Schaum- 
ringbildung 

geringe Ent- 
farbung 

leichtgeblaut, 

klar 

e 

e 

2 

II 

II 

„ v 

dgl. 

e 

dgl. 

e 

9 

3 

If 

II 

„ VII 

II 

geringe Ent- 
farbung 

11 

e 

9 

4 

II 

II 

Nisch 10 

II 

9 

II 

e 

9 

5 

II 

II 

„ 15 

II 

geringe Ent- 
farbung 

leicht gerotet, 
etwas trub 

e 

9 

6 

II 

II 

„ 19 

II 

dgi. 

dgl. 

e 

9 

7 

II 

II 

K. A 

II 

Entfarbung 

leicht geblaut 
u. etwas trub 

e 

9 

8 

It 

II 

Kern ting 

II 

II 

dgl. 

9 

9 

9 

If 

II 

Stuben- 

rauch 

II 

9 

II 

9 

9 

10 

II 

II 

Hockeholz 

II 

geringe Ent¬ 
farbung 

leichtgeblaut, 

9 

9 

11 

II 

II 

Weiss 

II 

dgl. 

leichtgeblaut, 
fast klar 

9 

9 

12 

II 

II 

Linke 

II 

II 

leicht gerotet, 
Bchwach triib 

9 

9 

13 

II 

II 

Drig. 17 

II 

II 

dgl. 

9 

9 

14 

II 

II 

8chwein I 

II 

n 

II 

9 

9 

15 

II 

II 

„ II 

II 

u 

II 

9 

9 

16 

Voldagsen I 

II 

9 

leicht gerotet, 
fast klar 

e 

9 

17 


II 

III 

II 

9 

dgl. 

9 

9 

18 

Glasser 


II 

geringe Ent- 
farbung 

II 

0 

9 

19 

Paratyph. B Hellwig 

II 

starke Ent¬ 
farbung 

Tiefblau- 
farbung und 
Triibung 

Aufhellg. 
u. Alkali- 
sierung 

Rdtung, 

Koagulation, 

Gasbildung 


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Gildemeister u. Baerthlein, Ueber eine besondere Bakteriengruppe. 403 


sind, sich mit den gewbhnlichen Anilinfarben gut farben und bei FSrbung 
nach Gram sich negativ verhalten. Sie besitzen einen Kranz zum Ted 
sehr langer, peritrich angeordneter GeiBeln. 

Auf alien gebrauchlichen Nahrboden zeigen sie gute Entwickelung. 
Sie wachsen auf der Gelatineplatte in Form von kleinen, zarten, dem 
Nahrboden knopfartig aufsitzenden Kolonieen. Eine Peptonisierung der 
Gelatine tritt nicht ein. Auf gewohnlichem Agar bilden die Kulturen 
zarte, helle Kolonieen; auf dem Lackmus - Laktose - Agar entwickeln sie 
kleine, durchsichtige blaue, und auf dem Malachitgriin-Nahrboden zarte, 


Tabelle I. 


Lackmus- 

lackmus- 





Nutrose- 

Traubenzucker- 

losung 

Nutrose- 

Milchzucker- 

losung 

Trail ben- 
zucker- 
bouillon 

Milchzucker- 

bouillon 

Neutralrot- 

agar 

Orceinagar 

(Barsiekow I) 

(Barsiekow II) 



I 


Rotung und 
starke 'mibung 

e 

Triibung und 
Gasbilaung 

Triibung 

Gasbildung, 
geringe Auf- 
nellung und 

Entfarbung 





Fluoreszenz 


dgl. 

e 

dgi. 

If 

dgl. 

dgl. 

M 

e 

ii 

11 

11 

11 

11 

e 

ii 

19 

If 

11 

91 

e 

ii 

11 

11 

11 

11 

e 

ii 

99 

Gasbildung, 

AufhelJung 

11 





u. Fluoresz. 


If 

e 

ii 

11 

dgl. 

If 

11 

e 

ii 

11 

11 

11 

19 

e 

ii 

11 

If 

11 

11 

e 

it 

11 

11 

11 

Rfitung und 

e 





Trubung 






dgl. 

e 

ii 

11 

If 

11 

Rotung und 
Koagulation 

e 

it 

11 

11 

11 

Rotung und 
starke Trubung 

e 










dgl. 

e 

ii 

11 

11 

11 

Rotung und 
Koagulation 

e 

ii 

11 

11 

If 

Rdtung und 
starke Trubung 

e 

if 

11 

11 

11 

dgl. 

e 

Trubung, 

11 

Spur Gas u. 




Spur Gas 


Entfarbung 


Rotung und 
Koagulation 

e 

Trubung, 

11 

Gasbildung, 



Gasbildung 


Aufhelluug 
u. Fluoresz. 

Or* 

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404 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


helle, schwachgriinliche Scheibchen. Als wir die Dahlemstfimme auf die 
fur die Differentialdiagnose der Typhus-Coli-Gruppe Gblichen Nfihrmedien 
verimpften, erhielten wir ein Wachstum, das mit dem kulturellen Wachs- 
tum des Bac. suipestifer Voldagsen grofie Aehnlichkeit aufweist. 
Tabelle I enthfilt eine Zusammenstellung des Wachstums einiger Dahlem¬ 
stfimme sowie des Bac. Voldagsen, des Bac. Glfisser und des Bac. 
paratyphi B auf den gewohnlich fiir die Typhusdifferentialdiagnose 
gebrfiuchlichen Nfihrboden. Danach bewirken die ersteren ebenso wie 
der Bac. Voldagsen in der Malachitgrtinlosung Loeffler I Koagu- 
lation und Schaumringbildung, in Loeffler II zum Teil eine gelbgriine 
Verffirbung, in der Lackmus-Nutrose-Traubenzuckerlosung (Barsie- 
kow I) Rotung und starke Triibung, bzw. Koagulation; in Trauben- 
zuckerbouillon, Neutralrotagar und Orceinagar Gasbildung. Die Milch, 
die Lackmus-Nutrosemannitlosung nach Hetsch, die Lackmus-Nutrose- 
Milchzuckerlosung (Barsiekow II) und die Milchzuckerbouillon bleiben 
vollkommen unverfindert. Auch in der Lackmusmolke zeigen die Dahlem¬ 
stfimme zunfichst ein Verhalten, wie es bei dem Bac. Voldagsen ge¬ 
wohnlich beobachtet wird. Die Nfihrlosung bleibt nfimlich fast vollkommen 
klar und nimmt meist auch bei den Dahlemstfimmen zunachst einen 
schwach rfitlichen Farbenton an wie bei den Bac. Voldagsen-Kul- 
turen. Nach einigen Tagen jedoch tritt bei einem groBen Teil der 
Dahlemstamme ein allmfihlicher Umschlag der Reaktion unter geringer 
Blauviolettffirbung der Lackmusmolke ein. Diese geringe Abweichung 
bezfiglich des Wachstums in der Lackmusmolke diirfte indessen wohl nur 
als ein gradueller und nicht als ein prinzipieller Unterschied in dem 
kulturellen Verhalten der beiden Gruppen aufzufassen sein. 

Eine ausgesprochenere und erheblichere Differenz zwischen den 
Bac. Voldagsen - und den Dah 1 em-Stfimmen ergab die Indolpriifung. 
Wahrend unsere Kulturen, wenn auch in verschieden starkem Grade, 
saratlich Indol bildeten, fanden wir, wie aus Tabelle II hervorgeht, bei 
den untersuchten Voldagsen stammen niemals positive Indolreaktion. 

Tabelle II. 


No. 

Bezeichnung der 
Stamme 

IndolbilduDg 

No. 

Bezeichnung der 
Stamme 

Indolbildung 

1 

Dahlem Ratte I 

kraftig 

15 

Voldagsen K III 

0 

2 

„ „ v 


16 

„ K IV 

0 

3 

„ „ VII 

Spur 

17 

„ K V 

0 

4 

„ Nisch 10 

kraftig 

18 

„ K X 

0 

5 

If tf 

mafiig 

19 

„ Lekow 1 

0 

0 

„ „ 19 


20 

„ I^ekow II 

0 

7 

„ Stubenrauch 

kraftig 

21 

„ G. A. 10 

0 

8 

„ K. A 

miifiig 

22 

„ G. A. 11 

0 

9 

„ Hockeholz 


23 

,, I 

0 

10 

„ Kersting 

kraftig 

24 

„ II 

0 

11 

„ Weiss 

mafiig 

25 

„ HI 

0 

12 

„ Linke 


26 

„ G. A. 3 

0 

13 

„ Schwein I 

kTaftig 

27 

„ G. A. 8 

0 

14 

, „ II 

mafiig 

28 

Bac. typhi suis Gliisser 

0 


2. Serologisches Verhalten. 

Fanden wir nach den vorstehend besprochenen Untersuchungs- 
ergebnissen bei den Dahlem- und bei den Bac. Voldagsen-Stammen 
in kulturellor Hinsicht eine weitgehende Uebereinstimmung, so fiihrte 
die Untersuchung fiber die serologischen Beziehungen der beiden Bakte- 


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Gildemeister u. Baerthlein, Ueber eine besondere Bakteriengruppe. 405 


rienarten zu ganz anderen Ergebnissen. Als wir die serologischen Ver¬ 
haltnisse pruften, konnten wir sowohl mit Hilfe der Agglutination wie 
mittels der Komplemeutbindung eine scharfe Trennung zwischen den 
genannten Bakterienarten vornehmen. Unsere samtlichen Kulturen 
wurden weder von 2 Voldagsen-Seris vorn Titer 1:20 000 und 1:3000, 
noch von verschiedenen Paratyphus B-Seris, namlich einera Paratyphus B- 
Eselserum vom Titer 1: 5000 und einem Paratyphus B - Kaninchenserum 
vom Titer 1:20000, welche die Bac. Voldagsen-Stamme ebenfalls 
bis zur Titergrenze agglutinierten, in nennenswerter Weise beeinflufit. 
Umgekehrt beobachteten wir bei Verwendung verschiedener von Ka- 
ninchen durch Immunisierung mit Dahlemstammen gewonnener Iinraun- 
sera keinerlei agglutinatorische Einwirkung dieser Sera auf den Bac. 
Voldagsen. Auch Paratyphus B-Kulturen und Bac. enteritidis 
Gartner-Stfimme, die mittels verschiedener Dahlem-Immunsera gepriift 
wurden, zeigten bei der Serumverdiinnung 1:100 keinerlei Agglutination. 
AnschlieBend hatten wir die Dahlemst&mme noch mit verschiedenen 
anderen Seris, Typhus-Eselserum (Titer 1:50000), Bac. enteritidis 
Gartner- (Titer 1 : 10000) und Glasser-Kaninchenseris (Titer 1:5000) 
gepruft und selbst bei der Serumkonzentration 1 :100 keine Agglutination 
feststellen konnen. Ganz entsprechend wie bei der Agglutination war 
das Verhalten der Dahlenistamme bei der Kompleinentbindung. Wie 
ausTabelle III hervorgeht, findet bei Benutzung eines Bac. Voldagsen- 
Seruras nur mit den Voldagsen - Kulturen eine kraftige Komplement- 
ablenkung statt, wahrend bei samtlichen Dahlemstammen uberall kom- 
plette Hamolyse erfolgt. Beziiglich der Versuchstechnik bei der Kom- 
plementbindung sei erwahnt, daB wir jeweils ^5 Oese der 1 Stunde bei 
60° C abgetoteten Kulturen mit fallenden Mengen des Voldagsen-Immun- 
serums und einer gleichbleibenden Dosis Komplement 1 Stunde lang bei 
37° C stehen lieBen und dann jedem Rohrchen 1 ccm einer 5-proz. 
Hammelblutkorperchenaufschwemmung zusetzten, welche eine Viertel- 
stunde vorher mit der doppelten Menge der kleinsten koraplett lSsenden 
Ambozeptordosis sensibilisiert war. 

Es bestehen somit nach den Ergebnissen der vergleichenden kultu- 
rellen und serologischen Priifung zwischen den Dahlem- und Voldagsen- 
Stammen etwa ahnliche Verhaltnisse wie bei den Paratyphus B- und den 
Bac. enteritidis Gartner-Bacillen. Kulturell zeigen beide Bakterien¬ 
arten im allgemeinen eine weitgehende Uebereinstimmung, serologisch 
lassen sie sich aber voneinander abtrennen in ahnlicher Weise, wie dies 
zwischen Paratyphus B- und Bac. enteritidis Gartner-Stammeu mit 
Hilfe der Agglutination und in gewisser Hinsicht auch durch die Kom- 
plementbindung moglich ist. 

Bei der weiteren Priifung mit verschiedenen agglutinierenden Seris, 
welche mit einzelnen Dahlemstammen hergestellt waren, zeigten die 
Dahlemkulturen untereinander kein einheitliches Verhalten. Wie aus 
den Tabellen IV—VI hervorgeht, wird jeweils immer nur eine gewisse 
Anzahl der Stamme durch ein bestimmtes Serum gleichmiiBig aggluti- 
niert. So sehen wir, daB z. B. die Stamme Dahlem Ratte I, Ratte V, 
Hockeholz, Drig. 17 nur von dem mittels der Kultur Dahlem Ratte I, 
die Stamme Dahlem Nisch 10, 15, 19 nur von dem mit der Kultur 
Dahlem Nisch 19 hergestellten Kaninchenimmunserum beeinflufit werden. 
Es hatte nach solchen Ergebnissen zunachst den Anschein, als ob die 
Dahlenistamme in verschiedene durch die Agglutination streng abgrenz- 
bare Untergruppen zerfallen. DaB jedoch die Verhaltnisse nicht so ein 
fach liegen und eine vollkommene scharfe Trennung in dieser Hinsicht 


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406 


Centralbl. f. Bakt. tee. I. Abt Originate. Bd. 67. Heft 6, 



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Tabelle III. 


































Gildemeister u. Baerthlein, Ueber eine besondere Bakteriengruppe. 407 


Tabelle IV. 

Agglutination mit Dahlemst. Ratte I-Kauinchenserum (Titer 2000). 


No. 

Bezeichnung der 
Stamme 

I 

1 :100 

Serumvei 

1:500 

■diinnung 

1:1000 

1:2000 

Kochsalz- 

kontrolle 

1 

Dahl. 

Ratte I 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

0 

2 


Ratte V 

+ + + 

+ + 

+ 

± 

0 

3 


Ratte VII 

0 

0 

0 

0 

0 

4 


Nisch 10 

0 

0 

0 

0 

0 

5 


Nisch 15 

0 

0 

0 

0 

0 

6 


Nisch 19 

0 

0 

0 

0 

0 

7 


K. A 

e 

0 

0 

0 

0 

8 


Kersting 

e 

0 

0 

0 

0 

9 


Stubenrauch 

0 

0 

0 

0 

0 

10 


Hockeholz 

+ + + 

++ 

+ 

+ 

0 

11 


Wcifl 

0 

0 

0 

0 

0 

12 


Linke 

0 

0 

0 

0 

0 

13 


Drig. 17 

+ + + 

++ 

+ 

A 

0 

14 


Sehwein I 

0 

0 

0 

0 

0 

15 

ft 

Sehwein II 

0 

0 

0 

0 

0 


Tabelle V. 

Agglutination mit Dahlemst. Nisch 19-Kaninchenserum (Titer 2000). 


No. 

Bezeichnung der 
Stamme 

1:100 

Serum vet 

1:500 

diinnung 

1:1000 

1:2000 

Kochsalz- 

kontrolle 

1 

Dahl. 

Ratte I 

0 

0 

0 

0 

0 

2 


Ratte V 

0 

0 

0 

0 

0 

3 


Ratte VII 

0 

0 

0 

0 

0 

4 


Nisch 10 

+ + 

+ 

0 

0 

0 

5 


Nisch 15 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

0 

6 


Nisch 19 

+ + + 

+ + 

+ 

4- 

0 

7 


K. A 

0 

0 

0 

0 

0 

8 


Kersting 

0 

0 

0 

0 

0 

9 


Stubenrauch 

0 

0 

0 

0 

0 

10 


Hockeholz 

0 

0 

0 

0 

0 

11 


Wei 6 

0 

0 

0 

0 

0 

12 


Linke 

0 

0 

0 

0 

0 

13 


Drig. 17 

0 

0 

0 

0 

0 

14 


Sehwein I 

0 

0 

0 

0 

0 

15 

ft 

Sehwein II 

0 

0 

0 

0 

0 


Tabelle VI. 

Agglutination mit Dahlemst. WeiB-Kaninchenaerum (Titer 2000.) 


No. 

Bezeichnung der 
Stamme 

1:100 

Serumvei 

1:500 


■ 

Kochsalz- 

kontrolle 

1 

Dabl. 

Ratte I 

0 

0 

0 

0 

0 

2 


Ratte V 

0 

0 

0 

0 

0 

3 


Ratte VII 

0 

0 

0 

0 

0 

4 


Nisch 10 

+ + 

+ 

± 

0 

0 

5 


Nisch 15 

+ 

± 

0 

0 

0 

6 


Nisch 19 

+ + 

+ 

A 

0 

0 

7 


K. A 

0 

0 

0 

0 

0 

8 

ft 

Kersting 

0 

0 

0 

0 

0 

9 


Stubenrauch 

0 

0 

0 

0 

0 

10 


Hockeholz 

0 

0 

0 

0 

0 

11 


Weill 

+++ 

++ 

+ 

A 

0 

12 


Linke 

0 

0 

0 

0 

0 

13 


Drig. 17 

0 

0 

0 

0 

0 

14 


Sehwein I 

0 

0 

0 

0 

0 

15 

tl 

Sehwein II 

0 

0 

0 

0 

0 


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408 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


zwischen den Einzelgruppen doch nicht in jedem Falle besteht, zeigt 
eine weitere Beobachtung. Wir konnten namlich feststellen, daB ge- 
legentlich auch ein gewisses Uebergreifen der Reaktion bei einzelnen 
Stainmen der verschiedenen Gruppen vorkoinmen kann. Wie aus den 
Tabellen V und VI ersichtlich ist, agglutiniert z. B. das Serum der 
Kultur Dahlem WeiB auch die Stain me Dahlem Nisch 10, 15 und 19, 
wahrend umgekehrt die Kultur Dahlem WeiB von dem mit einem jener 
Stamme (Dahlem Nisch 19) gewonnenen Kaninchenimmunserum selbst 
nicht beeinfluBt wird. Es konnen danach anscheinend doch auch zwischen 
einzelnen Stamraen der verschiedenen Untergruppen serologische Be- 
ziehungen bestehen, die noch weiterer Aufkiarung bedurfen. 

3. Virulenz und Giftbildung. 

Die Virulenz der Stamme wurde an verschiedenen Tieren, und zwar 
an Meerschweinchen, Kaninchen, bunten Ratten und weiBen Mausen 
gepruft. Die todliche Dosis fur Meerschweinchen schwankte bei den 
einzelnen Dahleinstammen bei intraperitonealer Impfung zwischen 1 Oese 
und Vio Oese. Auch fiir Kaninchen und bunte Ratten schwankte die 
Virulenz der Stamme zwischen 1 Oese und 1 / ll) Oese, fiir Mause zwi¬ 
schen 1 Oese und */ioo Oese. Erscheint die hohe Virulenz einzelner 
der gepriiften Dahlemstamme gegeniiber den gebrauchlichen Versuchs- 
tieren an sich schon beachtenswert, so ist andererseits die Tatsache, daB 
alle Dahlemstamme sich fiir Meerschweinchen gut pathogen erwiesen, 
auch aus dem Grunde von gewissem Interesse, weil im Gegensatz dazu 
der Bac. Voldagsen bekanntlich fiir diese Tierart nur wenig oder gar 
nicht pathogen ist. Es besteht also auch hier ein ausgesprochener 
Unterschied zwischen den beiden Bakterienarten. 

Die Verfiitterung von Dahlemstammen an Schweine, Ratten und 
Mause zeitigte ein negatives Ergebnis. 

Aehnliche Schwankungen wie bei der Virulenz fanden sich zwischen 
den einzelnen Dahlemkulturen auch hinsichtlich der Giftwirkung. So 
totete z. B. bei intravenoser Zufuhr 7* Oese des 1 Stunde bei 60° ab- 
getoteten Stammes Dahlem K. A iiber 3000 g schwere Kaninchen inner- 
halb 12 Stunden, wahrend von anderen Kulturen 1 voile Oese intra- 
venos bzw. intraperitoneal auf 800 g schwere Tiere keine nachteiligen 
Folgen ausiibte. Im allgemeinen besteht also eine betrachtliche Giftig- 
keit, welche sich besonders bei der Herstellung agglutinierender Sera 
an Kaninchen storend bemerkbar machte. 

Bei den Untersuchungen auf Bildung loslicher Toxine durch die 
Dahlemstamme, wobei wir zur Prufung Filtrate von 5 Tage alten 
Bouillonkulturen gegeniiber Mausen verwandten, konnten wir bei meh- 
reren Kulturen noch durch intraperitoneale Injektion von 0,1 ccm Filtrat- 
menge innerhalb 24 Stunden eine tddliche Wirkung bei den Tieren 
erzielen. Vergleichende Priifungen, die wir mit Filtraten von ebenfalls 
5 Tage alten Bouillonkulturen verschiedener Bac. Voldagsen-Stamme 
vornahmen, zeitigten ein negatives Ergebnis. Weifie Mause wiesen bei 
Verwendung dieser Kulturen selbst bei intraperitonealer Injektion von 
1 ccm Filtratmenge keine Krankheitserscheinungen auf. 


4. Mutation. 


Bei der Untersuchung des Mutationsbildes der Dahlemstamme gingen 
wir in der gleichen Weise, wie dies bereits friiher von Baerthlein 
angegeben worden ist, von Bouillonkulturen aus, die mindestens 8 bis 
10 Tage im Brutschrank bei 37 0 gestanden hatten. Diese Zeit stellt im 


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Gildemeister u. Baerthlein, Ueber eine besondere Bakteriengruppe. 409 


allgemeinen das Optimum zur Beobachtung der Abspaltungsvorgange 
dar, da sich bei alteren Bouillonkulturen eine fortschreitende Abnahme 
dieser Erscheinungen einstellt. Wir erhielten dann nach der Aussaat 
auf Agarplatten, jeweils auf derselben Platte, teils kleine, belle Kolo- 
nieen, die sich aus kurzen, feinen Stabchen zusammensetzten, teils 
kleine, trfibe, bzw. stark irisierende Scheibchen, die aus sehr kurzen, 
plumpen Stabchen bestanden. 

Eine vergleichende Prfifung der Mutationsformen von Bac. Voldag- 
sen- und Bac. Giasser- einerseits und den Dahlemstammen anderer- 
seits auf der Agarplatte zeigte wiederum die nahe kulturelle Verwandt- 
schaft zwischen diesen verschiedenen Bakterienarten. Wir sahen auch 
bei den Voldagsen- und Glasser-Stiimmen auf der Agarplatte nach dem 
Einsetzen der Mutationserscheinungen einmal kleine, helle, zarte Kolo- 
nieen, die von feinen, schlanken, gut gefarbten Stabchen gebildet werden, 
und daneben kleine, triibe oder stark irisierende Kolonieen, die sich aus 
sehr kurzen, plumpen, fast kokkenahnlichen, schlecht farbbaren Stabchen 
zusammensetzen. Weit anders ist das Mutationsbild bei den Paratyphus B- 
Kulturen. Hier entwickeln sich bekanntlich bei den Stammen der ersten 
Mutationsgruppe auf der Agarplatte einmal kleinere, helle, saftige Kolo¬ 
nieen und groBe, mehr triibe, weinblattformige, zackige Formen, bei den 
Kulturen der zweiten Mutationsgruppe neben groBen, hellen, saftigen 
nocli groBe, triibe, saftige Kolonieen. 

Da Baerthlein gelegentlich seiner Untersuchungen fiber Mutation 
bei verschiedenen Bakteriengruppen, z. B. bei den Gartner-Bacillen, 
bei den giftarmen Ruhrstammeu, bei Bac. coli commune auffallende 
Agglutinationsdifferenzen zwischen den einzelnen Mutanten gefunden 
hatte in der Art, daB die eine Varietat vom Serum der anderen Mutations- 
form kraftig agglutiniert wurde, wahrend das mit der ersten Varietat 
gewonnene Immunserum die andere Varietat iiberhaupt. nicht beeinfluBte, 
so muBten wir angesichts der nahen morphologischen und kulturellen 
Verwandtschaft der Voldagsen- und der Dahlem-Stamme immerhin mit 
der Moglichkeit rechnen, daB viell eicht Mutationsformen des Bac. 
Voldagsen durcb Sera von unseren Stammen und umgekehrt mutierte 
Varietaten der Dahlemkulturen von einem Voldalgsenserum agglutiniert 
wurden. Unsere Auffassung erschien insofern nicht unwahrscheinlich, 
als Haendel und Gildemeister tiber eine gewisse Labilitat der 
Bac. Voldagsen- und Glasser-Kulturen in kultureller und auch sero- 
logischer Hinsicht berichtet batten. Von Bernhardt wurde kfirzlich 
bei einer Anzalil von Voldagsenstammen noch ein viel weitergehender 
Wechsel des kulturellen Verhaltens beschrieben. Derartige betrachtliche 
kulturelle Veranderungen, anscheinend sogar vollige kulturelle Umwand- 
lung zu Paratyphus B-Stfimmen, wie sie Bernhardt in diesem Falle 
mitteilte, sind allerdings bei unseren fiber eine lange Zeit sich aus- 
dehnenden Untersuchungen bei Voldagsen- und bei Glasser-Kulturen 
bisher nicht beobachtet worden. 

Die Agglutinationsprfifung ergab indessen bei den differenten Muta- 
tionsstfiminen von Voldagsen-, Giasser- und Dahlem-Kulturen wieder die 
gleiche, oben erwahnte, streng spezifische Beeinflussung, indem von den 
einzelnen Immunseris immer nur die Mutationsformen der zugehorigen 
Bakteriengruppe agglutiniert wurden. 


5. Aetiologie. 

Was nun endlich die atiologische Bedeutung der Kulturen betrifft, 
so haben wir von Anfang an eine Kiarung nach dieser Richtung mit Hilfe 


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410 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


der Gruber-Widalschen Reaktion herbeizufiihren gesucht. Unsere 
diesbeziiglichen Versuche brachten bei Ratten, wie schon erwahnt, kein 
positives Ergebnis. Auch bei den weiteren Untersuchungen von Menschen 
und Tieren konnten wir niemals Agglutination der Dahlemstamme durch 
die entsprechenden Menschen- bzw. Tiersera beobachten. Bemerkenswert 
erscheint uns aber der Umstand, daB die Dahlemstamme, soweit sie von 
Erwachsenen stammen, nur von Darmkranken isoliert wurden, und daB 
gleichzeitige Kontrolluntersuchungen an 200 gesunden Erwachsenen 
durchweg negativ verliefen. Weiterhin konnten wir bei etwa 120 ge¬ 
sunden Sauglingen nur in 3 Proz., bei 70 darmkranken, kleinen Kindern 
dagegen in 31 Proz. der Falle Vertreter der von uns skizzierten Bakterien- 
gruppe aus den Stiihlen ziichten. Die Frage der atiologischen Rolle der 
Dahlemstamme, ob es sich unter Umstanden um pathogene oder nur um 
ausgesprochen saprophytische Bakterien handelt, bedarf uoch weiterer 
Priifung. 


Zusammenfassung. 

Bei den von uns isolierten sogenannten Dahlemstaramen handelt es 
sich um eine anscheinend bei Menschen und Tieren ziemlich weit ver- 
breitete, nach ihrem kulturellen Verhalten einheitliche Bakteriengruppe. 
Die St&mme bezitzen beziiglich der Morphologie, im kulturellen Verhalten 
auf den Differentialn&hrboden und im Mutationsbild eine groBe Aehnlich- 
keit mit dem Bac. Voldagsen, sie bilden aber im Gegensatz zu dem 
letzteren regelm&Big Indol. In serologischer Hinsicht zeigen die Dahlem- 
kulturen bei der Agglutinationsprflfung kein einheitliches Verhalten, sie 
zerfallen in Untergruppen, wobei jedoch einzelne Kulturen der ver- 
schiedenen Untergruppen wieder untereinander gewisse serologische Be- 
ziehungen aufweisen kbnnen. Die Stamme besitzen zum Teil eine 
betrachtliche Virulenz sowie eine bemerkenswerte Giftwirkung fflr Meer- 
schweinchen, Kaninchen, Ratten und weiBe Mause und bilden losliche 
Toxine. 


Nachdruck verboten. 

Ueber den UnterscMed zwischen Cholera- und 
El Tor-Yihrionen. 

[Aus dem Hygienisch-bakteriologischen Institut der Universitat Amsterdam 
(Vorstand: Prof. Dr. R. H. Saltet).] 

II. Mitteilung. 

Von Privatdozent Dr. J. J. van Loghcm, Amsterdam. 

In meiner ersten Mitteilung 1 ) zur El Tor-Frage habe ich auf einen 
Unterschied zwischen 1 El Tor- und hamolytischen Wasservibrionen einer- 
seits und echten Choleravibrionen andererseits hingewiesen. Mit dem 
Spektroskop wurde festgestellt, daB der durchsichtige Hof, welchen echte 
hamolytische Vibrionen im Blutagar bilden. nicht identisch ist mit dem 
durchsichtigen Hof, welchen man oft bei Choleravibrionen beobachtet. 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 57. 1911. 

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van Loghem, Unterschied zwischen Cholera- und ElTor-Vibrionen. 411 


Am Schlusse dieser Mitteilung habe ich die Vermutung geauBert, 
daB dieser spektroskopische Unterschied auf qualitativ differenter 
Wirkung beruht; wahrend man die Hofbildung der El Tor- und Wasser- 
vibrionen teilweise von echter Hamolyse (Sch&digung der roten Blut- 
korperchen mit Austreten des unveranderten Blutfarbstoffs) ableiten 
kann, ist die transparente Zone, welche gewisse Choleravibrioneu auf 
der Blutplatte hervorrufen, als Ausdruck einer peptischen Wirkung 
zu betrachten. Die Tatsache, daB es nie gelingt, mit Choleravibrionen, 
welche in 24 oder 48 Stunden einen schonen Hof im Blutagar bilden, 
hamolytische Erscheinungen in flussigen Blutnahrboden oder bei Filtrat- 
versuchen nachzuweisen, wiirde damit in einfacher Weise erklart sein. 

Zur Einleitung einer zweiten Mitteilung iiber die peptische oder hamodigestive 
Funktion der Choleravibrionen, welche einer echten Hamolyse (in der Blutplatte und 
bei makroskopischer Beobachtung) ahnlich ist, mochte ich kurz an den Standpunkt 
einiger Autoren, welche sich gegen Kraus, Ruffer u. a. fiir die Choleranatur 
der El Tor-Vibrionen ausgesprochen haben, erinnern. 

Kruse schreibt in seiner Allgemeinen Mikrobiologie: „Die grofie Mehrzahl der 
Cholerastamme, sowie zahlreiche andere Vibrionen zeigen im Blutagar mehr oder weniger 
ausgesprochene Hamolyse, wahrend sie in Filtraten stets fehlt“*)... „Man hat versucnt, 
diese Hamolyse durch lebende Bakterien und namentlich in der Blutplatte als in ihrem 
Wesen verschieden von der Filtrathamolyse hinzustellen und sie durch Wirkung des 
lebenden Protoplasmas oder proteolytischer und anderer (lecithinspaltender) Enzyme zu 
erklaren. Diese letztere Annahme liifit sich aber nicht beweisen, wenn auch in vielen 
Falleh ein Parallelismus zwischen Gelatineverfliissigung und Hamolyse besteht, und die 
erstere ist nach den Erfahrungen, die wir bei Garungsenzymen gemacht haben, iiber- 
fliissig und unwahrscheinlicb. 1 2 * 

„Der Unterschied beruht unseres Erachtens hauptsachlich darauf, daB die Hamo- 
lysine der lebenden Bakterien, ebenso wie die Zymase und manche Gifte viel ver- 
ganglicher sind als die hamolytischen Stoffe, die wir durch Filtration usw. von den 
lebenden Bakterien trennen konnen.“ 

„Der Umstand, daB die Blutlosung auf Agar bzw. Gelatine viel deutlicher ist als 
in den flussigen Kulturen, erklart sich vielleicht einfach*) daraus, daB bei dem 
reichlichen Sauerstoffzutritt auf der Oberflache fester Nahrbbden das Wachstum viel 
starker zu sein pflegt." 

Aus dem Obenstehenden ist es klar, daB Kruse die Blutlosungs- 
vorgSnge, welche man bei Choleravibrionen in der Blutplatte beobachten 
kann, als identisch betrachtet mit den hamolytischen Erscheinungen, 
welche El Tor- und Wasservibrionen auch in flQssigen Blutnahrboden 
und bei Filtratversuchen hervorrufen. Die Unterschiede — das Aus- 
bleiben der Hamolyse bei Cholera in flussigen Blutkulturen usw. — sind 
seiner Ansicht nach nicht qualitativer, sondern nur quantitativer 
Natur. 

Auf dem quantitativen Standpunkt stehen auch E. Gotschlich und Kolle 
und Schiirmann im Handb. d. pathogen. Mikroorg. 3 ). 

E. Gotschlich 4 ) betrachtet „das hamolytische Verhalten als viel zu variabel 5 ), 
urn diagnostisch verwertbar zu sein“, wahrend Kolle und Schiirmann mitteilen 8 ), 
daB „unter den Choleravibrionen es El Tor-Stamme gibt, die am stiirksten 8 ) Hamo- 
toxine entwickeln“. Sie schreiben weiter: „Allen Vibrionen, einschlieBlich der echten 
Choleraerreger, wohnt die Eigenschaft inne, Hiimolysine zu bilden 6 ), die 
durch auBere Umstiinde aufgelost werden kann und die durch auBere Verhaltnisse be- 
dingten quantitativen Schwankungen unterliegt.“ 

Diesen Zitalen brauche ich nur hinzuzufugen, daB die Autoren des Handb. d. 
pathogen. Mikroorg. die Meinung der Mehrzahl der Forscher (Neufeld, Haendel, 
Wo it he, Baerthlein, Burgers, Wladimiroff, Pfeiffer, MiihlenB, v. Raven, 


1) p. 1001. 

2) Gesperrt von mir. v. L. 

3) 2. Aufl. 

4) Bd. 1. p. 163. 

5) Gesperrt von mir. v. L. 

6) Bd. 4. p. 53. 



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412 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Huntemuller, Ornstein, Defressine, Cazeneuve) vertreten; auf ihre Beweis 
fuhrung werde ich spater zuriickkommen. 


Zur Einleitung der Mitteilung iiber meine weiteren Versuche mochte 
ich noch an einige technische Punkte erinnern. Erstens kann man bei 
vergleichenden Untersuchungen iiber Blutlosungserscheinungen in der 
Blutplatte und in fliissigen Nahrboden kein Kaninchenblut beniitzen, 
weil die Kaninchenblutkorperchen im NShragarmilieu in solchem MaBe 
geschadigt sind, daB auch bei nicht-hamolytischen Vorgfingen der Blut- 
farbstoff aus den Blutkorperchen heraustritt. Ziegenblut ist fiir diese 
Versuche bekanntlich sehr brauchbar und hat gegeniiber dem Kalbsblut 
den Vorteil, daB man damit auch in kleineren Instituten steril maui- 
pulieren kann. 

Zweitens braucht man Cholerastamme, die innerhalb weniger Tage 
einen transparenten Hof in der Blutplatte bilden; alte Laboratoriums- 
stamme besitzen meistens eine solche Eigenschaft nicht. Man muB auch 
sehr vorsichtig bei der Wahl der Kulturen sein, weil es sicli eben um 
die Differenzierung der El Tor-Vibrionen und der Cholerakulturen handelt, 
und die El Tor-Vibrionen mit Choleraserum „spezifisch“ reagieren. 

Schlusse zu ziehen aus Untersuchungen mit alten hamolytischen 
Laboratoriumsstammen, welche wegen positiver Immunitatsreaktionen als 
echte Cholera aufgehoben worden waren, oder mit aus sporadischen 
Fallen geziichteten Stammen scheint mir nicht berechtigt. Es handelt 
sich ja um die Frage, ob die Serumreaktiouen bei der Speciesbestimmung 
gewisser Reprasentanten der Vibrionengruppe versagen oder nicht; die 
Choleranatur soli also so genau wie moglich festgestellt sein. Am besten 
untersucht man die frisch bei einer Epidemie aus Kranken (nicht 
aus Verdachtigen) geziichteten Stamme, was den doppelten Vorteil hat, 
daB auch die frisch en Stamme ofters einen transparenten Hof im 
Blutagar hervorrufen. 


In meiner ersten Publikation habe ich mitgeteilt, daB, wenn man 
einen El Tor-Vibrio auf einer 10-proz. Ziegenblutagarplatte ausstreicht, 
und auf einer anderen Blutplatte einen frischen, hofbildenden Cholera- 
stamm, man nach 48 Stunden (selten schon nach 24 Stunden) J ) mit 
bloBem Auge keinen deutlichen Unterschied zwischen den Platten sieht: 
In beiden Platten hat sich rings um die Strichkultur eine Aufhellungs- 
zone gebildet, welche durch vollkommene transparente und relative 
„Farblosigkeit“ (die gelbliche Farbe des Nahragars) sehr scharf gegen 
den iibrigen Teil der Platte kontrastiert, der durch das ungeanderte 
Ziegenblut rot und undurchsichtig ist. 

Spektroskopisch aber zeigen die durchsichtigen H5fe der El Tor- 
Vibrionen und der Choleravibrionen einen deutlichen qualitativen 
Unterschied: In dem transparenten, fiir das bloBe Auge 
farblosen Hof des El Tor-Vibrio ist Oxyhamoglobin vor- 
handen; in dem Hofe des Choleravibrio fehlt der Blut- 
farbstoff. 


1) Mit den Gegnern von Kraus (Kraus, Dtsche med. Wochenschr. 1911. No. 32), 
Huntemuller u. Ornstein (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 70. p. 306), bin auch ich der 
Ansicht, daO die Stundenzahl, nach welcher die transparente Zone erscheint, kein 
Kriterium ist, ob der Vibrio ein echter Choleravibrio oder ein choleraiihnlicher Stamm 
iflt. Bei frischen Stammen mit starker Hofbildung soil das Spektroskop entscheiden. 


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van Loghem, Unterschied zwischen Cholera- unci ElTor-Vibrionen. 413 


Der Erklarung dieser Tatsache kann man mit einem zweiten Ver- 
suche etwas niiherkommen, wenn man eine doppelte Serie von Blut- 
platten mit etwas mehr und etwas weniger (als 10 Proz.) Ziegenblut her- 
stellt. In den starkeren *) Ivonzentrationen ist bei den El Tor-Vibrionen 
gegeniiber den entsprechenden Choleraplatten schon mit bloBem Auge ein 
Unterschied zu erkennen. Der durchsichtige El Tor-Hof zeigt sich schwach 
rotlich, wahrend der durchsichtige Cholerahof ebenso „farblos“ ist 
wie in den Blutplatten mit etwas mehr, als in den Blutplatten mit etwas 
weniger als 10 Proz. Ziegenblut. Durch Kontrast erscheint der letztere 
etwas griinlich. 

Mit unbewaffnetem Auge kann man also dieselbe Tatsache feststellen 
wie mit dem Spektroskop; der El Tor-Hof hat sich gebildet mit 
Austritt des ungeanderten B1 utfarbstoffs, der Cholerahof 
aber ohne Austritt des Blutfarbstoffs. 

Dieser Unterschied zwischen dem El Tor-Vibrio und dem Cholera- 
vibrio im Blutagar erinnert sofort an den Unterschied zwischen diesen 
beiden Vibrionen in den flussigen NShrboden und bei Filtratversuchen. 
Der El Tor-Vibrio hat in der Blutagarplatte in derselben Weise seine 
h&molytische Wirkung gezeigt wie in Blutbouillon, d. h. das Oxyhemo¬ 
globin ist aus den Blutkorperchen ungeiindert herausgetreten, so daB 
man es spektroskopisch oder mit blofiem Auge wiederfinden kann. Ebenso- 
wenig aber als der Choleravibrio in den Blutfliissigkeiten hamolytische 
Erscheinungen hervorruft, ebensowenig bewirkt der Choleravibrio den 
Austritt des Blutfarbstoffs in der Blutplatte. Von dem Augenblick 
an, wo eine Stelle (anfanglich oft eine ganz kleine und beschrankte 
Stelle)einer Cholerablutplatte transparent geworden ist, 
ist auch die spektroskopischeUntersuchung dieserStelle 
auf Oxyhemoglobin negativ. 

Austritt des Blutfarbstoffs, d. h. echte Hemolyse, wird bei den 
Choleravibrionen nie beobachtet. 

Wenn der Choleravibrio nicht hemolytisch ist, weder in flussigen 
Blutnehrboden noch in Blutagar, liegt es auf der Hand, das Zustande- 
kommen der transparenten Zone auf der Blutplatte einer peptischen 
Wirkung des Mikroorganismus zuzuschreiben: Anstatt der Hemolyse 
(Austritt des unveranderten Blutfarbstoffs) handelt es sich um H&mo- 
digestion (Abbau der Bestandteile des Blutkorperchens). Es erscheint 
also an erster Stelle eine Untersuchung tiber den Parallelism us 
der hemodigestiven Eigenschaft und der peptischen 
Wirkung erwiinscht. Im folgenden erlaube ich mir, einige Ergebuisse, 
welche ich bei lengerer Beobachtung einer groBeren Reihe von Cholera- 
stammen zu sammeln Gelegenheit hatte, kurz mitzuteilen 1 2 ). 

I. Hemodigestive CholerastBmme der Epidemie von der 
Ostkiiste Sumatras (1906—1908). 

Im pathologischen Laboratorium in Medan (Sumatra) untersuchte 
ich in den Jahren 1908—1909 39 Vibrionenstemme, die von Dr. Kuenen 
und Herrn van den Bosch und von mir aus Cholerakranken isoliert 
waren. 38 wurden mit hochwertigem Choleraserum in spezifischer Weise 


1) Man darf nicht hoher als 11 oder 12 Proz. gehen. In Ziegenblutplatten mit 
hoherem Blutgehalt tritt ebenso wie in Kaninchenblutplatten der Blutfarbetoff sehr 
leicht heraus. Wichtig ist natiirlich bei der Herstellung der Blutplatten der Salz- 
gehalt. 

2) Ueber die Hamodigestion als solche behalte ich mir die Mitteilung einiger 
weiterer Versuche vor. 


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414 Centralbl. f. Bakt. etc. I Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 

agglutiniert; nur ein einziger Stamm (No. 3) agglutinierte schwach 
bis 500. 

Die Untersuchung der hamolytischen Eigenscbaften dieser Stamme 
gab die folgenden Resultate: 18, also ungefahr die Halfte der spezifischen 
Stamme, bildeten nach 48 Stunden eiuen schonen, transparenten Hof in 
der Ziegenblutagarplatte, wahrend die ubrigen auch nach 4 Tagen dazu 
nicbt imstande waren. Dagegen ergab die Untersuchung aller 38 Stamme 
in fliissigen Nahrboden und bei Filtratversuchen negative Resultate. 
Keiner dieser Stamme also stimmte in dieser Hinsicht. mit dem El Tor- 
Typus iiberein. 

Nur der Vibrio No. 3, welcher nicht in spezifischer Weise vom 
Choleraserum beeinflufit wurde, zeigte eine starke hamolytische Funktion 
auf der Blutagarplatte und in den Blutkorperchenaufschwemmungen. 

Zu diesen Ergebnissen ist zweierlei zu bemerken: 

1) von den jungeren Staminen machte eine grbBere Zahl die Blutplatte 
transparent, als von den im Anfange der Epidemie gezuchteten Vibrionen; 
auch wurde bei spateren Untersuchungen festgestellt, daB verschiedene 
Stamme ihre blutlosende Funktion verloren hatten; je frischer der 
Stamm,destogrfiBer dieChance,dafi man beidemselben eine 
hamodigestiveFunktion nach weise n kann. In dieser Beziehung 
mochte ich gleich hinzufugen, daB die Stabilitat der hamodiges- 
tiven Funktion in schroffem Gegensatz steht zu der Stabilitat der 
hamolytischen Funktion der El Tor- und anderen choleraahnlichen 
Vibrionen. Die ElTor-Stamme, der VibrioDunbar, die aus derLiteratur 
der El Tor-Frage bekannten hamolytischen Stamme Ruhleben, Choi. vir. 74, 
Choi. vir. 3 und Kulm (s. u.) sind alle seit Jahren nur auf Agarnahr- 
boden im Amsterdamer Hygienischen Institut gezuchtet worden und hamo- 
lysieren ganz kraftig; fur die El Tor-Stamme kann ich bestimmt sagen, 
und ebenso kraftig wie 1908, als Prof. Kraus und Dr. Crendiropoulo 
dieselben zu meiner Verfugung stellten. 

2) habe ich in meinen Protokollen der Sumatrastamme Notizen ge- 
funden iiber das Gelatine verflflssigende Vermogen; da ich 
damals die El TorFrage in anderer Richtung bearbeitete, sind meine No¬ 
tizen tiber diesen Punkt leider nicht vollstandig. Bei mehreren Stanunen 
habe ich aber eine Skizze der Gelatinestichkultur nach 3 Tagen den 
Protokollen hinzugefugt, aus welcher deutlich hervorgeht, daB die lang- 
samen Verflilssiger auch ein geringes hamodigestives 
Vermogen entfalteten und umgekehrt. 

II. In Holland isolierter hamodigestiver Cholerastamm 

(September 1909). 

Nach meiner Riickkehr nach Holland im September 1909 wurde mir 
von Dr. C. S. Stokvis ein frischer Cholerastamm freundlichst zur Ver¬ 
fugung gestellt, welcher von ihm aus dem einzigen diagnostizierten 
Cholerafall in Amsterdam im Jahre 1909 gezuchtet worden war. Dieser 
Stamm (van Don gen) zeigte bei Versuchen mit 10-proz. Ziegenblut- 
agar ein auBerordentlich starkes, hofbildendes Vermogen, in fitissigen 
Blutnahrboden aber keine Spur von Hamolyse. Meine Vermutung, daB 
auch bei diesem Stamm die hamodigestive Funktion zuruckgehen wtirde, 
hat sich bestatigt; wahrend der Stamm v. D. im September 1909 inner- 
halb 24 Stunden eiuen schonen, transparenten Hof im Blutagar 
bildete, dauerte es im Oktober 1910 inehr als 40 Stunden, bevor der 
Hof ganz transparent geworden war, und jetzt (Oktober 1912) ist das 
hamodigestive Vermogen erst bei 4-tAgiger Beobachtung in ganz diinnen 

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van Loghem, Unterschied zwischen Cholera- und ElTor-VibrioDen. 415 


Blutplatten zu demonstrieren. Auch das Gelatine verflussigende 
Vermogen, das 1909 durchaus klassisch war, ist jetzt 
sehr betrSchtlich zuriickgegangen. 

Bei diesem Stamme habe ich zum ersten Male, als ich die El Tor- 
Blutplatten und die Cholerablutplatte miteinander verglich, die geringe 
Farbendifferenz der transparenten Zone beobachtet, welche spater zur 
spektroskopischen Untersuchung AnlaB gab. 

III. Bei Schiffsleuten aus RuBland im August und Sep¬ 
tember 1910 in Amsterdam isolierte hamodigestive Cho¬ 
lerastamme. 

In den Monaten August—November 1910 wahrend der Cholera- 
epidemie in RuBland von dem Amsterdamer Gesundheitsamt beauftragt 
mit der bakteriologiscken Untersuchung von 638 Schiffsleuten, fand ich 
bei 5 Vibrionen in den Faeces. Einer der Stamme war hamolytisch 
(auch in fliissigen Blutnahrboden) und wurde nicht in spezifischer Weise 
vom Choleraserum beeinfluBt. Die 4 anderen Stamme erwiesen sich 
bei Agglutinations- und Bakteriolyseproben als echte Choleravibrionen J ). 

Diese 4 frischen Cholerastamme bildeten (September 1910) alle 
innerhalb 48 Stunden eine schbne Aufliellungszone im Blutagar, in 
welchem, im Gegensatz zu der transparenten Zone der El Tor- und anderen 
choleraahnlichen Vibrionen, kein OxyhSmoglobin nachzuweisen war. 
(Dr. Steensma, Lektor der pathologischen Chemie der Universitat 
Utrecht, hatte die Freundlichkeit, mich bei den spektroskopischen Unter- 
suchungen zu unterstiitzen.) Dieses Ergebnis war, wie schon in meiner 
Einleitung gesagt, im Einklang mit der Tatsache, daB keiner der Stamme 
hamolytische Erscheinungeu in den fliissigen Blutnahrboden hervorrief. 

Alle 4 Stamme verflussigten in klassischer Weise die Gelatine. 

Jetzt (Oktober 1912) haben 3 der Stamme die hamodigestive 
Wirkung (bei 4-tagiger Beobachtung) in der Blutplatte ver- 
loren, und die peptische Funktion gegenflber Gelatine ist 
in solchem MaBe reduziert, daB die Kulturen z. B. fur Unterrichts- 
zwecke gar nicht mehr brauchbar sind (die Stamme sind auf ihre Reinheit 
und Agglutinabilitat wiederholt gepriift worden). 

Nur der Stamm Aria 6 gibt nach 2 Tagen an diinnen Stellen der 
Blutplatte einen Anfang von Aufhellung zu erkennen und veranlaBt in 
derselben Zeit eine schwache, trichtcrfbrmige Verfliissigung der Gelatine. 

IV. Hamodigestive Cholerastamme aus Sumatra (1910). 

Durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Kuenen empfing ich aus 
der Sammlung des pathologischen Instituts Medan (Sumatra) eine grbBere 
Zahl im Jahre 1910 geziichteter Cholerastamme, von welchen leider aber 
die meisten, wahrscheinlich durch die hohe Temperatur im Gepackraume, 
abgestorben waren. Nur zwei Stamme (Vibrio chol. Medan und Vibrio 
chol. 20) konnte ich weiterziichten. 

Von diesen beiden ist der Stamm „Medan“ besonders wertvoll. 
Jetzt im Oktober 1912 hellt er schon in 24 Stunden (bei reichlicher 
Impfung der 10-proz. Ziegenblutagarplatte) kleinere oder groBere Strecken 
der Blutplatte vollig auf, und bei langerer Beobachtung bildet sich ein 
typischer, transparenter Hof. Von dem Augenblick an, wo ge- 


1) Die Choleravibrionentrager (Leute der Schiffe „Hebe“ und „ArIa“) waren ee- 
sund; ihre Sera enthielten Choleraimmunkorper. (Nederl. Ver. v. trop. Geneesk. 16. Okt. 
1910; Tijdschr. v. Gen. 1911. I. p. 154.) 

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416 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 67. Heft 6. 


wisse Stellen vollig transparent sind, fehlen auch die 
Oxyliamoglobinstreifen im Spektrum. 

Dieser Stamm, der das starkste hamodigestive Ver- 
mogen derCholeravibrionensammlung unseres Institutes 
hat, ist auch der einzige Stamm, welcher wegen seiner 
klassischen Gelatineverfltissigung fiir die Studenten- 
kurve brauchbar ist. 


* * 

* 

Aus den obenstehenden Ergebnissen geht erstens ein bemerkens- 
werter Parallelism us der hamodigestiven Vorgknge im 
Blutagar und den peptischen Wirkungen in den Gelatine- 
kulturen hervor. Ich kann hinzufiigen, daB einige Versuche, welche 
ich mit den Eijkmanschen Milchagarplatten vorgenommen habe, diesen 
Parallelismus bestatigen. Es ist wieder der am meisten hamodigestive 
Stamm Medan, der den schonsten Aufhellungshof in der Milchplatte 
hervorruft. 

Zweitens mochte ich noch einmal die Labilitat der peptischen und 
hamodigestiven Wirkungen gegenuber der Stabilitat der hamolytischen 
Eigenschaften der El Tor- und anderen choleraahnlichen Vibrionen 
betonen. 

* * 

* 

Es erscheint fast iiberfliissig, darauf hinzuweisen, dad, wahrend sich 
die Choleravibrionen von den El Tor-Vibrionen durch das Fehlen der 
hamolytischen Eigenschaft unterscheiden, fiir die El Tor-Vibrionen beziig- 
lich der Hamodigestion nicht das Uuigekehrte wahr ist. 

Da auch die El Tor-Vibrionen peptisches Ferment produzieren, ist 
die von diesen Mikroorganismen hervorgerufene Hofbildung im Blutagar 
teilweise als Hamodigestion zu deuten. Auf Grund des Parallelismus 
der hamodigestiven und peptischen Wirkung kann man aber feststellen, 
daB die Hamolyse fur das Zustandekommen der Aufhellungszone der 
El Tor-Vibrionen sehr viel wichtiger ist, als die Hamodigestion. Unsere 
El Tor-Stamme verflussigen die Gelatine nur ganz langsam; die breite, 
transparente Zone in der Blutplatte (m it Oxyhamoglobinstreifen!) bilden 
sie aber jetzt ebenso schon und ebenso rasch wie vor 3 Jahren. 

* * 

* 

Die Forscher, welche auf Grund der Immunitatsreaktionen und der 
— ihrer Ansicht nach — quantitativen Unterschiede der hamo¬ 
lytischen Funktion bei Vibrionen an der Cholerauatur der El Tor- 
Vibrionen festhalten, legen immer groBen Wert auf die Tatsache, daB 
man in Laboratoriensammlungen als „echte Cholera 14 bezeichnete Stamme 
gefunden hat, welche auch bei Filtratversuchen und in fliissigeu Blut- 
nahrboden hamolytisch wirken. Durch die Freundlichkeit des Herrn 
Prasidenten des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, Dr. F. B u m m, sind die 
aus mehreren Arbeiten bekannten Stamme, „Kulm u , „Ruhleben“, Choi, 
vir. 3, Choi. vir. 74, dem Direktor des Amsterdamer Hygienischen 
Institutes, Herrn Prof. R. H. Saltet, zur Verfiigung gestellt worden, 
und ich hatte Gelegenheit, mich von der echten hamolytischen Funktion 
dieser Stamme zu iiberzeugen. 

In der Einleitung habe ich schon darauf hingewiesen, daB man zur 
Lbsung der El Tor-Frage solche aus sporadischen Fallen oder vor langerer 


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van Loghem, Unterschied zwiachen Cholera- und ElTor-Vibrionen. 417 


Zeit geziichtete Stiimme nicht benutzen darf. Es handelt sich eben nm 
die Frage, ob der El Tor-Typus (spezifische Choleraserumreaktionen 
mit echter Hamolyse) zur Species des Choleravibrio gehort oder 
nicht; der Tatsache, daB man auch friiher dann und wann zu diesera 
Typus gehorige Vibrionen geziichtet hat, kommt bei der Beantwortung 
dieser Frage gar keine Bedeutung zu. Jedermann, der Erfahrung hat 
fiber eine groBe Zahl von Faecesuntersuchungen, hat Vibrionen geziichtet, 
welche als zufiillige Befunde zu deuten sind. 

Hiermit bin ich zu dem Punkte gelangt, den Kolle den Fehler 
der Beweisfiihrung genannt hat. 

S. 897 des I. Bandes des Handbuches der pathogenen Mikro- 
organismen l ) schreibt Kolle: 

„Obgleich, wie dies iin Kapitel ,Cholera 4 naher auseinandergesetzt 
ist, die Mehrzahl aller Forscher vor wie nach daran festhalten, daB es 
sich hier um echte Choleravibrionen handelt, sind doch von seiten 
einzelner Autoren, z. B. von Ruffer, R. Kraus u. a., Versuche ge- 
macht, die Spezifizitat der Immunitatsreaktion aus diesen Grilnden an- 
zugreifen. Die Beweisfiihrung von Ruffer zielt namentlich auf die 
Annahme hin, daB die El Tor-Vibrionen, trotzdem sie sich gegen- 
iiber den Immunitatsreaktionen spezifisch und typisch 
verhalten 2 ), keine echten Choleravibrionen seien, weil sie nicht 
menschenpathogen wiiren und einigeUnterschiede in derHSrao- 
lysinbildung 2 ) aufweisen. 44 

„Hier liegt ein Fehler der Beweisfiihrung vor 3 ). Der 
Verlust der Pathogenitiit eines Mikroben oder einer anderen Eigenschaft 
ist kein Grund fur die Annahme, daB damit die Zugehorigkeit zu einer 
bestimmten Art aufgehoben sei 44 . 

„Bei all diesen Beobachtungen ist viel zu wenig den Erschei- 
nungen der Variation und der Variability, bzw. der Mu¬ 
tation und der Anpassungserscheinungen 3 ) tiberhaupt Rech- 
nung getragen worden. 44 

Aus diesem Zitat geht deutlich hervor, daB Kolle fiir seine 
Beweisfiihrung von der Pramisse ausgeht, daB die Spezifizitat der 
Immunitatsreaktion bewiesen ist. 

Da die El Tor-Vibrionen mit Choleraimmunserum nSpezifisch 44 re- 
agieren, steht fiir Kolle u. a. die Choleranatur fest. Von diesem Stand- 
punkt aus erscheinen die Unterschiede zwischen Cholera- undElTor-Stampi 
als Nebensache. Obgleich bis jetzt kein Forscher bei Choleravibrionen 
einwandfreier Herkunft eine echte hamolytische Wirkung beobachtet hat, 
halt Kolle daran fest, daB alien Vibrionen, einschlieBlich der 
echten Choleraerreger, die Eigenschaft innewohnt, Hamo- 
lysin zu bilden. Die ^Unterschiede 44 in der hamolytischen Wirkung 
(also auch das Fehlen der Eigenschaft bei den echten Choleravibrionen, 
v. L.) sind von Kolle bei den Erscheinungen der Variation bzw. Mu¬ 
tation untergebracht. 

Ich mfichte zur Prfimisse der Kolleschen Beweisfiihrung bemerken, 
daB, wie wichtig die Reaktion eines Mikroorganismus auf die Wirkung 
eines entsprechenden Immunserums fiir die Bestimmung der Art in ge- 
wissen Fallen auch ist, der Wert der Serumreaktionen fiir jede einzelne 
Species festgestellt werden muB. Wenn die Tatsachen Iehren, daB zwei 


1) 2. Auflage. 

2) Gesperrt von inir v. L. 

3) Gesperrt von Kolle. 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. 

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Heft 6. 27 

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van JLoghem, Untersehied zwiachen Cholera- und ElTor-Vibrionen. 419 


Durch parallele Untersuchungen iiber das peptische Vermbgen von 
frischen und alteren Cholerastammen in Blut-, Gelatine- und Milchnahr- 
boden wurde es wahrscheinlich gemacht, daB die Aufhellung, welche frische 
Choleravibrionen ofters in Ziegenblutagar hervorrufen, von diesem pep- 
tischen Vermogen abhaugig ist. 

Es erscheint notwendig, die Vorgange in Blutagarkulturen in hamo- 
lytische und hamodigesti ve zu trennen; bei der Hamolyse tritt 
Blutfarbstoff unverandert aus dem Blutkorperchen heraus; bei der 
Hamodigestion wird der Blutfarbstoff abgebaut. 

El Tor-Vibrionen und Choleravibrionen sind beide mehr oder weniger 
h&modigestiv; Choleravibrionen sind nie bamolytisch, El Tor-Vibrionen 
immer. 

Da die Erscheinungen in der Blutagarplatte bei El Tor-Vibrionen und 
bei Choleravibrionen also nicht quantitativ, sondern in ihrem Wesen 
verschieden sind, und die hamolytische Wirkung der El Tor-Vibrionen 
eine sehr stabile, wenig variierende und durchaus konstante Eigen- 
schaft ist, kann man nicht umhin, die El Tor-Vibrionen und die Cholera¬ 
vibrionen als zwei Arten zu betrachten. Von einer Variation kann nicht 
die Rede sein, weil die hamolytische Funktion bei den Choleravibrionen 
nicht vorhanden ist; von einer Mutation ebensowenig, da es bis jetzt 
keine Beobachtungen gibt iiber Genese von nicht-hamolytischen Stammen 
aus hamolytischen oder von hamolytischen aus nicht-hamolytischen 
Stammen. 

Ueber die Menschenpathogenitat der El Tor-Vibrionen ist nichts be- 
kannt. Bedeutung fiir die Speciesbestimmung hat diese aber nicht. Mit 
derselben Notwendigkeit, mit welcher man Paratyphus und Typhus trennt, 
wtirde man eine „E1 Tor-Krankheit u von der echten Cholera trennen 
mtissen. 

Oktober 1912. 


Nachtrag bei der Korrektur: 

Leider konute ich die interessante Arbeit Baerthleins, Ueber 
Mutationserscheinungen bei Bakterien (Arb. a. d. Kais. Gesundh.-Amt. 
Bd. 40. 1912. Sept. Heft 4) nicht mehr beriicksichtigen. 

B. hat gefunden, daB viele Cholerastamme auf der Agarplatte teils 
in helleu, durchsichtigen, teils in gelbweiBen, undurchsichtigen Kolonieen 
wachsen, und daB die gelben Kolonieen hamolytisch und stark peptoni- 
sierend wirken. • Obwohl B. bekanntlich die Blutlosung durch Cholera¬ 
vibrionen als eclite Hamolyse betrachtet, scheinen mir seine Protokolle 
darauf hinzudeuten, daB er bei den gelben Kolonieen keine Hamolyse, 
sondern Hainodigestion (= Peptonisierung) studiert hat. Die Tatsache, 
daB die gelben Kolonieen der echten hamolytischen Stamme (Choi. 74 
vir., Ruhleben, Kuhn, El Tor) etwas starker hamolysieren als die hellen 
Kolonieen, ist mit meiner Auffassung leicht zu erklaren. Zu den hamo¬ 
lytischen Eigenschaften, welche beide Mutanten besitzen, kommt bei den 
gelben Kolonieen noch das peptonisierende Vermogen hinzu. 


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420 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Nachdruck verboten. 


Ueber die Aszension der Tuberkulose im weiblichen 

Genitaltraktus. 

Erwiderung auf die gleiclinamige Arbeit des Herrn Dr. Bennccke 
im Bd. 64 dieses Centralblattes. 


Von Prof. Dr. med. Shickitaro Sugimura in Niigata, Japan. 

In seiner Abhandlung „Ueber die Aszension der Tuberkulose im 
weiblichen Genitaltraktus 11 (dieses Centralbl. Bd. 64. 1912. Festschr. f. 
Herrn Prof. F. Loeffler. p. 189—199) ist Bennecke kritisch auf 
meine Arbeit „Zur Frage der aszendierenden Urogenitaltuberkulose beim 
Weibe u (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynakol. Bd. 34. 1911. p.674) ein- 
gegangen. Da seine Kritik einerseits sich auf eine irrtumliche Auf- 
fassung meiner Behauptungen stiitzt und andererseits nicht meine anti- 
kritischen Bemerkungen zu Engel horns Erwiderung in Bd. 35. H. 2 
der Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gyn&kol. (dieselbe Zeitschr. Bd. 35. 1912. 
H. 5) berucksichtigt, so tinde ich mich veranlafit, hier einige antikritische 
Bemerkungen zu der genannten Arbeit Benneckes zu machen. 

1) Ich habe bei der genauen Nachpriifung des Engelhornschen 
Versuches gefunden (cf. Arb. a. d. pathol.-anat. Instit. Tubingen. Bd. 8. 
p. 29—40), dad der in Kakaobutter in die obere Scheide des Kaninchens 
eingefiihrte Karmin nur selten, also nicht als Regel, intrakanalikul&r 
nach dem Uterushorn befordert worden war. Dieses nur als Ausnahme 
vorkommende intrakanalikulare Aufsteigen des Karuiins geschah. wie in 
den zitierten Abhandlungen n&her ausgefiihrt worden ist, infolge der 
groben, starke abnorme Reizzustande herbeifiihrenden Versuchsordnung 
unter pathologischeui Zustande des Genitalrohres. Diese wichtige Tat- 
sache iibersieht Bennecke und will ohne weiteres anuehmen, dafi 
korpuskulare Elemente, so aucli Tuberkelbacillen, bei physiologischem 
Zustande des Genitaltraktus „spontan u intrakanalikular aszendieren 
konnen. Dabei scheint aber Bennecke den wichtigen Unterschied 
zwischen dem mit Kakaobutter uinhiillten, spezifisch sehr leichten Karmin 
und den spezifisch schwereren Tuberkelbacillen nicht im Auge zu be- 
halten, obwohl dieser auch von Engelhorn selbst anerkannt wurde 
(Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynakol. Bd. 35. 1912. p. 199—200). Wenn 
Bennecke meine genannten antikritischen Bemerkungen zur Erwiderung 
Engelhorns berucksichtigt hiitte, so wiirde er sofort herausgefunden 
haben, worin der Meinungsunterschied zwischen Engelhorn und mir 
besteht. 

2) DaB Engelhorns Deutung seiner Versuchsresultate unzutreffend 
ist, habe ich wiederholt betont. Demgegentiber hebt Bennecke hervor, 
dafi in der Schleimhaut des Genitalrohres das Resorptionsvermogen fiir 
korpuskulare Elemente vorhanden ist und dafi im Engelhornschen 
Versuch der eingefiihrte Karmin nur in den ersten 3 Tagen nach der 
Operation im Lumen der Uterushorner, vom 4. Tage an in der Wand 
des Uterushornes gefunden wurde, und will damit begriinden, dafi der 
im letzteren Falle ausschliefilich in der Subserosa des Uterushornes 
gefundene Karmin bei dem in Rede stehenden Versuche samt und 
sonders intrakanalikular von der Scheide nach dem Uterushorn auf- 
gestiegen und dann in jene iiuBere Schicht der Wand des Uterushornes 
gelangt sei. DaB dies aber unbewiesen ist, habe ich in meiner Antikritik 


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Sugimura, Aszension der Tuberkulose irn weiblichen Genitaltraktus. 421 


zu Engelhorns Erwiderung auf meine erste einschlagige Publikation 
eingehend begriindet, worauf ich verweise (cf. Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gynakol. Bd. 35. 1912. H. 5 uud Arb. a. d. pathol. - anat. Instit. 
Tubingen. Bd. 8. H. 1. p. 29—40). 

3) Fur meine Annahme, daB dieser subperitoneal gelegene Karmin 
in dem E n gel horn schen Versuch hochstwahrscheinlich zuerst von der 
Scheidenschleimhaut, wo er reichlich eingefiihrt wurde, resorbiert und 
durch die Lymphbahnen aufwarts nach dem Subperitonealgewebe des 
Uterushornes befordert worden ware, fordert Bennecke den direkten 
Nachweis, daB die betreffende Lymphbahn von der Scheide nach der 
Tube zu in abnehmender Intensitat mit Karmin gefiillt war. Nun hat 
nicht nur Bennecke selbst (Centralbl. f. Gynakol. 1911. p. 1001), son- 
dern auch Kolde konstatiert, daB die korpuskuliiren Elemente leicht 
von der Schleimhaut der Scheide resorbiert und durch die Lymphbahnen 
leicht nach den Uterushornern und dem Lig. latum gelangen konnen. 
Ich selbst habe bei der Nachpriifung des E n gelhornschen Versuches 
gesehen, wie der in Kakaobutter eingefiihrte Karmin, mit Scheidensekret 
gemischt, lange in der Scheide und an den Uterus-Schleimhautepithelien 
haften bleibt und dann auch von den letzteren aufgenommen wird. 
Bauereisen, der kiirzlich den Engelhorn schen Karmin versuch nach- 
geprflft hat (Arch. f. Gynakol. Bd. 96. 1912. p. 32), konnte nur bei einem 
einzigen Fall mit starkerer Sekretion wegen Amputation des Uterus¬ 
hornes eine intrakanalikular erfolgte Aszension des Karmins beobachten. 
Bei alien anderen, negativ ausgefallenen Versuchen konstatierte der 
Autor, daB die Karininkorner in den Lymphbahnen der Vagina und 
der Uteruswand nachweisbar waren. Hatte Bennecke das Recht, mich 
aufzufordern, den Beweis zu erbringen, daB der Karmin in der Lymph¬ 
bahn der Scheide und des Uterushornes in nach oben abnehmender 
Intensitat vorgefunden wird, welcher Beweis tatsiichlich von Bauer¬ 
eisen erbracht wurde, so konnte ich auch von ihm verlangen, als 
Beweis seiner Annahme es zu zeigen, daB in den Versuchen von 
Engelhorn der Karmin nicht nur im Subperitonealgewebe, sondern 
auch in jeder Wandschicht des Genitalrohres vorzufinden war, so daB 
man die Spur des Transportweges der Karmiukornchen in der Richtung 
Lumen, Mucosa, Submucosa, Muscularis, Subserosa verfolgen konnte. 

4) Der Einwand Benneckes, daB ich, ohne Jungs Versuche 
nachzupriifen, kritisch auf dieselben eingegangen und deshalb schon 
solche Kritik miBlich sei, ist nicht berechtigt. Ich habe in meiner ein- 
schlagigen Abhandlung (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynakol. Bd. 34. 
1911. p. 674) ganz ausdriicklich den Grund angegeben, warum ich ab- 
sichtlich nicht die neuen Versuche Jungs wiederholt habe, n&mlicli, 
weil diese den aiteren Experimenten von Baumgarten und Basso 
gegentiber keinen wesentlichen methodischen Fortschritt bringen. Es 
sei hier nochmals betont, daB auch in den neueren Experimenten J ungs 
der von ihm angenommene Transportweg, das spontane intrakanalikulare 
Aufsteigen der Tuberkelbacillen, nicht nachgewiesen ist. 

5) Der Vorwurf Benneckes, daB ich es bei meiner Kritik der 
Jungscheu Versuche an der notigen Sorgfalt, mich mit dem Inhalte 
der zu kritisierenden Arbeit geniigend vertraut zu machen, fehlen lieB, 
ist ganz unbegriindet und in keiner Weise als berechtigt anzuerkennen. 
Denn ich habe ja keineswegs behauptet, daB in alien Fallen der 5 Faile 
von Jung „allgemeineTuberkulose, insbesondere der Lungen und Lymph- 
driisen“ konstatiert worden ware, sondern nur gesagt, daB „diese seltenen 
Befunde von nicht in der Richtung des normalen Sekretstromes lokali- 


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422 


Central bl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


sierten Schleimhauttuberkeln erst nach dem spontanen Tode der Tiere 
erhoben wurden, als bei ihnen bereits die Genitaltuberkulose zu allge- 
meiner Tuberkulose, insbesondere der Lungen und Lymphdriisen, gefuhrt 
hatte u . Das heiBt also fur jeden, der nicht bloB die Worte, sondern den 
Sinn derselben abwiigt: die Befunde wurden erst erhoben zu einer 
Zeit, nach welcher bei den Tieren bereits Driisen- und Lungentuber- 
kulose eingetreten war. Ob dies nun bei alien Tieren oder nur bei der 
Mehrzahl, namlich bei 3 von 5, im Sektionsprotokoll angegeben war, ist 
irrelevant. Auch bei den 2 anderen unter den 5 Tieren waren ja bei- 
nahe 3 Monate post inoculationem verflossen, und die Befunde wurden 
erst nach deni spontanen Tode der Tiere erhoben. Das eine (Kanincheu III) 
der beiden Tiere zeigte eine, wenn auch „ganz geringe Peritonealtuber- 
kulose“. Von Lungen und Lymphdriisen ist zwar nichts erwahnt, aber 
es ist doch auch in keiner Weise ausgeschlossen, daB nach so langer 
Zeit nicht wenigstens in den regionaren Lymphdriisen tuberkulbse 
Prozesse etabliert waren, um so weniger, als ja keine mikroskopische 
Untersuchung angestellt, wenigstens nichts von einer solchen angegeben 
ist. Das gleiche wie von Kaninchen III laBt sich auch von Kaninchen IV 
sagen. 

Nach diesen Auseinandersetzungen glaube ich, den 
obigen Vorwurf entschieden zuriickweisen zu konnen. 

G. Benneeke ist schlieBlich dariiber „iiberrascht u , daB ich „den 
Einwand der hamatogenen Infektion“ gegen die sogenannten positiven 
Falle Jungs erhebe. Ich muB ihn hier darauf aufmerksam machen, 
daB ich ja gar nicht bloB von „hamatogener u , sondern von „akzidenteller 
lymphogener oder hamatogener Metastase u gesprochen habe. Und die 
Entstehung dieser sparlichen, mikroskopischen, entgegen der Richtung 
des Sekretstroms aufgetretenen Tuberkel auf lymphogenem Wege 
ist doch auf Grund des vorliegenden Beobachtungstatbestandes absolut 
nicht auszuschlieBen. 


Zum Schlusse sei es mir gestattet, auf eine neuere Arbeit A. Bauer- 
eisens hinzuweisen (Arch. f. Gyn&kol. Bd. 96. 1912. H. 2), welche Ben- 
necke bei der Auffiihrung der neueren einschlagigen Arbeiten nicht 
erwahnt. Die Resultate Bauereisens, der bei 32 Meerschweinchen 
Versuche iiber ascendierende Tuberkulose im Urogenitalapparat an- 
stellle, stimmen wesentlich mit denen Baumgartens iiberein. Bauer- 
eisen konnte namlich niemals die sogenannte spontane intrakanali- 
kulare Aszension der Tuberkulose, sondern nur die lymphogene Aus- 
breitung der Tuberkulose in der Kanalwandung konstatieren. Ferner 
ist bemerkenswert, daB Bauereisen bei vielen Versuchsfailen, in 
welchen scheinbar eine „spontane“ intrakanalikuiare Aszension der Tuber¬ 
kulose zu sehen war, immer dabei eine spontan aufgetretene Sekret- 
stauung in den hoher gelegenen Teilen des Kanalsystems konstatieren 
konnte, eine Tatsache, deren Moglichkeit schon von Baumgarten 
wiederholt betont, und deren Vorkommen von Jung in seinen Ver* 
suchen bei Kaninchen negiert wurde. Nach Bauereisen sind die von 
Jung und Bennecke veroffentlichten Falle von intrakanalikularer 
Aszension von Tuberkelbacillen ohne bestehende Stenose und Stauung 
nicht geniigend beweisend, da bei der Einverleibung des infektibsen 
Materials groBere Wunden gesetzt worden sind, die die natflrlichen Ver- 
haitnisse stark beeintrachtigen muBten. Was die von Jung zu Ililfe 
genommenen Karminversuche Engelhorns betrifft, die einwandfrei 


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Schrammen, Ueber Diphtheriebacillentrager in einem Kfilner Schulbezirk. 423 

eine spontane, intrakanalikulSr erfolgende Aszension von unbeweglichen 
Korperchen innerhalb des Genitalschlauches nachweisen sollten, so konnen 
nach Bauereisens Ansicht diese Versuche nicht als absolut beweis- 
kraftig gelten. Bauereisens Nachprtifung des E n gelhornschen 
Karminversuches fiel, wie ich schon oben angefiihrt babe, g5.nzlich ne- 
gativ aus. 


Nachdruck xerbolen. 


Ueber Diphtheriebacillentrager in einem Kolner 

Schulbezirk. 

[Aus dem Bakteriologischen Laboratorium der Stadt Kolu 
(Direktor: Prof. Dr. Czaplewski).] 

Von Schularzt Dr. med. Franz Schrammen. 


Verschiedene ortlich begrenzte Diphtherieepidemieen der letzten Jahre 
haben neben der Tatsache, daB jkhrlich im Deutschen Reiche etwa 
15 000 Kinder der Diphtherie erliegen, die Aufinerksainkeit wieder mehr 
dieser Infektionskrankheit zugewandt, deren Beobachtung wegen der groBen 
Erfolge der Serumtherapie zeitweise in den Hintergrund gedrfingt worden 
war. Da die prophylaktische Serumbehandlung nicht vermag, die Infektion 
mit Diphtherie zu verhindern, sondern nur eine zeitweilige Immunit&t 
von sehr beschrBnkter Dauer schafft, hat sich in der letzten Zeit das 
Streben der zust&ndigen Kreise in der Hauptsache darauf gerichtet, die 
Gelegenheit zur Infektion moglichst einzuschranken. Zu diesem Zwecke 
wird vor allem die Unschadlichmachung der gesunden Bacillentrager 
empfohlen. Der allgemein herrschenden Ansicht nach wird ja neben den 
akut Kranken gerade diesen in der Hauptsache die Schuld zugeschrieben, 
daB es bisher noch nicht gelungen ist, der tiickischen Kinderkrankheit 
dauernd Herr zu werden. 

Bei dem heutigen Stande unserer Gesetzgebung auf dem Gebiete der 
ansteckenden Krankheiten ist es nun auBerordentlich schwierig, wenn 
nicht geradezu unmoglich, alle Diphtheriekranken und Bacillentrager bis 
zu ihrer Keimfreiheit zu isolieren. Bei einer bestimmten Gruppe der Be- 
vSlkerung ist dies jedoch wenigstens bis zu einem gewissen 
Grade zu erreichen, und das sind die schulpflichtigen 
Kinder. Hier einzusetzen im Kampfe gegen die Bacillentrager liegt 
um so naher, als man von jeher der Schule einen nicht unerheblichen 
EinfluB auf die Verbreitung der Diphtherie zugeschrieben hat, obwohl 
diese Infektionskrankheit im allgeraeinen viel haufiger die noch nicht 
schulpflichtigen Kinder befallt, und auch gerade bei diesen viel ofter 
einen bosartigen Verlauf zeigt. 

Schon Flfigge (1) hat in seiner Studie fiber die Diphtherie in Breslau gewisse 
Haufungen der Diphtheriefiille in bestimmten Bezirken auf den gemeinsamen EinfluB 
einer Schule zuruck^effihrt, jedoch im wesentlichen die Verbreitung der Diphtherie den 
Kontaktinfektionen innerhalb der Familien und in eng bewohnten Hauserkomplexen 
zur Last gelegt. Einen viel groBeren EinfluB schreibt bereits Kriege (2) der Schule 
auf Grund mehrerer gut beobachteter Schulepidemieen zu. Gesundc Bacillentrager 
werden von ihm als Ueoertrager des Virus auf noch nicht infizierte Kinder angeschuldigt. 
Kriege (2) 6chlagt denn auch bereits weitgehende MaBnahmen gegen die schulpflich- 
tigen Geschwister von Diphtheriekranken und sonstige gesunde Bacillentrager vor. 

In der letzten Zeit sind dann eine Reihe von Arbeiten verfiffentlicht worden, die 
sich direkt mit der Bekampfung der Diphtherie in den Schulen befassen. So SuBerte 
sich Versmann (3) im &rztlichen V^erein zu Hamburg fiber die Frage: Welche Rolle 


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424 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


spielen die Schulen bei der Ausbreitung der Diphtherie? Veranlassung dazu hatte ihm 
die ausgebreitete Scharlach- und Diphtherieepidemie der Jahre 1908—10 zu Hamburg 
gegeben. Naeh seinen Erfahningen bildet nicht die Schule den Herd der Ansteckung, 
flondern die Schulepideinieen setzen sich aue einzelnen Hausepidemieen zusnmmen. 
Trotzdem halt Vernmann auch bei nur vereinzeltem Auftreten von Diphtheriefallen 
in Schulen die Fahndung auf Bacillentrager und die Fernhaltung derselben von der 
Schule fiir notig. 

Der praktische Versuch, durch systematische Untersuchung der Schulkinder auf 
Bacillentrager und Dauerausscheider, und deren Fernhaltung vom Unterricht aus- 
gebrochene Schulepidemieen zu bekiimpfen, ist unterdessen mehrmals, und anscheinend 
jedesmal mit deni besten Erfolg ausgeffihrt worden. 

Seligmann (5) hat eine Klassenepidemie beschrieben, bei der ein diphtherie- 
kranker Knabe im Schulzimmer gebrochcn hatte. Hier fand er unter 46 Kindern 
33 Bacillentrager. In einer anderen Klasse, in der innerhalb 5 Wochen 8 Kinder an 
Halsentziindung erkrankt waren, entdeckte er unter 51 Schiilern 9 Bacillentrager, in 
einer dritten Klasse, in der kurz vorher 8 Kinder an Halsentziindung gelitten Ratten, 
unter 43 Schiilern 8 Bacillentrager. In einer vierten Klasse dagegen, in der in Zeit 
von 8 Wochen 11 Diphtheriefalle und 2 Halsentziindungen vorgekommen waren, wurde 
unter den gesunden Schiilern nur ein einziger Bacillentrager ermittelt. Seligmann 
folgert aus diesen Versuchen, bei denen er die gefundenen Bacillentrager vom Schul- 
besuch ausschaltete, und danach das Erloschen der Schulepidemie sah, dafi er durcli 
seine Mafinahmen den giinstigen Ausgang erzielt hat. Den Befund in der letzten Klasse 
halt er allerdings nicht fur genfigena nufgekliirt. 

Zu ahnlicnen Resultaten ist Schultz (6) gelegentlich einer im Aug.-Sept. 1910 
beobaehteten Klassenepidemie in der 7. Klasse der 285. Gemeindeschule in Berlin ge- 
kommen. Er empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen bakteriologische Untersuchungen, 
wenn in einer Klasse in ganz kurzer Zeit mehrere Diphtheriefalle auftreten, wenn zu- 
gleich mit einem Diphtheriefall mehrere Falle von verdachtigen Halsentziindungen sich 
zeigen, und zur Zeit von herrschenden Epidemieen. 

Auch Frank (9) halt den Kampf gegen die gesunden Bacillentrager in den Schulen 
fiir das beste Mittel, der Klassenepidemieen Herr zu werden. Er fand bei Unter¬ 
suchungen, die er in einer Berliner Madchenschule mit 573 Kindern vornahm, da8 in 
den Klassen, in denen keine Erkrankungen beobachtet wurden, die Bacillentrager fehlten, 
oder doch nur ganz vereinzelt vorkamen, dafi von den gefundenen Bacillentriigern in der 
Halfte der Falle eine vorausgegangene Halsentziindung angegeben wurde, und dafi nach 
Ausschliefiung der Dauerausscheider und Bacillentrager vom Schulbesuch keine Neu- 
erkrankungen sich zeigten. 

Zu ganz hervorragenden Resultaten glaubt auf diesem Wege Drigalski (13) 
gekommen zu sein. Er fiihrt das Absinken der Anzahl der Diphtheriefalle in Halle 
von 1392 im Jahre 1906 bis auf 578 im Jahre 1911 in der Hauptsache auf die syste- 
matische Fernhaltung der Bacillentrager von den Schulen zuriick, die in Halle etwa 
50 Proz. der gesamten Diphtheriefalle liefern. Derselben Ansicht, namlich der Not- 
wendigkeit der Sauberung der Schulen von den gesunden Bacillentragern, huldigt auch 
Steinbriick (12). 

Auf dem diesjahrigen Kongrefi der Vereinigung der Schularzte Deutschlands (14) 
war man sich dariiber einig, dafi in inoglichst rigoroser Weise die Schule von Diphtherie- 
bacillentragern frei gehalten werden miisse. 

Diesen modernsten Bestrebungen auf dem Gebiete der Diphtheriebekampfung gibt 
Abel (10) die Fassung, dafi ein zielsicheres Vorgehen nur darin bestehen kann, bei 
gehauftem Auftreten von Diphtherie in Schulen alsbald aile Kinder und Lehrpersonen 
in den befallenen Klassen auf das Vorhandensein von Diphtheriebacillen im Rachen zu 
untersuchen, den Unterricht bis zum Vorliegen des bakteriologischen Ergebnisses aus- 
zusetzen, inzwischen die Raurae zu desinfizieren, und dann die als Bacillentrager er- 
kannten Personen vom Unterricht auszuschliefien. Die Wiederaufnahme des Schul- 
besuchs seitens der Keimtrager sollte so lange als moglich nnterbleiben. Sei sie aber 
schliefilich unvermeidlich, so miisse man womoglich an einen getrennten Unterricht 
denken. Aeufiersten Falles aber mufi nach Abels Ansicht die Wiederzulassung zur 
Schule unter besonderen Vorsichtsmafiregeln, wie Anweisung eines abgesonderten Platzes, 
Verhinderung niiherer Beriihrung mit den gesunden Kindern in den Pausen, sorgsame 
Beaufsichtigung des Gesundheitszustandes der gesunden Schuler, eben ertragen werden. 

Den wesentlichsten Einwand, der gegen ein derartiges Verfahren — fast absolute 
Ausschliefiung aller Bacillentrager vom Verkehr und der Schule — erhoben werden 
kann, bespricht Abel selbst. 

Es ist die unbestrittene Tatsache, dafi zu zahlreiche Gesunde in der Umgebung 
der Kranken Bacillentrager werden, als dafi man alle durch Absonderung oder sonstwie 
ungefahrlich machen konnte, und dafi manche Genesene fiber Monate, ja selbst Jahre 
Dauerausscheider bleiben, und unmoglich so lange vom Verkehr, von der Schule usw. 
ferngehalten werden konnen. Abel glaubt jedocn, dafi ein Nachgeben gegenfiber diesen 

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Schrammen, Ueber Diphtheriebacillentrager in einera Kolner Schulbezirk. 425 


Einwurfen einen Verzicht auf jerlen Versuch der Eindammung der Diphtherie. und 
einen Nihiliamus bedeute, der una jahrlich 1.0 000 bliihende Menschenleben in Deutach- 
land koatet. 

Ea hat aber auch nicht an Stimmen gefehlt, die deni EinfluB der Schule auf die 
Verbreitung der Diphtherie eine weit geriugere Bedeutung beimeaaen, und auch die 
Keimtriiger nicht fur aehr gefahrlich halten. Ihnen eracheint ein so rigoroses Vorgehen, 
wie von Abel vorgeachlagen wird, wcnigatena zum Teil nicht erforderlich und auch 
nicht ausfiihrbar. Wie bereits erwahnt, Halt Veramann (3) nicht die Schule fiir den 
Herd der Anateckung, aondern nach ihra werden die Erkraukungen aua den Familien 
in die Schule getragen, und auch Gottetein (11) halt den Utnfang und die 
Gefahr der tataachlich von den Schulen in die Familien eingeschleppten Fiille auf Grund 
dea von ihm beobachteten Materials nicht fur beaondera groB. Im Kaiser und Kaiserin 
Friedrich-Krankenhause zu Berlin liegen nach Sommerfelda (8) Bericht die diphtherie- 
bacillenfiihrenden Kinder zwischen den iibrigen, ohne daB ea zu Infektionen kornmt, 
und Sorensen (4) kommt auf Grund aehr umfangreicher Unterauchungen zu dem 
paradoxen Resultat, daB weder das Vorhandenaein von Bacillen bei geuesenen Diphtherie- 
kranken eine Anateckung der Familienmitglieder viel wahracheinlicher macht, noch ihr 
Nichtvorhandenaein eine absolute Garantie dagegen gibt. 

AuBer dem von Abel bereits zuriickgewiesenen Bedenken gegen 
das schroffe Vorgehen wider die Bacillentr&ger konnen jedoch noch 
einige andere erhoben werden. Zun&chst sind Zweifel daruber erlaubt, 
ob die von Frank (9), Schultz (6), Seligmann (5) u. a. berichteten 
Erfolge im Kampfe gegen die Schulepidemieen tatsachlich auf das Ein- 
greifen der Verfasser zuriickzufiihren sind, oder ob dio Epidemieen nicht 
auch erloschen waren, wenn die gesunden Bacilleutrager weiter am Unter- 
richt teilgeuommen hatten. Auch der Befund von Frank (9), daB in 
Klasseu, in denen Diphtheriefalle nicht vorkamen, keine oder nur ganz 
wenige Bacilleutrager sich befanden, kann nicht ohne weiteres verallge- 
meinert werden. 

Ebenso darf den Zahlen Drigalskis (13) der Ein wand entgegen- 
gehalten werden, daB auch bereits friiher betrachtliche Schwankungen 
in der Morbiditatsstatistik der Diphtherie zu verzeichnen waren, ehe 
ein derartiger energischer Feldzug gegen die Bacillenstreuer eroffnet 
worden war. 

Zudem ist zu bedenken, daB die scharfe Handhabung der vor- 
geschlagenen strengen MaBregeln zu bedeutenden Storungen im Schul- 
betrieb fiihren muB und auch sonstwie zu weitreichenden Folgen AnlaB 
geben kann. 

Unseres Wissens existieren auch noch keine Erfahrungen daruber, 
ob nicht bei der vorgeschlagenen Ansammlung von Bacillentragern in 
besonderen Keimtragerklassen durch die Haufung des infektiosen Mate¬ 
rials das Gegenteil der angestrebten Wirkung erzielt, und ein gefiihr- 
licher Herd der Ansteckung geschaflfen wird, dessen latentes Feuer durch 
die reichliche Zufuhr von Brandstoflf erst zum offenen Ausbruch komrnen 
kann. 


Vorstehende Erwagungen waren fur den Verfasser dieser Arbeit die 
Veranlassung, mittels systematischer Durchsuchung aller Scliulkinder an 
einem Kolner Schulsystem einen Beitrag zu liefern, der vielleicht ge- 
eignet ist, die schwierige Frage beziiglich der Behandlung der bacillen- 
behafteten Kinder klaren zu helfen. 

Der medizinische Dezernent der Kolner Verwaltuug, Herr Beige- 
ordneter Dr. Kraut wig, gab bereitwilligst die Erlaubuis zu den ge- 
planten Untersuchungen, und Herr Professor Dr. Czaplewski stellte 
in entgegenkommendster Weise sein Institut zur Vornahme der niitigen 
bakteriologischen Arbeiten zur Verfiigung. 

In Koln sind die Volksschulverh&ltnisse folgendermaBen geregelt: 
Die Stadt ist in Schulbezirke eingeteilt, die sich bei den katholischen 


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426 


Centralbl. f. Rakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Schulen im allgemeinen mit dem Bezirk einer oder zweier Pfarreien 
decken und je eine Knaben- und eine M&dchenschule umfassen. Die 
Schulen eines derartigen Bezirks bilden zusaimnen ein System. 

Zum Schutze vor unvorhergesehenen Zwischenf&llen, die das Re- 
sultat der Untersuchung beeintrachtigen konnten, wurde der 37. Schul- 
bezirk gew&hlt, in dem sich zurzeit keine Hdufung von Diphtheriefallen 
und verdachtigen Halsentzflndungen bemerkbar machte. Die Schulen 
selbst waren diphtheriefrei. Der Bezirk deckt sich mit dem Bereich der 
Dompfarre und der Pfarrei St. Andreas und liegt in alteren und Sltesten 
Teilen, dem Kerne der Stadt. 

Das Milieu, aus dem die Kinder stammen, besteht in der Haupt- 
sache aus kleinen Gewerbetreibendeu, Kleinhandlern und Handwerkern, 
sie gehoren also vornehmlich dem kleinen Biirgerstande an; ein nicht 
geringer Prozentsatz stammt auch von wohlhabenderen Eltern. Die 
Kinder von Arbeitern u. dergl. sind bei weitem in der Minderzahl. 

Das Schulgebaude der Knabenschule ist ein moderner Kolner Schul- 
palast, und mit allem hygienischen Komfort ausgestattet, die Madchen¬ 
schule ist das Slteste noch im Gebrauch befindliche Schulgebaude K5lns. 
Obgleich es den modernen Anforderungen an Heizung, Liiftung und 
Beleuchtung nicht mehr ganz entspricht, kann doch von hygienischen 
MiBstanden nur in zwei Klassen, und zwar bezuglich der Beleuchtung, die 
Rede sein. Die beiden Schulgebaude liegen in ganz verschiedenen 
StraBen, haben keine Verbindung miteinander, und sind etwa 400 Meter 
voneinander entfernt. 


Die Entnahme der Rachenabstriche geschah wahrend des Unterrichts 
im Schulgebaude in folgender Weise: Die Kinder traten eins nach dem 
andern an den Schularzt heran, der mit dem sterilen Wattetupfer der 
vorschriftsmaBigen DiphtherieentnahmeversandgefaBe die beiden Gaumen- 
mandeln abstrich und den mit dem Material beladenen Tupfer in das 
bereits etikettiert mitgebrachte Rohrchen steckte. Das Kind erhielt das 
verschlossene Rohrchen in die Hand und gab es unter Nennung seines 
Namens an die Lehrperson ab, die deu Namen auf dem Schildchen ver- 
zeichnete. Auf diese Weise gelingt es bequem, in etwa 30—40 Minuten 
eine Klasse von 40—50 Schulern abzufertigen. 

Der einzige Vorwurf, der dieser Methode gemacht werden kann, 
ist der einer gewissen Ungenauigkeit. Eine exakte Untersuchung hatte 
auch auf die Rachenmandel und die Nasenhohle ausgedehnt werden 
miissen. Indessen ist bei derartigen Massenuntersuchungen die Vor- 
nahme des Rachenmandelabstriches unmoglich, da hier zuviel mit dem 
Widerstand der Kinder, die sich ja freiwillig der Prozedur unterziehen 
miissen, zu rechnen ist. Auf das Resultat kann jedoch diese Ungenauig¬ 
keit nur so weit EiufluB haben, als die Zahl der gefundenen Bacillentrager 
vielleicht zu niedrig ist. 

Nach Vornahme des Abstriches wurde das gewonnene Material so- 
gleich zum Institut gebracht, wo die Tupfer ohne Verzug auf Loeffler- 
schen Hammelblutserumplatten abgestrichen wurden. Die Laboratoriums- 
arbeiten sind von den beiden Assistenten des Instituts, Herrn Apotheker 
E. Scheible und Herrn Oberstabsarzt a. D. J. Schmitz ausgefuhrt 
worden. Der Transport der Rohrchen zum Laboratorium nahm etwa 
20 Minuten in Anspruch. 

Die Entnahme der Abstriche stieB in der Mfidchenschule nur in der 
untersten Klasse bei zwei Kindern auf Widerstand, der aber durch 
freundlichen Zuspruch der Lehrerin flberwunden wurde; dagegen war 


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Schrarumen, Ueber Diphtheriebacillentrager in einem Kolner Schulbezirk. 427 


in der 5. Knabenklasse ein Schuler renitent. Dessen Untersuchung 
mufite deshalb leider unterbleiben. 


Als sich in den beiden untersten Madchenklassen mehrere Schiile- 
rinnen als Bacillentragerinnen erwiesen, wurde in einer Besprechung, an 
der auBer dem Herrn Beigeordneten Dr. Kraut wig und Herr Professor 
Dr. Czaplewski auch der Schularzt des Bezirks (Dr. Schrammen) 
teilnahm, beschlossen, die Bacillentrager vom Schulunterrichte vorlaufig 
nicht auszuschlieBen. Ausschlaggebend fur diesen BeschluB war der Urn- 
stand, daB seit langerer Zeit Diphtherie unter den Schulern des Systems 
nicht vorgekommen war und keine Anzeichen fur den bevorstehenden 
Ausbruch einer Schulepidemie vorhanden waren. Auch besteht keine 
gesetzliche Verpflichtung fiir die Entfernung der gesunden Keimtrager 
aus der Schule. Durch das Verbleiben derselben zwischen den tibrigen 
Schulern gewann die Untersuchung im gewissen Sinne den Charakter 
eines Versuchs gegentlber den oben erwahnten Arbeiten von Selig- 
mann (5) etc. 

Die Untersuchungen erstreckten sich auf die Zeit vom 15. Mai bis 
zum 6. August In der ganzen Zeit ist kein einziger Diphtheriefall 
unter den Schtilern vorgekommen. In der Madchenschule trat der erste 
Diphtheriefall gleich beim Beginn des Wintersemesters (12. September) 
auf. Das Kind gehorte nicht zu den ermittelten Bacillentragerinnen. 
Es hatte wahrend der Ferien ausw&rts geweilt und die Diphtherie von 
dort mitgebracht. In der Knabenschule ist bis heute (5. Oktober) kein 
Fall von Diphtherie vorgekommen. 

Den bei der Hauptentnahme fehlenden Kindern wurde der Gaumen- 
abstrich gemacht, sobald sie die Klasse wieder besuchten. Jedesmal 
wurde festgestellt, aus welchem Grunde die Versauinnis stattgefunden 
hatte, damit kein Fall von unentdeckt gebliebener Diphtherie das Er- 
gebnis der Untersuchung trtibte. 

Es sind alle Kinder, die im Sommersemester die Schule besuchten, 
untersucht worden, mit Ausnahme des renitenten Knaben in der 5. Klasse, 
und einer Schwester einer Bacillentragerin in der 2. Klasse, die bis zum 
Ende des Schulhalbjahres wegen Husten fehlte. 

Nachdem samtliche Klassen beider Schulen durchuntersucht waren, 
wurde zur Kontrolle von alien ermittelten Bacillentragern und auch 
von deren schulpflichtigen Geschwistern, die sich bei der ersten Probe 
bacillenfrei erwiesen hatten, nochmals ein Rachenabstrich entnommen 
und untersucht. Diese Kontrolluntersuchungen fanden fiir die Madchen¬ 
schule am 24. Juli, fiir die Knabenschule am 6. August statt. 

Bei der Hauptuntersuchung fehlten in der 7. Knabenklasse zwei 
Brilder wegen Fiebers resp. Mandelentziindung, und in der 2. Madchen- 
klasse ein Kind wegen Mandelentziindung. Der sofort nach der Wieder- 
aufnahme des Schulbesuches entnommene Abstrich enthielt keine Di- 
phtheriebacillen und war auch bei der Kontrolle bacillenfrei. 

Das Ergebnis der Untersuchungen machen folgende Tabellen an- 
schaulich. 

Die Tabellen sind wohl ohne weiteres verstandlich und bediirfen 
keiner Erlauterung. Nur muB noch erwahnt werden, daB in den 
Kolonnen, die die Geschwister der Bacillentrager auffiihren, nicht nur 
die Schiiler der Madchen- oder Knabenschule fiir sich beriicksichtigt 
sind, sondern beide durcheinander. 

In der Madchenschule wurden also insgesamt 37, in der Knabenschule 
22 Bacillentrager ermittelt. 


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428 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heit G. 


Tabelle 1. 
Miidchen. 


Hauptuntersuchung 

Kontrolle 

Gesamtzahl d. 
Bacillentrager 

Datum 

Klasse 

Schiilerzahl 

Bacillentrager 

(Anzahl) 

Prozentzahl 

Bacillenfreie 
Geschwister von 
Bacillentragern 
aller Klassen 

Datum 

Friiher ermittelte 
Bacillentrager 

Ih 

O 

to 

•SS 

U 

w 

a 

JV 

'S 

25 

(V 

s 

o 

• mm 

Cj O w 

4= S.* 

-.2jc 

o2 % 
a aj 2 

a 

Absolute Zahl 

Prozentzahl 

15. 5. 

VII 

44 

3 

6,8 

5 

24. 7. 

_ 

1 

4 

4 

9,1 

21. 5. 

VI 

43 

2 

4,6 

1 

» 

2 

2 ! ) 

0 

4 

9,3 

12. 6. 

V 

4G 

3 

5,4 

1 


— 

1 

0 

4 

8,7 

24. 5. 

IV 

58 

4 

6,8 

5 

»» 

— 

1 

4 

5 

8,6 

7. 6. 

III 

51 

4 

7,8 

1 

»> 

— 

1 

0 

5 

9,8 

17. 6. 

II 

47 M 

11 

23,4 

1 

>» 

5 

1 

0 

12 

25,5 

19. 6. 

I 

51 

2 

3,9 

3 

»» 

2 

1 

2 

3 

5,8 

Schule 

340 

29 

8,5 

17 

9 

8 

10 

37 

10,8 


Tabelle 2. 
Kn aben. 



Hauptuntersuchung 


Kontrolle 

Gesamtzahl d. 
Bacillentrager 

e 

•5 

08 

Q 

O 

a 

1 

Schiilerzahl 

Bacillentrager 

(Anzahl) 

Prozentzahl 

Bacillenfreie 
Geschwister von 
Bacillentragern 
aller Klassen 

a 

2 

eg 

Q 

Friiher ermittelte 
Bacillentrager 

Neue Bacillentrager 

Bacillenfrei 

gebliebene 

Geschwister 

Absolute Zahl 

Prozentzahl 

24. 6. 

VII 

44 

2 

4,5 

1 

6. 8. 

0 

1 

0 

3 

6,8 

27. 6. 

VI 

51 

1 

1,8 

6 


0 

1 

5 

2 

3,9 

8. 7. 

V 

48 

4 

8,3 

1 


0 

1 

1 

5 

10,4 

4. 7. 

IV a 

39 

1 

2,5 

1 


0 

— 

1 

2 

5,1 

3. 7. 

IVb 

38 

7 

18,4 

1 


0 

1 

0 

8 

21,0 

16. 7. 

III 

43 

0 

0 

2 


0 

— 

2 

0 

0 

10. 7. 

II 

39 

0 

0 

1 


0 

2 s ) 

0 

2 

5,1 

18. 7. 

I 

62 

2 

3,2 

3 


0 

— 

3 

2 

3,2 

Schule 

364 

17 

4,6 

16 


0 

5 

12 

22 

6,3 


Der Befund dehnt die vielfach betonte und auch bei Gottsteins 
Material best&tigte regelmiiBige Erscheinung, daB das weibliche Geschlecht 
bezuglich der Morbiditat nach den absoluten Zahlen starker beteiligt 
ist, als das m&nnliche, auch auf die Bacillentrager aus. 

Diese 59 Bacillentrager gehfjren 44 Fainilien an, von denen 19 nur 
ein Kind in der Schule hatten. 


1) Die Schwester einer Bacillentragerin aus Klasse IV fehlt bei der Hauptunter- 
suchung und Kontrolle wegen Hustens. 

2) Darunter eine, die bei der Hauptuntersuchung gcfehlt hatte. 

3) Von diesen hatte einer bei der Hauptuntersuchung gefehlt. 


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Schraramen, Ueber Diphtheriebacillentrager in einem Kolner Schulbezirk. 429 


In 11 von den iibrigen 25 Familien, also bei 44 Proz. der Falle, 
hatte, wie die Kontrolle bewies, eine Weiterverbreitung der Bakterien auf 
keimfreie schulpflichtige Geschwister stattgefunden. 

Man darf wohl mit Recht annehmen, daB die Infektion dieser Kinder 
auf das Konto der Familie zu setzen, und nicht auf den EinfluB der 
Schule zuriickzufiihren ist, wo der Kontakt der Kinder anerkanntermaBen 
ein viel geringerer ist, als in der Familie. Mit Sicherheit konnen wir 
die Klasse freisprechen bei dem einen Falle in der 2. Knabenklasse, 
denn diese war bei der Hauptuntersuchung bacillenfrei. 

Die 36 bei der Hauptuntersuchung gefundenen Bacillentrager wurden 
bei der Kontrolle bis auf 9 diphtheriekeimfrei befunden, da aber 13 neue 
ermittelt wurden, betrug die Gesamtzakl immer noch 22. Diese Zahl 
ist noch durch die Entlassung von 3 Bacillentragern mit 5 Geschwistern 
aus der Schule, bevor die Kontrolle stattfand, wohl nach der giinstigen 
Seite hin beeinflufit. 

Nur bei 2 der 59 ermittelten Bacillentrager konnte festgestellt werden, 
daB sie vor Jahren Diphtherie gehabt hatten, eins von den frei gebliebenen 
Geschwistern hatte ebenfalls vor l&ngerer Zeit an Diphtherie gelitten; 
bei 2 mit Bacillen behafteten Kindern hatte vor Jahren eine Infektion 
mit Scharlach stattgefunden. Der Wohnung konnte in keinem Falle eine 
Schuld an der Uebertragung (abgesehen von den Geschwistern) zur Last 
gelegt werden. 

Keine der beteiligten Familien wohnt mit einer anderen in einem 
Hause zusammen; dagegen wohnten einige Bacillentrager in benachbarten 
oder nahezu benachbarten Hausern, so daB man an eine Uebertragung 
der Keime auf dem Schulwege oder wahrend des Spielens in der schul- 
freien Zeit, z. B. auf der StraBe, denken muB, zumal diese Kinder nicht 
Klassengenossen waren. 

Urn festzustellen, ob vielleicht eine Haufung von Keimtrkgern an 
bestimmten Stellen der Klasse sich fand, wurden die ermittelten in den 
Situationsplan der Klasse eingezeichnet. Es ergab sich aber ein so 
unregelm&Biger Befund, daB Schliisse daraus nicht gezogen werden konnen. 
Die Mitteilung der Situationsplane ist deshalb auch unterblieben. 

26 der 59 Keimtrager, also 44 Proz., litten an chronischer Mandel- 
schwellung, von den bis zur Kontrolle keimfrei gebliebenen Geschwistern 
hatten nur 5 hypertrophische Mandeln, die iibrigen 17 normale. 

Folgende Berufe des Vaters resp. der Mutter fanden sich bei den 
beteiligten Familien: 5 Schneider (7 Bacillentrager), 4 Kellner (5), 3 
Schuster (4), 3 Wirte (3), 3 Witwen (3), 2 Friseure (2), 2 Backer (3), 
2 Monteure (2), 1 Arbeiter, 1 Sattler, 1 Agent, 1 Installateur, 1 Miitzen- 
macher, 1 Schutzmann, 1 Hausknecht, mit je 2 Keimtragern, und 
schlieBlich 1 Chauffeur, 1 Ileizer, 1 Masseur, 1 Maschinist, 1 Buchhalter, 
1 Verwalter, 1 Bureauschreiber, 1 Oberpostschaffner, 1 MetallgieBer, 
1 Kupferschiager, 1 Pumpenmacher und 1 Klempner sowie 1 Gerichts- 
diener mit je 1 bacillenbehafteten Kinde. 

2 Familien lieferten je 3 Bacillentrager und 9 je 2. 

Bei der kritischen Betrachtung des Materials ergibt sich zunachst 
die Tatsache, daB innerhalb eines Schulhalbjahres in einer Knaben- und 
in einer Madchenschule in samtlichen Klassen, mit Ausnahme einer 
einzigen, Diphtheriebacillentrager gefunden warden. Deren Anzahl be¬ 
trug bei den Madchen im Durchschnitt 10,8 Proz., mindestens 5,8 und 
hochstens 25,5 Proz. der Schiilerzahl, bei den Knaben im Durchschnitt 
6,3 Proz. und, abgesehen von der freien Klasse, mindestens 3,2 und 
hochstens 21,0 Proz. der Schulkinder. 


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430 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Trotzdem ist in der Beobachtungszeit kein einziger Diphtheriefall 
vorgekommen. Die Gefahrlichkeit der Bacillentrager ist also bei unserem 
Material sicher nicht groB und muB urn so geringer eingeschatzt werden, 
als auch in den Familien der Schuler wahrend der Beobachtung sich 
kein Diphtheriefall ereignet hat, soweit sich das wenigstens durch Er- 
kuudigungen bei den Schiilern feststellen Hell. 

Dieser Befund deckt sich mit den Beobachtungen, die Sommer- 
feld am Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhause in Berlin gemacht 
hat. Unter 368 untersuchten Kindern fand er dort 8 Bacillentrager. 
Diese Kinder lagen zwischen den anderen, trotzdem kam kein Fall von 
Uebertragung vor. 

Zu ahnlichen Ergebnissen bezflglich der relativen Ungefahrlichkeit 
der Bacillentrager kommt auch Sorensen an der Hand eines urnfang- 
reichen Materials. 

Weiter ergibt sich die faktische Unmoglichkeit, durch Entfernung 
von Bacillentragern eine Schule becillenfrei zu machen, wenn nicht zu- 
gleich die keimfreien Geschwister der Dauerausscheider entfernt werden, 
da diese, wie unser Material zeigt, sich zu Hause an den Geschwistern 
infizieren und damit die Keime wieder in die Schule hineinschleppen 
konnen. Die Arbeiten von Frank, Schultz und Seligmann be- 
weisen nicht, daB die gesunden Kinder nach der Entfernung der Bacillen¬ 
trager tatsachlich bacillenfrei geblieben sind, weil Kontrolluntersuchungen 
an diesen nicht gemacht wurden, sondern nur die Keimstreuer auf die 
Dauer ihrer Infektiositat nachuntersucht wurden. 

Fur unser Material hat sich demnach eine so rigorose Behandlung 
der Bacillentrager, wie sie neuerdings vielfach vorgeschlagen wird, als 
unnotig und wohl auch als undurchfuhrbar erwiesen. Man kann doch 
nicht ohne weiteres auch die gesunden Geschwister der Bacillentrager 
vom Unterricht und vom Verkehr mit den anderen Kindern ausschalten. 
Das aber ware notig, wenn man sich fiber den Erfolg der MaBnahmen 
keinen Selbsttfiuschungen hingeben will. 

Gegenuber den vermeintlichen Erfolgen Wolffs (7), der durch 
schonende, aber wirksame Absonderung der Bacillentrager 2 Dorfer von 
einer Diphtherieepidemie befreit zu haben glaubt, darf man daher be- 
rechtigte Zweifel hegen, ob nicht der Glaube an die Wirksamkeit seiner 
MaBregeln ein frommer Selbstbetrug gewesen ist. 

Zur Kiarung der Sachlage beztiglich der Gefahrlichkeit der Bacillen¬ 
trager in Schulen sind wohl noch recht viel weitere Untersuchungen 
erforderlich. 

In einer etwas anderen Anordnung des Versuches soil hier in K61n 
demnfichst die Durchmusterung eines evangelischen Schulsystems vor- 
genommen werden, das bezuglich der sozialen Schicht, aus der die 
Kinder stammen, des Schulhauses und des Stadtteiles gegenfiber dem 
38. Schulsystem etwas andere Verhaitnisse aufweist. 

Als Besonderheit an den hier mitgeteilten Versuchen mochte ich 
betonen, daB dieselben durchgeffihrt sind an einem gesunden System, 
ohne daB eine Diphtherieepidemie vorausgegangen ist Oder bestand, und 
erst damit zu Nachforschungen AnlaB gegeben hat. 


Literatur. 


1) Fliigge, C., Die Verbreitungsweise der Diphtherie mit spezieller Beriicksichtigung 
des Verhaltens der Diphtherie in Breslau 1886—1890. Eine epidemiologische Studie. 
(Zeitechr. f. Hyg. Bd. 17. 1844. p. 401—464.) 

2) Kriege, Ueber die sanitatspolizeilichen Maflnahmen zur Verminderung der Ver- 
breitung der Diphtherie. (Vierteljahrsnchr. f. gerichtl. Med. 3. F. Bd. 23. 1902.) 


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Cano u. Martinez, Einflufl der Wasserfauna auf Choleravibrionen. 431 


3) V ersmaiMi, Welche Rolle spielen die Schulen bei der Ausbreitung der Diphtherie? 
Vortrag, gehalten im Hamburger arztlichen Verein. (Referat.) (Zeitschr. f. Schul¬ 
gesundheitspfl. 1910. p. 199.) 

4) Sorensen, Ueber Retourfalle (return cases) bei Diphtherie. (Miinchen. ined. 
Wochenschr. 1911. p. 675.) 

5) Seligmann, E., Die Bekampfung der Diphtherie in Schulen und geschlossenen 
Anstalten. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 70. I. 1911.) 

6) Schultz. R., Bakteriologische Untersuchungen bei einer Klassenepidemie von 
Diphtherie in einer Berliner Gemeindeschule. (Zeitschr. f. Schulgesundheitspfl. 
1911. No. 7.) 

7) Wolff, Ein Beitrag zur Bekampfuug der Diphtherie. (Vierteijahrsschr. f. gerichtl. 
Med. 1911. H. 2.) 

8) Sommerfeld, Paul, Beitrag zur Epidemiologie der Diphtherie (Bacillentrager 
und Bacillenpersistenz). (Arch f. Kinderheilk. Bd. 7. p. 116—126.) 

9) Frank, A., Ein Beitrag zur Diphtheriebekampfung in Schulen und geschlossenen 
Anstalten. (Hyg. Rundsch. 1912. p. 325—331.) 

10) Abel, Rudolf, Erfolge und Mangel der Diphtheriebekampfuug. (Centralbl. f. 
Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 64. 1912.) 

11) Gottstein, Adolf, Zur Epidemiologie der Diphtherie mit besonderer Beriick- 
sichtigung der Schule. (Zeitschr. f. gerichtl. Med. 3. F. Bd. 93. 1912.) 

12) Steinbriick, Willi, Zur Bekampfung der Diphtherie. Ein Beitrag aus der 
arztlichen Praxis. (Centralbl. f. Bakt. Ant. I. Orig. Bd. 64. 1912.) 

13) v. Drigalski, Die Epidemiologie und Bekampfung der Diphtherie. (Centralbl. f. 
Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 55. 1912. No. 4/5.) 

14) 6 elter, Hugo, XL Jahresversamml. d. deutsch. Ver. f. Schulgesundheitspfl. u. 
IV. Versamml. d. Vereinig. d. Schularzte zu Berlin v. 28.—30. Mai 1912. (Centralbl. 
f. allg. Gesundheitspfl. 1912. H. 9 u. 10.) 


Nachdruck verboten. 

Einfluss der Wasserfauna auf Choleravibrionen. 

[Aus dem Kdnigl. Hygienischen Institut der Universit&t Sassari 
(Vorstand: Prof. Dr. Cl. Fermi).| 

Vorl&ufige Mitteilung. 

Von Dr. med. U. Cano und stud. med. G. Martinez. 

Zweck vorliegender Arbeit war, zunachst festzustellen, ob sich Fische 
Choleravibrionen einverleiben und wie lange diese Keime in ihrem Darra 
verweilen konnen, zweitens, den EinlluC der Wasserfauna auf die Er- 
haltung der Vibrionen in den GewSssern zu erforschen, d. h. festzustellen, 
ob die Wassertiere durch wiederholte Aufnahme und Entleerung der 
Vibrionen eine standige Verunreinigung der Gew&sser bewirken, etwa 
wie es bei den Landtieren bezQglich des Bacterium coli und der 
Tetanusbacillen zu geschehen pflegt. 

A. Choleravibrionen neben Cyprinus auratus. 

Goldfische wurden in 8 ger&umige, mit 5 1 reinen vibrionenfreien 
Trinkwassers resp. Bassinwassers des Institutgartens beschickte GefaBe 
getan. Jedes GefaB wurde mit 30 com einer 24-stflndigen Bouillonkultur 
von Choleravibrionen (aus Rom 1911) geimpft. Sofort resp. 1, 8, 16, 
24 Stunden, 2, 4, 7, 10 Tage nach der Impfung wurden die Vibrionen 
im Wasser und in verschiedenen Teilen der Darmrohre der Fische auf- 
gesucht, wobei die gewohnlichen Methoden zur Choleradiagnose in An- 
wendung kamen. Die Fische wurden vor der Prufung mit 1-prom. Salz- 
s&urelosung gereinigt, um SuBerlich anhangende Vibrionen zu toten, dann 
mehrmals mit 1-proz. steriler Sodaldsung ausgespiilt. 


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URBANA-CHAMPAIGN 



432 


Central!)], f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 6. 


Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle zusammengestellt, wo mit 
dem Zeichen + die Anwesenheit, mit 0 die Abwesenheit des Cholera- 
vibrio angedeutet wurde. 


.Nach der 
Impfung 


I 


II 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

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1 Stunde 

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8 Stunden 

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0 

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0 

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0 

0 

0 


Ergebnis. Choleravibrionen lebten 2—4 Tage im Darm der Gold- 
fische; trotzdem begiinstigten diese Fische die Wasserinfektion weder 
durch Vibrionenentleerung, noch durch Beforderung der Bakterien- 
entwickelung mittels ihrer Ausscheidungen; in der Tat waren die Vi- 
brionen nach wenigen Tagen aus dem YVasser verschwunden. 


B. Choleravibrionen neben Frosch- und Insektenlarven. 


Versuch I. Mehrere, 50 ccm Leitungswasser enthaltende, ger&umige 
Reagensgl&ser erhielten 1 Oese kraftiger Choleravibrionen und Frosch- 



Nach 

8 Stunden 

Nach 

16 Std. 

Nach 

24 Std. 

Nach 

2 Tagen 

Nach 

5 Tagen 

Nach 

7 Tagen 

Vibrionen + Larven von 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

V. Rom 1910, Insekten 

V V 

V V 

V 

V 

V 

V 

V V 

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„ „ 1910, Frosche 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

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„ „ 1911, Insekten 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V V 

V V 

„ „ 1911, Frosche 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V V 

V t 

V. El Tor, Insekten 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

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„ „ Frosche 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

t V 

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t + 

V. Saprophytes, Insekten 

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V 

V 

V 

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V 

V 

V 

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„ „ Frosche 

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V 

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Massaua, Insekten 

V 

V 

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V 

V 

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„ Frosche 

V 

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V 

V 

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V 

V 

V V 

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Metchnikoff, Insekten 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V 

V V 

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u FrOsche 

Kontrolle: 
Insektenlarven 
Froschlarven 

V. cholerae, Rom 1910 
„ 1911 

V. El Tor 

V. Saprophytes 

V. Massaua 

V. Metchnikoff 

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V 

V 

V 

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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Cano u. Martinez, Einflufi der Wasserfauna auf Choleravibrionen. 433 


resp. Wasserinsektenlarven. Im Wasser der Proben, welche bei 22° C 
standen, suchten wir von Zeit zu Zeit mit den gewohnlichen Mitteln nach 
den Choleravibrionen und beobachteten, ob die Tiere am Leben blieben. 
Es wurden auch Kontrollrohren mit Vibrionen ohne Tiere resp. mit 
Tieren ohne Vibrionen, oder mit Tieren neben anderweitigen, cholera- 
ahnlichen Vibrionen angestellt. 

In der vorstehenden Tabelle sind diese Beobachtungen wieder- 
gegeben, wobei v lebendig, f tot bedeutet 

Versuch II. 1) In zwei anderthalb Liter Bassinwasser enthaltende 
GefaBe wurden 24 Froschlarven und zwei 24-stfindige Bouillonkulturen 
von Choleravibrionen getan. 

2) Weitere zwei GefaBe wurden mit zwei Cholerakulturen, 24 Frosch¬ 
larven und Fadenalgen beschickt. 

3) Zur Kontrolle wurden zwei GefaBe mit Froschlarven und zwei 
mit Vibrionen allein angestellt. 

4) Zwei GefaBe erhielten 30 Wasserk&fer und zwei Vibrionenkulturen. 

5) Weitere zwei GefaBe wurden mit 30 Kafern, Vibrionen und 
Fadenalgen beschickt. 

6) Zur Kontrolle wurden wiederum zwei GefaBe mit Kafern und 
mit Vibrionen allein angestellt. 

Um die natiirlichen Bedingungen moglichst nachzuahmen, wurden 
die GefaBe im Lichte bei Zimmertemperatur gehalten. Nach 8, 16, 
24 Stunden, 2, 5, 7 Tagen pruften wir das Wasser auf Vibrionengegen- 
wart und beobachteten den Zustand der Versuchstiere: 


Vibrionen + Froschlarven 

Vibrionen + Kafer 

+ „ + AI gen 

Kafer 


y 


Vibrionen 


Nach 

8 Std. 

Nach 
16 Std. 

Nach 
24 Std. 

Nach 

2 Tagen 

Nach 

5 Tagen 

Nach 

7 Tagen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

Tiere 

Vibrionen 

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Ergebnisse. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daB die Gegenwart 
verschiedener Wassertiere (Froschlarven, Wasserkafer, Larven von Wasser- 
insekten) die Lebensfahigkeit der Choleravibrionen nicht beeinfluBt und 
daB die Vibrionen auf die genaunten Tiere keinen EinfluB haben, viel- 
leicht mit Ausnahme der Froschlarven, welche bei Gegenwart ander- 
weitiger Vibrionen (El Tor, Metschnikoff, Saprophyles) friiher als die 
Kontrollen starben. 


Erste Abt. Orig. Bd. 67. 


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Heft 6. 


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URBANA-CHAMPAIGN 



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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 6. 


Nachdruck verboten. 

Zur Frage liber Kedrowskis „Leprakultur‘ l . 

[Aus dem Bakteriologischen Institut in Kiew.] 

Von Dr. D. Machow. 

Die Frage fiber die Zfichtung des Lepraerregers und iiber seine 
Uebertragung auf Tiere hat schon viele Forscher beschaftigt, ist aber 
bis heute noch offen geblieben. Wie bekannt, hat Kedrowski (1) in 
neuester Zeit eine eingehende und interessante Arbeit auf diesem Gebiet 
veroffentlicht, in welcher er niitteilt, daB er eine ganze Reihe von Rein- 
kulturen, die er fiir leprose halt, erhalten habe. Eine von den erwahnten 
Kulturen ubersandte Kedrowski dem vor kurzem verstorbenen Prof. 
Dr. VV. K. Wyssokowicz. Prof. Wyssokowicz, dem ich fiir seine 
liebenswiirdigen Anweisungen und wertvolle Leitung bei diesen Unter- 
suchungen rneinen aufrichtigsten und ergebensten Dank schuldig bin, 
iibertrug mir die Beobachtungen der erwahnten Kultur. Bevor ich zur 
naheren Schilderung meiner Beobachtungen iibergehe, halte ich es fiir 
notwendig, an die Art und Weise, wie Kedrowski seine Kulturen 
erhalten hat, zu erinnern. 

Wie bekannt, erhielt Kedrowski (2) im Jahre 1901 durch Aussaat tiefliegender 
Schichten eines menschliehen, steril exzidierten, leprosen Knotens auf dem von 
Kedrowski vorgeschlagenen Placentaagar eine ganze Reihe von Kulturen, welche 
annahernd denselnen Charakter batten. Anfangs wurde ein Wadis turn nur auf 
Placentaagar erzielt, nachher auch auf den gewbnnlichen Nahrboden. Morphologisch 
wiesen diese Bakterien einige Verschiedenheiten in der Form auf, welche von den Nahr¬ 
boden abhiingig waren, indent sie sich bald als Kokken, bald ais kiirzere oder langere 
Stabchen zeigten. Diese Bakterien waren beweglich und bcsafien einige Saurefestigkeit, 
insbesondere in den jungen Kulturen. Die in einem Falle von Kedrowski isolierte 
Kultur besafi andere Eigenschaften. Die Aussaat, bei welcher als Material ein steril 
exzidierter, leproser Knoten diente, ergab eine streptothrixahnliche Kultur. Diese 
Kultur enthielt verzweigte Faden und auch feine Stabchen, die sich ihrer Form nach 
von den leprosen nicht unterschieden. Es kamen in dieser Kultur nicht selten kolben- 
formige Anschwellungen sowie kornige Stabchen vor. Die ersten Generationen dieser 
Kultur wiesen eine schwache Saurefestigkeit auf und die Stabchen fiirbten sich teils 
rot, teils blau; die folgenden Ueberimpfungen ergaben eine Kultur ohne Spuren von 
Saurefestigkeit. Die zweite, nicht-saurefeste Generation dieser Kultur diente Kedrowski 
als Grundlage fiir seine folgenden interessanten Versuche an Tieren. Diese Kultur wurde, 
wie bekannt, 2 Kaninchen direkt ins Gehirn durch eine Trepanationsoffnung, nachdem 
die Hautwunde zugeheilt war, eingefiihrt. Von diesen Kaninchen ging bald das eine 
zugrunde, das andere blieb am Leben und wurde nach 1 Jahre abermals mit dieser 
Kultur intraperitoneal infiziert. Nach l /, Jahre zeigten sich bei diesem Kaninchen 
allgemeine Abmagerung und Paralyse der hinteren Extreraitaten. Das Tier wurde ge- 
totet und die Sektion ergab interessante Veranderungen ini Ruckenmark und im Blind- 
darm. Die Veranderungen bestanden hauptsachlich in Proliferation der epitheloiden 
Zellen in der Pia mater des Riickenmarks und Submucosa des Blinddarmes. Riesen- 
zellen wurden nicht nachgewiesen; kasige Degeneration war in einigen Knoten des 
Blinddarmes vorhanden. Durch Farbung nach Ziehl-Neelsen ergab sich eine groBe 
Anzahl von siiurefesten Bacillen, die hauptsachlich im Innern der epitheloiden Zellen 
angehiiuft waren. In den inneren Organen (Leber, Milz, Nieren, Lymphdriisen und 
Knochenmark) wurden ahnliche Knotchen, aber in geringerer Anzahl und mit wemgen 
Bacillen, beobachtet. Aus den Organen und dem Blute dieses Kaninchens gelang es 
Kedrowski, uuf Placenta- und auf Wasserman nsehem Agar eine Reihe von 
wesentlich voneinander verschiedenen Kulturen auszuscheiden. Diese Kulturen wurden 
von ihm als verschiedene Unterarten bezeichnet. 

Die saurebestiindige Uuterart wuchs sehr langsain auf dem Placentaagar in der 
Gestalt undurchsichtiger, gewolbter, graulicher Kolonieen auf der Oberfliiche des Niihr- 
bodens, und zwar aus dem Sektionsmaterial nach 4—6, bei den Ueberimpfungen nach 
2—3 Wochen. Diese Unterart stellte morphologisch feine Stabchen dar, welche eine 
ausgepragte Saurefestigkeit und Widerstandsfahigkeit gegen Entfarbung durch 10-proz. 
H,S0 4 und 30-proz. HN0 3 besaflen. In den alien Kulturen wurden nicht selten lange 


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Machow, Zur Frage iiber Kedrowskis „Leprakultur“. 


435 


Fiiden, kolbenformige Anschwellungen und pogenannte Coccothrix-Form angetroffen. 
Die saureempfindlicne Unterart A (und die wenig von derselben sich unterscheidende 
Unterart B) entwickelte sich auf den Nahrboden nach 7 Tagen. Die Bacillen waren 
einigerraaBen den Diphtheriebacillen ahnlich, stellenweise kornig und an den Enden 
mit kolbentormigen Anschwellungen versehen. Nach Zieh 1-Neelsen farbten sich nur 
einzelne Exemplare, wobei saurefeste Korner zu beraerken waren. Die saureempfindliche 
Unterart C zeichnete sich durch eine noch grofiere 8chuelligkeit des Wachstums (am 
3.—4. Tage) aus; die Kultur kann man auch auf einfachem Agar ziichten. Die feinen, 
geraden, homogenen Stabchen sind nach Ziehl-Neelsen leicht zu entfarben. In den 
alteren Generationen fanden sich verzweigte, Y-artige Formen. AutSerdem beobachtete 
Kedrowski in einigen Fallen neben anderen Kolonieen auch solche, die aus ver- 
zweigten Faden bestanden; auf der Oberflache der Kolonieen zeigte sich ein silberner 
Flaum. Nach Zieh 1-Neelsen waren diese Faden zu entfarben. Alle diese Unter- 
arten wurden von Kedrowski als verschiedene Formen des Lepraerregers angesehen. 
Die weiteren Versuche bestanden darin, dafi er mit diesen Unterarten Kaninchen und 
weifie Mause infizierte, wobei in den inneren Organen dieser Tiere Knotenbildungen 
aus den endothelialen Zellen mit zahlreichen saurefesten Bacillen zu beobachten waren. 
Bei Kaninchen konnte man Riesenzellen und Vcrkiisung nachweisen und bei der In- 
fcktion in das Lymph system ergaben sie ein Bild, welches kaum von der experimentellen 
Tuberkulose sich unterscheidet. Bei der Einfuhrung in den Organismus der Tiere ging 
die saureempfindliche Unterart in eine saurefeste iiber. 

Zu meiner Verfugung stand die von Kedrowski als saurebestandig 
bezeichnete Unterart. Aus privater Quelle habe ich erfahren, daB diese 
Kultur vor 10 Jahren bei Kaninchen ausgeschieden und vor 3 Jahren 
durch Affen passiert ist. Der reichlicke weiBliche, rahmige Belag dieser 
Kultur ergab mit Kochsalzlosung eine gleichmaBige Emulsion. Bei mikro- 
skopischer Untersuchung zeigten sich unbeweglichc, feine, ziemlich kurze, 
dunne und bisweilen gekriimmte Stabchen. Nach Ziehl-Neelsen 
entfarbten sich diese Stabchen durch 10-proz. H 2 S0 4 nicht und farbten 
sich schlecht mit Loefflers Blau und einfachen Losungen von Anilin- 
farben. Nach Gram farbten sie sich positiv, wobei einzelne Exemplare 
Granulationen aufwiesen. Bei der Farbung nach Much II zeigte sich 
in den Stabchen reichliche Granulation, ahnlich wie bei den Tuberkel- 
bacillen. Durch Ueberimpfung waren die folgenden Generationen ohne 
jegliche Miihe auf Placentaagar zu erhalten, wobei das Wachstum erst 
nach 14—18 Tagen in Gestalt einzelner, graulich-weiBer Kolonieen wahr- 
genommen wurde. 

Wir erzielten ein Wachstum der Kultur auf Placentabouillon (eine 
Mischung aus gleichen Teilen gewohnlicher Bouillon und sterilem Infus 
aus der Placenta), indent wir sie mit eiuer feinen Butterschicht bedeckten 
und auf der letzteren ein Stiickchen der Kultur schwimmen lieBen; dann 
wurden die Kolben vorsichtig in den Thermostaten hineingebracht. Nach 
25—26 Oder mehr Tagen trat Wachstum in Form einer trockenen, weiB- 
lichen Kahmhaut ein, die, wenn sie zu einem gewissen Grade der Ent- 
wickelung gelangt war, auf den Boden sank, wahrend auf der Oberflache 
eine neue anwuchs. Ein nachher aus dem Bodensatz dieser Bouillon 
gemachter Ausstrich zeigte in schone Haufchen gruppierte, den Drusen 
von Actinomycosis ahnelnde, saurefeste Bacillen. Auf einfachen 
Nahrbbden gelang anfangs das Wachstum des Kedrowskischen Bacillus 
gar nicht, nachher konnte man aber durch langsame und allmahliche 
Anpassung fast auf alien NahrbOden Wachstum erzielen. Diese Aupassung 
gelang auf dem Wege, daB anfangs Versuche gemacht wurden, Wachstum 
auf dem Placentaagar verwandten Nahrboden, d. h. auf solchen, welche 
freies, nicht geronnenes EiweiB enthalten, zu erzielen. 

Von vielen mit Ascitesagar beshten Reagensgl8schen zeigten nur 
einige nach ungefahr 1 Monat sparliches Wachstum. In den weiteren 
Generationen erhielt^man ein reichlicheres Wachstum in Gestalt eines 
trockenen, weiBlichen Belages, wobei das Kondensationswasser klar blieb 

28* Origiralfrcm 



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436 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Einige Zeit darauf wurde bei Ueberimpfungen stets Wachstum erzielt, 
so daB man auf dem Ascitesagar die Kultur anfrecht erhalten konnte. 
Es war dabei interessant, daB sich die Kultur auf dem Ascitesagar, ab- 
gesehen von ihrem auBeren Aussehen, auch morphologisch von solcher, 


Tabelle I. 


Nahrboden 

Dauer des 
Wachstums 

Wachstum 

Aussehen der 
Kultur 

Mikroskopischee Bild 

Placentaagar 

14—18 Tage 

gut, saftig 

feuchter, weiBlicher, 
leicht abhebbarer 
Belag, gibt mit 
KochsalzTos. gleich- 
maBige Emulsion 

feine, schlanke Stab- 
chen. Bisweilen Cocco- 
thrix-Form. In alten 
Kulturen kurze Faden 

Ascitesagar 

25—28 Tage 

rnaSig 

trockener,weiBlicher 
Belag 

grobe Btabchen, Faden 
kolbenformige An- 

schwellung, besonders 
in alten Kulturen 

Cystoseuagar 

15—18 Tage 

gut 

feuchter, weiBlicher 
Belag, wie auch 
punktformigeKolo- 
nieen 

feine Stabchen, bis¬ 
weilen Faden 

Kiefers Agar 

25—30 Tage 

schwach 

einzelne, brockelige 
Kolonieen 

wie auf Ascitesagar 

Loefflers Ser. 

20—25 Tage 

maBig 

zarte, tauartige Ko¬ 
lonieen mit weiB- 
lichem Schatten 

feine Stabchen 

Agar m. mensch- 
lichem Blut be- 

50 Tage 

sehr schwach 

punktformige, weiB- 
liche Kolonieen 

kiirzere Stabch., Faden 
und Kolben 

strichen 





Glyzerinagar 

20—25 Tage 

miifiig 

runzeliger, trockener 
Belag 

einzelne brockelige 
Kolonieen 

wie auf Ascitesagar 

Zuckeragar 

40—45 Tage 

sehr sparlich 

oft plumpe Stabchen, 
Hantel- und Keulen- 
form, nicht gel ten mit 
Granulation 

Gewohnlicher 

Agar 

3—4 Monate, 
bisweilen bei 
Zimmer- 
temperatur 

8—10 Monate 

sehr sparlich 

1—2 einzelne Kolo- 
nicen in Gestalt von 
runzeligem, trocke- 
nem Bela", welcher 
keine Emulsion 

gibt 

nicht selten plumpe 
Stabchen; es gibt ab- 
gestorbene Formen, 
die sich nach Ziehl- 
Neelsen blaufarbten 

Gelatine, schrag 

0 

0 

— 

— 

Gelatinestich 

0 

0 

— 

— 

Gewohnliche 

0 

0 

_ 

__ 

Bouillon 





Ascites bouillon 

25—30 Tage 

sehr schwach 

leichte Trubung, die 
auf den Boden 
sinkt. Bouillon 

klar 

Stabchen haben Nei- 
gung zu Anhaufungen 

Placentabouillon 

25-30 Tage 

mafiig 

in dem Kolben (auf 
Butter) Kahmhaut. 
Im Reagcnsglase 
brockeliger Absatz 

Stabchen haben Nei- 
gung zu Anhaufungen 

Glyzerinkartoffel 

20—25 Tage 

schwach 

in der Gestalt von 
Ieichtem, weiBlich. 
Belag 

feine kurze Stabchen, 
bisweilen Faden 

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Machow, Zur Frnge iiber Kedrowekis „Leprakultur“. 


437 


welche auf Placentaagar geziichtet wurde, unterschied. Es zeigten sich 
ncben feiueu, schlanken Stabchen mehr plumpe, grobe, mit verdickten 
Enden und mit kolbenformigen Auschwellungen versehene Exemplare 
und auch kurze und lange Faden. Die Saurefestigkeit blieb dabei ohne 
jegliche Veranderungen. Diese Formen waren nicht nur fiir die alten 
Kulturen charakteristisch, sondern man bemerkte sie auch in den jungen. 
Diese Verschiedenheit der Form ist also eher auf die Einfldsse des Nahr- 
bodens zuruckzufiihren. Der Uebergang vom Placentaagar zum Cystosen- 
agar gelang ohne jegliche Miihe und rief das Auftreten solcher Formen, 
wie sie auf dem Ascitesagar bemerkt wurden, nicht hervor. Von diesen 
zwei Nahrbodeu gelang es allmahlich, zu den anderen, einfacheren Nahr- 
b5den inklusive bis zum gewohnlichen Agar iiberzugehen. 

Aus vorstehender Tabelle ist das Verhalten des Kedrowskischen 
Bacillus den verschiedenen Nahrboden gegeniiber ersichtlich. 

Was die Einzelheiten anbelangt, so miissen wir bemerken, daB in 
einem Falle auf mit menschlichem Blut bestricheneu gewohnlichen Agar 
nach 2—3 Monaten sparliches Wachstum in Form einzelner Kolonieen, 
unter welchen einige schon rot gefarbt waren, erhalten wurde. Diese 
roten Kolonieen, wie auch die anderen, bestanden aus saurefesten Stabchen. 
Wachstum auf gewohnlichem Agar wurde nur mit Miihe und nicht immer 
erhalten. In einem Falle wurde Wachstum im Reagensglase erzielt, 
welches ungef&hr 1 Jahr bei Zimmertemperatur gestanden hatte. Es 
zeigte dabei die Form von zwei haut&hnlichen, zusamraengeschrumpften 
Kolonieen, die dicht in die Oberflache des Nahrbodens hineingewachsen 
waren, so daB man sie mittels Spatels abreiBen muBte. In diesem Falle 
zeigte sich bei der Farbung nach Ziehl-Neelsen eine groBe Anzahl 
von sSurefesten Bacillen, und nicht sehr viele entfiirbte Stabchen, welche 
ihre Form bald beibehalten hatten, bald in formlose Massen zerfallen 
waren. Die Lebensfahigkeit des Ked r o w ski schen Bacillus erwies sich 
als eine ziemlich groBe. In einigen Fallen gelang die Ueberimpfung 
nach Va Jahr und sogar nach 14 Monaten. 

Die Saurefestigkeit nahtn in alien unseren Versuchen durchschnittlich 
gar nicht ab. Der EinfluB der Nahrboden zeigte sich hauptsachlich in 
dem Auftreten ungewohnlicher Formen des Wachstums, plumper, dicker, 
grober Stabchen, kolbenformiger Anschwellungen, Hantelformen, Cocco- 
thrix-Formen, kurzer und langer Faden. Eine echte Verzweigung 
haben wir nicht beobachtet. 

Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, ist der Charakter und das 
auBere Aussehen der Kultur von der Zusammensetzung des Nahrbodens 
abhangig. Wie weiter zu ersehen ist, zeigte die in Frage stehende Kultur, 
nachdem sie durch eine Maus passiert war, einige interessante Eigen- 
schaften, nainlich in einigen der ersten Generationen ein ziemlich gutes 
Wachstum auf gewohnlichem Agar. 


II. 

Impfungsversuche mit der Kedrowskischen Kultur wurden von 
uns an weiBen Mausen, Kaninchen und weiBen Ratten angestellt. 
30 Mause, an welchen Versuche gemacht waren, ergaben ganz genaue 
Resultate. Von ihnen wurden: 

10 subkutan injiziert, 

8 ins Peritoneum injiziert, 

4 ins GroBhirn injiziert, 

8 in die Vena caudalis. 


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438 


CentralbJ. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. G7. Heft G. 


Ins Gehirn der MSuse wurden gewohnlich 1—2 Tropfen ciner nicht 
dickfliissigen Emulsion der Kultur in physiologischer Losung eingefiihrt; 
bei den iibrigen Versuchen 0,1—0,3 ccm derselben Emulsion. Aile diese 
Tiere, mit Ausnahme von dreien, welche, uni die Vcrsuche zu Ende zu 
bringen, getOtet wurden, gingen spontan zugrunde. Im Durchschnitt 
kamen sie nach 60—75, einige nach 28 — 40 und nicht viele nach 140 
bis 190 Tagen um. Jedesmal wurden bei der Sektion Ausstriche des 
Gewebesaftes untersucht, auch wurden Orgauteile zur Verfertigung von 
histologischen Praparaten entnommen. In einer groBen Mehrzahl der 
Falle zeigte sich im Ausstriche aus Leber, Milz und Lymphdriisen bei 
der F&rbung nach Ziehl-Neelsen eine groBe, bisweilen enorme An- 
zahl von Bacillen, welche der Entfarbung durch 5-proz. 11,804 wider- 
standen. Diese Bacillen erschienen manchmal in Gestalt schlanker, feiner, 
ofters aber ziemlich langer, an den Enden zugespitzter, granulierter 
Stabchen. Bisweilen bestanden ganze Haufen solcher Stabchen aus 
diesen Coccothrix-Formen und machten auf den ersten Anblick den 
Eindruck von Kokkenhaufchen. Die Faden und die Keulenformen, an 
denen die Kultur, welche als Impfungsmaterial diente, reich war, konnte 
man hier kein einziges Mai beobachten. Die nach Gram gef&rbten 
Ausstriche gaben ein schones Bild von positiv gefarbten, perlenartig- 
gegliederten Granula, das sich auch in den Fallen, wo nach Ziehl- 
Neelsen homogene Stabchen sich zeigten, erhalten wurde. Die histo- 
logische Untersuchung der Organteile der Mause ergab das Fehlen 
dieser oder jener pathologischen Veranderungen nur in 3 Fallen. Ich 
muB hierbei bemerken, daB von diesen 3 Mausen 2 in die Vena cau- 
dalis infiziert wurden uud an ihnen der Versuch eigentlich nicht zu 
Ende gefiihrt wurde, da sie nicht spontan zugrunde gingen, sondern 
die eine von ihnen nach 24 und die andere nach 65 Tagen getotet 
wurden. Nur die dritte Maus, welche keine Veranderungen aufwies, 
wurde ins Gehirn injiziert und ging nach 98 Tagen zugrunde. Von den 
spontan zugrunde gegangenen Mausen zeigte also nur eine keine Ver- 
anderungen. 

Die bei der Sektion gefundenen makroskopischen Veranderungeu 
bestanden in Hyperftmie der visceralen Organe und in VergroBerung der 
Leber und der Milz auf das Doppelte bis Dreifache. Die Leber war 
etwas gelblich gefarbt, aber es fehlten irgendwelche fur das Auge wahr- 
nehmbare Knotchen. Ein ahnliches Bild wurde gewohnlich bei alien 
Mausen, denen die Emulsion subkutan. ins Gehirn und in die Vena cau- 
dalis injiziert wurde, beobachtet. Bei unmittelbarer Einfiihrung der 
Kultur ins Peritoneum wurden in den meisten Fallen, aufier der er- 
wahnten Leber- und Milzvergrofierung, weiBliche, stecknadelkopfgroBe, 
tiber das ganze Mesenterium und besonders um das Coecum zerstreute 
Gebilde vorgefunden. Aehnliche Gebilde wurden an der Leber, Milz 
und selten an den Nieren beobachtet. In einigen Fallen zeigten sich 
vergroBerte Lymphdriisen (Axillaris etc.), wobei in denselben eine groBe 
Menge saurefester Bacillen gefunden wurde. Das histologische Bild 
blieb im allgemeinen dasselbe und wies eine Hyperamie der Organe und 
mikroskopische, aus endothelialen Zellen bestehende Knotchen auf. Diese 
Knotchen bestanden aus zuweilen sehr groben endothelialen Zellen mit 
blaschenfbrmigem Kern und hellem Protoplasma. Verkasung wie auch 
Riesenzellen wurden nic nachgewiesen. Einige Unterschiede konnte man 
nur in der Knotenverteilung wahrnehmen. Bei Einspritzungen ins Ge¬ 
hirn, die V. caudalis oder subkutan, zeigten sich in den inneren Organen, 
Leber, Milz, bisweilen Lymphdriisen, zerstreute Knotchen. 


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Machow, Zur Fragc uber Kedrowskis n Lcprakultur“. 


439 


Bei Inipfung ins Peritoneum fanden sich neben obenerwahnten 
Knotchen an der Leber, Milz und der Submucosa des Blinddarmes auch 
Knotchen auf und unter der Kapsel der Milz und der Nieren. Bei 
unseren histologischen Untersuchungen bedienten wir uns der Doppel- 
farbung mit Hematoxylin -Eosin, und zum Nachweis der Bakterien be- 
nutzten wir die Farbung nach Ziehl-Neelsen, Koch-Ehrlich, 
Lubimoff und Gram. 

Hier wollen wir auf einige Einzelheiten des Bildes der pathologisch- 
anatomischen Veranderungen bei Mausen eingehen. Iu alien Fallen 
waren in der Leber Veranderungen zu bemerken. In der Balm des 
Kapillarsystems fand sich eine Menge Knotchen, welche aus ziemlich 
groBen, endothelialen Zellen, welche manchmal unregelmaBige Umrisse 
zeigten, mit biaschenartigem Kern und einem mit Eosin heller als das 
der Leberzellen sich farbenden Protoplasma bestanden. Die runden oder 
ovalen Knotchen waren in einigen Fallen zusammengeffossen und zeigten 
formlose Inselchen. In 2 Fallen zeichneten sich die Zellen in vielen 
Knotchen besonders in ihrer Mitte durch ihre Grofie und ihr helles Proto- 
plasma aus. Das Protoplasma dieser Zellen befand sich ungefahr in 
gleichem Zustand wie in den Zellen von Mikulitsch bei Rhinoscleroma. 
Der Kern farbte sich mit Hamatoxylin meist schlechter als gewohnlich. 
Bei der kalten Farbung nach Baum gar ten konnte man nur einzelne, 
im Innern der endothelialen Zellen gelegene Exemplare von saurefesten 
Bacillen wahrnehmen. In weit groBerer Anzahl zeigten sich diese Ba- 
cillen aber bei Farbung nach Ziehl-Neelsen und Lubimoff, wobei 
die Stabchen haufenweise oder garbenformig zum Vorschein kamen und 
bei der letzterwahnten Farbung ofters granuliert waren. Nach Gram 
farbten sich die Bacillen sehr gut und zeigten oft Granula. Die Milz wies 
in alien Fallen fast gleiche Veranderungen wie in der Leber auf; die An- 
haufungen der endothelialen Zellen waren aber hier oft nicht in Form regel- 
mdBiger Knoten, sondern diffus. Zellen mit hellem Protoplasma, ganz ahn- 
lich den oben in der Leber beschriebenen, waren auch hier zu bemerken. 

Bei der intraperitonealen Impfuug wurden Knotenbildungen an und 
unter der Kapsel beobachtet. In 2 Fallen bestanden Veranderungen in 
der Hyalinisation des Stromas der Milz. Zwischen den mit Eosin stark 
angefarbten Strangen. in welchen an manchen Stellen noch Kernreste zu 
beobachten waren, blieben nur die Reste des Milzgewebes zurtlck. Ba- 
cilleu wurden in diesen Fallen nicht nachgewiesen. Die nach Ziehl- 
Neelsen sich farbenden Bacillen fiillten fast in alien iibrigen Fallen 
die Knotenzellen aus und waren sogar bei schwacher VergroBerung in 
Form roter Klumpen wahrzunebmen. In den Lungen fanden Verande¬ 
rungen nicht immer statt und bestanden einerseits in starker Erweite- 
rung der BlutgefaBe und Ausfilllen derselben mit Erythrocyten und 
andererseits in einem exsudativen ProzeB. Urn die GefaBe herum konnte 
man Bildungen von Granulationsgewebe und selten an einigen Stellen 
Knotchenbildungen beobachten. Bacillen fehlten hier. Die Nieren waren 
in den meisten Fallen intakt. Nur bei einigen Tieren bestand eine nicht 
groBe Vermehrung des Granulationsgewebes in der Rindenschicht 
zwischen den Ilarnkanaichen. Bei Einfiihrung der Kultur ins Peritoneum 
wies die Nierenkapsel Verdickung und Bildungen von Granulationsge¬ 
webe sowie das Vorhandensein einer groBen Anzahl von saurefesten Ba¬ 
cillen auf. Riickenmark und Gehirn waren in keinem einzigen Falle, 
sogar in solchen, wo die Kultur unmittelbar in die Schadelhbhle einge- 
fiihrt worden war, verandert. Die Lymphdriisen zeigten nicht selten, wie 

schon oben erwahnt, eine grofie Menge von Bacillen. 

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440 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


In 3 Fallen ergaben die Aussaaten aus den Mauseorganen, welche 
viele Bacillen aufwiesen, auf Placenta- und Cystoseagar Reinkulturen 
von saurefesten Bacillen. Schon nach 10 Tagen konnte man ein gutes 
Wachstum in Form saftiger, weiBlicher, gewolbter, bald in einen rahmigen 
Belag konfluierender Kolonieen bemerken. In den folgenden Generationen 
wurde ein noch schnelleres Wachstum, ungefilhr im Verlaufe einer Woche, 
erzielt. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daB die Kultur aus 
feinen, kurzen, nach Ziehl-Neelsen sich gut farbenden Stabchen be- 
stand. Die Aussaat auf gewohnlichem Agar ergab nach 6—7 Tagen ein 
zwar scliwaches, aber gut, in der Form eines dunnen, trockenen, weiB- 
lichen Belages wahrnehmbares Wachstum. Die auf dem gewohnlichen 
Agar herangewachsenen Stabchen waren vollig saurefest; hier erschienen 
aber in den bald darauffolgenden Generationen viele ungewohnliche 
Formen, wie kolbenformige Anschwellungen, kurze Faden, Stabchen mit 
Vorwolbung an den Enden und Hantelform. Besonders ausgepragt 
kamen hier gegliederte, kolbenformige Anschwellungen zum Vorschein. 
Diese aus Mausen ausgeschiedenen Kulturen verloren ihre pathogene 
Eigenschaft nicht. Die 4 Mause, denen eine dieser Kulturen eingeimpft 
worden war, gingen nach 2—2 1 /* Monaten zugrunde, und ergaben ein 
dem oben beschriebenen histologisch ahnliches Bild. W T as die Versuche 
mit Kaninchen anbelangt, so wurden hier andere Resultate erzielt. Be- 
stimmte Resultate ergaben 19 Kaninchen. 

Tabelle If. 


Einfiihrungs- 

wege 


Menge der 
Kulturemulsion 


Gehirn 

Vena 

margi¬ 

nalia 

Subcutis 


Perito¬ 

neum 


Camera ^ 
anterior 


No. 


1 \ 


3 

4 

5 

6 

7 

8 
9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 
19 


0,1 ccm 

1,0 „ 

5,0 „ 

5,0 „ 

3,0 „ 

2,0 „ 

3,0 „ 

3,0 „ 

5,0 „ 

10,0 „ 

2,0 „ 

5,0 „ 

5,0 „ 

1—2 Tropfen 
v dickfliissiger 
[Emulsion in Koch- 
salzlosung 


Dauer des 
Versuches 


Resultate 


1 Monat 1 . Veranderung — 

6 Monate Jf= in 8 en zugrunde. 

5 ,, i 

I 


15 Tage 

66 „ 

21 „ 

80 „ 

26 „ 

8 Monat 

3 „ 

11 „ 

35 Tage 

4 Monate 
2 „ 

3 „ 

2 „ 

2 „ 

4 „ 

3V, „ 


getotet. 


I 

| gingen zugrunde. 
getotet. 

ging zugrunde. 


getotet. 

getotet. 


+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


+ 


Wie aus der Tabelle II zu ersehen ist, betragt die Zahl der Ver¬ 
suche mit positivem Erfolg nur 10 von 19. AuBerdem zahlen wir un- 
gefahr 10 frtiher als in 15 Tagen zugrunde gegangene Kaninchen, bei 
welchen auch keine Veranderungen wahrzunehmen waren, nicht hinzu, 
Makroskopisch boten bei der Sektion die Organe der Kaninchen, auBer 
den Lungen, nichts Besonderes dar. In den meisten Fallen lag nur eine 
bedeutende Hyperamie der visceralen Organe vor, und nicht selten waren 
das Mesenterium und die Serosa der D&rme mit Blut angefullt. Nur 
die Lungen fiihlten sich an mancheu Stellen etwas dichter an. 7 Ka¬ 
ninchen zeigten Coccidiose der Leber; in 4 Fallen eine sehr starke, was 
als wahrscheinliche Ursache des Todes anzusehen war. Die ins Gehirn 
sub No. 1 und No. 2 infizierten Kaninchen wiesen bei der Sektion nichts 

Onglrvalfrcm 


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Machow, Zur Frage iiber Kedrowskis „Leprakultur“. 


443 


Arbeiten von Bertarelli (3), Cam pan a (4) und Babes (5) zu er- 
wahnen. Bertarelli halt Kedrowskis Untersuchungen fiir einwandfrei 
und, was die Frage iiber das Erhalten der Leprakultur und iiber die experi- 
mentelle Uebertragung der Lepra auf Tiere anbelangt, fiir ausschlaggebend. 

Cam pan a und Babes stellen dagegen die positiven Ergebnisse 
Kedrowskis in Abrede, und dieser meint, daB die Frage immer noch 
offen bleibt, und jener bestreitet sie ganz. Cam pan a weist darauf hin, 
daB die Anstellung der Versuche seitens Kedrowskis nicht einwand¬ 
frei und die bei Leprosen erhaltenen Kulturen nicht rein gewesen seien. 
Cam pan a halt die Tatsache fiir sonderbar, daB Kedrowski seinen 
Forschungen eine Kultur zugrunde gelegt hatte, welche keine Saure- 
festigkeit besaB und nicht als leprose angesehen werden diirfte. Ebenso 
wundert sich Cam pan a dariiber, daB Kedrowski aus den Organen 
des ins Gehirn mit dieser Kultur infizierten Kaninchens eine ganze Reihe 
von wesentlich voneinander verschiedenen Unterarten ausgeschieden hat. 
Cam pan a ist geneigt, darin nur eine Mischinfektion und nicht, wie 
Kedrowski, verschiedene Erscheinungen der biologischen Eigenschaften 
eines und desselben Mikroorganismus zu sehen. An der Hand der 
Kedrowski schen Abbildungen driickt sich C a m p a n a ganz entschieden 
aus: „Hier handelt es sich nicht urn Lepra u . Nach Cam pan a sind 
solche Veriinderungen, wie sie Kedrowski erhalten hat, Resultate der 
Einverleibung eines septischen Materials. 

Babes stimmt den SchluBfolgerungen Campanas bei und gibt 
die Moglichkeit zu, daB die Kaninchen, wie das erste, welches den 
weiteren Versuchen zugrunde gelegt worden war (Versuch I), sowie das 
zweite (6), welches ein analoges Bild ergab, von einer TuberkulosevarietSt 
betroffen gewesen seien, w&hrend die subduralen Impfungen der strepto- 
thrixahnlichen Kultur eine Reizung der Hirnhaut zur Folge gehabt 
haben. Die aus dem ersten Kaninchen, welches wegen Alteration der 
Beckenorgane „unsauber“ geworden war, ausgeschiedenen Kulturen 
konnten nach Babes leicht mit anderen Bakterien inliziert werden. Die 
mit diesen Kulturen geimpften Kaninchen weisen nach Babes ein 
Tuberkulose- resp. Huhnertuberkulose-ahnliches Bild auf. Dafiir spricht, 
wie dieser Autor meint. die regelmSBig auftretende kasige Degeneration. 
Bei den Mausen setzt Babes die Wirkung einer Streptothrichee voraus, 
^welche ebenfalls sehr chronische tuberkuloseahnliche Veranderungen 
.erzeugt hatte u . Was unsere Versuche mit der Kedro wskischen Kultur 
anbelangt, so konnen wir folgendes sagen: Die uns zur Verftigung 
stehende Kultur der s&urefesten Bacillen von Kedrowski ist keines- 
wegs der Kultur der Tuberkulose der Warmblfitler ahnlich und erinnert 
dem Charakter des Wachstums nach auch wenig an die Kultur der 
Hflhnertuberkulose. 

Morphologisch zeigt Kedrowskis Bacillus eine ziemlich groBe 
Verschiedenheit der Form, abhangig von der Art des Nahrbodens, vom 
Alter der Kultur und von anderen biologischen Bedingungen. 

In dem Organismus der Mause sind Kedrowskis Bacillen geneigt, 
nach Ziehl-Neelsen und Gram perlenartig (Coccothrix-Form) 
sich zu fiirben, im Organismus der Kaninchen f&rben sie sich dagegen 
meistenteils homogen. Hieraus ist zu ersehen, daB die Unstabilitat der 
Form fiir die genannten Bacillen charakteristisch ist. Neben diesen 
Eigenschaften besitzen sie eine groBe Lebensfahigkeit und Anpassung an 
die Lebensbedingungen. 

Auf welche Weise die biologischen Eigenschaften dieses Mikro¬ 
organismus sich verandern kbnnen, beweist die Tatsache, daB die vor- 


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444 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


liegende Kultur, welche friiher nur auf Placentaagar langsam wuchs, nun 
nach Passierung (lurch die Maus schon in 5—6—7 Tagen auf gewohn- 
lichem Agar Wachstum zeigte. Die Unstabilitat der Form und die Ver- 
schiedenheit der biologischen Eigenschaften sprechen teils fiir die 
Moglichkeit der Annahme Kedrowskis, daB namlich die von ihm bei 
Leprosen ausgeschiedene streptothrixahnliche Kultur eine leprose 
sei, bei welcher der Erreger die Saurefestigkeit verloren habe und die 
nach Passierung (lurch Kaninchen die verlorene Saurefestigkeit wieder- 
erhalten habe. Nachdem diese Kultur in unseren Versuchen durch die 
Maus passiert war, wuchs sie sehr leicht auf gewohnlichem Agar, als ob 
sie auch morphologisch geneigt ware, in ihren anfanglichen Zustand 
zuriickzukehren. Die Saurefestigkeit dieser Kultur blieb zwar vollig 
unverandert, sie kann aber auch kaum als ein absolut stabiles Merkmal 
angesehen werden. AuBer den fruheren zuverlassigen Beobachtungen 
von Kedrowski liber die Unstabilitat der Saurefestigkeit wies kurzlich 
auch Prof. Klepzoff (7) aus Kasan in der Beratung liber die Bakterio- 
logie und Epidemiologie zu Moskau am 30. Marz 1912 auf die Moglich¬ 
keit, Reinkulturen der saureempfindlichen Formen der Tuberkelbacillen 
zu erhalten, hin. 

Mittels Lauge oder Beimischung von Natr. phosphoricum zu den Nahr- 
boden gelang es Klepzoff, bei 38—39° C Bacillen, welche weder nach 
Ziehl-Neelsen, noch nach Gram sich farbten, zu erhalten. Ihre 
pathogenen Eigenschaften verlor im allgemeinen diese saureempfindliche 
Kultur dabei nicht, wobei sie im Organismus ihre Saurefestigkeit wieder- 
herstellte. Letztere Tatsache bedarf freilich einer Bestatigung; sie 
harmoniert aber mit Kedrowskis Ansichten fiber die Unstabilitlit 
dieses Merkmals in den aus dem menschlichen Organismus ausgeschie- 
denen „Leprakulturen u . 

Die Frage iiber die Muchschen Granula, welche in der letzten Zeit 
die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt haben, weist auf die Moglichkeit 
eines Polymorphismus der Tuberkelbacillen hin. So kommt z. B. 
Krylow (8) in seiner Abhandlung fiber die Muchschen Granula zu 
dem Schlusse, daB die jungen Tuberkelbacillen keine Saurefestigkeit 
besitzen. Uebrigens bedarf auch diese Frage noch einer Begrfindung. 
Vor kurzem erschien eine Arbeit von Reenstjerna (9), welcher eine 
Reihe von Versuchen an Atfen anstellte, indem er ihnen Kulturen von 
saurefesten und nicht saurefesten, aus leprosem Material gezuchteten 
Mikroorganismen injizierte. Die SchluBfolgerungen dieses Autors liegen 
denen Kedrowskis sehr nahe und behandeln den Polymorphismus des 
Lepraerregers, fur den die Saurefestigkeit „nur eine Art Ivleid ist, das 
er unter gewissen Bedingungen anlegt 11 . • Der erhaltene, nicht saurefeste 
Mikroorganismus, welcher nach der Angabe des Autors als banaler 
Streptococcus wuchs, erzeugte bei der Affenimpfung Blaseneruption, 
wobei in den Blasen saurefeste, sowie nicht saurefeste Bacillen nach- 
gewiesen wurden. Da unseres Erachtens im vorliegenden Falle die 
Moglichkeit einer nicht reinen Kultur nicht ausgeschlossen ist, so bedarf 
diese Frage einer Nachpriifung. Was die Tierversuche mit der 
Kedrowskischen Kultur betrifft. so bestatigen unsere Beobachtungen, 
abgesehen von den Einzelheiten, Kedrowskis Untersuchungen fiber 
die Pathogenitat seiner Kultur in bezug auf Mause und Kaninchen und 
fiber den Charakter der pathologisch-anatomischen Veriinderungen bei 
diesen Tieren. Aus unseren Beobachtungen geht vor allem hervor, daB 
M&use der Impfung der Kedrowskischen Kultur gegenfiber empfind- 
licher sind, als Kaninchen. Ffir Mause erscheint Kedrowskis Bacillus 


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Machow, Zur Frage iiber Kedrowskis „Leprakultur“. 


445 


fast unbedingt pathogen und infizierte sie fast in alien Fallen. Kaninchen 
werden anscheinend nicht immer infiziert und die bei ilinen wahr- 
genommenen pathologischen Befunde unterscheiden sich von denen bei 
Mausen. Fiir Mause sind, wie wir oben sehen konnten, die Bildungen 
von Granulomen aus endothelialen Zellen, ohne Nekrose und ohne Riesen- 
zellen, typisch. Bei Kaninchen bestehen die Veranderungen in folgendem: 
In der Leber beobachtet man die Vermehrung des Granulationsgewebes 
neben Riesenzellen, in der Milz Riesenzellen und Anhaufungen von 
endothelialen Zellen mit radiar an der Peripherie des Protoplasmas 
gruppierten Bacillen und in den Lungen Knotenbildungen mit zentraler 
Nekrose und darin sich befindenden Bacillen. In der Leber und Milz 
haben wir nie Nekrose gesehen und sind der Ansicht, daB die Verkasung 
scheinbar nur in geringem Made diesen von uns beschriebenen patho¬ 
logischen Veranderungen eigen ist. Diese pathologisch-anatomischen 
Bilder, besonders die bei den Mausen, erinnern im Gegensatz zu Babes’ 
Ansicht wenig an Tuberkulose, eher aber an Lepra, fur welche niimlich 
die Proliferation der groben endothelialen Zellen, die seltene Beobachtung 
der Nekrose und das Vorhandensein einer groBen Anzahl endocellular, 
haufenweise angeordneter Bacillen charakteristisch ist. Interessant ist 
die Tatsache, daB in einem unserer Falle die Veranderungen in der 
"Leber des Kaninchens denen in dem uns zur Verfiigung stehenden 
Praparat der Leber eines Leprosen durchaus ahnlich sind. Auf Grund 
des oben Gesagten verhalten wir uns Kedrowskis SchluBfolgerungen 
gegeniiber weniger skeptisch als Cam pan a und Babes. Dennoch 
konnen wir nicht so kategorisch, wie das Bertarelli tut, sagen, daB 
diese Frage endgtiltig gelost sei. Zum Schlusse wollen wir noch be- 
merken, daB es Kedrowskis Verdienst ist, nicht nur die Kulturen 
bei Leprosen erhalten und viele interessante Tierversuche in groBem 
MaBstabe angestellt zu haben, sondern daB er auch vieles zur Lehre 
iiber den Polymorphismus der Bakterien beigetragen hat. 


SchluBfolgerungen. 

1) Kedrowskis Bacillus zeichnet sich durch Verschiedenheit der 
Form aus und besitzt eine starke Anpassung an die Lebensbedingungen. 

2) Er kann zu der Gruppe der Tuberkulose gerechnet werden, ahnelt 
aber dem Tuberkulosebacillus wenig. 

3) Fiir Kaninchen ist Kedrowskis Bacillus weniger pathogen als 
fiir Mause. Die histologischen Veranderungen bei Mausen und Kaninchen 
sind verschieden; besonders die bei den Mausen erinnern wenig an 
Tuberkulose, sondern mehr an Lepra. 

4) Wir teilen die kategorischen Ansichten von Babes und Campana 
nicht und sind der Meinung, daB zur Entscheidung der Frage, ob diese 
Kultur in der Tat den Lepraerreger darstellt oder nicht, weitere For- 
schungen und Beobachtungen vonnoten sind. 

Zum Schlusse sei es mir gestattet, meinem Kollegen, dem Assistenten 
des Instituts, Dr. B. J. Klein, fiir seine liebenswiirdige Leitung bei 
meinem Studium der Bakteriologie und fiir seine wertvollen Anweisungen 
hinsichtlich dieser Untersuchungen meinen tiefempfundenen Dank aus- 
zusprechen. Auch kann ich nicht umhin, Dr. K. J. Kuligowski und 
Dr. P. Kutscherenko fiir ihre Beihilfe bei der Beschreibung der 
pathologisch-anatomischen Praparate hier meinen besten Dank abzustatten. 


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446 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Literatur. 

1) Kedrowski, Experimentelle Untersuchungen liber Lepraimpfungen bei Tiereo. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. 66. p. 1.) 

2) -, Ueber die Kultur der Lepraerreger. (Ibid. Bd. 37. p. 52.) 

3) Bertarelli, Die neueren Ergebnisse der Forsehungen uber die Kultivierbarkeit des 
Hansenschen Bacillus und die Ueberlragung der Lepra. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Abt. I. Ref. Bd. 49. p. 65.) 

4) Campana, Ueber die Kultur des Lepraerregers und die Uebertragung der Lepra 
auf Tiere. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 67.) 

5) Babes, Bemerkungen uber die Kultur und die Uebertragung des Leprabacillus. 
(Centralbl. f. Bakt Abt. I. Orig. Bd. 59. p. 493.) 

6) Kedrowski, Experimentelle Erfahrungen uber Lepraimpfungen bei Tieren. (Cen¬ 
tralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 35. p. 368.) 

7) Bpaaefiaan TaaeTa. 1912. No. 15. p. 615. 

8) Krylow, Ueber die Bedeutung und das Vorkommen der Muchschen Granula. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. 70. p. 135.) 

9) Reenstjerna, J., Ueber die Kultivierbarkeit des Lepraerregers und die Uebertragung 
auf Affen. (Dtsche med. Wochenschr. 1912. No. 38.) 


Nachdruck verbotcn. 

Ueber die Battenlepra. 

Von Dr. T. Ishiwara, Tokio. 

Bevor ich auf mein eigentliches Thema eingehe, sei es mir gestattet, 
mich liber die Rattenarten in Fusan, Korea, zu auBern. 

Ini Juli 1909 habe ich an der Bekampfung der Pest im Auftrage 
der Regierung von Korea mitgearbeitet und hierbei Gelegenheit gehabt, 
genaue Beobachtungen liber die Rattenarten in Fusan, Korea, zu machen. 

Mein Material bestand aus 7001 Ratten, welche eiuen Teil der von 
der Regierung angekauften Tiere bilden. 

I. Nainen und Zahl der Rattenarten und deren Geschlecht. 

Ich fand unter den Ratten 5 Arten, die folgenden Arten angehorten: 

a) M u s d e c u m a n u s, 

b) Mus rattus, 

c) Mus alexandrinus, 

d) Mus i n d i c u s, 

e) Apodenus ininutusjaponicus. 

Die quantitativen Beziehungen der Arten zueinander, die Prozent- 
verhiiltnisse und die Geschlechter der Ratten waren folgende: 


Arten 

VVeiblich 

Mannlich 

Summe 

°/ 0 der Gesamtzahl 

M. decumanus 

1733 

655 

2398 

34,2 

M. rattus 

1450 

286 

1736 

24,8 

M. alexandrinus 

1122 

555 

1677 

24,0 

M. in dic u s 

544 

395 

939 

13,0 

A. min utusjaponicus 

193 

58 

251 

3,6 


II. Bcsondere Mcrkmale der Rattenarten und Nessungen einiger 

Kdrpertoile. 

a) Mus decumanus. 

Der Ivorper dieser Art ist liinger als der Schwanz, die Ohrmuscheln 
sind verhaitnismaBig klein und die hintere FuBsohle ist groB; der Riicken 
ist dunkelbraun, der Bauch und der untere Teil des Schwanzes grauweiB 
oder rattenweiB. Bei den alten Ratten findet man schwarzes, hartes 

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Ishiwara, Ueber die Ratten lepra. 


447 


Haar untermengt. Ira allgeraeinen sind die weiblichen Ratten groBer 
als die mannlichen. Die durchschnittlichen Messungszahlen far diese 
Rattenart sind folgende: 

Kbrperlange 170 ram, Schwanzlange 148 mm, 

Ohrmuschel 15 „ FuBsohle 31 „ 

b) Mus rattus. 

Der Korper ist kiirzer als der Schwanz, die Ohren sind ziemlich 
groB und die hinteren FuBsohlen sind von gewohnlicher GroBe. Ein 
besonderes Merkraal besteht darin, daB Rilcken und Bauch schwarz sind, 
ebenso ist der Schwanz schwarz, nur bei jungen Tiereu ist der Bauch 
etwas heller getbut. 

Die Messungen betragen im Durchschnitt bei dieser Rattenart, wie 
folgt: 

Kbrperlange 130 mm, Schwanzlange 141 mm, 

Ohren 17 „ hintere FuBsohle 29 „ 

c) Mus alexan driu us. 

Die Lange des Schwanzes ist groBer als die des Korpers, die Ohr¬ 
muschel ist groB, der Rucken ist dunkelbraun gefarbt; die alten Tiere 
sind von beinahe schwarzer Farbe. Der rotbraun gefarbte Bauch bildet 
ein besonderes Kennzeichen. 

Diese Art hat durchschnittlich als Messungszahl: 

Kbrperlange 155 mm, Schwanzlange 163 mm, 

Ohren 21 „ hintere FuBsohle 31 „ 

d) Musindicus 

ist die groBte der untersuchten Rattenarten. Der Korper ist groBer als 
der Schwanz, der Rucken rotbraun, der Bauch braunlich-grau und das 
Haar struppig und hart. 

Die Durchschnittszahlen betragen bei der Messung: 

Korperlange 183 mm, Schwanzlange 156 mm, 

Ohren 18 „ hintere FuBsohle 18 „ 

e. Apode n u s minutusjaponicus. 

Diese x\rt ist die kleinste, der Korper etwas groBer als der Schwanz, 
die Ohrmuschel ist im Verhaltnis groB, der Rucken gelblich-braun; bei 
der alten Ratte teebraun, der Bauch weiB Oder gelblich und die Grenze 
von Riicken und Bauch ist stets sichtbar. 

Die durchschnittlichen Messungszahlen betragen: 

Kbrperlange 74 mm, Schwanzlange 68 mm, 

Ohren 13 „ hintere FuBsohle 16 „ 

Es scheint mir fraglich, ob diese Art zu den Apodenus geisha 
Sogax gehbrt, oder eine besondere Art von Apodenus ist. Ich habe 
sie zu Apodenus minutusjaponicus gerechnet. 


III. Inhalt des Masons der verschiedenen Artcn. 

Ich habe den Inhalt von 200 Rattenmagen untersucht. Der Inhalt 
bestand meistenteils aus Korneru. Ferner fand man auch Kot, ge- 
kochten Reis, Fisch und Rattenhaar und anderes Material. 

Der tabellarische Befund iiber den Mageninhalt war folgender (s. 
p. 448). 

Was nun mein eigentliches Thema anbelangt, so hatte ich bei der 
PestbekSmpfung Gelegenheit, Befunde zu erheben, die den Verdacht 



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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Art de6 Mageninhaltes M. dec. M. rattus M. alex. M. ind. Apod. bumme 
Reiskorner 9 8 9 5 18 49 

Bohnenkoruer 6 1 3 8 4 17 

Weizenkorner 0 0 2 0 1 3 

Kot 5 9 8 7 2 31 

Gekochter Reis 5 3 3 7 4 22 

Fisch 4 6 5 5 1 21 

Rattenhaar 1 1 0 3 0 5 

Reiskorner und Fisch 0 2 1 0 0 3 

Kartoffel 0 112 0 4 

Grunes Gemiise 1 1 0 0 0 2 

Hfilsen von Bohnen 0 0 1 0 0 1 

Insekten 0 0 0 1 0 1 

Unklar 3 2 2 0 3 10 

Leer 6 6 5 7 7 31 

auf Lepra bei Ratten erweckten. Ich fand unter 7001 Ratten 5 lepra- 
verdachtige Tiere. Meine Untersuchungsergebnisse sind folgende: 

1. Fall. Mus decuraanus 3 . Mittleres Tier. Fangort: Minami- 
hama. 

AeuBerer Befund: Die Haut ist im allgemeinen hart, Kopf, 
Hals und Hinterteil weisen stellenweise 10-pfenniggroBe, unbehaarte 
Flecken auf. Diese unbehaarten Flecken des Hinterteils haben Ge- 
schwiire von der Grofie eines 5-Pfennigstiickes, init unregelmaBigem 
Rand; sie haben einen schmutzigen Grund mit schmutzig grauweiBem 
Sekret. Das Umgebungsgewebe der Geschwiire ist sehr hart und dunkelrot 
getont. Vorder- und HinterfuB haben keine speziellen Veranderungen, 
aber der rechte Kniefaltenknoten ist erbsengroB und geschwollen. 

Innerer Befund: Das Herz und die Lunge sind nicht verandert, 
die Milz geschwollen. Beide Nieren sind getrflbt, die Grenze von 
Parenchym- und Markschicht ist unklar; die Schnittflachen der rechten 
Kniefaltenknoten ist grauweiB und der mittlere Teil zeigt Verkasung. 

2. Fall. Mus decuman us 3 - Alt. Fangort: Sorio. 

AeuBerer Befund: Das linke Auge ist blind, der Kopf ist ganz 

haarlos, Rucken und Bauch zeigen einen Markstuck-groBen unbehaarten 
Teil; das Hinterteil ist bis zura linken Bein ebenfalls haarlos. Die Haut 
ist sehr hart, der Bauch zeigt rundliche Geschwiire, die einen unregel- 
maBigen Rand haben. Am Hinterteil des Korpers sind ebenfalls Ge- 
schwiire mit unregelmaBigem Rand. Diese Geschwiire sind dunkelbraun 
und haben ein grauweiBes, eitriges Sekret. Die Umgebung der Ge- 
schwtire ist sehr hart. Der linke Bugknoten und die beiden Kniefalten¬ 
knoten sind geschwollen. 

Innerer Befund: Herz und Lunge sind ohne VerBnderung, die 
Leber ist im Stauungszustand, die Milz blutreich. Die Schnittflache der 
rechten Kniefaltenknoten ist grauweiB gefarbt. 

1. Pathologische Befunde. 

Unbehaarte, harte Hautteile: 

Die Umgebung der Haarwurzeln und der Haarbalge ist mit zahl- 
reichen Rundzellen infiltriert. Unterhautbindegewebe und Muskelfasern 
enthalten ebenfalls Rundzellen und sogenannte leprSse Riesenzellen. Das 
Unterhautbindegewebe ist etwas vermehrt und die GefaBwand ist hyper- 
trophisch. Die Haarwurzelscheide ist atrophisch. Das Pigment des 
Haares ist verschwunden und der Haarkolben gespalten. 

Lymphknoten: 

Die Lymphknoten zeigen kaseartige Veranderungen, die Kerne der 
Zellen sind zerstbrt und zeigen granuiare Formen oiler sie sind ganz 

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Ishiwara, Ueber die Rattenlepra. 


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verschwunden. Manchnial sind die Protoplasmen mehrerer Zellen riesen- 
zellenartig verschmolzen und die Umgebung mit kleinen Rundzellen und 
Leukocyten infiltriert. 


2. Bakteriologische Befunde. 

Wenn man das Ausstrichpraparat der Geschwiire und der ver- 
kasten Lymphknoten nach der Ziehlschen Methode farbt, so ergibt 
die Untersuchung dieselben Leprabacillen wie bei den Men- 
schen. 

Bei der Kultur in Bouillon, auf Agar-Agar und Serum-Agar habe 
ich keine Entwickelung erzielen konnen. 

Beim Tierversuche habe ich bacillenhaltige Gewebe zerstoBen und 
mit physiologischer Kochsalzldsung gemischt. Von dieser Losung habe 
ich 2 weiBen Ratten 0,5 ccm und 2 Meerschweinchen 1,0 ccm subkutan 
und intraperitoneal eingespritzt. Ferner habe ich vom eitrigen Sekret 
der Gesrhwtire und dem kasigen Inhalt der Lymphknoten mit Kochsalz- 
losung verdiinnt je 2 Ratten 0,5 ccm und je 2 Meerschweinchen 1,0 ccm 
eingespritzt. Jedoch wurden hierdurch keine leprosen Erkrankungs- 
erscheinungen hervorgerufen, was bekanntlich auch mit Leprabacillen 
vom Menschen nur selten und schwer zu erzielen ist. 

Obige 2 Faile spreche ich auf Grund des bakterio- 
skopischen Befundes als Rattenlepra an. 3 weitere Faile 
waren ebenfalls lepraverdachtig. 

3. Fall. Musindicusd. Alt. Fangort: Minamihama. 

AeuBerer Befund: RUcken und Hinterteil ist unbehaart und 

rauh, aber ohne Geschwtire. Der linke Kniefaltenknoten ist etwas ge- 
schwollen. 

Innerer Befund: Lunge gestaut, Herz normal, Leber in Stauung, 
Milz ohne Veranderung, die Schnittflachen der Nieren erscheinen etwas 
getriibt. 

4. Fall. Mus decuman usd. Alt. Fangort: Hosuicho. 

AeuBerer Befund: Kopf, Rucken und Hinterteil sind haarlos, 

ebenso der Schwanz, dessen Ende fehlt. Die unbehaarte Haut ist sehr 
hart, die Lymphknoten ohne jede Scliwellung. 

Innerer Befund: An den inneren Organen keine besonderen 
Veranderungen. 

5. Fall. Mus decumanus d. Alt. Fangort: Sorio. 

AeuBerer Befund: Das linke Auge blind, der Riickenteil hat 

eine 1 Markstiick groBe, sehr harte, haarlose Stelle. Der rechte Knie¬ 
faltenknoten ist etwas geschwollen. 

Innerer Befund: Die inneren Organe sind nicht besonders ver- 
andert, die Schnittflache der Lymphknoten ist grauweiB. 

Bei diesen 3 Fallen konnte ich keine lepraartigen 
Bacillen nachweisen. Auch der pathologische Befund bei diesen 
Lepraratten war im Gegensatz zu den beiden zuerst erwahnten Fallen 
negativ. Die Untersuchung dieser 3 Faile bestatigte daher den Lepra- 
verdacht nicht. Die auBeren Erscheinungen sind vielmehr auf das Alter 
der Ratten zuriickzuffihren. 

Man muB daher bei der Diagnose von Rattenlepra bei 
alten Ratten eine gewisse Vorsicht walten lassen. Fur 
die Diagnose ausschlaggebend ist vielmehr die bakterio¬ 
logische Untersuchung durch den Nachweis der Ratten- 
lepr abacillen. 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. Heft 6. 29 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Die Frage, ob die saurefesten Leprabacillen der 
Ratten mit den Leprabacillen des Menschen identisch 
sind, ist bekanntlich noch eine offene. 

Zuni Schlusse mochte ich noch fiir ihre Hilfe den Herren Assistenten 
T. Imura und T. Hoshina meiuen Dank abstatten. 


Nachdruck verbolen. 

Ueber das Vorkommen von Hefen in menschlichen Tumoren, 
mit Versnchen iiber das Wachstum einer pathogenen Hefe 

im Tierkorper. 

[Aus dem pathologischen Laboratorium des Barnard Free Skin and 
Cancer Hospital und dem Laboratorium des Missouri Botanical Garden, 

St. Louis, Mo.J 

Von Leo Loeb, George T. Moore und Moyer S. Fleisher. 

Bekanntlich wurden von San Felice, Leopold und anderen 
Forschern Hefen in menschlichen Tumoren gefunden. San Felice und 
Leopold schrieben dieseu Organismen eine urs&chliche Bedeutung fiir 
die Entstehung maligner Tumoren bei, wahrend die Mehrzahl der anderen 
Forscher die zuweilen in Krebsen gefundenen Hefen fiir zufallige Ver- 
unreinigungen hielten, denen eine Bedeutung fiir die Aetiologie der 
Tumoren nicht zukame. Die letztere Ansicht erschien als die bei weitem 
wahrscheinlichere, und wir wiirden die hier mitgeteilten Untersuchungen 
nicht ausgefUhrt haben, wenn nicht in den letzten Jahren eine Mitteilung 
von Leopold erschienen ware, in der dieser Forscher angibt, dafi es 
mit Hilfe verbesserter Untersuchungsmethoden moglich ist, in der grofien 
Mehrzahl aller Krebse Hefen nachzuweisen l 2 ). 

Wir hielten es fiir der Miihe wert, die Angaben von Leopold 
nachzupriifen, und wir verbanden uns zu diesem Zvvecke mit einem 
Botaniker, Herrn Prof. George T. Moore, dessen spezielles Arbeits- 
gebiet die niederen pflanzlichen Organismen bilden. 

Herr Moore untersuchte im Laboratorium des Missouri Botanical 
Garden die im Barnard Free Skin and Cancer Hospital in die Nahrmedien 
iibertragenen Tumorstiicke auf das Vorkommen von Hefen und fiihrte die 
morphologische und biochemische Untersuchung einer isolierten Hefe aus. 

Die weiteren Versuche iiber das Wachstum der Hefe ira TierkUrper, 
sowie die in einer fruhereu Mitteilung veroffentlichten Versuche iiber 
das simultane Wachstum der Hefe und von Nierengewebe in Nahr- 
boden *) wurden von den beiden anderen Autoren (Loeb und Fleisher) 
im pathologischen Laboratorium des Barnard Free Skin und Cancer 
Hospital ausgefUhrt. 

Zuerst soil iiber das Wachstum einer aus einem Sarkom geziichteten 
Hefe in Nahrmedien berichtet werden, sodann werden Versuche mit- 
geteilt, die die W'achstumsbedingungen dieser Hefe im Tierkorper be- 
treffen, und zuletzt soli kurz uber die Tumoren berichtet werden, die 
auf das Vorkommen von Hefen von uns untersucht wurden. 


1) Untersuchungen 7.ur Aetiologie des Carcinoma und uber die pathogenen Bios to 
myceten. Teil II. (Arch. f. Gynakol. Bd. 92.) 

2) Siehe dieses Cemralblatt. 


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Loeb, Moore u. Fleiaher, Vorkommen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 451 


Ilerkiiiift tier Hefc und Technik. 

Die von uns untersuchte Hefe wurde aus einem Rundzellensarkoin, 
das sich in dem Antrum Hightnori eines 62-jahrigen Mamies entwickelt 
hatte, und das operativ von Herrn Dr. A. B. Carson entfernt worden 
war, geziichtet. Der betreffende Tumor war zuerst in Form eines Nasen- 
polypen aufgetreten. Nach der Exstirpation dieses Polypen bildete sich 
dann der Tumor der HighmorshQhle. Sofort nach der Operation wurde 
der Tumor zum Laboratorium gebracht. Die nun befolgte Technik der 
Entnahme der Tumorstiickchen war in alien (auch den spater ausgefiihrten) 
Fallen die gleiche. Die Oberflache des Tumors wurde mit einem zum 
Gliihen gebrachten Spatel gebranut. und sodann wurden Stiickchen des 
Tumors von verschiedenen Stellen des Inneren mit sterilen Instrumenten 
entnoinmen und in die verschiedenen Reagensrohrchen Oder andere 
GefaBe (Vergarungsrohrchen), die die Nahrmedien enthielten, eingelegt. 
Bei der Entnahme der Stiickchen wurde darauf geachtet, daB soviel wie 
inoglich lebendes Gewebe entnommen wurde. 

Als Nahrmedien benutzten wir 5- und 10-proz. Zuckerlosung, Bouillon, 
die in gewohnlicher Weise hergestellt war, und Bierwiirze -{- 5. 

Die verschiedenen die Tumorstiickchen enthaltenden Rohrchen wurden 
dann zum Teil bei 37° C, zum Teil im Zimmer bei einer durchschnitt- 
lichen Temperatur von 22° C gehalten. 

Ein Teil des Materials wurde auch auf andere Nahrmedien (Kar- 
toffel und Bierwiirzeagar) iibertragen oder in kleinere Stiicke zerlegt 
und in Van Tieghemsche Zellen gebracht, die mit den obengenannten 
Nahrfliissigkeiten beschickt waren. Unsere Versuche stellen also eine 
Nachpriifung der Angaben von Leopold dar, wobei wir aber die Unter- 
suchungen weiter ausdehnten, als es dieser Autor getan hatte. 

DaB die von uns angewandte Methode im allgemeinen hinreichend 
war, urn das Eindringen von fremden Keimen zu vermeiden, wurde da- 
durch bewiesen, daB mehrere hundert Gewebsstiickchen, die in dieser 
Weise entnommen worden waren, vollig steril blieben. 


Das Waehstuui ciner von uns isolierten Ilefe in Nfthrmcdicn. 


Bei Untersuchung des Sarkoms der Highmorshohle wurden nach 
Ablauf von 36 Stunden kleine Kolonieen auf den bei 37 0 gehaltenen 
festen Nahrmedien sichtbar, und nach Ablauf von 48 Stunden zeititen 
die Bouillon und Zuckerlosung enthaltenden, bei 37 °C gehaltenen Rohr¬ 
chen eine Triibung. Die mikroskopische Untersuchung zeigte, daB ein 
einziger Organismus wuchs, und daB derselbe die Charaktere einer Ilefe 
aufwies. In den von uns benutzten fliissigen Nahrmedien sproBte der 
Organismus reichlich in ganz derselben Weise, wie dies typische Ilefe- 
zellen tun, und im Verlaufe von ungefahr 3 Stunden wurden hierdurch 
Zellen, die die maximale GroBe besaBen, erzeugt. 

Auf Bierwurzeagar 5 entwickelten sich typisch gegliederte Pilz- 
faden; es wurde daher zuerst von uns angenommen, daB der Organismus 
den Hyphomyceten zuzuweisen und mehr oder weniger verwandt sei mit 
Mon ilia. Es ergab sich jedoch, daB bei fortgesetzter Ziichtung keine 
Konidien erzeugt wurden, sondern nur Zellen, die als Sprossen am 
Mycelium erschienen, und die bald die Form von Hefezellen annahmen. 
Diese letzteren waren in Form von scharf begrenzten Wirteln in mehr 
oder weniger regelmaBigen Zwischenraumen angeordnet und gaben dera 
auf der Oberflache einer Platte wachsenden Pilz ein charakteristisches 
Aussehen. Nur in seltenen Fallen ging von der Hauptachse des Myce- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Hums ein Ast statt des gewohnlichen Hefesprosses ab, und so erklSrt 
sich die Anordnung der Hefezellenwirteln in verschiedenen Winkeln. 

Der Inhalt der faden- und hefeahnlichen Zellen wies keine be- 
sonderen Eigenttimlichkeiten auf. Oft wurde eine auffallende Entwick- 
lung von Vakuolen beobachtet. Es mag noch erwahnt werden, daB der 
Kern diffus war, und daB die Chromatinfaden nach alien Richtungen in 
die Zelle ausstrahlten. 

Sporenbildung. Um festzustellen, ob der in Frage stehende 
Organismus den echten Hefen angehore, wurde versucht, Sporenbildung 
zu induzieren. In Kulturen, die in der Hansenschen Losung auf den 
bekannten Gipsklotzchen gezuchtet wurden, wurden Sporen nach Ablauf 
von 3 Monaten produziert, und spater gelang es uns bei Gebrauch von 
Porzellan, Sporen in 3 Wochen zu erhalten. Wir fanden weiterhin, daB 
nach Uebertragungen von alten Kulturen viel schneller, namlich in der 
halben Zeit, Sporen entstanden, als nach Uebertragungen von frischen 
Kulturen. 

In der Regel wird in jeder Zelle eine einzige Spore entwickelt; 
doch kommen zuweilen zwei Sporen vor. Diese Sporen haben nur eine 
Membran und keimen, mit sehr wenigen Ausnahmen, direkt, d. h. unter 
Bildung von Hefezellen. Ausnahmsweise wurde in einem Falle ein Pro- 
mycelium-ahnliches Gewebe entwickelt; ein solcher Vorgang kann jedoch 
nicht als die nortnale Keimungsmethode betrachtet werden. Zuweilen 
sproBten Sporen innerhalb der alten Zellwand; doch zerfiel gewohnlich 
das eine Ende der letzteren und liefi die Spore vor der Keimung ent- 
schltipfen. W&hrend des vegetativen Wachstums wurde eine Kahmhaut 
nicht produziert, mag dieses Wachstum in der Form von Faden oder 
von Hefezellen stattfinden; w r ahrend der Sporenbildung fanden sich hin- 
gegen Anzeichen einer Kahmhautbildung, indem zu dieser Zeit diejenigen 
vegetativen Zellen, die an der Sporenbildung nicht teilgenommen hatten, 
zusammenklebten. 

Garun g. Reinkulturen der Hefe verg&rten bei einer Temperatur 
von 37° nach 48 Stunden Saccharose, nach 18 Stunden L&vulose und 
Maltose und nach 12 Stunden Dextrose. Versuche, Laktose, Harnstoff, 
Salicin, Raffinose, Dextrin und Mannit zu vergSren, fielen negativ aus. 
In 5-tagigen Saccharosekulturen wurde 0,3 Proz. Alkohol erhalten. Der 
Umstand, daB Saccharose im Anfang so langsam und dann, nachdem der 
ProzeB einmal begonnen hatte, so schnell vergor, legte die Vermutung 
nahe, daB es sich hier um das Ausbleiben der Produktion von Invertase 
handele, wie dies schon fruher von Fischer und Lindner fur 
Monilia und von Beijerinck fur gewisse Bakterien berichtet worden 
war. Weitere Untersuchungen zeigten nun in der Tat, daB die von uns 
benutzte Hefe keine Invertase ausschied. 

Verfliissigung der BierwGrzegelatine stellte sich je nach dem Alter 
der ursprunglichen Kultur nach 6—12 Wochen ein, unabhangig davon, 
ob der Organismus als Hefe oder Mycelium wuchs. 

Systematik. Die starke Bildung von Mycelium auf einigen festen, 
saure Reaktion aufweisenden Nahrmedien (sowie bei ZGchtung der mit 
dem Organismus infizierten Niere im Blutkoagulum), sowie der Fundort 
des Organismus legten zun&chst die Annahme nahe, daB wir es hier mit 
einem Oidium oder einem mit Oidium verwandten Hyphomyceten zu 
tun hatten. Insbesondere dachten wir daran, daB der echte Soorpilz 
oder eine nahe verwandte Form vorlage. Nachdem wir aber langere 
Zeit hindurch den Organismus gezuchtet hatten, gaben wir diese An¬ 
nahme auf. Die Systematik des Soorpilzes ist unentschieden, er ist von 


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Loeb, Moore u. FJeisher, Vorkommen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 453 


verschiedeneu Autoren zum mindesten in 12 Genera eingereiht worden; 
trotzdem zeigen die neuereu Untersuchungen, daB das Verhalten des 
Soorpilzes merklich abweicht von dem von uns uutersuchten Organismus. 

Die durch gewisse Einwirkungen hervorgerufene Sporenbilduug 
zwingt uns dazu, den Organismus unter die echten Hefen einzureihen; 
die von uns beobachtete reichliche Bildung von Mycelium spricht nicht 
dagegen, da ja auch bei anderen Saccharorayceten eine Myceliumbildung 
vorkommt. Die in einem Falle beobachtete Bildung eines Promyceliums 
war moglicherweise gewissen anormalen Bedingungen zuzuschreiben; es 
handelte sich hierbei jedenfalls urn ein ganz ausuahmsweises Vorkommen, 
und in alien anderen Fallen wuchsen die Sporen direkt zu Hefen aus. 

Soweit Aussehen, Art des Wachstums, Garung in Betracht kommen, 
hat der von uns isolierte Organismus eine groBe Aehnlichkeit mit 
Saccharomyces cerevisiae; beide Organismen vergaren Saccha¬ 
rose, Dextrose und Maltose, nicht aber Laktose. Unser Organismus 
unterscheidet sich jedoch von Saccharomyces cerevisiae durch 
die Bildung einer einzigen Spore, durch die reichliche Bildung von 
Mycelium und durch sein Wachstum im Tierkorper. 

Es dtirfte daher zweckmaBig sein, dem hier beschriebenen Organis¬ 
mus einen eigenen Namen zu geben. Da er aus einem menschlichen 
Tumor isoliert wurde, so wollen wir ihn als Saccharomyces parasiticus 
n. sp. bezeichnen. 

Saccharomyces parasiticus ware also in folgender Weise zu 
charakterisieren: Zellen meist liinglich Oder oval, 6—9 /j lang, isoliert 
oder zu kleinen Kolonieen verbunden. Sporen einzeln in rundlichen 
Oder elliptischen Gliederzellen gebildet. Auf festen Nahrmedien mit 
saurer Reaktion bildet sich reichlich Mycelium mit Produktion von 
Wirteln von Hefezellen, welch letztere sich durch direkte Sprossung aus 
den Hyphenzellen bilden. Konidienbildung fehlt. Saccharose, Dextrose 
und Maltose werden vergoren, wahrend Laktose nicht angegriffen wird. 
Wurde isoliert aus einem menschlichen bosartigen Tumor, wohin er ver- 
mutlich erst sekund&r gekommen war; er wachst eine Zeitlang in Sauge- 
tieren und fiihrt bei intravenoser Inokulation den Tod des Tieres herbei. 

Das Wachstum der Hefc im Tierkiirpcr. 

In den zu beschreibenden Versuchen handelt es sich darum, fest- 
zustellen, wie die Hefe sich im Tierkorper verhalt, wie sie sich in den 
verschiedenen Organen des Wirtes verteilt, unter welchen Bedingungen 
sie eine pathogene Wirkung ausubt und worauf ihre pathogene Wirkung 
beruht; hierbei sind natiirlich als wesentlich die Hilfsmittel zu beriick- 
sichtigen, inittels deren sich der Wirt der Hefe erwehrt. Es handelt 
sich hier nun erstens um eine Beschreibung der Erscheinungen, die 
nach der Inokulation mit der Hefe beobachtet werden, und zweitens um 
besondere analytische Versuche, die die Ursachen dieser Erscheinungen 
nSher ergriinden sollen. 

Wir benutzten zu unseren Versuchen hauptsachlich Kaninchen, in 
geringerer Zahl auch Meerschweinchen und Ratten. Wir stellten eine 
Suspension einer Rubendekoktagarkultur der Hefe in 0,85-proz. NaCl- 
Losung her. 1 ccm einer Standardsuspension enthielt ungefahr 380 Mill. 
Hefezellen (= 1 Standarddose). 

I. Intraperitoneale Injektion. 

Nach intraperitonealer Injektion sogar relativ groBer Massen von 
Hefezellen (z. B. von 20 Standarddosen im Falle des Kaninchens) bleiben 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original?.. Bd. 67. Heft 6. 


die Kaninchen, Ratten und Meerschweinchen am Leben. Bei der Aut- 
opsie tindet man zuweilen keine Veranderungen. In anderen Fallen finden 
sich nach iihnlichen oder viel kleineren Dosen einige wenige oder viele 
Knotchen in dem Peritoneum. Diese Knotchen zeigen bei mikro- 
skopischer Untersuchung folgende Zusammensetzung: Im Zentrum des 
Knotchens finden sich Massen von Hefezellen, die wahrscheinlich ganz 
oder groBenteils abgestorben sind. Daherum bildet sich eine Binde- 
gewebskapsel mit Rundzellen. Einige Bindegewebszellen konnen in die 
Hefemasse eindringen und groBe Riesenzellen bilden; andere Teile dieser 
Bindegewebskapsel konnen nekrotisiert werden. Auch in der Binde- 
gewebskapsel konnen sich Riesenzellen finden. 

Nur einmal erfolgte der Tod nach der intraperitonealen Injektion. 
In diesem Falle erhielt ein Kaninchen eine intraperitoneale Injektion 
einer Bouillonkultur, die ungeffihr 30 Standarddosen entsprach. Die 
Kultur bestand zu einem groBen Teil aus Mycelien. Das Tier starb nach 
ungefS.hr 2'/o Tagen. Das Peritoneum war iibersSt von Knotchen, deren 
GroBe zwischen der eines Stecknadelkopfes und einer Bohne schwankte. 
Auch das Zwerchfell war von Knotchen bedeckt. Aelinliche Knotchen 
auf Magen und Milz bewirkten eine Fixierung dieser Organe. Auf der 
Oberflache der Leber fand sich ein AbszeB, der aus polynukleSren Leuko- 
cyten bestand. Auf der Serosa des Darmes fand sich ein groBeres 
Knotchen, in der Subserosa fanden sich viele kleine Knotchen, die im 
Innern polynukleare Leukocyten enthielten. Bindegevvebe umgaben die 
Knotcheu und zahlreiche polynukleare Leukocyten wanderten durch das 
serose Gewebe. Moglicherweise wurde der Tod in diesem Falle durch 
sekundare VorgSnge, die mit der Fixierung der Organe in Zusammenhang 
standen, veranlaBt. 

Wir konnen also annehmen, daB in einigen Fallen in der Peritoneal- 
hbhle eine zeitlich beschrankte Wucherung der Mikroorganismen statt- 
findet, daB dieselbe jedoch bald zum Stillstand kommt. Von seiten des 
Wirtsgewebes findet eine maBige Reaktion statt. Es findet aber weder 
ein progressives Wachstum der Hefezellen noch die Entwickelung von 
tumorartigen Gebilden statt. Die Bildung von Riesenzellen urn die 
Hefezellen ist als eine einfache Reaktion Fremdkorpern gegeniiber zu 
betrachten, und es handelt sich hierbei nicht urn die Produktion eines 
Riescnzellensarkoms. 

In einigen Fallen schabten wir bei Ratten vor der Injektion der 
Hefezellen Teile des Peritonealiiberzuges mit einem scharfen Loffel ab, 
um den Hefezellen Gelegenheit zu geben, mit dem subserosen Binde- 
gewebe direkt in Kontakt zu kommen. Nur ein derartig behandeltes 
Tier, das 0,8 ccm einer Standarddose erhalten hatte, konnte genauer 
untersucht werden. Nach dem 8 Tage nach der Injektion erfolgten Tode 
fanden sich Membranen auf dem Darm, sowie gelbe Streifen in der 
Darmmuskulatur. In der Niere und Leber lagen kleine weiBe Knotchen, 
auch auf dem Zwerchfell war ein derartiges Knotchen sichtbar. Mikro- 
skopisch fanden sich liier in der Niere Hefezellen, die einige Niereu- 
kaniilchen erfiillten und die Nekrose dieser Kanalchen verursachten. Um 
die infizierten Kaniilchen fanden sich polynukleare Leukocyten, die auch 
in die Kanalchen eindrangen und dieselben zerstbrten. Viele Glomeruli 
waren erhalten. Auch in der Zwerchfellmuskulatur fanden sich mit 
Hiimatoxylin blau gefarbte Hefemassen in nekrotischem Gewebe, und 
dieselben waren umgeben von polynukleiiren Leukocyten. 

Es scheint also, daB nach Verletzung des Peritonealiiberzuges eine 
Resorption von Hefezellen in der Bauchhbhle und Uebertritt der 


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Loeb, Moore u. Fleisher, Vorkommen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 455 


Organismen in das Blut, mit Ablagerung in die Niere und in geringerem 
Grade auch in die Leber stattfinden kann. 


II. Intravenose Injektion der Hefezellen. 

In alien weiteren Versuchen wurden die Hefezellen intravenos in- 
jiziert, und zu diesen Versuchen dienten fast ausschlieBlich Kaninchen. 

1) Die Injektion von 2—3 ccm von Berkefeld-Filtraten von 
Bouillonkulturen der Hefe in die Ohrvene war ohne irgendwelche 
Wirkung. In Verbindung mit den oben erwfihnten Versuchen, die die 
intraperitoneale Injektion von Hefezellen betrafen, sowie mit den in 
einer friiheren Mitteilung beschriebenen Versuchen liber die simultane 
Zfichtung von Hefe und Nierengewebe weisen diese Ergebnisse darauf 
hin, daB die toxische Wirkung der Hefezellenkulturen nur sehr gering 
sein kann. 

2) Falls die Injektion der lebenden Hefezellen von gleichmfiBigen 
Resultaten gefolgt sein soil, ist es notig, die Virulenz der Kultur auf 
einer bestimmten Hohe zu halten. Am besten verwendet man 2—3 Tage 
alte Agarkulturen, von denen eine Suspension in 0,85-proz. NaCl-Losung 
hergestellt wird. Alte Kulturen kfinnen einen groBen Teil ihrer Wirkung 
eingebfiBt haben. 

Ob die Virulenz der Hefe durch wiederholte Tierpassage wesentlich 
gesteigert werden kann, ist zweifelhaft. In einem Versuche injizierten 
wir in 3 Kaninchen intravenos verschiedene Quantitfiten einer Ilefe- 
kultur, die schon seit Monaten auf Agar fortgezfichtet worden war. Drei 
andere Kaninchen erhielten die entsprechenden Mengen einer Kultur, die 
sukzessive zweimal in Kaninchen intravenos injiziert und die dann aus 
der Niere des Kaninchens in Reinkultur gezfichtet worden war. Die- 
jenigen Tiere der beiden Serien, welche mittlere Quantitfiten erhalten 
hatten, starben zu gleicher Zeit, wfihrend nach Injektion der groBen und 
der kleinen Quantitfiten die Tiere, welche die aus der Niere gezfichtete 
Kultur erhielten, frfiher starben als die beiden Kontrolltiere. In diesen 
Versuchen war jedenfalls die Virulenzsteigerung nach Tierpassage nicht 
sehr markant. 

In den im folgenden mitzuteilenden Versuchen variierte das Alter 
der Kultur etwas; falls filtere Kulturen benutzt wurden, fiberlebten die 
Tiere die Injektion oder sie starben spfiter als die Kaninchen, die frische 
Kulturen erhielten. 

3) Es war nun noch festzustellen, ob ein etwa 3—4-stfindiges Halten 
der Tiere bei Zimmertemperatur nach dem vorher erfolgten Tode die 
Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung finderte. Es starben die 
Tiere in der Mehrzahl der Ffille 3—7 Tage nach der Injektion; in 
anderen Ffillen starben sie im Laufe der 2. oder 3. Woche. Die Tiere 
wurden nicht selten tot gefunden, wfihrend in anderen Ffillen die Tiere 
getotet wurden, um die Organe frisch zur mikroskopischen Untersuchung 
zu erhalten. In besonderen Versuchen wurde nun festgestellt, daB ein 
3—4-stttndiges Liegen der Tiere bei Zimmertemperatur zu einer irgend- 
wie bedeutenden postmortalen Wucherung der Hefezellen nicht ffihrt; 
daB eine geringffigige Vermehrung stattfinden mag, konnen wir vorlfiufig 
nicht mit Sicherheit ausschlieBen. 

4) Es sollen nun die durch die Hefe gesetzten Lfisionen in den ver- 
schiedenen Organen in chronologischer Ordnung etwas eingehender be- 
schrieben werden, damit wir einen Einblick in die Todesursache erhalten 
kfinnen. In der groBen Mehrzahl der Versuche wurden zu den ver- 
schiedenen Terminen mehrere Tiere, oft eine groBere Anzahl derselben 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


benutzt, um akzidentelle Befunde zu vermeiden. Fast durchweg waren 
die individuellen Abweichungen von deni Durchschnittsbild gering. 

a) 5 — 6 Stunden nach der Injektion finden sich in der Niere 
eines einzigen Tieres, das zu dieser Zeit untersucht wurde, einige poly- 
nukleare Leukocyten. Hefezellen oder distinkte Knotchen sind nicht 
sichtbar. Das Herz zeigte keine Veranderungen. Ob knotchenartige 
Leukocytenansammlungen in der Lunge durch die Hefezellen veranlaBt 
werden, ist zweifelhaft. 

b) 19 — 22 Stunden nach der Injektion sind in der Niere 
Lasionen nur in geringer Zahl und Ausdehnung vorhanden. Es handelt 
sich bierbei uni kleine Ansammlungen von Leukocyten, besonders in den 
afferenten Gefafien der Glomeruli, sowie in den und um die benachbarten 
gewundenen Harnkanalchen. Doch sind die Lftsionen nicht auf diese 
Gegenden beschrankt. Polynukleare Leukocyten mogen sich in den 
Markkanalchen oder in der Umgebung derselben finden. Ferner sind 
Hefezellen in einigen Kanalchen der Rinde sichtbar; sie konnen durch 
den Epithelbelag hindurchwachsen und das Epithel zerstoren. In dieser 
Periode findet das Wachstum der Hefezellen in Form von kurzen 
Mycelien statt, welclie in einzelnen Kanalchen in groBer Zahl vorhanden 
sein konnen, ohne daB Leukocyten in alle die betreffenden Harnkanalchen 
eingedrungen zu sein brauchen; Leukocyten finden sich dann aber in 
der Umgebung der Kanalchen, wahrend im Lumen von anderen Kanal¬ 
chen nahebei Leukocyten vorhanden sein konnen. 

Auch im Herzen finden sich Knotchen; diese bestehen aus Leuko- 
cytenanhaufungen, die zum Teil die Ilerzmuskeln zerstoren; Hefezellen 
sind jedenfalls gewoknlich nicht in den Knotchen sichtbar. Auch in der 
Leber sind Knotchen, die aus polynuklearen Leukocyten bestehen, vor¬ 
handen. Die Leukocyten sammeln sich zuerst in den Kapillaren an, 
dringen sodann aber auch in das umgebende Gewebe ein und zerstdren 
Leberzellen. Die Leberknotchen liegen gewohnlich in einer geringen 
Entfernung von den PortalgefaBen. Es ist nun von Wichtigkeit, daB im 
Herzen und in der Leber die Knotchen zu dieser Zeit mindestens ebenso 
zahlreich sind wie in der Niere, und daB die einzelnen Knotchen vielleicht 
sogar etwas grofier sein konnen. 

In der Milzpulpa finden wir entweder einige kleine Leukocyten- 
knotchen, die moglicherweise einige Hefezellen einschlieBen oder die 
Leukocyten finden sich in mehr diffuser Anordnung. 

Auch in der Lunge finden sich kleinere Leukocytenknotchen, die 
zuweilen einen rosettenartigen, mit Eosin sich farbenden Organismus 
einschlieBen; ebenfalls beobachteten wir Knotchen, die aus Leukocyten 
bestehen, in der Intima von LuugengefaBeu; ferner finden sich in den 
Alveolen desquamierte, pigmenthaltige Epithelien. Diese Lungenbefunde 
sind aber inkonstant, und es ist durchaus zweifelhaft, ob sie mit der 
Anwesenheit von Hefezellen in Verbindung stehen. 

Von wesentlicher Bedeutung ist nun die Tatsache, 
daB in dieser Periode Herz und Leber mindestens ebenso 
stark affiziert sind wie die Niere; ferner daB in der Niere 
besonders die Umgebung der Glomeruli bevorzugt ist 
und daB sich auch in einigen Kanalchen kleine Mycelien 
finden, welclie die Epithelien zerstoren, ohne von den 
Leukocyten beeintrachtigt zu werden. 

c) 42— 48 Stunden nach der Injektion finden sich in den 
Nieren viele makroskopisch sichtbare Knotchen von w'eiBlich-gelber Farbe. 
die fast ausschlieBlich in der Rinde liegen. Die Zahl und GroBe der 


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Loeb, Moore u. Fleisher, Vorkomraen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 457 


Nierenknotchen hat bedeutend zugenommen; dieselben sind jedoch noch 
nicht so zahlreich wie spfiter. Im Gegensatz zu der Niere hat in den 
anderen Organen eine solche Zunahme in der GroBe und Zahl der 
Knotchen in dieser Periode nicht stattgefunden. Nur im Herzen sind 
vielleicht die Knotchen ebenfalls etwas groBer geworden. 

Falls die Zahl der injizierten Hefezellen geringer ist Oder falls eine 
filtere Kultur benutzt wird, tinden sich Lasionen nur in Niere und Herz, 
anderenfalls konnen sich Lasionen auch in Leber, Milz und Gehirn und 
moglicherweise auch an anderen Stellen linden; in den letztgenannten 
Organen sind aber die Lfisionen nur mikroskopisch. Die Lungen konnen 
frei von Verfinderungen sein, die wir mit Sicherheit auf die Hefezellen 
zurttckffihren konnen. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigt. daB die Lfisionen in der 
Niere hauptsfichlich um die Glomeruli liegen und daB zuweilen poly- 
nuklefire Leukocyten in die Glomeruli eindringen; Leukocyten finden sich 
auch im Innern und in der Umgebung von Harnkanalchen. Benachbarte 
Leukocytenknotchen konnen zur Bildung von konglomerierten Knotchen 
zusammenflieBen. Im Zentrum dieser KnOtchen konnen sich nekrotische 
Harnkanalchen finden, wfihrend Hefen vielfach nicht sichtbar zu sein 
brauchen. Zuweilen finden wir jedoch in der Mitte der Knotchen Hefe¬ 
zellen, wahrend an anderen Stellen in der Peripherie der Knotchen 
Harnkanalchen liegen, die mit Mycelien und runden oder ovalen Hefe¬ 
zellen gefiillt sind. Solche periphere, mit Hefeorganismen gefiillte 
Kanfilchen konnen entweder ganz frei von Leukocyten sein, oder Leuko¬ 
cyten finden sich nur an einer Seite, entweder am oberen oder unteren 
Eude des Kanfilchens und auch in der Umgebung konnen dann Leuko¬ 
cyten fehlen oder in nur geringer Zahl vorhanden sein. Die Mycelien 
zerstoren auch zu dieser Zeit die Epithelzellen und brechen durch die 
Wand der Harnkanalchen in benachbarte Kanfilchen ein. Dies ftihrt zu 
einer Ausbreitung der Organismen in der Niere. 

Die Leukocyten haben zu dieser Zeit noch nicht vollig Kontrolle 
fiber die Hefezellen gewonnen. 

Neben der Tfitigkeit der Leukocyten beobachten wir auch eine Ver- 
mehrung der Epithelkerne, und epitheliale Riesenzellen konnen in das 
Lumen tier Kanalchen abgestoBen werden. Ferner finden sich hier einige 
Lymphocyten in der Peripherie der Nierenknotchen. 

Im Herzen konnen wir zu dieser Zeit in einem Knotchen 3 Teile 
unterscheiden: Im Zentrum liegt ein nekrotisches Muskelstfick, dieses 
ist von polynuklearen Leukocyten umgeben, und in der Peripherie finden 
sich einige groBere Zellen mit vesikulfiren Keruen, wahrscheinlich 
wuchernde Bindegewebszellen. 

In dem Gehirn fand sich in einem Falle ein kleines Knotchen, das 
aus einer geringen Zahl von polynuklearen Leukocyten und einigen 
mononuklearen Leukocyteu bestand, wahrend in einem anderen Knotchen 
nur mononuklefire Leukocyten sichtbar sind. In der Lunge beObachleten 
wir Staubzellen und mononuklefire Leukocyten, wfihrend Ansammlungen 
von polynuklearen Leukocyten gewohnlich fehlten. 

Charakteristisch ist also ffir diese Periode die Zu¬ 
nahme der Lfisionen in den Nieren, mit Ausbreitung der 
Hefezellen durch die Kanfilchenwand hindurch; die Zu¬ 
nahme der polynuklefiren Leukocyten, die so bedeutend 
sein kann, daB die benachbarten Kan filch e n zuweilen 
einenDruckaufeinanderausfiben; ferner das Fehlen einer 
volligen Unterdrfickung der Hefezellen durch die poly- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


nuklearen Leukocyten und schlieBlicli die m angel ndeoder 
ii ur ganz geringfugige Zunahine der Lasionen in anderen 
Organen, die hier (lurch in scharfen Gegensatz zu der 
Niere treten. 

d) 2 — 5 Tage nach der Injektion. Diese Periode ist 
dadurch charakterisiert, d a fi die Wucherung der Hefe- 
zellen in den Harnkanalchen ini Anfang im Fortschreiten 
begriffen ist und sodann ihren Hohepunkt erreicht. Man 
kann groBe Massen von Kanalchen von Hefezellen erfiillt sehen; auch 
durchbrechen Mycelien die Wand von Harnkanalchen. Wir finden aber, 
dad zu dieser Zeit die Hefezellen gegeniiber den Mycelien iiberwicgen. 
Auch in den Kanalchen des Markes finden sich Hefezellen. GroBe Haufen 
von polynuklearen Leukocyten lagern uni die Hefezellen und dringen in 
die die Organisnien enthaltenden Harnkanalchen cin; in anderen Harn¬ 
kanalchen konnen hingegen trotz der Hefezellen die Leukocyten fehlen. 
Man sieht nun haufig Leukocytenhaufen nicht nur im Innern oder in der 
Unigebung der Kanalchen, sondern es werden auch die Glomeruli er- 
grifi'en. In inanchen Tieren findet man auf der anderen Seite nur mit 
Schwierigkeiten einige Hefezellen. Auch in dieser Periode kann man 
zuweilen beobachten, daB in der Peripherie einiger KnOtchen im Innern 
der Harnkanalchen eine Wucherung von Hefezellen stattfinden kann, oline 
daB polynukleare Leukocyten zu der Stelle hinwandern und' den Ein- 
dringling bekampfen. Ferner treten jetzt im Zentrum der Knotchen 
Zylinder auf, die in den Kanalchen liegen und die aus verklebten und 
wahrscheinlish toten Hefezellen und Leukocyten bestehen. Es setzt also 
jetzt gleichzeitig ein Absterben der wuchernden Organismen ein. Solche 
Zylinder erstrecken sich zuweilen in das Mark und sie mogen auch hier 
von polynuklearen Leukocyten umgeben sein. Ferner liegen in den 
KnOtchen nekrotische Teile von Harnkanalchen. 

Auf der anderen Seite findet man jedoch auch progressive Verande- 
rungen von seiten der Epithelzellen der Harnkanalchen. Die Epithel- 
zellen konnen Riesenzellen bilden, die die Hefeorganismen aufuehmen; 
zuweilen findet man auch Mitosen in den Harnkanalchenepithelien. In 
einem Falle sahen wir in dem Marke nahe den typischen Lasionen in 
einigen Harnkanalchen Epithelzellen, in deren Innerem sich rundliche oder 
ovale Blasen bet'anden, die mit kleinen, sich mit Hamatoxylin stark 
blau farbenden Kornern angefiillt waren. Wir erhielten den Eiudruck, 
als ob es sich urn in die Epithelzelle aufgenommene Hefekorper handelte, 
die hier eine sekundare Umwandlung in Korner erfabren. In anderen 
Fallen beobachteten wir eine starke VergroBerung der Epitbelzellenkerne 
in der Peripherie der Herde. 

Besonders gegen Elide dieser Periode, namlich am 4. und 5. Tage, 
findet sich in der Peripherie des Knotchen eine deutliche Bindegewebs- 
wucherung und eine groBere Ansammlung von Lymphocyten. Diese Ver- 
anderung tritt zuerst und am starksten auf in der Nahe der groBen 
NierengefaBe zwischen Mark und Rinde. 

Wir beobachten ferner zu dieser Zeit, daB die Herde in der Niere 
meist radiar angeordnet sind und daB sie hauptsachlich zwischen den 
Markstrahlen liegen. Es kommt jedoch auch nicht seiten vor, daB ein 
Knbtchen auf einen Markstrahl iibergreift und ihn so unterbricht. 

Die Vermehrung der Hefezellen und polynuklearen Leukocyten, die 
Zunahme des Bindegewebes und der Lymphocyten verursachen in dieser 
Periode eine starke Zunahme in dem Volumen der Niere; die Haifte der 
Rinde kann aus Knbtchen bestehen; aber auch das Mark ist vergrOfiert, 


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Loeb, Moore u. Fleisher, Vorkommen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 459 


und bier beruht die VergroBerung hauptsachlich auf dem Vorhandensein 
von Oedem, das nur bei dem Aufschneiden einer solchen Niere auffallt. 
So kommt es, daB das Gewicht einer erkrankten Niere 2 — 5mal so groB 
sein kann wie das einer normalen Niere. 

In dieser Periode treten nun auch makroskopisch sichtbare Knot- 
chen an zwei anderen Stellen des Korpers auf, namlich in dem Epicard 
des linken, seltener des rechten Ventrikels und in dem Peritonealiiberzug. 
In dem letzteren zeigen die Knotchen eine typische Lokalisation; sie 
folgen im besonderen den von der Nierengegend gegen das Becken oder 
seitwarts gegen die Wirbelsaule hinziehenden GefaBen; ferner mogen sie 
sich in dem Mesenterium des Dickdarms und in der Wand des Dick- 
darms selbst, weiterhin auch auf dem Magen und auf dem Omentum 
linden. Auf dem Diinndarm haben wir hingegen merkwiirdigerweise 
keine Knotchen beobachtet. Alle diese Lasionen sind jedoch gering- 
fiigiger als die Nierenlasionen und es bilden sich hier gewohnlich nicht 
die konglomerierten Knotchen, wie wir sie in der Niere so oft linden. 
Weiterhin fehlen in vielen Fallen die Epicardial- oder Peritonealknotchen, 
wahrend die makroskopischen Nierenlasionen immer vorhanden sind. Auch 
mikroskopisch sind die Nierenlasionen die einzigen konstanten Befunde; 
nachstdem sind die Lasionen im Herzen die haufigsten. Aber auch diese 
kommen nicht immer vor. 

Mikroskopische Veranderungen konnen auch noch in vielen anderen 
Organen auftreten, so besonders in Leber, Milz, Lunge, Nebenniere, 
Gehirn, Darm und Magen. In der Nebenniere scheinen die Lasionen die 
Rinde zu bevorzugen, wennschon sie auch im Marke gelegentlich vor¬ 
handen sind. Es sind jedoch alle diese Organiasionen geringfiigiger als 
die Nierenlasionen, sowohl was die Zahl als die Ausdehnung der einzelnen 
Lasionen betrifft. Wichtig ist auch der Umstand, daB, wahrend in der 
Niere in dieser Periode ein Wachstura der Lasionen stattfindet, dies in 
den anderen Organen gar nicht oder nur in einem sehr geringen Grade 
der Fall ist. In dem Herzen findet noch am ehesten eine geringe Ver¬ 
groBerung der einzelnen Knotchen statt. 

Die Knotchen selbst bauen sich in den verschiedenen Organen in 
typischen Fallen in folgender Weise auf: Im Zentrum findet sich ein 
kleiner nekrotischer Herd, der von polynuklearen Leukocyten 11 m- 
geben ist; nach auBen davon linden sich wuchernde Bindegewebszellen 
und Lymphocyten. Inbesondere nach dem Ablauf des 3. Tages wird das 
Vorkommen von Bindegewebswucherung und von Lymphocyten hauliger. 
Besonders gegen Ende dieser Periode konnen in verschiedenen Organen, 
z. B. im Herzen und in der Leber, polynukleare Leukocyten fehlen. 
Weiter finden sich nun zuweilen in Leber, Herz und Milz Riesenzellen 
neben den Lymphocyten oder Bindegewebszellen. Auch im Gehirn be- 
obachten wir meist vereinzelte kleine Knotchen, die aus polynuklearen 
Leukocyten und Lymphocyten bestehen, wobei die letzteren besonders 
um die GefaBe angeordnet sind. In der Lunge linden wir neben kleinen 
Haufen von polynuklearen Leukocyten insbesondere Knotchen, die der 
Intiina der BlutgefaBe aufsitzen und aus thrombotischen Massen, die 
Leukocyten enthalten, bestehen; auch in deren Umgebung finden sich 
zuweilen Lymphocyten. Oft aber sind die Lasionen in der Lunge gering- 
fiigig und es ist nicht leicht, in jedem Falle mit Sicherheit zu entscheiden, 
ob die Lungenlasionen durch Hefezellen veranlaBt wurden. Zuweilen 
finden sich zwischen dem 2.—4. Tage sichtbare Hefezellen, die auch an 
diesen Stellen unter Umstanden zu kurzen Mycelien auswachsen konnen, 
in den Knotchen des Herzens, der Milz, Leber, Lunge, Darm und auch 


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Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


des Gehirns; es ist jedoch die Zahl der Organismen an diesen Stellen 
gewohnlich geringer als in der Niere. 

e) 6 — 8 Tage nach der Injektion. Audi in dieser Periode 
starb eine Anzahl der mit Hefe intravenos injizierten Tiere. In der 
groBen Mehrzahl dieser Tiere waren makroskopische Lasionen nur in 
der Niere vorhanden, und nur in einem Falle, in dein auch die Nieren- 
lasionen auBerordentlich stark ausgepragt waren, fanden sich auch mit 
deni bloBen Auge sichtbare Knotchen in deni Epicard des linken Ven- 
trikels des ungefahr 7 Tage nach der Injektion gestorbenen Tieres. 
Diese Knotchen waren jedoch kleiner als die Nierenknotchen. Andere 
Kaninchen, besonders solche, die eine geringere Quantitat der Suspension 
erhalteu batten, iiberlebten die Injektion. Falls nun die letzteren Tiere 
in dieser Periode getotet wurden, so fanden sich ebenfalls nur in den 
Nieren makroskopische Lasionen. Auch zu dieser Zeit finden wir noch 
eine starke YergroBerung der Nieren und die Lasionen konnen liier selir 
ausgedehnt sein. So war z. B. in den am schwersten affizierten Tieren 
nur noch ein Fttnftel der Niere normal. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung wurden zu dieser Zeit wohl- 
erhaltene Hefezellen vermiBt; doch konnten dieselben durch Kultur aus 
der Niere erhalten werden. Wir finden ferner, daB jetzt in der Niere 
Lymphocytenanhaufung urn die Glomeruli und Harnkanalchen, sowie 
Bindegewebswucherung vorherrschen, und dies gilt insbesondere von den 
weniger schwer affizierten Tieren, wahrend in den stark lfidierteu Nieren 
im Zentrum der Knotchen, ini Innern und in der Umgebung der Kanal- 
chen noch grofie Mengen von polynuklekren Leukocyten vorhanden sein 
konnen; auch konnen sich Riesenzellen in verschiedenen Herden finden. 
Wie in der fruheren Periode erstrecken sich auch jetzt die Lasionen durch 
die Rinde hindurch. Zuweilen flillen zusammenhangende Harnzylinder, 
die aus degenerierten, zusammengeklumpten Leukocyten und aus nicht 
mehr voneinander abgrenzbaren Hefezellen besteheu, Harnkanalchen und 
solche Zylinder konnen bis in das Mark reichen. 

Auch in mikroskopischen Knotchen des Herzens finden sich poly- 
nukledre Leukocyten. Im Geliirn bestehen die Knotchen aus poly- 
nuklearen Leukocyten und Lyinphocyten in der Peripherie des Knotchen; 
in der Peripherie finden sich auch Neurogliazellen, die sich mitotisch 
teilen, sowie Riesenzellen. Um die beuachbarten GefaBe liegen kleine, 
mononukleare Zellen. 

In dieser Periode ist also der Unterschied zwischen 
den Nieren und den anderen Organen sehr stark aus¬ 
gepragt; dort ist der Hohepunkt in der Aggressivitat der 
Hefezellen auch in der Niere zu dieser Zeit bereits fiber- 
schritten. 

f) 11 — 28 Tage nach der Injektion sind die anatomi- 
schen Heilungsvorgange noch starker ausgepragt, und 
die Lasionen werden kleiner. Natiirlich ist hierbei zu bertick- 
sichtigen, daB die am starksten affizierten Tiere starben, ehe sie in diese 
Periode eintraten. 

In den ersten 6 Tagen dieser Periode konnen noch polynuklefire 
Leukocyten im Inneren und in der Peripherie der Harnkanalchen gefunden 
werden. In einem Falle, in dem nach 17 Tagen noch polynuklefire 
Leukocyten vorhanden waren, lagen im Zentrum der Knotchen nekrotische 
Kanaichen; in diesem Tiere befanden sich auch nicht mehr farbbare, 
wolil nekrotische Massen von Hefezellen in den Harnkanalchen. Gut 
farbbare, sich vermehrende Hefezellen waren aber in dieser Periode 


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Loeb, Moore u. Fleishcr, Vorkommen von Hefen in menschl. Turaoren etc. 461 

nirgends mehr zu sehen; wohl aber war es moglich, 11—12 Tage nach 
der Injektion von Hefezellen diese Organismen aus Nierenstiickchen zu 
ziichten. Auch im Herzen wurden in einem Falle am 17. Tage irn 
Zentrum des KnStchens polynukleiire Leukocyten beobachtet. Meist jedoch 
bilden in der Niere in den Harnkan&lchen liegende Zylinder, um die sich 
Vermebrung des Bindegewebes und Ausammlung von Lymphocyten finden, 
die wesentlichen Lasionen. Diese Y 7 eranderungen fiihren allmahlich zur 
Entstehung einer Schrumpfniere; an der ObertiBche der Nieren bilden 
sidi hie und da kleine Einziehungen. An solchen Stellen ist das Binde- 
gewebe, in dem auch Lymphocyten liegen, vermehrt; auch finden sich 
hier Veranderungen der Harnkanalchen; ihr Epithel ist niedrig, die 
Kanalchen sind erweitert und haben oft einen gewundenen Verlauf. In 
einigen Epithelzellen der Harnkan&lchen finden sich Mitosen. Wo die 
Oberfiache der Nieren eingezogen ist, ist das Gewebe hyperamisch infolge 
starker Fiillung der vielleicht teilweise neugebildeten GefaBe, und daher 
erscheinen makroskopisch diese eingezogenen Stellen rot. 

Mikroskopische Lasionen finden sich auch in anderen Organen nur 
mehr in einzelnen Fallen. Im Herzen und in der Leber werden gewohn- 
lich keine polynukleiiren Leukocyten zu dieser Zeit beobachtet. Die etwa 
vorhandenen Knotchen bestehen mit der oben erwkhnten Ausnahme aus 
Bindegewebszellen Oder Lymphocyten. In der Leber finden sich wiederum 
zuweilen Riesenzellen und im Gehirn gelegentlich kleine Ansammlungen 
von Leukocyten. 

Die in der vorhergehenden Beschreibung mitgeteilten Tatsachen be- 
antworten zum Teil wenigstens die folgenden Fragen : 1) Wodurch wird der 
Tod desTieres nach intravenoser Injektion der Hefe herbeigefuhrtV 2) Wie 
verhalt sich die Hefe den Zellen der verschiedenen Organe gegeniiber, und 
3) Wie reagiert der tierische Organismus gegen den Angriff der Hefe? 

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, d a fi die Nieren- 
lSsionen, die nach intravenoser Injektion der Hefe z u - 
stande kommen, im wesentlichen fur den Tod der V e r - 
suchstiere v e r an t w or 11 ic h zu machen sind. In jedem Falle 
ist die Niere das bei weitern am starksten affizierte Organ und das 
einzige Organ, das regelmaBig ladiert ist, wahrend in alien anderen 
Organen die Lasionen entweder fehlen konnen Oder jedenfalls nur schwach 
zu sein brauchen. Der Starke der NierenlSsion geht fernerhin die letale 
Wirkung der Hefe ungefahr parallel. Sodann zeigen die Versuche, in 
denen die Hefe intraperitoneal oder in denen Berkefeld-Filtrate von 
Hefekulturen intravenSs injiziert wurden, daB die Hefe entweder keine 
Oder nur eine geringe toxische Wirkung ausiibt. Die letale Wirkung der 
Organismen beruht nun darauf, daB die Ilefeanhaufung und das Durch- 
wachsen der Harnkanalchen durch Hefe, insbesondere aber auch die An- 
sammlung der polynukle&ren Leukocyten um die Hefe zu einem VerschluB 
der Harnkanalchen und so zu einer mehr oder weniger bedeutenden 
Ausschaltung der Nierenfunktion fiihren. 

Wodurch wird nun die besondere Lokalisation der Hefe und die 
Bevorzugung der Nieren hervorgerufen ? Konnen wir die Nierenliisionen 
im Verhaltnis zu den Lasionen der anderen Organe verringern, falls wir 
durch gewisse Mittel verhindern, daB die voile Zahl der Hefen in die 
Niere der einen Seite gelangt? Wird es moglich sein, die letale 
Wirkung der Hefezellen ganz aufzuheben dadurch, daB wir die Funktion 
der einen der beiden Nieren eines Tieres erhalten? 

Wir stellten, um diese Moglichkeit zu prtifen, eine Anzahl von Ver- 
suchen an, in denen wir in folgender Weise verfuhren: Durch einen 

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4(J2 Centralbl. f. Rakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 

Lumbalschnitt legten wir die NierengefiiBe der einen Seite bloB; sodann 
komprimierten wir die GefaBe etwa 12 Minuten lang. Sofort nach Beginn 
der Kompression wurde die Hefezellensuspension in die Ohrvene injiziert. 
Auf diese Weise wurde die eine Niere, namlich die der linken Seite, 
wahrend der ersten 10—12 Minuten nach der Injektion vor dein Ein- 
dringen der Hefezeilen geschiitzt. 

Es fand sich nun, daB die linke Niere in jedem Versuche eine viel 
geringere Anzahl von Knotchen enthielt, als die rechte Niere, falls die Unter- 
suchung einige Tage nach der Injektion der Hefe vorgenommeu wurde; 
ferner waren die Knotchen der linken Niere kleiner als die der rechten 
Niere. So kam es, daB die rechte Niere gewbhnlich betrachtlich groBer 
war als die linke. Es war z. B. in einem Fall, in dem das Tier 4 Tage 
nach der Injektion getotet wurde, das Gewicht der linken Niere 10,8 g, 
das der rechten Niere 14,5 g; wahrend in einem anderen Versuch, in 
dem das Tier 4 Tage nach der Injektion starb, die linke Niere 17 g, 
die rechte 32 g wog. Auch in den Fallen, in denen die Tiere vor dem 
Ablauf des 3. Tages nach der Injektion getotet wurden, waren diese Unter- 
schiede zwischen den beiden Nieren vorhanden. Mikroskopisch war der 
qualitative Charakter der Liisionen in beiden Nieren identisch; doch 
waren die Lasionen in quantitativer Hinsicht geringfugiger in der linken 
Niere. Auch nach der temporaren Ausschaltung der Zirkulation in der 
einen Niere vermehrten sich in dieser Niere die injizierten Hefezeilen 
und wiederum besonders in der Peripherie der Knotchen, sowie zuweilen 
in den Kanalchen der Medulla. Auch in anderen Organen waren in 
diesen Versuchen die mikroskopischen L&sionen dieselben. Auch hier 
konnten Hefezeilen wachsen, und wie gewbhnlich fanden wirim Zentrum 
des Herdes nekrotische Gewebe. In einem dieser Falle war es besonders 
bemerkenswert, daB irn Herzen die Hefezeilen zu kleinen Mycelien aus- 
wuchsen und senkrecht zu den Muskelfasern, die sie zerstorten, vordrangen. 
Es ware nun denkbar gewesen, daB der Unterschied in beiden Nieren 
nicht darauf beruhte, daB wahrend der ersten 12 Minuten nach der In¬ 
jektion die eine Niere vor dem Eindringen der Hefezeilen geschiitzt 
war, sondern darauf, daB die durch Kompression ihrer GefaBe liidierte 
Niere auch nach Wiederherstellung der Zirkulation einen fur das Wachs- 
tum der Hefezeilen ungiinstigen Niihrboden darstellte. Wir stellten, um 
diesen Einwand zu priifen, in 2 Tieren Kontrollversuche derart an, daB 
wir die GefaBe der linken Niere komprimierten, sodann nach Aufhebung 
der 12 Minuten dauernden Kompression die Hefesuspension wie gewohn- 
lich intravenos injizierten. In diesen Fallen war der Unterschied zwischen 
den beiden Nieren nur selir gering. In dem einen Versuche war zwar 
ein kleiner Unterschied vorhanden, indem die linke Niere eine etwas 
geringere Zahl von Knotchen enthielt, als die rechte Niere. Wahr- 
scheinlich wurde dies dadurch veranlaBt, daB kurz nach der Aufhebung 
der Kompression die Zirkulation der linken Niere noch nicht so gut war 
wie in der rechten, wodurch es kam, daB in die letztere eine ein wenig 
grbBere Zahl von Ilefezgllen gelangte. 

Aus diesen Versuchen konnen wir die folgenden Schliisse ziehen: 
1) Nach einer intravenbsen Injektion einer Hefezellensuspension findet 
die Mehrzahl der Organismen ihre Lokalisation in der Niere im Laufe 
der ersten 15 Minuten nach der Einspritzung. 2) Die besondere Ver- 
teilung der Lasionen in den verschiedenen Organen nach intravenoser 
Injektion der Hefezeilen, insbesondere die stark ausgepragte Bevor- 
zugung der Niere beruht auf zwei Umstiinden: a) auf der Zahl der 
Organismen, die von vornherein auf die verschiedenen Organe verteilt 


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Loeb, Moore u. Fleisher, Vorkomnaen von Hefen in inenschl. Tumoren etc. 463 


werden. Falls die Zahl der Hefezellen, die in die Niere gerat, verringert 
wird, wird auch die Zald der Lasionen in den Nieren geringer uud die 
Knotchen bleiben kleiner. Der letztere Urastand beruht wahrscheinlich 
auf einer Verminderung der Zahl der konglomerierten Knotchen. In 
den Nieren selbst sind die Lasionen, wie wir sahen, in typischer Weise 
lokalisiert, niimlich hauptsachlich in der Rinde und sehr hiiufig in der 
Nahe der Glomeruli. Ferner konnen wir feststellen, dad die Zahl der 
in die Niere geratenden Organismen groBer ist, als die Zahl der in der 
Mehrzahl der anderen Organe deponierten Hefezellen. Doch sind mog- 
licherweise in Herz und Leber im Anfang ebenso viele Hefezellen vor- 
handen, wie in den Nieren. Wir konnen annehmen, daB dieselben Faktoreu, 
die die Ausscheidung so vieler verschiedenartiger Substanzen durch die 
Niere bewirken, zum Teil auch fiir die Bevorzugung der Niere nach 
Injektion von Hefezellen, verantwortlich sind. b) Unsere Beobachtungen 
zeigen aber weiterhin, daB noch ein anderer Faktor von Bedeutung ist 
fur die Ausbreitung der Liisionen in den verschiedenen Organen. In 
der Niere finden die eininal dort angesiedelten Hefezellen einen viel 
giinstigeren Nahrboden als in anderen Organen. So ereignet es sich, 
daB die Hefezellen sich in der Niere viel starker ausbreiten, wodurch es 
zu einer starken VergroBerung der Lasionen in der Niere kommt. Wir 
finden, daB 22 Stunden nach der Injektion Herz, Leber und moglicher- 
weise auch einige andere Organe ebenso stark affiziert sein konnen, wie 
die Niere; daB dann aber im Laufe des 2.—5. Tages die Hefezellen sich 
in den Nierenkanklchen sehr stark ausbreiten konnen, w&hrend in anderen 
Organen keine oder nur eine geringfugige Ausdehnung stattfindet. Wir 
sahen, wie die Hefeorganismen die Wande der Harnkanaichen durchbrechen 
konnen und wie gewisse Organismen nach der Bildung von Leukocyten- 
knotchen in der Peripherie der Knotchen eine Zeitlang den Leukocyten 
entgehen und weiterwuchern konnen. Dadurch wird insbesondere das 
Wachstum der einzelnen Knotchen und die Bildung von konglomerierten 
Knotchen veranlaBt. Auch beruht voraussichtlich die Ausdehnung der 
Lksionen den Harnkanaichen entlang in das Mark zum Teil auf diesem 
Vorgang. In dem Lumen der Harnkanaichen finden die Organismen ein 
Substrat, das ihnen giinstige Wachstumsbedingungen bietet; ob hierbei 
lediglich mechanische Faktoren eine Rolle spielen, oder ob auch die 
chemischen Bedingungen im Lumen der gewundenen Harnkanaichen dem 
Wachstum der Hefezellen besonders giinstig sind, laBt sich vorlaufig 
nicht. entscheiden. 

Die anderen Organe sind ungunstig fiir die Ausbreitung und das 
Wachstum der Hefezellen. 

Wir sahen, daB die Zahl der in die Nieren gelangenden Organismen 
sehr groB ist und daB diese Zahl zum Teil die Starke der Lasionen be- 
stimmt, daB diese also nicht allein auf der Ausbreitung der Organismen 
in der Niere beruht. Wenn wir nun 22 Stunden nach der Injektion die 
Zahl der Leukocytenhaufchen und der sichtbaren Hefezellen in der Niere 
nicht merklich groBer finden, als im Herzen oder der Leber, so miissen wir 
doch die Moglichkeit beriicksichtigen, daB schon zu dieser Zeit die Zahl 
der in der Niere vorhandenen Hefezellen groBer ist, daB dieselben aber 
an manchen Stellen nur als einzelne Zellen vorhanden sind, erst spater 
proliferieren und dann zur Ansammlung von Leukocyten fUhren. 

Wir konnen 3) aus diesen Versuchen schlieBen, daB der bedeutenden 
Verringerung in der Zahl der Herde in der einen Niere, die Tiere nicht 
vor der letalen Wirkung der Hefezellen geschiitzt werden konnen. Nach 
vorheriger Kompression der GefaBe der einen Niere sterben die Tiere 


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464 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


mindestens ebenso schnell, wie die in gewohnlicher Weise injizierten Kanin- 
chen. Offenbar ist die Summe der Lasionen in den beiden Nieren auch unter 
diesen Umstanden genugend, um den Tod der Tiere herbeizufiihren. 
Weiter ist die Moglichkeit zu beriicksichtigen, daB auch die SchwSchung 
der Herzmuskulatur, die durch die Infiltration mit den Knotchen bewirkt 
werden muB, sowie gelegentlich eine Hirnlasion, zur Herbeifiihrung des 
letalen Ausganges beitragen konnen. 

Die Tatsache, daB die Mehrzahl der Hefezellen innerhalb der ersten 
15 Minuten nach der Injektion in den Organen fixiert wird, und der 
VerschluB der GefaBe der Niere eiuer Seite die Verteilung der Hefezellen 
beeinfluBt, legte den Gedanken nahe, daB unter dem EinfluB von Sub- 
stanzen, welche die Weite der BlutgefaBe in den verschiedenen Organen 
verandern, die Verteilung der Lasionen in den verschiedenen Organen 
ebenfalls modifiziert werden mochte. Um diese Annahme zu priifen, 
benutzten wir zur Injektion ein KoffeinprSparat (Coffeinuin natrio- 
salicylicum), sowie Adrenalin. Wir konnen uns in bezug auf die Ergebnisse 
kurz fassen. 

In 6 Kaninchen wurden entweder 0,2 g des Koffeinpraparates sub- 
kutau injiziert und 29 Minuten spater die Hefesuspension intravenos 
und gleichzeitig zum zweiten Male dieselbe Koffeindose subkutan inji¬ 
ziert, oder es wurden zuerst, um die disponible Fliissigkeitsmenge im 
Korper zu vergroBern, 50 ccm einer 0,85-proz. NaCl-Losung intraperi- 
toneal und 17 Minuten spater 0,25 g des Koffeinpraparates und die Hefe¬ 
suspension intravenos injiziert; 11 Minuten nach der Injektion der Hefe 
wurde die Injektion des Koffeinpraparates wiederholt. In diesen Ver- 
suchen war die diuretische Wirkung des Koffeins sehr bedeutend. Ein 
wesentlicher EinfluB dieser Substanz auf die Verteilung der durch die 
Hefeorganismen bewirkten Lasionen war jedoch nicht nachweisbar; wie 
gewohnlich waren hauptsiichlich die Nieren affiziert; auch war der Charakter 
der Lasionen derselbe wie in den Kontrollversuchen. Meist fanden sich 
auch in anderen Organen mikroskopische Knotchen, deren Zahl mog- 
licherweise unter dem EinfluB des Koffeins etwas vermehrt war. Die 
mikroskopische Struktur der Lasionen unterschied sich nicht von der 
gewohnlich beobachteten; auch hier fanden sich haufig Hefezellen oder 
kurze Mycelien in den Lasionen und. wie dies auch sonst von uns be- 
obachtet wurde, fanden sich die Hefezellen zuweilen im Inneren von 
Zellen. 

In 22 Versuchen wurden 0,2 ccm Adrenalin (Parke, Davis & Co.) 
und entweder sofort oder 3—5 Minuten spater Hefezellen intravenos in¬ 
jiziert. In dem Herzen fanden wir hiernach, wie wir das friiher be- 
schrieben 1 ), in der groBen Mehrzahl der Falle myocarditische Verande- 
rungen. In derartig affizierten Herzen fanden sich nur ausnahmsweise 
die leukocytaren Knotchen, wie wir sie sonst so haufig in diesem Organ 
nach Injektion von Hefezellen beobachteten. Es scheint fernerhin, als 
ob auch sonst das Adrenalin zu einer Verringerung der L&sionen in 
den anderen Organen beitrage. Wir konnten dies jedoch nicht mit 
Sicherheit feststellen und insbesondere konnen auch in der Niere die 
Lflsionen nach Adrenalininjektionen in voller Starke auftreten. Auf 
welche Weise Adrenalin die durch Hefezellen verursachten Lasionen im 
Herzen verringert, daruber konnen wir nichts Bestimmtes aussagen; es 
ist aber aus Griinden, die wir an anderen Stellen mitteilten 1 ), nicht wahr- 
scheinlich, daB diese Substanz durch VerschluB der Koronararterien wirkt. 


1) Archiv. Intern. Med. February 1909; 1910. VI. p. 427. The pathogenesis of 
cardiac hypertrophy and myocarditis. (Journ. Amer. Med. Assoc. 1911.) 


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Loeb, Moore u. Fleisher. Vorkomrnen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 465 


Wir fiihrten nun noch weitere Versuche aus, indem wir in 7 Kanin- 
chen 4—9 Tage vor der Injektion der Hefesuspension die Niere der 
einen Seite exstirpierten. Es war naheliegend, anzunehmen, dafi unter 
diesen Umstandeu die zuriickgelassene Niere Hefezellen in groBerer 
Zahl enthalten wiirde und daB die Tiere frUher sterben wiirden, als unter 
gewohnlichen Versuchsbedingungen. Dies war jedoch anscheinend nicht 
der Fall. Jedenfalls iiberlebten einige Tiere die Injektion unter diesen 
Umstanden, und die im Korper verbliebene Niere zeigte, soweit sich 
dies durch die (nicht quantitative) Untersuchung feststellen lieB, keine 
starkeren Veranderungen, als eine der beiden Nieren unter den gewohn¬ 
lichen Verhiiltnissen. 

Zusammenfassend kbnnen wir feststellen, daB weder 
Koffein, noch Adrenalin, noch Exstirpation einer Niere 
einen ausgepragten EinfluB auf die durch Hefe ver- 
anlaBten Lasionen hat. Vielleicht schwacht Adrenalin die 
Lasionen in der Niere und im Herzen etwas ab; Koffein 
fiihrt mdglicherweise zu einer Verst&rkung der Lasionen 
in den verschiedenen Organen; aber falls dieser Effekt 
uberhaupt besteht, ist er sicherlich nicht sehr ausge- 
sprochen. Vorhergehende Entfernung ei»er Niere ver- 
kiirzt das Leben der Tiere nicht merklich nach Injektion 
der Hefezellen. 

Es bleibt nun noch tibrig, kurz zu besprechen, welche Abwehr- 
mittel der tierische Organismus gegeniiber den Hefezellen zur Anwendung 
bringt. 

Wir sahen, daB die Vermehrung der Hefezellen im wesentlichen 
wahrend der ersten 5 Tage nach der intravenosen Injektion stattfindet 
und daB in dieser Periode die Hefezellen oft als kurze Mycelien durch 
die Harnkan&lchen hindurchwachsen. Dies ist nun auch die Periode, 
wo sich die polynukle&ren Leukocyten um die Hefezellen ansammeln, 
indem sie sowohl Haufen bildeu um die Kanalchen als auch in die 
Kan&lchen zwischen die Hefezellen einwandern. Es sind die Leuko¬ 
cyten, die der weiteren Ausdehnung der Hefezellen im Wege stehen. 
Nun beobachteten wir aber nicht selten, wie einige Hefezellen den 
Leukocyten entgehen und in Kanalchen in der Peripherie der Knotchen 
weiter wuchern zu einer Zeit, wo die groBe Mehrzahl der Hefezellen 
schon von Leukocyten umgeben ist. Aber allm&hlich werden auch diese 
Organismen von den Leukocyten umwallt. Vom 5. Tage an treten dann 
auch Lymphocyten, welche schon zu fruherer Periode aus den GefaBen 
auswanderten, sowie wuchernde Bindegewebszellen um die Knotchen in 
groBerer Menge auf. 

Auch das Epithel ist, wie wir sahen, nicht ganz passiv; es kann 
Riesenzellen bilden und Hefezellen aufnehmen und dieselben vielleicht 
auch gelegentlich zerstoren. Aber im Vergleich zu der Tatigkeit der 
Leukocyten spielt die der Epithelzellen keine groBe Rolle. Zu diesem 
Resultat fuhrten uns auch unsere Untersuchungen iiber die simultane 
ZQchtung von Hefezellen und Nierengewebe in Nahrmedien 1 ). Wir sahen, 
daB hier gleichzeitig mit dem Fehlen der Leukocyten die Wucherung der 
Hefezellen viel starker ist, als im TierkOrper, und dieser Umstand ist 
ein weiterer Hinweis darauf, daB es haupts&chlich die polynuklearen 
Leukocyten sind, welche die Wucherung der Hefe hemmen. An vielen 


1) Vergl. unsere fruhere Mitteilung iiber diesen Gegenstand in dem Centralbl. f. 
Bakt. etc. 


Ertte Abt. Orig. Bd. 67. 


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Heft 6. 


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CentraJbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Stellen erdrucken die Leukocyten oft die Hefezellen so vollstandig, daB 
die letzteren in den Leukocytenmassen kaum sichtbar sind. 

Es ergibt sich aber weiterhin aus unseren Untersuchungen, daB die 
vbllige Abtotung der Hefezellen viel lSngere Zeit in Anspruch nimmt, 
als es nach den mikroskopischen Befunden erscheinen mochte, indem 
wir nicht nur 3, 5 und 8, sondern sogar noch 12 Tage nach der In- 
jektion lebende Hefezellen in der Niere durch Kultur nachweisen konnten, 
die Ziichtungsversuche ergaben aber ebenfalls, daB in der spSteren 
Periode die Zahl der wachsenden Hefezellen stark verringert war. 

Wenden wir uns nun zu den anderen Organen, so finden wir, daB 
die Ausbreitung der Hefezellen viel geringer ist als in der Niere, ohne 
daB ein starkeres Zustrbmen von Leukocyten hierzu notig ist, als wir 
dies in der Niere finden. In den meisten Fallen ist sogar die Zahl der 
Leukocyten in den Lasionen der anderen Organe geringer als in der 
Niere. Offenbar sind andere, strukturelle oder chemische Bedingungen 
in diesen Organen weniger gfinstig fur die Wucherung der Hefezellen 
als die entsprechenden Bedingungen in der Niere. 

Ob nun infolge der Injektion der Hefezellen im Tierkorper Sub- 
stanzen im Blute auftreten, die die Wucherung der Hefezellen allgemein 
im TierkSrper beschranken, das miissen wir voriaufig dahingestellt sein 
lassen. 

Wir miissen jedoch noch auf eine andere Phase in dem Kampfe 
zwischen Hefezellen und dem tierischen Organismus hinweisen. Zur 
gleichen Zeit, da die polynuklearen Leukocyten die Ausbreitung der 
Hefezellen hemmen, iiben sie selbst durch ihr massenhaftes Auftreten 
einen schadlichen EinfluB auf die Harnkanfilchen und dadurch auf die 
Funktion der Nieren aus. Sie zerstoren Harnkanaichen, durch die sie 
durchwandern und verschlieBen andere Harnkanaichen durch Druck von 
auBen; wieder andere Harnkanaichen fallen sie vQllig aus, wodurch 
sie dieselben wertlos machen. So verstfirken die Leukocyten, die auf 
der einen Seite den Korper gegenfiber den Hefezellen schutzen, auf der 
anderen Seite anscheinend diejenigen Faktoren, die zu der Nieren- 
insuffizienz fuhren und tragen so in gewisser Hinsicht dazu bei, daB der 
Korper der schadlichen Wirkung der Hefezellen erliegt. 

Ein genaueres Eingehen auf die die pathogenen Hefen betreffende 
Literatur kann an dieser Stelle unterbleiben J ). Es soli jedoch auf einen 
Versuch von Ribbert hingewiesen werden, durch den dieser Forscher 
nachwies, daB mechanische Faktoren fur die Verteilung der Mucorsporen 
im Tierkorper von Bedeutung sind. Wahrend normale Mucorsporen die 
GefaBe der Muskulatur passieren, sind gequollene Sporen dazu nicht im- 
stande und bleiben in der Muskulatur haften. 

Ferner soil noch eine Folgerung bertihrt werden, die sich bei einer 
Durchsicht der bisherigen Untersuchungen verschiedener Autoren ergibt: 
Nach intravenbser Injektion gewisser anscheinend nahe verwandter Or- 
ganismen in das Kaninchen finden sich nicht unbedeutende Verschieden- 
heiten in der Verteilung der Lasionen in den einzelnen Organen des 
Kaninchens. So beschreibt Stooss eine Verteilung des Soorpilzes ahnlich 
derjenigen, die unsere Untersuchungen ftir die von uns verwandte Hefe 
nachwiesen. Auch gewisse Mucor-Arten scheinen sich mitVorliebe in 
der Niere zu lokalisieren, wahrend auf der anderen Seite Steiner, der 
wie Stooss mit Soorpilzen arbeitete, eine ganz andere Verteilung fand. 

1) Wir verweiaen inebesondere auf die Zusammenfassung von Busse (Sprofipilze) 
und von Plaut (Hyphenpilze) in Bd. 1 des Handb. d. patnog. Mikroorg. von Kolle 
u. WasBcrmann. 


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Loeb, Moore u. Fleisher, Vorkommen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 467 


Lichtheim zeigte wiederum, daB Asper gill us- Arten, mit denen er 
Versuche anstellte, eine andere Verteilung zeigen als Mu cor. Es 
scheint, daB wir im allgemeinen zwei Typen der Ver¬ 
teilung nach intravenoser Injektion gewisser niederer 
pflanzlicher Organismen unterscheiden konnen: In dem 
einen Typus sind haupts&chlich Niere, Herz und Peri¬ 
toneum und in dem anderen Typus Lunge und Muskulatur 
affiziert. Diese zwei Typen der Wirkung auf den Tier- 
korper finden sich anscheinend ohue direkte Beziehung 
zu der systematischen Verwandtschaft der betreffenden 
Organismen. 


Ueber das Vorkommen von Hefe in btfsartigen Tumoren. 

In der oben erw&hnten Mitteilung kommt Leopold zu dem Schlusse, 
daB in 78,1 Proz. aller bosartigen Tumoren Blastomyceten mit Sicherheit 
gefunden werden, falls ganz frisches Gewebe von nicht ulzerierten Neu- 
bildungen zur Untersuchung verwandt wird. Aus den zuletzt von ihm 
untersuchten 22, „vorher angereicherten u Geweben lieBen sich in 100 Proz. 
Blastomyceten in Reinkultur darstellen. Zur Anreicherung benutzte 
Leopold in ein steriles Gfirungskolbchen gefiillte 10-proz. Zuckerlosung. 
7—10 Tage nach Beginn der Anreicherung wurde Gewebe aus der Tiefe 
des Kolbchens entnommen und Material auf angesSuerte Nahrgelatine 
iibertragen. Es lieBen sich nach mehrmaliger Uebertragung auf der 
Nahrgelatine und auch im hangenden Tropfen Blastomyceten nach- 
weisen. 

Bei unseren Versuchen achteten wir darauf, daB das Gewebe den 
lebenden wachsenden, womoglich in der Peripherie des Tumors liegenden 
Partieen entnommen wurde. Allerdings hatten wir oft Schwierigkeit, 
Gewebe abzuschaben, und wir muBten uns damit begnfigen, kleine 
Gewebsstflcke in die Nahrmedien zu iibertragen; diese wurden aber 
dann bald nachher in kleinste Partikel gespalten, so daB auch in unseren 
Versuchen Suspensionen von Gewebe vorlagen. 

Wir verwandten 17 Tumoren; dieselben wurden mit einigen Aus- 
nahmen innerhalb der nfichsten 10 Minuten nach operativer Entfernung 
benutzt. 

Im folgenden soli eine Uebersicht fiber die benutzten Tumoren und 
die Ergebnisse der Untersuchung mitgeteilt werden: 

1) Melanoparkom des Auges; die Haut uber dem Tumor ist am oberen Rande des 
Augenlides ulzeriert. Die Tumoretucke wurden steril gefunden. Kein Wachstum in 
5- und 10-proz. Zuckerlosung, Bierwiirze + 5, Agar oder Gelatine + 1,5. Die Kulturen 
wurden 6 Mouate bei 37 und 20° gehalten und zeitweilig untersucht. 

2) Nicht ulzeriertes Brustdriisencarcinom; Rezidiv. Der primare Tumor war vor 
raehr als 1 Jahre operativ entfernt worden. 

3 Kolben mit 10-proz. Zuckerlosung wurden bei 37° gehalten. Nach 3 Tagen 
Trubung. Ueberimpfung auf Kartoffel, Bierwiirze und 10-proz. Zuckeragar, sowie Bier- 
wiirze und Gelatine -f 1,5. Auf der letzteren trat geringfiigige Verfliissigung auf. Auf 
alien Nahrmedien fatyl sich reichliches Wachstum. Es wurden Platten gegossen und 
zwei verschiedene Organismen, die nicht Hefe waren, isoliert. Der eine aerselben war 
ein sporenbildendes Bakterium. 

3) Plattenzellencarcinom der Wange; ulzeriert. 3 Kolben mit 10-proz. Zuckerlosung 
bei 37° ergaben nach Ablauf 1 Woche langsam erfolgende Trubung. Kein Wachstum 
in Zucker-, Bierwiirze-, Kartoffelagar oder Bierwiirze-Gelatine. Anaerobe Kulturen auf 
Zuckeragar ergaben zahlreiche kleine Kolonieen (bei 37°) in 48 Stunden. Die Kolonieen 
bestanden aus einem kleinen Coccus. Die wahrend der Operation mitentfernte Speichel- 
driise erwies sich nach 2-wdchentlicher Beobachtung als steril. 

4) Plattenzellencarcinom der Zunge; ulzeriert. In 5-proz. Zuckerlosung nach 
60 Stunden gutes Wachstum; in 10-proz. Zuckerlosung steril. In Rindfleischbouillon 
Trubung nach 12 Stunden bei 37°. 5—10 Proz. Gasbildung in 24 Stunden. Mehrere 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Organismen wurden gefunden, darunter ein kleiner Coccus, der Aehnlichkeit hatte mit 
dem nn Falle 3 gefundenen. 

5) Ulzeriertes Plattenzellencarcinom des Uterus. Steril in den verschiedenen Nahr- 
medien. Lymphdriise von demselben Fall: Geringfiigiges VVachstum in Bouillon und 
in 10-proz. Zuckerlosung. 

6) Kleines und ulzeriertes, nicht verhornendes Epitheliom des inneren Augen- 
kanthus. Das Tumorstiick war so klein, daB ein steriles Verfahren wahrend der Ent- 
nahme eines Teiles des Gewebes nicht durchgefiihrt werden konnte. Schnelle Triibung 
in alien Nahrmedien ohne Gasbildung in dem nicht steril behandelten Gewebe. In dem 
moglichst steril behandelten Tumor: In Bouillon Triibung nacb 24 Stunden; in 5 proz. 
Zuckerlosung Triibung nach 36 Stunden, in 10-proz. Zuckerlosung geringfugige Triibung 
nach 48 Stunden. Kein Wachstum auf aerob gehaltenem gewohnlichem Agar (37°), die 
anaerob gehaltene Agarkultur zeigte starkes Wachstum. Mindestens drei verschiedene 
Organismen (Coccus, Bakterium) isoliert. 

7) Rundzellensarkom des Antrum Highmori. 10-proz. Zuckerlosung: Langsame 
Triibung. Platten wurden gegossen mit Ruben-, Bohnen-, Kartoffelagar; auch wurde 
gewohnliche Bouillon und Agar beuutzt. Eine Hefe wurde gefunden. Beimengungen 
von Bakterien fehlten. Auf Bierwurzeagar fungusartiges Wachstum. 

Diese Hefe liegt den vorangehenden Untersuchungen zugrunde. 

8) Hartes, nicht ulzeriertes Adenofibrom der Brustdriise (Dr. Mudd). 

Steril in 10- und 5-proz. Zuckerlosung, Bouillon und anderen Nahrmedien bei 37 
und bei 20° +. 

9) Nicht ulzeriertes Brustdriisencarcinom (Dr. Carson). Geringe Trubung in 5- 
und 10-proz. ZuckerlSsung und in Bouillon. Kein Wachstum auf festen Nahrmedien 
(20 und 37°). Die mikroskopische Untersuchung der Triibung ergab Granula und 
andere kleine Partikel von verschiedener GroBe. In der van Tieghem-Zelle oder bei 
Benutzung anderer Ziichtungsverfahren fand kein Wachstum statt. Die Trubung bestand 
aus Gewebsdetritus. Mikroorganismen irgendwelcher Art wurden nicht gefunden. 

10) Nicht ulzeriertes Brustdriisencarcinom (Dr. Willard Bartlett). In alien 
Nahrmedien steril. 

11) Nicht ulzeriertes Rundzellensarkom der Clavicula (Dr. Carson). Geringe 
Gewebsmenge stand zur Verfiigung. 

12) Nicht ulzeriertes Brustdriisencarcinom. 

13) Nicht ulzeriertes Brustdriisencarcinom. 

14) Nicht ulzeriertes, cystisches Brustdriisencarcinom. An einer Stelle der den 
Tumor bedeckcnden Haut fand sich ein kleiner Schorf; hier drohte wahrscheiniich ein 
Durchbruch des Tumors. 

15) Rezidiv eines nicht verhornenden Epithelioms des Auges und des Augenlides. 
Geringfugige Ulzeratiou. 

16) Nicht ulzeriertes Brustdriisencarcinom. 

17) Carcinomgewebe in einer Axillardriise, keine Ulzeration. 

Die Untersuchung ergab in den Tumoren 11—17 verschiedene Bak¬ 
terien, aber keine Hefen. In dieser letzten Serie (11—17) wurde auBer 
den friiher erwahnten Nahrmedien auch die von Hansen zur Ziichtung 
von Hefezellen vorgeschlagene Losung benutzt. 

Es wurden ferner 2 Tumoren eines in unserem Laboratorium durch 
viele Generationen fortgeztichteten Mauscarcinoms untersucht. Der eine 
Tumor wurde steril befunden. Stiicke des zweiten Tumors zeigten in einem 
Bouillonrohrchen einen Coccus. In Zuckerlosungen kein Wachstum. 
Untersuchung in der van Tieghem-Zelle ergaben runde und faden- 
formige Gebilde, die nicht wuchsen und offenbar Gewebsdetritus darstellten. 

Es standen uns also zu unseren Versuchen zur Verfiigung: 8 nicht 
ulzerierte, menschliche, bosartige Tumoren, ingesamt Carcinome; 1 nicht 
ulzeriertes Adenofibrom, bei dem die Moglichkeit des Uebergangs in ein 
Carcinom beriicksichtigt werden muB; 2 nicht ulzerierte, transplantiierte 
Mauscarcinome; ferner 5 ulzerierte, menschliche Carcinome und 3 Sarkome, 
von denen eines sicher und ein zweites moglicherweise ulzeriert war. 
Zwei nicht ulzerierte und die untersuchten Teile von 2 ulzerierten mensch- 
lichen Carcinomen wurden steril gefunden, ebenso die untersuchten Teile 
eines ulzerierten Sarkoms. 

Ferner war das Adenofibrom und ein Mauscarcinom steril. Die 
tlbrigen Tumoren waren mit verschiedenen Bakterien infiziert; doch waren 


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Loeb, Moore u. Fleisher, Vorkommen von Hefen in mentschl. Tumoren etc. 469 


in zwei Carcinoraen die in konzentrierten Zuckernahrmedien gehaltenen 
Stiicke steril. In einein anderen Fall, in dem Stiicke des Tumors mit 
Bakterien infiziert waren, wurden Stiicke der mitentfernten Speicheldruse 
steril gefunden. 

In 6 Carcinomen und in einem Sarkom konnte also nicht Bakterien- 
wachstum als die Ursache dafiir angesehen werden, daB wir keine Hefen 
fanden. Obwohl wir das von Leopold vorgeschlagene Verfahren be- 
folgten, und auBerdem mehrere andere von Leopold nicht benutzte, fur 
das Hefewachstum gunstige Kulturbedingungen verwandten, fanden wir 
nur in einem Falle, namlich in einem Sarkom, einen Organismus, den 
wir als eine Hefe betrachten konnen. Das vereinzelte Vor¬ 
kommen der Hefen, sowie der Ausfall der Tierversuche 
in dem einen positiven Falle machen es durchaus u n - 
wahrscheinlich, daB Hefen eine allgemeinere Bedeutung 
fflr das Wachstum maligner Tumoren zukommt. 


Zusammenfassung. 


I. Sechzehn bbsartige Tumoren des Menschen wurden von uns nach 
der Methode von Leopold, unter Zuziehung von anderen fur die 
ZQchtung von Hefezellen gQnstigen Methoden auf das Vorkommen von 
Hefezellen untersucht, und nur in einem dieser Falle wurde eine Hefe 
gefunden. In diesen Tumoren fehlten Bakterien entweder vollstandig 
Oder wenigstens in ZuckernShrbbden; es kann daher Bakterienwachstum 
nicht als die Ursache unserer negativen Befunde angesehen werden. 
Das seltene Vorkommen der Hefen, sowie der Ausfall unserer Tier¬ 
versuche in dem einen positiven Falle machen es durchaus unwahrschein- 
lich, daB den Hefen eine allgemeine Bedeutung fOr das Wachstum 
maligner Tumoren zukommt. 

II. Aus einem Sarkom isolierten wir einen Organismus, der auf 
festen, sauer reagierenden Nahrmedien ein Mycelium produziert, aus dem 
sich sodann durch Sprossung Wirteln von Hefezellen bilden. Auf Gips- 
bl5ckchen bildet dieser Organismus in jeder Zelle eine einzige Ascospore, 
die nachher direkt unter Bildung von Hefezellen keimt. Saccharose, 
Maltose und Dextrose, nicht aber Laktose werden vergart. Dieser 
Organismus ist dem Saccharomyces cerevisiae nahe verwandt; 
da er sich aber in mehrfacher Hinsicht von dem letzteren unterscheidet, 
so dQrfte es zweckm&Big sein, ihn von dem Saccharomyces cere¬ 
visiae abzusondern und ihn als Saccharomyces parasiticus zu be- 
zeichnen. 

III. Wir benutzten diesen Organismus zu einer eingehenderen Ana¬ 
lyse seiner Wachstumsbedingungen und Wirkungsweisen im SSugetiere, 
und wir erhielten folgende Ergebnisse: 

a) Intraperitoneale Injektion von Suspensionen der Hefezellen fdhrt 
zuweilen zur Bildung von Knotchen in dem Peritoneum; dieselben be- 
stehen aus Haufen von Hefezellen, urn die das Wirtsbindegewebe in 
ahnlicher Weise proliferiert, wie urn indifferente Fremdkorper. In manchen 
Fallen bleibt die Knotchenbildung aus; in positiven Fallen sind die 
Knbtchen nicht progressiv, und eine Tumorbildung kommt nicht zu- 


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stande. In einem Falle, in dem der peritoneale Ueberzug vor der In- 
jektion verletzt worden war, fanden sich nicht nur Knfitchen in dem 
Peritoneum, sondern auch in der Niere; gewohnlich bleiben aber die 
L&sionen nach intraperitonealer Injektion auf die die Peritonealhohle 
begrenzenden Organe lokalisiert. Sogar nach Injektion sehr groBer 
Hefemengen in die Peritonealhohle erfolgt gewohnlich keine Reaktion, 
die auf eine toxische Wirkung der Hefezellen hinwiese. 

b) Intravenfise Injektion von Berkefeld-Filtraten der Hefe- 
kulturen ist ohne sch&dliche Folge, w&hrend intravenbse Injektion von 
0,5—1 ccm einer Standardsuspension der Hefezellen einer jungen Agar- 
kultur Kaninchen gewohnlich in einigen Tagen totet. Die Hefezellen 
und die durch sie hervorgerufenen Lfisionen und Gewebsreaktionen 
finden sich hiernach in einer charakteristischen Verteilung in dem Tier- 
korper. In erster Linie sind die Nieren affiziert, und dies stellt die 
einzige konstante makroskopische Lokalisation der Hefezellen dar; n&chst- 
dem finden sich zuweilen direkt sichtbare Knotchen im Peritoneum 
und im Epicardium, besonders des linken Ventrikels. Mikroskopische 
Lasionen in anderen Organen konnen h&ufig beobachtet werden, sind 
aber nicht konstant. Dieselbe Lokalisation findet sich nach intravenoser 
Injektion von gewissen anderen pflanzlichen Mikroorganismen in das 
Kaninchen, w&hrend andere nahe verwandte Mikroorganismen eine ganz 
andere Verteilung zeigen. Wir konnen im allgemeinen zwei Typen der 
Verteilung unterscheiden: In dem einen Typus sind haupts&chlich Niere, 
Herz und Peritoneum, in dem zweiten Typus Lunge und Muskulatur 
affiziert. 

c) Die mikroskopische Untersuchung der verschiedenen Organe zu 
verschiedenen Zeiten nach der Injektion, sowie Versuche, in denen die 
NierengefaBe der einen Seite vor oder nach der Injektion der Hefezellen 
eine Zeitlang komprimiert wurden, ffihren zu folgenden SchluBfolge- 
rungen: 

1) Nach einer intravenosen Injektion einer Hefezellensuspension 
findet die Mehrzahl der in die Niere gelangenden Organismen ihre 
definitive Lokalisation innerhalb der ersten 15 Minuten. 

2) Die besondere Verteilung der LSsionen nach intravenoser In¬ 
jektion der Hefezellen, insbesondere die stark ausgepragte Bevorzugung 
der Niere, beruht auf folgenden zwei UmstSnden: Erstens ist die Zahl 
der Organismen, die primar auf die verschiedenen Organe verteilt werden, 
von Bedeutung. Die Zahl der in die Niere geratenden Organismen ist 
grOBer als die Zahl der in den anderen Organen deponierten Hefezellen, 
vielleicht mit Ausnahme von Herz und Leber. In der Niere sind sie 
wiederum in bestimmter Weise lokalisiert, n&mlich hauptsiichlich in der 
Rinde, und zwar in der Nahe der Glomeruli und in den benachbarten 
Tubuli contorti. Falls wir experimentell die Zahl der in die Niere der 
einen Seite gelangenden Organismen verringern, verringern wir auch 
die Zahl der spatcr in dieser Niere sich bildenden Knfitchen. Unsere 


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Loeb, Moore u. Fleieher, Vorkommen von Hefen in menschl. Tumoren etc. 471 


Beohachtungen zeigen aber, daft noch ein anderer Faktor von Bedeutung 
ist fur die Verteilung der Lfisionen, indem in der Niere die Hefezellen 
einen viel gunstigeren Nfihrboden finden als in anderen Organen. So 
komrat es, daB in der Niere die Lasionen viel ausgebreiteter werden als 
in anderen Organen. Wahrend 22 Stunden nach der Injektion Herz, 
Leber und vielleicht auch andere Organe ebenso stark affiziert sein 
konnen wie die Niere, breiten sich dann im Laufe des 2.-5. Tages ins- 
besondere durch das Wachstum der einzelnen Knotchen und durch die 
Bildung von Konglomeratknotchen die Hefezellen in den Nierenkanal- 
chen sehr stark aus, wahrend nach Ablauf des ersten Tages in den 
anderen Organen keine Oder nur eine sehr geringfiigige Ausdehnung 
stattfindet. In dem Lumen der Harnkaniilchen finden die Hefezellen 
ein Substrat, das ihnen chemisch oder mechanisch giinstigere Wachs- 
tumsbedingungen liefert, als sie es sonstwo im Tierkorper finden. 

Wir finden also auf Grund unserer Untersuchungen, daB zwei Um- 
standen ein EinfluB auf Lokalisation von Metastasen zuzuschreiben ist: 
1) der Anordnung der Gef&Be in Beziehung zum Parenchym der Organe 
und 2) bestimmten mechanischen oder chemischen Verhaltnissen in dem 
Parenchym der Organe. Es ware von Interesse, diese Untersuchungen 
auf andere Mikroorganismen und auf Tumorzellen auszudehnen. 

d) Weder Koffein noch Adrenalin noch die Exstirpation einer Niere 
haben einen wesentlichen EinfluB auf die Verteilung der durch die Hefe 
veranlaBten Lasionen; doch schwacht wahrscheinlich Adrenalin die Starke 
der Lasionen in dem Herzen und vielleicht auch in der Niere etwas ab. 
Exstirpation ejner Niere, die der Injektion der Hefezellen vorangeht, 
kiirzt das Leben der Tiere nicht inerklich ab. 

e) Das Wachstum der Hefezellen beginnt in der Niere am 1. Tage 
und findet seinen Hohepunkt zwischen dem 2. und 5. Tage, urn sodann 
abzuklingen. Zuerst wachsen die Organismen in Form kleiner Mycelien, 
die auch die Harnkanaichenepithelzellen durchdringen konnen. Spater 
vermehren sie sich hauptsachlich durch Sprossung. Noch 12 Tage nach der 
Injektion konnen lebende Organismen durch Kultur nachgewiesen werden. 
Von seiten des Wirtes bekampfen hauptsachlich die polynuklearen Leuko- 
cyten die Eindringlinge; doch zeigen auch Epithel- und Bindegewebszellen 
Wucherungserscheinungen, und es kommt zur Bildung von Riesenzellen. 

Wahrend die groBe Mehrzahl der Hefezellen in der Niere durch die 
Leukocyten umwallt und an der Wucherung verhindert werden, entgehen 
oft am Rande der Lasionen einige Hefezellen der Umwallung durch die 
polynuklearen Leukocyten und tragen so eine Zeitlang zu der Aus- 
breitung der Krankheit bei. In den spateren Perioden iiberwiegt Binde- 
gewebswucherung und Lymphocytenanhaufung. Es kommt dann allmah- 
lich zur Ausbildung von interstitiellen Niereniasionen und einer hocke- 
rigen Oberflache dieses Organs. 

In anderen Organen bildet sich ebenfalls ein Leukocytenwall, und 
spater findet auch hier Bindegewebswucherung und Lymphocytenansamm- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 6. 


lung statt. Obwohl nun in diesen Organen die Ansammlung der poly- 
nuklefiren Leukocyten nicht bedeutender, oft sogar geringer ist, resul- 
tieren hier gewohnlich viel schwachere Lfisionen als in der Niere. 

f) Zu gleicher Zeit, da die polynuklefiren Leukocyten die Aus- 
breitung der Hefezellen hemmen, Qben sie selbst durch ihr massenhaftes 
Auftreten einen schadlichen EinfluG auf die Harnkaniilchen aus, indem 
sie gewisse Harnkanalchen durch Druck von auGen verschlieGen und 
das Lumen von anderen Kanalchen vfillig ausfiillen und dieselben so 
funktionell wertlos machen. So verstfirken die Leukocyten, die auf der 
einen Seite den Korper gegenfiber den Hefezellen schiitzen, auf der 
anderen Seite anscheinend diejenigen Faktoren, die zu der Nieren- 
insuffizienz fiihren, und tragen so dazu bei, daG der Korper der schad¬ 
lichen Wirkung der Hefezellen erliegt. 

g) Die Nierenlasionen, die nach intravenoser Injektion der Hefe 
zustande kommen, sind im wesentlichen ffir den Tod der Versuchstiere 
verantwortlich zu machen, und zwar beruht die letale Wirkung der 
Organismen im wesentlichen darauf, daG die Anh&ufung der Hefemassen 
und das Durchwachsen der Harnkan&lchen durch die Hefe und auch die 
sekundare Ansammlung der polynuklefiren Leukocyten urn die Hefe zu 
einem VerschluG der Harnkanfilchen und deshalb zu einer mehr oder 
weniger starken funktionellen Ausschaltung der Nieren fiihren. Daneben 
mag moglicherweise in einigen Fallen eine Schwfichung der Herz- 
muskulatur, die durch die myokarditischen Herde veranlaGt wird, die 
schadlichen Folgen der Niereninsuffizienz verstarken. Durch intravenose 
Injektion der Hefezellen wird es moglich sein, bestimmte Organiasionen 
in sicherer Weise zu produzieren, und es diirfte von Interesse sein, die 
funktionelle Bedeutung derartiger Organiasionen und der durch chemische 
Eingriffe hergestellten Lasionen zu vergleichen. 


Nachdruck verbolen. 

Beobachtungen fiber Culiciden. 

[Hygienisch-parasitologisches Institut der Universitat Lausanne.] 

Von B. Galll-Valerio und J. fiochaz de Jongh. 

Mit 3 Figuren. 

Wir teilen hier, zusammengefaGt, unsere Untersuchungen fiber Culi¬ 
ciden von Ende Oktober 1911 bis Ende Oktober 1912 mit. 

a) Beobachtungen fiber die Ueberwinterung von Culiciden. 

Vom 15.—30. Oktober 1911 schlflpften in der Orbeebene (Kanton 
Waadt) junge Larven aus Eiern von Culex nemorosus und An¬ 
opheles bifurcatus bei einer Wassertemperatur von -]-7 0 C, Luft- 
temperatur von +12° aus. Am 26. Nov. 1911 (Wassertemperatur +4°, 
Lufttemperatur -fl6° C) wurden in Vertiefungen des Bodens, die viel 
Laub enthielten und wfihrend des Monats Oktober und Anfangs November 
trocken gelegeu batten und sich dann vom 20.—26. Nov. mit Wasser 


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Galli-Valerio u. Rochaz de Jongh, Beobachtungen fiber Culiciden. 473 


anfflllten, zahlreiche, sehr kleine Culex-LarveD gefunden, die eben aus- 
gekrochen waren. Im Jahre 1911 war dies das letzte Auskriechen, aber 
am 1. Januar 1912 fanden wir in einigen Pffltzen sehr kleine Larven, 
die eben ausgeschlflpft zu sein schienen. Zu notieren ist, dafi es bis zu 
diesem Datum nie geschneit, sondern nur geregnet hatte. 

Die Larven von Culex und A. bifurcatus haben im Winter 
1911/12 in ziemlicher Menge in der Orbeebene flberwintert. Die Larven 
von A. bifurcatus waren in einigen Pffltzen so zahlreich, daB man 
bis 25 auf einmal auf dem Siebe hatte. Sie hielten sich meistens in¬ 
mitten von Schilf und Glyceria plicata auf. 

Die Culex-Larven blieben bis zum Januar von mittlerer GrflBe, 
wo sie dann an GroBe zunahmen. Die Larven von A. bifurcatus be- 
gannen erst im Mflrz grflBer zu werden. 

Am 26. Nov. 1911 haben wir noch eine Puppe von Culex ge¬ 
funden, die im Laboratorium am 29. Nov. (Lufttemperatur +19° C) ein 
d von Theobaldia annulata entwickelte. 

Die im Laufe des Winters eingesammelten Larven nahmen im La¬ 
boratorium an GrfiBe zu und gaben die erste Puppe am 14. Jan. 1912 
(Lufttemp. -f-20° C), die erste Imago (ein 9 von C. nemorosus) den 
21. Jan. (Lufttemperatur +20° C). 

Die ersten Larven von C. nemorosus und Corethra velutinus, 
von Eiern herrflhrend, die im toten Laub flberwintert hatten, wurden von 
uns am 13. Jan. 1912 (Lufttemp. +6°, Wassertemp. 1 0 C) gefangen 
und einige dieser im Laboratorium aufbewahrten Larven gaben am 
10. Marz 1912 die erste Puppe, die erste Imago (ein 9 von C. nemo¬ 
rosus) am 18. Mflrz (Lufttemperatur 4-19° C). 

Die Larven von A. bifurcatus mflssen auch in ziemlicher Menge 
in den Pffltzen der Umgebung von Sondrio (Veltlin) flberwintert haben, 
denn am 23. Mflrz 1912 (Lufttemp. Wassertemp. +15°) fanden 

wir zahlreiche, sehr groBe Larven inmitten von Nasturtium offici¬ 
nale, Hydrodictyon reticulatum und Glyceria fluitans. 
Diese im Laboratorium gehaltenen Larven entwickelten hauptsflchlich S 
von A. bifurcatus. Aber zu diesem Datum hatten sich schon in den 
Pffltzen von Sondrio Puppen gebildet, denn in der Nflhe einer dieser 
Pffltzen setzte sich ein ? von A. bifurcatus auf einen von uns am 
25. Mflrz (Lufttemp. -(-16°, Wassertemp. +16°), und auf der OberflAche 
des Wassers waren mehrere Puppenhtillen von A. bifurcatus zu sehen. 
Zwei an demselben Ort und Tag eingefangene Puppen von Culex ent¬ 
wickelten 2 S von C. pipiens. 

In Orbe dagegen fanden wir in den Pffltzen erst am 7. April 1912 
(Lufttemp. +11°, Wassertemp. +12° C) die ersten Puppen von C. ne¬ 
morosus, und am 21. April (Lufttemp. +7°, Wassertemp. -f-8° C) 
die ersten Puppen von A. bifurcatus. 

Larven von A. maculipennis fanden wir weder in Orbe, noch 
in Sondrio im Winter 1911/12; erst am 23. Juli 1912 (Lufttemp. +20°, 
Wassertemp. -f-19°C) fanden wir diese Larven in ziemlicher Anzahl in 
der Nflhe von Sondrio, inmitten von Nasturtium officinale. 

Die Imagines von C. pipiens flberwinterten auch dieses Jahr in 
den Kellern von Orbe, aber weniger zahlreich als im Winter 1910/11. 


b) Beobachtungen flber das Eierabsetzen der Culiciden. 

Im Veltlin fing C. pipiens mit Eierabsetzen am 28. Mflrz 1912 
(Lufttemp. +15°, Wassertemp. -f-15 0 C) an. In dieser Zeit fand man 
in einigen Pffltzen groBe Mengen Eierkflhnchen dieser Art. Diese 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Kahnchen lagen zerstreut auf der Wasseroberflache, in der Mehrzahl 
aber waren sie auf faulenden, auf dem Wasser schwimmenden Blattern 
abgesetzt worden. In einer Pfiitze von 1 m Durchmesser, welche Wasser 
und Jauche enthielt, fanden wir 350 Eierkahnchen, von welchen 300 den 
Blattern eines Weidenastchens anklebten. Am folgenden Tage entnahmen 
wir derselben Pfiitze noch 30 Kahnchen. Diese Eier gaben im Labo- 
ratorium am 29. und 30. Marz Larven, welche sich am 25. Mai ver- 
puppten und 3—4 Tage spater Imagines von C, pipiens entwickelten. 

Zahlreiche 3 und ? von C. nemorosus, C. pipiens, C. ornata 
und A. bifurcatus, in Glaskistchen gehalten und mit Zuckerwasser ge- 
futtert, haben keine Eier abgesetzt. 


c) Beobachtungen uber Culicidenbrutplatze. 

Wir konnten einige interessante Beobachtungen ilber Culicidenbrut¬ 
platze machen. Letztes Jahr verzeichneten wir einen Brutplatz von C. 
ornata im Stamme einer RoBkastanie (Aesculus hippocastan urn) *) 
und setzten die Moglichkeit voraus, daB in Gebirgswaidern analoge Brut- 
piatze vorkommen diirften. Am 22. Juni 1912 fanden wir am FuBe einer 
WeiBtanne (Abies pectinata), in der Nahe von l’Abergement (900 m, 
Jura) in einer Hohlung von 9—10 cm Durchmesser und 15 cm Tiefe, 
die Moos und sparliches Wasser enthielt (Wassertemp. -fl6°), viele 
kleine und mittelgrofie Larven von C. ornata und eine Puppenhiille. 
Diese Beobachtung bestatigt unsere Voraussetzung und beweist zugleich, 
dafi solche Brutpiatze von C. ornata bevorzugt werden. 

Am 21. April 1912 fanden wir in einer weggeworfenen Pfanne aus 
emailliertem Blech, die 20 cm Durchmesser und 30 cm Tiefe hatte, in 
der Orbeebene eine groBe Anzahl sehr kleiner Culex-Larven, die erst 
vor kurzem ausgekrochen sein muBten, einige groBe Larven und viele 
Puppen von Culex. 

Auf den Bergen des Veltlins haben wir einige Brutpiatze entdeckt, 
die beweisen, wie leicht sich Culicidenbrutplatze, selbst im Gebirge, 
bilden lassen. Auf einer Weide bei 1000 m Hohe, wo zahlreiche Imagines 
umherflogen und kein Wasser zu finden war, lag der Brutplatz dieser 
Miicken vor der Hiitte selbst, wo ein Misthaufen das Wasser von der 
Dachtraufe am AbflieBen hinderte. Dieses mit Jauche vermischte Wasser 
bildete da einen Tiimpel, welcher Tausende von Larven und Puppen von 
C. nemorosus enthielt. Bei 1500 nt hatte sich an dem Punkte, wo 
sich zwei von entgegengesetzten Abhangen herunterkommende FuBwege 
vereinigten, eine stagnierende Wasserlache gebildet, welche Kuhmist, 
Salmiak und salpetrige Saure enthielt. In dieser Lache waren eine Un- 
zahl Larven und Puppen von C. nemorosus. Ein wenig weiter, bei 
2000 m Hohe, beherbergte eine kleine, durch Traufwasser gebildete 
Pfiitze wiederum eine groBe Menge von Larven und Puppen von C. ne¬ 
morosus. Auf einem FuBwege bei 1440 m waren die Brutpiatze in 
Kuhtritten entstanden, welche ein wenig Wasser enthielten. Diese neuen 
Beobachtungen bestatigen immer mehr die Wichtigkeit der kleinsten 
Wasseransammlungen als Culicidenbrutplatze, auch im Hochgebirge. 

In unseren vorhergehenden Beobachtungen 1 2 ) wiesen wir schon auf 
die Ungefahrlichkeit der Fasser, die „Bordelaise“ enthalten hatten, als 
Culicidenbrutplatze hin. Dieses Jahr bestatigte sich diese Tatsache 
wieder; in einem Garten im Veltlin standen nebeneinander 2 BegieBungs- 
fasser. Das eine enthielt griinliches, iibelriechendes Wasser, das andere 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 63. 1912. p. 222. 

2) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 43. 1907. p. 468, u. Bd. 54. 1910. p. 21. 


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Galli-Valerio u. Rochaz de Jongh, Beobachtungen iiber Culiciden. 475 


Wasser, das hellblau gefarbt war durch Ueberbleibsel von Bordelaise; 
wahrend im ersten Fasse unzahlbare Larven von C. pipiens und selbst 
einige Larven von A. maculipennis zu linden waren, fanden wir im 
zweiten zwar ausgeschliipfte Eier, aber keine einzige lebende Larve. 

Wir wiesen in friiheren Arbeiten auch auf die Rolle von Lenina 
palustris bin, wenn diese PHanze in gleichmaBiger Schicht der Ober- 
flache der Graben und Pfiitzen aufliegt, als erschwerendes und hinderndes 
Moment fiir das Leben der Culicidenlarven und -puppen. Ein Graben 
bei Sondrio, dessen einer Teil von einer gleichmaBigen Schicht von L. 
palustris bedeckt war, wahrend der andere Teil frei von dieser 
PHanze war und N. officinale und grime Algen aufwies, enthielt in 
diesem zweiten Teile eine groBe Menge Larven und Puppen von A. 
maculipennis, und im ersten Teile gar keine Culicidenlarven und 
-puppen. 

d) Beobachtungen iiber Miickenstiche. 

Im Jahre 1912 fingen die Culiciden (C. pipiens, A. bifurcatus) 
zu stechen an in den Zimmern am 2. Mai (Lufttemp. -j-14°), im Walde 
(C. nemorosus) am 12. Mai (Lufttemp. -f- 14°). Auch dieses Jahr 
war C. nemorosus sehr h&ulig im Gebirge; am 18. Aug. stach er bei 
heller Sonne bei 1872 m Hohe auf den Alpen des Veltlins. 

Wir best&tigten letztes Jahr die Beobachtungen von Gras si und 
Theobald 1 ), daB Theobaldia annulata den Menschen sticht. 
Wir konnen dieser Beobachtung eine zweite hinzufiigen: Am Abend des 
22. Juni 1912 stach in einem Eisenbahnwagen der Orbeebene ein $ dieser 
Art eines von uns wahrend ungefahr einer Minute. Der Stich war 
schmerzhaft, doch folgte keine Reaktion. 

e) Beobachtungen iiber die Vernichtung der Culiciden. 

In unseren zahlreichen Versuchen 2 3 ) iiber die Anwendung verschie- 
dener Oele zur Vernichtung der Larven und Puppen der Culiciden hatten 
wir mit Sonnenblumenol nicht experimentiert. Dieses in RuBland viel 
gebrauchte Oel fande eine Verwendung als Vernichtungsmittel, und wollten 
wir es daraufhin erproben. 

Das Sonnenblumenol ist eine hellgelbe, ziemlich diinne Fliissigkeit 
mit schwachem Geruch sui generis. Es wird viel als Nahrungsmittel 
gebraucht. LaBt man dieses Oel auf der Wasserflache gleitend flieBen, 
so breitet es sich ziemlich gut aus in gleichmaBiger Schicht; gieBt man 
es aber auf das Wasser mit einer GieBkanne Oder einem Spray, so 
nimmt es sogleich die Tropfenform an, und die Kiigelchen lassen sich 
dann nicht mehr in eine gleichm&Bige Schicht umbilden, wenn man sie 
auch mit einem Lappen zum ZusammenflieBen zu bringen sucht. Dem- 
zufolge gilt fiir dieses Oel die von uns fiir die anderen Oele schon 
angegebene Regel s ), d. h. man mufi das Oel mit einem olgetrankten 
Lappen auf der Wasseroberflache ausbreiten. Ist die Schicht glatt, so 
gehen die Larven und Puppen in einem Zeitraum von 3—4 Stunden 
ein; haben sich aber Oelkiigelchen gebildet, so konnen die Larven und 
Puppen 3—4 Tage wiederstehen. Das Sonnenblumenol konnte also zur 
Vernichtung der Larven und Puppen von Culiciden verwendet werden 
auf Wasser, welches zum BegieBen von Gemuse dienen sollte, wo also 
Petroleum und Saprol nicht gebraucht werden konnen, falls man nicht 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 63. 1912. p. 222. 

2) Therap. Monatsh. 1904. Sept. 

3) Therap. Monatsh. 1904. Sept. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


eigens dazu konstruierte GeffiBe zur Entnahme des Wassers am Boden 
des GeffiBes hat. 


f) Beobachtungen iiber Culicada ornata Meig. 

Der von uns in einer RoBkastanie entdeckte Brutplatz von C. 
ornata 1 ) erlaubte uns neue Beobachtungen fiber diese interessante 
Culicide. 


Theobald gibt in seiner Mono¬ 
graphic 2 3 ) keine Andeutung fiber das Ei 
dieser Art. Wir halten es deshalb ffir 
nfitzlich, die Beschreibung davon hier zu 
geben. 

Gelbbraunes Ei, V*— 8 A mm lang, 
eiffirmig; eine Extremitfit dicker als die 
andere und hat einen Deckel, welcher beim 
Auskriechen der Larve abffillt, eine kreis- 
ffirmige Oeffnung hinterlassend (Fig. 1). 

An den Rfindern des Eies bemerkt 
man ein helles, geffilteltes Hfiutchen, 
welches Luftkfimmerchen bildet und dem 
Ei das Schwimmen ermoglicht. Dieses 
einzeln abgesetzte Ei nfihert sich sehr 
dem Ei von St. fasciata und C. can- 
tans. 

Diese Eier hatten im feuchten Material (Ueberreste von faulem 
Holz und Moos), daB auf dem Grund der Hfihlung in der RoBkastanie 
lag, unter einer dicken Eisschicht fiberwintert. Diesem Material, das in 
Wasser gestellt und gehalten worden war, entschltipfte am 21. Febr. 1912 
eine grofie Zahljunger Larven von C. ornata (-f- 22°). Diese Larven 
sind lichtscheu: Sobald man das GeffiB irgendeiner Lichtquelle nfihert, 
fliehen sie auf den Grund desselben und verstecken sich unter den Holz- 
und Blfitterresten. Sie kommen sehr selten zur Oberflfiche, trotzdem 
sie sich auf dem Grund sehr rasch bewegen. Die Puppen, welche 
sich nach 17 Tagen bildeten, bewegen sich auch sehr rasch und steigen 
auch selten zur Oberflfiche. Die Imagines bilden sich nach 3—6—10 
—12 Tagen ; die Evolution vom Ei zur Imago beansprucht demnach 
23-25-27-30 Tage. 

In der RoBkastanie zeigten sich die ersten Larven am 21.—23. Febr. 
(Wassertemp. -f 7°), die ersten Puppen zeigten sich erst am 11. Mai 1912 
(Wassertemp. -f- 12 °). Die ersten Imagines sahen wir am 18. Mai 
(Wassertemp. +7°, Lufttemp. +7°). 



Fig. l. 


g) Beobachtungen fiber Anopheles nigripes Staeger. 

In unseren letztjfihrigen Beobachtungen fiber Culiciden s ) sagten wir, 
daB dieselbe Hohlung der RoBkastanie, in welcher wir die Larven von 
C. ornata gefunden hatten, auch Larven von A. bifurcatus enthielt. 
Spfitere Beobachtungen zeigten uns, daB diese Larven der Species 
Nigripes 4 ) angehorten. Es ist das erste Mai, daB diese Art im Kanton 
Waadt und in der Schweiz angegeben wird, denn als wir in frfiheren 
Arbeiten das Vorkommen von A. bifurcatus var. nigripes im 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 63. 1912. p. 221. 

2) A monograph of the Culicidae. London 1901—1910. 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 63. 1912. p. 221. 

4) Atti Soc. ital. studi malaria. Vol. 13. 1912. p. 2. 


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Galli-Valerio u. Rochaz de Jongh, Beobachtungen liber Culiciden. 477 


Kauton Waadt anzeigten, betrachteten wir kleine Exemplare von A. bi- 
furcatus als var. nigripes. Zu diesem SchluB verleitete uns auch 
Blanchard mit seiner Behauptung, A. bifurcatus und A. ni gripes 
seien identisch *). Jetzt aber. da wir den wahren A. ni gripes ein- 
gehend studieren konnten, sehen wir diese zwei Arten als getrennt an, 
wie es Theobald auch tut 2 ). Wir konnten Ei, Larve, Puppe. Imago 
dieser interessanten Species beobachten und geben hier kurz ihre Kenn- 
zeichen wieder 3 ): 

Die Eier sind schwarzlich, zigarrenformig, V, mm lang, der mittlere 
Teil ist verdickt, die Enden sind zugespitzt. Auf jeder Seite des mittleren 
Teiles kann man eine helle, gefaltelte Membran sehen, welche Luft- 
kammern bildet und das Ei auf der Wasseroberflache halt. Die Eier 
haben keinen Deckel; wenn die Larven auskriechen, spaltet sich das Ei 
an dem einen Ende in einem unregelmaBigen RiB (Fig. 2). 


% 

Fig. 2. 

Ueberwintern diese Eier? Wir konnen es nicht behaupten, denn 
wir beobachteten das erste Auskriechen in der RoBkastanie Ende Juni 
und Anfang Juli. Die Larven gleichen denen von A. bifurcatus sehr 
viel, mehr als denjenigen von A. maculipennis. Ihr Aussehen stimmt 
nicht ganz mit demjenigen der von Meinert gezeichneten Larven ttberein, 
wie aus der beigefiigten Originalphotographie zu sehen ist (Fig. 3). 

Die Larven sind 4 mm lang, von schw&rzlicher F&rbung. Thorax 
breit, vorderer Rand konvex, hinterer Rand gerade. Kopf schmaler und 
ein wenig langer als der Thorax. Diese Larven brauchen im Gegensatz 
zu den anderen Anopheles-Larven sehr wenig Luft; sie steigen sehr 
selten zur Oberflache und bleiben fast immer auf dem dem Grunde auf- 
liegenden Material von faulem Holz und Blattern. Sie schwimmen mit 
raschen Lateralbewegungen und konnen lange Zeit die Larvenform bei- 
behalten; einige verpuppen sich nach 23—25—30 Tagen, andere bleiben 
monatelang ohne sich zu verwandeln. Larven, welche im Juli 1911 aus- 
geschliipft waren und im Laboratorium behalten wurden, haben sich erst 



Fig. 3. 


1) Les moustiques. Paris 1905. p. 166. 

2) Monograph etc. Vol. 1. p. 201. 

3) Die Abschrift dieser Arbeit war beendet, als wir im Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Ref. Bd. 55. p. 93 ein Referat einer Arbeit Eysels fanden iiber Biologie und Eier 
von A. nigripes, den er zu einer neuen Gattung, Cyclophorus, setzt. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


am 20. Mai 1912 verpuppt, und eine ging atn 17. Juli 1912 ein, ohne 
sich verpuppt zu haben. Larven vom 1. Juli 1912 leben jetzt noch im 
Laboratorium ohne sich zu verpuppen. 

Die Puppen sind sehr kleiu, weifilich auf der Bauchseite, schwarz 
und weiB geringelt auf der Riickenseite. Die Atmungsrohren sind weifi 
und heben sich sehr deutlich vom dunklen oberen Teil des Korpers ab. 
Sie sind kurz, trichterformig. Diese kleinen Puppen sind sehr lebendig; 
sie bewegen sich mit der groBten Geschwindigkeit und steigen oft zur 
Oberflache. 

Die Imagines entwickeln sich nach 4—5 Tagen, somit betr&gt der 
Evolutivzyklus vom Ei zur Imago 30—37 Tage bis 11 Monate. 

Die Lange des ? betragt 5—6 mm, vom Ende des Russels zum 
hinteren Ende des Korpers. Russel, Fuhler, Taster sind rauchschwarz. 
Taster ungefahr gleich lang wie der Riissel, am Ende schwach keulen- 
formig verdickt. Augen schwarz, durch ein aschgraues Dreieck mit der 
Spitze nach hinten voneinander getrennt. Thorax aschgrau, von zwei 
konvexen, schwarzen Linien eingefaBt. Beine schwarz, Knie ein wenig 
heller gefarbt, Flflgel ungefleckt, mit tiefschwarzen Adern und brauner 
Franze. Abdomen schwarz mit gelblichen Haaren. 

Das d ist ein wenig kleiner und schmaier als das ?. Die Taster 
sind etwas langer als der Russel, das Ende ein wenig gebogen und 
spatelfQrmig verbreitert. Wir hatten nur ein einziges d zur Verfiigung. 

A. nigripes nimmt an Decken und W&nden die typische Stellung 
von A. bifurcatus und A. maculipennis ein, d. h. die hintere 
Extremitat des Korpers steht mSglichst weit ab von der Flache, auf 
welcher die Imago sitzt. Nur die 5 scheinen zu stechen. Sie stechen 
schon einige Stunden nach der Entwicklung, auch tagsflber, auf der 
Stelle und saugen sich fest. Der Stich ist schmerzhaft und reagiert in 
gleicher Weise wie die anderen Anophelinenstiche. 

A. nigripes scheint dasselbe Habitat zu haben wie C. ornata, 
und wahrscheinlich wird diese Art, wenn man in kleinen Wasseransamm- 
lungen der Baumstamme nach ihr sucht, haufiger und in solchen Ort- 
schaften angegeben werden, in welchen sie bis jetzt zu fehlen schien. 

Lausanne, 30. Okt. 1912. 


Nachdrnck verboten. 


Larves de filaires dans le sang de chameaux tunisiens et 

de l’Erythree. 

[Laboratoire de bact6riologie de l’arm^e k Tripoli.] 

Note preventive. 

Par le docteur Antonio Pricolo. 


Des larves de filaires ont 6t<5 signal6es dans le sang de chameaux 
en Alg£rie et dans 1’Egypte; personne ne les a signaiees dans d'autres 
regions de l’Afrique. Je viens d’en rencontrer, chez des chameaux pro- 
venant de la Tunisie et de l’Erythree. 

Je decrirai plus tard les symptomes morbides auxquels la presence 
de larves de filaires dans le sang de chameaux donne lieu. En atten¬ 
dant j’ai mis en evidence les parasites chez des sujets parfaitement sains 
en apparence, chez un sujet mort sans que la cause de la mort ait 6t6 


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Lewin, Zur Diphtherieserumbewertung nach Romer. 479 

6claircie, et chez plusieurs sujets qui montrent un amaigrissement ex¬ 
treme. 

Ordinairement on rencontre seulement un ou deux exemplaires du 
parasite dans chaque preparation; souvent les parasites sont plus nom- 
breux et j’en ai compte jusqu’k vingt dans une seule preparation. Une 
fois j’ai observe quatre parasites dont la partie correspondant k la tete 
etait libre, tandis que les segments correspondant & la queue etaient 
enveloppees dans un gros amas de substance amorphe. 

Com me Ton vient de dire on distingue chez le parasite une partie 
cephalique arrondie, qui montre k son extremite un bord luisant, et une 
partie caudale qui se termine en pointe. La longueur du parasite, k 
peine est-il mort, arrive & 298 /.i, mais nous avons remarque aussi des 
exemplaires plus courts; son 6paisseur moyen est de 6,2 fi. Ces di¬ 
mensions s’61oignent sensiblement de celles donnees par Balfour. Nos 
mesures out 6t6 prises sur des sujets encore vivants ou qui venaient 
de mourir 5, peine. 

Les microfilaires du chameau k une temperature du milieu de 30° C 
environ restent en vie 12- heures et mSme plus longuement: 36 heures 
aprks la saign£e elles sont complktement immobiles: avant de mourir 
tout k fait elles ex^cutent des contractions vermiculaires trks lentes, qui 
sont born6es k quelques segments de leur longueur. Leur structure 
qui semble homogene tandis qu’elles sont bien vivantes devient granu- 
leuse lorsque leur vitality commence k fl6chir. 

Ce parasite ne se d£place que trks peu dans le champ du micro¬ 
scope; il s’agite vivement et continuellement presque sur place et rare- 
ment et tard il franchit le champ du microscope. Ses contractions ont 
pour consequence le pelotonnement, la formation de boucles, de nceuds, 
de tours de spire, de coudes. Lorsqu’il est mort, en g6n6ral on le trouve 
distendu. La portion la plus mobile et qui conserve le plus longuement 
sa vitality est la portion cephalique; la tete se tourne avec un mouvement 
continuel et alternatif k droite et a gauche et semble vouloir saisir 
quelque chose qui lui echappe toujours; la queue au contraire souvent 
semble fixe et recourbee en crochet. 

Chez le parasite color6 on distingue une esp&ce de cuticule trks 
faiblement color6e et qui renferme une substance granuleuse, opaque, 
trks intensement color^e. 

Tripoli, 11 aofit 1912. 


Nachdruck verboten. 


Zur Diphtherieserumbewertung nach Romer. 

[Aus deni chem.-bakter. Institut von Dr. Ph. Blumenthal.J 
Von Dr. Jacob Lewin, Moskau. 


Zur Diphtherieserumbewertung wird heutzutage fast Gberall das 
Ehrlichsche Verfahren gebraucht, welches beim Einhalten aller notigen 
VorsichtsmaBregeln und dem Gebrauch von groBeren Tierreihen mit 
einem Fehler von nur 2 Proz. arbeitet. 

Indessen haften diesem Verfahren zwei Fehler an. Erstens muB 
das Serum eine betriichtliche Quantitat von Antitoxinen enthalten. 

Es ist ja zwar moglich, nach dem Verfahren von Marx ganz geringe 

Quantit&ten von Antitoxin (bis zu Visoo I-E.) abzuschktzen, allein die 

v irou ' JnginaTfr:i 


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480 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Beurteilung der Resultate (nach den dabei entstehenden Infiltraten) ist 
sehr subjektiv; an einem Tiere ktinnen nur 2 Bestimmungen gemacht 
werden, und zur Feststellung des Resultates muB das Tier getotet werden. 

Der zweite Mangel des Ehrlichschen Verfahrens ist der groBe 
Verbrauch an Tiermaterial, was fur Laboratorien mit geringen pekuniaren 
Mitteln ein wichtiges Hindernis darstellen kann. 

Im Jahre 1909 wies Romer darauf hin, daB bei intrakutaner Ein- 
spritzung von Diphtherietoxin bereits ganz geringe Quantitaten desselben 
(75oo der Dos. letal. min.) Infiltrate und Nekrosen an der Injektionsstelle 
hervorrufen. Auf Grund dieser Versuche schlug er ein neues Verfahren 
der Diphtherieserumbewertung vor. 

Im wesentlichen besteht das Verfahren darin, daB man das Gemisch 
von Antitoxin und Toxin nicht subkutan, wie es nach Ehrlich gemacht 
wird, sondern intrakutan einspritzt und das Resultat nicht nach dem 
Tode oder Amlebenbleiben des Tieres beurteilt, sondern nach den Ver- 
anderungen an der Injektionsstelle, welche deutlich sichtbar sind, ohne 
daB man es nfitig hat, wie im Verfahren von Marx, das Tier zu 
sezieren. Ist das Toxin vollig neutralisiert, so bleibt die Injektionsstelle 
normal, anderenfalls entsteht dort Rotung, Oedem oder gar Nekrose. 
Dieses letzte Stadium wird eben zur Beurteilung des Versuchsergebnisses 
herangezogen. Dabei kann man an einem Meerschweinchen gleichzeitig 
4—6 Prtifungen desselben Serums oder verschiedener Sera anstellen. 
Nach dem Versuche bleibt das Tier am Leben und kann zu anderen 
Zwecken ausgenutzt werden. Die Toxin- und Antitoxinverdtinnungen 
werden in der Weise gemacht, daB die ntitigen Mengen derselben in je 
0,05 ccm enthalten sind. Dann werden sie zusammengemischt, 1 Stunde 
bei 37° C im Thermostaten stehen gelassen und intrakutan eingespritzt. 
An der Injektionsstelle miissen nattirlich vorher die Haare entfernt werden, 
zu welchem Zwecke Romer empfiehlt, am Tage vor der Einspritzung 
die Stelle mit Calcium hydrosulfurosum zu bearbeiten. 

Ebenso wie in der Ehrlichschen Methode die Limes f, wird hier 
die Limes-Nekrose bestimmt, d. h. diejenige Toxindosis, welche zusammen 
mit einer bestimmten Antitoxindosis (z. B. 1 / 50 , Vsooi V'zooo I-E.) ein¬ 
gespritzt, noch eine Nekrose der Injektionsstelle hervorruft. Selbst- 
verstandlich wird, je starker das Toxin ist, desto kleiner die Limes-Nekr. 
und einen desto geringeren Teil einer I.-E. wird man zu diesem Zwecke 
verwenden kfinnen. Andererseits wird, je geringer die Limes-Nekrose, 
eine desto kleinere Quantitat von Antitoxinen sich in dem zu prtifenden 
Serum bestimmen lassen. So gelang es Romer, sogar V 2000 I.-E. nach- 
weisen zu konnen. 

Der Zweck unserer Nachuntersuchung, deren Resultate wir weiter 
unten anfuhren, bestand darin, die Frage zu beantworten, ob das Ver¬ 
fahren Romers konstant und genau genug arbeitet, urn in Laboratorien, 
die Serum bereiten, als Hilfsmittel gebraucht werden zu konnen, wobei 
als Hauptverfahren die Ehrlichsche Methode beibehalten werden muB. 

Wir haben dazu die Wertbestimmung einer Reihe von Diphtherie- 
seris aus dem Institut von Dr. Ph. Blumenthal nach Romer aus- 
geftlhrt und deren Resultate mit den Resultaten verglichen, die ganz 
unabhangig von uns von Privatdozent Dr. S. Abramow nach der 
Ehrlichschen Methode erhalten wurden. 

Die Sera, deren Starke wir bestimmten, enthielten mindestens 
250 I.-E. in 1 ccm und noch mehr. Wir gebrauchten deshalb eine 
Limes-Nekrose, die Vso I. -E. entsprach, urn nicht zu hohe Verdtinnungen 
machen zu miissen, was nattirlich einen mtiglichen Fehler vergrtiBern 


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Lewin, Zur Diphtherieserumbewertung nach Romer. 


481 


Tabelle No. 1. 

Bestimmung der Dosis necrot. min. (Toxin-No. 203). 
Meerschweinchen No. 4a 0,00005 0,000075 0,0001 0,0002 

glatt Nekr. Nekr. Nekr. 


Bestimmung der Lim.-Nekr. fur 0,1 I.-E. 


Meerschweinchen No. 14 

0,05 

0,04 

0,03 

0,02 Toxin 


Nekr. 

Nekr. 

gl- 

gl. 

, , 19 

0,04 

0,038 

0,035 

0,03 


Nekr. 

Nekr. 

gl- 

gl. 

. , 20 

0,03 

0,037 

0,036 

0,035 


Nekr. 

Nekr. 

gl- 

gl- 

Bestimmung 

der Lim.- 

■Nekr. fur 

V.o L-E- 


Meerschweinchen No. 40 B 0,0145 

i 0,0140 

0,0135 

0,0130 

0,0125 0,0120 


Nekr. Nekr. Nekr. gl. gl. gl. 

Bestimmung der Lim.-Nekr. fur V.oo L-E. 

Meerschweinchen No. 52 0,0075 0,007 0,0065 0,006 

Nekr. Nekr. Nekr. gl. 


Bestimmung der Lim.-Nekr. fur ‘/aoo L-E. 


Meerschweinchen No. 43 B 


0,0045 0,0040 0,0035 0,0030 

Nekr. Nekr. Nekr. gl. 
Resultat: Dosis necrot. min. = 0,000075 
Ln. fur 7,o L-E. =0,037 

• . 7 S0 , =0,0135 

. . V.oo - =0,0065 

. . 7,oo . =0,0035 


0,0025 

gl- 


0,0020 

gl- 


Tabelle No. 2. 


Meerschw.-No. 

Serum-No. 


Serum wertbemessung 

nach Rdmer nach Ehrlich 



21 

506a 

400 glatt 

500 Nekrose 

400 glatt 

500 

■ 4 Tage 

23 

506b 

300 

M 

350 

If 

300 

If 

350 

4 

|| 

11a 

678 

700 

ii 

800 

tt 

700 

it 

800 

• 3 

f| 

14a 

691 

150 

it 

200 

tt 



200 

• 7 

fl 

32 

660 

200 

n 

250 

tl 

200 

ii 

250 

■ 4 

ft 

47 

2 

300 

a 

350 

tf 


300 I.-E. 



48 

748 

250 

n 

300 

f« 

275 glatt 

300 

4 Tage 

56 

718 

350 

ii 

400 

l« 

350 

ii 

400 • 

4 

ft 

57 

779 

200 

ii 

250 

If 

225 

it 

250 • 

■ 4 

If 

59 

804 

325 

a 

350 

II 

325 

it 

350 • 

• 7 

it 

60 

781 

800 

it 

850 

ft 

800 

l» 

900 

• 2 

It 

61 

801 

275 

tt 

300 

tl 

275 

tt 

300 

• 2 

tt 

62 

803 

350 

91 

400 

II 

350 

ti 

400 

• 3 

tl 

63 

810 

350 

If 

375 

If 

350 

„ 375 chron. 400 

• 3 

tt 








Each. 




64 

816 

325 

ft 

350 

II 

350 

If 

375 1 

3 Tage 

65 

792 

225 

ft 

250 

II 

200 

fl 

250 • 

3 

tf 

66 

813 

325 

If 

350 

ft 

350 

f 6 Tage 

375 ■ 

(• 3 

tt 

67 

826 

500 

ii 

600 

If 

500 glatt 

600 ■ 

■ 4 

ii 

68 

811 

325 

ft 

350 

II 

325 

It 

375 • 

■ 2 

it 

69 

807 

500 

|| 

550 


500 

ft 

550 

• 3 

it 

70 

817 

225 

II 

250 

It 

225 

tf 

250 

■ 4 

tt 

72 

830 

350 

II 

400 

II 

350 

It 

400 ■ 

• 4 

It 

77 

793 

700 

It 

725 

If 

700 

tf 

800 • 

• I*/, 

II 

78 

819 

550 

If 

600 

If 

550 

it 

600 ■ 

• 4 

tt 

81 

705 

300 

If 

325 

a 

300 Infiltr. 

325 

■ 4 

tl 

83 

832 

350 

fl 

375 

tt 

350 glatt 

375 • 

• 4 

tt 

38 

J845 

650 

a 

700 

tl 

650 

tl 

700 

ch on. 
Krach. 


880 

300 

ii 

350 

it 

300 

tl 

350 

■4 Tage 

39 

J 894 

350 

ii 

400 

11 

350 

fl 

400 • 

4 

tl 

\902 

350 

it 

400 

fl 

350 

It 

400 ■ 

I- 4 

tl 

Erst© Abt. Orig. 

Bd. 67. 



Heft 

6. 



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482 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. t>7. Heft 6. 


wQrde. Gebraucht man 7 10 I.-E. und macht man an einem Meer- 
schweinchen gleichzeitig 4—6 Priifungen, so konnen mitunter die sich 
summierenden Toxindosen den Tod des Tieres herbeifuhren. Das Calcium 
hydrosulfurosum ruft ab und zu entziindliche Erscheinungen hervor, was 
das Tier untauglich macht. Wir empfehlen, statt dessen die Haare ein- 
fach auszuzupfen, was bei einiger Vorsicht leicht ausfQhrbar ist und 
keine Spuren hinterlaBt. 

Indem wir beziiglich der ubrigen technischen Details auf die Original- 
arbeiten von Romer hinweisen, fiihren wir unsere Resultate in den bei- 
gefiigten 2 Tabellen an. 

In der Tabelle No. 1 befinden sich die Bestimmungen der Limes- 
Nekrose des Toxins, das wir gebrauchten, entsprechend verschiedenen 
Antitoxindosen und der Dosis necrot. min. 

In der Tabelle No. 2 sind die Resultate der Serumpriifungen nach 
Romer und Ehrlich angegeben. 

An jedem Meerschweinchen wurden 4, mitunter auch 6 Priifungen 
ausgefiihrt. In den zwei letzten Versuchen wurden an je einem Meer¬ 
schweinchen je 2 Sera in zwei verschiedenen Verdiinnungen gepriift. 

Wie wir aus der Tabelle No. 2 ersehen konnen, haben die Priifungen 
nach beiden Methoden fast identische Resultate geliefert. Trotzdem muB 
man Romer beipflichten, daB in den Fallen, wo es sich um definitive 
Priifungen von Seris handelt, die zu therapeutischen Zwecken bestimmt 
sind, vorliiufig unbedingt die Ehrlichsche Methode gebraucht werden 
muB, da nur so in alien Laboratorien vergleichbare Resultate erhalten 
werden konnen. Wo es sich aber um vorlaufige Serumpriifungen 
handelt, ist das Romersche Verfahren in der Technik der Serum- 
bereitung zweifellos von Nutzen. An einem Tiere lSBt sich mit ge- 
niigender Genauigkeit die Serumwertbemessung ausfiihren, dann geniigen 
schon wenige Tiere, um definitiv den Antitoxingehalt zu bestimmen. 
Es wird so an Tiermaterial und Zeit gespart. 


Iiiterator. 

Romer, Ueber den Nachweis sehr kleiner Mengen ties Diphtheriegiftes. (Zeitschr. f. 
Immun. Bd. 3. p. 208.) 

Romer u. Sames, Zur Beatimmung kleiner Mengen Diphtherieantitoxins. (Ibid, 
p. 344.) 

Romer u. Somogyi, Eine einfache Methode der Diphtherieserumbewertung. (Ibid, 
p. 433.) 


Nachdruck verboton. 

Ueber die Basssche Kultur der Malariaparasiten in vitro 
und die daraus sich ergebenden Resultate. 

Von Professor Hans Zicmann, Charlottenburg. 

In der Numiner 22, Vol. 14, vom 13. November 1911 des ^Journal of 
Tropical Medicine and Hygiene 14 erschien eine kurze Mitteilung von C. C. 
Bass, Assistent fiir tropische und klinische Medizin an der Tulane Uni¬ 
versity von Louisiana, New Orleans, U. S., unter der Ueberschrift: „On 
the cultivation of malarial parasites in vitro by preventing the develop¬ 
ment of complement in the human blood employed. 

Der Name des Leiters des betretfenden Instituts, Creighton 
Wellman, der sich als Tropenforscher einen hochgeachteten Nainen 


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Ziemann, Ueber die Basssche Kultur der Malariaparasiten in vitro etc. 483 


erworben hat, muBte schon eine gewisse Garantie fur die Gediegenheit 
der Untersuchungen von Bass geben. 

Bass teilte in seiner Notiz mit, daB ihm die erfolgreiche Kulti- 
vierung der menschlichen Malariaparasiten in vitro gelungen sei, nachdem 
er bereits vorher itn „Journal of the American Association 14 , 2. November 
1911, von seinem Befunde Mitteilung gemacht. Bass ging von der 
These aus, daB, wenn krankheitsverursachende Protozoen Oder Bakterien 
in den Korper gelangten, sich in demselben Ambozeptoren bildeten, die 
gewohnlich spezifisch seien. Diese Ambozeptoren, die bei maBiger Er- 
warmung bis auf 56° C nicht zerstort wiirden, konnten bei Anwesenheit 
von geniigenden Mengen von Komplement die eingedrungenen Protozoen 
oder Bakterien auflosen. Ohne Anwesenheit von Ambozeptoren ist auch 
das Komplement dazu unwirksam. Das Komplement wiirde aber in- 
aktiviert oder zerstort durch jede Temperaturerhohung liber die normale 
Korpertemperatur hinaus. Die Schnelligkeit des Eintritts dieser Zer- 
stbrung bzw. Inaktivierung hdngt von der betreffenden Temperatur ab. 
Bei einer Temperatur von 40° C wiirde nach Bass das Komplement im 
menschlichen Blutserum in 13—30 Minuten zerstbrt! Auf diese Weise 
wiirde die Bakteriolyse oder Protozoolyse selbst bei Gegenwart von 
reichlichen Mengen von Ambozeptoren verhiitet. 

Bass sagt nun weiter, daB frisch entnommenes menschliches Blut 
wenig oder gar kein Komplement enthielt. Es entwickelte sich aber unter 
giinstigen Bedingungen in verschiedener Quantitat, je nach der Tempe¬ 
ratur, bei der man das Blut hielte. Die gunstigste Temperatur w&re die 
unter 37° C. Wenig oder gar kein Komplement entwickelte sich da- 
gegen bei einer Temperatur zwischen 38 und 40° C, wie man sie oft bei 
den meisten Entziindungszustanden allgemeiner oder lokaler Art fande. 
Wenn nun ein Individuum durch Malaria, Lues oder Typhus infiziert 
wird, bildeten sich im Blute zwar groBe Mengen von spezifischen Ambo¬ 
zeptoren. Wiirde man aber das betreffende Blut entnehmen und es als 
Blutkultur in der iiblichen Weise bei einer Temperatur von 37° oder 
etwas darunter zu verwenden suchen, so wiirde sich das Komplement 
in wenigen Stunden entwickeln und, zusatnmenwirkend mit den spezi¬ 
fischen Ambozeptoren, die Krankheitserreger zerstoren, wodurch erfolg¬ 
reiche Kultivierung desselben unmoglich wiirde. Dies sei auch der 
Grund fur die vielen negativ verlaufenden Versuche der Typhusblut- 
kulturen im letzten Stadium des Typhus, da dann groBe Mengen von 
Ambozeptoren sich fauden, w&hrend die Kulturen in den ersten Fieber- 
tagen der Erkrankung gewohnlich erfolgreich wiiren. Man konnte die 
erwahnten Fehlschlage vermeiden bei Anwendung bestimmter Medien, 
wie z. B. Galle, welche die Entwickelung von Komplement verhindert. 
Dasselbe Resultat konnte man aber erhalten, wenn man die betreffenden 
Kulturen in eine Temperatur versetzte, die die Bildung von Komplement 
verhiitete, ohne aber den betreffenden Mikroorganismus zu zerstoren. 

Wir wollen hier nicht in eine Erorterung eintreten, ob und inwieweit 
diese Spekulationen berechtigt sind. Zweifellos muBten die Mitteilungen 
fiber die angeblich schon bei 38—40° C erfolgende Inaktivierung des 
Komplements auffallend klingen, nachdem man die Inaktivierung des 
Komplements als bei ca. 56° erfolgend allgemein angenommen hatte. 
Auch wissen wir ja, daB sich z. B. Trypanosomen im Blute, das man 
im Eisschrank aufbewahrt, weit l&nger aufbewahren lassen als bei Korper¬ 
temperatur, bei der die Trypanosomen auBerhalb des Organismus ziem- 
lich bald absterben, und daB ferner auch die kiinstlichen Kulturen 
einiger Trypanosomenarten, wie z. B. Trypanosoma Levisii, auf 

31* Original frcm 


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484 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


kiinstlichem Nahrboden (Blutagar-Kondenswasser) weit besser bei niedriger 
Temperatur gedeihen als selbst z. B. bei 18—20°C. Alle diese Fragen 
diirften bei naherer Untersuchung eine befriedigende Erklarung finden 
miissen. Jedenfalls gab Bass dam als an, daB er, von den 
obigen Gesichtspunkten ausgehend, die drei Malaria- 
parasitenarten: Plasmodium vivax, P. malariae und P. 
faliciparum hatte in vitro kultivieren und wiederholt 
weiter auf kflnstliche Kulturen iibertragen konnen. Seine 
Kulturen hatten in mit Zitronens&ure versetztem Blut bei Abfassung 
seiner damaligen Notiz bereits 3 Wochen (20 Tage) gelebt. Haupt- 
bedingung war, daB bei den Kulturversuchen streng anaerobe Be- 
dingungen walteten. Die Lebensfahigkeit seiner Kulturen wurde durch 
eine Anzahl seiner Kollegen bestatigt. 

Ich selber wurde auf den Artikel von Bass iiberhaupt erst Ende 
August 1912 aufmerksam durch ein ganz kurzes Referat ohne nahere 
Literaturangabe in der Zeitschrift „Malaria e Malattie dei Paesi caldi u , 
1912, No. 12, dessen Herausgeber Gabbi mir auf eine Anfrage wegen 
des Gegenstandes erklarte, daB es ihm ebenfalls gelungen sei, den Tertian- 
parasiten zu ziichten, daB er die betreffenden Untersuchungen aber hatte 
unterbrechen miissen und daher iiber Praparate nicht verfiigte. Ueber 
seine Technik sagte er nichts. 

Ich selber hatte, abgesehen von friiheren Versuchen, Malariablut in 
Blutegeln zu konservieren (cfr. „Ueber Malaria und andere Malariapara- 
siten“, 1898), auch versucht, Malariaparasiten in zentrifugiertem Blut bei 
verschiedener Temperatur moglichst lange am Leben zu erhalten. Eine 
Weiterentwickelung zu erlangen, war mir aber nicht mbglich gewesen. 

Am 25. September dieses Jahres erhielt ich nun einen Brief von 
Bass selber nebst Praparaten von Malariakulturen, mit der Bitte, die- 
selben zu priifen und ihm das Resultat mitzuteilen. Er hatte jetzt in 
der Panamakanalzone experimentell an der Kultivierung der Malaria¬ 
parasiten gearbeitet und hatte von 29 verschiedenen Patienten den 
Perniciosaparasiten, von 6 Patienten den Tertianparasiten kultivieren 
kSnnen. Eine vollstandige Beschreibung der Technik wurde im Oktober 
im ^Journal of experim. Medicine 11 erscheinen. Bezuglich der Technik 
schrieb er mir in dem Brief nur noch kurz folgendes: Man entnimmt 
Blut aus den Venen am Ellbogen, fttgt dann V 2 Volumen 1-prozentiger 
Dextroselosung hinzu und defibriniert. Dieses defibrinierte Dextroseblut, 
die Malariaparasiten enthaltend, soli dann, wenn man es im Brutschrank 
bei 40° C halt, zur weiteren Entwickelung der Malariaparasiten dienen. 
Die Parasiten machten dann denselben asexualen Entwickelungsgang 
durch wie im menschlichen Blute, wenn sie nicht phagocytiert wtirden. 
Dieses geschahe gewohnlich, wenn man die Leukocyten nicht vorher 
durch die Zentrifuge entfernte. Er hatte auf diese Weise mit Erfolg 
hintereinander 4 Generationen von Malariaparasiten kultiviert, indem er 
eine geringe Menge der sich teilenden Parasiten in neue Blutserura- 
rote Blutkorperchen'-Dextrosemischung brachte. Von der Notwendig- 
keit event, anaerober Bedingungen erwahnt er in seinem Briefe nichts. 
Die 8 mir ubersandten Praparate, Ausstriche der Blutkulturen in vitro, 
waren samtlich nach der Romanowsky-Methode gefarbt und sollten 
die Entwickelung des Perniciosaparasiten in vitro darstellen. Bass 
schrieb noch kurz, daB die Entwickelung des Perniciosaparasiten sich 
besser in der Kultur zeigen lieBe als die des Tertianparasiten. 

Nach diesen Vorbemerkungen mdchte ich nun selber meine eigenen 
Beobachtungen an den mir von Bass Obersandten Praparaten mitteilen. 


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Ziemann, Ueber die Baessche Kultur der Malariaparasiten in vitro etc. 485 


Die Lehre der asexualen Entwickelung der Malariaparasiten tiberhaupt 
darf ich hier wohl als bekannt voraussetzen. Meiner Beschreibung dieser 
Entwicklung, die ich mit der von mir 1898 als erstera allgemein ein- 
geftihrten Romanowsky-Ftirbung habe geben konnen, diirften sich 
wohl die meisten modernen Autoren angeschlossen haben. 

Die 8 Perniciosapraparate von Bass entstammen einer 
5 72 * st undigen, einer 16-, 21 1 /*-, 30-, 40-, 44-, 48- und 
68 -stflndigen Kultur. Gemeinsam ist alien Prtiparaten der auBer- 
ordentliche Mangel, bzw. die relative Seltenheit der Leukocyten. Die- 
selben waren, wie schon bemerkt, von Bass durch Zentrifugieren aus 
der Blutflilssigkeit entfernt, um phagocytare Wirkungen zu vermeiden. 
Die Parasiten erinnerten in der Grofie am meisten an die Perniciosa- 
parasiten, wie ich sie in Italien beobachten konnte, sind aber, speziell 
in den Slteren Stadien, zweifellos groBer als die Formen, die man an 
der Westkilste Afrikas, besonders in Kamerun, bei Neuerkrankungen zu 
sehen Gelegenheit hat. Leider steht in dem kurzen Briefe von Bass 
nicht, ob es sich um Kulturen von Blut von einer Neuerkrankung oder 
von einem Rezidiv handelt. Es ist das wichtig, da man bei einer Neu¬ 
erkrankung nicht mit dem Vorhandensein von Geschlechtsformen der 
Malariaparasiten, den Gameten, im peripheren Blut zu rechnen pflegt. 
Wflrden sich aber in der kUnstiichen Blutkultur von einer Malaria neu¬ 
erkrankung Gameten finden, so wtirde das daftir sprechen, dafi 
die m&nnlichen und weiblichen Gameten formen gleich- 
zeitig mit den un geschlechtlichen Formen, bzw. neben 
ihnen entstanden, daB, mit anderen Worten, die Gameten 
ihreEntstehung nicht direkt erst demEintreten immuni- 
satorischer Wirkungen des Organismus verdankten. Un- 
geheuer interessant und wichtig ist, daB man in den abersandten Pr&- 
paraten 1 ti c k e n 1 o s die ganze Entwicklung der Perniciosa- 
parasiten in vitro verfolgen kann, wahrend die Perniciosaparasiten 
im peripheren Blute, wenigstens in Afrika, bekanntlich ihre Entwicklung 
nur bis zur H&lfte durchmachen, auch in Italien in dem weitaus groBten 
Teile, namlich nur bis zu dem Stadium, in dem sie als dicke, siegelring- 
artige, schwach pigmentierte Gebilde im Blute erscheinen. Die weitere 
Entwicklung bis zur Sporulation erfolgt im menschlichen Organismus in 
den inneren Organen. Die Parasiten verschwinden daher vor dem Fieber- 
anfalle tiberhaupt aus dem peripheren Blute. In den vorliegenden Kultur- 
pr&paraten kann man aber, was man sonst nur beim Tertian- und 
Quartanparasiten im peripheren Blute sehen kann, auch die hochinter- 
essante Kernteilung durch primitive Mitose bzw. Kernzerschntirung ver- 
folgeu. 

In der 5 72-st tin digen Kultur sieht man die Parasiten als 
junge, runde oder ovale, zarte Ringe wie im peripheren Blute, von 1 / 6 
bis 77 Durchmesser eines roten Blutkorperchens. Einige jtingste Para¬ 
siten umklammern noch einen Teil der Peripherie des befallenen roten 
Blutkorperchens wie mit zwei zarten, langen Armen, zwischen denen das 
rundliche, zierliche Chromatinkntipfchen liegt, und zeigen dadurch, daB 
sie nicht in das rote Blutkorperchen eingedrungen sind. 

Ich mochte gleich hier einschieben, daB die Malariaparasiten nach 
meinen;vergleichenden Untersuchungen tiberhaupt nicht tiefer in das rote 
Blutktirperchen einzudringen scheinen, sondern, in die zarte Lipoidhtille 
desselben einsinkend, ihre Entwickelung dicht unter der membranartigen 
AuBenschicht durchmachen, wobei die Substanz des roten Blutktirperchens 
allmahlich zerstort wird. Laver an hatte die Parasiten immer nur als 
accolds, d. h. nur angeschmiegt an die roten Blutktirperchen bezeichnet. 


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486 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Das Chromatin zeigt in diesem Stadium wie im peripheren Blute 
ofter Stabchenform und Teilung dieses St&bchens, bzw. Absplitterung 
einzelner Chromatinteilchen, was ja Hartmann zu seiner geistvollen 
Theorie der urspriinglichen Zweikernigkeit der Blutprotozoen gefiihrt 
hat. Nicht selten sieht man in den zarten Perniciosaringen 2 bzw. sogar 
3 Chromatinkornchen sich einander gegeniiberstehen, nachdem sie nach 
Teilung des urspriinglichen Chromatinkornes voneinander abgeriickt sind. 
Nicht selten sieht man Doppelinfektion, zuweilen noch mehrfache Infektion 
eines roten Blutkorpenchens. 

In der 16-stundigen Kultur haben die Parasiten bereits die 
Form von Siegelringen, bzw. von dickeren, unregelmaBig geformten Ringen 
oder Scheibchen mit einzelnen protoplasmatischen Auslaufern. Das 
Chromatin beginnt bereits sich etwas anfzulockern. 

In der 21 1 /2-stiindigen Kultur sind die Parasiten noch weiter 
gewachsen. Eine feine Pigmentierung in Form von griinlich-blaulichen 
Kornchen tritt in dem dem Chromatin gegeniiberliegenden Plasma auf. 
Die Siegelringform macht immer mehr der Form kleiner rundlicher oder 
ovaler Scheibchen von ca. l /s—Diameter der roten Blutkorperchen 
Platz. 

In der 30-st Q n d i gen Kultur erfullen die Parasiten bereits 1 /^ 
zum Teil bereits Vs, in einigen Fallen bis ca. V* der roten Blutkorperchen 
als rundliche noch starker pigmentierte Scheibchen. Das Pigment ist 
schon etwas dunkler geworden und zeigt bereits die Neigung, sich zu 
kleineren Klflmpchen zusammenzuballen und sich iiberhaupt zu kon- 
zentrieren. Das Chromatin hat an Volumen zugenommen und zeigt als 
Zeichen der baldigen Teilung eine noch deutlichere Auflockerung mit 
Proliferation, ja vielfach bereits primitive Mitose bzw. Kernzerschniirung, 

In der 40-stiindigen Kultur ist der Parasit noch weiter ge¬ 
wachsen. Die meisten Parasiten erfflllen zu V 4 — V 3 , nicht wenige auch 
schon V, — 2 /s der tibrigens unverandert bleibenden roten Blutkorperchen. 
Ein kleinerer Bruchteil erfiillt erst noch zu ca. 1 / 6 ihre Wirte. Der von 
Tertianparasiten infizierte rote Blutkorper wird bekanntlich geblaht und 
entfarbt. Bei der italienischen Perniciosa sah ich in diesem Stadium 
auch oft eine Zerkliiftung des im lebenden Blut glasig erssheinenden 
Parasiten. Eine Zerkliiftung war in den gefarbten KulturprSparaten 
nicht zu bemerken, wohl aber verschwand die Kontur des infizierten, 
jetzt schnell abblassenden roten Blutkorperchens meist schon in diesem 
Stadium. Die Chromatinteilung und Proliferation wird immer lebhafter. 
Man sieht Verzweigungen, von denen einzelne rundliche Chromatinteilchen 
fiir die kiinftigen Merozoiten sich bereits abtrennen. In einigen Parasiten 
ist die Schizogonie jetzt schon vollendet, in anderen beginnt sie erst. 

In der 43-stiindigen Kultur erfullen die Parasiten die roten 
Blutkorperchen zum Teil noch zu V 3 , meist schon zu 1 / 2 — 2 / s . Einige 
Parasiten haben bereits die Sporulation fast ganz vollendet. Die Kon- 
turen der infizierten roten Blutkorperchen sind wohl stets schon ver- 
schwunden, wenn es sich um reife Parasiten handelt. 

In der 48-stiindigen Kultur haben die Parasiten zum weitaus 
groBten Teile die Sporulation bereits ganz oder fast ganz beendet. Man 
kann in dem Kulturpriiparat in einem Gesichtsfeld oft 
bis 6 Sporulationsformen des Perniciosaparasiten er- 
blicken, was niemals im peripheren Blute moglich sein 
wiirde. Der vbllig reife Sporulationskorper entspricht an GroBe ca. 
Vs —% eines roten normalen Blutkorpers. Die j ungen ausgebildeten 
Merozoiten, bestehend aus meist rundlichem oder ovalem Chromatin von 


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Ziemann, Ueber die Basssche Kultur der Malariaparasiten in vitro etc. 437 


ca. 1 ,u Durchmesser, umgeben voh einer schmalen achromatischen Zone 
und einem zartblauen Plasmaleibe, umgeben den zentral Oder peripher 
gelegenen braunschwarzen, zum Teil rundlichen Oder mehr eckigen 
Pigmentklumpen. Mehrfach beobachtet man statt des einen Pigment- 
klumpens zwei oder mehrere kleinere. Es scheint, daB der letzte Akt 
des Auseinanderweichens der jungen Merozoiten sehr schnell geschieht 

Es handelt sich hier in alien Fallen, wohlverstanden, 
nur um Dur chschnittsangab en, da, wie schon an anderer 
Stellefriihererw&hntist,dieEntwicklungderPerniciosa- 
parasiten eben keinegleichm&Bigeist und jaauch schon 
bei Anlegung der Kultur die iiberimpften Parasiten un- 
moglich alle von einem vollig gleichenEntwicklungsgrad 
gewesen sein konnen. 

Hochinteressant ist das Studium der 68-stiindigen Kultur. 
Wir sehen hier zwar noch einige wenige jiingere endoglubulare Para¬ 
siten. Dieselben verdanken aber ihren Ursprung Sporulationsformen, 
die in der 48-stiindigen Kultur noch nicht reif zur Sporulation erschienen. 
Die groBe Mehrzahl der Parasiten selbst indes erscheint als nach Voll- 
endung des Sporulationsstadiums abgestorben. Man sieht zwar noch den 
zentralen Pigmentklumpen der Sporulationsformen und die Chromatin- 
masse der jungen, absterbenden, auseinandergestobenen Merozoiten. Der 
blaue Plasmaleib derselben ist aber fast in alien Fallen verschwunden. 
Auch die jungen, noch als solche erkennbaren endoglobularen Schizonten, 
sind meist schon schwacher als normal gef&rbt und zeigen meist nur 
kiimmerliche Entwicklung des Chromatins. 

Ich habe bereits in meinem Buche „Ueber Malaria und andere Blut- 
parasiten u (G. Fischer. 1898) nachgewiesen, daB bei Malariaparasiten im 
Blute, welches in Blutegeln tagelang aufbewahrt wird, zuerst der Plasma¬ 
leib schwindet und dann erst das Chromatin und daB auch bei Chinin- 
wirkung erst der Plasmaleib zerstort wird, dann erst das Chromatin. 
Auch das Chromatin der abgestorbenen Merozoiten in der 68-stiindigen 
Kultur erschien mir aufgelockert und fein gekornt, schwacher und nur 
in rotem Ton farbbar, wahrend das dichte Chromatin der jungen, lebens- 
kraftigen Schizonten einen mehr karminvioletten Farbenton zeigt. Nur 
ein sehr geringer Bruchteil der Sporulationsformen erscheint noch normal. 
Wir mtissen uns daher vorstellen, daB der Nahrboden, da 
fflr eine Erneuerung desselben mit Absicht nicht Sorge 
getragen wurde, nach 68 Stunden fur die weitere Ent- 
wickelung der Malariaparasiten wegenErschopfung nicht 
mehr ausreicht. Uebrigens kann man auch in der 68-stundigen 
Kultur noch einige wenige Uebergange zwischen den richtig abgestorbenen 
und noch lebenskraftigen Formen sehen. Immerhin diirfte interessant 
sein, noch altere Kulturen weiter zu verfolgen. Man kann vielleicht 
annehmen, daB in dieser 68-stUndigen Kultur neben der Erschopfung 
des N&hrbodens auch Parasitentoxine wirksam waren, die die weitere 
Entwickelung der Parasiten zu hemmen imstande sind. Der Umstand, 
daB derartige Bilder wie in der hier vorliegenden 68-stiindigen Kultur 
ganz unmoglich kiinstlich hervorgerufen werden konnen, spricht dafiir, 
daB wir es hier bei den von Bass iibersandten Praparaten tatsachlich 
mit kiinstlichen Kulturen zu tun haben. 

Bei vergleichender Betrachtung der erwahnten 8 Praparate mochte 
ich zunachst folgendes feststellen: 

1) Die asexuelle Entwickelung der Parasiten in vitro entspricht 
durchaus der Entwickelung, wie ich sie im Blutkreislauf des Menschen 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


beschrieben habe. Vor alien Dingen 1st die Entwickelung des Perniciosa- 
parasiten auch in den mir ubersandten Praparaten als eine in roaximo 
48-stiindige zu betrachten. Wie aber ebenfalls schon frflher erwBhnt 
wurde, ist die Entwickelung des Perniciosaparasiten eine nicht so mathe- 
matisch gleichmkBige, wie man es in manchen Fallen beim Tertian- 
parasiten finden kann. Gewisse zeitliche Unterschiede in der Entwicke¬ 
lung kommen vor. Ich habe ja friiher bereits die Sporulation der 
Perniciosaparasiten mit einem mehr in Zwischenraumen erfolgenden 
Peletonfeuer verglichen, die der Tertianparasiten mit einem Salvenfeuer. 

2) Man sieht selbst in 30-, 40-, 44- und 48-sttindigen Kulturen neben 
den der gewohnlichen Entwickelungsdauer entsprechenden Formen, also 
z. B. in der 48-stiindigen Kultur neben vollerwachsenen Formen auch 
erst ein Drittel oder halberwachsene Parasiten, d. h. rundliche Formen, 
zum Teil mit sehr schwach gefarbtem Plasmaleib und staubkSrnig ver- 
teiltem Chromatin, in anderen Fallen mit etwas starker blau gefarbtem 
Plasma und entweder staubfbrmigem oder mehr grobkornigem Chromatin. 
Ob diese Formen als Gametenformen zu deuten sind oder als absterbende 
Formen, die infolge der spater immerhin nicht ganz natiirlichen Ent- 
wickelungsbedingungen in der Kultur sich entwickeln, mochte ich erst 
nach dem Studium weiterer Praparate entscheiden, speziell auch, wenn 
ich erst weiB, ob die vorliegenden Parasiten von einer Neuerkrankung 
oder einem Rezidiv stammten. 

3) Eine Konjugation junger Schizonten, wie sie seinerzeit von 
Mannaberg und neuerdings auch von Craig als im peripheren Blute 
vorkommend und Dauerformen darstellend behauptet wurde, habe ich in 
den Kulturpraparaten nicht gesehen. 

4) Eine Bildung von Halbmonden, also ausgewachsene Gameten, ist 
ebenfalls, selbst in der 68-stiindigen Kultur nicht zu sehen, auch keine 
sichere Andeutung zur Bildung derartiger Halbmonde. 

5) Ein Beweis, daB der Perniciosaparasit in dem roten Blutkorper 
durchschnittlich eine meist hochstens 48-stiindige Entwickelung durch- 
macht, ist der, daB man in einer 48-stiindigen Kultur bereits jiingste 
endoglobulBre Parasiten sehen konnte, und daB in der 48-stiindigen 
Kultur weitaus die Mehrzahl der Parasiten bereits in der Sporulation 
begriffen war. 

6) Die jungen Merozoiten, die die Sporulationskorper verlassen, 
scheinen sich nur kurze Zeit frei im Plasma aufzulialten und sofort als 
junge Schizonten die roten Blutkorper zu befallen, da man sie nur zur 
Zeit der wirklichen Sporulation und meist immer nur in groBer N&lie 
der Mutter-Sporulationskorper frei im Plasma sieht. 

7) Die Wanderung der Malariaparasiten von einem roten Blutkorper 
zum anderen, wie es die amerikanische Forscherin Rowley-Lawson 
sowohl bei jungen, wie bei halb- und ganzerwachsenen Malariaparasiten 
beobachtet haben will, wurde nicht festgestellt. Ich habe diesen Befund 
auch stets im peripheren Blute vermiBt. Rowley-Lawson wollte mit 
diesem Wandern der bereits pigmentierten Parasiten das Zustande- 
kommen der schnell eintretenden An&mie bei Malaria beweisen, da durch 
dieses Wandern auch die nicht definitiv von Parasiten infizierten roten 
Blutkorper mechanisch gesch&digt werden kbnnten. 

8) Der Umstand, daB wenig, zum Teil fast gar keine Leukocyten in 
der klinstlichen Kultur sich fanden, hat die Entwickelung der Malaria¬ 
parasiten in der kiinstlichen Kultur nicht gehemmt, aber auch nicht ver- 
hindert, daB ein groBer Teil der Parasiten in der 68-stiindigen Kultur 
degenerierte. 


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Mentz von Krogh, Zur Erleichterung der serologischen Titrationen etc. 489 


9) Wie der Augenschein lehrt, zeigen die Parasiten der kiinstlichen 
Perniciosakultur dieselben charakteristischen morphologischen Merkmale 
wie die Perniciosaparasiten des peripheren Blutes. Wenn dasselbe zu- 
treffen sollte fiir die Parasiten kiinstlicher Tertian- und Quartankulturen, 
dtirfte damit ein weiterer Beweis gegen die Anschauung der sogenannten 
Unitarier gegeben sein, welche nur eine einzige Species von Malaria- 
parasiten anerkennen, die sich je nach den aufteren Bedingungen in 
Tertian-, Quartan- und Perniciosaparasiten umwandeln konnte. 

Ich halte unbedingt daran fest, daB selbst uuter den Perniciosa¬ 
parasiten sich eine Anzahl von Varietaten, wenn nicht Artcn sich findet 
(cfr. meine Monographic fiber Malaria in Menses Handbuch der Tropen- 
krankheiten. 1906) und wurde in dieser Ansicht aufs neue bestfirkt beim 
Anblick der Abbildungen, welche Balfour von Perniciosaparasiten aus 
Chartum in den Reports of the Welcoms Research Institut gibt. Die¬ 
selben erinnern weder an die Perniciosaparasiten Italiens und noch viel 
weniger an die Kameruns. 

Aus dem hier Gesagten scheint hervorzugehen, daB eventuell noch 
ganz neue Ausblicke bezuglich des Studiums der pathogenen Protozoen, 
vielleicht auch der Bakterien sich ergeben. Ob und inwieweit sich hier 
auch neue Ausblicke bezflglich der Kultur der anderen Blutprotozoen 
und speziell auch der Therapie erbffnen, eventuell mit Immunisierungs- 
versuchen mit abgetfiteten Kulturen, wird die nfichste Zukunft lehren 
mflssen. Entsprechende Versuche sind sofort in Angriff genommen worden. 
Die experimentelle Prilfung der Chininwirkung auf die Malariaparasiten 
wird ebenfalls auf eine exaktere Basis gestellt werden konnen. 

Charlottenburg, 1. Okt. 1912. 

Anmerk. bei der Korrektur. Bei den sofort vorgenommenen 
Kulturversuchen mit Trypanosoma Gamb. in vitro zeigte sich aber 
schon, daB bei diesen Protozoen eine andere Technik notig ist, als bei 
den Malariaparasiten. Es gelang mir, diese Trypanosomen in flflssigem 
Medium und bei ca. 6—10° C auch schon bis 10 Tage, einmal bis 
12 Tage, lebendig zu erhalten und zum Teil zu rapider Vermehrung zu 
bringen. Die betr. Resultate werden nach AbschluB der auch mit Piro- 
plasmen etc. angestellten Versuche mitgeteilt werden. 


Nachdruck verboten. 


Zur Erleichterung der serologischen Titrationen mittels 

Verdiinnungspipetten. 


Von Prof. Dr. Mentz von Krogh, Cordoba (Argentinien). 

Mit 2 Textfiguren. 

Es ist eine recht miihselige Arbeit, eine Reihe von Verdiinnungen 
fflr die verschiedensten Titrationen herzustellen. Entweder muB man 
sich jede Verdtlnnung besonders herstellen und davon die gewiinschte 
Menge abpipettieren, oder es sind recht komplizierte Rechnungen not- 
wendig, sowie entsprechende Aufmerksamkeit beim Abmessen der Quan- 
tit&ten. — Vielfach hilft man sich so, daB man Kettenverdiinnungen 
macht, indem man von der Verdilnnungsfliissigkeit die gewiinschte Menge 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


in einer Reihe von Reagensglasern abpipettiert und dieselbe Menge zu 
dem ersten Glase hinzufiigt, umschiittelt und wieder herausnimmt, aus 
dem ersten ins zweite Glas bringt usw. Man halbiert dann jedesmal die 
ursprungliche Menge und bekommt so Verdiinnungen von 1:2, 1:4, 
1:6, 1:8, 1:16 usw. Fur viele Zwecke ist dies aber ein zu groBer 
Abstand zwischen den einzelnen Gliedern der Reihe; auch hat das Ver- 
fahren, so angewandt, den Nachteil, daB das Dezimalsystem dabei gar 
nicht zum Ausdruck kommt. Die Zahlen komplizieren sich bei steigender 
Verdiinnung immer mehr. Auch ist es vielfach niitzlich, feinere Ab- 
stufungen zu erhalten, und vielfach sucht man, die bestimmte Ver- 
diinnung 1:2, 1:3, 1:4 usw. herauszubekommen. Auch ist es ofters 
wiinschenswert, Verdiinnungen zu haben, die pro Kubikzentimeter 0,9, 
0,8 usw. bis 0,1 enthalten. 

Ich habe nun versucht, ob sich Pipetten konstruieren lassen, durch 
welche es moglich ware, das Kettenverdunnungsprinzip anzuwenden und 
die gewiinschten Verdiinnungen zu erhalten, und zwar samtliche auf 
einmal in einer Menge von je 1 bzw. 0,5 ccm. 

Zuerst habe ich Pipetten berechnet, die den Zehner in eine be¬ 
stimmte Anzahl teilen, die alle das gleiche Verhaltnis zueinander be- 
saBen. 

Wenn ich z. B. Verdiinnungen 1:3, 1:10, 1:30, 1:100 nehme, ist 
das geometrische Verhaltnis zwischen den aufeinanderfolgenden Ver¬ 
diinnungen etwa dasselbe, aber nicht so genau, daB Kettenverdilnnung 
angewandt werden kann. Wenn ich aber statt 3 jetzt 3,17 nehme, d. h. 
VlO, kann ich so verdiinnen, wie von 1:2 auf 1:4, 1:8 usw. und be¬ 
komme immer 1:3,16, 1:10,0, 1:31,6, 1:100 usw., eine an und fur 
sich unwesentliche VerBnderung, die aber die Ausfiihrung bedeutend 
erleichtert Die Berechnung geschieht in diesem Falle folgendermaBen: 

1 ccm unverdiinnt-j-2,16 ccm Aq. = 3,16 ccm 1:3,16 oder 

0,462 ccm „ -f-1 ccm Aq. = 1,462 ccm 1:3,16. 

Wenn ich die Verdiinnung weiter fortsetze, erhalte ich: 

1 ccm 1 :3,16 + 2,16 ccm Aq. = 3,16 ccm 1 :3,16 2 = 1:10, oder 

0,462 ccm 1:3,16 -f- 1 ccm Aq. = 1,462 ccm 1:3,16 2 = 1:10. 
Wenn ich also in einer Anzahl Rohrchen 1 ccm der Verdiinnungs- 
flflssigkeit (gewohnlich NaCl-Losung) abmesse, und zu dem ersten 
0,462 ccm der zu verdiinnenden Fliissigkeit zusetze, von diesem die¬ 
selbe Menge herausnehme und in das zweite Rohrchen bringe und so 
fortfahre, bekomme ich ohne weiteres die gewiinschten Verdiinnungen 
in einer Menge von je 1 ccm. 

Falls ich den Zehner in drei Abstufungen teilen will, nehme ich als 
Ausgangspunkt die Kubikwurzel von 10 = 2,1544. Wenn ich diese Zahl, 
wie oben gezeigt, behandele, bekomme ich auf 1 ccm der Verdiinnungs- 
fliissigkeit 0,867 ccm der zu verdiinnenden Fliissigkeit. Die sich so er- 
gebenden Verdiinnungen sind 1:2,15, 1:4,63 und 1:10. Bekanntlich 
sind fiir serologische Zwecke oft die Verdiinnungen 1:2, 1; 5, 1:10 
usw. erforderlich. Die Zahlen, die durch das oben beschriebene Ver- 
fahren resultieren, sind nicht sehr verschieden, und haben den Vorteil, 
daB sie in einer geometrischen Reihe liegen und die Verdiinnungen sich 
spielend leicht herstellen lassen. Je nachdem man nun die 4., 5. usw. 
Wurzel von 10 als Ausgangspunkt nimmt, erhBlt man eine Teilung des 
Zehners in 4, 5 usw. Teile. Das Resultat sowie die daraus folgenden 
Verdiinnungen konnen aus Tabelle 1 ersehen werden. 

Da die Teilungen einer gewohnlichen Pipette sich wenig fflr die 
Ausfiihrung dieser Verdiinnungen eignen, habe ich von der Firma F. & 


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Mentz von Krogh, Zur Erleichterung der serologischen Titrationen etc. 491 


M. Lautenschlager eine Pipette konstruieren lassen, die als Einteilung 
nur die aus den entsprechenden Wurzeln berechneten Zahlen tr&gt. Die 
Zahlen an den Teilstrichen bedeuten, in wie viele Teile der Zehner auf- 
gelost ist, also wie viele Male man die Prozedur wiederholen muB, um 
die zehnfache Verdiinnung zu erreichen. Die daraus resultierenden Ver- 
diinnungen sind aus der Tabelle zu ersehen, die jeder Pipette mitge- 
geben wird. 

Um aucli andere Verdiinnungen herstellen zu konnen, und zwar die 
gebrSuchlichsten, die den ganzen Zahlen entsprechen, also 1:2, 1:3, 
1 :4 usw., habe ich auch daftir eine Pipette oder rich- 
tiger einen Satz von zwei Pipetten konstruieren lassen. 

Da die Verdiinnungen sich hier nicht in regelmaBigen, 
geometrischen Abstufungen befinden, muB also die Ver- 
dunnung jedesmal etwas verschieden gemacht werden. 

Mittels dieser Pipetten konnen die Verdiinnungen von 
1:2- bis 1:10, sowie 1:12, 1:14, 1:16, 1:18 und 
1 :20 erzielt werden. Die Ausfiihrung der Verdiinnung 
geschieht so (s. auch Fig.): 14 Reagensgl&ser bezeichnet 
man mit den Zahlen der Verdiinnungen und in jedes 
Glas wird aus der Pipette a die erforderliche Menge der 
Verdunnungsfliissigkeit abgelassen, indem der mit 2 be- 
zeichnete Zwischenraum in das mit 1 :2 bezeichnete 
GefaB kommt usw. Dann wird von der zu verdiinnenden 
Fliissigkeit, z. B. Serum, in die Pipette b bis zu der 
Marke „1—2“ aufgesaugt und in das Reagensglas „2 U 
abgelassen, nach Umschiitteln aus diesem Glas bis zu 
der Marke „2—3 U aufgesaugt und der Pipetteninhalt in 
Reagensglas „3“ gegeben. So f&hrt man fort, bis man 
Glas 20 erreicht. 

Diese Pipetten sind teils so berechnet, daB nur die 
gerade notwendige Menge Serum angewandt wird, und 
infolgedessen wird in dem Glase 20 nach dem Anfullen 
nur gerade 1 ccm sein, wahrend bei dem abgebildeten 
Satz Glas 20 eine reichliche Menge iiberschiissige Serum- 
verdiinnung 1:20 liefert, so daB bis zur Marke 20 der 
Pipette b aufgesaugt und der Rest weggegossen werden 
muB. Ersterer Satz ist somit rationeller als der ab- 
gebildete, hat aber dabei den ganz wesentlichen Nach- 
teil, der die praktische Ausfiihrung erschwert, daB die 
aus jedem Glase zunehmende Menge erst steigt und 
nachher fallt. Infolgedessen sind die Einteilungen schwer 
zu sehen und man findet sich nicht so leicht zurecht 
wie auf der Pipette, wo die aufzusaugenden Mengen 
immer groBer werden. Die der Konstruktion der Pipetten zugrunde 
liegenden Zahlen sind aus den Tabellen 2 und 3 zu ersehen. 

In gleicher Weise wurden auch Pipetten konstruiert, die Verdun- 
nungen von 1,1 —2,0 geben. 

Endlich kann man auch nach demselben Prinzip Verdiinnungen 
herstellen, die im Kubikzentimeter eine arithmetisch fallende Menge 
(0,9 bis 0,1) der zu verdiinnenden Fliissigkeit enthalten. Die Sache 
gestaltet sich hier, wie aus der Tabelle IV zu ersehen ist, auBerordentlich 
einfach und konnte mittels einer gewohnlichen 5 ccm-Pipette ausgefuhrt 
werden, doch ist auch hier eine Pipette mit besonderer Bezeicbnung der 
Einteilung vorzuziehen, da man sonst leicht Irrtiimern unterworfen ist. 





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492 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Tabelle I. 


lmal 

2 „ 

3 „ 

4 „ 

5” 

^ II 

V „ 

8 „ 

9 „ 
10 „ 



Geometrische 

Verdiinnungen. 




3 

4 

5 

6 

Vio 

Vio 

Vio 

Vio 

Vio 

0,462 + 1 

0,867 + 1 

1,283 + l 

1,708 + 1 

2,140 + 1 

(0,231 + */,) 

(0,433 + V,) 

(0,642 + 7») 

(0,854 + */,) 

(1,07 + '/,) 
1 :1,47 

1:3,16 

1:2.15 

1:1,78 

1:1,59 

1:10,0 

1 : 4,63 

1:3,16 

1:2,51 

1:2,15 

1 :31,6 

1:10,00 

1:5,64 

1 : 4,00 

1 : 3,16 

1:100 

1:21,5 

1 : 10,00 

1 : 6,32 

1 : 4,62 

1:316 

1 : 46,3 

1 : 17,80 

1 : 10,00 

1 : 6,78 

1:1000 

1 : 100,0 

1 : 31,60 

1 : 15,90 

1 : 10,00 

1:3160 

1 : 215 

1 : 56,40 

1:25,10 

1 : 14,70 

1 : 10000 

1:463 

1 : 100,00 

1 : 40,00 

1 : 21,50 

1 : 31 600 

1:1000 

1 : 178,0 

1 : 63,20 

1:31,60 

1 : 100000 

1:2150 

1 : 316,0 

1 : 100,0 

1 : 67,80 



7 

8 

9 

10 


Vio 

Vio 

Vio 

Vio 


2,560 + 1 

(1,280 + 7,) 

3,00+1 

3,417 + 1 

3,830 + 1 


(1,50 + 7,) 

(1,708 + 7.) 

(1,930 + 7,) 

lmal 

1:1,39 

1:1,33 

1:1,29 

1: 1,26 

2 „ 

1:1,93 

1 :1,78 

1:1,67 

1:1,59 

3 „ 

1:2,68 

1:2,36 

1:2,16 

1:2,00 

4 „ 

1:3,72 

1:3,16 

1:2,78 

1:2,60 

5 „ 

1:5,17 

1 :4,20 

1:3,59 

1:3,16 

6 i, 

1:7,19 

1:5,65 

1:4,62 

1:4,00 

7 „ 

1:10,00 

1:7,50 

1:5,96 

1:5,10 

8 „ 

1: 13,90 

1 :10,00 

1 :7,75 

1:6,35 

9 „ 

1:19.30 

1:13,30 

1:10.00 

1:8,00 

10 „ 

1:26,80 

1:17,80 

Tabelle II. 

1: 12,90 

1:10,00 


Verdiinnungen 1:2—1:20 ohne Ueberschufi. 


2,29 ccm 1:1 + 2,29 Aq. = 4,58 ccra — 3,58 ccm = 1 ccm 1: 2 


3,58 


1:2 +1,75 


= 5,33 


-4,33 

= 1 

„ 1:3 

4,33 


1:3 +1,43 


= 5,76 


-4,76 

= 1 

„ 1:4 

4,76 


1:4 + 1,19 


= 5,95 


-4,95 

= 1 

„ 1:5 

4,95 


1:5 +0,99 


= 5,94 


- 4,94 

= 1 

„ 1:6 

4,95 


1:6 +0,82 


= 5,76 


-4,76 

= 1 

„ 1:7 

4,76 


1:7 +0,62 


= 5,38 


-4,38 

= 1 

„ 1:8 

4,38 


1:8 +0,54 


= 4,82 


-3,82 

= 1 

„ 1:9 

3,82 


1:9 +0,42 


= 4,24 


-3,24 , 

= 1 

„ 1:10 

3,24 


1:10 + 0,65 


= 3,89 


-2,89 

= 1 

„ 1:12 

2,89 


1:12 + 0,46 


= 3,35 


— 2,35 , 

= 1 

„ 1:14 

2,35 


1:14 + 0,34 


= 2,69 


-1,69 , 

= 1 

„ 1:16 

1,69 


1:16 + 0,21 


= 1,90 


-1,90 

= 1 

„ 1:18 

0,90 

>1 

1:18 + 0,10 

II 

= 1,00 

II 

-0,00 

= 1 

„ 1:20 


Tabelle III. 


Verdiinnungen 1:2—1:20. 


2,83 

ccm 

unverd. 

+ 2,83 ccm Aq. = 5,66 ccm 1:2 — 

4,66 ccm = 1 ccm 

1:2 

4,66 

n 

1:2 

+ 2,43 

tt 

„ = 7,00 

II 

1:3 — 

6,00 

„ =1 

II 

1 :3 

6,00 

n 

1:3 

+ 2,00 

tt 

„ = 8,00 

II 

1:4 — 

7,00 

„ =1 

II 

1:4 

7,00 

ft 

1:4 

+ 1,73 

tt 

„ = 8,73 

II 

1:5 — 

7,73 

=1 

II 

1:5 

7,73 

it 

1:5 

+ 1,55 

II 

„ = 9,28 

II 

1:6 — 

8,28 

„ =1 

II 

1:6 

8,28 

tt 

1:6 

+ 1,37 

II 

„ = 9,65 

II 

1:7 — 

8,65 

,, =1 

II 

1:7 

8,65 

tt 

1:7 

+ 1,24 

II 

„ = 9,89 

II 

1:8 - 

8,89 

,, =1 

II 

1:8 

8,89 

tt 

1:8 

+ 1,11 

II 

„ =10,0 

II 

1:9 — 

9,00 

„ =1 

II 

1:9 

9,00 

tt 

1:9 

+ 1,00 

II 

„ =10,0 

II 

1:10 — 

9,00 

,, =1 

II 

1:10 

9,00 

tt 

1:10 

+ 1,80 

II 

„ =10 8 

»| 

1:12 — 

9,8 

„ =1 

II 

1:12 

9,80 

tt 

1:12 

+ 1.63 

II 

„ =11,43 

l« 

1:14 — 

10,43 

„ =1 

II 

1:14 

10,43 

tt 

1:14 

+ 1,49 

ft 

„ =11,92 

II 

1:16 — 

10,92 

„ =1 

II 

1:16 

10,92 

tt 

1:16 

+ 1.37 

»l 

„ =12,39 

II 

1:18 — 

11,39 

„ =1 

II 

1:18 

11,39 

tt 

1 :18 

+ 1,14 

11 

„ =12,53 

II 

1:20 — 

11,53 

„ =1 

II 

1:20 


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Rabinowitsch, Ein neuer Heifiwasserfiltrierapparat. 


493 


Tabelle IV. 


Verdiinnungen 1:1,1—1 :2 (1:11—1:20) ohne UeberschuB. 


6,85 ccm 

1:10 + 0,68 ccm Aq. = 7,35 ccm 1:11 — 6,35 

ccm 

= 1 ccm 

1:11 

6,35 „ 

1:11+0,58 

„ „ =6,93 , 

1:12 — 5,93 

n 

= 1 „ 

1:12 

5,93 „ 

1:12 + 0,49 

„ „ =6,42 , 

1:13 — 5,42 

ft 

= 1 » 

1:13 

5.42 „ 

1:13 + 0,42 

,, „ =5,84 , 

1:14 — 4,84 

99 

= 1 „ 

1:14 

4,84 „ 

1:14 + 0,35 

,, ,, = 5,19 , 

1: 15 — 4,19 

99 

= 1 ,, 

1:15 

4,19 „ 

1:15 + 0,28 

„ „ =4.47 , 

1:16 — 3,47 

99 

= 1 ,, 

1:16 

3,47 „ 

2,09 „ 

1:16 + 0,22 

„ „ =3,69 , 

1:17—2,69 

99 

= 1 „ 

1:17 

1 :17+0,16 

„ „ =2,85 , 

1:18 — 1,85 

99 


1:18 

1,85 „ 

1: 18 + 0,10 

99 99 === 1,95 , 

1:19-0,95 

99 

= 1 ” 

1:19 

0,95 „ 

1:19 + 0,05 

„ „ =1.00 , 

1 :20 — 0,00 

>9 

= 1 ,, 

1:20 



Tabelle V. 





Verdiinnungen 0,9— 

0,1 pro ccm. 




4,5 ccm konz. + 0,5 ccm Aq. = 5,00 ccm 

— 4,0 ccm = 1 

ccm 

= 0,9 ccm konz 

4,0 „ (0,9 prom.) + 0,5 „ 
3,5 „ (0,8 „ ) + 0,5 „ 

„ = 4,50 „ 

„ = 4,00 „ 

-3,5 „ =1 
-3,0 „ =1 

99 

It 

= 0,8 „ 
= 0,7 „ 

99 

ft 

3,0 „ ^0,7 

„ ) + 0,5 „ 

,, = 3,50 „ 

-2,5 „ =1 

»> 

= 0,6 „ 

ft 

2,5 „(0,6 

„ ) + 0,5 „ 

„ =3,00 „ 

-2,0 „ =1 

ft 

= 0,5 ,, 

tf 

2,0 „ (0,5 

,, ) + 0,5 „ 

„ =2.50 „ 

-1.5 „ =1 

ft 

= 0,4 „ 

ft 

1,5 „ (0,4 

„ ) + 0,5 „ 

„ =2,00 „ 

-1,0 „ =1 

ft 

= 0,3 „ 

ft 

1,0 ,,(0,3 

„ ) + 0,5 „ 

„ =1,50 „ 

-0,5 „ =1 

ft 

= 0,2 „ 

99 

0,5 „ (0,2 

„ ) + 0,5 „ 

„ =1,00 „ 

-0,0 „ =1 

ft 

= 0,1 „ 

ft 


SSmtliche hier beschriebenen Pipetten werden von der Firma F. & 
M. LautenschlSger geliefert; die beiden ersteren Arten in zwei GroBen, 
je nachdem man als Resultat in jedem Glase 1 ccm oder 0,5 ccm wiinsclit. 
Die letztere Art kann natiirlich nur 1 ccm als Endresultat liefern. — 
In den Tabellen sind die ftir die Konstruktion der Pipetten zugrunde 
gelegten Zahlen angefiihrt. 


Nachdruck verbolen. 


Ein nener Heisswasserflltrierapparat. 

[Aus der Chemisch-bakteriologischen Abteilung des Gouvernements- 
Semstwo-Krankenhauses in Charkow.] 


Von Dr. Marcus Rabinowitsch, Leiter der Abteilung. 

Mit 6 Figuren. 

Jedem Bakteriologen ist zur Geniige bekannt, wie schwierig und 
umst&ndlich die Herstellung eines guten Agarnkhrbodens ist. 

Zur Filtration des Agars ist von verschiedenen Autoren eine ganze 
Reihe von HeiBwassertrichtern liergestellt worden, die verschiedene 
Modifikationen ein und desselben Prinzips darstellen. 

Diese HeiBwassertrichter stellen, wie bekannt, doppelte Filter dar, 
von denen der BuBere, ein- oder doppelwandig, aus Kupfer, der innere 
aus Glas liergestellt ist. 

Zwischen beiden Tricktern befindet sich ein leerer Raum, der mit 
Wasser geftillt wird, das, durch eine Flamme erw&rmt, den Agar oder 
die Gelatine w&hrend der Filtration im fltissigen Zustande erhSlt. 

Die Erfahrung lehrt aber, daB diese HeiBwassertrichter samtlich 
ihren Zweck nicht erfiillen, und zwar aus folgenden Griinden: 

1) Die Filtration dauert selir lange, da sie durch einen Papiertilter 
geschieht, der ins Innere des Glasfilters eingebracht wird; 


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2) beim AusflieCen des durchfiltrierten Agars aus dem langen, freien, 
vom heiGen Wasser nicht umspfllten Ende des Glastrichters ersfarrt er 
bald und die Filtration hort auf, und 

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il 

w 


- 
























Rabinowitsch, Ein neuer HeiSwasserfiltrierapparat. 


495 


3) durch das lange Erw&rmen bei der Filtration verliert der Agar 
an seiner Erstarrungsfahigkeit. 

Aus diesen Griinden wird in den meisten Laboratorien der Agar 
nicht in dem HeiBwassertrichter, sondern im Kochschen Darapfapparat 
durch Filtrierpapier filtriert. 

Aber auch im letzten Falle geht die Filtration sehr langsam vor 
sich, und auBerdem wird beim langen Stehenbleiben des Agars im 
kochenden Dampfapparat wahrend der Filtration demselben eine be- 
deutende Quantit&t Wasser beigemengt, auch verliert er an Erstarrungs¬ 
fahigkeit. 

Urn alle diese Mangel zu beseitigen, habe ich mich bemuht, einen 
Apparat zu konstruieren, der auf einfache und schnelle Weise Agar- oder 
Gelatinenahrboden filtrieren soil. 

Der Apparat (Fig. 1) wurde nach dem Prinzip der Autoklaven her- 
gestellt und besteht aus einem doppelwandigen Kessel und Deckel aus 
Kupfer (Fig. 2). 



Fig. 6. 


Im oberen Teil des Kessels und dem unteren Teil des Deckels sind 
sechs aufeinanderpassende Locher angebracht (Fig. 2 und 3). 

Beim Erwarmen des Wassers, das durch die Locher in den Raum 
zwischen den Doppelwanden des Kessels gefullt wird, flieBt der Dampf 
aus dem Kessel durch die entsprechenden Locher und das obere, hohle 
Rohr im Deckel nach auBen. 

Dadurch wird im Innern des Kessels eine hohe Temperatur erzielt, 
obgleich der Dampf nicht hineingelangt. 

Die Filtration des aufgelosten Agars oder der Gelatine geschieht 
durch 2 Netze (Fig. 4 u. 5), die in einem gewissen Abstand voneinander 
im Innern des kegelformigen Kessels an dessen Spitze angeschraubt 
werden (Fig. 3). 

Zur Herstellung dieser Netze konnen feine Haar- oder Drahtnetze 
aus Messing, Mull, Seide oder anderen Stoffen benutzt werden, die nach 
Bedarf gewechselt werden. 

Das letztere geschieht in der Weise, daB das Netz (Fig. 5 a) in den 
Rahmen (Fig. 56) hineingelegt und mit dem Ring (Fig. 5c) festgeklemmt 
wird (Fig. 6). 

Fflr den Fall, wo bei der Filtration ein groBerer Niederschlag zu 
erwarten ist, kann ein trichterformiges Netz (Fig. bd) benutzt werden 


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49G 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 6. 


Zwischen die beiden Netze konnen nach Wunsch Watte, Mull oder 
andere Stoffe gebracht werden. 

Fur besondere Zwecke kann eins der erwBhnten Netze durch Filter 
aus Porzellanmasse oder porosem Ton ersetzt werden. Die untere 
Oeffnung des Kessels hat einen verschiebbaren VerschluB, und der ganze 
Kessel sitzt in einera Mantel von Eisen, an dem der Deckel durch 
Schrauben befestigt wird. Erwarmt wird der Kessel durch einen runden 
Gas- oder Spiritusbrenner nach Bartel. 

Dank dem Umstande, daB der Apparat einen Kessel darstellt, der 
ringsum, auch in dem SuBersten unteren, schmalen Eude, von Wasser 
umgeben wird und der Wasserdampf beim Erwarmen mit dem Nahrboden 
nicht in Beriihrung kommt, wie auch dank dem Netzsystem gelingt es, 
in einigen Minuten einen Liter des Nahrbodens zu filtrieren. 

Fur den Fall, wo es erwunscht sein sollte, daB der stromende Dampf 
mit dem filtrierbaren Objekt in Beriihrung kommt, kann das SuBere 
hohle Rohr am Deckel geschlossen und in der Mitte der inneren FlBche 
desselben, die dem Kesselinnern zugekehrt ist, das verschlieBbare Loch 
geoffnet werden. Im letzten Falle wird der Dampf aus dem Raume 
zwischen den DoppelwSnden des Kessels in denjenigen zwischen den 
Doppelwanden des Deckels und aus diesem in das Innere des Kessels 
flieBen. 

Der gesetzlich geschiitzte Apparat wird von der Firma Franz 
Hugershoff in Leipzig hergestellt. 


Die Redaktion des „Centralblatts fiir Bakteriologie und Parasitenkunde“ rtehtei 
an die Berren Mitarbeiter die ergebene Bitie, etwaige Wiinsche um Lieferung von 
besonderen Abdriicken ihrer Aufsdtxe enticeder bei der Einsendung der Abnandlungen 
an die Redaktion auf das Manuskript sehretben xu rcollen oder spdlestens nach 
Empfang der ersten Korrekturabxiige direkt an den Verleger, Herrn Oustav Fischer 
in Jena, gelangen xu lassen 


Inhalt. 


Cano, U. u. Martinez, G„ EinfluB der 
Wasserfauna auf Choleravibrionen, p.431. 

Galli-Valerio, B. u. Rochaz de Jongh, 
J., Beobachtungen iiber Culiciden, p.472. 

Gildemeister, E. u. Baerthlein, K., 
Ueber eine besondere, bei Menschen und 
Tieren vorkommende Bakteriengruppe, 
p. 401. 

Ishiwara, T. , Ueber die Rattenlepra, 
p. 446. 

Lewin, Jacob, Zur Diphtherieserum- 
bewertung nach Rfliner, p. 479. 

Loeb, Leo, Moore, George T. u. Flei- 
sher, Moyer S., Ueber das Vorkommen 
von Hefen in menschlichen Tumoren, 
mit Versuchen uber das Wachstum einer 
pathogenen Hefe im Ticrkorper, p. 450. 

van Logbem, J. J., Ueber den Unter- 
schied zwischen Cholera- und El Tor- 
Vibrionen, p. 410. 


Macbow, D., Zur Frage iiber Ke- 
drowskis „Leprakultur“, p. 434. 

Ments von Krogh, Zur Erleichterung der 
serologischen Titrationcn mittels Ver- 
diinnungspipetten, p. 489. 

Pricolo, Antonio, Larves de filaires dans 
le sang de chameaux tunisiens et de 
l’Erythr^e, p. 478. 

Rabinowitsch, Marcus, Ein neucr Heifi- 
wasserfiltrierapparat, p. 493. 

Schrammen, Franz, Ueber Diphtherie- 
bacillentrager in eincm Kolner Schul- 
bezirk, p. 423. 

Sugimura, Shicbitaro, Ueber die Aszen- 
sion der Tuberkulose im weiblichen Ge- 
nitaltraktus, p. 420. 

Ziemann, Hans, Ueber die Basssche 
Kultur der Malariaparasiten in vitro 
und die daraus sich ergebenden Resultate, 
p. 482. 


KrniDmtnntche Huchdmckerel iHermana pnhlc) la Jena. 


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Centralbl. f. Bald etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 7. 

Ausgegeben am 23. Januar 1913. 


Nachdruck verbolen. 

Ueber das Verhalten der Typhus- und typhusahnlichen 
Baclllen .(Paratyphus A, B und Enteritis Gartner) 
zu verschiedenen Zuckerarten und diesen nahestehenden 

mehratomigen Alkoholen. 

[Aus dem Untersuchungsamt der Stadt Berlin (Direktor: Geh. Regierungs- 
rat Prof. Proskauer, Abteilungsvorsteher: Prof. Dr. Sobernheim).] 

Von Dr. Fritz Ditthorn. 

Die kulturelle Differenzierung der Bakterien der Typhus-, Para- 
typhus- und Coli-Gruppe untereinander sowie gegen andere Bakterien- 
gruppen beruht bekanntermaBen auf dem verschiedenen Verhalten dieser 
Mikroorganismen einer Anzahl von Kohlehydraten gegenflber. Von be- 
sonderer Bedeutung ist das Verhalten der verschiedenen Bakterien gegen 
Traubenzucker, insbesondere in der Barsieko wschen Nahrlosung, 
die zurzeit wohl in den meisten Laboratorien zur Differenzierung typhus- 
und paratyphusverd&chtiger St&mme herangezogen wird. 

Viel friiher haben bereits Capaldi und Proskauer 1 ) das Ver¬ 
halten der Typhus- und Coli-Bacillen zu einer Reihe von Kohlehydraten 
und diesen chemisch nahestehenden Alkoholen einer Priifung unter- 
zogen, und zwar mit dem Ergebnis, daB sich in 0,1-proz. Mannit- 
ldsung bei einem Gehalt von 2 Proz. Pepton (Witte oder Ktlhne) 
die beiden Bakterienarten durch S&urebildung bzw. Erzeugung einer 
alkalischen Reaktion der NShrlosung bei 20-stiindiger Bebrfltung diffe- 
renzieren lieBen. Etwas sptiter gelang es dann Barsiekow 2 ) durch 
Ersatz des Peptons mit Nutrose unter gleichzeitiger Verwendung von 
Lackmusmolke von der Trennung der Typhus-, Coli- und Alcali- 
g e n e s - Bacillen zu berichten. Seinen Ergebnissen lagen nur Versuche 
mit einer verh&ltnism&Big geringen Anzahl von StSmmen zugrunde; eine 
Nachprufung an einem groBen Material von Typhusstammen, wie sie in 
nachfolgender Arbeit ausgefiihrt wurde, hat bei einer etwas langer aus- 
gedehnten Beobachtungszeit ergeben, daB das Verhalten der Typhus- 
bacillen dem Traubenzucker gegentiber keineswegs so konstant ist. 
Krencker 8 ) erwahnt bereits in seiner Arbeit „Zur Biologie der 
Typhus-Coligruppe u , daB im Nutrose-Traubenzucker beziiglich der 
Saurebildung und Gerinnung kleine Unterschiede in der Zeit von 1 bis 
3 Tagen, aber auch noch nach Wochen eintreten. 

Von verschiedenen Seiten wurde bei dieser Art von Differenzierung 
groBe Vorsicht gefordert, da erfahrungsgem&B Zugehorige der gleichen 
Gruppe unter Umstanden innerhalb gewisser Zeitpunkte kein ganz kon- 
stantes Verhalten der Zuckerarten gegeniiber zeigen. So ist z. B. aus 


1) Capaldi und Proskauer, Beitrage zur Kenntnis der Saurebildung bei 
TyphusbacilJen und Bacterium coli. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 23. 1896.) 

2) Barsiekow, Beitrage zur Differentialdiagnose des Typhusbacillus. (Wien, 
klin. Rundschau. 1901.) 

3) Krencker, Zur Biologie der Typhus-Coli-Gruppe. (Centralbl. f. Bakt. 
Abt. I. Orig. Bd. 39. 1905.) (Biehe daselbst auch weitere Literatur.) 


brste Abt. Orig. Bd. 67. 


Helt 7. 


32 


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Centralbl. f. Bakt- etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


neueren Versuchen von Schern 1 ) zu ersehen, daB manche G&rtner- 
Stamme Xylose in verschiedener Weise verandern konnen. 

Was nun die folgenden Versuche betrifft, so erstrecken sie sich in 
der Hauptsache auf das Verhalten des Typhusbacillus, von dem in den 
meisten Lehrbiichern zu lesen ist, daB er in dem allgemein zur Diffe- 
renzierung herangezogenen Barsieko w-Traubenzuckernahrboden nach 
24 St unden eine starke S&urebildung und maBige A u s - 
scheidung von Kasein hervorruft. 

Systematische Nachpriifungen an einer grbBeren Anzahl von 50 bis 
60 vorher genau gepruften und gereinigten Stammen mit Traubenzucker- 
praparaten verschiedener Herkunft und Reinheit haben ergeben, daB der 
Typhusbacillus in dieser Hinsicht keineswegs so konstant ist, als sich 
dies nach den Angaben der Lehrbiicher erwarten lassen sollte. Auch 
das Alter der Kulturen spielt hierbei keine Rolle, denn die Unregel- 
maBigkeiten in der Sauerung und Koagulation waren sowohl bei ganz 
frisch isolierten, wie bei alten Laboratoriumsstammen zu konstatieren. 
Gerade das auffallende Verhalten eines aus einein typhusverdachtigen 
Stuhle geziichteten Typhusstammes gab zu den vorliegenden Versuchen 
erst die Veranlassung. 

Die einzelnen Versuche wurden in der Weise angestellt, daB 8 ver- 
schiedene Traubenzuckerpraparate von den Firmen Ivahlbaum, Merck, 
Riedel, Gehe und Grubier zu verschiedenen Zeiten und aus ver- 
schiedenen Quellen bezogen und mit verschiedenen Nutrosepraparaten 
zu der bekannten N&hrfliissigkeit verarbeitet wurden, urn nicht die Ver- 
mutung aufkommen zu lassen, daB die Nutrose von EinfluB sein konnte. 

AnschlieBend an die Priifung bezuglich der Einwirkung auf den 
Traubenzucker wurde in weiteren Versuchsreihen in analoger 
Weise das Verhalten des Typhusbacillus, sowie der Paratyphus A, B 
und Enteritis Gartner-Gruppe an einer groBeren Anzahl von Stammen 
mit den Kohlehydraten, wie Galaktose, Maltose, Rhamnose 
(Isodulcit) und den nahe verwandten mehratomigen Alkoholen, Man- 
nit und Dulcit, gepruft. Auch hier wurden stets Praparate ver¬ 
schiedener Herkunft zur Priifung herangezogen. 

A. Versuche tiber das Verhalten des Typhusbacillus zu Trauben* 
znckerprltparatcn verschiedener Herkunft und Reinheit. 

Die relativ giinstigsten und einheitlichsten Resultate ergaben die 
Kahlbaumschen Praparate verschiedener Art aus gleicher Bezugs- 
quelle (Versuch VII, XIV, V und VIII). 

Bei Versuch VII mit gewbhnlichem Traubenzucker (Kahlbaum) 
haben von 48 Typhusstammen nach 24 Stunden nur 4 Koagulation ge- 
zeigt, bei 3 war Fallung eingetreten, 12 erschienen opaleszent und bei 
29 Stammen war nur Rotung (24) bzw. gar keine VerSnderung (5) ein¬ 
getreten. 

Nach 72 Stunden waren 40 Rohrchen koaguliert, 1 gefallt, 3 opa- 
lesziert, 2 gerotet und 2 iiberhaupt nicht ver&ndert. 

Am 12. Tage ergab das Protokoll bei 46 Stammen Koagulation und 
bei 2 nur Rotung, ein Befund, der bis zum 28. Tage der Beobachtung 
unverandert blieb. 


1) Schern, Ueber daa Verhalten verschiedener Stamme des Bacillus para¬ 
typhi B und des Bacillus enteritidis Gartner in Arabinose- und Xylose- 
lackmusbouillon. (Arbeit, a. d. Kais. Gesundheitsamt. Bd 33. 1910.) 


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Tabelle I. 

Versuche mit Kahlbaumschen Traubenzuckerpraparalen. 


Ditthorn, Verhalten der Typhusbacillen zu verechiedenen Zuckerarten etc. 499 


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I. 

II. 

III. 

IV. 
V. 

VI. 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 

XII. 

XIV. 

XVI. 

XVIII. 

XX. 

XXII. 

XXIV. 

XXVI. 

XXVIII. 

3 Kon 
No. I am 
II u. 
27. Tag 
No. II u. 

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500 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Ein ahnliches Resultat brachte Versuch XIV rait Traubenzucker 
„Kahlbaum kauflich u . Von 48 verimpften Typhusst&mmen hatten 
nach 24 Stunden 16 koaguliert, 8 Fallung, 6 Opaleszenz und 18 nur 
Rotung (12) bzw. keine Ver&nderung (6) hervorgerufen. Nach 72 Stunden 
zeigten 31 Stamme Koagulation, 3 Fallung, 1 Opaleszenz und 13 keine 
(2) oder nur geringe rotende Veranderung des Nahrbodens. Selbst 
nach 10 Tagen waren nur 42 koaguliert, je 1 gefallt und opaleszent, 
4 gerotet (2) oder gar nicht beeinfluBt (2). 

Etwas anders ist das Ergebnis bei Verwendung eines Praparates 
mit der Bezeichnung „Kahlbaum gereinigt“ (Versuch V). 

Von 47 Typhusstaminen haben nach 24 Stunden nur 6 koaguliert, 
nach 3 Tagen allerdings 32. 7 zeigten Fallung, 2 Opalenszenz und 6 
keine VerUnderung (3) oder nur schwache Rotung (3). Noch bis zum 
5. Tage zeigten 5 Stamme keine oder nur schwache Veranderung des 
Nahrbodens und erst am 6. Tage war bei alien Stfimmen der N&hrboden 
von Koagulation bis zur deutlich erkennbaren Rotung verandert. Nach 
28 Tagen hatten 44 Stamme koaguliert, 2 gefallt und einer noch nur 
Rotung hervorgerufen. 

Ein zweiter Versuch (V) mit demselben Pr&parat und 47 Typhus- 
stfimmen ergab nach 24 Stunden wiederum bei 6 Koagulation, bei 5 
Fallung, bei 12 Opaleszenz und bei 24 nur Rotung (22) oder keine 
Veranderung (2). Nach 72 Stunden hatten 41 Stamme koaguliert, 5 ge¬ 
fallt und 1 keine Beeinflussung hervorgerufen; erst am 8. Tage zeigten 
46 Koagulation und 1 keine Veranderung, ein Ergebnis, das bis zum 
28. Tage konstant blieb. 


labelle II. 


Versuche mit Merckachen Traubenzuckerpraparaten. 


Versuch II mit 22 Typhuaatam- 
men, 31 Tage beobachtet. 
Traubenzucker: Merck puriasimum 
wasaerf rei. 

Nutrose aua dem Hygien. Institut Posen. 


Verauch X mit 18 Typhuaatam- 
men, 19 Tage beobachtet. 
Traubenzucker, bez.: Merck. 

Nutrose vom Untersuchungsamt Berlin. 
Imal30 Min., 2mal 10 Min. steriliaiert. 


Tage 

0 

R. 

Op. 

F. 

Ko. 

I. 

17 

1 

0 

0 

4 

II. 

12 

6 

0 

0 

4 

III. 

5 

10 

1 

1 

5 

IV. 

3 

12 

1 

1 

5 

V. 

2 

11 

1 

2 

6 

VI. 

1 

10 

3 

2 

6 

VII. 

1 

10 

2 

1 

8 

VIII. 

1 

9 

3 

0 

9 

IX. 

0 

10 

3 

0 

9 

X. 

0 

10 

3 

0 

9 

XII. 

0 

8 

5 

0 

9 

XIV. 

0 

7 

6 

0 

9 

XVI. 

0 

5 

7 

1 

9 

XVIII. 

0 

5 

7 

1 

9 

XX. 

0 

4 

8 

1 

9 

XXII. 

0 

4 

8 

1 

9 

XXIV. 

0 

4 

7 

2 

9 

XXVI. 

0 

4 

7 

2 

9 

XXVIII. 

0 

4 

4 

2 

9 

XXX. 

0 

4 

4 

5 

9 

XXXI. 

0 

4 

4 

5 

9 


Tage 

0 

R. 

Op. 

F. 

Ko. 

I. 

2 

10 

0 

2 

4 

II. 

0 

10 

0 

0 

8 

III. 

0 

7 

0 

0 

11 

IV. 

0 

3 

1 

2 

12 

V. 

0 

3 

1 

2 

12 

VI. 

0 

3 

1 

2 

12 

VII. 

0 

2 

1 

3 

12 

VIII 

0 

2 

0 

4 

12 

IX. 

0 

2 

0 

4 

12 

X. 

0 

2 

0 

4 

12 

XII. 

0 

1 

1 

4 

12 

XIV. 

0 

1 

1 

4 

12 

XVI. 

0 

1 

1 

4 

12 

XVIII. 

0 

1 

1 

4 

12 

XIX. 

0 

1 

0 

5 

12 


2 Kontrollen: 


No. I: Unverandert bis zum 19. Tage 
No. II: Fallung am 1. Tage, Koagulation 
am 2. Tage 


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502 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Ein zweiter Versuch (No, I) mit dem namlichen Traubenzucker- 
prSparat und 23 Typhusstammen ergab einen ganz ahnlichen Befund. 
Nach 24 Stunden zeigten 4 Stamme Koagulation, 2 Rotung und 17 keine 
Veranderung, nach 72 Stunden hatten 6 Stamme koaguliert, je 1 Stamm 
gefkllt bezw. opalesziert, 11 gerotet und 4 keine Reaktion veranlaBt. 
Selbst nach 30-tSgiger Einwirkung der Typhusstammc auf die N&hr- 
losungen war der Befund folgender: 14 mal Koagulation, 3mal Fallung, 
2mal Opaleszenz und 4mal Rotung. 

Wieder gunstigere Ergebnisse lieferten die letzten 3 Versuchsreihen, 
die mit einem Traubenzucker von der Firma J. D. Riedel-Berlin, 
mit einem Traubenzucker, bezeichnet „chem. r ei n“ von G r ii bler- 
Leipzig und einem von einem hiesigen Institut freundlichst iiber- 
lassenen Nahrboden mit einem Traubenzucker uns unbekannter 
Herkunft angestellt worden waren. 

Die Priifung der N&hrfliissigkeit mit dem Riedelschen Trauben¬ 
zucker (Versuch No. VI) erfolgte mit 46 Typhusstammen, von 
diesen hatten nach 24 Stunden 4 koaguliert, 1 opalesziert, 27 gerotet 


Tabelle IV. 


Versuch VI mit 46 Ty- 
husstammen ,28Tage 
eobachtet. 
Traubenzucker: J. D. R i e d e 1. 
Nutrose aus d. Untersuchungs- 
amt Berlin. 

Farbe: blauviolett. 

3mal 10 Minuten sterilisiert. 

Von 100 Rohrchen nach 24 Stunden 
bei 37o C 33 unbrauchbar. 


Versuch XII mit 48 
Typhusstammen, 25 
Tage beobachtet. 

Traubenzucker: Griibler. 
chem. rein. 

Nutrose: Untersuchungsamt 
Berlin. 

lmal 30 Min., 2 mal 10 Min. 
sterilisiert. 

Von 96 Rdhrchen nach 48 Std. 
bei 37o C 8 unbrauchbar. 


VersuchlX mit dem aus 
einem Berliner Insti¬ 
tut bezogenen Nahr- 
bodeu.Traubenzucker- 
praparat unbekannt. 
Mit 29 Tvphusstam- 
men, 21 Tage beob¬ 
achtet. 

3 mal 10 Minuten sterilisiert. 

Von 100 Rohrchen sind 4 nach 
der Sterilisation unbrauchbar. 

Von den 96 reatierenden Rohr¬ 
chen sind nach 24 Stunden bei 
37o C 60unbrauchbar, aie zeigen 
alle Stufen der Veranderung: 
R., Op., F., Ko. 

Nach 48 Stunden bei 37oC weitere 
11 Rohrchen unbrauchbar, blei- 
ben zum Versuchiibiig 36 Stack. 


Tage 

o 

R. Op. 

F. 

Ko. 

I. 

14 

27 

! i 

0 

4 

11. 

4 

18 

5 

9 

10 

III. 

4 

9 

4 

4 

25 

IV. 

4 

8 

2 

3 

29 

V. 

4 

5 

4 

2 

31 

VI. 

2 

6 

3 

3 

32 

VII. 

2 

5 

3 

4 

32 

VIII. 

2 

5 

3 

3 

33 

IX. 

2 

5 

3 

3 

33 

X. 

2 

3 

3 

3 

35 

XTI. 

2 

2 

3 

3 

36 

XIV. 

2 

2 

3 

2 

37 

XVI. 

2 

2 

3 

2 

37 

XVIII. 

1 

3 

3 

1 

38 

XX. 

1 

3 

3 

1 

38 

XXII. 

1 

3 

3 

1 

38 

XXIV. 

0 

4 

3 

1 

38 

XXVI. 

0 

4 

3 ; 

1 

38 

XXVIII. 

0 

4 

3 

1 

38 


1 Kontrolle: Bis z. 
28. Tage unveran- 
dert. 


Tage 

LeJ 

R. 

Op. 

F. 

Ko. 

I. 

2 

26 

11 

5 

4 

II. 

2 

11 

9 

13 

13 

III. 

2 

8 

2 

i 10 

26 

IV. 

2 

6 

1 

9 

30 

V. 

2 

6 

1 

6 

; 33 

VI. 

2 

5 

1 

5 

, 35 

VII. 

2 

4 

2 

4 

36 

VIII. 

2 

4 I 

2 

4 

136 

IX. 

2 

4 

2 

4 

36 

X. 

2 

3 

2 

4 

37 

XII. 

1 

4 

1 

5 

1 37 

XIV. 

1 

4 

0 

5 

38 

XVI. 

1 

4 

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5 

38 

XVIII. 

0 

5 

0 

5 

38 

XX. 

0 

5 

0 

5 

38 

XXII. 

0 

5 

0 

5 

38 

XXIV. 

0 

5 

0 

5 

38 

XXV. 

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5 

0 

4 | 

39 


3 Kontrollen: Alle bis zum 
25. Tage unverandert 


Tage 

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R. 

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1 F* 

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I. 

7 

8 

2 

2 

10 

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8 

1 

1 

16 

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0 

3 

3 

3 

20 

IV. 

0 

1 

3 

3 

22 

v. 

0 

1 

0 

4 

24 

VI. 

0 

0 

0 

1 

28 

VII. 

0 

0 

0 

1 

28 

VIII. 

0 

0 

0 

1 

28 

IX. 

0 

0 

o 

o 

29 

X. 

0 

0 

0 

0 

29 

XII. 

o 

0 

0 

0 

29 

XIV. 

0 

0 

0 

0 

29 

XVI. 

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XVIII. 

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XX. 

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0 

0 

29 

XXI. 

0 

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o 

0 

29 


3 Kontrollen: 

No. 1 am 1. Tag Ko. 

„ 2 „ 5. ,, Ko. 

„ 3 „ 1. „ R. 

„ 3 „ 2. „ Op. 

it 3 „ 3. „ Ko. 


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Ditthorn, Verhalten der Typhusbacillen zu verschiedenen Zuckerarten etc. 503 


uqcI 14 keine Veranderung erzeugt. Nach 72 Stunden zeigten schon 25 
Koagulation, je 4 Fallung bzw. Opaleszenz und 15 schwache Rotung 
oder keine Reaktion. Nach 8 Tagen waren 33, nach 28 Tagen 38 koagu- 
liert, 1 gefallt, 3 opalesziert und noch 4 nur gerotet. 

Der Griiblersche Traubenzucker, chera. rein (Versuch 
No. XII) wurde mit 48 Typhusstaramen angesetzt Die Ergebnisse 
gleichen ziemlich den vorhergehenden mit dem Riedelschen Praparat. 
Nach 24 Stunden war das Resultat: 4 Koagulation, 5 Fallung, 11 Opa¬ 
leszenz, 26 Rotung und 2 keine Veranderung. Nach 72-stiindiger Ein- 
wirkung der Typhusbacillen auf den Traubenzucker hatten 26 koaguliert, 
10 gefallt, 2 opalesziert, 8 gerotet und 2 keine Reaktion erfahren. Nach 
25 Tagen zeigten 39 Koagulation, 4 Fallung und 5 Rotung. 

Der letzte Versuch (No. IX) mit Traubenzucker erstreckte sich auf 
die schon erwahnte Nahrfliissigkeit, die aus einem hiesigen Institut 
stammte. Erwahnt mull aber werden, daB von 100 Rflhrchen 65 nach 
1 —3-tagigem Aufenthalt im Brutschrank als unbrauchbar, da sie alle 
Stufen der Veranderung, von Rotung bis Koagulation zeigten, ausge- 
schaltet werden muBten. Die Sterilisation (3mal 10 Minuten) erfolgte 
bei uns im Untersuchungsamt, da wir die Nahrfliissigkeit unsterilisiert, 
frisch bereitet bezogen und erst bei uns in R6hrchen abgefiillt haben. 

Die Prfifung erfolgte mit 29 Typusstammen. Nach 24 Stunden 
hatten 10 koaguliert, 2 gefallt, 2 opalesziert, 8 gerotet und 7 keine Ver¬ 
anderung hervorgerufen. Nach 72 Stunden zeigten 20 Koagulation und 
je 3 Fallung, Opaleszenz und Rotung. Am 8. Tage waren 28 Koagu- 
lationen und 1 Fallung eingetreten, am 9. Tage waren alle Rohrchen 
koaguliert. 

Aus den soeben angefiihrten Versuchen flber die Einwirkung des 
Typhusbacillus auf den Traubenzucker, gepriift an einer grSBeren Anzahl 
Stamme mit Traubenzuckerpraparaten verschiedenster Art und Herkunft, 
ergibt sich, daB das Verhalten der verschiedenen Typhus- 
stamme in dem bekannten Barsiekow-Traubenzucker- 
nahrboden ein ganz unregelmaBiges und wenig kon- 
stantes ist. Die Nutrose spielt, wie bereits eingangs erwahnt wurde, 
keine Rolle, es kommt scheinbar zum Teil auf den Traubenzucker, zum 
Teil auf Besonderheiten der Kultur an. In dieser Hinsicht muB hervor- 
gehoben werden, daB die langsame Sauerung bzw. Koagulation nicht 
immer die gleichen Kulturen betraf. Im allgemeinen waren es zwar die 
namlichen Kulturen, die langsam koagulierten, aber vielfach zeigten diese 
Stamme wiederum sehr rasch die Koagulation. Folgende Tabelle V gibt 
hierflber eine iibersichtliche Zusammenstellung: 

Die Hauptursache scheint im Zucker zu liegen, die Reinheit des- 
selben hat keine besondere Bedeutung, denn die Versuche mit dem 
gewfihnlichen Traubenzucker Kahlbaum, Kahlbaum ge- 
reinigtund Kahlbaum kauflich zeigten ziemlich giinstige Resultate, 
wahrend andererseits das Praparat Merck purissimum, wasser- 
frei sehr wenig von den Typhusstammen angegriffen wurde. Auch die 
Verimpfung gleicher Mengen Kulturmaterials, z. B. 0,2 ccm einer gleich- 
maBig hergestellten Kulturaufschwemmung pro Rbhrchen, brachte kein 
anderes Verhalten der verschiedenen Stamme bei den Versuchen. 

Sehr zu beobachten ist die Sterilitat der N a h r - 
flUssigkeiten. Da eine langer als 10—15 Minuten andauernde 
Sterilisierung wegen der Zersetzung des Traubenzuckers nicht angangig 
ist, kommt es Qfters vor, daB Irotz der fraktionierten Sterilisierung noch 


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504 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Tabelle V. 


Versuch VIII. 
K a h 1 b a u m 
gereinigt 

Versuch XIV. 
K a h 1 b a u m 
kauflich 

Versuch V. 

K a h 1 b a u m 
gereinigt 

Versuch VII. 

K a h 1 b a u m 

Versuch II. 

Merck 

purissimum 

wasserfrei 

oi 

I. 

A1 

IX. 

□ 1 

II. 

□ 1 

11 . 

1 


□2 

II. 

A2 

IX. 

□2 

II. 

□2 

III. 

— 


A3 

IV. 

A3 

VI. 

A3 

VI. 

□3 

III. 

□3 

III. 

□5 

II. 

5 


5 

XVIII. 

□5 

II. 

5 


□6 

II. 

A6 

VII. 

6 

XXIII. 

A6 

IV. 

— 


□7 

II. 

A7 

IV. 

□7 

II. 

□ 7 

III. 

A7 

VIII. 

□8 

III. 

A8 

VI. 

□8 

III. 

□8 

III. 

— 


□9 

11 . 

9 


A9 

IX. 

□9 

III. 

9 


□ 20 

II. 

20 


□20 

III. 

020 

I. 



21 


A21 

X. 

21 

XXIII. 

A21 

VI. 

- 1 


□22 

II. 

A22 

VI. 

□22 

III. 

22 


— 


□23 

II. 

A 23 

IX. 

A23 

IV. 

A 23 

V. 

— 


□24 

II. 

□24 

II. 

A'24 

IV. 

□24 

III. 

— 


□25 

II. 

□25 

II. 

□ 25 

II. 

□25 

II. 

— 


A'26 

V. 

026 

I. 

A26 

IV. 

□26 

III. 

— 


□27 

III. 

□ 27 

II. 

□27 

II. 

□27 

II. 

— 


□30 

II. 

□30 

II. 

30 


□30 

III. 

30 


□31 

II. 

031 

1 . 

A31 

IV. 

□31 

II. 



□32 

II. 

32 


A 32 

V. 

32 


— 


□67 

II. 

□67 

II. 

□ 67 

II. 

□67 

II. 

— 


□ 11 

II. 

AH 

V. 

□ 11 

II. 

□ 11 

II. 

11 

1 

□35 

III. 

□35 

II. 

□35 

II. 

□35 

III. 

35 


□37 

III. 

037 

I. 

□37 

III. 

A 37 

VI. 

37 


□ 14 

II. 

□ 14 

II. 

A14 

X. 

14 

XI. 

— 


A 39 

VIII. 

39 


39 


A39 

IV. 

— 


All 

V. 

041 

I. 

41 


□41 

11 . 

— 


A42 

VI. 

□42 

II. 

□42 

II. 

□42 

II. 

— 


□43 

II. 

□43 

II. 

□43 

II. 

□43 

III. 

- , 


□ 44 

III. 

44 


□44 

III. 

□44 

III. 

— 


045 

I. 

045 

I. 

045 

I. 

045 

I. 

045 

I. 

□47 

II. 

047 

I. 

047 

I. 

□47 

II. 

047 

I. 

048 

I. 

□48 

II. 

A 48 

V. 

□48 

III. 

— 


□49 

II. 

049 

I. 

□49 

III. 

□ 49 

II. 

49 


□50 

III. 

050 

I. 

□ 50 

III. 

□50 

II. 

— 


□51 

II. 

□ 56 

II. 

051 

I. 

□51 

II. 

051 

I. 

□52 

II. 

052 

1 . 

□52 

II. 

□52 

II. 

— 


□53 

II. 

053 

I. 

□53 

III. 

□53 

II. 

53 


□54 

II. 

□54 

II. 

□54 

III. 

□54 

II. 

A 54 

V. 

□57 

III. 

□57 

II. 

057 

I. 

□57 

11 . 

A57 

VII. 

058 

I. 

058 

I. 

058 

I. 

058 

I. 

— 


□59 

II. 

A 59 

IV. 

A59 

IV. 

□59 

II. 

59 


□60 

III. 

□ 60 

II. 

□60 

II. 

□60 

II. 

ago 

VII. 

061 

I. 

061 

1 . 

□61 

II. 

□61 

11 . 

— 


□62 

III. 

□62 

II. 

□62 

III. 

□62 

II. 

62 


□63 

III. 

□ 63 

II. 

□ 63 

II. 

□63 

II. 

63 


064 

I. 

064 

I. 

□ 64 

III. 

□64 

III. 

64 


□65 

II. 

065 

I. 

065 

1 . 

□ 65 

III. 





055 

I. 



055 

I. 

055 

I. 


Zcichenerklarung: 

Die arabischen Ziffern bezeichnen die Typhusstamme, die rdmischen Zahlen den 
Zur Uebersicht haben die Starame, die am 1. Tage koagulierten, einen O. die 
10. Tage koagulierten, ein A vor der Suinme. 

Die Stamme, die uach dem 10. Tage Koagulation hervorriefen, haben in der 
iiberhaupt nicht koagulierten, ist in der niichsten Kubrik keine Eintragung erfolgt. 

entwickelungsflhige Keime vorhanden sind. Unsere Priifungen der 
ftohrchen durch mehrtdgigen Aufenthalt im Brutschrank 


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Ditthorn, Verhalten der Typhusbacillen zu verschiedenen Zuckerarten etc. 505 


TabeUe V. 


Versuch X. 
M erck 

Versuch I. 
Gehe & Co. 

Vereuch III. 
Gehe & Co. 

Versuch VI. 
.1. D. Riedel 

Vernuch XII. 

Gru bier 
chemiech rein 

Versuch IX. 
Berliner 
Institut 

1 


□ 1 

III. 

□ 1 

III. 

Al 

IV. 

□ 1 

III. 



— 






A2 

X. 

□2 

III. 

□2 

II. 

3 


3 

XVI. 

3 

XX. 

3 

XVII. 

□3 

III. 

n3 

II. 

□5 

III. 

5 


5 


5 


A 5 

VI. 

A5 

VI. 

6 


— 


— 


AO 

V. 

A6 

VI. 

□6 

III. 

□7 

II. 

7 

XVII. 

7 


□ 7 

II. 

A7 

IV. 

07 

I. 

8 




— 


□8 

III. 

A8 

V. 

— 


09 

I. 

9 


9 


9 


□9 

II. 

A9 

IX. 

20 


— 




□20 

II. 

A 20 

IV. 



□21 

II. 



— 


21 


21 


□21 

III. 

A22 

IV. 

_ 


— 


A 22 

IV. 

A 22 

V. 

A22 

V. 

□23 

II. 

— 


— 


□23 

II. 

□23 

II. 

023 

1. 

24 


_ 


— 


A24 

V. 

□24 

III. 

□24 

II. 

_ 


_ 


— 


□25 

II. 

□25 

II. 

□25 

II. 

_ 


_ 


— 


□26 

III. 

26 


026 

I. 

_ 


— 


— 


□27 

III. 

27 




□30 

II. 

A 30 

V. 

30 


A 30 

IV. 

30 

XIV. 

A30 

IV. 

031 

L 



— 


A31 

VIII. 

31 


— 


_ 


_ 


_ 


32 


32 


— 


_ 


— 


— 


□67 

III. 

67 


— 


— 


AH 

XII. 

AH 

VI. 

□ 11 

III. 

□ 11 

III. 

□ 11 

III. 

— 


□3b 

III. 

35 


035 

I. 

□ 35 

III. 

035 

I. 

— 


37 


A37 

IX. 

□37 

11. 

□ 37 

III. 

A 37 

IV. 

— 


— 


— 


14 


A14 

IX. 

A14 

VI. 

_ 


_ 


— 


39 


39 


A 39 

VI. 

_ 


_ 


— 


41 


41 


041 

I. 

— 


_ 


— 


□ 42 

III. 

A42 

VII. 

042 

1. 

_ 


_ 


— 


43 


43 


— 


— 




— 


□ 44 

III. 

□44 

II. 

□44 

II. 



045 

I. 

045 

I. 

045 

I. 

045 

I. 

— 


047 

I. 

047 

I. 

047 

I. 

047 

1 

047 

I. 

— 




— 


— 


□ 48 

III. 

A 48 

V. 

— 


— 


49 


49 


□ 49 

III. 

49 


049 

I. 

— 




— 




□50 

III. 

— 


— 


051 

I. 

051 

I. 

□ 51 

II 

□5b 

II. 

051 

I. 

— 


— 


— 


□52 

III. 

A52 

IV. 

A 52 

IV. 

— 


A 53 

VIII. 

53 


A 53 

X. 

□ 53 

III. 

A 53 

VI. 

— 


A 54 

X. 

A54 

XI. 

□54 

III. 

A54 

IV. 

□ 54 

III. 

— 


57 


57 


57 

XIII. 

□57 

II. 

057 

I. 

— 


— 


— 


058 

I. 

058 

I. 

058 

1. 

— 


59 


59 

XIV. 

□ 59 

III. 

5*1 

II. 

— 


□60 

III. 

□ 60 

III. 

60 


□60 

III. 

□IGOj 

III. 

— 


061 

I. 

— 


— 


□ 61 

III. 

061 

1. 

— 




62 


62 


62 

XI. 

□62 

III. 





63 


63 


A63 

VI. 

□6.3 

III. 

— 








A64 

IV. 

□64 

III. 

— 








□65 

III. 

□65 

II. 

— 




055 






055 

I. 

□55 

II. 


Tag der eingetretenen Koagulation. 

am 2. oder 3. Tage koagulierten ein □, und diejenigen, welche zwiechen dem 4. und 
nachsten Rubrik nur den betreffenden Tag in romischen Zahlen; bei den Stammen, die 


ergaben, d a B oft eine groBe Anzahl der noch unbeimpften 
Rohrchen alle Ver&nderungen der Nfihrflussigkeit von 


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506 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


sch wacher Rotung bis zur ausgespr ochenen Koagulation 
zeigten. 

B. Versuche fiber die Einwirkungen dcs Typliusbacillus 
auf andere Kohlchydrate and diesen cbemiseh nahestehende mehr- 

atomige Alkoliole. 

Zu diesen Versuchen wurde Galaktose, Maltose, Rhamnose 
(Isodulcit), Man nit und Dulcit herangezogen. Diese Sub- 
stanzen wurden ebenso wie die TraubenzuckerprSparate mit Nutrose 
analog dem Barsiekowschen Nahrboden verarbeitet. 

Bei Galaktose, Maltose und Man nit zeigten sich die analogen 
UnregelmaBigkeiten wie bei dem Traubenzucker. 

Im Versuch No. XVIII mit Galaktose wurden 48 Typhus- 
st&mme bei 23-tagiger Beobachtung gepriift; es ergab sich, daB 
nach 24 Stunden 4 koagulierten, 3 opaleszierteD, 40 roteten und 1 nichts 
veranlaBte; nach 72 Stunden zeigten 5 Koagulation, 4 Fallung, 12 Opa- 
leszenz, 26 RStung und 1 Stamm keine Veranderung; selbst nach 9 bzw. 
23 Tagen zeigte sich folgendes Ergebnis (die erste Zahl bedeutet das 
Resultat nach 9 Tagen, die in Klammern () nach 23 Tagen): Ko. 20 (31), 
F. 16 (13), Op. 9 (2), R. 3 (2). Die 4 KontrollrShrchen waren unver- 
andert geblieben. 

Angereiht sei hier Versuch XVII mit Maltose bei Verwendung 
von 47 Typhusstammen und 23 Tage wahrender Beobach¬ 
tung. 

Nach 24 Stunden ergab das Protokoll 4 Koagulationen, 3 RQtungen 
und 40 Rohrchen ohne jede Veranderung; nach 72 Stunden waren 5 


Tabelle VI. 


Versuch XVIII. Mit Galak¬ 
tose und 48 Typhus- 
stam men. 

lmal 30 Min., 2mal 10 Min. steri- 
iisiert. 

Farbe: violett mit rotlichem 

Schimmer. 

Versuch XVII. Mit 
Maltose und 47 Ty- 
phu es tarn men. 
lmal 30 Min., 2mal 10 Min. 
sterilisiert. 

Farbe: violett mit rot¬ 
lichem .Schimmer. 

Versuch XI. Mit Man- 
nit Kahlbaum und 
45Typhusstiimmen 
lmal 30 Min., 2mal je 10 
Min. sterilisiert 

Farbe: rotlich-violett. 

Tage 

o. I 

r . 

Op. 

F. 

Ko. 

o- 1 

R. 

Qp- 

F. 

Ko. 

O. 

R. 

Qp- 

F. 

Ko. 

1. 

1 

40 

3 

0 

4 

40 

3 

0 

0 

4 

21 

19 

o 

0 

5 

II. 

1 

36 

6 

0 

5 

37 

4 

2 

0 

4 

16 

19 

4 

1 

5 

HI. 

1 

26 

12 

4 

5 

34 

3 

1 

4 

5 

11 

13 

6 

8 

7 

IV. 

1 

15 

19 

6 

7 

32 

4 

0 

1 

10 

6 

11 

o 

13 

15 

V. 

1 

6 

10 

16 

15 

31 

4 

1 

0 

11 

4 

10 

1 

2 

28 

VI. 

1 

6 

10 

16 

15 

29 

6 

1 

0 

11 

4 

9 

1 

1 

! 30 

VII. 

1 

6 

10 

16 

15 

27 

7 

2 

0 

11 

3 

10 

o 1 

2 

30 

VIII. 

o 

3 

10 

15 

20 

20 

12 

1 

1 

13 

3 

10 

0 

2 

30 

IX. 

o i 

3 

9 

16 

20 

20 

12 

1 

1 

13 

3 

8 

2 

o 

32 

X. 

0 

0 

— 

— 

— 

20 

12 

1 

1 

13 

3 

8 

2 

0 

32 

XI. 






14 

17 

1 

1 

14 






XII. 






10 

19 

2 

2 

14 

1 

10 

1 

1 

32 

XIV. 











1 

9 

1 

2 

32 

XVI. 











1 

8 

2 

2 

32 

XVIII. 











1 

8 

2 

2 

32 

XX. 1 











1 

8 

0 

4 

32 

XXII. 











1 

8 

0 

4 

32 

XXIII. 

0 

2 

2 

13 

31 

4 

16 

3 

4 

20 






XXIV. 











1 

8 

o 

4 

32 

XXV. 











1 

8 

0 , 

3 

33 


|4 Kontrollen unverandertj 

|2 Kontrollen unverandert.| 

13 Kontrollen unverandert 


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Ditthorn, Verhalten der Typhusbacillen zu verBchiedenen Zuckerarten etc. 507 


Rbhrchen koaguliert, 4 gefailt, 1 opalesziert, 3 gerotet uud 34 nicht be- 
einfluBt. Der 23. Tag ergab: Ko. 20, F. 4, Op. 3, R. 16, und keine Re- 
aktion 4. Die 2 Kontrollen unveraudert. 


Ini Versuch XI und XXII wurde Man nit zur Prufung herange- 
zogen, und zwar im ersteren ein Praparat von Kahlbaum mit 45 
Typhusstammen, im zweiten ein solches von Riedel mit 11 Stammen. 

Wahrend im zweiten Versuch (XXII) samtliche 11 Stamme nach 
24 Stuuden Koagulatiou hervorgerufen batten, zeigte sich beim Kahl- 
baumschen Prfiparat wieder eine groBe UnregelmaBigkeit. Die hinter 
dem Ergebnis folgenden Zahlen sind der Reihe nach die Aufzeichnungen 
nach 24, 72 und 25 Tagen: 

Ko.: 5, 7, 33. F.: 0, 8, 3. Op.: 0, 6, 0. R.: 19, 13, 8. 0.: 21, 11, 1. 

Bei der Vcrwendung von Dulcit und Rham nose (Isodulcit) ver- 
hielten sich die TyphusstSmme in der Mehrzahl ziemlich gleichartig. 
Beide Substanzen wurden entweder garnicht ver&ndert 
oder nur leicht gerotet. 

Die Priifung mit Dulcit erfolgte in 4 Versuchsreihen mit Merck- 
schen und Kahlbaumschen Praparaten unter Verwendung von jedes- 
mal ca. 40 verse hi edenen Typhusstammen und einer Beobach- 
tungsdauer von 12 bis 21 Tagen. 

Mit R ham nose (Kahlbaum) wurden 2 Versuche mit 54 bzw. 
43 Typhusst&m men und 18-bzw. 23-tagiger Beobachtung angestellt. 


C. Versuche Uber das Verhalten der Bakterien der Paratyphus- 
gruppe (Paratyphus A, B und Enteritis Ghrtner) zu verschiedenen 
Kohlchydraten und inehratomigen Alkoholen. 

Zur Priifung wurden dieselben Zuckerarten uud Alkohole heran- 
gezogen wie bei den Typhusstammen. Verwendet wurden gewohnlich 
4—5 Paratyphus A-, 12—15 Paratyphus B- und ca. 32 G Sr tner-Stamme. 
Bei Galaktose, Maltose. Rhamnose und Mannit ergaben sich 
ahnliche Verhaitnisse wie bei Typhus. Die genannten Substanzen wurden 
unter verhaltnismaBig geringen Schwankungen von alien 3 Bakterien- 
arten zersetzt, so daB bald Koagulation eintrat. Am schnellsten erfolgte 
die Koagulation bei den Gartner-Bacillen; immerhin waren die Unter- 
schiede zu gering, urn daraus eine Differenzierung der genannten Bak- 
teriengruppe ableiten zu konnen. 

Bei Verwendung von Dulcit-Nahrboden ergab sich fiir Paratyphus 
B und Enteritis Gartner das gleiche Resultat wie bei den anderen 
Zuckerarten und Alkoholen. Die Gartner-Stamme koagulierten etwas 
rascher als die Paratyphus B-Bacillen. In quantitativer Hinsicht 
aber zeigte der Paratyphus A, was die verhaltnismaBig kleine An- 
zahl von 5 Stammen unserer Sammlung betraf, den beiden anderen 
Bakteriengruppen gegentiber immerhin einen ziemlichen Abstand, so daB 
man versucht sein konnte, von einer Art quantitativer Differenzierung 
zwischen den erwahnten Bakterienarten zu sprechen. Wahrend bei den 
Versuchen die Paratyphus B- und Enteritis Gartner-Bacillen mit 2 
Dulcitpraparaten (Kahlbaum und Merck) spatestens am 3. bzw. 
4. Tage Fallung oder Koagulation hervorgerufen batten, war bei Ver¬ 
such XIII von 5 Paratyphus A-Stammen erst am 10. Tage in je einem 
RChrchen Fallung bzw. Opaleszenz und am 13. und 14. Tage nur je 1 
Rbhrchen koaguliert bzw. gefailt, wahrend die ubrigen 3 Stamme nur 
Rbtung hervorgerufen hatten. Bei Versuch XVI war auch am 12. Tage 


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508 


Oentralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


weder F&llung noch Koagulation zu konstatieren, es hatten 4 St&mme 
gerbtet und 1 opalesziert. 

Tabelle VII. 

Versuch XIII mit Dulcit-Merck. 


Tage 

5 Paratyphus A 
Stamme 

- 

12 Paratyphus B 
Stamme 


32 Enteritis Giirtner- 
Stamme 


0 

R. 

Op. | F. 

Ko. 

0 1 R. 

| Op- F. 

Ko. 

0 | R. 

Op. F. 

Ko. 

I. 

5 

0 

0 0 

0 

1 8 

3 0 

0 

0 5 

„ i 

9 I 4 , 

14 

II. 

0 

5 

0 0 

0 

0 5 

1 1 

5 

0 0 

i i 

30 

III. 

0 

f> 

0 0 

0 

0 o 

3 2 

7 

0 1 0 

0 0 

32 

IV. 

0 

5 

0 0 

0 

0 0 

0 1 0 

12 




V. 

0 

5 

0 0 

0 


1 


Kontrollen 

: unverandert 

VI. 

0 

5 

0 0 

0 

Kontrollen 

: unverandert | 




VII. 

0 

3 

2 0 

0 







VIII. 

; o 

3 

2 0 

0 







IX. 

0 

3 

2 1 0 

0 







X. 

0 

3 

1 1 1 

0 







XI. 

0 

3 

1 0 

1 







XIII. 

o 

3 

Oil 

1 







XIV. 

0 

i 3 

0 I 1 

1 








Kontrollen: unverand. 


Versuch XVI mit D u 1 c i t - K a h 1 ba u m. 


Tage 

5 Paratyphus A-Stamme 

7 Paratyphus B-Starame 

6 Enteritis Stamme 

0 1 

R. 

Op. 

F. 

Ko. 

0 

1 R - 

Op 

F - 

Ko. 

I. 

1 

4 

1 0 

0 

0 

0 

4 

0 

3 

0 

I. Tag 1 R. 1 F. 4 Ko. 

II. 

0 

5 

1 0 

1 0 

0 

0 

3 

0 

2 

2 

II. „ 1R. - 5 Ko. 

III. 

0 

5 

0 

0 

0 

0 

2 

1 

2 

2 

V. „ — 1 Op. 5 Ko. 

IV. 

0 

5 

u 

0 

0 

0 

0 

2 

2 

3 

V. 

0 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

3 

Kontrollen : unveriin- 

VI. 

0 

5 

0 

o 

0 

0 

0 

1 0 

4 

3 

dert 

VII. 

0 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

0 1 

4 

3 


VIII. 

0 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

o i 

4 

3 


IX. 

0 

5 

0 

i 0 

0 

0 

0 

0 

4 

3 


X. 

0 

5 

0 

0 

0 

0 1 

0 

o | 

4 

3 


XI. 

0 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

3 


XII. 

1 

0 1 4 

Kontrollen 

1 0 1 0 

: unverandert 

0 1 0 

Kontrollen: 

0 1 4 3 

: unverandert 



Die von Baermann und Eckersdorff 1 ) gelegentlich einer auf 
Sumatra aufgetretenen Paratyphus A-Epidemie gemachten Beobachtungen 
iiber das Verhalten des Erregers dieser Falle konnte ich bei meinen 
Untersucbungen nicht bestatigen. Verfasser haben in 8 Fallen aus Blut 
bzw. Faeces den Paratyphus A gezOchtet und die Wahrnehmung ge- 
inacht, daft diese Bakterienart im Gegensatz zu den Typhus- und Para¬ 
typhus B-Bacillen, welche die Maunit ■ Barsieko w - LOsung roten und 
koagulieren, die Nahrlosung nur roten, ohne jedoch die Beobachtungs- 
dauer anzugeben. Meine Versuche mit Mannit ergaben, daft die 5 Para¬ 
typhus A-St&mme ebenso nach 24 Stunden Koagulation hervorgerufen 
hatten wie dies bei 32 Enteritis-, 15 Paratyphus B- und 11 Typhus- 
StSnunen der Fall war. 

1) Baermann und Eckersdorff, Ucber Paratyphus A. (Berl. klin. Wochen- 
schrift. 1909. p. 1802.) 


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Ditthorn, Verhalten der Typhusbacillen zu verschiedenen Zuckerarten etc. 509 


Schlufisatze. 

I. Das Verhalten ties Typhusbacillus ini Barsiekow- 
Traubenzucker, gepruft an einer grbBeren Anzahl von Stammen, 
gezuchtet aus Blut, Faeces und Urin, ist ein gauz unregelni&Biges 
und wenig konstantes. 

II. Die Nutrose spielt bei der Ver&nderung dieses Nahrbodens 
keine Rolle, es kommt vielinehr zum Teil auf den Traubenzucker, 
zuni Teil, und dies wohl hauptsfichlich, auf Besonderheiten der 
K u ltu r an. 

III. Die Reinheit des Trailbenzuckerpraparates, sowie 
das Alter der Kultur, haben keinen EinfluB auf die Vergarung des 
Zuckers. 

IV. Im allgemeinen waren es stets die gleichen Kulturen, welche 
mit einem bestimmten Traubenzuckerpraparat langsame Sauerung bzw. 
Koagulation hervorriefen, es muB jedoch hervorgehoben werden, daB 
auch vielfach diese Stanime mit anderem Traubenzucker wiederum sehr 
rasch koagulierten. 

V. Das Ausbleiben der Fallung oder Koagulation im 
Barsiekow-Traubenzuckerniihrboden durch einen der Priifung 
unterworfenen, typhusverdSchtigen Stamm bei einer Beobachtungs- 
zeit von 3 Tagen und noch langer, schlieBt die Diagnose fiir 
Typhus keineswegs aus. 

VI. Bei der PrQfung mit anderen Zuckerarten und verwandten Al- 
koholen ergab sich, daB der Typhusbacillus sich bei Galaktose, Mal¬ 
tose und Man nit ebenso unregelmaBig verhalt wie im Traubenzucker. 
Dulcit und Rhamnose wurden von den TyphusstBrnmen ziemlich 
gleichmaBig entweder nur leicht gerotet oder nicht veriindert. 

VII. Versuche mit Paratyphus A und B sowie mit Enteritis 
Gartner in Galaktose-, Maltose-, Rhamnose- und Mann it- 
Nutroseldsungen ergaben ahnliche unregelmaBige Resultate wie bei 
Typhus. Eine Differenzierung der 3 Gruppen war auf diese Weise 
nicht mdglich. 

VIII. Auf Dulcit-Nahrboden machte sich ein quantitativer 
Unterschied bezflglich des Eintrittes] der Koagulation bemerkbar. 
Paratyphus B und Enteritis Gartner-Bacillen koagulierten 
oder fallten in spatestens 3 bis 4 Tagen, wahrend Para¬ 
typhus A erst am 11. Tage begann Koagulation hervor- 
z u rufen. 


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510 


Centi'albl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Nachdruck verboten. 

Ueber einen besonderen Befund bei der Gefltigelpest 1 ). 

[Aus deni Institute fiir Hygiene der Kgl. Universitat Siena (Vorstand: 

Prof. A. Sclav o).] 

Von Dr. D. Ottolenghi, Oberassistent und Privatdozent. 

Mit 1 Tafel. 

I. 

Die Untersuchungen, welche bis jetzt fiber die Morphologie des 
Virus der Hiihnerpest ausgeffihrt wurden, haben mehrere, jedenfalls in- 
teressante Tatsachen zutage gefordert, deren Bedeutung noch fraglich ist. 

Kleine (1) beobachtete 1905 als erster im Gehirn von an Pest unter starken 
Krampfen gestorbenen Gansen rundliche deutlich abgegrenzte Korperchen, welche bald 
in den Nervenzellen, bald auBerhalb derselben lokalisiert waren una eine gewisse Achn- 
lichkeit mit den Negrischen Korperchen hatten. Nach Kleine sind diese Korper- 
chen vielleicht veranderte Kerne, welche einen l'eil ihrer normalen Farbbarkeit verloren 
haben. 

1906 nahm Schiffmann (2) diese Untersuchungen wieder auf und bestatigte die 
Befunde Kleines; er machte ferner genauere Angaben iiber die Form, die GroSe und 
die Farbbarkeit der genannten Korper, die cr zuweilen im Gehirn von an Pest ge¬ 
storbenen Gansen auBerst zahlreich auftreten sah, wahrend er sie bei au derselben Krank- 
heit erlegenen Hiihnern stets vermiSte. 

Die Frage nach der Natur dieser Korper liefi Schiffmann in seiner ersten diea- 
bezuglichen Publikation unberiihrt; dagegen behauptete P alt auf (3), in dessen Labo- 
ratoriura die Untersuchungen ausgefiihrt worden waren, die bei den Gansepestleichen 
vorgefundenen Korperchen seien spezifisch fiir diese Krankheit und stellen wahrschein- 
lich eine Art von Encystierung oder von Ruhezustand des Krankheitserregers dar, 
welcher vielleicht von einzelnen Zellprodukten begleitet oder mit solchen gemischt sei. 

In weiteren Arbeiten (4) erganzte und verbesserte zum Teil Schiffmann das 
friiher Gesagte. Nach Schiffmanns Angaben befinden sich die in Frage stehenden 
Korperchen im GroBhirn, im Kleinhirn und in der Oblongata, wahrend sie im Riicken- 
mark anscheinend fehlen. Sie sind jedoch in den genannten Gebieten nicht gleichmafiig 
verteilt, indem sie im GroBhirn in der orbitalen Portion und im Kleinhirn zwischen den 
Purk i n jeschen Zellen zahlreicher vorhanden und ferner oft in der Nabe von von 
Infiltrationsherden umgebenen GefaBen in groflerer Menge vertreten sind; dort, wo sie 
intracellular gelegen sind, enthalten die sie beherbergenden Zellen nur je ein Korperchen 
und sind kernlos. Dieser letzte Umstand legt die Annahme nahe, dafl die Korperchen 
von den Kernen abstammen; Schiffmann konnte sich aber zu einer solchen Deutung 
nicht entscheiden, weil es ihm nicht gelang, Uebergangsformcn zwischen den normalen 
Kernen und den Klcineschen Korperchen nachzuweisen. 

Wir verdanken Schiffmann die Beschreibung eines anderen bei Pestleichen von 
Gansen ziemlich haufig vorkommenden Befundes. Es handelt sich um rundliche, halb- 
mond- oder ringformige Korperchen von 5—6 p Durchmesser, welche sich bei Anwen- 
dung der Pappenhei mschen Methylgriin-Pyronin-Methode rot und zuweilen violett- 
rot farben una in ihrem Inncrn dunkelblaue Punktchen aufweisen und bald vereinzelt, 
bald gruppenweise vereinigt vorkommen. Diese Korperchen beobachtet man besonders 
in den perivaskularen und namentlich j>erikapillaren Infiltrationsherden, welche man 
verhaltnismaBig haufig im Gehirn der Ganse antrifft und welche schon Rosenthal (5) 
im Gehirn der durcn abgeschwachtes Pestvirus getoteten Htihner beschrieben hat. 
Rosenthal land auch bei Hiihnern Korperchen, welche wahrscheinlich den von Schiff- 
mann bei Gansen beobachtetcn entsprac.hen und einen Maximaldurchmesser von 3 p. 
und fast stets rundliche oder halbmondformige Form hatten, durch die basischen Farb- 
stoffe fiirbbar waren und nach der Meinung des genannten Autors als entartete Kerne 
der Hirnpulpa oder als Kerne von ProtozoeD gedeutet werden kdnnen. Schiffmann 
ist hing^gen der Ansicht, dafl diese Korperchen, wenigstens im Falle der Ganse, nicht 
von verandorten Zellen abstammen konnen, daB es aber nicht ausgoschloBsen ist, dafl 


1) Nach zwei Mitteilungen in der R. Accad. dei Fisiocritici (Sitzungen am 26. Marz 
und 26. Juli 1912), mit Demonstration von mikroskopischen Priiparaten. 


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Ottolenghi, Ueber einen besonderen Befund bei der Gefliigelpest. 5H 


t>ie irgend welche Beziehung zu den Kleineschen Korperchen und besonders zu den 
extracellularen haben. 

Bemerkt sei hier noch, dafl die beiden Arten von Korperchen oft in einem und 
demselben Gehim vorkonunen. dafl aber, nach Schiffmanns Angaben, in andereu 
Fallen nur bald die einen, bald die anderen nachweisbar sind. 

Inzwischen wurde von v. Prowazek (6) im Grofl- und Kleinhim von infizierten 
Hiihnern eine weitere Varietat von Korperchen (Durchmesser ungefahr 1—1,5 jj.) nach- 
eewiesen, welche durch Giemsa rosagelb gefarbt werden und ganz kleine, runde oder 
langliche, wie im Teilungszustand sich dunkelrot farbende Kornchen enthalten. Er be- 
merkte ferner, dafl man im Blute und in der Milz Endothelzellen finden kann, welche 
in ihrem Protoplasma intensiv gefiirbte Korperchen enthalten, und dad man aus den 
Filtraten aus Pestvirus durch Zcntrifugation ein Sediment erhalt, in welchem man durch 
das Verfahren Lofflers zur Geiflelfarbung punktformige, vereinzelt oder paarweise 
stehende Elemente nachweisen kann. Spater naben Giemsa und v. Prowazek (7) 
vermittels eines Verfahrens, welches bei Untersuchungen iiber andere filtrierbare Virus 
gute Resultate geliefert hat, vereucht das Pestvirus durch mit einer diinnen Schicht 
von Agar bekleidete Porzellankerzen zu filtrieren, und haben konstatiert, dafl das Filtrat 
nicht aktiv war und dafl man im Agar iihnliche Kornchen findet, wie diejenigen, welche 
v. Prowazek in den gewohnlichen Filtraten beobachtet hat. 

Eine sehr interessante, von der bisher erwahnten durchaus verschiedene Beobach- 
tung wurde spater (1909) von Maggiora und Garofani (8) gemacht. Diese Autoren 
fanaen in der Gehirnpulpa zweier etwa 7 Monate alten, einer und derselben Brut ent- 
stammenden, an der nervdeen Pestform 5 1 /, Tage nach der lnfektion gestorbeuen Ganse 
meistens in der Nahe der Gefiifle runde oder ovoidale (Durchmesser: runde 40—45 n, 
ovoidale 50—70 X 40—52 |i) parasitare Kapseln, welche einige Hunderte spindelffirmiger 
und etwas gekriimmter Sporozoiten mit recht deutlichem Kern enthielten. Maggiora 
und Garofani haben diese Gebilde nicht in den Schnitten, eondern in den Quet»eh- 
praparaten gefunden und sie nie bei normalen Tieren beobachtet. 

Fassen wir das Gesagte kurz zusammen, so liegen uns folgende 4 
Befunde vor, von denen uns weder die Bedeutung noch die gegenseitigen 
Beziehungen bekannt sind: K1 einesche Korperchen ; Schiffmann- 
sche Kdrperchen mit punktformigen Einschltissen; v. Prowazek sche 
Kdrnchen, mit Charakteren, denen gemaB der Erreger der Vogelpest 
unter die Chlamydozoen einzureihen ware; denjenigen des Malaria- 
plasmodiums sehr ahnliche, reife Zygoten (Maggiora und Garofani). 

II. 

Ich habe meine Untersuchungen iiber die Aetiologie der Vogelpest 
sofort nach der Verbffentlichung der ersten Arbeit Schiffmanns be- 
gonnen; meine Resultate schienen ohne weiteres nachzuweisen, dall die 
Kleineschen Korperchen von den Nervenzellenkernen abstammten. Ich 
lielS meine diesbezflglichen Untersuchungen aus verschiedenen Grtinden 
beiseite und nahm sie erst spater besonders zu dem Zwecke wieder 
auf, die Frage nach den Kleineschen Korperchen zu losen und die 
wichtigen Beobachtungen von Maggiora und Garofani nachzupriifen. 
Ich will hier nur iiber den ersten Gegenstand berichten, weil ich iiber 
den zweiten bisher keine Daten sammeln konnte, obwohl ich unter den 
Bedingungen arbeitete, welche von den genannten Autoren als die giin- 
stigsten angegeben werden 1 ). 

Ich fiihrte meine Versuche meistens mit wenige Monate alten Gansen 
aus und wendete ein Virus an, welches imstande war, Hiihner in 2 bis 
3 Tagen zu tbten. Ich infizierte die Ganse entweder durch intramusku- 
l&re Einimpfung oder durch intracerebrale Inokulation von Hirnstiickchen 

1) Bei einigen Untersuchungen von Material aus an Pest geatorbenen Huhnern 
fand ich in der Lunge grofle, cellulare, wahrscheinlich endotheliale Elemente, welche 
zahlreiche, durch Rom a now sky rot gefiirbte Kornchen eingeschlossen enthielten und 
Bomit eine grofle Aehnlichkeit mit den Elementen aufwiesen, die v. Prowazek in der 
Milz und dem Blute von Huhnern nachgewiesen hat. Ich konnte jedoch keine Anhalta- 
punkte zur Erkliirung der Natur dieser Einscliliisse gewinnen. 


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512 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 

soeben getoteter Hiihner. Ich benutzte meistens letzteres Verfahren, 
um das Fortschreiten der eventuellen Hirnlasionen von dem Infektions- 
punkt nach den benachbarten Gebieten zu verfolgen und opferte die 
Tiere verschieden lange Zeit nach der Operation. 

Was den spontanen Tod anbelangt, so starben die Ganse im allge- 
nieinen 4—6 Tage nach der intracerebralen oder der intramuskul&ren 
Einimpfung, welch letztere stets mit groBen Virusmengen ausgefuhrt 
wurde; alle Versuchstiere zeigten nervose Erscheinungen, diese wareu 
aber bei den direkt ins Gehirn inokulierten Gansen am deutlichsten und 
meisten charakteristisch. 

Was die Methoden der mikroskopischen Untersuchung anbelangt, 
so habe ich sowohl — trocken oder feucht fixierte — Ausstrichpr&parate 
wie Schnitte hergestellt. Auf diesem letzten Wege erhielt ich die besten 
Pr&parate, besonders wenn die Stiicke mit Sublimat fixiert und mit dem 
Pappenheim schen Panchrom gefiirbt wurden. Die F&rbungsmethoden 
mit Eisenhamatoxylin, mit Methylgrun und Pyronin nach Pappenheim 
oder nach Pianese, mit den gewohnlichen Farbstoffen und nach dem 
Mann schen Verfahren erwiesen sich in diesem Fall als wenig geeignet. 


III. 

Bevor ich die Resultate meiner Untersuchungen beschreibe, will ich 
die Sell iff m an n sche Beschreibung der Kleineschen Korperchen er- 
walinen. Es handelt sich — nach Schiffmanns Beschreibung — um 
meistens ovale Korperchen mit scharf markierten Konturen, von 8—12, 
hochstens 20 f.i Durchmesser, welche aus einer homogenen, hyalinen 
Substanz bestehen und in ihrem Innern sehr charakteristische Korperchen 
enthalten. Diese bestehen aus einem sich iutensiv fSrbenden Kornchen 
oder aus runden oder ovalen kleinen Ringen von 1—2 /< Durchmesser, 
welche vereinzelt oder zu mehreren vereinigt stehen und an ihren Um- 
rissen hier und da kleine VergroBerungen aufweisen. 

Dieser Beschreibung ist beziiglich der typischen Kleineschen 
Korperchen (Fig. 14) nur folgendes zuzufugen: 1) Bei den in Sublimat 
fixierten Stiicken kann man, wenn die Fixierung, soweit aus der Unter¬ 
suchung der normalen Nervenzellen zu schliefien ist, gut geraten ist, 
leicht erkennen, daB die Substanz der Korperchen nur anscheinend 
homogen ist, in Wirklichkeit aber eine feine Kornelung aufweist, welche 
nur dann deutlich sichtbar ist, wenn die Farbung des Kbrperchens, 
welche bei Anwendung des Romanowsky-Giemsaschen Verfahrens 
oder des Panchroms zwischen dem bl&ulich-roten und dem violetten 
schwankt, nicht allzu intensiv ist; 2) die Ringe und die iibrigen inneren 
Gebilde sind in der mit Panchrom gef£rbten und genUgend differen- 
zierten Praparaten dunkelblau oder blau-violett gef&rbt. 

Wenn man aber die verschiedenen Teile des Gehirns sorgf&ltig 
untersucht, so kann man zahlreiche Gebilde finden, welche nur teilweise 
dieser Beschreibung der typischen KOrperchen entsprechen, und welche 
miteinander und mit diesen letzteren eine kontinuierliche Reihe von 
Formen bilden, aus welcher man meines Erachtens ein sicheres Urteil 
tiber die hier in Frage stehenden Elemente und besonders tiber ihre 
Abstammung von den Kernen der Nervenzellen gewinnen kann. 

IV. 

Normalerweise erscheinen die Nervenzellen des Gehirns der Ganse 
(Fig. 1) aus einem Cytoplasma, in welchem man die Nis si schen 


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Ottolenghi, Ueber einen beeonderen Befund bei der Gefliigelpest. 


513 


Schollen je nach dem Einzelfall mehr oder minder deutlich zum Vor- 
schein bringen kann, und aus einem groBen, vesikulosen Kern gebildet. In 
diesem kann man bei den nach Romanowsky gefarbten Praparaten 
ein nicht sehr dichtes und fast ganz peripher gelegenes Netzwerk, auf 
welchein feinste Chromatinkornchen sehr regelmaBig zerstreut sind, einen 
ganzlich durchscheinenden Kernsaft und 1—2 Nukleolen erkennen. Diese 
sind meistens von einer sehr diinnen Masse einer Substanz umgeben, 
die sicli rot- oder rot-violett, d. h. wie das Chromatin, farben, und er- 
scheinen aus einer gewissen Anzahl (5 oder mehr) von rundlichen dunkel- 
blau oder blauviolett gefarbten Kornchen gebildet. Es scheint dann 
schlieBlich eine echte Kernmembran vorhanden zu sein, wenn auch die- 
selbe nicht sehr deutlich ausgepragt ist. 

Eine der ersten Veranderungen (Fig. 2 und 3), welche die Kerne 
bei der Gefliigelpest aufweisen, besteht nun in der Ruptur des Chromatin- 
netzwerkes, so daB man hier und da vereinzelt stehende Stiicke davon 
vorfindet, welche entweder eine normale Struktur oder kleine Varikosi- 
t&ten aufweisen, ahnlich als ob sich die Chromatinkornchen an einzelnen 
Stellen zu kleinen Haufchen vereinigt hatten. Zu gleicher Zeit be- 
obachtet man gewohnlich, daB der Kernsaft nicht mehr so durchsichtig, 
und farblos wie in den normalen Eleinenten ist, sondern etwas dick 
und schwach rosa gefarbt worden ist; ferner sieht man hier und da im 
Innern des Kernes feinste Schollen (Fig. 3 und 4a) wie blaB blaulich- 
violett gefarbte Wolkchen. Die Nukleolen erscheinen oft etwas ge- 
schwollen, so daB man ihre kornige Beschaffenheit nur noch schwer er¬ 
kennen kann. 

Diese intranuklearen Wolkchen werden dann allmahlich dichter und 
zahlreicher und sammeln sich vorwiegend in der Nahe des Nucleolus 
oder rings um denselben, wo sie gerinnselartige Massen bilden (Fig. 4 
und 4 bis), welche eine rundliche Form aufweisen konnen, meistens aber 
sehr unregelmaBig gestaltet sind. 

Von diesem Augenblick an kann man nicht mehr alle den Kern be- 
fallende Alterationen regelmaBig verfolgen, besonders infolge des Ver- 
welkens bald der einen, bald der andern; es ist deshalb zweckmkBiger, 
daB ich die verschiedenen beobachteten Erscheinungen gesondert be- 
schreibe und speziell auf diejenigen nSher eingehe, welche ein grofieres 
Interesse darbieten konnen. 

Die Zerstiickelung des Chromatinnetzwerkes und die neue Anordnung 
des Chromatins konnen sehr verschieden sein; sie fuhren aber in der 
Regel zum Verschwinden des Reticulums und zur Zerstreuung der 
Chromatinkbrnchen im ganzen Kern. Sie bilden dann entweder, wie 
bereits bei Beginn dieser Alterationen, wenige groBe, besonders an der 
Peripherie angesammelten H&ufchen, und es entstehen somit Gebilde, 
welche eine aufiergewohnlich groBe Aehnlichkeit mit den gewbhnlichen 
Karyolysis haben (Fig. 5, 6, 7) oder sie bleiben ziemlich deutlich 
isoliert und verleihen dem Kern eine deutliche, regelm&Bige, rote 
Punktierung (Fig. 10, 11, 13). In einzelnen Fallen verschwinden die 
Kernkonturen, welche hochstwahrscheinlich aus einer echten Membran 
bestehen und bei den alterierten Kernen viel deutliclier als bei den 
normalen sichtbar sind, und man findet dann in der Zelle an Stelle 
des Kern eine Anhaufung von Granula, welche fast ausschlieBlich 
chromatinischer Natur sind und nun auch das Cytoplasma invadieren 
(Fig. 8). Bemerkt sei hier jedoch, daB rot gefarbte Kornchen offenbar 
nuklearen Ursprungs zuweilen auch auftreten, wenn die allgemeine Form 

Erste Abt. Orig. Bd 67. Heft 7 33 

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Centralbi. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


des Kerns noch gut erhalten ist und die Meinbran intakt zu sein scheint. 
Diese Tatsache kann eine gewisse allgeraeine Bedeutung haben, wenn 
es sich darurn handelt, Korperchen zu deuten, welche ira Zellproto- 
plasma neben einem anscheinend normalen Kern eingeschlossen vor- 
koramen und, nach Romanowsky untersucht, eine Substanz enthalten, 
welche die Charaktere des Chromatins hat. 

Jene Art Gerinnsel, welche, wie wir sagten, im Innern des Kernes 
entsteht, nimint in kurzer Zeit eine bedeutende Kompaktheit an (Fig. 5, 
9, 10, 12), so daB sie die Gestalt einer Masse mit zieinlich regelmafiigen 
Umrissen und eine zwischen dem bl&ulich-roten und dem dunkelvioletten 
schwankende Farbe annimmt. Das Gebilde niinmt auch fortwahrend an 
Volumen zu, so daB es schlieBlich den ganzen Kern einnimmt. Dieser 
scheint dann oft, besonders wenn man ihn mit demjenigen ahnlicher, 
nicht veranderter benachbarter Zellen vergleicht, eine iibernormale GroBe 
zu haben. Wir finden somit in der Zelle schlieBlich an Stelle des ge- 
wohnlichen Kernes eine sehr sonderbare Gestalt, bestehend aus einem 
rundlichen Korper, welcher durch seine intensive Farbe deutlich hervor- 
tritt (Fig. 9 und 11) und von einer Membran — wahre und echte 
Membran oder membranartige Verdichtung von Kernsubstanz — um- 
geben ist, in welcher feinste, rot gefarbte Kornchen zerstreut sind, die 
zuweilen — als wollten sie dadurch ihre Herstammung bezeugen — 
durch dtinne FSden, welche sehr nahe an Chromatinnetzwerkfragmente 
erinnern, zu kleinen Gruppen vereinigt sind. Die genannte Membran, 
welche nicht immer kontinuierlich ist, liegt zuweilen dem inneren Korper 
dicht an, wahrend sie in anderen Fallen von demselben durch einen 
melir oder minder schmalen, farblosen Raum getrennt ist. Zuweilen 
fehlt sie schlieBlich g&nzlich (Fig. 12), vielleicht weil sie mit diesem 
inneren Korper zu innig verbunden ist. 

Die Nukleolen erfahren hingegen wenig ausgesprochene Alterationen; 
in einigen Fallen scheineu sie, wie gesagt. anzuschwellen und konnen 
auch verschwinden, als ob sich die Substanz, aus der sie gebildet sind, 
zwischen die Qbrigen Bestandteile des Kernes ausbreite und mit den- 
selben mischte. In der Mehrzahl der Falle erhait sich jedoch ihre 
Struktur verhaltnismaBig gut und man kann ohne Schwierigkeit die 
wenigen einfachen Phasen verfolgen, welche vom normalen Nucleolus 
zu jenen feinen Ringen fiihren, welche Schiffmann in den Kleine- 
schen Korperchen beschrieben hat und welche oft das Aussehen eines 
Kernes en miniature annehmen und den Eindruck raachen, als hatten 
sich die den Nucleolus bildenden Kornchen infolge der Anschwellung 
eines Teiles der Substanz, auf der sie normalerweise gestfltzt sind, etwas 
voneinander entfernt (Fig. 7 und 14). 

Die Veranderungen, welche das Protoplasma wahrend dieser Zeit 
erleidet, sind nicht sehr interessant und verschiedenartig; das Protoplasma 
behalt zuerst seine normale Struktur intakt oder fast intakt bei (Fig. 3, 
5, 9) und fangt erst in den vorgeschrittensten Stadien der Kernentartung 
an, diffuse Fkrbungen anzunehmen (Fig. 6, 7, 13), und mehr eine 
alveoiare als eineafibrillare Struktur aufzuweisen, urn sich dann schlieB¬ 
lich aufzulbsen und den Kern frei zu lassen. 

Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daB wir, nach vollendeter 
Abspielung aller dieser von mir beschriebenen Erscheinungen, in der 
Gehirnpulpa an Stelle der Nervenzellen intracellular oder frei Kleine- 
sche Kfirperchen vorfinden. 

Bemerkt sei bier, daB die von mir gegebene Beschreibung der 


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Ottolenghi, Ueber einen besonderen Befuod bei der Gefliigelpest. 515 


Alterationen, welche bei der Gefliigelpest die Nervenzellen befallen, sich 
auf die Untersuchung zahlreicher Schnitte aus verschiedenen Gehirnen 
inflzierter Ganse stiitzt, und daB diese Untersuchungen stets unter 
Kontrolle normaler, in derselben Weise behandelter Ganse von 
demselben Alter ausgefiihrt wurden. Dies gilt ganz besonders fur die 
Beobachtungen an, aus intracerebral infizierten Gansen gewonnenein 
Material, welche durch Beobachtung an Gansen kontrolliert wurden, 
welche demselben Trauma unterzogen wurden. Zu bemerken ist ferner, 
daB der Verlauf der genannten Lasionen aus den vielen allmahlichen 
Uebergangsstadien vom normalen Kern zum Kleineschen Korperchen 
hervorgeht, die man besonders bei den auf intracerebralem Wege in¬ 
fizierten Gansen leicht beobachten kann. Bei diesen kann man ferner 
eine weitore, jedenfalls interessante Beobachtung machen. Man kon- 
statiert n&mlich bei den verschiedene Zeit nach der Infektion getoteten 
Ghnsen, daB die Kleineschen Korperchen in der Nahe der Wunde am 
zahlreichsten sind, daB ihre Zahl in den umliegenden Gebieten derselben 
Gehirnhemisphare abnimmt, und daB die Korperchen wahrend einer ge- 
wissen Zeit in anderen Hemispharen fehlen. 

Unabhangig davon gibt es dann auch, wie bereits Schiffmann 
hervorgehoben hat, Pradilektionsstellen fur die Kleineschen Korper¬ 
chen, dieselben erkannte man besser bei den intramuskuiar infizierten 
Gansen; sie waren in meinen Fallen das mittlere und hintere GroBhirn 
und die optischen Lappen. 

AuBer den Kleineschen Korperchen und den Gebilden, welche 
denselben vorausgehen, beobachtet man jedoch andere Gebilde, welche 
nicht ganz in das bisher beschriebene Bild der Kerualterationen hinein- 
gehoren, sei es, weil die gewohnlichen karyolytischen Erscheinungen mit 
dem Auftreten von wenig oder uberhaupt nicht farbbaren Kernen, die 
keine Zeichen mehr ihrer friihereu Struktur aufweisen, vorwalten, sei es 
weil hingegen karyorhektische Erscheinungen vorwiegen, auf welche die 
Entstehung verschieden gestalteter und verschieden groBer, meistens 
rosa gefarbter Korperchen folgt, welche unregelmaBig geformte oder 
runde Blockchen von einer biaulich-roten oder dunkelvioletten oder zum 
Teil biaulich-roten und zum Teil dunkelvioletten Substanz enthalten. 

Man geht somit zu Elementen iiber, welche (Fig. 15) eine zuweilen 
wirklich groBe Aehnlichkeit mit den Korperchen, die Lentz (9) im Ge- 
hirne des mit fixem Rabiesvirus infizierten Kaninchen beschrieben hat, 
und auch mit jenen Korperchen haben, die Schiffmann bei pestkranken 
Gansen beobachtet hat, und die, soweit ich beobachten konnte, nicht 
selten in der Gehirnpulpa von infolge der akuten Form der Gefliigelpest 
gestorbenen Hiihnern vorkommen. Diesbeziiglich ist nur folgendes zu 
bemerken: Wenn man die Schnitte vom Gehirn pestkranker Ganse und 
die Schnitte vom Ammonshorn von mit fixem Virus infizierten Kaninchen 
mit dem Panchrom farbt, so beobachtet man, daB bei letzteren die 
Lentzschen Kfirperchen aus einer rosigen oder schwach blaulichen 
Scholle gebildet erscheinen, welche eine gewisse Anzahl von runden, 
dunkelblauen Korperchen enthait, mit denen selten einzelne rote Granula 
gemischt sind, wahrend die ahnlichen Korperchen im Gehirn der Ganse 
fast stets aus einer rosigen Scholle gebildet sind, welche offenbar proto- 
plasmatischen Ursprungs ist und blaulich-rote oder hellrote Chromatin- 
fragmente und nur selten dunkelblaue Fragmente enthait, die wahr- 
scheinlich Reste der Nukleolen darstellen. 

Bei HQhnern fand ich diese Kfirperchen nur an Stellen des Gewebes, 

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516 


(Jentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


wo man, infolge der Anwesenheit zerfallener zelliger Elemente, mit 
Sicherheit annehmen konnte, daB bereits nekrotische und degenerative 
Zellalterationen eingetreten waren. Natlirlich kann man nicht aus- 
schlieBen, obwohl dies nicht sehr wahrscheinlich erscheint, daB einige 
dieser Korperchen nicht von Nervenzellen, sondern von Neurogliazellen 
und vielleicht auch von gewanderten Leukocyten abstaminen. 

Wie dem auch sei, fest steht, daB diese Korperchen, die ich bei 
Huhuern und Gansen, und Schiffmann, soweit aus seiner Beschreibung 
hervorgeht, nur bei Gansen beobachtete, sich von den Kleineschen 
Korperchen nicht nur durch mehrere mikroskopische Cliaraktere, sondern 
auch dadurch unterscheiden, daB sie aus Protoplasma und Kern gebildet 
sind, wahrend die Kleineschen nur vom Kern abstammen. 

V. 

Nachdem ich somit die Resultate dieser meiner mikroskopischen 
Untersuchungen geschildert habe, liegt die Frage nahe, ob meine Er- 
gebnisse es gestatten, die Bedeutung der Kleineschen Korperchen und 
der anderen besonderen Korperchen festzustellen, welche man im Gehirn 
der infizierten Ganse und Hiihner antrifft. 

DaB alle diese Elemente ein Produkt einer Zellentartung und die 
letzteren auch ein solches einer Entartung des Protoplasmas darstellen, 
wurde bereits gesagt und wiederholt. Es handelt sich aber nun daruni, 
festzustellen, ob diese Entartungen als von toxischer Natur zu deuten 
sind, oder ob man eine aktive Beteiligung des infektiosen Agens an¬ 
nehmen muB, indent dieser beispielsweise den Kern der Nervenzellen 
befallen hat und, infolge seines Fortbestehens und seiner Vermehrung 
in denselben schwere Lasionen und die Entstehung von Gebilden herbei- 
fiihrt, die zum Teil aus Zellprodukten und zum Teil aus den Parasiten 
selbst zusammengesetzt sind. Letztere Annahme wurde der anfangs er- 
wShnten Hypothese Paltaufs entsprechen und auch mit einigen Be- 
obachtungen Schiffmanns im Einklang stehen, aus welchen hervor- 
zugehen scheint, daB eine enge Beziehung zwischen dem Infektionsver- 
mOgen des Gehirnes der pestkranken Ganse und der Anwesenheit der 
genannten besonderen Korperchen besteht. Ich muB hier jedoch er- 
kiaren, daB es mir nicht gelungen ist, morphologisch etwas Genaues fiber 
die Anwesenheit eines sozusagen innerhalb der Kerne der Ganglienzellen 
gebildeten Virus festzustellen; nur einige Befunde legen eine solche 
Annahme nahe. Ich meine jene Art dtinner, blau ffirbbarer WOlkchen, 
welche man in den Kernen der Nervenzellen bei Beginn ihrer Alterationen 
beobachtet. Dieselben nehmen, wie bereits gesagt, in der Folge an 
Dichtigkeit und Volumen zu; aus einer genaueren Untersuchung dieser 
Gebilde geht aber hervor, daB dieselben zuweilen eine sonderbare Ge¬ 
stalt annehmen, so daB im Kernsaft eine gewisse Anzahl blau gef&rbter, 
mit einer gewissen RegelmaBigkeit verteilter Kiigelchen auftreten kann 
(Fig. 16), ffir welche man schwerlich eine Abstammung von einem der 
Kernbestandteile annehmen konnte. Es ist ferner nachgewiesen, daB die 
typischen Kleineschen Korperchen (Fig. 14) aus einer Substanz be- 
stehen, die sich meistens violettrot oder dunkelviolett farbt, aber aus 
einem Gemisch von einer rot gef&rbten (Kernsaft und gelOstes Chromatin) 
und einer blau gef&rbten Masse zusammengesetzt ist, welch letztere ge- 
rade jene Substanz darstellt, die wir im Anfang unter der Gestalt von 
Wolkchen sahen. Man konnte nun verruuten, daB diese letztere einfach 
durch eine Diffusion der Nucleolussubstanz entstehen, wie man aus den 


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Ottolenghi, Ueber einen besonderen Betund bei der Gefliigelpest. 517 

tinktoriellen Charakteren schlieBen konnte; auch kbnnte man annehmen, 
daB sie vom Linin oder von anderen Bestandteilen des Kernes abstammt, 
welche bei normalen Zellen andere farberische Affinitaten haben, als in- 
folge eingetretener degenerativer Prozesse; man konnte aber schlieBlich, 
dem oben Gesagten gemaB, mit einiger Begriindung annehmen, daB sie 
das Virus der Gefliigelpest darstellen oder enthalten. 

Es handelt sich offenbar voriaufig nur um eine Annahme; ich glaube 
aber, daB dieselbe verdient, in Betracht gezogen zu werden, und dies 
auch auf Grund der Resultate einiger weiterer Untersuchungen, iiber die 
ich kurz berichten werde. 


VI. 

Bekanntlich sind die eigentlichen Kleineschen Korperchen nur bei 
der Gans beschrieben worden. Bei den Hiihnern, bei denen die Getiiigel- 
pest docli zum Gegenstand sehr sorgfaltiger Untersuchungen gemacht 
wurde, hat niemand solche Gebilde beobachtet. Da man annehmen 
konnte, daB das Fehlen der Kleineschen Korperchen von der so groBen 
Kiirze der Krankheit bei diesen Tieren abhangt, so daB die zur Ent- 
stehung der Alterationen der Nerveuzentren oder zu dem Zustande- 
kommen jener besonderen Evolution des Infektionserregers, von welcher 
das Auftreten der Kleineschen Korperchen abhangt, notige Zeit fehlt, 
hielt ich es fiir interessant, zu untersuchen, ob man auch bei von der 
Gans verschiedenen Vbgeln das Auftreten der erwahnten Korperchen 
hervorrufen kann, und zwar entweder durch Anwendung von Tieren, 
die gegen das Virus der Gefliigelpest ebenso widerstandsfabig wie die 
Gans oder noch widerstandsfahiger sind, oder durch Modifizierungen des 
pathogenen Vermogens dieses Virus. 

Die Untersuchungen, iiber die ich hier berichte, beziehen sich nur 
auf den ersten dieser beiden Wege, und sind das Resultat von Inoku- 
lationen von Tauben. 

Das Virus, iiber welches ich verfiige, ist, obwohl es, wie gesagt, bei 
Hiihnern eine auBerst groBe Aktivitdt entfaltet, so daB es dieselben, 
wenn es ganz frisch ist, leicht in 24 Stunden, wenn es hingegen 1 Monat 
alt ist, in 48—60 Stunden totet, fiir Tauben wirkungslos, wenigstens 
wenn man nicht ganz junge (etwa 20 Tage alte) Tiere benutzt und die¬ 
selben auf intracerebralem Wege inokuliert. In diesem Falle sterben die 
Tauben, jedoch nicht immer, nach 5—7 Tagen und weisen besonders 
Erscheinungen von Abstumpfung und Schlafsucht auf, die nicht sehr von 
denen abweichen, die man bei den Hiihnern beobachtet, wahrend eine 
jede Andeutung auf den so charakteristischen Symptomenkomplex fehlt, 
den man bei den intracerebral inokulierten Gansen beobachtet. 

Ich konnte bei der mikroskopischen Untersuchung des Gehirns der 
gestorbenen Tauben einige interessante Befunde beobachten. 

In erster Linie findet man bei den Tauben zahlreiche Kleinzellen- 
infiltrationsherde rings um die GefaBe und besonders um die kleinen 
Venen; ferner findet man zusammengeschrumpfte Nervenzellen mit en 
masse intensiv farbbarem Cytoplasma; schlieBlich trifft man auch Klein e- 
sche Korperchen, welche jedoch nur in sehr geringer Zahl vorhanden und 
zu kleinen Gruppen an verschiedenen Stellen des Gehirns, ohne wahr- 
nehmbare Ordnung, angesammelt sind. Ihr Aussehen und ihre Struktur 
bei den spontan gestorbenen Tieren bietet nichts Besonderes dar; sie 
entsprechen gSnzlich den typischen Korperchen, die man bei den G&nsen 
antrifft, obwohl sie etwas kleiner sind und eine etwas weniger deutliche 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7.| 


Struktur haben. Ich habe sie bisher nicht in ihrer allmahlichen Evolution 
verfolgt, auch weil infolge ihrer Seltenheit eine systematische Unter- 
suchung groBe Schwierigkeiten darbietet. Ich hatte aber Gelegenheit, 
in denselben Gehirnen einige Gebilde zu beobachten, welche ich auf 
Grund der bei meinen Untersuchungen uber die Ganse erworbenen Er- 
fahrungen als unzweifelhaft zu jener Reihe von Kernalterationen gehorend 
glaube betrachten zu kounen, welche init der Entstehung der Kleine- 
schen Korperchen enden. In einigen dieser Gebilde konnte ich jene Art 
von bald rings um den Kern angesammelten, bald in kleine, rnit einer 
gewissen RegelmaBigkeit im Kern zerstreute Kiigelchen geteilten, nach 
Roinanowsky blau farbbaren Wolkchen beobachten, die ich weiter 
oben bei den Gansen beschrieben habe. 

Bei der Taube nehmen jedoch diese Gebilde oft eine deutlichere und 
regelmaBigere Form als bei der Gans an und konuen innerhalb von 
Kernen vorkoinmen, die im iibrigen, wenigstens anscheinend, normal 
sind. Sie siud namlich nicht selten ei- oder nierenartig gestaltet und 
zuweilen mit einer gewissen Symmetrie rings um den Nucleolus an- 
gesammelt, wobei sie ganz sonderbare Figuren von kleinen Zellelementen 
mit scharfen und regelmaBigen Konturen bilden, wobei der Kern durch 
den Nucleolus der Nervenzelle vertreten ist (Fig. 17). 

Ich glaube diesbeziiglich bemerken zu mfissen, daB ich ahuliche 
Befunde, wie die soeben bei der Taube und vorher bei der Gans be- 
schriebenen, in den zahlreichen anderen von mir untersuchten Fallen 
von Zell- und Kernentartungen, welche die Nervenelemente oder die 
Elemente anderer Gewebe infolge andersartiger Ursachen befallen, nie 
beobachtet habe. Z. B. bei der Schweinepest, einer Krankheit, welche 
vielleicht verdient, hier erw&hnt zu werden, weil auch sie durch ein 
filtrierbares Virus erzeugt wird und weil sie ebenfalls Veranderungen des 
Nervensystems zur Folge hat, kann man, besonders in den letzten 
Segmenten des Lendenmarks, schwere LSsionen der Ganglienzelleu und 
besonders der Kerne beobachten, wie Zerstiickelung des Chromatin- 
netzwerkes, Modifizierungen des Kernsaftes, so daB er nach Roma- 
nowsky diffus rosig gefarbt wird, und Veranderungen der Nukleolen 
mit anscheinendem Austritt der eigentlichen Nukleolarsubstanz in Form 
von Tropfchen oder von Fragmenten usw. Jedoch sah ich auch hier 
nie jene Art von blau oder blauviolett farbbaren, intranuklearen Wolk¬ 
chen und jene anderen eigentiimlichen Gebilde auftreten, welche jeden- 
falls einen sehr interessanten und, wenigstens bis jetzt, fiir die Getiiigel- 
pest charakteristischeu Befund darstellen und namentlich unter der be- 
sonderen Form, unter der sie bei der Taube auftreten konnen, die Ver- 
mutung nahe legen, daB sie etwas mehr als eine einfache Kernentartung, 
vielleicht eine Gestalt darstellen, unter der der Krankheitserreger vor- 
kommen kann. 


SchluBfolgerungen. 

1) Die von Kleine im Gehirn der mit Getiiigelpest infizierten 
GBnse nachgewiesenen Korperchen entstammen den Kernen der Nerven- 
zellen 

2) Im Gehirn der mit Getiiigelpest infizierten Giinse und Huhuer 
findet man weitere Korperchen, welche sich von den erwahnten auch 
dadurch unterscheiden, daB ihrer Zusammeusetzuug nach das Cytoplasma 
beteiligt ist. 


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vcm Gustav Fischrr in Jena 


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Rocchi, Bakteriologische Untereuchung bei Intestinalokklusion. 


519 


3) Auch bei den Tauben, die der Infektion erliegen, findet man die 
Kleinescben KSrperchen. 

4) Einige Besonderheiten, die man wahrend der Bildung der 
Klein eschen Korperchen wahrnimmt, und die Struktur dieser Gebilde 
legen die Vermutung nahe, daB diese den Erreger der Gefliigelpest 
enthalten; es liegt jedoch bisker kein sicherer Beweis dafiir vor. 


Literatur. 

1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. 51. 1905. p. 177. 

2) Wien. klin. Wochenschr. 1900. No. 45. 

3) Wien. klin. Wochenschr. 1906. No. 45. p. 1299. 

4) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 43. 1907. p. 825; Bd. 45. 1908. p. 393. 

5) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 40. 1906. p. 204. 

6) Miinchen. med. Wochenschr. 1908. p. 165. 

7) Miinchen. med. Wochenschr. 1908. No. 29. 

8) Atti della Socielh Italiana di Patologia. VI. Riunione. 1909. p. 143. 

9) Zeitschr. f. Hyg. Bd. 62. 1909. p. 63. 


Tafelerkl&rung'. 

Fig. 1—16. GroBhirn von der Gans. 

Fig. 17. GroBhirn von der Taube. 

Suhlimat-Alkoholfixierung. 

Farbung mit Panchrom von Pappenheim. 

Alle Figuren wurden mit Zeiss 2 mm homog. Immers. und Kompens.-Ok. No. 12 
gezeichnet. 


Nachdruck verboten. 

Bakteriologische Untersuchung bei Intestinalokklusion. 

[Institut fiir chirurgische Klinik bei der Kgl. Universitat Bologna 
(Direktor: Prof. Comm. G. Ruggi).] 

Von Dr. Giuseppe Rocclii, Assistenten am St. Ursula-Hospital in Bologna. 

Ich habe es unternommen, bakteriologische Untersuchungen anzii- 
stellen bei Intestinalokklusion in Fallen, die sich auf den Menschen be- 
ziehen, und in experimentellen Fallen, die sich auf Tiere beziehen, wobei 
ich Hamokulturen anlegte und die Keime in dem Intestinalinhalt der 
Ansa oberhalb der okkludierten Stelle untersuchte. Die Beobachtungen 
betreffen Okklusionen des Intestinum tenue. 

Beobachtungen. 

1) G. A., 55 Jahre alt (Bett No. 32, Register No. 64) wird von Prof. Ruggi 
operiert am 22. Febr. 1907 wegen Enteroanastomose infolge von Okklusion des auf- 
steigenden Colon durch Peritonealverbindung. Wahrend des operativen Aktes entnehme 
ich von dem Intestinalinhalt oberhalb der okkludierten Stelle. Ich lege Hamokulturen an. 

2) B. B., 72 Jahre alt (Bett No. 7, Register No. 26) wird von Prof. Magni am 
22. Jan. 1907 operiert wegen verengter Hernia durch Resektion eines Teils des brandig 
gewordenen Intestinum tenue. Der Intestinalinhalt des entfernten Eingeweides wird 
bakteriologisch untersucht. Ich lege Hamokulturen an. 

3) Schaferhund, operiert am 22. Jan. 1907 wegen Okklusion der mittleren Partie 
des Intestinum tenue. wobei das Intestinum mit eineru breiten Leinwandverbande zu- 
gebunden wird; am 24. Jan. wird er wegen Verblutung getotet. Ich fiihre Hamokul¬ 
turen aus und stelle die bakteriologische Untersuchung des Intestinaliuhaltes oberhalb 
der Okklusion an. 


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520 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


4) Wolfshund, operiert am 3. April 1907 wegen Okklusion der mittleren Partie 
den Tenue, wobei das Intestinum mit einem breiten Leinwandbande zugebunden wird; 
am 6. April wird er getotet wegen Verblutung. Ich lege Hiimokulturen an und uehme 
kulturelle Aussaaten des Intestinalinhalts oberhalb der okkludierten Stelle vor. 

5) Kauinchen, operiert am 20. Mai 1907 wegen Okklusion des mittleren Teils des 
Tenue, wobei das Intestinnum mit einem breiten Leinwandbande zugebunden wird; am 
22. Mai wird es getotet wegen Verblutung. Ich nehme die Hamokultur und die bakte- 
riologische Untersuchuug des Intestinalinhalts oberhalb der verengten Stelle vor. 

6) Meerschweinchen, operiert am 10. Okt. 1907 wegen Intestinalokklusion dee 
mittleren Teiles des Tenue, wobei das Intestinum mit einem breiten Leinwandbands 
zugebunden wird; es wird getotet am 12. Okt. wegen Verblutung. Ich nehme die 
Hamokultur vor und stelle eine bakteriologische Untersuchuug des Intestinalinhalts 
oberhalb der Okklusion an. 

7) Meerschweinchen, operiert am 2. Febr. 1908 wegen Intestinalokklusion des 
mittleren Teiles des Tenue, wobei das Intestinum mit einem Leinwandbande zugebunden 
wird; es wird getotet am 4. Febr. wegen Verblutung. Ich nehme die Hamokultur und 
die bakteriologische Untersuchung des Intestinalinhalts oberhalb der Okklusion vor. 

Die angewandte bakteriologische Technik ist beschrieben in meiner 
Arbeit iiber die anaeroben Keinie: „Lo stato attuale delle nostre cogni- 
zioni sui germi anaerobi u (Bull. Soc. Medica di Bologna. 1908). Es ist 


Die bei den Untersuchungen von Dr. Roc chi isolierten Keime. 


a 

.S 

a 

m Qf 

OS 

Ph 



Intestinalinhalt 

Blut 

Beobachtungen 

Aeroben und fakul- 
tative Anaeroben 

Anaeroben 

Aeroben und 
fakultative 
Anaeroben 

Anaeroben 

1. 

Streptococcus. 
Enterococcus, 
B. s u b t i 1 i s, 

B. des Colon 

B. perfringens, 
B. paraputrifi- 
cus 

0 

0 

2. 

Streptococcus, 
B. des Colon 

B. perfringens, 
ein Tetanicus-ahn- 
lieher unbestimmter 
Bacillus 

0 

0 

3. (Huud) 

Streptococcus, 
B. des Colon, 
zwei Species von 
unbest immten 
Bakterien 

B. perfringens 

0 

0 


4. (Hand) 


& 

V- 

CJ 

H 


5. 


(Kauinchen) 


Zwei Species von B. perfringens, Tetra- 
unbestimmteu ein unbestimmter] genus 
Kokken, Coccus 

B. des Colon 

Streptococcus,; B. perfringens Strepto 
ein Bakterium der coccus 

Gruppe der Para- 
coli 


6. (Meer- B. s u b t i 1 i s, B. A c h a 1 m e, 

schweinchen) ein spindelfdrmiger B. perfringens, 
unbestimmter Ba- ein Tetanicus-iibn- 
cillus, licher unbestimmter, 

ein grofier unbe- Bacillus 

stimmter Coccus 


0 


0 


B. per¬ 
fringens 


B. per¬ 
fringens 


7. (Meer¬ 
schweinchen) 


Streptococcus,] B. putrificus 
B. des Colon Bienstok, 

B. perfringens 


0 


0 


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Cipolla, Ein Fall von Orientbeulc in der Provinz Palermo. 


521 


nicht moglich gewesen, die Virulenz der Keirae zu studieren wegea der 
groBen Quantit&t der isolierten Keime. 

In vorstehender Tabelle fasse ich die Resultate meiner Unter- 
suchungen zusammen. 

Aus obenstehender Tabelle geht hervor, daB bei der Intestinal- 
okklusion selten Keime im Blute vorhanden sind, und daB der Iutestiual- 
inhalt oberhalb der Okklusion eine selir reiche Flora von aeroben, fakul- 
tativ anaeroben und rein anaeroben Keimen enth&lt. Diese Flora ist 
dieselbe, die sich normal im Dickdarm befindet, jedoch mit folgenden 
Abweichungen: 

Vermehrte Anzahl der Keime der Gruppe Streptococcus und 
der Butters&ureanaeroben, verminderte Anzahl der Keime der Gruppe 
des Bacillus des Colon, Verschwinden des B. bifid us, zuweilen Auf- 
treten von reinen proteolytischen Keimen: Tetanicus-ahnlichen Ba- 
cillen, Bac. putrificus Bienstok. Diese Flora hat einige Aehnlich- 
keit mit der Flora der F&ulnis von Fleisch- oder Pflanzeusubstanzen, 
wie diese Flora sich in der Natur in der Periode der vorgerOckten 
Putrifikation entwickelt. 


Nachdruck verbolen. 

Ein Fall von Orientbeule in der Provinz Palermo 1 ). 

[Aus der Kgl. Universitatskinderkliuik zu Palermo, Dir.: Prof. R. J e m m a.J 

Von Dr. Michelangelo Cipolla, 

Dozenten der dermatosyphilidologischen Pathologie und Klinik. 

Mit 2 Figuren. 

Im Februar des verflossenen Jahres stellte sich im dermatosyphili- 
dologischen Laboratorium der Kinderklinik ein Madchen mit einer 
LSsion von nicht leichter Diagnose ein. 

Ich teile kurz die betreffende Geschichte mit. 

C. M., 15 Jahre alt, aus Villafrati (Provinz Palermo). 

Nichta von Belang in der Familiengesehichte. 5 Jahre vorher hatte die Patientin 
an einer eitrigen Drusenentziindung an der rechten Ueberzungenbeingegend gelitten, 
die nach Inzision, von der die Spuren zuriickblieben, ausheilte. Menstruiert mit 
14 Jahren, waren die Menstruationen dann zuweilen nach Auftreten und Dauer un- 
regelmaBig. Vor ca. einem Jahr hatte sich infolge eines Traumas (Austoflen) an der 
rechten Joehbeingegend in dieser Region eine leichte Anschwellung von der GroBe 
eines l-Centimestiiefces bemerkbar gemacht, die an der Peripherie gerotet, in der Mitte 
weiBlich, nicht schmerzhaft noch juckend war. Sie wurde fur einen einfachen Furunkel 

f ehalten und, da sie nicht zur Besserung neigte, nach einigen Tagen inzidierte; es trat 
Hut aus, die Liision ging nicht zuriick, ja vergroBerte sich und bedeckte sich mit einer 
weiSlichen und adhiirenten Kruste. In diesem Zustande blieb sie stationar, bis sie in 
meine Beobachtung kam. 

In der Zwischenzeit wurde keinerlei lokale oder allgemeine Behandlung vor- 
genommen. 

Status praesens. — Gute Konstitution, ziemlich gute Allgeineinemahrun^, 
sichtbare Schleimhiiute blaB. An der rechten Joehbeingegend, d. h. ein panr Zenti- 
meter von der Lidspalte, beobachtet man eine haselnuBgrofie Anschwellung von gelb- 
violetter Farbe, im Zentrum bedeckt mit einer kleinen hiimatischen Kruste und ringsum 
von weiSlichen Schiippchen. Nach Ablosung der Kruste wird eine Ulzeration mit unter- 
minierten, unregemafligen und infiltrierten Randern und graulichem mit seros-blutiger 
Fliissigkeit iiberdecktem Grund bloBgelegt. Die Anschwellung zeigt hart-elastische 
Konsistenz, ist spontan, wie auf Druck scnmerzlos und gibt kein Jucken noch Brennen. 

1) Mitgeteilt auf dem KongreS filr Padiatrie, Palermo, April 1911. 


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Ccntralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Druse napparat. — Eine bohncngroBe Druse wird in der rechten submaxillaren 
Region und zwei weitere ctwas groScre an dem Unterkieferwinkel derselben Seite wahr- 
genommen. Diese Driisen sind nart-elastisch, wenig verschiebbar und schmerzlos. 

Untersuchung der inncren Organo und der Schleimhaute negativ. 

Blutuntersuchung. — Hamoglobin 82 Proz., weifie Blutkorperchen 11804, 
rote Blutkorperchen 2 500 000. 

Die Diagnose diesor Hautaffektion bot wirklich grofle Schwierigkeiten, wurde 
schlieBlich per exclusionem gestellt und bestatigt durch die mikroskopische Untersuchung 
des durch Abschabung des Ulzerationsgrunaes erhaltenen Detritus. Ausgeschlossen 
waren Furunkel, Anthrax, da sie manifestcre entzundliche Eigenschaften und rascheren 
Verlauf besitzen, Lupus vulgaris, weil die charakteristischen Knotchen fehlten, Syplilis 
(Syphilosclerosis) wegen der Farbe und vor allem wegen der Entwicklung. An sonstige 
Diagnosen (Ulcus molle, Epithelium, Bubas etc.) war nicht zu denken. 





Fig. 2. 


Fig. 1. 



Man kam dann auf den Gedanken, daG es sicli am einen Fall von 
Oricntbeule handeln konnte, weslialb zur oben angedeuteten mikro- 
skopischen Untersuchung geschritten wurde. Durch dieselbe war es 
moglich, Parasiten, bestehend aus feinkornigera Protoplasma mit einigen 
scharfbegrenzten Vakuolen, von rundlicher Oder langlicher Form mit 
einem zentralen oder gegen den einen Pol verschobenen Kern und einem 
stabchenformigen, in bezug auf den Kern entweder senkrecht oder tan¬ 
gential angeordneten Blepharoblasten aufzufinden. Die erw&hnten Para¬ 
siten saden stets intracellular, jede Zelle enthielt eine verschiedene Anzahl 
(es wurden bis zu 20 konstatiert). Der Typus der den Parasiten ent- 


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v. Riltz, Ein Plerocercoid von dem Schwein. 


523 


haltenden Zelle war der einer endothelialen Zelle mit gequollenem 
Cytoplasma und stark reduzierter chromatischer Substanz. Diese Zellen 
zeigen einen groBen rundlichen Oder gelappten Kern. Der Kern war in 
pyknotischer Entartung oder in vorgeschrittener Chrornatolyse. In den 
PrSparaten sind freie Elemente angetroffen worden, offenbar mechanisch 
wahrend der Ilerstellung des Praparates in Freiheit gesetzt. 

In diesem Parasiten wurde das Piroplasma von Wright er- 
kannt, das heute allseits als spezifischer Erreger der Orientbeule an- 
erkannt wird, wodurch ohne alien Zweifel die Diagnose auf Orientbeule 
gestellt werden konnte. 

Kulturversuche. — Mit diesem Parasiten. der dem L e i s h m a n - 
schen der Anaemia splenica oder Kala-azar ganz ahnlich ist und als eine 
kutane Lokalisation der letzteren Krankheit betrachtet wird, wurde die 
Kultur im Nicolleschen Boden versucht. Nach Sterilisierung der 
LSsion mit Jodtinktur wurde das Material sowohl aus dem Grunde der 
Ulzeration durch Abkratzen mit einer sehr starken Platinbse wie auch 
aus den infiltrierten Randern durch Einstechen einer Tursinispritze und 
Aspirieren entnommen. Samtllche Kulturrohren blieben steril sowohl 
bei der ersten wie bei den spateren Proben. 

Bei der histologischen Untersuchung des Sttickes, welches 
aus von meinem Willen unabhangigen Grunden nach ca. 3 Monaten 
exzidiert wurde, als sich die Lasion auf dem Wege zur Heilung befand, 
konnten in den Geweben weder der Parasit (welcher auch in dem Sekret 
der Obertlache verschwunden war) noch bemerkenswerte histologische 
Veranderungen aufgefunden werden. 

Die Heilung war fast eine spontane, da die Patientin nur 3 Jodtinktur- 
applikationen wahrend der bakteriologiscben Untersuchungen machte. 
Mit der Ausheilung der Hautiasion bekam man den Rdckgang der 
Drflsenhyperplasie. 

Der mitgeteilte Fall ist deshalb von Wichtigkeit, weil er voll- 
kommen die Vermutung rechtfertigt, daB zwischen den beiden Krank- 
heiten Leishmania - Anamie und Orientbeule ein sehr enger Zusammen- 
hang besteht, da beide Krankheiten in denselben Gegenden endemisch 
sind. Sehr wahrscheinlich sind die Parasiten, welche bei den beiden 
Erkrankungen angetroffen werden, durchaus identisch. 

Nach dem klinischen Gesichtspunkt ist, wie gesagt, die Diagnose 
eine sehr schwierige und kann ohne mikroskopische Untersuchung nicht 
sicher gestellt werden. 


Nachdruck verbolen. 

Ein Plerocercoid von dem Schwein. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institut der Kgl. Ungar. Tierarztl. 

Hochschule zu Budapest.] 

Von Prof. Dr. Stefan ron R&tz. 

Mit 3 Figuren im Text. 

Die Finnen der verschiedenen Tanien unterscheiden sich voneinander 
sehr auffailig. Die bekanntesten Forraen sind die eigentlichen Blasen- 
wQrmer, welche eine Schwanzblase besitzen, die bei manchen Arten 
ziemlich groB und mit einer wasserhellen, serosen Fliissigkeit gefullt ist. 


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524 


Ontralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bil. 67. Heft 7. 


Eine solche Finne ist der Cysticercus, bestehend aus einer Schwanz- 
blase und dem Scolex. Der Coenurus ist anscheinend auch eine mit 
Fliissigkeit gefiillte groBere Blase, in welcher viele Kopfe vorhanden 
sind, in der Wirklichkeit sind aber die in Gruppen geordneten Kopfe 
alle auch einzeln in eine kleine Blase eiugehiillt, folglich ist diese Finne 
polysomatos, aber nionocephal (Railliet). Dagegen ist der Echino¬ 
coccus zugleich auch polycephal, denn eine jede Blase enthalt zugleich 
auch mehrere eingestiilpte Kopfe. 

Zu den kleineren Larven gehort der Monocercus, deren Blase 
in deni Schwanzanhang eingestiilpt ist, wie man dies an der Larve der 
Davainea tetragona bemerken kann. Aehnlich gebaut ist auch die 
Cercocystis, die Blase liegt aber vor dem manchmal ziemlich langen 
schwanzartigen Anhang. 

Die in der dritten Gruppe der Finnen eingereihten Larven besitzen 
keine Blase, sondern sie bestehen nur aus dem Scolex und aus dem 
soliden Schwanzanhang, in welchem der Kopf oft invaginiert ist. Hierher 
gehort die Cryptocystis, vor allem die Larve des Dipylidium 
can in urn. Endlich kennen wir noch das Plerocercoid, welches 
aus dem Kopf und einem parenchymatosen Schwanzteil, in welchem der 
Skolex oft eingezogen ist, besteht. 

Sehr wahrscheinlich ist die Reihe mit diesen Finnentypen noch nicht 
erschopft, denn es gibt viele Tanien, deren Entwickelungsgang noch 
nicht erforscht ist. und infolgedessen sind auch ihre Finnen unbekannt. 

So ist z. B. die Entwickelung der Anoplocephalinen, namlich 
der Gattungen von Moniezia, Thysanosoma, Stilesia, Cteno- 
taenia, Bertiella etc. ganz unbekannt. Aber wir kennen auch 
andere Taniengattungen und Arten, deren Entwickelung noch ver- 
schleiert ist. 

Zu den letzteren gehoren auch die Bothriocephaliden, denn 
die Finnen des Bothriocephalus cordatus, fuscus, serratus 
etc. sind noch nicht gefunden worden. Andererseits sind aber auch 
vielfache Tanienfinnen beschrieben worden, deren geschlechtsreife Formen 
wir noch vermissen. 

Eine bisher unbekannte Tanienfinne habe auch ich in den letzten 
Jahren dreimal gefunden. 

Am 19. Oktober 1909 hat man mir Muskelteile von einem ge- 
schlachteten Schwein zugeschickt. Bei der Untersuchung habe ich in 
einem Muskelstiick, d. h. im Bindegewebe, einen zusammengerollten, 
weiBgelblichen, anscheinend fadenformigen Wurm gefunden, dessen eines 
Ende frei, das andere aber in dem Bindegewebe verborgen war. Ein 
anderer Muskelteil erschien ganz bunt, von Zweipfennig-groBen, dunkel- 
roten Flecken, die an der Schnittflache feuchter und gllinzender waren, 
wie die anderen Teile, es sickerte auch etwas Blut von der Schnittfliiche, 
und in einem kanalartigen Gang befand sich noch ein Wurm. 

In dem niichsten Jahre fand ich in dem subkutanen Bindegewebe, 
d. h. im Speck, oberhalb der Muskellage, wieder denselben Wurm. 
Blutungen oder andere pathologische Veranderungen waren aber nicht 
vorhanden. 

Zuletzt habe ich diesen Parasiten am 3. Mai v. J. in den Schenkel- 
muskeln eines Schweines entdeckt. In dem einen Muskelteil lag ein 
erbsengroBer, gelblich-weiBer Knoten, bedeckt durch das Bindegewebe, 
und als ich dasselbe eingerissen habe, kain ein Wurm zura Vorschein. 
Die Umgebung des Wurmes war etwas feuchter, und man konnte zer- 


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v. Ratz, Ein Plerocercoid von dem Schwein. 


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streut auch linsengroBe Blutungen bemerken. In zwei anderen Muskel- 
teilen lagen zwischen den Faszikeln, in kleineu G&ngen, ebenfails zwei 
Exemplare. 

Die aus den Muskeln stammenden Wiirmer erschienen beinahe 
fadenformig und etwas gelblich verfarbt. In Wasser gelegt, haben sie 
ihre fadenformige Gestalt verandert, wurden abgeflacht, bandfbrmig und 
zugleich bedeutend breiter, jedoch auch ktirzer. Sie bewegten sicli 
schlangenartig, wobei die RSnder des Korpers wellenformige Form- 
veranderungen zeigten, die besonders an einem Ende, namlich an dem 
Kopfteil, auffallig waren. Der Kopfteil hat sich bald verschmalert und 
zugespitzt, bald wieder verbreitert und verkiirzt, wobei an den Randern 
wulstige Verdickungen erschienen. In lauwarmem Wasser waren die 
Bewegungen viel lebhafter und hielten stundenlang an. In diesem Zu- 
stande konnte man schon mit freiem Auge, aber noch mehr mit der 
LupenvergroBerung konstatieren, daB wir es mit einer Cestode zu tun 
haben (Fig. 2 u. 3). 


Fig. 1. 

Fig. 1. Sparganum Raillieti n. sp. Natiirliche GroBe. 

Fig. 2. Sparganum Raillieti n. sp. Kopfteil; vergroBert. 

Fig. 3. Sparganum Raillieti n. sp. Kopfteil; vergroBert. 




Die unbeschadigten Exemplare sind 11—11,5 cm lang und 1,2—2 mm 
breit. Das Vorderende ist lanzettenformig ausgebreitet oder keulenformig 
angeschwollen und tr&gt den Kopf, der zumeist eingestiilpt ist. An 
einigen Exemplaren sieht man jedoch vorn den 0,6 mm hohen, an der 
Basis 0,6 mm, an der Spitze 0,34 mm dicken Kopf, dessen Oberflache 
von wulstigen Querrunzeln uneben ist. An der Spitze des Kopfes ist 
eine kleine trichterfSrmige Einkerbung zu sehen, als wenn der Kopf 
nicht ganz ausgestiilpt w&re. An demjenigen Exemplare, dessen Kopfteil 
lanzettformig verbreitert war, konnte man an beiden Seiten des Kopfes 
je einen seichten, in die Lange ziehenden Einschnitt sehen, der an die 
Bothridien der Bothriocephalus latus erinnert. Hinter dem Vorder¬ 
ende verschmalert sich zuweilen der K6rper, ca. auf die Haifte des 
Vorderendes. Die Seitenrander sind ein wenig angeschwollen und in 
der Mittellinie der beiden Flachen ist eine seichte Furche zu sehen. 
Beide Flachen des Korpers sind von Querrunzeln, die an den Seiten- 
randern vorstehen, sehr uneben. Diese Falten konnen an manchen 
Stellen eine Gliederung vortauschen, sie sind aber nur oberflachliche 
VorwOlbungen, die in unregelmaBigen Entfernungen nacheinander folgen. 


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526 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Das Hinterende ist gerade abgestutzt oder in der Mitte etwas eingezogen. 
Der ganze Korper ist mit Kalkkorperchen dicbt eingestreut, nur an den 
Seitenrandern sind diese spkrliclier zu sehen. Hinter dem Kopf er- 
scheinen die Kalkkorperchen groBer und dichter, wogegen am Hinterende 
man kleinere findet. Die Seitenteile des Korpers sind von den starken 
Langsmuskeln weniger durchsichtig, wogegen die eingekerbte Mittellinie 
diinner und durchsichtiger erscheint. An den Seiten verlaufen zwei 
ziemlich breite, nach hinten ziehende Langskanale, die WassergefaBe. 
Von den Geschlechtsorganen ist nichts zu sehen (Fig. 1). 

Nach der Beschreibung haben wir es mit dem Plerocercoid einer 
noch unbekannten Bothriocephalide zu tun. 

AuBer dem Menschen leben auch im Korper der verschiedenen 
VVirbeltiere ahnliche TSnienfinnen, deren geschlechtsreife Entwickelungs- 
formen noch nicht bekannt sind und folglich in eine Gattung noch nicht 
eingereiht werden konnten. Die sing hat im Jahre 1854 zur Bezeich- 
nung dieser Larven den Namen Sparganum empfohlen. 

Am niichsten zu dem von mir kurz beschriebenen Plerocoid steht 
Sparganum Man son i Stil. et Tayler, welcher von P. Man son im 
Jahre 1882 bei der Sektion eines in Amoy verstorbenen Chinesen in 
12 Exemplaren unter dem Peritoneum und in der Leibeshohle gefunden 
wurde. Seit dieser Zeit haben Scheube, Ijima und Mu rata, 
Miyake, Sambon und Daniels neue Falle beschrieben. Nach den 
jetzigen Beobachtungen kommt diese Art am h&ufigsten in Japan vor t 
sie wurde aber auch in Afrika beobachtet. 

Sparganum Mansoni ist nicht nur in morphologischer Hinsicht 
dem eben besprochenen Parasiten ahnlich, sondern auch nach seinein 
Vorkommen, denn Ijima und Murata haben ihn auch in dem sub- 
kutanen Bindegewebe gefunden, hier aber verursacht derselbe auff&lligere 
pathologische Veranderungen, n&mlich entziindungslose, jedoch zeitweise 
schinerzhafte Tumoren. 

Nach einer Mitteilung von A. Railliet und A. Henry 1 ) wurde 
von J. Bauche, Veterin&rinspektor in Anam, eine ahnliche Larve in 
den Schenkelmuskeln eines Schweines gefunden, die von den Verff. mit 
Vorbehalt als Sparganum Mansoni bezeichnet wurde. Dieser Band- 
wurm erschien weiBlich, 6 cm lang, am Vorderende 3 mm breit, ab- 
gerundet, von Querrunzeln uneben und an der Spitze mit einer Invagi¬ 
nation versehen. Die iibrigen Teile des KSrpers waren 1,7 mm breit, 
abgeplattet, in der Mittellinie etwas verdickt. 

Eine zweite Form, Sparganum prolifer, wurde im Jahre 1905 
von Ijima in der Inguinalgegend einer Japanerin gefunden. Subkutan 
und im Corium fanden sich zahlreiche, 1—8 mm groBe, gut abgegrenzte 
HohMume, in denen meist zu mehreren (bis fiinf) bandforrnige Korper 
von 3— 12 mm Lange lagen, die an einem Ende stark verschmaiert, am 
anderen breiter sind. Diese Finnen vermehren sich durch Teilung und 
Knospung. Die jungen Plerocercoide wandern in dem Bindegewebe, bis 
sie sich einkapseln. Die Futterungsversuche an Hunde, Katzen und 
Schweine blieben erfolglos, sowie auch der Versuch, die Larven im Binde¬ 
gewebe der erwahnten Versuchstiere zur Ansiedelung zu bringen. 

Zu diesen exotischen Formen gesellen sich jetzt diejenigen Plero¬ 
cercoide, die ich in Ungarn gefunden habe. Beachtenswert scheinen 
diese Beobachtungen um so mehr zu sein, da in Europa und Atnerika 


1) Railliet, A. et Henry, A., Helminthes du pore recueillies par M. Bauche 
cn Anam. (Extr. du Bull, de la Soc. de Pathol. Exot. T. 4. 1911. No. 10.) 


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Skrjabin, Metorchis pinguinicola nov. sp. 


527 


jahrlich Hunderttausende von geschlachteten Schweinen untersucht werden, 
aber, soweit mir bekannt ist, wurde ein ahnliches Plerocercoid bis jetzt 
nur einmal in Anam vorgefunden. 

Leider habe ich nur drei ganze Exemplare erhalten, von denen ich 
zwei zura Fiitterungsversuch verwendet habe. Zwei lebende Exemplare, 
die sich in der lauwarmen physiologischen Kochsalzlosung lebhaft be- 
wegten, habe ich, in Fleischstiicke eingehiillt, an einen jungen Hund 
verfiittert, von der Annahme ausgehend, daB die entwickelten, geschlechts- 
reifen Tiere aller Wahrscheinlichkeit nach in dem Menschen oder Carni- 
voren parasitieren. Leider ist dieser Fiitterungsversuch nicht ganz ge- 
lungen, denn das Versuchstier verendete am 38. Tage unerwartet. Bei 
der Sektion haben wir dann einen unbekannten Bandwurm gefunden, 
jedoch teilweise schon in aufgelostem Zustande, so daB nur eine 14,5 mm 
lange Proglottidenkette vorhanden war, der Kopf und die iibrigen Teile 
des KOrpers waren schon ganz aufgelbst und nicht auffindbar. 

Die gefundenen Proglottiden waren auch halb verfault und zur 
genaueren Untersuchung ungeeignet. Die ganze Kette bestand aus 
37 Gliedern, von denen die ersten 0,51 mm lang und 0,68 mm breit, 
die letzten 0,34 mm lang und 1,53 mm breit waren. Die jiingeren Pro¬ 
glottiden sind an den Randern ganz zerfetzt, die Slteren behielten ihre 
Form noch etwas mehr. In der Mittellinie der ganzen Kette ist ein 
dunklerer Streifen zu sehen, der in alien Gliedern mit einem kegel- 
formigen Korperchen anfangt. In den alteren Gliedern nimmt dieses 
Korperchen, welches dem Cirrusbeutel entspricht, eine ovale Form an, 
wolbt sich ein wenig hervor und hat eine ziemlich groBe, l&nglich-ovale 
Miindung. AuBerdem sieht man noch die breiten Langsstamme der 
Wassergef&Be und in deren Niihe zerstreute kleine, rundliche Korperchen, 
die Hoden. Andere Geschlechtsorgane kann man weder in den frisch 
untersuchten, noch in den gefarbten Praparaten erkennen. 

Der Versuch ist jedoch insofern von Wert, da dadurch meine An¬ 
nahme, daB es sich um die Finne einer Bothriocephalide handle, bestatigt 
wurde. Zugleich hat sich auch herausgestellt, daB das Plerocercoid sich 
in dem Darmkanal des Hundes ansiedelt. 

Es ist zu hoffen, daB ein neuerer Fund eine bessere Gelegenheit 
zur weiteren Untersuchung geben wird, so daB ich diese Larve, die ich 
nach Prof. Railliet als Sparganum Raillieti zu bezeichnen 
wunsche, vollstandiger werde untersuchen konnen. 


Nachdruck verboten. 


Metorchis pinguinicola nov. sp., 

ein Parasit aus der Gallenblasc des Pinguins. 


[Aus dem Zoologischen Museum in Konigsberg i. Pr.] 


Von K. I. Skrjabin. 

Mit 1 Figur im Text. 

Auf Veranlassung von Herrn Geheimrat Prof. Dr. M. Braun unter- 
suchte ich eine Anzahl Parasiten aus der Gallenblase mehrerer im Ber¬ 
liner Zoologischen Garten eingegangenen Pinguine (Spheniscus de¬ 
ni ersus aus Siidafrika), die an das hiesige Museum zur Bestimmung 
gesandt worden waren. 


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528 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Die Stiicke erwiesen sich als eine neue Art der Gattung Metorchis 
Looss 1899, fur die ich den Namen Metorclils pinguinicola vorschlage. 

Der Parasit besitzt einen fiachen, langlichen, nach hinten allmahlich 
verbreiterten Korper mit abgerundeten Vorder- und Hinterenden. Die 
Lange betragt 3,4—4,75 nun, die groBte Breite erreicht 1,054 ram, und 
zwar in der hinteren Halfte in der Hohe der Hoden. Der Korper ist 
mit zahlreichen Stacheln besetzt, die ihre Spitzen nach hinten richten; 
ihre Verteilung ist eine unregelm£Bige: am dichtesten stehen sie auf 
der Dorsalflache des Korpers irn vorderen Abschnitt; nach hinten werden 
sie sparlicher und verschwinden in der Hodenregion. 

Der Mundsaugnapf liegt am auBersten Korper- 
ende; die Breite (0,340 mm) iibertrifft etwas die 
Lange (0,272 mm). Unmittelbar daran schlieBt sich 
der Pharynx an (0,102 mm), hinter dem der deut- 
lich unterscheidbare Oesophagus folgt, dessen Lfinge 
bei einigen Exemplaren die Lange des Pharynx 
iibertrifft (0,136 mm). Die Darmschenkel sind ein- 
fach; sie verlaufen zwischen Dotterstocken und 
Uterus, umgehen lateral die Hoden und reichen 
bis in das iiuBerste Hinterende, wobei die blinden 
Enden sich mit ihren Enden manchmal bertihren. 

Der Bauchsaugnapf ist von regelmaBig runder 
Form, vor der Korpermitte gelegen und miBt im 
Durchmesser 0,272 mm. 

Die Hoden liegen im hinteren Teile des K5r- 
pers, genauer im hinteren Viertel, etwas schr&g 
hintereinander und beruhren sich nicht mit ihren 
Randern. Sie sind beide von lappiger Gestalt, mit 
unregelmaBig ausgeschnittenen Randern, wobei der 
hintere Hoden tiefer eingeschnitten ist. Im allge- 
meinen ist bei den verschiedenen Exemplaren eine 
betrachtliche Mannigfaltigkeit in der Hodenform zu 
konstatieren. Charakteristisch ist, daB die Hoden 
nicht die ganze Korperbreite einnehmen: zwischen 
den Seitenrandern des Korpers und den Seiten- 
randern der Darmschenkel bleibt ein freier Zwi¬ 
schen raum. 

Der unregelmaBig ovale Keimstock liegt un- 
gefahr in der Mittellinie des Korpers und ist mit 
seiner groBeren Achse senkrecht zur L&ngsachse 
des Korpers gerichtet. Er liegt in einem drei- 
eckigen Raume, der seitlich von dem vorderen 
Hoden und dem Ausschnitt des Receptaculum seminis und nach vorne 
von den Uterusschlingen begrenzt wird. Der Uterus bedeckt mit seinen 
Schlingen nicht den Keimstock. Die AusmaBe des Keimstockes sind 
nach der langeren Achse — 0,340 mm, nach der kurzeren — 0,238 mm. 
Seitlich davon liegt das hufeisenformige oder retortenfSrmige Recepta¬ 
culum seminis, das mit seiner konkaven Seite gegen den Keimstock ge¬ 
richtet ist, mit seiner konvexen dagegen an den linken Darmschenkel 
anstoBt. Seine Form variiert bei den einzelnen Individuen in gewissen 
Grenzen; dem AusmaBe nach ist das Receptaculum stets gr6Ber als der 
Keimstock, den es manchmal urn das Dreifache iibertrifft. 

Die Dotterstbcke beginnen hinter der Darmgabelung in einer Entfernung 



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Skrjabin, Metorchis pinguinicola uov. sp. 


529 


von 0,935 ram vom Vorderende (in der Mitte zwischen den beiden Saug- 
napfen) und erstrecken sich in einer Lange von 2,380 mm bis zur Hohe 
des Vorderrandes des vorderen Hodens. Im allgemeinen kann man sagen, 
daB die Dotterstocke etwas mehr als die Halfte der Korperl&nge des 
Parasiten einnehmen. Der Uterus liegt zwischen den Dotterstdcken und 
nimmt mit seinen Schlingen eine Strecke von 2 mm ein. Nach vorne 
erreicht er nicht ganz den Anfang der Dotterstficke, nach hinten geht 
er nicht ganz bis zum Ende derselben. Die Eier sind von dunkelbrr uner 
FSrbung, 0,029 mm lang und 0,0145 mm breit. 

Bevor ich zu einer Differentialdiagnose der beschriebenen Art iiber- 
gehe, um ihre Selbstandigkeit nachzuweisen, muB ich vorausschicken, 
daB ich meinen M. pinguinicola nicht mit den Arten der friiheren 
Gattung Metorchis vergleichen werde, die inzwischen von den neueren 
Systematikern in andere Gattungen ubergefuhrt worden sind. So z. B. 
M. truncatus (R. 1819), der von M. Luhe in die neue Gattung Pseud- 
amphistomum gebracht wird J ); ferner M. amphileucus Looss 1896 
und M. cam pula Cobbold, die ebenfalls von Luhe einer neuen Gattung 
— Cyclorchis — zugewiesen werden, und endlich M. complexus 
Stiles und Hassal und M. conjunctus Cobbold, die Luhe ebenfalls 
in eine besondere, bisher nicht naher begrlindete Gattung vereinigt. 
AuBerdem vergleiche ich meine Art nicht mit M. compascuus, da 
diese Species nach Looss nichts anderes ist als eine Jugendform von 
Metorchis crassiusculus (R.). Es bleiben somit nach AusschluB 
der oben erw&hnten Formen folgende Arten in der Gattung Metorchis, 
mit denen ich meine Art vergleichen muB: M. albidus (M. Braun), 
M. crassiusculus (R.), M. coeruleusM. Braun, M. xanthosomus 
(Crepl.) und M. tener Kowal. Diese Uuterschiede dieser Arten sind 
nicht selten auf geringe, zum Teil veranderliche Merkmale begriindet, 
so daB die Systematik der Gattung Metorchis zu den schwierigen 
Kapiteln der Helminthologie gehort. Im besonderen tragen zur Ver- 
wirrung die Uebergangsformen zwischen den einzelnen Arten bei, deren 
Artzugehorigkeit bisweilen auBerordentlich schwierig festzustellen ist. 
So bemerkt z. B. M. Braun 1 2 ) bei der Durchfiihrung eines Vergleichs 
zwischen M. xanthosomus und M. crassiusculus, daB die Arten 
einander ohne Zweifel sehr nahe stehen. Andererseits ist es Miihling 3 4 ) 
bei der Beschreibung von M. crassiusculus fast unmoglich, scharfe 
Unterschiede gegen M. albidus (M. Braun) anzugeben, und er kann 
nur darauf hinweisen, daB wohl ein wesentlicher Unterschied in der Ent- 
wicklungsgeschichte der beiden Arten vorhanden sein muB, da sie in ganz 
verschiedenen Wirten vorkommen (p. 89). 

Aus der Gegeniiberstellung dieser beiden Ausspriiche konnen wir 
daher nur den SchluB ziehen, daB M. xanthosomus und M. albidus 
sowohl miteinander nahe verwandt sind als auch M. crassiusculus 
sehr nahe stehen. Zur weiteren Ulustrierung kann ich noch hinzufiigen, 
daB Braun (1. c. p. 10) jenen Parasiten aus Colymbus septentrio¬ 
nal is, den Miihling (1. c. p. 23) als M. crassiusculus bestiramt 
hatte, zu M. xanthosomus zieht A ). 


1) Luhe, M., Zur Faunistik und Systematik der Distomen. I. Metorchis. 
(Ceutralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. Bd. 48. 1908. Heft 4. p. 428.) 

2) Braun, M.. Fascioliden der Vogel. (Zool. Jahrb. Syst. 1902.) 

3) Miihling, P., Die Helminthenfauna der Wirbeltiere OstpreuBens. (Arch. f. 
Nat. 64. 1898. I.) 

4) Ich habe die Exemplare aus dem Zoologischen Museum in Konigsberg vergleichen 
konnen und h&lte sie gleicnfalls fur M. xanthosomus (Crepl.). 

Ente Abt. Orig. Bd. 67. Heft 7. 34 

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Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Von M. Icoeruleus M. Braun ist M. pinguinicola dadurch 
scharf geschieden, daB bei ersterer Art der Bauchsaugnapf in der Mitte 
der Korperlange liegt, die Hoden sehr klein sind (ihre GroBe iibersteigt 
um ein geringes die des Keimstockes) und der Pharynx fehlt. 

Von M. tener Kowal. unterscheidet sich unsere Art durch die Lage 
des Banchsaugnapfes (bei M. tener in der Kbrpermitte, bei M. pingui¬ 
nicola im vorderen Kdrperdrittel), ferner dadurch, daB hier das Re- 
ceptamlum seminis bedeutend groBer ist als der Keimstock, wahrend es 
bei Ax. tener etwas kleiner als der Keimstock ist. 

Von M. albidus (M. Braun) und M. crassiusculus (Rud.) 
unterscheidet sich die neue Art durch folgendes: 1) bei ihr ist der Korper 
nicht durch eine Einziehung in einen vorderen und hinteren Abschnitt 
geteilt wie bei den erstgenannten Arten; 2 ) es ist ein deutlicher Oeso¬ 
phagus vorhanden, dessen Lange die Lange des Pharynx iibersteigt, 
wahrend M. albidus und M. crassiusculus uberhaupt keinen Oeso¬ 
phagus besitzen; 3) die Uterusschlingen reichen viel weiter nach hinten; 

4) die Dotterstocke beginnen ungefahr in der Mitte der Entfernung zwischen 
den beiden SaugnSpfen, wahrend bei M. albidus und M. crassius¬ 
culus die Dotterstocke viel weiter in das Korpervorderende hinaufziehen; 

5) die Dotterstocke horen bei M. p i n g u i n i c o 1 a an der Grenze zwischen 
drittem und letztem Viertel auf, wahrend sie bei den Vergleichsarten 
nur bis zur Korpermitte gelien; 6) das Verhaltnis der Korperlange zur 
Korperbreite ist bei M. pinguinicola ein anderes. 

Es bleibt noch iibrig, mit unserer Art den letzten Vertreter der 
Gattung Metorchis —M. xanthosomus (Creplin) — zu vergleichen, 
mit dem M. pinguinicola die meiste Aehnlichkeit hat. Eine genaue 
Untersuchung ergibt jedoch Unterschiede, die es unmoglich machen, beide 
als eine Art anzusehen. Ich muB hier bemerken, daB ich meine Art 
mit den „Typen“ von M. xanthosomus verglichen habe, d. h. mit 
den Exemplaren aus der Sammlung Creplins in Greifswald, die von 
Braun untersucht worden sind und von denen er in Fig. 4 seiner Arbeit 
flber die Fascioliden der VOgel eine Abbildung gibt. Was dagegen die 
anderen Exemplare betrifft, die Braun als identisch mit M. xantho¬ 
somus betrachtet und von denen er in Fig. 5, 6, 7, Abbildungen gibt, 
so gehSrt von ihnen nach meiner Ansicht Fig. 6 (aus Colymbus sep- 
tentrionalis) und Fig. 7 (aus Leptoptilus argala) tatsachlich 
zu M. xanthosomus, was dagegen Fig. 5 betrifft (aus Porphyrio 
porphyrio), so mochte ich die abgebildete Form mit meiner neuen 
Art vereinigen. 

Die Unterschiede zwischen M. pinguinicola und dem „Typus a 
von M. xanthosomus konnen folgendermaBen zusaminengefaBt werden: 

1) die grOBte Breite erreicht der Korper von M. xanthosomus in der 
Mitte und verschmalert sich in der Hohe der Hoden, wahrend bei M. 
pinguinicola die groBte Breite sich in der Hohe der Hoden findet. 

2 ) Der Korper von M. pinguinicola ist dicht mit Stacheln besetzt, 
wahrend bisher noch kein Untersucher bei M. xanthosomus Stacheln 
nachweisen konnte. 3) Ein Oesophagus fehlt entweder bei M. xantho¬ 
somus Oder ist auBerordentlich kurz, bei M. pinguinicola dagegen 
ist er deutlich ausgebildet und iibertrifft gewohnlich den Pharynx an 
Lange. 4) Der Keimstock wird beiM. xanthosomus von den Uterus¬ 
schlingen bedeckt, wahrend er bei M. pinguinicola von dem Uterus 
getrennt ist. 5) Die DotterstOcke beginnen bei M. xanthosomus un- 
mittelbar hinter dem Pharynx, wahrend sie bei M. pinguinicola erst 


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Skrjabin, Metorchis pinguinicola nov. sp. 


531 


in der H&lfte der Entfernung zwischen den beiden SaugnSpfen beginnen. 
6) Die Hoden nehmen bei M. xanthosomus fast den ganzen Raum 
im hinteren Kbrperende ein und drangen die Uterusschlingen an den 
Korperrand; im Gegensatz dazu bleibt bei M. pinguinicola in der 
von den Hoden eingenoramenen Korperpartie viel freier Raum tibrig, 
und der Darm liegt deshalb nicht am SuBersten Korperrande, sondern 
inehr der Medianlinie gen&hert. 

Die aufgezShlten Unterschiede werden, glaube ich, genflgen, um 
M. pinguinicola als eigene Art zu kennzeichnen. 

Zum SchluB mOchte ich eine Bestimmungstabelle aller Arten der 
Gattung Metorchis Looss 1899 geben. 

I. Bauchsaugnapf im vorderen Korperdrittel. 

A. Receptaculum seminis bedeutend groBer als der Keimstock. 

a) Oesophagus fehlt. Dotterstocke beginnen in der Hohe des 
Pharynx. 

1) KOrper durch eine Einziehung in einen vorderen und 
hinteren Abschnitt geteilt. Die Hoden nehmen nicht 
das ganze KSrperhinterende ein und lassen viel freien 
Raum neben sich iibrig: 

Metorchis albidus (M. Braun). 

2) Korper ohne Einschniirung. Die Hoden nehmen fast 
das ganze Korperhinterende ein: 

Metorchis xanthosomus (Creplin). 

b) Oesophagus vorhanden. Dotterstocke beginnen in der 
halben Entfernung zwischen Mund- und Bauchsaugnapf: 

Metorchis pinguinicola n. sp. 

B. Receptaculum seminis von fast gleicher GroBe mit dem Keimstock: 

Metorchis crassiusculus (Rud.). 

II. Bauchsaugnapf in der Korpermitte. 

A. Hoden fast von gleicher GrbBe mit dem Keimstock. Pharynx 
und Oesophagus fehlen: 

Metorchis coeruleus M. Braun. 

B. Hoden bedeutend grbBer als der Keimstock. Pharynx und 
Oesophagus vorhanden : 

Metorchis tener Kowal. 

Herrn Geheimrat Prof. Dr. M. Braun mochte ich liier fllr die An- 
regung zur vorliegenden Arbeit und fur vielfache Unterstiitzung meinen 
ganz ergebensten Dank aussprechen, wie ich auch Herrn Prof. Dr. M. Luhe 
fflr vielfache Hinweise dankbar verbunden bin. Herr Dr. A. Dampf 
hatte die grofie Liebenswflrdigkeit, das russisch geschriebene Manuskript 
ins Deutsche zu iibersetzen. 

Konigsberg i. Pr., Dezember 1912. 


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532 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Nachdruck verbotm. 

Zur Frage liber die Eigenschaften der Pyocyanase. 

[Aus dem Bakteriologischen Institut zu Smolensk] 

Von M. Isabolinsky. 

Die Frage iiber die bakteriziden Eigenschaften der Pyocyanase nicht 
nur gegen den Diphtheriebacillus, sondern auch gegen eine ganze Reihe 
anderer Mikroorganismen studierten mehrere Forscher langere Zeit aus- 
fiihrlich. 

Anfanglich, als das Praparat eben erschienen war, schrieben ihm 
einige Autoren universelle bakterizide Eigenschaften gegen eine ganze 
Reihe verschiedener Erreger und in erster Linie gegen den Diphtherie¬ 
bacillus zu. 

Bouchard, Charrin, Fortineau veroffentlichten sogar giinstige 
Resultate von Milzbrandheilung bei Kaninchen auf dem Wege der sub- 
kutanen Injektion von B. pyocyaneus-Kulturen. 

Rumpf publizierte analoge Resultate gegen Typhusinfektion. 

Ich will hier nur kurz bemerken, daB die anfanglich beobachtete 
Begeisterung fur das Pr&parat aufgehort hat und die Forscher strenger 
die Eigenschaften der Pyocyanase zu qualifizieren beginnen. Es hat sich 
herausgestellt, daB in der Praxis die Pyocyanase sich nicht bew&hrte. 
Viele Forscher sprechen sogar den bakteriziden Eigenschaften der Pyo¬ 
cyanase jede Bedeutung ab, besonders in bezug auf den Diphtherie¬ 
bacillus; andere aber betracbten die Pyocyanase als ein gutes bakteri- 
zides Mittel, besonders bei der BekSmpfung der Bacillentrager (bei der 
Diphtherie). 

Im vorliegenden Artikel mochte ich meine rein experimentellen 
Versuche mitteilen, urn einige, meiner Meinung nach interessante Eigen¬ 
schaften der Pyocyanase aufzukl&ren. 

Ftir meine Untersuchungen gebrauchte ich das PrSparat aus Ling- 
ners Laboratorium, das ich in Ainpullen zu je 1 ccm und in einem 
50 ccm - Fl&schchen bekam. Beide Serien wurden vor der Versuchs- 
anstellung auf ihre Sterilitat gepriift und erwiesen sich vollkommen steril. 

Meine Versuche kann man in zwei Hauptgruppen einteilen: 1) Nach- 
priifung der bakteriziden Eigenschaften der Pyocyanase in vitro und in 
vivo (bei Mausen); 2) Versuche der Immunisierung von Kaninchen 
mittels Pyocyanase und Studium der Eigenschaften des Immunserums. 

Fur die Untersuchungen der bakteriziden Eigenschaften in vitro 
hielt ich die Methodik der Aussaat auf festen N&hrb6den mit darauf- 
folgender Z&hlung der Kolonieen, wie sie friiher von vielen Autoren 
angewendet wurde, fiir iiberfliissig. Ich stellte mir nur die Aufgabe, 
festzustellen, ob die Pyocyanase das Bakterienwachstum zerstort, oder 
nicht. Zu diesem Zwecke nahm ich verschiedene Bakterienkulturen, 
impfte sie auf frische Bouillon iiber und fiigte 0,5 oder 1,0 ccm kon- 
zentrierter Pyocyanase hinzu und studierte dann alle 24 Stunden die 
makro- und mikroskopischen Eigenschaften der Bakterien (h&ngende 
Tropfen, gef&rbte Praparate). 

Ich muB hier noch bemerken, daB ich die oben angefflhrten Ver¬ 
suche mit verschiedenen St&mmen derselben Bakterienart durchgefQhrt 
und immer gleiche Resultate bekommen habe. 


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Isabolinsky, Zur Frage iiber die Eigenschaften der Pyocyanase. 


533 


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534 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 



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Isabolinsky, Zur Frage iiber die Eigenschaften der Pyocyanase. 


535 


Aus der Tabelle ist ersichtlich, daB die Pyocyanase auf die Bakterien 
erst am 3.—4. Tage einzuwirken beginnt, was sich darin auBert, daB die 
Mehrzahl der Bakterien ihre Beweglichkeit verliert, Involutionsformen 
annimmt und stellenweise zerfiillt. VOllige Vernichtung der Bakterien 
konnte man, wie schon von mehreren Autoren angegeben worden ist, 
auch nach 5 Tagen Pyocyanaseeinwirkung nicht erlangen, was dadurch 
bewiesen wurde, daB ich von einigen Bakterienarten nach 5 Tagen eine 
Reinkultur bekommen konnte. Auch wenn ich keine Reinkultur eines 
bestimmten Mikroorganismus bekommen konnte, fand ich einige Kokken, 
die sich entweder nach Gram farben oder entfarben. In einigen Fallen - 
konnte ich eine scheinbare Verzdgerung des Wachstums und Bildung 
von Involutionsformen am 2. Tage bemerken, aber nach Verlauf des 
2. Tages verschwand diese Erscheinung und die morphologischen Eigen¬ 
schaften der Bakterien waren vollkommen die alten. 

Auf Grund der obenerwahnten Versuche kann man annehmen, daB 
die mir zur Verfugung stehende Pyocyanase keine bakteriziden Eigen¬ 
schaften besitzt. 

Noch weniger befriedigend waren die Versuche an MSusen. 

Bevor ich zur Versuchsanstellung uberging, habe ich die Pyocyanaae- 
dosis festgestellt, welche auf die M&use nicht todlich wirkt. 


Tabelle 2. 


Maus 

No. 

Zeit der 
lojektion 

Menge der subkutan injizierten 
Pyocyanase 

Resultat 

1 

3. Juli 

0,3 ccm 

lebt 20. Juli 

2 

3. „ 

0.4 „ 


,, 22. „ 

3 

3. „ 

0,4 „ 


„ 22. „ 

4 

ti. „ 

0,5 „ 


„ 23. „ 

5 

6. „ 

0,5 „ 


„ 23. „ 

6 

6. „ 

0,0 „ 

• 

• 8. Juli nach 42 Stunden 

7 

6. „ 

0,6 „ 

• 

’ 8. „ „ 38 „ 

8 

7. „ 

0,7 „ 

* 

- 8. „ „ 29 

9 

7. „ 

0,8 „ 


’ 8. „ „ 20 

10 

7- „ 

1,0 „ 


‘ 8. „ „ 18 „ 


Dieser Versuch hat bewiesen, daB 0,5 ccm Pyocyanase gar keine 
schadliche Wirkung auf die M&use ausiibt. Auf Grund dieses Versuchs 
benutzte ich Dosen, die 0,5 ccm nicht iiberschritten. 

Anf&nglich injizierte ich MSusen subkutan gleichzeitig tbdliche Dosen 
von Milzbrand, Streptokokken und Schweineseuchebakterien mit 0,5 ccm 
Pyocyanase. 

Tabelle 3. 


Maus 

No. 

Zeit der 
Injektion 

Was injiziert 

Resultat 

1 

11. Juli 

0,1 Anthr. + 0,5 P. 1 ). 

t 12. Juli nach 31 Stunden 

2 

11. „ 

0,1 Anthr. 

t 12. 


15 

3 

11. „ 

0,1 Suisept. -f 0,5 P. 

f 12. 

tf tf 

28 

4 

11. „ 

0,1 Suisept. 

t 12. 

>» »> 

18 

5 

14. „ 

0,5 Strept. + 0,5 P. 

t 16. 


49 

6 

14. „ 

0,5 Strept. 

t 16. 


42 

7 

15. „ 

0,1 Anthr. + 0,3 P. 

f 16. 


36 

8 

15. „ 

0,1 Suisept. 4- 0,3 P. 

t 16. 

ff tf 

18 

9 

15. „ 

0,5 Strept. + 0,3 P. 

t 18. 

tf ft 

56 


1) P. = Pyocyanase. 


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536 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Aus dieser Tabelle ersehen wir, daB alle Mause zugrunde gingen. 
Doch muB ich hier bemerken, daB die Pyocyanase manchmal den Tod 
des Tieres im Vergleiche mit den Kontrolltieren, denen nur die Kultur 
injiziert wurde, verzogerte. 

Ein anderer Versuch bestand darin, daB Kulturen von Milzbrand, 
Streptokokken und Schweineseuche wahrend 24 Stunden der Einwirkung 
von 0,5 ccm Pyocyanase unterworfen waren, worauf dieses Gemenge, dem 
noch 0,3 ccm frische Pyocyanase hinzugefugt waren, MSusen subkutan 
eingespritzt wurde. Einer anderen Serie von M&usen wurde gleichzeitig 
- je 1 ccm dieses Gemenges ohne frische Pyocyanasebeimengung einverleibt. 


Tabelle 4. 


Maus 

No. 

Zeit der 
Injektion 

Was injiziert 

Resultat 

1 

19. Juli 

0,5 Strept. mit P. + 0,3 P. 


h 20. Juli nach 25 Stunden 

2 

19. „ 

0,5 Strept. mit P. 


• 20. „ „ 20 


3 

19. „ 

0,5 Anthr. mit P. + 0,3 P. 


■ 22. „ „ 56 


4 

19. * 

0.5 Anthr. mit P. 


■ 21. „ „ 48 


5 

20. „ 

0,2 Anthr. mit P. + 0,5 P. 


’ 22. „ „• 50 


6 

20. „ 

0,1 Anthr. mit P. + 0,3 P. 


■23. „ „ 62 

1» 

Dieser Versuch 1 

bat mir gezeigt, daB diejenigen Mause, denen dieses 


Gemisch samt der frischen Pyocyanase eingespritzt wurde, spater zu¬ 
grunde gingen als die, denen dieses Gemisch allein injiziert wurde. 

Ungefahr zu ahnlichen Resultaten fuhrten die Versuche mit der 
vorhergehenden Einfiihrung von Pyocyanase und dann nach 24 Stunden 
folgender Infektion mit todlichen Dosen von Anthrax, Streptokokken und 
S ui septic us-Kulturen; alle Tiere gingen etwas spater zugrunde, als 
gewohnlicb. 

Tabelle 5. 


Maus 

No. 

Zeit der 
Injektion 

Was injiziert 


Resultat 

1 

23. Juli 

0,5 P., nach 24 Std. 0,1 Anthr. 

. 

• 24. Juli nach 

17 Stunden 

2 

23. 


0,5 P., nach 24 Std. 0,3 Strept. 

■ 

■ 25. „ „ 

50 

3 

23. 

T> 

0,5 P., nach 24 Std. 0,1 Suisept. 

• 

•24. „ „ 

20 „ 

4 

23. 


0,5 P. 

lebt, 10. Aug. 


5 

27. 


0,3 P., nach 24 Std. 0,1 Anthr. 

• 

1- 26. Juli nach 19 Stunden 

6 

27. 


0,3 P., nach 24 Std. 0,5 Strept. 

• 

1- 29. „ „ 

60 

7 

27. 

n 

0,3 P., nach 24 Std. 0,1 Suisept. 


■ 28. „ „ 

18 

8 

27. 

T» 

0,5 P. 

lebt, 15. Aug. 



In der Hoffnung, eine Resistenz der Mause gegen die erwShnten 
Erreger hervorzurufen, injizierte ich 3 Mausen alle 4—5 Tage steigende 
Pyocyanasedosen, und infizierte sie nachher mit todlichen Milzbranddosen. 


Tabelle 6. 


Zeit der 

Menge der injizierten Pyocyanase 

Injektion 

Maus No. 1 

Maus No. 2 

Maus No. 3 

13. Juli 

17. „ 

22. „ 

27. „ 

0,05 ccm 

0,1 „ 

0,2 „ 

0,3 „ 

0,1 ecm 

0,1 „ 

0,2 „ 

0,2 „ 

0,1 ccm 

0.2 ., 

0,3 „ 

0.4 „ 

29. „ 

Allen Mausen 
f nach 18 Std. | 

wurde je 0,1 ccm 
f nach 19 Std. 

Anthr. injiziert 
f nach 16 Std. 


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Isabolinsky, Zur Frage iiber die Eigenschaften der Pyocyanase. 


537 


Dieser Versuch zeigte, daB die Immunisierung die Resistenz der 
Mause gegen todliche Milzbranddosen absolut nicht steigerte. 

Alle bisher envahnten Versuche liaben erwiesen, daB die mir zur 
VerfiigUDg stehende Pyocyanase aus Lingners Laboratorium keine 
bakteriziden Eigenschaften weder in vivo, noch in vitro besitzt. Im 
besten Falle iibt sie nur eine ganz schwache YVirkung auf das Wachstum 
und die Morphologie der Bakterien aus, verzogert etwas den Tod der 
Maus bei gleichzeitiger Einfuhrung derselben mit einer Aufschtvemmung 
der von mir benutzten Bakterienarten. 

Man kann vielleicht die Ansicht Golubzows 1 ) teilen, daB die Pyo- 
cyanasen von Emmerich und Lingner verschiedene Eigenschaften 
besitzen; sonst ware es unvorstiindlich, wie die Autoren ihrer Zeit so 
gfinstige Resultate bekommen konnten. 

Der andere Teil meiner Arbeit hat ein mehr theoretisches als 
praktisches Interesse und hat den Zweck, die Eigenschaften des Serums, 
das auf dem Wege der Immunisierung von Kaninchen mittels Pyocyanase 
gewonnen wurde, nachzuprflfen. Urn ein solches Serum zu bekommen, 
injizierte ich den Kaninchen alle 4—5 Tage subkutau und intravenbs 
steigende Pyocyanasedosen. Leider gelang die intravenose Behandlung 
nicht, da die Tiere an schvveren Intoxikationserscheinungen schon nach 
der 4. Injektion zugrunde gingen bei Einspritzung von 0,1 cctn Pyo¬ 
cyanase. 

T a b e 11 e 7. 


Zeit der 
Injektion 

Schwarzes 

Kaninchen 

Zeit der 
Injektion 

WeiBes 

Kaninchen 

Zeit der 
Injektion 

Buntes 

Kaninchen 

Pyocyanase¬ 

dosen 

Pyocyanase¬ 

dosen 

Pyocyanase¬ 

dosen 

4. Juli 

0,2 ecm 

9. Aug. 

0,2 ccm 

4. Juli 

0,01 ccm 

9. „ 

0,3 „ 

12. „ 

0,3 „ 

9. „ 

0,02 „ 

14. „ 

0,5 ., 

15. „ 

0.5 „ 

14. „ 

0,05 „ 

19. „ 

0,6 „ 

19. „ 

03 „ 

19. „ 

0,1 „ 

24. „ 

0,8 „ 

23. „ 

1,0 „ 

21. „ 

f Intoxikations- 

29. „ 

1,0 „ 

28. „ 

1,5 „ 


erscheinungen 

3. Aug. 

1,5 „ 

2. Sept- 

2,0 „ 



8. „ 

2,0 „ 






Die subkutanen Injektionen iiberstehen die Kaninchen ziemlich gut, 
sie verlieren wahrend dieser Zeit annahernd 200—300 g; an den In- 
jektionsstellen bildeten sich oft derbe Hautknoten, die nicht zerfallen. 
Im Verlaufe ungefahr eines Monats entblutete ich die Kaninchen und 
bekam auf dem gewohnlichen Wege reines Serum. 

Das auf diese Weise gewonnene Serum wurde auf die Anwesenheit 
von Pr&zipitinen, Agglutininen und koinplementbindenden Stoffen gepriift. 
Bei der Versuchsanstellung zum Nachweis der Pr&zipitine gebrauchte 
ich anfangs die Technik von Bermbach, der keine Priizipitine im Serum 
von Kaninchen, die mittels Pyocyanase immunisiert waren, naclnveisen 
konnte. In der Ueberzeugung, daB die Methode Bermbachs keine 
demonstrativen Resultate gibt, benutzte ich dann spater die Technik von 
Uhlenhuth. 

1) Russky Wratsch. 1912. 


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538 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Nach Bermbach: 

5 ccm ‘2-proz. Pyocyanaselosung + 0,1 ccm Serum \ 

5 „ 2- „ „ + 0,4 „ „ | Nach 24 Stunden gleichmaGige 

5 „ 2- „ „ + 0,6 „ „ | Triibung und Niederschlag 

5 ,, 2- ,, ,, + 1,0 ,, ii I 

Kontrollen: 

5,0 ccm 2-proz. Pyocyanaselosung 1 Nach 24 Stunden keine Triibung. 

1,0 „ Serum ’ ’ / kein Niederschlag 


Tabelle 8. 
Nach Uhlenhuth. 


Pyocyanase- 

verdiinnungen 

Immunserum 

von 

schwarzen 

Kaninchen 

Immunserum 

von 

weiGen 

Kaninchen 

Resultat der 
Reaktion 

Normales 

Kaninchen¬ 

serum 

Resultat der 
Reaktion 

1:20 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

+ 

0,5 ccm 

3 

1:50 

0,5 „ 

0,5 „ 

+ 

0,5 „ 

"3 

1 :100 

0,5 „ 

0,5 „ 

+ 

0,5 „ 

$ 

1:200 

0,5 „ 

0,5 „ 

+ 

0,5 „ 

(2 

1 :500 

0,5 „ 

0,5 „ 

+ 

0,5 „ 

• 

1:1000 

0,5 „ 

0,5 „ 

+ 

0,5 „ 


1 :2000 

0,5 „ 

0,5 „ 

T 

0,5 „ 

& 

1:5000 

0,5 „ 

0,5 „ 

— 

0,5 „ 



Diese Versuche zeigen, daB das Serum eines Immunkaninchens, dem 
Pyocyanase hinzugefiigt wird, die Pr&zipitationsreaktion gibt, die nach 
Bermbach undeutlich, aber deutlich genug nach Uhlenhuths Methode 
ist. Der Pr&zipitationstiter von einem Kaninchenserum war bei 1:1000 
Pyocyanaseverdiinnung, bei dem anderen Kaninchenserum 1:2000, wobei 
der Prazipitationsring an der Beriihrungsstelle beider Fliissigkeiten nach 
V 2 -stflndigem Aufenthalt der Rohrchen im Thermostaten bei 37° C auf- 
trat. Die Priifung der Sera auf ihre agglutinierenden Eigenschaften be- 
ziiglich des B. pyocyaneus gab auch ein positives Resultat. 

Tabelle 9. 


Immunserum- 

verdiinnungen 

Menge der 
Kultur von 

B. pyocyaneus 

Resultat der Reaktion 

Normal e 

Resultat der 
Reaktion 

nach 

2 Stunden 

nach 

24 Stunden 

Serumver- 

diinnungen 

1:10 

rischer 

Agar- 

on 

neus 

+ 

+ 

1: 10 

T 

1:20 

+ 

+ 

1:20 

T 

1:50 

+ 

+ 

1:50 

— 

1:100 

^ ► eS 

+ 

+ 

1 :100 

— 

1:200 

1:500 

Jlls 

t 

+ 

+ 

1 :200 

— 

1:1000 

1 :2000 

a. 

T 

T 

+ 

T 



1:5000 

<u-^ CO 

►-SCM 

— 

— 




Die Haufchenbildung begann schon nach 2 Stunden Aufenthalt der 
Rohrchen im Thermostaten bei 37° C. 


Von der Verdtinnung des Serums von 1 :500 an konnte man mikro- 
skopisch nach 2 Stunden gleichzeitig mit den Hiiufchen noch einige 
bewegliche Formen des B. pyocyaneus bemerken. Nach 24 Stunden 
konnte man die Haufchenbildung auch bei 1 : 2000 Serumverdunnung be- 
obachten; bewegliche Formen waren aber nicht zu finden. Die Kontroll- 
untersuchungen mit normalem Kaninchenserum und Kochsalzlosung gaben 
ein negatives Resultat. 


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lsabolinsky, Zur Frage iiber die Eigenschaften der Pyoeyanm?e. 


539 


Da die Pnizipitations- und Agglutinationsversuche so giinstige 
Resultate gaben, entschlofi ich mich, noch weitere Versuche zum Nach- 
weise komplemeutbindender Stoffe im Serum anzustellen. Vorlier habe 
ich die Pyocyanasedosis festgestellt, die weder antikomplementar noch 
hamolytisch auf die roten Hammelblutkorperchen einwirkt; als solche 
Dosis erwies sich 0,05 ccm Pyocyanase. Ebenso wurde die Unschiidlich- 
keit von 0,2 ccm des Priifungsserums bestimmt. Vor der Versuchs- 
anstellung wurde das Komplement und hiimolytische Serum austitriert. 
Zur Kontrolle benutzte ich auch normales Kaninchenserum. 


T a b e 11 e 10. 












540 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. A.bt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Aus diesen Tabellen sehen wir, daB in alien 3 Fallen 1,0 und 0,5 ccra 
Immunseruin die Mause vor dem Tode schiitzt, rait anderen VVorten, 
das Serum besitzt ohne Zweifel antitoxische Eigenschaften. 

Auf Grund der ausgefiihrten Versuche komme ich zu folgenden 
Schliissen: 

1) Die mir zur Verfiigung stehende Pyocyanase aus Lingners 
Laboratorium besitzt keine bakteriziden Eigenschaften. 

2) Das auf dem Wege der Kaninchenimmunisation mittels Pyocyanase 
gewonnene Serum hat alle Eigenschaften des Immunserums. 


Nachdruck verboten 

Weitere Erfahrungen iiber Idiosynkrasie gegen Brom- und 
Chininsalze als Ueberempfmdlichkeitserscliemungen beim 
Kaninchen und Meerschweinchen. 

[Aus dem Iiygienischen Laboratorium des Kaiserl. klinischeu Institutes 
der GroBfttrstin Helena Pawlowna in St. Petersburg 
(Vorstand: Prof. Dr. G. W. Ohio pin; Leiter der bakteriologischen 

Abteilung: Assistent Privatdozent Dr. G. D. Belanowsky).] 

Von Dr. E. Manoiloff. 

In einer friiheren Arbeit l ) konnte ich zeigen, daB, wenn man einem 
Meerschweinchen oder Kaninchen frisch aktiviertes Serum eines Brom- 
resp. Chininidiosynkrasikers subkutan, intraperitoneal oder iutravenSs 
einspritzt und nach 24—48 Stunden oder auch nach langerer Zeit Brom- 
resp. Cliiniulosung in einer Dosis verabreicht, die fur nicht vorbehandelte 
Tiere unschadlich ist, bei den Tieren, denen „Bromserum tt eingespritzt 
wurde, eine Reihe von mehr oder weniger gefahrlichen Erscheinungen 
hervorgerufen werden, welche zusammen das Bild geben, wie man es 
bei der Serumkrankheit zu beobachten gewohnt ist. Die Tiere aber, die 
mit „Chininserura w vorbehandelt wurden, zeigten nach Einspritzung von 
Chininsalzlosung ein nur Sekunden dauerndes, blitzschnelles Sterben (von 
10 Tieren starben 8), wie es oft auch beim anaphylaktischen Phanoinen 
vorkommt. Die Kontrolltiere, die mit Normalserum vorbehandelt wurden, 
zeigten nach der Einspritzung von Chininsalzen bzw. Bromsalzlosung 
keine anaphylaktischen Erscheinungen; sie blieben vollst&ndig gesund. 

Auf Grund meiner Befunde habe ich damals die Meinung aus- 
gesprochen, daB auch die Idiosynkrasie gegen Brom* und Chininsalze 
hftchstwahrscheinlich auf anaphylaktischer Grundlage beruht. 

Es ist bekannt, daB es Obermeyer und Pick 2 ) gelungen ist, 
EiweiBstoffe, die von derselben Tierspecies stammten, durch Nitrieruug, 
Jodierung und Diazotierung aus kSrpereigenein EiweiB zu korperfremdem 
EiweiB umzuwandeln. 

Das auf diese Weise denaturierte EiweiB lost im Tierkorper die 
gleichen Reaktionen aus, wie wenn von Anfang an korperfrerades EiweiB 
injiziert worden ware (siehe z. B. Prazipitinbilduug). 

1) Manoilof f, E., Idiosynkrasie gegen Brom- und Chininsalze als Ueberempfind- 
Iichkeiteerscheinungen. (Zeitechr. f. Imraunitatsforsch. Bd. 11. Heft 3—4.) 

2) Wien. klin. Wochenschr. 1906. 


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Manoiloff, Erfahrungen iiber Idiosynkrasie gegen Brom- u. Chininsalze etc. 541 


Eigene Uutersuchun gen. 

Ich hatte mir (lie Aufgabe gestellt, zu erforschen, ob es moglich sei, 
wenn man lSngere Zeit hindurch den Tieren Brom- resp. Chininsalze 
parenteral verabreicht, spSter mit ihrem Serum passive Anaphylaxie 
hervorzurufen. Meine Vermutung rechtfertigte sich, und die gewonnenen 
Resultate diirften von einem gewissen Interesse sein. 

Material und Untersuchungstechnik. 

Meine Versuche wurden folgenderraaBen ausgefiihrt: Ich nahm ge- 
sunde, gut entwickelte Tiere (Kaninchen und Meerschweinchen), die unter 
gleichen Verhaltuissen mit bestimmter Nahrung gefflttert wurden. 

Ich verabreichte meinen Versuchstieren taglich parenteral Chiuin- 
resp. Bromsalze, bis die Tiere ganz gut ohne Beschwerden die sonst 
tbdliche Maximaldosis (Dosis letalis) vertragen konnten. Dann entblutete 
ich das Tier, nahm etwa 10 ccm aktiviertes Serum und spritzte es einem 
anderen unvorbehandelten Kaninchen resp. Meerschweinchen intraperi- 
toneal oder intravenbs ein. Nach 48 Stunden und einigemal selbst nach 
14 Tagen reinjizierte ich mit Brom- resp. Chininsalzlosung und es traten 
typische anaphylaktische Erscheinungen auf. Die Kontrollversuche waren 
negativ. 

Versuchsanordnung. 

A. Chininsalze. 

Kaninchen No. I, Gewicht 1725 g, Temperatur 38,8. 

Am 21., 22., 23., 24., 25. Nov. 1911 wurde intraperitoneal je 1 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzlosung eingespritzt. 

Am 2fi. (Temperatur 38,3), 27., 28., 29., 30. Nov. wurde intraperitoneal je 1 ccm 
einer 2-proz. Chininsalzlosung eingespritzt. 

Am 1., 2., 3., 4., 5., 6. Dez. wurde intraperitoneal je 1 ccm einer 5-proz. Chinin¬ 
salzlosung eingespritzt. 

Am 7., 8., 9., 10., 11. Dez. wurde intraperitoneal je 1 ccm einer 10-proz. Chinin¬ 
salzlosung eingespritzt. 

Am 12., 13., 14., 15., 16., 17., 18., 19., 20., 21. Dez. wurden intraperitoneal je 2 ccm 
einer 10-proz. Chininsalzlosung eingespritzt. 

Seit dem 27. Nov. bis 6. Dez. bestand starke Dysurie. Gewicht 1680 g. Tem¬ 
peratur 37,9. 

Am 22. Dez. wurde das Tier entblutet und etwa 12 ccm aktiviertes Serum dem 
Kaninchen No. 32 intraperitoneal eingespritzt. 

Am 24. Dez. wurde etwa 1 ccm einer 1-proz. Chininsalzlosung intravenos ein- 
gebraeht. Das Tier bekam typische anaphylaktische Erscheinungen, erholte sich jcdoch 
nach V« Stnnde. 

Das Versuchstier bekam im ganzen wahrend 31 Tagen 1,95 ccm Chininsalzlosung. 

II. Tierversuch. 

Kaninchen No. II, Gewicht 2300 g, Temperatur 38,4. 

Am 20. Dez. 1911 wurden intravenos 0,5 ccm einer 1-proz. Chininsalzlosung $in- 
gespritzt. 

Am 21., 22., 23., 24. Dez. wurde intravends je 1 ccm einer 1-proz. Chininsalzlosung 
eingespritzt. 

Am 25., 26., 27., 28., 29. Dez. wurden intravenos je l 1 /, ccm einer 1-proz. Chinin- 
salzlosung eingespritzt. 

Am 2. Jan. 1912 bekam das Tier 1 ccm einer 5-proz. Chininsalzlosung eingespritzt. 

Am 4. Jan. betrug das Gewicht 2120 g. 

Am 5., 6., 7., 8., 9., 10. Jan. wurden intravends je 2 ccm einer 5-proz. Chininsalz¬ 
losung eingespritzt. 

Am 11., 12., 13., 14., 15. Jan. wurden intravenos je 3 ccm einer 5-proz. Chinin¬ 
salzlosung eingespritzt. 

Am 17., 18., 19., 20., 21. Jan. wurde intravenos je 1 ccm einer 10-proz. Chinin- 
salzldsung eingespritzt. 

Am 23., 24., 25., 26. 27. Jan. wurden intravenos je 2 ccm einer 10-proz. Chinin¬ 
salzlosung eingespritzt. 


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542 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Am 30. Jan. wurde das Tier entblutet und etwa 10 ccm aktiviertes Serum intra- 
venos dem Kaninchen No. 34 eingespritzt. Am 1. Febr. wurde etwa 1 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzlosung als Remjektion eingebracht. 

Im ganzen bekam das Versuchstier wahrcnd 40 Tagen 5,11 ccm Chininsalzlosung. 

111. Versuchstier. 

Schwarzes Kaninchen, Gewicht 2150 g, Temperatur 38,8. 

Am 21. Jau. 1912 bekam das Tier intravends 1 ccm einer 1-proz. Chininsalzlosung. 
Am 22., 23., 24., 25., 26. Jan. bekam das Tier intravenos je 2 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzlosung. 

Am 27., 28., 29., 30., 31. Jan. bekam das Tier intravenos je 3 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 2., 3., 4., 5., 6. Febr. bekam das Tier intravenos je 1,0 ccm einer 5-proz. Chinin¬ 
salzldsung. 

Am 8, 9., 10., 11., 12. Febr. bekam das Tier intravenos je l‘/ 2 ccm einer 5-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 14., 15., 16., 17., 18. Febr. bekam das Tier intravenos je 2 ccm einer 5-proz. 
Chininsalzlosung. 

Am 20., 21., 22., 23., 24. Febr. bekam das Tier intravenos je 1 ccm einer 10-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 26., 27., 28. Febr. und 1., 2. Marz bekam das Tier intravenos je 2 ccm einer 
10-proz. Chininsalzldsung. 

Am 2. Marz betrug das Gewicht des Kaninchens 2000 g. 

Am 3. Marz wurde das Tier entblutet und etwa 12 ccm aktiviertes Serum iutra- 
venos dem Kaninchen No. 35 eiuverleibt. 

Am 5. Marz bekam das Tier als Reinjektion 0,4 ccm einer 1-proz. Chininsalzldsung. 
Es bildeten sich die ublichen anaphylaktischen Erscheinungen. 

Das Versuchstier bekam wanrend 42 Tagen 3,15 ccm Chininsalzldsung. 

I V. Tierversuch. 

Kaninchen No. IV, Gewicht 2500 g, Temperatur 38,4. 

Am 3., 4., 5., 6., 7. Marz 1912 bekam das Tier intravenos je 1 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 9., 10., 11., 12., 13. Marz bekam das Tier intraveuos je 2 ccm einer 1-proz. 
Chini nsalzlosung. 

Am 14., 15., 16.. 17., 18. Marz bekam das Tier intravenos je 1 ccm einer 5-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 20., 21., 22., 23., 24. Marz bekam das Tier intravenos je 2 ccm einer 5-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 25., 26., 27., 28., 29. Marz bekam das Tier intravenos je 3 ccm einer 5-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 1., 3., 5., 7., 9. April bekam das Tier intravenos je 1 ccm einer 10-proz. Chinin¬ 
salzldsung. 

Am 12. April wurde das Tier entblutet und etwa 12 ccm aktiviertes Serum dem 
Kaninchen No. 36 intraperitoneal eingespritzt. Am 15. April wurde als Reinjektiotis- 
dosis 1 ccm einer 2-proz. Chininsalzldsung intravenos eingespritzt. Nach cinigen Minutcn 
erfolgte Exitus. 

Die Scktion ergab: Hyperamierte Abdominalorgane, Ltmgenblahung. 

Das Versuchstier bekam wahrend 36 Tagen 2,75 ccm Chmiusalzldsung. 

Versuche an Meerschweinchen. 

* Meerschweinchen No. I (rotlich), Gewicht 438 g, Temperatur 38,0. 

Am 22., 23., 24., 25., 26. Nov. 1911 bekam das Tier intraperitoneal je 0,3 ccm einer 

1- proz. Chininsalzldsung. 

Am 27., 28., 29., 30. Nov. bekam das Tier intraperitoneal je 0,5 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 1., 2., 3., 4., 5. Dez. bekam das Tier intraperitoneal je 1,0 ccm einer 1-proz. 
Chininsalzlosung. 

Am 7., 8., 9., 10., 11. Dez. bekam das Tier intraperitoneal je 0,5 ccm einer 2-proz. 
Chininsalzldsung. 

Am 12., 13., 14., 15., 16. Dez. bekam das Tier intraperitoneal je 0,75 ccm einer 

2- proz. Chininsalzldsung. 

Am 18., 19., 20., 21., 22. Dez. bekam das Tier intraperitoneal je 1,0 ccm einer 
2-proz. Chininsalzlosung. 

Atu 24. Dez. wurde das Tier entblutet und etwa 5 ccm aktiviertes Serum dem 
Meerschweinchen No. 20 intraperitoneal eingespritzt. Am 26. Dez. wurde als Reiujektion 


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Manoiloff, Erfahrungen fiber Idiosynkrasie gegen Brom- u. Chininsalze etc. 543 


0,3 ceil) einer 1-proz. Chininsalzlosung intravenos eingespritzt. Es bildeten sich typische 
anapbylaktische Erscheinungen. 

Das Versuchstier bekam im ganzen wiihrend 32 Tagen 1,53 Chininsalzlosung. 

II. Tierversuch (Meerschweinchen No. II). 

Meerschweinchen von 380 g Gewicht. Temperatur 38,0. Wiihrend 3b Tagen bekam 
ea anfangs je 0,3 ccrn einer 1-proz. Chininsalzlosung. spater von einer 2-proz. Chinin¬ 
salzlosung. 1m ganzen bekain das Tier wahreud 30 Tagen 1,72 ecm Chininsalzlosung. 
Dasselbe Resultat ergab sich mit passiver Anaphylaxie wie bei Meerschweinchen No. I. 

III. Tierversuch. 

Weifies Meerschweinchen, 400 g Gewicht, Temperatur 38,4. Das Tier bekam wiihrend 
40 Tagen 1,85 ccm Chininsalzlosung. 3 ccm aktiviertes Serum wurden dem Meer¬ 
schweinchen No. 22 intrapcritoneal eiuverleibt und mit 0,3 ccm einer 1-proz. Chinin¬ 
salzlosung reinjiziert. Resultate iihnlich wie bei Meerschweinchen No. I und II. 


B. Tierversuche mit Bromsalzen. 

A. Kaninchen. 

Dieselben Versuche wurden an Kaninchen und Meerschweinchen mit Bromsalzen 
(25-proz. Natr.-Bromatlosung) ganz nach derselben Art und Weise wie mit Chiuin- 
salzen vorgenommen. 

Kaninchen No. I, Gewicht 1720 g, Temperatur 38,6, bekam intraperitoneal und 
intravenos wahreud 34 Tagen 11 g Natr. bromat. Etwa 12 ccm aktiviertes Serum 
wurden dem Kaninchen No. 3G intravenos eingespritzt und nach 48 Stunden 1 ccm 
einer 25-proz. Natr.-Bromatlosung intravenos als Reinjektion eingebracht. Das Versuchs¬ 
tier zeigte schwache anaphylaktische Erscheinungen, erholte sich jedoch nach weuigen 
Minuten. 

Kaninchen No. II, Gewicht 2000 g, Temperatur 38,9, bekam wiihrend 36 Tagen 
12 g N'atr. bromat. Das Tier wurde entblutet und etwa 12 ccm aktiviertes Serum dem 
Kaninchen No 38 intravenos eingespritzt. Nach 48 Stunden wurde etwa 1 ccm einer 
25-proz. Natr.-Bromatlosung als Reinjektion eingespritzt. Es zeigten sich keine krank- 
haften Symptome. 

B. Meerschweinchen. 


Meerschweinchen No. I, 280 g Gewicht, Temperatur 38,2, bekam wahrend 32 Tagen 
5,50 g Natr. bromat. Das Tier wurde entblutet und 5 ccm aktiviertes Serum dem 
Meerschweinchen No. 24 eingespritzt und nach 48 Stunden 0,3 ccm einer 25-proz. 
Natr.-Bromatlosung eiuverleibt. Das Tier zeigte keine krankhaften Symptome. 

Meerschweinchen No. II bekam wahrend 34 Tagen 6,50 g Natr. bromat. Das Tier 
wurde entblutet und etwa 6 ccm aktiviertes Serum dem Meerschweinchen No. 27 intra¬ 
peritoneal und nach 48 Stunden 0,5 ccm einer 0,25-proz. Natr.-Bromatlosung intravenos 
eingespritzt. Das Tier blieb vollstandig gesund. 

Meerschweinchen No. Ill, 400 g Gewicht, Temperatur 38,2, bekam wahrend 40 Tagen 
4,75 g Natr. bromat. Das Tier wurde entblutet und 5 ccm aktiviertes Serum intra¬ 
peritoneal dem Meerschweinchen No. 28 einverleibt. Nach 48 Stunden wurden 0,75 ccm 
einer 25-proz. Natr.-Bromatlosung intravenos eingespritzt. Das Tier blieb vollstandig 
gesund. 

Wahrend der ganzen Versuchszeit gingen 6 Kaninchen bereits nach 
7 Chinininjektionen, 7 Meerschweinchen nach 6 Chinininjektionen zu- 
grunde. Von den Bromtieren verlor ich 2 Kaninchen nach der 15. I 11 - 
jektion, 3 Meerschweinchen nach der 10. Injektion und 2 Meerschweinchen 
bereits nach der 4. Injektion. 

Aus obigen Versuchen geht hervor, daB die Tiere, die mit „Chinin- 
serum“ vorbehandelt wurden, nach Einspritzung von Chininlosung typische 
anaphylaktische Erscheinungen zeigten; Kaninchen No. Ill zeigte sogar 
nur sekundenlang dauerndes, blitzschnelles Sterben, wie es oft auch beim 
echten anaphylaktischen Phftnoinen vorkommt. Die Tiere, die mit „Brom- 
serum“ vorbehandelt wurden, zeigten nach Einspritzung von Broralosung 
keine anaphylaktischen Erscheinungen, mit Ausnahme von Kaninchen No. I, 
bei dem schwache krankhafte Symptome auftraten. 

Die Resultate meiner Untersuchungen will ich im folgenden kurz 
zusammenfassen: Wenn man Kaninchen resp. Meerschweinchen lSngere 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. (37. Heft 7. 


Zeit mit Chinin- bzw. Bromsalzen iminunisiert, so konnen die Tiere nach 
gewisser Zeit die maximale todliche Dosis ganz gut vertragen, ohne 
merklich krank zu werden. Wdhrend der Versuchszeit nahmen die Tiere 
nur an Gewicht ab, blieben aber sonst ganz munter. 

Wenn man von solchen mit Chinin- resp. Bromsalzen vorbehandelten 
Tieren Blutserum entnimmt und auderen Kaninchen und Meerschweinchen 
einverleibt und nach 48 Stunden oder auch spater Chinin- resp. Brom- 
salzlosung reinjiziert, so bekommen wir bei Chininversuchstieren typische 
anaphylaktische Erscheinungen; von den Bromtieren zeigte nur ein Tier 
(Kaninchen) schwache anaphylaktische Erscheinungen, die Ubrigen Brom- 
tiere blieben vollstandig gesund. 

SchluBfolgcrung. 

Das Serum der chininosierten Tiere kann passive 
anaphylaktische Erscheinungen geben. 


Nachdruck verboten. 

Ueber Coliparagglutination. 

(Aus dem Untersuchungsamt der Stadt Berlin (Direktor: Geh. Re- 
gierungsrat Prof. Proskauer). — Hygienisch-bakteriologische Abteilung 
(Vorsteher: Prof. Dr. Sobernheim).] 

Von Dr. Fritz Dltthorn und Dr. Eugen Neuniark. 

Die erste Veranlassung fur uns, die in vorliegender Arbeit nieder- 
gelegten Untersuchungen anzustellen, gab das eigentiimliche Verhalten 
eines Coli-Stammes, der aus einem typhusverdkchtigen Stuhle herriihrte, 
und den wir im folgenden unter der Bezeichnung „C 15“ nSher be- 
schreiben wollen. 

Der Stamm C 15 wurde von der Malachitgriinplatte gewonnen. Sein 
am ersten Tage blaues Wachstum auf der Drigalski-Conradi Platte, 
upd der positive Ausfall der Probeagglutinatiou mit Typhusserum ver- 
anlalUe uns zur naheren Priifung des Stammes. Er agglutinierte bei 
einwandfreier Kontrolle mit Typhusserum (Titer 1:10000) bis zu der 
Verdtinnung 1:2000, mit Paratyphus B-Serum (Titer 1:3000) bis 1:1000, 
mit Paratyphus A- und Enteritis-Serum trat auch in den starkeren Kon- 
zentrationen keine Beeintlussung ein. Auf den Spezialnahrboden erfolgte 
typisches Wachstum fur B. coli (Koagulation der Milch und des Bar- 
si ekow-Milchzuckers, starke Gasbildung in Traubenzucker- und Roth - 
bergerschem Neutralrotagar sowie Reduktion des letzteren, Indol- 
bildung). Die urspriiuglich blauen Kolonien waren nach 48 Stunden auf 
der Drigalski-Platte vollstandig rot geworden. 

Eine Wiederholung der Priifung unseres Stammes auf sein agglu- 
tinatorisches Verhalten nach 8 und nach 12 Monaten sowie nach 3 Jahren 
ergab, daB der Stamm seine Agglutinabilit&t mit Typhusserum in der 
ursprlinglichen StSrke (1:2000) trotz Ueberimpfens beibehalten hatte, 
wfihrend die Beeinflussung durch Paratyphus B-Serum verloren gegangen 
war; mit Paratyphus A-Serum zeigte der Stamm nach 8 Monaten eine 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber (Joliparagglutination. 


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Contralbl. f. Bakt. elc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Agglutination der zur Herstelluug der Typhussera verwandteu 
Typhusstamme mit C 15-Serum. 


Typhusstamme 

100 

200 

400 

600 

800 

1000 

2000 

3000 

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No. 51 (Mediz. Klinik) 

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„ 58 (GieSen) 

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„ 54 (Gelsenkirchen) 

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Agglutination in der VerdunUung 1:200. Besonders erwahnt sei, daB 
auch nach dieser Zeit die Agglutination im Typhusserum bei einwand- 
freier Kontrolle eine vollig typische war. 

Die Priifung von 12 anderen Coli- Stammen der Sammluug mit 
Typhusserum ergab bei 2 Stammen eine Agglutination: Coli 5 (unbe- 
kannter Herkunft, 2 Jahre alt) 1:400 +, 1:800,+ ; Coli 6 (2 Tage 
vorher aus typhusverdachtigem Stuhl geziichtet) 1:1000 + 4-, 1:2000-}-. 

Wir stellten mit dem Stamm C 15 ein Kaninchenserum her. Dieses 
Serum agglutinierte den homologen Stamm bis zu 10000 noch sehr 
stark; von 11 gepriiften Typhusstammen einen bis zu 1000, und emeu 
weiteren bis zu 800; die ubrigen 9 Typhusstamme sowie je einen Para- 
typhus A-, B- und Gartner-Stamm nur in Verdiinnungen 1:100 bzw. 
200 mehr oder weniger stark. Von 5 Coli-Stammen wurde der er- 
wahnte Stamm 5, der von Typhusserum 1:800 + beeinfluBt wurde, bis 
zu 1000 agglutiniert. 

Der Stamm C 15 reagierte nicht etwa nur auf ein Typhusserum, 
sondern er wurde von einer ganzen Reihe verschiedener Typhussera 
auch noch 3 Jahre nach seiner Isolierung hoch beeinfluBt, wenn auch in 
keinem Falle bis zur Titergrenze des betreffenden Serums (s. Tabelle 1). 

In dem vorliegenden Stamm C 15 haben wir demnach einen Coli- 
Stamm, der einerseits von Typhusserum selbst in hoheren Verdiinnungen 
auch noch 3 Jahre nach seiner Isolierung deutlich beeinfluBt wird, und 
der andererseits ein Serum liefert, das gewisse Typhusstamme ebenfalls 
in relativ starkeren Verdiinnungen agglutiniert. 

Aus der Krankengeschichte des Falles erwahuen wir, daB klinisch 
ausgesprochene Typhuserscheinungen nicht vorlagen, und daB auch bakte- 
riologisch keine Typhusbacillen nachgewiesen werden konnten. 

Kuhn und Woithe 1 ) 2 ) haben in einem von 19 Fallen von Irren- 
ruhr neben Ruhrbacillen sowohl C o 1 i - Bacillen als auch grampositive 
Kokken gefundeu, die von Flexner-Kaninchenimmunseruin bis fast 
zur Titergrenze agglutiniert wurden. In drei zu verschiedeneu Zeiten 
entnommenen Stiihlen derselben Patienten wurden diese eigenartigen 
Bakterienstamme nachgewieseu, und zwar besaBen alle roten Kolonieen 
auf den Drigalski-Conradi-Platten dieselben Eigenschaften. Die 
Patientensera agglutinierten die Coli-Bacillen und Kokken starker als 
den eigenen Flexner-Stamm. Mit den Stammen hergestellte Kaninchen- 
sera verhielten sich, wie folgt: Das Flexner-Kaninchenserum beeinfluBte 
seinen homologen Stamm sowie einen zweiteu aus der Leiche eines 
Patienten derselben Epidemie isolierten Flexner-Stamm bis zu einer 

1) Kuhn u. Woithe, Mitteilungen iiber bakteriologisohc Befunde bei Ruhrfallen. 
(Vortrag i. d. Berlin, ruihtararztl. Gesellsch. am 21. April 19011. Militararztl. Zeitschr. 
1909. Vereinsbeilage. p. 28.) 

2) Kuhn u. Woithe, Ucber eigeuartige bakteriologische Befunde bei Ruhrkranken. 
(Med. Klinik. 1909. No. 45.) 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


547 


Verdunnung 1:6000, den Coli- und Kokkenstamm bis zu 3000, den 
Laboratoriumsstamm Flexner bis zu 600, eineu Y-Stamtn bis zu 300. 
Das Coli-Kaninchenserum agglutinierte den honiologeu Stamm bis zu 
20 000, den Kokkenstamm bis 3000, die beiden aus den Patienten iso- 
lierten Flex n er-Stamme sowie die Laboratoriumskulturen Flexner 
und Y bis 1000. 

Kuhn und Woithe nehmen an, daB „die heterologen Mikro- 
organismen ini Korper der Ruhrkranken unter dem EintiuB der spezifisch 
ver&nderten Korpersafte allmahlich Eigeuschaften angenommen haben, 
wie wir sie sonst nur bei Ruhr linden*. Sie stellen sich die Sache so 
vor, daB den heterologen im Korper der Kranken vorhandenen Bakterieu 
allmahlich Rezeptoren fur die Agglutinine des Serums angeziichtet 
werden. Kuhn und Woithe schlagen fiir dieses Phanomen die Be- 
zeichnung „Paragglutination u vor. 

In Fortsetzung der von Kuhn und Woithe begonnenen Unter- 
suchungen fanden Kuhn, Gildemeister und Woithe 1 ) dann noch 
11 paragglutinable Stamme aus Stiihlen von 8 Irren, von deuen 6 ruhr- 
krank waren, wahrend bei 2 sich nie Ruhrerscheinungeu gezeigt hatten. 
Sie fanden nicht in jedem Falle von Ruhr paragglutinable Stamme. Die 
genannten Autoren stellten ferner fest, daB der Agglutinationstiter der 
erwahnten Stamme nach einiger Zeit bei haufiger Ueberimpfung zuriick- 
geht, wenn auch nicht gleichmaBig bei den verschiedenen Stammen. 

Aehnliche Befunde erhob auch Rimpau*). Er zflchtete aus dem 
Stuhle eines lV,-jahrigen Kindes Flexner-Ruhrbacillen. 2 3 4 * * * /s <ler Kolo- 
nieen der Coli-Bacillen auf der Drigalski-Conradi-Platte zeigten 
rasch verschwindende, schwache Agglutination mit Flexner-Serum. 
Ferner isolierte er 9 Stamme aus den Stiihlen von 6 Kindern und einem 
Erwachsenen, die mit Flexner-Serum hoch agglutinierten. In einem 
Falle konnte er einen Zusammenhang dieser Erscheinung mit Ruhr- 
infektion nachweisen. Im allgemeinen nimmt jedoch Rimpau zu dieser 
prinzipiellen Frage nicht Stellung. Er fand z. B. auch bei einem Kinde, 
dessen Bruder paratyphuskrank war, und das ebenfalls Durchfall gehabt 
hatte, Coli-Stamme, die durcli Flexner-Serum bis 1:500, durch ein 
Coli-Flexner-Serum mit dem Titer 8000 bis 1:4000 agglutiniert 
wurden. 

Experimente zur Erzeugung paragglutinierender Coli-Stamme im 
Ivaninchenkorper ergaben keine eindeutigen Resultate. 

Auch von Kuhn, Gildemeister und Woithe 8 ) nach dieser 
Richtung hin angestellte Untersuchungen ffirderten keine nennenswerten 
Ergebnisse zutage. 

Gaehtgens 4 ) konnte eine wechselseitige Beeindussung von Typhus- 
uud Ruhrbacillen durch die heterologen Antisera feststellen. Er fand, 
daB ein Typhuspatientenserum Typhus- und Ruhrbacillen (Y) stark 


1) Kuhn, Gildemeister u. Woithe, Ueber bakteriologische Beobachtungen 
bei Irrenruhr, insbesondere iiber die Erscheinung der Paragglutination. (Arb. a. d. 
Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 31. 1911. p. 394.) 

2) Rimpau, Bakteriologische Befunde bei Untersuchungen darmkranker Kinder. 
(Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 38. 1911. p. 384.) 

3) Kuhn, Gildemeister u. Woithe, Nachtrag zu der Arbeit „Ueber bakterio¬ 
logische Beobachtungen bei Irrenruhr, insbesondere iiber die Erscheinung der Paragglu- 
tiuatiou 14 . (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bel. 38. 1911. p. 399.) 

4) Gaehtgens, W., Vergleichende Untersuchungen iiber die Agglutination von 

Bakterieu der Typhus-Coli-Gruppc und Dysenteriebacillen durch die homologen und 

heterologen lmmunsera. (Zeitschr. f. Iinmuuitiitsforsch. Orig. Bd. 12. 1912. p. 619.) 

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548 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originals. Bd. 67. Heft 7. 


agglutiniert. Der aus dem Patienten isolierte Bakterienstamm wurde 
erst nach mehrmaligem Umziichten vom Typhusserum bis zur Titergrenze 
agglutiniert, von Y-Seris wurde er verschieden beeinfluBt, von eineni bis 
fast zur Titergrenze, von einera anderen fast bis zur halben Titergrenze 
und von einem dritten nur schwach. Flexner-Sera zeigten keine 
nennenswerte Beeinflussung (die Ergebnisse wurden nach 4-stiindigem 
Aufenthalt der Rohrchen bei 37° C notiert). 

Bei weiteren Untersuchungen ergab sich, daB die erw&hnten Er- 
scheinungen alien frisch isolierten Typhuskulturen und auch manchen 
Dysenteriestammen zukommen. Gaehtgens empfiehlt daher, die fur 
diagnostische Zwecke bestimmten Sera nur mit alien, haufig iibergeimpften 
Kulturen herzustellen. Auch bei der Anstellung der Gruber-Widal- 
schen Reaktion sollen nur alte Kulturen Verwendung finden. 

Prigge 1 ) fand einige Male bei Paratyphus hohere Werte von Par- 
agglutination. 

Das oben erwahnte auflallige Verhalten des Stammes C 15 sowie die 
von Kuhn und Woithe erhobenen interessanten Befunde veranlaBten 
uns, an einem umfangreichen Untersuchungsmaterial, wie es dem Berliner 
Stadtischen Untersuchungsamt zur Verfiigung steht, die Frage der Par- 
agglutination zu studieren. 

Die zur Priifung herangezogenen 342 Stamme von Bact. coli 
commune entstammten 151 Stuhlproben, von denen 82 zur Unter- 
suchung auf Typhus und 67 zur Untersuchung auf Ruhr dem Unter¬ 
suchungsamt eingesandt worden waren. 2 Stiihle stammten von Personen. 
bei denen Verdacht einer Darmerkrankung nicht vorlag. 

Die Isolierung dieser Coli-Stamme erfolgte in derWeise, daB von 
einer aus den Stuhlproben angelegten D ri gal s k i - Platte 1—2, spater 
3—4 rote typische Kolonieen auf Schr&gagar abgeimpft wurden. Wurde 
auf diese Weise eine Reinkultur von Bakterien mit den morphologischen 
Eigenschaften des Bact. coli commune gewonnen, so erfolgte eine 
genaue biologische Identifizierung in der Art, daB die Kulturen auf die 
bekannten Spezialniihrboden (Barsiekow Traubenzucker, Barsiekow 
Milchzucker, Lackmusmolke, Milch, Traubenzuckeragar und Roth- 
bergerscher Neutralrotagar) iibertragen wurden. Im allgemeinen zeigten 
die Kulturen auf den genannten Nahrboden nach 24 Stunden typisches 
Verhalten. Die Entfarbung des Neutralrotagars lieB bei manchen Stfimmen 
mehrere Tage auf sich warten. Auch bei Milch trat des ofteren Ge- 
rinnung erst nach 8—12 Tagen ein. 

Alle Stamme wurden auch auf Indolbildung gepriift. 

Erst wenn auf diese Weise die isolierten Stamme als typisches 
Bact. coli commune identifiziert waren, wurden sie zur serologischen 
Priifung herangezogen. 

Die 342 isolierten Coli- Stamme priiften wir auf ihr agglutinatorisches 
Verhalten gegeniiber den Seris, die mit folgenden 19 Stammen hergestellt 
waren: 

1) Typhus Gielien, Titer 10000. 

2) Paratyphus B Konigsberg, Titer 3000. 

3) Paratyphus A, mit Tebender Kultur hergestellt, Titer 4000. 

4) Enteritis Giirtner Halle, mit lebender Kultur hergestellt, Titer 3— 4000. 

5) Cholera Hahn Petersburg, Kultur bei 60° C abgetotet, Titer 8000. 

6) Vibrio Metschnikoff Moskau, mit lebender Kultur hergestellt, Titer 100000. 

7) C 15, mit lebender Kultur hergestellt, Titer 10000. 


1) Prigge, zit. nach Kuhn, Gildemeister u, Woithe (a. a. O.) 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber (Joliparagglutination. 


549 


8) Schweiu 40, aus Schweinefleisch geziickteter Paratyphoidstamm, Tier mit 
lebender Kultur vorbehandelt, Titer 10 000. 

9) Obst 4, aus Obst geziichteter Paratyphoidstarum, Titer 3000. 

10) Schlackwurst I, Paratyphoidstarum aus Schlackwurst, Titer 3000. 

11) Pferd 25, Typhoidstanuu aus Fleisch eines gesunden Pferdes, Titer 3000. 

12) Spickgans 37a, Paratyphoidstamm aus Spickgans, Titer 3000. 

13) So-Mo III, Paratyphoidstamm aus einer Speise, Titer 3000. 

14) Fleisch 72, Paratyphoidstamm aus dem Diinndarm eines gesunden Hammels, 
Titer 3000. 

15) A 1146, Paratyphoidstamm aus Mausedarm, Titer 3000. 

16) A 464, Paratyphoidstamm aus Urin, liter 3000. 

17) Dysenterie Y, Titer 5000. * 

18) Dysenterie Flexner, Titer 5000. 

19) Dysenterie Shiga-Kruse, Titer 1600. 

Bei den Stfimraen No. 8—16 handelt es sich um „BIaustamme u , d. h. 
um aus Fleisch, Obst, Urin usw. gewonnene Kulturen, die auf Dri- 
galski-Agar blau wachsen und sich auch sonst kulturell und morpho- 
logisch wie Paratyphus bzw. Typhus verhalten, serologisch jedoch mit 
bekannten Arten nicht identifiziert werden konnen. 

Bei der agglutinatorischen Prufung der Coli-Stamme bedieuten wir 
uns der makroskopischeu Methode itn Reagensglase unter Zuhilfenahme 
tier Lupg. Verwendet wurden 16—20 Stunden bei 37 0 C gewachsene 
Agarkulturen, von denen stets 1 Oese Material in I ccm Serumverdiinnung 
in der bekannten Weise fein verrieben wurde. Nach 2-stundigem Auf- 
enthalt der Rohrchen bei 37 0 C protokollierten wir das Resultat. Bei 
einigen Versuchen wurde das Ergebnis nach 24-stundigem Stehenlassen 
bei Zimnierteniperatur (15—17° C) nochmals notiert. 

Die Agglutination wurde bei alien Sttininien zun&chst mit den Serum- 
verdunnungen 1 :100, 1 :500 und 1: 1000 angesetzt. Zeigte sich hierbei 
eine nennenswerte Beeinflussung durch irgendein Serum, so wurde das 
betreffende Serum mit dem Stamm austitriert, nachdem dieser durch das 
Plattenverfahren uochmals auf seine Reinheit gepruft worden war. 

In verschiedenen Zeitabstanden wurden die Versuche wiederholt, um 
festzustellen, ob das Alter bzw. das h&ufige Ueberimpfen der Kulturen 
eine Abnahme oder ein Verschwinden der Agglutinierbarkeit gegeniiber 
dem einen Oder anderen Serum bedingt. 


Vcrsuchscrgebnfsse. 

Tabelle No. 2. 

259 Coli-St&mme aus 124 Stuhlen zeigten mit keinem der zur 
Priifung herangezogenen 19 Sera eine Agglutination, selbst nicht bei einer 
Serumverdiinnung 1 :100. 

61 Stiinme aus 43 Stuhlen wurden von irgendeinem oder mehrereu 
der Sera schwach beeinfluBt. Als eine schwache Agglutination mochten 
wir eine deutliche, einwandfreie Agglutination bei einer Serumverdiinnung 
unter 1: 1000 bezeichnen. 

22 St&mme aus 15 Stiihlen wurden von irgendeinem oder mehreren 
der 19 Sera stark, d. h. in einer Serumverdiinnung 1:1000 und dariiber 
agglutiniert. 

Wie wir bereits oben erwahnt haben, geschah die Isolierung der 
Coli-Stamme in der Weise, daB von einer groBen Anzahl Stuhlplatten 
nur wenige Kolonieen abgeimpft wurden. Wir siud uns dabei sehr wohl 
bewuBt gewesen, daB unsere Befunde bei dieser Methode vielfach vom 
Zufall abhdngig sein muBten. Wir mfichten daher an dieser Stelle be- 
merken, daB unsere Tabellen, soweit sie zahlenmaBige Angaben enthalten, 
keine Riickschliisse auf die Haufigkeit des Vorkommens der beschriebenen 


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1) Bei 3 Fallen batten die Faeces friiher Y-Bacillen enthalten. Bei einem Falle wurden kurze Zeit spater diese Bacillen gefunden, 
vorher war der Widal + fur Y-Ruhr. 


550 


Centrabll. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 7, 


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Starke Agglutination, 
d. b. Agglutination bei 
Seriimverdiinnung von 

1 :1000 und turner 

Schwache Agglutination, 
d. h. Agglutination bei 
Serumverdiinnung unter 
1:1000 

Keine Agglutination 

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Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


551 


Erscheinungen gestatten. Diese Tabellen sollen lediglich deni Zwecke 
einer leichteren Uebersicht dienen. 

Aus der Tabelle No. 2 ist ferner zu ersehen, daB von den Stammen, 
die keinerlei Agglutination zeigten, 3 aus unverdachtigen, 112 aus 
typhusverdachtigen und 144 aus ruhrverdachtigen Stiihlen stammten. 
Die 112 Stamme aus typhusverdachtigem Material riihrten aus den 
Stiihlen von 65 Fallen her, von denen 42 einen fur Typhus negativen 
Befund ergeben hatten, in 5 Fallen waren Typhusbacillen im Stuhl nach- 
gewiesen worden, in 12 Fallen war nur der Widal positiv, in 5 Stiihlen 
waren Paratyphus B-Bacillen und in einem Enteritis Gartner-Bacillen 
gefunden worden. 

Die 144 aus Ruhr material stammenden Stamme gewannen wir aus 
den Stiihlen von 59 Fallen, von denen 6 ein negatives Resultat gezeigt 
hatten, in 35 Stiihlen waren Y-Ruhrbacillen, in 4 Stiihlen Paradysenterie- 
bacillen gefunden worden; in 14 Fallen war der Widal positiv fur 
Y-Ruhr. 

Beziiglich der Stamme, die eine schwache Agglutination zeigten, 
ist aus der Tabelle zu ersehen, dad 38 Stamme aus den Stiihlen von 
31 typhusverdachtigen Fallen herriihrten: 19 Faile davon waren negativ, 
4mal wurden Typhusbacillen im Stuhl, lmal im Urin, 2mal Paratyphus B- 
Bacillen im Stuhl nachgewiesen, 5mal war der Widal positiv fiir Typhus. 

23 weitere Stamme mit schwacher Agglutination erhielten wir aus 
den Stiihlen von 14 ruhrverdachtigen Fallen, bei denen 3mal der 
bakteriologische und serologische Befund negativ war, 9mal Y-Ruhr- 
bacillen, lmal Paradysenteriebacillen nachgewiesen wurden, lmal war nur 
der Widal positiv fiir Y-Ruhr. 

6 von den 22 Stammen mit starker Agglutination gewannen wir aus 
typhusverdachtigem Material; in 5Fallen war der Befund ein fOr Typhus 
negativer, bei dem 6. Falle waren Typhusbacillen im Urin nachweisbar. 

16 Kulturen stammten aus 9 ruhrverdachtigen Stiihlen. In 2 von 
diesen Stiihlen waren zur Zeit der Isolierung der Coli-Stamme Y-Ruhr- 
bacillen vorhanden. In einem anderen Stuhl waren zwar am Tage der 
Isolierung Ruhrbacillen nicht nachweisbar, jedoch war am Tage vorher 
der Widal fiir Y-Ruhr positiv gewesen, und einige Tage spater wurden 
Y-Ruhrbacillen im Stuhl desselben Falles gefunden. 3 andere Stiihle 
stammten von Fallen, bei denen kurze Zeit vorher Y-Ruhrbacillen nach¬ 
gewiesen worden waren, bei 3 Fallen war lediglich der Widal positiv 
bzw. mehr oder weniger stark angedeutet fiir Y-Ruhr. 

Der Uebersichtlichkeit wegen sollen im folgenden die Agglutinations- 
werte unter und iiber 1000 getrennt besprochen werden. 

I. Schwache Agglatiiiationen. 

Als solche bezeichnen wir, wie bereits erwahnt, Agglutinationen bei 
Serumverdiinnung unter 1 : 1000 (Mitagglutination). 

Wie aus Tabelle No. 3 ersichtlich ist, wurden von den aus typhus¬ 
verdachtigem Material mit negativem bakteriologischen und sero- 
logischen Befund geziichteten 24 C oli-Stammen 13 von Typhusserum, 
6 von Paratyphus B-Serum, 1 von Paratyphus A-, 3 von Enteritis, 1 von 
Vibrio Metschnikoff-, 14 von C15-, 11 von Schwein 40-, 1 von 
Pferd 25-, 11 von Schlackwurst I-, 11 von Obst 4-, 1 von Fleisch 72-, 
1 von Spickgans 37 a-, 2 von So-Mo III-, 5 von A 464-Serum beeinfluBt. 

Von 4 Stammen aus Faeces mit Typhusbacillen wurde je 1 von 
Paratyphus A-, C 15-. Schlackwurst I- und Obst 4-Serum agglutiniert. 


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552 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 07. Heft 7. 


Tabelle No. 3. 

Schwache Agg 1 u tination on dor Coli 






Sera 



Stamm 

Befund 

Typhus 

Para- Para¬ 

typhus R| typhus A 

Enteritis 
i Gartner 

Cholera 

V. Mct- 
schnikoff 





Titer 





10 000 

3000 

L 4000 

3000 

8000 

[ 10 (XX) 









7 

9 

11 

141 

20 I 

20 II 


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• 

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. 

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21 II 
2211 
23 1 
2311 

23 III 

24 I 
2411 
2611 
27 I 
301 

31 

3211 

37 

4311 

51 I 

52 I 

721 

Faeces, Urin, 
Widal: uegativ 

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100 + 
100 + 
100 + 
100'+ 
1()0 + 
100 + 

100 + 
100 + 
100 + 

100 + 

100 + 

100 + 
100 + 

100 + 

100 + 
100 + 

• 

• 

5U0 + 

. 

100 + 
100 + 

* 

100 + 

10 11 
851 

91 III 
9311 

l Faeces enthielten 
j Typhusbacillen 

# 

. 

100 + 


# 


151 

Urin enthielt 
Typhusbacillen 

• 





6811 

881 

8811 

901 

1191 

119 III 
132 II | 

| Widal + fur 
^Typhus bzw.an- 
gedeutet 


100 + 

; 


, 

: 

i 

. 

100 + 


86 11 | 

117 II ! 

Paratyphus B- I 
Bacillen 

: | 

; 


• i 

; 


Ein Stamm von einem Falle mit positivem Baeillenbefund im Urin 
reagierte mit dem C 15-Stamm. 

Von 7 St&mmen aus 5 Fallen mit positivem Typhus-Widal zeigte 
je 1 mit Paratyplms B-, Cholera- und Dysenterie Y-Serum, je 3 mit C 15- 
und Obst 4-Serum Agglutination. 

Aus zvvei Sttihlen mit Paratyphus B-Befund erhielten wir zwei 
Stfimme, von denen einer mit Schwein 40-, der andere mit So-Mo III- 
Serum agglutinierte. 

Bei ruhrverd&chtigem Material haben wir aus zwei Stiihlen 
mit negative m Befund 4 Stamme erhalten, die alle mit Typhusserum 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


553 


Tabelle No. 3. 

stamme aus typhusverdach tigen Stiihlen. 


Dys¬ 
enteric Y 

C 15 

Schwein 

40 

Sera 

Pferd 1 Schlack- 

25 i wurst I 

1 

Obst 4 

Fleisch 

72 

SpickgansjSo-Mo 
37a | III 

A 464 

5000 

10000 

10000 

3000 

Titei 

3000 

3000 3000 | 3000 | 3000 

300U 

• 

. 

# 

500 + 

" 

; 

100 + 

500 + 

500 + 
500 + 
500 + 
500 + 
500 + 
100 + 
500 + 

100 + 
500 + 
100 + 

100 + 

500 + 

100 + 
100 + 

500 + 

500 + 

500 + 

100 + 
100 + 
500 “f* 

100 + 
500 + 

. 

• 

500 + 

• 

. 

. 

; 

• 

100 + 

100 + 
100 + 

100 + 
100 + 
100 + 

100 + 
100 + 

100 + 
100 + 

100 + 

100 + 

500 + 
1000 + 

(-) 
100 + 
100 + 

100 + 
100 + 
100 + 

500 + 
500 + 

100 + 

. 

. 

100 + 

. 

. 

• 

: 

100 + 

’ 

100 + 

100 + 

• 

100 + 

500 + 

100 + 
500 + 
500 + 


100 + 


* 

100 + 

100 + 

• 

. 


• 



100 + 




• 




! 

500 + 

100 + 

100 + 

500 + 



• 

100 + 

100 + 
100 + 



• 



. 

• 

100 + 







100 + 


reagierten, 3 davon auch mit Y-, Flexner- und C 15-Serum (cf. Tabelle 
No. 4). 

Aus lOruhrbacillenhaltigen (Y) Faeces erhielten wir 15 Stamme, 
von denen 2 mit Typhus-, je 3 mit Paratyphus B- und Enteritis-, 1 mit 
Paratyphus A-, 5 mit Y-, 1 mit Shiga-, lOmitC 15-, 4 mit Schwein 40-, 
3 mit Obst 4- und je 1 mit Fleisch 72- und Spickgans 37a-Serum be- 
einflufit wurden. Von einem Falle mit positivem Ruhr-Widal 
agglutinierte ein Stamm mit So-Mo Ill-Serum. Von einem Stuhl mit 
Paradysenterieba cillen gewannen wir 3 Stamme, von denen je 
einer mit Typhus-, Paratyphus A- und C 15-Serum Agglutination zeigte. 


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554 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7, 



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Tabelle No. 4. 

Schwache Agglutin ationen der Colietamme aus ruhrverdachtigen Stiihlen. 
















Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


555 


Die Starke der Agglutinationen inden Tabellen No. 3 und 4 ist der 
Einfachheit halber bei den verschiedenen Stammen nicht n&her be- 
zeichnet. Sie schwankte zwischen vollst&ndiger Zusammenballung der 
Bakterien und Kl&rung der (iberstehenden Fliissigkeit einerseits und fein- 
korniger, mit der Lupe noch deutlich erkennbarer Verklumpung anderer- 
seits. 


II. Starke Agglutinationen, 

d. h. ipositive Agglutinationsergebnisse bei 1:1000 
und dariiber (Par agglutination). 

Im folgenden sollen zunSchst die 6 Stfimme, die aus typhus- 
verdachtigem Material isoliert wurden, und die eine Agglutination 
mit irgend einetn Serum bis zur Verdunnung 1:1000 und dariiber 
zeigten, besprochen werden. 

Die Tabelle No. 5 m6ge das im folgenden Gesagte eriautern. 

Zu Stamm 1 5 II. 

Wie sehen bei dieser Kultur, die von einem typhusverdachtigen Falle 
stammte, bei dem Typhusbacillen im Urin naehgewiesen wurden, im 
Stuhl jedocli nicht und bei dem der Widal positiv fur Typhus war, eine 
Beeintlussung durch Typhusserum bis 2000, Gartner-Serum aggluti- 
nierte den Stamm in allerdings nicht ganz typischer Weise bis 3000, 
Choleraserum bis 500 und Schwein 40-Serum schwach bis 1000. Eine 
zweite aus demselben Stuhl gezQchtete Kultur agglutinierte lediglich mit 
C 15-Serum bis 1 : 100. 

Zu Stamm 321. 

In dem Stuhl, von dem diese Kultur herriihrte, wurden Typhus¬ 
bacillen nicht gefunden. Sie wurde von Typhus-, Schlackwurst I-, So- 
Mo III- und Obst 4-Serum nur bis 100, von Schwein 40-Serum bis 500 
und von C 15-Serum bis 2000 beeintiuBt. Eine zweite Kultur (32II) 
desselben Stuhles wurde von C 15-Serum nur bis 500 agglutiniert, den 
anderen Seris gegenilber verhielt sich der Stamm wie 321 (siehe Tabelle 
No. 3). 

Zu Stamm 431. 

Beztiglich der Herkunft ist dasselbe zu sagen, wie bei vorstehend 
beschriebener Kultur. Typhusserum beeintluBte den Stamm 2 Wochen 
nach der Isolierung bis 1000, C 15-Serum bis 2000, Paratyphus A und B- 
Serum bis 2000, Schwein 40-, Obst 4-, Fleisch 72- und Schlackwurst I- 
Serum bis 500, Gartner-, Pferd 25- und Spickgans 37 a-Serum bis 100. 

Bei einer nach 8 bzw. 14 Monaten vorgenommenen Wiederholung 
der Untersuchung zeigte es sich, dafi der Stamm fur Typhusserum seine 
Agglutinabilitat vollstSndig verloren hatte, fiir C 15-Serum dagegen eher 
noch etwas starker agglutinabel geworden war. Auch fiir Paratyphus B- 
Serum hatte die Agglutinationsf&higkeit abgenommen. 

Ein zweiter Stamm desselben Stuhles agglutinierte von Anfang an 
nur mit Paratyphus A-Serum bis 1:500. (S. Tab. No. 3.) 

Zu Stamm 531 und 561. 

Bei beiden Stammen zeigte sich Agglutination mit Paratyphus A- 
Serum 1:1000 +. Weitere Kulturen aus denselben Stiihlen wurden von 
keinem der gepriiften Sera beeinfluBt. 


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556 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Tabelle No. 5. 


Agglutinationen von Coli-Stammen aue Stiihlen. 

Agglutinationen bei Serum- 


Stamm 

Herkunft 

Datum der 
Isolierung 

Sera, mit denen 
(die iibrigen nicht besonders 

Typhus 

Titer 10000 

100 

500 

1000 

2000 

3000 

1511 

Stuhl zur 
Untersuchung auf 
Typhus. 

Keine Typhusbacillen 
im Stuhl. Im Harn 
Typhusbacillen nach- 
gewiesen. Widal po- 
sitiv fiir Typhus. 

1. 3. 11 

+ 

± 

+ 

db 





Typhus 

Titer 10 000 

C 15 

Titer 10000 

m 




IE3 




321 

Stuhl zur 
Untersuchung auf 
Typhus. 

Keine Typhusbacillen. 

9. 3. 11 

+ 



+ + 

+ 

+ 

± 





i 

Typhus 

Titer 10000 

C 15 

Titer 10000 

100 

500 ;iooo 

20001 

100 500 

100 

J 2000 

4000 

431 

Desgl. 

16. 3. 11 

+ 4* + 

±? 

1 l + 

+ 

+ + 

— 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ 

+ -f 

+ 4 

+ + H- 

1 + 





C 


100 





531 

Desgl. 

23. 3. 11 

+ + 

i + 

— 

— 





Pnratyphus A 

Titer 4000 

c 

J- 

100 


500 

1000 I 2000 

561 

Desgl. 

22. 3. 11 

+ + + 


. 

+ 

— 





C 15 

Titer 10000 

100 

1000 

2000 

4000 

| 6000 8000 | 10000' 

601 

Desgl. 

30. 3. 11 

+ + + 

++(+) 

1 

+ + + 

+ + 

T 

+ 

| 

1 + + 



Zeichenerklarung: 


+ + + = Starke Ausflockung unter Klarung der Fliissigkeit. 
+ + = Agglutination mit blofiera Auge deutlich erkennbar. 

+ = Agglutination mit bloflem Auge gerade noch erkennbar. 
± = Agglutination nur mit Lupe erkennbar. 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


557 


Tabelle No. 5. 

die zur Untersuchung auf Typhus eingesandt wurden. 

verdunnung 1:1000 und dariiber. 


Agglutination erzielt wurde 
geiiannten Hera gaben keine Agglutination). 



Oarlner 

Cholera 


Titer 3—4000 

Titer 8000 

100 I 

500 

1000 | 2000 | 3000 

100 j 500 1 

+ + 

+ 

+ | + I + 

+ + + 


1000 


Hchweiu 40 
Titer 10000 


C 


Datum 
der Unter¬ 
suchung 


100 500 

i i 


atypisch, Zwischenfliissigkeit 
nicht klar 


+ + 

(-) (-) 


1000 

+ 

(-) 


6. 3. 11 
bzw. 15. 3. 11 


Hchweiu 40 

Tiler 10000 

Hchlackwurst I 

Titer 3000 

| Ho-Mo III 
Titer 3000 

Obst 4 
Titer 3000 

1 c 

1 

100 

500 

1000 

100 

500 

100 500 

1U0 

500 



+ + 

+ + 


± 


± 1 — 

4- 



14. 3. 11 
bzw. 23. 3. 11 


Schwein 40, Obst 4, 
Fleisch72,8ehlackw.I 
Titer 3000 

Para- Para- 

typhus B j typhus A 
Titer 3000 Titer 4000 

Gartner 

Titer 

3-4000 

Pf. 25 

Titer 3000 

Sp. 37 a 
Titer 3000 

C 


100 

500 

1000 

100 

500| 1000| 1001500 loOO 

100 

1000, 

100 

500 

100 

500 



+ + + 

± 

J - -1 

+ + 

. ;| + ++ .It 

+ + + 

_ 

+ 

_ 

+ +(+) 

_ 

_ 

20. 3. 11 













bzw. 1. 4. 11 




± 

. — ++i . ± 







— 

28. 11. 11 





L 1- - 








21. 5. 12 


9. 5. 11 


9. 5. 11 


Typhus, G&rtner 
Paratyphus A und B 

V. Metschn. 

Titer 10 000 

Hchlackwurst I 

Obst 4 

c 







2000 

100 

500 

1000 


+ 

• 

— 

+ + 

+ + 

— 

+ 

db 


— 

12. 5. 11 


Zwischenstufen sind folgendermaSen bezeichnet: 

+ +(+)» +(+)• + 

(-)• 


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URBANA-CHAMPAI6N 














1 


558 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Tabelle No. 6. 


Agglutination von Colistammen aus Stiihlen, die zur Untersuchung 

Hohere Agglu tinationswerte (Agglutination bis zur 


Stamm 

Herkunft 

Datum 
der Iso- 
lierung 

Sera (die ubrigen, nicht besonders genannten 

Schwein 40 

C 15 

100 

1000 

I 2000 

3000 

4000 

100 

1000 

2000 

4000 

68 I 

Stuhl zur Unter- 
suchung a. Dys. 
Keine Dys.-Bac. 
Widal stark an- 
gedeutet fiir„Y a . 

10. 3. 11 

+ 4- + 

+ + + 

+ +(+ 

+ + 

+ + + 

+(+; 

+ 

+ + 4 

1 + 

± 

-1 +4- 

± 

+ 

444 

444 

44(4 

44 

) ± 

± 

4 




Schwein 

40 

C 15 

100 

1000 2000 

; 3000 

1 4000 

100 

1000 

2000 

4000 

3811 

Dgl. 

16. 3. 11 

44 + 

444 

444 

+ + + 

+ + + 
++ + 

+ + 

+ + 
*4" 

4-4 

4- 

4-4- 

± 

4 

444 

444 

444 

4 4(4 

4(4) 

± 




Schwein 40 

C 15 

Typhus 

100 

1000 

2000 

3000 

4000 

100 

1000 

100 

1000 

45 I 

Stuhl zur Unter- 
suchung a. Dys. 
Keine Dys.-Bac. 

Widal ange- 
deutet fiir „Y“. 

16. 3. 11 

4 4 4 

444 

444 

++ + 

+++ 

+++ 

+ + 

+ + + 
+ ++ 

4- 

4-4- ' 

± 

4- 

+ 4* 

444 

444 

± 

444 

4 

± 




Schwein 40 

Flexner 

100 

500 

1000 

100 

500 

1000 

7611 

Stuhl zur Unter- 
suchung a. Dys. 
Dys.-Bac. „Y“ 
nachgewiesen. 
Widal angedeut. 

11. 5. 11 

444 

4 

i + 


4-4-4- 

4 

44(4) 

4 




Schwein 40 

Flexner 

100 

500 

1000 

100 

500 

1000 

76 III 

Dgl. 

11. 5. 11 

44 
+ + 

+ 

i J 

± 

+ + + 

+ 4 + 
44 

44(4) 

± 

± 

± 




C 15 

Paratyphus 

Y 

100 

1000 

100 

1000 

100 | 500 | 1000 

1051 

Stuhl zur Unter- 
suchung a. Dys. 
Keine Dys.-Bac. 

nachgewiesen. 
Widal angedeut. 
fiir Dys. „Y U 

26. 8. 11 

+ + + ; 

+ 

+ 

+ J 
+ 

— 

1 . 9. 11 

444 4 

444 , 4 

1 

1 

1 db 


Anmerkung. Bei dieser Tabelle sind die Titer der Sera aus Griinden der 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


559 


Tabelle No. 6. 

auf Dysenteriebacillen eingesandt wurden. 
Seruraverdunnung 1:1000 und dariiber). 


Paratyphus A 

Typhus 

Paraty 

r. B 

O 4 Flexner 

Y 

c 

Unter- 

auchung 

100 | 

1000 

2000 

3000 

100 

1000, 

20001 

100 

looo; 

100 

500 100 

500 1000 

100 | 

500 


-: 

+ + 

+ + + 

+ + + 

1 1 

+ 

! + + + 

1 + + 

+ + 

1 — 

+ + + 

+ 

++ 

± 

+ + + 

— 

+ + 

• 

+ + + 

+ + + 
8. 

± | 

1 t" 1 

' CO 

+ 

+++ 

+ + + 

— 

1 

120. 3. 11 
\ 1. 4. 11 
29. 11. 11 

23. 5. 12 


Para typhus A 

100 I 1000 


Typhus 


Paraty. B Flexner 


+ + + 

+ + + 
+ + + 


+ + + 

+ + + 
+ + 


2000 3000 100 1000:2000 100 1000 100 11000 


Obst 4 


100 1000 100 11000 


c 


± ! — + + + ++ — + + + — + + + 

1 ■ + 


+ i — — — 

— I — I — — I — I 


- ' + + + - +(+) 
— + + + - 


. I 8. 0. 11 ! 8. 6. 11 


20. 3. 11 
1. 4. 11 
29. 11. 11 
, 23. 5. 12 


Paratyphu 

8 A 

Paratyphus B 

Schl. I, FI. 72, A 1146, v 

O 4, Sp. 37 a 1 


Flexner 

C 

100 

1000 

2000 

100 

1000 

100 

500 100 

500 

100 

500 


+ + + 

+ + 

± 

+ + + 

+ 

+ + 

— (0 4:i) + + + 


+ + + 



+ * + 

+ + + 

+ 

+ + + 

± 


8. 6. 

11 

8. 6. 

11 

— 

+ + + 

+ 

— 

+ + + 

— 


' 

• 

* 


_ 


128. 3. 11 
1 1. 4. 11 
29. 11. 11 
22. 5. 12 


100 


500 


1000 


Shiga 

100 500 


Pferd 25 


+ + + 
+(+) 


+ 


100 

± 


500 


c 


|17. 5. 11 
I 8. 6. 11 
29. 11. 11 



Y 



C 15 


O 4 

Pf. 25, 

Schl. I A, B, Ent. Shiga 

C 


100 

500 j 

1000 

100 







100 

500 















(17. 5. 11 

+++ 

+ 

± 

+ + + 

± 

• 

+ + + 

± 

+ 

— 


— 

— 

\ 8. 6. 11 

+++ 


— 

, 

. 

. 


. 


. 

. 

. 

— 

19. 11. 11 

+++ 

± 

— 

+ + + 

+ + 

+ 

. 

• 

• 

• 

• 

• 

[ — 

21. 5. 12 


Shiga 

FI. 72, O 4, Schl. I, Pf. 25 

c 



100 

500 

100 

500 

1000 




(±) 


+ + 




Abgesehen von unwesent- 

113. bzw. 

— 




lichen Abweichungen, ver- 
hielten sich die Stamme 
105II und III ebenso 

\24. 10. 11 

• 

• 

+ + 

± 



28. 11. 11 


Uebersichtlichkeit weggelassen. 


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560 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Stamm 

Herkunft 

Datum 
der Iso- 
lierung 

Sera (die iibrigen, nicht besonders genannten 

Schwein 40 

Y 

Sh 

iga 

100 

500 1000 | 

100 

500 

1000 

100 

500 

121 III 

Stuhl zur Unter- 
auchung a. Dys. 
Keine Dys.-Bac. 
11.9.11 Widal+ , 
18. 9. 11 Dys.- 
Bac. Y nach- 
gewiesen 

12. 9. 11 

+ + + 
+ + + 

+ 

+ 

+ 

+ 

++(+) 

++(+) 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

— 




Schwein 40 

Y 

Shiga 

100 

500 

1000 

100 

1000 

2000 

4000 


500 

121IV 

Dgl. 

19. 9. 11 

+ + + 
+ + + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + + 
+++ 

+++, 
+ ++! 

++ 
+ + 
++ 
+(+) 

+ 

+ 

+ 

-H-H 1 1 

± 

j 

• 




Datum der 
Isolierung 

Sera (die iibrigen, nicht besonders 

Stamm 

Herkunft 

Shiga. Titer 1600 





1000 




500 

111 I 

Stuhl zur Untersuchu ng 

3. 9. 11 



800 


auf Dysenteriebacillen. 
Dysenteriebacillen „Y U 


+ + + 

+ + + 

+ + + 


nachgewieeen 


+ + + 


+ + + 




+ + + 

0 

+ + + 




+ + + 

+ + 

+ + 




+ + + 


1 

+ + 




Shiga 




100 

800 

1000 

1261 

Stuhl zur Unterauchung 

19. 9. 11 

+ + + 

+ + + 

6 




+ + + 

+ + + 


Stuhl enthielt friiher 
Dysenteriebacillen „Y“ 


+ + + 

0 

+++ 




+ + + 


+ + 




+ + + 


+++ 




Shiga 




100 

800 

1000 

126II 

Dgl. 

19. 9. 11 

+ + + 

+ + + 

0 




+ + + 

+ + + 

0 




+ + + 

0 

++ 




+ + + 

0 

+ + 




+ + + 

0 

+(+) 


Anmerkung. AUe Resultate Bind nach 2-stiindigera Aufenthalt der Rohrchen 


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Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 


















r 



Ditthor 


u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 561 


Sera gaben keine Agglutination) 
Pferd 25 

100 I 1000 I 2000 I 4000 


Flcisch 72 


100 

500 

1000 

100 

+++ 

+ 

•L 

++ 

+++ 

+ 

db 

+ + 


Scbl. I 
0 I 500 


So-Mo III 
100 I 500 


Daten der 
Unter- 
Buchung 


— 20. 9. 11 

— 25. 11. 11 


Pferd 25 

Fieisch 72 1 Schl. I 

O 4 

A 1146 

Sp. 37 a 

Ty C 

100 500 1000; 

100 5001000 100 1 500 

100 |1000 

100 500 

100 500 

100 1000 


+ + + — — 30. 10. 11 

. — 25. 11. 11 

_ — _ 16. 4. 12 

_ — _ 18. 5. 12 


h*f + 

+ ++ 

+ 

+++ 



+ + + 

+ + 

+ + + 

± 

+++ 


+ 

b+ + 

+++ 

+ 


• 1 

' 

• 

• 

• 

; 

• 

• 

• 



genanntcn Sera gaben keine Agglutination) 

Shiga. Titer 1600 Norm ales Kaninchenseram 

1600 j 3200 I 6400 100 1000 I 2000 


Shiga. Titer 1600 

1600 

3200 

6400 

+(+) 

+ + 

+ 4- 

± 

o 

0 

2000 

3000 

6000 

++ 

+ 

+ 

1500 

2000 


+ 

i 

0 


2000 



+ 

atypisch 


+ 

atypisch 


Daten der 
Unter- 
suchung 


+ 17. 10. 11 

atypisch 

— 30. 11. 11 


± 4. 12. 11 

— 19. 4. 12 

— 17. 5. 12 


E! 


ESS 




± 17. 10. 11 

— 30. 11. 11 


4. 12. 11 


19. 4. 12 
17. 5. 12 


Normales Kaninchenserum 


Shiga 

2000 


2000 


1600 


3200 


1000 


24. 10. 11 
30. 11. 11 


0 

+ + 


+ + 
+ + 


atypisch atypisch 


3000 

+ + 


4. 12. 11 


+ + 


atypisch atypisch 


19. 4. 12 
17. 5. 12 


toei 37° C notiert. 

Erato Abt. Orie. Bd. 67 


36 Original from 
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 


Heft 7. 


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562 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


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Datum der 
Isolierung 

Sera (die ubrigen, nicht besonders 

Stamm 

Herkunft 

Shiga 



100 

800 

1000 

126 III 

Stuhl zur Untersuchung 

19. 9. 11 

++ + 

++ + 

+++ 


auf Dysenteriebacillen. 
Stuhl enthielt fruher 
Dysenteriebacillen „Y U 


+ + + 

+ + + 

0 



+ + + 

0 

++ 




+ + + 

0 

+++ 




+ + + 

0 

+(+) 

127 II 

Dgl. 

19. 9. 11 

+ + + 

+++ 





+ + + 

0 

++ 




+ + + 

0 

+++ 




+ + + 

0 

+ + 

1281 

Dgl. 

19. 9. 11 

+ + + 

+++ 

0 




+ + + 

+++ 

+++ 




+ + + 

0 

++ 




+ + + 

0 

+ 


Zu Stamm 601. 

Wir finden bei diesem Stamme, der ebenso wie die beiden vorher- 
gehenden typhusverd&chtigem Stuhl mit negativem Typhusbacillenbefund 
entstammt, Agglutination mit C 15-Serum bis 10000, d. h. bis zur Titer- 
grenze des Serums, mit Vibrio Metschnikoff-Serum bis 1000, mit 
Schlackwurst I- und Obst 4-Serum bis 500, und mit Typhus-, Gartner-, 
Paratyphus A- und B-Serum nur bis 100. Eine weitere Kultur des 
Stuhles ergab mit keinem Serum eine Agglutination. 

Die Ergebnisse, noch einrnal kurz zusammengefaBt, zeigen, daB wir 
zwei Kulturen aus typhusverd&chtigen Stiihlen erhalten haben, die mit 
Typhusserum vom Titer 1 :10000 bis 1:1000 bzw. 1: 2000 agglutinierten. 
In dem einen Falle war die Diagnose Typhus bakteriologisch sicherge- 
stellt, in dem anderen Falle waren Typhusbacillen nicht nachweisbar. 

Im Gegensatz zu dem Coli-Stamme 431, bei dem nach 8 Monaten 
eine Agglutinierbarkeit gegeniiber Typhusserum nicht mehr bestand, 
hatte die Agglutinierbarkeit des im Anfang dieser Arbeit erw&hnten 
Coli-Stammes C 15 gegeniiber Typhusserum auch 3 Jahre nach seiner 
Isolierung keine Abnahme erfahren. 

Wir kommen dann zur Besprechung der Coli-Stamme aus Stiihlen, 
die zur Untersuchung auf Dysenterie-Bacillen eingesandt worden 
waren. Aus 9 derartigen Stiihlen ist es uns gelungen, 16 Stamme zu 
gewinnen, die von irgendeinem Serum bis zur Verdiinnung 1:1000 und 
dariiber beeinfluBt wurden. 

Zur ErlSuterung vorstehender Tabelle No. 6 ist beziiglich der einzelnen 
Stamme folgendes zu sagen: 

Zu Stamm 381 und II. 

Aus einem Falle mit negativem Dysenteriebacillenbefund im Stuhl, 
der jedoch stark angedeuteten Widal fiir Y-Ruhr zeigte, ziichteten wir 
2 Coli-Stfimme, die mit Schwein 40- und C 15-Serum bis 4000 re- 
agierten, mit Paratyphus A- bis 1000 bzw. 2000, mit Typhus- bis 2000 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


563 


genannten Sera gaben keine Agglutination) 




Daten der 
Unter- 


Shiga 


Normales Kaninchenserum 

C 

1600 

2000 

3200 

100 

1000 

2000 


suchung 

+ + 







24. 10. 11 

+ + 

• 

+ + 

3000 

atypische 

Flocken 


atypische 

Flocken 


30. 11. 11 

0 

+ + 


+ 

atypisch 


• 

— 

4. 12. 11 

0 

+ 

— 

. 



— 

19. 4. 12 

0 

-1- 

— 

• 



— 

17. 5. 12 

++ 


— 

. 



_ 

28. 11. 11 

0 

+ 

0 

— 

— 


— 

16. 12. 11 

0 

+ 

0 




— 

19. 4. 12 

0 

— 

0 

• 



— 

17. 5. 12 

++ + 

• 

3000 

+ 

atypisch 



— 

28. 11. 11 

0 

+ + 

+ 

+ 

atypisch 

+ 

atypisch 

• 

+ 

atypisch 

4. 12. 11 

0 

+ 

0 

# 

— 

19. 4. 12 

0 

± 

— 

• 

• 

• 

— 

17. 5. 12 


bzw. 1000, mit Flexner-, Y-, Paratyphus B- und Obst 4-Serum bis 
100 agglutinierten. Nach 14 Monaten wurde die Untersuchung wieder- 
holt; es ergab sich, dad die Agglutinabilitat der Stamme gegeniiber 
Schwein 40-Serum nicht, wohl aber gegeniiber C 15-, Paratyphus B, 
Flexner-Serum abgenommen liatte, wahrend mit Typhusserum keine 
Agglutination mehr eintrat. Bei dem Stamm 38 I hatte die Agglutinations- 
fahigkeit durch F 1 e x n er - Serum eine Zunahme erfahren, nach 14 
Monaten war sie wieder zuriickgegangen. 

Zu Stamm 451. 

Herkunft: Aus ruhrverdachtigem Stuhl mit negativem bakterio- 
logischen Befund. Der Widal war bei dem Falle angedeutet fur Y- 
Ruhr. Es ergab sich Agglutination mit Schwein 40-Serum bis 4000, 
mit Paratyphus A- bis 2000, mit C 15-, Paratyphus B- und Typhus- bis 
1000, mit Flexner- und Obst 4- bis 500, mit Y-, Schlackwurst I-, 
Fleisch 72-, A 1146- und Spickganz 37a-Serum bis 100. Nach 14 Monaten 
ging die Agglutination mit Schwein 40-Serum noch bis 4000, mit Typhus- 
Serum nur noch bis 100. 

Ein anderer Coli-Stamm desselben Stuhles zeigte mit keinem 
Serum eine Agglutination. 

Zu Stamm 7811 und 76 III. 

Der Stuhl, dem diese Kulturen entstammen, enthielt Ruhrbacillen 
vom Typus „Y“. Stamm 7611 wurde durch Schwein 40- und Flexner- 
Serum bis 1000, durch Y-Serum bis 500, durch Shiga- und Pferd 25- 
Serum bis 100 agglutiniert, Stamm 76 III reagierte mit Schwein 40-, 
Flexner- und Y-Serum bis 1000, mit C 15- und Obst4- bis 500, mit 
Pferd 25-, Schlackwurst I, Paratyphus A-, B-, Enteritis- und Shiga- 
Serum bis 100. Nach 8 Monaten wurden die beiden Stamme von 
Schwein 40-, Flexner- und Y-Serum etwas schwacher beeinfluBt. 
Stamm 76 III reagierte mit Serum C15 nach 14 Monaten bis 1000. 


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36 Original frcm 

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URBANA-CHAMPAIGN 





564 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Zu Stamm 1051—III. 

Der Widal war angedeutet fur Y-Ruhr. Ruhrbacillen wurden nicht 
nachgewiesen. Die Stamme zeigten Agglutination mit Y- und C 15-Serum 
bis 1 :1000, mit einigen Blaustammseris bis 500, mit Shiga und Para- 
typhus A-Serum bis 100. Kurze Zeit darauf erfolgte eine Wiederholung 
der Untersuchung, sie ergab die gleichen Verhaltnisse. 


Zu Stamm 121 III und 1211V. 

Die beiden Kulturen entstammen einem Falle, bei dem an dem Tage 
der Abimpfung der Coli-Kolonieen Ruhrbacillen im Stuhle nicht nach¬ 
gewiesen werden konnten. Am Tage vorher hatte die Vornahrae der 
Widalschen Probe ein positives Resultat fur Y-Ruhr ergeben. 6 Tage 
spater wurden Y-Ruhrbacillen im Stuhl desselben Falles gefunden. 

Bei Stamm 121 III erhielten wir Agglutination durch Y-Serum bis 500, 
durch Schwein 40- und Fleisch 72-Serum bis 1000, durch Pferd 25-Serum 
bis 2000, durch Shiga-, Schlackwurst- und So-Mo Ill-Serum bis 100. 

Eine wenigstens fur Y-Serum weitergehende Agglutination ergab 
sich bei dem anderen Stamm aus demselben Stuhl. Der Stamm 121IV 
zeigte aus Y-Serum Agglutination bis 1:4000, also bis fast zur Titer- 
grenze des Serums. Schwein 40-, Pferd 25-. Fleisch 72- und Obst 4- 
Serum beeinflussen ihn bis 1000, Schlackwurst I-, A 1146 bis 500, Typhus-, 
Shiga- und Spickgans37a-Serum bis 100. Nach 7 Monaten war eine 
wesentliche Abnahme der Agglutinationsfahigkeit nicht festzustellen. 


Zu Stamm 1111, 1261—III, 12 7 III, 1281. 

Eine Gruppe fur sich bilden die 6 Coli-Stamme, die aus 4 Stfihlen 
von Ruhrkranken, bzw. -rekonvaleszenten, bei denen die bakteriologische 
Diagnose (Y-Ruhr) sichergestellt war, herriihrten. Ueber den bakterio- 
logischen Befund der betreffenden Stuhle ist im einzelnen folgendes an- 
zuffihren. Bei Stuhl 111 wurden zur Zeit der Isolierung der Coli- 
Stfimme Ruhrbacillen, Typhus „Y“, nachgewiesen, der Widal war fur 
Y-Ruhr positiv. Bei den St&mmen 126 I—III, 127 III und 128 I wurden 
zur Zeit der Isolierung keine Ruhrbacillen gefunden, jedoch waren bei 
Stuhl 126, der noch Schleimfetzen enthielt, 5 Wochen vorher, bei Stuhl 
127 2 Monate vorher und bei Stuhl 128 12 Tage vorher Y-Bacillen nach- 
weisbar gewesen. 

Die genannten St&mme zeigten serologisch ein gleichartiges Ver- 
halten insofern, als sie alle durch Sh iga-Serum, und zwar nur durch 
dieses, hoch agglutiniert wurden. Die Agglutination ging mit dem be- 
nutzten Shiga-Serum vorn Titer 1600 bei alien Stammen fiber diesen 
Titer hinaus. So wurden die Stamme 1261, 126II, 126 III und 1281 
bis 3000, bzw. 3200 noch sehr stark beeinfluBt, der Stamm 111 I 
sogar bis 6400, wahrend 127 II bis 2000, d. h. bis etwas fiber die Titer- 
grenze agglutiniert wurde. Hervorzuheben ist, daB die Zusammenballung 
bei diesen Stfimmen auch in hfiheren Verdfinnungen in sehr groBen 
Flocken auftrat, wobei die Zwischenflfissigkeit vollstfindig klar war. Diese 
auBerordentlich starke Agglutination veranlaBte uns, neben den Kochsalz- 
kontrollen auch solche mit normalem Kaninchenserum anzusetzen. In 
einigen Kontrollrfihrchen zeigte sich eine sogenannte atypische Agglu¬ 
tination, bestehend in dem Auftreten von fetzenartigen Gebilden in trfiber 
Zwischenflfissigkeit, die jedoch weder bei makroskopischer noch mikro- 
skopischer Prfifung mit echter Agglutination verwechselt werden konnte. 
Die Agglutinationswerte zeigten bei Wiederholung der Versuche nach 


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URBANA-CHAMPAIGN 



Ditthorn u. Neuraark, Ueber Coliparagglutination. 


565 


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+ + + 


+ + + + 

+ + + + 

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+ + + + 

+ + + + 


+ + + + 
+ + + + 
+ + + + 


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+ 


+ + + 
+ + + 

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+ + + 


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+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

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-H 

+ 

+ 

+ 


+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 



+ + + + 

+ + + + + 
+ + + + 


I I I I 


I I I I I I 


I I I I III 


I I 


I I I I I 


I I I 


I I I I I I I I I 


II -H I I I I I I I 


+ + -4 + + ||+ | | I I I I I 



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566 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originaie. Bd. 67. Heft 7. 


ungefahr 6 Monaten eine etwas geringere Hohe. LieB man die Rohrchen 
24 Stunden stehen, so erreichte die Agglutination ihre friihere Hfjhe. 
Bei noch l£ngerem Stehenlassen trat keine weitere ErhOhung des Agglu- 
tinationswertes ein. Es scheint also das Alter der Stamme eine lang- 
samere Agglutination zu bedingen. 

Tabelle No. 8. 


Stamm 





127 III, Titer 15 000 




Datum 









1221 




127 III 

+ + + 

+++ 

+++ 

++ 

0 

4- 4- 

+++ 

0 

0 

++ 

+++ 

4“ 

+++ 

22. 2. 12. 


+ + + 

+++ 

'+++ 

+++ 

0 

+++ 

0 

0 

+ 

+++ 

0 

19. 4. 12. 


+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

+ + + 

0 

4- 

+++ 

i 

++ 

0 

0 

17. 5. 12. 

Shiga 881 

+ + + 

4-4- 

+++ 

+ 

+++ 

+++ 

— 

++ 

0 

0 

+ 

+ 

22. 2. 12. 

Shiga-Kruse 

Kiinigsberg 

+ + + 

+ + 

+++ 

+ 

+++ 

+ 

— 

± ? 

0 

0 

— 

0 

22. 2. 12. 

Shiga-Kruse 

+ + + 

+++ 

+ 

+++ 

+ 

+ i 

_ 

0 

0 

0 

0 

22. 2. 12. 

1111 

+ + + 

+++ 

+++ 

0 

0 

4-4-4- 

0 

0 

+ 

+++ 

0 

19. 4. 12. 


+ + + 

+++ 

+++ 

4- 4- 

+++ 

+(+) 

+++ 

0 

i 

++ 

4i 

++ 

0 

0 

17. 5. 12. 

1261 

+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

0 

++(+) 

+++ 

0 

0 

+ ; + 

0 

19. 4. 12. 


+ + + 

+++ 

+++ 

++(+) 

+++ 

+(+) 

+++ 

0 

4- 

+++ 

+++ 

0 

0 

17. 5. 12. 

126II 

+ + + 

+++ 

+++ 

0 

0 

4-4- 

+++ 

0 

0 

+(-) 

+++ 

0 

19. 4. 12. 


+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

0 

0 

+ 

+++ 

± 

++ 

0 

0 

IV. o. 12. 

126 III 

+ + + 

+++ 

+++ 

0 

0 

+++ 

0 

0 

+ + 

+++ 

0 

19. 4. 12. 


+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

+++ 

0 

4- 

+++ 

± 

+++ 

0 

0 

17. 5. 12. 

1281 

+ + + 

+++ 

+++ 

0 

0 

++ 

+++ 

0 

0 

+ 

+++ 

0 

19. 4. 12. 


+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

4- 4" 

+++ 

i 0 

+ 

+++ 

dt 

+++ 

0 

0 

17. 5. 12. 

121IH 

+ 

+++ 

— 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

17. 5. 12. 

121IV 

+ + + 

+(-) 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12, 


4- + 

+++ 

+++ 

+ 

— 

— 

— 

— 


— 


17. 5. 12 

105 III 

+++ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12 

91 III 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12 

92 II (Gartner) 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12 


Anmerkung: Die fett gedruckten Resultate bedeuten den Agglutinationsbefund 


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Ditthorn u. Neumark, Ueber Coliparagglutination. 


567 


Die Agglutinationsergebnisse der verschiedenen Coli-Ruhrst&rame 
lassen sich nun kurz dahin zusammenfassen, daB 2 Stamme aus einem 
Stuhl xnit Y-Bacillen von Flexner- und Y-Serum beeinfluCt wurden, 
und zwar der eine Stamm (7611) von Flexner und Y in ziemlich 
gleicher Weise, der andere von Flexner- starker als von Y-Serum. 


Tabelle No. 8. 




Shiga-Serum, Titer 1600 




Datum 

C 

100 

500 

1000 

2000 

3000 

4000 

6000 

9000 



+++ 

+ + + 

+ + 

+++ 

+++ 

+++ 

0 

0 

+ 

0 

22. 2. 12. 

— 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ 

+++ 

0 

0 

0 

0 

19. 4. 12. 


+++ 

• 

+(+) 

+ 

+++ 

' 


- 

17. 5. 12. 

— 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

— 

— 

— 

— 

22. 2. 12. 

— 

+++ 

+ + + 

+ + 

+++ 

(+) 

— 

— 

— 

— 

22. 2. 12. 

— 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+++ 

+ 

— 

— 

— 

22. 2. 12. 

- 

+++ 

+ 4- 

+++ 

+ + 

+++ 

4- 

+++ 

0 

0 

0 

0 

19. 4. 12. 

— 

+++ 

0 

+ + 

+++ 

4" 

+++ 

++(+) 

-H+) 


■ 

17. 5. 12. 


+++ 

+ + + 

+ + 

+++ 

4" 

+++ 

0 

0 

0 

0 

19. 4. 12. 

— 

+++ 

0 

+ + 

+++ 

4: 

+++ 

“ 


- 


|17. 5. 12. 

— 

+ 4- + 

++ + 

+ + 

+++ 

+++ 

0 

0 

0 

0 

19. 4. 12. 

— 

++ + 

0 

+(+) 

+++ 

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+++ 

+++ 

+ 

“““ 

~ 

17. 5. 12. 


+ + + 

+++ 

+ + + 

+ 

+++ 

0 

0 

0 

0 

19. 4. 12. 

— 

++ + 

0 

+(+) 

+++ 

+ 

+++ 

+++ 

0 

+ 


17. 5. 12. 


+++ 

0 

4“ 4- 

+++ 

4- 

+++ 

0 

0 

0 

0 

19. 4. 12. 

— 

+++ 

0 

4" 

+++ 

+ 

+++ 

+ 

+ 


• 

17. 5. 12. 


+++ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

17. 5. 12 


+ 

++ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12. 

- 

+++ 

0 




— 



17. 5. 12. 

__ 


0 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12. 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 4. 12. 

z 


nach 24 Stuuden. 


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568 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 7. 


Aus einem anderen Y-Ruhrstuhle (121) zeigte ein Stainm Paragglutination 
mit Y-Serum bis zu 4000. 4 ebensolche Stiihle lieferteu 6 Coli- 

stamme, die mit Shiga-Serum sehr stark reagierten. Besonders ist 
auch hervorzuheben, daB wir eine starkere Beeinflussung durch Ruhr- 
serum bei keinem Coli-Stamm fanden, der nicht aus einem Falle 
stammte, bei dem Ruhr entweder bakteriologisch oder serologisch nacli- 
gewieseu war. Eine nennenswerte Abnahme der Agglutinationswerte dei 
Coli-Stamme war bisher, d. h. wahrend der Beobachtungszeit von 
6—7 Monaten, gegenuber Ruhrseris nicht festzustellen, dagegen ist die 
auch fur Typhusserum urspriinglich vorhanden gewesene Agglutinierbar- 
keit einiger Coli-Stamme aus Ruhrstiihlen inzwischen vollstandig ver- 
loren gegangen. 

Serum, hergestellt mit Coliruhrst&mmcn. 

Nachdem wir festgestellt hatten, daB eine Reihe von Coli-Stammen 
durch Ruhrsera mehr oder weniger beeinfluBt werden, war es fur uns 
auch von Interesse zu erfahren, ob diese Stamme neben ihren agglutinin- 
bindenden Eigenschaften auch die Fahigkeit besitzen, Agglutinine fur 
Ruhrst&mme zu erzeugen. Zu diesem Zwecke wurden 2 Stamme aus- 
gewahlt, die besonders stark von Y- (121IV), bzw. Shiga-Serum 
(127 III) beeinfluBt wurden. Die Herstellung der agglutinierenden Sera 
erfolgte durch zweimalige intravenose Vorbehandlung von Kaninchen mit 
lebenden Kulturen. Die Sera hatten einen Titer von 10000 bzw. 15000. 

A. Coli-Y-Ruhrserum. 

Bei der Priifung dieses Serums wurden neben dem homologen 
Stamm die Y-Kulturen, „Y“ und „Bolter“ herangezogen, auBerdem der 
Stamm 121 III und die 6 Coli-Shiga-Stamme; ferner einige Coli- 
Stamme, die mit keinem Serum reagiert hatten, sowie einige paratyphus- 
oder typhusahnliche Stamme (Blaustamme). Die Ergebnisse dieses Ver- 
suches sind aus folgender Tabelle zu ersehen (s. Tabelle No. 7). 

Die Tabelle zeigt, daB Y-Stamme von Coli-Y-Serum hoch agglu- 
tiniert werden. Typhusbacillen Blaustamme, Coli-Shiga- und andere 
Coli-Stamme werden nicht oder nur schwach beeinfluBt. 

B. Coli-Shigaserum. 

Neben den Coli-Shiga-Stammen wurden auch Coli-Y- und 
andere Coli-Stamme, sowie ein Gartner-Stamm mit dem Coli- 
Shiga-Serum 127 III gepriift (s. Tabelle No. 8). 

Aus Tabelle No. 8 geht hervor, daB Shiga-Stamme von dem Coli- 
Shiga-Serum ebenso beeinfluBt werden wie von homologem Serum. 
Coli-Y-Stamme werden von Coli-Shiga-Serum nur ganz schwach 
beeinfluBt, Coli-Stamm 105III agglutinierte bis 2000, ein anderer 
Coli-Stamm gar nicht, ebenso ein mitgepriifter Gartner-Stamm. 

Znsammenfassung. 

1) Neben zahlreichen Fallen von Mitagglutination, d. h. Beeinflussung 
von Coli-Stammen durch andersartige Sera bei niederen Verdttnnungs- 
graden konnten wir bei einer Reihe von Coli-Stammen, die wir aus 
Kranken- und krankheitsverdachtigen Stiihlen gewonnen haben, Par- 
agglutination (Beeinflussung durch hohere Verdiinnungen hetero- 
loger Sera) beobachten. 


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Oehler, Gewinnung reiner Trypanosomenstamme durch Einzelleniibertragung. 569 


2) Die Paragglutination der Coli-Stamme w'ird nicht immer durch 
das dem Krankheitsfall bzw. dessen Erreger homologe Serum bewirkt. 
Dies trifft zwar in manchen Fallen zu, doch wirken alsdann gewohnlich 
auch nur ein oder inehrere andersartige Sera. Es gibt aber auch Falle, 
wo ein Oder mehrere Sera Agglutination hervorrufen, die mit dem 
Krankheitserreger in gar keinem Zusammenhang stehen, wahrend das 
dem Krankheitserreger entsprechende Serum sich vollst&ndig unwirk- 
sam zeigt. 

3) Von einer allgemeinen Erhohung der Agglutinierbarkeit solcher 
Coli-Stamme kann nicht gesprochen werden, denn die Stamme werden 
immer nur von bestimmten Seris agglutiniert, wahrend andere agglu- 
tinierende und normale Sera nicht wirken. 

4) In einem und demselben Stuhl finden sich neben paragglu- 
tinablen auch solche Coli-Stamme, die auf kein Serum reagieren. 

5) Die Paragglutination kann die Titergrenze erreichen, ja sogar 
gelegentlich weit Qberschreiten. 

6) Sera, die mit paragglutinablen Coli-Stammen hergestellt sind, 
agglutinieren auch die entsprechenden Krankheitserreger. Der Charakter 
dieser Agglutination l&Bt sich von einer spezifischen in keiner Weise 
unterscheiden. 

7) Die Bestandigkeit der Paragglutination ist eine verschiedene 
gegeniiber den verschiedenen Seris. 

Fiir Typhusserum konnen wir sagen, daB die Agglutinierbarkeit der 
betreffenden Coli-Stamme im allgemeinen bald nachl&Bt und ver- 
schwindet. Eine Ausnalnne bildet der am Anfang dieser Arbeit er- 
wahnte Stamm C 15, der 3 Jahre fortgeziichtet noch ebenso stark von 
Typhusserum beeinliuBt wurde, wie sofort nach seiner Isolierung. 

Die fiir Ruhrseruin paragglutinablen Coli-Stamme haben bisher, 
d. h. nach 4—12-monatiger Beobachtungszeit, eine nennenswerte Ab- 
nahme ihrer besonderen agglutinatorischen Eigenschaften nicht gezeigt. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die G-ewinnung reiner Trypanosomenstamme durch 

Einzellenubertragung. 

[Aus dem Stadt. Hygienischen Institut zu Frankfurt a. M. (Direktor: 

Prof. M. N eisser)]. 

Von Dr. 11. Oehler, Frankfurt a. M. 

Es besteht die theoretische Forderung: Reinkultur ist nur das, was 
von einer isolierten Einzelzelle stammt. und man hat deshalb schon 
inehrfach Methoden ausgearbeitet, urn Reinkulturen aus der Nachkommen- 
schaft eines isolierten, unter dem Mikroskop kontrollierten Einzelindivi- 
duums heranzuziichten. Die Hefeforscher arbeiteten mit groBem Erfolg 
mit solchen Methoden. Da ist die Forderung, daB als Reinkultur nur 


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570 


Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


das gilt, was von einer Eiuzelzelle stammt, sichtbar verwirklicht. Die- 
selbe theoretische Forderung besteht auch gegeniiber den Trypanosomen. 
Das, was in unseren Laboratorien an Trypanosomenstammen geziichtet 
wird, ist gewiB nieist wirkliche Reinkultur. Trotzdeni erfiillen sie nicht 
die theoretische Forderung. Sie gehen nicht von isolierten Einzelkeimen 
aus; und die MiBachtung dieser theoretischen Forderung kann sich da 
und dort, bei feineren Fragen zu einem wirklicheren Fehler der Methode 
verdichten. Um dieser Forderung gerecht zu werden, miissen dieTrypano- 
somenstamme aus einer mechanisch isolierten, unter dem Mikroskop kon- 
trollierten Einzelzelle iiberimpft werden. 

Das ist miihsam, aber nicht undurchfiihrbar. Man kann die Trypano¬ 
somen in feinen Glaskapillaren isolieren und mit solchen isolierten Einzel- 
keimen Tiere infizieren. 

Zu diesem Zwecke miissen zunSchst die Trypanosomen in einer 
FHissigkeit zerstreut werden, so daB sie nicht zu dicht beieinander liegen. 
Das geschieht durch Zentrifugieren des trypanosomenhaltigen Blutes oder 
durch Zusatz von Kochsalzlosung. Dann werden feine Glaskapillaren 
mit dieser trypanosomenarmen FHissigkeit beschickt, und unter dein Mi¬ 
kroskop kontrolliert. Finden sich Stellen, wo die Einzeltrypanosomen 
durch Zwischenstrecken von 2—3 mm von ihren nBchsten Nachbarn ent- 
fernt liegen, so konnen diese isoliert werden. Die betreffende Stelle der Ka- 
pillare, die man sich mit Hilfe des MillimetermaBes markieren kann, wird 
ausgeschnitten; die ausgeschnittene Strecke wird unter dem Mikroskop 
kontrolliert und dann durch die Nadel einer Injektionsspritze mit Koch- 
salzlosung injiziert. 

Jeder dieser drei Akte hat seine eigene Schwierigkeit. 

Akt I: die Verdiinnung. Mit Kochsalzlosung zu verdiinnen ist 
verfuhrerisch bequem. Man trifft unschwer den gewiinschten Ver- 
diinnungsgrad; etwa 1 Tropfen Blut auf 1 — 3 ccm Losung. Aber die 
Trypanosomen werden dann in den Kapillaren leicht unbeweglich. Doch 
gelingt es auch bei Kochsalzverdiinnung bewegliche Trypanosomen aus 
der Kapillare auszuschneiden und mit ihnen erfolgreiche Einzelinfektion 
zu erzielen. 

Besser halten sich die Trypanosomen im Blutserum. Auch da findet 
man besonders an den Enden der Kapillare bewegungsmatte oder vollig 
unbewegliche Trypanosomen, aber es mangelt nie an solchen, die flott 
beweglich in der Kapillare ihre GeiBel schwingen. Dafiir ist es nicht 
leicht, durch Zentrifugieren den richtigen Verteilungsgrad der Trypano¬ 
somen zu treffen. Ich habe das Blut vom Schwanz der Maus in feine Glas- 
rohrchen von V*—l 1 /, mm Durchmesser und 3—5 cm Lange aufgefangen, 
das Rohrcheu am einen Ende zugeschmolzen, dann mit der Handzentrifuge 
verschieden lang zentrifugiert und die Kapillaren verschieden tief in die 
klare Serumschicht eingesenkt. So erh&lt man unter mannigfachen Fehl- 
schlagen Kapillaren, welche die Trypanosomen in der gewiinschten Zer- 
streuung enthalten. 

Akt II: Das Ausschneiden der guten Strecke geschieht mit dem 
Messer, wahrend die Kapillare auf einem Objekttrager liegt und mit 
zwei Objekttragern gedeckt ist. Ohne den aufgelegten Objekttrager 
springen die abgeschnittenen Kapillarstiickchen fort. Man schneidet schrag, 
nicht normal rechtwinklig das Messer auf das Rohrchen aufsetzend. Der 
Schragschnitt macht weniger Erschiitterung und die Erschiitterung 
ist den Trypanosomen schadlich. Diinnwandige Kapillaren schneiden. 
sich leichter durch; aber sie fiieBen dafiir auch leichter aus als dick- 


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Oehler, Gewinnung reiner Trypanosomenstamme durch Einzelleniibertragung. 571 


wandige Rohrchen. Ich bevorzuge Kapillaren von etwa 0,02 mm Lichtung 
bei einer Wandstarke von etwas weniger als 0,01 mm. 

Akt III: Das Einfflhren der Kapillarstiickchen in den Tierkorper 
versuchte ich erst, indem ich das Rohrchen mit der Pinzette in eine Wund- 
tasche unter der Rflckenhaut der Maus einschob. Viel besser ist die 
Injektion durch die % Nadel einer Injektionsspritze, ein Verfahren, das 
ich dem Rate von Dr. Schuster verdanke. Man kann das Kapillar- 
stiickchen in die trockene Spitze der Hohlnadel einschieben. Noch besser 
fand ich es, ein kleines Tropfchen Kochsalzlosung an der Nadelspitze 
vorzupressen und von ihm das Kapillarstiickchen aufnehmen zu lassen. 
Es wird also das Stiickchen Kapillare, in dem das Einzeltrypanosoma 
eingeschlossen liegt — es ist 1V 2 —5 mm lang — an den Rand eines 
ObjekttrSgers vorgeschoben, so daB es etwa 1 mm iiber den Rand hinaus- 
ragt. In die Injektionsspritze wird 0,2—0,3 Kochsalzlosung 0,85 °/ 0 ein- 
gezogen, die Nadel aufgesetzt und ein kleines Tropfchen der Losung aus 
der Nadelspitze vorgepreBt. Sowie die Oberflache dieses Tropfens mit 
dem Kapillarende in Beriihrung kommt, zieht die OberflSchenkraft die 
Kapillare in den Tropfen und in die Nadelrflhre hinein. Der Fltissigkeits- 
tropfen wird nun in die Nadel zuriickgezogen und das Ganze — Kochsalz- 
lbsung + Kapillare -1- Einzeltrypanosoma — dem Versuchstier injiziert. 
Mein Versuchstier war die Maus. Subkutane Injektion fiihrt auch zum 
Ziel. Es sind auch solche Injektionen angegangen. Doch liabe ich meist 
intravenbs an der Schwanzvene injiziert. Die Kapillare geht mit in 
die Vene. Jedesmal wird nachher die Nadel mit Wasser durchgespritzt 
und kontrolliert. ob die Kapillare richtig mit eingegangen ist. 

Dies die Technik. 

Was nun die Resultate betrifft, so sind von 31 solcher Einzellen- 
infektionen 10 angegangen. 

Der Weg ist also gangbar. 

Die Trypanosomen wurden am 4.-6. Tag nach der Infektion sichtbar. 
Eine wesentliche Verliingerung der Inkubation tritt also nicht ein. Spiiter, 
also am 6. Tag, sind keine Trypanosomen mehr aufgetreten. 

Was die Eigenschaften der so gewonnenen EinzelstSmme angeht, 
so haben sich bisher keine Besonderheiten gegenuber den alten Stammen 
ergeben. Ob feinere Priifungen da noch Unterschiede aufdecken konneu, 
steht dahin. Fiir unsere Stamme hatte somit die Einzellen-Reinkultur 
vorerst keine wesentliche VerSnderung gebracht. Immerhin ist einmal 
die Tatsache bemerkenswert, daB die Infektion mit einem Trypanosoma 
gelingt, und zwar nach meinen Versuchen bei 4 untersuchten Stammen. 
Weiterhin wird man jetzt durch experimentelle Versuche mit Serum- 
festigkeit oder Arsenfestigkeit feststellen konnen, daB es sich dabei urn 
eine Stammesanderung aus Zellvariante nicht aus Selektion handelt. 

Ob die Methode sich auch dazu eignet, bei natiirlichen Infektioneu 
festzustellen, ob reine oder gemischte Infektion vorliegt, bleibt abzuwarten. 

Zusammenfassung. 

Es wird eine Methode mitgeteilt, mittels deren es unter 
31 Fallen lOmal (mit 4 Stammen) gelungen ist, eine In¬ 
fektion mit einem einzelnen Trypanosoma auszuffihren. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Nachdruck verboten. 

Weitere Beitrage zur Kenntnis der Indolreaktion. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Ivgl. Universitat zu Greifswald 
(Direktor: Gek. Medizinalrat Prof. Dr. Lt>eff 1 er).J 

Von Hugo Zipfel, Assistenten am Institut. 

In meiner friiheren Arbeit (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 64. 
p. 65) babe ich fiber das Zustandekoinmen und den Chemismus der Indol- 
reaktion der Bakterien umfangreiche Untersuchungen angestellt und dasEr- 
gebnis derselben kurz dahin zusamraengefaBt, daB Bakterien nur dann Indol 
bilden konnen, wenn ihneu in dem zur Anstellung der Reaktion ver- 
wendeten Kultursubstrate die Tryptophangruppe des EiweiBmolekfiles 
in einer ihnen zusagenden Form zur Verfugung steht. 

Ich habe dann weiter eine diesbezfigliche Nahrlosung angegebeu, 
die nur aus chemisch genau charakterisierbaren Substanzen besteht und 
somit eine immer konstante Zusammensetzung aufweist im Gegensatz 
zu der friiher allgemein verwendeten Pepton- resp. Bouillonpeptonlbsung, 
die durch unkontrollierbare Faktoreii leicht beeintr&chtigt werden kann 
und infolgedessen Fehlerquelleu in sich birgt, die eine einwandfreie 
Deutung der Resultate niclit immer zulaBt, wie die in der Literatur 
niedergelegten, sich einander widersprechenden Ansichten fiber das Indol- 
bildungsvermogen der einzelnen Bakterien zur Genfige dartun. 

In der oben erwahuten Arbeit hatte ich mich im groBen und ganzen 
darauf beschrankt, das Verhalten der Typhus- und Coli-Bacillen in der 
von mir angegebenen Losung zu studieren. 

Urn aber ein abschlieBendes Urteil iiber die allgemeine Brauchbarkeit 
dieser Losung zu erhalten und urn sie als vollwertigen, der PeptonlSsung 
bedeutend iiberlegenen Ersatz zur Anstellung der Indolreaktion in die 
bakteriologische Technik einfuhren zu konnen, bedurfte es noch einer 
eingehenden Priifung der wichtigsten in Frage kommenden pathogenen 
Mikroorganismen beziiglich ihres Verhaltens in dieser Losung. 

Bevor die einzelnen Versuche beschrieben werden sollen, sei es mir 
gestattet, noch einige Bemerkungen iiber das verwendete Tryptophan 
vorauszuschickcn. 

Wahrend ich bei meinen ersten Versuchen Tryptophan von der 
cheinischen Fabrik Dr. Schuchardt in Gorlitz, von den chemischen 
Werken Kalle u. Co., Biebrich a. Rh. und Herrn Prof. Dr. Ellin ger, 
Kbnigsberg 1 ) benutzte, stellte ich mir zu den weiteren Untersuchungen 
dasselbe selbst her, indem ich mich an die teilweise von Hopkins und 
Cole, teilweise von Neuberg gegebene Vorschrift hielt. 

Das Prinzip der Darstellung beruht im wesentlichen darauf, dall 
man aus trypsinverdautem EiweiBe das Tryptophan mit Quecksilbersulfat 
als unlosliche Tryptophanquecksilberverbindung niederschlagt und den 
Niederschlag durch Schwefelwasserstoff zersetzt. 

Man verfahrt folgendermaBen : Man riihrt 500 g Plasmon = (Kasein- 
natrium) mit 2 1 / i 1 lauwarmer 2-proz. Natriumkarbonatlosung an und 
verdunnt dann weiter mit 2 x / 2 1 destillierten Wassers. Die dickfliissig 

1) Herrn Prof. Ellinger, Konigsberg und der Firma Kalle u. Co. ckemische 
Werke. Biebrich a. Rh., die mir in liebenewurdiger Weiae kleine Proben Tryptophans 
Qberliefien, sei an dieser Stelle nochmals ergebeust gedankt. 


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Zipfel, Weitere Beitrage zur Kenntnis der Indolreaktion. 


573 


gequollene Masse filllt man nun in eine Flasche, setzt 10 g in wenig 
Wasser aufgeschwemmtes Trypsin zu, schiittelt kr&ftig durch und iiber- 
schichtet das Ganze mit einer etwa 1 ccm hoben Schicht reinen Toluols, 
uni eine bakterielle Zersetzung hintanzuhalten. Die Flasche bringt man 
dann in den 37° Brutschrank und laBt sie unter ofterem Umschiitteln 
mehrere Tage stehen. Von Zeit zu Zeit entnimmt man eine Probe und 
priift mit Essigsaure und Bromwasser auf freies Tryptophan. Nach 
10—12Tagen ist das Maximum der Tryptophanreaktion erreicht und die 
anfangs gequollene dicke Fliissigkeit vollkommen diinnflussig geworden. 

Nachdem man nun die Toluolschicht abgehoben hat, erliitzt man 
die Fliissigkeit bis auf etwa 80°, um unverdaut gebliebenes EiweiB zu 
koagulieren ; gibt ca. 100 g Talkum zu und schiittelt kriiftig durch; der 
Talkumzusatz erleichtert die Klftrung ungetnein; nachdem die Fliissigkeit 
mehrere Stunden gestanden hat und erkaltet ist — wfihrend des Er- 
kaltens und bei langetem ruhigen Stehen scheidet sich Tyrosin und ein 
Teil Cystin ab — wird sie filtriert. 

Das vollkommen klare Filtrat versetzt man weiter mit so viel konzen- 
trierter SchwefelsSure, dad es etwa 5 Proz. der Siiure enthSlt. 

Dieses schwefelsaure Filtrat, in welchem sich in der Hauptmenge 
Tryptophan neben Tyrosin und Cystin in Losung befinden, fiillt man 
jetzt mit einer 10-proz. Quecksilbersulfatlosung in 5-proz. Schwefelsaure, 
wodurch ein voluminoser zitronengelber Niederschlag (Verbindung von 
Quecksilbersulfat und Tryptophan) entsteht. Nach 24-stiindigem Stehen 
filtriert man ab und wascht, nachdem man sich vorher iiberzeugt hat, 
dad im Filtrat auf Zusatz von Quecksilbersulfat kein Niederschlag mehr 
entsteht, dad also alles Tryptophan ausgefallt ist, den Niederschlag mit 
5-proz. Schwefelsaure nach, bis das Waschwasser mit Millonschen Re- 
agens keine rStliche Verfarbung mehr gibt, also bis samtliches Tyrosin 
ausgewaschen ist. 

Den so gereinigten Niederschlag gibt man sodann noch feucht in 
einen Kolben, verteilt ihn in etwa 500 g destillierten Wassers und zer- 
setzt ihn unter ErwSrmen mit Schwefelwasserstoff. Den iiberschiissigen 
Schwefelwasserstoff kann man leicht durch Einleiten von CO;; aus- 
treiben. 

In der Fliissigkeit befinden sich nun gelost Tryptophan und Cystin, 
wahrend der Niederschlag schwarzes Quecksilbersulfid enthalt; letzteres 
filtriert man ab und setzt dem Filtrat wieder so viel H 2 S0 4 konz. zu, 
dad es 5 Proz. Saure enthSlt, Um nun das Cystin zu entfernen, fSllt man 
jetzt fraktioniert mit QuecksilbersulfatlSsung, indent man zuerst von dem 
FSllungsmittel vorsichtig so viel zugibt, dad sich ein eben zusammen- 
ballender Niederschlag von Cystinquecksilbersulfat bildet. 

Nach Verlauf einer Stunde filtriert man ab und fallt weiter mit 
Quecksilbersulfat. Der feuchte Niederschlag wird dann wie oben be- 
handelt, d. h. in wenig Wasser verteilt und mit H 2 S zerlegt. 

Dampft man nun das Filtrat zur Trockne, so erhSlt man eine durch 
Verharzungsprodukte braun gefSrbte Masse. Kristallisiert man diese ntehr- 
mals aus heidem Wasser um, so bekommt man schliedlich, freilich unter 
grodein Materialverlust, ein leidlich farbloses PrSparat. 

Um aber gleich rein weides, analysenreines Tryptophan zu erhalten, 
empfiehlt es sich in der Weise zu verfahren, dad man das Filtrat mit 
Bleikarbonat (mit etwa 10 Proz. der angewendeten Eiweidmenge, also ca. 
50,0) versetzt und 1 / 2 Stunde lang im Wasserbade erhitzt und so viel 
Ammoniak zugibt, dad die Fliissigkeit deutlichen Geruch danach zeigt. 

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574 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. OriginaJe. Bd. 67. Heft 7. 


Durch die Behandlung mit Bleikarbonat werden die farbenden Stoffe 
entfernt, ohne daR das in ammoniakalischer Losung befindliche Tryptophan 
durch Bleikarbonat niedergeschlagen wird. 

Nach dem Erkalten fallt man das uberschiissige Blei mit H 2 S und 
dampft das Filtrat auf dem Wasserbade zur Trockne ein. 

Durch einmaliges Umkristallieren aus verdiinntem Alkohol erhalt 
man das Tryptophan als silberglanzende rechteckige Plattchen von schwach 
sQRlichem Geschmack vollkommen analysenrein. 

Die Analysenzahlen des dargestellten Praparates stimmten fur die 
empirische Formel CnH^NjO., sehr gut iiberein. 

0,1610 g Substanz bei 100° getrocknet, gab 0,0862 g H,0 und 0,3179 g CO s , 

0,1256 g Substanz gab 14,6 ccm N bei 18° und 755 mm. 

Berechnet: gefunden: 

C 64,70 C 64,67 

H 5,89 H 5,82 

N 13,73 N 13,68 * 

Ich komme nun zu den eigentlichen Versuchen. 

Urn unniitzen Wiederholungen zu begegnen, sei noch folgendes 
vorausgeschickt: 

Alle Versuche wurden in der gleichen Weise angestellt, indem stets 
gleichalterige Kulturen (24-stiindige), stets gleiche Mengen Aussaatmaterial, 
stets gleichmaBig hergestelltes Kultursubstrat zur Verwendung kamen 
und eine stets gleichlange Beobachtungszeit innegehalten wurde. 

Die zur Priifung verwendeten Kulturen waren vorher alle genau 
untersucht und durch ihr Wachstum auf verschiedenen Nahrboden, durch 
ihre biologischen Leistungen und durch Serumagglutination diagnostiziert. 

Als Kultursubstrat diente die von mir angegebene Nahrlosung, die 
im Liter destillierten VVassers gelbst enthait: 

Tryptophan (Indol-a-Aminoproprionsaure) 0,3 g, 

Ammon lactic, 

Kal. phosphor, sec. aa 5,0, 

Magnes. phosph. 0,3 g. 

In einzelnen Fallen wurden dieser Stammlosung noch Zusatze von 
Traubenzucker, Glyzerin gegeben. 

Die Nahrlbsung wurde zu je 10 ccm in Reagensrohrchen verteilt 
und an zwei aufeinanderfolgenden Tagen je 2 Stunden im Dampfstrotn 
sterilisiert. Die sterilisierten Tryptophanrohren wurden nun mit je einer 
Oese Kultur beimpft und in den 37° C-Brutschrank gebracht. Als Kon- 
trolle wurde von jedem Stamm eine Oese in 3-proz. Peptonlosung ausgesat. 

Nach 24-stundigem Aufenthalt in dem Brutschranke wurden die 
Kulturen auf Indol gepriift, und zwar mit folgenden drei Reagentien: 

1) mit 2-proz. p-Dimethylamidobenzaldehydlosung (alkoholisch) und 
Salzsaure. 

Ausfuhrung: 10 ccm Kulturfliissigkeit -{- 1 ccm Aldehydlosung -p 
tropfenweise Salzsaure. 

Bei getrenntem Zusatz von Aldehyd und Saure tritt die Reaktion 
viel scharfer in Erscheinung als bei Verwendung des von Boehme an- 
gegebenen Gemisches von Aldehyd und Saure. 

Wahrend sich in letzterem Falle das ganze Rohrchen rot farbt, ent- 
steht im ersteren Falle an der Beriihrungsstelle der alkoholischen Al- 
dehydldsung und der wasserigen Nahrlosung ein iutensiv roter Ring. 

2) mit Natriumnitrit und Schwefelsaure. 

Ausfiihrung: 10 ccm Kulturtlussigkeit -p 0,5 ccm Natriumnitritlosung 
(0,02-proz.) -p 1 - 2 ccm Schwefelsaure (10-proz.); und 


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575 


3) mit Nitroprussidnatrium, Natriumhydroxyd und Eisessig; 

Ausfiihrung: 10 ccm Kulturflussigkeit -f- 1 ccm Natriumhydroxyd- 
losung (20-proz.) 1 ccm Nitroprussidnatriuralosung (2-proz., frisch be- 

reitet) + Eisessig im UeberschuB. 

Die nach Zusatz der Reagentien 1 oder 2 in den Peptonkontroll- 
rohrchen auftretende Rotfarbung wurde jedesmal mit Chloroform oder 
Amylalkohol ausgeschtittelt. 

Bei Anwendung der Tryptophanrohrchen ist diese Prozedur un¬ 
notig, da die hierin auftretenden Rotffirbungen nur von Indol herriihren 
k8nnen. 

Die nach 24 Stunden positiv reagierenden Stamme wurden nun aus- 
geschaltet. Da die EiweiBzersetzung, also Indolbildung, proportional 
einhergehen muB mit dem Wachstum der Mikroorganismen, so beobachtete 
ich die nach 24 Stunden negativ reagierenden Stamme vier Wocheu lang, 
indent ich sie in Zwischenraumen von je 3 Tagen einer erneuten Probe 
unterzog, urn GewiBheit dariiber zu erlangen, ob die Beobachtungen ein- 
zelner Forscher, wonach Mikroorganismen teilweise erst nach 14 Tagen 
bis 3 Wochen eine positive Reaktion ergeben konnten, zu Recht be- 
stfinden. 

Es zeigte sich aber, wie ich auch bei meinen friiheren Versuchen 
zu beobachten schon Gelegenheit hatte — und ich mochte auch an dieser 
Stelle noch einmal nachdrticklich darauf hinweisen — daB in den Trypto¬ 
phanrohrchen Indolbildner die Reaktion in alien Fallen stets schon nach 
sp&testens 24 Stunden erkennen lassen, daB also eine l&ngere Beobach- 
tungszeit als 24 Stunden, allerhochstens 48 Stunden (um die anfangs 
schwach auftretende Reaktion stiirker erscheinen zu lassen) unnotig ist, 
eine nachtragliche positive Reaktion nach dieser Zeit niemals beobachtet 
werden konnte. Mit anderen VVorten ausgedrflckt: die indolpositiven 
Mikroorganismen decken, wenn ihnen gloichzeitig verschiedene Stickstoff- 
quellen dargeboten werden, ihren Stiekstoffbedarf vornehmlich aus der 
im Tryptophanmolekiile enthaltenen Aminogruppe, indem sie das Trypto- 
phanmolekill sprengen und daraus Indol frei machen, das wir dann mit 
unseren Reagentien nachweisen konnen; den indolnegativen Organismen 
sagt diese Stickstoffquelle nicht zu. Zwischenstufen, wonach die ein- 
zelnen Bakteriengruppen diese Fahigkeiten verlieren oder neu gewinnen 
konnen, existieren unter normalen Verhaltnissen nicht. 

Ob es moglich ist, durch geeignete Anpassung indolpositive Mikro¬ 
organismen in indolnegative iiberzufiihren oder umgekehrt, habe ich mir 
als Gegenstand weiterer Arbeiten vorbehalten. 

Wenn friihere Forscher der Indolreaktion wegen ihres inkonstanten 
Auftretens keinen allzu groBen Wert beizutnessen glaubten, so lag dies 
-eben nur daran, daB die Grundlagen der Reaktion noch nicht geniigend 
bekannt waren, daB man mit Zufalligkeiten rechnen muBte, die die Re¬ 
aktion sowohl verdecken wie auch vortauschen konnten. 

Bei Anwendung der Tryptophannahrlosung ist jede zufallige un- 
gewollte Beeintlussung ausgeschlossen und die gewonnenen Resultate 
unzweideutig und einwandsfrei. 

Ich lasse nun die Resultate meiner Untersuchungen, die das Ver- 
halten der wichtigsten pathogenen Mikroorganismen in der von mir an- 
gegebenen Losung dartun sollten, folgen. 

Der Vollstandigkeit halber habe ich die Typhus- und Coli-Gruppe 
nochmals in den Bereich meiner Untersuchungen einbezogen. 


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576 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Typhusbacillen. 

Typhusbacillen gelten im allgemeinen fiir indolnegativ zum Unter- 
schiede von den indolpositiven Coli - Bacillen. Im Laufe der Zeit machten 
einzelne Untersucher geltend, daG sie auch gelegentlich bei einzelnen 
Typhusstammen positive Reaktion erhaiten hatten. So fand Shiga bei 
einem Typhusstamm, den er mehrere Jahre kiinstlich weiter geziichtet 
hatte, deutliche Reaktion. Bjelaeff beschrieb zwei TyphusstSmme, die 
in 10-15-tagigen Kulturen sich als indolpositiv erwiesen. Morris be- 
obachtete in 5-proz. Peptonkulturen nach 10—20 Tagen stets positive 
Reaktion. 

Nach A n d r ej e w gaben alle ihm im Kaiserlichen Gesundheitsamte zur 
Verfugung stehenden TyphusstSmme die Indolreaktion, wenn auch einige 
zum Teil erst nach 3 Wochen. Jaffd untersuchte 22 Typhusstamme; 
von diesen erwiesen sich 6 als indolnegativ, wahrend die iibrigen 16 
StSmme nach 14 Tagen deutlich positive Reaktion erkennen lieBen. 

Zu meinen Untersuchungen standen mir zuerst (wie in meiner frii- 
heren Arbeit berichtet) 52 Stamme zur Verfugung; auBerdem konnte ich 
an weiteren 24 frisch aus Faeces und Blut geziichteten StSmmen das 
Verhalten in der Tryptophanlosung beobachten. 

Die Typhusbacillen zeigten nach 24 Stunden zwar nicht ein ganz 
so iippiges Wachstum wie gleichalterige Coli-Bacillen, nach weiteren 
24 Stunden hatten sie sich aber so kraftig entwickelt, wie in den Pepton- 
kontrollrohrchen. 

Bei samtlichen 74 Stammen lieB sich niemals, auch nach niehr- 
wochentlicher Beobachtungszeit, Indol nachweisen; in einzelnen Pepton- 
rohrchen trat auf Zusatz von Nitrit- oder Aldehydreagens eine rotliche 
Verfarbung auf, die jedoch nicht als indolpositiv zu deuten war; be- 
handelte man diese Rohrchen mit Amylalkohol oder Chloroform, so 
blieben diese Aufschuttelungsfliissigkeiten ungefSrbt; die Natriumprussid- 
probe gab in alien diesen Fallen stets negative Resultate. 

Salmonella-Gruppe. 

Verfolgt man die iiberreiche Literatur, die diese Gruppe von Bakte- 
rien gezeitigt hat, so findet man, daB einzelne Angehorige dieser groBen 
Gruppe, und zwar Paratyphus A-, Mausetyphus- und Ratten - Bacillen,. 
durchgangig als indolnegativ angesprochen werden (Kayser, Hiiner- 
mann, Korte, Kutscher-Meinicke-Xy lander, vanErmengem, 
Muhlens, Dahm-Furst u. a.), wahrend wiederum bei anderen Ver- 
tretern dieser Gruppe, und zwar bei Paratyphus B-, Fleischvergifter- und 
Schweinepest-Bacillen das Indolbildungsvermbgen als eine wechselnde 
Eigenschaft gefunden worden ist. 

Die groBe Mehrzahl der Forscher (Petri, Erdinann-Winter- 
nitz, Losener, Smidt, Bohme, Seifert, Telle-Huber, Con- 
radi, Korte, Bock, Joest, Zupnik u. a. m.) erklart zwar auch 
diese Mitglieder fur indolnegativ, indessen sind auch von einzelnen 
Autoren indolpositive Stamme beschrieben worden, und zwar: 

Paratyphus B-Bacillen vou Bjalaeff, Libmann, Andrejew, Poppe, 
Jaff<5 u. a. m. 

Fleihchvergifter-Bacillen von Andrejew, Jaffd u. a. m., und 

Schweinepest-Bacillen von Smith, Grabert, Poppe, Voges-Proakauer,. 
H otti nger u. a. m. 

An Bakterieu dieser Gruppe standen mir zur Verfiigung: 

3 Stamme Paratyphus A-Bacillen, 

16 „ Paratyphus B-Bacillen, 


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577 


5 Stamme Mausetvphus-Bacillen, 

5 „ Gartner-Bacillen, 

12 „ Fleischvergifter- Bacillen, 

3 „ Sehweinepest, 

1 Stamm RattenbacilIu8,,Dany8z, 

1 „ „ Isatschenko, 

1 „ „ Dunbar, 

1 „ „ Ratio. 

Mfiusetyphus-, Ratten-, Gfirtner-, Fleischvergifter- und Para- 
typhus B-Bacillen zeigten in den Tryptophanrohrchen ein iippiges Wachs- 
tum, wfihrend Paratyphus A- und Schweinepest-Bacillen langsamer darin 
gediehen; nach 48 Stunden aber gleiches Wachstum zeigten wie die in 
Peptonrohrchen ausgesaten. 

Alle 48 Stfimme gaben auch nach 4-wochentlicher Beobachtung nie- 
mals positive Indolreaktion. In einzelnen mit Paratyphus B besfiten 
Peptonrohrchen trat nach 14 Tagen bis 3 Wochen auf Zusatz von Nitrit- 
oder Aldehydreagens leichte Rotffirbung ein; beim Ausschiitteln mit 
Chloroform oder Amylalkohol ging der Farbstoff nicht in das Losungs- 
mittel tiber; die Nitroprussidreaktion ergab auch in diesen Fallen stets 
negative Resultate. 

Dysenteriebacillen. 

Auch fiber die Indolbildung der Dysenteriebacillen sind die ver- 
schiedenartigsten sich widersprechenden Ansichten laut geworden; es ist 
dies freilich nicht weiter verwunderlich, da auch die Frage der Klassi- 
fikation der Dysenteriebacillen noch nicht in allgemein befriedigender 
Weise gelfist ist. 

Die in der Literatur niedergelegten Resultate seien der Uebersicht 
halber nach den dreiTypen: Shiga -Kruse, Flexner und Y-StSmme 
kurz referiert. 

Am eindeutigsten ist die Kenntnis der Indolreaktion bei dem Typus 
Shiga-Kruse. Alle Autoren, die mit diesen Kulturen Untersuchungen 
angestellt haben (Shiga, Kruse, Leiner, Lose ner, Konrich, 
Hiss, Autonoff, Lunz, Selter), haben niemals positive Reaktion 
beobachtet; eine Ausnahme macht Amako, der unter vielen unter- 
suchten Stfimme einen echten Shiga-Stamm gefunden haben will, der 
nach 4 Wochen deutliche Indolreaktion gegeben hat. 

GroBere UnregelmfiBigkeiten in der Indolbildung zeigen die Stfimme 
des Flex ner-Typus. 

Wahrend die Mehrzahl der Untersucher (Flexner, Leiner, 
Eckert, Firth, Konrich, Lunz u. a.) bei den Flex ner-Bacillen 
regelmfiBig eine langsame, erst nach 3—5 Tagen auftretende Indolreaktion 
sahen, fand Shiga in FI ex ner-Kulturen schon nach 24 Stunden starke 
Indolreaktion; nach Untersuchungen von Martini-Lentz wiederum 
zeigten sich die FI ex ner-Stfimme stets indolnegativ. 

Gleiches unregelmfiBiges Verhalten lassen auch die Bacillen der 
Y-Gruppe erkennen. Lentz’, Kruses, Ldseners Untersuchungen er- 
gaben, daB neben Stfimmen, die erst sehr spfit oder fiberhaupt kein Indol 
bildeten, auch solche existierten, die sehr schnell indolpositiv reagierten. 
Shiga beobachtete weiter, daB in 1-proz. Peptonlosung erst nach Wochen 
Indolreaktion auftrat, wfihrend bei Verwendung von 2-proz. Peptonlosung 
die Y-Bacillen schon nach einer Woche positiv reagierten. 

Mir standen zu meinenj Versuchen 12 Stfimme zur Verftigung, 
und zwar 

Erste Abt. Orig. Bd. 67. lleft 7. 37 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


2 Stamme 8 h i g a - Bacillen 
8 „ Flexner-Bacillen und 

2 „ Y-Bacillen. 

Alle 12 Stamme gediehen gut in den Tryptophanrohrchen. 

Bei der nach 24 Stunden vorgenommenen Priifung reagierten die 
Shiga-Stamme negativ, wahrend die beideu anderen Typen deutliche 
Rotfarbung erkennen lieBen; auch bei mehrwochiger Beobachtungszeit 
blieb der Shiga-Typus stets negativ. 

Colibacillen. 

Verfolgt man die Literatur iiber die Untersuchungen der chemisch- 
biologiscken Eigenschaften der Coli - Bacillen, so findet man, daB von 
einer Anzahl von Forschern (Pfaundler, Kitasato, Levandowski, 
Abba, Losener, Radzievski, Arnoldoff, Erdmann und 
Win ter nit z, V enema, Thomann u. a. m.) die Indolbildung der 
Coli-Bacillen als typisches Kennzeichen und Unterscheidungsmerkmal 
von den indolnegativen Typhusbacillen angegeben wird. 

Freilich blieben diese Ansichten nicht unwidersprochen. 

So beschrieb Lembke einen Stamm, der kein Indol bildete; im 
Laufe der Jahre mehrten sich dann die Ansichten, daB die Indolbildung 
kein Charakteristikum fur bestiinmte Arten darstelle, daB vielmehr echte 
Coli- Bacillen oft die Indolbildung vermissen lieBen. Wahrend Dunbar, 
Weissenfeld, Malvoz, Maassen, Ililgermann, Lange, Massini, 
Kaiser u. a. m. bei ihren Untersuchungen auf einzelne indolnegative 
Stamme stieBen, beobachtete Matzuschita unter 41 Coli-Stammen 
12 negative, Konrich unter 2079 Stammen sogar 1037 Stamme, also 
fast 50 Proz., die die Indolreaktion nicht gaben. J aff6s Untersuchungen 
zeitigten das Ergebnis, daB unter 70 Stammen 9 Stamme vollkommen 
sich als negativ erwiesen, wahrend andere (22) Stamme schon nach 
24 Stunden stark positiv reagierten, andere wiederum (17 an der Zahl) 
erst nach 3 Tagen, und wieder andere erst nach 14 Tagen eine positive 
Reaktion erkennen lieBen. 

Es ist lebhaft zu bedauern, daB durch derartige Befunde die Indol¬ 
reaktion im allgemeinen in MiBkredit geraten und vernachlassigt worden 
ist und heutzutage meist als nebensdchlich behandelt wird, wahrend sie 
doch bei voller Kenntnis der in Betracht kommenden Komponenten unter 
Ausschaltung aller Fehlerquellen ein recht bequemes und unzweideutiges 
Ditferenzierungsmittel fiir morphologisch und kulturell ahnliche Orga- 
nismen unzweifelhaft darstellt. 

Es ist zu hoffen, daB die Indolreaktion in der von mir angegebenen 
Ausftihrung sich wieder mehr in die bakteriologische Technik einburgert, 
uad daB bei Auwendung dieser Modifikation die Meinungsverschieden- 
heiten iiber das Indolbildungsverraogen der einzelnen Mikroorganismen 
immer mehr verschwinden werden. 

Ich untersuchte auBer den 30 in meiner frQheren Arbeit erwahnten 
Stammen noch 46 aus Faeces frisch isolierte Stamme, die alle 
folgende Eigenschaften besaBen: sie wuchsen auf Endo-Nahrboden als 
leuchtond rote, metallisch gl&nzende Kolonieen, vergoren Traubenzucker 
und bildeten aus Milchzucker stark Saure, sie verfliissigten Gelatine nicht, 
verhielton sich gramnegativ und stellten bewegliche plumpe Kurzstab- 
chen dar. 

Alle 76 Stamme gediehen in der Tryptophanlosung ausgezeichnet, 
indem sie sie stark gleichmkBig triibten; mit dem Aldehydreagens gaben 
sie meist schon nach 12 Stunden positive Reaktion; nach 24 Stunden 


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Zipfel, Weitere Beitrage zur Kenntnin der Indolreaktion. 


079 


konnte in alien Fallen auch mit den beiden anderen Reagentien Iudol 
stets nachgewiesen werden. 


Diphtheriebacillen. 

Ueber das Indolbildungsvermbgen der Diphtheriebacillen sind die 
Ansichten der Untersucher ebenfalls noch geteilt. 

Wenn auch die groBe Mehrzahl der Forscher (Kitasato, Petri, 
Levandowski, Maassen, Dzierzgowski-Rekowski) diesen Ba- 
cillen die Fahigkeit abspricht, Indol zu bilden, so wollen doch einige 
Autoren auch positive Reaktion wahrgenommen haben. 

So berichten Palmirki und Or low ski, daB sich zwar in 2- bis 
3-tSgigen Kulturen Indol nie nachweisen lieBe, daB es ihnen aber in 
niehreren Wochen alten Kulturen jedesmal gelungen sei, mit der Nitro- 
prussidnatriumprobe positive Reaktion zu bekommen; dieselbe Beob- 
achtung machte auch Nina An ton off, die in 2 Wochen alten Kulturen 
ebenfalls schwach positive Reaktion erhielt. Peters bestatigte die 
Resultate von Palmirski; auch er fand, daB in mehreren Wochen alten 
Kulturen auf Zusatz von Nitrit und Schwefelsaure ganz schwache 
Rotung auftrat. Nach Hewletts Untersuchuugen erwiesen sich filtere 
Diphtheriekulturen stets positiv; w&hrend E r d m a n n und Win ternitz 
Diphtheriebacillen schon nach 3 Tagen positiv reagieren sahen. 

Zu ineinen Untersuchungen zog ich 27 Stamme heran. 

Die ausges&ten Organismen zeigten in den Rohrchen zuerst eine 
diffuse Trubung, die sich dann in dem unteren Teile des Reageusglases 
unter Bildung eines feinkornigen Niederschlages verdichtete. Nach und 
nach klfirte sich dann die fiber dein Niederschlag stehende Flfissigkeit 
vollkommen auf. 

Bei alien Stfimmen konnte Indol nie nachgewiesen werden. 


Cholera- und choleraahnliche Vibrionen. 


Positive Indolreaktion der Choleravibrionen wird als konstantes 
Merkmal dieser Gruppe von alien Untersuchern angegeben. Prinzipielle 
Meinungsverschiedenheiten habe ich in der mir zuganglichen Literatur 
nicht auffinden konnen. 

Nur einzelne Forscher beobachteten (Sclavo, Gorini, Maassen), 
daB bei Gegenwart von Zucker die Choleravibrionen wenig oder gar kein 
Indol bildeten. 

Zu meinen Untersuchungen benutzte ich 6 Stfiinme. 

Die Vibrionen wuchsen fippig in der Nahrlosung, indeni sie die¬ 
selbe gleichmaBig trfibten und an der Oberflfiche die Bildung eines zarten 
Hfiutchens erkennen lieBen, das dann, dicker geworden, in Flocken zerfiel 
und sich am Boden absetzte. 

Schon nach 10 Stunden konnte bei alien Stammen mit dem Aldehyd- 
reagens Indol nachgewiesen werden. nach Verlauf von 18 Stunden er- 
gaben die beiden anderen Reagentien auch deutlich positive Reaktion. 

Ueber das Indolbildungsvermbgen der choleraahnlichen Vibrionen, 
wie sie iin Laufe der Zeit von verschiedenen Forschern aus Faeces, 
Wasser und Nahrungsmitteln gezfichtet sind (Finkler-Prior, Den eke, 
Escherich, Gameleia, Weibel, Gtinther, Bleisch,Loeffler, 
Pas quale u. a. m.) herrschen unter den Untersuchern geteilte Ansichten. 

Die moisten der Vibrionen — es sind mehrere hundert Arten be- 
schrieben worden — bilden fibereiustimmend Indol. Bei einigen be- 
kannteren und wichtigeren Arten ist man sich fiber die Fahigkeit, Indol zu 

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580 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


bilden, noch niclit einig, so daB wir diese Vibrionen teils als indolpositiv, 
teils als indolnegativ bezeichnet finden; es handelt sich hierbei vornehm- 
lich uin die Vibrionen Metschnikoff, Finkler-Prior, Deneke. 

Die Untersuchungen von Pasquale, Zinno, A u ton off, Crosso- 
n ini u. a. in. ergaben, daB Vibrio Metschnikoff einen starken Indol- 
bildner darstellte, eine Ansicht, die Ron taler nicht recht teilen kann, da 
er bei diesem Organismus nur ganz schwache Indolreaktion beobachtete. 

Vibrio Finkler-Prior reagiert nacli Zinno negativ, nach Kita- 
sato, Maassen dagegen schwach positiv, wiihrend Erdmann und 
Winternitz schon nach 2 Tagen mit ihm eine starke Indolreaktion er- 
hielten. 

In Kulturen von Vibrio Deneke lieB sich nach Petri, Zinno, 
Erdmann und Winternitz niemals Indol nachweisen, dagegen sah 
Antonoff nach mehreren Tagen stark positve Indolreaktion auftreten, 
wenn er den Vibrio bei einer Temperatur von 7—22° zuchtete; die 
Reaktion trat jedoch nicht ein in Kulturen, die bei 37°gehalten wurden. 
Nach Kitasatos Untersuchungen reagiert Deneke schwach positiv. 

Mir standen zur Verfiigung: 

2 Stamme Vibrio Metschnikoff, 

• 2 „ Vibrio Finkler-Prior, 

1 Stamm Vibrio Deneke, 

4 Stamme Vibrionen aus YVasser geziichtet. 

Die Wasservibrionen wuchsen sehr iippig in der Nahrlosung und 
triibten sie kriiftig; nach mehreren Tagen hatte sich auf der Oberflache 
ein diinnes Hautchen gebildet. Nicht so iippig war das Wachstum von 
Vibrio Metschnikoff, immerhin zeigten die Rohrchen eine dentliche 
Trubung; dem Vibrio Finkler und Vibrio Deneke schien die 
Nahrlosung nicht besonders zuzusagen, freilich war auch das Wachstum 
dieser beiden Vibrionen in den Kontrollpeptonrohrchen nur ein sparliches. 

Die Indolreaktion gaben Vibrio Metschnikoff und die Wasser¬ 
vibrionen mit alien drei Reagentien stark. 

Vibrio Finkler-Prior und Vibrio Deneke reagierten mit 
keinem der Reagentien, auch nicht nach einer Beobachtungszeit von 
4 Wochen, positiv. 

Kapselbacillen. 

Die groBe Mehrzahl der Untersucher (Abel, Kitasato, Herla, 
Grimbert und Legros. Clairmont, Antonoff, Lohnis u. a. m.> 
spricht diesen Bacillen die F&higkeit der Indolbildung ab. Freilich sind 
diese Ansichten nicht unwidersprochen geblieben. So fand Wilde bei 
einem aus Erde geztichteten Kapselbacillus positive Indolreaktion, ebeuso 
reagierte ein von v. Dungern aus diphtherischer Membran einer syphi- 
litischen Kinderleiche geziichteter Stamm schwach positiv. Scheffer 
konnte in alteren Kulturen eines von ihm geziichteten B. aerogenes 
schwache Indolbildung feststellen, desgleichen Muller bei einem aus 
Sputum herriihrenden Stamme. 

Alle diese Autoren begniigen sich aber in ihren Arbeiten nur mit 
der Erw&hnung der Tatsache, ohne iudes AufschluB iiber die verwendeten 
Nahrmaterialien und Reagentien zu geben. 

Bei der vorgenommenen Untersuchung von 

4 Stammen B. ca peril. Pfeiffer. 

5 „ B. pneumoniae Fraenkel, 

4 „ B. aerogenes, 

5 „ B. mucos. ozaenae, 

5 „ B. rhi nosclerorn atis 

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Zipfel, Weitere Beitrage zur Kenntnis der Indolreaktion. 


581 


zeigten alle diese 23 Stamme gutes Wachstura in den Tryptophanrohrchen, 
die sich gleichmaBig triibten und an der Oberflache H&utchenbildung 
erkenuen lieBen. 

Sie reagierten alle mit den drei Reagentien auch nach 4-wochiger 
Reobachtungszeit negativ. 

In einzelnen mehrwochigen Peptonkontrollrohrchen trat auf Zusatz 
von Nitrit- oder Aldehydreagens eine schwache Rosafarbung auf, die aber 
beim Ausschiitteln mit Chloroform niclit von diesem aufgenommen wurde. 

Ich untersuchte nun noch weiter eine Anzahl Mikroorganismen, 
Ober deren Indolbildungsvermogen nur wenig oder gar keine Literatur 
vorhanden ist. 

Tuberkelbacillen. 

Als Niihrfliissigkeit diente die Tryptophanlosung mit Zusatz von 
2 Proz. Glyzerin; als Kontrolle eine 2-proz. Peptonlosung mit 2 Proz. 
Glyzcrin. 

Gepriift wurden 

4 Stamme Menschentuberkulose und 
4 „ Iiindertuberkulose. 

Beide Typen entwickelten sich ziemlich schnell und iippig, schon 
nach 4—5 Tagen wurden auf der ObertlSche kriimelige mattglSnzende 
Schtippchen sichtbar, die dann nach Verlauf weiterer Tage zusammen- 
wuchsen und die ganze Obertiiiche mit einer Membran iiberdeckten. 

Gleich nach dem Auftreten der ersten Schiippchen wurden die Rohr- 
chen auf Indol gepruft. 

Alle 8 StSinme reagierten nach 4-w5chiger Beobachtungszeit negativ. 

M ilzbr an dbacil 1 en. 

Gepruft wurden 25 Stamme. 

In den Tryptophanrohrchen entwickelten sich die Milzbrandbacillen 
nicht in der charakteristischen Form — Flockenbildung — wie in den 
Peptonrohrchen, sondern sie triibten die Fliissigkeit gleichm&Big stark 
und lieBen nach 3—4-tagigem Wachstum einen schleimigen Bodensatz 
erkennen. 

Eine positive Reaktion konnte nietnals beobachtet werden. 

Gleichen Befund haben auch die Uniersuchungen von Kitasato 
ergeben. 

Rotzbacillen. 

Nach den Untersuchungen von Levandowsky, Lehmann und 
Neumann bildet der Rotzbacillus Indol; LSsener, Maas sen, Erd¬ 
mann und Win tern itz dagegen beobachteten niemals positive Re¬ 
aktion. 

Mir standen 3 Stiimme zur Verfiigung. 

Die Bacillen triibten die Tryptoidianriihrchen schon nach 24 Stunden 
gleichmSBig, zeigten also gutes Wachstum. Nach Verlauf einiger Tage 
hatte sich ein schleimiger Bodensatz gebildet. 

Indol konnte in keinem der 3 Rohrchen nachgewiesen werden. 
Ebensowenig reagierten die angelegten Peptonkontrollrohrchen positiv. 

Staphylokokken. 

Zur Untersuchung kamen 

5 Stamme Staphylococcus albus, 

2 „ Staphylococcus aureus, 

1 Stamm Staphylococcus citreus. 


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582 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Die Kokken gediehen gut in der Nahrlosung, indent sie sie gleich¬ 
maBig triibten. 

Die Indolreaktion fiel in keinem Falle positiv aus. Das Ergebnis 
deckt sich mit den Erfahrungen von Kitasato, Petri, Maassen, 
Erdmann, Winternitz und Autonoff, die die Staphylokokken 
ebenfalls zu den indolnegativen Mikroorganisinen rechnen. 

Bei Staphylococcus aureus will Autonoff freilich schwach 
positive Reaktion erhalten haben. 

Streptokokiken. 

Gepriift wurden 

2 Stamme Streptococcus erysipelatus, 

3 „ Streptococcus pyogenes. 

Die Stamme zeigten in den Tryptophanrohrchen geringes Wachstum. 
nach Zusatz von 0,5 Proz. Traubenzucker gediehen sie besser, indent sie 
die Rohrchen leicht triibten. 

Positive Indolreaktion konnte nie erhalten werden, auclt nicht in den 
Peptonkontrollrohrchen, ein Befund, den auch Kitasato, Petri, 
M assen, Erdmann und Winternitz erhoben haben im Gegensatz 
zu Nina An ton off, die bei ihren Untersuchungen den Strepto¬ 
coccus pyogenes schwach positiv fand. 

Rotlaufbacil len. 

Gepriift wurden 3 Stamme. 

Sie zeigten gutes Wachstum in den Tryptophanrohrchen, triibten sie 
gleichmaBig. 

Die Indolreaktion fiel negativ aus. 

Bacillus pyocyaneus. 

Die 5 zur Untersuchung benutzten Stamme gediehen iippig in den 
Tryptophanrohrchen und farbten diese griin. 

Auf Zusatz von Aldehydreagens trat keine Rotfarbung auf, Bacillus 
pyocyaneus reagiert also indolnegativ. Urn auch sicher zu sein, dad 
der griine Farbstoff die Reaktion nicht beeinfluBt, wurde der Farbstoff 
erst mit Chloroform ausgeschiittelt und in dem farblosen Nahrsubstrat 
die Reaktion angestellt. 

Bacillus prodigiosus. 

Untersucht wurden 5 Stamme. 

Sie triibten die Tryptophanrohrchen gleichmaBig und farbten sie rot. 
Nachdem der Farbstoff mit Chloroform ausgeschiittelt war, wurden die 
farblosen RShrchen auf Indol gepriift. 

Die Reaktion verlief immer negativ. 

P estbacillen. 

Zur Untersuchung kamen 2 Stamme, die in den Tryptophanrohrchen 
gutes Wachstum zeigten; nach mehreren Tagen hatte sich auf der Ober- 
flache ein diinnes Hautchen und am Boden des Reagensrohrchens ein 
weiBlicher Bodensatz gebildet. 

Die Pestbacillen erwiesen sich als indolnegativ. 

Wenn ich nun die mitgeteilten Untersuchungen nochmals zusammen- 
fasse, so ergibt sich etwa folgendes: 

Die Indolbildung ist eine spezifische Eigentiimlichkeit bestimmter 
Mikroorganisinen. Wir kOnnen daher auf Grund dieser Eigenschaft die 


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Zipfel, Weitere Beitrage zur Kenntnia der Indolreaktion. 


583 


Bakterien einteilen in indolnegative und indolpositive, und zwar gehoren 
zu den 


indolnegaliven: 
die Typhusbacillen, 

die Angehorigen der Sal m on el la -Gruppe 
(Paratyphu* A, Paratyphua B, Mauae- 
typhus, Fleisehvcrgifter Gartner, 
Rattenbacillen, Schweinepest), 
die Diphtheriebacillen, 
die DyBenteriebacillen Shiga, 
die Kapaelbacillen, 
die Tuberkelbacillen, 
die Milzbrandbacillen, 
die Rotzbacillen, 
die Staphylokokken, 
die Streptokokken, 
die Rotlaufbacillen, 

B ac. prodigioaua, 

Bac. pyocvaneus, 
die Peatbacillen, 

Vibrio Finkler-Prior, 

Vibrio Deneke. 


indolpositiven: 
die Coli-Bacillen, 

die DyBenteriebacillen Flexner und Y, 
die Choleravibrionen, 

die choleraahnlichen Vibrionen (mit Aua- 
nabme von Vibrio Finkler-Prior 
und Vibrio Deneke). 


Die Indolreaktion ist somit ein recht brauchbares Differeuzierungs- 
mittel fiir einzelne kulturell und tnorphologisch schwer zu unterscheidende 
Organismen und anderen spezifischen Reaktionen (SMuerung, Gasbildung, 
Agglutination) ebenbiirtig zur Seite zu stellen. 

Die bei Anwendung der friiber allgeinein gebrauchlichen Pepton- 
methode von einzelnen Forschern bei typisch indolnegativen Bakterien 
gefundenen positiven Resultate sind auf die unsicheren Grundlagen der 
alten Peptonmethode und auf unsachgemaBe, nicht immer ganz einwand- 
freie Arbeitsweise einzelner Forscher zurfickzufiihren. 

Ein groBer Teil der Untersucber begnfigt sich mit der einfaclien 
Angabe: Indolreaktion positiv oder negativ, ohne aber weitere Auskunft 
fiber das Alter der Kulturen, die Beschaffenheit des Kultursubstrates 
und die verwendeten Reagentien zu geben, so daB eine Nachprufung der 
gefundenen Resultate unmoglich gemacht wird. 

Ein anderer Teil der Forscher bezeichnet jede auf Zusatz von Nitrit 
oder Aldehyd und Sfiure auftretende Rotfiirbung des Niihrsubstrates als 
indolpositiv, ohne den entstandenen FarbstofT nfiher zu identifizieren. 

Eine groBe Anzahl von Autoren hat wiederum bei typisch indol¬ 
negativen Bacillen autfalligerweise die Reaktion nur immer in mindestens 
2—3 Wochen alten Kulturen, und dann nieist auch nur ganz schwach 
auftreten sehen. Es ist daher bei alien diesen Fallen die Moglichkeit 
nicht von der Hand zu weisen, daB die Reaktion von fremden, ver- 
unreinigenden Keimen nachtraglich ausgelost worden ist. 

Ein kleiner Teil der Untersucher endlich hat eine positive Reaktion 
wohl nur infolge unzweckmSBiger Ausffihrung der Reaktion (Erhitzen der 
Kulturen mit dem Reagens, wodurch leicht Verfarbungen auftreten konnen 
und positive Indolreaktion vorgetfiuscht werden kann) erhalten. 

Die Ergebnisse einzelner Forscher, wonach typisch indolpositive 
Mikroorganismen keinerlei positive Reaktion erkennen lieBen, sind dahin 
zu deuten, daB in diesen Fallen die Bakterien ebenfalls wohl Indol ge- 
bildet hatten, daB aber der Nachweis desselben mittels Farbenreaktion 
nicht geffihrt werden konnte, weil bei Gegenwart von eventuellen Pepton- 
verunreinigungen (Zucker, Nitrate) der auftretende FarbstofT sofort zer- 
setzt und der Beobachtung entzogen wurde. 


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584 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Allen diesen Zufalligkeiten ist man enthoben bei Verwendung der 
von mir angegebenen Losung, die sich auch als ein fur die meisten 
pathogenen Mikroorganismen geeignetes Nahrsubstrat erwiesen hat. 

Bei kiinftigen Indoluntersuchungen empfiehlt es sich daher, uni un- 
bedingt zuverlassige und einwandfreie Resultate zu erhalten und um 
anderen Forschern die Moglichkeit einer vergleichenden Nachuntersuchung 
zu gewahren, folgende Punkte zu beobachten: 

1) An Stelle der fiblichen Peptonlosung ist die von mir angegebene 
Tryptophannahrlosung, eventuell unter Zusatz von Glyzerin, Trauben- 
zucker, zu verwenden. 

2) Es sind stets gleichaltrige Kulturen (24-stiindige) und gleiche 
Mengen Aussaatmaterial (1 Oese) und gleiche Mengen Niihrlosung (10 ccm) 
zu verwenden. 

3) Die Reaktion ist nach 24 Stunden anzustellen; ausnahmsweise 
bei Mikroorganismen, die in den Tryptophanrohrchen kein allzu uppiges 
Wachstum an den Tag legen, erst nach 48 Stunden. Wenn natiirlich 
auch in diesen Fallen schon nach 24 Stunden mit dem Aldehydreagens 
eine deutliche Rotfarbung nachzuweisen ist, empfiehlt es sich, doch noch 
nach weiteren 24 Stunden eine erneute Priifung vorzunehmen, da dann 
gewohnlich der Farbenton etwas intensiver geworden ist. 

4) Eine langere Beobachtungszeit als 24 Stunden, allerhochstens 
48 Stunden ist nicht notig, da in keinem Falle ein Organismus, der nach 
24 Stuuden negativ reagierte, nach Verlauf mehrerer Wochen positive 
Reaktion erkennen laBt. 

5) Als Reagens auf Indol ist wegen seiner groBen Empfindlichkeit 
einzig und allein p-Dimethylamidobenzaldehyd und Salzsaure zu ver- 
wenden. 

6) Einer weiteren Identifizierung des entstandenen roten Farbstoffes 
bedarf es bei Anwendung des Tryptophannahrsubstrates nicht. 


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586 


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Nachdruck verboten. 

Zur Methodik des bakteriotropen Reagensglasversuches. 

[Aus dem Kgl. Institut fur experimentelle Therapie zu Frankfurt a. M. 

(Direktor: Wirkl. Geh. Rat Prof. Dr. P. Ehrlich).| 

Von Stabsarzt Dr. K. E. Boehncke, Mitglied des Instituts. 

Der Nachweis von bakteriotropen Antikorpern, deren Feststellung 
in verschiedenen Immunseris wir Neufelds Untersuchungen verdanken, 
hat auBer dem theoretischen Interesse in den letzten Jahren auch an 
praktischer Bedeutung erheblich gewonnen, seitdem in einigen Labora- 
torien (Paltauf-Kraus, Wien, Flexner-Jobling, New-York) zur 
Wertbemessung des Meningokokkenserums der Nachweis des st&rkeren 
bzw. geringeren Gehalts dieses Serums an Tropinen benutzt wird, da 
mangels geniigend tierpathogener Meningokokkenst&mme seine Aus- 
wertung im Tierversuch sich bisher einwandfrei nicht hat realisieren 
lassen. Indes auch bei manchen anderen Immunseris (Diphtherie-, Rot- 
lauf-, Pneumokokkenserum u. a. m.) wird nach den neueren Ergebnissen 
Neufelds und seiner Mitarbeiter dem Nachweis dieser immunisato- 
rischen Quote in Zukunft vielleicht mehr als bisher Rechnung getragen 
werden miissen. 

Neufeld hat zum exakten quantitativen Nachweis der Tropine in 
vitro eine spezielle Versuchstechnik ausgearbeitet, mit der es zweifellos 
gelingt, meist befriedigende Resultate zu erzielen. Der genannte Autor 
laBt aber bei Besprechung seiner Methodik selbst mehrfach die Frage 
offen, ob durch etwaige Ab&nderungen in der Technik bzw. Eruierung 
und Ausschaltung einiger bisweilen storender Faktoren die Resultate 
des bakteriotropen Reagensglasversuchs sich nicht noch gleichmaBiger 
gestalten lassen, ein Umstand, der ja gerade fur die prufungs- 
technische Praxis von ausschlaggebender Bedeutung ist. 

Die folgenden aus sehr zahlreichen (in der Hauptsache mit Meningo- 
kokkenserum, daneben mit Strepto- und Pneumokokken-, Diphtherie- 
und Milzbrandserum ausgefflhrten) Tropinversuchen resultierenden Modi- 
tikationen der N eufeIdschen Versuchstechnik stellen an sich gewiB nur 
geringfiigige Modalitaten dar. Sie sollen ja aber auch die bewahrte, 
grundlegende Versuchstechnik dieses Autors nur erg&nzen und, wie ge- 
sagt, eventuell noch brauchbarer machen in Hinsicht auf eine moglichst 
methodische GleichmS.Bigkeit in den Versuchsergebnissen. ohne sie 
irgendwie einzuschranken. 

Von einer genauen Beschreibung der Neufeldschen Versuchs¬ 
technik, die der Leser in No. 30 der Med. Klinik vom Jahre 1908, 


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Boehncke, Zur Methodik dee bakteriotropen Reagensglasverauches. 587 


sowie in Heft 3 des 34. Bandcs der Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesund- 
heitsanit vom Jahre 1910 S. 283 findet, sei hier abgesehen. Zusammen- 
gefaBt bestimmt sie bekanntlich folgendes: Die zur Phagocytose be- 
nbtigten Leukocyten werden durch Ausspiilen des Bauchh5hleninhalts 
von Meerschweinchen, denen 24 Stunden vorher 5,0 ccm sterile Aleuronat- 
bouillon intraperitoneal injiziert sind, mit physiologischer Kochsalzlosung 
und nachfolgendes schwaches Zentrifugieren der Spiilflfissigkeit mit mehr- 
fachem Waschen des Bodensatzes gewonnen. Als Bakterienmaterial 
dienen Abschwemmungen von ca. 20-stiindigen Kokkenagarkulturen mit 
je 0,5 ccm Bouillon -f- 0,5 ccm physiologischer NaCl-Losung pro 1 Schrag- 
agarkultur. Zu fallenden Immunserummengen (von 0,01—0,0002) wird 
in kleinen Reagensrohrchen je 1 Tropfen der Kokkenaufschwemmung 
und je 2 Tropfen der Leukocytenemulsion hinzugesetzt und die Rohr- 
chen nach kniftigem Durchschiitteln 1 */ ? Stunden bei 37° gehalten. 
Nach AbgieBen der flberstehenden Flussigkeit werden vom Bodensatz 
Ausstrichpraparate gefertigt, mit (Manson-) Methylenblau gefiirbt und 
der Grad der Phagocytose fur die einzelnen Serumabstufungen sch&tzungs- 
weise bestimmt. 

Es ist danach beim Neufeldschen Tropinversuch auf dreierlei zu 
achten: 1) die Gewinnung geeigneter Leukocyten: 2) die Verwendung 
eines gegigneten (nicht spontan phagocytierten) Bakterienstammes; 3) auf 
die geeignetste Anordnung und Dauer des eigentlichen bakteriotropen 
Reagensglasversuchs. 

Was die Gewinnung der Leukocyten betrifft, so zeigte sich 
auch uns die Vorbehandlung der Meerschweinchen mit 5—10 ccm (ent- 
sprechend der Gr6Be des Meerschweinchens) mit Aleuronat versetzter 
und durch Aufkochen sterilisierter N&hrbouillon zur Erzielung eines 
genfigend leukocytenreichen Peritonealexsudats am meisten geeignet. 
Fast immer lieB sich damit ein leukocytenreicheres Exsudat als bei Ver¬ 
wendung bloBer Bouillon Oder Kochsalzlosung erreichen. Zur Aus- 
sptilung der Bauchhohle verwendet man zur Vermeidung der relativ 
hBufigen lastigen Gerinnungen, die ein Auszentrifugieren der Leukocyten 
verhindern, statt der reinen physiologischen Kochsalzlosung besser eine 
solche mit '/io Proz. Natrium citricum-Zusatz. Damit haben 
wir regelmaBig Gerinnungen vermeiden kbnnen, ohne bei dem minimalen 
Gehalt an Natrium citricum die Leukocyten in ihrer Lebensenergie 
irgendwie zu schadigen, was wir bei der Verwendung einer l 1 /,-proz. 
Ldsung, wie sie von Kraus und Bucher 1 ) benutzt wird, in bisweilen 
nicht unerheblichem Grade beobachten konnten. Besonders geeignet 
erschien uns weiter die Verwendung von 37° warmer Koch¬ 
salzlosung, sowohl zur Aussptilung des Bauchhohleninhalts, als auch 
als Wasch- und Emulsionsflilssigkeit der Leukocyten. Wie sich im un- 
gefMrbten PrSparat ohne weiteres zeigte, behielten dann die Leukocyten 
viel regelmaBiger und besser die von Neufeld als Kriterium ihrer 
Unversehrtheit geforderten filiformen Ausiaufer, als bei Verwendung 
nur stubenwarmer (15—20°) physiologischer Kochsalzlosung. Zu ver¬ 
meiden moglichst ist lange Aufbewahrung der Leukocyten vor dem Ge- 
brauch. Bemerken mochte ich noch, daB die TStung des Meerschwein¬ 
chens durch Nackenschlag recht vorsichtig zu geschehen hat, urn 
Blutungen in die PeritonealhShle und damit das Auftreten sehr zahl- 


1) Ueber Meningokokkenserum. (Zeitachr. f. Immunitatsforsch. etc. Orig. Bd. 3. 
1909. No. 1.) 


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588 


Centralbl f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


reicher Erythrocyten in der Leukocytenemulsion, was dann im ge- 
farbten Ausstrich richtige Schatzungswerte sehr erschwert, zu verraeiden. 
Empfehlenswerter ist daher die Totung durch ein Narkotikum. Bei 
Verwendnng von menschlichen Leukocyten konnten wir in Ueberein- 
stimmung mit Neufeld und Jobling irgendwelche Unterschiede nicht 
bemerken. Das Arbeiten mit Blutleukocyten zeigte keinerlei Vorteil, 
und wurde nach einigen dainit angestellten Versuchen der Einfachheit 
und Schnelligkeit der Gewinnung wegen stets nur mit Exsudatzellen 
gearbeitet. 

Was das Bakterien material anbetrifft, so gelang es uns un- 
schwer, aus einer groBeren Reihe von Meningokokkenstammen gut und 
regelmaBig phagocytierbare Stamme ohne besondere Neigung zur Spontan- 
phagocytose herauszufinden. Meningokokken mit ausgesprochener 
Spontanphagocytose schienen uns geradezu eine nicht allzu haufige Aus- 
nahme zu bilden. Die gleichen Verhaltnisse zeigten sich bei Strepto- 
kokken- und Pneumokokkenstammen, wo sich uns im Gegensatz zu 
Neufelds Aogaben fur Meningokokken auch Bouillonkulturen (nach 
vorherigem Waschen) als gut geeignet zum Tropinversuch zeigten. Von 
groBter Wichtigkeit scheint die stete Fortzuchtung des geeignet be* 
fundenen Stammes auf einem Nahrsubstrat (am besten Agar) von 
konstantester Beschaffenheit; ob die Verwendung eines be- 
stimmten Peptons dabei eine ausschlaggebende Rolle spielt, mochten 
wir nicht glauben. Zu unseren fortlaufenden Versuchen benutzten wir 
stets einen gewohnlichen N&hragar mit 2 Proz. Witte-Pepton. Ferner 
scheint die Benutzung von moglichst nicht Slteren als 12—14-sttindigen 
Kulturen von Bedeutung zu sein. Denn wahrend 20—26-stilndige 
Kulturen sehr haufig unangenehme Degenerationsformen zeigen, die 
einmal die Farbe schlecht annehmen und als undeutliche Detritusmassen 
im Innern des Leukocyten erscheinen, bleiben die Kokken bei Ver¬ 
wendung von 12—14-stundigen Kulturen stets gut f&rbbar und in ihren 
Konturen bei noch so dichter Lagerung im Innern des Phagocyten scharf 
umrissen. 48-stundige und noch altere Kulturen zeigten sich uns zum 
Tropinversuch ganz ungeeignet. Wie scharf der Unterschied dabei 
werden kann, mag das hier folgende Versuchsprotokoll zeigen. 

Tropinversuch (Technik nach Neufeld) mit Meningokokkenserum No. 53 

gegen Stamm E. 


No. 

Serumverdiinnung 

48-stundige 20-stiindige 
Kultur 

Resultat 1 ) 

Resultat 1 ) 

1 

0,01 

++ 

+ + + 

2 

0,005 

+ 

+ + + 

3 

0,002 

i 

+ + 

4 

0,001 

0 

+ + 

5 

0,0005 

0 

+ 

6 

0,0002 

0 

+ 

7 

0,0001 

0 

± 

8 

NaCl Kontr. 

0 

0 


1) + + + = sehr starke Phagocytose, d. h. die Leukocyten meist prall mit Kokken 
gefiillt, nur ausnahmsweise freiliegende Kokken. ++= starke Phagocytose, d. h. in 
den Leukocyten meist zahlreiche, aber nicht mehr so gedrangt liegende Kokken, auSer- 
halb sparlichcre Zahl von Kokken. + = deutliche Phagocytose, d. h. die Leukocyten 
in der grofien Mchrzahl noch mehrere Kokken beherbergend, daneben schon zahlreiche 


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Boehncke, Zur Methodik den bakteriotropen Reagensglasversuches. 589 


Durch grUndliches Wasclien schien die Phagocytierbarkeit alterer 
Kulturen etwas gebessert zu werden, ohne indessen gleich gute Resultate 
zu geben wie junge Kulturen. 

Die Immunserumverdiinnungen haben sich in der von Neufeld 
angegebenen Abstufung (0,01—0,0002) ausgezeichnet bewahrt. Jedoch 
begannen wir aus ZweckmaBigkeitsgrUnden bereits mit 0,02 (0,2 ’/ioX 
um auch bei schwachem Tropingehalt der Sera (wie z. B. im Beginn 
einer fortlaufenden Immunisierung des Serumspenders) moglichst einen 
sichtbaren Ausdruck zu finden. 

Was endlich die geeignetste Anordnung und Dauer des einzelnen 
Tropinversuchs anbetrifft, so zeigte sich folgendes: Nach der Neufeld- 
schen Methodik werden die ImmunserumverdUnnungen mit Kokken und 
Leukocyten gemischt und l l / 2 Stunden bei 37° gelassen. Flexner und 
Jobliug 1 ) sensibilisieren zundchst die Kokken 1 Stunde lang mit den 
ImmunserumverdOnnungen bei 37 0 und setzen dann erst die Leukocyten 
zu. AbschluB des Versuchs ebenfalls nach l l / 2 Stunden. Uns zeigte 
sich bei vergleichenden Versuchen, daB mit der Lange der Versuchs- 
dauer die Erscheinung der Spontanphagocytose in den Kontrollrohrchen 
mit Kochsalzlosung und Normalserum an Starke unverhaltnismiiBig 
zunimmt. Die eigentliche Phagocytose unter dem EinfluB des Immun- 
serums zeigte sich uns nach l / 2 , langstens s / 4 Stunde abgeschlossen. 
Spater aus den Rohrchen gemachte Ausstriche lieBen eine bemerkens- 
werte Zunahme der Phagocytose nicht erkennen, wahrend in den Kontroll¬ 
rohrchen mit der Lfinge der BebrUtung sich eine spontane Phagocytose 
in steigendem MaBe bemerkbar machte. Daher sind wir geneigt, der 
Joblingschen Modifikation den Vorzug zu geben, jedoch mit der Ab- 
Snderung, daB wir nach AbschluB des Versuchs die Rohrchen, die wir 
wahrend der ersten Viertelstunde der BebrUtung 2—3mal kraftig schUt- 
teln, kurz zentrifugieren, um ein gentigendes Sediment zu erhalten, da 
die Leukocyten sich sonst noch nicht fest genug am Boden des Rohr- 
chens gesammelt haben und die Gefahr besteht, bei noch so vorsichtigem 
AbgieBen der tiberstehenden FlUssigkeit auch den Bodensatz heraus- 
zugieBen. Von einem besonderen Einstellen der Rohrchen in den 
SchUttelapparat fUr langere oder kUrzere Zeit wahrend des Versuchs 
haben wir einen Vorteil fUr die Phagocytose nicht bemerken konnen. 
Ohne Schaden fUr das Gesamtresultat kann man aber auch die Dauer 
der Sensibilisierung auf a / 4 Stunden abkUrzen und danach die Leuko¬ 
cyten zusetzen, um nach 3 / 4 -stUndigem Verweilen im Brutschrank bei 37° 
auch ohne Zentrifugieren einen genUgend festen Bodensatz zu erhalten, 
der beim AbgieBen der Uberstehenden FlUssigkeit nicht so leicht mit- 
gerissen wird. Nach Ilerausnahme des Reagensglasgestells aus dem 
Thermostaten wird die Uberstehende FlUssigkeit der ersten 3—4 Rohr¬ 
chen vorsichtig (nach oder ohne vorheriges Zentrifugieren, s. 0 .) ab- 
gegossen und diese umgekehrt in ein mit starker FlieBpapierunterlage 
bedecktes zweites Gestell gesteckt. Die dann noch anhaftende Fltissig- 
keit tropft in die dicke FlieBpapierschicht ab (die nach Beendigung des 
Versuchs verbrannt oder in Sublimat getan wird), und ein ziemlich fester 


Kokken aufierhalb. ± = in der Mehrzahl der Leukocyten noch vereinzelte Kokken; 
die grofiere Zahl der letzteren liegt aufierhalb. T = in der Minderzahl der Leukocyten 
noch vereinzelte Kokken, bei weitem die grofie Mehrzahl der Kokken liegt aufierhalb 
der Frefizellen. 0 = keine Phagpcytose. 

1) Job ling, Standardization of the Antimeningitis serum. (Journ. of experim. 
Med. Vol. 11. 1909. No. 4.) 


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590 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 7. 


Bodensatz am Grund des Rohrchens restiert, von dera jedesmal zu Ver- 
gleichszwecken raindestens zwei AusstrichprSparate angelegt werden. 

Was schlieBlich die Anfertigung des Ausstrichpraparates anbetrifft, 
so ist es von Wichtigkeit, die Ausbreitung des mit der Platinose ent- 
nommenen Bodensatzes mSglichst schonend, wenn moglich in einem 
Zuge auf dem Deckglaschen vorzunehmen. Gut geeignet zeigten sich 
uns hierfiir kleine sterilisierte, festgedrehte Wattekiigelchen, die, mit 
einer Pinzette gefaBt, den Bodensatz eines Rohrchens in toto aufnehmen 
und die Ausbreitung auf dem Deckglaschen ohne Quetschung und Zer- 
reiBung der Leukocyten gestatten. Natiirlich wird fur jedes Rohrchen 
ein anderes Kiigelchen benutzt; notwendig ist ihre Anwendung aber 
nicht, da bei einiger Vorsicht und Uebung eine schonende Ausbreitung 
des Leukocytenmaterials auch mit der Platinose unschwer gelingt. 

Unter Zusammenfassung der vorstehend geschilderten Modifikationen 
der Neufeldschen Versuchstechnik diirfte also unsere Anordnung 
folgendermaBen lauten: 

300—350 g schwere Meerschweinchen werden 24 Stunden nach intra- 
peritonealer Injektion von 5—10 ccm mit etwas (0,5 g) Aleuronat ver- 
setzter Nahrbouillon durch vorsichtigen Nackenschlag oder Betaubung 
getStet. Das zahe Peritonealexsudat wird mit etwa 50 ccm Vio Proz. 
Natrium citricum enthaltender 37° warmer physiologischer Kochsalz- 
losung ausgespiilt, die Waschflussigkeit (nach Entfernung etwaiger gro- 
berer Aleuronatpartikel und Fibrintlocken) vorsichtig mit schwacher 
Tourenzahl zentrifugiert und der Bodensatz nach jedesmaligem Durch- 
wirbeln zweimal mit 37° warmer physiologischer KochsalzlSsung ge- 
waschen. Von den restierenden Leukocyten wird in warmer NaCl- 
Losung eine Aufschwemmung hergestellt, die in ihrer Konsistenz einer 
1 / 3 -proz. Lecithinemulsion entspricht (Meyer). 

Zur Bakterienaufschwemmung werden gut bewachsene 12-14- 
stiindige Schr&gagarkulturen mit je 0,5 ccm NaCl-Losung -f- 0,5 ccm 
Bouillon abgeschwemmt und sorgfaltig — unter Vermeidung sichtbarer 
Kliimpchen — emulsiouiert. Die Bakterienaufschwemmung ist so dicht 
zu wahlen, daB sie in ihrem Aussehen einer Bouillon mit einem Gehalt 
von 0,2 g Aleuronat pro 3 ccm — aufgeschiittelt — entspricht. Von Ver- 
dunnungen des Immunserums 

1 : 10 werden je 0,2; 0,1; 0,05 
1:100 „ „ 0,2; 0,1; 0,05 

1:1000 „ „ 0,2; 0,1; 0,05 

in kleine (5 cm hohe, 6 mm weite) Reagensrohrchen in besonderen 
niedrigen Doppelgestellen x ) gefiillt und dazu je ein Tropfen der Bak¬ 
terienaufschwemmung aus ein und derselben Tropfpipette fur alle gleich- 
zeitig angesetzten Tropinversuche hinzugetan. AuBerdem fur jeden Ver- 
such ein Kontrollrohrchen mit 0,2 NaCl-Losung und 0,2 1 /1 o Normal- 
serum derselben Art wie das Immunserum plus 1 Tropfen Bakterien- 
emulsion. Nach s / 4 -stundigem Sensibilisieren der Bakterien bei 37° 
werden pro Rohrchen 2 Tropfen der Leukocytenaufschwemmung hinzu- 
gegeben, diese kraftig durchgeschiittelt und fur weitere s / 4 Stunde im 
Brutschrank konserviert. Wahrend der ersten Viertelstunde wird das 
Reagensglasgestell zweckmiiBig noch 2—3mal durchgeschiittelt. Danach 
AbguB der iiberstehenden Fliissigkeit, Einstellen der Glaschen umge- 
kehrt in ein neues Gestell mit dicker FlieBpapierunterlage und Anferti- 


1) Erhaltlich bei F. und M. Lautensehliiger. 


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Bayon, Ein neuer Nahrboden fiir die Kultur und Isolierung voq Bakterien 591 


gung von je 2 Ausstrichpraparaten vom Bodensatz jedes Rbhrchens. 
Nach Aether-Alkoholfixierung Farbung rait (Manson-)Methylenblau und 
sch&tzungsweise Feststelluug der graduellen Abstufungen der Phago- 
cytose. 

Unser Versuchsprotokoll lautet so: 

Datum. 


Tropin versuch. 

a) mit M enin 9 okokken Serum No X 

aus der Fabrik Hdchster Farbwerke 
gegen 12 stfmdige Mmingokokkenagar Kultur E 

b) mit Mening°kokken Standard-Serum: wie vor 


No. 

Immunserum- 

Verdiinnung 

Resultat bei a 

Standardserum- 

Verdiinnung 

Resultat bei b 

1 

0,02 


0,02 


2 

0,01 


0,01 


3 

0,005 


0,005 


4 

0,002 


0,002 


5 

0,001 


0,001 


6 

0,0005 


0,0005 


7 

0,0002 


0,0002 


8 

0,0001 


0,0001 


9 

0,2 NaCI-Losmng 


0,2 NaCl-Losung 


10 

0,2 */,„ Normalserum 


02 ‘/io Normalserura 



In dieser Anordnung hat uns der bakteriotrope Reagensglasversuch 
in zahlreichen Fallen sehr gute, deutlich vergleichbare Resultate bei der 
Prfifung verschiedener Immunsera, besonders Meningokokkensera ge- 
liefert. Die Anstellung des Tropinversuchs wird daher zur Verwendung 
bei der amtlichen Wertbemessung des Meningokokkenserums unserer- 
seits beim Ministerium des Innern in Vorschlag gebracht worden. 


Nachdruck verboten. 

Ein neuer Nahrboden fiir die Kultur und Isolierung von 
parasitischen oder schwach saprophytischen Bakterien. 

Eine Bemerkung zu der Arbeit von Creighton Wellman. 
(Centralbl. f. Bakt Abt. I. Orig. Bd. 66. 1912. p. 142—143.) 

Von H. Bayon, 

Research Bacteriologist to the Government of the Union of South Africa. 

In der oben angefuhrten Mitteilung beschreibt Creighton Well¬ 
man die Bereitungsweise eines Placentar-Extrakt-N&hrbodens, den er 
ffir die Kultur des Bacillus leprae empfiehlt. Daraus konnte man 
schlieBen, daB dies eine Originalmethode von ihm sei. Derselbe ist aber 
von Kedrowsky bereits im Jahre 1901 beschrieben worden (Arch. f. 
Hyg. Bd. 37. p. 55). 

Er behauptet auBerdem, daB die Arbeiten von Koelker und 
Semons nachgewiesen haben, daB die Placenta 30 Proz. Aminos&uren 


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592 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate Bd. 67. Heft 7. 


enthalte. Wenn er sich die Miihe gibt, die Arbeit sorgffiltig zu lesen, 
so wird er sehen, daB der Prozentsatz etwa l 1 /* Proz. betragt, obwohl 
es einem fliichtigen Leser anders erscheinen konnte. 

Von Kedrowsky wurde dieser Nahrboden aucli zur Isolierung 
vom Mycobacterium tuberculosis verwendet; auch diese An- 
wendung ist daber nicht eine neue Erfindung. 

Was die Kultur, die Creighton Wellman „Lepra“ nennt, an- 
betrifft, so nehme ich an der Hand seiner anderweitig publizierten 
Arbeiten an, daB es sich um den sogenannten „chromogenen tt Stamm 
von Duval handelt, er daher nichts mit Lepra Oder dem Bacillus von 
Hansen zu tun hat, sondern ein gewohnlicher, selbst auf Gelatine bei 
Zimmertemperatur wachsender Saprophyt der Gruppe des gelben „Mist- 
bacillus“ Moellers ist, wie jedermann sich leicht tiberzeugen kann, 
der Tierexperimente damit ausfiibrt, und dessen angebliche wiederholte 
Isolierung durch Duval aus leprosen Leichen etc. absolut r&tselhaft 
sein diirfte. 


Die flerren Mitarbeitcr werden hbf lichst gebcten, bereits fertlg- 
gestellte Klischees — falls solehc mlt den Mannskripten abgelicfert 
werden — nicht der Redaktion, sondern direkt der Verlagshand* 
lung Gustav Fischer in Jena einzusenden. 


Inhalt. 


Bay on, H., Ein neuer Nahrboden fur die 
Kultur und Isolierung von parasitischen 
oder schwach saprophytischen Bakterien, 
p. 591. 

Boehncke, K. E., Zur Methodik des bak- 
teriotropen Reagensglasversuches, p. 586. 

Cipolla, Michelangelo, Ein Fall von 
Orientbeule in der Provinz Palermo, 
p. 521. 

Ditthorn, Frits, Ueber das Verbal ten der 
Typhus- und typhusahnlichen Bacillen 
(Paratyphus A, B und Enteritis 
Gartner) zu verschiedenen Zuckerarten 
und diesen nahestehenden mehratomigen 
Alkoholen, p. 497. 

-u. Neumark, Engen, Ueber Coli- 

paragglutination, p. 544. 

Isabolinsky, M. , Zur Frage fiber die 
Eigenschaften der Pyocyanase, p. 532. 


Manoiloff, E., Weitere Erfahrungen fiber 
ldiosynkrasie gegen Brom- und Chinin- 
salze als Ueberempfindlichkeit6erschei- 
nungen beim Kaninchen und Meer- 
schweinchen, p. 540. 

Oehler, B,., Ueber die Gewinnung reiner 
Trypanosomenstamme durch Einzellen- 
ubertragung, p. 569. 

Ottolenghi, D., Ueber einen besonderen 
s* Befund bei der Gefliigelpest, p. 510. 
v. Rdtz, Stefan, Ein Plerocercoid von 
‘, dem Schwein, p. 523. 

B,occhi, Giuseppe, BakteriologischeUnter- 
suchung bei Intestinalokklusion, p. 519. 
Skrjabin, K. I„ Metorchis pinguini- 
cola nov. sp., ein Parasit aus der Gallen- 
blase des Pinguins, p. 527. 

Zipfel, Hugo, Weitere Beitriige zur Kennt- 
nis der Indolreaktion, p. 572. 


Frommaonichfl Buchdrnckerel (Hermann Pohle) In Jena. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate, fid. 67. Heft 8. 


Inhaltsverzeichnis. 


I. Verzeichnls der In Band 67 enthaltenen Arbeiten. 


Baerthloln s. Glldemelster, E. 

Buertlileln, K., Ueber choleraahnliche 
Vibrioaen. 321 

Battaglia, Mario, Einige anatorao- patho- 
logische Lasionen bei der Nagana (Try¬ 
panosoma Brucei). Vorlaufiger Bericht. 

J68 

Bayon, H., Ein neuer Nahrlioden fiir die 
Kultur und Isolierung von parasitischen 
oder schwach saprophytischen Bakterien. 
Eine Bemerkung 7u der Arbeit von 
Creighton Wellman. (Centralbl. f. Bakt. 
Abt. 1. Orig. Bd. 66. 1912. p. 142 - 443.) 

591 

Benthin, W., Beitriige zur Hamolysefrage 
der Streptokokken. 83 

Berliner, Max s. Landsteiner, Karl. 
Berfarelli, E., Untersuchungen uber das 
keimtotende Vermogen des Taurine. 100 
t. Betegh, L., Ueber die Beziehungen 
zwischen Geflugeldiphtherie und Ge- 
flugelpocken. 43 

Blev, Hermann, Untersuchungen iiber die 
Negativfarbung von Bakterien mittels 
dee Tuscheverfahrens nach Burri. 206 
Boehueke, K. E., Zur Methodik dee bak- 
teriotroi»en Reagensglaeversuchee. 586 
Bordef, J., La dipht^rie dee pigeons. 41 
Cano, U. u. Martinez, G., EmfluS der 
Waeeerfauna auf Choleravibrionen. Vor- 
laufige Mitteilung. 431 

Cavara, V., Ueber eine aus der mensch- 
lichen Conjunctiva isolierte gramnegative 
Sarcine. 113 

Clpolla, Michelangelo, Ein Fall von Orient- 
beule in der Provinz Palermo. 521 
Ditthorn, Fritz, Ueber das Verhalten der 
Typhus- und typhusahnlichen Bacillen 
(Paratyphue A, B und Enteritis Gartner) 
zu verschiedenen Zuckerarten und diesen 
naheatehenden mehralomigen Alkoholen. 

497 

— u. N'eumark, Eugen, Ueber Coliparag- 
glutination. 544 

Doerr, R. u. Weinfurter, F., Ueber pri- 
mare Berumtoxizitat. 92 

Dreyer, Lothar, Ueber Viruienzpriifung 
mittels intraartikularer impfung. 106 
Fleisher, Moyer 8. s. Loeb, Leo. 

Franca, Carlos, Quelques considerations 
sur le genre Theileria et. description d’une 
nouvelle esp£ce de ce genre (Theileria 
stordii). 171 

Galeotti, (»., Ueber das Nukleoproteid der 
Cholerabacilien. 225 

Erste Abt. Orig. Bd. 67 

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Galli* Valerio, B. u. Rochaz de Jongh, J., 

Beobachtungen iiber Culiciden. 472 
Glldemelster, E. u. Baerthlein, K- Ueber 
eine besondere, bei Menschen und Tieren 
vorkommende Bakteriengruppe. 401 
Ilecht, Victor, Die Prazipitinaiagnose des 
Rauschbrands, mit einem Beitrag zur 
Frage der Thermoresistenz der Prazipi- 
ti nogene. 371 

Hottinger, Rob., Nachpriifung und Kritik 
der ublichen Bouillonbereitung. Einfache 
Hersteilung einer billigen guten Nahr- 
losung. 178 

Jastrembsky, D- Zur Frage iiber die Negri- 
schen Korperchen. 65 

Ingram, G. L. Y. s. Twort, F. W. 
de Jong, D. A., Ueber einen Bacillus der 
I’aratyphus B-Enteritisgruppe als Ur- 
sache eines seuchenhaften Abortus der 
Stute. 148 

Isabolinsky, M., Zur Frage iiber die Eigen- 
schaften der Pyocyanase. 532 

— u. Patzewitseh, B- Ueber die Prazi- 
pitationsreaktion bei Schweinerotlauf. 284 
Isliiwara, T., Ueber die Rattenlepra. 446 
Kayser, Zum Nachweis der Typhusbacillen 
im Blut vermittelst Galle. 221 

Klodnitzkj, N., Beobachtungen iiber Fleck- 
typhus in Astrachan in den Jahren 1907 
-09. 338 

Klister u. WSssner, Paul, Untersuchungen 
iiber die Bakterienflora der Nase, init De- 
sonderer Beriicksichtigung des Vorkom- 
mens von DiphtheriebaciUen. 354 

Landsteiner, Karl u. Berliner, Max, Ueber 
die Kultivierung des Virus der Hflhner- 
pest 165 

Lcoer, A., Untersuchungen uber das Virus 
des Molluscum contagiosum. 58 

Lewin, Jacob, Zur Diphtherieserumbe- 
wertung nacn Romer. 479 

Loeb, Leo u. Fleisher, Moyer 8., Unter¬ 
suchungen iiber die Vererbung der das 
Tumorwachstum bestimmenden Faktoren. 

135 

— Moore, George T. u. Fleisher, Moyer 8., 

Ueber das Vorkommen von Helen in 
menschlichen Tumoren, mit Versuchen 
Uber das Wachstum einer pathogenen 
Hefe im Tierkorper. 450 

van Loghem, J. J., Ueber den Unterschied 
zwischen Cholera- und El Tor-Vibrionen. 

II. Mitteilung. 410 

Macliow, D., Zur Frage uber Kedrowskis 
„Leprakultur“. 434 

Heft 8. 38 

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594 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Heft 8. 


MauoilofT, E. ? Weitere Erfahruugen liber 
Idiosynkrasie gegen Brom- und Chinin- 
salze als Ueberempfindlichkeitserschei- 
nungen beim Kaninchen und Meer- 
schweinchen. 540 

— Ueber die Verdauungsfahigkeit des 
Normal- und Luesserums. 382 

Markl, Bakteriologische Diagnose der 
Rattenpest. 388 

Martinez, G. s. Cano, U. 

Mayer, Otto, Zusammenlegbarer Bakterieu- 
brutschrank, besonders fur den Gebrauch 
im Felde geeignet. (D.R.G.M. 433475.) 398 
Mcntz von Krogh, Zur Erleichterung der 
serologischen Titrationen mittels Ver- 
diinnungspipetten. 489 

Mereshkowslcy, 8. 8., Zur Entgegnung auf 
meineu Artikel seitens des Herrn Prof. 
Dr. Trautmann [betr.: Anwendung des 
Trautmannschen Verfabrens zur Viru- 
lenzsteigerung des Bacillus Danysz]. 76 
Monobe, J. s. 8ugai, T. 

Moore, George T. s. Loeb, Leo. 

Mrowka, Das Virus der Hiihnerpest ein 
Globulin. 249 

Mttller, Reiner u. Willich, Karl Theodor, 
Sarcinen in der menschlichen Harnblase. 

124 

Ncumarek, Eugen s. Dittliorn, Fritz. 
Oebler, R., Ueber die Gewinnung reiner 
Trypanosoroenstiimme durch Einzellen- 
iibertragung. 569 

Ottolenghi, I)., Ueber einen besonderen 
Befund bei der Geflugelpest. 510 

Ozaki, Y., Ein Beitrag zur Aetiologie des 
fotiden Eiters. II. Mitteilung. 36 

Putzewitsch, B. s. Isabolinsky, M. 
Pricolo, Antonio, Larves de filaires dans le 
sang de chameaux tunisiens et de l’Ery- 
three. Note preventive. 478 

v. Prowazek, 8., Untersuchungen iiber die 
Gelbsucht der Seidenraupen. 266 

Rabinowitsch, Marcus, Ein neuer HeiB- 
wasserfiltrierapparat. 493 

von R&tz. Stefan, Ein Plerocercoid von 
dem Scnwein. 523 

Rocchi, Ginseppe, Bakteriologische Unter- 
suchung bei Intestinalokklusion. 519 
du Rocha-Lima, II., Beitrag zur Kenntnis 
der Blastomykosen. Lymphangitis epi- 
zootica und Histoplasmosis. 233 

Rocliaz de .Jongh, J. s. Galli-Valerio, B. 
Snisawn, Untersuchungen iiber Hunde- 
filarien. 68 

8atta, G. u. Yauzetti, Untersuchungen 
uber die Verwendbarkeit der Komple- 
mentablenkungsmethode zum Nachweis 
des Typhusbac’illus in den Trinkwassern. 

289 


Schmitz, Hermann, Ueber Enterokokken. 

51 

Schrammen, Franz, Ueber Diphtherie- 
bacillentriiger in einem Kolner Schul- 
bezirk. 423 

Schwenk, Erwin s. Weichardt, Wolfgang. 
Scordo, Francesco^ Experimentelle Studien 
iiber die Therapie des Mittelmeerfiebers. 

151 

Seitz, A., Sepsinvergiftung und anaphylak- 
tische Vergiftung. 76 

Skrjabin, K. J., Metorchis pinguinicola 
nov. sp., ein Parasit aus der Gallenblase 
des Pinguins. 527 

Sugai, T., Ueber die viscerale Lepra. 230 
Sugai, T. u. Monobe, J., Ueber histo- 
logische Befunde in der Placenta Tuber- 
kulose- und Leprakranker. 232 

-Die Leprabacillen in der Milch von 

Leprakranken. 233 

— — Ueber die Vererblichkeit der Lepra 
und einiger anderen 1 nfektionskrank- 
heiten. 336 

Sugiinura, ShichiOiro, Ueber die Aszension 
der Tuberkulose im weiblichen Genital- 
traktus. Erwidening auf die gleichnamige 
Arbeit des Herrn Dr. Bennecke im Bd. 64 
dieses Centralblattes. 420 

Thaysen, A. C., Funktionelle Anpassungen 
bei Bakterien. 1 

Tizzoni, Guido, Ueber die immunitare Re- 
aktion des Blutes bei der Pellagra. Vor- 
laufige Mitteilung. 175 

Tschachotin, Sergei', Eine hygienische 
Saugpipette fiir bakteriologische und 
chemische Zwecke. 319 

Twort, F. W. and Ingram, G. L. Y., Fur¬ 
ther experiments with the Mycobacterium 
enteritidis chronicae pseudotuberculosae 
bovis Johne, and with vaccines prepared 
from this micro-organism. 126 

Yauzetti, F. s. Satta, G. 

Verderame, Ph., Zur Differenzierung gram- 
negativer Diplokokken mit Hilfe aer Ag¬ 
glutinations- und Komplementbindungs- 
probe. 307 

Waledinsky, J. A., Zur Frage der Farbung 
der Tuberkelbacillen im Sputum. 222 
Weichardt, Wolfgang u. Schwenk, Erwin, 
Ueber die Beeinflussung von Katalysa- 
toren durch Eiweifispaltprodukte. 384 
Weinfurter, F. s. Doerr, R. 

Willich, Karl Theodor s. MUiler, Reiner. 
Wossner, Paul s. Kiister. 

Ziemaun, Hans, Ueber die Basssche Kultur 
der Malariaparasiten in vitro und die 
daraus sich ergebenden Resultate. 482 
Zipfei, Hugo, Weitere Beitrage zur Kenntnis 
der Indolrenktion. 572 


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Register. 


595 


11. Sachrerzeichnls. 


Abort, seuchenhafter, tier Rinder, Aetiologie. 

150 

—, —, der Stute, Aetiologie. 148 

AderlaB und Serumtoxizitat. 90 

Affe, Tvphus exanthematicus-Infektion. 

342 

Agglutination des Bac. coli. 544 

— einer Bakterien-Gruppe, bei Menschen 

und Tieren vorkommenden. 407 

— zur Differenzierung graiunegativer 

Diplokokken. 307 

—. Tar- s. Paragglutination. 

— bei Pellagra. 176 

Alkaliagar, Blut-, zur Isolierung cholera- 

abnlicher Vibrionen. 322 

Alkohole, mehratomige, Bac. enteritidis- 
Verhalten zu denseloen. 507 

—, —, Bac. paratyphi-Verhalten zu den- 
selben. 507 

—, —, Bac. tvphi-Verhalten zu denselben. 

506 

Anaphylatoxin, Wirkung. 82 

Anopheles bifurcata, Eierabsetzen. 474 

— bifurcatus, Ueberwinteruiig. 472 

— maeulipennis, Brutplatze. 475 

-, Uenerwinterung. 473 

— nigripes, Biologic. 476 

Anpassungen, funktionelle, bei Bakterien. 1 


Antihamolysin bei Pellagra. 177 

Apodenus minutus japonicus in Korea, 
Beschreibung. 447 

Apparat, HeiBwasserfilter-. 493 

Astrachan, Cholera. 340 

—, Riickfallfieber. 340 

—, Typhus exanthematicus. 338 

Auge, Bindehaut, Jiarcine, gramuegative, 
aus derselben. 113 

—, Hornhautentziindung, bei Nagana. 170 
Auswurf, Bac. tuberculosis, Farbung. 222 

— Til berk u 16ser, Desinfektion mit Taurin. 

104 

Bacillen-Trager, Diphtherie, Verbreitung 
derselben. 423 

Bacillus aerogencs, Indolbildung. 5S0 
-, Vorkommen in der Nase. 359 

— albus putridus, Vorkommen in der Nase. 

362 

— anthracis s. a. Milzbraud. 

-, Indolbildung. 581 

-Kultnr. 178 

-, Negativfarbung mittels Tuschever- 


fahrens. 

-, Wirkunj 


-, Wirlcung von Karbolsaure. 103 

— —, — von Pyozyanase. 533 

— —, — von Sublimat. 103 

-, — von Taurin. 103 

— capsulatus, Indolbildung. 580 

— coli, Negativfarbung mittels Tusche- 

verfahrens. 214 

-im Darme bei DnrmverschluB. 520 

-, Durchgangigkeit der Placenta fiir 

denselben. 337 

—, Indolbildung. 578 


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Bacillus coli, Kultur. 178 

-, Paragglutination. 544 

-, Virulenzpriifung mittels intra- 

artikularer Impfung. 110 

-, Wirkung von Karbolsaure. 103 

-, — von Lysoform. 103 

-, — von Pyozyanase. 533 

-, — von Sublimat. 103 

-, — von Taurin. 103 

-mutabilis, Eigenschaften. 1 

-, Vorkommen an Gras. 6 

— Danysz, Virulenzsteigerung. 76 

— diphtheriae s. a. Diphtherie. 

--iihnliche Bacillen, Vorkommen in 

der Nase. 363 

— —, Indolbildung. 579 

-, Kultur. 178 

--Trager in einem Kolner Sehul- 

bezirke. 423 

-, Wirkung von Pyozyanase. 533 

— dysenteriae, Indolbildung. 577 

— enterilidis, Indolbildung. 577 

— —, Negativfarbung mittels Tuschever- 

fahrens. 214 

— —, Verhalten zu Alkoholen, mehr- 

atomigen. 507 

-, — zu Kohlehydraten. 507 

—, Johne’s s. Mycobacterium enteritidis 
chronicae pseudotuberculosae bovis. 

— leprae s. a. Lepra. 

-, Durchgangigkeit der Placenta fiir 

denselben. 336 

— —, Isolierunjj, Kultur. 591 

— — Kedrowski, Untersuchungen. 134 

-, Kultur. 434 

— —, Vorkommen im Blute der Neu- 

geborenen. 336 

-, — in der Milch. 233 

— liqtiefaciens, Vorkommen in der Nase. 

359 

— mallei, Indolbildung. 581 

— —, Negativfarbung mittels Tuschever- 

fohrens. 216 

— mescntericus vulgatus, Vorkommen in 

der Nase. 361. 364 

— mucosus ozaenae, Indolbildung. 580 

— paraputrificus im Darme bei Darra- 

verschluB. 520 

— paratyphi, Indolbildung. 576 

-, tfultur. 178 

— —, Negativfarbung mittels Tuschever- 

fahrens. 214 

-, Verhalten zu Alkoholen, mehr- 

atomigen. 507 

-, — zu Kohlehydraten. 507 

-, Wirkung der Pyozyanase. 533 

— der Paratyphus-Enteritis-Gruppe, Ur- 

sache des seuchenhaften Abortes der 
Pferde. 148 

— perfringens im Blute bei DarmverschluB. 

520 

-im Darme bei DarmverschluB. 520 

— pestis s. a. Pest. 

38* 

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596 


Contrail)!, f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 07. Heft 8. 


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Bacillus peatis, Indolbildung. 582 

— phlei, Biologie. 127 

— pneumoniae, Indolbildung. 580 

— prodigiosus, Indolbildung. 582 

-, Kultur. 178 

-, Negativfiirbung mittels Tusehever- 

fahrens. 213 

— putrificus im Darme bei Darmverschlufl. 

520 

— pyocyaneus, Indolbildung. 582 

-, Kultur. 178 

-, Negativfiirbung mittels Tuschever- 

fahrens. 213 

-, Wirkung von Pyozyanase. 533 

Bacillen, Ratten-, Indolbildung. 577 

Bacillus rhinoscleromatis, Indolbildung. 


580 

— rbusiopathiae suis, Indolbildung. 582 

— — —, Negativfarbung mittelB Tusche- 

verfahrens. 215 

-, Wirkung von Pyozyanase. 533 

— sphaericus, Vorkommen in der Nase. 

358 

— subtilis im Darme bei Darmverschlufl. 

520 

— suipestifer, Indolbildung. 576 

— suisepticus, Wirkung von Pyozyanase. 

533 


— tuberculosis s. a. Tuberkulose. 

-, Durchgangigkeit der Placenta fur 


denselben. 337 

-, Farbung im Auswurfe. 222 

-, Indolbildung. 581 

-, Isolierung, Kultur. 592 

— —, Negativfarbung mittels Tuschever- 

fahrens. 215 

— —, Vorkommen im Blute der Neu- 

geborenen. 337 

-, Wirkung von Taurin. 104 

— typhi b. a. Typhus abdominalis. 

-, Durchgangigkeit der Placenta fur 

denselben. 337 

-, Indolbildung. 576 

— —, Kultur. 178 

— —, Nachweis im Blute durch Galle. 

221 

-, — im Trinkwasser mittels Kom- 

plementbindung. 289 

-, Verhalten zu Alkoholen, mehr- 

atomigen. 506 

-, — zu Traubcnzucker. 498 

-, Wirkung auf Dulcit. 506 

-, — auf Galaktose. 506 

-, — von Karbolsaure. 103 

-, — von Lysoform. 103 

-, — auf Maltose. 506 

— —, — auf Mannit. 506 

— —, — von Pvozyanase. 533 

-— auf Rhamnosa 506 

-, — von Sublimat. 103 

-, — von Taurin. 103 

— — murium, Indolbildung. 577 

— violcntus n. sp., Kulturolles. 351 

— —, Typhus exanthematicuB, Rolle bei 

demselben. 353 


— vulgatus, Vorkommen in der Nase. 366 

Google 


Bacterium aerogenes, Vorkommen in der 
Nase. 369 

— fluorescens, Vorkommen in der Nase. 

360 

-liquefaciens, Vorkommen in der Nase. 

364 

-non liquefaciens, Vorkommen in der 

Nase. 364 

— imperfectum, Eigenschaften. 2 

-, Vorkommen an Gras. 6 

— monachae, Gelbsucht der Seidenraupe, 

Ursache derselben. 269 

— pneumoniae, Vorkommen in der Nase. 

362 

— punctatum, Vorkommen in der Nase. 

365 


— putridum fluorescens, Vorkommen in der 
Nase. 360 


— septicum haemorrhagicae, Vorkommen 


in der Nase. 361 

Bakteriamie bei Darmverschlufl. 520 

Bakterien, anaerobe, bei Darmverschlufl. 

520 

—, —, Eiterung, Ursache derselben. 38 
—, Anpassungen, funktionelle. 1 

-Brutschrank, zusammenlegbarer. 398 

— bei Darmverschlufl. 520 

—, Durchgangigkeit der Placenta fflr die- 

selben. 336 

—, Einzellkultur. 206 

—, Enzymbildung. 13 

—, Farbung. 222 

—, —, Negativ-, mittels Tuscheverfahrens 
Burri. 206 

— -Flora der Nase. 354 

—, Garung. 1 

-Gruppe, bei Menschen und Tieren vor- 

kommend, Agglutination. 407 

-,-, Indolbildung. 404 


-,- , Kulturelles und Morpho- 

logisches. 402 

-,-—, Mutation. 408 

-,-, Pathogenitat 408 

-,-, Toxin. 408 

-,-, Virulenz. 408 

—, Hamolyae. 411 

—, Indolbildung. 404. 572 

— -Kapsel-, Indolbildung. 580 

—, Kultur. 178. 591 

—, Mutation. 

—, Variation. 1 

—, Vorkommen im Darme. 6. 52. 520 
—, — in der Nase. 354 

—, Wirkung von Karbolsaure. 102 

—, — von Lysoform. 102 

—, — von Pyozyanase. 533 

—, — von Sublimat 102 

—, — von Taurin. 102 

—, — der Temperatur. 13 

Bakteriotropin, Methodik des Reagensglas- 
versuches. 586 

Bakterizidie durch Pyozyanase. 532 

Bindchaut, Sarcine, gramnegative, aus der¬ 
selben. 113 

Blastomykofle. 233 


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Register. 


597 


Blut-Alkaliagar zur Isolierung choleraahn- 


licher Vibrionen. 322 

Blut, Bac. typhi - Nachweis (lurch Galle. 

221 

—, Bakterien in ciemselben bei Darmver- 
schlufl. 520 

—, Wirkuog von Sublimat. 161 

Bombyx mori s. a. Seidenraupe. 
Bouillonbereitung, Nacbpriifung und Kritik. 

178 

Brom, Ueberempfindlichkeit. 543 

Briihe, Verdauungs-, Heratellung. 189 

Brutschrauk, Bakterien-, zusammenleg- 
barer. 398 

Chinin, Ueberempfindlichkeit. 541 

Chlamydozoen, Gelbsucbt der Seidenraupe, 
Uraache derselben. 269 

Cholera b. a. Vibrio cholerae. 

—, Behandlung mit Serum. 226 

—, Immunisierung. 226 

—, Vorkommen in ABtrachan. 340 

Cillin zur Desinfektion. 105 

Corethra velutinus, Ueberwinterung. 473 

Cryptococcus farciminosus, Farbung. 241 

-, Kultur. 236 

— —, Lymphangitis epizootiea, Ursache 

derselben. 234 

-. Natur desselben. 234 

Culex nemoroeus, Brutplatze. 474 

-, Eierabsetzen. 474 

-, Uebereinstimmung. 472 

— ornata, Brutplatze. 474 

-, Eierabsetzen. 474 

— pipiens, Brutplatze. 475 

-, Eierabsetzen. 473 

— —, Ueberwinterung. 473 

Culicada ornata, Biologie. 476 

Culiciden, Beobachtungen. 472 

—, Brutplatze. 474. 476 

—, Eierabsetzen. 473 

—, Stiche 475 

—, Ueberwinterung. 472. 476 

— Vernichtung. 475 

Cyprinus auratus, Lebeusfahigkeit des 

Vibrio cholerae im Darme desselben. 432 
Darm, Bakterien in demselben. 6. 52. 520 
—, Enterococcus in demselben. 51 

—, Lebensfahigkeit dee Vibrio cholerae im 
Darm der Goldfieche. 432 

— Pseudotuberkulose der Kinder, durch 
Mycobacterium enteritidie chronicae 
pseudotuberculosae bovis verursacht. 126 

Darmverschlull, Bakteriamie. 520 

—, Bakteriologie. 519 

Desinfektion mit Cillin. 105 

— mit Taurin. 100 

Diphtheric b. a. Bacillus diphtheriae. 

—, Bekampfung. 423 

—, Geflugel-, Aetiologie. 42 

—, — und -Pocken, Beziehungen. 43 

—, —, durch Strongyloplasma avium ver¬ 
ursacht. 50 

—, Hiihner-, Aetiologie. 42 

—Serum, Bewertung nach Rfimer. 479 
—, Serumbehandlung. 479 

—, Tauben-, Aetiologie. 41 


Diphtherie, Verbreitung durch Bacillen- 


trager. 423 

Diplobacillus, Vorkommen in der Nase. 

369 

Diplokokken, gramnegative, Differeuzierung 
mittels Agglutination. 307 

—, —, — mittels Komplementbindung. 307 
Diplostreptococcus, Vorkommen in der 
Nase. 358 

Dulcit, Wirkung von Bac. typhi. 506 
Eierstock, Lepra. 231 

Einzellkultur von Bakterien. 206 

Eiter, fotider, Aetiologie. 36 

Eiweifi-Bpaltprodukte, Beeinflussung der 
Katalvsatoren. 384 

— und Guajakreaktion. 384 

Enterococcus. 51 

— im Darme bei DarmverschluS. 520 

—, Identitat mit Streptococcus lacticus. 51 
—, Kulturelles. 54 

—, Morphologie. 52 

— Vorkommen im Darme. 51 

Enzvme bei Bakterien. 13 

Ftiroung des Bac. tuberculosis im Aus- 

wurfe. 222 

— des Cryptococcus farciminosus. 241 

— des Histoplaama capsulatum. 247 

—, Negativ-, von Bakterien mittels Tusche- 

verfahrens Burri. 206 


Fauna, Wasser-, EinfluQ auf Vibrio cholerae. 


431 

Filariasis bei Kamelen. 478 

Filarien, Hunde-, Anatomie. 68 

—, —, Entwickelung in Miicken. 72 

Filtrierapparat, Hei6wasser-. 493 

Flecktvphus s. Typhus exanthematicus. 
Fleischbeschau, bakteriologische. 374 

Fleischwasser, Pankreatiu-, als Nahrlosun^. 


Flfihe, Verbreitung des Ruckfallfiebers. 341 
Froschlarven und Vibrio cholerae, gegen- 
seitiger EinfluB. 432 

Garung durch Bakterien. 1 

Galaktose, Wirkung von Bac. typhi 506 
Galle zur Anreicherung von Bac. typhi. 


Gallenblase des Pinguius, Metorchis pin- 
guinicola in derselben. 527 

Gazella granti, Theileria stordii im Blut 
derselben. 172 

Geflugel-Diphtherie, Aetiologie. 42 

— und -Pocken, Beziehungen. 43 

—, durch Btrongyloplasma avium verur¬ 
sacht. 50 

—Pest, Aetiologie. 510 

—, Kleinesche Korperchen. 510 

—Pocken und -Diphtherie, Beziehungen. 

43 


—, durch Strongyloplasma avium verur¬ 
sacht. 50 

Gelbsucht der Seidenraupe, Aetiologie. 268 

-, Polyeder, Rolle bei d erselben. 274 

Gelenk, Virulenzpriifung mittels iutraarti- 
kularer Impfung. 106 

Genitalien, weibliche, Tuberkulose, Aszen- 
sion derselben. 420 


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598 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Original©. Bd. 67. Heft 8. 


Geechlechteorgane, Lepra. 230 

Oeschwiilste, Blastomyzeten in denselben. 

467 

—, Hefen in denselben. 450. 467 

—, Mause-, Vererbung. 135 

—, Saccharomyces parasiticus in denselben. 

451 

—, Wachstum, bestimmende Faktoren, 
Vererbung. 135 

Giftigkeit, Serum-, priraare. 92 

Globulin, Hiihnerpestvirus ein Globulin. 

249 

Goldfisch, Lebensfahigkeit des Vibrio cho- 
lerae im Darme derselben. 432 

Granulom, ulzerierendes, bei der Nagana. 

168 

Gras, Bac. coli mutabile an demselben. 6 
—, Bac. imperfectum an demselben. 6 
Guajakreaktion und Eiweifi-Spaltprodukte. 

384 

— und Kaseinpepton. 384 

Haematopinus 6pinulosus, Verbreitung des 


Ruckfallfiebers. 

341 

Hamolyse bei Pellagra. 

176 

— durch Streptokokken. 

83 

— durch Vibrio cholerae. 

411 

— durch Vibrio choleraeahnlicheVibrionen. 


326 

— durch Vibrio El Tor. 

411 


Harnblase. Sarcina urica n. sp. in der¬ 
selben. 124 

Haut, Lepra. 231 

Hefe-Faulfliissigkeit, Wirkung. 78 

Hefe in Geschwulsten, menschlichen. 450. 

467 

—, Vorkommen in der Nase. 361. 365— 

367 

Heifiwasserfiltrierapparat. 493 

Helicobacterium aerogenes, Vorkommen in 
der Nase. 363 

Histoplasma capsulatum, Farbung. 247 

— —, Histoplasmose, Ursache derselben. 

244 

-, Natur desselben. 244 

Histoplasmosis, durch Histoplasma capsu¬ 
latum verursacht. 244 

Hoden, Lepra. 230 

Hornhautentziindung s. Auge, Hornhaut- 
entziindung. 

Hiihner-Diphtherie, Aetiologie. 42 

Huhner-Pest-Virus, ein Globulin. 249 
—, Kolloid natur. 265 

—, Kultur. 165 

Hunde-Filarien, Anatomie. 68 

—, Entwickelung in Miicken. 72 

Hunger und Serum toxizitat. 99 

Idiosynkrasie gegen Bromsalze. 543 

— gegen Chimnsalze. 541 

Ileus, Bakteriologie. 519 

Immunisierung gegen Cholera. 226 

— gegen Diphtherie. 479 

— mit Pyozyanase. 537 

Impfung, intraartikulare, zur Virulenz- 

priifung. . 106 

Indol, Bildung durch Bac. aerogenes. 581 
—, — durch Bac. anthracis. 581 


Indol, Bildung durch Bac. capsulatus. 580 

— durch Bac. coli. 578 

— durch Bac. diphtheriae. 579 

— durch Bac. dysenteriae. 577 

— durch Bac. enteritidis Gartner. 577 

— durch Bac. mallei. 581 

— durch Bac. mucosus ozaenae. 580 

— durch Bac. paratyphi. 576 

— durch Bac. pestis. 582 

— durch Bac. pneumoniae. 580 

— durch Bac. prodigiosus. 582 

— durch Bac. pyocyaneus. 582 

— durch Bac. rhinoscleromatis 580 

— durch Bac. suipestifer. 576 

— durch Bac. tuberculosis. 581 

— durch Bac. typhi. 576 

— durch Bac. typhi murium. 577 

— durch Bakterien. . 404. 572 

— durch Kapselbakterien. 580 

— durch Rattenbacillus. 577 

— durch Rotlaufbacillen. 582 

— durch die Salmonella-Gruppe. 576 

— durch Staphylokokken. 581 

— durch Streptokokken. 582 

— durch Vibrio cholerae. 579 

— durch Vibrio cholerae ahnliche Vi- 

brionen. 326. 579 

—, Nachweis. 574 

Infektionskrankheiten, Vererbung. 336 
Insektenlarven und Vibrio cholerae, gegen- 
seitiger EinfluS. 432 

Insekten, Verbreitung des Ruckfallfiebers. 

341 

Intestinalokklusion, Bakteriologie. 519 
Intoxikation, putride, und Ueberempfind- 
lichkeit. 77 

Johne’s Bacillus s. Mycobacterium enteri¬ 
tidis chronicae pseudotuberculosae bovis. 
Isodulcit s. Rhamnose. 

Kafer, VVasser- u. Vibrio cholerae, gegen- 
seitiger EinfluS. 433 

Kamel, Filariasis 478 

Kaninchen, Bromidiosynkrasie. 543 

Kaninchen, Chinimdiosynkrasie. 541 

Kapselbakterien, IndolSildung. 580 

Karbolsaure, Wirkung auf Bac. anthracis- 
Sporen. 103 

— auf Bac. coli. 103 

— auf Bac. typhi. 103 

— auf Staphylococcus pyog. aureus 102 

— auf Streptococcus pyogenes 103 

— auf Vibrio cholerae. 103 

Karzinom, Hefe in demselben. 467 

Kaseinpepton und Guajaln-eaktion. 384 
Katalvsatoren, Beeinflussung durch Eiweifl- 

spaltprodukte. 384 

Keratitis bei Nagana. 170 

Kieselsaurehydrosol und Serumtoxizitat. 95 
Kleines Kdrperchen beiderGefliigelpest. 510 
Koln, Diphtherie. 423 

Korperchen, Kleinesche, bei der GeflQgel- 
pest. 510 

—, Negrische, Bedeutungund Vorkommen. 

65 

Kohlehydrate, Bac. enteritidis-Verhalten zu 
denselben. 507 


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Register. 


599 


Kohlehvdrate, Bac. paratyphi-Verhalten zu 
denselben. 507 

—, Bac. tvphi-Verhalten zu denselben. 498 
Komplementbindung zum Bac. typhi-Nach- 
weise im Trinkwasser. 289 

— einer Bakterien-Gruppe, bei Menschen 

und Tieren vorkommenden. 406 

— zur Differenzierung gramnegativer Diplo- 

kokken. 1407 

— bei Molluscum contagiosum. 62 

— mit Vibrio cholerae-ahnlichen Vibrionen. 

333 

Korea, Ratten. 446 

Kutanreaktion bei Molluscum contagiosum. 

Lause, Verbreitung des Ruckfallfiebers. 341 
Leber, Lepra. 231 

Leishmania farciminosa, Natur dersclben. 

235 

Leiehmanioee. 241 

— und Orientbeule, Beziehungen. 523 
Lepra s. a. Bacillus leprae. 

—, Erblichkcit. 336 

— der Geschlechtsorgane. 230 

—, kongenitale. 336 

—, Milch, Leprabacillcn in derselben. 233 
—, Placentaveranderungen. 232. 336 
—, Ratten-. 446 

—, viscerale. 230 

Leucocytozoon piroplasmoides, Natur dee- 

selben. 235 

Lungen, Lepra. 231 

Lymphangitis epizootica, Aetiologie. 233 
Lymphdriisen, Lepra. 231 

Lvmphosporidium equi, Natur desselb. 235 
Lysoform, Wirkung auf Bac. coli. 103 
—, — auf Bac. typhi. 103 

—, — auf Staphyloc. pyogenes aures. 102 
—, — auf Streptococcus pyogenes. 103 
—, — auf Vibrio cholerae. 103 

Mause, Geschwiilste, Vererbung. 135 
Mageninhalt von Ratten. 447 

Alaeensaft zur Syphilisdiagnose. 382 
Mala ria-Parasiten, Entwickelung. 487 

— —, Kultur in vitro. 482 

Maltafieber, Bebandlung mit Sublimat. 151 

— der Ziegen, Bebandlung mit Sublimat. 

152 

Maltose. Wirkung von Bac. typhi. 506 
Mannit, Wirkung von Bac. typhi. 506 
Meerschweinchen, Bromidiosynkrasie. 543 
—, Chininidiosynkrasie. 542 

Meningococcus, Differentialdiagnose von 
Microc. catarrhalis. 311 

—, Differentialdiagnose von Micrococcus 
gonococcus. 311 

Metorchispinguinicolan.sp., Anatomic. 528 

-n.sp. in der GallenblascdeePinguins. 

527 

Micrococcus bombycis, Gelbsucht der Sei- 
denraupe, Ursache desselben. 269 

— candicans, Vorkommen in der Nase. 360 

— catarrhalis, Differentialdiagnose von Me¬ 
ningococcus. 311 

— —, Differentialdiagnose von Micrococcus 

gonococcus. 311 


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Micrococcus gonococcus, Differentialdia- 
gnose von Meningococcus. 311 

-, Differentialdiagnose von Micrococcus 

catarrhalis. 311 

— lardarius, Gelbsucht der Seidenraupe, 

Ursache derselben. 269 

— pyogenes albus, Vorkommen in der Nase. 

362 

-f albus, Vorkommen in der Nase. 366 

-aureus, Vorkommen in der Nase. 363 

-a aureus, Vorkommen in d. Nase. 365 

— tetragenus im Blute bei Darmverschlufi. 

520 

Microsporidium bombycis, Gelbsucht der 
Seidenraupe. Ursache derselben. 269 
Milch, Leprabacillen in derselben. 233 
Milzbrand s. a. Bacillus anthracis. 

—, Diagnose mittels Pr&zipitation. 375 
Mittelmeerfieber s. Maltafieber. 

Molluscum contagiosum, Komplementbin¬ 
dung. 62 

— —, Kutanreaktion. 63 

-, Virus. 58 

Mucken s. a. Culiciden. 

—, Entwickelung der Hundefilarien in der¬ 
selben. 72 

Muckenstiche. 475 

Mus alexandrinus in Korea, Beschreibung. 

447 

— decumanus in Korea, Beschreibung. 446 

— indicus in Korea, Beschreibung. 447 

— rattus in Korea, Beschreibung. 447 

Mutation bei Bakterien. 1 

— einer Bakterien-Gruppe, bei Menschen 

und Tieren vorkommenden. 408 

Mycobacterium enteritidischronicae pseudo- 
tuberculosae bovis, Kultur. 128 

— -, Pathogen i tat. 130 

--, Vaccineproduktion. 130 

Nagel, Veriinderungen nach Typhus ex- 

anthematicus. 348 

Nahrlosung, Herstellung. 178 

Nagana, Granulom, ulzerierendes, bei der¬ 
selben. 168 

—, Keratitis bei derselben. 170 

Nase, Bac. aerogenes in derselben. 359 
—, Bac. albus putridus in derselben. 362 
—, Bac. diphtherie-ahnlicher Bacillus in 
derselben. 363 

—, Bac. liquefaciens in derselben. 359 
—, Bac. mesentericus vulgatus in derselben. 

361. 364 

—, Bac. 8phaericus in derselben. 358 
—, Bac. vulgatus in derselben. 366 

—, Bact. aerogenes in derselben. 369 
—, Bact. fluorescens in derselben. 360 
—, — — liquefaciens in derselben. 364 

—,-non liquefaciens in derselben. 364 

—, Bact. pneumoniae in derselben. 362 
—, Bact. punctatum in derselben. 365 
—, Bact. putridum fluorescens in derselben. 

360 

—, Bact. septic, haemorrhag. in derselben. 

36U 

—, Bakterienflora. 354 

—, Diplobacillus in derselben. 369 

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600 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 8. 


Nase, Diplostreptococcus in derselben. 358 
Hefe in derselben. 361. 365— 367 
Helicobact. aerogenes in derselben. 363 
Micrococcus candicans in derselben. 

360 

— pyogenes albus in derselben. 362 

-T albus in derselben. 366 

-aureus in derselben. 363 

— — a aureus in derselben. 365 

Sarcina flava in derselben. 367 

— lutea tetrag. in derselben. 366 
Streptococcus gracilis in derselben. 368 

— lanceolatus in derselben. 368 

— pyogenes in derselben. 367 

Nebenhoden, Lepra. 230 

Negativfarbung von Bakterien mittels 

Tuscheverfahrens Burri. 206 

Negrische Korperchen s. Korperchen, 
Negrische. 

Niere, Lepra. 231 

Nukleoproteid des Vibrio cholerae. 225 
Nuttallia, Betrachtungen. 171 

Oel, Sonnenblumen-, zur Culicidenvernich- 
tung. 475 

Orientbeule, eine Leishmaniose. 523 

—, Vorkommen in Palermo [Provinz]. 521 
Ornithodorus moubata, Verbreitung 
Riickfallfiebers. 

Palermo, Orientbeule. 
Pankreatin-Fleischwasser als Nahrboden. 

196 

Paragglutination von Bac. coli. 

Pellagra, Agglutination bei derselben. 

—, Antihamolysine bei derselben. 

—, Hamolyse bei derselben. 

—, Prazipitation bei derselben. 

Pepton, Rasein- und Quajakreaktion. 

— Witte und Serumtoxizitat. 

Pest s. a. Bacillus pestis. 

—, Geflugel- s. Geflugel-Pest. 

—, Hiihner- s. Hiihner-Pest. 

—, Ratten-, Diagnose, bakteriologiBche. 

388 

—, Uebertragung durch Ratten. 396 
Pferde, Abort, seuchenhafter, Aetiologie. 

148 

Pipette, Saug-, hygienische, fur bakterio- 

logische und ctiemisehe Zwecke. 319 

—, VerdunnungB-, zur Erleichterung sero- 
logischer Titrationen. 489 

Placenta, Durchgangigkeit fur Bac. coli. 

337 

—, — fur Bac. leprae. 336 

—, — fur Bac. tunerculosis. 337 

—, — fiir Bac. typhi. 337 

—, — fiir Stapnvlococcus pyogenes aureus. 

337 

— -Extrakt zur Bakterienisolierung. 591 

—, Lepra. 232. 336 

—, Tuoerkulose. 232 

Plerocercoid vom Schwein. 523 

Pocken, Geflugel-, und -Diphtherie, Be- 

ziebungen. 43 

—, —, durch Strongyloplasma avium ver- 
ursacht. 50 

Polyeder bei Antherea peruyi-Raupen. 282 


des 

341 

521 


544 

176 

177 
176 
175 
384 

94 


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Polyeder bei der Gelbsucht der Seidenraupe. 

274 

— bei Philosamia cynthia-Raupen. 282 
Prazipitation zur Milzbranddiagnose. 375 

— bei Pellagra. 175 

— zur Rauschbranddiagnose. 379 

— zur Schweinerotlaufaiagnose. 284. 371 

— zur Typhusdiagnose. 375 

Prazipitinogene, Thermoresistenz. 373 
Proteid, Nukleo-, des Vibrio cholerae. 225 
Proteus vulgaris, Pathogenitat. 394 

Protozoen, Kultur. 482 

Pseudotuberkulose der Rinder, durch Myco¬ 
bacterium enteritidis chronicae pseudo- 
tuberculosae bovis verursacht. 126 

Puerperalinfektion, Streptokokken, hamo- 
lytische, Rolle bei derselben. 85 

Pyozyanase, Giftigkeit. 535 

— -Immunserum, Eigenschaften. 537 

—, Wirkung auf Bac. anthracis. 533 
—, — auf Bac. coli. 533 

—, — auf Bac. diphtheriae. 533 

—, — auf Bac. paratyphi. 533 

—, — auf Bac. pyocyaneus. 533 

—, — auf Bac. rhusiopathiae suis. .533 
—, — auf Bac. suisepticus. 533 

—, — auf Bac. typhi. 533 

—, — auf Streptotokken. 533 

Ratten Koreas. 446 

-Lepra. 446 

—, Mageninhalt. 447 

—, Pestiibertragung. 396 

Ratten pest, Diagnose, bakteriologische. 388 
Rauschbrand.DiagnosemittelsPrazipitation. 

319 

Rea^ensglasversuch, bakteriolroper, Metho- 

Restetenz, Thermo-, der Prazipitinogene. 

373 

Rhamnose, Wirkuug von Bac. typhi. 506 
Rinder, Abort, seuchenhafter, Aetiologie. 

150 

—. Darm-Pseudotuberkulose, durch Myco¬ 
bacterium enteritidis chronicae pseudo- 
tuberculosae bovis verursacht. 126 
Rotlauf, Schweine- s. Schweinerotlauf. 

Rotz s. a. Bacillus mallei. 

Riickfallfieber, Verbreitung durch Flohe. 

341 

—, — durch Haematopinus spinulosus. 

341 

—, — durch Insekten. 341 

— durch Lause. 341 

— durch Wanzen. 341 

— durch Zecken. 341 

Vorkommen in Astrachan. 340 

Ruhr s. a. Bacillus dysenteriae. 
Saccharomyces cerevisiae, Infektionsversuch. 

240 

— ellipsoideus, Infektionsversuch. 240 

— hominis, Infektionsversuch. 240 

— parasiticus n. sp., Geschwulstbildung. 

451 

-, Kultur. 451 

-, Wachstum im Tierkbrper. 453 

Salmonella-Gruppe, Indolbildung. 576 

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Register. 


601 


Martina flava, Vorkommen in der Nase. 

367 


— lutea tetrageues, Vorkommen in der 

Nase. 366 

— urica n. sp., Kulturelies. 125 

-, Morphologisches. 124 

-, Vorkommen in der menschlichen 

Harnblase. 124 

Sarcine, gramnegative, Biologie. 118 

—, —, Differentialdiagnose. 121 

—, —, Kulturelies. 116 

—, —, Morphologie. 115 

—, —, Pathogenitat. 119 

—, —, Vorkommen in der menschlichen 

Bindehaut. 113 

Sarkom, Hefe in demselben. 467 

—, Saccharomvces parasiticus in demselben. 

451 

Saugpipette, hvgienische, fiir bakterio- 
logische uud chemische Zwecke. 319 
Schilddriise, Lepra. 231 

Scbwein, Plerocercoid von demselben. 523 
Schweinerotlauf, Diagnose mittels Prii- 
zipitation. 284. 371 

Seidenraupe, Gelbsucht, Aetiologie. 268 
—, —, Polyeder, Rollc bei derselben. 274 
Sepsin-Vergiftung. 76 

— und Ueberempfindlichkeit. 76 

Serumbchandlung der Cholera. 226 

— der Diphtherie. 479 

Serumdiagnose des Milzbrandcs. 375 

— des Rauschbrandes. 379 

— des Schweinerotlaufs. 284. 371 

— der Syphilis. 382 

— des Typhus abdominalis. 375 

Serum, Diphtherie-, Bewcrtung nach Romer. 

479 

—, Svphilis-, Verdauungsfahigkeit. 383 

-Toxizitiit, primare. 92 

—, Verdauungsfahigkeit. 382 


Sonnenblumenol zur Culicidenvernichtung. 


475 

Sparganum raillieti im Schweine, Be- 
schreibung. 525 

Speicheldriisen, I^epra. 231 

Spektroskopie zur Unterscheidung zwischen 
Vibrio cholerae und Vibrio El Tor. 410 
Spheniscus demersus s. Pinguin. 

Sputum s. Auswurf. 

Staphylococcus pyogenes aureus, Durch- 
gangigkeit der Placenta fur denselben. 

337 

-—, YVirkung von Karbolsaure. 102 


-, — von Lysoform. 102 

-—, — von Sublimat. 102 

— -, — von Taurin. 102 

— — citreus, Negativfarbung mittels 

Tuscheverfahrens. 213 

Staphylokokken, Indolbildung. 581 

—, Virulenzpriifung mittelsintraartikularer 
lmpfung. 107 


Streptococcus im Blute bei DarmverschluU. 

520 

— gracilis, Vorkommen in der Nase. 368 

— lacticus, Identitat init Enterococcus. 51 

— lanceolatus, Vorkommen in der Nase. 368 


Streptococcus pyogenes, Vorkommen in der 
N use. 367 

— —, YVirkung von Karbolsaure. 103 

-, — von Lysoform. 103 

— —, — von Sublimat. 103 

-, — von Taurin. 103 

Streptokokken im Darme bei Darmver- 

scnluB. 520 

—, hamolytische. 83 

—, —, Rolle bei Puerperalinfektion. 85 

—, Indolbildung. 582 

—, Negativfarbung mittels Tuschever¬ 
fahrens. 217 

—, Virulenzpriifung mittels intraartikularer 
lmpfung. 109 

—, YVirkung von Pvozyanase. 533 

Strongvloplasma avium, Gefliigeldiphtherie, 
Ursache derselben. 50 

— —, Gefliigelpocke, Ursache derselben. 

50 

Stute, Abort, seuchenhafter, Aetiologie. 

148 

Sublimat gegen Maltafieber. 152 

—, YVirkung auf Bac. authracis-Sporen. 

103 

— ; — auf Bac. coli. 103 

—, — auf Bac. typhi. 103 

—, — auf die Blutzusammenseteung. 161 
—, — auf Staphylococcus pyogenes aureus. 

102 

—, — auf Streptococcus pyogenes. 103 
—, — auf Vibrio cholcrae. 103 

Syphilis, Diagnose mittels Magensaftes. 

382 


— -Serum, Verdauungsfahigkeit. 383 

Tauben-Diphtherie, Aetiologie. 41 

Taurin zur Desinfektion. 100 

— zur Desinfektion tuberkulosen Aus¬ 
wurf es. 104 

—, YVirkung auf Bac. anthracis-Sporen. 

103 

—, — auf Bac. coli. 103 

—, — auf Bac. tuberculosis. 104 

—, — auf Bac. typhi. 103 

—, — auf Staphylococcus pyogenes aureus. 

102 

—, — auf Streptococcus pyogenes. 103 
—, — auf Vibrio cholerae. 103 

Temperatur, YVirkung auf Bakterien. 13 
Theileria, Beobachtungen. 171 

— stordii n. sp., Beschreibung. 173 

— — im Blute von Gazella grand. 172 

Theobaldia annulata, Ueberwinteruug. 473 
Thermoresistenz der Prazipitinogene. 373 
Thermostat, zusammenlegbarer. 398 

Titration, serologische, Erleichterung mit 

Verdiinnungspipetten. 489 

Toxin, Anaphyla- s. Anaphylatoxin. 

— einer Bakterien - Gruppe, bei Menschen 

und Tieren vorkommenden. 408 

— der Hefe-Faulflussigkeit, YVirkung. 78 

— des Vibrio cholerae. 225 

Toxizitat, Serum-, primare. 92 

Tranendriiseu, Lepra. 231 

Traubenzucker, Bac. typhi-Verhalten zu 

demselben. 498 


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602 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt Originate. Bd. 67. Heft 8. 


337 

232 

337 


Trinkwasser, Bac. typhi-Nachweis mittel6 
Komplementbindung. 289 

Tropin, Methodik des Reagensglasversuches. 

586 

Trypanosoma brucei, Granulom, ulzerieren- 
des, Ursache desselben. 168 

-, Hornhautentziindung, Ursache der- 

selben. 170 

Trypanosomen, Einzellkultur. 569 

— Kultur. 483 

Trypan osomenstarame, reine, Gewinnung 

dureh Einzelleniibertragung. 569 

Tryptophan, Darstellung. 572 

—Reaktion. 194 

Tuberkulose s. a. Bacillus tuberculosis. 

—, Auswurf, Dcsinfektion init Taurin. 104 

— der weiblichen Genitalien, Aszension. 

420 

—, kongenitale. 

—, Placentaveranderungcn. 

—, Pseudo- s. Pseudotuberkulose. 

—, Vererbung. 

Tumoren s. Geschwiilste. 

Tuscheverfahren Burri zur Negativfarbung 
von Bakterien. 206 

Typhus abdominalis s. a. Bacillus typhi. 

— —, Diagnose mittels Priizipitation. 375 

— exanthematicus, Affeninfektion. 342 

— —. Bac. violentus n. sp., Rolle bei dem- 

selben. 353 

— —, Bakteriologie. 348 

-, Niigelveriinderungen. 348 

-, Verlauf. 344 

— —, Vorkommen in Astrachan 1907—09. 

338 

Ueberempfindlichkcit gegen liber 

salzen. 

— gegenuber Chininsalzen. 

— und Intoxikation, putride. 

—, passive. 

— und Sepsinvergiftung. 

Variation Dei Bakterien. 

Verdauungsbruhe, Herstellung. 
Verdauungsfahigkeit des Serums. 

— des Syphilis-Serums. 
Verdunnungspipette zur Erleichterung 

serologischer Titrationen. 489 

Vererbung der das Geschwiilste-Wachstum 
bestimmenden Faktoren. 135 

— von Infektionskrankheiten. 338 


Brom- 

543 

541 

77 

541 

76 

1 

189 

382 

383 


Vererbung von Lepra. 336 

— von Tuberkulose. 337 

Vergiftung, anaphylaktische. 76 

—, Sepsin-. 76 

Verwerfen s. Abort. 

Vibrio cholerae s. a. Cholera. 

-iihnliche Vibrionen, Htimolyse. 236 

-, Indolbildung. 326. 579 

— -—, Isolierungmittels Elektivnahr- 

bodens. 321 

-, Komplementbindung. 333 

— -, Kulturelles. 323 

-, Morphologie. 323 

-— —, Pathogenitat. 332 

— cholerae, EinfluB der Wasserfauna. 431 

— —, Indolbildung. 579 

— — und Insektenlarven, gegenseitiger 

EinfluB. 432 

— —, Lebensfahigkeit im Darme der 

Goldfische. 432 

-, Nukleoproteid. 225 

-, Toxin. 225 

— —, Unterscheidung von Vibrio El Tor. 

410 

— — und Wasserkafer, gegenseitiger Ein- 

11 ul’.. 433 

-, Wirkung von Karbolsaure. 103 

— —, — von Lysoform. 103 

-, — von Sublimat. 103 

-, — von Taurin. 103 

— El Tor, Pathogenitat. 418 


— —, Unterscheidung von Vibrio cholerae. 

410 


Virulenz-Prufung mittels intraartikularer 
Impfung. 106 

Wanzen, Verbreitung des Ruckfallfiebers. 

341 


Wasser-Fauna, EinfluB auf Vibrio cholerae. 

431 

Wasser, HeiB-, -Filtrierapparat. 493 

—Kafer und Vibrio cholerae, gegenseitiger 
EinfluB. 433 

—, Trink-, Bac. typhi-Nachweis mittels 
Komplementbindung. 289 

Wut, Negrische Korperchen, Bedeutung 
und Vorkommen derselben. 65 

Zecken, Verbreitung des Ruckfallfiebers. 

341 

Ziegen, Maltafieber, Behandlung mit Sub¬ 
limat. 152 


III. Vcrzcicknis der Abbildangcn 


Anopheles nigripes, Ei. 477 

-, Larve. 477 

Apparat, HeiBwasserfiltrier-. 494. 495 

Bacillus anthracis, Darstellung mittels 
Tuscheverfahrens. (Taf., Fig. 1.) 221 

— —, Entwickelung in verschiedenen 

Nahrboden. 203. 204 

— coli, Entwickelung in verschiedenen 

Nahrboden. 202. 204 


Bacillus enteritidis Gartner, Darstellung 
mittels Tuscheverfahrens. (Taf., Fig. 2.) 

221 

— mallei. Darstellung mittels Tuschever¬ 
fahrens. (Taf., Fig. 8.) 221 

— rhusiopathiae suis, Darstellung mittels 
Tuscheverfahrens. (Taf., Fig. 3 u. 4.) 221 

— tuberculosis, Darstellung mittels Tusche¬ 
verfahrens. (Taf., Fig. 5—7.) 221 


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Register. 


603 


Bacillus xerosis aus der menschlichen Binde- 
haut. (Taf., Fig. 1.) 124 

Bakterieubrutschrank, zusammenlegbarer, 

398. 399 

Brutschrank, Bakterien-, zusammenleg- 
barer. 398. 399 

Cryptococcus farciminosus. (Taf.) 249 
Culicada ornata, Ei. 476 

Diphtherie, Gefliigel-, mikroskopische Un- 
tersuchuug des Belages. (Taf.) 42. 45 
—, Tauben-, mikroskopische Untersuchung 
des Belages. (Taf.) 42 

Einschliisse in Nervcnzellen. (Taf.) 67 
Filarien, Hunde-, Anatomie, Entwickelung. 

iTaf.) 75 

Filtrierapparat, HeiBwasser-. 494. 495 

Gefliigel-Diphtherie, mikroskopische Unter¬ 
suchung des Belages. (Taf.) 42. 45 
Gefliigel-Pest, Hiruuntersuchung. (Taf.) 

519 

Gelbeucht der Seidenraupen, Polyeder usw. 

(Taf.) 279. 284 

Hefe, Maus-, Kultur usw. (Taf.) 249 
Heiflwasserfiltrierapparat. 494. 495 

Hirn bei Gefliigelpest. (Taf ) 519 

Histoplasma capsulatum. (Taf.) 249 
Histoplasmosis, mikroskopisches Praparat. 

(Taf.) 249 

Hunde-Filarien, Anatomie, Entwickelung. 

(Taf.) 75 

Kleines Korperchen im Hirne. (Taf.) 519 
K6rj>erchen Kleines, im Hirne. (Taf.) 519 
Korperchen, Negrische, Kritik. (Taf.) 67 


Leishmania, mikroskopisches Praparat. 

(Taf.) 349 

Lymphangitis epizootica, mikroskopisches 
Praparat. (Taf.) 249 

Metorchis pinguinicola n.sp., Morphologie. 

528 

Nervenzellen, Einschliisse. (Taf.) 67 
Orientbeule. 522 

—, mikroskopisches Praparat. (Taf.) 249 
Pest, Gefliigel- s. Gefliigelpest. 

Pipette, Saug-. 319 

—, Verdiinnungs-. 401 

Polyeder bei Gelbsucht der Seidenraupen. 

(Taf.) 279. 284 

Prazipitindiagnose, Ueberschichtung. 378 
Sarcine, gramnegative, aus der mensch¬ 
lichen Bindehaut. (Taf.) 124 

Saugpipette. 319 

Seidenraupen, Gelbsucht, Polyeder usw. 

(Taf.) 279. 284 

Sparganum raillieti n. sp., Morphologie. 525 
Streptococcus agalactiae contagiosae, Dar- 
stellung mittels Tuscheverfahrens. (Taf., 
Fig. 9.) 221 

— equi, Darstellung mittels Tuscheverfah¬ 
rens. (Taf., Fig. 10.) 221 

Tauben-Diphtherie, mikroskopische Unter- 
suchung des Belages. (Tar.) 42 

Theileria stordii n. sp., Beschreibung. (Taf.) 

171 

Thermostat, zusammenlegbarer. 398. 399 
Verdiinnungspipette. 491 


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Frommanntche Bochriruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 4224 


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